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Full text of "Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft"

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Deutschen geologischen Gesellschaft. r 


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VI. Band. 


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Berlin, 1865. = 
Bei Wilhelm Hertz (Bessersche Buchhandlung). = RE 


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Behren-Strasse No, 7. 


Inhalt. 


- Seite 
Verhandlungen der Gesellschaft. . . ..1. 259. 423. 599 
Briefliche Mittheilungen 

der Herren Baron Sass, Zırker und U. SCHLÖNBACH 20 

der Herren Tuaursciorp und ZEUSCHNER . . 448 

des Herrn Wasskv . .... 566 
Aufsätze. 

C. Ramnezrspeng. A. Scaccn, über die Pulysymmetrie der Kry- 

stalle. (Hierzu Tafel I) 3) 
— Bemerkungen zu Scaccaı’s Abhandinte Hbas die one 

metrie und zu der von Des Cuoızsaux über die Pseudo- 

dimorphie 7 RE AR IR REEL 
G. Tscuernmaxr. Bemerkungen zu dem Aufsatze des Herrn G. 

Rosi: Ueber die im den Thonschiefern vorkommenden, 

mit Faserquarz bedeckten Eisenkieshexaöder . . . le; 
H v. Decuen. Vergleichende Uebersicht der vulkanischen Er 

° scheinungen im Laacher See-Gebiete und in der Eifel 69 
Henm. Creoner. Die Zone der Opis similis Pruue. im Oxford 

von Hannover. (Hierzu Tafel II) 157 
—: Geognostische Beschreibung des Bereyenkedietrikias von 

St. Andreasberg. (Hierzu Tafel II--V). 169 
— Die Verbreitung des Gault in der Umgegend von Hannc- 

ver. (Hierzu Tafel V. Figur 17--19.). 232 
Fern. Roemer. Ueber das Vorkommen von Rhizodus Habbern iR 

Owen (Megalichthys Hibberti Acassız et Hısserr) in den 

Schieferthonen des Steinkohlengebirges von Volpersdorf in 

der Grafschaft Glatz. (Hierzu Tafel VI.). 272 
G. vom Rırn. Ein Besuch der Kupfergrube Monte Cala in 

Toscana und einiger Punkte ihrer a 

Tafel VIII. und IX.) . 5 I 
A. Kuste. Die losen Versteinerungen im Diluvium von Ton 

pelhof bei Berlin. (Hierzu Tafel VII.) : soll 
H. Hörer. Tertiärconglomerat im Trachyte zu Nagyäg 33) 
K. v. Seesacn. Beiträge zur Geologie der Insel Bornholm. 

(Hierzu Tafel VIIIa.) . 338 


IV 


Wessky. Ueber Quarz-Krystalle von Striegau in Schlesien. 
(Hierzu Tafel IX a.) ; ee 

R. Rıcnter. Aus dem thüringischen Sch (Hierzu 
Tafel X. und XI.) RZ 

O. v. Aisert. Darstellung der Geo snoshiechen Yarkältanre er 
Braunkohlen-Ablagerung bei Lattorf in Anhalt. (Hierzu 
Tafel XII.) ee 

F. A. Rosmer. Bemierkieisen über die Br. Colori- 
rung der Karte :des: westlichen Harzgebirges, a, 
in 1:50,000 von C. Prepicer . 

Hern Caeoner. Geognostische Skizze der Vilesssnd von Ne: 
York (Hierzu Tafel XIIL.). 

G. v. Rarn. Ein Besuch Radicofanis und des Monte Artaba 
in Toscana. (Hierzu Tafel XIV.). 

v. Kousen. Die Fauna der unter - oligocänen Tertiärschichten 


von Helmstädt bei Braunschweig. (Hierzu Tafel XV. 


und XVI). 5 

Aısert Opper. Die tiehönfeche ee h ; 

A. Kinncort. Bemerkungen über den Feldspath des Tonalit 3 

Fern. Roemer. Ueber die Auffindung devonischer Versteine- 
rungen auf dem Ostabhange des We (Hierzu 
Tafel XVIL) . j 

Rorn. Ueber die ikea des Basaltes zu "Thon 

C. Rammesperg. Ueber den Ausbruch des Aetna vom 31. Ja- 
nuar 18699, 2 ET Te 

H. Lıspevres. Die hohlen Kalkstein-Geschiebe im Rothliegen- 
den nördlich von Kreuznach an der Nahe : 

H. R. Görrert. Ueber die fossile Kreideflora und ihre Let. 
pflanzen RETTEN EDER MI IPRE EN 

C. Rımnmersgeng. Ueber den Kainit und Kieserit von Stassfurt 

A. Sınpegeck. Die oberen Jurabildungen in Pommern 

v. Kornen, Nachtrag zu dem Aufsatze über die Helmstädter 
Fauna a ER TE 


338 
399 
459 


939 
909 


979 
994 
606 
609 
638 
649 
651 


702 


Zeitschrift 


der 


Deutschen geologischen Gesellschaft. 
1. Heft (November, December 1864, Januar 1869). 


A. Verhandlungen der Gesellschaft. 


l. Protokoll der November-Sitzung. 


Verhandelt Berlin. den 3. November 1864. 


Vorsitzender: Herr G. Rose. 

Das Protokoll der August-Sitzung wurde verlesen und ge- 
nehmigt. 

Für die Bibliothek sind eingegangen: 

A. Als Geschenke. 

G. Rose: Beschreibung und Eintheilung der Meteoriten. 
Berlin, 1864. — Geschenk des Verfassers. 

Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen in 
dem preussischen Staate. XII. 2. 

Bericht über ‘die Erhebungen der Wasser - Versorgungs- 
Commission des Gemeinderathes der Stadt Wien, nebst Atlas. 
Wien, 1864. Mit Schreiben d. d. 1. Juli 1864 vom Bürger- 
meister der Stadt Wien. 
| K. ZırteL: Die Bivalven der Gosaugebilde in den nord- 
östlichen Alpen. Wien, 1864. — Geschenk des Verfassers. 

A. ScHRAUF: Katalog der Bibliothek des k. k. Hofmine- 
ralien-Kabinets in Wien. Wien, 1864. und Atlas der Krystall- 
formen des Mineralreichs. I. Lieferung. Wien, 1865. — Ge- 
schenke des Verfassers. 

F. v. HocHstetTer: Ueber das oralen und die ver- 


schiedenen Abarten des Neuseeländischen Nephrit. — Sep. 

C. Crauss: Die Galmeilagerstätten in der Muschelkalk- 
formation der Umgegend von Wiesloch. — Die Steinkohle und 
unsere fossilen Brennstoffe. — Sep. 


Zeits. d.d. geol. Ges. XV. ı. 1 


2 


C. ZERRENNER: Lehrbuch des deutschen Bergrechts. Abth. II. 
Goiha, 1864. 

Franz Graf von Marenzı: Zwölf Fragmente über Geolo- 
gie. Triest, 1864. — Geschenk der liter.-art. Abth. des 
Oesterr. Lloyd. 

Weoping: Die Resultate der Darstellung des Aluminium- 
Metalles. — Sep. , 

L. ZEISZNER: Opis geologiczny ogniw formacyi Jura. — Sep. 

A. WINCHELL: Fürst biennial report of the progress of the 
geological survey of Michigan. Lansing, 1861; Description of 
fossils from the yellow sandstones lying beneath the Burlington 
Limestone at Burlington, Jowa; Description of fossils from the 
Marshall and Huron groups of Michigan; Description of elephan- 
tine molass in the museum of the University; On the salifersus 
rocks and salt springs of Michigan; Fossils from the Potsdam of 
Wisconsin and Lake superior; Salt manufacture of the Saginaw 
valley, Michigan. — Sep. 

J. Hauv: Contributions to palacontology. Albany, 1863. 

B. Im Austausch. 

Schlesische Gesellschaft für vaterländische Cultur: Abhandl, 
Abth. für Naturwissenschaft und Medizin 1862, Heft 3; phil.- 
hist. Abth. 1864, Heft 1 und Jahresbericht für 1863. 

Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zü- 
rich. VII. 1—4; VIII. 1—4. 

Verhandlungen der Schweizerischen Naturforschenden Ge- 
sellschaft bei ihrer Versammlung zu Samaden 1863 und Neue 
Denkschriften Bd. XX. 

Mittheilungen der naturforschenden Gesellschaft in Bern. 
No. 551—552. 

Jahresbericht der Wetterauer Gesellschaft für die gesammte 
Naturkunde zu Hanau. 1862. | 

Siebenzehnter Bericht Naturhistorischen Vereins in 
Augsburg. 1864. 

Mittheilungen des Oesterreichischen Alpenvereins. Bd. Il. 

Verhandlungen des botanischen Vereins für die Provinz 
Brandenburg und die angrenzenden Länder. Heft 5. 

Neunundvierzigster Jahresbericht der Naturforschenden Ge- 
sellschaft in Emden, 1863 und kleine Schriften. XI. 

Archiv für wissenschaftliche Kunde von Russland. Bd. 23. 
Heft 3. 


3 


Mittheilungen aus dem Österlande. Bd. XVI. Heft 4. 

Sitzungsberichte der Königl. bayerischen Akademie der 
Wissenschaften. I. 3. 1864. 

Abhandlungen des zoologisch -mineralogischen Vereins in 
Regensburg. Heft 9. 

Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften. XVII. 
1-6; XXIL; XXIM. 

Bull. de la Soc. geol. de France. XXI. Feuilles 6—13. 

Annales des mines. V. 2. 

Societe des sciences naturelles du grand-duche de Luxem- 
bourg. VII. 

Bulletin de la Societe Imperiale des naturalistes de Moscou. 
1864. No. IT. 

Atti della Societä Italiana di scienze naturali. V. 6. V1.1.2. 

The quarterly journal of the geological society. XX. 3. 
No. 79. 

The mining and smelting magazine. VI. No. 32, 33, 34. 

. The Canadian naturalist and geologist. New Series 1. 1, 
2, 3, 4. ‚ 
Memoirs of the geological Survey of India. 3. 2—5. 

Patent office report 1861. Vol. I. und II. Washington 1863. 
und /ntroductory report of the commissioner of patents for 1863. 

Report of the Superintendent-of the U. S. Coast survey for 
1861. Washington 1862. 

Smithsonian contributions to Knowledge. Vol. XIII.; Smith- 
sonian miscellaneous collections. Vol. V.; Smithsonian report 1862; 
Catalogue of minerals with their formulas etc. by I. Egelston. 

Boston Journal of natural history. Vol. VII. 4. und Pro- 
ceedings of Boston Soc. Nat. hist. Vol. IX. Signatures 12—20. 

Journal of the Academy of natural sciences of Philadelphia. 
V. 4. und Proceedings. No. 2—T. 1869. 

Proceedings of the American philosophical Society. Vol. IX. 
No. 69 und 70. 

Annual report of the trusters of the Museum of Comparative 
zoology together with the report of the director 1863. Boston. 

Bulletin of the museum of comparative zoology, Cambridge, 
Massachusetis. Ä 

Address of this Excelleney JOHN A. AnpREW to the legis- 
lature of Massachusetts January 8. 1864. Boston 1864. 

1 5 


Zu a 


4 


Der Vorsitzende stattete Bericht ab über die Verhandlun- 
gen bei der allgemeinen Versammlung in Giessen. 
Mit dem Bemerken, dass mit der heutigen Sitzung. ein 
neues Geschäftsjahr beginne, forderte der Vorsitzende unter Ab- 
stattung eines Dankes für das demselben von der Gesellschaft 
geschenkte Vertrauen zur Neuwahl des Vorstandes auf. Auf 
Vorschlag eines Mitgliedes erwählte die Gesellschaft durch 
Acclamation den früheren Vorstand wieder. An die Stelle des 
Herrn SöcHatins, der die Wiederwahl ablehnen zu mussen er- 
. klärte, wurde Herr LoTTn#r zum Archivar erwählt; als vierter 
Schriftführer trat Herr Wepping ein, so dass der Vorstand be- 
steht aus den Herren: 
:G. Rose, Vorsitzender, 
Ewırp und RAMMELSBERG, Stellvertreter desselben, 
Bryrıca, Rorn, v. BENNIGSEN-FORDER, WEDDING Schrift- 
führer, 
TaunaAv, Schatzmeister, 
LoTTNeR, Archivar. 

Herr Rorn legte von Herrn v. HocHSTETTER mitgetheilten 
Dunit (körnigen Olivinfels) vor und bemerkte, dass er unter 
vielen von ihm zerschlagenen Bomben des Dreiser Weihers in 
der Eifel eine gefunden habe, deren Inhalt aus „Dunit* und 
etwas Augit bestehe, also von dem dortigen gewöhnlichen 
Olivinvorkommen abweiche. 

Herr G. Rose gab eine Uebersicht von dem Inhalte seiner 
in den Schriften der Akademie für 1863 so eben erschienenen 
Abhandlung: die Beschreibung und Eintheilung der Meteoriten 
auf Grund ‘der Sammlung in dem mineralogischen Museum in 
Berlin. Die Meteoriten wurden bisher nur im Allgemeinen in 
Eisen- und Stein-Meteoriten unterschieden, ausserdem nur nach 
ihrer Fund- und Fallzeit aufgeführt, aber einer eigentlich wissen- 
schaftlichen Eintheilung nicht unterworfen. Sie sind indessen 
Gemenge verschiedener chemischen Verbindungen, wie die Ge- 
birgsarten der Erde, und müssen daher wie diese ‚bestimmt 
und eingetheilt werden, wenn auch dıe Bestimmung der Ge- 
mengtheile bei der oft mikroskopischen Kleinheit mehrerer 
derselben schwierig ist und zum Theil nur unvollkommen ge- 
schehen kann. Der Vortragende hat eine auf diesen Grundsätzen 
beruhende Eintheilung in der genannten Abhandlung auszufüh- 
ren versucht, und 10 Meteoritenarten unterschieden, die er, wie 


x 


5) 


‚folgt, benannt hat: die Eisenmeteoriten mit Meteoreisen, Pallasit 
und Mesosiderit, die Steinmeteoriten mit Chondrit, Howardit, 
Chassignit, Chladnit, Shalkit, kohlige Meteoriten und Eukrit, 
und deren Feststellung nun weiter begründet wurde. Nach 
diesem System sind die Meteoriten in dem mineralogischen 
Museum der Universität aufgestellt und geordnet worden. Die 
3 Arten der Eisenmeteorite enthalten der Reihe nach 60, 8, 
4, die Steinmeteoriten 98, 5, 1, 1, 1, 4, 4 Meteoriten von be- 
stimmter Fallzeit; man sieht daraus, dass die Mehrzahl der 
Meteoriten aus Meteoreisen und Chondrit besteht. Im Ganzen 
enthielt die Sammlung bei dem Druck der Abhandlung 181 Me- 
teoriten von bestimmter Fallzeit, wobei noch 6, die in den Ka- 
talogen anderer Sammlungen aufgeführt werden, als problematisch 
oder unächt weggelassen sind; sie ist nach der Zeit noch um 
2 neue vermehrt. Die Sammlung ist demnach nach den öffentlichen 
Sammlungen von London und Wien, und der Privatsammlung 
des Herrn Greg in Manchester, die indessen häufig nur sehr 
kleine Exemplare enthält, die grösste; sie übertrifft in der 
Zahl der Fundörter noch die Privatsammlungen des Herrn 
v. REICHENBACH in Wien und des Professor SHEPARD zu Am- 
herst in New-York. 

Derselbe legte ferner Proben von dem neuen Zinnober- 
vorkommen und von dem aus diesem gewonnenen Quecksilber 
vor, welche ihm von Herrn Hase übergeben waren. Das Erz 
bricht bei Olpe, Reg. Arnsberg, auf der Grube Neue Rhonard 
ein, auf der Grenze des Spiriferensandsteins und des Lenne- 
schiefers, in ö Lachter Mächtigkeit, durchzogen von Thon und 
Eisenstein. 

Herr Rot# berichtete in eingehender Weise über die Er- 
gebnisse der Wasser-Versorgungs-Commission des Wiener Ge- 
meinderathes unter Vorlage des von diesem herausgegebenen 
reichhaltigen Atlas, indem _er zunächst die geologischen Ver- 
hältnisse und die mit ihnen so eng verbundene Quellbildung 
betonte. 

Hierauf ward die Sitzung geschlossen. 

v. w. 0. 
G. Rose. Beyrıch. Roru. 


6 


2. Protokoll der December - Sitzung. 


Verhandelt Berlin, den 14. Dezember 1864. 


Vorsitzender: Herr G. Rose. 

Das Protokoll der November-Sitzung wird verlesen und 
angenommen. 

Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten: 

Herr Geheimer Medizinalrath Professor Rune in 

Berlin, 
vorgeschlagen durch die Herren G. Rose, BEyRrich, 
Rorz; 

Herr SADEBECK aus Breslau, zur Zeit in Berlin, 
vorgeschlagen durch die Herren BryricH, Roru, 
Kunty#; 

Herr Damzs aus Breslau, zur Zeit in Berlin, 
vorgeschlagen durch ‘die Herren Bryrıcn, Fer». 
Rormer, Rotu; 

Herr Dr. Kosmann in Berlin, 
vorgeschlagen durch die Herren G. Rose, BEYRIcH, 
Rora. 

Ein Schreiben des Herrn v. RıcHTHoFEN d. d. Virginia 
City, Nevada Territory, 14. September 1864, die geologischen 
Verhältnisse jener Gegend betreffend, wurde zum Vortrage ge- 
bracht. *) 

Für die Bibliothek sind eingegangen: 

A. Als Geschenke. 

A. v. Dirmmar: Die Contorta-Zone. München, 1864. 

T. C. WınkLer: Mysece Teyler. Livr. I. u. II. Harlem, 
1863. 

L. H. Fıscuer. Clavis der Silikate. Leipzig, 1864. 

F. Wise: Das gediegen er und das Koikinpfererg 
Hamburg, 1864. 

K. Prrers: Vorläufiger Bericht über eine geologische Un- 
tersuchung der Dobrudscha. — Sep. 

C. W. GumBEL: Knochenbett und Pflanzen-Schichten in der 
rhätischen Stufe Frankens. — Die geognostischen Verhältnisse 
der Fränkischen Alb. — Sep. 

A. Bous: Ueber die Geogenie der Mandel-, Blatter- oder 


*) S. Bd. XVI. S. 606. 


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Schalsteine, der Variolithe, der Serpentine und der kieseligen 
Puddingsteine. — Ueber die mikroskopische Untersuchung der 
Gebirgsarten mit Huülfe ihrer mechanischen Zerreibung, par- 
tiellen Schleifung und Aetzung. — Ueber die säulenförmigen ° 
Gesteine, einige Porphyrdistrikte Schottlands, sowie über die 


vier Basaltgruppen des nördlichen Irlands und der Hebri- 


den. — Ueber die neuen Karten der zwei serbischen Kreise 
von Uschitze von ST. OBRADoVITSscH und Knjesevatz von K. 
Kıro. — Einige Bemerkungen über die Physiognomik der Ge- 
birgsketten, der Gebirge, der Berge, Hügel, Thäler, der Ebe- 
nen sowie der verschiedenen Felsarten. — Ueber die kanal- 
artige Form gewisser Thäler und Flussbetten. — Sep. 

Berg- und Hüttenkalender für das Jahr 1865. Essen, 
Bädeker. — Geschenk des Herrn Verlegers. 

B. Im Austausch. 

Memoires de la Societe Imperiale des sciences naturelles de 
Cherbourg. T. 4, 5, 6, 7, 9. 

Bulletin de la Societe Imperiale des naturalistes de Moscou. 
1864. No. III. 

Bulletin de U’ Academie Imperiale des sciences de St. Peters- 
bourg. Tom. V. 3—8, T. VI. 1—5, T. VII. 1, 2. und Memoires 
Tom. V 2-9, T. VI. 1—12. 

Bulletin de la Societe des sciences naturelles de Neuchatel. 
VI. 3. 1864. : 

Mittheilungen aus J. PERTHES’ geographischer Anstalt. 
1864. 7, 89. 

Zeitschrift des Architekten- und Ingenieur-Vereins für das 
Königreich Hannover. X. 2. 3. 

Dreizehnter Jahresbericht der naturhistorischen Gesellschaft 
in Hannover. Hannover, 1864. 

Schriften der Königl. physikalisch -ökonomischen Gesell- 
schaft in Königsberg. V. 1. 1864. 

Württembergische naturwissenschaftliche Jahreshefte. 19. 
Jahrgang Heft 1—3, 20. Jahrgang Heft 1. 

Jahresbericht der Wetterauischen Gesellschaft für die ge- 
sammte Naturkunde zu Hanau für 1861—-1863. Hanau, 1864. 

Sitzungsberichte der Konigl. bayer. Akademie der Wissen- 
schaften zu München. 1864. I. Heft 4 u. 5, I. Heft 1. 

Sveriges geologiska undersökning. Bladet 6—13. 


8 


Atti della Societa Italiana di scienze naturali. Vol. VI. 
Fasc. 3. | 
The mining and smelting magazine. Vol. VI. No. 35 u. 36. 

Herr G. Rose legte der Gesellschaft etwas Glimmer füh- 
rende chloritische Thonschiefer von Ligneuville und von Recht 
bei Malmedy vor, in welchen Eisenkieshexa&äder eingewachsen 
sind, die an zwei entgegengesetzten Seiten parallel der Schie- 
ferung kleine Partien von Faserquarz haben. Er erklärte die 
Entstehung des letzteren dadurch, dass der Eisenkies sich ge- 
bildet hatte, als der Thonschiefer noch eine weiche Masse war, 
bei deren Zusammendrückung und Schieferung zu beiden Sei- 
ten der Krysialle kleine Höhlungen entstanden waren, in de- 
nen sich durch Infiltration einer kieselsäurehaltigen Flüssigkeit 
der fasrige Quarz abgesetzt hatte. Er widerlegte so die kunst- 
liche Erklärung, die TscHErMAR von dieser Erscheinung gege- 
ben hatte, was näher ausgeführt wurde. 

Herr Kosmann sprach unter Vorlage der betreffenden Hand- 
stückesüuber die chemische Zusammensetzung des von ihm ana- 
lysirten Domites, der Laven des Come, von Volvie und Co- 
liere aus der Auvergne und zeigte nach Dünnschliffen dieser 
Gesteine hergestellte photographische Abbildungen vor. 

Herr Kunte sprach über eine Arbeit von PrestwicH, die 
Feuersteingeräthschaften einschliessenden Schichten im süudöst- 
lichen England und nordwestlichen Frankreich betreffend. Von 
besonderem Interesse in der Arbeit ist die geognostische Be- 
schreibung der Thäler, welche Themse, Waveney, Somme, Seine 
u. s. w. eingewaschen haben. Auf den Abhängen derselben 
finden sich etwa 50 bis 100 Fuss uber der jetzigen Thalfläche 
Partien von theilweise gerollten, theilweise scharfkantigen Ge- 
steinsstücken; und ebenso füllt die Thalebene eine Kiesmasse 
aus, meist von ganz recentem Alluvium bedeckt. Sowohl die 
hochgelegenen Kiese als die Thalkiese enthalten Süsswasser- 
Mollusken, die mit lebenden übereinstimmen. Diese beiden 
Schichten sind die einzigen, in denen Feuersteinwaffen sich 
gefunden haben. Beide Kiese werden von Löss bedeckt, der 
petrographisch sowohl wie nach seinem organischen Inhalt 
vollkommen mit dem rheinischen und thüringischen Löss über- 
einstimmt. Nach Materialien, die dem Redner von Herrn Eck 
mitgetheilt worden, ist das Verhalten der diluvialen Susswasser- 
Bildungen in Thüringen genau dasselbe, und ein Profil im 


9 


Osten von Kindelbruck wurde mit einem von St. Acheul quer 
durch die Somme absolut übereinstimmen, nur dass dort das 
anstehende Gestein zur Trias, hier zur Kreide gehört. Redner 
bemerkt, dass somit von England bis nach Oberschlesien hin 
eine auffallende Uebereinstimmung in den diluvialen Susswasser- 
Bildungen sich finde, die auch eine allgemeine Ursache haben 
müsse, und er schliesst sich der Ansicht von PrESTwIcH an, 
der einfach durch die Annahme einer damaligen Wintertempe- 
ratur von etwa —10 Grad C. die Verhältnisse erklärt. 


Herr BryriıcH legte eine Reihe von ihm gesammelter Ver- 
steinerungen aus Reutte in Tyrol vor, welche die Kenntniss 
der alpinen Muschelkalkfauna nicht unerheblich erweitert, und 
erläuterte die einzelnen Formen unter Hinweis auf die Arbei- 
ten von v. HAvER und GümseL. Redner gedachte sodann des 
noch immer zweifelhaften Muschelkalkes von St. Triphon und 
der Wichtigkeit dieses Punktes für die alpinen Muschelkalke. 


Herr Eck legte zwei zusammenliegende Kronen des En- 
crinus Brahlii Ovsrw. vor, welche von Herrn Rechtsanwalt 
CHop in Sondershausen in den Steinbruchen des Gr. Toten- 
berges bei Sondershausen anfgefunden worden sind. Die Auf- 
findung dieser Species in dem thüringischen Muschelkalk ist 
für ihre Verbreitung von Wichtigkeit, da bisher der Rüders- 
dorfer Schaumkalk der einzige Fundort für dieselbe war, von 
wo die Sammlung der Königl. Berg-Akademie zu Berlin 7 Kro- 
nen aufbewahrt. Die Sondershäuser Exemplare wurden un- 
mittelbar über der unteren von zwei (2 Fuss mächtigen) Schaum- 
kalkbänken gefunden, welche durch ca. 12 Fuss Wellenkalk 
von einander getrennt werden, und von denen die untere ausser- 
dem ein schönes Exemplar des Ammonites dux GiEB., welches 
in dem furstlichen Naturalien -Kabinet zu Sondershausen auf- 
bewahrt wird, ferner Aspidura scutellata Buum. sp., Cidaris gran- 
daeva, Terebratula vulgaris SCHLOTH. in grosser Häufigkeit, Spi- 


rifer fragilis ScuLotn. sp., Pecten discites SchLoTn. sp., @ervillia 


socialis SCHLOTH. Sp., costata SCHLOTH. Sp., polyodonta. STROMB. 
sp... Myophoria vulgaris SCHLOTH. sp., elegans Dunk., laevigata 
ALB. sp., orbicularis GoLDF. sp., Oypricardia Escheri GIEB. sp., 
das von Herrn GiEBEL Tellina edentula benannte Petrefakt, 
Ohemnitzia scalata SCHRÖT. sp., Euomphalus exiguus PHIL., 


 Pleurotomaria Albertiana Zıer. sp., Placoduszähne und andere 


10 


Saurierreste (Oberarme, Rückenwirbel, Bauch- und Rückenrip- 
pen) geliefert hat. N 
Herr Roru legte ein neues von Herrn Wessky mitgetheil- 
tes Mineralvorkommen aus Schlesien vor: Uranit und Eisen- 
glanz in Granit des Hummelsberges bei Rohrlach in der Ge- 
gend von Hirschberg. 
Hierauf ward die Sitzung geschlossen. 
al w. 0. 
G. Rose. Beykıcn. Rorn. 


3. Protokoll der Januar - Sıtzung. 
Verhandelt Berlin, den 4. Jaunar 1865. 


Vorsitzender: Herr G. Rosr. 
Der Vorsitzende eröffnete die in dem Lesezimmer der 
Berg-Akademie stattfindende Versammlung mit der Anzeige, 
dass mit Genehmigung Sr. Excellenz des Herrn Handelsminfsters 
künftig die Sitzungen in diesem Lokal abgehalten werden und 
sprach dem Herrn Minister für diese bereitwilligst ertheilte Er- 
laubniss den Dank der Gesellschaft aus. 
Als Mitglieder sind der Gesellschaft beigetreten: 
Herr Bergreferendar MenzeL in Königshütte, 
vorgeschlagen durch die Herren Fern. RoRMER, 
Eck, Kuntp; 
Herr Dr. Steis in Berlin, 
vorgeschlagen durch die Herren BeyrıcH, LoTTxeEr, 
Rorn. Ä 
Ein Brief von Dr. Arruur Baron Sass d. d. Euküll auf 
der Insel Oesel 6. November 1864, betreffend die geologische 
Beschaffenheit der in der Mitte des Rigaischen Meerbusens 
belegenen kleinen Insel Runoe wurde zum Vortrage gebracht. 
Für die Bibliothek sind eingegangen: 
A. Als Geschenke. 
F. Biscnor: Die Steinsalzwerke bei Stassfurt. Halle, 1864. 
Geschenk des Herrn Kruc von NıDDa. 
A. WincHELL: On the origin of the prairies of the valley 
of the Mississippi. — Sep. 


11 


B. Im Austausch. 

Verhandlungen des naturwissenschafilichen Vereins in Carls- 
ruhe. Heft I. 1864. 

Mittheilungen aus J. PERTHES’ geographischer Anstalt. 
1864. XI. 

. W. Hamneer: Ansprache gehalten am Schlusse des drit- 
ten Quinquenniums der k. k. geologischen Reichsanstalt in 
Wien. Wien, 1864. 

The quarterly Journal of the geological society. Vol. XX. 
Part. 4. No. 80. und List of the geological society of London. 
1864. Novbr. 1. 

Herr Krus von NmpA legte von Herrn F. BiscHor in 
Stassfurt- eingesendete Mineralien aus dem Steinsalzlager von 
Stassfurt vor: reines Chlorkalium (Sylvin); + bis 4 Zoll starke 
Anhydritschnüre aus Steiusalz, welche nach Auflösung des Stein- 
salzes auf der Oberseite eine glatte Fläche, auf der Unterseite 
oktaedrische, von Salzkrystallen herrührende Eindrücke zeigen; 
ein neues Mineral, welches nach der Analyse des Herrn Bı- 
scnor aus CIMg + MgS -+KS +6H besteht, mit Alkohol 
behandelt CIMg A 2H abgiebt und ein Salz: von der Zusam- 
mensetzung MeS + KS-+4H hinterlässt; endlich gelben 
Stassfurtit, der sich von dem bekannten weissen Stassfurtit durch 
einen grossen Gehalt an borsaurem Eisenoxydul (50,05 pCt.) 
unterscheidet. Nach Herrn BiıscHor ist, wie Redner aus einem 
Briefe desselben mittheilt, der Stassfurtit wasserfrei und daher 
als Species völlig mit Boracit zu vereinigen; Herr BıscHor 
schlägt vor den Namen Stassfurtit künftig auf die gelbe eisen- 
haltige Varietät zu beschränken. 

Der Vorsitzende trat diesem Vorschlage entgegen, indem 
er auf seine früheren Untersuchungen über den Stassfurtit Be- 
zug nehmend die Unterschiede zwischen Boraeit und Stassfurtit 
hervorhob. 

Herr RıuMmELSBERG trat der Ansicht des Herrn Vorsitzen- 
den vollkommen bei, dass der Stassfurtit durch seine Eigen- 
schaften sich vom Boracit wesentlich unterscheide, zugleich 
aber machte er die Mittheilung, dass das Mineral in der That, 
wie Herr Bıscnor behauptet, wasserfrei ist, insofern ihm 
Herr Dr. STEINBECK seine darauf bezüglichen Untersuchungen 
mitgetheilt hat. Demnach würden Boracit und Stassfurtit hete- 
romorphe Modifikationen der nämlichen Verbindung sein. 


\ 12 

Derselbe legte farblosen durchsichtigen Carnallit von 
Stassfurt vor und machte darauf aufmerksam, dass dieses Salz 
durchaus nicht zerfliesslich ist, an der Luft vielmehr etwas 
verwittert. 

Hierauf gab Derselbe einen Bericht über die Arbeiten 
Scaccur’s in Betreff der sogenannten Polysymmetrie der 
Krystalle, welche von der Dimorphie wohl zu unterscheiden ist. 
Es kann nämlich eine und dieselbe Substanz in zwei Formen 
krystallisiren, die geometrisch gleich, physikalisch aber ver- 
schieden sind, in der Lage der Flächen und Spaltungsrichtun- 
gen sich vollkommen entsprechen und in paralleler Stellung 
verwachsen. Die kleinen Winkelunterschiede polysymmetri- 
scher Krystalle betrachtet ScaccHı als Folge der Polyedrie. 
Er hat diese Erscheinung am zweifach weinsteinsauren Stron- 
tian und am zweifach traubensauren Natron, besonders aber 
am schwefelsauren Kali verfolgt, dessen rhomboedrische Form 
zuerst von MITSCHERLICH beschrieben wurde. 

Der Vortragende wies darauf hin, dass die Polysymmetrie 
des schwefelsauren Kalis von der ISomorphie mit dem schwe- 
felsauren Natron abhängig sei, und dass die Erscheinung auch 
bei den isomorphen Mischungen des Mineralreichs, namentlich 
im Gebiet der Feldspath- und Augitgruppe sich nachweisen lasse. 

Herr Ferv. RoEmerR berichtete über die Auffindung von 
cenomanem Quadersandstein in Oberschlesien, welcher mehrere 
kleinere Partien zwischen Leobschütz und Neustadt bildet und 
mit Bestimmtheit als cenoman durch Exogyra columba, Proto- 
cardia Hilana und andere Arten bezeichnet wird. Derselbe 
sprach ferner über das Vorhandensein des Rothliegenden in 
dem südöstlichen Theile der oberschlesisch - polnischen Stein- 
kohlenmulde, nämlich in der Gegend von Krzeszowice im 
Krakauer Gebiete. Quarzführende Porphyre, Melaphyre und 
Mandelsteine sind dort in ähnlicher Weise wie in Niederschle- 
sien und Thüringen mit den sedimentären Schichten des Roth- 
liegenden in Verbindung. Endlich legte Derselbe die neu 
erschienene geologische Karte von Spanien vor (Carte geolo- 
gigque de Espagne et du Portugal par M. M. E. pE VERNEU 
et E. CoLoms. Paris, Savy 1864) und wies die wesentliche 
Erweiterung, welche die geognostische Kenntniss Spaniens 
durch diese Karte, die Frucht vieljähriger Studien und Reisen, 
erfährt, ausführlicher im Einzelnen nach. | 


, 13 


Herr ©. C. Marst legte die Photographie eines kürzlich 
in den lithographischen Schiefern bei Eichstädt in Bayern auf- 
gefundenen Exemplares von Pterodactylus vor. Mit Ausnahme 
des in Bonn befindlichen wohlbekannten Pterodactylus crassi- 
rostris GoLDF. möchte das 8 Zoll lange Exemplar das best- 
erhaltene sein, da alle Knochen vorhanden sind und zwar die 
meisten in ihrer natürlichen Lage. Es gleicht dem Pierodacty- 
lus longirostris Cuv. in manchen Beziehungen, weicht aber in 
anderen ab und möchte eine neue Art sein. 

In einem Steinbruch nahe bei Eichstädt sah Redner Plat- 
ten von lithographischem Schiefer mit sehr starken Austrock- 
nungsrissen („muderacks“); da diese nicht unter Wasser gebil- 
det sein können, so folgt, dass an dieser Stelle der Absatz 
nahe der Küste stattfand und später Trockenlegung eintrat. 

An der Nordseite der Seisser Alp, etwa 1 Stunden süd- 
westlich von St. Ulrich, in den sogenannten „Campiler Schich- 
ten“ beobachtete der Vortragende reichliche Stylolithen und 
Rhizocorallium ‚jenense ZENKER; unter den nicht gut erhaltenen 
Zweischalern liessen sich Arten von Myophoria, Corbula und 
Spondylus bestimmen. 

Redner legte ferner ein Stück Kalkstein vom Schafberge 
im Salzkammergut vor, das aus vieleckigen, — Zoll grossen, 
innen meist radial faserigen Körnern besteht. Die Flächen 
der Körner sind ziemlich glatt und fast ohne Ausnahme vier- 
und funfseitig. Manche Körner sind fast vollständige Penta- 
gonaldodekaeder. Die Bildung der Körner gehört nicht der 
Krystallisation an, sondern der Zusammenziehung oder wahr- 
scheinlicher dem gegenseitigen Druck der einzelnen Körner, da 
jedes nach aussen von seinem Mittelpunkt aus wuchs. Im Mi- 
neralien-Kabinet in Berlin befindet sich ein kleines Stuck von 
einem ähnlichen Kalkstein von Mariastein in Sudtyrol mit noch 
deutlicherer radialfaseriger Struktur. Herr BeyrıcH hat Redner 
auf Basalte des Mineralien-Kabinets aufmerksam gemacht, in 
denen sich vieleckige ähnliche Körner finden. 

Der Vortragende zeigte endlich Exemplare von Solanoeri- 
nus costatus GOLDF. vor, die er im Coralrag von Goslar auf- 
gefunden hat. Diese Gattung, welche im Jura von Bayern 
und Württemberg ziemlich häufig ist, scheint bis jetzt in Nord- 
Deutschland nicht beobachtet zu sein. 

Herr Ror# sprach über den Versuch, welchen Herr JENZSCH 


- 


14 . 
gemacht hat, die plagioklastischen Feldspathe des sächsischen 
Gneuses durch das specifische Gewicht zu bestimmen. Ohne 
auf andere Angaben einzugehen, lässt sich aus den folgenden 
Daten ersehen, wie unsicher bei Albit und Oligoklas die Be- 
stimmung ausfallen muss, welche sich einzig und allein auf das 
specifische Gewlcht gründet. „Albit“ des sogenannten „rothen 
Gneuses“ wiegt nach Herrn Jenzsch 2,60 bis 2,63 (in dem 
frischesten Gestein 2,62), „Oligoklas“ des sogenannten grauen 
Gneuses 2,64 bis 2,65. Diese Unterschiede sind demnach 
so gering, dass mit Sicherheit Niemand darauf fussen kann, 
ausserdem vermindert der sehr schwer erkennbare Anfang der 
Verwitterung und die ebenso schwer erkennbare Verunreinigung 
mit Quarz das specifische Gewicht und damit die Anwendbar- 
keit der Methode. Es ist sehr auffallend, dass der plagioklasti- 
sche Feldspath des zum grauen Gneuse gerechneten Drehfel- 
der Gneuses vom dritten Lichtloch des Rothschönberger Stol- 
lens von Herrn JENZSCH wegen seines specifischen Gewichts 
2,64 als Oligoklas bestimmt wird, während die Analyse des 
Herrn Dr. Rus£ (diese Zeitschrift Bd. XIV. S. 50) und das 
speeifische Gewicht 2,61 nach Herrn BrertHaupr's Bestimmung 
ihn als Albit charakterisiren. Sicher ist also, dass im „grauen 
Gneus“ Albit vorkommt, (ob im „Drehfelder* neben Oligoklas 
oder nicht, bleibt unentschieden) während der Beweis fur das 
Vorkommen von Albit im „rothen Gneus“ noch durch die Ana- 
lyse,zu führen ist. Bis dahin möchte von den Bezeichnungen 
„Tetartingneissit und Oligoklasgneissit* welche Herr JENZSCH 
für den rothen und grauen Gneus vorschlägt, Abstand zu neh- 
men sein. 
Hierauf ward die Sitzung geschlossen. 
v. w. 0. 
G. Rose. Beyrıch. Rors. 


B. Briefliche Mittheilungen. 


i. Herr Baron Sass an Herrn Rorn. 


Euküll auf der Insel Oesel, den 6. November 1864. 


Die kleine in der Mitte des Rigaischen Meerbusens gele- 
gene Insel Runoe enthält von anstehenden Gesteinen einen 
mergelig-thonigen Sandstein und Kalkthonschiefer, sowie einen 
rothen Thon. Die obere Schicht wird aus dem Kalkthonschiefer 
gebildet, welcher den mergelig-thonigen Sandstein überlagert. 
Unten hat sich am Fusse des Felsabsturzes von ca. 7 Fuss 
Höhe der rothe Thon abgelagert, welcher theilweise sich noch 
unter dem Meeresniveau verfolgen lässt. Der Kalkthonschiefer 
sowohl als der Sandstein sind sehr glimmerreich; im ersteren 
liegen die Glimmerschuppen, welche hier grösser als im Sand- 
stein sind, parallel der Schichtungsrichtung des Gesteins und 
parallel unter einander, während sie im Sandstein keine Ge- 
setzmässigkeit in ihrer Lage erkennen lassen. Sowohl der 
Kalkthonschiefer als der Sandstein sind grau, letzterer mit erdi- 
gem Bruche. Besonders starke Anhäufungen von Glimmer- 
blättchen finden sich auf den Stellen, wo der thonig-mergelige 
Antheil des Kalkthonschiefers sich mit dem kalkig-dolomitischen 
Antheile berührt, denn hier liegen sie so dicht übereinander, 
dass sie bisweilen die lamellare Struktur durch die schuppige 
verdrängen. Die einzelnen Glimmerschuppchen wurden unter 
dem Mikroskope als aus mehreren Lamellen bestehend er- 
kannt, ja ich beobachtete sogar fünf Schichten über einander. 
Ferner zeigen die Glimmerschüppchen unter dem Mikroskope, 
dass sie Luftbläschen haben ' und ausserdem noch. unregel- 
mässige Linien, die wie Risse die Glimmerfragmente durchzie- 
hen. Die Gesteine enthalten keine Petrefakten; wegen ihrer 
Aehnlichkeit mit den von PıcHT, GRrEwInGK und Baron Rosen 
beschriebenen devonischen Gesteinen Livlands und Kurlands 
müssen sie ebenfalls zum devonischen Systeme gerechnet wer- 
den. Diese Schichten bilden einen westlichen Ausläufer des 


16 


bei Woronesch und am weissen Meere beginnenden, bis nach 
der Westküste Kurlands reichenden Schichteneomplexes des 
devonischen Systemes. Das vorliegende anstehende Schichten- 
system dehnt sich hier in Runoe in der Länge von + Werst 
am Meeresstrande bei Trapptaca aus. Die übrige Insel ist 
theils mit Flugsand bedeckt, die reichlich mit Pinus sylvestris 
L. und Abies excelsa DEC. bewachsen ist, während der Boden 
dieses Theils der Insel durch das reichliche Vorkommen von 
Linnaea borealis L. charakterisirt ist. Die zweite Hälfte der 
Insel bei Ringsund ist zum Theil kultivirtes Ackerland, zum 
Theil aber Wiese, wo auch Laubwald vorkommt. 

Die Brunnen sind hier meistens mit salzreichem Wasser 
versehen, nur die bei Trapptaca entspringende Quelle enthält 
schönes trinkbares Wasser, während der von den Einwohnern 
sehr geschätzte Ringsbrunnen äusserst salzreiches Wasser hat, 


2. Herr Zırker an Herrn Rortn. 


Lemberg, den 25. Januar 1869. 


Bei den mikroskopischen Untersuchungen, welche Herr 
H. LaspeYR&s in seiner werthvollen Arbeit über die quarzfuh- 
renden Porphyre von Halle a. d. 8. (diese Zeitschrift 1864 
S. 367) veröffentlichte, findet sich die Mittheilung, dass es ihm, 
im Gegensatz zu den meinerseits an ähnlichen Gesteinen an- 
gestellten Beobachtungen, nie gelungen sei, sogenannte Wasser- 
poren (mit Flüssigkeit gefüllte mikroskopische Hohlräume) in 
den Quarzen zu entdecken. Es ist mir augenblicklich kein 
Quarzporphyr von Halle zur Hand,.um einen Dünnschliff zur 
mikroskopischen Untersuchung anfertigen zu können und daher 
auch wohl kaum gestattet, Zweifel an der Richtigkeit dieser . 
Beobachtung zu äussern, so sehr dies Resultat auch befremden 
muss; denn die Wasserporen sind in den Quarzen der Eruptiv- 
gesteine eine ganz gewöhnliche Erscheinung. Die Quarze zahlrei- 
cher Granite, Quarzporphyre, Quarztrachyte, welche wir, SORBY 
— mein hochverehrter Lehrer in mikroskopischer Beobach- 
tung — und ich untersuchten, zeigen dieselben in grosser 
Häufigkeit und Deutlichkeit. Die mit grösster Sorgfalt ange- 


17 


fertigten Präparate von SorgBy liessen auf das allerdeutlichste 
erkennen, dass das Bläschen in manchen Wasserporen beim 
Drehen und Wenden umherläuft, wie die Luftblase in einer 
Wasserwage. 

Nur dagegen glaube ich einige Einwendungen nicht ver- 
schweigen zu dürfen, dass LAsPpEyYr&Es, der übrigens das ander- 
weitige Vorkommen wirklicher mikroskopischer Wasserporen 
in den Quarzen in keiner Weise bezweifelt, die Ansicht aus- 
spricht, dass die Flussigkeit in denselben keine ursprüngliche 
(d. h. keine bei der Bildung des Gesteins eingeschlossene) 
sei, sondern dass sie von Tagewassern herruhre, welche in 
das Gestein und seine ursprünglich leeren, durch Gase erzeug- 
ten Poren einsickernd letztere erfüllt haben. Sorsy hat be- 
reits im Jahre 1858 diese Vermuthung im Voraus als unwahr- 
scheinlich darzustellen versucht (Quart. journal of the geol. soc. 
XIV. 484). In einem solchen Quarz, welcher mikroskopische 
Wasserporen enthält, stehen die Volumina der einzelnen Bläs- 
chen in einem auffallend genau unter einander übereinstimmen- 
den Verhältniss zu den Volumina der ganzen Höhlungen, wie 
dies namentlich die grossern Wasserporen ‘deutlich erkennen 
lassen; die Bläschen sind um so grösser und um so kleiner, 
je grösser und kleiner die Pore überhaupt ist, eine Erschei- 
nung, die sich aus der gleichmässig erfolgenden Contraction 
der Solution bei abnehmender Temperatur ohne Schwierigkeit 
erklärt. Diese vollständige und unverkennbare Uebereinstim- 
mung in dem Volumenverhältniss der Bläschen muss bei der 
Ansicht von LASPEYRES lediglich dem Zufall zugeschrieben wer- 
den; warum findet man denn überhaupt immer Bläschen, we- 
nigstens in allen jenen Poren, welche einigermaassen zur Beob- 
achtung gross genug sind, warum erscheinen nicht auch Poren, 
welche die Sickerwasser gänzlich angefullt haben? Ausserdem 
hat schon SorBY durch Experimente gezeigt, dass die Flussig- 
keit in den Hohlräumen so hermetisch abgeschlossen ist, dass 
sie selbst bei heftigem Erhitzen des Präparats nicht entweicht; 
das Bläschen wird zuerst von der sich ausdehnenden Flussig- 
keit absorbirt. Wäre die Flüssigkeit im Lauf der Zeit von 
aussen in die Höhlungen infiltrirt, so müsste es ihr ein Leich- 
tes sein, auf den Haarspalten und Kanälen, durch welche sie 
eingedrungen (uud welche übrigens, wie LAsPEYREs selbst ganz 
richtig bemerkt, nirgends nachweisbar sind), auch wiederum zu 

Zeits.d d. geol. Ges. XVII. 1. 2 


18 


entweichen. SoreY, welcher auch noch andere schlagende 
Gründe für die Ursprünglichkeit der Flüssigkeit anführt, fügt 
mit Recht hinzu, dass die nicht zu bezweifelnde- Fähigkeit 
eines Gesteins vom Wasser durchdrungen "zu werden nicht 
den Schluss gestattet, dass auch eine Krystallmasse diese Fä- 
higkeit in gleichem Maasse besitze; die Permeabilität des Achats 
könne nicht entgegengehalten werden, denn dieser habe voll- 
kommene Schichtenstruktur und bestehe zum Theil aus kry- 
stallinischen Aggregaten, zwischen denen und nicht in welche 
die Flüssigkeiten eindringen. 

Lasprvees führt die Beobachtung Sorsy’s, dass die Flüs- 
sigkeit in den Wasserporen des Quarzes nachweisbar Chlor- 
calcium, Chlornatrium, freie Salzsäure und schwefelige Säure 
enthält, zu Gunsten seiner Vermuthung an, dass diese Flüssig- 
keit von Tage her infiltrirt sei. Sie dürfte indessen gerade 
dazu angethan sein, diese Ansicht als unwahrscheinlich darzu- 
stellen; denn welches Tagewasser enthält wohl freie Salzsaure 
und schwefelige Säure in solchen Mengen, dass sie sich selbst - 
in dem spärlichen Quantum, welches die Flüssigkeit der Wasser- 
peren zur Untersuchung darbietet, zw erkennen geben? Sehr 
wohl verträgt sich dagegen dieser Gehalt an freien Säuren mit 
der Annahme einer Ursprünglichkeit der Wasserporen: den 
Eruptivmagmen der plutonischen Gesteine fehlten bereits die- 
jenigen Stoffe nicht, welche auch die Lavaeruptionen heutiger 
Tage noch begleiten. 

Mit Befriedigung erfahre ich aus $. 393, dass LASPEYRES 
auch in den Feldspathen der Quarzporphyre von Halle Poren 
gefunden hat, wie ich sie in den Feidspathen des Granits von 
Gunnislake in Cornwall, des Trachyts vom Oxnadalr in Nord- 
island, des Quarztrachyts von der kleinen Rosenau im Sieben- 
gebirge beobachtete. 

Was die Glasporen anbetrifft, mit denen LAsPEyYrss sich 
nicht befreunden zu können erklärt, so erscheinen dieselben 
nach SorsY’s und meinen Beobachtungen z. B. in den Feld- 
spathen der Pechsteine und Obsidiane in grosser Schönheit, 
wovon jeder sich leicht überzeugen kann, der einen mikrosko- 
pischen Schliff eines solchen Gesteins sich anfertigt; es sind 
Partikel des Schmelzflusses, welche von dem innerhalb dessel- 
ben sich ausscheidenden Feldspath umhuüllt wurden (wie Kıy- 
stalle, welche sich an einer Kochsalzlösung ausscheiden, Theile 


19 


derselben einschliessen), isolirte Bruchstücke derselben Glas- 
masse, welche sich oft aderförmig in die Feldspathmasse hin- 
‚einverzweigt. Auch in den Quarzen der Quarztrachyte sind sie 
keine seltene Erscheinung. Dagegen möchte ich hier bemer- 
ken, dass ‚diejenigen Gebilde, welche ich in den granitischen 
Quarzen als Glasporen bezeichnet habe, doch vielleicht, wie 
mich fortgesetzte Untersuchungen belehrt haben, etwas anderes 
zu sein scheinen, möglicherweise Einschlüsse von kleinen gelb- 
braunen Glimmerblättchen. Es erscheint dann im Granit kein 
eigentlicher Beweis eines Schmelzflusses, auf dessen Abwesen- 
heit auch die Üontacterscheinungen hinweisen, Man könnte 
versucht sein, auf Grund der Mikrostruktur und der Contact- 
wirkungen in dem Zustand der Magmen der eruptiven Gesteine 
von den ältesten bis zu den jungsten Laven, eine gewisse 
Stufenleiter zu erblicken, die sich in der Mitwirkung des Was- 
sers bei der Plastieität desselben ausspricht. Bei den Graniten 
scheint das Wasser eine Hauptrolle zu spielen und der Feuer- 
fluss ganz oder fast ganz zurückzutreten; bei den mesoplutoni- 
schen Porphyren gewann vielleicht der letztere auch einigen 
Antheil an der Constitution des Magmas; bei den Basalten und ° 
Trachyten steht das Wasser schon beträchtlich im Hintergrund 
gegen die vorwiegend geschmolzen - plastische Masse; in den 
jetzigen Laven ist das Wasser immer noch vorhanden, wir ha- 
ben es aber mit einem im wahren Sinne des Wortes feuer- 
flüssigen Magma zu thun. Könnte man den Wassergehalt der 
Gesteine immer genau bestimmen (vgl. über die entgegenste- 
henden Schwierigkeiten Po@GEnD, Ann. 1863 Bd. CXIX. S. 291), 
so würde man denselben höchst wahrscheinlich um so grösser 
finden, je höheres Alter das Gestein besass, je mehr in dem 
Eruptivrmagma der Schmelzfluss gegen das Wasser zurücktrat. 
Herr Laspeyres erklärt sich damit nicht einverstanden, 
dass die auch von ihm in den Quarzen beobachteten mikrosko- 
pischen Theile der Grundmasse meinerseits Steinporen genannt 
worden sind und wünscht dieselben als Einschlüsse bezeichnet 
zu sehen; die zuerst von SorsY ausgehende Benennung stone- 
cavities wurde deshalb gewählt, um die Analogie ihrer Bildung 
mit der der /luid-cavities, der Wasserporen, auszudrücken ; diese 
sind Theile des im Eruptivmagma vorhandenen Wassers, jene 
sind festere Theile der plastischen Masse selbst. Diese Ana- 
‚logie fällt natürlicherweise für LaspEyREs fort, weil er den 


I* 


20 


Inhalt der fluid-cavities nicht als ursprünglich ansieht, vom ent- 
gegengesetzten Standpunkte aus scheint indessen jene Bezeich- 
nung Steinpore nicht ungerechtfertigt. Anders verhält es sich 
mit der Frage, ob überhaupt die Benennung cavity fur die mi- 
kroskopischen flüssigen und steinartigen Einschlusse glücklich 
gewählt ist; die gas- und vapour-cavities führen offenbar ihren 
Namen mit grösserm Recht. Die Uebersetzung von fluid-cavi- 
ties in Wasserporen rührt übrigens nicht von mir, sondern von 
Naumann her, welche diese Gebilde in seinem Lehrbuch der 
Geognosie (II. 52) erwähnt, und ich glaubte dieselbe, da sie 
so auf dem besten Wege ist, das Bürgerrecht zu erlangen, in 
meinen „Mikroskopischen Gesteinsstudien“ nicht mit einer an- 
dern vertauschen zu sollen. 


3. Herr U. Scurönsaca an Herrn Beykrich. 


Salzgitter, den 8. Februar 1869. 


Gestatten Sie mir über einige neuere Beobachtungen zu 
berichten: 

Ammonites Sauzeanus ist bei Vorwohle unweit Stadt- 
oldendorf (Braunschweig) in demselben Bahn - Einschnitte vor- 
gekommen, wie die zahlreichen Exemplare von Amm. angulatus 
und Amm. geometricus. Nach Angabe‘ des Bau - Aufsehers 
MEYER zu Mainzholzen, welcher die Petrefakten der verschie- 
denen in seinem Bereiche liegenden Bahn-Aufschlusse mit Eifer 
und Geschick sammelt, findet sich Amm. Sauzeanus dort nicht 
mehr mit Amm. geometricus zusammen, sondern in höher lie- 
genden Schichten, die erst in neuester Zeit in grösserer Aus- 
dehnung aufgedeckt sind, und in der That habe ich dort früher 
in der Schicht mit Amm. geometricus trotz eifrigen Nachsuchens 
keine Spur von Amm. Sauzeanus gefunden. Es scheint sich 
also hier wieder die Selbständigkeit einer Zone des 
Amm. Sauzeanus zu bestätigen. 

Ein neuer Ammionit, welchen ich als Amm. Goslariensis 
nov. sp. unterscheide, ist schon vor mehreren Jahren von mei- 
nem Onkel, Oberhüttenmeister GRUMBRECHT zu Ocker bei Gos- 


21 


lar, gefunden und stammt aus den Stinksteinen der Zone der 
Posidonomya Bronni ‚von Goslar. Die auf den Seiten dem 
Amm. borealis SEEB. ausserordentlich ähnlich gebildeten Rippen, 
welche ohne Unterbrechung gerade über den ganz runden 
Rücken gehen, geben der Art, einen ganz eigenthümlichen Cha- 
rakter, der hinsichtlich der Wahl der Familie, welcher sie ein- 
zureihen ist, in Verlegenheit setzt. Die Loben stimmen mit 
denen des Amm. bifrons ziemlich nahe überein. — Ein ganz 
gleiches Stück fand ich im November vorigen Jahres in Paris 
in der Sammlung -des Herrn L. SAEMANN unter einem grössen 
Vorrathe von Ammoniten aus dem oberen Lias von Milhau 
(Aveyron). — Ich werde die Art in nächster Zeit mit einer 
Reihe anderer in den Palaeontographica abbilden und genauer 
beschreiben. 

Die Aufschlüsse bei Dohnsen (Braunschweig) unweit Bo- 
‚denwerder a.d. W., die auch SERBACH in seinem „honnoverschen 
Jura“ kurz besprochen hat, sind im höchsten Grade interessant, 
da sie einen Einblick in Schichten gewähren, welche man nur 
an wenigen norddeutschen Lokalitäten gut aufgeschlossen findet 
und die hier besonders petrefaktenreich sind. Sie bestehen 
in einigen vor mehreren Jahren ausgeführten Eisensteinsstollen, 
welche mit der Einstellung des Betriebes auf der Eisenhütte 
bei Bodenwerder verlassen sind; namentlich haben drei der- 
selben gute Aufschlüsse geliefert. Leider hat man zur Zeit des 
Betriebes versäumt, genauere geognostische Profile aufzunehmen, 
so dass man, da jetzt die Stollen nicht mehr zugänglich sind, 
lediglich ‘darauf angewiesen ist, nach den ziemlich grossen 
 Halden auf die durchfahrenen Schichten zu schliessen. 

a) Der Stollen nördlich von Dohnsen ist wahr- 
scheinlich dieselbe Lokalität, welche SERBACH in seinem ge- 
nannten Werke p. 34 anführt und von wo er „Belemnites gi- 
ganteus, Avicula elegans und Pecten pumilus“ eitirt. Er ist, 
wahrscheinlich geleitet durch das Vorkommen des „Bel. gigan- 
teus,““ der Ansicht, dass diese Schichten einem höheren Niveau 
angehören, als die östlich vom Dorfe auftretenden,. welche 
Inoceramus polyplocus so häufig führen. Mir scheint die ent- 
gegengesetzte Ansicht mehr Wahrscheinlichkeit zu haben, theils 
wegen der Häufigkeit des aus tieferen Schichten heraufgehen- 
den Pecten pumilus, theils aus stratigraphischen Gründen. Pec- 
ten pumilus ist in den Knollen mit /noceramus polyplocus in 


22 


dieser Gegend meines Wissens noch nicht gefunden worden, 
obgleich diese Schichten ziemlich petrefactenreich sind, findet 
. sich dagegen nicht sehr selten in den obersten Schichten der 
Zone der Trigonia navis bei Greene und Wenzen. Am häufig- 
sten aber findet er sich ausser dem erwähnten Stollen bei 
Dohnsen nur etwa 2 Stunden weiter östlich auf einer Stollen- 
halde im Forstort „Schwarze Land* bei Wickensen unweit 
Eschershausen, wo er mit denselben Petrefakten vergesellschaf- 
tet ist, wie nördlich von Dohnsen, sowie mit dem echten 
Amm. Murchisonae. Daneben finden sich auf der Wickenser 
Stollenhalde mehrere Arten, welehe entschieden, auch nach 
dem Gestein, einem anderen und zwar tieferen Niveau anzu- 
gehören scheinen, nämlich Amm. opalinus, Posidonomya Suessi 
Opp., Alaria subpunctata etc. aus den Opalinus-Thonen. Von 
Sachen, die auf hohere Schichten als die Zone des Amm. Mur- 
chisonae hindeuten, ist dort meines Wissens Nichts gefunden 
worden; denn die grossen auch dort vorkommenden Belem- 
niten („Bel. giganteus“ SeEB.) scheinen einer besonderen Art 
 anzugehören und finden sich bei uns überall schon unmittelbar 
uber der Zone der Trigonia navis. Auch J/noceramus polyplocus 
F. Rorm. fehlt hier und die Schicht des Pecten pumilus 
liegt also unmittelbar auf der der Trigonia navis, 
wird somit mit grösster Wahrscheinlichkeit die 
Zone des Amm. Marchisonae repräsentiren, zumal da 
sie diesen Ammoniten selbst führt. 

b) Oestlich von Dohnsen hat der an einem kleinen 
Bache befindliche „untere Stollen“ (vgl. auch SerBach |. ce. 
p- 34) die Schichten des /noceramus polyplocus aufgeschlossen, 
welche seitdem in grösserer Ausdehnung durch den Eisenbahn- 
Einschnitt am Hils oberhalb Wenzen aufgedeckt sind und eine 
Reihe interessanter meistens neuer Petrefakten geliefert haben, 
von denen uns Dr, Brauns Beschreibungen und Abbildungen 
geben wird. Durch diese Aufschlüsse hat sich auch: herausge- 
stellt, dass OPPEL gleich zuerst das Richtige getroffen hat, in- 
dem er (Zeitschr. IX. p. 627, Anmerk.) die Petrefakten, welche 
ihm F. Rogner von Hessisch-Oldendorf aus den Schichten des 
Imoceramus polyplocus schickte, als seiner damaligen „Sub-Zone 
des Amm. Sauzei“ angehörig erkannte. Von dieser trennt er 
seit einigen Jahren noch die Zone des Amm. Sowerbyi ab, so- 


14 


23 


dass die jetzige Reihenfolge seiner Zonen des „Dogger* fol- 
gende ist: 
Zone des Ammonites torulosus, 

- der Trigonia navis, 

- des Ammonites Mwurchisonae, 

un - Sowerbyi, 

- - - Sauzei, 

- - - Humphriesianus, ete. 

Diese Zone des Amm. Sowerbyi ist es, welche 
durch die Schichten des unteren Stollens östlich 
von Dohsnsen und den westlichen Theil des Bahn- 
einschnitts von Wenzen repräsentirt wird, worin der 
leitende Ammonit in schönen, freilich ziemlich seltenen Exem- 


‚plaren sich findet. — Die Stücke von Hessisch-Oldendorf mit 


Pecten pumilus, welche in der Berliner Bergakademie niederge- 
legt wurden, dürften einem Aequivalent der vorigen Schicht des 
Stollens nördlich von Dohnsen angehören. Ich habe keins 
darunter gefunden, an welchem sich /noceramus polyplocus und 
Pecten pumilus zusammen befände, und da die Gesteins- Be- 
schaffenheit der Schichten von Amm. Mwurchisonae an bis zum 
Amm. Humphriesianus auch am Hils eine ganz gleiche ist, ob- 
gleich darin ohne allen Zweifel sich paläontologisch mehrere 
Zonen unterscheiden lassen, so ist zu bedauern, dass Herr 
VON SEEBACH die Gründe nicht angegeben hat, auf welche seine 
Behauptung (l. e. p. 35) sich stützt, „das Zusammenvorkom- 


men dieser Petrefaeten sei zweifellos.* — Bemerkenswerth 


ist, dass die dieser Zone angehörigen Thone bei Wenzen ausser- 
ordentlich reich an Foraminiferen sind. 

c) Der „obere Stollen“ östlich von Dohnsen 
scheint noch in den obersten Schichten der Zone des Amm. 
Sowerbyi angesetzt zu sein, da sich dieser Ammonit, wenn 
auch selten, noch auf der Halde gefunden hat. Die meisten 
der dort vorkommenden Petrefakten gehören jedoch entschieden 
schon jüngeren Schichten an, da sich dieselben weder im 
„unteren Stollen‘, noch in dem Bahneinschnitte oberhalb Wen- 
zen mit Amm. Sowerbyi finden. Auch diese scheinen noch 
aus zwei verschiedenen Niveau’s zu stammen, indem nämlich 
einige, wie Amm. Sauzei, Brocchü, etc. für die Zone des Amm. 
Sauzei charakteristisch sind und sich an anderen in der Nähe 
befindlichen Aufschlüssen in der Zone des Amm. Humphriesia- 


24 


nus nicht finden. Dagegen kommen auch manche andere Pe- 
trefakten vor, welche der Zone des Amm. Humphriesianus an- 
gehören, wie Amm. subcoronatus Opr., Braikenridgi Sow., Rhab- 
. docidaris anglosuevica OPP. etc. 

Alle diese Stollen haben eine ziemlich bedeutende Länge, 
so dass namentlich für den letztgenannten die Annahme, es 
seien mehrere Schichten von nicht unerheblicher Mächtigkeit 
durchfahren, nichts Unwahrscheinliches hat, zumal da sie recht- 
winklig gegen das Streichen gehen. 

Säammtliche eben beschriebene Schichten waren auch wäh- 
rend des Baues der Eisenbahnstrecke zwischen Kreiensen und 
Stadtoldendorf, zum Theil nur für kurze Zeit, aufgeschlossen, 
und liessen sich als selbständige Zonen, charakterisirt durch 
bestimmte in keine andere Schicht übergehende Arten in dieser 
Gegend mit derselben Sicherheit nachweisen, wie in Schwa- 
ben, etc. Leider werden diese interessanten Aufschlusse mit 
Beendigung des Bahnbaues im kommenden Sommer alle be- 
seitigt werden, ja sind es zum Theil schon jetzt, indem die 
aus Thonen bestehenden Böschungen mit Rasen bedeckt werden. 

Mein Aufenthalt in Böhmen im vorigen Spätsommer 
war leider nur ein sehr kurzer, so dass ich mich darauf be- 
schränken musste, die hauptsächlichsten Kreide-Aufschlusse der 
Gegend zwischen Teplitz und Postelberg kennen zu lernen. 
Doch gehört gerade. dieser Theil zu den interessantesten, da 
es dort am ersten gelingen dürfte, Anhaltspunkte für eine Pa- 
rallelisirung der böhmischen Kreidebildungen mit unseren hin- 
sichtlich ihrer Schichtenfolge und ihres geologischen Alters 
leichter zu unterscheidenden und besser bekannten norddeut- 
schen Schichten gleichen Niveau’s zu gewinnen. 

Als Ausgangspunkte fur eine solche Parallelisirung wurden, 
meiner Ansicht nach, am geeignetsten sein der „obere Pläner* 
von Hundorf und mehreren anderen Lokalitäten in der näch- 
sten Umgebung von Teplitz, und die „Baculiten-Schichten“ und 
„Krebsscheeren - Sandsteine* von Priesen und Kamnitz ete. — 
Die Baculiten- Schichten sind besonders von meinem Freunde, 
Herrn Dr. LAuBE in Wien, untersucht und hat derselbe deren 
reiche Fauna in einer Tabelle zusammengestellt und mit den 
Faunen einiger anderer Kreide-Lokalitäten verglichen (Jahrb. 
d. k. k. geol. Reichsanst. 1864, 1. Heft). Er hält dieselben 
in Uebereinstimmung mit der jetzt allgemein angenommenen 


25 


Ansicht für das oberste Glied der böhmischen Kreide und 
stellt sie nebst den darunter liegenden „Cällianassen- oder 
Krebsscheeren - Sandsteinen* unserer norddeutschen „oberen 
Kreide* im engeren Sinne parallel, namentlich die genannten 
Sandsteine den „Salzbergs-Mergeln* von Quedlinburg, also dem 
Niveau der Belemnitella quadrata. In dieselbe Abtheilung durf- 
ten auch noch die in der Gegend von Laun unter den Bacu- 
liten-Schichten befindlichen, zum „Plänermergel* Reuss’s gehö- 
rigen Schichten mit Ostrea sulcata BLUMENB., Amorphospongia (?) 
rugosa Reuss sp., Pleurostoma lacunosum A. Rorm. 1841 
— Pleurost. stellatum A. Roru. 1864, non Guettardia stellata 
Mıcn. 1841 der untersten Cenoman-Schichten) ete. gehören, da 
sich die erwähnten Petrefakten in hiesiger Gegend mit Delem- 
nitella quadrata in der gleichen Schicht finden. 
Der „obere Pläner* von Hundorf, der fast in jeder Be- 
ziehung mit dem von Strehlen genau übereinstimmt, ist durch 
seinen Ammonites peramplus, Scaphites Geinitzi, die Spondylen, 
Brachiopoden und überhaupt den grössten Theil seiner Petre- 
fakten als Aequivalent unseres norddeutschen „Scaphiten - Plä- 
ners“, das Mittelglied des Stromgecr’schen „oberen Pläners“ 
charakterisirt; auch Ammonites Neptuni Gem. findet sich bei 
uns vorzugsweise im Scaphiten-Pläner, wenn er auch mitunter 
im „rothen Pläner“ sich schon zeigt und vielleicht sogar in den 
„Cuvieri-Pläner“ hinaufgeht. | 

Eine dritte Schicht, welche vielleicht zur Parallelisirung 
herbeigezogen werden könnte, ist der massige grobkörnige 
Sandstein, welcher bei Tyssa über den dortigen petrefakten- 
reichen Quaderschichten steile Wände bildet und als weitaus 
häufigstes Petrefakt einen /noceramus führt, welcher vollkommen 
mit unsern norddeutschen Typen des mytiloides Maut. (= pro- 
blematicus und labiatus vieler französischer Autoren) überein- 
stimmt. Auf das Vorkommen des /noceramus mytiloides möchte 
ich grosses Gewicht legen, da derselbe bekanntlich überall, wo 
er bisher gefunden wurde, die Basis der Schichten charakteri- 
sirt, welche p’OrBıcnY'’s „etage Turonien““ bilden, und glaube 
ich deshalb, dass dieser Tyssa’er Sandstein unseren „rothen 
- Brongniarti- oder Mytiloides-Schichten“ STROMBEcK’S gleichsteht, 
welche bekanntlich die Basis des norddeutschen „oberen Plä- 
ners* bilden. In Böhmen kommt nun derselbe /noceramus 
mytiloides noch in einer anderen Schicht vor, nämlich in dem 


26 


„Plänersandstein“ Reuss’s, in welchem eran einigen Lokalitäten 
sehr häufig sein soll. Diesem Plänersandstein werden von 
zweien der besten Kenner des böhmischen Kreidegebirges zwei 
ganz verschiedene Stellen im dortigen Schichten-Systeme ange- 
wiesen, indem ihn Russ als oberstes Glied des „untern Qua- 
ders* zwischen den „Grünsandstein* und den „unteren Pläner- 
kalk* stellt, Rommeer aber (Neues Jahrb. 1847, 8. 645 ff.) 
zwischen den eigentlichen „unteren Quader* im engeren Sinne 
und den „Exogyren-Sandstein“.. Mir wird es indessen schwer 
zu glauben, dass der in dieser Schicht vorkommende Inocera- 
mus mytiloides allen bisherigen Erfahrungen in anderen Ländern 
entgegen in Böhmen in einem so viel tieferen Horizonte vor- 
kommen sollte, und es liegt daher die Ansicht nahe, dass we- 
nigstens derjenige Theil der als „Plänersandstein* bezeichneten 
Schichten, welcher den genannten /noceramus führt, den obigen 
Schichten von Tyssa und dem „rothen Brongniarti- Pläner“ 
Norddeutschlands äquivalent sei. Die übrigen daraus angeführ- 
ten und von mir darin gesammelten Petrefakten lassen einen 
sicheren Schluss auf das Alter dieses Sandsteins noch nicht / 
zu; auch die Lagerungs-Verhältnisse, die meistens sehr undeut- 
lich und schwer zu erkennen sind, haben mir keinen bestimm- 
ten Aufschluss daruber gegeben. 

Wie die übrigen Schichten dazwischen und darunter ein- 
zureichen sind mussen genauere Beobachtungen später lehren. 

In Frankreich bin ich im Ganzen etwa 9 Wochen ge- 
wesen und zwar etwa die Hälfte dieser Zeit in Paris, wo ich 
die vielen reichhaltigen Sammlungen, vorzüglich die äusserst 
elegant und zweckmässig aufgestellte der Ecole des Mines, die 
der Sorbonne und die im Jardin des plantes befindliche p’ORr- 
BIGNY’sche eifrig studirt habe. Auch bei Herrn Sarmann habe 
ich viel Interessantes gefunden und war mir überhaupt die Be- 
kanntschaft mit demselben durch seine vielfachen Beziehungen 
zu allen französischen Geologen und seine eingehende Kennt- 
niss der geognostischen Verhältnisse des Landes sehr forder- 
lich. — Die meisten Exeursionen habe ich in der Norman- 
die gemacht und dort namentlich den Lias und braunen Jura 
studirt, welche Formationen durch ihren Reichthum an eigen- 
thümlichen und schön erhaltenen Petrefakten die Umgebungen 
von Caen und Bayeux so berühmt gemacht haben. Hier war 
es der seit kurzer Zeit als Professor an die facult€e des scien- 


We Ta 


27 


ces zu Caön berufene Eu. EupES-DESLONGCHAMPS, der sich mit 


der grössten Gefälligkeit und Liebenswürdigkeit anfangs selbst 
zu meinem Führer machte und später, als er zur Versammlung 
der französischen Geologen nach Marseille reiste, mir so genaue 
Anweisungen für meine weiteren Excursionen gab, dass ich 
mich auch ohne Führer vortrefflich zurecht finden konnte. — 
In Caön hatte ich die Freude, mit zwei wissenschaftlichen 
Freunden zusammen zu treffen, die auch Ihnen als eifrige Geo- 
logen, irre ich nicht, sogar persönlich bekannt sind, nämlich 
Dr. WaAGEn und von Dirtmar aus München; in ihrer Gesell- 
schaft machte ich den grössten Theil meiner Excursionen in 
der Normandie. 

Unter den letzteren erlauben Sie mir nur über zwei der 
interessantesten kurz zu berichten, nämlich die nach den be- 
rühmten „reeifs“ bei May, eine starke Meile südlich von Oaön 
und nach den Steinbrüchen bei Bayeux, welche letzteren die 
Schichten ausbeuten , die D’OrgıenY als Typus für sein etage 
Bajocien dienten. 

Die Steinbruche von May liegen hart an der von 
Caen'nach Harcourt führenden Chaussee und sind leider nur 
sehr schwach im Betriebe; trotzdem ist ein Ausflug dahin nicht 
nur wegen der interressanten Lagerungs-Verhältnisse, die man 


beobachten kann, sondern auch wegen der bei dem Reichthum 


einiger Schichten zu erwartenden, immerhin nicht unbedeuten- 
den Ausbeute an eigenthümlichen Petrefakten sehr lohnend. 
Das Gestein, welches in diesen Steinbruchen gebrochen wird, 
ist cin harter, grobschiefriger Sandstein von rother Farbe, der 
als Material zum Chaussee-Bau gesucht ist und den Eve. Des- 
LONGCHAMPS für ein Aequivalent des Caradoc-sandstone hält. 
Derselbe ist steil’ aufgerichtet und seine unebenen, Klippen bil- 


. denden Schichtenköpfe sind von Lias- und Unteroolith-Schich- 


ten in stark discordanter, horizontaler Lagerung bedeckt, über 
welche die höchsten Spitzen des Sandsteins noch jetzt hervor- 
ragen. Ich kann mir in der That keinen überraschenderen 
Anblick denken. Fast unverändert seit der Katastrophe, welche 
ihre steile Aufrichtung veranlasste, stehen diese Klippen (‚,recifs‘“) 
da, zuerst zur Zeit der Ablagerung des mittleren Lias wieder 
von einem Meere umspult, das seinen Reichthum der zierlichsten 
und zartesten Muscheln, namentlich der uberraschendsten 
Gastropodenformen zwischen ihren Spalten und Klüften und 


28 


den von ihnen eingeschlossenen kleinen Becken wie in siche- 

-ren Magazinen absetzte, aus denen der Sammler, wenn er das 
Glück hat, auf eine noch nicht ausgebeutete Spalte („poche“) 
zu stossen, eine ganze Reihe jener prachtvoll erhaltenen Arten 
‘ herauslesen kann, die eine Hauptzierde des normännischen 
Lias bilden. Zoll für Zoll kann man hier die Schichten ver- 
folgen, welche sich von der Zone des Amm. spinatus an bis 
zur Zone des Amm. Sowerbyi mit der grössten Regelmässigkeit 
bei einer Gesammtmächtigkeit von nur wenigen Fussen nieder- 
geschlagen haben: ein Modell könnte kaum deutlicher sein. — 
Da sieht man zu unterst die mergeligen Schichten, welche 
hier den sonst als harten, massigen Kalk niedergeschlagenen 
„marlstone“ der normännischen Geologen repräsentiren; die ver- 
änderten Lebensbedingungen haben in diesen petrographisch 
so verschiedenen Niederschlägen auch eine ganz andere Fauna 
hervorgerufen, sodass der paläontologischeu Beweise fur die 
aus stratigraphischen Gründen unzweifelhafte Gleichalterigkeit 
dieser beiden, räumlich von einander nicht weit entfernten Ge- 
bilde weniger sind, als man sonst erwarten dürfte. Denn 
während einerseits der ‚‚marlstone“ durch seine vielen in dem 
„banc de roc‘“ der Steinbrecher enthaltenen, bei uns theils sehr 
seltenen, theils noch gar nicht nachgewiesenen Brachiopoden, 
namentlich Terebratula punctata, Edwardsi, Waldheimia quadri- 
fida, cornuta, Mariae, resupinata, Rhynchonella acuta, tetraedra, 
etc. etc., sowie durch Ammonites spinatus, margaritatus, Belem- 
nites niger, und verschiedene Myarier als Absatz einer Küsten- 
gegend charakterisirt ist, so zeigen andererseits die in einiger 
Entferuung von dieser Küste gebildeten Niederschläge von May 
und Fontaine-Etoupefour eine durch die eigenthümlichen lo- 
kalen Verhältnisse bedingte, ganz verschiedene Fauna. In die- 
ser sind die Gastropoden, namentlich die Familien der Pyra- 
* midellideen, Cerithiadeen, Turritellideen, Littorinideen, Turbinideen, 
Haliotideen und Tornatellideen weitaus vorherrschend, obgleich 
auch hier — und zwar vorzugsweise in den kleinen abgesonder- 
ten, ruhigeren Becken — die Mehrzahl der genannten Brachio- 
poden gelebt hat. 

Auf diese „Couches & “Gasteropodes“, wie sie Eug. Des- 
LONGCHAMPS bezeichnet, folgt nun das merkwürdige Leptaena- 
Bett, das zwar auch über dem „marlstone“ verschiedener an- 
derer Lokalitäten sich findet, in besonders eigenthümlicher und 


29 


charakteristischer Entwickelung aber wieder zwischen den Klip- 
pen von May auftritt. Die Herren DesLoxGcHAanps (Vater und 
Sohn) haben diese Schicht und ihre eigenthümliche Fauna in 
einem Aufsatze, welcher im 3. Bande der Bull. de la Soc. 
Linn. de Normandie (1859) abgedruckt und Ihnen wahrschein- 
lich bekannt ist, monographisch beschrieben. In Deutschland 
ist meines Wissens noch kein Aequivalent dieser interessanten 
Schicht aufgefunden, die bekanntlich zuerst in England ent- 
deckt wurde. Denn die durch Quenstept aus dem Lias be- 
kannt gewordenen kleinen Brachiopoden, welche derselbe mit 
den eigenthümlichen Formen des französischen Leptaena-Bettes 
vergleicht und T'hecidea juwrensis nennt, stammen aus den, ober- 
sten Schichten des wurttembergischen Lias mit Amm. jurensis; 
das von F. SANDBERGER aus dem badischen Lias eitirte „The- 
cidium Bouchardi“ (N. Jahrb. 1857, S. 130) scheint dort ein 
vereinzeltes Vorkommen in der Zone des Amm. Davoei zu sein, 
und ist, wie mir Herr Professor SANDBERGER vor einiger Zeit 
mündlich mittheilte, nicht Thecidium Bouchardi Dav., sondern 
eine noch.nicht beschriebene Art. Auch mir ist es nach lan- 
gem eifrigen Suchen gelungen, in ‚unseren Liasschichten einige 
winzige Brachiopoden-Arten aufzufinden, die ich für Reste von 
Leptaena und Thecidium hielt; ich legte dieselben Herrn Eve. 
DESLoNGcHAMPS bei meiner Anwesenheit in Ca@ön vor und hatte 
die Freude, meine Ansicht von ihm bestätigt zu hören. Sie 
haben sich in den Mergelschichten mit Amm. capricornus bei 
Liebenburg und Calefeld (Hannover) mit vielen Foraminiferen 
vergesellschaftet gefunden, aber auch hier nur so vereinzelt, 
dass man von einer Leptaena-Schicht nicht sprechen kann. 
Ich vermuthe, dass sie auch bei Göttingen in der Zone vor- 
kommen, aus der BORNEMANN die zahlreiche Foraminiferen-Fauna 
beschrieben hat, habe aber trotz vielen Nachforschens aus den 
dortigen Mergeln von gleichem Niveau bis jetzt noch nichts 
Aehnliches auftreiben können. — In den Schichten unmittelbar 
über Amm. spinatus, wo man das Aequivalent des französischen 
und englischen Leptaena-Bettes zu suchen haben würde, ist 
meines Wissens in Deutschland nie etwas von diesen kleinen 
Wesen beobachtet. 

Ueber die Frage, ob das Leptaena-Bett dem mittleren oder 
oberen Lias zuzurechnen sei, auf deren Grenze es liegt, sind 
die Ansichten verschieden. Während Davipson das „Leptaena- 


30 


bed‘“ von Ilminster in den „Upper Lias‘“ stellt, welcher Mei- 
nung sich OPPEL und auch DESLONGCHAMPS früher anschloss, 
rechnet letzterer die Schicht jetzt zum mittleren Lias (derniere 
couche du lias & Belemnites), hauptsächlich wegen des Charak- 
ters ihrer Fauna. Aber gerade in diesem möchte ich den 
Hauptbeweis für die entgegengesetzte Ansicht finden; denn bei 
May, wo nach DESLONGCHAMPS diese Schicht am besten und 
mächtigsten entwickelt ist, finden sich schon unmittelbar 
über der Gastropodenschicht der Zone des Ammo- 
nites spinatus mit den Leptaena-Arten zusammen 
die ersten Planulaten und Falciferen des oberen 
Lias, und in dem Augenblick, wo ich dies schreibe, theilt 
mir Herr Professor OPPpEL mit, dass die ganz übereinstimmen- 
den Ammonitenformen in Schwaben zuerst in den sogenannten 
„Seegrasschiefern* auftreten, mit denen man dort den oberen 
Lias zu beginnen pflegt. Auch die Anhäufung von Crinoiden- 
Stielen, welche sich inn Leptaena-Bett bei May findet, wieder- 
holt sich dort höher hinauf in den Hauptschichten des Amm. 
bifrons. — Indessen möchte ich auf diese Frage, mag man 
sich nun entscheiden, wie man will, nicht zu viel Gewicht le- 
gen, da ich die grösseren Abtheilungen in der Juraformation, 
die immer mehr oder weniger willkürlich sind und meistens 
nur lokale Gültigkeit haben, überhaupt für weniger wichtig 
und fruchtbringend halte und nur die Zonen -Eintheilung mit 
„möglichster Schärfe und ganz allgemein durchgeführt wissen 
möchte. Ob dieselbe dabei so, wie sie bis jetzt angenommen 
ist, in allen Theilen bestehen bleiben wird oder mehr weniger 
bedeutenden Veränderungen unterworfen werden muss, werden 
die über ein immer mehr erweitertes Beobachtungsgebiet aus- 
zudehnenden Untersuchungen ergeben, wenn dieselben nur 
überall mit der gehörigen Schärfe ausgeführt werden. 

Um nach dieser Abschweifung zu dem ‚‚recif de May“ zu- 
ruckzukehren, so scheinen hier über dem Leptaena-Bett die 
„Argiles a Poissons“ ganz zu fehlen, welche an anderen benach- 

' barten Lokalitäten so viele, vorzüglich gut erhaltene Fischreste 
enthalten und dem Niveau der Fische und Saurier von BoLL 
durchaus zu entsprechen scheinen. Dagegen ist der übrige 
Theil der Schichtenfolge, welche Euwe. DEsLoxscHAamPs als 
„Marnes infra-oolithiques“ bezeichnet, gut und mit zahlreichen 
Petrefakten entwickelt; zuerst die Ammoniten-reichen Mergel- 


31 


kalke mit Amm. serpentinus, bifrons u. s. w., sodann die Schich- 
ten des Amm. jurensis, nach DESLONGCHAMPS: „couche a Amm. 
primordialis“, u. s. w. in der Folge und Entwickelung, wie sie 
schon länger aus der Normandie bekannt sind. 

Eve. DestLonecHanps hat der Darstellung dieser interessan- 
ten Lokalität in seinen kürzlich erschienenen, sehr beachtungs- 
werthen „ZEtudes sur les &tages jurassiques inferieures de la Nor- 
mandie“ einen besondern Abschnitt von.42 Quartseiten gewidmet. 

Den seit lange berühmten Unteroolith-Aufschlüssen 
vonBayeux galt eine andere Excursion. Die Schichten sind 
dort so unerschöpflich, dass in den Steinbrüchen, so oft sie 
auch von Petrefakten-Sammlern besucht werden, jeder neue 
Besucher noch immer so viel sammeln kann, als er fortzubrin- 
gen vermag. Auch die Steinbrecher sammeln zum Theil mit 
viel Geschick, sodass man von ihnen gewöhnlich einen grossen 
Theil der seltenern Arten, die man nicht selbst gefunden hat, 
kaufen kann. — Es lag mir besonders daran zu sehen, in 
welcher Reihenfolge die vielen von dort bekannt gewordenen 
und meistens durch einander, ohne Sonderung nach ihrem Vor- 
kommen in verschiedenen Schichten angeführten Arten sich 
finden, "und ob sich dieselben nicht in ähnlicher Weise von 
einander trennen liessen, wie in Sud- und Norddeutschland. 
Auch Oprper hat bei den von dort in seinem Jura eitirten Ar- 
ten die Zonen, aus welchen sie stammen, meistens nicht näher 
angegeben. Bei näherer Untersuchung ist dies jedoch wirklich 
nicht so schwierig. 

Unter den unseren Schichten von Eimen im Alter gleich- 
stehenden graublauen Mergeln von Port-en-Bessin bei Bayeux 
(„Fullers-earth“ oder Terre & foulon der normännischen Geolo- 
gen) folgt zunächst ein weicher Oolith von heller Farbe (,,00- 
lithe blanche“ der dortigen Geologen), dessen organische Ein- 
schlüusse Eus. DESLONGCHANPsS in der oben erwähnten Schrift 
aufzahlt; die bezeichnendsten sind: Amm. Parkinsoni, dimor- 
phus, subradiatus, Martinsi, oolithieus, Trochus duplicatus, Pleu- 
rotomaria mutabilis, Lima gibbosa, Terebratula carinata, Waltoni, 
Morierei, hybrida, bessina, sphaeroidalis, Rhgnchonella plicatella, 
Pseudodiadema depressum, Holeciypus subdepressus, Collyrites 
ringens, Discocyathus Eudesi. 

Hierauf folgt die Haupt-Oolithschicht, aus welcher die 
grosse Mehrzahl der Petrefakten stammt, die man in den 


‘ 


32 


Sammlungen aus der „Oolithe ferrugineuse de Bayeux“ findet; 
dieser Oolith ist von dunklerer Farbe und ganz erfüllt mit den 
mannigfaltigsten Petrefakten, unter denen sich auch die meisten 
der eben genannten noch finden, doch fehlen die Brachiopoden 
ausser Terebratula sphaeroidalis fast ganz. Diese Schicht bildet 
im Verein mit der „Oolithe blanche“ OprEL’s Zone des ‘Amm. 
Parkinsoni, in welcher Oppzu selbst ja schon in seinem Jura 
eine ähnliche Theilung angedeutet hat, indem er S. 342 an- 
giebt, dass sich in Schwaben in den unteren Schichten eine 
von den oberen etwas abweichende Fauna findet. z. B. nament- 
lich Amm. subfurcatus, Garantianus, Ancyloceras annulatus. Die 
eben genannten Petrefakten, die auch bei Bayeux in der „Oo- 
lithe ferrugineuse“ haufig sind, scheinen in der „Oolithe blanche* 
ganz zu fehlen. Auch QUENSTEDT unterscheidet bekanntlich im 
schwäbischen Jura die „Bifurcaten-Schicht* (obere Schicht 
von 0) von dem eigentlichen „Parkinsonoolithe* (unteres :), 
in welchen beiden sich Amm. Parkinsoni findet, während Amm. 
bifurcatus (= subfurcatus bei OPrEL) auf die erstere Schicht 
beschränkt ist. — In Norddeutschland dürfte eine solche Tren- 
nung schwerlich ausfuhrbar sein, da die Thone, welche mei- 
stens diesen Horizont repräsentiren, zwar stellenweise ziemlich 
mächtig, aber zugleich sehr gleichformig und ausser Amm. Par- 
kinsoni sehr arm an Petrefakten sind. 

In dem unteren Theile des Complexes, welchen die fran- 
zösischen Geologen als „Oolithe ferrugineuse“ bezeichnen, zeich- 
net sich eine Schicht aus, welche sowohl petrographisch als 
paläontologisch wohl davon zu unterscheiden ist. Auch Euc. 
DesLonscHamps erwähnt dieselbe als sehr constant an der 
Basis vorkommend. und beschreibt sie mit den Worten: „une 
sorte de conglomerat & base calcaire, renfermant un grand nom- 
bre de tres-grosses oolithes ferrugineuses, irrequlieres et disposdes 
sans ordre“. Die grosse Mehrzahl der in den oberen Schichten 
vorkommenden Arten reicht nicht bis hierher hinab; dagegen 
finden sich hier vorzugsweise, zum Theil ausschliesslich: Amm. 
Blagdeni, Humphriesianus, Braikenridgi, ceycloides; Amm. subra- 
diatus, in den höheren Schichten häufig, fehlt auch hier nicht 
und geht selbst noch in die folgende Zone hinab; aus letzterer 
stammt sogar D’ORBIGNY’s Original-Exemplar. Die wichtigsten 
Leitmuscheln lassen also keinen Zweifel darüber, dass dieser 
untere Theil der „Oolithe ferrugineuse“ der Zone 


des Amm. Humphriesianus entspricht. — Das Lager 
des Amm. Sauzei getrennt nachzuweisen ist mir nicht gelun- 
gen, obwohl ich diesen Ammoniten von dort erhielt; dem 
Gestein nach scheint derselbe aus der an Oolithkörnern ärmer 
werdenden unteren Lage der in Rede stehenden Schicht un- 
mittelbar über der folgenden zu stammen. 

Scharf abgegrenzt gegen den vorher beschriebenen Oolith 
folgt nach unten das Gestein, welches die normännischen Geo- 
logen nach einer bei den Steinbrechern gebräuchlichen Bezeich- 
nung „Mäliere“ zu nennen pflegen. Es ist ein Mergelkalk 
mit vielen sehr zähen, kieseligen, unregelmässig geformten Knol- 
len, welche vorzugsweise die Petrefakten einschliessen. Die 
„Mäliere* entspricht Oppzu’s Zone des Ammonites 
Sowerbyi; hier findet sich namentlich Amm. Sowerbyi nicht 
selten und in schönen Srossen Exemplaren, daneben noch Amm. 
subradiatus; ferner Amm. Bayleanus OPpr., eine gute und von 
dem darüberliegenden Amm. Humphriesianus wohl zu unter- 
scheidende Art, von der ich bei Herrn SAEMANN und in der 
Ecole des Mines prachtvolle Exemplare sah; endlich Amm. 
Gervillei, grosse Terebrateln und Rhynchonellen u. s. w., kurz 
eine reiche und eigenthümliche Fauna, welche die Herren Evc. 
DESLONGCHAMPS und SCHLUMBERGER monographisch zu beschrei- 
ben beabsichtigen. Einen noch grösseren Petrefakten-Reich- 
thum bei veränderter Facies zeigt diese Schicht bei Naney, wo 
sie von Herrn SCHLUMBERGER ausgebeutet wurde. 

Die Zone des Amm. Murchisonae habe ich bei Bayeux, 
namentlich in den Steinbruchen von Sully, wo ich mich länger 
‚aufgehalten, nicht aufgeschlossen gesehen und auch in den 
Sammlungen von dort keinen ächten Amm. Murchisonae gefun- - 
den; dagegen tritt dieser Ammonit an anderen Lokalitäten, 
2. B. bei Evrecy (südwestlich von Ca&n) recht typisch und 
ziemlich häufig auf. Eug. DESLONGcHAmPS rechnet diese, sowie 
die Schicht mit Amm. Sowerbyi schon zu seinen Marnes infra- 
oolithiques. 

Es ergiebt sich also hieraus, dass dieser Theil des 
französischen Unterooliths kaum weniger scharf 
sich in paläontologische Zonen gliedern lässt, als 
in Deutschland. Dagegen scheinen allerdings die Schichten, 
mit welchen Orpzı den Unteroolith beginnen lässt, nämlich 
die Zonen des Amm. torulosus und der Trigonia navis in der 

Zeits. d.d. geol. Ges. X VL. ı. d 


34 

Normandie nicht deutlich entwickelt zu sein; wenigstens habe 
ich nirgends eine Andeutung davon finden können. Denn die 
Ammoniten, welche Evc. DesLonecHamrps als Amm. primordialis 
mit opalinus Reın. ident hält, gehören meiner Ansicht nach anderen 
Arten an, wie Amm. Aalensis und comtus, welche sich bei uns 
und, näch schriftlicher Mittheilung von Herrn Professor OPPpEu 
auch an einigen schwäbischen Localitäten vorzugsweise an der 
Grenze zwischen den Zonen des Amm. jurensis und des Amm. 
torulosus finden. 


6. Aufsätze. | 


l. A. Seacchi, über die Polysymmetrie der Krystalle. 


(Aus den Atti della R. Accademia delle Scienze di Napoli, Vol. T. 
im Auszuge übersetzt.) 


Von Herrn C. Rammeısgere ın Berlın. 
Hierzu Tafel I 


Dimorph oder polymorph (heteromorph) nannte man bisher 
solche Substanzen von chemisch gleicher Natur, deren Formen 
sich nicht aus einer Grundform ableiten lassen, Die beiden 
Formen einiger dimorphen Körper zeigen gleichwohl eine 
grosse äussere Aehnlichkeit in der Weise, dass die eine durch 
geringe Aenderungen der Flächenneigungen in die andere über- 
gehen würde. So lange der Grundsatz von der constanten 
Lage der Krystallflächen unbestritten galt, betrachtete man dies 
als eine zufällige Aehnlichkeit; seitdem aber die Polyedrie, 
d. h. die veränderliche Lage der Flächen, als keine zufällige 
Unregelmässigkeit, sondern als eine eigenthüumliche Erscheinung 
erkannt ist, haben die rein geometrischen Charaktere der 
Krystalle viel von ihrem früheren Werth verloren. Kleine 
Winkelunterschiede, selbst von einem Grad und mehr, be- 
rechtigen fernerbin nicht, eine gegebene Form von einem Kry- 
stallsystem auszuschliessen, welches auf ein bestimmtes Ver- 
hältniss dreier Axen und auf bestimmte Neigungen derselben 
gegründet ist. Eine Folge der Polyedrie ist jene Aehnlichkeit 
der beiden Formen gewisser dimorpher Substanzen und des- 
wegen sind diese beiden Formen auch nur scheinbar ver- 
schieden, in der That aber identisch. 

Ein sechsgliedriger Krystall von schwefelsaurem Kali 
(Taf. I. Fig. 2.), bestehend aus dem Prisma e, der Endfläche © 
und einem Dihexaeder m, dessen Flächen gegen (’ gleich geneigt 


: 
a 


36 


sind, lässt sich gleichsam in sechs gleiche Stücke theilen. Nehmen 
wir nun an, dass in den physikalichen Eigenschaften dieser 
sechs Stücke durch eine unbekannte Ursache ein Unterschied 
eintrete, der sich durch Polyedrie und optisches Verhalten zu 
erkennen giebt und in Folge dessen die beiden Stücke m = u 
(Taf. I. Fig. 1.) andere physikalische Eigenschaften erlangen 
als die vier übrigen m, so folgt daraus noch nicht, dass der 
geometrische Charakter des Krystalls sich geändert habe. Und 
so ist es in der That. Die Neigungen m: C und u: € sind 
dieselben, und wenn die Winkel mC' und m”C einerseits und 
. uC andererseits um einige Minuten differiren, so ist die Differenz 
nicht constant und nur eine nothwendige Folge des vorausge- 
setzten physikalischen Unterschiedes von m und u, deren Po- 
lyedrie nicht dieselbe ist. Die Verschiedenheit der Krystalle 
Fig. 1. u. 2. ist demnach nicht eine geometrische, sondern 
sie besteht blos darin, dass jener dem Symmetriegesetz des 
zweigliedrigen, dieser dem des sechsgliedrigen Systems folgt. 

Dieselben sechsglicdrigen Krystalle, unter gewissen Be- 
dingungen entstanden, zeigen einen ganz anderen Unterschied 
in ihren sechs Dihexaederflächen m. Drei m (Taf. I. Fig. 3.) 
sind glatt und glänzend, die drei abwechselnden u sind grösser, 
rauh und gebogen. Auch in diesem Fall wie vorher sind die 
4, einem neuen Symmetriegesetz gehorchend, wesentlich ver- 
schieden von m, ja der Unterschied tritt noch stärker hervor. 
Dessenungeachtet ist der geometrische Charakter derselbe ge- 
blieben, und die Winkel mC und uC' werden krystallographisch 
als gleich betrachtet, obwohl sie es in Wahrheit nicht sind, 
Während also der Krystall 2 der einfachste ist, zeigen die 
beiden anderen 1 und 3, bei gleichem geometrischen Charakter, 
in den Flächen m und u physikalisch verschiedene Theile, also 
eigenthümliche Symmetriegesetze, und diese Verschiedenheit, 
obwohl bei 3 scheinbar grösser, ist dennoch bei 1 eine tiefer- 
gehende, weil sie hier von anderen wesentlichen Unterschieden, 
krystallographischen und optischen, begleitet ist. 

Wir sind gewöhnt, an den Krystallen mehr die geome- 
trischen Charaktere als die übrigen physikalischen Eigenschaften 
in Betracht zu ziehen und. ihre wichtigsten Unterschiede zu- 
nächst aus den ersteren zu entnehmen, die in vielen Fällen 
unfähig sind eine Aenderung zu erleiden, ohne dass nicht 
gleichzeitig das System dadurch ein anderes würde. Dieser 


37 


Umstand ist offenbar ein Hinderniss für die richtige Auffassung 
der hier betrachteten Erscheinungen. Wir müssen uns fortan 
gewöhnen die geometrischen Eigenschaften der Krystalle als 
den Ausfluss der physikalischen zu betrachten und zugestehen, 
dass die Gruppirung der Krystalle in sogenannte Systeme, 
die auf geometrische Verhältnisse basirt sind, dem Fortschritt 
der Wissenschaft zwar lange Zeit förderlich, jetzt gleichsam 
hinderlich ist und durch eine mehr natürliche Methode ersetzt 
werden muss. 

Die Polysymmetrie ist nicht blosse Formenähnlichkeit 
zweier Typen der nämlichen Substanz, sondern der Ausdruck 
evidenter Thatsachen. Wenn sich nämlich die Krystalle eines 
Typus in die des anderen umwandeln, so liegen die ent- 
sprechenden Flächen fast genau parallel, es sind, geometrisch 
genommen, dieselben Flächen, und die Identität der Formen 
ist in dem Sinne, wie sie hier aufgefasst wird, eine unbezwei- 
felte Thatsache. Die Polysymmetrie ist vorhanden, sobald die 
einem bestimmten Symmetriegesetz zufolge gleichartigen Theile 
eines Krystalls verschiedene physikalische Eigenschaften an- 
nehmen, ohne dass der geometrische Charakter sich ändert, 
wiewohl derselbe dadurch verhullt werden kann, um so mehr, 
als die entsprechenden Winkel nicht genau übereinstimmen, 
eine natürliche Folge der physikalischen Differenzen, welche 
bewirken, dass die Polyedrie sich an den Flächen in anderem 
Sinne äussert. 4 

Polysymmetrie ist die Eigenschaft gewisser 
Körper, dieselbe Krystallform mit verschiedenem 
Symmetriegesetz undverschiedenen physikalischen 
Eigenschaften zu haben. 

Wenn die Polysymmetrie blos in einer äusseren Ver- 
schiedenheit der Flächen bestände, so wäre sie im Grunde 
nichts als Mero@drie (Hemiedrie); allein die Verschiedenheit 
ist eine tiefere, sie zeigt sich in der Aenderung des optischen 
Verhaltens, in der Art, wie die Krystalle des einen Typus 
durch eine Temperatur zerstört werden, welche die des anderen 
nicht angreift, ferner in den Löslichkeitsverhältnissen, indem 
die Krystalle des einen Typus sich unter denselben Umständen 
auflösen, unter denen die des anderen sich vergrössern, über- 
haupt in der grösseren Beständigkeit des einen der beiden 
Typen, ; 


38 


In dem Angeführten liegt auch der Unterschied der Poly- 
symmetrie und der Dimorphie; die Formen dimorpher Körper‘ 
stehen in keiner Beziehung zu einander, und wenn sich die 
eine Form in die andere verwandelt, so liegen ‘die neuen 
Krystalle regellos gegen die alten. 

Die Aehnlichkeit der Formen gewisser dimorpher Körper 
ist schon von MITSCHERLICH bei Gelegenheit des rhomboedrischen 
schwefelsauren Kalis hervorgehoben worden. PastruRr*) sah 
die Dimorphie als eine Anomalie der Krystallgesetze an und ' 
glaubte, man könne im Voraus sagen, welche Körper der Di- 
morphie fähig seien, und welcher Art die zweite Form sein 
werde. Hierin liegt die Idee, dass bei dimorphen Körpern die 
Form eine Grenzform, ‘eine an der Grenze von zwei Systemen 
liegende sei, deren eines der Substanz an sich zukommt, die 
unter Umständen in das andere übergehen könne. Diese An- 
sicht ist von Einigen verallgemeinert und auf alle Fälle der 
Dimorphie ausgedehnt worden, freilich oft in sehr künstlicher, 
gezwungener Weise, so dass die inneren Beziehungen zwischen 
den Formen heteromorpher Körper, wenn solche sich in Zu- 
kunft ergeben sollten, für jetzt sicherlich noch unbekannt sind. 

Die Beispiele von Polysymmetrie finden sich bei künst- 
lichen und natürlichen Krystallen. Zu jenen gehören das 
schwefelsaure und das chromsaure Kali (zwei- und sechsglie- 
drig), der zweifach weinsteinsaure Strontian mit 5 Aequivalenten 
Wasser (zwei- und eingliedrig und eingliedrig) und das zwei- 
fach traubensaure Natron (zweigliedrig und eingliedrig). Unter 
den Mineralien Orthoklas und Albit, die Glimmer (zwei- und 
eingliedrig und sechsgliedrig), die als Harmotom, Phillipsit, 
. Gismondin u. s. w. bezeichneten (regulären, vier- und zwei- 
gliedrigen) Verbindungen **), Leadhillit und Susannit (zwei- und 
sechsgliedrig), Mesotyp und Skolecit (zweigliedrig und zwei- 
und eingliedrig). Die vorliegende Arbeit betrifft hauptsächlich 
die künstlichen Verbindungen. 

Die Polymorphie (Dimorphie), welche von der Polysym- 
metrie sich wesentlich unterscheidet, wurde insbesondere am 
schwefelsauren Nickeloxyd mit 6 Aequivalenten Wasser unter- 
sucht. Bei diesem Salze sowohl als bei dem in Kalkspath 
verwandelten Aragonit von Cianciana in Sicilien und dem mit 


*”) Ann. Ch. Ph. XXIII. (1848) Recherches sur le dimorphisme. 
**) S. den Aufsatz über die Polyedrie. 


39 


Schwefelkies überwachsenen Markasit von Liebnitz bei Karls- 
bad findet sich keine regelmässige Lagerung der Krystalle 
späterer Bildung gegen die ursprünglichen, ja man kann nicht 
einmal mit Sicherheit von einer Umwandlung bei den Kry- 
stallen des Eisenbisulfurets sprechen. 


Schwefelsaures Kali. 


Winkelmessungen. Die Gegenwart von schwefel- 
saurem Natron bis zu einer gewissen Menge ist kein Hinderniss ı 
für die Bildung zweigliedriger Krystalle und hat auch keinen 
Einfluss auf die Winkel derselben, denn sehr kleine Unter- 
schiede von einigen Minuten beobachtet man selbst an Kry- 
stallen aus einer und derselben Auflösung. Es wurden Mır- 
SCHERLICHS Messungen zur Grundlage genommen, da kein 
Anlass vorliegt, andere für genauer zu halten. Für die sechs- 
gliedrigen Krystalle genügt eine einzige Messung, namlich C:m 
(Taf. I. Fig. 2.), welche an drei sehr glänzenden Exemplaren 
aus neutralen und sauren Flüssigkeiten und mit verschiedenen 
Mengen schwefelsauren Natrons, 123° 44’ — 43’ — 42 gab, 
wovon die erste Zahl merkwürdig genau mit dem Mittel aus 
C:m und (©: : der zweigliedrigen Form übereinstimmt. 


Zweigliedrige Krystalle Sechsgliedrige Krystalle 


Fig. 1. Fig. 2. 

e.:» : = 150°.12’ E,115:0; 
Bus 150,0 e :0 =.,150% ©: 
e:0 = 149 48 E20‘ 
Be 120: 12 0:0 | 
Eur este 48 ed ve 
£ ol SL 120 24 2 Seht | — 120 0 
EN N BR) 0:0" 
en: = 3143:,5,6 Cın 25 
Ge 143,116 Ci ae 
Ga 123:59 CEDEl: 
Glas — 193 49 A 5 
GiseiaEMN 4 Cır = 14 3::58 
> u u 145 16 B rd 
A nn En 
an bl ;8 m Se 

== 150.55 
u:m.= 130 42 m m 
a. ea5:l, 89:86 at ai tu 
0’ ec" = 90 24 o' . ed" Fa 90 0 


40 


Beide Arten von Krystallen sind deutlich spaltbar nach C. 

Verschiedenheiten beider Arten von Krystallen 
durch veränderliche Ausdehnung der Flächen, Bei 
den zweigliedrigen Krystallen sind die Flächen « und » stets 
grösser als m und n, oft weit mehr als die Figur andeutet, 
und der Durchmesser ww’ pflegt drei- bis viermal so gross als 
& zu sein. Bei den sehr häufigen Zwillingen, die leicht für 
rhomboedrisch gehalten werden können, pflegt umgekehrt m 
grösser als u zu sein, letzteres auch wohl ganz zu fehlen. 
-Die sechsgliedrigen Krystalle sind deutlich hemiedrisch (rhom- 
boedrisch); besonders wenn die Auflösung sauer ist, erscheint 
das Dihexaeder m (Taf. I. Fig. 2.) als zwei Rhomboeder m 
und u (Taf. I. Fig. 3.), von denen m meist kleiner, aber glatt 
und glänzend, u grösser, gekrummt und matt ist. Oft sind 
auch die Kanten uC durch ein anderes Rhomboeder v abge- 
stumpft. Krystalle aus neutralen Lösungen zeigen überhaupt 
noch mehre Rhomboeder, nämlich die stumpferen n und v und 
die schärferen r und o, während bei ihnen m und u selbst 
sich. nicht unterscheiden. Solche flächenreiche Krystalle ent- 
stehen besonders in Auflösungen, die sehr viel schwefelsaures 
Natron enthalten. Die Flächen v sind gewöhnlich, n und r 
aber immer matt. Aus einer Reihe von Versuchen ergab sich, 
dass aus neutralen Auflösungen bei mässigem Gehalt an Natron 
blos die Rhomboeder m und u erscheinen, bei Zunahme des 
Natrons n und r hinzutreten, während u unregelmässig ge- 
bogen ist und bei noch mehr Natron auch » mit starker Po- 
lyedrie auftritt. 5 

Zwillinge. Die zweigliedrigen Krystalle verwachsen 
nach zwei Gesetzen: 1) Zwillingsfläche ist eine Fläche des 
rhombischen Prismas e (Zwillingsaxe senkrecht auf e); 2) Zwil- 
lingsfläche ist o (Zwillingsaxe senkrecht auf o). 

l) Die Verwachsung von zwei Individuen zeigt Taf. I. 
Fig. 4., von dreien Taf. I. Fig. 5., die Zwillingsgrenzen sind 
parallel den Karten mu, m/w u. s. w. und je nach der Aus- 
dehnung von m und u entstehen bald einspringende Winkel 
uw, uw (Taf. I. Fig. 5.) oder sehr stumpfe ausspringende 
mu, wm, mu” u. s. w. (Taf. I. Fig. 6.) Zwillinge vom An- 
sehen einfacher Krystalle, bei denen das’ zweite Individuum 
als ein dunnes Blättchen eingeschoben oder durch eine feine 
Nath angedeutet ist (wie beim Aragonit), kommen gleichfalls 


41 


vor, nicht minder Verwachsungen gleichen Ansehens von drei 
Individuen (wie beim Kupferglanz ete.), deren äusseres An- 
sehen sehr mannigfaltig ist, wobei aber immer die stumpfen, 
nie die spitzen Winkel des Prismas e ‘im Mittelpunkt der 
Gruppe liegen. ! 

Die wichtigsten Zwillingswinkel sind 


ee 92024 

er: eu 3119 12 (unten) 
OR L2 (unten) 
ww er13l12 
im: m =>130"12 

m = 30) 


2) Nicht minder häufig sind die Verwachsungen nach o, 
bei denen (Taf. I. Fig. 7.) die Zwillingsgrenze durch die 
Flächen mm, senkrecht zu den Kanten me und m’e geht. Im 
einfachsten Fall stossen die m des einen du welche 
sich längs der Zwillingsebene an die m’ des anderen legen, 
mit diesen unter 179° 20° zusammen, welcher Winkel an einem 
Ende dem oberen der Figur) ein ausspringender, am anderen 
ein einspringender ist. In gleicher Art bilden die e und die € 
der beiden Individuen Winkel von 179° 12". 

Indessen kommen Zwillinge dieser Art, soweit sich beob- 
achten liess, nur in Gemeinschaft der zuvor erwähnten vor, 
und jene Figur ist also nur eine ideelle; der Habitus solcher 
Verwachsungen und die mögliche Art und’ Weise derselben 
wurden speeciell untersucht und mitgetheilt. 

Die sechsgliedrigen Krystalle wurden keine Zwillinge 
bilden können, denen die Endfläche C' gemein wäre, wenn sie 
nicht rhomboedrisch wären, und auch in diesem Fall würde 
die Zwillingsbildung sich nicht erkennen lassen, wenn nicht u 
durch seine Beschaffenheit (Polyedrie) von m sich unterschiede. 
Am häufigsten sieht man die Erscheinung wie in Taf. I. Fig.8. 
a und b, welche die beiden Enden eines Krystalls vorstellt. 
Die u, W, w sind wellenförmig; gestreift und immer, auch 
wenn sie eben und glänzend sind, in ihrer Lage von den m 
bald um einige Minuten, bald um einen oder mehre Grade ab- 
gelenkt. Die Zwillingsgrenzen verlaufen genau parallel den 
Endkanten der sechsseitigen Pyramide, obwohl sie sich an 
beiden Enden nicht vollkommen entsprechen und auf den 
- Seitenflächen unsichtbar sind. Darstellungen rhomboedrischer 


42 s 


Zwillinge geben die Taf. I. Fig. 9—12; diese Krystalle hatten 
sich aus sauren Auflösungen gebildet und waren stets Aggregate, 
in welchen jedes der beiden Individuen eigentlich aus mehren 
parallel liegenden besteht und eines unregelmässig in das 
andere eingreift. Kurz es sind ähnliche Erscheinungen, wie 
sie der Quarz darbietet. 

Vergleicht man die rhombischen und die EN 
Zwillinge mit einander, so tritt ihre ‘Verschiedenheit leicht 
hervor. Bei jenen ist die Zwillingsaxe senkrecht auf e oder o 
und die diesen Flächen entsprechenden Zwillingsgrenzen sind 
in ihrem ganzen Verlauf immer deutlich, nie überschreiten sie 
die Masse des einen Krystalls. Bei den rhomboedrischen 
Zwillingen fehlt die Zwillingsgrenze, und die Zwillingsaxe 
hat in ihrer Lage nichts Beständiges, da sie ebensowohl senk- 
recht auf C als auf einer der Seitenflächen e gedacht werden 
kann. | 

Phosphorescenz. H. Rose beobachtete dieselbe be- 
kanntlich an dem rhomboedrischen Salz in dem Augenblick, 
wo die Krystalle sich absetzen. Der Verfasser fand, dass die 
Lichterscheinung eintritt, wenn jene sich unter der Flüssigkeit 
aneinander reiben oder wenn sie mit einem harten Körper ge- 
rieben, mit einer Stahlspitze geritzt oder auch wenn sie rasch 
erwärmt werden. Allein nicht immer erhält man aus gleich- 
beschaffenen Auflösungen phosphoreseirende Krystalle, aus 
solchen mit freier Schwefelsäure niemals, aus Mischungen von 
schwefelsaurem Kali und kohlensaurem Natron die meisten. 
Es ergab sich ferner, dass nicht einzelne Theile der Krystalle 
dies Vermögen in besonderem Maasse besitzen, sowie dass 
keine Beziehungen zwischen ihm.und der Zwillingsbildung 
stattfinden. Wenn derartige Krystalle, aus der Flüssigkeit ge- 
nommen, feucht oder abgetrocknet, beim Einwerfen in kochendes 
Wasser oder beim Erhitzen phosphoresciren, so besitzen sie 
diese Eigenschaft nicht mehr, wenn sie zuvor BiniSe Tage auf- 
bewahrt waren. 

Chemische Zusammensetzung. Dieselbe we 
durch Bestimmung des Gehalts an Säure ermittelt, die relative 
Menge beider Alkalien darnach berechnet. Indem die Probe 
mit der doppelten Menge Chlorbaryum geschmolzen und die 
Masse mit warmem Wasser behandelt wurde, liess sich bald 
ein klares Kiltrat erhalten. 


j 


43 


1) Zweigliedrige Krystalle aus einer Auflösung, die 
75 Theile schwefelsaures Kali gegen 34 Theile wasserfreies 
schwefelsaures Natron (d. h. 2 Aequivalente gegen 1 Aequi- 


valent) erhielt. 


Rhomboedrische Krystalle & 

2) Wie Taf. I. Fig. 2, aus 2 Theilen Kalisalz und 1 Theil 
Natronsalz (3 Aequivalenten KS gegen 2 Aequivalente NaS$ ent- 
sprechend). 

3) Desgl. aus 1 Theil Kalisalz und 2 Theile Natronsalz 
(Aequivalentverhältniss = 3: 8). 

4) Krystalle wie Taf. I. Fig. 3, aus saurer Auflösung, die 
mehr Natron als Kali enthielt. 

9) Sechsseitige Prismen aus 4 Theilen schwefelsauren Ka- 
lis und 3 Theilen Chlornatriums. 

6) Desgl. aus einer Auflösung, die etwas mehr als 1 Theil 
kohlensauren Näatrons gegen 2 Theile schwefelsauren Kalis 
enthielt. 

7) Desgl. aus 1 Theil schwefelsauren Kalis gegen 2 Theile 
kohlensauren Natrons. 

8) Rhomboedrische Tafeln aus gleichen Theilen schwefel- 
sauren Kalis und salpetersauren Natrons. Analyse b von ei- 
nem spätern Anschluss. 


Zweigliedrige ale 
R. 
Schwefelsaures Kali 97,1 
Schwefels. Natron 2,9 


Rhomboedrische AR 
lau 0. .0,.822 85 
Schwefelsaures Kali 76,2 76,4 75.5 76,1 79,1 79,0 84,0 84,7 
Schwefels. Natron 23,8 23,6 24,5 23.9 20,9 21,0 16,0 15,3 
No. 2 bis 5 ist ungefähr = 2NaS + 5KS; No. 6 u. 7 
= 3NaS+ 10KS; No. 8 = 2NaS- 9KS 
Aus den Analysen folgt, dass der Natrongehalt der rhom- _ 
boedrischen Krystalle veränderlich ist und nicht sowohl von 
dem der Flüssigkeit als von der Gegenwart anderer Säuren 
abhängt. _ 
Bildung und Umwandlung beider Arten von 
Krystallen. Reine Auflösungen von schwefelsaurem Kali 
geben unter allen Umständen nur zweigliedrige Krystalle; die 


44 


Gegenwart von Natron ist die einzige nachweisbare Ursache 
der Entstehung der rhomboedrischen Krystalle. Um aber diese 
Wirkung zu haben, muss das Mengenverhältniss von Natron 
und Kali (bei einer Temperatur von 15 bis 28 Grad) min- 
destens = 1:2,5 = 2:5 sein. Vermischt man 1. Theil (was- 
serfreien) schwefelsauren Natrons mit etwas mehr als 2 Theile 
schwefelsauren Kalis, so erhält man nur zweigliedrige Krystalle. 
(Bei dem Gewichtsverhältniss der Salze von 1:2 würde das 
von Natron und Kali = 1:2,4 = 2,04:5 sein.) Auch eine 
Mischung von 1 Theil kohlensauren mit etwas weniger als 
2 Theile schwefelsauren Kalis giebt dasselbe Resultat (1 Theil 
Carbonat und 2 Theile Sulfat ergeben das Verhältniss von _ 
Natron : Kali = 1:1,9 = 2,7:5). Bringt man in krystallrechte 
Auflösungen dieser Art einzelne zweigliedrige und rhomboe- 
drische Krystalle, so wachsen beide gleichzeitig fort, jedoch 
nicht lange, weil dadurch das Verhältniss beider Alkalien in 
der Flüssigkeit sich fortwährend ändert und das des Natrons 
grösser wird. In Folge dessen erfolgt die Zunahme der zwei- 
gliedrigen Krystalle immer langsamer, dann hört sie auf; von 
diesem Zeitpunkt ab fangen sie sogar an sich wieder aufzu- 
lösen, wogegen die rhomboedrischen Krystalle sich fortdauernd 
vermehren, bis das Verhältniss des Natrons zum Kali = 8:5 
ist; später krystallisirt schwefelsaures Natron (Glaubersalz) 
allein. 

Unter anderen Bedingungen ist aber das Mengenverhältniss 
der beiden Alkalien nicht in gleicher Weise maassgebend fur 
die Bildung der Krystalle. So erhält man bei Temperaturen 
über 25 Grad und Gegenwart freier Schwefelsäure zweiglied- 
rige Krystalle des reinen Kalisalzes sogar dann, wenn Natron 
und Kali = 8:5 sind. Ueber 35 Grad, wenn die Menge des 
Natrons mehr- als die doppelte von der des Kalis ist, schiesst 
zuerst wasserfreies schwefelsaures Natron an. Den Erfolg 
von Temperaturen unter 15 Grad konnte der Verfasser nur wenig 
beobachten. 

Zweigliedrige Krystalle von schwefelsaurem Kali lösen 
sich in Flussigkeiten auf, die beide Salze in dem Verhältniss 
enthalten, dass das Natron halb so viel oder mehr beträgt als 
das Kali, und dies geschieht auch selbst wenn sie so con- 
centrirt sind, dass sie für sich krystallisiren. Dabei steht die 
Schnelligkeit des Auflösens im Verhältniss zur Menge des 


45 


Natrons. In gleicher Art lösen sich rhomboedrische Krystalle 
in der gesättigten Aufiörung von reinem schwefelsaurem Kali 
oder in Flüssigkeiten auf, die höchstens ; Natron enthalten, 
und die Auflösung erfolgt um so schneller, je weniger Natron 
die Flüssigkeiten (oder je mehr Natron die Krystalle) ent- 


halten. 


Es ist sehr bemerkenswerth, dass das schwefelsaure 
Ammoniak, obwohl isomorph mit dem schwefelsauren Kali, 
keine rhomboedrischen Krystalle giebt, wenn seine Auflösung 
schwefelsaures Natron enthält. 


Dagegen verhält sich das chromsaure Kali wie das 
Sulfat. Neutralisirt man eine Auflösung von zweifach chrom- 
saurem Kali mit kohlensaurem Natron, so erhält man rhom- 
boedrische und optisch einaxige Krystalle, welche zu 
den gewöhnlichen zweigliedrigen des chromsauren Kalis die- 
selbe Beziehung haben wie die der Sulfate, deren Form auch 
die ihrige ist. Die Leichtlöslichkeit dieser Salze und die 
Formverzerrung der Krystalle erschwert jedoch genaue Unter- 
suchungen. | 


Orthoklas und Albit. 


Die Aehnlichkeit und die Unterschiede beider in den 
Winkeln sind allgemein bekannt, ebenso die Erscheinung, dass 
Albitkrystalle gewisse Flächen des Orthoklases bedecken und 
dabei unter sich parallel gestellt sind. Der Verfasser beob- 
achtete an derartigen Verwachsungen von Elba, dass die 
analogen Flächen beider Mineralien eine parallele Lage haben, 
wie die der beiden Formen des reinen und des natronhaltigen 
Kalisulfats. Die Albite sind durchscheinend und zeigen in der 
Horizontalzone starke Polyedrie, die bei dem Orthoklas fehlt; 
sie finden sich fast ausschliesslich auf den Prismenflächen 
(T) .des letzteren. Aehnlich ist das Vorkommen von Straskau 
in Mähren. 


46 


Zweifach weinsteinsaurer Strontian 
mit 5 Aequivalenten Wasser. 


Sr0.2C'H?0° 4 5aq. 


Der Verfasser hat schon früher gezeigt, dass dieses Salz 
bei gleichem Wassergehalt zwei- und eingliedrig und ren 
krystallisirt.“) 

Taf. I. Fig. 13. u. 14. sind Durchschnitte der zwei- und 
eingliedrigen Form. 

Taf. I. Fig. 15. u. 16. stellt die eingliedrige dar. 
Jene sind nach C, diese nach X vollkommen spaltbar. 
Folgende Uebersicht der gemessenen Winkel giebt die 
Aehnlichkeit beider Formen zu erkennen; die Flächen d und 
s sind die hypothetischen Analoga von dundo und demgemäss 
berechnet. 
Zwei- und uehediie Krystalle Eingliedrige Krystalle 
B.2d.7=, 144°45/,;. K:0 4a 


> 


C:», — 124 46 K.:n: 109 54 
es. 192,48 K: 15 4 
(rn = 1054 2 K:0 = 0 0 
Go, 4193 47 K:o le 
BES Ahnen K=:17zJ32 5 
U:2..102:16 Ka. 
©2402 16 K:e ABER 
7 


re. Ian 
Die ebenen Winkel von C sind, der Rechnung nach, 


112° 37’ und 67° 23’ die von K = 113° 7’ und 66" 53”. 


*) Atti dell’ Accademia di Napoli I. 18635. — Der Verfasser hat 
bei seinen Analysen nur den Gehalt an Strontian bestimmt. Wenn man 
seine Resultate unter der Annahme Sr — 44 berechnet, so gaben 

die eingliedrigen Krystale 22,11 pCt 
22,94 


im Mittel 22,32 pCt. 

die zwei- und eingliedrigen 22,80 „, 

23.08. 25, 

; im Mittel 22,94 pCt. 

Strontian. Die Formel 

Sr0O.2C*H?0O5—- Dagq 
verlangt: 22,71 Strontian, 57,64 Säure und 19,65 Wasser. 

Da es sich um den Beweis der chemischen Identität beider Salze 

handelt, dürfte man wohl wünschen, der Verfasser hätte sich nicht auf 
die Bestimmung der Basis allein beschränkt. R. 


47 


Legt man die Krystalle Taf. I. Fig. 14 u. 16 in der be- 
- zeichneten Stellung auf einander, so tritt die grosse Aehnlich- 
keit beider, bei paralleler Spaltbarkeit, von selbst hervor. In- 
dessen ist ©” stets kleiner als €‘, zugleich immer glatt und 
glänzend, während ( etwas höckerig ist; auch vergrössert sich 
der Krystall leichter von ©’ aus. Ebenso sind X und K’, ob- 
gleich beide höckerig sind, es dennoch in verschiedenem Grade. 
Desgleichen sind o und e sowohl wie p und r stark polye- 
drisch im Sinne ihrer Zonen mit ©, während die analogen 
Flächen der eingliedrigen Krystalle glatt und glänzend sind. 
Die Parallelen der Flächen n, ® und e” fehlen bei letzteren, 
wogegen in der Zone X’n und K’w die Flächen d, », r vor- 
handen. sind, deren Analoga den zwei- und eingliedrigen 
fehlen. 

Beide Arten von Krystallen unterscheiden sich in der 
Art ihrer Bildung und Zersetzung. Die eingliedrigen bilden 
sich vorzugsweise leicht und sind sehr geneigt sich in die zwei- 
und eingliedrigen zu verwandeln, während das Umgekehrte 
nie erfolgt. Und während die ersteren schon bei 40 Grad 
trübe werden und die Hälfte des Wassers (8,7 pCt.) verlieren *), 
verändern sich die zwei- und eingliedrigen Krystalle selbst bei 
100 Grad noch nicht. i 

Die Polysymmetrie dieses Salzes häaugt weder mit der 
Gegenwart oder dem Fehlen eines Bestandtheils noch mit 
Temperaturverhältnissen zusammen, denn beide Formen bilden 
sich in derselben Flussigkeit neben einander. _ Diese letztere 
muss aber einen Ueberschuss an Säure enthalten (7 bis 10 
Aequivalente), weil das Salz sich in Wasser in einfach wein- 
steinsauren Strontian und Weinsteinsäure zersetzt; bei allzuviel 
Säure erhält man wohl Krystalle des vierfach sauren Salzes. 
Die Krystallisation erfolgt bei Temperaturen zwischen 10 und 
30 Grad; bei höheren schiesst das Salz mit halbem Wasser- 
gehalt an. Dabei wurden die Bedingungen in verschiedener 
Weise modifieirt: 1) die Flussigkeit war so concentrirt, dass 
sie schon Krystalle absetzte, bevor sie die Temperatur der 
Umgebung erlangte; 2) sie war es in geringerem Grade, so 
dass die ersten Krystalle erst nach einigen Stunden erschienen; 


*=) [Die Hälfte des Wassergehalts beträgt 9,82 pCt und ist = 2} Aequi- 
valenten, während 2 Aequivalente = 7,86 pCt sein würden. R.] 


48 


3) sie war noch weniger concentrirt, so dass die ersten Kry- 
stalle nicht vor Ablauf eines Tages sich bilden konnten. Im 
ersten Fall entstanden immer nur eingliedrige Krystalle, die 
sich einige Tage vergrösserten und. vermehrten, und denen 
Krystalle des vierfach sauren Salzes folgten. Im zweiten Fall 
war der Erfolg derselbe, allein es entstanden später gewöhn- 
lich auch mehr oder weniger zwei- und eingliedrige Krystalle; 
In diesem Fall fuhren die früher gebildeten eingliedrigen in- 
zwischen fort sich zu vergrössern und zu vermehren; war aber 
die Menge der zwei- und eingliedrigen grösser, so hörte nach 
einiger Zeit der Weiterbildung der anderen auf, ja diese lösten 
sich allmälig wieder auf, während die zwei- und eingliedrigen 
sich vergrösserten und schliesslich allein übrig blieben, was 
am besten in bedeckten Gefässen bei etwas über 20 Grad 
geschah. Bei sehr viel Säure kann es geschehen, dass beide 
Formen verschwinden und durch Krystalle des vierfach sauren 
Salzes ersetzt werden. Im dritten Fall sieht man oft einzelne 
Krystalle beider Formen gleichzeitig anschiessen, aber obwohl 
mitunter die zwei--und eingliedrigen früher auftraten, gelang 
es doch niemals, dieselben frei von den eingliedrigen zu er- 
halten. Taucht man in die Auflösung, die schon einige Kry- 
stalle abgesetzt hat, einzelne der beiden Formen, so vergrössern 
sie sich zu gleicher Zeit. 

Sehr geringfügige Umstände müssen demnach die Bildung 
der einen und der anderen begünstigen; die Versuche zeigen 
nur, dass bei rascherem Anschiessen die eingliedrigen ent- 
stehen. 

Die eingliedrige Form verliert schon bei “gewöhnlicher 
Temperatur Glanz und Durchsichtigkeit; besonders grössere 
Krystalle erhalten nach mehren Wochen schon trube Stellen, 
kleine halten sich oft zwei Monate unverändert, und es ist 
dabei von keinem Einfluss, ob man sie offen oder luftdicht 
eingeschlossen aufbewahrt. Der Gewichtsverlust, welchen sie 
dabei erleiden, ist veränderlich und oft kaum bestimmbar. 
Erwärmt man sie, nachdem sie vollkommen trübe geworden 
sind, bis 40 Grad, so zerfallen sie nicht und geben auch nicht 
die Hälfte des Wassers ab, wie sie es doch im frischen Zu- 
stande thun. Hieraus folgt, dass das Trüubewerden eine Me- 
tamorphose ist, durch welche sie sich in ein Aggregat zwei- 
und eingliedriger Krystalle verwandeln; in der That vergrössern 


49 


sich die opaken Krystalle in einer Auflösung des Salzes mit 
den Flächen und dem Typus der zwei- und eingliedrigen. 
Benutzt maıi dazu solche, die nur trübe Stellen haben, so er- 
. folgt der Prozess nur auf diesen. 

_ Aber die Umwandlung geht auch, wie schon angedeutet, 
in der Flüssigkeit vor sich, aus welcher beide Formen sich 
abgeschieden haben, die zwei- und eingliedrigen Krystalle 
dringen allmälig in die eingliedrigen ein, tiefe Höhlungen 
von entsprechender Form in diesen bildend und sie nach und 
nach verzehrend. 

Die Art dieser Umwandlung Eee: Lak I, Biss, ER. un 
drei verschiedenen Perioden deutlich zu machen. Es seien 
die punktirten Linien e', X’, rn, oe” der Durchschnitt eines 
ursprünglichen eingliedrigen Krystalls, an dem die trübe Stelle 
M den Anfang der Metamorphose bezeichnet. Man denke sich 
ihn nun in eine Auflösung des Salzes von richtiger Concen- 
tration gebracht und mehrere Tage in derselben verweilend. 
Die nächste Folge wird sein, dass M, welches als ein Aggregat - 
sehr kleiner zwei- und eingliedriger Krystalle gedacht werden 
muss, sich vergrössert, den eingliedrigen Krystall überragt und 
in seinen Umrissen durch die punktirten Linien 0’, p, r, r", € 
angezeigt wird. Nach Verlauf einiger Tage, in denen beide 
Krystalle sich vergrössert haben, wird ihre Grenze durch die 
gestrichelt - punktirten Linien, 0’, X’, m, 0" und O’p, r, r". C 
zu bezeichnen sein. Durch den vergrösserten Umfang, den 
der zwei- und eingliedrige Krystall jetzt erlangt hat, sieht man 
offenbar, dass der auf dem eingliedrigen befestigte Theil sich 
in gleicher Art vergrössert hat wie der freie, von der Flüs- 
sigkeit bedeckte, und dass letzterer sein Anwachsen dem auf- 
gelösten Salz, jener aber der Masse des eingliedrigen Krystalls 


verdankt. Wieder ein späteres Stadium deuten die in Strichen 


 ausgezogenen Grenzen beider Krystalle an, wobei auch C über 
- das Niveau von X hervorgetreten ist. 

Diese Umwandlung unterscheidet sich von der, welche 
die Krystalle von schwefelsaurem Kali zeigen, insofern als 
bei letzterem die neuen Krystalle mit den alten in vollkomm- 
nerem Zusammenhang stehen, während die des weinstein- 
sauren Salzes eine blosse oberflächliche Berührung erkennen 
lassen. 

Zeits.d.d.geol.Ges XVII 1. 4 


50 


Zweifach traubensaures Natron. 
Na.20'H?0°-1 3ag. 

- Schon bei Gelegenheit der Polyedrie wurde zweier For- 
men dieses Salzes Erwähnung gethan, die sich zwar auf den 
ersten Blick unterscheiden, deren genaues Studium indessen 
nicht leicht ist. 

Taf..I. Fig. 18 stellt die eingliedrige Form dar; 
Taf. I. Fig. 19 die zweite, welche entweder zwei- und ein- 
gliedrig, oder nach Ansicht des Verfassers zweigliedrig-he- 
miedrisch (nach Art des Humits) ist. 

Die Spaltungsflächen sind bei beiden mit C bezeichnet. 


Eingliedrige Krystalle.  Zweigliedrige Krystalle. 
(Fig. 18.) (Fig. 19.) | 
Flächenbezeichnung: 
A = 100 =e4108 
Be=1 010 C:=:014 
e7=7901 i= 01 
er 101 Braga 
o = 01T 2 
v = 011 o —AMs 
Se! v = 017 
nn 121 &£ Aue 
m = 311 
Kantenwinkel: 

Ms Si al 0 ee. =; 
CHey "E13 00. as 
Ober ka Beh 3 A 

OD 08T EI 

a A a a, Ci "= 100038 

a Dr A C:m ='1067 3 

a ur m'='122978 
A a ein: re SEN 
A:nN='116 4412 u:e = 109 24 
Da CHA ENT 

Axenverhältniss a:b:c = 
1: 1,7477 :1,4369 1:0,5610 : 2,9887 
Axenwinkel: 
anbieeg # 
| 
Bee. 14:43 


51 

Der Verfasser bestimmte. lediglich. den ‘Gehalt an Natron 
und erhielt aus den eingliedrigen Krystallen 16,29 pCt., aus 
den zweigliedrigen 16,23 pCt. Natron. Die Berechnung der 
Formel giebt 16,32 pCt. 

Beide Formen zeigen nahe Uebereinstimmung der Winkel 
I der Zone 0, ®, u, B,'0; resp. (, v,u,.P, 0; den. zwei- 
gliedrigen fehlen die entsprechenden Flächen von A, e, n und 
den eingliedrigen die entsprechenden von A, &, m, was so zu 
sagen die nothwendige Folge des Symmetrietypus beider ist. 

Beide sind aber häufig Zwillinge. 

Die eingliedrigen Zwillinge, welche häufiger und 
grösser als die einfachen Krystalle sind, kommen nach zwei 
Gesetzen vor: 1) die Zwillingsaxe steht senkrecht auf C 
(Taf. I. Fig. 20); meist greift der eine Krystall über die 
Zwillingsgrenze hinaus in den anderen ein, so dass Durch- 
wachsungen (Taf. I. Fig. 21 a. u. b.) entstehen; 2) die Zwil- 
lingsaxe ist parallel der Zonenaxe BC; dieser Fall ist seltener 
und bringt immer Durchwachsungen hervor (Taf. I. Fig. 22 a. u. 
b. und 23), welche sich in der Regel mehrfach wiederholen. 

Die Flächen o, B, u, v sind stark polyedrisch im Sinne 
ihrer Zonenaxe; A ist, wenigstens bei den Zwillingen, immer 
gewölbt. 

Die zweigliedrigen Zwillinge sind im Gegensatz 
seltener und kleiner als die einfachen Krystalle. Die Zwil- 
lingsaxe steht senkrecht auf u (Taf. I. Fig. 24 u. 25); sie, 
zeigen die Flächen u, welche den einfachen fehlen, wogegen 
v, # und m an ihnen nicht vorkommen. 

Die Umstände, unter denen sich beide Formen dieses 
Salzes bilden, sind denen sehr ähnlich, die beim zweifach 
weinsteinsauren Strontian gelten. Bei raschem Anschiessen 
entstehen die eingliedrigen, bei langsamem die zweigliedrigen 
Krystalle. 

Ein „grosser Unterschied liegt aber rim) dass ihre Um- 
wandlung in keiner Weise gelingt, dass bei Formen beim 
 Aufbewahren sich nicht verändern. Wenn aus einer Auflösung 
blos eingliedrige Krystalle oder viele derselben mit wenigen 
zweigliedrigen sich abgesetzt haben, so fahren beide langsam 
fort sich zu vergrössern. Ueberwiegt aber die Menge der 
zweigliedrisen, so fahren blos diese fort, sich zu vermehren, 
indem die eingliedrigen nach und nach sanz verschwinden. 


4 * 


52 


Schwefelsaures Nickeloxyd. 


Dieses Salz krystallisirt sowohl mit 6 als mit 7 Aequi- 
valenten Wasser. 

Das Hydrat mit 7 Koyprialenten Wasser zeigt 
immer eine zweigliedrige Form (die des Bittersalzes und 


Zinkvitriols), nämlich langgestreckte, rhombische, fast recht- 


winklige Prismen, durch die Flächen eines Rhombenoktaeders 


zugespitzt. Sie sind smaragdgrun, erhalten sich in feuchter 


Luft lange, werden aber sonst undurchsichtig. 

Das Hydrat mit 6 Aequivalenten Wasser ist ein 
schönes Beispiel von Dimorphie, da es ebensowohl viergliedrig 
als zwei- und eingliedrig krystallisirt. 

Die viergliedrige Form, Taf. I. Fig. 26, zeigt die 
Klächen..A, — .100,.B = 010, m-— 110, » = 520,2 —UE 
0,2 se —= all. 


AB en A ze 130259 
Bag ee 20 = 2a 
* A ın ee A:o =12R 29 
nu 112 24 0:0 = 110 49 
Am 3111 3% A: = I 
mim: -—= 102 94 u:u= % 55 


Hieraus folgt das Axenverhältniss a:5 = 1: 0,5232. 

Die Krystalle sind mehr blaugrün, spaltbar nach A und 
unveränderlich an der Luft. 

Die zwei- und eingliedrige Form Taf.I. Fig. 27 ist 
eine Combination der Flächen A = 100, B = 010, e = 110, 
vw —=:110,0o—= 210,» = 210, a = 01, m = 0a m 
a DL: DL a 4102. 


A:B:,,0924193 * Bap. = 12001 
A202 "A:q = 131 4 
A:u = 124 21 Big: — 20784 
iA —,108.415 ga: = 105 57 

Asm=:120..39 A:r = 111 40 
Bm — 125 44 Bun 08 
m 20 Fri 
AD 1,05,82 Ars a a 
; Bass 
8-81, 32 TAB 

Hieraus folgt @:b:c =1: 0,8259 : 0,6046; a:b = 80° 41”. 


2 2 Sue 


53 


Die Krystalle sind smaragdgrün und spaltbar nach A. 

Ein Vergleich beider Formen überzeugt, dass keine kry- 
stallonomische Beziehung zwischen ihnen stattfindet. 

Die chemische Gleichheit beider wurde durch die Be- 
stimmung des Wassers und der Säure festgestellt. 


"Gefunden Berechnet 

, Viergl. Kryst. Zwei- u. eingl. Kryst. NiS-+ 6aq 
Wasser 40,92 40,86 52 2402) 
Schwefelsäure 30,89 80,82 40" 130,58 
Nickeloxyd 31 20,29 
| 7517 100° 


Höhere Temperatur oder ein Ueberschuss an Säure be- 


‚dingen die Entstehung des Hydrats mit 6 Aequivalenten Wasser; 


niedere Temperatur und wenig oder keine freie Säure liefern 


. die zweigliedrigen Krystalle mit 7 Aequivalente Wasser. Durch 


Abänderung der Bedingungen werden die Resultate jedoch sehr 
mannigfaltig. So kann man aus neutralen Auflösungen unter 
34 Grad blos zweigliedrige Krystalle (mit 7 Aequivalenten 
Wasser) , bei dieser Temperatur diese neben zwei- und ein- 
gliedrigen, bei höherer letztere allein erhalten. Auch bei 
sauren Auflösungen ist die Temperatur und die Menge der 
Saure von Einfluss. Durch Zusatz von 1 Aequivalent der- 
selben bilden sich bei 20 bis 26 Grad zuerst‘ zwei- und ein- 
gliedrige, dann zweigliedrige Krystalle. Bei mehr Saure und 
solcher Concentration, dass die Krystalle sich erst nach einigen 
Tagen bilden, kann man alle drei Formen zugleich erhalten. 
Nach einiger Zeit, während der die viergliedrigen immer 
grösser werden, verschwinden die zwei- und eingliedrigen all- 
mälig ganz. Während dem bleiben die zweigliedrigen unver- 
ändert, wenn sie mit den eingliedrigen nicht in Berührung 
waren. Wo dies aber der Fall ist, dringen die viergliedrigen 
auch in sie ein und vergrössern sich auf ihre Kosten, wo- 
gegen die zweigliedrigen und zwei- und eingliedrigen Krystalle 
keine solche Wirkung auf einander ausüben, sondern sich blos 
aneinander legen und unabhängig fortwachsen. Sind die Um- 


 stände sonst dieselben, ist aber die Concentration grösser, so 


dass die Flüssigkeit beim Abkühlen krystallisirt, so entstehen 
blos zwei- und eingliedrige Krystalle, denen bei weniger Säure 


' zweigliedrige folgen. 


Die viergliedrigen Krystalle können sich durch Metamor- 


‚ Bun: 


54 


phose aus den zwei- und eingliedrigen bilden und beide können 
aus den zweigliedrigen entstehen. Die letzteren, aus neutralen 
Auflösungen erhalten, werden an der Luft stellenweise trübe, 
zuletzt ganz undurchsichtig, sind dann im Innern körnig, ohne 
dass sich bestimmte Formen erkennen lassen. Erwärmt man 
sie aber auf 40 Grad, so gehen sie (unter Verlust eines Aegui- 
valents Wasser) in die zwei- und eingliedrigen über, deren 
Flächen unter Umständen erkennbar sind. Bleiben diese auf 
 Fliesspapier liegen, so erleiden sie abermals eine Verwand- 
lung, nämlich in die viergliedrige Form. Die aus sauren Auf- 
lösungen angeschossenen zweigliedrigen Krystalle gehen unmit- 
telbar in viergliedrige über, wenn sie an der Luft trocken 
werden und zwar um so schneller, je mehr Säure die Mutter- 
lauge enthielt, so dass die eingeschlossene und die anhängende 
Säure von wesentlichem Einfluss zu sein scheint, 

Die Metamorphose der zwei- und eingliedrigen Form in 
die viergliedrige erfolgt in verschiedener Art. Ist sie in neu- 
tralen Auflösungen über 385 Grad gebildet, so werden die 
Krystalle, aus der Flüssigkeit herausgenommen, sehr bald un- 
durchsichtig, wiewohl einzelne Stellen sich öfter dauernd klar 
erhalten. Im frischen Zustande ohne deutliche Spaltbarkeit, 
zeigen sie an den veränderten Stellen unterbrochene Spaltungs- 
richtungen in verschiedenster Lage, offenbar die Folge ihrer 
Umwandlung in regellos gelagerte viergliedrige Krystalle. 
Grössere zwei- und eingliedrige Krystalle aus saurer Auflö- 
sung verwandeln sich in wenig Tagen vollständig in vierglied- 
rige, aber auch hier liegen diese unter sich und gegen den 
ursprünglichen Krystall. ganz regellos. Wenn sich die zwei- 
und eingliedrigen Krystalle in sauren Aufiösungen langsam 
gebildet haben, so sind sie viel beständiger, als wenn dies 
rasch oder in neutralen Flüssigkeiten erfolgte. 


Die allgemeinen Schlusse, welche der Verfasser aus seinen 
Untersuchungen zieht, sind folgende: 

Wenn die geometrische Form der Krystalle einer Substanz 
dieselbe bleibt, das Symmetriegesetz aber in Folge einer Aen- 
derung der physikalischen Eigenschaften ein anderes wird, so 
besitzt die Substanz „‚Polysymmetrie.” 

Polysymmetrische Substanzen haben zwei wesentliche Ei- 
genschaften: 1) die Flächen und Spaltungsrichtungen der 


55 


beiden Typen sind vollkommen analog; 2) bei Aneinanderla- 
gerung derselben sind die analogen Flächen einander parallel. 
Diese beiden Eigenschaften unterscheiden polysymmetrische 
Substanzen von polymorphen (heteromorphen, dimorphen). 
Bei allen aber ist eine Form beständiger als die andere. 
Die Ursache der Polysymmetrie ist bei den verschiedenen 
Substanzen verschieden, gleichwie die der Polymorphie. Zu- 
weilen bilden sich in derselben Flüssigkeit gleichzeitig poly- 
symmetrische Krystalle von verschiedener Symmetrie oder di- 
morphe Krystalle von geometrisch verschiedener Form. 


56 


2. Bemerkungen zu Scacchi’s Abhandlung über die 
Polysymmetrie und zu der von Des Cloizeaux über 
die Pseudodimorphie. 


Von en C. Rammeısgere ın Berlin. 


Der Begriff der Dimorphie oder allgemeiner gesagt 
der Heteromorphie setzt die Identität der chemischen 
Natur derjenigen Substanz voraus, an welcher zwei oder 
mehre krystallonomisch unvereinbare Formen beobachtet werden. 
Schon oft hat man versucht, diese Eigenschaft der Körper in 
Abrede zu stellen, indem man z. B. die beiden Formen des 
Schwefels, des kohlensauren Kalks u. s. w., als ableitbar von 
einander darstellte. Allein dadurch wurde nichts gewonnen, 


denn man erlangte dadurch nur eine, noch dazu oft sehr ge- 


zwungene geometrische Analogie der Formen und uber- 
‚sah die physikalischen Unterschiede, welche sich äusserlich in 
dem Symmetriegesetze der Krystalle, innerlich in der Wirkung 
der-Molekule auf das Licht u. s. w. aussprechen. 

In letzter Zeit hat Scacchı gefunden, dass einige Sub- 
stanzen in zwei Formen krystallisiren, welche einem verschie- 
denen Symmetriegesetz unterworfen sind, d. h. verschiedenen 
Krystallsystemen angehören, verschiedene physikalische Eigen- 
schaften besitzen, dennoch aber geometrisch einander so nahe 
stehen, d. h. entsprechende Flächen mit gleicher oder nahe 
gleicher Neigung haben, dass man die Formen als gleiche be- 
trachten muss. Er hat seine Beobachtungen am zweifach 
weinsteinsauren Strontian, am zweifach traubensauren Natron 
und am schwefelsauren Kali angestellt, und diese Erscheinung 
Polysymmetrie genannt. Soweit die chemische Identität 
der Substanz damit verknüpft ist, wird die Polysymmetrie sich 
zunächst an die Heteromorphie anschliessen, allein dies gilt 


Di 


nicht vom schwefelsaurem Kali. Die zweigliedrige Form dieses 


Salzes ist durch MrTscHErLich sehr genau bekannt. Aber 
bereits im Jahre 1843 beschrieb Derselbe rhomboedrische, 


57 


optisch einaxige Krystalle, welche nichts als schwefelsaures 
Kali, namentlich kein Natron enthielten , obwohl letzteres in 
der Kelplauge, aus welcher die Krystalle entstanden waren, 
sich reichlich findet. MiTscHERLIcH hob aber zugleich hervor, 
dass die Art und die Neigung der Flächen bei beiden Formen 
sehr nahe dieselben wären, und dies ist gewiss der Grund, 
weshalb er nicht von einer Dimorphie in diesem Falle spricht. 

Die Angabe MiTscHERLIcH’s, die rhomboedrischen Kry- 
stalle seien natronfrei, steht aber ganz isolirt; alle späteren 
Untersuchungen haben darin einen ansehnlichen und wesent- 
. liehen Gehalt an schwefelsaurem Natron gefunden; so insbe- 
sondere PEexnsy und HAUER, und Scaccui selbst, welcher durch 
Versuche das Verhältniss beider Alkalien feststellte, welches 
erforderlich ist, wenn die Auflösung rhomboedrische Krystalle 
geben soll. Indem Derselbe gleichzeitig die Phosphorescenz 
des rhomboedrischen Salzes beim Anschiessen, Reiben u. s. w., 
gleich wie Penny längere Zeit vorher schon, beobachtete, wird 
_ es im höchsten Grade wahrscheinlich, dass allen früheren Beob- 
achtungen derselben am schwefelsaurem Kali das rhomboe- 
drische Salz zum Grunde gelegen habe, so namentlich denen 
von H.Rose, welcher ausdrücklich hervorhebt, dass beim Kry- 
stallisiren des reinen Kalisalzes niemals eine Lichterscheinung 
zu bemerken sei. Wenn damals (im Jahre 1841) die Form 
des natronhaltigen Salzes für die des gewöhnlichen schwefel- 
sauren Kalis gehalten wurde, so ist dies leicht erklärlich; 
Winkelmessungen hätten den Unterschied beider Formen nicht 
erkennen lassen. 

Die Zusammensetzung des rhomboedrischen Salzes ist 
nicht constant. Zieht man H. Rose’s Analysen hinzu, da sie 
sich offenbar auf diese Form beziehen, so varürt der Gehalt 
an schwefelsaurem Natron von 14 bis 35 pCt., immer aber 
sind die Aequivalent-Verhältnisse beider Salze ziemlich einfach, 
vielleicht noch einfacher als die Analysen ausweisen, da wohl 
häufig Krystalle von schwefelsaurem Kali beigemengt waren. 


2NaS + 3KS — 35,24 pCt. Na S H. Rose. 
. NaS 4 3KS = 28,98 „» » Derselbe, GRANDEAUT. 
DNaS -5KS=- Abl, „ Scaccm. 


NaS + 3KS = 21,39 „  „, Pam, Haver, H. Rosk, 
j | SCACCHI. 


58 
2NaS + 9KS = 15,35 pCt. Na8 Scacom. 
NaS + 5KS = 14,04 5 GLADSTONE. 


Häufig war die Analyse eine indirekte, die relative Menge 
der Alkalien wurde aus einer Bestimmung der Säure berechnet, 
und da nun die ganze Differenz des Säuregehalts nach den an- 
geführten Formeln kaum 2,2 pCt. ausmacht (49,63 bis 47,43 pCt,), 
“so durften schwerlich alle jene Formeln Geltung haben. 

H. Rose hatte es unentschieden gelassen, ob die Krystalle 
ein Doppelsalz von bestimmter und beständiger Zusammen- 
setzung oder eine isomorphe Mischung der beiden Sulfate seien. 
Das erstere wird jetzt durch die Analysen widerlegt; man muss 
also annehmen, dass schwefelsaures Kali isomorph mit schwefel- 
saurem Natron sei. Dies lässt sich auch hinsichtlich ihrer ge- 
wöhnlichen zweigliedrigen Formen unbedenklich annehmen, 
wie Hausmann schon längst bemerkt hat. Es bedarf also nur 
der Annahme, dass auch bei beiden Salzen dieselbe physika- 
kalische Differenz der Krystalle eintrete, welche sie zu sechs- 
gliedrigen macht und die wir an der Mischung beider beob- 
achten. 

Die Sulfate von Kali und Natron sind also keineswegs 
dimorph, und wenn die zweigliedrige Form des Kalisalzes und 
die rhomboedrische des Kali-Natronsalzes als geometrisch gleich 
sich herausstellen, so ist dies ein neuer Beweis fur ihre Iso- 
morphie. 

Die Erscheinung, welche am schwefelsauren Kali und 
Natron unsere Aufmerksamkeit erregt, ist längst am Orthoklas 
und Albit, dem Kali- und Natronfeldspath, bekannt. Die 
Krystallform beider ist in geometrischer Hinsicht dieselbe; das 
Symmetriegesetz ist aber bei ihnen ein anderes und deshalb 
sind wir genöthigt, sie in verschiedene Systeme zu bringen, 
wiederum ein Beweis, dass unsere krystallographische Syste- 
matik für die Mannigfaltigkeit der Erscheinungen nicht genügt. 
ScaccHuı betrachtet beide Feldspathe als polysymmetrische 
Substanzen. Da aber die Krystallform des Albits dieselbe ist 
wie die des Oligoklases, Labradors und Anorthits, so muss 
die Polysymmetrie der ganzen Feldspathgruppe anerkannt 
werden. 

Wir sehen also, geometrische Gleichheit neben physika- 
lischer Ungleichheit der Krystallform kommt vor: 1) bei der 
nämlichen Substanz ( weinsteinsaurer Strontian); 2) bei ma- 


59 


teriell verschiedenen, stöchiometrisch _ gleichen Substanzen 
(schwefelsaures Kali und schwefelsaures Kali-Natron); 3) bei 
materiell und stöchiometrisch verschiedenen Substanzen (Feld- 
spathgruppe). 

Man hat oft Anstand genommen, Körper als isomorph 
zu betrachten, die diese letztere Art der Polysymmetrie 
zeigen, d. h. solche, die, wie man sich ausdrückt, blos geo- 
metrisch isomorph sind; es hängt dies aber ganz und gar von 
dem Umfange ab, den man dem Isomorphiebegriff giebt. Wir 
sind nicht der Ansicht, dass die Isomorphie beschränkt werden 
müsse auf Körper von gleicher chemischer Constitution, weil 
wir die Anordnung der materiell verschiedenen Atome oder 
Moleküle in einer Verbindung nicht als den Grund der Kry- 
stallform ansehen können. Wir erblicken also in den Feld- 
spathen ebensowohl wie in dem schwefelsauren Kali und Na- 
tron isomorphe Körper und möchten wünschen, ScAccHI 
hätte die Bezeichnung polysymmetrisch auf die Fälle beschränkt, 
bei welchen die chemische Natur der Krystalle die nämliche ist. 

Kann aber schon bei demselben Körper durch scheinbar 
geringfügige Ursachen die Anordnung der Moleküle sich der 
Art ändern, dass die Symmetrieverhältnisse und die physika- 
lischen Eigenschaften sich modifieiren, so ist es leicht einzu- 
sehen, dass dies bei materiell verschiedenen Substanzen, deren 
Form theoretisch dieselbe sein sollte, noch leichter eintreten 
werde, und deshalb glauben wir, dass Scacchts Entdeckung 
der Polysymmetrie einer und derselben Substanz eine neue und 
wichtige Stütze dafür ist, dass die zur Zeit geltenden soge- 
nannten Krystallsysteme kein Hinderniss sind, zwei oder mehr 
isomorphe Körper in verschiedenen dieser künstlichen Gruppen 
zu finden. 

Fast zu derselben Zeit, wo Scaccnı seine Arbeit über die 
 Polysymmetrie der Krystalle herausgab, erschien ein Aufsatz 
von DEs CLo1zEAux,*) welcher zum Theil dieselben Erscheinun- 
gen behandelt. Hier werden das zweigliedrige Kalisulfat und 
_ das rhomboedrische Kali-Natronsulfat, gleichwie Orthoklas und 
Albit als pseudodimorph bezeichnet. Gewiss ist dieser 
Ausdruck unzweckmässig, da das Wesen der Dimorphie die 
Gleichheit der -chemischen 'Natur der betreffenden Körper vor- 


*) Ann. Chim Phys. IV. Ser. T. 1. 


er \ 


aussetzt, die hier ganz und gar fehlt. Es ist überhaupt nicht 
einzusehen, weshalb man den Begriff isomorpher Körper 
nicht auch. bei diesen analog constituirten Verbindungen gelten 
lassen will. 

Bei den Alkalisulfaten und in der Feldspathgruppe gehören 
die isomorphen Glieder zweien jener künstlichen Abtheilungen 
an, die wir Krystallsysteme nennen. In der grossen und 
wichtigen Augitgruppe stehen Glieder aus drei verschiede- 
nen Systemen, wenn wir Des CLoIzEAux beipflichten. In einer 
früheren Arbeit hatte ich gezeigt, dass die eingliedrigen For- 
men des Rhodonits und Babingtonits nichts anderes als Augit- 
formen seien, bei welchen das Symmetriegesetz derart modi- 
fieirt sei, dass sie sich zu dem zwei- und eingliedrigen Augit 
ebenso verhalten wie die eingliedrigen Feldspathe zum Ortho- 
klas. Des CLoizEAux hat gefunden, dass bei den in Gesteinen 
eingewachsenen kalkfreien Augiten, welche isomorphe Mischun- 
gen der Bisilikate von Magnesia und Eisenoxydul sind und die 
Struktur des Augits haben, dem Broneit (dessen eisenärmere 
Abänderungen neuerlich als Enstatit bezeichnet wurden) und 
Hypersthen, die Ebene der optischen Axen eine andere Lage 
hat wie bei den übrigen Augiten, d. h. dass die kürzere Dia- 
gonale des rhombischen Augitprismas oder unsere Axe b 
in derselben: liegt und zugleich die Mittellinie im optischen 
Sinne ist. Da nun bei den übrigen Augiten die optischen 
Axen in einer auf jener senkrechten, d. h. in unserer Axen- 
ebene acliegen, so trennt Des CLo1zzAux Broneit und Hypersthen 
vom Augit und supponirt ihnen eine zweigliedrige Form. 
Demzufolge würde die Augitgruppe Glieder aus drei verschie- 
denen Krystallsystemen einschliessen. 

‚Indessen würde DescLorzeaux’s Annahme, wenn sie ledig- 
lich darauf beruhte, dass die Ebene der optischen Axen bei 
jenen kalkfreien Gliedern der Augitgruppe eine andere Lage 
hat, für die Annahme des zweigliedrigen Systems nichts ent- 
scheiden. Aus seinen eigenen schönen Beobachtungen am 
Orthoklas geht hervor, dass bei diesem Mineral, und zwar 
sowohl beim Adular als beim Sanidin, die Ebene der optischen 
Axen bald die Kristallaxe db, bald @ in ‘sich schliesst, dass 
mithin bei dem nämlichen Körper die Orientirung der optischen 
Axen um 90° verschieden sein kann. Und hier hat man es 
mit ausgebildeten Krystallen zu ihun, während Broneit und 


61 


Hypersthen doch nur die inneren oder Spaltungsflächen beob- 
achten lassen. Des CLoızEaux bemerkt: „Der Orthoklas hat 
sehr merkwürdige optische Eigenschaften, insofern die Ebene 
der optischen Axen bald in der Symmetrieebene (Axenebene 
ac, zweite Spaltungsfläche) liegt, bald der Horizontalaxe b 
parallel geht, (d. h. die optischen Axen können in Ebenen lie- 
gen, die senkrecht zu einander stehen). Dabei ist die Mittel- 
linie des spitzen Winkels stets negativ und senkrecht zur Axe b. 
Der Winkel, den die optischen Axen unter sich bilden, ist 
in den verschiedenen Stellen eines Krystalls verschieden, 
und die Veränderungen, welche die Axen durch Erwärmung 
erfahren, sind für Temperatur von 4—500 ° vorübergehend, 
werden aber fur höhere Temperatur (Glühhitze) dauernd. 

Am Mondstein von Ceylon und am Adular vom Gotthard 
steht die Ebene der optischen Axen senkrecht zur Symmetrie- 
ebene; dasselbe ist der Fall bei dem Sanidin aus dem Trachyt 
vom Drachenfels uud vom Mont Dore. In den trüben oder 
halbdurchsichtigen Parthieen der Krystalle ist aber die Orien- 
tirung die entgegengesetzte. Der Sanidin von Wehr und Rockes- 
kyll in der Eifel zeigt bald die eine, bald die andere Art der 
Axenstellung.‘* 

Hieraus folgt, dass die Krystalle des zwei- und einglied- 
rigen Systems ihre beiden optischen Axen nicht nothwendig 
in ihrer Symmetrieebene haben, dass auch bei ihnen, wie bei 
den zweigliedrigen, zwei auf einander’ senkrechte Axenebenen 
in optischer Hinsicht existiren. 

Bei den übrigen Feldspathen ist, wie überhaupt im ein- 
gliedrigen System, die Lage der optischen Elasticitätsaxen 
gegen die Krystallaxen «a priori nicht gegeben, und bei ihnen 
scheinen trotz grosser Aehnlichkeit im Allgemeinen doch auch 
wesentliche Unterschiede vorzukommen, indem z.B. beim Albit 
und Anorthit die Axenebenen und der Charakter der Mittel- 
linien sich nicht entsprechen. 

Handelt es sich also darum, aus optischen Gründen zu 
entscheiden, ob ein Körper zweigliedrig oder zwei- und einglied- 
rig sei, so genügt dazu nicht die Lage der Ebene der opti- 
schen Axen, sondern die Untersuchung der Dispersion. In 
zweigliedrigen Krystallen nämlich ist die Dispersion symme- 
trisch um die Mittellinie herum, d. h. die Axen, welche den 

verschiedenen Farben entsprechen, liegen in derselben Ebene 


62 


und haben dieselbe Mittellinie; alles ist symmetrisch rechts 
und links von derselben, und eine senkrecht zur Axenebene 
geschnittene Platte zeigt in einem Bündel weissen polarisirten 
Lichtes die isochromatischen Kurven und die Ringe, welche 
die beiden Axen umgeben, in voller Identität. Bei zwei- und 
eingliedrigen Krystallen hingegen haben die optischen. Axen 
der verschiedenfarbigen Strahlen nicht mehr nothwendig die- 
selbe Mittellinie. Ist die Ebene der optischen Axen zugleich 
die Symmetrieebene des Krystalls, so findet die Dispersion 


oder Faarbenzerstreuung für alle Farben in dieser Ebene statt, 


und zeigt sich theils in einer Verschiedenheit der mehr oder 
minder elliptischen Form der Ringe, theils in einem Gegen- 
satz der Farben der beiden Ringsysteme und derjenigen , welche 
die beiden Hyperbeln einfassen, die man bei einer Lage der 
Polarisationsebene von 45 ° sieht. Wenn die Ebene der op- 
tischen Axen aber senkrecht gegen die Symmetrieebene steht, 
so findet die Art der Farbenzerstreuung statt, welche Des 
Croizzaux als horizontale Dispersion bezeichnet hat. 

Den kalkfreien Gliedern des Augittypus, dem Broneit 
nnd Hypersthen, entspricht der Anthophyllit, welcher dem 
Hornblendetypus angehört, gleich jenen Magnesia und Eisen- 
oxydulbisilikat ist und auch ihre Strukturverhältnisse wieder- 
holt. Obwohl nun bei ihm ebenso wie beim Tremolit und 
den übrigen Hornblenden die Ebene der optischen Axen die 
Axenebene ac ist, so betrachtet Des CLoIzEAUx doch den An- 
thophyllit als zweigliedrig, weil die Mittellinie bei ihm senk- 
recht auf der Axenebene dc steht. Aber auch dies Verhalten 
dürfte dem Wesen des zwei- und eingliedrigen Systems nicht 
zuwider sein. 

Bedürfte es noch eines Beweises, dass die Ebene der 
optischen Axen in verschiedenen Krystallen einer Substanz 


eine ganz verschiedene Lage haben kann, so bietet der Zoi- 


sit einen solchen dar. Lange hat man die Form desselben 
und die des Epidots für gleich gehalten, bis BROORE bewies, 
dass beide verschieden sind, und dass der Zoisit nur eine 
vollkommene Spaltungsfläche besitzt, welche die scharfen Kan- 
ten eines rhombischen Prismas von 116 ° 16’ gerade abstumpft. 
Indessen hat MiLLER die Krystalle doch als zwei- und einglied- 
rig betrachtet. Des Cnoizravx zieht nun aus dem optischen 
Verhalten der Zoisitkrystalle den Schluss, sie seien zweiglied- 


° 


63 


rig (rhombisch), denn die Mittellinie der optischen Axen, 
deren Ebene die Spaltungsfläche ist, steht senkrecht gegen 
die stumpfe Kante des rhombischen Prismas. Aber während 
dies bei den meisten Abänderungen (Salzburg, Baiern, Tyrol, 
Steiermark, Kärnthen) der Fall ist, fand Dss OLoIzEAUx neuer- 
lich an durchsichtigen Zoisitkrystallen aus Nordamerika und 
an grauen von Grossarl die Ebene der optischen Axen senk- 
recht gegen die Spaltungsfläche. 

Aber auch für den Zoisit dürfte die Annahme zweiglied- 
riger Formen, lediglich aus der Lage der optischen Axen ge- 
folgert, keine Nothwendigkeit sein, um so weniger, als die 
beobachteten Flächencombinationen weit mehr einen zwei- und 
eingliedrigen Charakter haben. Ich glaube vielmehr, dass. 
Zoisit und Epidot, wenn man ihren Krystallen eine passende 
Stellung giebt, so dass die Spaltungsfläche des ersteren der 
vollkommensten (M) des letzteren parallel ist, als krystallo- 
nomisch abhängig in einem ähnlichen Sinn gelten können, 
wie Augit und Hornblende.*) Da ihre Zusammensetzung, ab- 
gesehen von dem Wechsel isomorpher Bestandtheile, dieselbe 
ist, so wird dieselbe Ursache, welche den Formenunterschied 
des Diopsids und Tremolits hervorbrachte, einen solchen auch 
für Zoisit und Epidot zur Folge gehabt haben. 

Wie man sieht, besteht das Wesentliche der Ansicht Des 
CLoizEaux’s darin, dass analog constituirte Körper nicht immer 
isomorph sind, wie man erwarten sollte, dass beim Auftreten 
gewisser Bestandtheile eine geometrisch verschiedene Form 
entsteht, und diese Erscheinung ist es eben, welche er, wohl 
nicht sehr glücklich, als Pseudo - Dimorphie bezeichnet. 

In der Gruppe der Bisilikate oder der augitartigen 
Mineralien unterscheidet er 

1) Enstatit, Broncit, Hypersthen als zweigliedrig, 
mit einem rhombischen Prisma von 93 — 954°, nach dessen 
Flächen und Diagonalen sie spaltbar sind. Dies sind also die 
Bisilikate von Magnesia und Eisenoxydul. 

2) Wollastonit, zwar zwei- und eingliedrig, aber in 
Form und Struktur mit dem eigentlichen Augit unvereinbar. 
Er ist bekanntlich das reine Kalkbisilikat. | 

3) Pyroxen oder Augit im engeren Sinn, dessen Prisma - 


*) Vergl. meine Bemerkungen in Pocc. Ann. Bd. 100 S. 133. 


64 


— 87° 5— 30’; spaltbar nach den Flächen und Diagonalen 
desselben. Es sind dies isomorphe Mischungen der Bisilikate 
von Kalk und Magnesia (Eisen- und Manganoxydul). | 

4) Rhodonit. Eingliedrig, nur in einer Zone der Hori- 
zontalzone der Pyroxene annähernd gleich. Es sind dies 
solche Mischungen, in welchen das Bisilikat des Manganoxy- 
duls vorherrscht, zu welchem die Bisilikate von Kalk und 
Eisenoxydul (Pajsbergit), auch von Magnesia und Zinkoxyd 
(Fowlerit) treten. 

Des CLoizEaux nimmt demgemäss an, dass wenn in RSi 
blos Magnesia (Fe) enthalten ist (Kalk fehlt), die Form zwei- 
gliedrig sei, wenn Kalk allein, die besondere Form des Tafel- 
spaths, wenn viel Manganoxydul, eine eingliedrige Form vor- 
handen sei. Demnach würden Kalk und Magnesia nothwendig 
sein für die eigentliche Augitform. 

Wir haben in der Olivingruppe ein schönes Beispiel der 
Isomorphie der Singulosilikate von Kalk, Magnesia, Eisen- und 
Manganoxydul. Der Forsterit (Mg’Si), der Fayalit (Eisen- 
frischschlacke = Fe? $i), der gewöhnliche Olivin (mMg? Si 
+ nFe?Si), der Monticellit (Ca? $i+ Mg? Si), und der Tephroit 
(Mn? Si, oft mit Mg’ Si oder Zn?Si gemischt) haben gleiche 
Form, sind vollständig isomorph. Es wäre nicht zu begreifen, 
weshalb die Bisilikate dieser Basen nicht ebenso vollkommen 
isomorph wären. Insbesondere kann man nicht damit einver- 
standen sein, dass die zwei- und eingliedrige Form des reinen 
Kalkbisilikats, des Wollastonits, von der Augitform wesentlich 
verschieden sei. \ 

Schon früher*) habe ich den Zusammenhang beider nach- 
zuweisen gesucht, welcher am einfachsten hervortritt, wenn 
man die von BRookE mit e?, von MILLER mit e, von Des 
‘ CLoIzEAUXx mit e’ bezeichneten Flächen als das vertikale rhom- 
bische Prisma (@:5:00c) betrachtet, dessen scharfe Kanten 
durch eine Spaltungsfläche (h BRoOokE, a MILLER, p Des CLoIzEAux) 
gerade abgestumpft sind, und die Fläche P Brooke (c MILLER, 
h Des Cnorzkaux) als basische Endfläche ausieht. Jenes Prisma 
ist dann das Augitprisma, seine Winkel 87 ° 26’ und 92° 34° 
stimmen mit denen des letzteren nahe überein, wie denn über- 


*) Pocs. Ann. Bd. 103 $. 282. 


65 


haupt die reich entwickelte Horizontalzone bei beiden das zwei- 
fach schärfere Prisma aufzuweisen hat. Das Axenverhältniss 
a:b ist demgemäss 
beim Augit = 1,0943 : 1 
„» .Wollastonit = 1,1144: 1 

Grösseren Unterschieden begegnet man freilich in den 
übrigen Zonen. In der Vertikalzone ist beim Wollastonit die 
Neigung der Hexaidflächen a und ce = 110° 12’, beim Augit 
— 106° 0°, ein Unterschied von fast 4°, der aber doch bei 
isomorphen Körpern mehrfach vorkommt. Unter den Augit- 
paaren des Wollastonits bilden die von Des CrorzeAaux d+ und 
b* genannten ein zwei- und eingliedriges Oktaeder, welches 
man am passendsten als Hauptoktaeder betrachtet (a: 5: c und 
a’:b:c). Sein Analogon ist beim Augit nicht bekannt, allein 
' das fach schärfere würde, wenn es vorkäme, jenem gauz 
nahe kommen, denn die Kantenwinkel sind: 


fa: b:3.e) fa :b:2c\ 
Wa :5:0J \d:5:3cJ 

Wollastonit Ausit 
Vordere Endkanten = 118°48’ 116527:6. 
Hintere 5 ES Se 100 54 
Seitl. > — .119:520 114 6 
Seitenkanten = 105: 15 105 24 


Oder es ist das Axenverhältniss 
b:c beim Wollastonit = 1: 0,96617 
b:2c ,, Augit = .1.:0,98503 

Ferner sind die Zwillinge bei beiden nach demselben 
Gesetz gebildet. 

Was die Lage der Spaltungsflächen betrifft, so wird aller- 
dings beim Wollastonit keine Spaltbarkeit nach dem Augit- 
prisma angegeben, während sie nach den Hexaidflächen « und c 
vorhanden ist, Winkel von 110 ° 12” bildend. v. KosELL und 
PhuıLLıps fanden aber zwei Spaltungsrichtungen unter 95° 
20 — 30’, wonach eine hintere schiefe Endfläche («4 Descuor- 
ZEAUX) neben der Hexaidfläche « Spaltungsfläche sein würde, 
gleichwie auch eine entsprechende vordere dieselbe Eigenschaft 
haben soll. Man sieht also, dass dieser Punkt noch nicht 
sicher untersucht ist, darf aber wohl aus dem Hervortreten 
besonderer Spaltungsflächen , innerhalb einerisomorphen Gruppe, 
E Zeits. d.d.geol Ges XVIL. 1. 5 


66 


kein Argument gegen die Isomorphie des einzelnen Gliedes 
entnehmen. | 

Des CLo1zEaux nennt Wollastonit und Augit pseudodimorph, 
wir nennen sie isomorph, indem wir derjenigen Auffassung 
des Isomorphiebegriffes huldigen, welcher alle krystallonomisch 
möglichen Formen in Betracht zieht, anstatt sich auf die bis- 
her beobachteten zu beschränken. | 

Wie bekannt, enthält die Augitgruppe auch solche Glie- 
der, deren Formen auf drei schiefe Axen bezogen werden 
müssen. ‘ Es ist nicht bloss der von DESCLOIZEAUXx angeführte 
Rhodonit, sondern auch der mit diesem ganz übereinstim- 
mende Babingtonit. Man kann den Kıystallen beider, wie 
ich ebenfalls früher schon gezeigt habe,*) leicht eine solche 
Stellung geben, dass ihre Aehnlichkeit mit dem Augit zu er- 
kennen ist. Die Winkel des Augitprismas sind dann 85 ' 30’ 
und 88°; der Werth der Axe a, beim Augit = 1,0942, ist 

beim Rhodonit =: 1,1580 
„„  Babingtonit = 1,1174 

Die Neigung der Axenebenen ab und be, welche beim 
Augit 106°, beim Wollastonit 110 ° beträgt, ist bei jenen 
111° 8’ und 112° 12’, und die sonst beobachteten Flächen 
sind derart, dass die Axe c, beim Augit = 0,591, 

beim Rhodonit = 1,8292 
„ Babingtonit = 1,8205, 
also nahe dreimal so gross, als bei ersterem (auch nahezu 
doppelt so gross als beim Wollastonit) anzunehmeu ist. 

Beim Rhodonit (und Fowlerit) ist die Spaltbarkeit wie 
beim eigentlichen Augit, nur vollkommener nach den Hexaid- 
flächen als nach dem Augitprisma, und beim Babingtonit ver- 
schwindet letztere überhaupt. 

Der Babingtonit gehört nach meinen Untersuchungen zu 
derjenigen Abtheilung der Augitgruppe, in welcher das Bisili- 
kat des Eisenoxyds in isomorpher Mischung mit den Bisilika- 
ten der Monoxyde auftritt, welche hier Kalk-, Eisen- und 
Manganoxydul sind. Es liegt also nicht in dem Ueberwiegen des 
Mangansilikats, wie Des CLoIzEAux annimmt, dass die einglied- 
rige Form des Augits hervortritt, sondern wir haben es hier 
mit einer Isomorphie zu thun, welche über die Grenzen eines 


*) A. a. O0. 8. 357. 


67 


Krystallsystems hinausgreift, wie innerhalb der Feldspath- 
gruppe. 

Zu den seltensten Phosphaten gehört der Wagnerit nach 
Fuc#s’s und meinen Analysen MgFl + Me’ P. Levy be- 
‚schrieb die Krystallform als zwei- und eingliedrig, während 
MILLER gezeigt hat, dass sie eingliedrig sei. DrvitLLe und 
Carox haben in neuerer Zeit dieses Mineral künstlich dargestellt; 
zugleich haben sie die Chlorverbindung und eine Chlor und 
Fluor, sowie Magnesia und Kalk enthaltende, gleich zusam- 
mengesetzte Mischung erhalten. Nach Des CLo1zEAux stimmt 
die Form aller dieser Körper mit der des Wagnerits überein, 
welche er jedoch für zwei- und eingliedrig hält. Das Prisma m, 
welches beim Wagnerit = 95 ° 25’ ist, hat bei den künstlichen 
Verbindungen 96 ° und 94° 40’. Dagegen hat die reine Chlor- 


und Kalkverbindung, CaCl -- Ca’P, welche Devirır und 
Carox ebenfalls darstellten, nach Des CLo1zraux zweigliedrige 
Formen unter denen das vertikale rhombische Prisma 96 ° 40’ 
hat. Auch diesen Fall rechnet er seiner Pseudodimorphie hinzu, 
und vergleicht die Kalk- und Magnesiaverbindung und deren 
Mischung mit dem Wollastonit, Broneit und Diopsid. 


De 


68 


= 


3. Bemerkungen zu dem Aufsatze des Herrn 6. Rose: 
Ueber die in den Thonschiefern vorkommenden, mit 
Faserquarz bedeckten Eisenkieshexaeder. 


Von Herrn G. Tscaervmak ın Wien. 


In der genannten Mittheilung hat Herr G. Rosz die Rich- 
tigkeit meiner Beobachtung bezweifelt, welche ich in Bezug 
auf die Formen des im Thonschiefer von Recht auftretenden 
Faserquarzes anstellte, indem er sagt, dass ‚‚wohl nur die Vor- 
liebe für eine vorgefasste Meinung in der Form des auf dem 
Eisenkiese sitzenden Faserquarzes zuweilen einige Aehnlichkeit 
mit der des Gypses erkennen kann.“ 

Darauf erlaube ich mir zu entgegnen, dass ich meine 
frühere Angabe vollständig aufrecht halte, welche lautet: „Man 
bemerkt daran (an dem Faserquarz) auch Umrisse von Gyps- 
krystallen und Zwillingen; einige Messungen durch Visiren 
mit dem Anlegegoniometer auf günstig gelegene Stücke bestä- 
tigen diess.“‘*) Ferner bemerke ich, dass die von mir damals 
gegebenen Zeichnungen, ‚welche einige der Umrisse des Faser- 
quarzes darstellen, ganz richtig seien. Wenn nun auch nicht 
alle Partien von Faserquarz, welche in jenem Thonschiefer vor- 
kommen, so deutliche Formen zeigen, so sind doch die von 
mir beobachteten Fälle genügend, mich zu hindern, der An- 
nahme des Herrn G. Rose beizustimmen, welcher meint, dass 
an- der Stelle des Faserquarzes früher Hohlräume gewesen 
seien, welche durch den Absatz dieses Minerals erfüllt wurden; 
Ich glaube auch, dass die oft sehr deutlich schiefprismatischen 
Umrisse jenes Faserquarzes andere Beohachter wenigstens da- 
- von überzeugen werden, dass früher Krystalle vorhanden waren, 
an deren Stelle der Quarz trat. 


%) Sitzungsberichte der Wiener Akademie Bd. XLVI, S. 488. 


69 


4. Vergleichende Uebersicht der vulkanischen Erschei- 
nungen im Laacher See-kebiete und in der Eifel. 


Von Herrn H. v. Decuen ın Bonn. 


Die erloschenen Vulkane in der Umgebung des Laacher 
See’s und in der Eifel liegen so nahe beisammen, dass sie, aus 
einem allgemeineren Standpunkte als dem der örtlichen Un- 
tersuchung betrachtet, wohl zu einer und derselben Gruppe 
gezählt werden können. In vielen Beziehungen stimmen sie 
so sehr mit einander überein, dass weder die Form der vul- 
kanischen Thätigkeit, noch die Produkte derselben eine Tren- 
nung derselben rechtfertigen dürften. In anderen Beziehungen 
zeigen beide Gegenden aber auch ganz bestimmte Verschieden- 
heiten. Die vulkanische Thätigkeit hat sowohl am Laacher See 
als in der Eifel, im Vergleich mit anderen Vulkan-Gebieten, nur 
geringe Massen an die Oberfläche gebracht. Die Anfänge der 
vulkanischen Ausbrüche sind ganz besonders in der Eifel an 
vielen Stellen sichtbar geblieben, da sie nicht durch wieder- 
holte, spätere Ausbrüche verschüttet uud bedeckt worden sind. 
Nur an einzelnen Punkten ist eine Reihenfolge gleichartiger 
Ausbrüche erfolgt und in einem Theil des Laacher See-Ge- 
bietes lassen sich verschiedenartige ältere und jüngere vulka- 
nische Produkte unterscheiden, von denen die jüngeren in der 
Eifel fehlen. Während die Vulkane in dieser letzteren Gegend 
sich durch die grösste Einfachheit in ihren Formen und in 
ihren Produkten, durch einen einzigen Ausbruch an jeder ein- 
zelnen Stelle mit sehr wenigen Ausnahmen auszeichnen, zeigt 
ein Theil der Vulkane im Gebiete des Laacher See’s einen 
weiteren Fortschritt in der Entwickelung ihrer Thätigkeit, in- 
dem jüngere Ausbruche mit verschiedenartigen Produkten die- 
jenigen bedeckt haben, welche denen der Eifel gleich sind. 
Die Vulkane der Eifel sind aber deshalb von besonderer Wich- 
tigkeit, weil sie die Anfänge der vulkanischen Thätigkeit, nur 


70 


durch die mehr oder weniger zerstörenden Einwirkungen an 
der Oberfläche verändert, darstellen. 

Die Vergleichung beider Gegenden soll in dem Folgenden mit 
einer Uebersicht der Oberflächenbeschaffenheit und der Höhen- 
verhältnisse beginnen. Daran werden sich zunächst Betrach- 
tungen über die Beziehungen der Vulkane zu dem die Grundlage der 
Gegend bildenden Sedimentär- Gebirge und der Vulkane zu den 
Trachyten anschliessen, welche in einiger Entfernung von den- 
selben auftreten, dann wird die gegenseitige Lage der einzel- 
nen Ausbruchstellen, die verschiedene Form der vulkanischen 
Ausbrüche und ihrer Massen, die Beschaffenheit der vulkani- 
schen Produkte, die Reihenfolge der Ausbruche und die -Zer- 
störung der vulkanischen Massen durch Erosion betrachtet 
werden. Den Schluss sollen einige Angaben über die Sauer- 
quellen und die Kohlensäure - Entwickelungen in beiden Gegen- 
den bilden. 


Oberflächen-Beschaffenheit und Höhenverhältnisse. 


Im Gebiete des Laacher See’s finden sich die vulkanischen 
Partien besonders auf den die Tbäler des Brohlbachs und der 
Nette einschliessenden Höhen und in diesen Thälern selbst. 
Dieselben überschreiten gegen Norden nicht das Thal des 
Vinxtbachs und gegen Süden reichen sie nur an einer Stelle 
bis an das linke Ufer der Mosel, wenn von der weiteren ober- 
flächlichen Verbreitung des Bimssteins und des grauen daruber 
liegenden Tuffes abgesehen wird. Diese Bedeckung reicht an 
der Mosel aufwärts bis Hatzenport und am Rhein bis Boppart. 
Auf der rechten Seite des Rheins kommt der Bimsstein und 
graue Tuff in derselben Ausdehnung wie auf der linken Seite 
vor und erstreckt sich dann in kleineren und vereinzelteren 
Ablagerungen bis in die Gegend von Marburg. 

An den Zuflussen der Nette, besonders in der Nähe des 
Nitzbachs treten die beiden nördlichsten vulkanischen Punkte 
der Hohen-Eifel: der Niveligsberg und das Doppelmaar von 
Boos auf. 

Die Vulkanreihe der Vorder -Eifel wird von der Uess, 
der Alf, der Lieser mit ihrem Zuflusse der kleinen Kyll und 
von der Kyll durchschnitten, welche sich zwischen Alf und 
Ehrang in die Mosel ergiessen. 

Die vulkanischen Punkte der Hohen -Eifel liegen zum 


7 

Theil im Gebiete der Uess. Der Mosbrucher Weiher giebt 
einen Hauptzufluss zu derselben. Der Kreuzberg liegt nahe 
daran, der Hommerich nicht viel weiter entfernt. Der Abfluss 
des Uelmer Maars geht durch den Ollenbach in die Uess. 
Innerhalb der Vulkanreihe der Vorder -Eifel wird dieser Bach 
auf der rechten Seite von Wollmerath bis Strotzbüsch und auf 
der linken Seite bei Kenfus und Bertrich von vulkanischen 
Partien begleitet. Auf dem Rücken zwischen der Uess und 
der Alf liest das Pulvermaar mit den vielen dasselbe umge- 
benden Maaren, der Alf ganz nahe der Wartgesberg bei Strohn. 
Der Errensberg, der höchste Schlackenberg der Vorder-Eifel, 
gehört theilweise dem Gebiete der Lieser an. Er erhebt sich 
auf dem Rücken zwischen diesem Bache und der Kyll, nicht 
fern von der Wasserscheide gegen die Ahr. Von diesem Berge 
an folgen der Lieser auf ihrer linken Seite der Firmerich, auf 
dem Rücken gegen die Alf der Mäuseberg mit den beiden west- 
liehen Maaren von Daun, weiter abwärts der Pfennigsberg und 
der Hasenberg bei Trittscheid. Auf der rechten Seite der 
Lieser liegen der Gossberg, Riemerich, Nerother Kopf, die 
vulkanischen Berge um Uedersdorf, der Bürberg bei Schutz, 
das Meerfelder Maar und der Mosenberg bei Manderscheid, 
die beiden letzteren Punkte noch auf der rechten Seite der 
kleinen Kyll, ' die einen Zufluss der Lieser bildet. Dem Ge- 
biete der Kyll gehören die vulkanischen Punkte vom Goldberge 
bei Ormont, über den Gossberg bis zum Errensberge, so wie 
auch bis zum Eigelbach und Kopp bei Birresborn an. Das 
Ahrgebiet greift vom Rädersberg bei Brück über den Dreiser 
Weiher bis zum Hangelsberg und den Nord-Ost- Abhang der 
Kyller-Höhe zwischen Hillesheim und Walsdorf in die Vul- 
kanreihe ein. Der Döhm, Kalenberg und ÖOhrenberg liegen 
auf dem Rücken, welcher die Wasserscheide zwischen Ahr 
und Kyll bildet. 

So weit dieses Gebiet von dem Laacher See bis zu den 
Aussersten vulkanischen Punkten der Vorder-Eifel von den 
Schichten der unteren Abtheilung der Devonformation (oder 
den Coblenzschichten) eingenommen wird, zeigt die Oberfläche 
eine schwach wellenföormige Form, langgedehnte Rücken mit 
‚ sanfter Abrundung gegen die Höhenlinie. Von dem wasser- 
theilenden Rücken dieses Gebietes fallen die Schluchten und 
Thäler anfänglich mit schwacher Neigung ab. Je weiter sie 


2 

sich von den Höhen entfernen, um so tiefer schneiden sie 
ein; schnell in dem kurzen Laufe des Vinxt- und Brohlbachs, 
so wie der Nette nach dem Rheine hin, langsamer in dem 
viel längeren Laufe nach der Mosel hin. Die Länge des Lau- 
fes der Uess, der Lieser und der Kyll nimmt in: dieser Rei- 
henfolge beträchtlich zu und ‘die Einmündungsstellen dieser 
Bäche in die Mosel liegen dabei ihrem Gefälle entsprechend 
immer höher. Mit dem tieferen Einschneiden der Thäler und 
Schluchten werden die Abhänge derselben steiler und die 
Bildung der Felsen nimmt immer mehr zu. Die steil geneigten 
Schiefer- und Sandsteinschichten werden an den Abhängen in 
den verschiedensten - Richtungen blossgelegt, bilden Kanten, 
Grate und Riffe, welche sich von den Höhen bis zur Sohle 
der Thäler hinabziehen. Gleichzeitig verändert sich der sanft 
gekrummte Lauf der Bäche in kürzere und engere, oft nahe 
in sich selbst zuruckkehrende Serpentinen. In diesen ist der 
innere Abhang immer der steilere, der gegenüberliegende con- 
vexe Abhang dagegen der flachere. Eine lange schmale Rippe 
zieht sich oft nach und nach abfallend in den Bogen hinein, 
die sich an ihrem Ende nochmals zu einem abgerundeten Kopfe 
erhebt, nicht selten mit der Ruine einer alten Burg gekrönt. 
Die Sohle dieser Thäler ist eben, gewöhnlich sehr schmal, - 
besonders da, wo die Abhänge sich hoch und steil erheben 
und schneidet scharf, ohne allmäligen Uebergang am Fusse 
der Gehänge ab. Das Alfthal macht davon eine bemerkens- 
werthe Ausnahme. Der obere Lauf desselben von der Ein- 
mundung der von Mehren herabkommenden Schlucht bis zu 
den Muühlen- unterhalb Strohn ist ungemein breit, nicht sehr 
tief eingeschnitten, dann folgt eine kurze durch vulkanische 
Massen eingefasste Thalenge. Das Thal wird wieder breiter, 
wenn auch nicht in dem Maasse, ‚wie weiter oberhalb bis zu 
der Hontheimer Muhle. Von hieraber nimmt das Thal immer 
mehr den oben angedeuteten allgemeinen Charakter der in dem 
Unter- Devon eingeschnittenen Thäler an mit steilen felsigen 
Abhängen und schmaler Sohle. Die weiteren Veränderungen 
dieses Thales, wo dasselbe das Unter-Devon auf eine an- 
sehnliche Strecke verlässt, liegen ausserhalb des Bereiches 
der Vulkane. 

Das Brohlthal zeigt von Burgbrohl an bis zur Einmün- 
dung in den Rhein ebenfalls eine Eigenthümlichkeit, die sich 


713 


‚an keinem anderen dieser Thäler wiederholt. Die Abhänge 
sind durch eine sehr deutliche Stufe unterbrochen , welche 
bald auf beiden Seiten, bald nur auf der einen oder der an- 
deren Seite ausgebildet ist. An dem oberen Theil der Ab- 
hänge über der Stufe tritt das Unter-Devon unbedeckt hervor, 
während der untere Theil aus einem vulkanischen Konglome- 
rate oder Tuffe besteht, dessen obere Fläche mit der Stufe 
zusammenfällt. 

Das Nettethal tritt oberhalb Plaidt aus dem Unter-Devon 
hervor und schneidet in vulkanische Tuffe ein, welche die 
gegen den Rhein hin ausgedehnte Fläche bedecken. Das 
Thal wird hier von einem niedrigen Rande begleitet. Die 
Form desselben ist ganz wesentlich verändert, nichts erinnert 
an das enge, von felsigen Abhängen eingeschlossene Thal 
zwischen Ochtendung und Mayen. 

Das Kyllthal durchschneidet innerhalb des vulkanischen 
Gebietes den Devonkalkstein von: Rockeskyll bis Lissingen. 
Die Felsenbildung an den Thalabhängen ist ganz verschieden 
von derjenigen, welche die Schiefer- und Sandsteinschichten 
des Unter- Devon zeigen. Häufig wechseln senkrechte Felsen 
von tiefen Furchen und offenen Klüften durchzogen mit flachen 
Abhängen ab. Einzelne Felsgruppen treten in schroffen Kegeln 
oder wie Thüurme und Mauern hervor. 

In dem Gebiete der Kyllhaben die vulkanischen Ausbrüuche 
auch in dem Buntsandstein stattgefunden, welcher das Unter- 
Devon und den Devonkalkstein abweichend überlagert. Die 
Kyll selbst hat sich in den flach gelagerten Schichten des 
Buntsandsteins von Birgel bis Bewingen ein breites Bett ge- 
graben. Die Höhen dieser Formation zeigen in den geraden 
Linien ihrer Scheitel, dass sie aus nahe horizontalen Schich- 
ten zusammengesetzt sind. In der isolirten Partie des Bunt- 
sandsteins, welche den Heidkopf bei Buscheich bildet, erhebt 
sich die vulkanische Dietzerlei und der Krökelberg. Im Ge- 
biete der Lieser bedecken die Tuffe des Meerfelder Maars die 
horizontalen Schichten des Buntsandsteins. 

Der Löss findet eine weite Verbreitung in dem Gebiete 
des Laacher See’s. Wo derselbe die Höhen des Unter-Devon 
bedeckt, verschwinden die wellenförmigen Rücken, welche 
sonst dieser Formation eigen sind, und es stellen sich schwach 
geneigte oder horizontale Flächen ein. In dem Becken ‘des 


74 


Rheinthals zwischen Andernach und Coblenz ist der Löss sehr 
verbreitet und hier wie an den Abhängen bedeckt derselbe 
viele vulkanische Massen und wird seinerseits wieder von 
Bimsstein und den grauen Tuffen bedeckt. Gegen die Mosel 
hin verbreiten sich Gerölllagen, darüber der Löss von Coblenz 
bis gegen das Elzthal, so dass das Unter-Devon nur in den 
Thaleinschnitten und deren Abhängen hervortritt, Die schwach 
geneigte, weit ausgedehnte Fläche des Maifeldes wird vom 
Löss gebildet. ‘ 
Als die tiefste Basis der Erhebungen im Gebiete des 
Laacher See’s ist der Rhein von Fornich bis Coblenz zu be- 
trachten. Der Nullpunkt des Pegels bei Fornich liest 155 Par. 
Fuss und bei Coblenz 178 Fuss*) über dem Nullpunkt des 
Pegels zu Amsterdam. Der Nullpunkt des Pegels an der 
Mosel bei Gondorf 203 Fuss. 
Dagegen sind die tiefsten Punkte in den Thälern der Vul- 
kanreihe der Vorder-Eifel: die Uess unter der hölzernen 
Brücke bei Bertrich 497 Fuss (Mündung der Alf zu Alf in die 
Mosel 283 Fuss), die Alf unter der Brücke an der Strasse von 
Coblenz nach Trier 946 Fuss, die kleine Kyll an der Neu- 
mühle zwischen Manderscheid und dem Mosenberge 776 Fuss; 
die Kyll, 25 Ruthen oberhalb der neuen Brücke in Birresborn 
1016 Fuss. r 
Der Unterschied in der Höhenlage der Basis für die Vul- 
kane am Laacher See und in der Vorder - Eifel beträgt zwischen 
342 und 813 Fuss und zeigt zugleich, dass die Thäler den 
vulkanischen Bezirk der Vorder-Eifel in sehr verschiedenen 
Höhen, mit einem Unterschiede von 619 Fuss verlassen. 
Die Thäler in dem Gebiete des Laacher See’s, welche 
als die nächst gelegenen Tiefpunkte der einzelnen Vulkan- 
Ausbrüche betrachtet werden können, zeigen folgende Höhen: 
der Vinxtbach am untersten Hause von Gönners- 
dorf, nahe an dem unteren Ende des vom 
Bausenberge kommenden Lavastromes . . . 347 Fuss 
die Einmündung der Vinxtbachs in den Rhein 
bei Rheineckiuiniveliis Y Jets Fe Te Eee 
der Dürrenbach, der bei Oberzissen in die Brohl 


*) Sämmtliche folgende Höhen sind in Pariser Fuss über dem Null- 
punkt des Pegels zu Amsterdam angegeben, 


75 


einmundet, an der Lochmuhle am Fusse des 


Phonolithkegels von Olbrück. . . . 955 Fuss 
die Einmündung der Brohl bei Brohl in den 

Rhein. . . } ß KARIN 02 
der Bach in Riöskpeshch \atehrer bei Mörkchl 

wiesen in die Nette einmündet . . . 344850 „ 
die Einmündung der Nette in den er Nor 

wied gegenüber . . er REIT 


An der Nette sind tolgenid Pluikte für die Lage der Vul- 
kane von Wichtigkeit: 
Einmündung des Muhlbachs in die Nette unter- 


halb Rieden . . . 962 Fuss 
Einmündung des Ritsbackke in rate Net tte he 

Schloss Bürresheim . . . BLEI, 
die Nette unter der Brücke bei Me ei EUER 5 
die Nette unter der Brücke zwischen Hausen 

und Ochtendung . . . . > 20T, 
die Nette unter der Brücke udn Ochten- 

dmsumd®Plaiden anna 293947, 


Der Nitzbach kommt aus der Ger des er elnarn 
von Boos herab, die Einmündung des Krebsbachs in densel- 
ben fällt mit is Mündung des Abflusses aus dem Maare zu- 
sammen . . liter 363 Euss. 

Diesen aikien das en Eifel schliessen sich zunächst 
die Punkte im Gebiete der Uess an: 

Abfluss des Mosbrucher Weihers am untersten 
Hause von! Mosbrueh 1,3 nr 04 2 Sur 48g Russ > 
Uelmer Maar, Wasserspiegel . . 2 ...2...1286 „, 

Die Uess berührt die Vulkan -Partien der Vorder-Eifel 
in der Nähe von Wollmerath. 

Das Unterwasser der Heckenhof Mühle, ober- 
halb der Brücke uber die Uess in der Strasse 


von Lützerath uach Gillenfeld. . . . 1005 Fuss 
die Uess zwischen dem Wetchert und dem Woll- 

merather Kopf geschätzt zu . . 1060 „, 
die Sohle der Alf unter der Brücke bei Möhrdn 

in der Strasse von Daun nach Lützerath. . 1269 


An der Lieser haben folgende Punkte ein besonderes 


Interesse wegen der Nähe vulkanischer Erscheinungen. 
Taeser unter der Brucke bei ‘Daun. 2° ty. 1165 Fuss 


76 


Lieser bei Gemund . . . . a uear2Rnss 


Brücke uber die Lieser bei Widertiiaden Gesims- 
stein an dem rechten untern Einsel rer 


Lieser am Fusse des Hasenbergs bei Trittscheid 1050 ,, 
Dem Gebiete der Lieser gehört der Puützborner Bach an, 
welcher innerhalb der vulkanischen Berge seinen Ursprung an 
der Wasserscheide gegen die Ahr nimmt und liegt dieser 
Bach oberhalb Waldkönigen an der Mündung des Seitenthales, 
nördlich vom Errensberge hoch. . ......... . 1520 Fuss 
die kleine Kyll oder der Nerother Bach nimmt 
an der Wasserscheide gegen die Kyll ihren 
Anfang, gehört ebenfalls dem Gebiete der 
Lieser an und hat in Neroth eine Höhe von 1468 _,, 
bei Ober-Stadtfeld, 20 Ruthen oberhalb der 
Brücke . . hr RER 
Die Kyll tritt Bei Olars Beitinkseh in ih Yılkamaeiiieiie ein. 
Spiegel der Kyll, 50 Ruthen oberhalb der Brücke 
in der Strasse von Hillesheim nach Prüm . 1202 Fuss 
Spiegel der Kyll, an der Einmündung des Gee- 


serbachs unterhalb Pelm . . . srl: 
Spiegel der Kyll, unterhalb der Mühle Ye Ge 
rolstein.. . + 10T 


In dem Gebiete des Kyıl ae Dleande Punkte bemerkens- 
werth: 
Sohle des Geeserbachs, am Wege von Gees nach 


Kirchweilen.ssisc aa oe are er Is 
Vereinigung der Bäche von Eieeniel und von 
Essingen, oberhalb der Mühle . ... ....1334 ; 


Aus dem Gebiete der Ahr sind folgende Tiefpunkte an- 
zuführen, die in der Nähe vulkanischer Erscheinungen liegen: 
Feuerbach, Abfluss des Dreiser Weihers, an der 


Strasse von Dreis nach Oberehe. . . . 1352 Fuss 
Walsdorf, Durchlass am Ost-Ende des Be 
in der Strasse von Daun nach Hillesheim . 1490  ,„, 


Die der Mosel zufallenden Thäler berühren daher die 
vulkanischen Ausbrüche in folgenden. Höhenlagen: 
die Uess von Mosbruch bis Bertrich von 1489 bis 497 Fuss 
die Alf von Mehren bis zur Strasse von 
Coblenz ;nach Trier von... kasr 1269. 9465 


17 


in dem Gebiete der Lieser von Wald- 
königen bis unter Manderscheid von 1520 bis 776 Fuss 
die Lieser selbst von Daun bis Tritt- 


scheid von .-. a U 
‘die Kyll von Ober- Bettingen bil Bir 
resborn von. . . RER NS DDPTNSTOPONON 


Die Thaleinschnitte in dsnt West-Theile des Laacher See- 
Gebietes reichen mithin bei Kempenich nahe ebenso hoch wie _ 
die höchsten Tiefpunkte in der Vorder-Eifel.e Nur die Uess 
und der Bach bei Waldkönigen übersteigen die Höhe des 
Baches bei Kempenich um 159, resp. 170 Fuss. Dagegen 
‘reichen die Thäler in der Gruppe des Laacher See’s sehr viel 
weiter herab als in der Vorder-Eifel. 

Die Höhen der mit Seen erfüllten Kratere, der Maare, der 
Tiefpunkte des Bodens derselben, oder der Wiesen- und Sumpf- 
flächen, welche die Stelle des Wassers eingenommen haben, 
bieten in beiden Gruppen folgende Reihenfolge dar: 

Laacher See, Wasserspiegel 847 Fuss, Seeboden 688 Fuss 
Wehr Kesselthal, Mineralquellen, nahe am Ab- 
Se a OO... 
Krufter Ofen, tiefster Pünkt des Kesseithäles 9812 
(Derselbe gehört eigentlich nicht hierher, da 
er wohl den Schlackenkratern zuzurechnen, 
von denen er sich’nur durch seine Grösse 
unterscheidet.) 
Mosbrucher Weiher (in der Hohen - „Bifen) ame 1922 


9 


WalsdorferiKesselthal'x(Ohrenberg). *. 0% ».21490°°,, 
Weinfelder Maar, Wasserspiegel . . 1474 
Seeboden 1160 ul 
Diressen Weiher; Ablluss = .2....,.: „Mask J419,, 
Dürre Maarchen . . : TION, 
Maare von Boos, Abe in den Nitzbach, ch 
Beslhiohen- iitelyun. ns. en un 1800, 
Sirenen: Maar. =. Oi SIDE TERMIN MTOA8 ,, 
Holzmaar#ttwyıe®, er @loallk... 
Schalkenmehrener Mas: wäksereret ae 1500 „ 


Seeboden 1202 Fiss 
Uelmer Maär (in der Hohen-Eifel) . . . . 1286 
Eulvermaar ; Wäsgerspresel 1 1 SEAN 27I N, 
Seeboden 972 Fuss 


78 


Gemünder Maar, Wasserspiegel . . =. .12...1246 Fuss 
Seeboden 1055 Fuss | 
- Risch, Abfluss bei Nieder-Immerath . ..... 1168 „, 
Meerfelder Maar, Abflussgraben . » 2... 1056 „, 


Die Höhen der Randberge dieser Maare, so weit sie aus 
Tuffen bestehen und nicht zufällig damit zusammentreffende 
Schlackenkratere ihre höchsten Stellen einnehmen, sind fol- 
gende: 

am Laacher See, dem Kloster gegenüber auf der 

Nord- Ost- Seite des See’s. . .. 33611368 

Die auf dem Rande befindlichen Ale 

berge, Laacherkopf und Rotheberg sind 


79 


höher. 
am Kesselthal von Wehr, die Höhe des Weges 
von Wehr nach Rieden . . . : 1520.15; 


am Mosbrucher Weiher überragt Ke au den 
Rande befindliche basaltische Hohe Kelberg 
mit 2074 Fuss den höchsten Tuffrand wohl 
250. Fuss, so. dass..dieseriizu sinn Nauen, 
geschätzt werden kann. 

Mäuseberg zwischen dem Weinfelder und dem 
Gemünder Maar, höchster Punkt auf dem Rande 


beider Maare . . Hal: si; 
der Sud-Rand des eier ei nördliche: von 
Dockweiler . . . ee 6) 


der Ost-Rand des rs a rrreet 
Schnieberg, höchster Rand der Maare von Boos 1773 


der Sud-Rand des Strohner Maars. . . 1368 7%, 
der auf der Nord- Seite Belegene Römersbei 
ist hoher 
der Ost-Rand des Uelmer Maars . . .. ....1489 


der West-Rand des Pulvermaars . . 2. .2...1478 
der; Nord- Rand des Risch. .....!. nu wee sA2a 
der Nord-Rand des Meerfelder Maars . . 1609 
Die grossen Tuffmassen, deren Ausbruch nicht 
nachweisbar sind, erreichen ihre grösste Höhe im Laacher 
See- Gebiete in dem hohen Rücken des Gänsehals mit 
1759 Fuss und in. der Vorder-Eifel im Höhefeld zwischen 
Dockweiler und Waldkönigen mit 1933 Fuss. 


19 


) 


Die Vergleichung der höchsten Punkte der Schlackenkra- 
ter in beiden Gruppen zeigt folgende Verhältnisse: 


in dem Laacher See-Gebiete in der Vorder -Eifel 
Errensberg. . . 2126 Fuss 
s Berteler (Scharte- 


ber); nase Ne 
Dungerheck- .. .. 2023... 
Hangelsberg . . 1927 „ 
Ruremerichs.y,.. 2. „E849: >, 
Felsbers Ki. .2.1836.. „, 
Alteryossi... ..52..1826-., 
Hochsimmer . . 1768 Fuss 
Forstberg . . . 1721 
Feuerberg . . . 1682 „ 
Kalenberet >. j.:. 1628 ,, 
Mosenberg. . . 1614 „ 
Rotheberg bei 
Bash 2. ,..5157,5 5 
Eismesich 4... 1314 _.,, 
Wartgesberg . . 1495 „ 
Römersberg . . 1469 „, 
MWelienlei-  ..,,.5:41453 
Krufter Ofen. „ 1443 „ 
Neeichert,. lu 2, Lala.ı 
Ettringer Bellen- 
N 1 YA SEE 
Neikapk li. eu 1295-4, 
Flasiehen +... 31262, 
Facherberg . . 1254 „, 
Kunksköpfe.. . 1081 „ 
Bausenberg . . 1056 ,„ 
Grosse-Wannen . 902 „, 
Michelsberg . . 882 „ 
Keleukopf ai, 2870 
Tönchesberg . . 76 „ 
Nickenicher ; 
Weinberg". 2.68% ,, N 
Diese Höhen im Laacher See- Gebiete reichen von 1768 
bis 687 Fuss und bieten daher Verschiedenheiten von 1081 
Fuss dar, während dieselben in der Vorder-Eifel von 2126 


5 


bis 1254 Fuss mit einem Writetgehieuk von 872 Fuss herab- 
gehen. 
Diejenigen Schlackenberge, welche keine atsgehildete 
Kraterform zeigen, sondern Rücken und Kuppen bilden, zum 
Theil aber an ihrem Fusse mit Lavaströmen in Verbindung 
stehen, lassen ziemlich nahe dieselben Verhältnisse wahr- 
nehmen: 
in dem Laacher See - Gebiete in der Vorder -Eifel 
i Nerother Kopf . 2000 Fuss 
Gossberg bei 
Walsdrt WR 1838 
Gippenberg . . 1803, 
Sassenberg . . 1759 ,, 
Rother Himmerich 
(Höhenberg) . 1733 „ 
Kylier Kopf SITZ 
Sulzbusch‘ . =... 1691 Fuss 


Schorchen . ®. = „1685 ;, 
Hohe List >» een 
Bongenberg in 
Alteburg meer: 
HahnfÜisselbenss 1629 5; 
Warth ts’ .» .» eiisTeng, 


Schöcken a ee 53972 
Laacher Kopf. . 1414 „, 
Nickenicher Hum- 
merlich ,. . .. 12900 


Wollmerather 
Kopf. Vz 
Falkenlei' . . „ter 

Nickenicher Sattel 1273 „, 

Camillenbere . . 1IM& 

Herchenbas . .. 99a... 

Fornicherkopt . 918 5 

Nasibera 2...» gaar 


Korretsbere ...°.9298 °, 
Plaidter Humme- 

richt MORE DON 

Diese Höhen im Take See- Gebiete reichen von 1691 
bis 909 Fuss, geben also nur einen Unterschied von 782 Fuss, 


\ 


8 


und sind ganz in den Höhen eingeschlossen, welche die Kra- 
terränder darbieten. In der Vorder-Eifel reichen sie von 
2000 bis 1276 Fuss mit einem sehr nahe gleichen Unterschied 
von 724 Fuss,:und sind auch hier von den Höhen der Krater- 
ränder eingeschlossen. Wenn auch diese angeführten Höhen- 
messungen nicht ganz vollständig sind, so sind doch gewiss 
die höchsten Punkte gemessen und wahrscheinlich auch die 
niedrigsten, so dass die fehlenden nur die Reihe vervollstän- 


- digen würden, ohne die Grenzen derselben zu verändern. 


Nach den bisherigen Messungen sind 7 Kratere der Vorder- 
Eifel hoher als der Hochsimmer, der höchste Krater im Laa- 
cher See-Gebiete und ebenso sind. 6 Kratere dieses letzteren 
Gebietes niedriger als der Facherberg, der niedrigste Krater 
der Vorder-Eifel, während 6 Kratere des Laacher See - Gebie- 
tes und 10 Kratere der Vorder-Eifel zwischen 1768 und 1254 Fuss 
innerhalb eines Höhenunterschiedes von 514 Fuss fallen. 

Von den Schlackenbergen der Vorder-Eifel sind 6 höher 
als der Sulzbusch, der höchste Schlackenberg im Laacher See- 
Gebiete, und in diesem letzteren sind 7 niedriger als der nie- 
drigste in der Vorder-Eifel, dieFalkenlei, während 4 Schlacken- 
berge des Laacher See-Gebietes und 8 der Vorder-Eifel 
zwischen 1691 und 1276 Fuss innerhalb eines Höhenunter- 
schiedes von 415 Fuss liegen. 

Werden die Kratere und Schlackenberge, ‚welche gemessen 
sind, zusammengefasst, so ergiebt sich, dass von den 24 Ber- 
gen des Laacher See-Gebietes und den 31 Bergen der Vor- 
der-Eifel 10 dieser letzteren höher sind als der höchste Berg 
in dem Gebiete des Laacher Sees und dagegen in diesem 
Gebiete 13 niedriger als der niedrigste Berg der Vorder-Eifel, 
während 32 Berge aus beiden Gruppen zwischen 1768 bis 1254 
liegen. 

Der Durchschnitt der 10 höchsten Berge der 


‘ Vorder-Eifel beträgt. . . .. tel. 210200996 Fass 
der Durchschnitt der 13 iind Berge des 
Laacher See-Gebietes . . . 916 


2 


‘ der Durchschnitt der 11 teen Bäbe e> 
Laacher See-Gebietes . . . „uonnieree 1494 

der Durchschnitt der. 21 nie Berge der 
Mexderziitelilt 22 Asian! SB, Ra. 11088 

Zeits.d.d geol. Ges. XVII. 1. 6 


79 


79 


82 


der Durchschnitt von 24 Bergen aus dem Gebiete 


des Laacher Sees . . . . „nlordsabl ab ebs 
der Durchschnitt von 31 rien aus ins Vorder-. 
Bitch u all; 2. Sei 


Im Durchschnitt sind ls die Kifätere und Schlackenberge 
der Vorder-Eifel um 483 Fuss höher als diejenigen des Laa- 
cher See-Gebietes. Diese absoluten Höhen geben aber keinen 
Maassstab für die Grösse der Erscheinung der Berge, indem 
sich diese nach der relativen Erhebung derselben über ihre 
Basis richtet. In dieser letzteren Beziehung steht aber die 
Gruppe des Laacher Sees der Vorder-Eifel nicht nach. Wenn 
die Höhenlage der Basis berücksichtigt _wird, erscheinen die 
Kratere und Schlackenberge des Laacher See-Gebietes relativ 
ebenso hoch als diejenigen der Vorder- Eifel. 


Beziehungen der Vulkane zu dem die Grundlage der Gegend 
ER, bildenden Sedimentär-Gebirge. 


Als Grundlage aller anderen Formationen in der Eifel and 
am Laacher See sind die Schichten der unteren Abtheilung 
des Devon, aus Thonschiefer, Sandstein und den mannig- 
fachen Uebergängen derselben in einander bestehend, ganz all- 
gemein verbreitet. Dieselben sind zum grössten Theile steil 
aufgerichtet, besitzen sehr nahe übereinstimmende Streichungs- 
linien N. 50° ©. und fallen in Mulden und Sätteln gebogen 
nach entgegengesetzten Richtungen ein. zur 

In der Eifel enthalten einige” der tiefsten Mulden dieser 
Schichten die mittlere Abtheilung des Devon oder den Eifel- 
kalkstein, welcher aus mächtigen und daher massig auftreten- 
den Schichten von Kalkstein und Dolomit besteht und stellen- 
weise hauptsächlich aus Korallen zusammengesetzt ist. Die 
vulkanischen Massen treten mit den Eifelkalksteinen in der 
Gegend von Walsdorf, Hillesheim, Essingen, Berlingen, Pelm, 
Gees, Gerolstein und Lissingen in Berührung. 

Gerade in dieser Gegend werden aber auch beide Abthei- 
lungen des Devon von nahe horizontalen Buntsandsteinschich- 
ten abweichend überlagert und diese letzteren sind bei Lam- 
mersdorf, Bewingen,. Roth, Nieder- und Ober-Bettingen, 
Auel und Steffeln von den Vulkanen durchbrochen worden. 

In dem Gebiete des’ Laacher Sees fehlt der Eifelkalk- 
stein und der Buntsandstein, dagegen findet sich in einem 


. 


83 


Theile dieser Gegend eine Ablagerung von rheinischem Braun- 
kohlengebirge, dem Mittel- Tertiär oder Oligocän angehörend. 
Dieselbe ist besonders an den Abhängen einer Vertiefung von 
Coblenz und Bendorf bis Andernach und Fähr entwickelt, 
welche auf der linken Rheinseite bis in die Gegend von Mayen 
flach ansteigt und sich nur nach und nach zu der Plateauhöhe 
der unteren Abtheilung des Devon in der Eifel erhebt. 

Diese Vertiefung in den Schichten der Devonformation, 
durch welche gegenwärtig der Rhein strömt, bestand schon 
vor der Ablagerung des Braunkohlengebirges, denn sie geht 
an deren Abhängen bis zu einem sehr tiefen Niveau herab, 
während sie sich anderer Seits, besonders in östlicher Rich- 
tung nach dem Westerwalde hin, beträchtlich erhebt. 

In der Nähe der Eifeler Vulkane, aber nicht mit densel- 
ben in unmittelbarer Berührung findet sich eine sehr kleine 
Ablagerung von Braunkohle zwischen Brockscheid und Eck- 
feld an dem Pelmer oder Pellenbach, der der Lieser von ihrer 
linken Seite zufällt. 

Wenn auch das Braunkohlengebirge,, ebenso wie die un- 
tere und mittlere Abtheilung des Devon und der Buntsandstein, 
vielfach von den Vulkanen durchbrochen worden ist und die 
ausgeworfenen und ausgeflossenen vulkanischen Produkte dar- 
auf ruken, so steht dasselbe doch in einer anderen Beziehung 
zu den vulkanischen Erscheinungen dieser Gegend als die zu- 
letzt genannten Formationen. Es unterliegt nämlich keinem 
Zweifel, dass der Anfang der vulkanischen Thätigkeit noch in 
‘ der Periode des Mittel- Tertiäar, oder des Oligocän, oder wäh- 
rend der Ablagerung des Braunkohlengebirges stattgefunden 
hat. Dies Deweist der vulkanische Tuff, welcher in dem 
Stollen von Bianchi bei Plaidt im Nettethale getroffen worden 
ist, für die Gegend des Laacher Sees, und der Tuff des Buer- 
berges bei Schutz so wie derjenige nördlich von Daun für die 
Eifel, denn diese Tuffe enthalten Pflanzenreste, welche theils 
ganz mit denen des rheinischen Braunkohlengebirges von Rott 
am Siebengebirge übereinstimmen, theils denselben ganz analog 
sind. Diese Feststellung des Anfanges der vulkanischen Thä- 
tigkeit in beiden benachbarten Gegenden ist für viele Betrach- 
tungen, welche sich daran anschliessen, von grosser Wichtigkeit. 
Viele, ja wohl die meisten der Vulkan- Ausbrüche in diesen 
Gegenden sind viel neuer als das Braunkohlengebirge und 


6* 


81 


reichen bis’in eine Zeit herab, in der die Oberfläche derselben 
nahezu ihre gegenwärtige Gestalt erlangt hatte. Es folgt 
daraus, dass sich die vulkanischen Ausbrüche hier während 
eines langen Zeitraumes fortgezogen und sich, wenn auch 
nicht an denselben Stellen, oft wiederholt haben. 

Die Verbreitung hochliegender Geschiebe, welche sich in 
Terrassen bis zu dem Thale und dem Rinnsale des Rheines 
hinabziehen, so wie des darüber gelagerten Lehmes und Löss 
fällt theilweise mit dem Vulkan-Gebiete des Laacher-Sees zu- 
sammen. Diese sehr neuen Ablagerungen sind, wie schon aus 
dem Vorhergehenden sich ergiebt, jünger als ein Theil der vul- 
kanischen Produkte dieser Gegend, dagegen auch ganz ent- 
schieden älter als ein anderer Theil derselben. Sie dienen 
daher zur Unterscheidung der älteren und neueren vulkanischen 
Ausbrüche und ihrer Produkte. und sind in so fern von der 
srössten Bedeutung. Der Löss, die jüngste Sedimentärbildung, 
fehlt in dem vulkanischen Bezirke der Eifel. Von den hoch- 
liegenden, also älteren Geröll- Ablagerungen finden sich nur 
unbedeutende Spuren in dieser Gegend, wie auf dem Rücken 
von Manderscheid und in dem Horngraben in Berührung mit 
den vulkanischen Produkten und bei Oberscheidtweiler in deren 
Nähe. Die verwickelten Verhältnisse, welche aus diesem Zu- 
sammenvorkommen in der Umgegend des Laacher-Sees her- 
vorgehen, fehlen daher bei den Vulkanen der Eifel gänzlich. 
Die Schichten des unteren Devon in beiden Gegenden, des 
Eifelkalksteins und des Buntsandsteins in der Eifel zeigen in 
der Nähe der Vulkane dieselben Lagerungsverhältnisse, welche 
ihnen in weiterer Entfernung von diesen Ausbrüchen und über- 
haupt eigen sind. An keiner Stelle lässt die Lagerung dieser 
Schichten eine Abhängigkeit von den innerhalb ihrer Verbrei- 
tung zum Ausbruche gelangten Vulkanen wahrnehmen. Pro- 
fessor VOGELSANG zu Delft hat dies in einer von der Hollän- 
dischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Haarlem gekrönten 
Preisschrift sehr gründlich nachgewiesen. Die Auflagerung des 
Eifelkalksteins auf der unteren Abtheilung des Devon und die 
abweichende Ueberlagerung beider durch den Buntsandstein ist 
sehr geeignet zu zeigen, dass die Vulkane keinen Einfluss auf 
die von ihnen durchbrochenen Schichten ausgeübt haben; die 
Begrenzungslinien des Eifelkalksteins folgen in der Nähe der 
Vulkane durchaus den Lagerungsformen der Muldenausfüllung, 


[4 


85 


welche ihnen dadurch angewiesen werden. Dies ist um so 
wichtiger, als bei den mulden- und sattelförmigen Biegungen 
der Schiefer- und Sandsteinschichten des Unter-Devon die da- 
von abhängenden Aenderungen in ihren Streichungslinien auf 
Störungen durch die Vulkane bezogen werden könnten. 

In der Gegend des Laacher Sees wechseln Geschiebelagen 
und Löss mit vulkanischen Produkten ab. Der Löss bedeckt 
die vulkanischen Massen in derselben Weise wie die Oberfläche 
des Unter-Devon ‚und zeigt, dass sie lange vor seiner Ablage- 
rung vorhanden gewesen sind. Dagegen finden sich andere 
vulkanische Produkte hier allgemein und regelmässig dem Löss 
‘ aufgelagert. Sie liefern den Beweis, dass sie einem nach dem 
Absatze des Löss erfolgten Ausbruche ihre Entstehung ver- 
danken. | | 


Beziehungen der Vulkane zu den Trachyten, welche in eini- 
ger Entfernung von denselben auftreten. 


Auf der West-, Nord- und Ostseite vom Laacher See fin- 
den sich Trachytberge in der Hohen-Eifel, im Siebengebirge 
und im Westerwalde. Die dem Laacher See zunächst gelege- 
nen Trachyt-Vorkommen sind: auf der Westseite Rengersfeld 
bei Welcherath, auf der Nordseite im Plütting bei Oberwinter, 
auf der Ostseite am Eichholz bei Isenburg. Die Entfernungen 
von dem See sind ziemlich gleich und betragen etwas mehr 
als 3 Meilen. Auf der Nordwestseite des Laacher See -Ge- 
bietes treten einige Berge auf, welche aus ganz eigenthümlichen 
Gesteinen bestehen und sich durch Nosean und Leuecit aus- 
zeichnen. Theils liegen sie, im Bereiche des Unter-Devon, wie 
-Olbruck, Perlenkopf und Schillkopf, theils im Gebiete der Tuffe, 
wie Engelerkopf, Lehrberg, Schorenberg und Burgberg. Diese 
Gesteine sind schon untereinander sehr abweichend und reihen 
sich nur im weiteren Sinne den Phonolithen an und. sind sehr 
verschieden vom Trachyt. Trachyt selbst kommt im Laacher 
See-Gebiete nur als Auswürfling in den Tuffen, aber nicht 
anstehend vor. | 
| Eigentliche Phonolithe finden sich im Westerwalde mitten 
in dem dortigen Trachytgebiete von Moschheim bis Zurbach in 
‘ einigen, zum Theil grossen Kuppen. In der Eifel kommt die- 
ses Gestein nur am Selberge bei Quiddelbach vor. 

Eine Linie, welche die Trachytpunkte vom Rengersfeld 


86 ll 


und vom Eichholz mit einander verbindet, führt dicht am Süd- 
rande des Laacher Sees vorbei. Die Vulkan-Gruppe in diesem 
letzteren Gebiete liegt also gerade in der Mitte zwischen den 
Trachyten der Eifel und den Trachyten des Westerwaldes. In 
diesen Gegenden und in dem Siebengebirge tritt der Trachyt 
mit sehr vielen Basaltbergen zusammen auf, theils in naher 
und unmittelbarer Berührung, theils in einiger Entfernung. 
Die Basalte dehnen. sich aber über den Bezirk der Trachyte 
aus und die Zahl ihrer einzelnen Vorkommnisse ist bei Weitem - 
häufiger. Daher nähern sich die Basaltberge auch den Vulkan- 
Gruppen des Laacher Sees und der Vorder-Eifel viel mehr, 
ja sie dringen in einzelnen Fällen sogar in das Bereich der- 
selben ein. Aber bemerkenswerth bleibt es, dass die überaus 
grosse Verbreitung der Basalte von der Oder an gegen West 
hin an der Vulkanreihe der Eifel ihre Grenze findet, oder mit 
einem anderen und vielleicht naturgemässeren Ausdrucke, dass 
die Vulkane der Eifel gerade an der westlichen Begrenzung 
des grossen, ganz Deutschland durchziehenden Basalt-Bezirkes 
ausgebrochen sind. 

Die Anordnung der einzelnen Trachytvorkommnisse in 
den Bezirken ihres Auftretens scheint ein regellos zerstreutes 
zu sein, wenigstens bleibt es sehr zweifelhaft, in wiefern die Ver- 
theilung derselben nach hestimmten Richtungen einen inneren 
Grund hat oder nicht. Solche Richtungen scheinen die Tra- 
chytberge der Hohen-Eifel inne zu halten. Auf der westlichen 
Linie N. 32° O. vom Phonolithe des Selberges nach dem 
Trachytpunkte an der Schmalenwiese an der Strasse von Kel- 
berg nach Dreis liegt der Bocksberg bei Müllenbach, die Struth 
mit dem Frohnfelde N. von Kelberg und der Trachytpunkt an 
der Schule am südlichen Ausgange von Kelberg in der Länge 
von etwas mehr als ] Meile. Auf der östlichen Linie N. 36° 
O. vom Rengersfeld bis zum Freienhäuschen liegt der Trachyt 
von Reimerath und Hünerbach in einer Länge von weniger 
als ] Meile. Unmittelbar nördlich von Freienhäuschen liegen 
die beiden Trachytkuppen des Kranickels und des Brinkenköpf- 
chens, welche beide eine zusammenhängende Partie bilden und 
das Vorkommen am südlichen Ausgange von Köttelbach. 

Westlich von dieser Linie findet sich noch ein kleines 
Trachytvorkommen in dem Thälchen oberhalb Zermüllen und 
östlich von demselben liegen 5 einzelne, zum Theil ganz kleine 


87 


Trachytpunkte an der Strasse zwischen Hünerbach und Boos 
zwischen den Nummersteinen 7.04 und 7.11. In der ersten 
westlichen Linie ist der Phonolith des Selberges besonders 
deshalb mit aufgeführt, weil die Richtung von der Schmalen- 
wiese über den Bocksberg denselben in ihrer nördlichen Ver- 
längerung trifft. Die angeführten Trachyte gehören theils der 
Abänderung an, die wie der Drachenfels im Siebengebirge aus 
Sanidin und Oligoklas mit etwas Glimmer und wenig Horn- 
blende besteht, theils der Abänderung wie die Wolkenburg, 
welche aus Oligoklas und Hornblende zusammen gesetzt ist. 
Inwiefern diese Verschiedenheit der Gesteine der Ansicht ent- 
gegensteht, dass diese Trachytpunkte auf zwei an ihrem süd- 
lichen Ende 700 Ruthen von einander entfernten Spalten her- 
vorgetreten sind, n:ag dahin gestellt bleiben. Die ermittelten 
Richtungen dieser Linien durchschneiden das Hauptstreichen 
der Devonschichten, aus welchen diese Trachyte hervorgetreten 
sind, unter einem spitzen Winkel von etwa 24 bis 28°. Unter 
den vulkanischen Stellen des Laacher See-Gebietes nähert sich 
der Norberg bei Volkesfeld am meisten den Trachyten der 
Eifel; die Entfernung derselben vom Rengersfeld beträgt 14 
Meilen. 

Während es im Allgemeinen unzulässig erscheint, die zahl- 
reichen Basaltberge dieser Gegenden als nach bestimmten Rich- 
tungen geordnet anzusehen, da jeder Versuch dieser Art zu 
- ganz willkürlichen Annahmen führt, so zeigt sich in der Nähe 
der Eifeler Trachyte eine Reihe von Basaltköpfen, die nahe 
beisammengelegen unwillkürlich die Vorstellung einer Spalte 
hervorrufen, auf der dieselben hervorgetreten sind. Unter die- 
sen Basaltbergen zeichnet sich besonders die Nürburg aus. 
Aber auch selbst in diesem Fälle bleibt es zweifelhaft, ob die 
Richtung vom Scharfenkopf nach der Lützelacht N. 50° O. 
oder vom Scharfenkopf nach der Hohenacht N. 59° O. gewählt 
werden soll. Die letztere Richtung fällt mit. dem Hauptstrei- 
chen der Devonschichten nahe zusammen. Beide weichen we- 
sentlich von den Richtungen der Trachytberge ab und stehen 
nur dadurch in einiger Verbindung mit denselben, dass sie 
ziemlich genau auf den trachytischen Bocksberg treffen. Die 
Länge dieser Reihe von Basaltbergen beträgt 1- bis 1 Mei- 
len und wenn dieselbe bis zu den zwischen Wustleimbach und 
Herschbach auftretenden Kuppen fortgesetzt wird, erreicht sie 


883 


die Länge von 12 Meilen. Am denutlichsten ist dieser Zug in 
dem südwestlichen Theile vom Scharfenkopf bis Herschbroich 
bezeichnet. Ein anderer Zug von Basaltbergen lässt sich von 
der Nürburg oder vom Scharfenkopf in südlicher Richtung nach 
dem Hohenkelberg verfolgen. Vorzugsweise bestätigt sich hier, 
dass die Basaltberge in der Nähe der Trachyte ungemein 
häufig vorkommen. 

In der zusammenhängend ne Trachytpartie dieser 
Gegend, in dem Siebengebirge lässt sich ebenso wenig als in 
den demselben näher gelegenen einzelnen Vorkommnissen 
irgend eine vorherrschende Richtung. wahrnehmen. Gegen 
‚8.W., 8. und O. liegen die einzelnen Trachytberge: Hohen- 
burg bei Berkum, das kleine Vorkommen im Plütting bei Ober- 
winter, der Hemmerich, Mittelberg und Kunzberg bei Honnef - 
und die Partien bei Aegidienberg und Hüvel. Die grösste 
Ausdehnung zeigt sich in der Entfernung von Hohenberg bis 
Huvel von 13 Meilen in der Richtung von W.S.W. nach O.N.O. 
Der kleinste Abstand der Vulkane des Laacher See-Gebietes 
und der das Siebengebirge auf der Südseite umgebenden Trachyte, 
vom Bausenberge bei Niederzissen bis zum Plutting bei Ober- 
winter beträgt 24 Meilen. Die Hauptmasse des Trachyts im 
Siebengebirge liegt in der Nähe der Auflagerungsfläche des 
Braunkohlengebirges (des Oligocan) auf dem Unter-Devon. Die 
einzelnen südlich gelegenen Trachytberge erheben sich wie in 
der Hohen-Eifel aus der allgemeinen Grundlage dieser Gegend, 
aus dem Unter-Devon. 

Die Verlängerung des östlichen Trachytzuges der Eifel 
gegen N.O. trifft in einer Entfernung von 4° Meilen vom Ren- 
gersfeld aus die Hohenburg bei Berkum, lässt aber die Haupt- 
trachytmasse des Siebengebirges östlich liegen. » Ein innerer 
Zusammenhaug kann daher in dieser zufälligen Lage nicht er- 
kannt werden. 

Die vielen Trachyte im Westerwalde finden sich über eine 
unregelmässige Fläche vertheill.e. Am meisten drängen sich 
dieselben in den Raum zwischen Selters (Wied-Selters am 
Saynbach), Siershahn, Wirges, Langwiesen, Dahlen, Meudt, 
Ober- und Niederahr, Ewighausen und Weidenhahn zusammen. 
Dieser Raum schliesst auch die meisten Phonolith-artigen Ge- 
steine dieser Gegend ein. Einzelne Trachytberge umgeben die- 
sen Raum in kleineren und grösseren ‚Abständen. Viele zum 


89 


Theil grosse Basaltberge treten zwischen Trachyten und in 
ihrer Nähe auf. Ein Theil der Trachytberge tritt unmittelbar 
aus dem Unter-Devon hervor, ein anderer liegt auf der Scheide 
desselben und des Braunkohlengebirges, in welchem ebenso 
wie im Siebengebirge die Basalt- und Trachyt-Conglomerate 
vorwalten und die Mehrzahl wird von diesen Conglomeraten 
umgeben. | 

Von dem äussersten gegen W. gelegenen Trachytberge 
dieser Gruppe, dem Eichholz bei Isenburg, ausgehend finden 
sich die den Umfang dieser Gruppe bezeichnenden Punkte ge- 
gen S.O. in den Arzbacherköpfen in 2,16 Meilen Entfernung ; 
von diesen aus in der Richtung O.N.O. im Hetzstein bei Heil- 
berscheid in 1,57 Meilen Entfernung, dann in N.N.O. der Tra- 
chyt zwischen Salz und Wanscheid in 1,57 Meilen, dann in 
nördlicher Richtung der Trachyt bei Gershasen in 0,62 Meilen. 
Von hier wendet sich die Begrenzung gegen W.N.W. bis Wöl- 
ferlingen in 0,86 Meilen, in W.S.W. nach dem Maxsayner 
Hammer in 0,93 Meilen und von hier in S.W. nach dem An- 
fangspunkte dem Eichholz in 1,88 Meilen Entfernung. Ausser- 
‚halb dieser Begrenzung liegt nur ein Phonolithberg, der Har- 
tenfelserkopf nördlich von Maxsayn, die übrigen sind darin 
eingeschlossen. 

Bei dem Versuche diese Trachytberge und Vorkommnisse 
nach bestimmten Richtungen in Zuge zu ordnen lassen sich 
deren fünf unterscheiden, welche in der ungefähren Richtung 
von N.W. gegen S.O. neben einander liegen, aber doch mehr 
und weniger von der parallelen Lage abweichen. In jedem 
Zuge werden die einzelnen Punkte von N.W. gegen S.O. fort- 
schreitend angeführt werden. 

Erster Zug: Das Eichholz bei Isenburg am Saynbach (Sa- 
nidin und Oligoklas wie vom Mittelberge bei Honnef), die bei- 
den Arzbacher Köpfe, regelmässige Kegel auf dem Rücken, 
 weleher von Welschneudorf nach Ems zieht, gegen N.W. in 
das Pfingstwieser und gegen S.O. in das Unterbach Thal ab- 
fallt; Richtung N. 42° W., Länge 2,16 Meilen. | 

Zweiter Zug: Auf der Wacht, östlich von Selters (Oligo- 
klas-Trachyt), höhere Kuppe zwischen Selters und Nordhofen 
(Sanidin - Oligoklas - Trachyt), Vielbacher Köppel oder Son- 
nenberg (Sanidin - Oligoklas - Trachyt, flasrig wie Külsbrun- 
nen), Kuppe bei Mogendorf, Siershahner Kuppe (von phonolith- 


90 


ahnlichem Ansehen, nur Sanidin enthaltend); zwischen den bei- 
den letzteren Kuppen tritt Braunkohlengebirge auf, sonst Unter- 
Devon; Richtung N. 8° W., Länge 0,59 Meilen. In die südliche 
"Verlängerung dieses Zuges fällt noch das Hähnchen bei Nieder- 
- Elbert (phonolith-ähnlich, aber unvollkommene Gallertbildung). 

Zwischen dem ersten und zweiten Zuge liegt die isolirte 
Kuppe von Wenderoth, westlich von Mogendorf (Oligoklas- . 
Trachyt) im Gebiete des Unter-Devon. 

Dritter Zug: Nahe südlich vom Maxsayner Hammer auf 
der linken Seite des Saynbachs  ( Sanidin - Oligoklas - Tra- 
chyt) umgeben von Unter- Devon, Oelmühle von Quirnbach 
Trachyt von Basalt umgeben, Helferskirchen zu beiden Seiten 
des Ortes (Sanidin-Oligoklas - Trachyt) westlich Unter-Devon 
und östlich Trachyt-Conglomerat, Hulsberg bei Wirges (pho- 
nolithisches Ansehen, nur Sanidin enthaltend), Herzberg daran 
angrenzend (Oligoklas-Trachyt) von Braunkohlenthon und Tra- 
chyt-Conglomerat umgeben, zwischen Moschheim und Bannber- 
scheid Trachyt von Conglomerat umgeben. In diesen Zug fällt 
der Breitenberg und das Scheidchen bei Oberötzingen (phono- 
lithähnlich, aber unvollkommene Gallertbildung), südlich von 
demselben der Kegel des Malberges (Phonolith mit deutlicher 
Gallertbildung) nnr durch ein Wiesenthal vom Herzberg und 
Huülsberg getrennt; Richtung N. 31° W., Länge 1,19 Meilen. 

Vierter Zug: Bei Zurbach (Trachyt), Hunneberg, nordwest- 
lich von Weidenhahn (Oligoklas-Trachyt), Weidenhahn (Sani- 
din - Oligoklas - Trachyt), Oberahr (Trachyt), Niederahr (Oli- 
goklas-Trachyt), zwischen Niederahr und Meudt, östlich von 
Meudt, südlich von Dahlen (Oligoklas-Trachyt), Goldköpfehen 
oder Goldhauser Erlen zwischen Goldhausen und Langwiesen 
(Oligoklas - Trachyt); die vorgenannten sämmtlichen Trachyt- 
punkte liegen im Bereiche des Conglomerates; Hetzstein bei 
Heilberscheid, regelmässiger Kegel von Trachyt, im Gebiete 
des Unter-Devon; Richtung des Zuges N. 21° W.; Länge 
2,12 Meilen. sa 

In diesen Zug fallen einige phonolithische Gesteine. Wird 
die Richtung von Zürbach gegen N.N.W. verlängert, so trifft 
sie auf. den Hartenfelser Kopf in 0,52 Meilen Entfernung, der 
aus ächtem Phonolith mit deutlicher Gallertbildung besteht und 
einen steilen spitzen Kegel mit einer Ruine bildet; ausserdem 
findet sich bei Zürbach an der Grenze des Trachytes Phono- 


/ 


91 


lith mit deutlicher Gallertbildung; der Benzenberg und Schiefen- 
stein bei Ewighausen ein phonolithähnliches Gestein mit un- 
volilkommener Gallertbildung und ein ebensolches Gestein süd- 
lich vom Dahlener Trachytbruche. Die Phonolithe und phono- 
lithähnlichen Gesteine fur sich betrachtet lassen keine bestimmte 
lineare Anordnung hervortreten und ist deren Annahme ganz 
willkürlich. Die Richtung vom Hartenfelser Kopf nach dem 
Punkte sudlich vom Dahlener Trachytbruch ist N. 29° W., nach 
dem Hähnchen bei Nieder-Elbert N. 6° W. Die Richtung von 
dem Phonolithe bei Zürbach bis zum Malberge ist N. 8° W. 
Die erste Richtung stimmt ziemlich nahe mit derjenigen des 
zweiten Trachytzuges, die beiden letzteren stimmen aber nahe 
mit derjenigen des dritten Trachytzuges überein. Ein Theil 
der Vorkommnisse schliesst sich aber der mittleren Richtung 
in Uebereinstimmung mit dem vierten Trachytzuge an. Eine 
durch die Phonolithe und die phonolithähnlichen Gesteine ge- 
zogene Linie erscheint mehrfach gebrochen, woraus: sich die 
willkurliche Annahme der durch zwei dieser Punkte gezogenen 
Linien ergiebt. 

Fünfter Zug: Oestlich von Wölferlingen, eine flache An- 
höhe (Oligoklas-Trachyt), weiter gegen O. eine kleinere, von 
Basaltkuppen umgebene Trachytpartie, südlich von Wölferlin- 
gen an der Strasse von Freilingen nach Arnshofen, Sengelberg 
bei Wörsdorf, zwischen Wanscheiden und Salz (Oligoklas-Tra- 
chyt); dieser Zug liegt ganz im Gebiete des Conglomerates. 
Die Richtung desselben ist N. 46° W., die Länge 1,11 Meilen. 

Von diesem fünften Zuge gegen O. findet sich noch ein 
vereinzeltes Trachytvorkommen bei Gershasen im Conglomerate. 

Die Zahl der Trachytberge und Vorkommnisse steigt hier- 
nach auf mindestens 28, es mögen derselben vielleicht noch 
mehr vorhanden sein, während die Zahl der ächten Phonolithe, 
die bei der Behandlung mit Chlorwasserstoffsäure eine deut- 
- liche Gallertbildung zeigen, nur 3 beträgt, während an 8 Stellen 
die Gesteine auftreten, die als phonolithähnlich zu bezeichnen 
sind und deren Bestimmung eine weitere Untersuchung erfor- 
dert. Die grösste Entfernung zweier Trachytpunkte dieser 
Gruppe vom Eichholz bis Gershasen beträgt 3,54 Meilen in 
der Richtung N. 71° O. | 

In dem Raume zwischen Selters, Wirges, Dahlen und 
Weidenhahn sind die Trachyte und Phonolithe so zusammen-. 


92 


gedrängt, dass sich darin 18 Trachytpunkte, 2 ächte Phonolithe 
und 7 phonolithähnliche Gesteine finden und nur 10 Trachyt- 
punkte, ein ächter Phonolith und ein phonolithähnliches Gestein 
ausserhalb desselben liegen. Von diesem Raume entfernen 
sich die Arzbacher Köpfe und der Trachyt von Gershasen am 
meisten. 

Die Vorstellung, dass die Trachyte und Phonolithe des 
Westerwaldes einen elliptischen Raum von 1,65 Meilen Länge 
und von 0,9 Meilen Breite einnehmen, welcher von einzelnen 
Partien dieser Gesteine umgeben ist, scheint den Verhältnissen 
besser zu entsprechen als die Anordnung dieser Vorkommnisse 
in mehreren einander nicht parallelen Zugen. 

Die gegenseitige Lage der Trachyte des Siebengebirges 
und des Westerwaldes wird dadurch bestimmt, dass wenn die 
Richtung des ersten Zuges dieser letzteren Gruppe von den Arz- 
bacher Köpfen über das Eichholz gegen N.W. verlängert wird, 
sie. in der Entfernung von nahe + Meile an dem östlichsten 
Trachytpunkte in der Umgebung des Siebengebirges bei Hüvel 
vorbeigeht. Die Entfernung des südöstlichsten Trachytberges 
des Siebengebirges, des Kunzberges, von dem Eichholze beträgt 
nahe 4 Meilen. | R 

Die verschiedenen Abänderungen des Trachytes im Wester- 
walde lassen keine bestimmte Regel in der örtlichen Verthei- 
lung derselben erkennen. Vielleicht wird sich eine solche Re- 
gel herausstellen, wenn erst sammtliche Vorkommnisse genauer 
untersucht sind. Bis jetzt sind nur die beiden auch im Sie- 
bengebirge herrschenden Abänderungen des Oligoklas-Trachytes 
und des Sanidin - Oligoklas - Trachytes darin erkannt worden. 
Zu der ersten Abänderung gehören folgende Punkte: Auf 
der Wacht östlich von Selters, Kuppe von Wenderoth, Herz- 
berg, Hunneberg nordwestlich von Weidenhahn, Niederahr, süd- 
lich yon Dahlen, zwischen Goldhausen und Langwiesen, östlich 
von Wölferlingen, zwischen Wanscheiden und Salz; zu der 
zweiten (Sanidin -Oligoklas- Trachyt) dagegen folgende: Eich- 
holz, Kuppe zwischen Selters und Nordhofen, Vielbacher Köp- 
pel, südlich vom Maxsayner Hammer, Helferskirchen und Wei- 
denhahn. ; 


93 


Gegenseitige Lage der einzelnen Ausbruchstellen in den 
vulkanischen Gebieten. 


Die Kratere und Schlackenberge umgeben den Laacher 
See auf allen Seiten. Nur sehr wenige dieser Berge auf der 
S.O.-Seite wie die Ochtendunger Berge (Wannen), der Camil- 
lenberg und der Birkenkopf sind weiter als 15 Meile von dem 
Mittelpunkte des Sees entfernt. Die centrale Lage des Laa- 
cher Sees in Mitten der umgebenden Kratere und Schlacken- 
berge wird dadurch bezeichnet, dass die Gipfel des Veitskopf, 
Dachsbusch, Rotheberg, Laacher Kopf, des Krufter Ofen und 
Nickenicher Hummerich weniger als , Meile von seiner 
Mitte entfernt sind. Dann folgen die Kunksköpfe, der Nicke- 
nicher Sattel und der Nickenicher Weinberg. In einem grösse- 
ren Ringe von * bis 1} Meilen Abstand von der Mitte des 
Sees liegen: Leilenkopf, Herchenberg, Bausenberg, Schörchen, 
Manglibeher Kopf, Difelderstein, Sulzbusch, Hochsimmer, Forst- 
berg, Ettringer Belleuberg, Tönchesberg, Korretsberg, Kollert, 
- Piaidter Hummerich, Nastberg und Fornicher Kopf. Ein Kreis 
von 2; Meilen Durchmesser schliesst also den bei weitem 
grösseren Theil der vulkanischen Ausbruche in diesem Gebiete 
ein, und nur die Bimssteine verbreiten sich ostwärts beträcht- 
lich darüber hinaus. | 

Bei dieser Verbreitung der Kratere und Schlackenberge 
um einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt treten zwei Richtun- 
gen besonders hervor, in welchen die vulkanischen Ausbruche 
gedrängter zusammenliegen als in allen übrigen. Die eine 
dieser Richtungen von N.O. gegen S.W. umfasst das Kesselthal 
von Wehr, den Laacher See mit den auf seinem Rand aufge- 
setzten Köpfen, den Krufter Ofen, die drei Berge von Kruft 
und Plaidt, die zahlreichen Kuppen der Ochtendunger Berge, 
Camillenberg, Birkenkopf und das Brückstück am Winninger- 
berge in einer Länge von nahe 3: Meilen. Nahe die Hälfte 
saämmtlicher Ausbrüche drängt sich in diese Richtung zusammen. 

Die andere Richtung geht von N.O. gegen S.W. am. west- 
lichen Rande des Laacher Sees vorbei und umfasst Leilenkopf, 
Kunksköpfe, Veitskopf, Laacher Kopf, Rotheberg, Forstberg, 
Sulzbusch und Hochsimmer. 

Die grösste Masse des Tuffes in diesem Gebiete liegt zwi- 
schen Bell und Kempenich und bildet den hohen, halbkreis- 


| 


| 
i 
B 
- 


94 


formig um Rieden gekrummten Rücken des Gänsehals. Die- 
selbe hängt unmittelbar mit den Tuffen zusammen, welche den 
Rücken zwischen dem Laacher See und dem Kesselthale von 
Wehr bilden und den ersteren umgeben. Die Verbreitung des 
Bimssteins und der grauen Trachyttuffe dehnt sich vom Laa- 
cher See gegen O. sehr weit aus, während dieselbe gegen W. 
in seiner unmittelbaren Nähe aufhört. Die oberflächliche Be- 
deckung von Auswurfsprodukten entzieht viele ältere Massen 
in dieser Gegend der Beobachtung. | 

Die Vulkane der Vorder-Eifel zeigen im Gegensatze zu 


‚den so eben betrachteten Erscheinungen eine sehr bestimmte 


lineare Entwickelung. Dieselben bilden eine Reihe von der 
Falkenlei, dem höchsten Punkte bei Bertrich bis zum Gold- 
berge bei Ormont in der Richtung N. 55° W. bei einer Län- 
generstreckung von 6+ Meilen. Es scheint, dass die Maare 
und die lavagebenden Kratere hier auf einer Spalte ausgebro- 
chen sind, welche die Streichungslinie der Schichten des Unter- 
Devon unter einem Winkel von 75° durchschneidet. Die Haupt- 
masse der vulkanischen Produkte liegt auf der N.O.-Seite der an- 
gegebenen Linie, wenn gleich sich einige bedeutende Ausbrüche 
gegen S.W. in der Weise davon entfernen, dass sie wohl einer 
Nebenspalte angehören. Eine Linie von der Falkenlei nach 
dem Errensberge bei Hinterweiler, dem höchsten in der Mitte 
der Vulkanreihe gelegenen Berge, fällt bis zum Steinrausch bei 
Hillesheim mehr in die Mitte der vulkanischen Ausbruche und 
zeigt die Richtung N. 48° W. Die Verlängerung dieser Linie 
aber gegen N.W. über den Steinrausch hinaus verlässt den 
übrigen Theil der Vulkane ganz und gar. Die Richtung vom 
Errensberge bis zum Goldberge ist N. 62° W. Diese Linie 
durchschneidet ebenfalls die Mitte der vulkanischen Ausbrüche. 
Aus dieser Anordnung der vulkanischen Ausbrüche von Bertrich 
bis Ormont liesse sich vielleicht folgern, dass die Hauptspalte, 
auf welcher dieselben stattgefunden haben, einen gegen N.O. 
convex gekrummten Bogen bildet. 

Die Linie vom Wartgesberg bei Strohn nach dem Gold- 


‚berge trifft ebenfalls viele sehr bedeutende Ausbrüuche und hat 


die Richtung N. 46° W., weicht also nur wenig von der Rich- 


tung von Falkenlei She den Errensberg nach dem Steinrausch 
ab. Es liessen sich demnach zwei Spalten annehmen, eine nord- 


östliche von der Falkenlei bis zum Steinrausch von 4,72 Mei- 


95 4 


len Länge und eine zweite sudwestliche- vom Wartgesberg bis 
zum Goldberge von 5,8 Meilen Länge. Die Entfernung der- 
selben von einander beträgt am Wartgesberge 0,35 und am 
Steinrausch 0,65 Meilen. 

Innerhalb dieser Vulkanreihe lassen sich also die Spezial- 
Richtungen der vulkanischen Berge auf verschiedene Weise 
combiniren und dies beweist auch die Willkur, welche in sol- 
chen Annahmen herrscht. 

In der Richtung von der Falkenlei nach dem Steinrausch 
liegt das Immerather Maar, das Kesselthal von Elscheid aber 
gegen N.O. gerückt, die Murmeswiese und das Schalkeumehre- 
ner Maar beide gegen S.W., das Weinfelder Maar, Daun mit 
dem Firmerich gegen N.O. und der Wehrbusch gegen S.W., die 
Warth, der Felsberg etwas gegen N.O. gerückt, der Errensberg, 
"Kellert, Lochert, die Weisslei, der Gossberg bei Walsdorf 
etwas gegen N.O. gerückt, die Killerhöhe. mit der Lierwiese 
und der Steinrausch. 

Auf der N.O.-Seite dieser Linie in geringer Entfernung liegt 
das Risch von Immerath, der Wetchert, Wollmeratherkopf, die 
Kesselthäler von Ober- und Nieder-Winkel, Mehrener Haardt, 
Waldkönigen, Hangelsberg, das Höhefeld, der Schwamert, Döhm- - 
berg, Kalenberg, Ohrenberg als Rand des Walsdorfer Maars. 

Weiter noch von dieser Linie gegen N.O. entfernt sich 

 der-Dreiser Weiher, der Rädersberg und der Reinertsberg. 

Auf der S.W. Seite dieser Linie, also nach der zweiten 
Spalte hin, aber dieselbe nicht erreichend findet sich: das 
Tiefenbacher Maar, das lange, Rott genannte Maar, das Stroh- 
ner Maar, der Römersberg, das Pulvermaar, der Mäuseberg 
und das Gemünder Maar, Hohe List, Alteburg, das Maar unter 
dem Pfennigsberge, auf der Held, Riemerich, Geiserich, Goss- 
berg bei Steinborn, Berteler (Scharteberg und Schnellersroth), 
Dungerheck, die Kesselthäler von Hinterweiler, Feuerberg, 
Sassenberg, Altervoss, Bickeberg und Gippenberg. 

In der Richtung vom Wartgesberg nach dem Goldberg 
liegt der Nerotherkopf und der Stefilerberg. Auf der N.O.-Seite 
dieser Linie, also nach der ersten Spalte hin, finden sich ausser 
den bereits so eben angeführten Punkten: der Geeserberg, 
Bongenberg, Kreiskaul, Hahn, Burlich, Kyllerkopf, Luscheid, 
Rossbusch, das Kesselthal S. von Auel, Leikopf, Birlshardt, 


96 


Mühlköpfe, Roderkopf, Steinbühl und das Kesselthal N. von 
Auel. 

Auf der S.W. Seite dieser Linie liegt: das Hessen 
Dürre Maarchen, Hitsche, Hasenberg, Weberlei, Lielei und 
Aarlei bei Uedersdorf, Krökelberg, Dietzerlei, Schocken (oder 
auf der Schutt), Rother Himmerich und Duppacher Weiher. . 

Die vulkanischen Punkte vom Holzmaar bis Uedersdorf 
können auch als eine Nebenspalte von 1 Meile Länge in der 
Richtung N. 53° W. betrachtet werden. Wie aber dieses Ver- 
halten betrachtet werden mag, so erscheinen doch jedenfalls 
die noch weiter gegen S.W. gelegenen vulkanischen Punkte als 
ein paralleler Zug. Die Richtung vom Mosenberge nach dem 
Kesselthale Eigelbach ist N. 50° W. wenig abweichend von 
der Richtung von der ‚Falkenlei nach dem Steinrausch. In 
diese Richtung fällt das Meerfelder Maar und der Ausbruch 
bei Kopp; auf der N.O. dieser Linie also nach der zweiten 
Spalte hinwärts liegt der Buerberg bei Schutz und er Kalem- 
berg bei Birresborn. 

In der Hohen-Eifel zwischen der Vulkanreihe der Vorder- 
Eifel und dem Laacher See-Gebiete liegen einige ziemlich ver- 
einzelte vulkanische Punkte. Im Allgemeinen. zwar ist die 
Längenerstreckung derselben von S. gegen N. nicht zu verken- 
nen, aber sie ordnen sich dabei in keiner geraden Linie. Die 
Richtung von dem südlichsten Punkte, dem Uelmer Maar, nach 
dem nördlichsten Punkte, dem Niveligsberg, ist N. 4° O. und 
die Entfernung beider Punkte von einander 2 Meilen. Die 
südliche Verlängerung dieser Richtungslinie geht zwischen den 
vulkanischen Ausbruchen von Bertrich und von Strohn hin- 
durch, trifft also in der Vorder -Eifel gerade auf eine Unter- 
brechung in der Reihe der Vulkane. In der Hohen-Eifel durch- 
schneidet diese Linie nur den W. Rand des Doppelmaars von 
Boos, während die anderen vulkanischen Stellen sämmtlich auf 
deren W. Seite liegen bleiben. 

Die Linie von Niveligsgebirge nach dem Wartgesberge dem 
S.W.lichsten Anfangspunkte der zweiten Spalte der Vorder-Eifel 
berührt ebenfalls den W. Rand der Maare von Boos, geht nahe 
am Mosbrucher Weiher vorbei und zwischen dem Kreuzberge 
und dem Uelmer Maare hindurch; dann aber durchschneidet 
diese Linie in der Vorder-Eifel das Maar von Ober-Winkel, 
und geht zwischen dem Tiefenbacher Maar und dem Pulver- 


97 


Maare hindurch. Die Richtung dieser Linie ist N. 8° O. und 
ihre Länge ist 32 Meilen. 

Eine vom Niyelisohemaß nach dem Kalemberge bei Birres- 
born gezogene.Linie durchschneidet die Vulkanreihe der Vor- 
der-Eifel in ihrer grössten. Breite. Die Richtung dieser Linie 
ist N. 57° O. und ihre Länge 4! Meile. Sie durchschneidet 
den Raedersberg, geht zwischen dem Dreiser Weiher und dem 
Hangelsberg hindurch, nahe am Kellert, Sassenberg, Geeser- 
berg und an der Dietzerlei vorbei und trifft S.W. vom Kalem- 
berg noch den Ausbruch von Kopp. Die von den Maaren bei 
Boos nach dem Meerfelder Maare, in der Richtung N.-38° O 
und 4 Meilen lange Linie berührt den W.-Rand des Mosbrucher 
Weihers, die Mehrener Haardt, den Rand des Weinfelder Maars 
und des Maares unterm Pfennigsberg, geht dann zwischen dem 
Hasenberg und der Weberlei hindurch. Die Linie, welche vom 
Uelmer Maare durch den Kreuzberg und durch den Hommerich 
gezogen wird, trifft den Raedersberg und den Reinertsberg 
und könnte in der Richtung N. 60° W. eine Nebenspalte der 
ersten Spalte der Vulkanreihe in einer Länge von etwas mehr 
als 2 Meilen bezeichnen. 

Die lineare Erstreckung der Vulkane der a Eifel in 
mehreren ziemlich nahe parallelen Zügen ist daher recht aus- 
gezeichnet, welche an beiden Enden immer grössere Unterbre- 
chungen bis zu den äussersten Ausbrüchen zeigen. 


Formen der vulkanischen Ausbrüche. 


Die vulkanischen Ausbrüche in diesen beiden Gebieten treten” 
auf in der Form von deutlichen Krateren aus Schlacken, Lava- 
streifen und Auswürflingen zusammengesetzt, mit grösseren 
Lavaströmen verbunden oder ohne Lavaströme, dann in der 
Form von kegelförmigen oder rückenartigen Schlackenbergen 
von gleicher Zusammensetzung wie die Kratere, ebenfalls in 
Verbindung mit Lavaströmen oder ohne dieselben und endlich 
in der Form von Maaren (Tuffkrateren) und Kesselthälern mit 
geschichteten Tuffen, d. i. mit ausgeworfenen wenig oder gar 
nicht zusammenhängenden Massen umgeben, an deren Rändern 
das Grundgebirge sichtbar wird, und in der Form von einzelnen 
Tufflagen, Tuffpartien oder grösseren Tuffimassen von unbe- 
kannter Herkunft. 

Die Kratere und Schlackenberge mit and ohne Lavaströme 

Zeits. d.d. geol.Ges. XVII. 1. 7 


98 


zeigen in der Umgegend des Laacher Sees und der Vorder- 
eifel in ihrer Form und Zusammensetzung keine Verschieden- 
heit. Zu jeder Stufe der Entwickelung und der Erhaltung 
lassen sich Beispiele aus der einen, wie aus der andern Ge- 
gend aufführen. I 2 

Die Maare und Kesselthäler dagegen sind in beiden Ge- 
genden sehr verschieden. In der Gruppe des Laacher Sees 
sind nur zwei sehr grosse Formen dieser Art, der Laacher 
See selbst und das Kesselthal von Wehr, vorhanden und «eine 
Uebergangsform von denselben in die Kratere, der Krufter 
Öfen, während in der Vorder-Eifel die Zahl derselben sehr 
beträchtlich ist und ihre Grösse gegen die des Laacher Sees 
ung@mein zurücktritt. Ebenso bieten aber auch die Tuffe sehr 
wesentliche Verschiedenheiten in beiden Gegenden dar. Die 
Verbreitung der Tuffe und besonders der Bimssteine und der 
noch darüber liegenden grauen Tuffe in der Gruppe des Laa- 
cher See’s übertrifft bei weitem Alles, was die Vorder- Eifel 
in dieser Beziehung aufzuweisen hat; dieser letzteren Gegend 
fehlt der Bimsstein und der Trachyt als Auswürfling in den 
Tuffen gänzlich, und ebenso der Leucittuff. Dieser Unterschied 
ist sehr wesentlich und wird noch dadurch erhöht, dass die 
Hauptmasse der Bimssteine und die grauen Tuffe einer jünge- 
ren Zeit angehören als die Krätere mit den Lavaströmen. 

So deutlich auch mehrere Kratere in der Gruppe des 
Laacher Sees sind, so findet sich doch darunter kein einziger, 
welcher vollkommen ringförmig geschlossen ist. Dieselben be- 
sitzen sämmtlich eine Oeffnung in dem Walle, welche abfallend 
aus dem Kraterboden an den äusseren Abhang führt. Dieselbe 
wird immer weiter, so dass nur ein Theil’ des Walles übrig 
bleibt, welcher die Form eines Hufeisens annimmt. Diese 
Formen bilden einen vollständigen Uebergang in die kegel- 
förmigen oder ruckenartigen Schlackenberge, welche theilweise 
noch Spuren eines Kraters durch flache Einsenkungen an ihren 
Abhängen darbieten, theilweise aber auch nicht einmal daran 
erinnern. | 

In der Reihe der Vorder-Eifel treten einige ganz ge- 
schlossene Kratere auf; wie das Hustchen bei Bertrich, die 
Papenkaule bei Geroldstein, und am Mosenberge die drei nörd- 
lichen Kratere: das Hinkelsmaar im Krufterberge, der Wan- 
zenborn und der unter der Spitze des Mosenberges gelegene 


99 


Krater, welche alle drei wenig von einander entfernt sind. 
Ausserdem ist noch ein ganz geschlossener Krater anzuführen, 
welcher isolirt und von keinen anderen vulkanischen Erschei- 
nungen begleitet, auf der linken Seite des Rheins, den Tra- 
chyten des Siebengebirges gegenüber in der Nähe von Mehlem 
und Rolandseck liegt: der Roderberg. 

Die übrigen Kratere der Vorder-Eifel haben ebenfalls eine 
mehr und weniger weite Oeffnung und zeigen dieselben Ueber- 
gänge in kegelförmige Schlackenberge wie diejenigen, welche 
in der Gruppe des Laacher Sees auftreten. 

In dieser letzteren zeigen die Kraterform am vollständig- 
sten: Bausenberg, Hochsimmer, Eittringer Bellenberg, Nicke- 
nicher Weinberg, Tönchesberg, Veitskopf, Rotheberg bei 
Laach, Kunksköpfe, Forstberg, Gr. Wannen, Michelsberg und 
Rotheberg bei Ochtendung. Mit denselben sind in der Vor- 
der-Eifel zu vergleichen: Facherhöhe, Wetchert, Wartgesberg, 
Römersberg, Firmerich, der südliche Krater am Mosenberge, 
Weberlei, Berteler (Scharteberg) Dungerheck, Kellert, Kalem- 
berg, Riemerich und Hangelsberg. 

Zu den Uebergangsformen von den deutlichen Krateren zu 
den Schlackenbergen sind in der Gruppe des Laacher Sees zu. 
rechnen: Leilenkopf, Nickenicher Hummerich, Nickenicher 
‚Sattel und Plaidter Hummerich und in der Vorder-Eifel: Er- 
rensberg, Felsberg, Alter Voss, Feuerberg und Rother Him- 
merich. 

Die kegel-, kuppen- und rückenförmigen Schlackenberge 
stellen sich in der Gruppe des Laacher Sees in folgenden Ber- 
gen dar: Sulzbusch, Camillenberg als lange Rücken mit klei- 
nen Kuppen besetzt, Langenberg als einfacher Rücken, Dachs- 
busch, ‘ Schörchen, Herchenberg, Fornicherkopf, Laacherkopf 
und Nastberg als Kegel, Korretsberg, Kollert, Taumen, Eiter- 
‚köpfe und die kleinen Wannen als Kuppen. 

In der Vorder-Eifel sind diese Schlackenberge in der Form 
von Kuppen und Kegeln sehr häufig: Wollmerather Kopf, Hohe 
List, Alteburg, Deulkaul am’ Hasenberge, die Kuppen N. von 
der Warth, ferner Gossberg, Gippenberg, Bickeberg, die Kuppe 
über der Weisslei, Sassenberg, Kyllerkopf, Hahn, gr. Kreis- 
kaul, Schocken (an der Schutt), Bongenberg und Nerotherkopf. 
In der Hohen-Eifel bietet der Hommerich bei Utzerath ein 
sehr deutliches Beispiel eines solchen kegelförmigen Schlacken- 

m En 


100 
berges dar. Die meisten Kratere in beiden Gegenden be- 
sitzen eine ganz regelmässige Form, so dass sie wohl nur 
einem einzigen Ausbruche ihre Gestalt verdanken und dass 
nur ein einziger Schlund thätig gewesen ist, aus dem die 
Massen ausgeworfen worden sind, welche sich zum Kraterwall 
oder Kraterrand angehäuft haben. Im jeder Gegend zeigt sich 
nur ein recht deutliches Beispiel von einem zusammengesetzten . 
Krater, an dem sich mehrere Ausbrüche wahrnehmen lassen, 
von denen die jüngeren die älteren Kraterwälle theilweise zer- 
stört haben. Im Gebiete des Laacher Sees zeigt der Krater, 
dessen westliche Seite der Ettringer Bellenberg bildet, diese 
zerrissene Form. Die östliche Seite wird vom Cottenheimer 
Büden eingenommen, vor der südlichen Oeffnung des Kraters 
liegen die kleinen Kegel des Mayener Bellenberges und des 
Hufnagels und am N. Ende des Cottenheimer Büden liegt ein 
flacher gegen N. offener Krater unter dem kegelförmigen Spitz- 
berg. In der Reihe der Vorder-Eifel zeigt der Krater von Strohn 
eine ähnliche unregelmässige Form ; der Wartgesberg oder Obere 
Wartgesberg bildet die östliche Wand des Kraters von ansehn- 
licher Höhe; davon getrennt ist der schmale Rücken der langen 
Klopp auf der Nordseite, der Kirberich ist eine runde Kuppe 
weiter gegen West und noch mehr einzelne Hugel bilden den 
unregelmässigen Rand; doch bleibt noch am Fusse des Wart- 
gesbergs eine Thalfläche, welche nicht dem Krater angehört, 
sondern nur als intercolliner Raum angesehen werden kann. 
Beide Kratere unterscheiden sich durch die Ausbruchstelle der 
Lava. Am Eittringer Bellenberge treten zwei Lavaströme auf 
der N. und auf der S. Seite aus breiten Oeffnungen im Krater- 
rande hervor, während am Strohner Krater die Lava an der 
Aussenseite der westlichen Wand mit hohen Rollschlacken be- 
deekt ausgebrochen ist. : 

Die regelmässigen Kraterränder mit einer Oeffnung zeigen in 
Bezug auf die Lage der höchsten Stelle des Randes gegen diese 
Oeffnung einige Verschiedenheiten. Bei der grösseren Zahl liegt 
die höchste Stelle des Randes der Oeffnung gerade gegenüber und 
derselbe neigt sieh gegen die Oeffnung hin, welche von ebenso 
steilen Abhängen wie die Aussenseite des Kegels eingefasst 
wird, ganz besonders zeigen sich viele Kratere in der Vorder- 
Eifel in dieser Weise. Zu dieser Form gehören: Forstberg 
und Rotheberg in den Wannen, bei dem die höchste Stelle 


101 


jedoch etwas seitwärts liegt, Facher Höhe, Wetchert, Firmerich, 
Dungerheck, Errensberg, Riemerich, Berteler (Scharteberg) 
‘und Lierwiese, auf deren Umwallung die höchste Stelle sich 
jedoch gegen Ost gerückt findet. Ebenso sind auch im Allge- 
meinen der Rotheberg bei Laach, und der Nickenicher Wein- 
berg. gebildet, mit dem Unterschiede jedoch, dass sich der 
Rand nochmals an der Oeffnung kuppenförmig, aber nicht so 
hoch als in der Mitte erhebt. Am Grossen Wannen, der nur 
auf dem rechten Schenkel des Randes eine solche Kuppe hat, 
am Tönchesberge und an der Weberlei erhebt sich vor der 
Oeffnung noch ein niedriger Rücken, wodurch ein doppelter 
Eingang zu dem Krater entsteht. Der Veitskopf und der Kel- 
- lert besitzen einen beinahe ebenen Kraterrand, der sich bis 
gegen den Abfall nach der Oeffnung hin in nahe gleicher Höhe 
hält. Die höchste Stelle des Randes findet sich in einer Kuppe 
neben der Oeffnung: am Bausenberge auf der N.-Seite der ge- 
gen N.W. gerichteten Oeffnung, am Hochsimmer auf der W.-Seite 
der‘ weiten gegen S. gerichteten Oeffnung, am Kalemberge auf 
der $.-Seite der gegen S.W. gerichteten Oeffnung, am Römers- 
berge auf der $.-Seite der gegen S.O. gerichteten Oeffnung, 
Die niedrigste Stelle des Randes liegt der Oeffnung in dem- 
selben gegenuber am Michelsberge und die höchsten Kuppen 
befinden sich zu beiden Seiten der Oeffnung; ebenso zeigt sich 
der südliche Krater am Mosenberge, derselbe ist gegen 8. 
offen, die niedrigste Stelle des Randes liegt auf der Nordseite 
und Höhenpunkte auf der West- und Ostseite. Ganz abwei- 
chend ist der Krater der Kunksköpfe beschaffen, die Oeffnung 
liegt auf der N.W.-Seite und auf dem S.W.Halbkreise erheben 
sich zwei Kuppen, von denen die sudlichere am höchsten ist. 
Von allen diesen Krateren unterscheidet sich der Krufter 
Ofen durch seine Grösse. Derselbe ist daher schon weiter 
‘oben zusammen mit dem Laacher See und mit dem Kesselthale 
von Wehr als eine Uebergangsform genannt worden. Eine 
niedrige Randstelle liegt der südlichen Oeffnung gegenuber. 
Die höchste Stelle des Randes liegt auf der W.-Seite und auf 
der O.-Seite erheben sich zwei an Höhe wenig verschiedene, 
aber niedrigere Kuppen. 
Wenn die Zusammensetzung aller dieser Kratere und 
Schlackenberge sich da, wo dieselben durch Steinbrüche, wel- 
che Bausteine unter der Benennung von Krotzen liefern, auf- 


102 


geschlossen sind, als eine durchaus gleichartige erweist so- 
wohl in Bezug auf die Lagerung des verschiedenartigen Ma- 
terials als in Bezug auf die mineralogische Beschaffenheit des- 
selben, so können die Schlackenberge nicht von den Krateren 
nach der Art ihrer Bildung nnd der Wirkung der vulkanischen 
Kräfte getrennt werden. Die Materialien, aus denen die Kra- 
tere und Schlackenberge bestehen, zeigen ganz allgemein eine 
Art von rauher, grober Schichtung, welche nahe zu der Ober- 
fläche in parallelen Streifen und Formen entspricht:: jedoch in 
der Weise, dass am grossen Wannen diese Lagen zwar dem 
inneren und äusseren Abhange des Kraters entsprechen, aber 
die Stelle, wo diese Lagen sich wölben um nach entgegenge- 
setzten Richtungen einzufallen, nicht mit dem höchsten Krater- 
rande übereinstimmt, sondern dem äusseren Abhange näher liegt. 
Auch finden sich nicht selten Partien darin, die eine verschie- 
dene Lage zeigen und scharf gegen einander abschneiden. Das 
Material besteht aus Lavastreifen von einigen Fuss Stärke, oft 
von deutlichen Rollschlacken begleitet und durch ausgeworfene 
Schlacken getrennt, unter denen sich gar nicht selten grosse 
ellipsoidische oder vielgestaltige Bomben von vielen Centner 
an Gewicht befinden, in denen sich eine lagenweise coneentri- 
sche Anordnung verschiedenen Gefuges wahrnehmen lässt. 
Uebereinstimmend mit dieser Beschaffenheit der Kratere 
und Schlackenberge zeigen sich auch an deren unterem Ab- 
hange oder an dem Fusse derselben grössere Lavaströme, aber 
während nicht bei allen solche Lavastrome vorhanden sind, so 
kommen wiederum Lavaströme besonders in der Vorder-Eifel 
vor, bei denen Kratere und Schlackenberge fehlen und deren 
Ausbruchsstellen nicht deutlich -sind. Hierher ist derjenige Fall 
nicht zu rechnen, wo ein grosser Lavastrom wie bei Nieder- 
mendig mit jüngeren Tuffen bis zu 100 Fuss bedeckt ist und 
deshalb seine Ausbruchsstelle nicht mit Bestimmtheit mes 
wiesen werden kann. 
Diejenigen Kratere in der Gruppe des Laacher 'Sees, 
welche mit grösseren und deutlicheren Lavaströmen in Verbin- 
dung stehen, sind folgende: Hochsimmer mit dem Lavastrome, 
der im Nettethale bei Reifs Mühle endet, Forstberg mit dem 
kurzen Lavastrome auf der O.-Seite, Rotheberg bei Laach mit. 
dem kurzen Lavastrome auf der W.-Seite, Ettringer Bellenberg 
mit zwei Lavaströmen, in dem einen liegen die Mühlsteingru- 


103 


ben von Mayen, in dem anderen diejenigen von Ettringen‘ und 
vielleicht auch von Cottenheim, Veitskopf mit dem Lavastrome, 
welcher unterhalb Glees endet, und dem kleinen Strome nach 
dem Laacher See, Kunksköpfe mit dem Lavastrome nach dem 
Brohlthale, Bausenberg mit dem Strome, welcher bis Gönners- 
dorf im Vinxtbachthale reicht. Die Gruppe der Wannen sind 
auf beiden Seiten mit grossen Lavaströmen umgeben, welche 
sich im Nettethale und im Saffigerthale zeigen, von denen 
aber nicht angegeben werden kann, welchem der Kratere oder 
der Schlackenberge dieser Gruppe sie angehören. Am äusse- 
ren N.W.-Abhange des Krufter Ofen nach dem Laacher See findet 
sich Lava, als Strom lässt sich dieselbe jedoch kaum bezeichnen. 
‚So bleiben denn nur die Kratere des Leilenkopfes, Tön- 
chesberges und Nickenicher Weinberges, also gerade die drei 
niedrigsten dieser Gruppe übrig, welche keinem grösseren Lava- 
strome seine Entstehung gegeben haben. Zu denjenigen Kra- 
teren in der Reihe der Vorder-Eifel, welche mit grösseren 
Lavaströmen verbunden sind, gehören: Wartgesberg mit dem 
Lavastrome, welcher im Alfthale bis unterhalb der Strasse 
Trier-Coblenz reicht, der Firmerich mit dem nach dem Lieser- 
thale reichenden Lavastrome, auf dessen Ende das Schloss in 
Daun steht, Berteler (Scharteberg) mit den beiden übereinander 
liegenden Strömen südlich der Strasse von. Steinborn nach 
Kirchweiler und mit dem grossen Strome am Wege von Kirch- 
weiler nach Neroth, Dungerheck mit dem Lavastrome, dessen 
Ende das Beulchen bei Kirchweiler bildet, Lierwiese mit der 
Lava nach dem Hillesheimerthale hin, Kalemberg mit den 
beiden Lavaströmen am Kyllithale von Birresborn an aufwärts, 
Riemerich mit dem Lavastrom gegen das Thal oberhalb Neroth, 
Hangelsberg mit dem Strome von Dockweiler, der südliche 
Krater am Mosenberge mit dem Lavastrome im Horngraben. Es 
wäre hier auch noch die Hagelskaule mit dem Lavastrom nach 
Sarresdorf bis an die Kyll anzuführen, wenn nicht Zweifel ob- 
walteten, ob dieselbe als ein eigentlicher Krater betrachtet 
werden kann; ferner in der Hohen-Eifel die kleine kraterfor- 
mige Vertiefung am Wandelsknipp bei Boos, an welcher ein 
Lava-Erguss ohne stromartige Verbreitung stattgefunden hat. 
Ohne Lavaströme sind in der Vorder-Eifel die ganz ge- 
schlossenen ringförmigen Kratere, wie Hüstchen, Papenkaule 
und die drei nördlichen Kratere am Mosenberge, ferner die 


104 


mit einer Oeffnung versehenen Kratere, wie: Facherhöhe, Wet- 
chert, Römersberg, Weberlei und Kellert. Die Schlackenberge 
in der Gruppe des Laacher Sees, welche mit Lavaströmen zu- 
sammenhängen, sind: Plaidter Hummerich, auf dessen O.-Seite 
ein Strom nach dem Nettethal hingeht, Sulzbusch, auf dessen 
W.-Seite ein Strom an dem Abhange der Nette gegen Langen- 
bahn zieht, Camillenberg, von dem ein Strom gegen den Sacken- 
heimer Hof und ein anderer in entgegengesetzter Richtung nach 
Bassenheim hin sich zieht, Fornicherkopf, von dem ein Lava- 
‚strom ins Rheinthal fliesst, der einzige, der unmittelbar in die- 
sem Thale nachzuweisen ist, Kollert, von dem ein Lavastrom 
. gegen die Nette hin sich zeigt; Lava-Ergüsse, zu kurz um als 
Strome bezeichnet zu werden, lassen sich am Abhange und 
Fusse des Korretsberges und des Herchenberges wahrnehmen. 

Die Schlackenberge in der Vorder-Eifel, welche mit Lava- 
strömen in Verbindung stehen, sind: Errensberg mit dem Lava- 
strome gegen O. nach dem Pützbornerthale hin, Felsberg, mit 
dem die Kuppe umgebenden Lavafelde, Alter Voss mit dem 
Lavastrom nach Berlingen und im Thale abwärts gegen Pelm, 
' Feuerberg mit zwei Lavaströmen gegen W. und gegen S., Goss- 
berg mit zwei Lavaströmen gegen N. und gegen $., Gippen- 
berg mit dem Lavastrome nach dem Thale unterhalb Essingen, 
Kuppe über der Weisslei mit dem grossen Lavastrome der 
Weisslei zwischen Hohenfels und Essingen, Sassenberg mit 
dem Lavastrome nach Berlingen, Kyllerkopf mit dem Lava- 
strome nach Dom, Bongenberg mit den beiden Lavaströmen 
am Galgenheck gegen O. und des Sellbusch gegen W., Nero- 
ther Kopf mit dem Lavastrom nach Neroth hin. 

In der Hohen-Eifel gehört der Lavastrom der Riesenmauer 
auf der Höhe im Hau zu dem Schlackenberge des Hommerich, 
und der Lava-Erguss zu der Schlackenmasse am - -Ende des 
Schnieberges, S. von Brück. 

Lava-Ergüsse finden sich am Rother Himmerich, in der 
Deulkaul am Hasenberge, am Hahn, in der grossen Kreiskaul 
und von Schocken, die aber zu kurz sind, um als eigentliche 
Lavaströme geltem zu Können. we 

Die Schlackenberge, welche gar nicht mit Lavaströmen in 
Zusammenhang stehen, sind in der Gruppe des Laacher Sees: 
Schörchen, Laacher Kopf, Nickenicher Huümmerich und Nicke- 
nicher Sattel; bei diesen letzteren kann möglicher Weise der 


105 
Zusammenhang durch die Bedeckung von Tuff versteckt sein. 
"Sehr wahrscheinlich ist dies am Nastberge mit der Lava an 
seinem W.-Fusse der Fall. Die Rücken und Kuppen aus der 
Gruppe der Wannen werden hier nicht angeführt, weil es bei 
den grossen, dieselbe umgebenden Lavafeldern eben zweifelhaft 
ist, welcher von den Schlacken-Ausbrüchen damit in Verbin- 
dung steht. i 

In der Vorder-Eifel stehen die Schlackenkuppen wie der 
Wollmerather Kopf, Hohe List, die Kuppen N. von der Warth 
und der Bickeberg, sowie der schmale und steile Schlacken- 
rücken des Buerberges bei Schutz mit keinem Lavastrome in 
Verbindung. | 

Es ist in diesen Fällen sehr wahrscheinlich, dass den Aus- 
brüchen von Schlacken kein grösserer Erguss von Lava, wel- 
che einen Strom bilden konnte, gefolgt ist, wie sich ja schon 
an mehreren Stellen nur kleine Massen von Lava zeigen, die 
nicht genugten, um stromartig abzufliessen. Dagegen liegen 
besonders in der Vorder-Eifel viele Beispiele von Lavaströmen 
vor, deren Ausbruchsstellen theils undeutlich, theils nicht. be- 
kannt sind und in deren Nähe Schlacken, sei es in der Form 
von Krateren, oder in der Form von Schlackenbergen fehlen. 
Es dürfte wenig wahrscheinlich sein, dass die Lava-Ausbrüche 
ohne Schlackenbildung erfolgt sind. In der Gegend des Laa- 
cher Sees mögen die Schlackenmassen wohl durch jüngere 
Tuffe an mehreren Punkten bedeckt sein, dagegen sind auch 
hier andere vorhanden, wo nur eine Zerstörung und Entfernung 
der Schlacken angenommen werden kann, um die gegenwärtige 
Form zu erläutern. Dieses letztere möchte überhaupt von den 
vielen Lava-Vorkommen in der Vorder-Eifel gelten, welche in 
keiner Verbindung mit Krateren oder Schlackenbergen stehen. 

Der grosse Lavastrom von Niedermendig, in dem die un- 
terirdischen Mühlsteinbrüche betrieben werden, ist bereits’ als 
ein solcher angeführt worden, dessen Verbindung mit einem 
Krater oder mit einem Schlackenberge nicht nachgewiesen wer- 
den kann. Auch die Lava auf der W.-Seite des Nastberges 
ist erwähnt worden. In den Schluchten S. vom Nickenicher 
Sattel tritt an zwei Stellen Lava auf, deren Herkunft nicht 
bekannt ist, so wie auch oberhalb Sibergs Muhle bei Ander- 
nach, und S. vom Krufter Ofen am Wege von Andernach nach 
Kruft. Die grösste Partie von Lava, welche von keinem Krater 


106 


oder Schlackenberge abgeleitet werden kann und in den mei- 
sten Beziehungen mit denen der Vorder-Eifel übereinstimmt, 
ist diejenige, welche W. von Wehr am Meirother Kopf, Manglib- 
cher Kopf und Difelder Stein eine ansehnliche Höhe erreicht. 
Zu den ganz zweifelhaften Lavavorkommen gehört dasjenige 
am Birkenkopf über Bassenheim mit hohen Rollschlacken be- 
deckt und dasjenige vom Brückstück bei Winningen, wo gegen- 
wärtig nur Lavablöcke bekannt sind. Schon der Lavastrom 
bei Bertrich im Uessthale muss zu den zweifelhaften gerechnet 
werden, weil die Stelle seines Ausbruches nicht mit Bestimmt- 
heit nachgewiesen werden kann. Ebenso verhält es sich aber 
noch mit der Lava in den Dachslöchern, an der Falkenlei, die 
mit Rollschlacken überaus hoch bedeckt ist, am Timmelbusch 
und mit den kleinen Lavapartien an der neuen Strasse von 
Bertrich nach Kenfus. Ein ungemein charakteristisches Vor- 
kommen eines Lavastromes, dessen Abkunft gar nicht zu er- 
klären ist, bietet die Hardt bei Mehren dar. Die Lava liegt 
als ein schmaler langgestreckter Zug auf der Höhe eines Tuff- 
berges,. dieselbe ist in senkrechte Pfeiler getheilt und die ober- 
sten Theile der Pfeiler zeigen den Uebergang aus Lava in 
Schlacken. Es ist in der Nähe gar kein höherer Schlacken- 
berg, noch weniger ein Krater vorhanden, welcher mit diesem 
Lavastrome in Verbindung gestanden haben könnte. Der hohe 
Rücken der Lielei zwischen Weiersbach und Uedersdorf be- 
steht aus Lava, die auf Devonschichten unmittelbar aufliegt, in 
der Nähe derselben in der Fläche von Uedersdorf liegen kleine 
Partien von Lava. Die Lava am Kollerknopp oder in der 
Steinkaul, hoch mit Rollschlacken bedeckt, ist auch zweifel- 
haften Ursprungs, ebenso wie die Lava an der Aarlei, N.W. 
von Uedersdorf, welche zwischen Tuffen gelagert ist. Ferner 
ist hier anzufüuhren die Lava auf dem Wehrbusch, der Warth, 
die’drei kleinen Punkte am Porscheid am Wege von Putzborn 
nach Niederstadtfeld, die Lava, auf welcher die Kirche von Neun- 
kirchen steht, vom Gossberge W. von Steinborn auf dem Geise- 
rich, der Lavarücken W. von Waldkönigen, welcher auf Tuff 
liegt, die Lava vom Schwamert, -Döhmberg, Kahlenberg und 
Zilsdorf, am Reinertsberge, von der Kyllerhöhe, dem Buch, 
Steinrausch, Burlich und $.-Abhange des Kyllerkopfes, von 
der Casselburg, Dietzerlei, Krökelberg und dem O. von letzte- 
ren gelegenen Hügel, vom Rossbusch, Luscheid, und dem 


107 


Strome nach Ober-Bettingen, der 8.0. gelegenen Kuppe, die 
Lava in der Schlucht S.W. von Dom, die Lava, auf welcher 
die Kirche von Dom steht, die beiden kleinen Stellen am Wege 
von Gerolstein nach Ober-Bettingen; ferner vom  Leikopf, 
Muhlköpfen, Birlshardt, Roderkopf, am Steinbuhl, Geisbusch 
und am: Goldberge bei Ormont,. der grosse Lavastrom von 
Kopp nach Birresborn. Recht auffallend ist es, dass in der 
Gegend von Ober- und Nieder-Bettingen, wo einige sehr aus- 
gezeichnete Lavaströme von Kuppen herab in die Thäler zie- 
hen, an den Kuppen keine Anhäufungen von Schlacken sicht- 
bar sind, sondern auch an denselben nur Lava auftritt. 

Die Kratere und die Schlackenberge, beide Formen mit 
und ohne Lavaströme, so wie auch die Lavaströme, deren Aus- 
bruchsstelle nicht bekannt und nicht durch Schlackenmassen 
bezeichnet ist, unterscheiden sich in keiner Weise, sie mögen 
in der Gruppe des Laacher Sees in unregelmässiger Vertheilung 
oder in der Vorder-Eifel in gradlinigen Zugen geordnet auftreten. 

Anders verhält es sich mit den Maaren oder Tuffkratern. 
In der Gruppe des Laacher See’s sind nur zwei, durch ihre 
Grösse sehr ausgezeichnete Formen dieser Art vorhanden, der 
Laacher See selbst und das Kesselthal von Wehr, während 
die Eifel eine grosse Anzahl von sehr viel kleineren Maaren 
und daher auch sehr mannichfach entwickelt darbietet. Der 
Laacher. See gehört zu den ganz geschlossenen und daher mit 
Wasser gefüllten Maaren. Der Wasserstand in demselben wird 
durch einen künstlichen Ablauf, durch einen Stollen, der den 
Rand an seiner niedrigsten Stelle durchschneidet, bedingt. Der 
Rand des See’s liegt grösstentheils ganz in der Nähe des Ufers 
und neigt sich mit steiler einfacher Böschung zu demselben, 
nur an einer Stelle entfernt er sich weiter von demselben, 
wo eine längere Schlucht von S. Fusse des Rotheberges nach 
dem See hinabzieht und auch die an dem ©. Abhange dieses 
Berges abfliessenden Schluchten aufnimmt. Die Grösse des 
Kesselthales, welches bis zu einer Höhe von 159 Fuss gegen- 
wärtig mit Wasser erfüllt ist, ergiebt sich daraus, dass die Höhen- 
linie des Randes in der Richtung von N. gegen $., wo der 
Abflussstollen mündet 820 Ruthen, in der Richtung der Spitze 
des Krufter Ofens von ©. gegen W. 920 Ruthen und von 
N.O. gegen S.W. nach dem Rotheberg 1120 Ruthen Durch- 


messer besitzt und einen Flächenraum von 3900 Morgen ein- 


108 


schliesst. Die Randlinie besitzt eine sehr verschiedene Höhe 
ganz abgesehen von den vier Krateren und Schlackenbergen, 
welche sich mit ihren Spitzen darüber erheben. Die niedrigste 
Stelle der Randlinie auf der $. Seite über dem Abflussstollen 
liegt über der tiefsten Stelle des Seebodens 257 Fuss hoch 
und die höchste auf der W. Seite am Wege von Laach nach 
Engeln 537 Fuss hoch, während sich die höchsten Kraterspitzen 
zwischen 607 und 883 Fuss über dasselbe Niveau erheben. 
Die Aussenseiten des Randes senken sich am steilsten  ge- 
gen S.O. nach dem Krater des Krufter Ofen, dessen Krater- 
boden nur 210 Ruthen vom Seeufer und dessen tiefster Punkt 
43 Fuss unter dem Seespiegel liegt. Der Laacher See wird 
hauptsächlich von einer weit verbreiteten Tuffablagerung um- 
geben, in der sich Schichten von Bimssteinen finden. Schlacken 
und Lava kommen an einzelnen Stellen und an den dem Rande 
aufgesetzten Krateren und Schlackenbergen vor. Die Schichten 
des devonischen Grundgebirges treten an dem inneren Abhange 
auf der W. Seite nur in geringer Ausdehnung, dagegen an der 
O.-Seitein grösserer Verbreitung an zweiStellen auf, an der einen 
vom Thon der Braunkohlenformation bedeckt. An der W. Seite 
des Sees tritt an zwei Stellen Löss auf, an der einen liegt 
derselbe auf dunkelem Tuff mit Schlackenstüucken, an der andern 
ist seine Unterlage nicht unmittelbar zu beobachten, aber wahr- 
scheinlich ruht hier der Löss den Devonschichten auf; er. ent- 
-hält hier kleine Geschiebe und Schlackenbrocken. In der Nähe 
liegen grosse Geschiebe von Devonschiefer und von Braun- _ 
kohlensandstein. Es ist ungemein wichtig hier an dem innern 
steilen Abhange des Kesselthales die frühere Oberfläche des 
devonischen Grundgebirges zu finden, wie dieselbe zur Zeit 
der Ablagerung des oligocänen Braunkohlengebirges und des 
sehr viel jüngeren Lösses bestanden hat. Der Löss hat hier be- 
reits Schlackentuffe .vorgefunden, sie bedeckt: und einzelne 
Stücke eingeschlossen, ‘ist aber von den mächtigen Tuffablage- 
rungen mit Bimsstein und Trachyt bedeckt worden. Auch die 
Andeutung der Geschiebebedeckung in der Nähe des Lösses 
ist zu beachten. Das Kesselthal von Wehr ist dadurch vom 
Laacher See verschieden, dass es einen natürlichen Abfluss in 
dem engen Thale des Wirrbachs ins Brohlthal nach Nieder- 
Zissen auf der N, Seite besitzt, und anstatt eines Sees einen 
ebenen, von sumpfigen Wiesen eingenommenen Boden. Auf 


109: 


der S. Seite von Wehr ziehen zwei tiefe Schluchten aus der 
Nähe des spitzen Tuffkegels der Kappigerley nach dem Kessel- 
thale und ebenso zwei Schluchten auf der W. Seite, welche 
von der Hoheley herabkommen und sich am Fusse des Difel- 
der Steins vereinigen und in einem engen Rinnsale den Ab- 
hang bis zur Thalfläche durchschneiden. Die Höhenlinie auf 
dem Rande des Kesselthales, mit Ausnahme der Oeffnung des 
Wirrbaches, hat von S.O. gegen N.W. einen Durchmesser von 
950 Ruthen, von S.W. gegen N.O. dagegen von 1170 Ruthen 
und schliesst einen Flächenraum von 4170 Morgen ein, wel- 
cher etwas grösser ist als die entsprechende Fläche vom Laa- 
cher See. 

Der tiefste Punkt des Kesselthales liegt 12 Fuss höher 
als der Spiegel des Laacher Sees. Die Randlinie besitzt, ab- 
gesehen von dem Einschnitte des Wirrbachs,. sehr verschiedene 
Höhen; am Wege von Wehr nach Glees liegt sie 147 Fuss 
und am Wege von Wehr nach Rieden zwischen Kappigerley 
und Difelder Stein 661 Fuss über dem tiefsten Punkte des 
Kesselthales. Zwischen dem westlichen Rande des Laacher 
Sees und dem östlichen Rande des’ Thales von Wehr zieht sich 
eine flache Mulde von der Kappigerley nach dem Rotheberg 
und von dessen Fusse eine Schlucht nach Glees herab, so dass 
die Höhenlinien, welche diese beiden Becken umziehen, sich 
nur bis auf 250 Ruthen nähern. Der grösste Theil des Kessel- 
thales von Wehr wird von sehr verschiedenartigen Tuffen um- 
geben, welche einer Seits mit denen des Laacher Sees unmit- 
telbar zusammenhängen, anderer Seits sich aber nach Bell, 
Volkesfeld und Kempenich hin verbreiten. Sie beginnen auf 
der rechten Seite des Wirrbaches auf der Höhe des Hütteber- 
ges, ziehen gegen S. bis an den Fuss des innern Abhanges 
und reichen um die OÖ. und $. Seite herum, auf der W. Seite 
bis über den Weg von Wehr nach dem Steinbergerhofe. Der 
N.W. Theil: des inneren Abhanges besteht ebenso wie beide 
_ Seiten des Wirrbaches aus dem Grundgebirge der devonischen 
Schichten. Auf dem Rande erhebt sich der Schlackenrücken 
des Dachsbüsch und die Lavamasse des- Meirotherkopfes und 
des Manglibcherkopfes, durch einen tiefen Einschnitt von der 
Lava des Difelder Steins getrennt. Der Boden des sumpfigen 
Kesselthales wird theilweise von grossen Ablagerungen von 
Eisenocker gebildet, welche durch die darin hervortretenden 


110 


vielen Sauerquellen abgesetzt worden sind und noch abgesetzt 
werden. . Die Entwickelung von Kohlensäuregas ist hier sehr 
bedeutend. Auch am Laacher See kommen Sauerquellen, theils 
unter dem Wasserspiegel, theils in dem Abflussstollen in der 
Nähe desselben vor, aber doch nicht in solcher Menge. Wenn 
von dem Vorkommen des Braunkohlengebirges und des Lösses, 
deren Verbreitungsbezirke nicht bis in die Gegend von Wehr 
reichen, abgesehen wird, so ist die Bildung des Laacher Sees 
und des Kesselthales von Wehr im Wesentlichen überein- 
stimmend. | 

Die Maare der Vorder-Eifel, welche mit einer vollständigen 
an keiner Stelle durchbrochenen Umwallung versehen und bis 
zu einer gewissen Höhe mit Wasser angefüllt sind, in dieser 
Form daher mit dem Laacher See übereinstimmen, sind: das 
Pulvermaar bei Gillenfeld, das Weinfelder- und Gemünder-Maar 
bei Daun. Der Durchmesser der Wasserflächen beträgt am Pul- 
vermaar 180 bis 195 Ruthen, am Weinfelder-Maar 100 bis 
142 Ruthen, am Gemünder-Maar 93 bis 109 Ruthen. Ob das 
Uelmer Maar in der Hohen-Eifel ebenfalls hierher zu rechnen 
ist, bleibt zweifelhaft; gegenwärtig findet ein Ablauf desselben 
durch den Maargraben in den Ollenbach statt, aber es ist nicht 
gewiss, ob derselbe natürlich oder durch Kunst hergestellt ist. 
Der Durchmesser des Uelmer Maars bei dem gegenwärtigen 
Ablaufe beträgt 136 bis 180 Ruthen. Ausser diesen geschlos- 
senen und mit Wasser gefüllten Maaren von mehr runder Form 
kommen noch einige ganz geschlossene, aber sehr kleine Maare 
vor, deren Boden mit Torf oder mit sumpfigen Wiesen erfüllt 
ist. ‘Zwei derselben liegen in der Nähe des Pulvermaars; das 
kreisrunde Strohner Maar auf dessen S. Seite und durch den 
Krater des Römersberges davon getrennt und das Rott, ein 
durch seine lang gestreckte Gestalt sehr ausgezeichnetes Maar 
auf der S.O.-Seite des Pulvermaars. Zwei andere liegen 8. 
von Udeler: das Dürremaarchen etwa von der Grösse und Ge- 
stalt des Strohner Maars und sehr nahe N.W. von demselben 
die Hitsche, die kleinste der überhaupt bekannten Maarformen 
der Vorder-Eifel. Diese Maare sind alle mit mehr und we- 
niger weit verbreiteten Tuffablagerungen umgeben und zwar 
wie am Laacher-See auf ihrem ganzen Umfange. Die Devon- 
schichten treten aber an dem inneren Abhange der grösseren 
vier Maare, an einzelnen Stellen am Pulver- und Weinfelder- 


111 


Maar, und auf grössere Erstreckungen am Gemüunder und Uel- 
mer Maar auf, während die kleineren Maare an ihrem niedrigen 
inneren Abhängen nur die Tuffablagerung wahrnehmen lassen. 
An dem inneren Abhange des Weinfelder Maares tritt auch 
eine Partie von Schlacken auf, die an das Vorkommen der 
Schlackenberge am Laacher See und am Wehrer Kesselthale 
erinnert. Der Römersberg liegt dem Pulvermaare zwar sehr 
nahe, ist doch aber durch eine Einsenkung von dessen Rande 
getrennt. 

Viel zahlreicher sind die Maare, deren Umwallung wie 
bei dem Kesselthal von Wehr durch ein Abflussthal unter- 
brochen ist, aus denen also ein abfallendes Thal hervortritt. 
Zu denselben gehören die Maare, deren Tuffränder mit den 
Tuffen um das Pulvermaar in unmittelbarem Zusammenhang 
stehen, wie das Risch, worin Immerath liegt, das Imme- 
rather Maar, das Tiefenbacher Maar, das Maar S.O. von El-. 
scheid, von Oberwinkel, von Niederwinkel. Ferner haben fol- 
gende Maare dieselbe Form: der Mürmesweiher bei Saxler, die 
Kratzheck S.O. von Mehren, das Doppelmaar von Schalken- 
mehren, von denen das untere einen See enthält; das Maar 
zwischen Hohe List und Pfennigsberg, das Maar von Eigelbach 
bei Kopp und in der Hohen Eifel das Doppelmaar von Boos, 
die Weiher- und Flurwiese bei Uelmen. Alle diese Maare 
stimmen darin mit dem Kesselthale von Wehr überein, dass 
das Abflussthal in das Grundgebirge der Devonschichten ein- 
geschnitten ist, die umgebende Tuffablagerung also wenigstens 
an einer Stelle eine Unterbrechung zeigt. Bei einigen dieser 
Maare in der Eifel ist die Unterbrechung der Tuffablagerung 
geringer als bei Wehr, bei anderen aber auch grösser. Diess 
geht so weit, dass bei einigen nur an einer Stelle des Randes 
eine grössere Partie von Tuff zurüuckgeblieben ist, oder kleinere 
Partien an mehreren Stellen. Zu den Maaren, wo die Tuffe 
nur sehr wenig unterbrochen sind, gehören die von Schalken- 
mehren und Boos; zu denen, wo nur eine grössere Tuffpartie 
vorhanden ist, die Kratzheck und das Maar von Eigelbach. 
Mehrere kleine Tuffpartien weist die Umgebung der Weiher-- 
und Flurwiese nach. Diejenigen Maare, welche nicht bloss 
einen Abfluss haben, sondern auch einen Zufluss besitzen, 
schliessen sich den vorhergehenden in manchen Beziehungen 
näher an; so ist der Zufluss des Meerfelder Maars nicht viel 


112 


bedeutender als die Schluchten bei Wehr, welche sich in das 
Kesselthal hinabziehen; das Mosbrucher Maar ist eigentlich nur 
gegen das vorbeiführende Uessthal geöffnet, ohne dass der 
Rand zweimal durchbrochen wäre. Mehr tritt die Trennung 
beim Duppacher Weiher und beim Holzmaar hervor, und beim 
Dreiser Weiher ist der Abfluss etwa durch ein Viertel des Um- 
fanges von dem Zuflusse getrennt. Zu den Maaren, die nur 
eine theilweise Umwallung haben, sind zu zählen: das Maar 
unterhalb des Wartgesberges auf der linken Seite der Alf, Sprink 
gegenüber, das Wahlsdorfer Maar, das Maar S. von Auel und 
die beiden Maare zwischen dem Wahlhauser und Kyllenberg 


O. von Steffeln. Als eine Form, welche zwischen den Krateren _ 


und den Maaren steht, kann der Kreuzberg bei Berenbach in 
der Hohen-Eifel angeführt werden. Es ist eine gegen O. offene 
Umwallung, welche aus mächtigen Tuffablagerungen besteht, 
die auch gegen W. der Oeffnung gegenüber in einer Einsen- 


kung des Walles die Unterlage der Devonschichten hervortreten 


lassen. Aus der Vertiefung zwischen dem Rande ’'geht das 
Abfallen gleichmässig nach dem Uessbach, so dass der Boden 
eines Maares fehlt. 

Ausser den Maaren kommen in der Vorder-Eifel kessel- 
förmige Thäler vor, die zwar mit vulkanischen Massen und 
Tuffablagerungen in Verbindung stehen, aber doch weder als 
Kratere, noch als Maare betrachtet werden können. Das Thal 
unter dem Wartgesberg ist bereits als eine intercolline Fläche 
bezeichnet und schliesst sich demselben zunächst das Kessel- 
 thal an, worin Uedersdorf liegt; die Mullischwiese bei Bertrich 
steht mit den Krateren zu beiden Seiten in einer aber nicht 
deutlich erkannten Verbindung. Den Maaren schliessen sich 
der Form nach näher an: die Thalerweiterung von Neunkirchen, 
- Steinborn, Waldkönigen und Gees; das Kesselthal unterhalb 
Hohenfels, oberhalb Pelm, oberhalb Berlingen, welches letztere _ 
mit den beiden weiten Wiesenthälern von Kirchweiler und von 
Hinterweiler zusammenhängt, das Kesselthal oberhalb Dock- 
weiler, nördlich vom Errensberg, nordöstlich vom Berteler 
(Scharteberg), oberhalb Essingen, südöstlich von Lamersdorf, 
zwischen Steffeln und Auel und bei Brück. 

Von diesen Formen bietet die Gruppe des Laacher Sees 


nichts Analoges dar und da in dieser die eigentlichen Maare 


auf zwei sehr grosse Formen beschränkt sind, so liegt wenig- 


113 


stens hierin der Beweis, dass die Vorder-Eifel ganz besonders 
ausgezeichnet ist durch Formen, welche an eigentliche Maare 
erinnern, wenn sie auch nicht alle Eigenschaften derselben 
darbieten,und dass diese Formen im Allgemeinen der Devonforma- 
tion fremd sind. Es bleibt nur noch daran zu erinnern, dass 
der mehr als halbkreisförmige Rücken des Gänsehalses, welcher 
im Gebiete des Laacher-Sees das Thal von Rieden umgiebt 
und in der ausgedehntesten Tuffpartie desselben sich erhebt, 
zwar durchaus keine Aehnlichkeit mit der Umwallung eines 
Maares hat, aber um so mehr mit der Thalrunde, in der Rockes- 
kyll zwischen dem Gippenberge und dem Kyllerkopfe in der 
grössten Tuffpartie der Vorder-Eifel liegt. Ebenso wenig die 
Ausbruchsstelle dieser beiden grossen Tuffablagerungen nach- 
gewiesen werden kann, ist auch die Oberflächenform derselben 
zu erklären. Aber ausser diesen beiden grossen Verbreitungen 
mächtiger Tuffschichten kommen noch viele kleinere Partien von 
Tuff in dem Theile des Gebietes des Laacher Sees, wo die Devon- 
schichten unmittelbar die Oberfläche bilden und nicht mit Löss 
bedeckt sind, ebenso wie in der Eifel vor, deren Herkunft 
nicht bekannt ist. In der Eifel finden sich mit denselben Tuff- 
berge, also mächtige Ablagerungen dieser geschichteten vulka- 
nischen Massen, deren Ausbruchsstellen unbekannt sind. 

Von allen diesen Gebilden verschieden sind aber dieje- 
nigen Tuffe, welche in dem Gebiete des Laacher Sees über 
dem Löss liegen und deren Verbreitung vom Laacher See aus 
weit gegen Ost uber den Rhein hinweg nach dem Westerwalde 
bis zur Lahn und in die Gegend von Marburg reicht. Ein 
grosser Theil dieser Tuffe besteht aus Bimssteinstucken, die 
aber ebenso wie alle anderen vulkanischen Tuffe in sehr dun- 
nen Schichten regelmässig übereinander gelagert sind und sich 
durch verschiedene Beschaffenheit von einander unterscheiden. 
Ueber den vorzugsweise aus Bimsstein bestehenden Schichten 
liegt aber noch eine Gruppe von grauen Tuffen, welche weni- 
ger Bimssteine, aber viele Bröckchen von Trachyt und Schlacken 
enthalten. Diese Tuffe, welche in dem Rheinbecken zwischen 
Andernach und Coblenz beinahe zusammenhängend verbreitet 
sind, werden je weiter nach Osten um so mehr in vereinzelten, 
kleineren, unzusammenhängenden Partien angetroffen. Aber wie 
. weit auch diese einzelnen Ablagerungen von einander getrennt 
sein mögen, so wird doch ihre Zusammengehörigkeit und ihr 
 Zeits. d. d. geol. Ges. XVII. 1. u 8 


114 


S 


gemeinsamer Ursprung an keiner Stelle zweifelhaft. Dadurch 
unterscheiden sie sich wesentlich von den einzelnen kleineren 
Tuffablagerungen im nordwestlichen und westlichen. Theile des 
Laacher See-Gebietes und in der ganzen Eifel, wo die einzel- 
nen Tuffpartien nur in wenigen Fällen und auf beschränkten 
Flächenräumen als zusammengehorig betrachtet werden können. 

‘Die Bimsstein- sowie ‘die grauen darüber liegenden Tuffe 
finden sich in den entfernteren Bezirken ihrer Verbreitung auf 
den Höhen, an den Abhängen der Thäler und auch auf den 
Sohlen der grösseren Thäler, wie im Rhein- und Moselthale. 
An diesen letzteren Ablagerungsstellen nehmen sie stellenweise 
eine eigene Form an, indem die Bimssteinstücke durch ein 
thoniges Bindemittel verbunden sind und die Schichten einen 
solchen Zusammenhalt gewinnen, dass sie zu Formsteinen ge- 
hauen werden können. Die dünnen Streifen von Thon, welche 


durch diese nahe horizontalen Schichten hindurch gehen, lassen 


keinen Zweifel, dass dieselben im Wasser abgelagert worden 
sind. Solche Ablagerungen finden sich in der Fläche des 
Rheinthales zwischen Neuwied und Schloss Engers, zwischen 
Sayn und Bendorf, in Horchheim, und oberhalb Rhens bei der 
verlassenen Bleihütte, im Moselthale in Dieblich und in Lay. 

Sehr verschieden von diesen Ablagerungen ist das vulka- 
nische Bimsstein-haltende Conglomerat, welches im Brohlthale 
und einigen Nebenthälern, wie in dem Thal des Heilbronn, 
von Tönnisstein und von Glees unter der Benennung Tuffstein 
bekannt ist und mit demjenigen ganz übereinstimmt, welches 
zwischen Plaidt, Kretz und Kruft unter einer starken Bedeckung 
von Bimsstein und grauen Tuffen gefunden und Duckstein ge- 
nannt wird. Dasselbe bildet zum Theil sehr mächtige unge- 
schichtete Ablagerungen, die aber mit regelmässigen und dün- 
nen Schichten wechseln. Die Lagerung des Tuffsteins im 
Brohlthale und in den benachbarten Thälern ist sehr eigen- 
thumlich und findet weder im Gebiete des Laacher Sees, noch 


in der Eifel eine Analogie. Das im Devonschiefer eingeschnit- 


tene und von steilen Abhängen eingefasste 'Thal ist bis zu 
einer gewissen Höhe mit Tuffstein erfüllt und in diesem ist 
das jetzige engere Thal von Neuem bald mitten im Tuffstein, 
bald zwischen demselben und dem Devonschiefer eingeschnitten. 
Die obere Fläche des Tuffsteins, welche in dem Thale eine 
Terrasse bildet, hat eine nur wenig grössere Neigung als das 


115 


Gefälle des gegenwärtigen Thäles beträgt. Die Verbreitung 
des Ducksteins zwischen Plaidt und Kruft ist der mächtigen 
Bedeckung wegen nicht bekannt.. Seine mineralogische Zu- 
sammensetzung ist derjenigen des Tuffsteins von Brohl ganz 
gleich. In der Eifel ist die Herkunft der Tufflagerungen in 
der unmittelbaren Umgebung der Kratere und der Maare sehr 
deutlich und bestimmt nachweisbar. Aber wo diese Formen 
fehlen, wo die Tuffe entweder nur mit Schlackenbergen, oder 

nur mit "Lavaströmen oder ganz ohne solche Produkte in ein- 
zelnen wenig mächtigen Partien oder in kuppenförmigen Ber- 
gen, welche sich über die Rücken und Hochflächen der devo- 
nischen Schichten erheben, auftreten, ist ihre Herkunft schwie- 
rig oder gar nicht zu erklären. 

In der Umgebung einzelner Mind finden sich getrennt 
von dem Tuffwalle derselben getrennte kleine Tuffpartien, 
welche auf den gemeinsamen Ursprung hinweisen. So liegen 
solche Partien auf-der W. und auf der O.-Seite des Meerfelder 
Maares, von dessen Rande 1200 Ruthen entfernt bei Meisburg 
auf dem Rucken zwischen der Salm und der Lohsalm, bei und 
in Manderscheid auf dem Rucken zwischen der kleinen Kyll 
und der Lieser 1000 Ruthen von dem Rande des Maares ent- 
fernt. ‚Da sich in erster Richtung der Tuff zusammenhängend 
vom Maare aus bis gegen den Abhang der Salm über Deudes- 
feld hinweg verbreitet, so lässt sich kaum bezweifeln, dass die 
Partie von Meisburg zu den Tuffen des Meerfelder Maares ge- 
hört. Dagegen ist der mit Schlacken zusammen vorkommende 
Tuff am Buerberge bei Schutz von dem Rande des Meerfelder 
Maars nur 860 Ruthen gegen N. entfernt, und doch muss sehr 
bezweifelt werden, dass er in irgend einer Beziehung zu diesem 
Maare steht. Aber seine Herkunft und seine Ausbruchsstelle 
ist durchaus unbekannt. Der Buerberg erhebt sich auf der 
linken Seite des Wallenborner Baches. Auf der rechten Seite 
desselben liegt an dem oberen Theile des Abhanges eine kleine, 
wenig mächtige Tuffpartie, also dem Meerfelder Maare noch 
etwas näher. 

Die vereinzelten Partien von Tuff, welche in der Nähe von 
Strotzbusch auf dem Rücken zwischen der Uess und dem Tiefen- 
bach liegen, nähern sich einer Seits der Mitte des Tiefenbacher 
Maars bis auf 400 Ruthen, entfernen sich aber anderer Seits 
um dis Doppelte von demselben und kommen dem Maare 


8* 


116 


unterhalb. des Wartgesberges bei Sprink näher. So wird es 
ungemein schwer sein zu entscheiden, von welcher Ausbruchs- 
stelle diese Tuffe herrühren. 

Auf der N.W.-Seite der nahe zusammenliegenden und von 
einem zusammenhängenden Tuffwalle umgebenen Maare, des 
Dürre Maarchen und der Hitsche, findet sich auf dem breiten 
Rücken zwischen der Alf und der Lieser 'eine kleine wenig 
mächtige Tuffpartie. Sie ist zwar nur 200 Ruthen von dem 
Dürre Maarchen und noch weniger von der Hitsche entfernt, 
aber bei der geringen Breite und der scharfen Grenze des Tuff- 
walles um beide Maare, bei den kleinen Dimensionen der- 
selben und dem gänzlichen Mangel an allen ähnlichen Tuffpar- 
tien in der Gegend wird es gewiss- für zweifelhaft gehalten - 
werden, ob dieser Tuff aus dem Durre Maarchen oder aus der 
Hitsche herrührt. Anderer Seits liegt derselbe aber in einer 
Entfernung von 800 Ruthen von den nächsten Tuffpartien 
zwischen Gillenfeld und Ehlscheid, auf der S.W.-Seite der Muür- 
meswiese und des Hasenberges bei Tritscheid entfernt. 

Bei den drei Dauner Maaren, deren Tuffauswürfe über- 
einandergreifen, könnte vorausgesetzt werden, dass sich gar 
keine Schwierigkeiten finden würden. Die Verhältnisse sind 
aber selbst mit Hinzunahme des vierten Maares am Pfennigs- 
berge keinesweges leicht verständlich. Die Tuffpartie der 
Hardt auf der N.-Seite der Hohe List und Alteburg auf der 
S.-Seite ist so wenig von derjenigen getrennt, in welcher 
die drei Maare liegen, dass an einen ursprünglichen Zusam- 
menhang gedacht werden möchte und dabei-ist die sehr ver- 
schiedene Verbreitung des Tuffes von den Ausbruchsstellen 
wieder ein wesentliches Hinderniss. 

Nicht sehr entfernt finden sich die beiden hohen Tuff- 
berge: der Hasenberg mit der niedrigeren Schlackenkuppe und 
dem Lava-Erguss der Deulkaule bei Tritscheid und die Aarlei 
mit einer eingelagerten Lavaplatte bei Uedersdorf, sowie die 
niedrigere Tuffpartie $S. von der Weberlei, welche nur durch 
den Thaleinschnitt der Lieser vom Hasenberge getrennt: ist. 
Diese nahe gelegenen Tufflager und -Partien können gewiss 
nicht auf die Ausbruchsstelle des kleinen Kraters der Weberlei 
bezogen werden;- vielleicht könnte nur die Partie, welche sich 
S. unmittelbar daran anschliesst, aus demselben abgeleitet wer- 


117 


den; dem widerspricht aber wieder die Zusammengehörigkeit 
derselben mit dem Hasenberge. 

Die Schlacken und Laven des Nerother Kopfes erheben 
sich auf einem breiten Rücken, dessen oberer Theil aus Tuff 
besteht, in geringerer Entfernung von demselben ziehen sich 
am Abhange zwei getrennte Tuffpartien nach Ober- Stadtfeld 
herab; eine dritte liegt in diesem Orte selbst auf der rechten 
Seite der Kl. Kyll. In der Nähe derselben zeigen sich noch 
zwei kleinere Partien an dem nördlichen tieferen Abhange des 
Porscheid zwischen Ober-Stadtfeld und Putzborn. Eine dritte 
grössere Partie zeigt sich in der Nähe dieses letzteres Ortes. 
Dieselbe fuhrt gegen O. nach dem Wehrbusch, welcher sich 
auf dem Rücken zwischen dem Puützborner Bache und der 
Lieser S. von Daun erhebt, wo Tuffe und Lava zusammen 
vorkommen. Die Entfernung dieser Tuffe beträgt 380 Ruthen. 
Auf demselben Rücken gegen N.W. vom Wehrbusch liegt die 
ausgedehntere Tuffpartie in der Nähe der Warth, an der Strasse 
von Daun nach Dockweiler. Diese Tuffpartie hat in den Ein- 
schlussen von tertiären Pflanzenabdrücken Aehnlichkeit mit dem 
Tuffe am Buerberge. Zwischen dem nördlichen Ende der 
grossen Tuffablagerung am Nerother Kopfe und dieser letzteren 
an der Warth erhebt sich aus dem Pützborner Thale zwischen 
Neunkirchen und Steinborn der mächtige Tuffrucken nach dem 
Riemerich und nach dem Gossberge. An dem nördlichen Ab- 
hange desselben auf der Held liegen die grossen Steinbruche, 
worin fest zusammenhaltende Tuffschichten gebrochen werden, 
welche hierin nur denjenigen vom Kyllenberge bei Auel ähn- 
lich sind. Dieser hohe Tuffrüucken ist nur durch die vom Ber- 
teler (Scharteberg) nach Steinborn hinabziehende Schlucht von 
dem niedrigeren und schmalen Rücken des Geiserich getrennt, 
über welchen die Strasse von Steinborn nach Kirchweiler führt. 
Derselbe ist ebenfalls mit Tuff bedeckt, welcher bis nahe an 
Steinborn ins Thal reicht und gegen W. beinahe mit dem 
Tuff zusammenhängt, aus welchem sich Berteler, Dungerheck 
und Errensberg erheben. | 

Zwischen Neroth, Gees und Büscheich liegen mehrere ver- 
einzelte Tuffpartien, von denen nur die westlichste sich am 
Abhange des Kröckelberges hinauf erstreckt und hier mit der 
Lava in Berührung tritt. Die übrigen sechs Partien stehen in 
keiner Verbindung mit anderen vulkanischen Massen und sind 


118. 


über einen Raum von O. gegen W. von 700 Ruthen Länge: 


und von $. gegen N. von 400 Ruthen Breite verbreitet. Eine 
derselben liegt am Bache oberhalb Neroth auf der rechten Seite 


im Wege nach Kirchweiler; zwei liegen auf der linken Seite 


des Baches, welcher nach Gees abfliesst, eine liegt auf der 
Höhe O. vom Wege von Gees nach Salm, zwei endlich an 
den Abhängen einer nach dem Michelbach abfallenden Schlucht. 
Die östlichste Partie liegt vom Tuffe des Nerother Kopfes 
340 Ruthen und die nördlichste von dem hohen Tuffrücken 
des Geeserberges 320 Ruthen entfernt. | 

Ein durch den steilen südlichen Abfall gegen das Lissin- 
ger Thal sehr ausgezeichneter Tuffrücken ist der Willersberg; 
feste zusammenhaltende Schichten bilden den steilen Abfall. 
Derselbe ist nur durch den Thaleinschnitt des Oosbachs von 
dem hohen Tuffberg des Schocken (an der Schütt) getrennt. 
An der Östseite des letzteren finden sich Schlacken und ein 
Lavastrom. Dieser Tuffberg ist durch eine flache Einsenkung 


vom Rother Himmerich und dieser durch eine grössere Ver- | 


tiefung von der grossen Ablagerung zwischen Roth und Nieder- 
Beitingen getrennt. Der hohe Rücken des Himmerich besteht 
aus Schlacken und Lava. 

Innerhalb der zuletzt angeführten Ablagerung erhebt sich 
die Lava des Luscheid, der Lavastrom nach on 
hin und eine kleine Lavamasse. | 

Sehr vereinzelt findet sich der Tuff an einen Lavastrom 
grenzend in der Schlucht, welche sich Dom gegenüber ins 
Kylithal mündet, die kleinen und wenig mächtigen Tuffpartien 


zwischen Lamersdorf und Bolsdorf, zwischen diesem Orte und 


Nieder-Bettingen, ferner in Verbindung mit Lava am Steinrausch 
und am Buch bei Hillesheim. \ 

| Der kegelförmige Katzberg bei Basberg besteht an der 
Spitze aus Tuff, der sich am Abhange gegen N.O. hinab erstreckt, 
und ist von der Tuffpartie getrennt, welche sich nach dem aus 
Lava gebildeten Leikopf erstreckt. 

Wenn auch der Stefflerberg, welcher ganz aus Tuff be- 
steht, sich unmittelbar aus dem Kesselthale zwischen Steffeln 
“und Auel erhebt, so wird doch-dadurch die kegelförmige Form 
des Berges nicht erläutert. 

 Getrennt liegt die Tuffpartie an dem Wege von Steffeln 
nach Schönefeld, weit von jedem anderen Tuffe entfernt die 


119 


Partie bei und in Schönfeld auf der linken Seite des Wirft- 
baches und endlich der hohe Tuffberg Goldberg bei Ormont, 
an dem sonst nur eine kleine Lavamasse bekannt ist. Mit die- 
sem ganz vereinzelten hohen Tuffberge bietet die meiste Aehn- 
“ lichkeit der Niveligsberg bei Drees in der Hohen -Eifel dar, 
welcher nur an der Spitze und an dem Abhange kleine Schlacken- 
massen zeigt; der Reinertsberg N.W. von Brück mit einem 
Lava-Erguss und der Rädersberg O. von Bruck, welcher ebenso 
wie eine kleine Partie $. von diesem Orte nur allein aus Tuff 
besteht. Zwischen dem Reinertsberge und dem nördlichen 
Tuffwall des Dreiser Weihers findet sich noch eine kleine 
isolirte Tuffpartie. 

Endlich sind noch die ganz kleinen Tuffpartien in der 
Umgegend von Uelmen zu erwähnen. Der Tuff, welcher zu- 
sammenhängend das Uelmer Maar umgiebt, verschwächt sich 
nach seinem äusseren Rande hin bis zum völligen Verschwin- 


den. Nur gegen N. am Rande der Weiherwiese ist die Grenze 


dieses Tuffes unsicher. Drei kleine Partien von Tuff liegen 
an dem rechten Abhange der Uess zwischen Meiserich und 
Schönbach, eine in der Nähe von Meiserieh auf der linken 
Seite der Uess am Wege nach Uelmen. Die anderen liegen 
am inneren Abhange des grossen Kesselthales der Weiher- und 
Flurwiese, zwei auf der W.-Seite in der Nähe der Strasse von 
Uelmen nach Berenbach, zwei auf der O.-Seite am Fusswege 
‘von Uelmen nach Hausen am Finkler und am Neuen Hof, die 
letzte entferntere auf der N.O.-Seite am Wege nach Köttrichen. So 
klein diese Partien auch im Verhältniss zu dem Umfange des 
Kesselthales erscheinen, so sind dieselben ihrer Lage nach 
doch nur auf diese Ausbruchsstelle und nicht auf das Uelmer 
Maar zu beziehen. Diejenigen, welche am Abhange des Uess- 
thales liegen und dem Uelmer Maare sich mehr nähern als der 
Mitte der Weiher- und Flurwiese, bleiben dagegen zweifelhaft. 


Beschaffenheit der vulkanischen Produkte. 


Die Schlacken und die Laven beider Gegenden sind ein- 
ander gleich, während die Tuffe in der Gruppe des Laacher 
Sees eine grosse Mannigfaltigkeit darbieten, theils mit den 
gleichartigen Tuffen der Eifel übereinstimmen, theils von den- 
selben sehr verschieden sind. 

Diejenigen Tuffe, welche mit Krateren zusammenhängen 


120 _ 


und in der Gruppe des Laacher Sees entschieden als die älte- 
ren, vor dem Absatze des Löss ausgeworfen worden sind, 
stimmen mit den Tuffen der Eifel überein; während die Tuffe 
in dem ersten Gebiete, welche jünger und erst nach dem Ab- 


satze des Löss abgelagert worden sind, sich davon unterschei- ' 


den und unter sich selbst noch wesentliche Verschiedenheiten 
darbieten. Dieselben wechseln übrigens auch stellenweise in 
Schichten mit solchen Tuffen ab, welche den älteren und also 
auch denen der Eifel gleich sind. | 

Mit dem’ Namen Tuff sind hier alle diejenigen Massen 
bezeichnet, welche in regelmässigen Schichten gelagert gefun- 
den werden und zum Theil ganz bestimmt aus eigentlichen 
Krateren und aus den Maaren ausgeworfen worden sind, und 
dann alle diejenigen geschichteten aus denselben Materialien 
bestehenden Massen, welche ihrer Zusammensetzung nach mit 
den vorhergehenden übereinstimmen, wenn auch ihre Herkunft, 
die Stelle ihres Ausbruches nicht nachgewiesen werden kann. 

Die Schlacken lassen sich in Wurfschlacken und in Roll- 
schlacken unterscheiden. Dieselben setzen die Kraterränder 
oder die abgestumpften Kegel zusammen, in welche die Kra- 
ter eingesenkt sind, selten allein, gewöhnlich in Verbindung 
mit Lavastreifen. Sie zeigen Andeutungen einer rohen Schich- 
tung. Die Wurfschlacken sind theils rundliche, concentrisch 
um einen fremdartigen Kern geordnete, dichtere und porösere 
Massen (Bomben oder Auswürflinge), theils tauförmig gedrehte 


und gewundene Gestalten, auch scheibenförmige Formen, die 


beim Auffallen entstanden sind. Die Wurfschlacken gehen bei 
Abnahme der Grösse ganz in das Material der Schlackentuffe 
über, die Bomben oder Auswürflinge in die Rapillen, von der 
Grösse der Schrotkörner oder Erbsen bis zu der von Kartoffeln 
oder einer Faust. Bei der gleichen Bildungsweise dieser Mas- 
sen besteht der wesentliche Unterschied nur in der grösseren 
oder geringeren Entfernung von der Ausbruchsstelle und in der 


dadurch bedingten gleichförmigeren oder mehr verschwindenden _ 


Schichtung. Die Rollschlacken, welche sich als erstarrende 


Schollen auf der Oberfläche der fliessenden Laven bilden und 
am vorderen Ende derselben herabfallen und auf diese Weise. 


auch als deren Unterlage erscheinen, sind nicht immer leicht 
von den gedrehten und scheibenförmigen Wurfschlacken zu 
unterscheiden. 


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121 


' Die Laven in den Kraterrändern treten als zusammen- 
hängende Streifen eines blasigen, porösen oder auch dichteren 
Gesteins auf, welche von einander durch Rollschlacken und 
Wurfschlacken getrennt sind. ‘In mächtigeren Ergüssen und in 
eigentlichen Strömen bei grösserer Stärke zeigen sie sogleich 
senkrechte, pfeilerförmige, wenn auch unregelmässige Abson- 
derungen. Der obere Theil der Pfeiler zeigt bisweilen noch 
den Uebergang in Schlacken, als der ursprünglichen Oberfläche 
des Stromes, während der tiefere Theil aus einem gleichmäs- 
sig porösen oder‘ auch aus einem kleinrissigen und dichteren 
Gesteine besteht. Nur an wenigen Stellen bei längeren Lava- 
strömen wird die Absonderung regelmässiger, in dunne grad- 
Hächige Pfeiler (Säulen) bei einem nahe dichten, mit kleinen 
rissigen Höhlungen versehenen Gestein. Diese schlanken Pfei- 
ler sind besonders ausgezeichnet in der Lava an der linken 
Seite der Nette bei der chemischen Fabrik von Münzel nahe 
bei Mayen, bei Bertrich im Uesthale besonders am Dennereck 
und in der Käsegrotte, wo dieselben eine horizontale Quer- 
theilung zeigen, bei Sarresdorf unterhalb Gerolstein an der rech- 
ten Seite der Kyll und bei Zilsdorf. 

Die Zusammengehörigkeit der Schlacken und Laven und 
eines Theiles der Tuffe, sowie die Uebereinstimmung derselben 
in der Gruppe des 'Laacher Sees und in der Eifel zeigt sich 
aber nicht allein in dieser Entwickelung, sondern auch in der 
mineralogischen Zusammensetzung. Diese ist besonders in den 
einzelnen ausgeschiedenen Mineralien zu erkennen, denn die 
Grundmasse ist kaum dazu geeignet, die sie bildenden Minera- 
lien unterscheiden zu lassen. Dieselbe erscheint entweder ganz 
dicht, oder so fein krystallinisch, dass die Gemengtheile nicht 
zu erkennen sind. In einem Theile der Laven des Laacher 
See-Gebietes lasst sich an den Wänden der kleinen Höhlungen 
Nephelin in kleinen Krystallen erkennen, welche aus der 
Grundmasse mit ihren Enden hinein zu ragen scheinen. Da- 
rauf ist der Unterschied von Nephelin-Lava und Basalt-Lava 
begründet worden, da sich in anderen Laven dieses Mineral 
bisher nicht hat wahrnehmen lassen. Es ist indessen zweifel- 
haft, ob die Zusammensetzung beider dennoch nicht dieselbe 
ist und der Nephelin, wenn auch nicht wahrnehmbar in die- 
sen letzteren enthalten ist. Chemische Analysen der sogenann- 
ten Basalt-Laven aus beiden Gebieten fehlen noch, durch welche 


122 


diese Frage wenigstens annähernd, vielleicht auch bestimmt 
entschieden werden könnte. Ein wesentlicher Unterschied zwi- 
schen der Gruppe des Laacher Sees und der Eifel liegt aber 
in dieser Beziehung nicht vor, da auch in einem Theil der 
Eiferler Lava Nephelin erkannt worden ist und also auch in 
der Eifel beide Arten der Laven vorkommen wurden, wenn 
sich eine Verschiedenheit derselben herausstellen sollte. 

Zu der Nephelin-Lava gehört im Gebiete des Laacher 
Sees die Lava vom Bellenberge nach der oberen Reifs-Mühle, 
am Winfeld bei Ettringen und bei Cottenheim, von Nieder- 
mendig, am Hochsimmer‘im Steinbruche des Grafen von Re- 
nesse, auf der Ostseite der Wannen nach der Nette hin, von 
Plaidter Hummerich nach Hochsmuüuhle an der Nette, am Kor- 
retsberg, bei Bassenheim am 0. Fusse des Camillenberges, 
am Brückstück bei Winningen, am Fusse des Nastberges, und 
am S. Fusse des Herchenberges beim Beunerhofe. Diese letz- 
tere zeichnet sich vor allen anderen dadurch aus, dass sie 
auch Melilith, wie das Gestein vom Capo di bove bei Rom 
enthält. 

In der Vorder-Eifel gehören der Nephelin-Lava die nach- 
stehenden an: die Lava von der Aarlei und von der Lielei bei 
Uedersdorf, von der Hardt bei Mehren, von den Leien am 
Firmerich bei Daun, von Dockweiler, vom Schwamert, Döhm, 
vom Beuelchen in Kirchweiler, von der N.O.-Seite des Ber- 
teler (Scharteberg) und vom Wehrbusch bei Daun. 

Noch ist hier das Vorkommen von Analcimkrystallen in 
den Drusen der Lava von der Alteburg zu erwähnen. 

Bei der Ungewissheit, welche in Bezug auf die Beschaffen- 
heit der Laven überhaupt in beiden Gebieten statt findet, lässt 
sich nicht beurtheilen, wie sich die Häufigkeit der einen oder 
der anderen Art darin verhält. Nur das deutlichere, leichter 
erkennbare Vorkommen von Nephelin in den Laven findet sich 
öfter im Gebiete des Laacher Sees als in der Eifel, obgleich 
dasselbe in beiden Gegenden bisher an gleich vielen Stellen 
überhaupt erkannt worden ist. 

Am häufigsten findet sich überhaupt in allen diesen La- 
ven: Augit, Olivin und schwarzer (Magnesia) Glimmer. Der 
Augit ist im Allgemeinen häufiger in den Basalt-Laven, als in 
den ‘Nephelinlaven, obgleich es auch hier Ausnahmen giebt, 
wie die Lava von Dockweiler, welche ungemein viele Augite 


123 


enthält und doch den Nephelin in kleinen Höhlungen erkennen 
lässt. Der Olivin ist gewöhnlich in geringerer Menge und in 
kleineren Körnern vorhanden als der Augit und verschwindet 
in einigen Laven ganz Der Glimmer kommt noch weniger 
vor und fehlt in vielen Laven der Eifel. Der Augit bildet 
grösstentheils unregelmässig begrenzte Partien, seltener be- 
stimmt begrenzte Krystalle; diese kommen beim Olivin nur 
einmal am Forstberge vor, besonders in den am N.O.-Fusse 
zerstreuten Blöcken; der Glimmer bildet Tafeln von sechssei- | 
tigem Umriss mit abgerundeien Ecken. 

Zu den Laven, welche sehr viel Augit enthalten, gehören 
im Gebiete des Laacher ‘Sees: diejenige von der Mauerlei am 
Veitskopfe, vom Bausenberg, von der Seelswiese zwischen 
Forstberg und Hochsimmer, von der Rauschenmühle, von Saffıg 
und vom Birkenkopfe; in der Vorder-Eifel: diejenige von den 
Leien am Firmerich, auf der W.-Seite des Berteler (Scharte- 
berg), am Beuelchen in Kirchweiler, in der Schlucht oberhalb 
Essingen, am Buch bei Hillesheim, bei Berlingen, an der Birls- 
hardt bei Oberbettingen, vom Leikopfe, und an dem unteren 
Ende des Stromes vom Kalemberge zunächst bei Lissingen. 

Ausgebildete Krystalle von Augit sind bemerkt worden in 
der Lava am Veitskopfe nach dem Laacher See hin, von den 
Leien am Firmerich, bei Dockweiler, vom Feuerberge, zwi- 
schen dem Kahlenberge und dem Ohrenberge an dem alten 
Wege von Daun nach Hillesheim und am Steinbuhl N. von 
Auel. 

Zu den Laven, welche reich an Olivin sind, zählen die 
Laven von der Rauschenmuhle, von Hochsimmer, von Sarres- 
dorf (Strom der Hagelskaule bei Gerolstein), im Horngraben 
am Mosenberge und am Gossberge W. von Steinborn und in 
der Hohen-Eifel am Wandelsknipp bei Boos. 

Ausgezeichnet ist der Glimmer durch die Grösse der Ta- 
feln in der Lava vom Veitskopfe nach dem Laacher See hin, 
am Krufter Ofen (Stöckershöhe) nach dem Laacher See hin, 
zwischen Volkesfeld und dem Norberge, während derselbe in 
den folgenden Laven selten auftritt: an der Siebergs Muhle 
bei Andernach, in der Schlucht zwischen dem Nickenicher 
Sattel und Hummerich, an der Teufelsburg bei Ober-Hecken- 
bach, an dem unteren Ende des Stroms bei Fornich, am Hoch- 
simmer im Steinbruche des Grafen von Renesse, am Sacken- 


124 


heimer Hofe bis zum Verschwinden, bei Bertrich, vom Fels- 


berge, bei Dockweiler bis zum Verschwinden, in der Hohen- 


Eifel in der Riesenmauer bei Utzerath. 

Als ein seltenes Vorkommen verdient hier die Hornblende 
neben dem Augit in der Lava des Bellenberges bei Mayen, bei 
Bassenheim am O.-Fusse des Camillenberges und am Reinerts- 
berge bei Brück angeführt zu werden. Je einfacher hiernach 
der Gehalt der Laven dieser beiden Gegenden an einfachen 
Mineralien und an Einschlüssen fremdartiger Gebirgsarten ist, 
um so überraschender ist die Mannigfaltigkeit, welche die La- 
ven von Niedermendig und noch mehr von Mayen an einge- 
schlossenen Mineralien und an fremdartigen Gebirgsarten zei- 
gen. Die Lava von Niedermendig liegt dem Laacher See so 
nahe, dass sie in dieser Beziehung besondere Aufmerksamkeit 
erregt, und dass an eine gewisse Verbindung in dem Auftreten 
gewisser Mineralien in dieser Lava und in den Tuffen, welche 
den See umgeben, zu.denken wäre, während die aus dem Kra- 
ter des Bellenberges nach Mayen geflossene Lava doch schon 
eine Meile von der Mitte des Sees entfernt ist und viele den- 
selben nähere Kratere ganz einfache Laven geliefert haben. 

Diejenigen einfachen Mineralien, welche in diesen beiden 
Laven ausser Nephelin, Augit, Olivin und Glimmer öfter oder 
als Seltenheit gefunden worden sind, bestehen in: Sanidin, 
Hauyn, Zirkon, Sapphir, Granat, Magneteisen. In der Lava 
von Niedermendig kommt dann noch vor: Leueit, und in der 
von Mayen: Hyacinth, Smaragd, Spinell, Magnetkies. Horn- 
blende, welche in dieser letzteren vorhanden ist, kann nicht 
mit Bestimmtheit von Niedermendig angeführt werden. 

Zu den fremdartigen Einschlüssen, welche mit den Ge- 
birgsarten aufzuzählen sind, gehört vor allen anderen der Quarz. 
' Derselbe rührt wohl aus den vielen Quarzgängen oder Massen 
her, welche in den devonischen Schichten dieser Gegend so 
sehr häufig vorkommen und die sich in der Lava von Mayen 
häwfiger, in der von Niedermendig seltener mit dem Quarz zu- 


sammenfinden. In der Mayener Lava ist auch einmal ein Quarz- 


stück aus einem Kupfererzgange mit Kupferglanz, Buntkupfer- 


erz und Kieselkupfer vorgekommen, obgleich in der Nähe von. 


Mayen kein solcher Gang in den devonischen Schichten be- 
kannt ist. Zu den fremdartigen Einschlussen, die in der Lava 
von Niedermendig fehlen und dagegen bei Mayen, ganz beson- 


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125 


ders aber in der Lava auf dem Winfelde häufig in grossen 
Stücken vorkommen, gehört dichter Kalkstein von eigenthum- 
lichem Ansehen. In den Einschlüssen krystallinischer Silikat- 
gesteine scheint bei Niedermendig eine ‚grössere Mannigfaltig- 
keit zu herrschen als bei Mayen, dort sehen sie dem Granit, 
Gneis, Syenit, Hornblende- und krystallinischen Feldspathgestei- 
nen ähnlich, hier nur diesen letzteren und dem Glimmerschiefer. 

Zu den Mineralien, welche in den Poren und Drusenräu- 
men dieser Lava vorkommen, gehört ganz besonders ein grü- 
nes in ganz feinen Nadeln krystallisirendes Mineral, dessen 
mineralogische Bestimmung eben deshalb noch nicht mit völli- 
ger Gewissheit erfolgt ist. Dasselbe wird gewöhnlich für Augit 
gehalten und ist Porricin genannt worden. Es ist nicht blos 
in diesen beiden Laven, sondern auch in den übrigen Laven und 
in den Schlacken ziemlich häufig. Ausser diesem Porriein ist 
ist in den Drusen der Lava von Mayen gefunden worden: 
Mesotyp, Natrolith, Aragon und Gyps. 

Der grosse Reichthum an Mineralien und Gebirgsarten, 
welche in diesen beiden Laven in Vergleich zu allen übrigen 
Laven in dem Gebiete des Laacher Sees und der Eifel bisher 
bekannt ‚geworden ist, findet zum Theil seinen Grund in dem 
sehr lebhaften Steinbruchsbetriebe, welcher in denselben statt- 
findet und durch welchen alle diese Funde gemacht worden 
- sind. Kein anderer der vorhandenen Lavaströme wird in die- 
ser Gegend in solcher Weise bearbeitet; alle übrigen Stein- 
brüche sind unbedeutend im Vergleich zu denen von Nieder- 
mendig und Mayen. 

Aber es ist immer bemerkenswerth, dass in den Stein- 
brüchen in der Lava auf der Ostseite der Wannen an dem 
Wege von Ochtendung nach Plaidt, im Wirzenwäldchen, am 
Fusse des Nastberges auch nicht ein einziges Stück Hauyn 
gefunden oder zur öffentlichen Kenntniss gekommen ist. Die 
grössere Zahl von Mineralien, welche von Mayen im Vergleich 
zu der von Niedermendig bekannt ist, möchte theilweise dem 
Eifer zuzuschreiben sein, mit welchem der für die minera- 
logische und geologische Kenntniss dieser. Gegend leider 
zu früh verstorbene Kataster-Kontroleur CLoutH in Mayen 
hier gesammelt hat; denn ihm allein ist die Kenntniss der- 
jenigen Mineralien zu verdanken, welche aus der Mayener 
Lava bekannt sind und in Niedermendig bisher noch fehlen. 


126 


Hier mögen nun noch die wenigen Vorkommnisse aus an- 
deren Laven angeführt werden, welche bis jetzt bekannt sind: 
Einschlüsse von Sanidin in der Lava vom Herchenberge und 
von Bassenheim, von Magneteisen in der Lava von Wehrbusch, 
in der auch vielleicht der Sanidin als ein wesentlicher Be- 
standtheil der Grundmasse auftritt; Einschlüsse von Devon- 
schiefer und Devonsandstein (Grauwacke) in der Lava der 
Teufelsburg bei Ober-Heckenbach und auch ausserdem von Quarz 
in der Lava der Leien am Firmerich; Einschlüsse von granit- 
artigem Feldspathgesteine in der Lava der Teufelsburg und 
von Bassenheim. Nicht selten sind Einschlüsse eines matt- 
rothen Minerals in tafelförmigen Bruchstücken von einfach 
blättrigem Bruche, welche hartgebranntem Thonschiefer gar 
nicht unähnlich sehen und die in den Schlacken viel .häu- 
figer auftreten und hier auch den Uebergang in Thonschiefer 
mehrfach wahrnehmen lassen. Da eine chemische Analyse 
dieses Minerals noch fehlt, so ist ein bestimmtes Urtheil über 
dasselbe noch zurückzuhalten. Hier mögen nur einzelne von 
den vielen Laven genannt werden, in denen dieses rothe Mi- 
neral stellenweise recht häufig vorkommt: in der Lava auf der 
Ostseite der Wannen am Wege von Ochtendung nach Plaidt, 
auf der Nordseite des Berteler (Schartebergs), der Leien am 
Firmerich, am Lochert bei Hohenfels, und der Hardt bei 
Mehren. 

Ein anderes Vorkommen ist ganz besonders ausgezeichnet 
in der Lava von Bertrich, vorzüglich an der Mullischwiese; | 
dasselbe besteht in Ueberzügen rundlicher Blasenräume oder 
in kleinen Körnern eines dichten, schwarzen, glasartigen Mi- 
nerals, welches porös wird, dann in dunneren Wänden eine 
grune Farbe annimmt und schaumartig blasig weiss erscheint. 
Porricin tritt in den Laven der Eifel am Wehrbusch und am 
Feuerberge auf. 

Wenn in den Laven von den de Mineralien: Aus Olivin 
und Glimmer der letztere im Allgemeinen entschieden zurück- 
tritt, so ist dies in den Schlacken nicht der Fall, im Gegen- 
theil findet sich derselbe wohl beinahe in allen Schlacken und 
in den meisten recht häufig, dagegen tritt der Olivin in den- 
selben gegen die beiden anderen Mineralien zurück. Unter 
den Schlacken zeichnen sich durch viele und grosse Glimmer- 
tafeln folgende aus: in der Gruppe des Laacher Sees vom 


127 


Schörchen, vom Herchenberg, vom Kollert, vom Tönchesberg, 
und in der Eifel vom Errensberg, vom Firmerich und von der 
Weisslei bei Hohenfels. Augit in Krystallen zeigen die Schlacken 
vom Schörchen, vom Bausenberg, am N.O. Abhange des Forst- 
berges und hier wie wohl seltener Krystalle von Olivin. 

Mit Augit zusammen kommt Hornblende vor: am Rothe- 
berg in den Wannen, und am Wollmerather Kopf. Sanidin 
ist darin gefunden am Nastberg, Dachsbusch, kl. Wannen, 
zwischen dem Rotheberg und der Nette, an der Falkenlei bei 
Bertrich, an der Deulkaul am Hasenberge, und an der Papen- 
kaule bei Gerolstein. 

Von fremdartigen Einschlüssen sind ganz besonders Stücke 
von Schiefer und Sandstein aus den Devonschichten des all- 
gemein verbreiteten Grundgebirges dieser Vulkane anzuführen. 
Dieselben sind häufiger als Quarzstücke. Diese letzteren fin- 
den sich besonders in den Schlacken am Bellenberge, Kor- 
retsberg, an den kl. Wannen, zwischen dem Rotheberg und 
der Nette, im Wirzenwäldchen und am Birkenkopfe, hier und 
an den kl. Wannen wohl in der Form von Quarzgeschieben; 
ferner an der Falkenlei, am Wollmerather Kopf, an der We- 
berlei und an der Deulkaul. Schiefer und Sandsteinbruchstücke 
finden sich ausserdem noch am Rotheberg bei Laach, Nast- 
berg, Dachsbusch, Tönchesberg, Rotheberg in den Wannen 
und Oamillenberg, dann an der Falkenlei; Stücke von De- 
vonsandstein (Grauwacke) mit einem dünnen glasartigen oder 
emailartigen Ueberzuge sind an der Weberlei, Deulkaul, Weisslei 
bei Hohenfels, Papenkaule, am Mosenberge und in der Hohen- 
‚Eifel am Wandelsknipp ungemein häufig und am Westende des 
Schnieberges bei Boos und endlich am Roderberge bei Meh- 
lem am Rhein. Diese Ueberzuge finden sich nur auf Sand- 
stein- und niemals auf Schieferstücken, welche in den Schlacken 
eingeschlossen sind. Es hängt dies offenbar von der Beschaf- 
fenheit und chemischen Zusammensetzung des Sandsteins (Grau- 
wacke) und des Schiefers ab. $ 

Das rothe Mineral, dessen Vorkommen bereits weiter oben 
bei den Laven erwähnt worden ist, findet sich auch in den 
Schlacken, ziemlich häufig in den Steinbrüchen an den 
Wannen und am Camillenberge. | 

Am Tönchesberge ist das Vorkommen von Stücken hart- 
gebrannten 'Thons der Braunkohlenformation in den Schlacken 


128 


zu erwähnen, und am Bellenberge von Kalksteinstücken, welche 
denjenigen in der Lava am Winfelde ähnlich sind. 

An krystallinischen, feldspathhaltenden Gebirgsarten finden 
sich als Einschlüsse in den Schlacken: Hornblendegestein am 
Bellenberge, gneisartige Gesteine am gr. Wannen, ebenso am 
Camillenberge, in überaus grosser Menge in dem Steinbruche 
im Oberholz an dem nördlichen Abhange dieses Berges, an 
der Falkenlei und Weberlei; Feldspath mit Glimmer und Horn- 
blende und Glimmerschiefer am Wollmerather Kopfe. 

In den Schlacken der Falkenlei kommen die schwarzen 
glasartigen Körner in eben der Weise wie in der Lava des 
Stromes von Bertrich vor. £ 

Ein Mineral, welches in den Laven bisher nicht gefunden 
worden ist und in den Schlacken als Ueberzug der Höhlungen 
oder lose in denselben liegend, stellenweise recht häufig auf- 
tritt ist der Eisenglanz. Derselbe findet sich an dem Korrets- 
berge am Abhange nach Kruft, am nördlichen Eiterkopfe und 
ganz besonders am Rotheberge in den Wannen, hier in zwei 
Formen: als dünner Ueberzug und in grösseren Blättchen mit 
eigenthümlicher Zwillingsverwachsung, zwischen dem Rothe- 
berg und der Nette, am Camillenberge, an der Strohnermühle 
am Rande der Alf und am Roderberge bei Mehlem. Mit dem 
Eisenglanze zusammen kommen am Korretsberge kleinere und 
grössere Krystalle von Breislakit, eine Varietät vom Augit, am 


Rotheberg gelber Glimmer, Apatit und Titanit, am Camillen- _ 


berge kleine gelbe Krystalle und zwar auf dem Eisenglanze 
sitzend vor. Der Eisenglanz tritt als eine spätere Bildung in 
-den Schlacken, als Produkt von Fumarolen auf, welche .auf 
Klüften die Masse derselben durchzogen haben. 

Die Tuffe, welche in beiden Gebieten mit einander über- 
einstimmen, zeichnen sich durch grosse Mengen von Augit und 
von Glimmer aus, während Olivin nur an wenigen Punkten 
und ebenso auch Hornblende seltener in denselben vorkommt. 
Die Schlacken, welche dieselben in einzelnen Schichten haupt- 
sächlich zusammensetzen, sind theils von poröser, blasiger Be- 
schaffenheit und von sehr verschiedener Form und Grösse, ge- 
wöhnlich klein und nur mit einzelnen grösseren Stücken hier 
und da gemengt, theils bestehen dieselben aus dichten eoncen- 
trischen Lagen einer von den Laven nicht verschiedenen Ge- 
birgsart in knolliger Gestalt. Diese Auswürflinge sind bis- 


129 


weilen so klein, dass sie wegen des geringen Durchmessers 
der Körner als „vulkanischer Sand“ bezeichnet worden sind, 
theils nimmt ihre Grösse bis zu der einer Faust zu, einzelne 
grössere Knollen finden sich darunter. Diese ‚Schlacken des 
Tuffes sowohl die porösen als die dichten sind ihrer Zusammen- 
setzung nach den so eben betrachteten gleich. Am häufigsten 
sind sie lose, ohne Zusammenhalt, nur an wenigen Stellen 
ausnahmsweise haften sie aneinander und bilden festere Lagen, 
welche zu Bau- und Werksteinen benutzt werden können. In 
den meisten dieser Tuffe findet sich eine sehr grosse Menge 
kleiner Stücke von den Schichten des devonischen Grundge- 
birges, theils Schiefer, theils Sandstein; die Schieferstücke bil- 
den Schülfer, von der Gestalt einer Linse, in der Mitte dicker 
als am Rande und dieser zeigt einen unregelmässig runden 
Umriss. Die Sandsteinstucke zeigen sich dagegen als kleine 
Knörpel von unregelmässig abgerundeter, kubischer Form. 
Einzelne grössere Stücke dieser Gesteine, die bisweilen ihrer 
Grösse wegen als Blöcke bezeichnet werden, kommen hier 
und da vor. Einzelne Schichten, gewöhnlich von der Stärke 
einiger Zolle bestehen aus einer steinartigen dichten Masse, 
aus staubartigen Theilen zusammengesetzt, und wechseln beinahe 
überall mit den so eben angeführten Massen ab.‘ Sie haben 
helle, graue, gelbliche, bräunliche, auch wohl röthliche Farben 
uud einen etwas grösseren Zusammenhalt; sie enthalten Augit 
und Glimmer, wie die anderen auch einzelne Schlacken-, Schie- 
fer- und Sandsteinstücke. 

In der Eifel, wo die Tuffe auf dem Kalkstein der mittle- 
ren Abtheilung des Devon (Eifelkalkstein) und auf Buntsand- 
stein aufliegen, kommen auch Stücke dieses Kalksteins und 
des damit verbundenen Dolomits, so wie von Buntsandstein 
und Schieferletten darin vor. In der. Umgebung des Laacher 
Sees, wo diese letzten Gebirgsformationen fehlen, ist auch in 
den Tuffen kein Stuck derselben zu finden. 

Ebenso wie in den Schlacken finden sich auch in diesen 
Tuffen einzelne Stücke von Sanidin und von Gebirgsarten, 
welche den krystallinischen Silikatgesteinen ähnlich sehen. 

Die Tuffe, welche unter Lavaströmen liegen, bestehen 
wesentlich aus Schlacken mit Augit, Glimmer und Stücken von 
devonischen Gesteinen. So zeigen sich die Tuffe im Gebiete 


des Laacher Sees unter dem der Lava am S. Arme des Kra- 
Zeiis.d.d.geol. Ges. XV11. 1. 9 


130 


ters am Rotheberg, unter der Lava des Difelder Steins und 


des Manglibeher Kopfes bei Wehr, unter der Lava am Wege 
von Eittringen nach Kirchesch zwischen dem Hochsimmer und 
dem Forstberge, unter der Lava des Sulzbusches am Abhange 
des Nettethales, unter der Lava des Hochsimmer am Wege von 
Mayen nach St. Johann. Abweichend davon enthält der Tuff 
unter dem Lavastrome der Mauerlei vom Veitskopf am Wege 
von Glees nach Wassenach einzelne Schichten von gelber Farbe, 
in denen Trachytstücke auftreten; der Tuff unter der Lava 
von Obermendig und unter den unteren Rollschlacken dieses 
Stromes am linken Abhange der Schlucht bei Obermendig am 
Wege nach Eitringen zeigt eine einzelne Lage mit kleinen 
Bimsteinstücken. Diese beiden Fälle verdienen, eben weil sie 
so sehr vereinzelt dastehen, besondere Beachtung. 

In der Vordereifel liegen Tuffe unter der Lava der Dachs- 
locher bei Bertrich, an der Haardt bei Mehren, welche viele 
und grosse Glimmertafeln und Stücke von Sanidin enthalten, 
unter der Lava am Abhange des Wehrbusches nach der Lieser, 
unter dem Lavastrome der Leien am Firmerich auf der Sud- 
seite an der Strasse von Daun nach Darscheid, und ebenso 
am Schlossberge in Daun; unter der Lava, auf welcher die 


Kirche von Neunkirchen steht; unter der Lava, welche den ° 


Rücken des Dohmberges bildet, am unterm S. und W.-Abhange; 
unter der Lava am Steinrausch bei Hillesheim, am S.W.-Ab- 
hange des Krökelberges bei Büscheich und am Steinbuhl an 
dem Wege von Auel nach Lissendorf. 

Durch viele und grosse Glimmertafeln zeichnen sich be- 
sonders folgende Stellen des Tuffes aus: der $. Abhang des 
Rothenberges bei Laach, der Nickenicher Sattel, einzelne Schich- 
ten in dem Tuffe zwischen dem Hochsimmer und dem Forst- 
berge am Wege von Ettringen nach Kirchesch, welche beinahe 
nur aus Glimmer bestehen, der OÖ. Fuss des Hochsimmer; und 
in der Vordereifel: die Haardt bei Mehren, der Weg von Kirch- 
weiler nach Hinterweiler, der Rädersberg bei Brück, der N. 
Abhang des Feuerberges, der N. Abhang des Kyllerkopfes, 


Erbesfeld, das S.W.-Ende des Öhrenberges bei Walsdorf, | 


der W. äussere Kraterrand der Lierwiese am Wege von Hilles- 
heim nach Lammersdorf. Der Glimmer ist hier sehr häufig und 
gross, an Schlackenstucken anhaftend und von Schlackenrinde 
umgeben, der Rother Höhenberg (oder Himmerich), der Gold- 


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151 


berg bei Ormont und endlich der Kreuzberg zwischen Utzerath 
und Berenbach in der Hoheneifel. 

In dem Bezirke des Laacher Sees ist unter den Schlacken- 
tuffen nur derjenige vom Hausborner Thale bei Winningen durch 
die Seltenheit des Glimmers ausgezeichnet, während in der 
Vordereifel an mehreren Stellen Tuffe auftreten, die im Gegen- 
satze zu dem gewöhnlichen Vorkommen nur wenig Glimmer- 
blätter bis zum völligen Verschwinden derselben enthalten. 
Hierher sind die Tuffe am Pulvermaar, am Strohner Maar und 
am Wege von Uedersdorf nach Ober-Stadtfeld, und auf der N. 
Seite von Deudesfeld, endlich in der Hohen-Eifel vom Uelmer 
Maar zu rechnen. 

Augite in reichlicher Menge in ganz ausgebildeten Krystal- 
len liefern die Tuffe vom Norberge in einzelnen Schichten, 
welche ganz daraus bestehen, vom S.O.-Fusse des Bausen- 
berges; aus der Vorder-Eifel die Tuffe am Dürremaarchen, an 
der Strasse von Daun nach Dockweiler, am Rother Höhenberg 
(Himmerich), am Willersberge in sehr grosser Menge, und am 
Abhange des Tiefenbachs S. von Basberg. Am seltensten schei- 
nen die Augite in den Tuffen vorzukommen, welche das Meer- 
felder Maar umgeben. Die grösseren, entweder ganz aus Augit 
oder aus einem Gemenge von Augit mit einem anderen Mine- 
ı ral bestehenden Auswürflinge werden weiter unten angeführt 
werden. 

Olivin findet sich im Allgemeinen nicht sehr häufig in den 
Tuffen; derselbe ist bemerkt worden in den sehr wechselnden 
Tuffschiehten N. von Engeln nach Hannebach mit Augit und 
Glimmer und in dem Tuffe im Hausbornerthale bei Winningen 
mit Augit, wenig Glimmer, Titanit, dichten lavaartigen Aus- 
würflingen, Schlacken, Schulfern von Devonschiefer und Ge- 
schieben von Devongesteinen und von. Quarz; in der Vorder- 
‚Eifel: in den Tuffen vom Immerather Risch mit Glimmer und 
Augit, zwischen Ober-Stadtfeld und Neroth mit Augit, Glimmer 
und Hornblende, in der Umgebung des Dreiser Weiher, auch 
in der Tuffpartie am Wege von Brück nach Oberehe und bei 
Betteldorf, die hier vorkommenden grösseren Olivin- Kugeln 
werden weiter unten noch besonders angeführt werden, bei 
Steffeln, bei Schönefeld, am Goldberg selten, dagegen recht 
häufig in der Umgebung des Meerfelder Maares und bei Deu- 
desfeld mit Glimmer, Hornblende und Augit und zwar Glimmer 


9* 


132 


und Augit in sehr wechselnder Menge und stellenweise sehr 
selten; in der Hohen-Eifel am Niveligsberge bei, Drees, wo 
sich einzelne Krystalle von Olivin im Tuffe finden. 

| Einzelne Stücke und Krystalle von Hornblende sind bisher 
in den Schlackentuffen des Laacher See-Gebietes nicht gefun- 
den worden, dagegen in der Vorder-Eifel an folgenden Stellen: 
zwischen Pützborn und Ober- Stadtfeld; zwischen ‚Ober-Stadt- 
feld und Neroth mit Augit, Glimmer und vielem Olivin; zwischen 
Waldkönigen und dem Errensberge mit Augit, Schlacken und 
Schulfern von Devonschiefer; in der Umgebung des Meerfelder 
Maars mit Olivin, Glimmer und wenigem Augit; N. von Deu- 
desfeld mit Augit, Olivin und wenigem Glimmer. 

Die Auswürflinge von Augit, Glimmer, Olivin, Hornblende, 
und Sanidin, welche an mehreren Stellen der Vorder-Eifel vor- 
kommen, finden sich nur wenig in den Schlackentuffen des 
Laacher See-Gebietes, um so häufiger in den Tuffen dieses 
Gebietes, welche uber dem Löss liegen und sich durch Tra- 
chyt und Sanidingesteine auszeichnen. Aus dem Gebiete des 


Laacher Sees dürfte hier nur anzuführen sein: Sanidin und 
Trachyt am O. Abhange des Rothenberges bei Laach; Aus- 


würflinge von Glimmer mit Hornblende, von körnigem Augit 
mit Apatit, von Sanidin mit Glimmer, von Sanidin mit Horn- 
blende, letztere in flaserigem, dem Gneis ähnlichen Gefüge in 
den Schlackentuffen N. von Engeln nach Hannebach hin, Sa- 
nidin am Leilenkopf und ein dem Glimmerschiefer ähnliches 


 Gesteinstück am 8.0. Fusse des Bausenberges. In der Vor- ' 


der-Eifel sind anzuführen: Auswürflinge von Hornblende, von 
Sanidin mit Glimmer und Verglasungen vom Pulvermaar; Sa- 
nidingesteine denen vom Laacher See ähnlich vom Immerather 
Risch und vom Immerather Maar; Auswürflinge von Augit, 
von Augit mit Olivin mit Schlackenrinden umgeben von Dürre- 
maarchen; von‘ Augit, von Sanidin mit Hornblende vom Holz- 
maar; von Augit mit Hornblende, von Glimmer mit Hornblende, 
von Hornblende mit Glimmer und Augit, von Sanidin, Stücke 
von granit- und gneisartigem Ansehen mit anhaftender Schlacke, 
welche in feine Klüfte und Risse der Gesteinsstucke eindringt, 
vom Weinfelder Maar; von Sanidin an der Haardt bei Mehren 
und von der Strasse von Daun nach Dockweiler; von Glimmer, 
von Hornblende mit Magneteisen, von Sanidin mit Schlacken- 
rinden umgeben vom Wege von Dockweiler nach Hinterweiler; 


133 


von Olivin mit Augit in körnigem Gemenge in. grosser Menge 
und beträchtlicher Grösse vom S. Rande des Dreiser Weiher 
und über dem Lavastrome von Dockweiler; von Sanidin in 
grosser Menge, und von Olivin mit Augit bei Betteldorf; von 
Sanidin zwischen Dockweiler und dem Errensberge, ferner vom 
Geeserberge Abhang nach Pelm hin, am N.W. Fusse des Gip- 
penberges, am W.S.W. Fusse des Gossberges bei Walsdorf, 
am S.W.-Abhange der Kyllerhöhe, an der Lierwiese, zwischen 
dem Kyllerkopfe und Rockeskyll, an dieser Stelle mit vielen 
Stücken körniger Sanidingesteine zusammen; in der Umgegend 
von Rockeskyll mit körnigem Gemenge von Sanidin und Glim- 
mer, von Sanidin und Hornblende, von Sanidin und Magnet- 
eisen, auch selten Hauyn, von Hornblende, Magneteisen und - 
Apatit. ‘Die Fundstellen von Stücken einzelner grosser Kıystall- 
Individuen von Sanidin oder von Adular, wie dieses Mineral 
auch wohl bezeichnet worden ist, möchten sich leicht vermeh- 
ren lassen, da dieselben wahrscheinlich überall in der grossen, 
von Waldkönigen über den Bickeberg, Rockeskyll bis Dom 
auf 1, Meile Länge und vom Kahlenberg bis Gees auf } Meilen 
Länge ausgedehnten Tuffpartie enthalten sind. Ferner finden 
sich auch Auswürflinge von Sanidin und von Olivin bei Steffeln 
und von Sanidin zwischen Steffeln und Lehnrath; von Sanidin- 
"gesteinen mit Glimmer von granit- und gneisartigem Ansehen 
bei Uelmen. 

Wenn bereits weiter oben ein Vorkommen von Bimsstein 
im Tuffe unter dem Lavastrome von Obermendig als sehr be- 
merkenswerth angeführt worden ist, so bleiben hier noch einige 
Stellen zu erwähnen, an denen Bimssteine in den Schlacken- 
tuffen des Laacher See-Gebietes auftreten. Am Wege von 
Weibern nach Kempenich liegt eine beinahe nur aus Bimstein- 
stucken bestehende Schicht im Schlackentuff, welcher ausser- 
dem auch mit dichten erdigen Lagen von weisslicher Farbe ab- 
wechselt. In einer isolirten Tuffpartie am Wege von Olbrück- 
Hain nach Engeln, die auf Devonschichten aufruht, kommen Bims- 
steinstücke zusammen mit Lavaauswürflingen, Augit, Glimmer 
und Trümmern von Devonschichten vor. Auch in der Umgegend 
von Wehr kommen Schlackentuffe mit sonst seltenen Bei- 
mengungen vor; so zwischen Wehr und Glees Tuffe mit 
Schlacken- und Lavaauswürflingen, Trachyt und Phonolith- 
stücken, körnigem Hornblendegestein, denen sich nach Glees 


134 


hin auch Bimssteinstücke beigesellen; am Dachsbüsch- Lava- 
auswürflinge, Augit, Glimmer, eine besondere Varietät von Pho- 
nolith, Trachyt mit gneisartigen Einschlüssen , Hornblendege- 
steine; zwischen dem Dachsbüsch und Rotheberg Tuffe mit 
Schlacken, Trachyt- und Phonolithstucken, auch kleinen Bims- 
steinstücken; am Flösseweg O. von Wehr Schlacken und Lava- 
auswürflinge mit Stücken von körnigen Augitgesteinen, Tra- 
chyt und Phonolith; in allen auch zahlreiche Trümmer von 
Devonschichten. | 

Beinahe überall wechseln mit den Schlackentuffen einzelne 
dünne Lagen ab, welche aus sehr fein vertheilten, staubartigen’ 
Massen bestehen; dieselben sind von weisslicher, gelblicher 
und bräunlicher Farbe, bisweilen auch von röthlicher. Sie ha- 
ben einen etwas grösseren Zusammenhalt als die Schlacken- 
schichten, erdigen Bruch und enthalten einzelne kleine Bröck- 
chen von Schlacken, Augite und Glimmer, so dass sie wesent- 
lich nur durch die grössere Vertheilung der Massen davon ver- 
schieden sind. Die Fundorte dieser Schichten werden beson- 
ders deshalb hier angeführt, weil genau dieselbe Erscheinung 
beinahe ganz allgemein in der grossen Verbreitung der Bims- 


steintuffe und der oberen grauen Tuffe sich wiederholt und 


daher auf eine gleichartige Bildungsweise schliessen lässt. 
Einzelne dieser dichten Schichten von erdigem Bruche 
enthalten kleine Kugeln von derselben Masse, eine bis einige 
Linien im Durchmesser, welche sich leicht aus der Grundmasse 
ausschälen und einen glatten Abdruck darin zurück lassen. 
Diese Erscheinung findet sich im Laacher See-Gebiete sowohl 
in den Lagen, welche in den Schlackentuffen, als in denje- 
nigen, welche in den Bimssteintuffen auftreten, ia der Vorder- 
Eifel ist dieselbe bis jetzt noch nicht beobachtet worden. In 
den Schlackentuffen des Laacher See-Gebietes kommen diese 
dichten Schichten vor: am Rotheberg bei Laach, am Norberge 
bei Volkesfeld mit Phonolithstüucken, am Wege von Weibern 
nach Kempenich, bei Engeln nach Kempenich hin, N. von 
- Engeln nach Hannebach hin, am Herchenberge, am S.W. Fusse 
des Forstberges am Wege von Bell nach Ettringen, zwischen 
dem Hochsimmer und Forstberge am Wege von Ettringen nach 
Kirchesch; in der Vorder-Eifel finden sich dieselben in gleicher 
Weise: am Abhange über Pützborn, S.O. vom Wege nach Ober- 
Stadtfeld, nahe bei Kirchweiler an der Strasse nach Pelm, am 


135 


Geeserberge, auf der Höhe zwischen den Thälern von Bettel- 
dorf und Essingen, am Erbesfeld dem $.W. Ende des Ohren- 
berges bei Walsdorf, am Buerberge bei Schutz mit Pflanzen- 
abdrücken; in der Hohen-Eifel endlich bei Uelmen, am Kreuz- 
berge und am Niveligsberge. Die kleinen Kugeln in diesen 
Schiehten sind bisher bemerkt worden: am’ Rotheberg bei Laach, 
am Norberge, N. von Engeln nach Hannebach hin. 

Während das Vorkommen von kleineren und grösseren 
“ Stücken der Schiefer und Sandsteine der Devonformation ein 
sehr allgemeines in den beiden Bezirken ist, so finden sich 
Stücke von Devonkalkstein und Dolomit und von Buntsand- 
stein nur in denjenigen 'Tuffen der Vorder-Eifel, welche diese 
Gebirgsarten bedecken. Eine eigenthümliche Ausnahme hier- 
von. bildet die isolirte Tuffpartie des Buerberges bei Schutz. 
Dieselbe bedeckt nur allein die Schichten der Devonformation, 
enthält aber ausser den Bruchstücken derselben auch Stücke 
von Buntsandstein. Der Ausbruch dieses Tuffes muss also 
wohl an einer Stelle-erfolgt sein, wo diese letztere Formation 
die devonischen Schichten bedeckt; da der Buntsandstein in 
der Nähe von Schutz auf der rechten Seite des Maarscheider 
“ Baches in der Richtung nach Deudesfeld hin vorkommt, so 
scheint dies auch nicht unwahrscheinlich. Jedenfalls trägt 
diese Thatsache aber dazu bei, sehr grossartige Zerstorungen 
der vulkanischen Produkte durch Erosion annehmen zu lassen. 

Eifelkalkstein findet sich in dem Tuffe: auf der Höhe zwi- 
schen den Thälern von Betteldorf und Essingen zusammen mit 
Trümmern von Devouschichten und von Buntsandstein, am 
Geeserberge ebenfalls mit Devonschiefer, zwischen dem Kyller- 
kopf und Rockeskyll mit Buntsandstein, am Erbesfeld dem S.W. 
Ende des Ohrenberges, theilweise mit Stücken von Devon- 
schichten. Am äusseren N.O. Rande der Papenkaule bei Ge- 
rolstein kommen viele Stücken von rothem Dolomit von verän- 
dertem Ansehen in den Tuffen vor. Stucke von Buntsandstein 
im Ganzen viel grösser als diejenigen der Devonschiefer und 
Sandsteine, so wie des Eifelkalksteins finden sich in den Tuf- 
fen an dem W. Abhange des Roderkopfes in sehr grosser 
Menge, am steilen Aghange des Tiefenbachs S. von Basberg, 
am N.W.-Rande des Duppacher Weiher mit Schieferletten der 
Buntsandsteinformation, in und bei Steffeln mit Stücken von 
Devonschichten, am Meerfelder Maär und bei Deudesfeld eben- 


136 


falls mit Stücken von Devonschichten, welche besonders an 
dieser letzteren Stelle vorwalten, obgleich in der Umgegend der 
Buntsandstein über den Devonschichten verbreitet ist. 

Alle diese Tuffe liegen auf den Devonschichten und an 
den genannten Stellen auf Eifelkalkstein und Buntsandstein 
auf; sie bedecken auch die Grenzen dieser Gebirgsarten. 

Nur an einer der erwähnten Stellen liegt der Tuff in dem 
Gebiete des Laacher Sees auf dem Thon des tertiären Braun- 
kohlengebirges auf, und zwar bei Obermendig an dem linken 
Abhange der Schlucht am Wege nach Ettringen. Noch ist hier 
das Vorkommen von Tuff mit tertiären Pflanzenabdrücken in 
dem Stollen bei Plaidt zu erwähnen. Derselbe wird von Lava 
bedeckt. Seine eigene Unterlage ist nicht aufgeschlossen. 
Wahrscheinlich liegt er aber auf dem Thone des Braunkohlen- 
gebirges auf, welcher an anderen Stellen unmittelbar unter der 
eben erwähnten Lava hervortritt. 

Die Auflagerung der Tuffschichten auf dem Devonschiefer 
uud Sandstein zeigt an sehr vielen Stellen, dass diese letzteren 
zur Zeit der Tuffausbruche dieselbe Beschaffenheit an der Ober- 
fläche besassen, welche sie gegenwärtig besitzen. Diese Schich- 
ten, besonders die milderen Schiefer sind sehr stark zerklüftet, 
die abgesonderten Stücke lassen nach unten hin noch den Zu- 
sammenhang der Schichten einigermaassen erkennen, nach oben 
hin liegen sie aber durcheinander gemengt und bildet ein loses 
Haufwerk von scharfkantigen Bruchstücken, welches von Lehm 
durchzogen ist und in eine schwache Decke von mageren Lehm 
übergeht. 

Ausser diesen Tuffen, welche in beiden Gebieten mit ein- 
ander übereinstimmen, finden sich nur in der Umgegend des 
Laacher Sees weit verbreitete Tuffe, welche durch kleine Leu- 
eite, durch Bimsstein und durch Trachyte charakterisirt werden 
und der Vorder-Eifel ganz fremd sind. | 

Der Leucittuff enthält am Wege von Öbermendig nach 
Mayen abgerundete Geschiebe von Quarz und von Devonsand- 
stein, und wechselt mit drei nahe übereinander liegenden Ge- 
' schiebelagen ab. Nicht weit ıdavon entfernt tritt eine mächtige 
Ablagerung von Geschieben darunter ®ervor. In dem Stein- 
bruche an der Erle liegt der Leucittuff auf Löss, die Schich- 
tung des Tuffes ist der Auflagerungsfläche parallel. Ebenso 
liegt der Leueittuff in dem Steinbruche Lehmgrube auf Löss. 


% 


137 


Im Brunnen am Rodderhause liegt Leueittuff auf einer weiss- 
lich sandigen Lage von 3 Fuss Stärke und diese auf sehr 
mächtigen schwarzen Tuffschichten. Am S. Ende seiner Ver- 
breitung liegt dieser Leueittuff in der Flur „ober dem Rössel“ 
auf Lehm und dieser auf Devonschichten. Derselbe schliesst 
hier eine dünne Lage von Polirschiefer aus Infusorienschalen 
bestehend ein und enthält selbst in einer Mächtigkeit von 180 
Fuss Kieselschalen von Infusorien und Phytolitharien einge- 
mengt. In der. Nähe von Weibern ist die Vertheilung der 
Leucite im Tuffe sehr verschieden, in den grossen Steinbrüuchen 
an der Weichley kommen nur wenige vor, dagegen viele kleine 
Bruchstücke von Sanidin, kleine Glimmerblätter, wenig Augit 
und sehr viel Schülfern von Devonschiefer. Auf diesem Tuffe 
liegt eine schwache Lage Löss und auf diesem dünngeschichte- 
ter Tuff mit sehr vielen Leueiten. 

Die Bimssteintuffe liegen auf Löss an der W.-Seite des 
Laacher Sees, hier bedeckt der Löss theils dunkele Schlacken- 
tuffe, theils Devonschichten, ferner im Thale von Eich, an dem 


- Wege von Eich nach Wassenach, an der Strasse von Eich nach 


Andernach wechseln die Bimssteintuffe mit einer Lage von 
Löss ab und liegen auf Loss auf, welcher braunen Schlacken- 
tuff bedeckt. In den Hohlwegen von Andernach nach Eich, 
Kruft und Niedermendig und in dem Hohlwege von Eich nach 
St. Thomas liegen die Bimssteintuffe auf Löss und schliessen 
ausserdem eine stellenweise mächtige Lösslage ein; an einigen 
Stellen treten unter den Bimssteintuffen auch die Geschiebe 
und Schlackentuffe hervor, die sonst wohl unter der Sohle der 
Hohlwege versteckt liegen. Am Leilenkopf liegt der Loss auf 
Schlackentuff, wechselt einmal damit ab und wird von Bims- 
steintuff bedeckt. Unter dem Schlackentuffe liegen die Ge- 


. schiebe.e Die Reihenfolge ist ‘hier dieselbe wie in den Hohl- 


wegen bei Andernach. In dem Lavabruch zwischen dem Nast- 


berge und Nickenich liegt der Bimssteintuff auf Löss und dieser 


auf Schlackentuff. Der Bimssteintuff erstreckt sich zusammen- 
hängend von Andernach bis .Niedermendig auf eine Entfer- 
nung von 1+ Meilen, wo derselbe durch die vielen Schächte 
der unterirdischen Mühlsteingruben aufgeschlossen ist. ° Die 
verschiedenen sehr fein geschichteten Tufflagen liegen hier 
überall auf Löss auf, welcher den Lavastrom bedeckt. Der 
Nickenicher Weinberg zeigt ebenfalls die Auflagerung der Bims- 


138 


steintuffe auf Löss. Die Ducksteingruben bei Plaidt und Kruft 


und der Stolleu, welcher von der Rauschenmühle nach Plaidt 
getrieben worden ist, beweisen, dass die ganze Tuffablagerung, 
welche Bimsstein enthält, auf einer nirgends sehr mächtigen 
Lage von Löss aufgelagert ist. Die Reihenfolge dieser Tuff- 
ablagerung von oben nach unten besteht aus einer Lage von 
-Bimssteinstücken, gelblichem Tuff, Duckstein, Tauch (ein dich- 
ter, technisch nicht brauchbarer Duckstein), gelblichem Tuff 
wie der obere und einer Lage von Bimssteinstucken. Die Auf- 
lagerung der Bimssteintuffe auf Löss ist nun ferner noch auf- 
geschlossen: an der W.-Seite des Korretsberges, im Hohlwege 
von Kruft nach diesem Berge, im Steinbruch von Kappes am 
Abhange des Plaidter Hummerich nach dem Nettethale, am 
Kollert, am Tönchesberge, bei den Fresserhöfen, an den Wan- 
nen sowohl in den Steinbrüchen an den Bergköpfen, gr. und 
kl. Wannen, Rotheberg, Eiterköpfen als an den flachen Ab- 
hängen nach der Nette und nach dem Saffıgerthale hin, am 
Camillenberge, beim Sackenheimer Hofe und bei Bassenheim, 
am Abhange des Birkenkopfes, im Wege von der eisernen 
Hand nach Cobern, bei Metternich, Kettig, auf dem Rücken 
zwischen dem Thale von Kettig und von Saffig in zahlreichen 
Bohrlöchern, im Wege von Bubenheim nach Mülheim, an den 
Thongruben im Mülheimer Walde, am Wege von Mülheim 
nach Bassenheim, ‘auf der Höhe zwischen der Strasse von 
Ochtendung nach Mayen und den Fresserhöfen, bei Ruitsch 
auf dem Rande des Nettethales, und in gleicher Weise auf der 
rechten Seite des Rheins: zwischen Irlich und Rodenbach, 
zwischen Fahr‘und Wollendorf, zwischen Hullenberg und Gön- 
nersdorf, bei Segendorf, bei Meinhof, zwischen Heddesdorf - 
und Niederbieber, an der Strasse von N euwied nach Dierdorf, 
bei der Kreuzkirche, zwischen Ober- und Niederbieber, zwi- 
schen der Kreuzkirche und Melsbach, am Rande des Wiedbach- 
thales bei Altenwied, oberhalb Oberbieber, zwischen Oberbie- 
ber und Gladbach, bei Gladbach, bei Thalhausen und zwischen 
Sayn und Meiserhof. 

Die grauen Trachyttuffe kommen an sehr vielen dieser 
Stellen über den Bimssteintuffen vor,san mehreren sind die- 
selben aber auch mit den letzteren in mannigfachem Wechsel 
gelagert und gemengt. An den meisten Stellen enthalten diese 
grauen Tuffe einzelne Bimssteinstücke, oder dünne Streifen, in 


139 


denen die Bimssteinstücke vorwalten. Die Auflagerung der 
trachytischen Tuffe auf den Bimssteintuffen wird beobachtet bei 
Eich, am Nickenicher Sattel und Nickenicher Hummerich , am 
innern N.-Abhange des Krufter Ofen, am Wege von Andernach 
nach Kruft und Plaidt, bei Miesenheim, zwischen Thur und 
Niedermendig, bei Metternich, am Wege von Kettig nach Bas- 
‚senheim und von Kettig nach Weissenthurm, auf der Höhe 
zwischen der Strasse von Ochtendung nach Mayen und den 
Fresserhöfen, bei Ruitsch. Unmittelbar auf Löss liegen die 
grauen Tuffe bei Betzing, N. bei Poleh, im Hohlwege bei Kalt, 
im Wege von Lasserg nach Moselkern und am Rande des 
Moselthales, bei Münstermaifeld in der: Naaf, an der Stein- 
kaul S.W. nach Sevenich, an der Hohl und: von der linken 
Seite des Rauschenbach, zwischen Mertloch und Einig. Auf 
der rechten ‘Seite des Rheins finden sich die trachytischen 
Tuffe über den Bimssteintuffen zwischen Irlich und Rodenbach, 
bei Segendorf, an der Strasse von Neuwied nach Dierdorf, an 
der Kreuzkirche, in ansehnlicher Mächtigkeit bei Gladbach und 
stellenweise zwischen Gladbach, Heimbach, Weiss und dem 
Friedrichsberge am Saynbach. 

Die Leueittuffe wechseln mit Schlackentuffen zweimal ab, 
so dass von oben nach unten folgt: Leueittuff, Schlackentuftf, 
Leueittuff und Schlackentuff zwischen Weibern und Kempenich; 
- der Leucittuff wird von Schlackentuff bedeckt am S.W. Fusse 
des Forstberges am Wege von Bell nach Eittringen. In den 
Tuffen von Laach nach Wehr finden sich einzelne Leucite ein, 
am Tellberge bei Laach finden sich in dem Tuffe einzelne 
Schichten, welehe Leueite enthalten, andere mit Bimssteinen; 
ebenso finden sich an dem Wege von Bell und von Obermen- 
dig nach Laach in den Tuffen einzelne Schichten mit Leuciten, 
und dasselbe Verhalten zeigt sich von der Mühle am Laachbach 
über die Dellen und den Weinberg bis zum Wege von Laach 
nach Niedermendig, aber Bimssteine sind hier nicht bekannt. 

In dem Leueittuffe an dem Wege von Weibern nach Rie- 
den nahe bei dem ersten Orte tritt eine beinahe ganz aus Bims- 
steinstucken bestehende Schicht auf, einzelne Bimssteinstüucke 
finden sich auch weiter nach Rieden hin. Ein viel stärkeres 
Lager von Bimsstein liegt in dem Tuffe des Gänsehals an dem 
Wege von Kempenich nach Mayen, N. von Schützenhaus, zeigt 
deutliche Schichtung und enthält zwei dünne feinerdige Lagen. 


x 


140 SE 


Der Leueittuff, wie er in den vielen Backofensteinbrüchen 
von Obermendig, Bell, Ettringen, Rieden und Weibern gewon- 
nen. wird, enthält viele kleine Leucitkrystalle mit abgerundeten 
Kanten, sehr viel weniger Augit, kleine Krystalle von Magnet- 
eisen, Glimmertafeln und Bruchstücke von Sanidin; als Ein- 
schlüsse: zahlreiche Bruchstücke von Leucithaltenden Phono- 
lithen, theils frisch, theils verwittert, Auswürflinge von Schlacken 
und Lava mit Augit und Glimmer, von Devonschiefer und Sand- 
stein auffallend verwittert und von weissem Quarz. 

Ausser den organischen Resten, welche bereits oben aus 
diesem Tuffe erwähnt worden sind, finden sich an dem Ab- 
hange S. von der höchsten Kuppe des Gänsehals Abdrücke 
von kleinen Zweigen und Nadeln einer Conifere, welche von 
Picea vulgaris nicht unterschieden werden kann, so wie ey-- 
lindrische senkrechte Höhlungen, welche von Baumstämmen 
herrühren. 

Der Wechsel von Schichten, welche aus ganz feinem staub- 
artigem Material bestehen, mit dem gewöhnlichen gröber ge- 
mengten tritt zwar bei dem Leucittuffe nicht so stark hervor 
als wie es theils schon von den Schlackentuffen bemerkt wor-. 
den ist, theils bei den Bimssteintuffen anzuführen bleibt. Aber 
doch findet sich selbst die Erscheinung der kleinen Kugeln 
von + Zoll Durehmesser in solchen Schichten in der Nähe der 
so eben angeführten Pflanzenabdrücke. 

In den Bimssteintuffen finden sich ausser den Bimsstein- 
stücken in sehr verschiedener Grösse und von knolliger rund- 
licher Form: Trachyt, Uebergänge von Trachyt in Bimsstein, 
Auswürflinge von Schlacken und von Lava, selbst ganz dichten 
basaltischen Gesteinen, von Sanidin, Augit, Hornblende, Mag- 
neteisen, Titanit, von Devonschiefer in Schülfern bisweilen in 
sehr grosser Menge, von Devonsandstein in Bröckchen, von 
Quarz in Bruchstucken und in Geröllen. Der Bimsstein selbst 
enthält: Sanidin, Hauyn, Nosean, Hornblende und Stückchen 
von Devonschiefer. Ueber den Trachyt wird weiter‘ unten 
Näheres anzuführen bleiben. 

Während sehr viele Schichten der Bimssteintuffe von ge- 
ringem Zusammenhalte sind und aus lose aufgeschütteten Ma- 
terialien zu bestehen scheinen, haben andere, wie die Duck- 
steine von Plaidt und Kruft eine ansehnliche Festigkeit. Die 


Zusammensetzung ist aber dieselbe. Es findet sich in diesen 


1a 


letzteren nur ein feiner zerriebenes Material als Bindemittel 
der gröberen Gemengtheile. Mit blossem Auge werden Ein- 
schlüsse von Bimsstein, Quarz, Devonschiefer und Sandsteine 
und Glimmer erkannt; bei geeigneter Zerkleinerung mit der 
Lupe: Sanidin, Augit, Hornblende, Magneteisen, die vorher- 
angeführten Gemengtheile und endlich einzelne Körnchen von 
Hauyn und Titanit. 

Dünne Schichten, die ganz aus staubartigem Material be- 
stehen, finden sich überall in den Bimssteintuffen. Es ist un- 
nöthig die einzelnen Fundstellen derselben anzugeben, denn 
überall, wo die Bimssteintuffe in einer Mächtigkeit von 6 bis 
10 Fuss aufgeschlossen sind, zeigt sich eine oder selbst mehre 
dieser dichten Lagen. In solchen Lagen tritt hier und da die 
Kugelbildung auf, so im Wege von Eich nach Wassenach am 
N.-Abhange des Nickenicher Hummerich, im Hohlwege von 
Andernach nach Eich, und auf der rechten Seite der Schlucht 
unterhalb Buchholz. 

Eigenthüumliche streifige Färbungen zeigen die Bimsstein- 
stucke in den Lagen am Wege von Eich nach Wassenach und 
im Hohlwege oberhalb Metternich auf der Nordseite der Strasse. 
Gelbe Bänder ziehen sich durch die Schichten, innerhalb deren 
Breite jedes einzelne Bimssteinstuck durch und durch, nicht 
blos aussen gefärbt ist. 

Bei Nickenich sind stellenweise die Bimssteinstücke durch 
Kalksinter zu einer festen Masse verbundeu, welcher ebenso 
von Sauerquellen abgesetzt worden ist wie das Eisenoxyd- 
hydrat von dem Schmalbür bei Frauenkirch, welches hier die- 
selbe Wirkung auf die umgebenden Bimssteintuffe hervorbringt. 

In einer besonderen Form treten die Bimssteine noch in 
der Fläche des Rheinthals zwischen Neuwied und Engers, N. 
. der Strasse und OÖ. des Weges von Engers nach Sayn auf. 
Einige Lagen derselben sind durch Lehm oder Thon fest ver- 
bunden, so dass Steine daraus gehauen werden, welche unter 
dem Namen „Engers’sche Sandsteine* bekannt sind. Diese 
Lagen wechseln mit solchen ab, welche so viel Lehm enthal- 
ten, dass sie unbrauchbar sind, oder mit Streifen von Lehm, 
von losen Bimssteinstücken und von grauen losen Tuffen 
(Augitsand oder Mörtelsand). In den Lehmstreifen finden sich 
Blätterabdrücke. Aehnliche Bimssteinlager finden sich an der 
linken Seite des Saynbaches bei Mühlhofen und weiter unter- 


142 


halb gegen deu Rhein hin, im Engstenthale, welches bei Gretzen- 


mühle in den Saynbach mündet, hier mit sehr vielem grauen 


Tuff gemengt; in und bei Horchheim mit vielen Blattabdrücken, 
oberhalb Rhens bei der Bleihütte, bei Brey, Niederspey und 


am unteren Ende von Boppard; ferner in der Fläche des Mo- 


selthales in und oberhalb Lay, bei Dieblich, zwischen Cobern 
und Gondorf und bei Hatzenport. 

‚ Ebenfalls in der Thalfläche findet sich die Ablagerung des 
Tuffsteins, eines dem Duckstein von Plaidt und Kruft ganz 
ähnlichen Bimssteintuffes, in dem Brohlthale und in den auf 
seiner Sudseite einmüundenden Thälern des Heilbronn, von Ton- 
nisstein und von Glees. Diese Ablagerung erreicht eine sehr 
bedeutende Mächtigkeit und da das Bachbett darin eingeschnit- 
ten ist, tritt sie in der Form einer hohen Terrasse an den 
Abhängen des Thales auf. Die grauen Trachyttuffe, enthalten 
wie schon oben angedeutet, Stücke eines eigenthumlichen Tra- 
chyts, welcher anstehend in der ganzen Gegend nicht bekannt 
ist und überhaupt zu einer der seltensten Varietäten dieser 
merkwürdigen Gebirgsart gehören dürfte. Er kann daher sehr 
füglich als Laacher-Trachyt bezeichnet werden. So weit die 
Untersuchung dieses Gesteins bis jetzt reicht, enthält er in einer 
dichten Grundmasse nur allein Partien und Krystalle von Sa- 
nidin und von keiner anderen Feldspathart, unterscheidet sich 
aber wesentlich von Rhyolith (v. Richthofen), Liparit (Roth), 
durch den gänzlichen Mangel an Quarz. Es ist darauf: hinzu- 
weisen, dass ausser dieser seltenen Gebirgsart, die Gegend 
von Laach auch noch viele andere seltene Gebirgsarten enthält, 
welche zwischen den Phonolithen, den Leuecitophyren und. No- 
seangesteinen in der Mitte stehen und das Gestein vom Per- 
lenkopf, welches ganz einzeln dasteht. Dieser Trachyt zeigt 
Uebergänge in Bimsstein, indem die Grundmasse blasig wird. 
Derselbe enthält: Hornblende, Augit selten, Glimmer, Olivin, 
Titanit, Hauyn, Bruchstücke von Devonschichten und Quarz 
und von dem aus körnigem Sanidin bestehenden Gesteine. 
Dieses hat ein sehr auffalleudes Ansehen. Es findet sich auch 
vielfach einzeln in diesen Tuffen und ist dadurch wichtig, dass 
es auch in den Schlackentuffen der Eifel auftritt. Dieses Sa- 


nidingestein hat ein: drusiges Gefüge und enthält die vielen 


vom Laacher See bekannten Mineralien: Albit, Oligoklas, Horn- 


blende, Augit, Glimmer, Hauyn, Nosean, Nephelin,, Mejonit, 


143 


Orthit (Bucklandit) Leueit, Olivin, Titanit, Titaneisen, Magnet- 
eisen, Zirkon, Korund (Sapphir), Spinell, Dichroit, Granat, 
Staurolith und Apatit, Stilbit. Einige dieser Mineralien kom- 
men auch einzeln in den Tuffen vor. Die Trachyte sowohl 
wie die Sanidingesteine sind bisweilen mit einer Rinde von 
Lava umgeben. Ausserdem finden sich darin Auswuürflinge von 
Schlacken, von Lava, Stücke von Devongesteinen, von (Quarz, 
von Gneis, Glimmerschiefer und Hornblendegesteinen. 

Bemerkenswerth ist der Mineralreichthum dieser Einschlusse 
in Bezug auf viele Mineralien, welche in der Lava am Nieder- 
mendig und auch von Mayen gefunden werden und die sonst 
in diesem Gebiete nicht vorkommen. 

An einigen Stellen erlangen dise Tuffe einen solchen Zu- 
sammenhalt, dass sie als rohe Bausteine benutzt werden, so 
zwischen Miesenheim, Plaidt und Saffıg, in der Nähe von 
Betzing bei Mayen, in dem Hohlwege oberhalb Kalt bei Mün- 
stermaifeld, an der Kreuzkirche bei Niederbieber. 


Reihenfolge der Ausbrüche und Zerstörung der vulkanischen 
Massen durch Erosion. 


Sowohl in dem Gebiete des Laacher Sees als in der Vor- 
der-Eifel liefern die in einigen Tuffen enthaltenen Pflanzenab- 
drücke den Beweis, dass die vulkanischen Ausbrüche dieser 
Gegenden bis in die Periode des Oligocän zuruckreichen. In 
dem Gebiete des Laacher Sees ist der Pflanzenreste führende 
Tuff durch den Stollen von Bianchi aufgeschlossen worden, 
welcher an der Nette bei der Rauschenmühle angesetzt ist. 


Dieser Tuff ist von Lava bedeckt, auf dieser liegt der Löss‘ 


“und darüber folgen die mächtigen Ablagerungen von Bimsstein- 
tuff, in denen sich der Duckstein von Plaidt eingeschlossen 
findet. An der Oberfläche ist der Tuff mit den Pflanzenresten 
nicht bekannt und nach dem Verhalten der ihn bedeckenden 
Massen kann derselbe auch die Oberfläche nicht erreichen. Das 
Liegende dieses Tuffes ist nicht aufgeschlossen, es ist jedoch 
kaum zweifelhaft, dass derselbe unmittelbar auf dem Thon der 
oligocänen Braunkohlenformation aufruht.. 
Die Blätterabdrucke gehören folgenden Pflanzen an: 

Juglans acuminata, 

Juglans bilinicd, 

Liquidambar europaeum, 


144 


Alnus Kefersteinü, 
. Corylus rhenana, ki 
‚Ficus lanceolata, 

Fieus apocynophylla, 

Laurus. styracifolia, 

Protaea linguaefolia, 

Rosa dubia, 

Pavia septimontana, 

Rhamnus Dechenü, 

Cinnamomum polymorphum HER etwas zweifelhaft, weil 

keine vollständigen Exemplare vorliegen. | 

Diese ebengenannten Pflanzen sind in der Blätterkohle 
‘und. im Braunkohlensandstein häufig. Die folgenden Blätter 
sind neu, und bisher noch an keiner anderen Stelle gefunden: 

Oyperites triplicatus WEB., 
Zingiberites pitcairniaefolius WEB., 
Tilia Vulcani WE»., 

Villarsia deperdita WEB., 
Rubiacites asclepioides WEB. 

Insofern die oligocane Braunkohlenformation in der Nähe 
von Plaidt sehr verbreitet ist, kann dieses Vorkommen. nicht 
in dem Maasse auffallen wie der Tuff am Buerberge bei Schutz 
in der Eifel, wo mit Ausnahme des Braunkohlenvorkommens 
‚am Pelmerbach bei Eckefeld jede Spur dieser Ablagerungen 
fehlt. ‘Die Stelle am Pelmerbach ist 1200 Ruthen vom Buer- 
berge entfernt und ein gewisser Zusammenhang dieser Bildun- 
gen wird nicht in Abrede zu stellen sein. 

Am Buerberge sind bisher folgende Pflanzenreste aufge- 
funden worden: 

Juglans acuminata, 
Salix grandiflora, 
Alnus gracilis, 
Sequoia Langsdorfü, 
Cinnamomum polymorphum, 
Cinnamomum lanceolatum, 
und zwei neue, von keinem anderen Fundorte bekannte: 
Pteris Dechenü Weiss, 
Boraginites Weberi WEISS. 

Die Tuffe an der Strasse von Daun nach Dockweiler 

scheinen derselben Bildungszeit anzugehören. 


145 


. Am Buerberge wird der Tuff von einer mächtigen Masse 
von Schlackenauswürflingen bedeckt, die ziemlich fest zusam- 
mengebacken sind und eine grobe Schichtung wahrnehmen 
lassen. 

Hiernach fällt der Anfang der vulkanischen Ausbrüche in 
der Eifel in dieselbe Zeit wie im Gebiete des Laacher Sees 
und liegt nicht weit entfernt von dem Hervortreten der Basalte 
im Siebengebirge und im Westerwalde, welches der oligocänen 
Periode angehört. Wie weit die ältesten Schlacken und Lava- 
ausbruche in beiden Gegenden von der Ablagerung der Tuffe 
mit Pflanzenresten entfernt sein mögen, darüber liegen keine 
Anhaltspunkte vor. Am Buerberge scheint aber der Auswurf 
von Schlacken wenig jünger zu sein als der Tuff. 

In der Eifel fehlt nun jedes weitere Anhalten uber die 
Zeitbestimmung der vulkanischen Ausbrüche durch die Gleich- 
zeitigkeit mit sedimentären, versteinerungsführenden Schichten, 
während im Gebiete des Laacher Sees durch die Ablagerung 
des Löss mit zahlreichen Conchylien nochmals ein sehr bestimm- 
ter Horizont gegeben ist. Die sämmtlichen Schlackenkratere 
und Berge mit den Lavaströmen sind älter als der Löss. Sie 
gehören also der Zeit zwischen dem Oligocän und dem Löss 
an, in welcher in anderen Gegenden das Miocan und Pliocän 
abgelagert wurden, von dem aber die Umgegend des Laacher 
Sees und noch weniger die Eifel irgend eine Spur aufzuweisen hat. 
Es hat einige Wahrscheinlichkeit für sich, dass die Schlacken- 
kratere und Berge mit den Lavaströmen in der Eifel und in 
dem Laacher See-Gebiete im Ganzen genommen einer und der- 
selben Zeit angehören, denn sie zeigen dasselbe Verhalten in 
Bezug auf die Gestaltung der Oberfläche. Da wo die Ablage- 
rung von sedimentären Schichten keine Auskunft uber die 
Chronologie der Ereignisse auf der Erdoberfläche in früheren 
Perioden giebt, lassen sich einige Data aus der Wirkung der 
Erosion, aus dem Zustande der Thalbildung ableiten. Die Ein- 
wirkung der Erosion zeigt sich im Allgemeinen gleich bei den 
Lavaströmen der Eifel und des Laacher See-Gebietes. Darin 
liegt der Grund ihre Ausbrüche im Allgemeinen fur gleichzeitig 
zu halten. Es lässt sich aus diesem Verhalten fur einige Lava- 
ströme die Reihenfolge ihrer Ausbrüche mit mehr und weniger 
Wahrscheinlichkeit ableiten und dabei zeigt sich, dass in bei- 

Zeits. d.d.geol. Ges. XVL. 1, 10 


146 


den Gegenden Ausbrüche von gleichem Alter sich befinden und 
sie im Ganzen denselben Zeitraum umfassen. 

Zu den ältesten Lavaströmen gehören der vom Sulzbusch 
an der linken Seite des Nettethales nach Langenbahn fort- 
ziehende, der vom Kalemberg an der rechten Seite des Kyll- 
thales nach Lissingen hin, und der, welcher die Heidenmauer 
bildet und durch das von Gefell herabkommende Thal vom: Hom- 
merich getrennt ist. Es unterliegt keinem Zweifel, dass der 
Strom vom Sulzbusch im Gebiete des Laacher Sees und ganz 
besonders im Nettethal der älteste ist, denn an keinem ande- 
ren hat sich das Thal seit dem Ausbruch so tief in der Unter- 
lage des Stromes eingeschnitten. Die Vergleichung mit dem 
Strome vom Kalemberge mag weniger sicher sein, denn die 
Kyll mündet erst nach einem weiten Wege in die Mosel, wenig 
unterhalb Trier und diese nach einem noch weiteren Wege in 
den Rhein, etwas oberhalb der Nette. Aber es ist; gewiss, 
dass die Tiefe des Rheinthales an der Einmündung der Nette 
ebenso auf die Nette selbst als auf die Mosel und diese auf 
“ die Kyll von Einfluss sein musste. Nur wird in derselben’ Zeit 
das Nettethal sich mehr ausgetieft haben als das Kyllthal und 
eine gleiche Höhe der Unterlage des Lavastromes des Kalem- 
berg über der Thalsohle als der am Lavastrome des Sulzbuseh 
_ wird dem ersteren ein höheres Alter als dem letzteren zu- 
weisen. 

Zu den wenig sicher bestimmbaren Lavaströmen der Eifel 
gehören diejenigen der Haardt bei Mehren, der Dietzerlei und 
des Krökelberges bei Büscheich, des Steinrausch und. des Buch 
bei Hillesheim, aber sehr wahrscheinlich sind sie eben so alt, 
möglicher Weise sogar noch älter, als die oben genannten, denn 
ganz offenber hat die Erosion seit ihrem Ausbruche sehr grosse 
Veränderungen der Oberfläche hervorgebracht. 

Dann folgen die Lavaströme von ‘Kopp auf der rechten 
Seite des Fischbachs bis gegen Birresborn hin, von den Kunks- 
köpfen nach dem Brohltbale, von der Lielei über Uedersdorf, 
vom Kalemberge am Remelsbache nach Birresborn, der Mauer- 
lei am Veitskopfe nach Glees, der Leien vom Firmerich bei 
Daun und des Bausenberges nach Gönnersdorf. 3 

Entschieden jünger sind die Lavaströme bei Niederbettin- 
gen, vom Hochsimmer nach Mayen, vom Fusse des Langen- 


147 


bergs nach der Nette, Wernerseck gegenüber, vom Gippenberge 
in das Essingerthal, von Roderkopf nach Oberbettingen, von 
Fornich im Rheinthale, vom Ettringer Bellenberge nach Reifs 
oberer Mühle an der Nette oder die Lava der Mayener Mühl- 
steingruben, vom Altervoss in das Berlingerthal, vom Sassen- 
berg nach Berlingen, vom Dungerheck nach Kirchweiler. 

| Darauf folgen die Lavaströme vom Mosenberge im Horn- 
graben nach der kleinen Kyll, von der Hagelskaule nach Sar- 
resdorf bei Gerolstein, vom: Plaidter Hummerich nach Hochs- 
mühle und vom Kollert nach dem Nettethale. 

Zu den neuesten Lavaströmen gehören endlich die von 
Dom auf der linken Seite der Kyll, von der Lierwiese bei 
Hillesheim, von Bertrich im Uesthale, von der Rauschenmühle 
im Nettethale und von Strohn im Alfthale. { 

Die Reihenfolge derjenigen Lavaströme, welche in dasselbe 
Thal geflossen sind, wie die Strome vom Sulzbusch, Hochsim- 
mer, Langenberg, Ettringer Bellenberg, Plaidter Hummerich, 
Kollert und von der Rauschenmuhle, welche sämmtlich am 
Abhange des Nettethales und der letzte im Nettethale liegen, 
scheint in der That ziemlich genau bestimmt zu sein. Zweifel- 
‚hafter bleibt die Reihenfolge derjenigen Ströme, welche der Ero- 
sion sehr verschiedener Thäler ausgesetzt gewesen sind, wie 
etwa der Strom von Fornich im :Rheinthale, der Strom vom 
Roderkopfe bei Oberbettingen an der Kyll und der Strom vom 
Altervoss im Berlingerthale, einem Seitenthale der Kyll. 

Wie aber auch diese Verhältnisse betrachtet werden mögen, 
so bleibt doch der Schluss als richtig anzuerkennen, dass die 
Ausbrüche der Lavaströme in dem Laacher See-Gebiete und 
in der Eifel im Ganzen genommen in derselben Periode statt- 
gefunden haben und zwar in derjenigen, in welcher die Aus- 
tiefung der Thäler dieser Gegend wesentlich fortgeschritten ist, 
bis zu dem Zeitpunkte, wo dieselbe beinahe aufgehört hat und 
nur noch wenige Veränderungen in den Thälern stattgefunden 
haben. 

In dem Gebiete des Laacher Sees ist eine nicht unbedeu- 
tende Zahl von Lavaströmen mit Loss. bedeckt. Dieselben 
sind also ganz entschieden älter als dieser mit Landconchy- 
lien erfüllte lehmige Absatz. Dagegen lässt sich keinesweges 
der Schluss ziehen, dass die nicht mit Löss bedeckten Lava- 


10° 


148 


ströme jünger seien als der Löss und jünger als die mit Löss 
bedeckten Ströme. Im Gegentheil zeigt es sich, dass sogar 
das völlige Gegentheil richtig ist. Diejenigen Lavaströme, welche 
sich überhaupt ausserhalb des Bereiches der Löss-Ablagerung 
befinden, sind unbedeckt und können daher älter oder junger 
sein als die mit Löss bedeckten Lavaströme. So ist denn 
wirklich der älteste Lavastrom in diesem Gebiete, der vom Sulz- 
busch, nicht mit Löss bedeckt. Da in der ganzen Vorder-Eifel 
kein Löss vorkommt, so befinden sich hier auch sammtliehe 
Lavaströme in dem Falle nicht mit Löss bedeckt zu sein; ohne 
dass daraus irgend ein Schluss auf ihr Alter gemacht werden 
kann. 

Nirgend ist ein Lavastrom bekannt, der auf Löss aufliegt 
und der mithin nachweisbar jünger als diese Ablagerung wäre. 
Dagegen sind diejenigen Tuffe, welche Leueit, Bimsstein und 
Trachyt enthalten, mit wenigen Ausnahmen wirklich junger als 
der Löss. Sie finden sich nur im Laacher See-Gebiete und fehlen 
in der Eifel. Obgleich sie den neuesten Bildungen angehören, wo 
sie vorkommen, sind ihre Ausbruchstellen nicht nachweisbar 
und in keiner Weise deutlich erhalten, wie dies gerade bei so 
neuen Produkten erwartet werden sollte. 

Es scheint danach wohl unzweifelhaft, dass die ee 
Thätigkeit im Gebiete des Laacher Sees sich beträchtlich länger 
erhalten hat als in der Eifel. Die dortigen Vulkane waren 
schon längst in den Zustand der erloschenen übergegangen, 
in dem wir dieselben jetzt noch kennen, als noch Ausbrüche in: 
dem Gebiete des Laacher Sees stattfanden und sehr grosse 
Massen von unzusammenhängenden Auswürflingen aus den 
tiefsten Sitzen der vulkanischen Thätigkeit an die Oberfläche 
brachten. 


Sauerquellen und Kohlensäure - Entwickelungen. 


Die noch jetzt fortdauernde vulkanische Thätigkeit in der 
Nähe der erloschenen Vulkane im Gebiete des Laacher Sees 
und in der Vorder-Eifel ist auf die zahlreichen Sauerquellen 
und auf einige Kohlensäure-Entwickelungen beschränkt. Diese 
Quellen kommen zum bei weitem grössten Theile unmittelbar 
aus den Schichten des Unter-Devon hervor, und wo dies nicht 
der Fall ist, lassen die Verhältnisse darauf schliessen, dass 


149 


diese Schichten in einer geringen Tiefe unter dem Ausfluss der 
Quellen anstehen und sie daher die Leitung der Wasser bis 
nahe an die Oberfläche bilden. Wenn aber der Zusammenhang 
der erloschenen Vulkane dieser Gegend mit dem Bestehen 
der Sauerquellen anerkannt wird, so darf doch dabei nicht 
unbemerkt bleiben, dass viele Sauerquellen auch aus den weit 
verbreiteten Devonschichten in grösserer Entfernung von den 
Vulkanen hervortreten und dass namentlich einige berühmte 
warme Quellen in dieser grossen devonischen Gebirgsmasse 
weit von jeder Spur ehemaliger vulkanischen Thätigkeit entfernt 
hervortreten, wie Ems, Aachen und Burtscheid, Asmannshausen 
und Wiesbaden. Die warme Quelle von Bertrich liegt am 
aussersten Ende der Vulkanreihe der Vorder-Eifel und könnte 
möglicher Weise damit ebenso wenig zusammenhängen wie 
die warme Quelle in der Grube Kautenbach bei Berncastel. 
Die warmen Quellen des Bades Neuenahr unterhalb Ahrweiler 
im Ahrthale liegen ebenso wie die Kohlensäure - Entwickelun- 
gen bei Wadenheim im Ahrthale ausserhalb des Bereiches der 
Laacher Vulkane, während in diesem Gebiete zwar eine sehr 
grosse Zahl von Sauerquellen, aber nur von einer die mittlere 
Temperatur der Oberfläche wenig übertreffenden Temperatur be- 
kanntist. Die höchste Temperatur einer dieser Sauerquellen zeigt 
der Gemeindebrunnen bei Burgbrohl mit 11,6° R. Das Brohlthal 
besonders da, wo es dem Laacher See und dem Kesselthale 
von Wehr am nächsten liest, und die Seitenthäler desselben 
sind ausserordentlich reich an Sauerquellen und an Entwicke- 
lungen von Kohlensäure. Die Sauerquellen treten in demselben 
von unten anfangend 200 Ruthen unterhalb Schweppenburg 
hervor und zeigen sich bis in Oberzissen. Am stärksten sind 
dieselben bei Burgbrohl von der Einmündung des Tönnissteiner 
Thales bis zur Einmündung des Thales von Glees. In dieser 


Strecke des Brohlthales von 400 Ruthen Länge und einem Ge-. 


fälle von 99 Fuss kommen unzählige Sauerquellen hervor, 
welche eine sehr grosse Menge von freier Kohlensäure ent- 
wickeln und an vielen Stellen steigt die Kohlensäure trocken 
aus dem Boden hervor; die Keller in Burgbrohl sind beinahe 


Pr 


sämmtlich den Gas-Ausströmungen unterworfen. Die grossen 


Absätze von Kalktuff und Eisenocker, welche sich auch gerade 
in dieser Strecke des Thales finden, hängen mit diesen Sauer- 


A 150° 


quellen zusammen und da sie an vielen Stellen in bedeutender 


Menge abgelagert sind, wo ihre Bildung gegenwärtig nicht mehr 
 fortdauert, so legen sie Zeugniss von einem früheren Zustande 


grösserer Thätigkeit ab. Aehnliche Ablagernngen von Kalk- _ 


tuff und Eisenocker finden sich auch im Tönnissteiner Thale 
und in dem Kesselthale von Wehr, dessen Abfluss durch den 
Wirrbach nach der Brohl geht. 

Die Seitenthäler der Brohl, besonders von deren rechter 
Seite her, geben ebenfalls vielen Sauerquellen ihre Entstehung. 
In dem Thale des Heilbrunnen, welches an der Schweppenburg 
in den Brohlbach einmündet, treten sie von unten herauf bis 
gegen den Krayerhof auf eine Länge von 750 Ruthen hervor. 
Die hier dem Brohlthale zunächst gelegene Quelle ist der Heil- 
brunnen, wohl die wichtigste in dem Gebiete des Laacher Sees, 
sie hat 81° R. Tempetatur, enthält 0,537 Procent feste Be- 
standtheile, darunter 0,572 Natronsalze, die überhaupt in keiner 
dieser Quellen fehlen. 

In dem Tönnissteiner Thale, welches bei Nonn’s Mühle 
in den Brohlbach einmündet, reichen die Sauerquellen auf eine 
Länge von 550 Ruthen bis unterhalb Wassenach. Darunter 
befindet sich die sehr bekannte und an Kohlensäure reiche Quelle 
von Tönnisstein. In.dem Gleeser Thale kommen von seiner 
Einmündung bei Burgbrohl his in Glees auf eine. Erstreckung 
von 1000 Ruthen sehr viele und starke Sauerquellen vor. 
Ebenso verhält es sich auch in dem Wirrbachthale, welches aus 
dem Kesselthale von Wehr hervortritt und in Niederzissen in 
die Brohl einmundet. Sehr viel Sauerquellen brechen in dem 
unteren Theile des Kesselthales selbst hervor, die mit mäch- 
tigen Ablagerungen von Eisenocker umgeben sind. An dem 
Wege von Wehr nach Rieden am Fusse des Kirchbüusch liegt 
noch eine Sauerquelle und in dem Stollen der Conession Eisen- 
‘ kaul, welcher nach einem Gange von Eisenspath getrieben ist, 
wurde eine starke Auströmung von Kohlensäure angetroffen. 
Auch in der zwischen Burgbrohl und Niederweiler auf der 
linken Seite der Brohl mündenden, von Ober-Lützingen herab- 
kommenden Schlucht liegt eine Sauerquelle. Das Brohlthal mit 
seinen Nebenthälern bietet: offenbar die grösste Zahl von Sauer- 
quellen und von Kohlensäure-Ausströmungen in dem kleinsten 
Raume dar, welche überhaupt in diesen Gegenden auftreten. 


_ 


La ou m ee 


151 


Auf beiden Seiten ist dieses Thal von Vulkanen durchbrochen. 
Auf der Nordseite desselben liegt: der Leilenkopf, Herchen- 
berg und Bausenberg, auf der Südseite: die Kunksköpfe, der 
Veitskopf und etwas entfernt der Laacher See und das Kessel- 
thal von Wehr. 

Am Laacher See selbst ist auf der Nordseite eine trockene 
Ausströmung von Kohlensäure, auf der Südwestseite in der 
Nähe des Klosters Laach eine Sauerquelle, in dem Abfluss- 
stollen in der Nähe des Sees sind mehre starke Sauerquellen 
bekannt. Zahlreiche Quellen der Kohlensäure - Entwickelungen 
sind im See vorhanden, deren Stellen durch das Hervortreten 
von Gasblasen bezeichnet werden. 

Oestlich vom Laacher See kommt in dem Thale oberhalb 
Nickenich eine starke Sauerquelle hervor und steht wohl 
mit den Absätzen von Kalksinter in Verbindung, welche hier 
die Bimssteinstücke verkitten. Von dieser Stelle aus gegen 
S.0. finden sich Sauerquellen, bei Miesenheim auf der rechten 
Seite der Nette, am Wege nach Kettig, bei Kärlich und in dem 
Orte selbst, der Waldbrunnen zwischen Kärlich und Bassen- 
heim, und in demselben Thale unmittelbar bei Bassenheim, dann 
S. von Bassenheim in der nach Cobern an der Mosel gehenden 
Schlucht, eine starke Sauerquelle zum gehauenen Stein, zwei 
Quellen nahe bei den Eulicherhöfen, zwei Quellen am Mittel- 
berge 70 Ruthen von der Mosel entfernt und der Bellerbrunnen 
im Bellerthale. Auch auf der rechten Seite der Mosel in dem 
Winningen gegenuber mündenden Oondethale kommt eine Sauer- 
quelle hervor, welche schon ziemlich weit von den vulkanischen 
Ausbrüchen getrennt ist; noch weiter von denselben entfernt 
liegt der Born bei Thal-Ehrenbreitstein und die Sauerquelle 300 
Ruthen S. von Urbach bei Dierdorf, und die bei Boppard im 
Rhein entspringende, welche gefasst und über den mittleren 
Stand des Stromes geführt ist. 

Auf der Südseite des Laacher Sees liest eine starke Sauer- 
quelle, der Schmalbur, zwischen Thur und Frauenkirche mit 
Eisenocker-Absätzen, bei Obermendig in dem Thale nach Eitt- 
ringen, dieser folgen weiter gegen W. eine Quelle weiter auf- 
wärts nach Ettringen in demselben Thale, eine Quelle in dem 
Thale von Obermendig nach der Erle und der Erlenbor in den- 
selben Thale, der Sulzbrunn in der Schlucht am Wege von 


152 


Ettringen nach Kirchesch, unterhalb Rieden und nahe von 
Volksfeld an der Nette, als die westlichste Sauerquelle in 
diesem Gebiete. 

Die Sauerquellen in der Harder Eifel zeigen eine eigen- 
thumliche Verbreitung. Mit Ausnahme der Bertricher Quellen 
ist der sudöstliche Theil der Hauptreihe der Vulkane ganz arm 
an solchen Quellen; an der Uess und an der Alf und in den 
Gebieten dieser beiden Bäche ist eben nur Bertrich und eine 
schwache Quelle bei Gillenfeld anzuführen, dagegen sind die 
Sauerquellen an der Lieser und in derem Gebiete stellenweise 
ungemein häufig, auch an der Kyll fehlen sie nicht, dehnen 
sich aber auch hier weit über die vulkanischen Gegenden aus 
und bilden Gruppen von Sauerquellen, 'welche ganz unabhängig 
von den vulkanischen Ausbrüchen zu sein scheinen. 

Eine der Hauptstellen für die Sauerquellen dieses Gebietes 
ist Daun im Lieserthale; im Orte selbst ist der Daunerbecher 
und eine Quelle im Keller von Stephan Nilgers bekannt, und 
sehr bedeutende Kohlensäure-Entwickelungen in mehreren an- 
dern Kellern. Der Holzendreis*) auf den Planken am Leim- 
berge N. vom Orte wird gewöhnlich getrunken, ebenso wird 
auch der Lenzen oder Wendel-Dreis, 200 Ruthen S. vom Orte 
in der Wendelwiese benutzt. Der Frauen-Dreis liegt nahe bei 
Gemünden am Bergenbach, im Putzbornerthale haben Puützborn, 
Neunkirchen, Steinborn im Orte selbst und Waldkönigen am 
Bettenbache Sauerquellen; Weiersbach am Dreisberge und Tritt- 
scheid im Thale Stegwiesen am Berge Heisterchen in der Nähe 
vulkanischer Ausbrüche, mit denen auch nach dieser Richtung 
die Sauerquellen endigen. 

Im Ahrgebiete liegen 3 Sauerquellen am Abfluss des Drei- 
ser Weiher bei der Dreiser Mühle nahe beisammen, und eine 
N.O. von Dockweiler, am Abhange des Dreissched. 

Im Gebiete" der Kyll und in dem Thale derselben in 
der Nähe der Vulkane treten Sauerquellen auf: bei Hohen- 
fels in der Kuhwiese, unterhalb Essingen im Dreisthale, der 
Preiswinkel am Gippenberge und der Dreisweg beide bei Rockes- 
kyll, der Dreiswieserbrunnen bei Pelm im Kyllthale am Fusse 


*) Dreis, Dreist, Drees, Driesch bezeichnet in der Eifel jede Sauer- 
quelle, wie im Gebiete des Laacher Sees jede Quelle Bür, Bor, Born 
genannt wird. 


4 
ee ne Dre Me ea u an Be 


153 


der Casselburg, bei Gees nahe N. vom Orte in der Geeser- 
wiese zwei nahe gelegene Quellen, der Träterbrunnen nahe S. 
von Gees, der Dreis dicht bei Gerolstein im Kyllithale, eine 
stark benutzte Sauerquelle, der Sidingerbrunnen am Sidinger- 
berge dicht an der Kyll 200 Ruthen unterhalb Gerolstein, (der- 
selbe ist 1778 vom Graf Joseph von Blankenheim durch den 
Kur-Trierschen Hauptmann Kirn neugefasst worden, wobei eine 
römische Brunnenfassung und 143 Münzen aus der Zeit des 
Kaisers Maximinus gefunden wurden), bei Müllenborn oberhalb 
Lissingen im Dreisbachthale an der Strasse nach Prüm, der 
Brubeldreis oder Brudeldreis im Kylithale am Abhange des 
Bettenbachs im Gerolsteiner Gemeindewald oberhalb Birresborn 
eine trockene Kohlensäure-Ausströmung (Mofette), der Dreis 
im Kylithale oberhalb Birresborn, die vorzüglichste Sauerquelle 
der Vorder-Eifel, deren Wasser in der Gegend versendet wird; 
damit enden die Sauerquellen an der Kyll abwärts. 

Es finden sich nun noch Sauerquellen S. von Gees theils 
im Gebiete der Lieser, theils im Gebiete der Salm, von denen 
einige den vulkanischen Ausbrüchen nahe, andere dagegen ziem- 
lich entfernt davon liegen, und zwar bei Nieder - Stadtfeld im 
Thale der kl. Kyll, dicht bei Wallenborn auf der S.-Seite, der 
Brubeldreis in der Heidewiese nahe W. von Wallenborn, der 
Kuselborn im Schlemmgraben S. von Salm, eine Quelle S. von 
Meisburg am Heldenbusch und endlich eine Quelle S.O. von 
Bettenfeld und S. vom Mosenberge in ‘einem Seitenthale der 
kl. Kyll. 

Noch finden sich zwei Sauerquellen in der Nähe der Vul- 
kane, eine oberhalb Duppach unter dem Walde Buchholz und 
die andere am Weyerhach zwischen Duppach und Steffeln, aber 
beide in einer Lage, welche es wahrscheinlich macht, dass sie 
zu einer weiter verbreiteten Gruppe von Quellen gehören, die 
in keinem Zusammenhange mit den Vulkanen steht und sich 
ganz davon entfernt. Von den Quellen von Duppach und 
Steffeln aus in westlicher Richtung finden sich Sauerquellen 
bei Reuth im Prümthale (S.W. von der isolirten Tuffpartie von 
Schönfeld) und weiter abwärts in diesem Thale oberhalb Neuen- 
dorf und zwischen Neuendorf und Olzheim, oberhalb Wascheid 
am Mehlembach, N. von Neuenstein (S. vom Goldberge bei 
Ormont) und am weitesten gegen W. zwischen Rodt und Kop- 


“ 
| 
E 


154 


scheid. Weiter südlich kommen Sauerquellen vor, welche sich 
zunächst an die Birresborner Quelle anschliessen, am Drees- 
bach am Wege von Birresborn nach Büdesheim im Budeshei- 
mer Gemeindewald, bei Wallerheim, an der Nims $.W. von 
Weinsheim, dann bei Seiwerath, bei Lasel an der Prüm, an 
der Nims, an der Huscheider Mühle, Otterbacher Quelle bei 
Niederpierscheid zwischen Pronsfeld und Pittenbach an der 
Prüm und viel weiter gegen W. an Zuflüssen der Ur, N.W. von 
Heckhuscheid am Prümmenbach und N. von Lützkampen am 
Irresbach. 

‚ Ebenso wie in dieser westlichen Gegend die Sauerquellen 
weit über das Gebiet der Vulkane hinausreichen, ist dies auch 
von Daun aus aufwärts an der Lieser und weiter gegen N. 
nach den Zuflüssen der Ahr der Fall. Hier finden sich Sauer- 
quellen in der Dreiswiese zwischen Boverath und Rengen, der 
Lehedreis O. von Darscheid, bei Cradenbach, Neichen, Pein- 
hausen und Boxberg; weiter N. an den Zuflüssen der Ahr: bei 
Rodenbach, Bauler, S.O. von Borler, weiterabwärts am Borler- 
bach O. von Nohn, S.W. von Nohn, bei Dreymüllen am 
Ahrbach. 

Viel weiter gegen O. kommt eine Sauerquelle bei Nachts- 
heim in einiger Entfernung von Boos an einem Zuflusse des 
Elzbach vor. 

Wie hier auf der Nordseite von Daun aus die Sauerquellen 
sich über einen von den Vulkanen gar nicht berührten Land- 
strich an der Lieser aufwärts verbreiten, so finden sich auch 
von Bettenfeld aus an der Lieser abwärts gegen S. hin Sauer- 
quellen. Sie überschreiten die Mosel und gehen an den Ab- 
hängen des Hochwaldes hinauf, in einzelnen Fällen sogar über 
dessen Rücken hinweg. So treten Sauerquellen im Gebiete 
und an der Lieser selbst auf: bei Hasborn am Sammetbach, 
nahe S. von Flussbach, zwei Quellen bei Wittlich und bei 
Minderlitgen; im Gebiete der Salm: bei Bruch dicht südlich 
der Hütgesburg, bei Niersbach, bei Dreis 2 Quellen der Wal- 
lerborn mit starker Kohlensäure-Entwickelung und der Münster 
Sauerbrunnen bei Heckenmünster, bei Erlenbach, bei Kesten 
im Treiswieser Thale. Weiter aufwärts an der Mosel auf deren 
linker Seite kommen noch Sauerquellen bei Ensch in der Aul- 
wiese und zwischen den Mehringer Hecken und dem Langener 


155 


Berge vor. Die folgenden liegen sämmtlich auf der ‘rechten 
Seite der Mosel wie die bereits angeführte warme Quelle in 
der Grube Kautenbach, oberhalb Piesport, und bei Thron. Im 
Gebiete des Thronbachs liegen die Sauerquellen aufwärts 
bis Morbach, und finden sich am Raschbach und Himmelsbach 
bei Gielert, der Kollert zwischen Thalfang, Talling, Gielert 
und Berglicht; im Gebiete. des Thronchenbachs sind die 
Sauerquellen sehr haufig: dicht bei Schönberg, der Rompert 
W. von Schönberg, in Neuenkirchen und der Bleiberg nahe 
S. von diesem Orte, bei Beuern, Rascheid, am Mittelsteköpf- 
chen, Bubenbach und Jungewald bei Geisfeld, der Herrnsauer- 
brunn und der Pfefferbruch bei Malborn, letzterer am Wege 
nach Hermeskeil. Auf der S.O. des Hochwaldes finden sich 
zwei Quellen bei Hermeskeil, eine bei Huttgeswasen und eine 
bei Hambach N. von Birkenfeld, die als Heilquelle in Ruf 
steht. Nahe an der Mosel.treten der Heckenborn- und der 
Thalsauerborn bei Longwich, die Quellen bei Fastrau und Riol 
auf, im Fellerthale nahe unterhalb Fell; in der Nähe des Ru- 
werthales bei Eitelsbach, Mertesdorf, zwei bei Casel, von denen 
die entferntere der Brubbelborn genannt wird. Die letzte Quelle 
an der Mosel aufwärts ist das Mattheiser Sauerwasser + Meile 
von Trier bei Feyen von Kobenbach und am. Fusse des 
Carlsberg. 
| Wenn bei den Sauerquellen, welche von Daun nordwärts 
bis zu den Zuflüssen der Ahr auftreten, die Nähe der vielen 
in dieser Gegend auftretenden Basalte der Ansicht Raum lässt, 
_ dass (diese altvulkanischen Durchbrüche einen wesentlichen Ein- 
fluss auf die noch jetzt fortdauernde Kohlensäure-Entwickelung. 
ausüben, so kann dies von allen denjenigen Quellen nicht be- . 
hauptet werden, welche südwärts von Manderscheid an der 
Lieser, an der Mosel und auf der rechten Seite derselben auf- 
treten. In diesen Gegenden fehlen Basalte ebensowohl wie 
neuere Vulkane. Die Verbreitung dieser Sauerquellen wider- 
spricht auch der Ansicht, dass dieselben das vulkanische Ge- 
Diet allseitig mit abnehmender Stärke umgeben und sonach, 
wenn auch entfernt, doch auf die vulkanischen Ausbrüche zu 
beziehen wären. 

Es scheint demnach die Entwickelung von Kohlensäure im 
Innern der Erdrinde eine vielleicht ebenso allgemeine Erschei- 


156 


nung zu sein wie die Temperatur-Zunalme. Dieselbe giebt 
sich üherall da durch Sauerquellen zu erkennen, wo die Zer- 
klüftungs-Verhältnisse des Bodens von der Oberfläche bis zu 
der entsprechenden Tiefe deren Austritt verstatten.. Daraus 
erklärt sich einfach, dass aus einzelnen Stellen in dem vulka- 
nischen Gebiete grosse Mengen von Kohlensäure hervortreten, 
während andere davon ebenso frei sind wie Gegenden, die nie- 
mals durch vulkanische Ausbrüche gestört worden sind. 


157 


5. Die Zone der Opis similis Phill. im Oxford 
| von Hannover. 


Von Herrn Herm. Creoner ın Hannover 
Hierzu Tafel II. 


Als Grenze ‚der Schichtengruppen des unteren und obe-. 
ren Oxford tritt bei Hannover in Form einer nur }—2 Fuss 
mächtigen Lage von sandigen oder thonigen Mergeln eine bis 
jetzt noch nicht hervorgehobene Bildung auf, deren organische 
Reste eine ihr ganz eigenthümliche, den benachbarten Schichten 
fremde Fauna repräsentiren. Am deutlichsten war dieselbe am 
Negen bei Limmer (1 Stunde westlich von Hannover) aufge- 
schlossen. 

Die Korallenbank erreicht dort kaum eine Mächtigkeit von 
einem Fuss und besteht aus einzeluen, wulstigen oder platten- 
formigen, in Kalkspath oder Horustein verwandelten Korallen. 
— Auf ihr liegt ein groboolithischer, oft sandiger Mergelkalk 
von isabellgelber Farbe in „— 1! Fuss starken Bänken in einer 
Mächtigkeit von 4—-5 Fuss. Melania Heddingtonensis, Pecten 
subfibrosus, Exogyra lobata und Echinobrissus scutatus sind häufig 
in ihm und beweisen seine Zugehörigkeit zum unteren Oxford. 
— Auf diese Schichten folgen Bänke von Mergelkalken ab- 
wechselnd mit Lagen von thonigen Mergeln, beide mit einzel- 
nen Stacheln von Cidaris florigemma und voll von Ostrea Roe- 
meri und Exogyra reniformis und gehören somit den (idaris- 
florigemma-Schichten, dem oberen Oxford an. (Siehe Deut. 
geol. Zeitschr. Bd. XVI. S. 201.) ur 

Zwischen diesen beiden, theils zum unteren, theils zum 
oberen Oxford gehörigen Bildungen tritt als scharfe Grenze 
beider Gruppen eine 2 Fuss mächtige Lage von groboo- 
lithischem Mergelthon auf, welche in Folge ihrer eigen- 
thümlichen Einschlüsse einen neuen Horizont in der Schichten- 
folge des hannoverschen Jura repräsentirt. Von. allen in ihr 
vorkommenden Mollusken ist die Schale in einer Weise er- 


ni A 


halten, welche es möglich macht bei den Zweischalern den 
Schlossapparat, bei den Gastropoden die Mundöffnung und 
inneren Gewinde aufs deutlichste zu erkennen, — Verhältnisse, 
welche sonst bei Hannover zu den Seltenheiten gehören. Hat 
man doch einzelne Cyprinen z. B. COyprina nuculaeformis: und 
Saussurei erst zu dem Genus Venus, Donax, Mactra, Gresslya 
‚gezählt, ehe es gelang an einigen Präparaten ihre wahrschein- 
liche Stellung bei dem Genus Cyprina zu erweisen. — In der 
betreffenden Zone haben sich bis jetzt gefunden: 


Macrodon laeve sp. nov. (Taf. II. Fig. 1, 2 u. 3). 
Von abgerundet vierseitiger Gestalt. Schlossrand ' grad- 


linig;, die unteren und die Seitenränder gehen abgerundet in 


einander uber; unterer Rand etwas ausgebuchtet und klaffend. 
Noch. einmal so breit wie hoch; Wirbel in der vorderen Hälfte 


liegend, nicht übergebogen. Oberfläche vollkommen glatt. Die 


Area schmal, niedrig dreiseitig, Bandgruben nicht bemerkbar. 
Auf. dem vor den Wirbeln liegenden Theile des Schlossrandes 
6 — 7 querstehende Schlosszähne, auf der hinteren Hälfte des- 
selben 3—4 horizontale lange Seitenzähne. Länge. 15, ‘Breite 
30. Mm. — Selten. — Ä 


Astarte rotundata RoeEnm. 
Rorm. Ool: 113. t..6, £. 25. 


Sehr häufig, besonders in einzelnen Schaalen mit gut er- 
haltenem : Schloss. 


Opis similis PuıwL. sp. (Taf. II. Fig. 4, 5, 6 u. 7). 
 Cardita similis PsıtL. Geol. of Yorksh. pl II f. 28. 
Langgestreckt, unregelmässig, 'vierseitig; Wirbel schlank, 


stark eingekrümmt. Das hintere Drittel der Schale über einen 


scharfen Kiel fast rechtwinklig niedergedrückt;. Lunula. nicht 


vertieft. Mit starken concentrischen Rippen, welche auf dem 
Kiel fast vollständig verschwinden und sich als zarte, Reifen 
rechtwinklig nach dem oberen Rande wenden. Der Schloss- 
apparat besteht in der linken Klappe aus einem langen, schma- 
len und hohen, hinteren und einem abgerundeten vorderen Zahne, 
welche zwischen sich eine ‚tiefe  dreieckige Bandgrube  ein- 
schliessen. : Dieser entspricht in der rechten Klappe ein star- 
ker, ein wenig nach oben gebogener Zahn! von. dreieckigem 


u a län m Re 2m 


159 


Querschnitte. Der untere BNP SEAN ist auf der Innenseite 
stark gekerbt. 

Breite 10, Höhe 16. Mm. — Sehr häufig, was um so auf- 
fälliger erscheinen muss, als das Genus Opis in dem übrigen 
weissen Jura von Hannover gar nicht vertreten ist. 

Mit dieser Species fällt Tuurmann’s Cardita astartina aus 
dem Astartien des Berner Jura zusammen. 


Gen. Erycina Lam. 


Ungleichseitig, gleichschalig. Zwei gleiche, divirgirende 
Cardinalzähne haben zwischen sich eine Grube und zu ihren 
beiden Seiten zwei langgestreckte schmale Seitenzähne. Das 
Ligament ist ein inneres und haftet in der inneren Grube. Der 
Manteleindruck ist hinten ausgeschnitten. (Nysr.) 


Beına 2 dubıa. sp. uov. (Tal. 11. Fig. 8,,9, 10, 11.u.. 22). 


Abgerundet dreiseitig, nicht sehr stark gewölbt, Buckel 
etwas nach vorn liegend. Vorn uber einen Kiel. fast recht- 
winklig niedergedrückt. Oberfläche zart concentrisch gestreift. 
Breite 16, Länge 12, Dicke 10 Mm. 

Der Schlossapparat besteht in der linken Klappe aus zwei 
symmetrischen, langgezogenen, fast horizontalen Schlosszähnen, 
welche sich langsam nach beiden Seiten zu verjungen und da- 
. durch, dass ihre Endflächen convergiren, grade unter dem Wir- 
bel eine tiefe dreieckige Schlossgrube . freilassen. Unterhalb 
der entgegengesetzten Enden der beiden -Schlosszähne ragen 
zwei ebenfalls sehr in die Länge gezogene Seitenzähne löffel- 
artig hervor, welche sich unter der Schlossgrube, wo sie sich 
dem Schlossrande am meisten nähern, vereinigen und so einen 
nach beiden Seiten zu breiter werdenden Canal zwischen sich 
und den Fortsätzen der Schlosszähne offen lassen. 

Die Schlosszähne ragen bei den meisten der vorliegenden 
Exemplare plattenförmig über den von ihnen und den Neben- 
zähnen gebildeten Kanal hinaus. — In der rechten Klappe 


entspricht der. Schlossgrube ein dreieckiger Schlosszahn und 


den Nebenzähnen eine unterhalb der beiden Enden des Schloss- 
randes liegende flache Vertiefung, so dass die Nebenzähne in 
ihnen nur im Zustande des Geschlossenseins der beiden Klap- 
pen einen Stützpunkt finden konnten. Unter den Enden der 
" Nebenzähne oder der ihnen entsprechenden Vertiefungen liegen 


. | 160 


die tiefen Muskelhaftstellen, welche durch einen den Rändern 
parallelen, nur sehr wenig ausgeschnittenen Manteleindruck 
verbunden werden. 

Ich habe vergebens nach einer passenden Stellung für die 
in 50 — 60 Exemplaren vorliegende neue Species gesucht. Zu 
dem Genus Cardium kann sie wegen ihrer glatten ungekerbten 
Ränder, ihrer ungleichseitigen Gestalt, hauptsächlich aber we- 
gen des symmetrischen Baues ihrer Kardinalzähne nicht gestellt - 
werden; — mit Montacuta, Kellia, Bornia und Mesodesma mag 
wohl das äussere Ansehen und die Gestalt und Lage der weit 
in das Innere ragenden Seitenzähne übereinstimmen, die Car- 
dinalzähne aber sind bei den drei ersten Gattungen gar nicht 
oder nur sehr schwach entwickelt, — bei der letzten stark 
gekerbt. Aber auch die Stellung der betreffenden Species bei 
Erycina ist nur eine vorläufige und deshalb zweifelhaft, weil 
bei Erycina das Ligament zwischen den beiden unter den Wir- 
beln liegenden Cardinalzähnen haften muss, die vorliegende 
rechte Klappe der neuen Species aber einen Cardinalzahn zeigt, 
welcher der mittleren Grube auf der linken Klappe Au 
die dann kein Ligament enthalten kann. 


Rostellaria dentilabrum QUENST. 
Qussst. Jura p. 775, t. 9, f 24. 


Sechs schwach eonvexe Umgänge; die fünf ersten zart 
längs gestreift, mit je sieben ziemlich starken wulstigen Quer- 
falten, — der letzte nur längs gestreift, ohme. Querwulste. 
Dagegen erhebt sich auf seiner Mitte ein stark markirter Kiel, 
welcher in einen fingerartig aufwärts gebogenen Fortsatz aus- 
läuft. Der Canal soll nach QuEssteor eine bedeutende Länge 
erreichen. Höhe (excl. Canal) 20 Mm, — Selten. — 

Unsere Form ist der schwäbischen Species sehr ähnlich 
und dürfte trotz mancher kleinen Abweichungen speecifisch nicht 
von ihr zu trennen sein. Sie unterscheidet sich von QUEN- 
stepr’s Abbildung durch die geringere Anzahl von Querwulsten, 
durch eine weniger schlanke Form, ohne dass ihr sonstiger 
sehr charakteristischer Habitus wesentlich verschieden wäre. 


161 


Cerithium limaeforme Rorm. 
Ool. Geb. 142, t. 11, f. 19. 


Sehr häufig. — Spitz thurmförmig; besteht aus 8—10 sehr 

wenig convexen Umgängen. Spiralwinkel 20°. Auf jedem 
Umgange kreuzen sich 4— 5 Längsreifen mit c. 30 Querreifen 
und bilden auf jedem Kreuzungspunkte kleine Knötchen, welche 
in geraden Reihen übereinander zu stehen kommen, so dass die 
Oberfläche ein gegittertes Ansehen erhält. Auf der abgerun- 
deten Basis verschwinden die Querlinien, so dass sie nur noch 
längsgerippt erscheint. — Mundöffnung rundlich oval, in einen 
kurzen Kanal ausgezogen, mit deutlicher Spindelplatte. 
Diese Form ist identisch mit der von Rosuer beschriebe- 
nen Art von Hoheneggelsen, welche zwar meist nur 3 Längs- 
reihen von Knötchen hat und gewöhnlich nur geringere Dimen- 
sionen erreicht, aber gerade in diesen beiden Beziehungen — 
wie ROEMER a. a. O. selbst bemerkt, — öfter variirt. Die spe- 
cifischen Merkmale sind vollständig dieselben. 


Chemnitzia subulata Roem. 
Melania subulata Rorm., Nachträge 47, a A da 65 

Thurmförmig, 6—8 Umgänge, Spiralwinkel 25°, durch- 
schnittliche Länge 25 Mm. Umgänge glatt, nur durch die 
wenig vertiefte Naht getrennt. Basis stark abgerundet, Mund- 
‚öffnung spitz eirund. 

Auch diese bei Limmer sehr häufige Form ist mit der 
Hoheneggelser identisch, nur erreicht sie, wie bei der vorigen 
Art, die doppelt bis dreifach so grossen Dimensionen wie jene. 

Einzelne Asseln des Cidarites Blumenbachü Ds. (QUENST. 
Jura S. 729) und zuweilen 2 Zoll lange Bruchstücke der die- 
sem Echinit angehörigen Stacheln, Cidarites histricoides (QUENST. 
Jura p. 729, t. 85, f. 64) sind ebenfalls nicht selten in der 
betreffenden Zone. 

Die Schichten des Oxford treten in der Umgegend von 
Hannover an drei Punkten zu Tage: bei Limmer, am Mönke- 
berge und am Lindener Berge, An erst erwähntem Orte ist 
die beschriebene Zone typisch entwickelt, lässt sich jedoch 
ebenfalls, wenn auch nicht in derselben scharfen Begrenzung 
an den beiden anderen Aufschlusspunkten nachweisen. Sie 
nimmt auch hier dieselbe Höhe über der oberen Grenze der 


Corallenbank ein, wie bei Limmer, besteht aber aus sandigen 
Zeits.d.d geol. Ges. XVII. 1, MT 


E Er 
h 
% 
E 
+ 


162 


Mergeln von gelblich grauer Farbe, welche die diesem Hori- 
zonte eigenthümlichen Petrefakten nicht in solcher Menge und 
so ausgezeichnetem Erhaltungszustande umschliessen, wie die 
Mergel von Limmer. In ihnen fanden sich sowohl am Mön- 
keberg, wie am Lindener Berge: Opis similis h., Astarte ro- 
tundata h., Erycina dubia s., , Cerithium limaeforme h., Chemnitzia 
subulata h., Rostellaria dentilabrum s. und Cidaris_ histricoides 
h. in guterhaltenen Exemplaren, am ersten Orte auch Macro- 
don laeve, so dass das Auftreten dieses Horizontes an sämmt- 
lichen Aufschlusspunkten des weissen Jura in ‚der Umgegend von 
Hannover bewiesen ist. 

Aus Obigem ergiebt sich Folgendes: 

Der obere und untere Oxford der Umgebung von Hanno- 
‚ver werden durch eine dolomitische oder thonige Mergellage 
getrennt. Diese wird paläontologisch bezeichnet durch das 
Vorkommen von Chemnitzia subulata, Cerithium limaeforme, 
Astarte rotundata Roen., hauptsächlich von Opis similis PHILL., 
Erycina dubia Cren., Macrodon laeve Üren. Letztere drei Spe- 
cies, selbst die Genera, denen sie angehören, sind dem übrigen 
weissen Jura Hannovers fremd, repräsentiren somit die Fauna 
einer scharf bestimmten Zone des hannoverschen Oxfords, 
welche nach dem in ihr gewöhnliehsten Petrefakt als Zone der 
Opis similis bezeichnet werden kann. | 

Die petrefaktenreichen Schichten von Hoheneggelsen, 
welche OppeL fälschlich als eine den oberen, thonigen Schichten 
der Nerinea-tuberculosa-Zone (siehe Deut. geol. Zeitschr. B. XV. 
S. 205) entsprechende Bildung ansah, deren Zugehörigkeit zum 
Oxford mein Vater in seiner „Gliederung des ob. Jura“ S. 89 
zeigte, dürften als Parallelbildung der Zone der ÖOpis similis _ 
zu betrachten sein. Ausser den Lagerungsverhältnissen, welche 
die Zugehörigkeit der Hoheneggelser Schichten zum Oxford 
darthun, spricht das diesen und der hannoverschen Opis-Zone 
gemeinsame, ausserdem in Norddeutschland nicht beobachtete 
Vorkommen von Cerithium limaeforme und die beiden gemein- 
schaftliche Häufigkeit von Chemnitzia subulata und Astarte rotun- 
data für die Annahme der erwähnten Aequivalenz. Durch den 
Nachweis derselben erhalten die Hoheneggelser Schichten eine 
Vertretung in dem sonst so vollständig entwickelten Schichten- 
system des hannoverschen Jura, in welchem sie bis jetzt zu 
fehlen schienen, wodurch ihnen zugleich eine sichere Stellung 
zwischen oberem und unterem Oxford angewiesen wird, 


163 


6. Geognostische Beschreibung des Bergwerksdistriktes 
von St. Andröasberg. 


Von Herrn Herm. Crepner in Hannover. 


Hierzu Tafel III— V. 


Einleitung. — Litteratur. — I. Theil. Die geognostischen Verhältnisse 
der Umgegend von St. Andreasberg. — Speciellere Betrachtung des 
eigentlichen Ganggebietes. — Die faulen Ruscheln. - Die Ausfüllungs- 

. masse des von ihnen eingeschlossenen Gangbezirkes. — Die Silbererz- 
gänge — Ihre Ausfüllungsmasse. — Ihr Verhalten gegen die faulen 
Ruscheln. — Ihre gegenseitige Beeinflussung. — Ihre Beeinflussung 
durch sogenannte feste Geschiebe. — Die Eisensteins- und Kupferkies- 
Gänge. — Resume des ersten Theils. — Vergleichung der Andreas- 
berger Silbererzgänge mit denen von Pribram und Clausthal. — 
II. Theil. Entstehung der Gangspalten. — Theorie der Auslenkun- 
gen. — Aufzählung und Paragenesis der in den Andreasberger Silber- 
erzgängen gefundenen Mineralien. — Der Andreasberger Kalkspath. — 
Entstehung der Ausfüllung der Silbererzgänge, — die der Eisen- und 
Kupfererzgänge. — Resume des zweiten Theils. 


Einleitung. 


Der Andreasberger Bergbau ist wohl der älteste und be- 
rühmteste des Oberharzes. Theils aus ersterem Umstande, 
theils aus der eigenthumlichen Beschaffenheit der Andreasber- 
ger Gänge, welche durch faule Ruscheln nach allen Seiten hin 
auf ein bestimmt abgeschlossenes Feld, innerhalb dessen sie 
in grosser Anzahl netzförmig aufsetzen, eingegrenzt werden 
und deshalb eine geringere Längenausdehnung besitzen, erklärt 
es sich, dass der Andreasberger Bergbau eine grössere Tiefe 
erlangt hat und sein Feld mehr durchforscht ist, als es in ir- 
gend welchem andern Bergreviere der Fall sein mag. Hat 
man auf diese Weise eine Reihe höchst interessanter geognosti- 
scher Aufschlüsse erhalten, so sind doch die Resultate des in 
grösserer Tiefe betriebenen Bergbaues so unerfreulich gewor- 
den, dass gegenwärtig ein Missverhältniss der Produktion zu 

I* 


164 


den Ausgaben eingetreten ist, in Folge dessen der Andreas- 
berger Bergbau wohl in kürzerer Zeit zum Erliegen kommen 
wird. — Es dürfte deshalb wohl an der Zeit sein, eine Reihe 
von Beobachtungen, welche die Gangverhältnisse jenes Distriktes 
betreffen und in kürzester Zeit nicht mehr ‚ zugänglich‘ sein 
dürften, mit denen von einfgen älteren Autoren zu dem Bilde 
eines Bezirkes zusammenzustellen, welcher als Fundgrube von 
einer grossen Anzahl seltener oder durch die Schönheit ihrer 
Krystallformen ausgezeichneter Mineralien für jeden Mineralo- 
sen, durch seine eigenthümlichen Gangverhältnisse für den 
Geognosten und durch das Alter und die Tiefe der Gruben, 
sowie durch den einstigen Reichthum an Silbererzen für den 
Bergmann von hohem Interesse gewesen ist. 

Bei den zum grossen Theil verwickelten Gangverhältnis- 
sen, der Ausdehnung der Grubenbaue und dem Umstande, dass 
ein grosser Theil von ihnen verlassen ist, wäre es unmöglich 
gewesen in dem kurzen Zeitraum von einigen Wochen, welche 
einem Aufenthalt dortselbst gewidmet werden konnten, ein kla- 
res Bild von den Andreasberger Gangverhältnissen zu erlangen, 
wenn mir nicht sowohl von Seiten des Königlich Hannover- 
schen Berg- und Forst- Amtes zu Clausthal durch Erlaubniss 
zur Benutzung der betreffenden Aktenstücke und Markscheider- 
Risse, als auch von Seiten der Herren Bergbeamten in An- 
dreasberg durch Mittheilung von früher gemachten Beobach- 
tungen und Aufnahmen die dankenswertheste Unterstützung zu 
Theil geworden wäre, der gegenüber ich mich verpflichtet fühle 
meinen besonderen Dank auszusprechen. 


Litteratur. S 


' Vox TrEBRA. Erfahrungen vom Inneren der Gebirge. Dessau 
u. Leipzig, 1785. 


O. Lasıus. Beobachtungen über die Harzgebirge.. — 2 Th. 
Hannover, 1789. 
J. C. FreIesteBEn. ‘ Bemerkungen über den Harz. — 2 Th. 


Leipzig, 1795. 
Hausmann. Bemerkungen über die St. Andreasbergischen 
Gänge. — Horzmann’s Hercynisches Archiv. 1803. 
Ostuann. Bemerkungen über die Andreasberger Gänge. — 

Norddeutsche- Beiträge, 1806. I. | 


165 


Hausmann.  Geognostische Skizze von Sud-Niedersachsen. — 
Norddeutsche Beiträge, 1807. II. 

Hausmans. Beiträge zur Oryktographie von Norddeutschland. 
— Norddeutsche Beiträge. II. 

Ostmann. Bemerkungen über die Gänge des auswärtigen Zu- 
ges bei St. Andreasberg. — Norddeutsche Beiträge, 1808. III. 

Ostmans. Ueber die Anwendung der bisherigen Gangtheorien 
‚auf den Oberharzischen Bergbau mit Rücksicht auf dessen 
Gangverhältnisse. Karsten’s Archiv. 1822. V. 

ZIMmMERMANS. Die Wiederausrichtung verworfener Gänge, La- 
ger und Flötze. Darmstadt u. Leipzig, 1828. 

F. Horrmans. Uebersicht der orographischen Verhältnisse vom 
nordwestlichen Deutschland. Leipzig, 1830. 

Hausmann. Ueber den gegenwärtigen Zustand und die Wich- 
tigkeit des Hannoverschen Harzes. 1832. 

Hauvsmans. Ueber die Bildung des Harzgebirges. Göttingen, 
1842. 


\ 


Nubz "orbert 


1. Die geognostischen Verhältnisse der Umgegend 
von Andreasberg. 


Am südöstlichen Abhange des Bruchberges entspringen die 
Quellen der Oder und der Sieber. Beide nehmen einen unter- 
einander fast vollständig parallelen Lauf nach Süden an, bis 
sie sich ungefähr drei Stunden von ihrem Ursprunge mehr nach 
Westen zu wenden. Ihre tief eingeschnittenen Thäler umschlies- 
sen ein Plateau von äusserst unregelmässig bergiger Oberfläche 
und durchschnittlich 1700 Fuss Meereshöhe.und bilden die west- 
liche und östliche Grenze des Bergwerksbezirkes von St. An- 
dreasberg. 

Der nördlichste und zugleich höchste Theil dieses Pla- 
teaus wird von dem Sonnenberge und Rehberge gebildet. Der 
geognostische Bau dieser Berge, die Oontactverhältnisse der 
sie bildenden Gebirgsarten lassen sich am vorzuüglichsten an 
den steilen Abhängen des Oderthales beobachten. Die Quellen 
der Oder liegen am westlichsten Ende .des Brockenfeldes, unter 
der Wolfswarte. Sie vereinigen sich in einer flachen Thalmulde 
zwischen den Brockenfeldern und dem Rothenbruche und bil- 
den hier durch einen Damm gestaut den Oderteich, weleher 


166 


als Wasserreservoir für den Andreasberger Bergbau seit fast 
150 Jahren von der grössten Wichtigkeit ist. Der Damm ist 
an einer besonders engen und mit steilen Abhängen versehenen 
Stelle des Thales gezogen und aus mit Eisen verklammerten 
Granitblöcken und dazwischen, gestürzten Granitgrus aufgeführt. 
Er ist 60 Fuss hoch, am Grunde 80 Fuss, oben 60 Fuss breit 
und 325 Fuss lang und staut eine solche Wassermasse hinter 
sich, dass diese im Stande ist den Andreasberger Bergbau 
sowie die Stadt selbst auf 6 Monate zu versehen, wenn sie 
auch weder durch Regen- noch Quellzuflüsse ergänzt werden 
sollte. Aus diesem Reservoir werden die Wasser durch den 
3767 Lachter also 25113 Fuss langen Rehberger Graben dem 
Andreasberger Bergbau zugeführt. Ersterer zieht sich an der 
oberen Hälfte des westlichen Abhanges des Rehberges hin, 
begleitet so die Oder 1+ Stunde lang und wendet sich an dem 
Punkte, wo sich der Rehberg steil nach Süden absturzt, nach 
Westen, verlässt den Rehberg an der Stelle, wo dieser sich 
mit dem Sonnenberge vereinigt, nimmt eine südliche Richtung 
an, wird durch den 400 Lachter langen Wasserlauf durch den 
Sandhügel geführt und tritt oberhalb der Andreasberger Säge- 
mühle wieder zu Tage, um sein Wasser nach den einzelnen 
Gruben und Pochwerken zu vertheilen. 

Der Fahrweg, welcher den Rehberger Graben begleitet, 
gewährt die passendste Gelegenheit zur Beobachtung des geo- 
gnostischen Baues des nördlichsten Theils des Andreasberger 
Plateaus. 

Die Basis des Rehberges und des Sonnenberges ist Gra- 
nit von mittilerem Korne, von röthlichgrauer bis fleischrother 
Farbe, feldspathreich und glimmerarm, Turmalin an einigen 
Stellen z. B. an der Chaussee zwischen Andreasberg und dem 
Sonnenberger Weghause in grosser Menge umschliessend. Die 
von jenem Punkte stammenden Turmalinkrystalle sind ihrer 
doppelseitigen Ausbildung und ihrer ausgezeichnet hemiedri- 
schen Gestalt wegen bekannt. Sie sind von schwarzer Farbe 
und zeigen die zweite sechsseitige Säule, deren abwechselnde’ 
Kanten durch eine dreiseitige Säule abgestumpft werden. Das 
rauhe Hauptrhombo&der ist auf beiden Seiten, das glänzende, 
nächst schärfere Rhomboäder nur auf der einen Seite ausge- 
bildet. — Der Feldspath des Rehberger Granites ist vorzugs- 
weise Orthoklas von fleisch- bis blutrother Farbe, in weit ge- 


167 


ringerer Menge grünlichgrauer Oligoklas. Ersterer sowie Quarz 
sind häufig in den Drusenräumen des Granites auskrystallisirt. 

Der Granit befindet sich im Zustande der Verwitterung; 
die Abhänge der Berge und besonders die Thalsohlen sind oft 
10 Fuss hoch von Granitgrus bedeckt, zwischen welchem ein- 
zelne lose, an manchen Stellen hoch übereinander gethürmte, 
abgerundete Granitblöcke hervorragen. An andern ‚Stellen, wo 
(der Grus durch Wasser weggeschwemmt oder sonst wie ab- 
geräumt ist, tritt die concentrisch schalige und noch häufiger 
die plattenformige Absonderung des Granites, das Produkt der 
‚noch nicht so weit vorgeschrittenen Verwitterung desselben, 
. zu Tage. — Unreine, kaolinartige Massen haben sich an der 
Grenze des Granites am südlichen Abhange des Rehberges, 
sowie des Sonnenberges abgelagert. Während der Granit die 
Hauptmasse dieser beiden Berge bildet, so überlagert ihn in 
Form einer stumpfen Haube der Hornfels, welcher somit 
die höchsten Partien jener Bergrücken bildet. Die Contact- 
Ebene zwischen beiden Gebirgsarten neigt sich in einem Win- 
kel von 15 bis 25 Grad gegen S., so dass sich die untere 
Grenze des Hornfelses der fast horizontalen Linie des Reh- 
berger Grabens ziemlich schnell nähert. Sie mag; bei den 
Rehberger Klippen in einer Höhe von circa 120 Fuss über 
jenem liegen, senkt sich jedoch sichtbar nach ihm nieder, er- 
reicht und überschreitet den Graben am südlichen Abhange des 
Rehberges, so dass das Grabenhaus auf Hornfels und die 
Grenze mit dem Granit erst unterhalb des Grabens liegt. 

Die interessanten Oontact- Verhältnisse zwischen Granit 
und Hornfels, wie sie in.besonderer Schönheit an den steilen 
Absturzen der Rehberger Klippen sichtbar sind, sind schon seit 
geraumer Zeit durch die Beschreibungen v. Buc#’s, Lasıus’, 
Horruann’s und Hausmann’s bekannt geworden. 

Die Rehberger Klippen sind groteske, fast senkrechte 
Felsbildungen, am oberen Theile des Absturzes des Rehberges 
nach dem Oderflusse ‘gelegen, deren geneigte Basis aus Gra- 
nit, deren oberer steilster und zackigster Theil aus Hornfels 
besteht. Schon von Ferne muss die verschiedene Widerstands- 
fahigkeit des Granites und Hornfelses gegen die Einflüsse der 
Atmosphärilien auffallen. Der erstere theilweise schon in Grus 
verwandelt, theils in abgerundete, wollsackförmige Blöcke zer- 
fallen, welche wild durcheinander zerstreut liegen, — der Horn- 


168 


fels unverwittert in spitzen, scharfkantigen Klippen’ emporra- 
gend, nur auf der äussersten Oberfläche ‚gebleicht, —  platten- 
und säulenförmig zerklüftet. Der frühere Zustand des Horn- 
felses bevor seine Metamorphosirung geschah, ist auch jetzt 
noch deutlich in besonders drei Modifikationen zu erkennen: 

1) diehte homogene Masse von feinsplitterigem Bruche, 

grosser Festigkeit und grauer bis schwärzlichgrüner Farbe, — 
der umgewandelte Schieferthon,. 

2) gleichmässig feinkörnige, feste, splitterige Masse 
von hellgrauer Farbe, — zusammengesinterter Grauwacken- 
sandstein. 

3) grobkörniges Conglomerat von erbsengrossen Quarz- 
körnern in einer mit der sub ]. beschriebenen Varietät iden- 
tischen Grundmasse. Die Quarzkörner sehen gefrittet aus. 
Metamorphosirtes Grauwackenconglomerat. 

Diese drei Bildungen stehen jedoch nicht isolirt, es existi- 
ren vielmehr Uebergänge vom feinsten Sandstein bis zum grob- 
körnigsten Conglomerate, welches oft zollgrosse, gefrittete Thon- 
schieferbrocken einschliesst. — Besonders im Zustande der 
Verwitterung der äussersten Oberfläche, in welchem diese hell- 
grau bis bräunlich anläuft und die Quarzbrocken deutlicher 
hervortreten, ist der Hornfels von unveränderter Grauwacke 
kaum zu unterscheiden. In Spalten und Rissen haben sich 
gangtrumerartige Quarzlagen oder auch kleine Quarzkrystalle 
abgesetzt, auf welchen zuweilen, ebenso wie manchmal zwi- 
schen den Klüften, strahlige, krystallartige Nadeln ‘von Tur- 
malin angeschossen sind. In dem kryptokrystallinischen Ge- 
füge des Hornfelses sind mit bewaffnetem Auge kleine um- 
schlossene Theilchen von Orthoklas und Quarz zu erkennen. 

Dieser Hornfels ruht, wie bereits erwähnt, auf Granit. 
Die Contactfläche beider liegt jedoch nicht ‚in einer reinen 
Ebene, es bildet vielmehr die Hauptmasse des Granites kleine 
abgerundete Kuppen, spitze Zacken und treppenförmige Ab- 
stufungen, auf welchen der Hornfels auflagert und von welchen 
gangartige Spaltenausfüllungen und horizontale Injectionen in 
den Hornfels auslaufen, um sich in ihm nach und nach feiner 
werdend zu verlieren. Diese Spaltenausfüllungen haben oft 
eine Mächtigkeit von mehreren Fussen und keilen sich dann 
bald aus, meist aber sind es nur Gänge von wenigen Zollen, 
welche oft 10 bis 15 Fuss weit’ in den Hornfels reichen, sich 


169 


hier theilen und sich in feinen Adern verlieren. Bei den mäch- 
tigsten und - schwächsten Injeetionen bleibt sich jedoch die 
Schärfe ihrer Grenzen gleich. 

Einen sehr verschiedenartigen Charakter zeigt dd diese 
Spalten ausfullende Granit; bald ist er ein gleichförmiges Ge- 
menge seiner Bestandtheile, bald von mittlerem, bald von fein- 
stem Korne, ‚bald nimmt er durch die Ausscheidung von grös- 
seren Feldspathkrystallen ein porphyrartiges Ansehen an, — 
bald tritt der Glimmer zurück, verschwindet oft ganz, bald bil- 
den Quarz: und Feldspath ein fast homogenes, feinsplitteriges 
Gemenge, bald verdrängt der letztere fast alle übrigen Gemeng- 
theile. Ebenso wechselnd und zugleich von seinem Verwitte- 
terungsstadium abhängig ist die Farbe des Granites in den 
Spalten, indem er zwischen fleischroth, weiss, hell- und dun- 
kelgrau : schwankt. Die Grösse des Kornes der granitischen 
Injeetionen steht meist in dem umgekehrten Verhältniss zu der 
Entfernung von der Hauptgranitmasse, so dass der Granit im 
Anfange einer ablaufenden Spalte grobkörnig ist und nach und 
nach, je weiter er in den aufliegenden Hornfels dringt, fein- 
körniger und zuletzt zu einem felsitartigen Gestein wird. Der 
Granit der Injeetionen ist mit dem Hornfels nicht innig ver- 
wachsen, sondern trennt sich von ihm schon bei einigen losen 
Hammerschlägen, besonders wenn es ein Stuck ist, welches 
den Atmosphärilien längere Zeit ausgesetzt gewesen. Zuweilen 
durchsetzen Spaltenausfüllungen feinkörnigen Granites solche 
mit grobkörniger Ausfüllung, ohne dass sich die Schärfe der 
Grenzen. verwischt. 

Umgekehrt aber findet man zuweilen auch Blöcke oder 
Brocken von feinsplitterigem Hornfels vollständig umschlossen 
von Granit. 

“Der feinkörnige Granit mit vorwaltendem Feldspath schliesst 
oft schwarze, metallisch glänzende Punkte eines wahrscheinlich 
Cer- oder Lanthan-haltigen Minerals, vielleicht von Allanit ein. 

Der Hornfels bedeckt aber nicht nur haubenartig die Gra- 
nitkuppe des Rehberges und Sonnenberges, er legt sich auch 
an dem Fusse beider in Form eines schmalen Saumes band- 
artig an und geht nach Süden zu nach und nach in Kiesel- 
schiefer und dann in Thonschiefer und Grauwacken über, welche 
sich, nur an einzelnen Punkten von kleineren Partien erup- 
tiver Massen unterbrochen, bis an den Südrand des Harz- Ge- 


170 


birges hinziehen. Wie erwähnt besitzt der Hornfels eine be- 
deutende Härte und leistet der Verwitterung einen kräftigen 
Widerstand; die Folge davon ist, dass die ebenerwähnte Horn- 
felszone durch eine Reihe von Felsbildungen bezeichnet wird, 
während die Thonschiefer- und Granitberge ihre scharfen Um- 
risse verloren und abgerundete Formen angenommen haben. 
— Die Grenzlinie des Hornfelses und des Granites streicht in 
dem Bezirke zwischen Oder und Sieber von 8.O. nach N.W. 
und dieser Richtung entspricht eine Reihe von Hornfelsklippen, 
welche an ihrer östlichen und westlichen Grenze als schroffe 
Felsmauern in das Thal der Sieber und Oder einspringen und 
dieselben einengen, sowie die zwischen beiden Flüssen befind- 
lichen, kleineren Bäche zur Bildung von Wasserfällen zwingen. 
So verdanken das enge, an grotesken Felspartien reiche Drei- 
Brode-Thal, das ebenso schöne Schlufter-Thal das Romantische 
ihrer Schönheit allein der Festigkeit, welche der Hornfels der 
zerstörenden Kraft des Wassers entgegensetzt. Auf den Höhen 
zwischen diesen einzelnen Thälern erheben sich die Hornfels- 
' gebilde, welche unter dem Namen Glück- Aufs-Klippen und 
‚ Jordans-Hohe als weite Aussichtspunkte bekannt sind. 

Die Contactverhältnisse des Hornfels-Saumes und des Gra- 
nites sind besonders deutlich in dem Rehberger Wasserlauf 
durch den Sandhügel zu beobachten. — Wie erwähnt erreicht 
die untere Grenze des Hornfelses am Südabhange des Reh- 
berges das Niveau des Grabens, so dass erst die untere Hälfte 
des Berggehänges wieder aus Granit ‚besteht; an diese lehnt 
sich ein Vorberg des Rehberges, der Sandhügel, welcher nach 
Norden hin mit diesem zusammenhängt, sich aber nach Süden hin 
sanft verflacht (s. das Profil auf Taf. IIl.). Sein Vorderabhang be- 
stehtaus Granit, während Hornfels sein sudliches Gehänge bedeckt. 
Der erwähnte Wasserlauf durchschneidet im rechten Winkel die 
Contactfläche beider. — Die Grenze zwischen Granit und Horn- 
fels ist äusserst scharf und fällt steil gegen S. ein. Der letz- 
tere ist fest und splitterig, dunkelgrau bis schwarz und geht 
nach und nach in Kieselschiefer und am südlichsten Ende des 
Wasserlaufes in Thonschiefer uber. “Aehnlich ist das Profil 
zwischen der Jordanshöhe und der Andreasberger Sägemühle. 
Die von dem Sonnenberge nach Andreasberg sich hinabziehende 
Chaussee verlässt den Granit an einer Stelle, wo ältere Halden 
einen verlassenen Eisensteinsbergbau‘ andeuten und führt bis 


171 


“etwas über den höchsten Punkt der Jordanshöhe auf Hornfels, 
welcher nach Andreasberg zu sein glasiges versintertes Aus- 
sehen immer mehr verliert, ein kieselschiefriges annimmt und 
noch oberhalb der Sägemuhle in Thonschiefer übergeht. — In 
diesen Grenzbildungen sind zuweilen tafelförmige Brocken eines 
fein- oder grobkörnigen, hellgrauen bis rein weissen, gefritte- 
ten Quarzsandsteines eingelagert, welche in noch grösserer 
Menge als an der erwähnten Stelle im Drei-Brode-Thale nahe 
der unteren Grenze des Hornfelses zerstreut liegen. 

Der allmälige Uebergang des Hornfelses in einen ausge- 
zeichnet muscheligen Kieselschiefer ist im oberen Theile des 
Sperrenthales besonders schön ausgesprochen. — Die steil ein- 
fallenden Grenzwandungen des Granites und Hornfelses sind 
häufig durch Spaltenbildungen von einander getrennt, welche 
sich später mit Eisenoxyd ausgefüllt haben. Solche Contact- 
bildungen sind durch Grubenbaue im Drei-Brode-Thal, am Sand- 
hügel und im Loche aufgeschlossen. — 

Wie deutlich spricht die een Auflagerung des 
Hornfelses auf dem Rücken der Graniterhebung, das Ausge- 
fulltsein der Spalten in diesem‘ Hornfelse durch granitische 
Massen, die Ablöosbarkeit dieser letzteren vom Nebengestein, 
das Umschlossensein von Hornfelsbruchstucken vom Granit, 
die Spaltenbildung gerade auf der Contactfläche des Granites 
und Hornfelses, die später zu erwähnende, der Granitgrenze 
des Rehberges und Sonnenberges parallele Zone von Gang- 
spalten, — wie deutlich sprechen alle diese Umstände für die 
Annahme der plutonischen Entstehung des Granites! — 

Der Granit durchbricht als feuerflüssiges Gemenge die 
Thonschiefer und Grauwacken, verdrückt ihre Schichten und 
hebt eine Scholle von ihnen auf seinem Rücken in die Höhe. 
Seine Gluth beeinflusst das aufliegende sowohl, wie das be- 
nachbarte Gestein in der Weise, dass es glasartig zusammen- 
sintert und nach dem Erkalten zu einem amorphen Gestein 
wird, während die flüssige Masse des Granites in die durch 
die Eruption entstandenen Spalten gepresst wird, in welchen 
sie sich ohne augenblicklich zu erkalten, da auch das auflie- 
liegende fremde Gestein eine hohe Beken angenommen 
hat, bis in die feinsten Kanäle verbreitet. Durch den Druck 
des noch flüssigen Granites der Tiefe entstanden neue Spalten 
in dem Hornfels und den diesen durchschwärmenden bereits 


172 


erkalteten Granitinjectionen, welche abermals von dem nach- 
dringenden jüngeren Granite ausgefüllt wurden. Auf der an- 
deren. Seite umschloss die Granitmasse einzelne Brocken, 
welche sich von der in die Höhe gepressten sedimentären 
Hauptmasse ablösten. — In der der Granit-Eruption: zunächst 
liegenden Periode begann die Einwirkung der Wasser der Erd- 
oberfläche, der Atmosphäre und Quellen, welche sich in der 
Nähe und in Berührung mit den noch heissen Granitbildungen 
und den metamorphosirten Gesteinen zu einem desto: höheren 
Wärmegrad erhitzten, je grösser die Spannung der Atmosphäre 
durch die verdampfenden Wasser wurde. Mit der  allmäligen 
Abkühlung, des Gesteins drangen die Wasser durch die Ritzen 
und Spalten‘ nach und: wirkten hier in der Weise auflösend 
und wieder absetzend, dass auf der einen Seite ‚die bisher 
amorphe Granitmasse ihren jetzigen krystallinischen: Charakter 
annahm und dass sich seine accessorischen Bestandtheile, wie 
Allanit und Turmalin, in ihm auschieden, — auf der. anderen 
Seite aber in den Spalten des Hornfelses Gänge von derbem 
und Drusenausfüllungen von krystallisirtem Quarz, sowie auf 
den Schieferungs- und Schichtungsklüften nadelförmige 'Turma- 
linkrystalle gebildet wurden. Diese wässerige Lösung der Be- 
standtheile des Granites drang aber auch in die Poren des 
metamorphosirten Thonschiefers und imprägnirte ihn 
mit Feldspath- und Quarztheilchen, wodurch er seine war 
Gestalt als Hornfels erhielt. 

In derselben Weise beeinflusste der hervordringende Gra- 
nit und in späterer Zeit die Solution seiner einzelnen Bestand- 
theile die auf seinen Rändern aufliegenden und durch ihn zer- 
rissenen Thonschiefer und Grauwacken. Die körnigen Quarze, 
welche an manchen Stellen als Grenzgebilde auftreten, mögen 
sich als grauwackenartige Conglomerate gebildet haben, bei 
denen die Grundmasse zurückgetreten ist und deren einzelne 
Körner nur lose zusammengebacken waren, bis sie durch die 
Hitze der eruptiven Gesteine zusammenfritteten und auf diese 
Weise zu den vorliegenden, äusserst festen Massen wurden. 

Diese sämmtlichen Beobachtungen der Contactverhältnisse 
von Granit und 'Thonschiefer lassen sich auf. eine natürliche 
Weise mit der Annahme der Entstehung des Granites in Folge 
einer Umwandlung von sedimentären Gesteinen durch 
die Einwirkung des Wassers nicht: vereinen. In seiner Mono- 


173 


graphie der Granite des Harzes behauptet Dr. Fuchs mit be- 
sonderer Bezugnahme auf die besprochenen Verhältnisse am 
Rehberge, dass sich die Umwandlung der geschichteten Ge- 
steine in Granit überall verfolgen lasse und dass der Hornfels 
die in Mitten zwischen beiden liegende Umwandlungsstufe 
einnehme. Diese Behauptung dürfte schon allein die eigne 
sorgfältige Schilderung, welche Dr. Fucas von den dortigen 
Contactverhältnissen gab, widerlegen! Es ist zwar in einer 
Reihe von Profilen zu verfolgen, dass der Uebergang von Horn- 
fels nach Thonschiefer ein so allmäliger ist, dass nirgends 
scharfe Grenzen zwischen beiden gezogen werden können, — 
und dies ist eben bedingt durch die mit der Entfernung vom 
Granit schwächer werdende Beeinflussung der Gluth und der 
in späteren Zeiträumen einwirkenden Solution der Bestandtheile 
des Granites, — es fehlt aber der Nachweis der Uebergangs- 
stufen:nach der anderen Seite, vom Hornfels nach dem Gra- 
nite. Ist es nicht. möglich diesen zu fuhren, bleibt vielmehr 
eine scharfe Grenze zwischen beiden Gesteinen,, so spricht 
dieser Umstand für die eruptive Entstehung und metamorpho- 
sirende Einwirkung des Granites auf den Thonschiefer. Denn 
dass die chemischen Analysen des Granites dieselben Resul- 
tate geben wie die des aufliegenden Hornfelses, ist bedingt 
durch die Imprägnation des bereits durch die Hitze zusammen- 
gefritteten Thonschiefers mit den in überhitztem Wasser auf- 
gelösten und in dem benachbarten Gestein circulirenden Be- 
standtheilen des Granites. — Ein Uebergang des Hornfelses 
in den Granit wäre bewiesen, wenn die Beobachtung des Hrn. 
Dr. Fuchs richtig wäre: dass die granitische Ausfüllungsmasse 
in den Spalten des Hornfelses innig und untrennbar mit letz- 
terem verbunden sei und in diesen so allmälig überginge, dass 
die Grenze des Granites nicht bestimmt werden könne. Die 
Contaetverhältnisse an den Rehberger Klippen erweisen jedoch 
meiner Ansicht nach gerade das Gegentheil dieser Behauptung, 
Die Granitgsänge in dem Hornfels sind haarscharf von diesem 
geschieden, so dass die Atmosphärilien gerade auf der Oontact- 
fläche beider am wenigsten Widerstand finden und bewirken, 
dass Stücke, welche ihrem Einfluss längere Zeit ausgesetzt ge- 
wesen sind, gerade auf der Grenze zwischen beiden Gesteins- 
arten am leichtesten zu spalten sind, was unmöglich wäre, 


. wenn ein allmäliger Uebergang des Granites in den Hornfels 


174 


stattfinden sollte. Eine ununterbrochene Reihe von Uebergän- 
gen aus Thonschiefer in Granit ist somit nicht anzunehmen, 
vielmehr stehen die Resultate der rein geognostischen Beobach- 
tungen über die Entstehung des Granites, wie sie die Umge- 
bung von Andreasberg in Menge bietet, im grellsten Widerspruch 
zu der Annahme, dass der Granit ein Ergebniss der Umwan- 
deluns ee Gesteine sei. 

Nach Süden zu geht die Hornfelszone am Fusse 2 Reh- 
berges und Sonnenberges, wie bereits erwähnt, in Kieselschie- 
_ fer, Thonschiefer und Grauwacken über, welche letztere nach 
der Sieber zu vorwalten und von derem westlichen Ufer an, 
sowie im Süden der Stadt Andreasberg, den Thonschiefer voll- 
ständig ersetzen. 

Neben der Kieselschieferzone jedoch, welche den Ueber- 
gang zwischen Hornfels und Thonschiefer bildet, ist noch das 
sporadische Auftreten von Kieselschiefereinlagerungen zu 
erwähnen. Dieselben sind weder an die Nähe der eruptiven 
Gesteine, noch an sonst welche bedingende Verhältnisse ge- 
bunden, sondern gesetzlos in dem ganzen dortigen Thonschie- 
fergebirge zerstreut und gehen bald in den benachbarten Thon- 
schiefer über, bald aber sind sie durch besonders deutlich aus- 
geprägte Schichtungsflächen scharf von jenem getrennt. Die 
Erklärung Hausmanw’s (Bildung des Harzes, 76.), dass Kiesel- 
schiefer-Einlagerungen der ersten Art durch die Einwirkung 
kieselreicher Quellen auf den Thonschiefer, — scharfgeschie- 
dene, beiderseitig von Thonschieferschichten begrenzte Zwischen- 
lagen hingegen durch die direkte Absetzung der Kieselsäure 
aus heissen Springquellen entstanden seien, hat viel Wahr- 
scheinlichkeit für sich. Nur dürfte sich die Deutung des Ur- 
sprunges des Kieselschiefers, wo dieser eben nicht durch den 
Contact mit plutonischen Massen entstanden, durch die An- 
nahme vereinfachen, dass er allein als metamorphisches Ge- 
bilde der durch spätere Hitzeeinwirkung zu Thonschiefer ver- 
härteten Thone und Schieferthone, beeinflusst durch kiesel- 
reiche heisse Quellen, zu betrachten sei. Denn gerade die 
scharfgeschiedenen Kieselschieferlagen zeichnen sich durch ihr 
gleichmässiges Anhalten, ihre constante Mächtigkeit und voll- 
ständig ebene Schichtungsflächen aus, wie man sie nur durch 
das Eindringen von kieselreichen Wassern in besonders lose 
Schichten, welche mit mehr thonigen, das Eindringen des me- 


175 


tamorphosirenden Wassers abhaltenden Schichten abwechselten, 
erklären kann, während die Annahme des direkten Absatzes 
des Kieselschiefers Aus heissen Quellen eine tufige, sinterar- 
tige oder wellige Struktur, sowie eine grössere Mächtigkeit der 
Ablagerung in der Nähe des Ursprungsortes der Quelle, eine 
Abnahme nach allen Seiten, überhaupt durch äussere Einflusse 
bedingte Unregelmässigkeiten erheischt, welche wir bei den 
Kieselschiefereinlagerungen von Andreasberg vermissen. 

Eine Bestimmung des Alters der Andreasberger Thon- 
' schiefer und Grauwacken ist durch Seltenheit von organischen 
Resten sehr erschwert. Im’ dortigen Zehntgebäude wird unter 
einer Reihe von Gangstücken und Proben des Nebengesteins 
der Andreasberger Erzgänge ein Handstück von Thonschiefer 
mit einer Posidonomya Becheri aufbewahrt, welches vor langer 
Zeit auf einer dortigen Halde gefunden sein soll. Die Un- 
sicherheit des Fundortes, der Umstand, dass seitdem trotz eif- 
riger Beobachtungen keine weiteren Versteinerungen des Kulms 
gefunden worden sind, machen eine Anwendung des vorhande- 
nen Leitfossiles zur Bestimmung des Alters eines Theiles der 
dortigen Schichten unthunlich. 

Das Vorkommen von bestimmbaren fossilen Resten lässt 
sich allein im Osten von Andreasberg, am östlichen Abhange 
des Beerberges, in der Nähe der alten Haus-Redener Halden 
nachweisen. Auf den Feldern und Wiesen, welche sich zwi- 
schen der Braunlager Chaussee und dem jetzt trockenen Drei- 
Jungfern-Graben ausbreiten, werden nämlich von Jahr zu Jahr 
Brocken von feinkörnigem kalkisem Sandstein ausgerodet und 
am Waldrande angehäuft, welche in zwar seltenen und nicht 
besonders gut erhaltenen Exemplaren folgende Versteinerungen 
führen, welche F. A. RoEmER in seinen „Beiträgen zur Kennt- 
niss des nordwestlichen Harzgebirges* abgebildet hat: Homa- 
lonotus Schusteri A. RoEm., Homal. obtusus Sanpe., Phacops la- 
ciniatus F. RoEm., Spirifer macropterus GOLDF., Orthis sp., Chon- 
drites Andreae A. RoEM. 

Aus der Häufigkeit der Homalonoten im Verhältniss zu der 
anderer Reste schliesst RoEMER auf die Zugehörigkeit der sie 
umschliessenden Sandsteinbrocken zum untersten Devon, dem 
Spiriferensandstein. 

Die anstehenden Schichten dieses letzteren hat man in 
der Umgebung von Andreasberg noch nicht gefunden, vielmehr 


176 


sieht man an einer Reihe von Stellen rings um das Terrain, 
auf welchem die einzelnen Sandsteinbrocken zerstreut liegen, 
den versteinerungsleeren Thonschiefer deutlichst anstehen. Auf 
der anliegenden geognostischen Karte von Andreasberg ist des- 
halb keine besondere Farbe zur Bezeichnung des Spiriferen- 
Sandsteines gewählt, sondern nur das Auftreten von einzelnen 
zerstreuten Brocken desselben durch dunklere Punkte ange- 
deutet. 

Bis auf die erwähnten organischen Reste ist der Thon- 
schiefer von Andreasberg bisher als versteinerungsleer befunden 
worden. Er repräsentirt eine gleichförmige Aufeinanderfolge 
von dünngeschichteten, oft dünnschiefrigen Schiefern von meist 
dunkelgrauer bis blauschwarzer Farbe, denen sämmtlich ein 
Streichen von W. nach ©. und ein steiles Einfallen gegen 8. 
gemein :ist. Nur im westlichen und südlichen Theil des An- 
dreasberger Bezirkes treten erst untergeordnet, nach und nach 
vorwaltend und dann allein herrschend Grauwacken auf, welche 
nach dem Granit zu eine ähnliche Veränderung wie die Thon- 
schiefer erlitten haben. Sie erreichen dann z. B. im unteren 
Theile des Sperrenthales und im Dreibrodethal eine bedeutende 
Härte und ähneln den in Hornfels verwändelten, oben beschrie- 
benen Grauwacken des Rehberges. 

Der Uebergang von Thonschiefer in Grauwackenschiefer 
und von diesem in Grauwacke lässt sich im Sperrlutterthale 
unterhalb der Andreasberger Hütte deutlich verfolgen, — sowie 
das Sieberthal an seinen beiderseitigen Abhängen den besten 
Einblick in die Zusammensetzung des Andreasberger Grau- 
wackengebirges gewährt. Die Grauwacke bildet hier Bänke 
von 4—5 Fuss Mächtigkeit, welche zuweilen von dünnen La- 
gen eines dünnschiefrigen Thonschiefers getrennt werden und 
hor. 6—7 streichen und steil gegen S.S.O. einfallen. Im süd- 
lichen Theile des Thales, zwischen dem Forsthaus Königshof 
und der Steinrenner Hütte, sind es feinkörnige, gleichmässige, 
dichte Conglomerate von grünlich grauer Farbe, welche im un- 
teren Laufe des Dreibrodethales und in der Nähe von dessen 
Einmündung in das Sieberthal eine röthlichbraune bis dunkel 
ziegelrothe Farbe annehmen, welche sie einer Eisenoxydlösung 
verdanken. Noch weiter thalaufwärts tritt wieder die dunkel- 
graue Färbung des Gesteins sowie eine noch grössere Festig- 
keit ein, bis die eigentliche Grauwacke in Hornfels übergeht; 


177 


‘ 


aber auch hier noch sind die Schichtungs- und Schieferungs- 
flächen von eisenschüssigem Thone roth beschlagen. 

F. A. RoEmer hat‘auf Previger’s Karte des Harzgebirges 
die Hornfelskuppe des Rehberges und Sonnenberges sowie die 
Zone von Hornfels, Grauwacken und Thonschiefern am süd- 
westlichen Abhange des Granitgebirges als Kulm, eine mitt- 
lere Partie, welche ihren Mittelpunkt ungefähr in Andreasberg 
selbst findet, als devonisch, und das Schiefer- und Grau- 
- wacken-Gebirge westlich von der Stadt und südlich von dem 
Grünsteinzuge als silurisch bezeichnet. Diese Beiordnung 
der Andreasberger sedimentären Gebilde zu irgend einem die- 
ser Gebirgsglieder dürfte erst durch die Auffindung der sie be- 
stimmenden organischen Reste möglich werden. Geognostische 
Grenzen zu ziehen zwischen stundenweit von einander entfern- 
ten, durch paläontologische Funde sicher bestimmten Punkten 
dürfte bei dem durch plutonische Gebilde verwirrten Schichten- 
bau des Andreasberger Schiefergebirges zu einer Menge Irr- 
thumer Veranlassung geben. Auf anliegender geognostischer 
Karte ist deshalb das ganze Thonschiefer- und Grauwacken- 
gebirge mit nur einer Farbe bezeichnet worden. 

Schneidet im Norden von Andreasberg der Granit des Bel 
berges und Sonnenberges das sedimentäre Gebirge des Andreas- 
berger Bezirkes ab, so erhält dieses durch einen langgedehn- 
ten schmalen Grünsteinzug auch eine südliche Grenze. 
Die Hauptrichtung dieses Grünsteinzuges ist die von O. nach 
W. und erstreckt sich vom östlichen Abhange des Andreasber- 
ger Thales uber den Glockenberg, den Mathiasschmiedsberg 
und den Oderberg bis auf die Höhe der Rücken, welche den 
östlichen Abhang der Trutenbeeker Berge bilden. 

Der Diabas von Andreasberg ist vorwaltend von feinkör- 
niger Struktur. Von seinen Gemengtheilen waltet der Oligo- 
klas vor. Dieser ist grünlichgrau und zeigt besonders bei por- 
phyrartigen Varietäten den rektangulären Durchschnitt seiner 
Krystalle. In dieser Oligoklas-Grundmasse liegen kleine, meist 
abgerundete Körner von Augit und Schüppchen von  Chlorit. 
Der Augit hat sich manchmal, doch im Ganzen seltener, in Form 
kleiner Krystalle ausgeschieden. Der Diabas von feinkörniger 
Struktur geht zuweilen in porphyrartige und schiefrige Varie- 
taten, noch öfters in dichten Diabas über. Letzterer ist dann- 
ein äusserst festes, grünlichgraues Gestein, welches nach sei- 

Zeits.d d geol. Ges. XV. 1, 12 


178 


nen äusseren Merkmalen oft schwer von Hornfels zu. unter- 
scheiden ist. Sondern sich aus dieser Gruudmasse dunkellauch- 
grüne Oligoklaskrystalle aus, so entsteht der porphyrartige Dia- 
bas, — Blatterstein hingegen, wenn sie Körner von Kalkspath, 
welche bei der Verwitterung leere Räume in ihr zurücklassen, 


 umschliesst. Die Hauptmasse des Andreasberger Grünstein- 


zuges bleibt jedoch der feinkörnige Diabas, wahrend die dich- 
ten, kalkigen und porphyrartigen Varietäten nur von unterge- 
ordneter Ausdehnung sind. Als accessorische . Bestandtheile 
dieses Diabases treten Schwefelkies und Magnetkies beide in 
feineingesprengtem Zustande, zuweilen auch als schmale Schnur- 
chen auf, sowie Kalkspath und Datolith trümerartigzgdie Aus- 
füllungsmasse einzelner Spalten bilden. Das bekannteste Vor- 
kommen von letzterem, welches wohl alle‘ deutschen Minera- 
lienkabinete mit Handstücken versorgte, ist das im Wäsch- 
grunde einige hundert Schritte unterhalb der Grube St. An- 
dreaskreuz durch einen ‚Steinbruch aufgeschlossene. Der Da- 
tolith bildet hier im Verein mit weissem oder rosarothem Kalk- 
spath sowie faserigem und traubigem Prehnit. zwei Hauptgang- 
schnuren im Grünstein,, welche in ihrer Mächtigkeit zwischen 
- und 1+- Zoll schwanken und von denen sich eine grosse 
Menge oft nur linienbreiter Adern abzweigen, welche sich im 
Nebengestein verlieren. Die beiden Hauptgänge ‚streichen hor. 


9 und fallen gegeneinander ein, so dass sie sich in der Sohle 


des Steinbruches vereinigen. Als Saalbänder dieser Datolith- 
gange tritt eine dunne, chloritreiche Lage von grünlichgrauem 
Letten auf. Aehnliche Gangvorkommen von Datolith sind im 
Wäschgrunde südlich von oben beschriebenem Fundorte bei der 
Anlage eines Grabens fur die neuerrichtete Holz-Schleif-Mühle 
überfahren worden, und das im Trutenbeek, dem Thale 
eines Nebenflüsschens der Oder ist schon seit geraumer, Zeit 
bekannt. | 

Die ausgezeichnet schaligkuglige Struktur des Diabases 
und zugleich die oft äusserst verworrenen Contactverhältnisse 
mit dem Thonschiefer sind besonders schön am östlichen Ab- 
hange des Oderberges an der Chaussee von Braunlage nach 
Andreasberg zu beobachten. Dieselbe durchschneidet den 
Grünsteinzug — abgesehen von ihren vielen Serpentinen — 
fast rechtwinklig. Geht man vom Oderhaus aus, so über-. 
schreitet man erst eine Strecke lang einen dünnschiefrigen, 


179 - 


dunkelgrauen Thonschiefer. von jedoch schon inconstantem Strei- 
chen und Fallen, bis sich in ihm einzelne kugelartige Diabas- 
einlagerungen zeigen, welche sich schnell mehren und nach und 
nach den Thonschiefer fast vollkommen bis auf wenige kleine 
keil- oder haubenförmige Partien verdrängen. Der Grünstein 
selbst tritt hier in den verschiedenartigsten Strukturverhältnissen 
auf, bald schalig, bald dick geschichtet, bald fächerförmig; 
hier in Form einzelner Kugeln isolirt im Thonschiefer einge- 
lagert, dort als Ellipsoide von den verschiedensten Grössen 
so. dicht nebeneinander gedrängt, dass sie sich gegenseitig in 
ihrer Form beeinflussen; an der einen Stelle compact und 
von grosser Widerstandsfähigkeit, an einer anderen bröckelig 
und mürbe. Hier windet sich ein nur wenige Zoll mächtiger 
Schmitz. von Thonschiefer durch die Diabasmassen, während 
sich dort der Diabas trichterförmig übergreifend über grossen 
Thonschiefermassen ausgebreitet hat. Diese abwechselnden 
Formen zeigt der Diabas an der rechten Seite der Chaussee 
über eine Stunde lang, bis sich die Thonschiefereinlagerungen 
wieder mehren, die Diabasapophysen nach und nach weniger 
werden und zuletzt aufhören und das Terrain des Thonschiefers 
wiedergewonnen ist. In ganz ähnlicher Weise sind die 
Struktur- und Contaetverhältnisse (des Diabases und des Thon- 
schiefers im Wäschgrunde in dem bereits obenerwähnten, neu- 
gezogenen Graben aufgeschlossen. Ebenso findet man in der 
Mitte der Längserstreckung des Grünsteinzuges, etwas unter- 
halb des Engelsburger Teiches, Thonschieferschmitze und Keile 
zwischen dem Grunstein, so dass der Thonschiefer auf der 
Oberfläche des ganzen Grünsteinzuges in Form von kleinen 
Schollen aufgelagert und eingekeilt sein muss. Man sollte er- 
warten, dass diese Einlagerungen sowie die Partien des Thon- 
schiefers, welche an der Grenze des Diabases von diesem viel- 
fach durchsetzt und verdrückt sind, von ihm zur Zeit seines 
Empordringens metamorphosirt worden seien. Die Contact- 
thonschiefer unterscheiden sich jedoch wenig von denen in 
weiterer Entfernung vom Diabas, so dass es scheinen muss, 
als wenn die Thonschiefer von Andreasberg schon in ihrem 
jetzigen Zustande eine Metamorphose von vielleicht thonigen 
Mergeln, oder Schieferthonen seien. Die vielfach gebogenen 
und gekrümmten ‚Schichten des Contactthonschiefers, wie sie 
an vielen Punkten der Umgebung von Andreasberg aufgeschlossen 


12° 


180 


sind, deuten darauf hin, dass ihre Metamorphosirung noch zur 
Zeit ihrer Biegsamkeit und Weichheit eingetreten ist. 

Wie der dem Diabas benachbarte Thonschiefer von ein- 
zelnen Grünsteinpartien durchschwärmt wird, so laufen auch 
in grösserer Tiefe verschiedene Zweige von dem Hauptzuge 
weiter ab und erreichen theils die Erdoberfläche nicht und 
sind dann nur durch Grubenbaue nachgewiesen, theils treten 
sie erst in ziemlicher Entfernung vom Hauptstamme zu Tage. 
Von diesen mag eine Anzahl noch unter Dammerde und Geröll 
versteckt liegen, andere sind entblösst. Von ihnen bildet die 
eine die Kuppe des Galgenberges westlich von Andreasberg, 
eine Partie ist aufgeschlossen zwischen der Grube Samson 
und der Deig’schen Fabrik, und ein kleiner nnr einige 
90 Fuss im Durchmesser haltender Stock ist auf dem Wege 
zwischen dem Beerwege und dem Mathiasschmiedsberge unweit 
der alten Halden des Schachtes Gottes Segen östlich von An- 
dreasberg sichtbar. Die letzterwähnten beiden Punkte sind 
trotz der geringen Ausdehnung, welche sie an der Erdober- 
fläche -einnehmen, von geologischem Interesse. Die erste Partie 
ist aufgeschlossen an der Stelle, wo das vor Kurzem abgebrannte 
Samsoner Zechenhaus gestanden hat. Der Diabas ist hier von 
ausgezeichnet kugeliger Struktur. Kugeln oder fast kugelfor- 
mige Ellipsoide von 4 bis 2 Fuss Durchmesser liegen lose auf- 
einander, ohne dass ihre Zwischenräume irgend wie ausgefüllt 
wären. Die Diabaskugeln sind allein durch eine blasige chlo- 
ritreiche Masse, welche sie sämmtlich | bis + Zoll stark in- 
crustirt hat, zusammengehalten. 

Das andere isolirte Auftreten von Diabas, etwas nordost- 
lich vom Gottes-Segener Schachte, verdient Beachtung, weil es 
der einzige bei Andreasberg bekannte Punkt ist, an welchem 
der Diabas die ihm zunächst liegenden Thonschiefer vollstän- 
diger als gewöhnlich metamorphosirt hat. Dieselben sind dunn- 
schieferig, von verschiedenen falschen Schieferungen durch- 
kreuzt und haben eine erbsengelbe Farbe angenommen. In 
dieser hellen Grundmasse liegen einzelne hirsen- bis linsen- 
grosse, dunklere Quarzkügelchen zerstreut. 

Vorläufig dürfte in Bezug auf den Grünstein nur noch zu 
erwähnen sein, dass er sich von unten nach oben umgekehrt 
keilförmig auszubreiten und an seiner oberen Grenze über den 
Thonschiefer überzugreifen scheint. An einigen Punkten we- 


181 


nigstens ist dies Thatsache und theils auf der Südseite des 
Diabases durch die Baue auf dem Engelsburger Gang, theils 
im Norden des Grunsteinzuges durch die Baue südlich von 
der Grube Andreaskreuz bewiesen. 

Zu bemerken ist”noch, dass weder dem Grünsteinzug ein 
von ihm gebildeter Höhenzug noch der Grenze zwischen dem 
plutonischen und dem sedimentären Gestein Thalbildungen oder 
Einsenkungen entsprechen, dass letztere vielmehr gerade uber 
die Rücken und Gipfel der Berge laufen, und dass Bäche und 
Thäler die Gebirgsarten ohne Rücksicht auf ihre verschiedene 
Festigkeit durchbrechen. Der Hornfels allein macht sich durch 
eine leicht zu verfolgende Reihe von Felsbildungen kenntlich. 

Das Gebiet des Thonschiefers, welches nach Norden hin 
von dem Granitrücken des Rehberges und Sonnenberges und 
im Suden von dem beschriebenen Grünsteinzug abgeschnitten 
wird und dessen seitliche Grenzen das Thal der Sieber und 
der Oder andeuten, ist das durch seinen Reichthum an selte- 
nen Mineralien und Silbererzen und durch seine interessanten 
Gangverhältnisse bekannte Andreasberger Gangrevier. 


2. Speeciellere Betrachtung des eigentlichen Gang- 
gebietes. 


Die Andreasberger Silbererzgänge unterscheiden sich von 
denen jenseits des Bruchberges ausser durch die Verschieden- 
artigkeit ihrer Ausfüllung besonders durch ihre geringe Er- 
streckung. Während die Gänge der Umgegend von Clausthal 
bei einer durchschnittlichen Mächtigkeit von mehreren Lachtern 
stundenlange Züge bilden, sind im Andreasberger Reviere eine 
grosse Anzahl von Gängen von viel geringerer Mächtigkeit in 
ein kaum 2500 Lachter*) langes und nur * so breites Gang- 
feld zusammengedrängt, welches sie netzformig durchschwär- 
men. Merkwürdiger Weise scheint ihre Grenze durch zwei 
taube Gänge von ganz anderem Charakter wie sie gebildet zu 
werden, welche nach. beiden Seiten zu convergiren und so eine 
langgestreckte Ellipse formiren, über welche hinaus die edle 
Ausfüllung der Gänge sich nicht ausdehnt. Eine Beschreibung 
der Erstreckung dieser tauben Grenzgänge der sogenannten 


*) 1 Lachter = 6 Fuss 8 Zoll. 


182 


faulen 'Ruscheln liefert also eine scharfe Begrenzung des An- 
er Silbererzgangfeldes. | 


PDT En Bas 


Die Ruscheln sind durchschnittlich mehrere, jedoch auch 
bis 30 Lachter mächtige, taube Gänge, deren Ausfüllung aus 
Bruchstucken von mürbem Thonschiefer besteht, ‘welche von 
dem Nebengestein stets durch Saalbänder von fettem grauem 
Thon getrennt sind, welche letztere zuweilen eine Mächtigkeit 
von mehreren 'Fussen erreichen. Am Ausgehenden geht die 
ganze Ausfüllungsmasse in hell- oder blaugrauen Thon über, 
welcher an manchen Punkten durch Stollen abgebaut wird, um 
als Besatz der Bohrlöcher zu dienen. Die von der des Neben- 
gesteins so abweichende Farbe der Ruschelausfüllung, das 
scheinschieferige lettige Ansehen des sie bildenden Thonschie- 
fers, welcher an der Luft bald zerfällt und sich in Thon ver- 
wandelt, erleichtert die Verfolgung der Ruscheln über Tage, 
da sich in Folge dieser Umstände Halden von Schächten und 
Versuchsbauen, welche in den Ruscheln betrieben worden sind, 
augenblicklich von solchen im festen Gestein unterscheiden 
lassen. Man sollte nach der Milde der: Ruschelausfüllung er- 
‚warten, dass die Oberflachenbeschaffenheit dem Verlaufe der 
“Ruscheln in der Weise entspräche, dass dieser durch Thal- 
und Schluchtenbildungen bezeichnet würde. Dem ist jedoch 
merkwürdiger Weise nicht so, die Ruschelu durchsetzen viel- 
mehr, ohne die Form der Oberflächen zu beeinflussen, Thäler 
und Berge, sodass das Andreasberger Gangrevier über Tage 
durch nichts markirt wird. 

Der Ruscheln sind. vier: zwei Haupt- und Grenzruscheln, 
die Neufanger nördlich und die Edelleuter südlich von An- 
dreasberg, und zwischen beiden zwei von geringerer Bedeutung 
und Erstreckung: die Silberburger und die Abendröther. 

Die Edelleuter Ruschel zieht sich in fast gerader Li- 
nie vom Trutenbeek, also den östlichen Gehängen des Oder- 
thales, quer uber dieses letztere und das Sieberthal bis nach 
dem Königsberg hin, hat somit das durchschnittliche Streichen 
von h. 7. und fällt mit 65 bis 70 Grad gegen Südwesten ein. 
Ueber Tage ist sie am deutlichsten am nördlichen Abhange 
des Mathiasschmiedsberges zwischen dem Breitenbeek und dem 
Wäschgrunde an einer ununterbrochenen Reihe von alten Bauen 


183 


zu: verfolgen, deren Halden sich durch das auffallende Ruschel- 
gestein kenntlich machen. Auch an den Abhängen des Oder- 
thales war sie nachzuweisen. In der Tiefe ist sie am schon- 
sten in der Grube Andreaskreuz im Niveau des Sieberstollens 
durch das Bärener Ort, sowie in der Nähe des im Andreas- 
berger Thal befindlichen Mundloches des Grünbirschler Stollens 
aufgeschlossen. 

In den Gehängen des Sieberthales legen sich verschiedene 
Eisensteinsgänge an sie an, selbst in sie hinein und machen 
- sie auf diese Weise selbst abbauwürdig. Durch die Eisen- 
steinsbaue am Nordabhange des Sieberberges und am westli- 
chen Abhange des Königsberges ist sie an verschiedenen Stel- 
len in: derselbeng Beschaffenheit und mit demselben Streichen 
wie ihre Fortsetzung weiter‘ nach Osten aufgeschlossen, so 
dass eine Verbindung der einzelnen bekanuten Gangstücke zu 
einem einzigen Gange, wie es auf anliegender Karte Bechen 
ist, unbedenklich erscheint. 

‘Die Edelleuter Ruschel streicht parallel der Längserstreckung 
des Grünsteinzuges. Man nahm früher an, die Gangfläche der 
Edelleuter Ruschel liege gerade im Contaet zwischen Grünstein 
und Thonschiefer und bilde somit eine scharfe Grenze zwi-. 
schen beiden. An der Oberfläche und bis zu einer geringen 
Tiefe ist dieses bis auf wahrscheinlich eine Stelle, wo der 
Thonschiefer die Ruschel noch überschreitet, auch der Fall, in 
srösserer Tiefe jedoch haben die Versuchsbaue hinter der Edel- 
leuter Ruschel nicht direkt Grünstein sondern eine bedeutende 
Mächtigkeit von Thonschiefer anstehend gefunden, ehe sie er- 
steren erreichten, was auf eine übergreifende Lagerung des 
Diabases schliessen lässt. 

Am Nordabhange des Sieberberges sendet die Edelleuter 
Ruschel die Silberburger Ruschel als liegendes Trum ab, 
welche sich ohne constantes Streichen in mehreren Krümmun- 
gen, jedoch in ihrer Hauptrichtung parallel der Edelleuter Ru- 
schel bis in die Nähe des Engelsburger Teiches (im Ostsüd- 
osten von Andreasberg gelegen) zieht und sich hier wieder mit 
jener vereinigt. - In ähnlicher Weise trennt sich von der Sil- 
berburger Ruschel die Abendröther, jedoch nur um nach einer 
kurzen Erstreckung im Innern des Beerberges wieder mit 
jener zusammen zu laufen. 

Diese beiden Ruscheln von geringerer Ausdehnung ver- 


184 


einigen sich nicht nur seitlich wieder mit der Edelleuter Ru- 
schel, als deren liegende Bogentrumer sie zu betrachten sind, 
sondern auch in der Tiefe, indem sie unter 40 bis 50 Grad 
gegen die bedeutend steiler aufgerichtete Hauptruschel einfallen. 
Das durch die drei Ruscheln eingeschlossene Thonschieferge- 
birge stellt somit zwei konische Körper vor, ‚deren Spitze nach 
unten gerichtet ist und deren langgestreckt ellipsoidische Grund- 
fläche die von dem Ausgehenden der Ruscheln begrenzte Erd- 
oberfläche darstellt. Anliegende Horizental- und Profil-Risse 
werden das gegenseitige Verhalten der drei Ruscheln 'veran- 
schaulichen (siehe Taf. IV. Fig. 1, 2, 3, 4, 5). Die Durch- 
schnitte auf der Sohle des Sieberstollens sowie der 6, Strecke 
des Andreaskreuzer Schachtes (76 und 132 Lachter unter Tage) 
zeigen, wie sich die Silberburger und Abendröther Ruschel der 
Edelleuter genähert haben, wie die Bogen, welchen jene über 
letzterer bilden, schon kleiner geworden sind als auf der hö- 
her gelegenen Grünhirschler Stollensohle (41 Lachter tief). 
Zwischen der 6. und 12. Strecke (196 Lachter tief) muss sich 
die innere der beiden Ruscheln, die Silberburger, schon mit 
der Hauptruschel vereint haben, denn in der letztgenannten 
Strecke ist nur noch die Abendröther gefunden, welche aber 
auch nur noch einen kurzen Bogen uber der Edelleuter be- 
schreibt, welche letztere dahingegen bedeutend an Mächtigkeit 
‚gewonnen hat. Von da ab bis zur 16. Andreaskreuzer Strecke 
(260 Lachter unter Tage) muss sich auch die Abendröther Ru- 
schel an die Edelleuter angelegt haben, welche von dieser 
Strecke an nur noch allein, aber in der desto bedeutenderen 
Mächtigkeit von 30 Lachter das Feld behauptet. 

Das gegenseitige Abhängigkeitsverhältniss dieser ‘drei Ru- 
scheln ist mit Sicherheit erst in letzterer Zeit durch die Beob- 
achtungen des Herrn Markscheider STRAUCH nachgewiesen wor- 
den. Die fünf betreffenden anliegenden Durchschnitte verdanke 
ich der gütigen Mittheilung desselben. 

In einem ähnlichen Verhältniss wie die Abendruikel und 
Silberburger Ruschel steht wahrscheinlich auch die vierte die 
Neufanger Ruschel zur Edelleuter. Sie dehnt sich wie ein fla- 
cher Bogen über der letzteren aus, fällt mit 55 bis 75 Grad 
gegen Süden ein und hat an der Stelle, ‘wo sich an ihr. die 
wichtigsten Andreasberger Gänge auskeilen, ein Streichen von 
6,4 Stunden. Letzteres muss natürlich der bogenförmigen Er- 


185 


streckung der Ruschel wegen an anderen Stellen ein anderes 
sein. Die Punkte, an denen sich Edelleuter und Neufanger 
Ruschel trennen, fallen in die Nähe der Stellen, an welchen 
erstere die Grenzflüsse des Andreasberger Revieres, die Oder 
und Sieber kreuzt, und sind in gerader Linie ungefähr 2500 
Lachter von einander entfernt. Es ist jedoch die östliche Ga- 
belung beider Ruscheln nicht aufgeschlossen und deshalb mit 
Sicherheit nicht anzugeben. Der am weitesten von der Edel- 
leuter Ruschel entfernte Punkt des Bogens, welchen die Neu- 
fanger Ruschel bildet, ist am Knöchel am oberen Ende des 
Kälberthales aufgeschlossen und beträgt die Entfernung zwi- 
schen beiden in gerader Linie 450 Lachter. Ausser an diesem 
Punkte ist die Ruschel durch einige Lettenstollen am südöst- 
lichen Abhange des Sperrenthales verschiedentlich aufgeschlos- 
sen, sowie die Felder des gegenuberliegendes Thälgehänges 
— wohl ausgeglichene alte Halden — deutlich das Ruschel- 
gestein erkennen lassen. In der Tiefe ist die Neufanger Ru- 
schel durch die Versuchsorte von dem Silberstollen und der 
33. Samsoner Strecke aus überfahren, sowie von der 23. er- 
reicht worden. Dass sie sich mit der Edelleuter auch in der 
Tiefe vereint, ist nach der Analogie der beiden inneren Ru- 
scheln wahrscheinlich, müsste aber dann der Entfernung beider 
Ruscheln wegen, bei dem geringen Unterschiede im Fallen 
derselben, erst in nie erreichbarer Tiefe stattfinden. Denn jetzt 
noch ist das Gesenk des Samsoner, 422 Lachter tiefen Schach- 
tes 50 Lachter von der Neufanger Rnschel entfernt, obgleich 
dieser Schacht nur in 150 Lachter Entfernung von dem Aus- 
gehenden der Ruschel angesetzt worden ist und berücksichtigt 
werden muss, dass der Schacht fast saiger ist, die Edelleuter 
Ruschel aber nach Süden einfällt und somit einer Vereinigung 
mit der Neufanger ausweicht. Letztere bildet die Grenze zwi- 
schen den Thonschiefern des Erzbeckens und der nördlich da- 
von auftretenden Grauwacke, wie sie in dem Sperrenthale so- 
wie auf der Höhe über diesem nach dem Sieberthal zu ansteht. 
Sie müsste somit nach Roruer’s, freilich paläontologisch noch 
nicht begründeter Annahme, dass die Grauwacke dem Kulm 
angehöre, während die Thonschiefer südlich davon devonisch 
seien, die Grenze zwischen beiden Gebirgsformationen bilden. 

Die Neufanger und Edelleuter Ruschel umschliessen das 
Andreasberger Erzbecken, welches somit die Gestalt eines 


186 \ 


spitzen, nach unten gekehrten, durch die zwei kleineren  Sil- 
berburger und Abendröther Ruscheln in drei Theile getheilten 
Keils besitzt. Die beiden Hauptruscheln scheinen, wie später 
gezeigt werden soll, dem Weitervordriugen einer silberreichen 
Gangausfüllung einen undurchdringlichen Damm entgegenge- 
setzt zu haben. Denn soviel Gänge auch ausserhalb derselben 
aufgeschlossen worden sind, keine hat eine Spur von Silber. 
gezeigt; Eisenstein, Kupfer- und Kobaltkies sind die einzigen 
Erze, welche sie führen. 


B. Ausfullungsmasse des Andreasberger Erz- 
becekens. 


Wie schon mehrmals bemerkt, ist das Andreasberger von 
den Ruscheln eingeschlossene Ganggebirge der Hauptmasse 
nach Thonschiefer, in welchem regellos zerstreute Kiesel- 
schiefer- und Quarzfelseinlagerungen auftreten und in das’ sieh 
einzelne Nebenzweige des südlicheren Diabasstammes einge- 
drängt haben. 

Der Thonschiefer von unvollkommener, diek- und stets 
geradschieferiger Textur, mit ebenen Spaltungs- und unebenen, 
oft splitterigen Bruchflächen und aschgrauer, lauchgrüner, kohl- 
schwarzer Farbe, streicht regelmässig h. 6,4 und fällt constant 
mit 78 Grad gegen Süden ein. Oft sind in ihm Schwefel-, 
Kupfer- und Magnetkies, sowie Zinkblende und Bleiglanz in 
kleinen meist nur mit der Lupe erkennbaren Partien einge- 
sprengt. Zuweilen umschliesst dieser feste Thonschiefer 
. Zwischenlager von einem milden in Letten übergehenden Thon- 
schiefer, welcher häufig spiegelnde Ablösungs- und krumm- 
schalige Schieferungs- und Schichtungsflächen hat. Diese mur- 
ben Partien stehen jedoch in keinem nachweisbaren Verhältniss 
zu den Gängen oder den eingelagerten Diabasmassen. 

Ebenso unabhängig von letzteren tritt der Kieselschie- 
fer auf. Es sind unregelmässige Einlagerungen von wechseln- 
der Mächtigkeit, welche meist durch Uebergänge mit dem Thon- 
schiefer verbunden, zuweilen aber auch scharf von diesem ge- 
trennt sind. Seine Schichten sind deutlicher abgelöst und er 
selbst stärker zerklüftet wie jener, er ist härter und fester, 
nimmt einen ebenen, oft aber muscheligen Bruch und stets 
eine schwarze Färbung an. Er enthält ebenfalls die beim 
Thonschiefer erwähnten Kiese und Glanze eingesprengt, jedoch 


ae. 


meist in noch grösserer Menge und noch feiner zertheilt, wo- 
durch seine Festigkeit bedeutend vermehrt wird. Es scheint 
als ob die Kieselschiefer - Einlagerungen an Menge und Aus- 
dehnung in der Tiefe zunähmen. So mehren sie sich z. B. im 
Samsoner Reviere schon von der 29. Strecke an und nehmen 
auf der 31. und 32. Strecke noch mehr zu; ob dies aber Regel 
und nicht ebenso zufällig ist wie die Einlagerungen in geringerer 
Teufe, muss dahin gestellt bleiben, da keine andere Grube in 
Andreasberg eine ähnliche Tiefe erreicht hat. Dass diese Kie- _ 
selschiefer - Einlagerungen wahrscheinlich durch den Einfluss 
kieselreicher Quellen auf den durch den Grünstein noch nicht 
zu Thonschiefer verhärteten Thon entstanden, ist bereits oben 
erwähnt. | 

'' Unter ebenso unregelmässigen Verhältnissen wie die Kie- 
selschiefer-Einlagerungen treten an mehreren Punkten des An- 
dreasberger Revieres Quarzsandsteinlager auf, welche entweder 
unter einem unbestimmten Winkel die Schichten des Thon- 
schiefers schneiden oder parallel diesen eingelagert sind und 
eine bedeutende Mächtigkeit erreichen können. Der Quarzsand- 
stein hat eine licht aschgraue Farbe, ist oft von dunkleren 
Flecken und Adern durchzogen und besitzt eine bedeutende 
Festigkeit. Seine Struktur ist meist feinkörnig. Die grösste 
Ausdehnung gewinnt ein solches Quarzsandsteinlager von 
5 Lachter Mächtigkeit welches rechtwinklig gegen den Samso- 
ner Hauptgang streicht, gegen N. einfällt und durch die Sam- 
soner, Gnade Gotteser und Bergmannstroster oberen Baue auf- 
geschlossen war. Eine ähnliche Einlagerung hatte man im 
Gesenk des Andreaskreuzer Schachtes erreicht. 

Von den Grünstein-Massen, welche sich zwischen die 
sedimentären Ganggebirge gedrängt haben, sind ausser den 
oben beschriebenen drei Partien mit Sicherheit nur noch we- 
nig andere anzugeben, da ein grosser Theil der Baäue, durch 
welche sie überfahren. wurden, verlassen ist. Auch wurde in 
früherer Zeit überhaupt kein Gewicht auf sein Auftreten ge- 
legt, so dass genauere Angaben desselben auf den Markschei- 
der-Rissen fehlen. Am deutlichsten sind noch einzelne Grün- 
steinpartien durch die 10., 11. und 14. Strecke im W.. vom 
Andreaskreuzer Schachte und durch den Querschlag vom Sie- 
berstollen im Hangenden des Bergmannstroster Ganges aufge- 
schlossen. Bei dem unregelmässigem Verlauf, welchen die 


188 


Diabas-Injectionen in: Folge ihres Eingepresstwerdens nehmen 
mussten. bei ihrer in verschiedener Teufe so verschiedenen 
Gestalt und Ausdehnung bleibt es überhaupt fast unmöglich 
die Zusammengehörigkeit verschiedener wie isolirt im Thon- 
schiefer liegenden Diabasmasseu zu erkennen. Es muss viel- 
mehr das Faktum genügen, dass das Andreasberger Schiefer- 
gebirge von Diabas-Injectionen in der verschiedensten Richtung 
durchsetzt wird, ohne dass sie jenes in seinen Lagerungsver- 
hältnissen oder seiner Festigkeit beeinflussen. 

Die zufälligen Einschlüsse des Diabases sind jedoch an- 
derer Art als die des benachbarten Thonschiefers. In ihm tritt 
in derselben Weise wie über Tage im Wäschgrunde und im 
Trutenbeek Datolith mit Kalkspath vergesellschaftet auf, so im 
Niveau des Sieberstollens in einem hangenden Bogentrume 
des Bergmannstroster Ganges (Taf. IV. Fig. 8), während sich 
an anderen Stellen, z. B.,in den Tiefbauen der Grube Berg- 
mannstrost an der Grenze des Thonschiefers und Grünsteins 
pistaciengrüne, im Nebengestein des Felicitaser Ganges 
durchsichtig apfelgrüne Granaten gefunden haben, und an dem 
Contact des Grünsteins und Thonschiefer - Nebengesteins des 
Bergmannstroster . Ganges Axinit und Pistacit vorgekommen 
sind. 


C. Die Silbererzgänge. 


Das in den vorigen beiden Abschnitten beschriebene, von 
zwei faulen Ruscheln mantelartig umschlossene enge Thon- 
schiefergebiet wird in dichtem Gewirre von einer grossen An- 
zahl von Silbererzgängen durchsetzt. 

Die Andreasberger Silbererzgänge haben, wie es der ge- 
ringe Umfang des dortigen Erzbeckens bedingt, eine. weniger 
bedeutende Längenerstreckung wie die anderer Reviere. Sie 
beträgt im Durchschnitt nur 3— 400 Lachter und erreicht nur 
in einem Falle, beim Bergmannstroster Gange, welcher unge- 
fähr die längste Axe der Ruschelellipse bildet, 900 Lachter. 
Auch die Mächtigkeit der dortigen Gänge ist inconstant, sie 
schwankt zwischen wenigen Linien und einigen Fussen. »el- 
tene und nicht gern gesehene Fälle sind es, dass ein und der 
andere Gang eine Mächtigkeit von 1 Lachter und noch darüber 
erlangt. Bei so geringer Ausdehnung und Mächtigkeit scheinen 
die Andreasberger Gänge in um so grössere Tiefe zu setzen, 


189 

so dass man sie noch 2800 Fuss \unter Tage abgebaut hat. 
Ein Blick auf die anliegende Karte zeigt, dass ihr Streichen 
ein zweifaches ist. Bei den einen waltet eine Richtung nach 
N.N.W., bei den andern nach 0.8.0. vor, so dass man schon 
allein nach diesem Merkmale zwei Gangsysteme aufzustellen 
vermag. Das Kriterium des verschiedenen Streichens erhält 
noch einen höheren Werth durch die Art und Weise der gegen- 
seitigen Beeinflussung beider Gangsysteme, welche im Folgenden 
in Kapitel F. abgehandelt werden soll. Dem ersten Gangsystem 
gehören von ©. nach W. gezählt folgende Gänge an: der 
Wenn’sglückter, Jacobsglücker, Samsoner, Franz-Auguster, Sa- 
mueler, Felieitaser, Fünf-Bücher-Mosiser, Prinz-Maximilianer, 
Andreaskreuzer und Morgenröther Gang, sowie das Catharina 
Neufanger Diagonaltrum, welchen ein durchschnittliches Strei- 
chen von hor. 10 und ein Einfallen von 70— 80° gegen N.O. 
gemein ist. Die Gänge des anderen Zuges streichen eirca hor. 
7! und fallen mehr nach N. ein; sie kreuzen sich deshalb mit 
den vorigen und werden von ihnen an vielen Punkten verwor- 
fen, so dass ihnen eine fruhere Existenz wie den zuerst auf- 
gezahlten zugeschrieben worden ist. Zu ihnen gehört der 
Gnade-Gotteser und Bergmannstroster Gang. Die Hauptaus- 
füllungsmasse dieser sämmtlichen Gänge ist Kalkspath, weniger 
Quarz mit Bleiglanz, Zinkblende, Arsen, Rothguültig und Anti- 
monsilber, zu welchen sich eine grosse Reihe mehr oder we- 
niger seltener Mineralien gesellt, welche in ihrer Häufigkeit 
und oft überhaupt ihrem Vorkommen an gewisse Gänge gebun- 
den sind. ‘So ist z. B. Rothgültig, freilich in verschiedener 
Menge, bis jetzt auf sämmtlichen Andreasberger Gängen, aber 
auch von Tage an bis in 2800 Fuss Tiefe aufgeschlossen wor- 
den, während die mit ihm zusammenvorkommenden Mineralien 
in mehrfacher Weise gewechselt haben. Die Ausfüllung sämmt- 
licher Gänge wird vom Nebengestein nicht durch Saalbänder 
getrennt, ist vielmehr an dieses „angewachsen“. 

Die Erzführung tritt leider in den Andreasberger Gängen 
in einer ganz anderen Weise auf wie in denen jenseits des 
Bruchberges. Der Gang führt nicht in einer gleichmässig an- 
haltenden Weise reiche Erze, es treten diese vielmehr nur 
sporadisch bald an der bald an jener Stelle auf, wo sie bald 
die Ausfullung einer linsenförmigen Erweiterung eines Ganges, 
bald irgend eines anderen weder durch Form und Lage noch 


190 


Beschaffenheit des Nebengesteins bezeichneten Gangstuckes 
bilden, so dass die Ausbeute des dortigen Bergbaues je nach 
reicheren oder ärmeren Funden eine äusserst schwankende ist. 
Es sind lange Zeiten vorgekommen, in welchen Gruben in Zu- 
buse gestanden haben, ja eingestellt wurden, bis plötzlich ein 
einziger glücklicher Schuss fussbreite reine Silbererze bloslegte, 
welche leider nach kurzem Anhalten ebenso rasch einer erzarmen 
Gangmasse  wichen, wie sie gekommen. Am meisten Hoff- 
nung auf reiche Erzführung hat der Andreasberger Bergmann, 
wenn der Gang schmal und das Nebengestein fest ist, sieht da- 
gegen grössere Mächtigkeit und Milde ungern. 

Die Beschaffenheit des Nebengesteins hat auf die Eutkähe 
rnng der Gänge keinen Einfluss. Früher nahm man an, — so noch 
Hausmann in seiner „Bildung des Harzes“, — dass der Silber- 
reichthum eines Ganges, sobald letzterer in -Grünstein setze, voll- 
ständig aufhöre, gewöhnlich sogar der Gang selbst absetze, und 
brach mit den Bauen ab, sobald man jenes Gestein erreicht; 
- erst der Zufall berichtigte den Irrthum in der Weise, dass man 
seitdem auch in den Grünsteineinlagerungen sehr reiche Silber- 
mittel auschoss. Auch die wechselnde Festigkeit ‚des Thon- 
schiefers lässt keine Einwirkung auf die Erzführung bemerken. 
In vielen anderen Gangbezirken hat sich die Regel, dass 
die Gänge in der Tiefe an Erz-Reichthum und Mächtigkeit zu- 
nehmen, als richtig bewährt, jedoch auch sie erleidet in den 
Andreasberger-Gangverhältnissen eine Ausnahme. Im Gegen- 
satz zu ihr ist der Charakter der Andreasberger Gänge in der 
Tiefe ein hoffnungsloser; die tiefsten Samsoner Baue zeigen 
sie oft als nur strohhalmbreit und als nur sporadisch wenig 
Bleiglanz und noch weniger Silbererze führend, während das 
Nebengestein eine solche Festigkeit erreicht, dass der Abbau 
nicht mehr lohnt; was aber das Wichtigste ist, die grossen Ein- 
lagerungen von Silbererzen fehlen. Das tiefste solche Nest im 
Samsoner Gange begann unter der 27. Strecke, erreichte zwi- 
schen der dl. und 32. seine grösste Längenausdehnung von 
20 und seine bedeutendste Mächtigkeit von * Lachter, bestand 
hauptsächlich aus Rothgültig, Antimon- und Arsensilber und 
keilte sich erst unter der 35. Strecke aus. Von da ab, bis in 
das Tiefste, eine Saigerhöbe von 60 Lachter, sind alle Ver- 
suche, den Gang wieder edel auszurichten, vergeblich gewesen, 
überall hat er sich als äusserst erzarm gezeigt. Besonders edel 


191 


sollen die Gänge an den Punkten sein, an denen sie sich zer- 
trümern. Es wird jedoch dieser Umstand ebenso vom Zufall 
abhängen, wie das Auftreten sämmtlicher Silbernester in den 
Andreasberger Gängen. 

Ebenso schwankend wie. die Bezführung ist das Streichen 
und Fallen der dortigen Gänge, welches im Verein mit ihrer 
variirenden Mächtigkeit das Veriolgen derselben sehr erschwert» 
sie selbst oft ganz verlieren lässt. Häufig zersplittern sich die 
Gänge besenreisartig (siehe Taf. V. Fig. 15), ohne dass eine 

Veränderung des Nebengesteins bemerklich ist und oft vereini- 
gen sich die ablaufenden Trümer wieder ebenso schnell. An 
anderen Punkten verlieren sie sich jedoch im Nebengestein bis 
auf eins, welches sich weder durch besondere Mächtigkeit noch 
Edeikeit vor den anderen auszeichnet; dieses nimmt nach eini- 
ger Zeit an Stärke wieder zu, bis es -oft wieder eine Mächtig- 
keit von mehreren Fussen erreicht. Das Schmalerwerden (Ab- 
gedrücktwerden) der Gänge nimmt besonders in der Tiefe zu. 
So ist der Samsoner- und Gnade-Gotteser-Gang auf der 41. 
Strecke’zuweilen nur linien- ja haarbreit und nur bei der gröss- 
ten Aufmerksamkeit zu bemerken. Das Nebengestein scheint 
die Gänge in ihrer Mächtigkeit nur wenig beeinflusst zu ha- 
ben. Die Gänge setzen oft aus mildem ‘[honschiefer in Kie- 
selschiefer oder Diabas von hoher Festigkeit über ohue sich 
in ihrem Streichen und Fallen, ihrer Mächtigkeit im geringsten 
zu ändern. Häufig umschliesst die Gangmasse scharfkantige 
Bruchstücke des Nebengesteins (siehe Taf. V. Fig. 12). — 
Ablaufende Gangtrümer begleiten oft in grosser Anzahl den 
Hauptgang und sind stellenweis mächtiger und bauwürdiger, 
wie jener. In der Nähe der Gänge finden sich häufig auf 
Schichtungs- und Schieferungsflächen des Thonschiefers derbe, 
dendritische oder kleinkrystallinische Anfluge von Rothgülten, 
welche z. B. auf der 29. Samsoner Strecke das Nebengestein 
eines hangenden "Trumes mehrere Lachter weit abbauwürdig 
machten. Ebenso konnte -auf der Grube Andreaskreuz das 
hangende Nebengestein auf der 6. Strecke 7—10 Lachter weit 
gewonnen und als Bergerz behandelt werden. 

Eine häufige Erscheinung in den Andreasberger Gängen 
sind die Drusenräume. Abgesehen von kleineren und selt- 
neren Vorkommen, in welchen Rothgültig, Sprödglaserz und 
andere weniger häufige Mineralien auskrystallisirt sind, sind 


192 


sie meist mit Kalkspath oder Silicaten und unter diesen wieder 
am häufigsten mit Apophyllit und Harmotom ausgekleidet. Die 
meisten Kalkspath-Drusen brechen auf der dritten Samsoner 
Strecke auf dem Jacobsglücker Gange, sowie auf dem Fünf- 
Bücher-Mosis-Gange im Niveau des Sieberstollens, wo sie sich 
spaltenförmig, auf beiden Seiten mit Kalkspathkrystallen be- 
deckt, lachterweit hinziehen. In ebenso ausgedehnten Drusen- 
räumen tritt der Apophyllit als Auskleidung auf. Rosaroth 
und in besonderer Schönheit, wie seitdem nicht wieder, brach 
er im damaligen Gesenke des Samsoner Schachtes, der jetzigen 
40. Strecke. Der weisse Apophyllit ist häufiger und noch jetzt 
stehen auf der 26. und 29. Strecke des Samsoner Ganges lach- 
terhohe und lange, mit: weissem Apophyllit ausgekleidete Dru- 
senräume offen. Die Kalkspath-Drusen beschränken sich 
hingegen hauptsächlich auf die oberen und mittleren "Teufen 
der Gänge. In dem engsten Zusammenhange mit den Drusen 
stehen die Räume, welche nicht ausgefüllte Gangspalten bilden. 
Es ist dies nicht allein der Fall an Punkten, wo die Gang- 
spalten bis zu einer äusserst geringen Mächtigkeit herabsinkend 
ohne Ausfüllung geblieben sind, sondern tritt am grossartigsten 
in dem mächtigsten der Andreasberger Gänge, dem Wenn’s- 
gluckter Gange auf. Unterhalb der dortigen 8. Strecke hat 
man vor hundert Jahren einen solchen 12 Lachter langen, 10 
Lachter hohen und drei Lachter breiten leeren Gangraum auf- 
geschlossen, dessen Wandungen jedoch kahl und nicht von 
Krystallen überzogen waren. 

Fast sämmtlichen Andreasberger Gängen sind die oben be- 
sprochenen Eigenthumlichkeiten gemeinsam: ein wellenförmiges 
Streichen nach hor. 7 oder 9, ein steiles Einfallen gegen NO. 
oder N.N.O., eine grosse Unregelmässigkeit in ihrer Mächtig- 
keit, eine geringe Längenausdehnung, ein Aussenden von einer 
Menge von Trümern, eine Gangmasse von Kalkspath, selte- 
ner Quarz, eine Erzführung von Arsen, Rothgultig, Antimon- 
und Arsensilber, das nesterweise Auftreten derselben in der 
höheren und mittleren, ihr Fehlen in grösserer Teufe und die 
Menge der sie begleitenden Silicate, sowie der Drusenräume, 
in welchen sie auskrystallisirt sind; Alles das sind charakte- 
ristische Kennzeichen der Andreasberger Silbererzgänge. 

Der Bergbau auf diesen Gängen zerfällt in das inwen- 
dige Revier, dessen Tagessituation mit der westlichen Grenze 


193 


der Stadt zusammenfällt und in das auswendige Revier, 
welches östlich von der Stadt, jedoch in deren unmitelbarer 
Nähe belegen ist. Von den noch in Betrieb stehenden Zechen 
gehört die Grube Samson, Catharina-Neufang und die vereinig- 
ten Gruben (Abendröthe, Gnade-Gottes und Bergmannstrost) 
dem inwendigen, die Grube Andreaskreuz aber dem auswen- 
digen Zuge an. Die erste Aufnahme des dortigen Bergbaues 
fällt in oder kurz vor das Jahr 1520, wo der Andreaskreuzer 
Gang von Joachimsthaler Bergleuten erschürft sein soll. Von 
da ab bis heutiges Tages haben fast sammtliche vorgenannte 
Gruben mit nur geringen Unterbrechungen in Betrieb gestanden. 


D. Speciellere Betrachtung der Ausfüllung q der 
einzelnen Silbererzgänge. 


Abgesehen von den Beeinflussungen, welchen die Andreas- 
berger Gänge durch Ruscheln, durch sie kreuzende Gänge und 
sogenannte feste Geschiebe ausgesetzt gewesen sind, und welche 
sich natürlich bei verschiedenen Gängen und Teufen verschie- 
den geäussert haben, ist der allgemeine Habitus derselben nicht 
bedeutend verschieden. Es zeichnet sich zwar der eine Gang 
durch das Vorherrschen oder sonst nicht bekannte Auftreten 
des einen und der andere durch das Fehlen oder Zurücktreten 
des anderen Minerals aus, aber meist sind dies seltnere’ die 
Gangausfüllung weniger charakterisirende Fossilien, welche 
wohl auf bei ihrer Bildung einwirkende locale Einflüsse aber 
nicht auf in verschiedenen Perioden gebildete Gangformationen 
schliessen lassen. 


a) Der Samsoner Hauptgang. 


Ich beginne mit ihm, weil er der Typus der Andreasber- 
ger Gänge, am tiefsten und genauesten aufgeschlossen und 
mehr noch wie alle anderen seiner reichen Silbermittel und 
der grossen Anzahl der in ihm auftretenden, seltenen und meist 
prachtvoll krystallisirten Mineralien wegen berühmt ist. 

Den Samoner-Hauptschacht zum Anhalten genommen be- 
findet sich das bei weitem reichere Gangfeld nördlicherseits 
nach der Grube Neufang zu, wo es von der Neufanger Ruschel 
begrenzt wird. Auf der südlichen Seite zeigte der Gang bei 
grösserer Mächtigkeit weit weniger reiche Anbrüche. Er war 


seit 1, Jahrhunderten die en des Andreasberger Berg- 
Zeits. 2, d.g ol.&es. XV. 1. ’ 1 


194 


baues und der bedenkliche Zustand des letzteren beruht haupt- 
sachlich darauf, dass jener in dem Bereich, innerhalb dessen 
er sich durch seine Edelkeit ausgezeichnet hat, d. i. von der 
18. bis zur 37. Strecke abgebaut ist, sein Verhalten in der 
Tiefe sich aber äusserst erzarm gezeigt hat. 

Ein Horizontaldurchschnitt des Samsoner Ganges ist 
schwach S förmig gebogen, so dass sein Streichen zwischen 
hor. 95 und 10+ schwankt, während er mit 85° gegen N.O. 
einfällt. Seine Mächtigkeit schwankt zwischen haar- und fuss- 
breit. Seine Hauptgangausfüllungsmasse ist Kalkspath, währeud 
Quarz nur sehr untergeordnet auftritt. In ihr sind, ohne dass 
eine bestimmte Norm oder Aufeinanderfolge zu bemerken wäre, 
folgende metallische Fossilien bald sporadisch eingesprengt, 
bald nesterweise, bald trümerartig eingelagert: Bleiglanz, An- 
timonglanz (in besonderer Häufigkeit und Schönheit zwischen 
der 25. und 26. Strecke), Arsenikkies, Kupferkies (beide z.B. 
auf der 23. Strecke krystallisirt), Rothgültig (in allen Teufen 
verbreitet, in besonderer Derbheit auf der 31., 33. und 36. 
Strecke), Antimon- und Arsensilber, gediegen Arsen, zuweilen 
z. B. zwischen der 30. und 31. Strecke mit Pharmakolith, 
sed. Silber (selten), Antimonnickel, Arseniknickel, Antimon- 
und Feuerblende, Haarkies, Zundererz, Polybasit und Miargy- 
rit (z. B. zwischen der 23. und 28. Strecke). Von nicht me- 
tallischen Mineralien sind: Desmin, Stilbit, Harmotom (auch 
rother), Apophyllit (weisser auf der 29., rother auf der 40., 
grüner auf der 29. und 38. Strecke), Chabasit, -Flussspath 
 (Hauptform stets Octaöder) und Analeim, sowie apfelgrüner 
Granat, dieser jedoch als grosse Seltenheit auf den Wandun- 
gen der Spalten und Drusenräume auskrystallisirt. Ueber das 
Vorkommen des Apophyllites ist Seite 192, sowie über das letzte 
grössere Silbernest Seite 190 schon gesprochen. Profil des 
Samsoner Ganges Taf. IV. Fig. 7. 


b) Der Franz-Auguster-Gang 
setzt im Liegenden des Samsoner Hauptganges auf und streicht 
diesem im Durchschnitte parallel. Seine Hauptgangmasse ist 
Kalkspath. Aus Blende, Bleiglanz, gediegen Arsen, Arsenikkies, 
Rothgültig, Arsen- und Antimonsilber besteht seine Erzführung. 
Der vom Franz-Auguster-Gange stammende Arsenik ist derb, nicht 
schalig und meist wie Stahl blau angelaufen. Arsensilber ist 


195 


besonders zwischen der 23. und 26. Strecke vorgekommen 
und zwar brachen hier die besten Erzmittel auf dem Schaa- 
rungspunkte mit dem Bergmannstroster Gange. Mit diesen Erzen 
zusammen kommen in mehr oder minder’grosser Seltenheit Na- 
trolith, Desmin, weisser und grüner Apophyllit, Analeim (grüner 
auf der 23. Strecke) und Flussspath vor. Die Krystalle von 
letzterem sind häufig mit Magnetkiesschuppen bedeckt. (Siehe 
Taf, V. Fig, 11.) 


.c) Der Filicitaser Gang. 

Hauptgangmasse Kalkspath, zuweilen mit Quarz gemengt. 
Speiskobalt, Bleiglanz, Rothgültig und Fahlerze, letztere beson- 
ders da, wo. sich der Gang an die Silberburger Ruschel an- 
legt (siehe S. 202), treten meist schnurenformig eingesprengt 
auf. Chabasit brach über der 14. Strecke. Auch Selenblei 
soll hier gefunden worden sein. Der Felicitaser Gang ist voll- 
kommen abgebaut, so dass man in letzterer Zeit selbst den 
Schacht, welcher bisher für die Wasserhaltung von Wichtigkeit 
war, zubuhnte. Die Verbindungsstrecken der Felicitaser Baue 
mit denen auf anderen Gängen hat man mit Backsteindäammen 
abgesperrt, so dass sich die Felicitaser Wasser hinter diesen 
sammeln, die Grubenbaue ausfüllen und solange ansteigen wer- 
den, bis sie das Niveau des Sieberstollens erreicht haben, auf 
welchem sie abfliessen. Man erspart somit die ganze Wasser- 
haltung einer Grube, deren Offenerhaltung an und für sich be- 
deutende Kosten verursachen würde. 


'd) Der Fünf-Bücher-Mosis-Gang. 


An einigen Stellen zwei Lachter "mächtig. Gangmasse 
Kalkspath, oft taub, dann mit ausgezeichneten Drusenbildungen 
(Sieberstollen, Drusenloch). Der Gang hat eine grosse Menge 
von hangenden Trüumern, welche oft fast dieselbe Mächtigkeit 
wie der Gang erreichen. In der Gangmasse treten Glanz- und 
Speiskobalt, letzterer zuweilen mit traubigem Ueberzuge von 
Nickelblüthe, sowie Kupfernickel in bandartigen Absonderun- 
gen auf (z. B. im alten Mosiser Schachte). (Taf. V. Fig. 13.) 
Das Ausgehende dieses Ganges ist an der Stelle, wo er sich 
an die Neufanger Ruschel lest, durch Tagebaue auf Kalkspath. 
abgebaut worden. 


-15* 


196 


e) Der Prinz-Maximilianer Gang. 


Der westlichste der Andreasberger Silbererzeänge. Seine 
 Hauptgangmasse ist Kalkspath, welche in ihrer mittleren Mäch- 
tigkeit ein Kupferkiestrum von 3—4 Zoll Stärke umschliesst. 
(Taf. V. Fig. 14.) Derselbe ist ziemlich zerklüftet und sind 
dann die Kluftflächen I—2 Linien diek mit derbem Malachit 
überzogen. An der Grenze zwischen Nebengestein und Gang 
finden sich oft Kupfergrünablagerungen. Schwerspath ist in 
seltenen Fällen, Witherit nur an einem Punkte in mittlerer 
Teufe vorgekommen. Im Liegenden des Prinz-Maximilianer 
Ganges ist mit dem Sieberstollen ein circa 4 Zoll mächtiger 
Gang überfahren worden, dessen Hauptgangmasse ein feinkör- 
niger Kalkspath mit schnurenförmigen Einlagerungen von zer- 
fressenem Quarz ist. In dieser Ausfüllungsmasse bricht ein 
2-1 Zoll mächtiges Trümchen von Speiskobalt, auf wel- 
chem man seiner geringen Abbauwürdigkeit wegen nur wenig 
ausgelenkt hat. Im Hangenden dieses sogenannten Steinrenner 
" Coboltsganges zieht sich eine unregelmässige Einlagerung von 
bluthrothem Kalkspath hin, welche wieder von einzelnen scharf- 
begrenzten Adern von weissem Kalkspath durchsetzt wird. Ein 
ähnlicher bluthrother Kalkspath tritt in der Nähe dieses Trumes 
öfters nesterweise im Thonschiefer auf. 
f} Der Jacobsglücker Gang. 

Im Hangenden, also östlich vom Samsoner Gange. Nach 
dem Bergmannstroster Gang der Gang. von der grössten Län- 
generstreckung, indem er nur einmal von der Silberburger 
Ruschel durchbrochen schräg durch die grösste Breite des 
Gangellipsoides setzt. Seine Hauptgangmasse ist Kalkspath, 
der auf Drusenräumen zu den ausgezeichnetsten Formen von 
- allen Andreasberger Vorkommen auskrystallisirt. Quarz trift 

nur sehr untergeordnet auf und hat dann ein gehacktes zer- 
fressenes Aussehen. Von Erzen führt dieser Gang fein- und 
grobblätterigen Bleiglanz, Schwefel- und Kupferkies, Fahlerz 
und Rothgültig. Die schönsten Combinationen des letzteren 
Minerals, wie sie in der Clausthaler Bergschulsammlung auf- 
bewahrt sind, stammen von der 3. und 8. Sttecke (Taf. V. 
Fig. 7 und 8). Gänsekötlig- und Buttermilcherz sind hier 
früher häufiger vorgekommen. Alte Quellen melden, dass letz- 


197 


teres in manchen Drusen wie „Buttermilch“ gestanden habe 
und mit Kellen geschöpft worden sei, und dass die Gräser und 
Büsche, welche das Stollen-Wasser bespult hätte, von diesem 
Erze incrustirt worden wären. (FREIESLEBEN a. a. O. S. 238.) 


g) Wenn’sglückter (Gideoner) Gang. 

Er ist der östlichste der Andreasberger Gänge und zeigt 
einen von den anderen ganz abweichenden Charakter. Erist 
bis.zu einer Tiefe von 115 Lachter durchschnittlich 18 Zoll 
mächtig und erweitert sich hier plötzlich bis zu zwei Lachter. 
Seine Ausfüllung besteht aus Thonschieferbrocken von Nuss- 
bis Faustgrösse, welche bald durch Quarz bald durch Kalkspath 
zusammengekittet sind, während an manchen Stellen auch die- 
ses Bindemittel fehlt, so dass die Thonschieferbruchstucke dicht 
. auf einander liegen. Der Wasserzutritt ist der zelligen Gang- 
ausfüllung wegen sehr bedeutend. Durch die Gleichförmigkeit 
seiner Gangausfüllung, durch das Fehlen aller Nebentrümer 
und jeder Verrückung durch feste Geschiebe oder andere Gänge 
erhält der Wenn’sglückter Gang ein todtes einförmiges Aus- 
sehen. Zum öfteren ist auch die Gangspalte gar nicht ausge- 
füllt worden (S. 192), so dass man eine Menge von Hohlräu- 
men angefahren hat, welche zuweilen, wie auf der 8. Strecke 
bedeutende Dimensionen, — 12 Lachter Länge, 3 Lachter 
Breite, 10 Lachter Höhe — erreichen. Das Nebengestein ist dann 
zerrissen und brüchig und macht die Arbeit an solchen Stellen 
äusserst gefährlich. Erze sind auf dem Wenn’sglückter Gange 
nur in grosser Tiefe und dann nur sporadisch als schmitz- oder 
nesterartige Einlagerungen vorgekommen. Es war dann haupt- 
sächlich Kupferkies, wenig Bleiglanz, Fahlerz, Rothgultig und 
Speiskobalt. Der Gang wurde seiner geringen Bauwürdigkeit 
wegen schon zum Oefteren verlassen und ist seit langer Zeit 
nicht wieder aufgenommen. An seinem Ausgehenden setzen 
bis zu 12 Lachter Tiefe zwei Eisensteinsgänge auf, welche in 
den letzten Jahren theilweise abgebaut worden sind. 


h) Das Catharina-Neufanger hangende Trum. 


Dieser Gang streicht hor. 8, fällt durchschnittlich mit 
60—65° gegen N.O. ein und legt sich mit seinem nordwest- 
lichen Flügel an den Samsoner Hauptgang, mit seinem süd- 
östlichen Ende an den Gnade-Gotteser Gang an. Er ist so- 


198 : 
somit im Verhältniss zu diesen beiden, welche nach ihm zu 
einfallen, ein hangendes Diagonaltrum und erreicht an man- 
chen Stellen eine Mächtigkeit von 12 Fuss. Seine Gangmasse 
ist Kalkspath, welche entweder in unregelmässigen Einlage- 
rungen oder in bandartigen Schnüren Bleiglanz, Zinkblende, 
Arsenikkies, Rothgultig, Arsen- und Antimonsilber führt 
(Taf. V. Fig. 10). Zuweilen tritt auch zerfressener , weisser, 
sehr selten krystallisirter, schwarzer Quarz auf. Mit erste- 
rem hat sich zuweilen in den oberen Bauen Gänseköthigerz, 
Auripigment, sowie Arsenikblüthe, auf der 29. Strecke Spröd- 
glaserz gefunden. Der von diesem Gange stammende Harmo- 
tom ist gewöhnlich von brauner Farbe. Der nur von einem 
einzigen Vorkommen bekannte Zygadit stammt aus der oberen 
Teufe dieses Ganges. | 

Auf der 3. Samsoner Strecke sieht man ein 4 —8 Zoll 
mächtiges Arseniktrum sich an den Neufanger hangenden 
Gang anlegen, welches den Gang, soweit die Baue Beobach- 
tungen zulassen, im Hangenden ununterbrochen begleitet und 
nur zuweilen auf wenige Fuss ablenkt, um sich bald wieder 
an ihn anzulegen, ohne dass jedoch die scharfen Grenzen zwi- 
schen beiden verwischt wurden (siehe Taf. V. Fig. 9). 

Auch der Neufanger hangende Gang ist seiner Erschöpfung 
nahe. Der Tiefbau ist bereits wegen völligen Erzmangels ein- 
gestellt und die Arbeiten in den oberen Bauen beschränken 
sich lediglich auf Hinwegnahme der noch stehenden Erz- 
:mittel, welche voraussichtlich in einigen Jahren beendet sein 
wird. 


i) Der Andreaskreuzer Gang. 


Der Andreaskreuzer Gang zeichnet sich durch die Menge 
seiner Zertrumerungen, die grosse Anzahl seiner liegenden 
und‘ hangenden Trumer aus. Der Hauptgang streicht hor. 
9—10 und fällt mit 80—85° gegen N.N.W. ein. In seiner 
Längserstreckung setzt er schräg durch die Silberburger Ruschel, 
welche dort hor. 74 streicht und gegen ihn einfällt, so dass er 
sie auch in der Tiefe, in der Sieberstollensohle durchsetzt. In 
noch grösserer Teufe in circa 160 Lachter unter Tage wird er 
von der Abendröther Ruschel verworfen (siehe S. 203), welche 
nach der Edelleuter mit ungefähr 40 — 50° einfällt. 


199 


Das liegende Andreaskreuzer Trum zertheilt sich in einer 
Tiefe von ungefähr 100 Lachter in 3 bis 4 andere Erztrümer 
von 6 bis 10 Zoll Mächtigkeit, welche bis in die tiefsten 
Baue, 198 Lachter unter Tage, den Hauptgang begleiten. 

Das hangende Andreaskreuzer Trum zweigt sich erst ober- 
halb der 7. Strecke 145 Lachter unter Tage vom Haupt- 
gange ab. 

Feste Geschiebe und eine grosse Verschiedenheit des Ne- 
bengesteins, welches bald Thonschiefer, bald Grünstein ist, ein 
grosser Reichthum an Mineralien, die Neigung des Ganges sich 
häufig zu” zerspalten (Taf. V. Fig. 15), die Beeinflussung 
von drei benachbarten Ruscheln, dies Alles bringt grosse Ab- 
wechselung in die Andreaskreuzer Gangverhältnisse. 

Die Hauptausfüllungsfasse des Andreaskreuzer Ganges 
ist Kalkspath, welcher auch hier auf Drusenräumen zu schö- 
nen Combinationen auskrystallisirt. Zuweilen nimmt der sonst 
weisse oder rosige Kalkspath eine kohlschwarze Farbe an, 
ohne seine sonstigen Eigenschaften zu verlieren und wird zu 
Anthraconit. So kam er auf der 11. Strecke auf Gangtrü- 
mern, welche in ihrer Mächtigkeit zwischen -— 3 Zoll schwank- 
ten, oder auch in Form unregelmässiger Partien eingesprengt, 
theils im Kieselschiefer theils im Diabas aufsetzend, mit weis- 
sem Kalkspath zusammen vor.- Ausserdem brachen von nicht 
metallischen Fossilien in ganz besonderer Schönheit: Flussspath 
als Würfel auf der 16. Strecke, Stilbit und rother Harmotom 
im Niveau des Sieberstollens, weisser Harmotom in allen Tie- 
fen, grüner Apophyllit in einem Absinken vom Grünhirschler- 
Stollen, ebenda traubiger Analeim und als Seltenheit Schwer- 
spath. Von Erzen sind zu erwähnen: dunkles und lichtes 
Rothgültig in den oberen —, Glaserz, Feuerblende, Feder- und 
Fahlerz, auf letzterem in kleinen Schüppchen und Blättchen 
gediegen Silber, in den mittleren Bauen —, Bleiglanz ‘in allen 
Teufen, gediegen Kupfer in kleinen Partien im Kalkspath ein- 
gesprengt. Die Grube Andreaskreuz leidet zwar weniger an 
Erzmangel, dagegen daran, dass ihre Silbererzbrüche sich mehr 
und mehr verloren haben und sie vorwiegend nur noch Bleierze 
fördert, welche bei der geringen Gangmächtigkeit den Abbau 
nicht lohnen. 


200 


k) Der Morgenröther Gang. 


Streicht und fällt dem vorigen Gange parallel und durch- 
setzt wie jener die Abendröther und Silberburger Ruschel. 
 Gangausfüllung bandartig, Kalkspath, wenig Quarz, Ranbzulız 
und Fahlerz (Taf. V. Fig. 16). 


l) Der Bergmannstroster (Julianne-Charlotter) Gang. 


Streicht hor. 64—7-, fällt mit 60 —-65° gegen N.O. ein, 
bildet, wie erwähnt, die Längsaxe des Gangellipsoides und 
schneidet den Jacobsglücker, Samsoner, Franz-Auguster, Sa- 
mueler und Felicitaser Gang unter einem spitzen Winkel. Er 
hat sich seit den letzten 30 Jahren als edel und abbauwürdig 
gezeigt, bietet auch augenblicklich die besten Anbruche und 
stand früher dem Samsoner Hauptgange an Ausbeute am näch- 
sten. Seine Hauptgangmasse ist Kalkspath, an den meisten 
Stellen mit eimer gleichen Menge von grobblätterigem Bleiglanz, 
welcher in unregelmässigen Partien in jenem in der Weise 
eingesprengt auftritt, dass nach den Saalbändern des Ganges 
zu der Kalkspath vorwaltet, der Bleiglanz also mehr auf die 
mittlere Mächtigkeit des Ganges beschränkt ist. Zinkblende 
kommt im Ganzen vereinzelter aber in guten Krystallen vor. 
Rothguültig tritt entweder in Fleckehen oder Schnürchen einge- 
sprengt oder auch trümerartig in der übrigen Gangmasse 
auf. Das Antimonsilber bildet meist scharfbegrenzte, unregel-. 
mässig zackige Trümer von wechselnder Mächtigkeit in der 
Kalkspath - Grundmasse (Taf. V. Fig. 4 und 5) oder ist in 
erbsen- bis nussgrossen Partien im Bleiglanz, im Kalkspath 
und an einer Stelle auch in der Zinkblende eingesprengt. 
Letzteres ist im Niveau der 33. Samsoner Strecke der Fall. 
Der Gang ist hier 20 Zoll mächtig und sind die Ausfüllungs- 
materialien unregelmässig bandartig gesondert (siehe Taf. V. 
Fig. 3). Die mittlere Mächtigkeit des Ganges nimmt ein 
9--6 Zoll starkes Trum von grobkrystallinischem Bleiglanz 
ein, welches auf beiden Seiten von einer 2 — 2, Zoll mächtigen 
Blendepartie begrenzt wird, welche wieder von dem Neben- 
gestein durch 4 — 4% Fuss, breite Bänder von grobkrystallini- 
schem Kalkspath getrennt wird. In der dunkelbraunen Blende 
liegen die erbsen- bis nussgrossen Antimonsilberpartien ein- 
gesprengt. Ein Anblick von wunderbarer Schönheit! — Zu- 


201 


weilen tritt der $Silbergehalt des Antimonsilbers sehr zurück 
und verliert sich zuweilen fast vollständig. Solches gediegen 
Antimon ist besonders zwischen der 23. und 26. Strecke vor- 
gekommen. Antimonnickel fand sich auf der 23, Strecke in 
krystallinischen Schuppen und dendritischen Partien im Kalk- 
spath eingesprengt, Nickelkies in den mittleren Bauen. Anti- 
monglanz, Gänseköthigerz und Hornsilber stammen aus grösse- 
ren Tiefen. Letzteres bildet meist dünne Ueberzüge auf zer- 
fressenem Quarz oder Rothgültigkrystallen. Gediegen Arsen, 
schalig und nierenföormig, kommt in allen Teufen bald einge- 
sprengt bald bandartig vor. Von nicht metallischen Fossilien 
ist oktaödrischer Flussspath seltener, Harmotom dagegen 
durch seine Häufigkeit für den Bergmannstroster Gang bezeich- 
nend. Zwei ins Hangende ablaufende Trümer dieses Ganges 
sind von Interesse. Beide setzen aus dem Thonschiefer in 
dort eingelagerte Diabasmassen. Das eine, aufgeschlossen 85 
Lachter unter Tage durch einen Querschlag vom Sieberstollen, 
verliert mit dem Eintritt in den Diabas seine Erzführung, an 
deren Stelle Datolith tritt (Taf. V. Fig. 6). In den Spalten 
der Saalbänder des anderen sind z. B. auf der 29. Strecke an 
der Grenze von Thonschiefer und Diabas bis + Zoll grosse 
pistaciengrüne Granaten, sowie Axinit- und Pistazitkrystalle 
gefunden worden. 


- 


m) Der Gnade-Gotteser Gang. 


Im Hangenden des vorigen, streicht diesem parallel, fällt 
jedoch steiler, nämlich mit 75 — 85° gegen N.O. ein. In Folge 
davon treffen und vereinigen sich beide in der Tiefe und zwar 
bei ihrem wellenförmigen Streichen bald unter bald über der 
39. Strecke also ungefähr 380-400 Lachter unter Tage. 
Für den Gnade-Gotteser Gang ist das constante Auftreten von 
Zinkblende charakteristisch, während gediegen Silber (auf 
der 23. Strecke) und derber Antimonnickel in ihm zwar fast 
allein aber zu selten, um besonders bezeichnend zu sein, auf- 
getreten sind. An verschiedenen Punkten ist auch Gyps in 
Nadeln auf Flussspath aufsitzend, nur selten hingegen Schwer- 
spath gefunden worden. z 


E. Verhalten der Gänge gegen die faulen Ruscheln. 


In Vorhergehendem ist wiederholt erwähnt, dass sich in 
den Grenzruscheln der Ausfullung der Silbererzgänge ein 


202 
undurchdringlicher Damm entgegengestellt habe. Die Art und 
Weise der Beeinflussung derselben ist jedoch bei den verschie- 
denen Gängen und Ruscheln verschieden. : 

Der Gang kann sich in der Nähe einer Ruschel nach und 
nach verlieren. Das best aufgeschlossene Beispiel hierfür 
giebt der nordwestliche Flügel des Samsoner Hauptganges 
(siehe Taf. V. Fig. 1). Sobald er sich der Neufanger Ru- 
schel nähert, noch 20 ‚Lachter von ihr entfernt, begiunt er 
sich zu zertrümern und immer schmaler zu werden und ver- 
liert sich in ihrer nächsten Nähe im Nebengestein. In ähn- 
licher Weise keilen sich der Franz- Auguster, Samueler und 
Felicateser Gang an der Neufanger Ruschel aus. 

Es kann sich aber auch der Gang an die Ruschel an- 
legen und von dieser eine Strecke weit geschleppt wer- 
den. In diesem Falle nimmt die Ruschel häufig die Erzmittel 
des Ganges auf und wird so abbauwürdig. In geringerer Weise 
ist dies der Fall beim Fünf-Bücher-Mosis-Gang, wo er sich an 
die Neufanger Ruschel anlegt, und der östliche Flügel dieses 
Ganges von der Edelleuter Ruschel geschleppt wird, welche er 
eine Strecke weit veredelt. Auch der Andreaskreuzer Gang 
mit seinen hangenden Trümern schleppt sich in der Edelleu- 
ter Ruschel weithin. Die Erzmittel, welche auf diese Weise 
in die Ruschel gelangten, wurden durch die Gruben Weinstock, 
Weintraube, Weinblüthe und Casselsglück abgebaut. Am besten 
aufgeschlossen von allen hierhergehörigen Punkten ist jedoch 
der sudöstliche Theil des Felieitaser Ganges, welcher sich an 
den liegenden Lettenbesteg der Silberburger Ruschel anlegt 
und je nach den verschiedenen Teufen 50—80 Lachter weit 
geschleppt wird. In der Grünhirschler und Sieberstollensohle, 
sowie in der 4. Strecke waren diese interessanten Verhältnisse 


noch vor kurzer Zeit aufgeschlossen (Taf. IV. Fig. 6). Die 


Gruben König Ludwig und St. Andreas haben diese Erzmittel 
abgebaut. 

Der Gang kann aber ferner auch durch eine der beiden 
mittleren Ruscheln, wie der Fünf-Bücher-Mosis-Gang durch 
die Silberburger, ohne irgend wie gestört zu werden durch- 
"setzen. | 

Zuweilen setzt der Gang hinter einer der beiden mittle- 
ren Ruscheln, ohne verworfen zu werden, weiter fort, in den 
meisten Fällen jedoch tritt, wenn eine Ruschel einen Gang 


203 


durchsetzt, eine Verwerfung ein. Die Silberburger Ruschel 
verwirft den Andreaskreuzer Gang zwischen dem Sieberstollen 
und der ersten Strecke und die Abendröther Ruschel den Mor- 
genröther Gang zwischen der 4. und 6., sowie den Andreas- 
kreuzer Gang unterhalb der 12. stark ins Liegende (Taf. IV. 
‚Fig. 5). 

Man hat behauptet, dass Gänge, welche auf beiden Sei- 
ten einer Ruschel abschneiden, gar nicht im Zusammenhange 
ständen und dass jeder für sich: einen selbstständigen Gang 
bilde. Man sah zwar die Unnatürlichkeit dieser Annahme ein, 
war jedoch nicht im Stande die Erscheinung, dass die augen- 
‘scheinlich älteren Ruscheln die jüngeren Erzgänge verwerfen 
“ sollten, mit der für richtig angenommenen Verwerfungstheorie 
zu vereinen. Die weiter unten (8. 214) entwickelte Theorie 
solcher Gangverschiebungen beseitigt jene hindernde Ansicht 
und erfordert die natürliche Zusammengehörigkeit solcher durch 
Ruscheln getrennten Gangstuücke. 

Man könnte aus dem Umstande, dass die eiittlendn beiden 
Ruscheln die Gänge zum Oefteren verwerfen, den Schluss 
ziehen, dass es unwahrscheinlich sei, dass sich die beiden 
Grenzruscheln anders gegen die Silbererzgänge verhalten 
hätten als jene, und dass eine grossartige Verwerfung und mit- 
hin ein Fortsetzen der Silbererzgänge "hinter den Ruscheln 
nicht unmöglich sei. Durch ausgedehnte Versuchsbaue ist je- 
doch Bestimmtheit über die Undurchdringlichkeit der Grenz- 
ruscheln für die Silbererzausfullung geworden, während die 
Gruppen der später mit Eisen- und Kupfererz ausgefüllten 
Gangspalten nordwestlich und südöstlich von Andreasberg in 
weiter keinem Zusammenhang mit jenen stehen, als dass sie 
derselben wirkenden Kraft ihren Ursprung verdanken. 

Das tiefeingeschnittene Sperrenthal im N.O. von Andreas- 
berg erstreckt sich ungefähr rechtwinklig über das Streichen 
der Andreasberger Silbererzgänge, welche durch die Neufanger 
Ruschel abgeschnitten werden. Würden dieselben noch jen- 
seits dieser fortsetzen, so müssten sie das’ Sperrenthal durch- 
kreuzen. Und wirklich hat man an den Abhängen desselben 
eine Reihe von Gängen (Sperrenthals-Glück, Glückauf, Haus- 
Reden) erschürft, welche ungefähr dasselbe Streichen haben 
wie die innerhalb der Ruscheln. Leider waren es jedoch nur 
Kupferkies und Speiskobaltstrümer oder Eiß®ensteinsgänge, 


204 


welche sich des Abbaues nicht verlohnten. Silber- oder Blei- 
erze sind auch nicht in den geringsten Spuren gefunden 
worden. Br 

Aber nicht nur von Tage aus, sondern auch in verschie- 
denen Teufen unter Tage hat man Versuchsbaue jenseits der 
Ruscheln getrieben. Vom Sieberstollen aus, also in 100 Lach- 
ter Tiefe, überfuhr man die Ruschel mit dem sogenannten 
Brennorte, welches im Catharina-Neufanger Felde im Hangen- 
den des Samsoner Ganges angesetzt war, um ungefähr 60 Lach- 
ter, traf einige 40—60 Zoll mächtige Rotheisenstein- und 
Kupferkiestrümer, lenkte auf diesen. aus, fand jedoch keine 
Gänge, welche in Folge einer ähnlichen Ausfüllungsmasse als 
Fortsetzung des Jacobsglücker oder Wenn’sglückter Ganges, 
welche ihrem Streichen nach ungefähr an dieser Stelle erwar- 


tet werden mussten,. betrachtet werden konnten. Gleichen 


Erfolg hatten die Arbeiten, welche zur Untersuchung des Lie- 
genden der Neufanger Ruschel von der 23. Strecke, also eirca 
260 Lachter tiefer als die oben erwähnten, betrieben wurden. 
Man ging hier mit dem Versuchsorte dem Streichen des Sam- 
soner Ganges nach, setzte den Ortsbetrieb 70 Lachter ins 
Liegende der Ruschel fort und ging dann querschlägig ins 
Liegende und Hangende, also rechtwinklig auf das Streichen 
des Samsoner, Franz-Auguster und Felicateser Ganges, bis man 
mit dem Querschlag ins Liegende die Ruschel wieder erreichte, 
nachdem man einige schwache Trümerchen und einen 45 bis 
20 Zoll mächtigen Gang von Rotheisenstein und Kupferkies 
überfahren. 

Die Versuchsarbeiten wurden im Jahre 1847 eingestellt, 
nachdem eine von der Bergbehörde eingesetzte Commission 
ein specielles Gutachten abgegeben hatte, worin sie sich über 
die Nutzlosigkeit weiterer Versuchsarbeiten hinter der Ruschel 
aussprach. h 

Wir haben somit die Gewissheit, dass die Neufanger Ru- 
schel sämmtliche Andreasberger Silbererzgänge nach Norden zu 
abschneidet und dass an die Stelle der letzteren nicht abbau- 
würdige Eisensteins- und Kupferkiesgänge treten. 

Dass die Edelleuter Ruschel gegen $S. als Grenze der 
Gänge auftritt, ist durch eine Menge von Schürfen an den Ab- 
hängen des Mathiasschmiedsberges und des Engelburger Thales 
sowie durch eine grosse Reihe von Versuchsbauen unter Tage, 


205 


z. B. durch das Bärner Ort auf der Sieberstollensohle, zur 
unumstösslichen Gewissheit geworden. 


F. Gegenseitige Beeinflussung der Gänge. 


Aus dem doppelten Hauptstreichen der Andreasberger Sil- 
bererzgänge folgt eine netzartige Durchkreuzung und mit dieser 
im Zusammenhange ein sich vielfach wiederholendes Verwer- 
fen der Gänge. Der Bergmannstroster und Gnade - Gotteser 
Gang werden von den unter einer nördlicheren Stunde strei- 
chenden, dem Samsoner Hauptgange parallelen Gängen durch- 
setzt und verworfen. Die Verwerfung des Gnade-Gotteser Gan- 
ges durch den Samsoner beträgt je nach den verschiedenen 
Teufen des Durchkreuzungspunktes 1 bis 2 Lachter und ist mit 
besonderer Deutlichkeit aufgeschlossen auf der 23. (223 Lach- 
ter Tiefe), 18. (200 Lachter Tiefe), 16. (182 Lachter Tiefe), 
13. (160 Lachter Tiefe) und auf der 6. (123 Lachter Tiefe) 
Samsoner Strecke. Die Ausfüllungsmasse beider Gänge ist bei 
beiden dieselbe und selbst die Zinkblende, welche sonst im 
Gnade-Gotteser Gange so constant auftritt, fehlt an dem Kreu- 
zungspunkte. Der Bergmannstroster Gang wird von dem Sam- 
soner, da er dem Gnade-Gotteser zufällt, je nach den ver- 
schiedenen Tiefen 20 bis 50 Lachter weiter im. Liegenden auf 
dieselbe Weise wie jener verworfen. Auf der 23. Samsoner 
Strecke lässt sich die Verwerfung der beiden parallelen Gänge 
gut beobachten, welche sich in dieser Teufe schon bis auf 
20 Lachter genähert haben, und auf der 31. Strecke sieht man 
in kurzen Zwischenräumen den Gnade-Gotteser, den Bergmanns- 
troster und zwischen beiden ein hangendes Bogentrum des 
letzteren vom Samsoner Gange ins Hangende verworfen wer- 
den (Taf. IV. Fig. 8). In den tiefsten Samsoner Bauen auf 
der 41. Strecke tritt ein Verwerfungsverhältniss ein, welches, 
combinirt mit dem ebenbeschriebenen, allen auf Verwerfungen 
bezuglichen Theorien widerspricht. Nach der Vereinigung des 
Bergmannstroster mit dem Gnade-Gotteser Gang, welche beide 
in höherer Teufe vom Samson um oft 2 Lachter verworfen 
werden, tritt jetzt gerade das umgekehrte Verhältniss ein: der 
Gnade - Gotteser Hauptgang verwirft den Samsoner Gang auf 
. der 41. Strecke um 2! Lachter (siehe Taf. V. Fig. 2 und 
S. 216 und 220). 


Aehnlich wie in oberer Teufe vom Samsoner wird der 


206 


Bergmannstroster Gang auch vom Jacobsglücker, jedoch nicht 
ins Hangende sondern um 14 Lachter ins Liegende verwor- 
fen, was sich besonders schön auf dem Grünhirschler Stollen 
(in 71 Lachter Tiefe) beobachten lässt. 

Die Verwerfungen, welche der Bergmannstroster Gang 
durch den Franz-Auguster erleidet, sind nicht nach so grossem 
Maassstabe geschehen wie die beschriebenen. Die Strecken, 
welche sich den Gängen entsprechend kreuzen, lassen keine 
Verrückung bemerken (so die 16., 18., 22. und 23. Strecke); 
nach ihnen scheinen sich die Gänge nicht weiter zu beein- 
flussen. Frische Anbrüche sollen jedoch stets Verwerfungen, 
mögen sie auch noch so klein sein, zeigen. Ein horizontaler 
Durchschnitt des Bergmannstroster und Franz-Auguster Ganges 
(Taf. IV. Fig. 9), welcher in der Förste 8 Lachter über der 
23. Strecke, also in 215 Lachter Teufe aufgenommen ist, hat 
besonderes Interesse. Der erste keilt sich in der Nähe des 
Durchkreuzungspunktes aus und zertheilt sich drei- bis vierfach - 
und wird um einige Zoll verworfen, jedoch so, dass jenseits 
des Verwerfers nur noch 2 Trumer aufsetzen, welche sich 
bald zu der alten Gangmächtigkeit vereinen. Der Franz-Au- 
guster Gang jedoch, nach anderen Verwerfungspunkten der 
eigentliche Verwerfer, ist selbst in einer Weise verworfen, wel- 
che hinter der des “ersterwähnten Ganges nicht zurücksteht, so 
dass an dieser Stelle eine gegenseitige Verwerfung zweier Gänge 
stattgefunden hat. 

Die Kreuzungspunkte des Gnade-Gotteser und Bergmanns- 
troster Ganges mit anderen Gängen sind weniger gut aufge- 
schlossen. 

Während in anderen Gangrevieren die Scharungspunkte 
die besten Erzmittel zu enthalten pflegen, ist im Andreasberger 
Bezirke gerade das Gegentheil der Fall, sie sind erzarmer als 
die benachbarten Gangpartien, ja meist vollständig taub. Nur 
ein Ausnahmefall ist bekannt. Es ist der Scharungspunkt des 
Franz - Auguster und Bergmannstroster Ganges zwischen der 
23. und 26. Strecke, welcher reiche und mächtige Erzmittel 
von Arsenik- und Antimonsilber enthält. 

Was das Verhältniss zwischen den parallelen oder fast 
parallelen Gängen zueinander betrifft, so vereinigen sich einige 
in der Tiefe miteinander, wie der Gnade-Gotteser und Berg- 
mannstroster, andere legen sich mit ihren äussersten Flügeln 


207 


an benachbarte an, wie das Neufanger hangende Trum an 
den Samsoner und Gnade Gotteser, noch andere scheinen nur 
Verzweigungen und Fortsetzungen eines Hauptganges, so der 
Abendröther, Morgenröther und Andreaskreuzer des Samsoner 

Hauptganges zu sein. | 


G. Beeinflussung der Gänge durch sogenannte 
„feste Geschiebe“. 


In den Andreasberger Gruben findet man sehr häufig, dass 
die Gänge, wie mächtig sie auch seien, plötzlich haarscharf 
abgeschnitten und oft nur um nicht einmal ganz ihre eigene 
Mächtigkeit, zuweilen aber auch lachterweit verschoben wer- 
den. Der Andreasberger Bergmann neunt dies „Verrückungen 
durch feste‘ Geschiebe“. Man darf aber hierbei nicht an im 
Nebengestein eingelagerte Partien von grösserer Festigkeit den- 
ken, es sind vielmehr Spalten im Nebengestein, auf welchen 
die Verschiebungen stattgefunden haben (siehe S. 218). Diese 
Ablösungsflächen haben häufig dasselbe Streichen wie die Schich- 
ten des Thonschiefers, in welchem sie aufsetzen, fallen jedoch 
flacher ein oder durchsetzen denselben unregelmässig. Sie 
sind entweder nur an einem feinen Lettenbesteg kenntlich oder 
zwischen den beiden getrennten Enden des Ganges von der 
Gangmasse in der Weise ausgefüllt, dass der Gang geknickt 
zu sein scheint. Bald setzt der Gang in der Richtung des 
Einfallens solcher Verrückungsspalten wieder auf, so dass die 
Winkel zwischen Gang und Spalte spitze sind, oder er folgt 
der entgegengesetzten Richtung, rückt also in die Höhe, so 
dass das Knie stumpfwinklig wird (Taf. IV. Fig. 11, 12, 13). Oft 
sind ganz entgegengesetzt einfallende Verrückungen dicht zu- 
sammengedrängt, so dass der Gang zuerst eine Strecke weit 
in sein Hangendes oder Liegendes rückt, dann plötzlich wieder 
auf einer anderen Spalte zurück in die Fortsetzung seiner fru- 
heren Lage selbst. Solche doppelte und dreifache Verschie- 
bungen kann man zuweilen vor einem Orte beobachten. Die 
schönsten habe ich auf dem Neufanger hangenden Trume in 
ca. 120 Lachter Teufe und auf dem Bergmannstroster Gange 
zwischen der 16. und 23. Strecke gesehen (Taf. IV. Fig. 13). 
Zuweilen kommt es vor, dass sich der Gang unterhalb der 
ihn störenden Spalte zertrumert, dass die Trumer ziemlich 
weit ablaufen, mit der Spalte abschneiden, aber oberhalb die- 


208 


ser nicht wieder fortsetzen, sondern vereint erscheinen 
(Taf. V. Fig. 8). Das grösste solche Geschiebe ist in den 
Andreaskreuzer Bauen verfolgt werden. Es streicht wie der 
Thonschiefer hor. 6,4, fällt hingegen flacher unter einem Win- 


kel von 45 Grad gegen S. ein und rückt den Andreaskreuzer 


Hauptgang sowie dessen hangendes Trum ein Stück weit in 
sein Hangendes, ohne dass die beiden Gangabschnitte aufein- 
ander passten,” Im Gegentheil ist der eine Flügel bis an die 
Spalte vielfach zersplittert, während die andere davon getrennte 
Partie nur einen Gang bildet. Zımmermann hat diese Ver- 
rückungen a. a. OÖ. Taf. IV. Fig. 3 u. 4 abgebildet. | 


3. Die Andreasberger Eisensteinsgänge. 


Wie schon bei der Beschreibung der geognostischen Ver- 
hältnisse der Umgebung von Andreasberg erwähnt, ist die Grau- 
wacke, welche den nordwestlichen Theil des Andreasberger 
Gebietes formirt, vielfach von Eisensteinsgängen durchsetzt. 
Diese gruppiren sich hauptsächlich um zwei Punkte: den Kö- 
nigsberg und den Eisensteinsberg. 

Der Königsberg erhebt sich eine Stunde westlich von An- 
dreasberg, steigt am rechten Ufer der Sieber auf und bildet 
ein langgedehntes Gebirgsjoch, welches auf der westlichen Seite 
von dem Holmkethal begrenzt wird. Der östliche Abhang 
scheint weniger, desto mehr aber der westliche zur Gangbil- 
dung und Zerklüftung geeignet gewesen zu sein. Den Königs- 
berg durchsetzt rechtwinklig auf seine Längserstreckung die 
vereinigte Edelleuter und Neufanger Ruschel, dort Lettengang 
genannt. In derem Nebengestein sowohl, einem feinkörnigen 
kurzklüftigen Grauwackenschiefer,, wie in ihr selbst setzt eine 
Anzahl Eisensteinsgänge von verschiedener Mächtigkeit auf, 
welche zwischen hor. 7 und 11 streichen und 60 bis 80 Grad 
gegen N. einfallen und sich vielfach durchkreuzen und verwer- 
fen. Sie führen derben Rotheisenstein, Glaskopf und in gerin- 
sen Mengen Eisenglanz, welche im Durchschnitt 36 bis 40 pCt. 
Eisen halten. Die wichtigsten Gänge der Königsberger Gang- 
gruppe sind: der Herrengang streicht hor. 7, fällt 75 bis 
80 Grad gegen N., der Wasserbadergang streicht hor. 95, 
fallt 65 bis 70 era gegen N. und der Ele ZZ 
streicht hor. 9, fallt 78 Grad gegen N. 

Die zweite Eisensteinsganggruppe ist die des Eisen- 


209 


steinsberges, eines Ausläufers des Sonnenberges, welcher 
sich zwischen das Dreibrode- und Sieberthal erstreckt. Er be- 
steht nach Norden zu aus Hornfels, welcher nach Suden zu 
in äusserlich wenig veränderte, nur sehr verhärtete Grauwacke 
übergeht, welche hor. 4 streicht und mit 75 Grad gegen 8. 
einfällt. Die darin aufsetzenden Rotheisensteinsgänge durch- 
kreuzen den Bergrücken in der Stunde 6 bis 11, fallen nach 
O. oder N. ein, haben eine wechselnde Mächtigkeit und ver- 
werfen sich, sobald sie sich kreuzen. Manche von ihnen setzen 
über das Thal nach dem östlichen Abhange des nördlichen 
Theiles des Königsberges. Die Gangausfullung besteht aus 
derbem Rotheisenstein, Glaskopf und etwas Eisenglanz. Die 
bauwürdigsten, freilich jetzt meist verlassenen Gänge sind: der 
Michaeliszecher Gang streicht hor. 11, fällt 60 Grad gegen O., 
der Mündelszecher- und Jungenzechergang streichen hor. 9, fal- 
len 74 Grad gegen O. 

Mehr nach dem Sonnenberg zu und nicht im Zusammen- 
hang mit den Gängen des Eisensteinsberges setzt gerade an 
‚ der Grenze zwischen der in Hornfels verwandelten Grauwacke 
und dem Granit eine Lachter-mächtige Eisensteinslagerstätte auf, 
der Segen-Gotteser Gang. Der Granit ist in der Nähe dieser 
Grenzbildung mürbe und verwittert, sein Feldspath ist in eine 
bläuliche oder gelbliche, kaolinartige Masse übergegangen, in 
welcher die Quarzkörner einzeln liegen, der Glimmer aber kaum 
zu erkennen ist; eine bräunliche, schwarzockerige Färbung 
scheint von ihm zurückgeblieben zu sein. Diesen Granit durch- 
schwärmt bis zu 1 bis 2 Lachter Entfernung eine grosse An- 
zahl von Il bis 2 Zoll mächtigen Trumern eines milden rothen 
Glaskopfs, welche sich stellenweise zu grösseren Einlagerun- 
gen erweitern. | 

Aehnlich sind die Lagerungsverhältnisse des schon seit 
längerer Zeit verlassenen, weiter nach O. aufsetzenden „Neuen 
Glückaufer Ganges“, ebenfalls einer Eisensteinseinlagerung 
an der Grenze zwischen Granit und Hornfels. 

Am nördlichen Abhange des Sieberberges, da wo ihn 
die Edelleuter Ruschel durchsetzt, streicht gleichfalls ein Eisen- 
steinsgang: das Frische Trum, welches von der Ruschel 
eine Strecke weit geschleppt wird, dessen Abbau jedoch wegen 
zu grossen Wasserzudranges eingestellt werden musste. 

Die merkwürdigste Eisensteinsablagerung in der Umgegend 

Zeits. d.d. geol. Ges, XVIM. ı. 14 


210 


von Andreasberg ist die im Bärenthale, - Stunde östlich 


von der Stadt. Das Bärenthal ist eine muldenförmige Einsen- 
kung, welche auf beiden Seiten von abschüssigen Gehängen 
und Thonschieferfelsen begrenzt wird. Ihm entspricht eine 
ebenfalls muldenförmige Einlagerung eines milden Schiefertho- 
nes, welcher ohne Uebergänge plötzlich von einem sehr festen 
Thonschiefer abgeschnitten wird. Dieser Schieferthon ist zer- 
reiblich und weich, jedoch so scharf und deutlich geschichtet, 
dass man sich erst beim Anfassen von seiner Milde überzeugt. 
Seine Hauptfarbe ist ein reines Weiss, welches durch äusserst 
scharf gezogene, bandartige blaue, schwarze, braungelbe, rothe 
und hellgrüne Streifen unterbrochen wird. Diese Farben wech- 
seln so rasch ab, dass sie sich oft in einem nur 1 Fuss brei- 
ten Streifen dieses Gesteines sämmtlich wiederholen. In den 
Klüften uud zwischen den Schichtenablösungen dieses Schie- 
ferthones haben sich Brauneisensteinseinlagerungen von sehr 
unregelmässiger Mächtigkeit gebildet, welche theils von O. nach 
W., theils hor. 11 streichen und steil gegen S. resp. O. ein- 


‘fallen; sie durchkreuzen sich mit grosser BRegelmässigkeit 


wie die Maschen eines. Netzes und während die Wegnahme 
der einfachen Einlagerungen nicht lohnend ist, finden sich an 
den Durchkreuzungsstellen derbere Massen eingelagert, deren 
Abbau die Grube: „der rothe Bär“ hauptsächlich bezweckt hat. 
Zuweilen liegt der Eisenstein auch isolirt butzenförmig im Ne- 
bengesteine. Der Brauneisenstein umfasst oft Nieren von 
Spatheisenstein; Chloropal von grüner oder brauner Farbe bil- 
det oft die 3 bis 4 Zoll mächtigen Saalbänder der Bärner 
Eisensteinsgänge. 

Da diese Schieferthonmulde, wie bemerkt, überall vom 
festen Gestein umgeben ist und sich die Tagewasser uber die- 
sem in grosser Menge ansammeln und den Schieferthon noch 
brüchiger machen, so ist der Abbau der dortigen Eisensteins- 
gänge schwierig und wird in diesem Augenblick bereits einge- 
stellt sein. 

Als abgebaute oder nicht abbauwürdige Gänge ausserhalb 
der Ruscheln dürften noch zu erwähnen sein: 

Der Engelsburger Gang im Suden des Andreasberger 
Grünsteinzuges, welcher in einer Hauptgangmasse von Kalk- 
spath Kupferkies und silberarmen Bleiglanz geführt hat. Die 
Baue auf ihn sind schon seit langen Jahren verlassen. 


211 
s 

Die Kupferkies- und Zinkblendegänge, welche am 
östlichen und westlichen Abhange des Oderthales, an ersterem 
mit dem Oderstollen aufgeschlossen worden sind, ohne für ab- 
bauwürdig und anhaltend befunden worden zu sein. 

Die bei Gelegenheit der Grenzruscheln S. 203 besproche- 
nen Sperrenthaler Kupferkies- und Eisensteins- 
gäange. 

Der bis zu 1 Lachter mächtige von N. nach 8. streichende 
Schwerspathgang, welcher im Grünstein gleich oberhalb 
der Andreasberger Silberhütte aufsetzt und zum Zwecke der 
Benutzung des Schwerspathes zur Farbebereitung abgebaut wird. 


Aus den vorstehenden Beobachtungen ergeben sich in 
Kürze folgende Resultate: 

Eine schmale Zone von Thonschiefern und Grauwacken 
wird im Norden von einem Granitrucken, im Süden von einem 
Grünsteinzug begrenzt. In ihr setzen die Andreasberger Gänge 
auf. Diese sind theils Eisensteins- und Kupferkiesgänge, 
theils Silbererzgänge, welche durch ein drittes Gangsystem: 
die faulen Ruscheln scharf getrennt werden. Letzteres 
sind mächtige, taube, mit Thonschieferbruchstucken ausgefüllte, 
mit einem Lettenbesteg versehene Gänge, welche in ihrer Län- 
senerstreckung ein langes schmales Ellipsoid bilden und .sich 
in der Tiefe vereinigen und somit eine keilförmige Thonschie- 
ferpartie mantelartig umfassen, deren Schichten hor. 6,4 strei- 
chen und mit 70 bis 80 Grad gegen S. einfallen und zwischen 
welche sich einzelne Diabasinjectionen gedrängt haben. Die 
Silbererzgänge setzen nur innerhalb des Ruschelellip- 
soides auf und haben deshalb eine geringe Ausdehnung, sind 
wenig mächtig, jedoch bis zu einer bedeutenden Teufe aufge- 
schlossen. Ihre Hauptgangmasse ist Kalkspath. Die wichtig- 
sten, in diesem netzartig eingelagerten Erze sind: Bleiglanz, 
Zinkblende, Rothgultig, Antimonsilber, Arsensilber, gediegen 
Arsen; Apophyllit, Harmotom, Desmin, Stilbit und Flussspath 
begleiten dieselben. Diese Hauptgangausfullung bleibt sich bei 
allen Gängen gleich und variürt nur im Auftreten einiger sel- 
tenerer Fossilien. Die Silbererzgänge gehören zwei Streichungs- 
richtungen, einer nördlicheren und einer westlicheren an, fallen 
gegen N, und gegen N.O. ein und kreuzen und verwerfen sich 


14 * 


212 | 


deshalb öfter. Es kommt jedoch vor, dass der verworfene 
Gang in der Tiefe zum Verwerfer wird, auch dass sich beide 
Gänge gleichzeitig verwerfen. Die Ruscheln schneiden ent- 
weder die Gänge geradezu ab oder schleppen dieselben eine 
Strecke weit. In keinem Falle aber setzen die Silbererzgänge 
über eine der beiden Grenzruscheln hinaus. Die Eisensteins- 
gänge sind in zwei Gruppen concentrirt: eine am Königs- 
und eine am Eisensteinsberge, sind mit derbem Rotheisen- 
stein, weniger Glaskopf ausgefüllt und bilden im Verein mit 
einigen Kupferkies- und Kobaltsgängen eine Zone ziemlich 
parallel der Grenze des Granites. 


Im höchsten Grade überraschend ist die Aehnlichkeit der 
Gangverhältnisse des Bergwerksbezirkes Pribram *) und derer 
von Andreasberg, so dass eine Vergleichung der wichtigsten 
Charaktere beider nicht ohne Interesse sein dürfte. 

Auch die Umgegend von Pfibram bildet ein Plateau von 
1700 Fuss Meereshöhe und besteht aus älteren Grauwacken- 
bildungen, welche von Grünsteinpartien durchsetzt und nach 
einer Seite hin von Grauit begrenzt werden. Jene bestehen 
theils aus Grauwacke, Quarzit und Grauwackenschiefer. Der 
letztere ist von der ersteren durch eine Lettenkluft geschieden, 
welche noch bis vor einigen Jahren als Grenze der dortigen 
Erzgänge betrachtet wurde. Auch an ihr keilt sich ein Theil 
der Gänge aus; andere werden nur verdrückt und sind in 
neuerer Zeit jenseits derselben wieder bauwürdig aufgeschlos- 
sen worden, so dass sie die Pribramer Gänge in der Weise 
unserer Abendröther und Silberburger, nicht aber unserer Grenz- 
ruscheln beeinflusst. Grünsteinstöcke und Gänge durchsetzen 
das Grauwackengebirge in grosser Anzahl und schwanken in 
ihrer Mächtigkeit zwischen + und 30 Lachter. Eine Gesteins- 
veränderung ist am Contacte beider nicht zu bemerken, ebenso- 
wenig eine gewaltsame Zertrümmerung des Grauwackengebir- 
ges. Die Erzgänge durchsetzen den Grünstein zuweilen, sind 
also wie die Andreasberger Gänge junger als diese, haben die- 


*) Uebersicht des Blei- und Silberbergbaues von Pribram von Prof. 
Farrer. Im XIII. Bande der berg- und hüttenmännischen Jahrbücher 
der k. k. Bergakademien zu Leoben, Pribram u. s. w. 


213 


selbe durchschnittliche Mächtigkeit, treten jedoch gewöhnlich 
grosse Strecken weit als Oontaetgänge des Grünsteins und der 
Grauwacke auf und unterscheiden sich auf diese Weise wesent- 
lich von den-Andreasberger Gängen. ‘Grössere Verwerfungen 
des einen Ganges durch einen zweiten sind seltener, solche 
‘durch Schichtungsklüfte hingegen häufig. Auch dort üben die 
Kreuze keinen besonderen Einfluss auf den Erzreichthum aus. 
Ebenso kommt die Ausfullungsmasse der Pribramer Gänge der 
der Andreasberger nahe. Kalkspath herrscht vor, Quarz und 
Schwerspath treten zuruck, während ebenfalls dort eine Reihe 
von Erzen bricht, welche für Andreasberg besonders charakte- 
ristisch sind, so Rothgültig, Glaserz, Sprodglaserz, Antimon- 
glanz, gediegen Silber, während Bleiglanz dort- wie hier die 
andauerndste Erzführung bildet, in welcher jene edlen Geschicke 
nesterweise auftreten. Auch scharfkantige Thonschieferbruch- 
stucke umfasst die Gangausfullung, welche; letztere ebenso wie 
in Andreasberg von dem Nebengestein nicht durch Saalbänder 
getrennt sondern mit diesem verwachsen ist. Die Achnlich- 
keit der Gangverhältnisse beider Bezirke lässt auf ihre analoge 
Bildung schliessen. 

Noch uüberraschender wie diese ebenbeschriebene Aehn- 
lichkeit muss die gänzliche Verschiedenheit des Andreasberger 
und des nur wenige Stunden von ihm entfernten Clausthäler- 
Zellerfelder Bergwerksbezirkes sein. Die Gänge der Umge- 
gend von Clausthal haben nicht nur eine zum Theil meilen- 
weite Längenerstreckung, sie erreichen auch zuweilen eine 
Mächtigkeit von 18 bis 20 Lachter, die ablaufenden, oft selbst 
lachtermächtigen Trümer mitgerechnet eine Mächtigkeit von 
50 Lachter. Die Hauptausfüllungsmasse dieser Gänge besteht 
aus Quarz, Schwerspath und Kalkspath, welche eine sich fast 
immer gleichbleibende Erzführung von sehr silberarmem Blei- 
slanz, Zinkblende, wenig Fahlerzen, Schwefel- und Kupferkie- 
sen umschliesst. Diese lässt im Gegensatz zu der Andreas- 
berger eine zwar weniger silberreiche aber constante Förde- 
rung zu, welche je nach Bedarf gesteigert oder ‚gemindert 
werden kann, ohne wie in den Andreasberger Gängen von 
zufälligen Funden von Silbererznestern abhängig zu sein. Die 
wasserhaltigen Silikate, Arsen, Antimon- und Arseniksilber, 
welche so bezeichnend fur die Andreasberger Gangausfullung 
sind, fehlen hier vollständig. Rothgültig ist nur sehr. selten 


% 


214 


und dann nur in äusserst geringen Mengen z. B. auf Berg- 
werkswohlfahrt vorgekommen. 


il Theil. 
Ueber die Entstehung der Andreasberger Gänge. 


1) Entstehung der Gangspalten. 


Die sammtlichen Gänge der Andreasberger Gegend kön- 
nen, was ihre verschiedene Ausfüllung, ihre gegenseitige Be- 
einflussung beweist, nicht gleichzeitig entstanden sein. 

Die Ruscheln sind die älteste Gangbildung, älter wie die 
Silbererzgänge, weil sie diese theils abschneiden, theils schlep- 
pen und, weil beides ebenso mit den Eisensteinsgängen der 
Fall ist, auch älter wie diese. Ebenso müssen sie auch schon. 
zur Zeit der Entstehung der Erzgangspalten in ihrer jetzigen 
Gestalt vollständig ‚ausgefüllt mit Letten und Thonschiefer- 
Bruchstücken vorhanden gewesen sein, weil ihre Ausfüllungs- 
"masse wiederum an manchen Stellen das Nebengestein für die 
Erzgange bildet. Die Ruschelspalten mögen entstanden sein 
während des Empordringens des Diabases, in Folge seines 
Durchbrechens durch das Thonschiefergebirge. Fur ein Ab- 
hängigkeitsverhältniss der Ruschelspalten von dem Grünstein- 
zug spricht die Parallelität beider, für die Wahrscheinlich- 
keit einer von unten, nicht seitlich wirkenden Kraft das sich 
Verzweigen einer Hauptruschel in drei und das durch die jedes- 
malige Krafttheilung bedingte Schwächerwerden dieses Haupt- 
stammes. { 

In die Periode der Abkühlung des durch den aus der Tiefe 
brechenden Diabas erhitzten Thonschiefers fallt die Entstehung 
der mehr oder weniger deutlich ausgeprägten Zerkluftungsspal- 
ten, welche den Thonschiefer entweder eben nur als Ablösungs- 
flachen durchziehen oder sich bei einiger Mächtigkeit mit einem 
Thonbestege belegt haben. Auf sie werden wir später (S. 216) 
zurückkommen, sie erhalten durch ihre Beeinflussung der Gänge 
eine grosse Wichtigkeit. Die Ruscheln mögen zuerst schmale 
Spalten gewesen sein; da sie aber zu einer Zeit entstanden, 
wo sich die Gesteine durch Erhitzung ausgedehnt hatten, mö- 
sen sie bei dem Zusammenziehen derselben bedeutend an Mäch- 
tigkeit gewonnen haben. In ihnen, sowie in den durch Zu- 


215 


sammenziehung der Gesteine entstandenen, oben erwähnten Zer- 
klüuftungsspalten sammelten sich sowohl Tage- wie Quellwasser 
an, welche in Folge der Temperatur des Nebengesteins einen 
hohen Wärmegrad erhielten. In Folge davon wirkten sie, in- 
dem sie je nach ihren Zuflüssen mehr oder weniger schnell in » 
die Höhe stiegen, auf die Wandungen der Spalten zerstörend 
ein, so dass sich diese bald mit einem oft fussmächtigen Be- 
steg von Letten beschlugen. Die zerrissenen, stellenweise uber- 
hängenden Spaltenwände waren nicht im Stande sich zu halten. 
Es brachen Stücke los, welche beim Fall zerschellten und nach 
und nach den Spaltenraum zwischen den beiden Lettenbestegen 
ausfüullten. Man muss somit ein langsames Emporsteigen des 
Wassers und des von diesem abhängigen Besteges annehmen, 
um eine Ablagerung von Thonschieferbruchstücken zwischen 
zwei die anstehenden Thonschieferwände abschliessenden Be- 
stegen erklären zu können. 

Die Erzgangspalten können ihrer Entstehung nach der 
Periode des Empordringens des Grünsteins nicht angehören, 
sondern müssen vielmehr jünger als diese sein, sie könnten 
sonst jene im Thonschiefer eingelagerten Grünsteinpartien nicht 
durchsetzen. Sie können sogar aus schon mehrmals angeführ- 
ten Gründen erst nach der Ausfullung der Ruschelspalten ent- 
standen sein, verdanken also auch nicht der Periode der Nach-. 
wirkungen der Grünsteineruption ihren Ursprung. Die wahr- 
scheinlichste Deutung desselben dürfte in den Wirkungen des 
hervorbrechenden Granites zu suchen sein, dessen Eruption 
schon Hausmann (Bildung des Harzes S. 94) in eine spätere 
Zeit als die des Diabases verlegte. Und in der That treten 
ja die Andreasberger Silbererzgänge im Thonschiefer nahe an 
der Grenze des Granites nicht isolirt auf. Das ganze Thon- 
schiefergebirge, welches den südlichen und westlichen Abhang 
des Sonnenberges und Rehberges bildet, wird von Gängen durch- 
kreuzt, welche eine der Granitgrenze ziemlich parallele Zone 
bilden und sich nur durch die erst später auftretende Verschie- 
denheit ihrer Ausfullung unterscheiden. Es sind dies Kupfer- 
kies- und Kobaltsgänge iu den Bergen des Oderthales, die 
Andreasberger Silbererzgänge, und die Sperrenthaler, Königs-, 
Sieber- und Eisensteinsberger Eisensteinsgänge. In Folge der 
Zusammenziehung des sich abküuhlenden Granites und des in 
seiner Nähe befindlichen Hornfelses entstanden auf dem Con- 


216 Ne 


tacte beider unregelmässige Grenzspalten, welche sich später 
mit Rotheisenstein ausfüllten und S. 208 und 209 beschrieben 
worden sind. 


2) Theorie der Andreasberger Gangauslenkungen. 


im Vorhergehenden ist öfters davon die Rede gewesen, 
dass sich die Gänge theils untereinander, theils auf besonders 
ausgeprägten Zerklüftungsspalten verworfen hätten. Man hat 
diese Verrückungen der Andreasberger Gänge bisher analog 
denen anderer Lokalitäten nach der Verwerfungstheorie erklärt, 
welche Schmipt und ZIMMERMANN aufstellten, und die ein ver- 
schiedenes Alter zweier sich verwerfender Gänge und das Rut- 
schen des Hangenden des jüngeren Ganges und somit des im 
Nebengestein befindlichen Flügels des von ihm durchschnittenen 
älteren Ganges, oder eine Senkung des liegenden Theiles 
desselben annimmt. Die Betrachtung folgender Verhältnisse 
zeigt jedoch, dass es unmöglich ist, die Andreasberger Gang- 
verschiebungen den bisher bekannten Verwerfungstheorien an- 
zupassen: 

Der Gnade-Gotteser und Bergmannstroster Gang werden 
in der mittleren und oberen Teufe der Samsoner Baue vom 
Samsoner Gange verworfen, verwerfen jedoch in der Tiefe, 
nachdem sie sich vereint haben, den letzteren. In der oberen 
Teufe müsste man nach der oben kurz erwähnten Theorie der 
Verwerfungen den Samsoner, in grösserer Teufe den vereinten 
Gnade-Gotteser und Bergmannstroster Gang als den jedesma- 
ligen Verwerfer für jünger als den anderen halten. 

Ebensowenig stimmt es mit obiger Hypothese, dass sich 
zwei Gänge an ein und demselben Punkte gegenseitig verwer- 
fen, wie dies auf dem Durchkreuzungspunkte des Bergmanns- 
troster und Franz-Auguster Ganges über der 23. Samsoner 
Strecke stattfindet. 

Ferner werden der Morgenröther und Andreaskreuzer Gang 
durch die Abendröther und Silberburger Ruschel beträchtlich 
ins Liegende verworfen, obgleich die letzteren, wie bereits 
mehrmals gezeigt, jedenfalls älter sind als die Silbererzgänge, 
die früher angenommene Theorie aber gerade das Gegentheil 
erfordert. 

Wir kennen nur Durchkreuzungen des Gnade-Gotteser und 
Bergmannstroster Ganges einerseits und des Franz-Auguster 


217 


und Samsoner anderseits, sowie der Silberburger und Abend- 
röther Ruschel und des Andreaskreuzer und Morgenröther Gan- 
ges. An ihnen aber erleidet die Verwerfungstheorie solche 
Ausnahmen, dass wir dieselbe als für die Andreasberger Ver- 
hältnisse unpassend verwerfen müssen. Die erwähnten wider- 
natürlichen Verwerfungsverhältnisse im Verein mit der Noth- 
wendigkeit, dass Senkungen des Nebengesteins eines Ganges 
jedenfalls auch die Ruscheln hätten beeinflussen müssen, was 
nicht der Fall ist, lassen eine Erklärungsweise natürlich er- 
scheinen, welche die Verruckung eines Ganges noch vor seiner 
Ausfullung bedingt, von der Annahme, dass der verworfene 
Gang der ältere und die Verschiebung durch Bewegung des 
Nebengesteins entstanden sei, abstrahirt, vielmehr die Gang- 
verrüuckungen der Entstehungsweise der Spalten zu- 
schreibt. Verdanken die Gangspalten dem Empordringen des 
Granites ihr Entstehen, so mussten sie in Folge der von unten 
wirkenden Kraft die Gesteine von unten nach oben durchsetzen. 
Diese in der Tiefe aufgesprengten Spalten trafen bei ihrem 
Indiehöhesetzen steiler, flacher oder entgegengesetzt einfallende 
oder anders streichende Ablösungsflächen und andere offene 
oder nur mit brüchigem Thonschiefer ausgefüllte Gangspalten. 
Diesen als Flächen des geringsten Widerstandes würden sie 
gefolgt und ohne Einfluss auf das hangende Gestein derselben 
geblieben sein, wenn die sie verursachende Kraft gleichmässig 
auf einen Punkt oder in. gleichem Maasse auf jede der durch 
die Spalten getrennten Gesteinspartien gewirkt hätte. Eine so 
gleichmässige Einwirkung ist aber bei Schichtencomplexen, 
welche nicht gerade über einer empordringenden Masse son- 
dern mehr über ihren steil einfallenden Rändern liegt, nicht 
vorauszusetzen, vielmehr werden die Gesteinspartien in näch- 
ster Nähe von jenen einen grösseren Druck erfahren als die 
entfernteren. Trifft unter solchen Verhältnissen eine entste- 
hende Spalte eine sich darbietende Discontinuität, so wird 
sie ihr des geringsten Widerstandes wegen eine Strecke fol- 
gen; durch den Druck jedoch, welchen das aufliegende Gestein 
durch die auf die eine der beiden Gesteinspartien wirkende 
Kraft erhält, wird die Spalte nach einer geringen Ablenkung 
auf der älteren Ablösungsfläche oder Gangspalte in derselben 
Streichungslinie wie früher weiter in die Höhe fortsetzen. Die 
Veränderungen, welche die Gangspalten in Bezug auf ihren 


218 


Verlauf erlitten haben, sind hiernach nicht Folgen von Ver- 
ruckungen auf später entstandenen Kluften, sondern Ablenkun- 
gen von ihrer Hauptrichtung bei ihrem Entstehen auf bereits 
vorhandenen Spalten. 

Alle die Widersprüche gegen die ersterwähnte Verwer- 
fungstheorie, welche sich in den Andreasberger Gangverhält- 
nissen bemerkbar machen, lassen sich in der natürlichsten Weise 
mit der obigen Auffassung der Entstehung der dertigen Ab- 
lenkungen vereinen. So unerklärlich eine Verwerfung eines 
Silbererzganges auf einer Ruschel nach der ersterwähnten 
Theorie ist, so natürlich ist eine Auslenkung einer entstehen- 
den Gangspalte auf einem Raum, welcher nur mit Thonschiefer. 
Bruchstücken und zähem Letten lose angefüllt ist wie die 
Ruscheln. 

Ebenso erklären sich die Auslenkungen, welche die Gänge 
so häufig durch blosse Ablösungsflächen (sogenannte feste Ge- 
schiebe) (S. 207) erleiden und die man bisher aus Bewegungen 
des Nebengesteins herzuleiten versucht hat. Nach letzterer 
Annahme müsste der verwerfende Gang der. jüngere sein. Es 
kommt jedoch häufig vor, dass sich der getrennte Flügel des 
verworfenen Ganges schmitzartig an die Verwerfungsspalte an- 
lehnt und mit dieser eine Zeitlang schleppt, ferner, dass sich 
der eine Flügel in der Nähe der Verwerfungsspalte vielfach 
zertrumert, während der andere nur ein Gangstück bildet. 
(Taf. V. Fig. 8.) Beide Umstände setzen das Vorhandensein 
einer Spalte der sogenannten Verwerfungsspalte voraus, auf 
welcher die Auslenkung der entstehenden Gangspalte stattge- 
funden hat. In manchen Fällen ist dadurch die bereits beste- 
hende Zerklüftungsspalte zwischen den beiden getrennten Gang- 
enden erweitert worden, so dass solche Auslenkungen nach 
erfolgter Gangausfüllung das Ansehen einer blossen Kniekung 
des Erzganges erhalten haben. Dieser Umstand gerade, die 
Erweiterung einer Zerklüftungsspalte zwischen zwei getrennten 
Gangflügeln (Taf. IV. Fig. 11 und 12), sowie die vollständig 
gleiche Ausfullungsmasse der ersteren und letzteren spricht am 
meisten für die Annahme von Auslenkungen der entstehen- 
den Gangspalten auf bereits vorhandenen Klüften. Hätte 
hingegen eine Verwerfung im eigentlichen Sinne stattgefunden, 
so wurde vorauszusetzen sein, dass die Verwerfungsspalten die 
jüngeren seien, was nach den angeführten Beobachtungen nicht 


219 


angenommen werden kann. Solche Zerkluftungsflächen, wel- 
che oft nach den verschiedensten Seiten einfallen, sind zuwei- 
len zahlreich auf einen kleinen Raum zusammengedrängt, so 
dass die sie durchsetzende Gangspalte in kurzen Zwischenräu- 
men mehrere gauz entgegengesetzte Auslenkungen erlitt, wel- 
cher Umstand, wollte man eine Verschiebung des Nebenge- 
steines annehmen, eine ganz ausserordentliche Beweglichkeit 
desselben voraussetzen würde. Jede solche Verrückung durch 
feste Geschiebe giebt deshalb ein typisches Beispiel für die 
Ablenkungstheorie ab, während ZIMMERMANN nicht im Stande 
war dieselbe nach seiner Verwerfungstheorie zu erklären und 
deshalb solche verschobene Gangstücke als selbstständige (ange 
deutete! 

Denselben Einfluss wie eine Zerklüftungsspalte musste 
eine bereits vorhandene Gangspalte auf den Verlauf einer ent- 
stehenden anderen Gangspalte haben. Letztere wird auf der 
ersteren eine Strecke weit auslenken und dann ihre alte Rich- 
tung weiter verfolgen. Der Erfolg bleibt also derselbe wie 
bei der Annahme einer Verrückung des Nebengesteins und 
des in ihm enthaltenen einen Gangtheiles, nur dass das Alters- 
verhältniss gerade umgekehrt, der verschobene Gang als der 
jüngere und der andere als der sogenannte Verwerfer als der 
ältere angenommen werden muss. Dabei kommt ein wichtiges 
Moment in Betracht, mit Hulfe dessen man im Stande sein 
wird, die widersinnigen Verwerfungsverhältnisse des Samso- 
ner und Gnade-Gotteser und des Julianer und Franz-Auguster 
Ganges naturgemäss zu erklären. Die Theorie der Verwer- 
fungen im eigentlichen Sinne fordert die Ausfüllung des ver- 
worfenen Ganges vor der Entstehung der zweiten Gangspalte, 
oder wenigstens beträchtliche Zeiträume, wenn die Verrückung 
noch vor der Ausfuüllung der Spalten stattgefunden haben sollte. 
Die neue Theorie der Andreasberger Gangauslenkungen setzt 
dagegen das noch nicht Ausgefülltsein der älteren Gangspalten 
bei der Entstehung der anderen voraus, abstrahirt also von 
langen Zeiträumen, macht es im Gegentheile möglich, dass eine 
Gangspalte auf der anderen auslenken wird, wenn diese auch 
nur um ein Minimum früher entstanden ist. 

Aus dem Gesagten lässt sich erklären: 

Dass die Andreasberger Gangspalten ihrer Entstehung nach 
alle einer geologischen Periode angehören und dass die Aus- 


220 


fullungsmasse in allen Andreasberger Gängen dieselbe ist, ob- 
gleich es scheinen könnte, als ob stattgefundene Verrückungen 
auf ein verschiedenes Alter der Spalten hinwiesen; 

dass ein Gang den anderen in der Tiefe verwirft, wäh- 
rend er umgekehrt in oberer Teufe von diesem verworfen 
werden kann, wie es beim Samsoner und Gnade- Gotteser 
Hauptgang der Fall ist; En 

dass der Franz-Auguster und Bergmannstroster Gang sich 
fast gar nicht, an seinem Aufschlusspunkte aber gegenseitig 
verwerfen, findet seine Erklärung in der Annahme einer gleich- 
zeitigen Spaltenbildung. 

Die gegenseitigen Verwerfungen der besenreisartigen 
Gangtrumer im Hangenden und Liegenden der Gänge erkla- 
ren sich durch eine Auslenkung der entstehenden Gangspalten 
auf vielleicht eben erst entstandenen am natürlichsten, wäh- 
rend die Annahme der Verruckung des Nebengesteins bei sol- 
chen sich vielfach verästelnden, biegenden und netzartig durch- 
seizenden, oft nur linienbreiten Trumchen höchst unwahrschein- 
lich ist. 

Die sämmtlichen, und mit ihnen die mit der früher ange- 
wendeten Theorie nicht übereinstimmenden Verwerfungsverhält- 
nisse der Andreasberger Erzgänge auf Zerklüftungsspalten, 
Ruscheln oder anderen Gängen finden somit ihre natürlichste 
Erklärung durch folgende Annahme: die Gangspalten sind bei 
ihrer Entstehung durch andere ebenfalls noch nicht ausgefüllte 
Spalten eine Strecke weit abgelenkt worden, ehe sie ihrer alten 
Richtung wieder folgten. Die Ausfüllung dieser sammtlichen 
Spalten geschah gleichzeitig. / 

Bei der auffallenden Aehnlichkeit der Andreasberger und 
Pribramer Gangverhältnisse ist eine in der schon 8.212 eitirten 
Abhandlung über die Pribramer Gangverhältnisse gemachte Be- 
merkung Prof. Fırner’s, dass die Verwerfungen der dortigen 
Gänge nicht als Gesteinsverruckungen sondern als Ergebnisse 
der ursprünglichen Spaltenbildung zu betrachten seien, 
von besonderer Bedeutung für die Richtigkeit der oben ent- 
wickelten Auslenkungstheorie der Andreasberger Gänge. 

Vielleicht wird diese durch Beobachtung in noch anderen 
Distrikten bestätigt. 


221 


3. Entstehung der Gangausfüllung. 


Die wahrscheinliche Art und Weise der Eutstehung der 
Ruschelausfüllung als der ältesten Gangbildung ist bereits 
'S. 214 besprochen, so dass nur noch der Versuch einer Er- 
klärung der Ausfüllungsweise der Erzgänge übrig bleibt. 

Die Gangspalten, in welchen Gelegenheit für den Absatz 
der in den Wassern aufgelösten Bestandtheile geboten wurde, 
sind, wie bereits oben (S. 215) als wahrscheinlich nachgewie- 
sen, in Folge der Eruption des Granites entstanden und bil- 
deten mehrere Gruppen, eine von ihnen innerhalb der Ruscheln, 
die andere mehr im Nordwesten und $.O. von jener. Ein- 
zelne Spalten vermitteln den Zusammenhang zwischen den ver- 
schiedenen Gruppen und bilden mit ihnen eine von N.W. nach 
S.O. streichende Gangzone. Zur Erklarung der Verschieden- 
artigkeit der Ausfüllung dieser Spaltencomplexe müssen wir 
uns erinnern, dass die Hauptruscheln, wie die dortigen genau 
untersuchten Verhältnisse beweisen, als undurchdringliche Mauer 
für die edle Ausfüullung der Gänge dagestanden haben mussen, 
während ein genetischer Zusammenhang der Spalten innerhalb 
und ausserhalb der Ruscheln nicht unwahrscheinlich ist. Zwi- 
schen ihnen und den Hauptruscheln wird derselbe Zusammen- 
hang stattfinden wie zwischen einzelnen Silbererzgängen und 
der Abendröther und Silberburger Ruschel, so dass eine ent- 
stehende Spalte in der widerstandslosen Ausfüllungsmasse der 
Ruscheln abgelenkt wurde, beide Spaltenpartien somit durch 
die Lettenbestege und die mulmige Ruschelmasse getrennt blie- 
ben. Auf diese Weise wurde eine keilförmige Thonschiefer- 
masse, welche später das Gebiet der Andreasberger Silbererz- 
gänge bildete, von den Ruscheln mit einer isolirenden Schicht 
umgeben, so dass die Solutionen in den Spalten innerhalb der 
Ruscheln in keinem Zusammenhang mit der der späteren Eisen - 
steinsgange ausserhalb des Ruschelmantels standen. 

Betrachten wir zuerst die Ausfüllungsweise der Gänge 
innerhalb der Ruscheln, die der Silbererzgänge. 
| Eine übersichtliche Aufzählung und einige typische para- 
genetische Beispiele der ihre Gangausfüllung bildenden Mine- 
ralien sollen im Verein mit den im Cap. I. D. enthaltenen 
Gangbeschreibungen dazu dienen einen Ueberblick über die 
Mannigfaltigkeit der die Gangausfüllung zusammsetzenden Fos- 


222 


siien und der Art und Weise ihres Zusammenvorkommens zu 


geben. 


A. Aufzählung und Paragenesis der in den Andreasberger 


10. 


Silberzgängen gefundenen Mineralien. 


. Hydrolyte, Arsenikblüthe. 
. Chaleite, Chlorsilber, Pharmokolith, Nickelbluthe, 


Malachit. 


. Haloide, Kalkspath, Anthraconit, Flussspath, Schwer- 


spath, Gyps, Witherit. 


. Erden, Quarz. 
. Geolithe, Stilbit, Desmin, Apophyllit, Harmotom, 


Chabasit, Natrolith, Analeim, Datolith, Zygadit. 


. Amphoterolithe, Granat, Pistazit, Talk, Axinit. 
. Metalle, Silber, Kupfer, Antimon, Arsenikantimon, 


Arsenik, Antimonsilber. 


. Glanze, Bleiglanz, Antimonelanz, Silberglanz, Silber- 


schwärze, Federerz, Bournonit, Sprödglaserz,, Po- 
lybasit. 

Kiese, Arseniksilber, Fahlerz, Kupfernickel, Speis- 
kobalt, Glanzkobalt, Kupferkies, Antimonnickel, Ar- 
seniknickel, Arsenikkies, Schwefelkies, Magnetkies, » 
Arsenikalkies, Haarkies. 

Blenden, Zinkblende, Antimonblende, Zunderz, Feuer- 
blende, Rothguültig, Miargyrit, Auripigment, Realgar, 
Gänseköthigerz und Buttermilcherz. 


Für die Paragenesis der eben aufgeführten Mineralien 
sind folgende Beispiele bezeichnend: 


1 
2. Grünstein — Chabasit. 

>- 
4. Aelterer Kalkspath — jüngerer Kalkspath — Apophyllit 


=] 


Grüunstein — Harmotom, Natrolith. 
Grünstein — Kalkspath, Datolith. 


— Stilbit. 


. Aelterer Kalkspath, Bleiglanz — Flussspath, jüngerer 


Kalkspath und Apophyllit. 


. Aelterer Kalkspath — Flussspath — Zygadit. 
. Aelterer Kalkspath — er — jüngerer Kalkspath 


— Harmotom. 


. Aelterer Kalkspath, Quarz — Arsen — Bleiglanz — 


Antimonsilber, 


223 


9, Aelterer Kalkspath — Blende — Bleiglanz — Roth- 
gültig — Arsensilber — Antimonsilber. 

10. Aelt. Kalkspath — Desmin, jung. Kalkspath — Realgar. 

11. Aelterer Kalkspath — Flussspath — Magnetkies. 

12. Aelterer Kalkspath — Bleiglanz, Rothgültig — Fluss- 

spath und grüner Analeim. 

13. Aelterer Kalkspath — Flussspath — Gyps. 

14. Aelterer Kalkspath — Arsen — Pharmakolith. 

15. Aelterer Kalkspath. Quarz — Bleiglanz — Rothguültig — 

Haarkies. 

16. Aelterer Kalkspath — Arsen — Feuerblende. 

Würde es die Grenzen dieses Aufsatzes weit überschritten 
haben, wenn ich eine Beschreibung der Krystallformen und 
chemischen Zusammensetzung der Andreasberger Mineralien ge- 
geben hätte, so ist doch ein genaueres Eingehen auf die Eigen- 
thümlichkeit der Hauptgangmasse, des Kalkspathes für den 
Ueberblick über das Ganze erforderlich. 


B. Der Andreasberger Kalkspath. 


Schon BreıtHaupr (Paragenesis der Mineralien) unterschei- 
det in den Andreasberger Gängen einen älteren und einen jüun- 
geren Kalkspath. Die Verschiedenheit der Eigenschaften die- 
ser beiden ungleichalterigen Kalkspathbildungen ist unverkenn- 
bar. Der ältere Kalkspath ist undurchsichtig bis durch- 
scheinend, entweder milchweiss oder hellgrau und von grob- 
krystallinischem Gefuge. Seine Krystallformen bieten wenig 
Abwechselung. Das Skalenoüder (a:+ a:; a:c) in Combina- 
tion mit dem Hauptrhombo&äder oder jedes fur sich allein, mit 
letzterem zuweilen das Gegenrhomboäder, die sechsseitige Säule 
sind die gewöhnlich an ihm auftretenden Formen. Die Flächen 
derselben sind meist rauh und oft von kleinen fremdartigen, 
oder jüngeren Kalkspath-Kıystallen überzogen. Sie zeigen 
haufig einen helleren Kern, auf dem sich mantelförmig erst 
dunklerer dann wieder hellerer Kalkspath abgesetzt hat. Ist 
diese Krystallisation weiter gegangen, so fullten sich die 
Zwischenräume zwischen den einzelnen Krystallindividuen nach 
und nach aus; es entstand ein grobkrystallinischer Kalkspath, 
welcher seinen Ursprung aus dem Wachsthum von einzelnen 
Krystallen dadurch erkennen lässt, dass ein Durchschnitt pa-- 
rallel den Saalbändern des Ganges dunkle, abgerundet sechs- 


224 


seitige Ringe, ein Querschnitt rechtwinklig auf jenen, sich unter 
spitzem Winkel treffende dunklere Streifen zeigt, welche den 
in den verschiedenen Wachsthumsperioden auf dem ursprüng- 
lichen Skalenoöder gebildeten Zonen entsprechen. Mit die- 
sem älteren Kalkspath finden sich sämmtliche Andreasberger 
Erze theils in unregelmässigen Partien eingesprengt oder ver- 
wachsen, theils in scharfgeschiedenen, bandartigen Lagen auf- 
setzend. 

Einen ganz anderen Charakter zeigt der jüngere Kalk- 
spath. Wasserhell, mit ausgezeichnet spiegelnden Flächen, 
ausserordentlich reich an Combinationen repräsentirt er eine 
von dem älteren vollständig verschiedene Bildung. Auch sein 
Vorkommen ist ganz anderer Art als die des älteren Kalk- 
spathes; während dieser gewissermaassen die-Saalbänder der 
Gänge bildet und meist ihre Hauptausfullung ausmacht, kommt 
ersterer nie in einer solchen Mächtigkeit, nur in einzelnen 
Krystallen oder als Auskleidung von Drusenräumen vor. Fer- 
ner ist sein paragenetisches Verhalten derartig von dem des 
älteren unterschieden, dass es gerechtfertigt erscheint die Zeit 
seines Absatzes und der mit ihm zusammenvorkommenden Mi- 
neralien als eine zweite Periode der Andreasberger Gangbil- 
dung zu bezeichnen. Während nämlich die oben angeführten 
wasserhaltigen Silicate nie mit dem alten Kalkspath verwach- 
sen, also gleichzeitig gebildet vorkommen, treten sie im Verein 
mit dem jüngeren Kalkspath als Auskleidungen von spalten- 
förmigen Drusenräumen auf jenem und den mit ihm verwach- 
senen Erzen auf. Merkwürdig ist bei allen diesen Verschie- 
denheiten der Zusammenhang zwischen älteren und jüngeren 
Kalkspathindividuen, wenn sich ein solcher auf einem alten 
Kalkspathkrystall gebildet hat. Obwohl beide oft durch einen 
Ueberzug von Eisenschaum oder kleinen Quarzkrystallen ge- 
trennt sind, obwohl zwischen der Bildung beider, wie wir sehen 
werden, ein Zeitraum liegt, welcher zum Absatz der ganzen 
Andreasberger Erzformation genügte, obwohl beide oft nur an 
einem ausserordentlich kleinen Punkte zusammenhängen, ist 
doch die Lage der Axen der jüngeren Krystalle genau die der 
älteren, so dass die Spaltungsflächen der älteren Individuen mit 
denen der jüngeren stets zusammenfallen. Der jüngere Kalk- 
spath kommt, wie gesagt, als eine spätere Bildung auf Drusen- 
räumen in der älteren Erz- und Kalkspathformation entweder 


225 


allein oder, und so gewöhnlich, im Verein mit Silicaten vor 
und zeigt dann den Reichthum an Combinationen,, welcher die 
Andreasberger Vorkommen so berühmt gemacht hat. Beson- 
ders aber in letzterem Falle ist die Menge seiner Flächen bei 
verhältnissmässig sehr geringer Grösse seiner Krystalle so 
mannigfaltig,, seine Durchsichtigkeit so ungetrübt und sein Glanz 
so bedeutend, wie sie kein anderes Vorkommen ’zeigt, so dass 
augenscheinlich die Zusammensetzung der Solution, aus wel- 
cher die Silicate und der jüngere Kalkspath auskrystallisirt 
sind, diese, auszeichnenden Eigenschaften bedingt haben dürfte. 
Der Flächenreichthum der Andreasberger Kalkspäthe ist 
bekannt und die Reihe ihrer Formen in den meisten mineralo- 
‘gischen Handbuchern aufgeführt. 
Noch erwähnen muss ich, dass auch der Ursprung der 
- Andreasberger Quarze zwei Perioden angehört, welche denen 
des verschieden alterigen Kalkspathes entsprechen. 


C. Art und Weise der Entstehung der Gangausfüllung der 
Sn Silbererzgänge. 


Schon bei der Angabe der unterscheidenden Merkmale der 
beiden verschieden alterigen Kalkspathbildungen ist auf ein 
paragenetisches Verhältniss aufmerksam gemacht worden, wel- 
ches uns den ersten Anhalt bei dem Versuche einer Erklärung 
der Art und Weise der Entstehung der Gangausfullungsmasse 
an die Hand geben wird. Es bedingt die Möglichkeit die grosse 
Menge der Gang-ausfüllenden Mineralien in zwei Reihen zu 
stellen, deren eine durch die Vergesellschaftung des älteren 
Kalkspathes und Quarzes mit den edlen Geschicken, Blende, 
Bleiglanz und Arsen, und deren andere, welche ihren Ursprung 
aus einer späteren Zeit als jene datirt, durch das Zusammen- 
vorkommen des jüngeren Kalkspathes und Quarzes sowie der. 
wasserhaltigen Silicate gebildet wird. 

Diese Vergesellschaftung zweier Mineralreihen ist aber 
nicht Folge zufälliger localer Einflüsse, sie repräsentiren viel- 
mehr zwei verschiedene Perioden in der Bildung der Ausfül- 
lung der Andreasberger Silbererzgänge. 

Dass die Gangausfuüllung auf nassem Wege geschehen sein 
muss, ist zweifellos. Die Processe jedoch, vermittelst deren 
eine Lösung der jetzigen Gangmasse geschah, sind grossen- 

Zeits. d. d.geol. Ges. XVIL. 1, 15 


226 


theils noch problematisch. Von Einfluss auf die späteren Be- 
trachtungen ist zuerst die Beantwortung der Frage: woher 
stammt die Solution? Ist sie entstanden durch eine Auslaugung 
des Nebengesteins, oder durch Zuflüsse, welche sich von der 
Erdoberfläche aus in die Spalten ergossen, oder durch Aus- 
laugung der in ewiger Teufe anstehenden Gesteine, und in letz- 
terem Falle in Form von Mineralquellen in den Spalten empor- 
gedrungen? — Gegen die Annahme einer Lateralsekretion 
spricht am entschiedensten die Verschiedenartigkeit der Aus- 
füllung der Andreasberger Gänge: der Umstand, dass ein Theil 
der zu gleicher Zeit entstandenen Gangspalten nur Eisen- und 
Kupfer-, ein anderer nur Blei- und Silbererze führt, und dass 
beide Gangsysteme durch ein drittes von tauben Gängen scharf 
getrennt ‚werden. Müssten nicht diese drei Gangsysteme eine 
eleiche oder wenigstens ähnliche, in letzterem Fall unbedingt 
in einander übergehende Ausfüllung besitzen? Mussten nicht 
die feinen Spaltungsklufte, welche älter sind als die Gangspal- 
ten, mit derselben Masse ausgefüllt sein wie jene? Mit der An- 
nahme einer Lateral- Sekretion ist aber ferner noch der Um- 
stand unvereinbar, dass die Gänge unbeeinflusst vom Neben- 
gestein, ohne sich zu verändern, durch Thon- und Kieselschie- 
fer, Grünstein und Grauwacke fortsetzen, und dass das Neben- 
gestein keine Spuren von Auslaugung zeigt, vielmehr besonders 
in der nächsten Nähe der Gänge von kleinen Erztheilchen im- 
prägnirt ist, welche eher auf einen umgekehrten Weg .der So- 
lution von den Gangspalten aus in die Klüfte und Poren 
des Nebengesteins schliessen lassen. — Gegen die Annahme 
der Ausfullung der Gangspalten durch Tagewasser, durch 
Decension, spricht das Fehlen aller Gerölle, welche von oben 
einstromendes Wasser hätte mit sich führen müssen. Die Aus- 
füllung der Andreasberger Gänge umfasst zwar Gesteinsbruch- 
 stücke, jedoch sind diese stets scharfkantig, nie zugerundet und 
vom Nebengestein während des Auskrystallisirens der betreffen- 
_ den Mineralien losgebrochen; letztere umschliessen nie Roll- 
stucke von Granit, Grünstein oder Grauwacke. 

Es bleibt somit nur noch die Annahme des Absatzes der 
Andreasberger Gangausfüllung aus aufsteigenden Mine- 
ralquellen. Für diese sprechen am entschiedensten folgende 
Betrachtungen. Die in bedeutender Tiefe entspringenden Mine- 
ralquellen drangen auf einer oder mehreren der Spalten der, 


227 


jetzigen -Silbererzgänge in die Höhe und verbreiteten sich in 
sämmtlichen innerhalb der Hauptruscheln aufsetzenden Gang- 
spalten. Jene bildeten ein mantelartiges isolirendes Mittel, 
welches verhinderte, dass. die Solution über dieselben hinaus 
trat und die Spalten der späteren Eisensteinsgänge anfüllte. 
Diese Solution drang aber von den Gangspalten aus auch 
zwischen die .in der nächsten Nähe der Spalten befindlichen 
Schichtungs- und Spaltungsflächen des Nebengesteins, wo den- 
dritische Krystallbildungen anschossen. Beides Umstände, welche 
allein durch die Annahme der Ascension der Solution ihre Deu- 
tung finden. Aus dieser aufsteigenden Solution mussen sich 
die einzelnen Gang- Mineralien niedergeschlagen haben. Die 
Processe selbst, durch welche jene ursprünglich aufgelöst wor- 
den sind, den wechselseitigen Einfluss der aufgelösten Stoffe 
aufeinander zu erklären, hiesse sich bei dem grossen Reich- 
thum an Mineralspecies, wie er in den Andreasberger Gängen 
auftritt, zuweit auf das Feld der Hypothese hinauswagen. 
Ueberhitztes Kohlensäure -reiches, mit Schwefelwasserstoff 
und Fluorwasserstoff übersättigtes Wasser muss das Lösungs- 
mittel für Erden und Metalle gewesen sein. Diese krystalli- 
sirten bei dem Nachlassen des Druckes und der allmäligen 
Wärmeabgabe der Solution aus und bildeten die erste Forma- 
tion in der Ausfüllung der Andreasberger Silbererzgänge, haupt- 
sächlich bestehend aus Kalkspath, Quarz, Flussspath, Arsen, 
Bleiglanz, Blende und den edlen Geschicken. Die Quellzu- 
gänge aus der Tiefe der Erde mochten sich nach und nach 
durch die mineralischen Niederschläge verstopft haben, so dass 
die in den Spalten stehenden Wasser keine anreichernden Zu- 
flüsse von unten her bekamen, wodurch die erste Periode der 
Bildung der Gangausfüllung ihr Ende findet und somit der Be- 
griff einer Gangformation nicht nur der einer zufälligen Verge- 
sellschaftung einer bestimmten Reihe von Mineralien ist, son- 
dern auch zeitliche Grenzen erhält. 

Die Bildung einer zweiten jüngeren Gangformation, deren 
Hauptrepräsentanten die Zeolithe sind, mag auf die Weise vor- 
gegangen sein, dass sich nach einem längeren Zustande der 
Ruhe neue heisse Quellen in die noch nicht vollständig ausge- 
füullten Spaltenräume ergossen. Diese lösten allmälig einen ge- 
ringen Theil des Kalkspathes, des Quarzes, (daher ist aller 
Andreasberger- älterer Quarz zerfressen,) der Thonerde und ein- 

15 * 


228 


zelner Erze von neuem auf, welche in diesem Zustande unter 
sich und mit der in dem aufsteigenden Wasser enthaltenen 
Kohlensäure ‚die verschiedenartigsten Verbindungen eingingen 
und bei dem allmäligen Verdunsten des Wassers langsam und 
deshalb in besonderer Schönheit wieder auskrystallisirten und 
so die zweite Gangniederlage, den jüngeren Kalkspath und 
Quarz, die wasserhaltigen Silicate und Aluminate, Gyps u. s. w. 
bildeten. Dass eine derartige Lösung und Wiederauskrystalli- 
sirung von Analcim, Axinit, Talk, Feldspath und Chabasit in 
reinem, und noch leichter und schneller in einem kohlensäure- 
haltigen Wasser möglich ist, haben die Gebrüder Rogers, dass 
dasselbe mit Apophyllit der Fall ist, hat WönLEr gezeigt. 

Die Solution der Silicate u. s. w. verdunstete also allmälig, 
und schon durch die Wirkung des entstehenden Wasserdampfes 
wurde die dritte Periode, die der Metamorphosirungen 
eingeleitet, welche z. Th. noch heute fortdauert. Zuerst wirk- 
ten die aufsteigenden Wasserdämpfe reducirend auf die Silber- 
erze, besonders Rothgültig, Glaserz und silberreichen Bleiglanz 
ein, aus denen sich Silber in draht- oder moosförmiger Gestalt 
ausschied, während sich theils der flüchtige Schwefel und Arse- 
nik zu Auripigment und Realgar vereinigten, welche den Kalk- 
spath in den Andreasberger Drusenräumen nicht selten als dünner 
Anflug überziehen, theils der Arsenik zu arseniger Säure oxydirte 
und dann als Arsenikblüthe in buschelförmig stehenden Na- 
deln auf dem Ganggestein anschoss. Ein anderer Theil der 
Arsenikblüthe, sowie Nickelbüthe, Pharmakolith, Malachit und 
Kupfergrun entstanden und entstehen noch heute durch den 
Einfluss der Tagewasser und der atmosphärischen Luft auf 
Nickel-, Arsen- und Kupfererze. 


D. Entstehung der Gangausfüllung in den Eisen- und 
Kupfererzgängen. 

Die Spalten der jetzigen Eisen- und Kupfererzgänge stan- 
den mit erzführenden Mineralquellen nicht in Verbindung, so- 
wie ihre Communication mit den Silbererzspalten durch. die 
Ruscheln unterbrochen war. Die Eisen- und Kupfererze ver- 
danken daher ihren Ursprung nicht aufsteigenden Mineral- 
quellen, sondern allein der Auslaugung des Nebengesteins. 
Augenscheinlich für diese Annahme sprechende Umstände treten 
uns in den Verhältnissen des Gangdistriktes des rothen Bär’s 


229 


(S. 210) entgegen. Die Brauneisenstein- und Spatheisenstein- 
Gänge und Einlagerungen setzen hier allein in einem zerreib- 
lichen, vollständig metamorphosirten Thonschiefer auf und 
schneiden mit diesem nach allen Seiten an den unzersetz- 
ten Thon- und Grauwackenschiefern ab. Dieses Gebundensein 
der Eisenerze an umgewandeltes Gestein, das Imprägnirtsein 
einzelner, wahrscheinlich früher am wenigsten festen Schichten 
durch Eisen in den verschiedensten Oxydationsstufen legt die 
Gewissheit nahe, dass die dortigen Eisenerzeinlagerungen ihre 
Bildung der Coucentration der in dem Nebengestein imprägnirt 
gewesenen Eisentheilchen durch die in der muldenförmigen Ein- 
senkung des Bärenthals in bedeutender Menge zusammenstro- 
menden Wasser verdanken. 

Aehuliche Verhältnisse zeigen die Eisensteinsbildungen an 
der Grenze von Granit und Hornfels. Die Eisentheilchen schei- 
nen hier aus dem Granit zu stammen, da der Hornfels fest 
und unzersetzt, der Granit hingegen mürbe und kaolinisirt ist, 
ferner eine Menge schmaler Gangtrümer weit in den Granit 
auslaufen, gegen den Hornfels aber scharf abschneiden. 

Dass der Thonschiefer im Allgemeinen reich an Eisenoxyd 
und -oxydul ist, hat eine Reihe von Analysen dargethan ; bei 
Andreasberg aber, wo die sämmtlichen Eisensteinsgänge (ausser 
den beiden eben erwähnten Vorkommen) in der Grauwacke 
aufsetzen, beweist schon die oft blutrothe Farbe der Grauwacke 
ihren Reichthum an Eisenoxyd, dessen theilweise Auslaugung 
und späterer Absatz in den Gangspalten durch Wasser gesche- 
hen ist, welche durch die Nachwirkungen der Graniteruption 
erhitzt in den Gesteinsklüften und zwischen den Schichtungs- 
flächen circulirten. 

Auf analoge Weise müssen die Kupfererze in die Gang- 
spalten gekommen sein. Liegen auch keine Analysen des An- 
dreasberger Nebengesteins vor, so sind doch häufig in ihm mit 
bewaffnetem Auge kleine eingesprengte Kupferkiespunktchen 
zu bemerken, durch deren theilweise Auslaugung die Kupfer- 
kiesgäange entstanden sein mögen. So findet man an vielen 
Punkten des Oberharzes zwischen den Schichtungsflächen und 
Kluften des Thonschiefers Anflüge von Kupferkies und Mala- 
chit, welche nur durch Auslaugung des Nebengesteins entstan- 
den und eine treffende Analogie der Gangbildung im Grossen sind. 


230 


Wenn es auch gewagt erscheinen mag, so glaube ich doch 
' nach Obigem die allgemeine Entwickelung der Andreasberger 
Ganggebilde folgenden Zeitraumen zutheilen zu können: 

l. Eruption des Grünsteins: Entstehung der Ruschel- 
spalten. | | 

2. , Zusammenziehung des Thonschiefers und der von ihm. 
eingeschlossenen Grünsteininjeetionen in Folge eingetretener 
Abkuhlung: Erweiterung der Ruschelspalten und Ent- 
stehung der Zerklüftungsspalten (der sogenannten festen 
Geschiebe). 

3. Nachwirkung der Grünsteineruption: Bildung des 
Lettenbesteges in Folge der Einwirkung heissen 
Wassers und Ausfullung der Ruscheln durch einfal- 
lende Gesteinswände. 

4. Eruption des Granites: Entstehung der Gangspal- 
tenzone parallel der Granitgrenze in- und ausser- 
halb der Ruscheln. 

5. Zusammenziehung des Hornfelses und des Granites in Fol- 
ge eingetretener Abkühlung: Entstehung der Ablösungs- 
klüfte auf der Grenze zwischen .beiden Gesteinen. 

6. Nachwirkung der Graniteruption: Ausserhalb der Ru- 
scheln Auslaugung des Nebengesteins durch heisse 
Wasser und Absatz der ausgelaugten Eisen- und Kupfererze 
in den Spalten der späteren Eisen- und Kupfererzgänge. 

Innerhalb der Ruscheln Empordringen einiger 
Mineralquellen, welche sich in den Gangspalten innerhalb 
der Ruscheln verbreiteten und durch diese wie von einem iso- 
lirenden Mantel nach aussen hin abgeschlossen wurden. 

Allmälige Ausfullung der Spalten der späteren 
Silbererzgänge. 

I. Periode. Auskrystallisiren von Quarz, 
Flussspath, Arsen, Bleiglanz, Blende, Rothgültig, Glaserz, An- 
timon- und Arsensilber aus der emporgedrungenen Solution. 

II. Periode. Auskrystallisiren von jüngerem Kalkspath 
und Quarz, Gyps und den wasserhaltigen Silikaten und Alumi- 
naten aus einer secundären Lösung. 

II. Periode. Bildung von gediegen Silber, Realgar, Au- 
ripigment, Gänseköthigerz, Arsenik- und Nickelblüuthe, Malachit, 
Pharmakolith und Kupfergrün durch den reducirenden Einfluss der 
Wasserdämpfe und der zersetzenden Kraft der Atmosphärilien. 


Fig 


Fıg. 


Fig. 


Fig. 


Fig. 


Fig. 


Fig. 


Fig. 


Fig. 


Fig. 


231 } 


Erläuterungen zu Tafel IV. und V. 


Tafel IV. 


1, 2, ö, 4 Horizontaldurchschnitte, Fig. 5 Profil der Edelleuter, 


Silberburger und Abendröther Ruscheln, erstere gelegt 
durch den Grünhirschler- und Sieberstollen, die 6.. 12. und 16. 
Strecke der Grube Andreaskreuz. 

Der Felieitaser Gang wird von der Silberburger Ruschel ge- 
schleppt. Horizontaldurchschnitte auf der Sohle des Grünhirschler 
Stollen, dem Sieberstollen, der 4 Strecke. 

Profil des Samsoner Hauptganges, des Neufanger hangenden 
Trums und der Neufanger Ruschel rechtwinklig auf das Strei- 
chen der letzteren. x 

Horizontaldurchschnitt des Gnade -Gotteser Ganges, des Berg- 
mannstroster Ganges und eines hangenden Trumes des letzteren, 
alle drei verworfen durch den Samsoner Hauptgang. Im Niveau 
der 11 Samsoner Strecke. 
Der Bergmannstroster und Franz-Auguster Gang verwerfen sich 
gegenseitig. Niveau der 23. Strecke. 

Der Andreaskreuzer und Samsoner Gang keilen sich in der 
Abendröther Ruschel aus. 160 Lachter Teufe. 

12, 13. Gangauslenkungen auf sogenannten festen Geschieben. 


Tafel V. 


Der Samsoner Gang verliert sich in der Nähe der Neufanger 
Ruschel. Horizontaldurchschnitt in 168 Lachter Teufe. 

Der Samsoner Gang wird von dem vereinten Gnade - Gotteser 
und Bergmannströster Gang verworfen. Horizontaldurchschnitt 
in 420 Lachter Teufe. 


3 bis 16 stellen Gangprofile dar, welche im Juli 1564 vor Ort auf- 


genommen worden sind. 


232 


7. Die Verbreitung des Gault in der Umgegend 
von Hannover. 


Von Herrn Herm. Creoner ın Hannover. 
Hierzu Tafel V. Figur 17 —19. 


Die Kenntniss von der Ablagerung und Gliederung des 
Gault in Norddeutschland hat sich erst in dem letzten Jahr- 
zehnt entwickelt. Noch vor 15 Jahren bestritt v. STROMBECK 
(diese Zeitschr. Bd. I. S. 403) das Vorhandensein desselben 
in Norddeutschland. Heute verdanken wir demselben Forscher 
den genauesten Nachweis über die Verbreitung und Gliederung 
jenes Schichtensystems in dem Terrain nordwärts vom Harze. 

Die ersten Nachweise von dem Vorhandensein des Gault 
in Norddeutschland gaben BeyricH und F. RormEr in den Jah- 
ren 1850 und 1852. Ihnen folgten bald die Veröffentlichungen 
neuer Beobachtungen von norddeutschen Gault- Vorkommen 
durch EwALp, Heru. und Ferp. ROEMER, HEINR. CREDNER, haupt- 
sachlich aber durch v. STROMBECK, welcher die Gesammtresul- 
tate seiner Beobachtungen über die horizontale Verbreitung und 
Gliederung des norddeutschen Gault in zwei 1857 in Leon- 
HARD Ss Jahrbuch und 1861 in dieser Zeitschrift veröffent- 
lichten Abhandlungen zusammenfasste. Die an letztgenanntem 
Orte gegebene Gliederung des Gault findet wie im übrigen 
Norddeutschland auch in der Entwickelung dieser Schichten- 
systeme in der Umgegend von Hannover ihre Geltung. Die 
Begrenzung des Gault nach dem Neocom zu dürfte dahingegen 
als durch die eitirte Abhandlung noch nicht erledigt zu betrach- 
ten sein. 

STROMBECK zieht die untere Grenze des Gault unterhalb 
des Speeton-clay’s, trennt also die Ancyloceras-Schichten von 
jenem ab, um sie dem Neocom zuzurechnen. Hat nun auf der 
einen Seite Ewarp schon 1850 in einer kritischen, in dieser 
Zeitschrift erschienenen Abhandlung bewiesen, dass die fran- 
zösischen Ancyloceras-Schichten mit dem unteren Gault zu ver- 


233 


einigen seien, — ein Umstand, der schon deshalb auf die Stel- 
lung der entsprechenden deutschen Schichtencomplexe von Ein- 
fluss sein muss, weil man die Gliederung der deutschen Kreide 
der von typischer entwickelten französischen Schichten ange- 
passt hat, — so ist auf der andern Seite auch der Uebergang 
des organischen Charakters der bei Hannover aufgeschlossenen 
Ancyloceras-Schichten in den des Speeton-clay’s ein so allmä- 
liger, dass oft Hauptvertreter ihrer gegenseitigen Faunen neben- 
einander zu liegen kommen. Dies sind Thatsachen, welche 
gegen eine Trennung der Ancyloceras-Schichten vom Speeton- 
Thon deutlich genug sprechen und auf die wir im Laufe der 
nachfolgenden Abhandlung zuruckkommen werden. Die Frage, 
ob diese beiden vereinigten Schichtensysteme zum Gault oder 
zum Neocom zu ziehen seien, in welchem letzteren Falle also 
die Gargas-Mergel die untere Grenzschicht bilden wurden, hat 
Ewarp ebenfalls durch die citirte Abhandlung dahin erledigt, 
dass bei den entsprechenden französischen Schichten der vor- 
waltende Neocom - Charakter erst unter den Ancyloceras- 
Schichten beginne. 

Der Zweck des Folgenden kann es nicht sein, die Ver- 
breitung des Gault um Hannover erschöpfend darzulegen, 
welche zu verfolgen eine mächtige Diluvialdecke hindert; sie 
‚soll vielmehr nur durch die Veröffentlichung der Beobachtun- 
gen an sporadischen Aufschlusspunkten beweisen, welche noch 
vor Kurzem ungeahnte Verbreitung der Gault auch in unserer 
Gegend hat. In späteren Zeiten ergeben sich vielleicht neue 
Aufschlusse und vereinigen sich nach und nach mit den früher 
beschriebenen zu einem vollständigen Bilde seiner Verbreitung 
in Norddeutschland. 

Die gegebenen Profile sind etwas weiter ausgedehnt, als 
es die Betrachtung des Gault verlangt. Sie gestatten jedoch 
einen Blick in den geognostischen Bau von bisher theilweise 
noch nicht genauer beschriebenen Gegenden und haben viel- 
leicht deshalb, und weil sie ausserdem die Verhältnisse der 
Lagerung des Gault zu den benachbarten Schichtensystemen 
zeigen, einiges -Interesse. ‘ 

Für die Unterstützung, welche mir durch Herrn v. STROM- 
BECK durch Feststellung der Identität hannoverscher Gault-Pe- 
trefakten mit braunschweigschen zu Theil wurde, spreche ich 
hierdurch meinen verbindlichsten Dank aus. 


234 


Ueber die Verbreitung des Gault in der Umgegend von 
Hannnover sind folgende Aufschlüsse erlangt worden: 


1. Am Lindener Berge. 
Crepner, Zeitschr d, deut. geol. Ges. 1864 Bd. XVI. S. 204. 


Die Schichten des weissen Jura, welche sich bogenförmig 
um den bunten Sandstein des Benther Berges abgelagert ha- 
ben, sind von einer, einer Dislokationslinie entsprechenden 
Spalte, welche ihren Ursprung aus der Zeit der älteren Kreide- 
bildung herleitet, ausser Zusammenhang gesetzt. In sie und 
ihre Auswaschungsmulde drang das jüngere Kreidemeer und 
füllte sie mit seinen thonigen Sedimenten in der Weise aus, 
dass ihr jetzt nur noch eine geringe Thaleinsenkung entspricht. 
Man kannte bis jetzt nur die weissen thonigen Mergel mit Be- 
lemnites quadratus, also das untere Senon, welches in Wasser- 
laufen, Thongruben und Brunnen: genugsam aufgeschlossen war. 
Erst im Sommer vorigen Jahres wurden am Nordabhange des 
Lindener Berges durch die Anlage eines tiefen Grabens dun- 
kele Thone aufgeschlossen, welche durch ihre merkwürdigen 
Lagerungsverhältnisse und ihren Reichthum an meist wohl- 
erhaltenen organischen Resten die Aufmerksamkeit in hohem 
Grade auf sich ziehen mussten. 

Das nur auf einige Tage blossgelegte, an oben eitirtem 
Orte wiedergegebene Schichtenprofil war folgendes: 

1) Weisse, lichtgelblichgraue, thonige Mergel mit Belem- 
nites quadratus; sanft gegen N. einfallend. 

2) Lichtgelblichgraue dann röthliche Thonmergel und dun- 
kelgraue magere Thone mit röthlichen Zwischenlagen von 2 bis 
3 Zoll Stärke mit Belemnites Ewaldi STRoMB., wie die vorigen 
sanft gegen N. einfallend. Diese Thone wurden von einer ; 
bis 4 Fuss starken von O. gegen W. streichenden, von thoni- 
gem Eisenocker und stängeligem Kalkspath ausgefüllten Spalte 
scharf abgeschnitten. 

3) Jenseits dieser Spalte standen mit c. 40 Grad gegen 
S. einfallend, gegen 4 Fuss mächtig, gegen 6 Zoll starke Bänke 
von Serpulit an, wechselnd mit mürben mergeligen Kalken, 
welche besonders reich an Cyrenen und kleinen Gastropoden 
waren. | 

4) Auf ihnen lagerte c. 90 Fuss mächtig eine Reihe von 
lichtziegelrothen, mageren und dunkelgrauen, zä- 


235 


hen Thonen; letztere mit rhombischen und tesseralen Schwe- 
felkiesen, kleinen Gypskrystallen, Geoden von grauem dichten 
Kalkstein und cylindrischen, schlangenartig gebogenen, wulsti- 
gen Concretionen von ec. 1 Fuss Länge. 

Wie die Verfolgung der röthlichen Thonstreifen in der 
grauen Grundmasse beweist, sind diese Schichten “formig ge- 
bogen. Die Thone schneiden dann plötzlich an den Schichten- 
köpfen des oolithischen Kalksteins mit Cidaris florigemma, Ne- 
rinea visurgis und Pecten varians ab. Ob sie die mantelförmige 
Begrenzung der ganzen senonen Mulde gegen die Juraschich- 
ten hin bilden, ist bis jetzt nicht festzustellen gewesen, da 
sonstige Aufschlüsse an den betreffenden Punkten fehlen. 

In den unter 4) charakterisirten Thonen lassen sich zwei 
Horizonte erkennen: einer mit Belemnites Ewaldi, dessen Thone 
sich durch 'eine röthliche Farbe auszeichnen, und einer 
mit Belemnites Brunswicensis, welcher von den oben beschrie- 
benen grauen Thonen gebildet wird. 

a) Die lichtziegelrothen Thone mit Belemnites Ewaldi 
4 bis 5 Fuss mächtig; führend: 


Belemnites Ewaldi STRONB. 
Zeitschr. d. deut. geol. Ges. 1861 Bd. XIII. 8. 34. N 
Häufig als Antinocomax von 50 bis 60 Mm. Länge, mit 
deutlichen seitlichen Doppellinien, welche besonders scharf an 
den jungen Exemplaren hervortreten. 


Ammonites Nisus D’ORR. 
W-Ose Bal. ir. Ver. ceret. I. t. oo, 8 7-9. 
Ziemlich selten, in Brauneisenstein umgewandelt, gegen 
15 Mm. im Durchmesser. Weniger gut erhalten. 
Terebratula (Waldheimia) Moutoniana D’ORB. 


Crep., d. Brach. d. nordd. Neoc., Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 
Bd. XVIL S. 561. 


Meist in Schalen - Bruchstucken, seltener die getrennten 
Klappen, welche dann mit der an oben eitirtem Orte gege- 
benen Beschreibung und Abbildung von Exemplaren aus den 
Gargas-Mergeln des Mastbruches bei Braunschweig genau über- 
einstimmen. Th 

Avicula (Aucella) Aptiensis D’ORB. 
v. Srroms., Zeitschr. d. deut. geol. Ges. 1861 Bd. XIH. S. 43. 
‘ Selten. | 
Sehr vereinzelt sind ausserdem Säulenglieder eines Pen- 


I 


236 


tacriniten vorgekommen, welche sich durch wenig einspringende 
Winkel und fast glatte, nur mit 5 feinen vom Centrum auslau- 
fenden, radialen Furchen versehene Articulationsflächen aus- 
zeichnen. Die sämmtlichen aufgeführten Reste sind bezeich- 
nend für die Gargas-Mergel. 

b) Die dunkelgrauen zahen Thone mit Belemnites 
Brunswicensis; führend: | | 

Belemnites Brunswicensis STRONB. 
v. Sreous., Zeitschr. d. deut. geol. Ges. 1561 Bd. XIH. S. 28. 
Ziemlich häufig, erreicht eine Länge von 100 Mm. 
Ammonites Nisus D’ÖRB. 

Ziemlich häufig, 20 bis 25 Mm. im Durchmesser, in 
Schwefelkies umgewandelt. Die vorliegenden Exemplare zei- 
gen sichelförmige, nach dem Rücken zu sich fadenförmig thei- 
lende, flache Rippen, einen deutlichen feingekerbten Kiel, und 
stimmen überhaupt, wie ich mich durch Vergleichung mit Ori- 
ginalexemplaren versichert habe, mit dem von v. STROMBECK 
beschriebenen Vorkommen aus der Gegend von Braunschweig 
völlig überein; dahingegen hat D’OrsıeayY weder die Rippen 
noch den gekerbten Kiel, zwei für Ammonites Nisus so be- 
zeichnende Merkmale, in der Abbildung jener Species wieder- 
gegeben. 

Einige Exemplare variiren dadurch, dass ihre Rippen deut- 
‚licher und scharfkantiger hervortreten, wodurch sie sich den 
jugendlichen Individuen des Ammonites bicurvatus D’ORB. sehr 
nähern. 

D’OrgıenY, EwALD und v. STROMBECK beschränken Ammoni- 
tes Nisus auf die Gargas-Mergel (v. StRromg,, diese Zeitschrift 
Bd. XIII. S. 39, Ewarn, ebendaselbst Bd. II. S. 459). An 
der beschriebenen Lokalität tritt er hingegen viel häufiger mit 
Belemnites Brunswicensis als mit Belemnites Ewaldi auf, ohne 
dass man ein Zusammengeschwemmtsein der Versteinerungen 
beider Schichten annehmen darf, da jene beiden Belemniten 
scharf getrennt, der erstere allein in den grauen, der letztere 
nur in den rothen Thonen vorkommen. 

Ammonites Emerici Rasr. 

D’Oae. I. p. 160, 1: 51, R 7-3. 

Ewsın, Zeitschr. d. deut. geol. Ges. Bd. II. S. 445. 

Die vorliegenden, in Schwefelkies verwandelten, häufigen 
Exemplare erreichen einen Durchmesser von 25‘bis 30 Mm. 


237 


und nähern sich theils mehr dem Ammonites Emerici Rasp., 
theils dem Mayorianus nD’Orp. deren Identität Ewarn a. a. ©. 
bewies. In ersterem Falle sind die Zwischenräume zwischen 
den Einschnürungen glatt, in letzterem hingegen von zwei oder 
drei auf dem Rücken dichotomirenden, fadenförmigen oder fla- 
chen Rippen unterbrochen. Die Zahl der Einschnürungen eines 
Umganges schwankt zwischen 5 und 8. Ewaıp hat Ammoni- 
tes Emerici (Mayorianus) vom unteren Gault bis in das Ceno- 
man verfolgt. Er ist ausser mit Mayorianus noch mit Ammo- 
nites rotula Sow., sowie ihn SOWERBY ganz gut, kaum erkenn- 
bar aber Phıuuıps abbildet, identisch. 
Ammonites Carteroni D’ORR. 

D2ORE. 1. p.209, pl t6R FL 

Diese Species liegt nur in zwei Exemplaren vor. Das eine 
e. 80 Mm. im Durchmesser haltende gehört der Sammlung des 
Herrn Wırne, das andere jugendliche Exemplar von 20 Mm. 
Durchmesser der meines Vaters an. Ersteres gleicht der D’OR- 
BIGny’schen Abbildung und Reschreibung vollstandig, das zweite 
vereinigt zwar die Hauptcharaktere dieser Species in sich, 
weicht jedoch von ihr dadurch ab, dass die Rippen auf der 
Seite nicht unterbrochen sind, dass sich: vielmehr jede Seiten- 
rippe nach dem Rücken zu in drei auf diesem nach vorn ge- 
bogene Rippen theilt. Denkt man sich den oberen Theil jeder 
Stammrippe weg, so erhält man einen Ammoniten, welcher sich 
durch nichts von Ammonites Carteroni unterscheidet. 

D’Orsieny kennt Ammonites Carteroni nur aus dem Neo- 
comien. 

Ammonites venustus PhHinL. 

DIET Er E) p.526: 

Häufig, 12 bis 15 Mm. im Durchmesser; in Schwefelkies 
umgewandelt. Nach p’ORBIGNY var. juv. des Ammonites fissi- 
costatus Puıwt. (t. 76). Mit fast kreisrundem Querschnitt, 
mehr oder weniger zarten, bei kleinen Exemplaren oft fast 
verschwindenden, zuweilen dichotomirenden, meist am unteren 
Seitenrande besonders deutlichen Rippen, welche aber nie auch 
nur annähernd die Grösse und Stärke derjenigen des Ammo- | 
nites fissicostatus erreichen, welcher ausserdem in hiesiger Ge- 
gend in ausgewachsenen Exemplaren noch nicht gefunden ist. 
Mir scheinen vielmehr die beschriebenen Exemplare den früh- 
sten Jugendzustand des Ammonites Carteroni zu repräsentiren, 


238 


wenigstens sind die ersten Umgänge des oben erwähnten ju- 
gendlichen Exemplares des Ammonites Carteroni ebenfalls fast 
glatt und nur äusserst fein gerippt. Für diese Annahme spricht 
‚ausserdem noch der Umstand, dass die Rippen bei Ammonites 
venustus besonders deutlich am unteren Seitenrande hervortre- 
ten, entsprechend der Anzahl und Lage der seitlichen Stamm- 
rippen des Ammonites Carteroni. 

Ancyloceras Matheronianus D’ORB. 

D’OnB.1l. :p: 457, 0:.,122 

Ancyloceras simplex D’ORB. 

D’Oan2. I p 808, t. 125, 9-8. 

Beide in ziemlich seltenen, in Schwefelkies verwandelten 
und deshalb gut erhaltenen Bruchstücken. 

Ausser den aufgezählten Species fanden sich von Cepha- 
lopoden noch Bruchstücke eines kleinen flach quergerippten 
Ptychoceras und Kammerausfüllungen eines grossen Ancyloce- 
ras (des sogenannten Aamites gigas Sow.), welche sich durch 
ihre äusserst complicirte Sutur auszeichnen. Der unvollstän- 
dige Erhaltungszustand ihrer Oberfläche machte eine specifische 
Bestimmung unmöglich. Auch ein verdrückter in Schwefelkies 
umgewandelter Nautilus von 120 Mm. Durehmesser ist in meh- 
reren Exemplaren vorgekommen. 

 Pteroceras Phillipsii A. Rozn. sp. 

Rostellari«: Phillipsii Roem. Kr p. 78. 

Die häufigen  verkiesten Steinkerne lassen die frühere 
Beschaffenheit der Mundöffnung nicht erkennen und somit die 
Zugehörigkeit der Species zur Gattung Aporrhais oder Ptero- 
“ ceras nicht entscheiden. Sie sind von niedrig spindelföormiger 
Gestalt, haben fünf gekantete Umgänge, deren letzter zwei 
hohe Kiele und zwischen beiden eine tiefe Einbuchtung zeigt. 
Einige flachere Längsrippen laufen ihnen parallel. 

Terebratula (Waldheimia) tamarindus Sow. 

Cawp. d. Brachiop. d. norddeut. Hilsbild., Zeitschr. d. deut. geol. 

Ges. Bd. XVI. S. 564. x 

Ist, wie am angeführten Orte gezeigt, mit der neocon'en 
Form identisch; die Originale der Abbildungen am angeführten 
Orte stammen von diesem Fundorte. 


Exogyra spiralis GOoLDF. 
bisher als Exogyra undata Roem. bezeichnet, ist jedoch von 
der jurassischen Form nicht zu trennen. 


239 


Nucula simplex Desu. 

D’Ore. III. t. 300, f. 11-19. 

Nucula subtrigona ROEM. 

Rosm. Kr.t. 98, f 23 

Beides häufige, verkieste Steinkerne, welche obigen Arten 
anzugehören scheinen. 

Thracia Phillipsii Rorm. 

Roem. Kr. p. 74, t. 10, f..1. 

Isocardia angulata PHILL. 

Ist von PuırLıps ganz unkennbar abgebildet. Durch Ver- 
gleiche mit Exemplaren aus dem braunschweigschen Speeton- 
clay, welche nach Herrn v. Strougeck Original- Exemplaren 
aus England vollständig gleichen und welche er mir gütigst 
mittheilte, ist jedoch die richtige Bestimmung und die Identität 
mit dem englischen Vorkommen sicher. 

Lucina sculpta PhıLL. 

DO»: Ti rer. IH. 8.283,14. 

Wurde nur in wenigen Exemplaren gefunden und erreichte 
nicht die Schönheit des weiter hinten beschriebenen Vorkom- 
mens von Kreuzriehe. 

Vermetus Phillipsii Roem. 

Borm. Kr. p 102, t. 16, f. ft. 

Selten, scheiben- oder flach kreiselförmig, 30 bis 35 Mm, 
im Durchmesser. | 

Meyeria (G@lyphaea) ornata Phi. 

Roen. Kr. p. 105, t. 16, f. 23. 

In ovalen Mergelnieren, aus denen ein Theil des Rückens 
hervorragt. Selten. 


Aus obigen Mittheilungen geht hervor, dass als Hangen- 
des der Wealdenbildung am Nord-Abhange des Lindener Ber- 
ges durch einen seitlichen Druck verschoben und verbogen 
nebeneinander aufireten: 

Gargas-Schichten mit Belemnites, Ewaldi, Ammonites Nisus, 
Aviceula Aptiensis, Terebratula Moutoniana. 
Speeton-clay mit Belemnites Brunswicensis, Ammonites Nisus, 

Amm. Emerici, Amm. Carteroni, Amm. venustus, Te- 
rebratula tamarindus, Isocardia angulata, Thracia 
Phillipsü, Lucina sculpta, Meyeria ornata. 
Anceyloceras-Schichten mit Ancyloceras simplex, Anc. Ma- 
theronianus, Vermetus Phillipsü, Exogyra spiralis. 


‚240 


Ferner: dass die Fauna der Ancyloceras-Schichten und des 
Speeton-clay’s vergesellschaftet auftreten, dass sie hingegen 
von der der Gargas-Mergel scharf getrennt sind, — ein Um- 
stand, welcher auf der einen Seite die enge Zusammengehö- 
rigkeit der beiden ersten Schichtencomplexe beweist, auf der 
anderen Seite gegen das Zusammengeschwemmtsein ihrer or- 
‚ganischen Reste spricht. 


2. Am Gehrdener Berge. 


Der Bergrücken des Gehrdener Berges hat seine Haupt- 
längenerstreckung von N.N.W. gegeu S.S.O. und besteht aus 
den Schichten des unteren Senon, den Schichten ‘mit Belemni- 
tes quadratus, welche sich bogenförmig abgelagert haben und 
am südlichen Ende des Berges h. 1, am nördlichen h. 5% und 
in der Nähe der Windmühle h. 3 streichen und mit 10 bis 
15 Grad gegen O. und S.O. einfallen. Sie sind am vollstän- 
digsten in dem Hohlwege, welcher von Gehrden nach der 
Windmühle führt, sowie an der Chaussee-Anlage von Franz- 
burg nach Wennigsen aufgeschlossen. Man erhält hier, von 
den jüngsten Schichten am Ostabhange des Berges ausgehend, 
folgendes Profil: 

- 1) Hellgrauer, sandiger Mergelkalk mit Mergelsandstein. 
Trigonia alaeformis PARK. 

2) Sandiger Mergel mit Rhynchonella octoplicata, Rhynch. 
vespertilio, Terebratulina striata, Ostrea vesicularis, Belemnites 
quadratus, Pollicipes maximus, Marsupites ornatus, Eugeniacrinus. 

3) Lockerer Mergelkalk mit sehr häufigen eylindrischen, 
rechtwinklig auf den Schichtungsflächen stehenden Röhrenaus- 
füllungen, deren Ursprung noch nicht nachgewiesen ist.: Be- 
sonders in den unteren Schichten reich an: Pecten quadricosta- 
tus, Lima semisulcata, Ostrea sulcata, Ostrea flabelliformis, Exo- 
gyra laciniata, Nautilus elegans, Belemnites quadratus. 

4) Darunter am westlichen Abhange des Bergrückens auf- 
geschlossen, grobkörniger, zum Theil glaukonitischer Mergel- 
sandstein, häufig mit Brauneisensteinkörnern, in 2 bis 2! Fuss 
starken Bänken, mit denselben Petrefakten, namentlich Peeten 
quadricostatus, Cidaris glandifera. 

5) Ockergelbes Conglomerat von Eisensteins- und Quarz- 
körnern mit vielen Bryozoen. 

Das Liegende dieser untersten Schichten des Senon ist 


> 


241 


in einer Erstreckung von 80 Schritten von Diluvium bedeckt. 
Erst dann bot eine, nur auf wenige Wochen in Betrieb stehen- 
de Thongrube Aufschlusse in den Gault. Der Umstand, 
dass zwischen diesem Punkte und der senonen Bryozoen-Schicht, 
sowie am ganzen Westabhange des Gehrdener Berges keine 
Spur von dem festen Gesteine des Cenoman und Turon zu 
bemerken ist, macht es wahrscheinlich, dass das Senon direkt 
die oberen Thone des Gault überlagert, ähnlich wie es bei 
Ilsede im Osten von Hannover der Fall ist. In der erwähn- 
ten Thongrube standen in einer. Mächtigkeit von c. 10 Fuss 
wenig plastische, lichtbraunrothe und lichtgrünlichgraue 'Thone 
an, welche sich, im Allgemeinen arm an organischen Resten, 
durch das Vorkommen folgender Fossilien als den Gargas- 
Mergeln angehörig charakterisiren: 

Belemnitcs Ewaldi Stroms. In Bruchstücken häufig. 

Ammonites Nisus DV’ OrBs. Die Umgänge des einzigen 
vorliegenden Exemplars sind nicht so stark. comprimirt wie 


diejenigen der vom Lindener Berg stammenden, der sonstige 


Habitus jedoch, die sichelformigen Rippen und der feingekerbte 
Kiel, sind bezeichnend genug um diese Species zu erkennen. 
Avicula (Aucella) Aptiensis DV’ OrB. Häufig. 
Terebratula (Waldheimia) Moutoniana D'ORB. 
Selten. 
Aptychus sp. Mit c. 20 bis 25, dem dritten, bogenför- 
mig convexen Rande parallel laufenden, scharfen Rippen. 
H:Br=9:4. Dem von Cephalopoden im Gault des Gehr- 


- 


dener Berges bis jetzt allein gefundenen Ammonites- Nisus kann- 


dieser Aptychus nicht angehören, da das eine der vorliegenden 
Exemplare eine Höhe von 18 Mm., Ammonites Nisus selbst 
‚ nur einen Durchmesser von 20 Mm. erreicht. 


Besonderes Interesse erhalten diese Aufschlüsse des Gault | 


am Gehrdener Berge durch ihren wahrscheinlichen Zusammen- 
hang mit der Gaultablagerung am Ostabhange des Deister. 


3. Bei Kreuzriehe am Ostabhange des Deisters. 
@laf..M. Big...) | 


Der Hoöhenzug des Deisters hat eine Längsrichtung von 
W.N.W. nach O.S.O0. und besteht bekanntlich aus den ver- 
schiedenen Gliedern der Wealden-Formation, an deren jüngstes 


Gebilde, den Wealden-Thon, sich unmittelbar der Hilsthon an- 
Zeits. d. d. geol. Ges. XVI1. 1. 16 


242 


reiht. Verschiedene Aufschlüsse am Lichtenberge oberhalb 
Wennigsen gestatten die Beobachtung der Gliederung des letz- 
ten vollständig. 

Der Wealden-Thon besteht- aus grauem dünnblättrigen 
Mergelschiefer und einzelnen grauen schwachen Kalksteinlagen, 
welche oft ausschliesslich aus Oyrenen und Melanien bestehen. 
Auf ihn folgt der Hilsthon, zu unterst ein plastischer Thon von 
_ blaugrauer Farbe mit Exogyra sinuata, Belemnites subquadratus, 
Thracia Phillipsü, sowie oft grossen Geoden von thonigem Kalk- 
stein, welche in ziemlicher Häufigkeit Ammonites Gevrilianus 
D’ORB, umschliessen. In dem nächst höheren Niveau des Hils- 
thones verschwinden Exogyra sinuata und Ammonites Gevrilia- 
nus, dafür tritt Ammonites noricus SCHLOTH. (Ammonites inter- 
ruptus Brug., Ammonites serratus Park.) noch im Verein mit 
- Belemnites subquadratus in grösserer Häufigkeit auf. Die Grenz- 
bildung des Hilsthones und des Gault, die Schichten mit An- 
cyloceras simplex, und Belemnites Brunswicensis, finden ihre Ver- 
breitung: schon mehr nach dem flachen Lande zu, sind meist 
von Diluvialsand bedeckt und nur an wenigen Stellen, z. B. am 
östlichen Abhange der unbedeutenden Bodenerhebung des Lich- 
tenberges und in einer Bergwerksanlage oberhalb Bredenbeck, 
mit Gewissheit nachzuweisen. Noch ungleich seltener sind die 
Aufschlusse in die nun folgenden Schichten des Speeton-clays. 
Am Fusse des Deisters werden diese allein durch die Thon- 
gruben einer Ziegelei bei Kreuzriehe nordöstlich von Bad Nenn- 
dorf aufgeschlossen. Einige dieser Thongruben erreichen eine 
Tiefe von 12 Fuss und lassen folgende Schichtenreihe erkennen: 

a) zu oberst Diluvium und Dammerde, 

b) gelblichgrauer, etwas sandiger Thon ohne Petrefakten, 

c) dunkelblauer, schr fetter Thon mit traubenförmigen 
Schwefelkiesnieren und den weiter unten aufgeführten 
organischen Resten. Sechs bis 7 Fuss mächtig. 

d) ‚schwarzer Schieferthon mit grossen, platten, ovalen Geo- 
den von braunem und grauem thonigen Kalkstein. Ver- 
steinerungsleer. 

Die organischen Reste des unter c. aufgeführten, wie sich 
zeigen wird zum Speeton-clay gehörigen Thones sind bis auf 
die Belemniten in Schwefelkies umgewandelt und in einer sel- 
tenen Schönheit erhalten. | i 

Belemnites Brunswicensis STROMB. Häufig. 


243 


Ammonites, Nisus D’ORB. 

Eines der vorliegenden Exemplare ist noch mit einer zar- 
ten, perlmutterglänzenden, sichelförmig gestreiften Schale ver- 
sehen. An allen vorliegenden Exemplaren aber ist der schwa- 
che, feingekerbte Kiel vollständig erhalten, so dass seine Iden- 
titat mit der von D’ORBIGNY und v. STROMBECK beschriebenen 
Species feststeht. Dieses Vorkommen ist ein neuer Beweis 
gegen n’OrBIenY's, EwALp’s und v. STROMBEOK’s Annahme, 
welche, wie erwähnt, Ammonites Nisus auf die Gargas-Mergel 
beschränken. 

Terebratula (Waldheimia) tamarindus Sow. 

Ebenfalls in Schwefelkies verwandelt und in ganz beson- 
derer Deutlichkeit die weitläufige Chagrinirung zeigend, sonst 
übereinstimmend mit dem Vorkommen im Speeton-clay des 
Lindener Berges, aber seltener wie dort. 

Pteroceras Phillipsii Rozm. (siehe 8. 237). 
Lucina sculpta PHıLL. 

Diese schöne, in Norddeutschland bisher noch nicht be- 
kannte Bivalve ist an dieser Lokalität ziemlich häufig. Die 
vorliegenden Exemplare sind verkiest und bis in die kleinsten 
Details erhalten. 

Sie ist ziemlich stark gewolbt. hat spitze, etwas nach 
vorn übergebogene Buckel, welche nach hinten in einen schar- 
fen, nach vorn in einen flachen, abgerundeten Kiel auslaufen, 
durch welche ein hinteres und ein vorderes flaches Feldchen 
begrenzt wird. Auch über die beiden Seitenflächen der Scha- 
len- laufen zwei flache Radial-Rippen, welche bewirken, dass 
der untere Rand nicht halbkreisförmig, sondern abgerundet 
dreiseitig wird. -Die Seitenflächen sind mit 20 bis 25 concen- 
trischen Rippen besetzt, welche ebenfalls in einem doppelt ge- 
brochenen Bogen dem unteren Rande parallel laufen. Im hin- 
teren Felde befindet sich die tiefe langgezogene Ligamentspalte. 
Das vordere Feldchen ist herzförmig., Länge 15, Breite 12, 
Dicke 9 Mm. 

D’OrzıgnrY citirt diese schöne Art aus dem Albien, jedoch 
ist sie sowohl bei Kreuzriehe, wie am Lindener Berge im 
Aptien gesammelt worden. 

Nucula subtrigona Rom. 
Nucula simplex Desn. 


244 


Isocardia angulata PHiLL. 

Die aufgezählten Petrefakten, hauptsächlich Belemnites 
Brunswicensis, Ammonites Nisus, Lucina sculpta, Terebratula 
tamarindus beweisen einerseits die Zugehörigkeit des dunkel- 
blauen Thones von Kreuzriehe zum Speeton-clay, anderseits 
die vollständige Uebereinstimmung dieser Bildung mit der ent- 
sprechenden am Lindener Berge. 

Da anzunehmen ist, dass sich der Speeton-clay nicht allein 
an diesem einen Punkte am Fusse des Deisters abgelagert 
habe, sondern vielmehr ebenso wie der Hilsthon als eine 
schmale, freilich durch Diluvialsand bedeckte Zone zwischen 
dem Deister und dem Gehrdener Berge auftrete, da ferner die 
Gargas - Thone am Fusse des letzteren aufgeschlossen sind, 
dessen Schichten jedenfalls in normalem Zusammenhange mit 
der Wealden-Bildung des Deisters und deren Hangendem ste- 
hen, so ergiebt sich, wenn wir den Aufschlusspunkt des Speeton- 
clay von Kreuzriehe in die Falllinie des Wealden- und des 
Hilsthones am Lichtenberge einerseits und der Gargas-Mergel 
und des Senoniens des Gehrdener Berges au e verlegen, 
das beigegebene Profil. 


4. Oestlich von der Bahnlinie zwischen Lehrte und 
Algermissen. 
(Taf. V. Fig. 18.) 


Ungefähr 2 Stunden südlich von Lehrte (zwischen Han- 
nover und Peine) westlich von der Eisenbahnstation Sehnde 
erhebt sich mit einer Längserstreckung von $. nach N. aus 
der Ebene ein flacher Bergrücken, der Rothe Berg. Er besteht 
aus den steil aufgerichteten Schichten des bunten Sand- 
steins, deren Streichen der Längsrichtung der Anhöhe ent- 
spricht. Diese langgestreckt elliptische Erhebung des bunten 
Sandsteins wird theilweise von Muschelkalk umgeben, welche 
beide durch eine flache Einsenkung, welche wahrscheinlich dem 
Röth entspricht, getrennt werden. Der Muschelkalk bildet 
einen hufeisenförmig gebogenen, nach Norden offenen Hohen- 
zug, dessen nördliche Flugel sich bei Sehnde und Wassel un- 
ter dem Diluvium und Alluvium verlieren. Als unterste Gruppe 
des Muschelkalkes tritt dort an einer Reihe von Aufschluss- 
punkten der Wellenkalk, aus der obersten namentlich die Lima- 
Bank mächtig entwickelt auf. Seine Schichten fallen auf dem 


245 


westlichen Flügel gegen S.W., auf.dem östlichen gegen S.O. 
unter sehr wechselnden Winkeln, im Ganzen steil ein. Ueber 
dem Muschelkalk haben sich rothe Keuper-Mergel abgela- 
gert und über diesen sind durch einen Versuch auf Steinkoh- 
‘len südöstlich von Sehnde hellgraue Thone, Tutenmergel und 
weisse Sandsteinschichten von 1 bis 2 Zoll Stärke mit Tae- 
niodon Ewaldi und elliptica, sowie Avicula contorta und Fisch- 
resten aufgeschlossen, aus welchen Erdöl hervorquillt und wel- 
che somit die Bonebed-Gruppe repräsentiren. (ÜREDNER, 
Neues Jahrb. 1860, S. 317). Der Lias ist durch den Lühn- 
der Bahneinschnitt in einer Mächtigkeit von c. 1600 Fuss auf- 
geschlossen gewesen, leider aber sind zur Zeit des Durchsti- 
ches jenes Hügels genaue Aufnahmen dieses schönen Profiles 
nicht gemacht worden, seitdem aber die Seitengehänge immer 
mehr verwachsen, so dass augenblicklich keine anstehenden 
Schichten mehr zu erkennen sind. Nach vor drei Jahren ge- 
machten Notizen meines Vaters streichen die Sahichten des 
Lühnder Berges hor. 22, fallen mit 30 Grad gegen 8.0. ein 
und repräsentiren folgende Gebirgsglieder: 
I. Lias 1600 Fuss mächtig, 

a) graue Schiefer- und Mergelthone mit Ammonites ca- 
pricornus (ausserdem hauptsächlich noch Ammonites 
polymorphus, Belemnites paxillosus, Belemnites clavatus), 

b) graue Schiefer- und Mergelthone mit einzelnen Bänken 
von Belemniten-Kalken. Erstere mit Ammonites amal- 
theus und costatus (Belemnites compressus, Spirifer 
rostratus, Pleurotomaria expansa), 

ec) Mergelschiefer mit Delemnites acuarius und Banken von 
Avicula süubstriata; Posidonien-Schiefer. 

H. Brauner Jura 300 Fuss mächtig, 

a) Schieferthone mit Nucula Hammeri, 

b) Schieferthone mit vielen Sphärosiderit-Nieren, diese mit 
vielen /noceramus polyplocus, 

ec) Thone mit Belemnites giganteus. 

‘ Die Schichten des braunen Jura werden abgeschnitten 
durch eine 50 bis 60 Fuss mächtige Zwischenlagerung von plasti- 
schem versteinerungsleeren Thone. Südöstlich von dieser beginnt 

IH. der Hilsthon, 200 Fuss mächtig, in sanft gegen 
S.O. geneigten Schichten mit Belemnites subquadratus, Exogyra 
sinuata. 


246 


Ausser durch den Lühnder Eisenbahneinschnitt ist der 
braune Jura in den Thongruben der Ziegelei nördlich von Um- 
meln aufgeschlossen. Hier werden graue schiefrige Thone 
gegraben, in deren mittlerem Horizonte Sphärosiderit- und 
Mergelkalk- Nieren eingeschlossen erscheinen, welche Jnocera- 
mus polyplocus in Menge umfassen. In den Thonen kommt 
Belemnites giganteus zum Theil in Gyps verwandelt vor. Ebenda 
und in der zur Sehnder Ziegelei gehörigen Thongrube ist der 
Hilsthon mit Belemnites subquadratus, Exogyra sinuata, _Pecten 
crassitesta und Meyeria ornata als Hangendes des braunen Jura 
aufgeschlossen, beide durch eine e. 50 Fuss mächtige Schicht 
piastischen versteinerungsleeren Thones ‚getrennt. Die Schich- 
ten fallen hier mit ungefähr 10 Grad gegen $.O. ein. Von 
hier an sind die jüngeren Bildungen von Diluvialsand bedeckt, 
nur vereinzelte Mergelgruben gestatten einige Aufschlüsse. Sol- 
che werden zunächst dem Ausgehenden des Hilsthones durch 
die Mergelgruben zwischen der Gretenberger Windmühle und 
dem Orte Wätzum geboten (v. STROMBECK, Zeitschr. d. deut. 
geol. Ges. Bd. XIII. S. 53). Sie stehen in den Gargas-Mer- 
geln, und da die Landwirthe, welche dieselben zum Mergeln 
ihrer Felder benutzen, immer ihrem Ausgehenden gefolgt sind, 
so bezeichnet eine lange Reihe weisser Mergelgruben genau 
das Streichen jener Schichten, welches der schmalen Zone des 
Muschelkalkes, des Keupers, des Jura und des Hilsthones pa- 
rallel ist und somit c. hor. 3 beträgt. Weiter nach Norden 
finden wir die Gargas-Mergel in der Streichungslinie der Gre- 
tenberger Aufschlüsse noch mehrmals entblöst und können sie 
uber Rethmar bis dicht an das Vorwerk Neuloh, also im Gan- 
zen über eine Meile weit verfolgen. Dagegen ist die lange 
Zone des Ausgehenden der Gargas-Mergel trotz des geringen 
Einfallens von nur 8 bis 10 Grad nur 15 bis 20 Schritte breit. 

Die Gretenberger Gargas-Schichten bestehen aus 
schiefrigen Mergeln, welche an der Luft zerfallen, von schnee- 
weisser, hellgrauer oder lichtziegelrother Färbung, ohne irgend 
welche Concretionen und führen an den angegebenen Fundorten: 

Belemnites Ewaldi STROMB. 
Ammonites Nisus' D’ORB. 

In weniger gut erhaltenen-Exemplaren als aus dem han- 
noverschen Speeton-clay. Diese sind überhaupt etwas mehr 
zusammengedrückt, die einzelnen Umgänge also weniger ge- 


247 
wölbt wie bei dem Vorkommen aus den Gargas-Mergeln. Ueber 
ihre specifische Zusammengehörigkeit lässt jedoch die Gleichheit 
der Lobenzeichnung, die Gemeinsamkeit der charakteristischen 
sichelförmigen Streifen und des gekörnten Kiels keinen Zweifel. 
Avicula (Aucella) Aptiensis D’ORB. 
Terebratula (Waldheimia) Moutoniana D’ORB. 
Terebratulina Martiniana D’ORR. 
v. Srtromseck, Zeitschr. d. deut. geol. Ges. Bd. XIII. S. 44. 
Dürfte von gewissen Spielarten der senonen Terebratula 
striata WAHLENB. specifisch nicht zu trennen sein. Davıpson 
vereinigt deshalb beide Formen, wogegen die Verschiedenheit 
des Gesammteindrückes ganzer Suiten, bei vollständiger Gleich- 
heit einzeiner ausgewählter Exemplare, sowie der Vortheil einer 
leichteren und genaueren Bezeichnung spricht. 
Cidariten-Stacheln von 2 bis 3 Zoll Länge, cylindri- 
scher Gestalt und mit weitläufg stehenden, spitzen Dornen 
besetzter Oberfläche. Wahrscheinlich identisch mit Rokmer’s 
Cidaris muricatus aus dem oberen Hilsthon. 


Stielglieder von Pentacriniten. 
Pollicipes radiatus Rom. 

Roenuer, Kr. 103. t 16, £. 19. 

Rhombische Täfelchen, welche diagonal flach gekielt, fa- 
cherartig radial gestreift und mit ziemlich starken Anwachs- 
streifen versehen sind. 

Die aufgezählten Petrefakten sind die in den Gargas- 
Mergeln häufigsten und für sie charakteristischen fossilen Reste. 
In das Hangende der Gargas-Mergel gestatten des verdecken- 
den hohen Diluviums und Alluviums wegen erst einige Mergel- 
gruben bei Kl. Lopke Aufschlusse. Dieser Ort steht auf grauen 
blätterigen Mergelschiefern mit Coneretionen von thonigem 
Sphärosiderit, welcher letztere in unregelmässigen Lagern von 
verschiedener Mächtigkeit erschurft und zeitweise abgebaut wor- 
den ist. Herr v. STROMBECK hat von hier Bruchstücke des 
Ammonites Milletianus erhalten (Zeitschr. d. deut. geol. Ges. 
Bd. XII. S. 53), so dass die Stellung dieser Schichten bei 
der nach diesem Cephalopoden benannten Zone des Gault 
sicher sein durfte, was auch mit den übrigen Lagerungsver- 
hältnissen in vollständigem Einklang steht. Im Hangenden 
dieser Ammonites Milletianus führenden Thone, also östlich von 
Kl. Lopke, sind nämlich graue plastische Thone gewonnen 


248 


worden, in denen ich Bruchstücke eines Ammoniten fand, in 
welchem ich Ammonites tardefurcatus LeY=m. zu erkennen glaube. 
Ferner stammen aus»den Thonen, welche westlich von Folgen 
und südlich von Algermissen im Hangenden der Streichungs- 
linie dieser bis jetzt nur an einem Punkte aufgeschlossenen 
Tardefurcatus - Thone  entblösst sind, einzelne aber sicher er- 
kannte Exemplare des Belemnites minimus, so dass wir in dem 
Landstriche östlich von der Bahnlinie zwischen Lehrte und 
Algermissen bis auf den Speeton- -clay die sämmtlichen Haupt- 
horizonte, welche v. STROMBECK in dem braunschweigischen 
Gault unterschied, angedeutet finden. Auf diese Gault-Thone 
folgen bei Schwichelde unmittelbar die senonen EN mit 
Belemnites quadratus. 

Die Parallelität der Zonen, welche das Ausgehende der 
Schichten des Gault bildet, und das flache Einfallen dieser letz- 
teren lässt auf eine grosse Regelmässigkeit der Niederschläge 
und darauf schliessen, dass plötzliche Erhebungen des Meeres- 
bodens die somit ununterbrochen erfolgte Ablagerung nicht ge- 
stört haben werden. Frischere und zahlreichere Aufschlusse, 
wie sie spätere Jahre in dem dortigen Distrikte bieten mögen, 
werden deshalb einen vollständigeren Einblick in die sammt- 
lichen Glieder des Gault- erwarten lassen. 


5. Bei Kirchrode. 
(Far. ‚V.+Bio...10.) 


Eine Stunde östlich von Hannover erhebt sich die wellen- 
formige Erhöhung, auf welcher das Dorf Kirchrode liegt. An 
ihrem sanften westlichen Abhange wird in einer Reihe c. 8 Fuss 
tiefer, grabenförmiger Thongruben das Material zum Betriebe 
der nahen Ziegelei gewonnen. Es ist ein weisser, hellgrauer 
oder lichtziegelrother, plastischer Thon, in welchem zwar Be- 
lemnites Ewaldi haufig, andere organische Reste aber bis jetzt 
gar nicht gefunden worden sind. Er repräsentirt somit die 
Gargas - Mergel und wird in wenig Entfernung vom ÜCeno- 
man des Krohnsberges, dem Turon von Anderten und dem 
Senon von Ahlten überlagert, während sein Liegendes durch 
eine sumpfige oder waldige Niederung bedeckt wird, unter wel- 
cher Thone anstehen, welche wahrscheinlich dem oberen Neo- 
com angehören. Das Profil (Taf. V. Fig. 19) umfasst die voll- 
ständige Reihe aller in der Umgegend von Hannover bekannten 


249 


sedimentären Gebirgsglieder und ist von mir ausführlicher im 
XV]. Bande dieser Zeitschrift auf S. 197 bis 205 beschrieben 
worden. 


6. Zwischen Scheerenbostel und Mellendorf. 


Drei Stunden nordwärts von Hannover hebt sich zwischen 
Scheerenbostel und Mellendorf eine flache Anhöhe aus der 
Ebene. Die Decke von Diluvialsand und nordischen Geschie- 
ben, welche in ihrer Umgebung eine Mächtigkeit bis zu 30 Fuss 
erreicht, ist auf diesem Rücken nur 1 bis 3 Fuss stark und 
gestattet einer Reihe von Ziegeleien ihren Bedarf von Thonen 
dort zu gewinnen. Letztere sind dadurch an verschiedenen 
Stellen bis zu einer Tiefe von 15 Fuss aufgeschlossen worden. 

Der Thon ist äusserst plastisch und hat eine gelblichgraue 
bis blaugraue Färbung. Eine Beobachtung uber sein Einfallen 
ist am Ausgehenden der jedenfalls sehr flach gelagerten Schich- 
ten nicht möglich. In dem am tiefsten aufgeschlossenen Ni- 
veau liegen sehr viel weisse, thonige, zum Theil etwas eisen- 
haltige Kalksteine (sogenannte Steinmergel) von 1 Zoll bis 2 Fuss 
Durchmesser und der verschiedenartigsten Gestalt lagerförmig 
eingebettet, welche zuweilen die unten aufgeführten, meist 
äusserst vollständig mit der Schale erhaltenen, organischen 
Reste umschliessen, während sie weiter nach oben seltener 
werden und sich nach und nach vollständig verlieren. Der 
Thon nimmt dann eine mehr blaugraue Farbe an, umschliesst 
kleine Gypskrystalle und Belemnites Brunswicensis in grosser 
Häufigkeit. 

Aus dem unteren Niveau stammt: 

Crioceras Emerici D’ORB. 

DPOR2. 12 pP 469,1. 114! 

Häufig in Bruchstücken, welche auf eine bedeutende Grösse 
des Thieres schliessen lassen, seltener in kleinen guterhaltenen 
Exemplaren, deren vollständige Spirale nur einen Durchmesser 
von 1 bis 3 Zoll erreicht. - 
Crioceras cristatus D’ORB. 

D’ORre. 1. p: 467, t. 115, f. 4-8. 

Selten. ‘Eines der vorliegenden Exemplare scheint ganz 
vollständig erhalten zu sein. Seine Spirale hat einen Durch- 
messer von 35 Mm. und besteht aus fast drei freien Umgängen. 
Ihre Rippen sind im Verhältniss zu denen der vorigen Art 


16 


250 


weitläufig, hoch und scharf, sowie durch regelmässige Zwi- 
schenräume getrennt. Sie endigen auf dem abgerundeten Rande 
zwischen Seiten und Rücken in einem stumpfen Stachel, so 
dass die Medianlinie des Rückens nur schwach gewellt ist. 
Etwas unterhalb der oberen dornförmigen Fortsätze verdicken 
sich die Rippen zu einer viel schwächeren Knotenreihe. 

Die französischen Original- Exemplare n’ORBIENY’s stam- 
men aus dem untersten Gault. : 


Hamites attenuatus Sow. 
D’Oxer DB. 939. pr Tekı 9 18 
Dieser ebenfalls dem französischen Gault angehörigen Spe- 
cies ist die Scheerenbosteler Form äusserst ähnlich und unter- 
scheidet sich von ihr nur durch den länglich ovalen, nicht 
kreisrunden Querschnitt der Umgänge. 


Die vorliegenden schönen Exemplare erreichen eine Länge 


von 50 Mm. und sind mit der feinen wachsartigen Schale er- 
halten. 

Das Vorkommen von Crioceras cristatus und Hamites atte- 
nuatus, zwei französischer Gault-Formen, in den hannoverschen 
Ancyloceras-Schichten scheint ein sprechender Beweis für die 
Zugehörigkeit der letzteren zum Gault zu sein. 


Belemnites Brunswicensis STROMB. 
Seltener. 


Lucina sculpta PhıLt. 

Dieselbe schöne Form, welche ich in dem Speeton - clay 
des Lindener Berges und dem vom Kreuzriehe so häufig ver- 
kiest findet, ist als Abdruck der Schalen-Oberfläche auch in 
den Kalkknauern von Scheerenbostel, wenngleich viel seltener 
als an jenen Fundorten vorgekommen. 

Wie das vergesellschaftete Vorkommen von Crioceras Eme- 
rici, wie Crioceras cristatus, Hamites attenuatus und Lucina seulpta 
beweist, gehören die.Schichten der Scheerenbosteler Anhöhen 
einer Zwischenbildung zwischen den Ancyloceras-Schichten und 
dem Speeton-elay an und sind den beschriebenen plastischen 
blauen Thonen des Lindener Berges beinahe aequivalent. Letz- 
tere schliessen sich jedoch in ihrer Fauna mehr den Ancylo- 
ceras-Schichten an, während die Scheerenbosteler Bildung dem 
Speeton-clay näher steht. Beide Schichtencomplexe aber spre- 
chen durch ihre vermittelnde Stellung zwischen jenen Gruppen 


251 


für die enge Zusammengehörigkeit des Speeton-clay’s und der 
Ancyloceras-Schichten. 


7. Bei Warmbüchen. 


‘ In nordöstlicher Richtung und zwei Stunden Entfernung 
von Hannover liegt mitten in der sandigen Ebene und theil- 
weise von Mooren umgeben das Dorf Warmbüchen, in dessen 
Nähe sich eine Ziegelei befindet, welche das zu ihrem Betriebe 
nöthige Material aus einigen nahen Thongruben bezieht. In 
ihnen sind bis jetzt nur einzelne Bruchstücke eines Ammoniten 
gefunden, welche jedoch mit Sicherheit den Ammonites Mille- 
tianus D’ORB. erkennen lassen. Sie stimmen mit D’ÜRBIGNY’S 
Abbildung und Beschreibung genau überein, auch darin, dass 
die ersteren Umgänge schärfere Kanten zwischen Rücken und 
Seiten haben, als die letzten, bei welchen diese abgerundet in 
einander übergehen. 

Diese Ammonites Milletianus führenden Thone, welche dem 
obersten Gault angehören, liegen augenscheinlich im Hangen- 
den der sub 6 beschriebenen oberen Ancyloceras-Schichten von 
Scheerenbostel, so dass es wahrscheinlich ist, -dass auch der 
obere und mittlere Gault in der zwischen Warmbuchen und 
Scheerenbostel sich erstreckenden Gegend abgelagert und nur 
von Diluvialsand bedeckt ist. Darauf deutet ausserdem noch 
das Vorkommen von Belemnites Brunswicensis an einzelnen zwi- 
schen beiden Orten belegenen Punkten hin. 

Sudlich von -Warmbuchen bei der Eisenbahnstation Mis- 
burg sind cenomane Pläner aufgeschlossen. 


Resume. 

Aus Obigem ergiebt sich Folgendes: 

a) In der Umgegend von Hannover sind im Tante der 
letztverflossenen Jahre folgende neue Aufschlüsse in den Gault 
beobachtet worden: : u 
1) am Lindener Berg: die Ancyloceras - Schichten, der 

Speeton-clay und der Gargas-Mergel, 

2) bei Kreuzriehe: der Speeton-clay, 

3) am Gehrdener Berge: die Gargas-Mergel, 

4) bei Gretenberg: die Gargas-Mergel, die Milletianus-, 
die Tardefurcatus- und Minimus-Thone, 

5) bei Kirchrode: die Gargas-Mergel, 


252 


'6) bei Scheerenbostel: die obersten Ancyloceras- 
„Schichten, 

7) bei Warmbuchen: die Milletianus-Thone. 

b) Die Gliederung des Gault von Braunschweig, wie sie 
v. STROMBECK aufstellte, basirt nicht auf lokalen Bildungen, 
sondern findet sich auch durch die beschriebenen Aufschlüsse 
für die hiesige Gegend bestätigt. ' | 

ce) Die Ancyloceras-Schichten, welche v. STROMBECK zum 
Neocom zog, dürften als unterstes Glied des Gault zu betrach- 
ten sein, weil auf der einen Seite in dem typischen französi- 
schen Schichtensystem ihre Zugehörigkeit zum Gault dargethan 
ist, auf der anderen Seite aber auch in Norddeutschland Ver- 
gesellschaftungen der beiderseitigen Faunen und vermittelnde 
Zwischenglieder zwischen beiden auftreten (Lindener Berg, 
Scheerenbostel). 

d) Ammonites’Nisus D'’ORB. ist nicht allein für die Gärgas- 
‘ Mergel charakteristisch wie D’OrBIGNY, EwALD und v. STROM- 
BECK behaupten, sondern hat vielmehr das Maximum seiner 
Entwickelung, wenigstens in dem hiesigen Schichtensystem, 
schon im Speeton-clay erreicht. 

 e) Neu für den norddeutschen Gault sind folgende Reste: 
Ammonites Carteroni, Crioceras cristatus, Hamites attenuatus, Lu- 
cina sculpta, welche sammtlich den ältesten Bildungen des 
Speeton-clay’s angehören. 


Druck von J. F. Starcke in Berlin. 


aan 


Zeitschrift 
der 


Deutschen geologischen Gesellschaft. 
2. Heft (Februar, März, April 1865). 


A. Verhandlungen der Gesellschaft. 


l. Protokoll der Februar-Sıtzung. 


Verhandelt Berlin. den 1. Februar 1565. 


Vorsitzender: Herr G. Ross. 
Das Protokoll der Januar-Sitzung wird verlesen und an- 
genommen. 
Der Gesellschaft”sind als Mitglieder beigetreten: 
Herr Hauptmann LvTTer in Berlin, 
vorgeschlagen durch die Herren KıEseL, Ewaın, 
Rorts; 
Herr Dr. Brenner in Lübeck, 
vorgeschlagen durch die Herren BryricH, G. Rose, 
RorH. 
Für die Bibliothek sind eingegangen: 
A. Als Geschenke: Ä 
Novara-Expedition. Geologischer Theil. Bd. I. Abth. 1: 
Geologie von Neuseeland von F. v. HocHsterter. ‚Wien, 1864. 
Geschenk des k. k. Staatsministeriums in Wien. 
G. C. Lauge: Die Fauna der Schichten von St. Cassian. 
— Sep. 
H. Worr: Bericht über die geologische Aufnahme im öst- 
lichen Böhmen. Theil I. — Sep. 
G. STacHE: Die Eocän-Gebiete in Inner-Krain und Istrien. 
Zweite Folge. — Sep. bes 
M. v. LipoLp: Die Ersteigung der Löffelspitze im Ziller- 
thal. — Sep. 
KJERULF: Om et fund af fossiler ved Högberget und Be- 


maerkninger om de glaciale mergelboller dannelse. — Sep. 
Zeits.d.d geol.Ges XVII. 2. + 


254 


TH. Hıortpanuu: Chemisk Anders =” Mergäie og de 
deri indeholdte Boller. — Sep. 

M. Ircens og Tu. HiortparL: Bereining om de vigtigste 
resultater af en i Sommeren 1863 foretaget geologisk Undersö- 
gelse af Kysten af nordre Bergenhus Amt. — Sep. 

B. Im Austausch: 

Abhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt. IV. 
5, 6: M. Hörsezs, Die fossilen Mollusken des Tertiär-Beckens 
von Wien und Jahrbuch XIV. No. 3 u. 4. , 

Verhandlungen des naturforschenden Vereins in Brünn. 
Bd. II. 1863. 

Sitzungsberichte der Königl. bayerischen Akademie der 
Wissenschaften zu München 1864. | | 

Fünfter Bericht des Offenbacher Vereins für Naturkunde. 

Mittheilungen des Vereins nördlich der Elbe. Heft 5 
1861—62, Heft 6 1863. 

Jahrbuch des naturhistorischen Landesmuseums von Kärn- 
ten. Heft 5 u. 6. 1862 u. 1869. 

Zeitschrift des Architekten- und Ingenieur-Vereins für das 
Königreich Hannover. Bd. X. Heft 4. 

Archiv des Vereins der Freunde "der Naturgeschichte in 
Meklenburg. 18. Jahrg. 1864. 

Atti della Societa Italiana di scienze naturali. Vol. VI. 
Fasc. 4. 1864. 

The Journal of the an Dublin Society. No. 31. Du- 
blin, 1864. 

The mining and smelting magazine. Vol. T. No. 31. Ja- 
nuary 1869. 

Natuurkundige Verhandelingen van de Hollandsche : Maat- 
schappij der Wetenschappen te Haarlem, Deel 19 und 21, Stuk T. 

S. A. SaxE: Om Sneebraeen Folgefon 1864. 

M. Irsens og Tu. HıortpanuL: Om de geologiske forhold 
paa Kyststraekungen af nordre Bergenhus Amt. 1864. — Von 
der Königl. Norwegischen Universität in Christiania. 

Herr Eck legte eine Reihe von Versteinerungen aus dem 
bunten Sandstein und dem Keuper vor. Aus der sandigen 
Abtheilüng des bunten Sandsteins Deutschlands waren seit lan- 
gerer Zeit von animalischen Versteinerungen nur Saurier- und 
Fischreste bekannt geworden; daneben war die Posidonomya 
(Estheria?) Germari BEYR. das einzige, in dem unteren bunten 


255 


Sandstein des Steinberges zwischen Gr. Vahlberg und Rem- 
lingen, bei Halle und Wernigerode, bei Dürrenberg in einer 
Teufe von 192 Meter und bei Büchellohe unweit Ilmenau auf- 
gefundene Petrefakt. Conchylien wurden erst neuerdings von 
Herrn GemITz in dem oberen bunten Sandstein von Trockhau- 
sen im Altenburgischen erwähnt, und zwar eine @ervillia, wel- 
che als @Gervillia Murchisoni von der sehr ähnlichen @ervillia 
costata SCHLOTH. sp. des Muschelkalks getrennt wird, ferner 
ein Mytilus, welcher mit der Aucella Hausmanni GoLDF. sp. der 
Zechsteinformation verglichen wird, und endlich die als Chiton 
Cottai beschriebenen Ueberreste. Eine Gervillia costata war 
dem Redner ferner bereits früher durch Herrn SCHLÖNBACH aus 
dem bunten Sandstein des nördlichen Harzrandes, und ein 
gleichohriger, gerippter Peeten durch C. v. SeEBacH aus der- 
selben Formation zwischen Piekar und Koslawagura in Ober- 
schlesien mitgetheilt worden. Endlich hat auch der Redner 
selbst bei Gelegenheit der geognostischen Landesuntersuchun- 
gen in Oberschlesien und Thüringen weitere Formen aufge- 
funden, und zwar in Oberschlesien an dem angegebenen Fund- 
orte eine sehr deutlich erhaltene Lingula und ein Fragment 
wahrscheinlich einer gefalteten Ostrea, und in Thüringen in 
den mittleren, sogenannten krystallisirten Sandsteinen bei 
Wolkramshausen südlich von Nordhausen und bei Sondershau- 
‚sen die Gervillia costata in grosser Häufigkeit und einen gleich- 
ohrigen, glatten Peeten von elliptischem Umriss. Lässt auch 
die Erhaltung der Fossilien Manches zu wünschen übrig, so 
beweisen die angeführten Formen doch die Existenz von Ver- 
steinerungen in den Gesteinen des eigentlichen bunten Sand- 
steins überhaupt und berechtigen zu der Erwartung, dass wei- 
tere Nachforschungen die Zahl derselben vermehren werden. 

Eben so wenig ist der Keuper Thüringens versteinerungs- 
leer; denn bei Burgwenden unweit Cölleda wurde von dem 
Redner in den rothen Mergeln des mittleren Keupers eine we- 
nig mächtige Kalkschicht aufgefunden, welche Myaeiten und 
besonders Gastropoden, worunter eine mit der Turritella similis 
Mvxsr. vergleichbare Form, in grosser Häufigkeit einschliesst. 
Dass bereits fruher von BERGER in den Gesteinen des Keupers 
bei Coburg Conchylien aufgefunden wurden, ist bekannt. 

Herr Kuxtır sprach über die Kreidegesteine im Ohmge- 
birge bei Worbis. Dieselben zerfallen in eine untere kalkige 

Le: 


256 


und eine obere sandige Abtheilung. Die untere Abtheilung 
besteht aus einer etwa 3 Fuss mächtigen hellfarbigen mersgeli- 
gen Kalksteinbank, welche in lauter nuss- bis faustgrosse Stucke 
gespalten ist. Versteinerungen wurden in derselben nicht ge- 
funden. Sie ist bei Holungen aufgeschlossen. Darüber folgt 
ein mächtigeres System von kalkigen Mergeln; sie sind grau 
und bleichen an der Luft. Ammonites varians ist in ihnen 
häufig; sie sind entblösst im Sachsenthale, bei Holungen und 
Klostergerode. Die obere Abtheilung besteht unten aus einem 
Grünsandstein von mittlerem Korne, in welchem Ammonites 
Rotomagensis und Pecten quinquecostatus gefunden wurden; über 
ihm liegt ein allmälig feinkörnig werdender Sandstein, der 
nach oben kleine Feuersteinconcretionen zeigt; diese werden 


immer häufiger und grösser bis sie in den obersten Schichten‘ 


ganze Bänke bilden; Pecten quinguecostatus und ein Schwamm 
wurden in den letzteren aufgefunden. Das Gestein liegt bei 
Kaltohmfeld und südlich von Holungen zu Tage. Redner ver- 
gleicht schliesslich die untere Abtheilung mit der Zone des 


. Ammonites varians von v. STROMBECK, die obere mit der des __ 


Ammonites Rotomagensis. 

Herr Roru legte zur Ansicht vor „Zur wissenschaftlichen 
Bodenkunde des Fürstenthums Lüneburg, von H. STEINVoRTH, 
Lüneburg 1864* und machte auf die beigegebene geognostische 
Karte der Provinz Lüneburg aufmerksam, welche die Resultate 
der von Herrn Professor Hvsaruvs in Hannover ausgeführten 
Untersuchungen dieser Gegend enthält. Derselbe legte ferner 
von ihm im Diluvialsand (Korallensand Meyn) bei Engelau, 


S.W. von Lütjenburg in Holstein, gesammelte marine Muscheln 


vor: Corbula nucleus Lam., Cyprina islandica L., Cardium edule 
 L. Auf diesen Fundort war er durch Notizen in der von MEyn 
aufgestellten Sammlung in Kiel aufmerksam gemacht. Nach 
der Erhaltung der Formen darf man nicht annehmen, dass diese 
Schalen etwa einer umgelagerten (remanie) Tertiärbildung an- 
gehört haben, zumal da sie im Kieler Busen noch lebend vor- 
kommen. 

‚Herr Ewa machte Mittheilung über ein. Vorkommen von 
Gesteinen der Zechsteingruppe in der zwischen der Magdebur- 
ger und Harzer Grauwacke gelegenen grossen Gebirgsbucht. 
Evidente paläozoische Gebilde hatten sich bisher nur am Rande 
dieser Bucht gefunden, deren Inneres im Allgemeinen mit Flötz- 


257 


und Tertiärgesteinen erfüllt ist.- Und wenn auch vermuthet 
werden durfte, dass diejenigen im Innern der Bucht vorhande- 
nen Gypse, Anhydrite und Steinsalze, welche von Rogenstein, 
also dem ältesten Gliede der Flötzformationen bedeckt sind, 
zum Zechstein gehörten, so fanden sich doch nirgend in ihrer 
Begleitung Gesteine, durch deren petrographische oder paläon- 
tologische Charaktere diese Zugehörigkeit sich über jeden Zweifel: 
hätte erheben lassen. — Die Stelle, wo neuerlich Gesteine der 
Zechsteingruppe im Innern der Bucht aufgefunden wurden, liegt 
in der Nähe von Offleben. Die bei diesem Orte und bei 
Barneberg sich mitten aus der Helmstädter Braunkohlerimulde 
“ erhebende, aus Gliedern der Buntsandsteinformation bestehende 
Anhöhe ist in ihrer Mitte aufgerissen und zeigt in ihrem auf- 
gerissenen Theile Gypse, die in mehreren Brüchen ausgebeutet 
werden. In Verbindung mit diesen Gypsen finden sich cha- 
rakteristisch ausgebildete theils sehr poröse, theils breccien- 
artige Rauchwacken, wie sie in der oberen Abtheilung der 
Zechsteinformation einheimisch sind. Da die Rauchwacken 
zum Theil über den Gypsen liegen, so werden diese letzteren 
dadurch ebenfalls als zur Zechsteingruppe gehörig bezeichnet. 
Dass also in der That die Zechsteingruppe sich in der oben 
erwähnten Bucht von einem Rande nach dem anderen in Form 
von Gypsen und anderen Gesteinen unter dem Flötzgebirge 
hin verbreitet, wird durch das Vorkommen bei Offleben er- 
wiesen. 

Im Anschluss an einen frühern Vortrag legte Herr Tın- 
NAU einen sogenannten Pinit-Krystall von Hohenstein bei Stolpe 
in Sachsen vor, ein Vorkommen, das schon zu WERnERr’s Zei- 
ten bekannt war. Grössere und kleinere, sechsseitige, säulen- 
förmige Krystalle erscheinen dort im Granit eingewachsen, und 
sind unzweifelhaft das Produkt einer Umwandlung. Doch weicht 
der äussere Anblick wesentlich ab von anderen Vorkommen 
von Pinit, und man weiss zuweilen nicht, ob man diese dun- 
keln, schmutziggrünen oder bräunlichen, halb blättrigen, halb 
schiefrigen, oft glimmerähnlichen Massen dem Pinit, oder dem 
Glimmer, oder gar specksteinartigen Substanzen zurechnen 
soll, — Unterschiede, die zum Theil wohl dem grössern oder 
geringern Grade der Verwitterung und Umwandlung zuzuschrei- 
ben sind. — Der vorliegende Krystall, ungefähr 2 Zoll im 
Durchmesser stark, zeigt sich in seinen äussern Umgebungen 


258 


und etwa bis zur Hälfte des Ganzen vollständig umgewandelt; 
der Kern aber, noch völlig unzersetzt, und einigermaassen die 
Gestalt eines sechsseitigen Prismas verrathend, besteht aus 
einem- frischen schwarzen Mineral, das zwar nicht chenisch 
untersucht ist, aber alle physikalischen Eigenschaften des Tur- 
malins zeigt. Wie dies bei ähnlichen Umwandlungen nicht 
selten der Fall ist, so bemerkt man auch hier eine sehr scharfe 
Grenze zwischen dem vollkommen frischen und dem vollständig 
umgewandelten Theil des Minerals. — Der Redner erinnert 
dabei an den fruher von ihm vorgelegten grossen und deut- 
lichen Krystall von Peilau in Schlesien, dessen oberes Ende 
unzweifelhaft Pinit ist, während ein grosser Theil des untern 
Endes aus unzersetztem Turmalin besteht, und er wiederholt 
seine schon damals ausgesprochene Meinung, dass Pinit, Iberit, 
Gigantholit, Chlorophyllith und andere pinitähnliche Massen 
nicht immer durch eine Umwandlung aus Dichroit entstanden 
sind, wie man bisher ziemlich allgemein anzunehmen geneigt 
war, sondern zuweilen auch aus andern Mineralien, und na- 
mentlich aus Turmalin, 
Herr RAuMELSBERG sprach uber den Werth, welchen das 
optische Verhalten der Mineralien für die Unterscheidung ähn- 
licher hat, indem er eine Uebersicht der neueren Arbeiten von 
DescLoIzEAux gab und daran einige Betrachtungen anknüpfte. 
Der optisch positive oder negative Charakter sowie die Lage 
der optischen Axenebene sind bei Mineralien, welche bisher 
als identisch betrachtet wurden, oft nicht constant, woraus 
DescLoızsaux in Hinblick auf frühere Untersuchungen von S£- 
NARMONT schliesst, dass in solchen Fällen zwei isomorphe, aber 
optisch verschiedene Grundverbindungen die Ursache seien. 
Der Vortragende suchte diese Ansicht für den Apophyllit zu 
widerlegen, besprach die optischen Unterschiede der Glimmer, 
Chlorite und gewisser Zeolithe mit Rücksicht auf ihre Form 
und Mischung, und bemühte sich, die Behauptung Descvor- 
ZEAUX’S, zu einem Mineral gehöre nur, was optisch identisch 
sei, durch die eigenen Untersuchungen desselben zu bekämpfen. 
Die von DescLorzEaux neuerlich gebrauchte Bezeichnung 
der Pseudodimorphie für solche analog zusammengesetzte 
Körper, welche isomorph sein sollten, es aber nach Descuo1- 
ZEAUX nicht sind, erscheint dem Vortragenden unpassend, und 
er versuchte darzuthun, dass die sogenannten pseudodimorphen 


259 


Körper theils isomorphe, theils polysymmetrische im Sinne 
Scaccar’s seien. Er wies darauf hin, dass der zweigliedrige 
Charakter des Hypersthens und Broneits sich nicht aus dem 
Unterschiede in der Lage der optischen Axen bei ihnen und 
beim Augit folgern lasse, sondern lediglich aus der Natur der 
Dispersion, dass die verschiedenen Krystallsysteme innerhalb 
der Augitgruppe nicht, wie DESCLOIZEAUx annimmt, von der 
Natur der Basen bedingt seien, und dass Zoisit und Epidot 
in einem ähnlichen Verhältniss wie Augit und Hornblende zu 
einander stehen durften. 
Hierauf ward die Sitzung geschlossen. 
v. w. 0. 
G. Rose. BeYricH. RorH. 


2. Protokoll der März - Sıtzung. 


Verhandelt Berlin, den 1. März 1864. 


Vorsitzender: Herr G. Rose. r 

Das Protokoll der Februar-Sitzung wurde gelesen und 
genehmigt. 

Der Gesellschaft ist als Mitglied beigetreten: 

Herr Dausr£e, Professor der Mineralogie im Jardin 
des plantes zu Paris, 
vorgeschlagen durch die Herren Sarmasn, F. Ror- 
MER und G. Rose. 
Für die Bibliothek sind eingegangen: 
A. Als Geschenke: 

Generalbericht über die Thätigkeit der Naturwissenschaft- 
lichen Gesellschaft in Hamburg, von Dr. Zınmeruans. Ham- 
burg, 1865. 

Haast: Report on the Formation of the Canterbury Plains. 
Christchurch 1864. 

Haast: Report on the Geological Survey of the Province of 
Canterbury. Christchurch 1864. 

Beiträge zur geolögischen Karte der Schweiz; herausge- 
geben von der geol. Commission der Schweizerischen Natur- 


260 : 
forschenden Gesellschaft. 2. Lieferung. Bern, 1864. (enthal- 
tend: THukoBALd, Geol. Beschreibung von Graubündten.) 

GUMBEL: Ueber ein neu entdecktes Vorkommen von phos- 
phorsaurem Kalk in den jurassischen Ablagerungen von Fran- 
ken. (Sitzungsbericht der Bair. Akademie v. 10. Decbr. 1864.) 

Flötzkarte von dem Saarbrücker Steinkohlendistrikt 1:40000. 
— 2 Blatt. 

Karte von Graubündten, geol. Aufnahme von THEOBALD. 
Blatt XV. (gehört zu der Schrift: ee zur geol. Karte der 
Schweiz s. o0.). 

B. Im Austausch: 

Annales des Mines. 6. Ser. V.3 (1864); VI. 5,6 (1864). 

Bulletin de la societe Imperiale des naturalistes de Moscou. 
1864. No. IV. 

Bulletin de la societe geologique de France II. Ser. 
Tome XXI. feuille 14—23. | 

Neues Lausitzer Magazin. Görlitz, 1864. Bd.41. 1. und 
2. Hälfte. 

Sechster Bericht der naturforschenden Gesellschaft zu 
Bamberg; für das Jahr 18. 

Annual Report of the eoldkiei Survey of India (OLDHAN). 
Vol. 147. 2, Vol. IV. 2. 

Schriften der Königl. Physikal. Oekonomischen Gesell- 
schaft zu Königsberg. - V. Jahrg. 1864. 2. Abtheil. 

Verhandlungen der K. K. Geologischen Reichsanstalt. 
Sitzungsberichte vom 31. Januar und 7. Februar 1865. 

STARInG: Geologische Karte der Niederlande: Blatt 3 
(Waaden); 4 (Hunsnigo); 8 (Westerwalde); 11 (Zuiderzee); 
17 (Schouven). 

Herr Kosmann sprach über eine bei dem Betriebe des 
Rothschöneberger Stollens angefahrene Sand- und Gerölleinla- 
gerung zwischen den Schichten des Urgebirges bei dem Dorfe 
Tanneberg nördlich von Freiberg, und über die Veränderung 
der unter derselben durchfahrenen Gesteine durch die Sicker- 
wasser der Sandschichten; darauf bezügliche Handstücke wur- 
den vorgelegt. 

Der Rothschöneberger Stollen, welcher zur Losung der 
im Umkreise der Stadt Freiberg belegenen Gruben betrieben 
wird, hat zwischen seinem Mundloch bei dem Dorfe Roth- 
schöneberg und dem ersten Lichtloch bei Tanneberg, eine N.W. 


261 


— 8.0. Richtung. Das erste Lichtloch liegt südlich von der von 
Nossen nach Wilsdruff führenden Chaussee und ist 989 Lach- 
ter vom Stollenmundloch entfernt; der Stollen bringt hier eine 
saigere Teufe von ca. 29 Lachter ein. Als man vom ersten 
Lichtloch aus mit dem Gegenortsbetrieb in der Richtung nach 
dem Mundloch zu Anfang des Jahres 1863 ungefähr 70 Lach- 
ter im festen Gneis vorgeschritten war, gelaugte man in san- 
dige Massen:und es erfolgte ein Durchbruch, in Folge dessen 
die Strecke auf 8 Lachter Länge verschlämmt wurde. Bei der 
Aufwältigung der Strecke wurde eine grosse Anzahl rundlicher 
Felsblöcke als mit dem Sande eingedrungen zu Tage gefördert. 
Ein nochmaliger Durchbruch vor dem frisch aufgewältigten Ort 
veranlasste eine neue Streckenaufwältigung, nach deren Aus- 
führung in einem Umbruchsorte der Versuch gemacht wurde, 
durch das schwimmende Gebirge vorzudringen. Man stiess vor 
diesem Ort mehrere Bohrlöcher in horizontaler Richtung, aus 
deren einem der Wasserzufluss so heftig wurde, dass der Ort 
verlassen werden musste. In Folge dieses wiederholten Zu- 
sammengehens der Stollenstrecke entstand über Tage dicht bei 
der Chaussee eine trichterförmige Einsenkung von 60 Fuss 
Tiefe, und der Teich, welcher bei dem Maschinengebäude des 
ersten Lichtlochs belegen war und die Speisewasser für die 
dort aufgestellte Dampfmaschine lieferte, versiegte. 

Es wurden nun an den Rändern jener Einsenkung in kur- 
zen Entfernungen Bohrlöcher gestossen, mit welchen die Gren- 
zen der Sandeinlagerung zwischen den Schichten des Urgebir- 
ges untersucht wurden. Aus den Resultaten dieser Bohrlöcher 
zeigte sich die Einlagerung als die Ausfullung einer parallel 
den Gebirgsschichten verlaufenden und bis unter die Stollen- 
sohle triehterförmig niedergehenden Spalte von ca. 15 Lachter 
‚Breite und 50 Lachter Länge. Die Schichten streichen in die- 
ser Gegend von O. nach W. und fallen nach N. ein. — Zur 
Herstellung des Durchschlags beider Stollenörter blieb nun nur 
der Ortsbetrieb vom Stollenmundloch her und mit diesem Ort 
durchfuhr man vom Hangenden zum Liegenden: Grünlichgrauen 
Thonschiefer, grauen Kalk und Gneis, und erreichte sodann- 
die sandigen Massen. 

Auf der geognostischen Karte des Königreichs Sachsen ist 
die Gneispartie, in welcher das erste Lichtloch des Stollens 
niedergebracht ist, als eine inselartige Hervorragung aus den 


262 


umgebenden Schichten von Urthonschiefer angegeben. Nach 


der Lagerung der durchfahrenen Schichten scheint es nun, dass i 


der südliche Abhang jener mit Sand und Gerölle ausgefüllten 
Spalte von einer Schichtungs- oder Absonderungsfläche des 
Gneisgebirges, der nördliche Abhang aber von den Schichten- 
köpfen des Thonschiefers und Kalks gebildet wird, welche bei 
ihrem geringeren Widerstand gegen die Wasserfluthen von die- 
sen weggewaschen wurden und so die Bildung einer solchen 
breiten Spalte ermöglichten. Der unterste Theil der Sandein- 
lagerung aber ruht auf Gneis. 

Es zeigt sich nun, indem man beim Auffahren des Stollen- 
orts aus dem Thonschiefer in die Kalkschicht gelangte und in 
dieser die Schichtenköpfe erreichte, welche sowie der darauf 
folgende Gneis die Unterlage der Sandmassen bildeten, dass 
sowohl der Kalk als auch der Gneis durch die Wasser, welche 
stetig durch die Sandablagerung eindrangen, merklich verändert 
waren. Der Kalkstein ist ein fester grauer, feinkörnig kry- 
stallinischer Kalk, welcher beim Anschlagen eine nur undeut- 
liche Blätterung parallel der Schichtung zeigt; derselbe lässt 
' in Salzsäure gelöst einen dunkelgrauen unlöslichen Rückstand, 
dem gepulverten Thonsehiefer ganz ähnlich sehend, welcher 
8,9 pCt. beträgt. Wo dieser Kalkstein nun der Einwirkung des 
durchsickernden Wassers ausgesetzt gewesen ist, da ist er auf- 
gelockert und zerreiblich geworden; er ist in deutlichen Blät- 
tern abgesondert, zwischen welcher Eisenoxydhydrat eingedrun- 
gen ist. Die-Struktur ist eine filzartige geworden, indem nur 
die Krystallblättchen einer und derselben Richtung vorhanden 
geblieben sind, die einzelnen Partikel haben ihren Glanz ver- 
loren, und das Wasser hat nicht nur kohlensauren Kalk, son- 
dern auch vom unlöslichen Silikat etwas aufgelöst. 

Denn in Salzsäure gelöst, hinterlässt er einen unlöslichen 
Rückstand von nur 4,1 pCt. Jedoch kann dies Ergebniss auf 
Täuschung beruhen, indem in gewissen Gewichtstheilen des 
zersetzten Kalksteins mehr Procente von Eisenoxydhydrat vor- 
handen sind als in einer gleichen Menge von frischem Kalk, 
welche durch ihre Schwere den in Salzsäure unlöslichen Ruck- 
stand als zurucktretend erscheinen lassen. Auch der Gneis 
zeigt sich merklich zersetzt; die Feldspathindividuen sind fast 
sammtlich stark angegriffen oder ganz entfernt, so dass zwi- 


" 


schen den zurückgebliebenen und unter sich zusammenhängen- 


263 


den Quarzpartikeln tiefe Höhlungen mit zackigen Wandungen 
entstanden sind. 

Was die in dem Sande auftretenden Geschiebeblöcke be- 
trifft, so bestanden sie vornämlich aus Granit, Diorit, Porphyr 
und Gneis. Es wurden Handstucke von einem grobkörnigen 
Granit vorgelegt, welcher ausgezeichnet war durch die Grösse 
der fleischrothen Orthoklasindividuen, der grauen Oligoklas- 
individuen, welche eine deutliche, dem blossen Auge sichtbare 
Streifung zeigen, und der Blätter von weissem Kaliglimmer: 
ausserdem sind deutliche Granatkrystalle eingeschlossen. Fer- 
ner ein Handstück von Diorit mit grossen Hornblendekrystallen, 
kleinen Oligoklasindividuen; derselbe sieht dem bei Siebenlehn 
auftretenden Diorit ähnlich. Sodann ein Handstück von Glim- 
merporphyr, dessen Feldspathkrystalle durch Zersetzung weiss 
gefärbt sind, welcher durchaus dem Glimmerporphyr von der 
Knorre bei Meissen gleicht. 

Diese Uebereinstimmung mancher hier als Geschiebe auf- 
tretenden Gesteine mit anderen anstehenden des Erzgebirges 
veranlasst zu der Vermuthung, dass die ganze Masse der be- 
sprochenen Sandeinlagerung sammt ihren Geschiebeblöcken von 
höher gelegenen Punkten des Erzgebirges her zusammenge- 
schwemmt sei, dass daher die sammtlichen Geschiebe keinerlei 
gemeinsame Abstammung mit den in der norddeutschen Tief- 
ebene auftretenden Geschieben, welche aus Norwegen und Finn- 
land stammen, haben. 

Herr BeyricHn sprach über die Erscheinung des Urgebir- 
ges am Kyffhäuser mit Rücksicht auf die mangelhafte Darstel- 
lung neuerer geognostischer Karten, welche ohne Beachtung 
der genauen schon im Jahre 1844 bekannt gemachten Beob- 
achtungen GIRARD’s daselbst Melaphyr angegeben haben. Das 
kleine Kyffhäusergebirge, welches seiner Form und Lage we- 
gen gewöhnlich mit dem Harz verglichen wird, tritt durch das 
Verhalten, dass Rothliegendes unmittelbar dem Urgebirge auf- 
liegt, vielmehr in auffallende Analogie mit dem Nordende des 
' Thüringerwaldgebirges. Das Urgebirge zeigt sich am Nord- 
abfalle des Gebirges in der Erstreckung von Kelbra bis Tilleda 
in drei getrennten Partien von ungleicher Ausdehnung und 
Zusammensetzung. Die kleinste östliche Partie ist der Gneis, 
am Ausgange des Langen Thales bei Tilleda, über welchen 
schon die älteren Schriften von FREIESLEBEn und Voigt Nach- 


264 


richt gegeben haben. Dann folgt am Fuss des Kyffhäuserber- 
ges ein Massen-Granit, der weissen Glimmer enthält und voll- 
ständig dem Rosstrappen-Granit des Harzes gleicht. Die grösste 
und am mannigfaltigsten zusammengesetzte Partie ist die west- 
liche, welche sich aus dem Dannenbergs-Thale bei Kelbra über 
die Rothenburg fort bis nahe an den Massen-Granit hinzieht, 
ohne jedoch mit diesem in Verbindung zu stehen. Die Partie 
ist wesentlich zusammengesetzt aus krystallinischen Schiefer- 
_ gesteinen, welche von zahlreichen Gängen eines Granites durch- 
setzt werden, der sich in seiner Zusammensetzung wesentlich 
von dem Massen-Granit der mittleren Partie unterscheidet. Die 
krystallinischen Schiefergesteine lassen sich in eine nördliche 
und südliche Gneuss-Zone scheiden, welche eine mittlere Zone 
hornblendehaltiger Gesteine einschliessen. Die letzteren sind 
theils deutlich schiefrig, Hornblendeschiefer und Hornblende- 
gneis, theils erhalten sie durch Verschwinden des schiefrigen 
Gefüges ein scheinbar massiges, dioritartiges Ansehen. Der- 
Verlauf der Granitgänge ist unabhängig von der Einlagerung 
der Hornblendegesteine; theils in letzteren, theils im Gneis 
werden die grossen Steinbrüche bei der Rothenburg, im Stein- 
thal und im Bornthal betrieben, welche hauptsächlich die Ge- 
winnung des Ganggranites als Strassenmaterial bezwecken. Die 
Ansichten über die Beziehungen dieses Urgebirges zum Roth- 
liegenden, welche Girarp im Jahre 1844 entwickelte, wurden 
hervorgerufen durch die Erscheinung eines Quarzites, der als 
eine Contact-Ausscheidung an der Grenze zwischen dem Massen- 
Granit des Kyffhäuserberges und dem an- und aufliegenden 
Rothliegenden zu betrachten ist. Das Gestein bildete früher 
südlich von Sittendorf am Gebirgsrande hervorragende Klippen, 
welche wie ähnliche Klippen am Harzrande den Namen der 
Teufelsmauer führten, jetzt aber verschwunden sind; ausge- 
dehnte, jetzt verlassene Steinbruchsarbeiten lassen noch auf 
der einen Seite des weggenommen Quarzites den sehr zer- 
setzten Massen-Granit, auf der anderen das Rothliegende als 
Nebengestein erkennen. 
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. 
v. w. 0. 
G. Rose. Beryrıch. Rorn. 


265 


3. Protokoll der Aprıl - Sıtzung. 
Verhandelt Berlin, den 5. April 1865. 


Vorsitzender: Herr G. Rose. 

Das Protokoll der März-Sitzung wird verlesen und ange- 
nommen. e 

Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten: 

Herr Professor ZIRKEL in Lemberg, | 
vorgeschlagen durch die Herren G. Rose, v. Hoc#- 
STETTER, ROTH; 

Herr MancoLp in Berlin, 
vorgeschlagen durch die Herren BryrıcH, Kunta, 
v. KoEnen. ® 

Ein Schreiben des Herrn K. v. SEEBACH d. d. S. Jose de 
Costa Riea 25. Februar 1865 wird zum Vortrage gebracht. 

Fur die Bibliothek sind eingegangen: 

A. Als Geschenke: 

G. v. HELMERSEn: Der Peipussee und die obere Narova. — 
Die Geologie in Russland. — Sep. 

STARING: Over de putboring te Goes. — Sep. 

R. Scott, Sir R. Grirritun and S. HaucHaton: On the che- 
mical and mineralogical constitution of the granites of Donegal. — 
Sep. Geschenk der Verfasser. 

HaucHTon: Notes on animal mechanics und ÖObservations 
of the fossil red deer of Ireland. — Sep. 

W. Hammeer: Die Meteoriten des k. k. Hof-Mineralien- 
Cabinets. Wien. 31. December 1864. 

B. Im Austausch: 

Sitzungsberichte der k, k. Akademie der Wissenschaften 
in Wien, Mathem.-Naturwiss. Classe. Abth.I. Bd. 48 Heft 4, 5, 
Bd.49 Heft 1—5; Abth. Il. Bd. 48, Heft 5, Bd.49, Heft 1—5. 

Sitzungsberichte der Königl. bayer. Akademie der Wissen- 

schaften zu München. 1864. II. Heft 3 u..4. 
Abhandlungen der naturforschenden Gesellschaft zu Görlitz. 
Bd. 12. 1865. | 

Archiv für wissenschaftliche Kunde von Russland. Bd. 23. 
Heft 4. 

Correspondenz -Blatt des zoologisch-mineralogischen Ver- 
eines in Regensburg. Jahrgang 18. 1864. 


266 


Verhandlungen der naturforschenden Gesellschaft in Basel. 
Theil 4, Heft..1. 

Bulletin de la Societe Vaudoise des sciences naturelles. T. $: 
Bulletin No. 51. 

Bulletin de la Societe Imperiale des naturalistes de Moscou. 
1864. No. 4. 

Memoire de la Societe de physique et d’histoire naturelle de 
Geneve. Tome XVII. 2. 

Memoire dell’ J. R. Istituto Veneto di scienze, lettere ed 
axtis 4V ol. VIH: pa IKıpch ie pi ae: 

The Quarterly Journal of the geological Society. Vol. XXI. 
Part. 1::No=8I: 

Journal of the Geological Society of Dublin. Vol. X. Part. 2. 


| Herr RaAmmELSBERG berichtete über die von ihm fortgesetz- 
ten Versuche, Mineralien in der Hitze des Porzellan-Brennofens 
zu schmelzen, und legte die erhaltenen Präparate vor. Hin- 
sichtlich ihres Verhaltens beim Schmelzen lassen sich die Mi- 
neralien in zwei Gruppen bringen, je nachdem sie ihre che- 
mische Zusammensetzung unverändert beibehalten, oder aber 
eine Veränderung erfahren; in letzterer Beziehung wurde bei- 
spielsweise der Topas erwähnt. Die unverändert schmelzen- 
den Mineralkörper gehen gewöhnlich in den amorphen Zustand 
über, wobei eine Verminderung des specifischen Gewichtes ein- 
tritt. Wenige Mineralien — z. B. Korund nach DrvILLE, Au- 
git, namentlich Wollastonit — behalten krystallinische Form, 
und zwar in der Regel die ihnen eigenthümliche; nur bei der 
Hornblende (vornämlich dem Tremolit) findet ein Uebergang 
in andere Form, zugleich mit einer Vermehrung der Dichtig- 
keit, statt. Die untersuchten Gebirgsarten zeigen nach der 
Schmelzung ein geringeres specifisches Gewicht; diese Ver- 
minderung ist indessen weniger bedeutend als nach dem Ver- 
halten der Bestandtheile für sich erwartet werden sollte. — 
Redner legte ferner Dolomitkrystalle von Teruel in Arragonien 
vor und besprach ihre Krystallform und Zusammensetzung. 


Herr Rort# theilte anschliessend an den Vortrag des Vor- 
redners einige Notizen mit über Versuche, welche der verstor- 
bene MITSCHERLICH über das Verhalten geschmolzener Minera- 
lien und Gesteine angestellt hat. Als wichtigstes Ergebniss ist 
hervorzuheben, dass. geschmolzener Olivin, Glimmer, Horn- 


267 


blende viel schneller aus dem dünnflüssigen in den festen Zu- 
stand übergehen als die übrigen untersuchten verbreiteten Mi- 
neralien, eine Thatsache, welche für die Bimsteinbildung von 
Wichtigkeit ist. - 

Herr ©. ©. Marsn legte der Gesellschaft eine neue und 
wohlerhaltene Annelide aus dem lithographischen Schiefer von 
Solenhofen vor. Das Exemplar ist etwa 5, Zoll lang, und 
hat an jeder Seite eine Reihe von sehr grossen, glatten und 
regelmässig gestellten Stacheln, von denen einige 5 Mm. Länge 
haben. Obgleich alle Stacheln einfach zu sein scheinen, kann 
man doch eine scharfe, enge Furche durch ihre ganze Länge 
hindurch verfolgen, und daraus könnte man vielleicht schliessen, 
dass zwei einzelne Stacheln eng verbunden seien. Diese Fur- 
che ist auch deutlich auf Stacheln zu sehen, welche aus ihrer 
ursprünglichen Lage losgerissen sind. Das Exemplar unter- 
scheidet sich scharf von allen bis jetzt beschriebenen Gattun- 
gen der Anneliden, und der Redner schlug dafür den Namen 
Ischyracanthus Grubeanus vor. 

Der Redner erwähnte ferner, dass Graf MUNnsTER unter 
dem Namen @eophilus proavus (Beiträge V. Heft Taf. 9 Fig. 9) 
eine Versteinerung. aus dem lithographischen Schiefer von Kel- 
heim in Bayern beschrieben hat, und. er legte das Original- 
Exemplar vor, (vielleicht Gegendruck des abgebildeten Stückes) 
welches sich jetzt in dem Museum zu Berlin befindet. Obschon 
diese Versteinerung in ihrer äusseren Form etwas Aehnlichkeit 
mit dem lebenden Geophilus zeigt, so ist es doch leicht zu se- 
hen, dass sie weder dieser Gattung, noch uberhaupt zu den 
Myriopoden gehört. Sie ist eine ächte Annelide, und wenn 
sie auch anscheinend eine andere Art, als _ die eben bespro- 
chene ist, so muss sie doch in jedem Fall in die Gattung 
Ischyracanthus gebracht werden. 

Nächstdem zeigte der Redner mehrere Exemplare von 
Ceratites nodosus Brug., auf welchen zweierlei Lobenlinien deut- 
lich zu sehen waren; von denen eine Art der normalen Loben- 
linie der Species entspricht, während die andere, welche alle 
Falten der erstern durchschneidet, viel einfacher ist, und auf 
einigen Exemplaren fast gerade verläuft. Eine genaue Betrach- 
tung lehrt sogleich, dass die faltigere Linie nur ein oberfläch- 
lieher Eindruck ist, die einfache Linie aber von den hervor- 
tretenden Rändern der Kammerwände gebildet wird. Das Auf- 


268 


treten dieser beiden Lobenlinien ist so häufig bei dieser wohl- 
bekannten Art, und zugleich so auffallend und merkwürdig, 
dass es ohne Zweifel die Aufmerksamkeit von vielen Paläon- 
tologen erregt haben muss; so viel jedoch der Redner weiss, 
ist noch kein Erklärungsversuch darüber veröffentlicht. 

Da diese Erscheinung in der Regel nur auf einer Seite 
der Exemplare vorkommt, so könnte man vielleicht denken, 
dass die Schale, nachdem sie zum Theil von weichem Schlamme 
erfüllt worden, eingedruckt wäre, wobei ein- Eindruck der Lo- 
benlinien auf der Substanz entstand, welche jetzt den Stein- 
kern bildet. Dagegen hat die Untersuchung einer sehr grossen 
Anzahl von Exemplaren, auch an ihrer Fundstelle, den Redner 
überzeugt, dass der Eindruck in allen Fällen einfach durch 
Abwaschung hervorgerufen ist. Betrachtet man einen Steinkern 
dieser Art, wie er im Muschelkalk vorzukommen pflegt, so sieht . 
man, dass die Lobenlinie durch eine leichte Vertiefung bezeich- 
net ist. Die fortschreitende Abwaschung, während sie die 
blossliegende Oberfläche allmälig und gleichmässig hinweg- 
zehrt, schneidet auch diese Vertiefung in’ gleichem Maasse wei- 
ter ein, und zwar nahezu rechtwinklig zur Ebene der Schale. 
Da aber die Kammerwände nach innen weniger gefaltet sind, 
so hört auch die Linie, welche durch ihre entblössten Ränder 
‚gebildet wird, bald auf mit der Vertiefung zusammen zu fallen, 
und so werden zweierlei Linien sichtbar. 

Zur Unterstützung dieser Erklärung erwähnte der Redner, 
dass seinen Beobachtungen nach diese Erscheinung nur bei 
abgewaschenen Exemplaren vorkommt, und dass fast alle sol- 
che Exemplare sie mehr oder minder deutlich zeigen; ferner, 
dass während die beiden Linien immer ununterbrochen bleiben, 
und einander bei jeder Falte schneiden, die Abweichung zwi- 
schen ihnen mit dem Grad der Abwaschung regelmässig zu- 
nimmt. Dass der Eindruck nicht durch Druck von oben ent- 
standen sein kann, ist. auch dadurch zu erkennen, dass er zu- 
weilen auf beiden Seiten desselben Exemplars gleich deutlich 
zu sehen ist; auch ist auf solchen Stellen des Steinkerns, wel- 
che durch anhaftende Brocken des Gesteins geschützt waren, 
nur die normale Linie wahrzunehmen. Eingebrochene Exem- 
plare kommen allerdings vor, aber bei allen solchen sind die 
Lobenlinien in Folge der Zertrümmerung der Schale vielfach 
- gestört und zerrissen. Der Umstand, dass die Substanz der 


269 


Kammerwände bei Ceratites nodosus in Farbe und Gefüge von 
der Masse des Steinkerns abweicht, ist ohne Zweifel ein Grund, 
weshalb die zweierlei Linien hier so auffallend werden. Die- 
selbe Erscheinung kann natürlich unter ähnlichen Verhältnissen 
bei vielen anderen Versteinerungen hervortreten, und sie ver- 
dient allgemeinere Beachtung, weil ohne Berücksichtigung der- 
selben leicht Irrthümer bei Bestimmung abgewaschener Ver- 
steinerungen vorkommen könnten. Redner hat in der That 
Spuren derartiger Eindrücke bei Nautilen und Ammoniten an- 
derer Formationen beobachtet, und Herr BryricH bemerkte, 
indem er der gegebenen Erklärung vollkommen beistimmte, dass 
vielleicht auch die häufig noch an Steinkernen von Bivalven 
sichtbare Skulptur der äusseren Schale in gleicher Weise ihre 
Erklärung finden könnte. 

Der Redner zeigte endlich einen in der Mitte durchge- 
schnittenen Ammonites galeiformis Haver aus dem Alpenkalke 
unweit Hallstadt, bei welchem auf der Schliffflache die Kam- 
merwände fast sammtlich nach hinten convex erscheinen wie 
bei den Nautileen. Diese abweichende Lage der Kammer- 
wände kann vielleicht durch Krankheit herbeigeführt sein, in- 
dem die Dorsal- und Ventralloben aus der Mitte nach einer 
Seite hinüber gedrängt wurden. Merkwürdig ist es aber hier- 
bei, dass in allen Windungen an zwei einander gegenüberlie- 
genden Stellen zwei oder drei Kammerwände nicht wie alle 
übrigen concav sind, sondern die normale nach vorn convexe 
Richtung besitzen. | 

Herr v. KoEnen legte eine Anzahl Versteinerungen aus 
dem westphälischen produktiven Steinkohlengebirge vor, und 
zwar erstens solche von den Gruben Westphalia bei Dortmund 
und Graf Beust bei Essen, die ihm theils durch Herrn v. ALBERT 
zukamen, theils durch Herrn Bergreferendar BErexpr dem hie- 
sigen Museum geschenkt wurden. Dieselben stammen aus einem 
grauen milden Thonschiefer im unteren Theile der mittleren 
Etage (nach der Eintheilung des Herrn Bergrath LoTTner); das 
Leitflötz für diese, Dickebank oder Sonnenschein, befindet sich 
im Liegenden und auf beiden Gruben nicht mehr im Bereiche 
der jetzigen Bausohlen. Die häufigste und ihrer besseren Er- 
haltung wegen allein sicher bestimmbare Art ist Avicula papy- 
‚racea. Ausserdem findet sich eine grosse Posidonomya, die etwas 
länglicher ist als die Posidonomya Becheri, ferner Orthocerati- 

Zeits.d.d.geol.Ges. XVII A. j 18 


270 


ten, glatte Goniatiten, sowie auch mit Spitzen auf. den Seiten be- 
setzte Formen, die an Goniatites Listeri erinnern, aber nach Herrn 
Professor F. Rormer’s Ansicht eher einer Nautilus-Art ange- 
hören. Wir sehen also, dass sich auch in der mittleren Etage 
eine aus sehr verschiedenen Formen zusammengesetzte Fauna 
findet, die in Westphalen meines Wissens nur aus der unteren 
Etage bekannt war. Dies ist um so interessanter, als ja un- 
längst durch Herrn F. Rormer’s Arbeit über die Vorkommnisse 
im oberschlesischen Steinkohlengebirge die Aufmerksamkeit auf 
dergleichen gelenkt worden ist. Nach einer Mittheilung des Herrn 
Baron pE RycKkHoLT haben sich auch im belgischen Steinkohlen- 
gebirge neuerdings vielfach ähnliche Sachen gefunden. 

Ferner hat Redner schon vor längerer Zeit sich eine 
grössere Masse von dem Anthracosien-führenden Blackband 
und Thonschiefer von der Grube Hannibal bei Bochum besorgt 
und eine bedeutende Anzahl Versteinerungen herauspräparirt. 
Unter diesen befinden sich zunächst hunderte von Anthracosien 
und auch viele einzelne und zusammengehörige Schalen, die 
das Schloss und die Muskeleindrücke vollständig zeigen. Er 
hat demnächst versucht, dieselben nach der Arbeit Herrn Lup- 
wıi@’s „Ueber die Najaden der westphälischen Steinkohlenforma- 
tion“ zu bestimmen, ist dabei aber zu der Ansicht gelangt, dass 
Herr Lupwıg eine viel zu grosse Anzahl von Arten aufgestellt 
hat. Die Stellung derselben zu der Gattung Unio erscheint 
aus mehreren Gründen unzulässig, und zwar erstens, weil sie 
wirklich, wie S. WoopwaArnp dies schon ausgesprochen hat, im 
Schloss mehr Uebereinstimmung zeigen mit gewissen Cypri- 
cardien, bei denen im Alter die Schlosszähne verkümmern und 
nur noch als stumpfe Höcker erscheinen. Als Analogon legt » 
Redner einige sehr alte Venericardien aus dem Miocän von 
Edeghem vor, bei denen der vordere Schlosszahn ganz ver- 
schwunden ist und der hintere seine scharfen Umrisse verloren 
hat. Ausserdem aber deuten die mit den Anthracosien zusam- 
men vorkommenden Versteinerungen nicht auf Süsswasser- son- 
dern auf marine Ablagerungen hin. Es sind dies erstens eine 
Avicula von Mwytilus-artiger Gestalt, vermuthlich die Dreissena 
Lupwig’s, zweistens eine sehr flache fast quadratische Avicula, 
und drittens, meist auf diese aufgewachsen, eine Serpula oder 
Serpulorbis; dies ist wohl die Planorbis Lupwig’s. Ausserdem 
fand sich in dem Gestein noch ein Lepidodendron und ein 


271 


keilförmiges Knocheustuck von ca. 5 Zoll Länge, das sich aber 
nicht näher bestimmen lässt. Schon hierdurch möchte der ma- 
rine Charakter jener Schichten ziemlich ausser Zweifel sein; 
ich werde suchen auch noch aufzufinden, was Herr Lupwie für 
eine Cyrena erklärt hat, und was wohl auch einer anderen Gat- 
tung angehören dürfte. 

Herr Fern. RoEmER legte ungewöhnlich grosse Chabasit- 
Krystalle aus dem Basalte von Dembio bei Oppeln in Ober- 
Schlesien vor. Der leider unlängst verstorbene, um die Eisen- 
hütten-Industrie Oberschlesiens sehr verdiente Bergrath WAcH- 
LER in Malapane hat dieselben dem mineralogischen Museum 
der Universität Breslau übergeben. Der grösste der vorliegen- 
den Krystalle misst 2 Zoll in der Breite und 1: Zoll in der 
Höhe. Die Krystallform ist die gewöhnliche. Herrschend ist 
das Hauptrhomboeder und das erste stumpfere Rhomboeder. 
Untergeordnet sind auch die Flächen des ersten spitzeren Rhom- 
boeders vorhanden. Statt der Flächen des Hauptrhomboeders 
selbst treten jedoch meistens die gestreiften Flächen eines sehr 
stumpfkantigen gestreiften Skaleno&ders aus der Endkantenzone 
des Hauptrhomboeders auf. Die fraglichen Krystalle wurden 
beim Vertiefen der Sohle des Königlichen Basaltbruches bei 
Dembio gefunden. Der dortige Basalt enthält in zahlreichen 
Blasenräumen auch andere Zeolithe und namentlich Mesotyp. 

Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. 

v. w. 0. 
G. Rose. Bryrıch. Roru. 


18* 


272 


1. Ueber das Vorkommen von Rhizodus Hibberti Owen 

( Megalichthys Hibberti Agassiz et Hibbert) in den 

Schieferthonen des Steinkohlengebirges von Volpersdorf 
in der Grafschaft Glatz. 


Von Herrn Ferv. Rormer ın Breslau. 
\ 


Hierzu Taf. VI. 


Im Laufe des verflossenen Sommers erhielt ich durch einen 
Händler ein Paar Exemplare von Fischschuppen mit sehr zier- 
licher Skulptur der Oberfläche, welche angeblich aus dem Stein- 
kohlengebirge der Grafschaft Glatz herrühren sollten. Nach- 
her wurde mir bekannt, dass der nähere Fundort dieser Schup- 
pen die Kohlenschiefer der Rudolphsgrube bei Volpersdorf sei 
und dass Herr Obersteiger VOLKEL auf der Rudolphsgrube die- 
selben zuerst entdeckt und eine grosse Anzahl derselben ge- 
sammelt habe. Da die fraglichen Schuppen ein für das schle- 
sische Steinkohlengebirge ganz neues Vorkommen sind, so be- 
gab ich mich nach der Rudolphsgrube bei Volpersdorf, um bei 
dem genannten einsichtigen und eifrigen Beobachter und Samm- 
ler sowohl die gesammelten Gegenstände zu sehen, als auch 
über das Vorkommen derselben nähere Kenntniss zu erhalten. 

Die von Herrn VöLKEL gesammelten Gegenstände bestan- 
den in mehreren hundert Exemplaren von Schuppen, Schildern 
und Zähnen. Die Lagerstätte dieser Fischreste ist eine nur 
2 bis 3 Zoll dicke Schieferthonschicht im Hangenden des ach- 
ten, 12 bis 14 Zoll mächtigen Kohlenflötzes auf der Rudolphs- 
grube bei Volpersdorf. Das Steinkohlengebirge bei Volpers- 
dorf ist übrigens das ächte flötzführende Kohlengebirge und 
bildet mit der grösseren Partie von Waldenburg zusammen- 
hängend einen schmalen Streifen zwischen dem Gneiss des 
Eulengebirges und dem Rothliegenden der Grafschaft Glatz. 


273 


Da Herr VöLkEL seitdem die Gefälligkeit hatte mir seine 
ganze Ausbeute zu näherer Untersuchung mitzutheilen, so bin 
ich dadurch in den Stand gesetzt eine nähere Beschreibung 
der neuen Funde zu geben. 

Der Haupttheil dieser Ausbeute besteht in einigen hundert 
Exemplaren von Schuppen. Diese Schuppen sind von ver- 
schiedener Grösse und Form, aber es ist ihnen ein gewisser 
Habitus der äusseren Skulptur gemeinsam, welcher sie als zu- 
sammengehörig und als wahrscheinlich von derselben Art her- 
rührend bezeichnet. Die Grösse der Schuppen schwankt zwi- 
schen + und 1 Zoll in der Länge. Ihre Form ist subrektan- 
gulär, subpentagonal und subtriangulär. Die meisten sind mehr 
oder minder unsymmetrisch und der Umriss der linken Hälfte 
verschieden von demjenigen der rechten. Die Skulptur der 
Oberfläche betreffend so lassen alle diese Schuppen mehr oder 
‘ weniger deutlich zwei Regionen unterscheiden, nämlich eine 

vordere zsorherrschend concentrisch und eine hintere vorherr- 
 schend radial gestreifte. Die vordere concentrisch gestreifte 
Region ist regelmässig die bedeutend grössere. Die radial 
gestreifte hintere Region beträgt in der Regel nur etwa den 
dritten Theil der ganzen Oberfläche der Schuppe. 

- Die Skulptur der vorderen Region besteht aus sehr zahl- 
reichen und äusserst feinen erhöhten Radiallinien, welche durch 
- zahlreiche dem Rückenrande der Schuppe- parallele concentri- 
sche Anwachsringe geschnitten und in lauter Körnchen getheilt 
werden. Einzelne der concentrischen Anwachsringe sind ge- 
wöhnlich so stark, dass sie den allgemeinen concentrischen 
Charakter der Skulptur bestimmen. 

Die Skulptur der hinteren Region der Schuppe, welche 
durch zwei nach dem Mittelpunkte verlaufende gerade Grenz- 
linien gegen die vordere ziemlich scharf abgesetzt ist, besteht 
aus viel stärkeren Radiallinien und einzelnen entfernt stehen- 
den concentrischen Anwachslinien, welche zuweilen als stark 
vertiefte Furchen erscheinen. So ist die hintere Region der 
Oberfläche der Schuppen nicht blos durch den mehr hervor- 
tretenden radialen Charakter der Skulptur, sondern auch durch 
die gröbere und stärkere Skulptur ausgezeichnet. 

Uebrigens laufen die Radiallinien sowohl der hinteren wie 
der vorderen Region in einen gemeinsamen Punkt zusammen. 
Dieser Punkt ist aber gewöhnlich nicht genau der Mittelpunkt 


274 


der Schuppe, sondern liegt vor der Mitte der Länge. Zugleich 
bildet dieser Punkt, in welchem die Radiallinien zusammen- 
laufen, eine mehr oder minder stark vorragende Erhöhung, wel- 
che sich zuweilen in einen mittleren Längskiel verlängert. 

Die Erhaltungsart der Schuppen betreffend so sind es mei- 
stens blosse Abdrücke der äusseren Oberfläche. Zuweilen ist 
aber auch ein Theil der körperlichen Substanz der Schuppe 
selbst als eine äusserst dünne hornartige Lage von der Dicke 
sehr feinen Briefpapiers erhalten. Offenbar ist diese Lage dann 
aber nicht die ganze Substanz der Schuppe, denn bei dieser 
geringen Stärke würde die Schuppe durchaus nicht die genügende 
Festigkeit und Widerstandsfähigkeit gehabt haben. Der grössere 
Theil der Substanz der Schuppe muss vielmehr, weil von an- 
derer für die Erhaltung nicht geeigneter Beschaffenheit, ver- 
schwunden sein. Diese Annahme wird durch die später an- 
zustellende Vergleichung mit ähnlichen Schuppen anderer Ge- ° 
genden ihre Bestätigung finden. 

Gewöhnlich liegen die Schuppen ganz vereinzelt auf den 
Flächen des Schieferthons; in einem Falle fand sich aber auch 
eine grössere Anzahl derselben vereinigt. Auf der Fläche 
eines handgrossen Stückes von festem Schieferthon liegen ge- 
gen 30 Schuppen in unregelmässiger Zusammenhäufung; hier 
war offenbar der Haupttheil des ganzen Fisches nicht fern. 

Ausser den Schuppen kommen schildföormige Stücke von 
verschiedenartiger Gestalt, welche wahrscheinlich der Kopf- 
bedeckung angehören, ohne dass man ihre Lage auf der Fla- 
che des Kopfes näher bezeichnen könnte, wenn gleich in viel 
geringerer Häufigkeit vor. Das, was man von der Skulptur 
der Oberfläche dieser Schilder erkennt, weist durchaus darauf 
hin, dass sie zu demselben Fisch wie die Schuppen gehören. 
Taf. VI. Fig. 4 stellt ein grösseres Schild dieser Art dar. 

Endlich wurden auch Zähne in unvollständiger Erhaltung 
beobachtet. Ein grosser verdrückter und unvollständiger Zahn 
wurde bei vollständiger Erhaltung die Form wie Taf. VI. Fig. 5 
gehabt haben. Der grosse Zahn zeigt am unteren Theile starke 
gerundete Längsfalten oder Längsreifen. Der übrige Theil der 
Oberfläche ist glatt. 

‘ Sucht man nun diese Fischreste aus dem Steinkohlenge- 
birge von Volpersdorf näher zu bestimmen, so wird man bald 
auf die Aehnlichkeit derselben mit gewissen seit längerer Zeit 


275 


' aus dem Steinkohlengebirge von Burdie House bei Edinburg 
bekannten Ueberresten eines grossen Fisches hingewiesen. 
Hiısgert*) beschrieb gewisse Zähne und Schuppen eines 
grossen Fisches aus dem Kohlengebirge von Burdie House, 
welche BuckLanD später auf die Autorität von Acassız hin 
Megalichthys Hibberti nannte. Auf dieselben Zähne und Schup= 
pen beziehen sich die Bemerkungen, welche Acassız (Rech. 
sur les poiss. foss. Tom. II. p. 87) bei der ersten Erwähnung 
der Gattung Megalichthys über dieselbe macht. Später (Tom. IV. 
p. 9, t. 63, 64) beschreibt Acassız als Megalichthys Hibberti 
einen kleineren Fisch mit rhombischen Schuppen. OweEn**) 
sah sich veranlasst die Gattung Rhizodus auf Grund der Unter- 
suchung der grossen ursprünglich von HisBerr beschriebenen 
Zähne von Burdie House zu errichten. Endlich hat M’Coy ***) 
die Synonymie der Gattung dahin festzustellen gesucht, dass 
er die Gattung Megalichthys auf den später von Agassız unter 
dieser Benennung beschriebenen Fisch beschränkend Owex’s 
Gattung Rhizodus auf die grossen Zähne und Schuppen von 
Burdie House verwendet. Zugleich vereinigt er den Holopty- 
chius Portlocki Ag.f) aus dem Kohlengebirge von Irland mit der 
schottischen Art und beschreibt eine zweite Art der Gattung 
(Rhizodus gracilis) aus den Kohlenschiefern von Gilmerton. 
Vergleicht man nun mit diesen schottischen Resten der 
Gattung Rhizodus die Fischreste von Volpersdorf, so scheinen 
zwar auf den ersten Blick die Schuppen nur wenig überein- 
stimmend, indem die Schuppen von Burdie House aus blätterig 
übereinanderliegenden Lagen von horniger Substanz bestehen 
und eine verhältnissmässig bedeutende Dicke haben, auch von 
der zierlichen Skulptur der Oberfläche nichts erkennen lassen; 
allein bei näherer Prüfung überzeugt.man sich, dass das nur 
Folge der verschiedenen Art der Erhaltung ist. Bei den Schup- 
pen von Burdie House scheint immer nur die concave Innen- 
fläche der Schuppen sichtbar zu sein, während die rauhe Aussen- 
fläche in dem Gesteine haftet. Wenn man jedoch, wie ich es 
gethan, die blätterigen Schichten fortspaltet, so sieht man unter 


*) Transaet. of the Roy. Soc. Edinb Vol. XIII. p.202 t.8, 9 (1858). 
**) Odontography p. 79 (1840). 
»&*) Brit. Palaeoz. foss. p. 612. 

7) PortLock, Geol. Rep. p. 463, t. 13, f. 5- 11. 


276 


denselben die fein radiale und granulirte Skulptur hervortreten, 
wie sie den Schuppen von Volpersdorf eigenthumlich ist. Das 
ist genau so, wie PortLock (t. 13, f. 1a.) die Sache dar- 
“ stellt, wie denn auch die äussere Form der von PorTLock ab- 
gebildeten Schuppen mit derjenigen der Schuppen von Volpers- 
dorf übereinstimmt. 

Fast noch bestimmter, als die Schuppen erweisen sich die 
mit den Schuppen bei Volpersdorf vorkommenden Zähne als 
übereinstimmend mit denjenigen der Gattung Rhizodus im schot- 
tischen Kohlengebirge. Namentlich erkennt man bei dem ein- 
zigen etwas deutlicher erhaltenen Taf. VI. Fig. 5 abgebildeten 
Zahne die für die Gattung bezeichnenden starken geraden 
Längsfalten an der Basis des Zahnes. Ja selbst die sehr fei- 
nen und scharfen Längsleistchen, welche man auf der convexen 
Oberfläche dieser Falten an den grossen Zähnen der Kiefer 
aus dem Kohlengebirge von Gilmerton, von welchen mir zwei 
wohlerhaltene Exemplare vorliegen, mit der Lupe wahrnimmt, 
erkenne ich an dem verdruckten Zahne von Volpersdorf wieder. 

Hiernach ist das Vorkommen der Gattung Rhizodus in dem 
produktiven Kohlengebirge der Grafschaft Glatz als erwiesen 
anzusehen. Vollständigere Ueberreste und namentlich ganze 
Kiefer, wie sie hoffentlich bald gefunden werden, müssen dar- 
über entscheiden, ob, was jetzt nur wahrscheinlich ist, der 
schlesische Fisch auch der Art nach mit dem Rhizodus Hibberti 
von Burdie House identisch ist. 


Erklärung der Abbildungen auf Tafel VI. 


Figur 1 stellt eine der grösseren Schuppen in natürlicher Grösse dar. 
Der Umriss ist ergänzt. 

Figur 2 eine Schuppe mittlerer Grösse. 

Figur 3 eine grössere Schuppe mit unregelmässig runzeliger Ober- 
fläche. Nur am Umfang tritt die radiale Skulptur hervor. 

Figur 4 ein ke Stück von nicht näher bestimmbarer 
Stellung. 

Figur 9. Ergänzte Skizze eines grossen Fangzahns mit den starken 
Längsfalten am Grunde. 

Figur 6. Modiola sp., welche sich mit den Fischresten zusammen 
ziemlich häufig findet. 


277 


2. Ein Besuch der Kupfergrube Monte Catini in Toscana 
und einiger Punkte ihrer Umgebung. 


Von Herrn G. vom Rara ın Bonn. 
Hierzu Tafel VIII und IX. 


Geognostische Uebersicht. 


Um die Erforschung der geognostischen Verhältnisse Tos- 
cana’s hat sich durch vieljahrige Bemühungen PAoro Savı, 
Professor zu Pisa, ein grosses Verdienst erworben. In dem 
zusammenhängenden, bis auf wenige beschränkte Ebenen das 
ganze Land einnehmenden Gebirgsnetze Toscana’s erkannte 
Savı*) drei verschiedene Gebirgszuge, welche von sehr ver- 
schiedenen geognostischen Verhältnissen beherrscht werden; 
sie sind: das Appenninengebirge (Catena Appenninica), das 
Erzgebirge (Catena metallifera) und das Serpentingebirge (Ca- 
tena serpentinosa). 

Der Appennin, die Wirbelsäule Italiens, tritt mit dem 
Monte Molinatico nordlich von Pontremoli in Toscana ein, 
streicht gegen Südosten und Sudsudosten, und bildet nicht nur 
gegen Norden, Nordosten und Osten die Grenze des früheren 
Grossherzogthums, sondern erfüllt auch mit’ seinen Parallel- 
ketten und zahlreichen Verzweigungen einen grossen Theil des 


*) Savı, Taglj geologiei delle Alpi Apuane, Monte Pisano e Cenno 
sull’ Isola dell’ Elba, Nuovo Giorn. dei Lett di Pisa (1833). Sulle mi- 
niere delle vicinanze di Massa marittima, ib. 1847. Sulla coslituzione 
geologica delle Alpı Apuane, Nuovo Cimento, 1863. 

Savı e Menechinı, Considerazioni stratigrafiche, paleoniologiche con- 
cernenti la geologia Toscana, Firenze 1551. ; 

Coguanp, Sur les terrains stratifies de la Toscane, Bull. soc. geol. 
d. France, II. Ser. T. 2 (1845). 

Icıno Coccnı, Description des roches ignees et sedimentaires de la 
Toscane dans leurs succession geologique, Bull. soc. geol. d. France, IF. 
Ser. T. 13 (1856). 

Sıvı, Saggio sulla costituzione geologica della provincia di Pisa in 
„Statistica della Provincia di Pisa, 1863. 


278 


Landes. Die Hohen dieses Theils des grossen Gebirges sind 
gerundet, bis zu den Gipfeln mit- Wald und Alpen bedeckt. 
In geognostischer Hinsicht zeichnet sich der toskanische‘ Ap- 
pennin dadurch aus, dass er vorzugsweise aus Eocänbildungen 
besteht, nämlich aus glimmerig-thonigem Sandstein wechselnd 
mit Schieferthon und Kalkstein. An einzelnen Punkten tritt 
unter diesen Schichten noch die obere Kreide hervor als ein 
sandiger Kalkstein, die sogenannte Pietra forte. Das Streichen 
der Schichten ist in dem centralen Theile der Kette von Nord- 
westen nach Südosten gerichtet, das Fallen vorzugsweise ge- 
gen Nordosten. Demgemäss ist der gegen Modena und Bo- 
logna gewendete Gebirgsabhang sanft und gleichmässig, wäh- 
rend das toskanische Gehänge steil und gebrochen ist. 

Das Erzgebirge, so von Savı benannt wegen der wich- 
tigen in demselben auftretenden Erzlagerstätten, bildet keine 
zusammenhängende Kette, keinen Gebirgszug, sondern isolirte 
Erhebungen mit elliptischer Basis (daher von Savı Rllissoidi 
genannt), welche sich vorzugsweise in einer nordsudlichen Linie 
aneinander reihen. Zu den Erhebungsgruppen des Erzgebirges 
gehören die Apuanischen Alpen bei Carrara nebst den benach- 
barten Bergen des Golfs von Spezzia, das Gebirge von Pisa, 
dasjenige von Campiglia, von Montieri und Gerfalco und weiter 
gegen Südsüdosten das Vorgebirge Argentaro. Andere Gruppen 
reihen sich gegen Westen und Osten an diese Hauptlinie an. 
Als solche betrachtet Savı die Montagnola Senese, die Insel 
Gorgona, einen Theil von Elba, dann den Berg von Cetona 
bei Chiusi. Diese Gruppen des Erzgebirges, welche sich 
mehr oder weniger selbstständig, sei es aus dem Meere, sei 
es aus umliegender Ebene oder flachhügeligem Lande erheben, 
ziehen in höherem Grade als der Appennin das Interesse des 
Geognosten auf sich. In ihrer idealen Gestalt zeigen jene 
Gruppen mantelförmig gelagerte Schichten, so dass das Berg- 
centrum von den ältesten Bildungen eingenommen wird. Im 
Gegensatze zu den wenig mannigfaltigen jungen Schichten des 
Appennins ist in den Gruppen des Erzgebirges eine vollständige 
Schichtenreihe vom Mitteltertiär bis zu den paläozoischen Bil- 
dungen vorhanden. Doch haben, bemerkt Savı, in den einzel- 
nen Gruppen die hebenden Kräfte nicht gleich energisch ge- 
wirkt. In dem Gebirge von Massa marittima verursachten sie 
lediglich die Zerreissung der verschiedenen Tertiärbildungen, 


279 


* 


der Kreide- :und der Jura-Schichten, so dass die Lias-Schichten 
zu einer geschlossenen Kuppel gehoben wurden. Diese nehmen 
als Cornate von Gerfalco und als Poggio von Montieri die Mitte 
der Gruppe ein. In anderen Gruppen wurden auch die paläozoi- 
schen Gesteine zu Tage gehoben, so im Pisanischen Gebirge 
und in den Apuanischen Alpen. Doch in keinem der Systeme 
des Erzgebirges erscheint eine plutonische Felsart unter sol- 
chen Verhältnissen, dass man dieselbe als Ursache der Schich- 
tenhebung betrachten konnte. 

Als paläozoische Schichten, wahrscheinlich der Stein- 
kohlenformation angehörig, sind zu deuten die Talkschiefer 
mit vielen Quarzausscheidungen, welche dunne Lagen von gra- 
phitischer und anthraeitischer Kohle einschliessen. Diese Schie- 
fer treten auf in den Apuanischen Alpen, sie bilden die Gipfel 
und den grössten Theil des Pisanischen Gebirges, das Fels- 
gestade von Rio auf Elba, in welchem die Eisenglanz-Gänge 
aufsetzen, und erscheinen am Üap Argentaro, sowie bei Jano, 
2 d. Meilen nördlich von Volterra. Diese quarzreichen Talk- 
schiefer (welchen Savı fruher nach ihrem Vorkommen am Pisa- 
ner Berge den Namen Verrucano gab) gleichen vollkommen 
den in den Alpen, namentlich in den Bündnerischen weit ver- 
breiteten Schiefern. Während diese Schichten bei ihrer halb- 
krystallinischen Beschaffenheit keine Versteinerungen einschlies- 
sen, lieferten die ihnen parallel zu stellenden Thonschiefer- 
und Sandsteinschichten von Jano die ausgezeichnetsten carbo- 
nischen Reste, sowohl Brachiopoden (Productus, Leptaena, 
Spirifer) als auch die schönsten Pflanzenreste, welche man in 
der Sammlung zu Pisa bewundert. *) 

Die Trias wird in den Apuanischen Alpen, zu Campi- 
glia, und auf Elba vorzugsweise durch den hochgeschätzten 
blaulichen Bardiglio-Marmor vertreten, während in gleichem 
Niveau im Pisanischen Gebirge ein halbkrystallinischer, wachs- 
glänzender Marmor auftritt, in welchem J. Coccnı Myophoria 
curvirostris und Avicula socialis beobachtete. — Die grösste Be- 
deutung für die Gruppen des Erzgebirges hat der 

Lias, indem demselben die Hauptmasse des Marmors 
angehört. In den Apuanischen Alpen bildet der Lias den 


\ 


*) Jano ist bisher der einzige Punkt im festländischen Italien mit 
deutlichen Resten der Steinkohlenformation. 


280 


Monte Altissimo und die anderen höchsten Berge der Gruppe, 
er findet sich bei Pisa, Campiglia, auf Elba und im Gebirge 
Cetona. Es ist der bekannte kleinkörnige weisse Statuen- 
Marmor von Carrara und Serravezza.*) Grosskörniger, dem 
Parischen gleich, ist der Marmor vom Monte Rombolo und 
von Aqua viva bei Campiglia, dessen schon von den Römern 
bearbeitete Brüche jetzt wieder aufgenommen wurden. 

In den Apuanischen Alpen findet sich der reinste statua- 
rische Marmor in grossen linsenförmigen Massen, welChe von 
einer Glimmer- oder Talk-reichen Hülle umschlossen, und in 
dem gewöhnlichen körnigen Kalksteine eingebettet sind. Jene 
vorzugsweise aus Glimmer und Kalkspath bestehende Hülle, 
welche „Madremacchia* — Muttermal — heisst, fuhrt ausser- 
dem Hornblende, Dolomit, Spatheisen, Gyps, Quarz, Eisen- 
glanz, Schwefelkies, zuweilen Schwefel. Je mehr die Madre- 
macchia ausgebildet ist, um so reiner ist der umhüllte Marmor. 
Einer verworrenen Madremacchia entspricht ein nicht tadel- 
freier Marmor (nach einer Mittheilung Coccur’s). Die Vermu- 
thung erscheint nicht unbegründet, dass bei der Metamorphose 
des Kalksteins die demselben beigemengten fremdartigen Ele- 
mente sich als Madremacchia ausgeschieden haben. Je voll- 
ständiger dies geschah, desto vollkommener ist der Marmor. 

Die Hauptmasse des Marmors wird überlagert durch den 
rothen Ammonitenkalk. Diese an Ammoniten, Belemniten und 
Encriniten-Gliedern reichen Schichten sind entwickelt am 
Monte Oalvi bei Campiglia, bei Gerfalco und Montieri, bei 
Cetona, in den Bergen von Pisa, Spezzia u. a. OÖ. Hierhin 
scheint auch zu gehören der schöne gelbe Marmor von Siena 
(Giallo di Siena), welcher zu Montarenti, etwa eine d.M. süd- 
westlich von Siena, gebrochen wird. Hiermit enden den Un- 
tersuchungen der toskanischen Geognosten zufolge die Lias- 
schichten. 

‘Zur Oolithformation werden gewisse bunte Schiefer 
gestellt (‚Schisti varicolori Savr's), welche meist sehr arm an 
Versteinerungen, in ihrem petrographischen Charakter schwan- 
ken zwischen einem grauen, braunen oder röthlichen Thon- 
schiefer und einem Glimmer- oder Talkschiefer. Diese Schich-: 


ten finden sich in der Gegend von Spezzia, wo sie Versteine- 
® 


*) P. Savı, Sul mischio di Serravezza, Nuovo Giorn. lett. Pisa, 1830. 


281 


rungen einschliessen, in den Apuanischen Alpen, woselbst zu 
Ripa*) bei Serravezza eine Zinnoberlagerstätte in diesen Schie- 
fern sich befindet, im Pisanischen Gebirge, sowie in der Ge- 
gend von Campiglia, zu Gerfalco und Montieri. 

Ueber den bunten Schiefern liegt eine zweite mächtige 
Kalkbildung (gebildet durch dichten, selten halbkrystullinischen 
Kalkstein, häufig mit Feuersteinen), in welcher Savı und Coccht 
die untere Kreide zu erkennen glauben. Diese Bildung ist 
von ausserordentlicher Mächtigkeit und in mehreren der Grup- 
pen des Erzgebirges sehr verbreitet, namentlich im Pisanischen 
3ebirge, in den Apuanischen Alpen, in der Montagnola Senese 
während sie in den Bergen von Campiglia und Massa mari- 
tima nicht bekannt ist. Die in Rede stehenden Kalkschichten 
sind meist versteinerungsleer, nur an zwei Stellen sind Reste 
in ansehnlicher Menge gefunden worden: alla Tecchia im west- 
lichen Theile und in Val Pedogna im östlichen Theile der 
Apuanischen Alpen. Die Zugehörigkeit dieser Bildung zur 
“untern Kreide scheint indess nicht völlig erwiesen; indem 
CoLLEGNO und namentlich PArFTo dieselbe als jurassisch be- 
trachten und diese Ansicht durch die neueren Arbeiten CA- 
PELLINT’s über die Gebirge des Golfs von Spezzia in Bezug auf 
die Kalksteine von Grotta Arpaja bewiesen worden ist. **) 

Die ganze Reihe der bisher aufgeführten Bildungen ist im 
toskanischen Appennin nicht vertreten, sondern auf die Erhe- 
bungsgruppen des Erzgebirges beschränkt. Die jüngeren Bil- 
dungen sind den beiden so verschiedenen Gebirgen gemeinsam. 
Die obere Kreide ist zunächst vertreten durch einen sandi- 


1 
*, Professor Meneshinı zeigte mir in der Universitäts-Sammlung zu 
Pisa einen Zinnober-Krystall von dieser Fundstätte von ausserordentlicher 
Schönheit. Der Krystall stellt ein niederes hexagonales Prisma dar von 
der herrschenden Endfläche begrenzt; die Combinationskanten zwischen 
Prisma und Endfläche durch mehrere schmale Flächen abgestumpft. Die 
Grösse des Krystalls beträgt etwa 7 Linien. 

**) Die im Vorstehenden gegebene geognostische Uebersicht des 
Toscanischen Erzgebirges stützt sıch vorzugsweise auf die (8.277) ange- 
führten Arbeiten Savı’s und Coccur’s. In neuerer Zeit hat Coccnı seine 
Ansichten über das Alter der in den Apuanischen Alpen auftretenden Bil- 
(dungen wesentlich geändert, s. Coccnı, Sulla Geologia dell’ Italia centrale, 
Firenze 1564. Um hier nur Eines anzuführen, wird von ihm die Haupt- 
masse des Marmors von Carrara jetzt nicht dem Lias sondern der Stein- 
_ kohlenformation zugerechnet. 


282 


gen, sehr harten und dichten, röthlichen oder grünlichen Kalk- 


stein die Pietra forte; darüber liegen thonige Schiefer (‚Schästi 


galestrini) mit zwischengeschalteten wenig mächtigen Schichten 
eines dichten Thonkalks (Alberese). 

Die drei Abtheilungen des Tertiärs, das Eocän *), Mio- 
can und Pliocan bedecken weitaus den grössten Theil des Lan- 
des. Hier möge nur erinnert werden an das Auftreten des 
Nummuliten-Kalks in den Appenninen, bei Campiglia, den 
Pisanischen und Apuanischen Bergen; an die Mioeänbecken, 
welche den’ grösseren Theil der Flussgebiete der Cecina und 
Cornia einnehmen, die miocäne Kohle von Monte Bamboli; 
an die pliocänen graublauen Thone, gelben Sande 
und gelben Kalktuffe, welche im Volterranischen und Sie- 
nesischen so allgemein verbreitet sind. 

Das Serpentingebirge bildet eine Reihe von Erhebun- 
gen, welche mit dem Monte Nero bei Livorno beginnen, mit 
südöstlicher Richtung uber die Cecina fortsetzen und erst an 
der romisch-toskanischen Grenze am Sudfusse des trachytischen 
Monte Amiata ihr Ende erreichen. Doch beschränkt sich das 
* Erscheinen des Serpentins bekanntlich nicht auf diesen Zug, 
vielmehr durchbrechen zahlreiche Serpentinkuppen beide Ab- 
hänge des Appenninengebirges, in der Gegend von Genua an- 
fangend und bis zu dem Quellgebiete der Tiber und des Me- 
tauro reichend. Die eruptiven Gesteine des Serpentingebirges 
stehen in Verbindung mit den Schichten der oberen Kreide 
und des Eocäns. Diese beiden Bildungen sind in Toscana 
schwer zu scheiden, indem gewöhnlich weder eine abweichende 
Lagerung noch eine verschiedene petrographische Beschaffen- 
heit beobachtet wird. Erst Murcnıson gelang es (1850), in- 
dem er die Nummuliten-Etage als leitenden Horizont erkannte, 
eine Trennung jener Gebilde durchzuführen. Immerhin ist es 
bemerkenswerth, dass die obere Kreide und die älteste Abthei- 
lung der Tertiärs in Toscana sich ohne Störung und Unter- 
brechung auf dem Boden desselben Oceans ablagerten und 
eine völlig scharfe Grenze zwischen den betreffenden Schichten 
unmöglich ist. Sehr mannigfach sind die eruptiven Gesteine 


*) Es ist das Verdienst Murcaısox’s, die Eocänbildungen von der 
oberen Kreide in Toscana geschieden zu haben. S. „Ueber den Gebirgs- 
bau in den Alpen, Appennninen und Karpathen‘“, deutsch von G. Leon- 
Hat, 1850, 


283 


der Serpentinkuppen, indem ausser dem Serpentin noch meh- 
rere andere Gesteine der Grünsteinfamilie erscheinen: Gabbro 
(ein Gemenge von Diallag theils mit Labrador, theils mit 
Saussurit oder vielleicht mit Anorthit), Euphotid oder Granitone 
(ein Oligoklas- oder Labradorporphyr), feinkörniger Diorit, end- 
lich ein Melaphyr-ähnliches Gestein, welches zuweilen als Man- 
delstein ausgebildet ist und in Blasenräumen verschiedene Zeo- 
lithe einschliesst. Diese Gesteine, welche sich in mannigfachen 
Gängen durchsetzen, haben auf die durchbrochenen Schichten 
der Kreide- und Eocänformation einen umändernden Einfluss 
‚geübt. Es ist eine bekannte Thatsache, dass gewisse Grün- 
steine indem sie thonige Schieferschichten durchbrechen und 
dieselben metamorphosiren, mit denselben sich so innig ver- 
binden, dass man eine scharfe Grenze zwischen dem Eruptiv- 
gesteine und den veränderten Schichten kaum zu ziehen ver- 
mag. So ist es gekommen, dass ein meist sphäroidisch abge- 
sondertes, durch ausgeschiedenes Eisenoxyd roth verwittertes, 
Melaphyr-ähnliches Gestein — der Gabbro rosso — für eine 
umgewandelte Sedimentärbildung ist angesehen worden, wel- 
cher Meinung ich indess, nachdem ich das Auftreten des Gab- 
bro rosso „des rothen Gebirges* zu Monte Catini kennen ge- 
lernt habe, nicht beipflichten kann. Ausser den älteren Grün- 
steinen und dem zugehörigen Serpentin, welche durch die Bei- 
mengung des Diallags charakterisirt sind, unterscheidet J. 
Cocchı einen Serpentin von jüngerer Bildung, welcher jene 
Gesteine in Gängen durchsetzen und keinen Diallag einschliessen 
soll. Dieser jüngere Serpentin, welchem sich verschiedene 
andere Gesteine der Grünsteinfamilie zugesellen, birgt häufig 
Lagerstätten verschiedener Schwefelmetalle, namentlich des 
Kupfers, doch auch des Bleies, Eisens und Zinks. Diese Vor- 
kommnisse sind meist sehr arm und regellos, nur ausnahms- 
weise reich. 

Eine weite Umsicht über die Umgebungen Monte Catini’s 
gewinnen wir, wenn wir unseren Standpunkt am Südthore des 
hochliegenden Volterra’s 1704 P. Fuss ub. M.*) nehmen. Diese 
altetruskische Stadt (Felathri) umringt mit ihren eine d. Meile 
im Umfange messenden Mauern den ebenen Scheitel einer 


*) Die Höhenangaben sind entnommen der topographischen Karte 
von Mittelitalien (Maassstab 1:56400), ausgeführt durch den k. k. Ge- 


284 


mächtigen, allmälig ansteigenden, schildförmigen Höhe. Der 
Grundriss der Stadt besitzt eine Halbmondform, deren con- 
vexer Bogen nach Südwesten gerichtet ist. Gegen Nordosten 
senkt sich das Planum der Stadt um etwa 200 Fuss. Auch 
‚steigen von dieser Seite vom Era-Thale herauf mehrere tief 
einschneidende Thäler bis zu den Stadtmauern empor. Die 
obere Decke der Volterranischen Höhe, sowie die nach Norden 
und Nordosten gerichteten Abhänge bestehen aus einem gel- 
ben, sandigen, tuffähnlichen, überaus versteinerungsreichen 
Kalksteine, der sogenannten Panchina, welche mit losem gel- 
bem Sande wechsellagert. Dieser Stein hat die kolossalen, 
ohne Mörtel aufeinander gelegten Werkstücke zu den alten 
Mauern geliefert und in denselben finden sich auch die beruhmten 
Todtenkammern von Volterra ausgehöhlt. Unter der Panchina 
lagert, und tritt auf der Sud- und Westseite der Stadt nahe unter 
den Mauern derselben ‘hervor und bildet nach diesen Seiten 
die Abhänge der schildförmigen Höhe — ein graublauer Thon, 
der Mattajone. Die mächtige Thonbildung, in welcher das 
Flussgebiet der Era liegt, hat gegen Norden und gegen Osten 
(in der Umgebung von Siena) eine ausserordentliche Verbrei- 
tung. Der gelbe Sand (und die Panchina) nebst dem weit 
mächtigeren Thone schliessen eine grosse Menge von organi- 
schen Resten ein und gehören dem Pliocan oder der Sub- 
appenninenbildung an. Begreiflicher Weise ist der lockere gelbe 
Sand der Zerstörung durch die Gewässer in hohem Grade 
unterworfen gewesen, so dass in den meisten Gegenden des 
volterranischen und sienesischen Gebiets der sterile Thon un- 
bedeckt zu Tage tritt. Mehr Widerstand leistet die obere 
gelbe Etage, wenn die Panchina darin vorherrscht. Die Hö- 
hen, deren Scheitel durch diese weit sichtbare gelbe Kalktuff- 
Schicht gebildet werden, bilden einen landschaftlichen Horizont, 
und sind vorzugsweise für die Gründung der Städte (Volterra, 
Siena, Montalcino u. s. w.) gewählt worden. Zugleich bilden 
die durch die Panchina zusammengesetzten Strecken dürch 
ihren Pflanzenwuchs einen wohlthuenden Gegensatz im Ver- 


neral-Quartiermeister-Stab. Die Sectionen sind in Wien einzeln zu er- 
halten. Das Blatt D 11 umfasst Livorno, Volterra und den grössten 
Theil des Cecina-Thals; das Blatt D 12 grenzt südlich an und reicht 
bis Piombino, Follonica, Massa marittima. 


285 


gleich mit den fast gänzlich vegetationslosen Thonflächen, es 
sind Oasen in und über einer Wüste. Schon im Jahre 1843 
hat PArEToO und später CAPELLINI nachgewiesen. dass das tos- 
kanische Pliocän der Gegend von Siena (Panchina und Thon) 
einen mehrfachen Wechsel von im Meere und im süussen Wasser 
gebildeten Schichten erkennen lässt. In neuester Zeit zeigte 
DE MoRTILLET, dass in einem 78 Meter hohen Profile des Plio- 
cans der Hügel von Siena eine neunmalige Abwechselung ma- 
riner und lakustrer Bildungen stattfinde. *) 

Die mehr als 800 Fuss mächtige pliocane Schichtenmasse 


des volterranischen Berges streicht von Nordwesten gegen Sud- 


osten und fällt etwa 10 Grad gegen Nordosten ein. Aus die- 
sem Grunde ist der nordöstliche Bergabhang sanfter als der 
südwestliche, welcher ein Profil der ganzen Schichtenfolge 
entblösst. 

Die Sterilität der pliocänen Thongehänge wird noch be- 
sonders erhöht durch die eigenthümlichen Erosionsformen, wel- 
che das Thonterrain unter der Einwirkung der atmosphäri- 
schen Gewässer annimmt. Die Oberfläche gestaltet sich zu 
lauter kleinen (20 bis etwa 60 Fuss hohen) steilen Kegeln 
und Hügeln mit gerundeten Gipfeln zwischen denen tief ein- 
schneidende Erdrisse verlaufen. Der Anblick dieser jede Oul- 
tur verweigernden pliocänen und miocänen graublauen Thon- 
flächen des volterranischen und sienesischen Gebiets gehört 
zu den unerfreulichsten, welche die Erde nur darbieten kann. 
Grossartigere Erosions-Erscheinungen finden sich an der nord- 
westlichen Spitze der alten Stadtfläche.- Das sanft gegen 
Norden geneigte Planum wird hier plötzlich durch furchtbare 
mehrere hundert Fuss tiefe halbkreisförmige Abgründe unter- 
brochen, welche gegen Nordwesten mit gurgelähnlichen Schluch- 
ten communicirend sich gegen das Erathal hin öffnen. Jene 
senkrechten Abgründe, deren Profil die mächtige Thonbildung 
und darüber die wenig mächtige Bildung des sandigen gelben 
Kalktuffs zeigen (Thon und Tuff wechsellagern mehrfach an 
ihrer Grenze), schreiten beständig gegen Süden d. h. gegen 
die Stadt vor,.es sind die „Grotte di S. Giusto“. Der verhee- 
rende Einfluss dieses Erdsturzes machte sich schon seit 1590 
geltend. Im Jahre 1627 wurde die 1030 erbaute Kirche S. 


*) S. Neues Jahrb. v. Lroxnanp und Geisitrz 1864, S. 767. 
Zeits. d.d. geol. Ges. XVII. 1. 19 


286 


Giusto in die Tiefe gezogen. Unaufhaltsam schreitet dieser 
gähnende Abgrund vor und hat jetzt bereits die altetruskische 
‚ Mauer an mehreren Stellen hinabgerissen. Kurze Zeit vor mei- 
ner Anwesenheit war eine grosse Abtei, in welcher man sich, 
obgleich der Erdsturz noch nicht unmittelbar ihre Mauern be- 
rührte, nicht mehr sicher fühlte, von den Bewohnern gänzlich 
verlassen worden. Die Ursache des Erdfalls scheint nach der 
mir durch den 80jährigen Arzt und Naturforscher Dr. GasP. 
AmuıpEı zu Volterra gegebenen Erklärung vorzugsweise folgende 
zu sein. Durch die gegen Norden gerichtete Neigung der wasser- 
durchlassenden oberen Kalktuffschicht und der unteren Thon- 
masse geschieht es, dass auf der Grenze beider Bildungen am 
nördlichen Berggehänge eine Reihe von Quellen hervorbrechen, 
welche den sandigen Thon wegführen und dadurch das Nach- 
stürzen des auflagernden lockeren Kalktuffs bewirken. 

Kehren wir wieder zu unserem Aussichtspunkte am Sud- 
thore Volterras zurück: gegen Süden und Südwesten erblicken 
wir tief unten die Cecina, meist nur ein schmaler Wasserstrei- 
fen in breitem Kiesbette. Auf eine weite Strecke ist das tief 
zwischen sanften Abhängen eingesenkte Cecina-Thal sichtbar, 
bis sich dasselbe durch eine Biegung gegen Norden unseren 
Blicken entzieht. Doch über den dasselbe einschliessenden 
Bergen wird das Meer sichtbar nebst den Inseln Capraja, 
Elba, Corsica. In dem grossen Reisewerke Tarcıont’s*) heisst es: 
„Ich bin von bewährten Männern hiesiger Stadt [Volterra] ver- 
sichert worden, vor nicht sehr langer Zeit habe man nur einen 
sehr kleinen Theil des Meeres erblicken können, und allmälig 
erweitere sich diese Aussicht mehr und mehr, weil die dazwi- 
schen gelegenen Berge des Marchesats Cecina sich immer 
mehr erniedrigen. Eine gleiche Veränderung hat man in an- 
deren Gegenden Toscanas, besonders wo die Berge aus Mergel' 
und Tuff bestehen, seit Menschengedenken beobachtet.“ 

Gegen Sudsudosten wird der Horizont beherrscht dureh 
die 2; d. Meile entfernte 3233 Fuss hohe Bergkuppe (Poggio) 
von Montieri, sowie durch die benachbarten Höhen (le Cor- 
nate) von Gerfalco. Der Berg von Montieri besteht vorzugs- 
weise aus rothem Ammoniten-reichem Marmor, welchen man 


*) Dr. Giov. Tarcıonı Tozzerrı: Relazioni d’alcuni viaggi fatti in 
diverse parti della Toscana, Firenze 1770 (12 Bde.) 


'e 


287 


in Siena als Architektur-Stein angewendet findet. In diesen 
dem Lias angehörigen Schichten treten die Silbererz-führenden 
Gänge auf, welche zwar jetzt verlassen, doch im Mittelalter 
schwunghaft betrieben worden sind. Zuverlässige Nachrichten 
über die Silbergruben reichen zurück bis zum Jahre 1180. 
Gegen die Mitte des 14. Jahrhunderts scheinen sie zum Erlie- 
gen gekommen zu sein. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass 
bereits- die Etrusker die Silbergraben von Montieri bearbeitet 
haben. In der Sammlung des Herrn Amiprı sah ich schöne, 
mehrere Linien grosse Krystalle (Würfel mit Oktaeder) von 
Silberglanz von Montieri. An dem südlichen Abhange (le 
Carbonaje) des Berges von Montieri finden sich viele ver- 
fallene Stollen, in denen in längstvergangener Zeit Kupfer 
gewonnen wurde, welches in dem benachbarten Dorfe Boc- 
cheggiano verschmolzen wurde. 

Gegen Sudosten in einer Entfernung von fast 12 d. Mei- 
len ist das grosse Gebirge di Santa Fiora oder Monte Amiata 
sichtbar (5333 Fuss hoch), welches zwei getrennte Gipfel, einen 
mehr spitzen westlichen und einen gewölbten, höheren, östlich 
liegenden zeigt. Der Monte Amiata, der mächtigste Trachyt- 
berg Italiens besteht aus interessanten Gesteinsvarietäten, einem 
Trachyt mit Sanidin-Krystallen von der Grösse der Drachen- 
felser, und einem eigenthümlichen Rhyolith. 

In grösserer Nähe (nur 2, d. Meile fern) gegen Süden er- 
blickt man aus einem kleinen, von waldiger Bergkuppe über- 
ragten Thalkessel weisse Dampfwolken sich erheben: das sind 
die Lagoni von Monte Cerboli, welche die nördlichst gelegene 
unter den fünf Gruppen der toskanischen Borsäure-Lagonen 
bilden. 

Noch näher an unseren Standpunkt gegen Südwesten lie- 
gen die ausgedehnten Gebäude der Saline „le Moje di S. Lo- 
renzo.“ Fast in derselben Richtung, den Horizont begrenzend, 
erhebt sich der Monte Rufoli an dessen südlichem gegen den 
Bach Ritasso sich neigenden Abhang die „Chalcedon@-Gruben 
liegen, welche vorzugsweise den Jaspis für die florentinischen 
Mosaik-Arbeiten — in Pietra dura — liefern. In westlicher 
Richtung, kaum mehr als eine d. Meile in gerader Linie ent- 
fernt, erhebt sich eine dunkle waldbedeckte Kuppe mit zwei 
Gipfeln, einem höheren dem Monte Massi (1791 Fuss) und einem 
wenig niedrigeren, dem Poggio alle eroci. Am Waldessaume 


1 


288 


liegt ‘in 1372 Fuss Höhe der Flecken Monte Catini, dessen 
dichtgebaute Häuser sich auf einen kleinen Bergvorsprung um 
ein altes Thurmgemäuer zusammendrängen. Darüber unmittel- 
bar am Fusse des höchsten Gipfels werden die schlossähn- 
lichen Gebäulichkeiten der berühmten Kupfergrube Caporciano 
oder Monte Catini sichtbar. Die weite Thalmulde, welche Vol- 
terra von Monte Catini trennt, ist erfullt mit jener mächtigen 
Bildung von graublauem Thone, welcher theils der pliocänen, 
theils der miocänen Abtheilung angehört. Die Grenze zwischen 
beiden in petrographischer Hinsicht nicht unterscheidbaren Bil- 
dungen geht von Nordwesten gegen Südosten durch das Thal, 
so dass der dem Monte Massi zunächst liegende Theil der 
Thonablagerung, in welchem sich auch die Soolbrunnen le 
Moje befinden, dem Miocän angehört. 

Ueber diesen Thonhügeln erhebt sich der Doppelgipfel 
von Monte Catini „wie die Insel Gorgona über den Wellen des 
Meeres.“ 

Die Volterranische Maremme, welche gegen das Meer hin, 
vor uns liegt, ist ein in breiten gewaltigen Höhenrücken er- 
hobenes, von einzelnen dunklen Serpentin- und Gabbro-Kuppen 
überragtes Land, öde und wild, oder richtiger — verödet und 
verwildert. Nicht nur im Alterthume, sondern noch im Mittel- 
alter war das Volterranische Gebiet stark bevölkert und erfullt 
von zahlreichen ummauerten Flecken. Von so vielen blühen- 
den Orten stehen nur noch sehr wenige, alle anderen sind 
verfallen oder zerstört der Art, dass man kaum ihre Stelle 
wiederfindet. Die Gemeinden sind aufgelöst, undihr Gebiet, zu- 
weilen von vier oder fünf, den übriggebliebenen zugelegt. Doch 
auch diese sind entvolkert und verarmt, ohne Mittel ihre wei- 
ten Gebiete zu.bebauen. Das Land der Natur überlassen ist 
wieder Wald und Busch geworden, zwischen denen sich Ruinen 
von Kirchen, Kastellen, Häusern finden und verwilderte Reben 
und Oliven zuweilen die Stellen der ehemals kultivirten Fluren 
bezeichnen. Kurz, auf einem Gebiete, wo ehemals 5000 bis 
6000 Menschen ihren Unterhalt erwarben, vermögen jetzt mit 
grosser Mühe nur 300 oder 400, oder gar nur eine einzige 
Familie zu leben. Die Ursachen dieser fürchterlichen Verödung 
scheinen vorzugsweise in staatlichen Vorgängen zu liegen. Das 
von Menschen verlassene Land nimmt dann die Fieberluft in 
Besitz (vergl. Tareıoxı III. 175). 


2 


289 


Monte Catinı. 


Ob der Bergbau der Grube Caporciano zu Monte Catini ° 
di Val di Cecina bis zu den Zeiten der Etrusker hinaufreiche, 
ist nicht mit Sicherheit zu ermitteln, doch ist es sehr wahr- 
scheinlich, da im hohen Alterthume auch schon die Gruben 
von Campiglia betrieben und gerade im alten Volterra viele 
Kupferarbeiten gefertigt wurden. Die erste sichere Nachricht 
über die Grube Caporciano geht bis zum Jahre 1513 zurück. 
In einem Berichte des Kommissars von Volterra Gıov. Ron- 
DINELLI an den Grossherzog Franz I. (vom Jahre 1580) heisst 
es: „das Kupfererz findet sich in den Gängen in Form von 
Kernen (Noceioli) von verschiedener Grösse, nicht selten bis 
zum Gewicht von 3000 Pfund“. Dem Berichte wurde auch ein 
Plan der Grube beigefügt. Im Jahre 1607 wurde die Grube 
durch den Grossherzog FERDINAnD Mepıcı an Vınc. GIUGNI ver- 
liehen unter der Bedingung, dass der zehnte Theil des Rein- 
gewinns an den Staat gezahlt würde. Der Betrieb wurde fort-. 
gesetzt bis 1630 d. h. bis zur Zeit der grossen Pest, welche 
in dreijährigem Wuüthen Volterra und sein Gebiet fast- gänzlich 
verwüstete. Der Versuch eines Deutschen (LEONHARD) sie wie- 
der aufzunehmen (1636) misslang, indem ein Einbruch erfolgte, 
durch den viele Arbeiter begraben wurden. Die Grube ward 
nun gänzlich verlassen; Stollen und Schächte verfielen. 

In den 40er Jahren des 18. Jahrhunderts wurde von meh- 
reren Volterranischen Herren ein neuer Versuch gemacht die 
Grube zu öffnen. In einem der alten sehr ausgedehnten Stol- 


len, welcher in einer Art von Oonglomerat weichen talkähn- 


lichen Gesteins stand, fand man Erz, „nicht gangformig, sondern - 
in mehr oder weniger grossen Kugeln.“ Aus einer 7 Pfund 
schweren Erzmasse wurden 22 Unzen des besten Kupfers aus- 
geschmolzen, aus einer 180 Pfund schweren Masse 65 Pfund 
Metall. Dieser Versuch hatte indess keinen weiteren Erfolg. 
Das Erz von Caporciano wurde in alter Zeit zu Miemmo ver- 
schmolzen, welches früher ein bedeutender Flecken war. 

Als Frıepr. Hormann im März 1830 Monte Catini be- 
suchte, war man mit Versuchen zur Wiederaufnahme des Gru- 
benbaus beschäftigt. Aus dem Jahre 1839 besitzen wir einen 
kurzen Bericht über die Grube durch RusszsgEer. Damals er- 
reichten die Baue eine Tiefe von 75 Meter. Die Erze, in 


290 


Fässer verpackt, wurden zur Verschmelzung nach England 
transportirt. Das Werk beschäftigte etwa 100 Menschen und 
soll einen jährlichen Ertrag von 10000 Thalern abgeworfen 
haben. Der neue Aufschwung der Grube ist besonders einem 
Deutschen, dem Director Herrn Aus. ScHNEIDER zu danken, 
welcher seit 1823 an derselben thätig ist, zuerst in Diensten 
der Gesellschaft Klaiber, le Blanc und Luigi Porte, dann nach 
Auflösung derselben, unter der.Gesellschaft Hall, Sloane und 
Coppi. 

Der Weg von Volterra nach Monte Catini führt stets auf 
der Wasserscheide zwischen der Cecina-und der Era hin. Nahe 
dem Punkte, wo die Strasse nach Ponte d’Era und ins Arno- 
thal sich rechts abzweigt, überschreitet man die Grenze zwi- 
schen der pliocanen und der miocänen Thonbildung. Beide 
sind hier dem äusseren Ansehen nach nicht zu unterscheiden, 
es ist dieselbe graublaue sterile Thonmasse, auch findet keine 
abweichende Lagerung statt. Bald indess, wo man den Fuss 
der eigentlichen Bergkuppe erreicht, zeigt‘sich eine scharfe 
Grenze, indem der miocäane Thon verschwindet und ein dünn- 
geschichteter rother Kalkschiefer, zuweilen wechselnd mit grauen 
Schieferthonschichten auftritt. Diese nach Savı dem Eocän 
angehörige Bildung bildet einen breiten Ring um die „Gabbro*- 
Kuppen des Berges. Sie zeigt eine vielfach gestörte und ge- 
wundene Schichtenlage, so dass das Pliocän hier mit abwei- 
chender Lagerung auf dem Eocän ruht, dessen Schichtenstö- 
rung an diesem Punkte am natürlichsten durch das Eruptiv- 
gestein zu erklären sein möchte, Nordöstlich des Poggio alle 
croeci, zur Rechten unseres Weges ist die Stelle, wo ehemals 
der blühende Flecken Gabbretto lag. Das alte enggebaute 
Städtehen Monte Catini steht zum Theil auf einer kleinen 
Trachytkuppe, welche östlich vom Monte Massi auf der Grenze 
Menscuin!s zwischen den eocänen und miocänen Schichten 
emporgestiegen ist. Auf dem Gipfel erhebt sich ein mächtiger 
alter Thurm, theils aus Trachyt, theils aus Kalkstein (Alberese) 
erbaut. Die nordöstliche der vier Kanten des Thurms ist zer- 
brochen und zerstört, indem gerade hierhin stets die Blitze. 
treffen. — Das vulkanische Gestein hat (einer Mittheilung ME- 
NEGHINT’S zufolge) die unmittelbar angrenzenden miocanen Thon- 
mergel gehärtet. Der Trachyt zeigt eine unförmliche Pfeiler- 
Zerklüftung und ebenso sondert sich der veränderte T'honmergel 


291 


‚ab. Es zeichnet sich aus durch den ausserordentlichen Reichthum 
an schwärzlichbraunem Glimmer, indem 'es sich als ein schuppi- 
ges Aggregat von Glimmer darstellt, ähnlich gewissen wesent- 
lich aus schwärzlichem Glimmer bestehenden Einschlussen des 
Laacher Tuffs. Ein Feldspath-ähnlicher Gemengtheil ist im 
Gestein von M. Catini selten deutlich zu erkennen und scheint 
dann Oligoklas zu sein, wie auch der ganze Habitus des Ge- 
steins dasselbe zum Oligoklas-Trachyt stellt. Eigenthumlich 
sind die zahlreichen, wellenformig gewundenen, lichten Adern, 
welche den dunklen Trachyt durchsetzen und aus der verwit- 
ternden Oberfläche als erhabene Linien hervortreten. Diese 
Streifen bestehen aus einem feinkörnigen Aggregat des Feld- 
spath-ähnlichen Minerals. Hohlräume, welche sich in densel- 
ben finden, sind mit blätterigem Kalkspath angefullt. Ein 
dem Trachyt von Monte Oatini (welcher von P. Savı mit dem 
Namen Selagit bezeichnet wird) ganz ähnliches Gestein tritt 
in einer kleinen Kuppe + Stunde gegen Nordwesten auf, wo 
ehemals der ummauerte Flecken Agnano lag, nahe Orciatico. 
Dieser Punkt ist der nördlichste des mittelitalienischen Vulkan- 
gebiets bis zu den Euganäen hin. Wegen seines grossen 
Glimmerreichthums ist der Trachyt von Monte Catini nicht 
besonders zu architektonischen Zwecken geeignet. Indess be- 
nutzten ihn schon die Etrusker, wie die drei berühmten Köpfe 
beweisen, welche die Porta del Arco zu Volterra zieren. Nicht 
ohne Interesse ist es zu bemerken, wie die Verwitterung im 
Laufe von etwa 25 Jahrhunderten die Zuge der drei Fuss ho- 
hen Häupter verwischt hat. 

Von Monte Catini ist die Grube noch 10 Minuten entfernt. 
Die Strasse dorthin entblösst die oben erwähnten, vorzugsweise 
rothen Eocän-Schichten. Eine erfreuliche Vegetation von Kasta- 
nien, Oelbäumen, Eichen bedeckt dies Terrain. Nach Sayr's 
Carta geolog. della Provincia Pisana*“) lagert zwischen dem 
Eocän und dem Eruptivgestein noch eine Kalkbildung (soge- 
nannter Alberese), der oberen Kreide angehörig. 

Das Gestein, in welchem die berühmte Kupfererz-Lager- 
stätte auftritt, wird in Toscana mit dem Namen Gabbro oder 
Gabbro rosso bezeichnet. Es ist aber durchaus nicht das- 
jenige Gestein, welches v. Buch unter dem Namen Gabbro in 


*) Diese Karte ist der Statistica der Provinz Pisa beigefügt. 


292 


die Wissenschaft eingeführt hat. Wir haben es zu Caporciano 
mit einem wegen vorgeschrittener Zersetzung schwierig zu be- 
stimmenden Gesteine zu thun. Es ist bräunlichroth, zuweilen 
ganz dicht, ohne ausgeschiedene Gemengtheile; stark zerklüftet, 
zuweilen kugelig abgesondert, hat es nicht selten das Ansehen 
eines Conglomerats. Meist scheiden sich aus der dichten rothen 
Grundmasse Krystalle eines triklinen Feldspaths aus (Oligo- 
klas oder Labrador?), zum Theil bis 1 Zoll gross mit sehr 
deutlicher Zwillingsstreifung. Dann ähnelt das Gestein einem 
Phorphyrit oder gewissen Abänderungen des Melaphyrs. Nicht 
selten herrscht eine Mandelstein-Struktur; die Poren sind theils 
mit einer grünen Delessit-ähnlichen Substanz, theils mit Kalk- 
spath - ausgefüllt. Schmale Kalkspath- Adern durchziehen in 
allen Richtungen das zersetzte Gestein. In den Mandeln, wel- 
che in seltenen Fällen Faust- bis Kopfgrösse erreichen, findet 
sich in Begleitung von Kalkspath Laumontit in deutlichen Kry- 
stallen und in strahligen Massen. Die Bezeichnungen Capor- 
cianit, Schneiderit u. s. w. beziehen sich auf mehr oder weni- 
ger zersetzten Laumontit. 

Die Lagerstätte der Kupfererze (s. Fig. 1 Taf. IX.) *) 
. stellt sich in den oberen Teufen als eine gangähnliche Masse dar, 
an der Erdoberfläche etwa 20 Meter mächtig, von Osten nach 
Westen streichend und mit ungefähr 50 Grad gegen Norden 
einfallend. In grösserer Teufe wird das Fallen steiler (s. Fig. 2) 
und geht endlich in das entgegengesetzte über, indem sich zu- 
“gleich ein mächtiges Trum abzweigt und als ein lagerähnlicher 
Gang gegen Norden fortsetzt. Das Ganggestein ist theils Ser- 
pentin und Steatit, theils ein Conglomerat von gerundeten und 
zersetzten Melaphyr- und Serpentin-Stücken durch ein talkiges 
Bindemittel verbunden. Vom Nebengesteine ist die Gangmasse 


durch Rutschflächen ünd Gesteinsablösungen geschieden.. Wie 


Fig. 1, der Hauptdurchschnitt durch den Förderschacht in nord- 
südlicher Richtung, zeigt, tritt in dem Gangraume in oberer 
Teufe der Serpentin in zwei Gängen auf, deren südlicher Fer- 
dinando, der nördliche (welcher sich wach oben in zwei Trü- 
mer spaltet) Leopoldo heisst; zwischen ihnen lagert eine mäch- 
tige Conglomeratmasse. Die Mächtigkeit dieser Serpentingänge 

*) Herr Aus. Scaxeiser gestattete mir, die von ihm entworfenen 
Grubenbilder zu kopiren. 


293 


ist an der Oberfläche nur gering, 0,4 bis 0,5, höchstens 1 Me- - 
ter; zuweilen verdrücken sich dieselben auch zu einer blossen 
Kluft. Sie sind an der Oberfläche nur wenig verfolgt. Fig. 1 
zeigt, wie beide Gänge mächtiger werden und sich zwischen 
der dritten und vierten Gezeugstrecke mit einander verbinden. 
Die Betrachtung der vier Vertikalschnitte Fig. 1 bis 4 (von 
denen Fig. 2 50 Meter gegen Osten, Fig. 3 100 Meter gegen 
Osten, Fig. 4 100 Meter gegen Westen vom Hauptdurchschnitt 
Fig. 1 genommen sind) lehrt die gegenseitige Vertheilung des 
Serpentins und des Conglomerats kennen. Zwischen der 4. 
und 5. Strecke (Fig. 1) löst sich vom Gang ein lagerartiges 
Trum ab, welches durch den grossen Stollen bis in eine Ent- 
fernung von etwa 600 Meter verfolgt wurde, übrigens sich, mit 
Ausnahme der Abzweigungsstelle, erzleer erwies. In hohem 
Grade merkwürdig sind die Ergebnisse der neueren Tiefbaue, 
welche unter dem Ganggestein Alberese-Kalk und nach dessen 
Durchbrechung wieder Melaphyr auffinden liessen. Es ist der- 
selbe Kalkstein der oberen Kreide, welcher nach Savı's Karte 
einen Halbkreis um das Eruptivgestein bildet. Diese Kalk- 
schicht, welche demnach in grösserer Teufe das Liegende des 
Ganges bildet, hebt sich gegen Westen empor und sinkt gegen 
Osten ein, so dass sie im Hauptdurchschnitt (Fig. 1) in einer 
Teufe von 140 Meter, 100 Meter weiter gegen Westen, Fig. 4, 
bis in eine Teufe von 105 Meter gefunden worden ist. In den 
östlichen Querschnitten hat sich der Kalk selbst in der gröss- 
ten bisher erreichten Teufe (190 Meter) noch nicht gefunden. 
Diese Gangverhältnisse haben gewiss noch viel Räthselhaftes. 
Doch habe ich selbst den Kalk im Liegenden des Ganges ge- 
sehen. 

Die Gangmasse enthält nicht durchweg Erz, dies ist viel- 
mehr auf einzelne Theile des Gangraums beschränkt vorzugs- 
weise im Liegenden desselben s. Fig. 2; doch wo der Gang sein 
Fallen ändert, auch im Hangenden. Die erzführenden Massen sind 
zuweilen von ellipsoidischer, doch auch von ganz unregelmässi- 
ger Gestalt, mit einander durch Arme verbunden, oder isolirt. 
Von diesen erzführenden Massen, zeigt der Durchschnitt Fig. 1 
drei, nämlich eine in der mittleren Teufe von 40 Meter, die 
zweite bei etwa 90 Meter, die dritte bei 145 Meter. 

Der Durchschnitt Fig. 2, 50 Meter gegen Osten, hat bei 
einer Teufe von 175 Meter weder die Kalkschicht noch den 


294 


Punkt erreicht, wo sich gegen Norden das obenerwähnte Trum 
ablöst. Es stellt sich hier ein ungemein erzreiches Gebiet dar, 
indem im Liegenden resp. im Hangenden des Ganges eine durch- 
eine Teufe von gegen 140 Meter zusammenhangende, abbau- 
würdige erzhaltige Masse vorhanden ist. 

In dem Durchschnitt Fig. 5 (100 Meter gegen Osten vom 
Förderschacht) ist gleichfalls eine zusammenhängende erzfüh- 
rende Masse vorhanden, welche eine erzleere Serpentinmasse 
umschliesst. Endlich zeigt der Durchschnitt Fig. 4 (100 Meter 
gegen Westen) zwei grosse, getrennte Erzräume, den einen 
im Hangenden des Gangtheils mit südlichem Fallen, den an- 
dern nahe dem Liegenden an dem Punkte, wo das Trunı sich 
abzweigt. Die erzführenden Theile des Ganges unterscheiden 
sich von der Hauptgangmasse dadurch, dass ausser den Serpentin- 
massen auch Erzsphäroide (Noccioli) zu einem Conglomerate 
mit steatitischem Bindemittel verbunden sind. Die Grösse der 
Erzkugeln ist sehr verschieden und schwankt zwischen äusser- 
ster Kleinheit und vielen Cubikmetern. Das häufigste Erz ist 
Kupferkies, dann folgt Buntkupfererz, endlich Kupferglanz. 
Der Kupferkies findet sich in reinen Massen von 6 bis 10 Cu- 
bikmeter Grösse, reiner Kupferglanz in Kugeln von Kopfgrösse. 
Die grossen Erzkugeln bestehen gewöhnlich im Innern aus 
Kupferkies, an der Oberfläche aus Buntkupfererz. Ich be- 
sitze ein Stuck, welches einen Kern von Kupferkies, dann eine 
Zone von Buntkupfererz, endlich eine solche von Kupferglanz 
zeigt.”) Gediegen Kupfer findet sich gleichfalls, doch nur als 
Seltenheit, zuweilen auf der Oberfläche der Kupferglanzmassen, 
wie es scheint, durch Reduktion aus diesen entstanden. Vom 
Gange ziehen sich in das Nebengestein zuweilen Verzweigun- 
gen, welche besonders reich an Kupferglanz sind, es sind zum 
Theil förmliche Taschen im Melaphyr mit Buntkupfererz und 
Kupferglanz gefüllt. Die Erzkugeln liegen häufig gleich eigent- 
lichen Kernen in der Serpentin- und Talkmasse und hinterlassen 


*) Die Sammlung zu Pisa besitzt ausgezeichnete Stein- und Erz- 
kugeln, mit geglätteter und zum Theil gestreifter Oberfläche, welche auf 
das Deutlichste eine Reibung der Gangmasse Jdocumentiren. Eine jener 
Erzkugeln zeigte concentrische Zonen von gediegen Kupfer (aussen), 
Kupferglanz, Buntkupfererz um einen Kern von Kupferkies. Im Innern 
einer andern Erzconcretion bemerkt man einen mit Kalkspath-Krystallen 
bekleideten Hohlraum. 


295 

beim Zerschlagen derselben glatte Höhlungen. Nicht gleich- 
mässig sind sie in der erzführenden Gangmasse vertheilt, bald 
dicht gedrängt, bald mehr vereinzelt, so dass aus der Grösse 
der erzführenden Räume noch nicht unmittelbar auf den Erz- 
reichthum geschlossen werden kann. Man zeigte mir in der 
Grube eine im erzführenden Mittel ausgehauene Kapelle, deren 
Raum durch eine fast reine Erzmasse erfüllt gewesen war. 
Das Hangende des eigentlichen Ganges ist im Allgemeinen erz- 
leer oder führt nur Spuren von Erz. Die erzführenden Räume 
werden ganz abgebaut, da die Serpentinmasse in der Nähe der 
grösseren und sichtbaren Erzsphäroide mit feinsten Metalltheil- 
chen imprägnirt ist, so dass sie nach dem Pochen und Waschen 
einen reichen Schlich geben. Zu diesem Zwecke richtete der 
Neffe des Directors, Herr WILHELM SCHNEIDER, vor etwa sechs 
Jahren vier Freiberger Stossheerde ein. Mit Hülfe derselben 
wurden aus einer alten Halde 7 Millionen Pfund Erz verwa- 
schen. Eine Dampfmaschine bewirkt die Förderung und setzt 
die Stossheerde in Bewegung. Um auch in der trockenen 
Jahreszeit das nöthige Wasser zu besitzen, sind in der kleinen 
Schlucht, welche von den Grubengebäuden zum Monte Massi 
hinaufzieht, drei übereinander liegende grosse Reservoirs ange- 
legt worden. } 

In den letzten Jahren ist die jährliche Ausbeute der Grube 
von Monte Cantini 1500 Tonnen oder 30 Tausend Centner 
Erze gewesen mit einem mittleren Kupfergehalt von 30 pCt. 
Die Verhüttung derselben geschieht in Prato. 

Nicht auf Monte Catini beschränkt ist das Vorkommen der 
Schwefelkupfer-Verbindungen als Sphäroide in Serpentingän- 
gen, vielmehr findet sich dieselbe Lagerung an mehreren an- 
deren Punkten des Serpentin-Gebirges, bei M. Oastelli nahe 
Pomarance*), Riparbella, Terriecio, Castellina marittima, am 


*) Herr Wırn. Sckxeiper, Direktor der Grube M. Castelli, hatte die 
Güte, mir einen Bericht über dieselbe zu senden, (d. d. M. Castelli 
30. Juni 1865) dem ich Folgendes entnehme: Der Bach Pavone zer- 
theilt in einer von jähen Felswänden eingeschlossenen Schlucht jenes 
Serpentingebiet (östlich von Pomarance), dessen zwei Gipfel die Rocca 
Sillana (mit den Trümmern einer Burg) und der M. Castelli (mit dem 
Dorfe gleichen Namens) sind. Die in Rede stehende Serpentinpartie ist 
gegen Süden umgeben von pliocäuen Schichten, gegen Norden von Mio- 
cän. Das Gebirge ist reich an Gängen, deren Ausfüllungsmasse theils 


; 296 

Monte Vaso (zwischen Livorno und Monte Catini gelegen), 
welche indess bei Weitem nicht die günstigen Resultate erzielt 
haben wie Monte Oatini. Aber auch diese letztere Grube, trotz 
ihrer ausserordentlich reichen Anbrüche (es wurden einst an 
‘einem Punkte 300 Cubikmeter Erz gefunden), leidet unter den 


ein zersetzter Serpentin, theils eine specksteinähnliche Masse oder ein 
Letten ist. Nicht selten fanden Bauern und Hirten lose Stücke von 
Kupfererzen und sogar gediegenes Kupfer. Im Besitze des H. Sloane . 
befindet sich ein hier gefundenes Stück gediegen Kupfer von 14 Kilo 
Gew. — Der Bau ging bisher auf zwei Gängen um. Der eine streicht 
von Norden nach Süden, ist mächtiger und ausdauernder, da er sich 
über 3 Kilometer verfolgen liess. Er streicht am schroffen westlichen 
Abhange des M. Castelli, und zeigte namentlich an einer etwa 20 Meter 
über dem Flusse liegenden Stelle viele Nester von Kupferkies. Das 
Ganggestein ist durch Gesteinsablösungen oft nur undeutlich von der 
Nebenmasse gesondert, und ähnelt sehr dem Gange von Mte. Catini. 
Wie hier, so finden sich auch zu M. Castelli in der Gangmasse zahlreiche 
Blöcke mit gerundeter (zuweilen geglätteter und polirter) Oberfläche; es, 
sind theils Stein-, theils Erzkugeln. Während zu M. Catini letztere über- 
wiegen, sind sie zu M. Castelli seltener, und die Steinkugeln sind die 
gewöhnlichen Vorkommnisse. Während aber unter den Erzkugeln M. 
Catini's Kupferkies und Buntkupfererz vorherrschen, findet sich zu M. 
Castelli auf diesem Gange fast nur Kupferglanz. Es wurde hier eine 
Kugel dieses Erzes im Gewichte von etwa 1500 Kilo gefunden. — Der 
zweite Gang streicht von Westen nach Osten, schneidet demnach den 
ersteren unter rechtem Winkel, seine Mächtigkeit übersteigt nicht 2 Me- 
ter; er ist deutlich gegen das Nebengestein (ein fester sehwärzlicher 
Serpentin) abgesetzt. Schon zu Tage führte er schönes Buntkupfererz, 
seltener Kupferglanz. Dieser Gang wurde mittelst eines vom Pavonethal 
gegen Osten getriebenen Stollens etwa 100 Meter verfolgt; hier zer- 
schlägt er sich in mehrere Trümer, bevor er jenen ersten Gang er- 
reicht. Der von Norden nach Süden streichende Gang wurde durch 
einen Schacht bis zu einer Teufe von 145 Meter unter der Thalsohle 
verfolgt. Die Gangmasse blieb beständig dieselbe: zersetzter Serpentin, 
Steatit und Letten mit vielen Steinblöcken, doch ohne Erzkugeln. In 
einer Teufe von 58 Meter wurde der Gang in einer Mächtigkeit von 
40 Meter durchquert. Zu M. Castelli wurden in den Jahren 1542 bis 
1855 27000 Kilo Kupferglanz und Buntkupfererz gefördert, doch da- 
durch noch nicht ein Viertel der Kosten gedeckt Auch seitdem haben . 
die Arbeiten den Erwartungen wenig entsprochen, und in ähnlicher Weise 
ist es mit andern Kupfererzlagerstätten Toscanas ergangen. Durch den 
Reichthum M. Catinis verlockt, haben sich viele Gesellschaften gebildet 
zur Ausbeutung der zahlreichen Kupfererziagerstätten im Serpentin, Gabbro 
und Melaphyr. Von diesen hat keine einzige die aufgewendeten Kosten 
gedeckt.. M. Catini ist in Bezug auf seinen Reichthum ein in Italien _ 
einzig dastehendes Phänomen. ae 


297 


Zufälligkeiten des Vorkommens.’ Auch. scheint zufolge den 
Mittheilungen des Herrn A. SCHNEIDER, welche sich auf die 
neuen Tiefbaue stützen, BuraT’s Ausspruch: que le minerai 
allait toujours en augmentamt de proportion 4 mesure que les tra- 
vaux se sont approfondis; les rognons devenant plus frequents 
et plus gros, les concentrations plus importantes, et la nature 
meme dw minerai devenant plus riche,*) sich nicht ganz zu be- 
wahrheiten. | 

Je räthselhafter die Kupfererz-Lagerstätte von Monte Oa- 
tini erscheinen mag, um so mehr fühlt man sich zu einem 
Erklärungsversuche derselben angereizt. MEneEGHINı (Rapporto 
sulla miniera di Rame di Bisano; vergl. Bull. soc. geol. France 
T, XIII. 2 Serie) Aussert sich über die Lagerstätte von Monte 
Catini und ähnliche in folgenden Worten: „Die Erz- und Ge- 
steinsmassen, welche diese Gänge erfüllen, haben eine mehr 
oder weniger gerundete Form, und eine glatte, polirte oder 
gestreifte Oberfläche, woraus man auf eine Reibung schliessen 
muss, welche sie auf ihrem vielleicht langen Wege. erlitten 
haben. In der That, jene Massen sind nichts Anderes als 
Bruchstücke von Gängen, welche in mehr oder weniger grosser 
Tiefe vorhanden waren, oder vielmehr sie sind Bruchstücke 
eines erzreichen Serpentins zertrummert und emporgeführt durch 
schlammige Ströme von hydroplutonischer Entstehung.“ 

Dieser Auffassung stellen sich indess erhebliche Bedenken 
entgegen. Zunächst erscheint keineswegs die ganze Ausful- 
lungsmasse des Ganges von Monte Catini als ein Conglomerat. 
Auch tragen die Erzsphäroide vielmehr das Aussehen von Con- 
exetionen als von Fragmenten einer ehemals zusammenhängen- 
den Erzgangmasse, indem sie zuweilen mehr oder weniger 
eoncentrisch die verschiedenen Kupfererze zu einem Sphäroid 
verbunden zeigen. 

Eine Erklärung der in Rede stehenden Lagerstätte muss 
offenbar auch die Entstehung des Serpentinganges umfassen, 
welcher als solcher aus bekannten Gründen nicht wohl pluto- 
nischer Entstehung sein kann. Vielleicht war dieser Serpentin- 
gang ursprünglich ein wasserfreies Magnesiasilikat, Olivin, und 
enthielt die Kupfer-Verbindungen in kleinsten Theilchen einge- 
mengt. Bei der Umänderung in Serpentin mussten Störungen 


*) Am. Burar, Geologie appliquee, 4 Ed. DENE 


298 


in der Lagerung der Masse, Reibungen und Zerstörungen statt- 
. finden; und bei diesem allmälig fortschreitenden Processe könn- 
ten sich die Erztheilchen zu grösseren Sphäroiden verbunden 
haben. | 


Die Salinen von Volterra. 


Die am südwestlichen Fusse des volterranischen Berges, 
auf der rechten Seite der Cecina befindlichen Soolbrunnen 
liefern seit mehr als 800 Jahren den grösseren Theil des Salz- 
bedarfs für Toscana. Die Steinsalzmassen, welche jenen, Brun- 
nen ihren Salzgehalt liefern, scheinen die einzigen bekannten, 
wenigstens benutzten im festländischen Italien zu sein, und es 
möchte deshalb eine Schilderung der Lagerung jener Massen 
nicht ganz ohne Interesse sein. 

Zufolge Tareıont geht die früheste Erwähnung der Salinen 
(le moje, corrumpirt aus Muria) zurück bis zum Jahre 1015. 
Im Alterthume scheinen diese.Soolbrunnen noch nicht benutzt 
worden zu sein, da nur der Seesalz-Gewinnung an der Cecina- 
Mündung (bei Vada) Erwähnung geschieht. Die Auffindung . 
des Steinsalzes geschah 1716, ‘als man zum Zwecke eines 
reichlicheren Wasserzuflusses den Brunnen S. Giovanni ver- 
tiefte. Als 1529 eine allgemeine Vertiefung der Brunnen vor- 
genommen wurde, fand man an mehreren Stellen in mässiger 
Tiefe (20 bis 30 Meter) Steinsalzbänke, Es folgte die Aus- 
führung eines Bohrlochs 146,7 Meter tief, unmittelbar vor dem 
Sudhause, wodurch nicht nur ein, sondern fünf Steinsalzlager, 
davon eines 12,5 Meter mächtig, nachgewiesen wurden. Da- 
durch schien sich die Möglichkeit einer bergbaulichen Gewin- 
nung des Salzes für Toscana darzubieten. Noch günstiger 
schienen sich die Verhältnisse zu gestalten, als im Jahre 1851 
durch den neuen Brunnen 8. Giovanni in 15 Meter Tiefe ein 
reines Steinsalzlager von 11,7 Meter Mächtigkeit gefunden 
wurde, welches sich gegen einen benachbarten Hugelzug in 
der Weise erhob, dass es in demselben aller Wahrscheinlich- 
keit zufolge über dem Spiegel der Ceeina liegen, und demge- 
mäss in leichter Weise die Gewinnung möglich sein musste, 

Bei dieser Sachlage wurde PaoLo Savı von der Regierung 
(1852) mit einer genauen Erforschung des volterranischen Sa- 
linengebiets betraut, von deren Ergebniss es abhängen sollte, 
ob auch ferner wie bisher die Salzindustrie fortzusetzen oder 


299 


ob eine bergmännische Gewinnung an deren Stelle zu beginnen 
sei. Das Resultat der Untersuchung, welche sich auf zahlreiche 
in- den Jahren 1852 bis 1857 ausgeführten Bohrungen stützte, 
war, dass ein Steinsalzbergbau hier nicht statthaft sei, und man 
sich nach wie vor auf das Versieden der Soole zu beschränken 
habe. Trotz dieses in Bezug auf die Hauptfrag® negativen 
Resultats waren die Bohrungsergebnisse doch in so hohem 
Grade interessant, dass P. Savı sein der Regierung überreich- 
tes Gutachten verändert und. erweitert veröffentlichte. Diese 
Schrift des um die Wissenschaft und um Toscana hochverdien- 
ten Mannes (Sopra i depositi di’sal gemma e sulle acque salifere 
del Volterrano, Pisa 1862) liegt vorzugsweise der folgenden 
Darstellung zu Grunde. 

Das in Rede stehende Gebiet der Soolquellen bildet einen 
Theil des Cecinathals und reicht von den Nebenbächen Possera 
und i Fosei im Osten bis zu den Bächen Trossa und Cortolla 
im Westen (vereinzelte Soolquellen liegen noch etwas weiter 
gegen Westen, namentlich nahe dem Flecken Querceto) und 
gehört der Miocänformation an. Die eigentlichen Soolbrunnen 


‚befinden sich auf der rechten Seite der Cecina, in der Schlucht 


des Salzbachs (Bottro delle Moje), von der Cecina geschieden 
durch den Hügelrucken S. Giovanni. Die jene Schlucht um- 
schliessenden Erhebungen, welche gleichsam den südlichen Fuss 
des volterranischen Berges bilden, bestehen aus Mergel und 
Gyps-Thon, in welchen eingeschaltet sind einzelne Schichten 
von Grünstein-Geschieben, von Quarzsand, sowie viele theils 
gerundete, theils plattenförmige Massen von Gyps. Diese Thon- 


- bildung, welche, wie es die sparsamen Versteinerungen bewei- 


sen, der miocänen Formation angehört, ähnelt dem überlagern- 
den pliocäanen Thone des Berges von Volterra nicht nur in 
hohem Grade, sondern geht auch an verschiedenen Orten so 
allmälig in denselben über, dass man eine bestimmte Grenze 
zwischen beiden Bildungen nicht ziehen kann. Das Streichen 
der Schichten ist von Südosten nach Nordwesten und das Fallen 
etwa 20 Grad gegen Nordosten, sodass die das Sudhaus um- 
gebenden Höhen einen sanfteren nordöstlichen (mit der Schicht- 
fläche übereinstimmenden) Abhang und einen steileren gegen 
Südwesten gerichteten zeigen. Eine noch undeutlichere Schich- 
tung als der obere zeigt der untere Theil der mächtigen mio- 
eänen Thonbildung, in welchem Gypsmergel und Gyps beson- 


300° 


ders hervortreten. Diese Gypsmassen bilden bald unregelmässige 
Bänke, bald gerundete Massen, welche letztere theils einzeln 
theils mit einander verbunden in wellenförmigen Ebenen ge- 
ordnet sind. Die Unterseite derselben ist meist ziemlich eben, 
die Oberseite gewölbt. Der Gyps ist theils fasrig, theils grob- 
oder feinkörnig oder dicht, von verschiedenen Farben; es sind 
die berühmten „bunten Alabaster von Volterra.* Von weisser, 
grauer, gelber, schwarzer Farbe mit fleckiger, wolkiger, strei- 
figer Zeichnung liefern diese Steine noch immer das Material 
zu der mehr als zweitausendjährigen 'Alabaster-Industrie Vol- 
terras. Nur der schneeweisse statuarische Alabaster findet sich 
nicht in der unmittelbaren Nähe dieser Stadt, sondern + Stunde 
westlich von Castellina marittima zwischen den Bächen Pescerä 
und Marmolajo.*) 5 

Zu der trostlos öden Umgebung der Saline —- graue 
nackte Thonhugel —, gesellt sich während der Hälfte des 
Jahres die Fieberluft, sodass während der Monate Juli bis 
October nur die nothwendigsten Arbeiten vorgenommen werden 
konnen. Auch die Bohrarbeiten, welche Savı in den Jahren 
1852 bis 1857 ausführen liess, mussten stets während jener, 
gefährlichen Monate unterbrochen werden. 

Als Hauptresultat der zahlreichen Bohrungen stellte sich 
heraus, dass das Steinsalz keineswegs zusammenhängende 
Schichten bilde, :sondern vielmehr mehr oder weniger ausge- 
dehnte linsenförmige Massen, weshalb eine Aussicht auf loh- 
nende bergmännische Gewinnung sich nicht eröffnete. 


*) In den Alabaster-Brüchen von Castellina marittima beobachtet 
man von oben nach unten folgende Lagerung: 1) bituminöser, gyps- 
führender Thonmergel 2 Meter mächtig, 2) eine zweite Bank von grauem 
Mergel, erfüllt mit Gypskrystallen, von gleicher Mächtigkeit, 3) eine 
Lage von Stinkmergel, nahe gleich mächtig, 4) eine 4 Meter mächtige 
Schicht von grauem Mergel, Gypskrystalle einschliessend. Inmitten dieser 
letzteren Schicht liegen gerundete 4 bis 1 Meter grosse Massen eines 
Gyps von feinstem Korne, tadellosester Reinheit und grosser Durchschei- 
nenheit, dies ist der wahre Alabaster, der zu den bekannten kleinen 
Statuen (Uhren u. s w.) verarbeitet, nicht nur über ganz Europa, son- 
dern auch in anderen Welttheilen Verbreitung gefunden hat. Fast ganz 
Volterra lebt von der auf die bunten undıden statuarischen Alabaster 
gegründeten Kunstindustrie. — Auch die Lagerstätte von Castellina ge- 
hört nach den von Professor Menesuinı gefundenen Versteinerungen dem 
Miocän an (s. Statistica della provincia de Pisa, 1803). 


sul 


Das erste der neuen Bohrlöcher ward angesetzt nur etwa 
60 Meter südwestlich von jenem neuen Brunnen S. Giovanni, 
‚welcher in nur 15,2 Meter Tiefe ein 11,7 Meter mächtiges 
Steinsalzlager aufgeschlossen hatte. Das Bohrloch lag unmittel- 
bar am Fusse des oben erwähnten Hügelzuges (welcher den 
Salzbach von der Cecina scheidet), und musste, da jenes Stein- 
salzlager sich gegen Südwesten emporhob, in einer noch ge- 
ringeren Tiefe das Salz erreichen, vorausgesetzt, dass dasselbe 
überhaupt ein zusammenhängendes Lager bildete. Man fand 
indess bis zu einer Tiefe von 27 Meter nur verhärtete gyps- 
führende Thone und keine Spur von Steinsalz. 

Ein zweites Bohrloch wurde 400 Meter vom ersten gegen 
Nordwesten entfernt auf der rechten Seite des Salzbachs an- 
gesetzt und bis zu einer Tiefe von 65 Meter niedergebracht. 
Es wurden durchsunken bis zu 37,7 Meter Tiefe Bänke von 
Thon und Gyps, dann Steinsalz in einer Mächtigkeit von 3,2 
Meter. durch dunne Thonlagen in drei Bänke getheilt. Es folg- 
ten 7,7 Meter Gyps und Mergel, dann ein mächtiges, nicht 
durchsunkenes Lager von bituminösem, grauschwarzem Thone. 

Ohne Erfolg erwiesen sich zwei Bohrversuche, von denen 
der eine 1100 Meter westlich, der andere 700 Meter östlich 
vom Sudhause stattfand. Bis zu Tiefen von 34 resp. 45 Meter 
bestand der Boden lediglich aus gypsfüuhrenden Thonmergeln, 

Die mächtigste Steinsalzbildung fand sich in dem 64 Meter 
tiefen Bohrloche S. Maria, welches 2 Kilometer gegen Osten 
vom Sudhause am linken Ufer des Salzbachs angelegt wurde. 
Es wurden damit durchsunken: 29 Meter gypsführender Thon, 
dann ein 0,7 Meter mächtiges Steinsalzlager, dann wieder 
Gypsthon 5,6 Meter; endlich eine 17,4 Meter mächtige, fast 
vollkommen reine Salzmasse unterteuft von Thon. 

Auch an der Südseite des Hügels, nahe am Bette der Ce- 
cina wurde gebohrt, zur Seite des Soolbrunnens S. Lorenzo; 
bis zu einer Tiefe von 5l Meter. In 30 Meter Tiefe fand sich 
ein 8 Meter mächtiges Steinsalzlager. 

Die hier aufgeführten, sowie andere Bohrungen ergaben 
sammtlich, wenn sie bis zu gehöriger Tiefe niedergebracht 
wurden, das Resultat, dass der durchsunkene Boden wesentlich 
aus folgenden zwei Etagen besteht (abgesehen von einer we- 
nige Meter mächtigen Schutt- und Geröllschicht): 


oben, thonige Mergel oder mehr oder weniger verhärte- 
Zeits.d.d.geol. Ges. XVII. z. 20 


302 


ter Thon, vielfach welchselnd mit Bänken von Gyps und (in 
der untern Hälfte) auch. mit Steinsalzmassen; 

unten, eine Bildung von grauschwarzem, bituminösem, 
gleichartigem Thone, ohne eingeschaltete Bänke von Gyps oder 
Steinsalz, von unbekannter Mächtigkeit. 

Das Auftreten des Steinsalzes zeigte sich demnach gebun- 
den an die thonigen Mergel und zwar an deren untere Ab- 
theilung; niemals wurde Salz gefunden in dem grauschwarzen 
bituminösen Thone. 

Durch ein genaues Studium der durch die verschißächen 
Soolbrunnen und die zahlreichen Bohrlöcher erhaltenen Profile, 
unter Berücksichtigung der relativen Höhe der Ansatzpunkte 
zu einander, kam SAavı zu dem Ergebnisse, dass zwar im All- 
gemeinen die Schichten’ des durchbohrten Terrains (in gleicher 
Weise wie die die umliegenden Hügel constituirenden Straten) 
mit etwa 20 Grad gegen Nordosten einfallen, — dass indess 
die zuerst durchsunkene Bildung (thonige Mergel und verhär- 
teter Thon mit Gyps- und Steinsalzmassen) niemals regel- 
mässige, fortsetzende Schichten bildet, sondern vielmehr unter- 
brochene Massen von vorzugsweise linsenförmiger Gestalt, be- 
schränkter Ausdehnung und sehr verschiedener Mächtigkeit. 

Diese Beschaffenheit der Steinsalzmassen macht es begreif- 
licher Weise unthunlich, einen Bergbau darauf zu gründen, 
Denn weder besitzen dieselben eine genügende Ausdehnung, 
noch ist das erbohrte Salz im Allgemeinen von der Reinheit, 
dass man dasselbe zu häuslichen Zwecken unmittelbar verwen- 
den könnte. Man wird demnach bei der seit einer langen 
Reihe von Jahrhunderten eingeführten Weise der Salzgewinnung 
stehen bleiben. Zu diesem Zwecke dienen jetzt etwa zehn Brun- 
nen, welche sammtlich oberhalb des Sudhauses und im Thale 
des Salzbachs gelegen sind. Jeder Brunnen besitzt eine Schöpf- . 
Vorrichtung, welche die Soole hebt. Eine Röhrenleitung führt 
dann die Salzlösungen, welche fast gesättigt sind, ins Sud- 
haus, in welchem vier grosse bleierne Siedepfannen das Ab- 
dampfen bewirken. Die Salz-Produktion dieses dem Staate 
gehörigen Werkes ist sehr bedeutend, nämlich acht Millionen 
Kilo im letzten Jahre. Die Feuerung geschieht durch Holz, 
und zwar bedarf man zur Produktion des Salzes ein gleiches 
Gewicht Holz. | 

Nicht beständig können dieselben Brunnen zur Se 


303 


duktion dienen; man ist von Zeit zu Zeit genöthigt, neue zu 
graben, indem die älteren nach mehr oder weniger langem 
Gebrauche nicht mehr hinreichend concentrirte Soole liefern. 
Gegen einen erheblichen Uebelstand hat die Saline zu kämpfen, 
Mangel an Wasser um die Brunnen zu speisen. Das Bedürf- 
niss nach Wasser war die Veranlassung zur Anlage des bereits 
oben erwähnten tiefen Bohrlochs im Hofe des Sudhauses. 
Man erhielt indess durch dasselbe kein Wasser. Um dasselbe 
auch in der trockenen Jahreszeit in hinreichender Menge zu 
gewinnen, schlägt Savı vor, Wasser aus der Cecina in das 
Thal des Salzbachs zu leiten. Da indess die Brunnen in einem 
höheren Niveau liegen, als der zunächst liegende Theil der 
Cecina, so würde es nöthig sein, das Wasser derselben schon 
eine erhebliche Strecke aufwärts abzuzweigen, dann mittelst 
eines Stollens durch den Hügelzug S. Giovanni zu leiten, wel- 
cher das Salzthal von der Oecina scheidet, ein Unternehmen, 
vor dessen Kosten die Regierung bisher noch zurückschreckte. 


Die Lagoni von Monte Cerboli 


sind nur 3 Wegestunden gegen Südosten von den Salinen ent- 
fernt. Die Strasse läuft zunächst über den Hügel S. Giovanni, 
dann längs der Cecina, welche sie mittelst einer Kettenbrücke 
überschreitet, um dann in einem weiten Bogen emporsteigend 
den Flecken Pomarance (1194 Fuss hoch) zu erreichen. Die 
Gehänge, welche das Cecina-Thal einschliessen, bestehen aus 
denselben Schiehten, welche wir im Salzthale kennen gelernt 
haben. Zahlreiche Bänke von Gyps treten hervor. Doch die 
Höhe des Berges, auf welcher Pomarance steht, wird durch 
eine Muschelbrececie von gelber Farbe gebildet, welche zwar der 
Panchina von Volterra sehr ähnlich ist, nichtsdestoweniger aber 
dem Miocän angehört. Das einem Kalktuffe ähnliche Gestein 
hat eine weite Verbreitung und so weit reicht auch die frucht- 
bare Umgebung von Pomarance, welche diesen Flecken zum 
wohihabendsten des volterranischen Gebiets gemacht hat. Ge- 
gen Nordosten auf dem rechten Ufer der Ceeina liegen auf 
waldiger Höhe die Ruinen des ummauerten Fleckens Berignone, 
woselbst im 12. und 13. Jahrhundert die Bischöfe von Volterra 
aus dem Silber ihres Bergwerks von Montieri Münzen prägen 
liessen. Eine halbe Stunde gegen Westen von Pomarance, am 
Abhange gegen die Trossa, liegen die früher wichtigen, jetzt 


20 * 


304 


verlassenen Schwefelgruben von Fonte ai bagni. Zu Tuarcıo- 
xt’s Zeit waren fünfzig in Betrieb. „In einer Tiefe von 7 bis 
8 Ellen lagert zwischen mächtigen Alabaster- Schichten ein 
aschfarbiger harter Thon, welcher in Stucke zerschlagen, der 
Sublimation unterworfen wurde.“ Während diese Schwefelge- 
winnung zum Erliegen gekommen ist, wird aus mehreren be- 
nachbarten Salfataren (bei Libbiano und Miceiano auf der lin- 
ken Seite der Trossa) noch immer zeitweise Schwefel gewon- 
nen. Nach Tarcıonr's Bericht sind es kalte, Schwefelwasserstoff- 
und Kohlensäure-haltige, wallende Quellen, welche zwischen 
vielen Steingeschieben herverbrechend, diese mit einer Schwefel- 
kruste überziehen. Wenn die Krusten eine Dicke von + bis 
l Zoll erreicht haben, wozu ein zehnjähriger Zeitraum er- 
forderlich, werden sie abgebrochen und zusammengeschmolzen. 
So gewinnt man hier alle 10 Jahre eine Schwefelerndte, 

Von Pomarance läuft der Weg in vielen Windungen der 
Wasserscheide zwischen der Trossa und Possera folgend, an 
den Serpentin-Kuppen von S. Michele und von Monte Cerboli 
vorbei und senkt sich dann ins Thal der Possera hinab, an 
deren rechtem östlichen Gehänge die Lagoni liegen. S. Michele 
besitzt eine warme Quelle, welche früher als Bad viel benutzt 
wurde. Die Serpentinkuppe von M. Cerboli nöthigt die Strasse, 
hoch emporzusteigen. Auf einem isolirt aus dem Posserathale 
aufsteigenden Felsen liegt die Kirche und das Kastell von 
Cerboli. Hier wurde in dem Schillerspath-führenden Serpentin 
in früherer Zeit Kupfer gegraben. Von hier erblickt man nun 
in grosser Nähe die umfangreichen Gebäulichkeiten des Fabrik- 
orts Larderello hinter denen auf dem terrassenformig anstei- 
genden Abhange die in dichte weisse Dämpfe gehüllten Lagoni 
sich befinden. Diese Lagoni bilden bekanntlich die nördlichste 
der fünf Gruppen von Borsäure-Exhalationen, welche unserem 
Gebiete ein so hohes Interesse verleihen (Monte Rotondo be- 
sitzt, in unmittelbarer Nähe gegen Norden gelegen, Lagoni, 
und eine kleine Stunde gegen Westen den warmen Borsäure- 
haltigen Lago zulfureo; Lustignano, die Lagoni rossi, eine 
halbe Stunde gegen Sudsüdwesten auf dem rechten Ufer der 
Cornia; Serrazzano; Sasso und Larderello oder Monte Cerboli). 
Ueber den früheren Zustand der Lagoni von Monte Cerboli, 
der bedeutendsten von allen, sei mir gestattet, aus dem Werke 
Tareıoxt’s einige Thatsachen zusammenzustellen. TArGıont ist 


305 


der Ansicht, dass diese Lagoni neuerer Entstehung seien. Der 
Chronist Ucorıno da Monte Catini nämlich, welcher sehr aus- 
führlich die Lagoni von Castelnuovo beschreibt, erwähnt der- 
jenigen von Monte Cerboli mit keinem Worte, und doch hätte 
er:sie, wenn sie damals vorhanden gewesen, kennen mussen, 
da er sich längere Zeit in dem ‚unmittelbar anliegenden Bagno 
a morbo aufhielt. In einer alten, der Bibliotheca Gadiana an- 
gehörigen Handschrift findet sich folgende bemerkenswerthe 
Stelle: „Bei dem Orte Veliene, nahe der Stadt Volterra, stürzte 
im Jahre 1320 bei einem Erdbeben eine grosse Masse Erde 
herab: bald brach eine gewaltige Hitze hervor, endlich wurde 
Wasser mehr als 40 Ellen hoch hervorgestossen mit solcher 
Gewalt, dass während zweier Tage auch Steine fortgeschleudert 
wurden. ‚, Die Umwoehnenden flohen. Auch warf jene unter- 
irdische Blähung einen rothen Staub aus, welcher viele Miglien 
entfernt niederfallend, zu dem Glauben veranlasste, es regne 
Erde.* Wenngleich der Autor in einigen hier unterdruckten 
Stellen sich arger Uebertreibung schuldig macht und es auch 
Targıonı nicht gelang, den Ort Veliene zu ermitteln, so wird 
uns nichts destoweniger ein in der Nähe von Volterra einge- 
tretenes Naturereigniss mit so bezeichnenden Zügen geschildert, 
dass wir dasselbe mit grosser Wahrscheinlichkeit auf das Her- 
vorbrechen eines Lagone beziehen können. Wie bedeutende 
Veränderungen die in Rede stehenden Lagoni erfahren haben 
und wie sie sich fortwährend verändern, geht deutlich aus 
Tarcıonr’s Beschreibung hervor. „Die Lagoni beginnen fast 
am Ufer der Possera und erstrecken sich aufwärts uber einen 
grossen Theil des Bergabhangs. Sie sind sehr zahlreich und 
verursachen einen bedeutenden Lärm gleich dem von hundert 
Walkmühlen. Der Lärm ist stärker vor dem Regen. Die La- 
goni sind runde Löcher mit steilen Rändern und einem Durch- 
messer zwischen 8 und 60 Ellen. Die Tiefe ist verschieden 
bis zu 15 Ellen. Am Grunde fast aller dieser Löcher war an 
jenem Tage grauschwarzes Wasser, welches uber alle Beschrei- 
bung wallte und siedete. Einer unter den Lagoni war beson- 
ders merkwürdig: kreisförmig, umfangreich, mit einer runden 
Insel in der Mitte. In diesem See kochte das Wasser ge- 
waltis und warf Wellen. An sieben oder acht Punkten (denen 
wohl die Hauptöffnungen entsprachen) sah man das Wasser 
3 Ellen hoch emporsteigen.* Als Tarcıonı 20 Jahre nach 


. 


306 


vorstehender Beobachtung die zweite Ausgabe seiner Reisen 
herausgab, war dieser grösste und schönste Lagone gänzlich 
erloschen. „Einer der Lagoni zeigte kein Wasser an seinem 
Grunde, sondern nur schwärzlichgrauen Schlamm, welcher 
gleichfalls in kochender Bewegung war. Am Grunde eines 
anderen fährt ein Wind heraus wie von hundert Blasebälgen ; 
hier soll man an sehr heissen Tagen, wie mir erzählt wurde, 
bei Nacht eine Feuersgluth wahrnehmen [?]. Das Wasser in 
den Lagoni hält sich in demselben Niveau; nur nach heftigem 
Regen tritt es aus und fliesst in die Possera, woselbst es auf 
eine weite Strecke die Fische tödtet. Die Lagoni von Monte 
Cerboli schreiten fort am Bergabhang hinauf, indem sich stets 
neue öffnen.“ 

Im Jahre 1778 veröffentlichte Hus. Franz Horrer*) (geb. 
zu Köln), Direktor der grossherzoglichen Apotheke zu Florenz, 
die von ihm gemachte Auffindung der Borsäure in den Lagoni: 
Memoria sopra il sale sedativo naturale della Toscana, e del 
Borace che con quello si compone, Firenze. 

Diese Untersuchung wurde fortgesetzt durch PaoLo Mas- 
CAGNI, Professor der Anatomie zu Siena: Sopra ü sale sedativo 
d’Hombergio ossia acido boracico che si trova ai lagoni del Vol- 
terrano e del Senese, e sopra diversi borati che pur wi si trovano 
(Mem. Soc. It. VIII. 1799). 

Die ersten erfolgreichen Versuche, die geringen im Wasser 
der Lagoni enthaltenen Mengen von Borsäure zu gewinnen, 
geschahen 1818 durch ps LARDEREL, zunächst zu Monte Cer- 
boli (welche Anlage später den Namen Larderello erhielt), 
dann noch an neun andern Punkten. Während des ersten Jahr- 
zehnts betrug die mittlere Jahresproduktion an Borsäure nur 
50000 Kilo, man arbeitete fast ohne Gewinn wegen der be- 
deutenden Consumtion von Brenhmaterial. Erst 1828 verfiel 
man auf den Gedanken die Wärme der Lagoni selbst zum Con- 
centriren der Lösungen zu verwenden. Dadurch nahm die Fa- 
brikation einen früher ungeahnten Aufschwung, sodass sie sich 
in dem zweiten Jahrzehnt 1829 bis 1838 fast verzehnfachte. 
Die in den verschiedenen LArDEREL’schen Etablissements im 


N 


*) De Larperer nennt in seiner Notice sur la production de l’acide 
boracique en Toscane, Comptes rendus T. XXIII. p. 351 (1846), den Ent- 
decker der Borsäure in den Lagoni PETER Hörer, was wohl iırig. 


307 


Jahre 1846 produeirte Borsäure betrug bereits 1 Million Kilo 
und soll im Jahre 1864 auf 2 Millionen Kilo gestiegen sein. 

Die erste genaue Untersuchung der durch die Exhalationen 
ausgehauchten und den Lagoni mitgetheilten Stoffe führte 1841, 
indem er sich nicht geringer persönlicher Gefahr aussetzte, 
Payen®) aus. Es wurden durch ihn die aus einem trockenen 
Lagone ausströmenden Gase gesammelt und der Hauptsache 
nach als Kohlensäure und Stickstoff nebst Sauerstoff und einer 
geringen Menge von Schwefelsäure bestimmt. So wichtig diese 
Untersuchung PaıyEn’s auch war, so liess sie doch über das 
Vorhandensein der Borsäure in den Dämpfen einen Zweifel 
bestehen. Es gelang PayEn nicht, sie unter den ausstromenden 
Gasen nachzuweisen und er glaubte: „dass die Erzeugung oder 
wenigstens die Herauffuhrung der Borsäure an die Erdober- 
fläche durch das Hineindringen des Wassers in die Suffioni- 
Kanäle bedingt würde.“ 

DE LARDEREL**) breitet ein fast mystisches Dunkel über diese 
Frage: ‚das Wasser, welches durch Condensation der Dampf- 
strahlen der Suffioni entsteht, liefert nach der Verflüchtigung 
nicht eine Spur von Borsäure.. Man mag die Dämpfe in jeder 
möglichen Weise behandeln, man erhält keine Borsäure, wenn 
nicht Wasser in den Kanal des Gasstroms geleitet wird u. s. w.““ 
Dies Dunkel wurde durch Professor C. Schumwr ***) aus Dorpat 
aufgehelli. Die Untersuchung eines wenige Schritte vom Haupt- 
gebäude der Fabrik hervorbrechenden technisch unbenutzten 
Dampfstrahls lieferte namlich das Resultat, dass die unmittelbar 
ohne Wasserzutritt verdichteten Fumarolen-Dämpfe präformirte 
Borsäure neben Kohlensäure und Ammoniak in bedeutender, 
Schwefelwasserstoff in geringerer Menge enthalten. Auf einen 
„merkwürdigen Umstand macht PayEs aufmerksam, dass näm- 
lich die Unreinheit der Säure von Jahr zu Jahr wächst, indem 
die ersten Produkte 90 bis 92 pCt. reiner krystallisirter Säure 
B-+3H) enthalten, die gegenwärtigen nur 75 bis 82 pCt. 
„Vielleicht rührt dies von einer fortschreitenden Veränderung 
des durch die Dampfstromung zerrütteten Bodens her.‘‘ Das 


*) Ann. chim. phys. [3] I. 247 — 255 (1841); Daraus PossEnDoRFF 
Ann. Phys. u. Chem. Bd. 57, S. 601. 
=“) Comptes rendus T. XXIII. p. 351. 
***, Ann. d. Chemie und Pharm. Bd. 98, S. 273—28S6. 


308 


ganze die Lagoni zunächst umgebende Terrain ‚‚ist durch und 
durch zerfressen, von Sublimationen und Inkrustationen gebildet, 
hier schöne Schwefelkrystalle in lockeren Drusen, dort schnee- 
weisses schwefelsaures Ammoniak als Sublimation, hier bor- 
saurer Kalk (Larderellit), dort borsaure Talkerde und Eisen- 
oxyd;‘“ (C. Schupr a. a. O.). Wo die -Lagoni- Dämpfe mit 
den sie umgebenden Kalkschichten des Eocäns in Berührung 
kommen, werden diese in Gyps umgeändert. An den Gebäu- 
lichkeiten des Fabrikorts Larderello, woselbst inmitten einer 
Einöde sich eine so rege industrielle Thätigkeit entwickelt, er- 
kennt man, dass sie auf einem unterwühlten, beweglichen Bo- 
den sich erheben. Allenthalben entstehen Risse; das Gewölbe 
der Kirche musste innerhalb kurzer Zeit zweimal hergestellt 
werden. Dichte Dampfwolken hüllen beständig das Gebiet der 
Lagoni ein und erschweren es, einen Ueberblick über dieselben 
zu gewinnen. Die Luft zu Larderello, reichlich mit Schwefel- 
wasserstoff geschwängert (das dort kursirende Silbergeld ist 
schwarz), scheint trotzdem nicht ungesund zu sein. Dies be- 
zeugt von dem benachbarten Castelnuovo bereits TARGIoNI: 
„Die Luft von Castelnuovo ist die beste in der Maremme; ja 
es soll zur Zeit der schrecklichen Pest des 17. Jahrhunderts, 
welche die umliegenden Gegenden entvölkerte, an der Krank- 
heit hier Niemand gestorben sein. Den Grund davon schrei- 
ben die Bewohner (doppo la grazia speciale del Signore Iddio) 
den schwefeligen Exhalationen der Lagoni zu, welche die Luft 
rein erhalten.‘ | 

Der gegenwärtige Zustand der Lagoni, sowie die auf die- 
selben gegründete Borsäure - Industrie, eine der grossartigsten 
und einfachsten zugleich, kann aus vielfach wiederholten Schil- 
derungen als bekannt vorausgesetzt werden. Es geht bei dem , 
jetzigen Verfahren noch immer eine gewiss sehr grosse Menge 
von Borsäure durch Verflüchtigung mit den Wasserdämpfen 
verloren.: In dieser Weise erklärt sich die Angabe pe Lar- 
DERELS, „dass das Lagonen-Wasser bei einem Gehalte von 
1 bis 15 pCt. Borsäure gesättigt sei und nur selten 2 pCt. er- 
reiche; und die Lagoni alle 24 Stunden entleert werden, indem 
. (wie wiederholte Versuche bewiesen haben) auch bei längerem 
Verbleiben des Wassers in den Bassins der Gehalt an Bor- 
säure nicht steigt.‘ | 


309 


Da das Wasser bei 50 Grad C. 8,5 pCt. Borsäure (B-1 3H) 
5, 1705» » 
100 ” 25,2 „ ) 
lösen kann und die Dämpfe stets neue Borsäure in die Lagoni 
einführen, so muss offenbar durch Verdampfung ein sehr be- 
deutender Verlust stattfinden. Diesem vorzubeugen hat man 
einzelne der Lagoni mit einem schliessenden Dache bedeckt. 

Auch ist man jetzt bestrebt durch Bohrungen eine grössere 
Menge von Wasser und vielleicht mit höherem Borsäure-Gehalt 
zu erlangen. Mit vielem Erfolge gekrönt waren die Bohrungen 
am Borsäure-haltigen, 30 Grad C. warmen Lago zulfureo un- 
fen Monte Rotondo. Es wurden dadurch die Ausströmungen 
vermehrt und ihr Borsäure-Gehalt angereichert. Der neue 
70 Meter tiefe artesische Brunnen zu Monte Cerboli liefert sie- 
dendes Wasser, dessen Borsäure-Gehalt indess auch nur 1 pCt. 
beträgt. Leider konnte ich, da der Direktor des Etablissements 
abwesend war, über die Beschaffenheit der durchbohrten Schich- 
ten nichts erfahren. 

„Der Ursprung der Borsäure‘‘, sagt DE LARDEREL, „‚ist ein 
Geheimniss; mehr oder weniger sinnreiche Hypothesen lassen 
sich zwar in dieser Hinsicht ausdenken, aber keine kann 
ausser Zweifel gestellt werden.‘ Nichtsdestoweniger lässt sich 
das Unwahrscheinliche von dem Wahrscheinlichen sondern. 

Schwefelbor oder Borsäure als Quelle für den Rorsäure-Gehalt 
“der Lagoni-Dämpfe anzunehmen, möchte sich wohl nicht em- 
pfehlen. Das so häufige Auftreten Borsäure-haltiger Mineralien 
(des Datoliths und des Axinits) im Hypersthenfels, Gabbro und 
Serpentin, sowie der nachgewiesene geringe Gehalt an Borsäure 
in den toskanischen Grünsteinen könnte wohl die Ansicht zu 
unterstützen scheinen, dass Wasserdämpfe durch Grünsteine 
streichend, von diesen ihren Borsäure-Gehalt entnähmen. Zwei 
Bedenken erheben sich indess gegen diese Ansicht: zunächst 
bricht keine der zahlreichen Borsäure-Exhalationen aus Grün- 
stein hervor oder in unmittelbarer Nähe desselben. Die La- 
goni von Sasso sind etwas über eine deutsche Meile von der 
nächsten Grünsteinkuppe entfernt. Dann würde, wenn die 
obige Ansicht das Richtige träfe für die Ammoniak-Verbindun- 


*) s. Handwörterbuch d. reinen und angewandten Chemie von Liege, 
Po6GenporFF und WöRLer, II. Aufl. 


310 


gen und den Schwefelwasserstoff der Lagoni eine andere Quelle 
zu suchen sein, es würde das Zusammenvorkommen dieser 
Verbindungen mit der Borsäure nur ein zufälliges sein. Des- 
halb möchte es gerechtfertigt sein, die Quelle aller durch diese 
Exhalationen an die Oberfläche geführter Verbindungen in den 
sedimentären Schichten (Eocän), aus denen sie emporsteigen, 
zu suchen. Durch die Annahme, dass eine Ablagerung von 
Borazit oder von Stassfurtit in jenen Eocän-Schichten sich 
befinde und heisse Wasserdämpfe auf jene einwirken, wurde 
sich die Gegenwart der Borsäure neben Schwefelwasserstoff, 
schwefelsaurem Ammoniak u. s. w. in den Exhalationen wohl 
erklären lassen. - 


‚311 


3, Die losen Versteinerungen im Diluvium von Tempel- 
hof bei Berlin. 


Von Herrn A. Kunta ın Beriın. 
Hierzu Tafel VII, 


Nachdem F. Rosumer in seiner Arbeit über die Diluvial- 
Geschiebe (diese Zeitschrift 1862 S. 575 ff.) für die verschie- 
denen Sedimentär-Gesteine, die sich im norddeutschen Diluvium 
finden, das Alter und meist auch die Herkunft bestimmt hat, 
werden speciellere Nachweisungen von Interesse; denn einer- 
seits liefern dahin gehörige Aufzählungen und Beschreibungen 
von Petrefakten Beiträge zur Kenntniss von (Gebirgsschichten, 
die während der Diluvialzeit verschwunden sind und die man 
also ledielich aus dem Diluvium kennen lernen kann, anderer- 
seits erlaubt der Zustand der Petrefakten im Diluvium oft eine 
weit genauere Untersuchung der Organisation der fossilen Reste 
und endlich wird es nur durch eine hinreichende Menge von 
Lokalbeschreibungen gelingen, genauere Kenntnisse uber die 
Natur des Diluvialmeeres und über die Ausdehnung der ver- 
schiedenen Formationen zu seiner Zeit zu erlangen. 

Da nun, wie RoEMER bemerkt, das Kıöpzv’sche Werk: 
„die Versteinerungen der Mark Brandenburg‘, soweit es Dilu- 
vialgeschiebe betrifft, den jetzigen Anforderungen nicht ent- 
spricht, so schien es von Interesse eine sehr reiche’ märkische 
Lokalität monographisch zu behandeln. 

Der altberühmte Fundort, der Kreuzberg bei Berlin, liefert 
wegen Einstellung der Arbeit in den Kiesgruben nur sehr we- 
nig; dagegen sind 1 Meile südlich von Berlin bei Tempelhof 
Kiesgruben eröffnet, in welchen zahlreiche Versteinerungen vor- 
kommen. Der Kies liegt unter einer etwa 4 Fuss mächtigen 
Lehmschicht, die in der Gegend zu den jüngsten Diluvialbil- 
dungen gehört; er wird mittelst Siebens je nach der Stärke 
der Körner in mehrere Sorten getheilt und dabei kommen 
selbst die kleinsten und zierlichsten Organismen zum Vorschein. 


312 


Dieselben sind meist ganz frei von Gestein wie am Schanzen- 
berge bei Meseritz (Kane, Schulprogramm 1852): ein Beweis 
dafür, dass diese Art des Vorkommens wohl weit . verbreitet 
und nur bisher wegen der Ungunst der Verhältnisse den Beob- 
achtern meist entgangen ist. Seltener hängen noch kleine Par- 
tien von Muttergestein daran und dies erleichtert mitunter die 
Altersbestimmung wesentlich. 

Das benutzte Material hat theils Herr Professor BEYRICH, 
dem ich für vielfache Belehrung bei der Arbeit verpflichtet 
bin, für das mineralogische Museum gesammelt, theils habe 
ich es selbst seit drei Jahren zusammengebracht, so dass nicht 
unbeträchtliche Mengen zur Bearbeitung vorliegen. 


In Bezug auf die Litteratur verweise ich auf F. RoEmer’s 
Aufsatz S. 578. 


Silurische Formation. 


Die meisten hierher gehörigen Fossilien stammen aus dem 
gothländischen "Ohonetenkalk her; der Process, durch welchen 
dieselben so rein aus dem Gesteine herausgeschält wurden, ist 
nicht hinreichend untersucht. Vermuthlich führen Kohlensäure- 
haltende Wasser aus dem etwas dolomitischen Gestein fein ver- 
theilte Kalktheilchen weg, dadurch wird die Festigkeit aufge- 
hoben und die Masse zerfällt, während nur die durch eine 
schwerer angreifbare Kalkspathhülle geschützten Versteinerun- 
gen erhalten bleiben: 

Calymene Blumenbachii BRoNGN. 
Phacops cf. Downingiae Emmrich. 
Orthoceras bacillum EıcHaw. 

— gregarium MURcH. 

— cf. regulare ScHL. 

— annulatum Sow. 

— imbricatum WAHL. 
Euomphalus qualteriatus SCHL. 
cf. Turritella cingulata WAHL. 
Terebratula marginalis Dan. 

— sp. nahe verwandt mit imbricata Murch. 8.8. 1.12 f.12. 
Spirifer sulcatus Hıs. sp. 

— crispus L. sp. 

Athyris didyma Dar. sp. 

Retzia Salteri Dav. 


313 


Rhynchonella nucula Sow.; F. Rorm. 
— plicatella Dan. 
— Wilsoni Sow. 
—  borealis Schu., Buch; sehr wahrscheinlich dasselbe wie 
Atrypa dorsata Hıs., aber nicht lacunosa L. bei 
MvrcnH. 

— sp. nahe verwandt mit Rh. crispata Murcn. 8. 8.t.12 
f. 11, aber mit breiteren Flügeln. 

Pentamerus conchidium Dar. 

Atrypa reticularis Dar. 

— prunum Dar. 

— laevigatan. sp. f. 1. Durchbohrte Klappe stark ge- 
wölbt, undurchbohrte flach; Hohe und Breite der Schale gleich; 
in der durchbohrten Klappe gegen den Rand zu ein schwacher 
Sinus. Das Loch in der grösseren Klappe klein, ein Deltidium 
wurde nicht beobachtet. Beide Schalen ohne Ornamente, glatt. 
Mit Salzsäure präparirte Exemplare zeigen das Spiralgerüst, 
welches aus 5 bis 6 Ringen jederseits besteht. Nach Herrn 
Bevrıon’s Mittheilung stammt die Art aus dem Graptolithen- 
gestein. (f. 1e das Spiralgerust). 

Orthisina dichotoma n. sp. f. 2. Deorsalschale mässig 
gewölbt, Ventralschale lach; Umriss halbkreisförmig; die Areen 
der beiden Klappen stehen rechtwinklig aufeinander, die der 
Dorsalschale ist vertikal, die der Ventralschale horizontal; die 
Dorsalschale ist von einem runden Loch durchbohrt, welches 
mit einer dreieckigen Oeffnung darunter zusammenhängt; neben 
der letzteren findet sich ein falsches Deltidium, d. i. ein drei- 
eckiges Feld der Area, welches ein wenig tiefer eingesenkt ist. 
In die dreieckige Oeffnung greift ein massiver dreieckiger Fort- 
satz der Ventralklappe ein. Von dem Wirbel jeder Klappe 
strahlen 9 bis 10 dicke- Rippen aus, welche sich gegen den 
‚Rand hin durch Dichotomie etwa verdoppeln; die Rippen wer- 
den durch Anwachslinien sekreuzt, welche mitunter etwas 
schuppig und lamellös werden. Dem Gestein nach aus Cho- 
netenkalk. 

Orthis calligramma Dan. 

—  elegantula Dar. 

Leptaena transversalis Dar. 

Chonetes striatella Daı. 

Oyathocrinus rugosus ÜOLDF. 


314 


Cyathocrinus ef. pentagonus GoLDF. 
Calamopora spongites GOLDF. ; 

— polymorpha GoLpr. 

—  gothlandica GoLDF. 

Syringopora reticulata GoLDr. 

cf. Millepora repens Wann. 

‚Coenites Linnaei EiıcHw. 

Halysites escharoides GoLDF. 

Cyathophyllum articulatum WAHL. 
Turbinolia mitrata und turbinata ScHL., Hıs. 


Jura. 


Die beschriebenen Versteinerungen stammen fast saämmtlich 
aus dem braunen Jura und speciell aus der Kelloway-Gruppe. 
Sie finden sich zum nicht geringen Theil in den Schichten 
von Popilani an der Windau, aus denen sie GREWINGK (Geologie 
von Liv- und Kurland) erwähnt. Mehrere derselben kommen 
auch in dem anstehenden Gestein von Nemitz bei Cammin in 
Pommern vor. 

Sehr auffallend ist es; dass die Versteinerungen völlig aus 
dem sonst festen Gestein herauswittern. Welche chemischen 
Vorgänge dabei stattfinden, ist nicht sicher bekannt; man könnte 
glauben, dass das Wasser die feinen im Gestein liegenden 
Kalktheilchen auflöse, während 'es die compacteren Massen der 
Versteinerungen selbst nur wenig angreife, dass dadurch eine 
Auflockerung des Gesteins und schliesslich ein völliges Zerfal- 
len desselben bewirkt werde. Manche der Versteinerungen 
mögen wohl auch aus thonigen Bildungen herrühren, wie sie 
nach GREwInGK bei Nigrauden vorkommen. | 

Ammonites Jason Rein. 

Ein kleines nur die inneren Windungen zeigendes Exemplar. 

Rostellaria trochiformis QUENST. 

Wenig höher als die abgebildete Form, sonst völlig glei- 
chend. An einem Stück ist der nach oben gehende Finger 
des Flügels vorhanden. 

Rostellaria sp. QuEnst. Jura 489 t. 69 f. 26. 

Purpurina serrata QUEnST. sp. = Turbo serratus QUENST. 

Die oberen Windungen 'einer Cuncellaria sehr ähnlich. Im 
Universitätsmuseum befindet sich auch ein Exemplar aus einem 
Jurageschiebe. 


315 


Natica sp. 

Das Gewinde ist viel niedriger als bei Natica crithea D’ORe. 
und Natica Calypso D’OrB. Der Nabel ist fast ganz von dem 
Spindelrande der Mündung bedeckt. Die Art gehört sicher in 
den Jura, da sie mit Exemplaren aus den Jurageschieben völlig 
übereinstimmt. | 

Chemnitzia Sp. 

Ein Bruchstuck einer hierher gehörigen Art. 

Eulima multispirata n. sp. f. 3. 

Gehäuse lang thurmförmig. 8 Mm. hoch, der letzte Um- 
gang 3 Mm. breit. Acht Umgänge; diese sehr wenig gewölbt; 
die Naht vertieft. Mündung eiförmig, oben spitzwinklig, ihr 
Aussenrand wenig verdickt; wahrscheinlich unter Rissoa rimata 
Priwe. bei Kane 1. c. S. 18 mitenthalten. Es finden sich in 
Jurageschieben Exemplare derselben Art, die das Alter un- 
zweifelhaft machen. 

Cerithium muricatum Sow. Sp. 

= armatum (GOLDF. 

— granulato-costatum GOLDF. 

— muricato-costatum GOLDF. 

— flexuosum GOoLDF. teste QUENST. 

= tuberculatum VOLTZ 

— abbreviatum LEcKEngyY Quart. Journ. 1859 p. 13 
— (Culleni Leckengy Quart. Journ. 1859 p. 13 

= echinatum BucH 

= russiense D’ORB. 

Eine im braunen Jura weit verbreitete und häufige Art, 
deren zahlreiche Varietäten mit vielen Namen bedacht worden 
sind. Im unteren braunen Jura a erscheint die Varietät mit 
zwei besonders deutlichen Spiralrippen (tuberculatum Voutz), 
zugleich kommen Exemplare vor, bei denen sich auf den ersten 
Windungen eine dritte Rippe vorfindet; verschwindet diese im 
Laufe des Wachsthums, so heissen diese Varietäten armatum - 
GoLDF., ist sie auf dem letzten Umgange noch vorhanden 
echinatum Buch und diese zeigen sich dann in ö häufig. Zu 
den drei Rippen gesellt sich in e auf den unteren Umgängen 
noch eine vierte und verbindet so die dreirippige Art mit der 
vierrippigen; diese letztere ist ebenso mit einer fünfrippigen 
verbunden. Der allgemeine Habitus ist bei diesen Varietäten 
durchaus derselbe; die schwäbischen Arten haben, wenn man 


‚316 

Unterschiede suchen will, ein etwas dornigeres Aussehen, und 
die unsrigen stimmen in Folge dessen mehr mit den englischen. 
An diese schliesst sich ein Cerithium an, welches ich für noch 
nicht beschrieben halte. Ohne zu behaupten, dass keine Zwi- 
schenformen zwischen diesem und der fünfrippigen Varietät 
vorhanden wären, weicht diese Art doch sehr. augenfällig im 
Habitus von der letzteren ab. Die Art hat meist sechs Spiral- 
streifen, die ganz dicht gedrängt auf den Windungen stehen. 
Die durch die Knoten gebildeten Querrippen (und dies scheint 
mir wesentlich) zeigen keine Spur von dem dornigen Aussehen 
der vorigen Art; sie sind leicht gebogen, während sie. bei allen 
Varietäten der vorigen Art ganz gerade sind. Ausserdem sind 
die Knötchen auf den unteren Spiralrippen meist schwächer als 
auf den oberen, so dass die Querrippen wie ein Komma aus- 
sehen, welches von dem oberen dicken Ende in leichtem Bo- 
gen gekrümmt, nach dem unteren Ende zu sich verjüngt. Die- 
ses Aussehen erreicht sein Extrem in gewissen Formen, deren 
untere Spiralrippen in der That ganz glatt sind und keine Spur 
von Knötchen zeigen. 

Vergleicht man freilich die beiden Extreme dieser Reihe, 
tuberculatum Voutz und die letztbeschriebene glattrippige Va- 
rietät, so wird jeder meinen ganz verschiedene Arten vor sich 
zu sehen, aber bei einem Material von mehreren Hundert Stücken, 
wie es mir zu Gebote steht, hält es nicht schwer Uebergänge 
zu finden. - Am schwersten ist dies zwischen der fünfrippigen 
und sechsrippigen Varietät möglich und ich besitze nur etwa 
zehn Exemplare, welche die Lücke füllen. Da hier zugleich 
mit der Abänderung im der Zahl der Spiralrippen eine zweite 
Aenderung in der Gestalt der Querrippen Hand in Hand geht 
und dadurch ‚der Habitus völlig verwandelt wird, so möchte 
ich die letztbeschriebenen Stucke für eine selbstständige Species 
halten und die Zwischenformen für Bastardbildungen. 

Cerithiumpolitum n.sp. f.4. (ce Mündung von unten vergr.) 

Lang thurmförmig 12 Mm. hoch, 4 Mm. breit am letzten Um- 
gang. Zehn Umgänge. Auf denselben laufen mehrere nur mit der 
Lupe erkennbare vertiefte Spirallinien hin, von denen eine im 
oberen Drittel des Umganges zuweilen etwas deutlicher wird 
und dann mit blossem Auge erkannt werden kann; die Um- 
gänge kaum gewölbt (am Embryonalende etwas stärker), die 
Naht sehr wenig vertieft, so dass das Profil das Gehäuses 


317 


zwei fast gerade Linien sind. Die Mündung gerundet vier- 
seitig, an der oberen Ecke rechtwinklig; der Spindelrand dick, 
an der unteren Ecke durch eine schwache Einbiegung den Ka- 
nal anzeigend. Das beinahe ganz glatte Aussehen der Art 
unterscheidet dieselbe von fast allen bekannten Arten. Das 
Alter ist nicht ganz zweifellos, da die Art in Blöcken noch 
nicht gefunden wurde; da aber in den nordischen Tertiar- und 
Kreidegesteinen keine derartige Form bekannt ist, so giebt 
dies einen negativen Beweis für jurassisches Alter. 

Nerinea sp. 

Das vorliegende Bruchstück stimmt nicht recht mit einer 
bekannten Art. Das Exemplar war sehr lang thurmformig mit 
nicht gewölbten Umgängen. Auf den letzteren sieht man unten 
zwei durch Knötchen gebildete Spiralrippen, welche durch eine 
glatte Rippe getrennt sind. Ueber diesen drei Rippen folgen 
noch sechs andere, deren oberste gerade die Naht deckt. Die 
dieser benachbarte zeigt eine Andeutung von Perlenbildung, 
während die übrigen glatt bleiben. 

Turbo Davoustii D’Ore. t. 381 f. 7”— 10. 

Ein Exemplar, welches deutlich genau dieselbe Skulptur 
zeigt und nur unbedeutend niedriger ist als die angeführte 
Abbildung. In die nächste Verwandtschaft gehört Turbo Buchi 
Kıpe S. 18 doch hat derselbe keinen Nabel. 

Trochus biarmatus GoLpF. cf. monilitectus Pin. bei 
QUENSTEDT; biarmatus Kane 8. 18. 

Von völlig typischer Form. 

Trochus sp. 

Steht in der Bokm. dem oh Zetes D’ORB. sehr nahe, 
aber er ist nicht genabelt; verwandt auch mit bijugatus QUENST.; 
durch das in der Mündung sitzende Gestein ist das Alter sicher. 

Trochus sp. ; 

Eine kleine kreiselförmige Gestalt. Der letzte Umgang 
trägt eine deutliche Kante und darüber fünf gekörnte Spiral- 
rippchen; darunter eine_Menge a glatter Spiral- 
rippen; Mündung zerbrochen. 

Dentalium filicauda Quansı. Petref. 443. 

In ungeheurer Menge und oft mehr als 1 Zoll lang. 

Tornatella Parkinsoni Quzxst. Petref. 425. 

Melania Beyrichi n. sp. f. 5. (d vergrössert.) 

Ich schliesse diesen jnrassischen Schnecken noch eine in- 

Zeits.d.d.geul.Ges.XVIL 2. 21 


318 


teressante Art an, für deren richtige Altersbestimmung auch 
nieht viel mehr als bei obigem Cerithium gesagt werden kann. 
Es gehört dieses Thier unzweifelhaft zu den Melanien. Das 
(sehäuse ist kurz thurmförmig, erreicht eine Länge von 12,5 Mm., 
eine Breite von 7,5 Mm. an der letzten Windung bei sechs Um- 
gängen. Jeder Umgang hat etwas unter der Mitte eine dicke 
glatte Spiralrippe; der darunter liegende Theil fällt senkrecht 
ab, der darüber befindliche steigt schief nach oben an bis zu 
einer schwächeren Rippe dicht neben der Naht, und zwischen 
dieser Rippe und der Naht ist noch eine schmale horizontale 
Zone. Ausser den beiden Rippen sind die Umgänge mit vielen 
glatten Spirallinien bedeckt. Das selten erhaltene Embryonal- 
ende ist glatt, auf dem zweiten Umfang erscheint die mittlere 
starke Rippe und auf dem dritten die kleine an der Naht. 
Der letzte Umgang zeigt unter der Hauptrippe noch zwei oder 
drei stärkere und viele schwächere glatte Spirallinien. Auf der 
ganzen Schale werden die Spirallinien durch sehr feine An- 
wachslinien gekreuzt. Diese verlaufen von der Naht gerade 
herab bis an die Hauptrippe und, wie man auf der- letzten 
Windung sieht, von da mit einer leichten Biegung nach vorn 
bis zum Rande. Die Mündung ist eirund, oben spitzwinklig, 
ganzrandig. Der Aussenrand, welcher nie ganz vollständig 
erhalten ist, hat, wie man aus den Anwachslinien sieht, unten 
eine Biegung nach vorn. Der Spindelrand liegt auf der Spindel 
auf und ist unten in einer kurzen kanalartigen Biegung umge- 
bogen. Diese Charaktere weisen der Art einen Platz in der 
Untergattung Vibex an und es ist in der "That eine grosse 
Aehnlichkeit mit dem bei WoopwAarp Man. of the Moll. t. 8 
f. 29 abgebildeten Vibex fuscatus Gum. sp. vorhanden. Ihr Alter 
anlangend, so gehört sie höchst wahrscheinlich den brakischen 
-Bildungen an, die Rosmer (diese Zeitschrift Bd. XIV. 8. 627) 
beschrieben hat, und die er für Wealden nimmt, während BeEr- 
RICH sie für jurassisch zu halten geneigt ist. Die dort S. 628 
erwähnte Melania sp. gehört in die Verwandtschaft unserer Art. 

Exogyra virgula GoLDF. 

Monotis echinata Sow. Sp. 

Monotis Münsteri GoLDF. Sp. 

Gervillia pernoides DESLoNG. 

Cucullaea cucullata GoLDF. 

Cucullaea cf. Parkinsoni-QUENST. 


319 


Macrodon elongatus GOoLDF. Sp. 

Es finden sich noch einige Cucullaeen und ächte Arcas- 
Arten, die indessen wegen schlechter Erhaltung vorläufig zurück- 
gelegt wurden. 

Nucula Hammeri Derr. 

Einige Exemplare sind vorn wenig länger als die typi- 
schen Formen. 

Leda lacryma Sow. sp. 

Trigonia clavellata Sow. 

Nur in Bruchstücken, aber sehr häufig. _ 

Hieran schliesst sich eine nicht unbedeutende Zahl von 
Arten der Gattung Astarte, aber es ist sehr schwierig, diesel- 
ben genau zu bestimmen, da sich eine nicht geringe Verwir- 
rung der Namen in der Litteratur  eingeschlichen hat. Jeder 
Beobachter der Gattung wird mit QuENsSTEDT übereinstimmen, 
wenn er sagt: die Form der Astarten ist variabel und man 
kommt ohne den sicheren Anhalt einer Schicht zu keiner siche- 
ren Entscheidung. Wegen ihrer Häufigkeit steht eine Art 
voran, die ich nach F. RoEmer (diese Zeitschr. Bd. XIV. S. 620) 

Astarte pulla A. Rom. Ool. t. 6 f. 27 Astarte vulgaris 
Hac. bei Kınz S. 20 nenne, obwohl die Beschreibung nicht 
mit unserer Art stimmt. Es sind Formen, bei denen Höhe 
und Länge ungefähr gleich sind; die Breite der geschlossenen 
Schale erreicht höchstens Z der Länge, die Klappen sind also 
nicht sehr stark gewolbt. Sie finden sich in allen Grössen bis 
zu 13 Mm. Länge und 12 Mm. Höhe. Die Wirbel liegen we- 
nig vor der Mitte und sind stark übergebogen. Die Lunula 
ist eiförmig scharf begrenzt, tief eingesenkt, glatt; der auf der 
linken Klappe gelegene Theil derselben, ist grösser als der 
auf der rechten. Das Ligamentfeld ist lanzettlich, scharf be- 
grenzt, eingesenkt, glatt; der auf der rechten Klappe gelegene 
Theil desselben ist grösser als der auf der linken. Das Liga- 
ment selbst war klein, nahm nur etwa ! bis 4 des Ligament- 
feldes ein; seine Länge ist auf jeder Klappe durch eine mar- 
kirte Linie hinter dem Wirbel angedeutet. In der rechten Klappe 
ein starker dreieckiger Zahn und vor diesem unter der Lunula 
eine Schlossleiste; in der linken zwei Schlosszähne, welche 
den der rechten Klappe umfassen und eine Schlossleiste unter 
dem Ligamentfelde. Die Muskeleindrucke deutlich nahezu kreis- 
förmig. Der Innenrand stark gekerbt. Die Oberfläche ist mit 


21* 


320 


regelmässigen, concentrischen, glatten Rippen bedeckt, die. 
durch wenig breitere fein concentrisch liniirte Zwischenräume 
getrennt ‘sind. «Die Rippen sind gleich vom Wirbel an sehr 
deutlich und man zählt an dem grössten vorliegenden Exem- 
plare, welches die obigen Maasse hat, 21; die kleinsten von 
4 Mm. Länge, haben 11 bis 12. 

Was die Art noch sehr von nahe verwandten auszeichnet, 
ist ein gewisses auch bei anderen Astarten beobachtetes Inter- 
mittiren im Wachsthum. Das Thier pausirte schon in früher 
Jugend zeitweise mit der Bildung der Schale und daher er- 
scheinen zwischen den concentrischen Rippen fast bei allen 
grösseren Schalen hin und wieder die kleinen Zähnchen des 
gekerbten Randes (bei einem Exemplar 4 Mal). Diese nach 
einem Material von mehreren Hundert Exemplaren gemachte 
Beschreibung, stimmt besonders in der Angabe der Rippen 
nicht mit den Beschreibungen von A. RoEMER, F. RoEMER und 
GoLpruss, die 6 bis 10 Rippen angeben; da die Identität der 
Art mit der von A. RoEneEr aber durch F. Rormer’s Angabe 
hinreichend verbürgt ist, so bleibt zur Ausgleichung der Diffe- 
renz nur die Annahme, dass die fruheren -Beobachter nicht 
sehr gutes Material hatten und dass ihnen besonders die dich- 
ter stehenden Rippen am Wirbel entgingen. — Die beste Ab- 
bildung ist noch bei Quexnsteptr Handb. d. Petr. t. 46 f. 4 
und 5. An Häufigkeit steht am nächsten | 

Astarte Parkinsonii Quessrt. Petr. t. 46 f. 6 (nicht sehr 
gut). Formen, welche deutlich länger als hoch sind und bei denen 
die Breite der geschlossenen Schale die Höhe erreicht, zuwei- 
len wenig übertrifft, also stark gewölbte Formen. In allen 
Grössen bis etwa 10 Mm. Länge und 8 Mm. Höhe. Die 
Wirbel liegen bedeutend vor der Mitte, wenig vom vordersten 
Drittel entfernt und sind nicht übergebogen, so dass ein Quer- 
schnitt durch die Wirbel nahezu ein Kreis ist. Die Lunula 
ist fast so breit als lang, deutlich begrenzt, nicht sehr tief ein- 
gesenkt, glatt; der auf der linken Klappe gelegene Theil der- 
selben ist grösser als der auf der rechten. Das Ligamentfeld 
ist lanzettlich, scharf begrenzt, tief eingesenkt, glatt; der auf 
der rechten Klappe gelegene Theil desselben ist grösser, als 
der auf der linken. .Das Ligament selbst war klein, nahm 
höchstens + der Länge des Ligamentfeldes ein; seine Länge 
ist auf jeder Klappe durch eine markirte Linie hinter den 


321 


Wirbeln angedeutet. Der Schlossapparat wie bei pulla, nur in 
allen Theilen kräftiger. Die Muskeleindrücke deutlich, der vor- 
dere etwas länglich, der hintere nahezu kreisförmig. Der Innen- 
rand stark gekerbt. Die einzelnen Zähnchen sind stärker als 
bei pulla. Die Berippung ist auch ähnlich wie bei Astarte 
pulla, nur stehen die Rippen mehr aus einander, sind deshalb 
geringer an Zahl und anch im ganzen schwächer. Charakte- 
ristisch sind die Rippen in der Nähe des Wirbels; diese sind 
nämlich terrassenförmig (etwa im Winkel von 120 Grad) ge- 
baut, während sie bei pulla wulstförmig erscheinen. Ein Vor- 
treten der Zähne zwischen den Rippen ist bei einem Material 
von mehr als hundert Exemplaren nie beobachtet worden. 

Die Hauptunterschiede von pulla sind: die aufgeblähte 
längliche Gestalt, Lage und Form der Wirbel, Berippung am 
Wirbel, und negativ das nie beobachtete Hervortreten der Zähn- 
chen zwischen den Rippen. Bei keinem einzigen Exemplare 
ist mir die Stellung ob zu pulla oder zu Parkinsonü zweifelhaft 
gewesen. 

Wahrscheinlich hat GREwInck, Geologie von Liv- und Kur- 
land S. 224 Astarte cordata das genannt, was hier pulla hiess, 
und die schwächer gerunzelte Form ist vermuthlich Parkinsonü. 
Hieran schliesst sich eine nahe verwandte seltnere Art, die ich 

Astarte ef. Voltzii GoLpr. nennen will. Der Wirbel 
liegt noch mehr nach vorn, die Schale bekommt einen gerundet 
viereckigen Umriss, dessen eine Seite das Ligamentfeld bildet. 

Astarte polita F. Rosm. Eine gut charakterisirte Art. 
Ein Exemplar. | 

Astarte cf. maxima Quesst. Ein Exemplar. 

Hieran schliessen sich noch zwei gut unterscheidbare For- 
men, die eine grosse Flachheit der Schalen gemein haben. 

Astartenummulina F.Rorm. Ueber die Astarten u. s. w. 
#6 2und 

Astarte depressa Goupr. t. 134 f. 14. 

Sie unterscheiden sich besonders durch ihre Berippung; 
nummulina hat terrassenförmige Rippen, deren Winkel freilich 
sehr gross (150 Grad) ist; diese stehen einander nicht nahe 
und verschwinden gegen den Rand hin. Depressa hat dagegen 
gerundete wulstförmige uber die ganze Schale hin ziemlich 
. dieht gedrängt stehende Rippen. Der Innenrand ist bei beiden 
gekerbt, aber bei depressa nur sehr schwach. Schloss, Muskel- 


4 


322 


eindrucke, Ligamentfeld und Lunula zeigen keine Verschieden- 
heiten. £ 
Luecina zonaria Quasst. Jura t. 68 f. 1—A. 
Tancredia sp. Ein den Schlossapparat deutlich zeigen- 
des Bruchstuück. 
Von Brachiopoden findet sich schliesslich noch eine Art, 
die den Namen | | 
Rhynchonella varians SCHLOTH. haben mag. 


Kreide. 


Bei der Schwierigkeit, die die Bestimmung der diluvialen 
Petrefakten hat, da man oft uber ihr Alter völlig im Dunkelen 
ist, ist es von besonderem Vortheile, dass die baltische Kreide 
durch NıLsson, v. HAGENow, FORCHHAMMER u. A. in so voll- 
ständiger Weise bearbeitet ist, und es erleichtert dies die Be- 
stimmung der Kreideversteinerungen in hohem Grade. 

‚Nach Roruer 1. ec. S. 629#f. sind es fünf verschiedene 
Gesteine: Feuerstein, Kreidemergel, Kreide, Faxoekalk und 
Saltholmskalk, welche die zur Kreideformation gehörigen Ver- 
steinerungen führen. In hiesiger Gegend gesellt sich denselben 
noch ein sechstes hinzu, welches schon von KLöpeEn (Beiträge 
1833, 6. Stück S. 74 No. 9) in der Reihe der unbestimmten 
-Sandsteine so beschrieben wurde, dass man es aus der Be- 
schreibung wiedererkennen kann. Es ist dies ein Sandstein, 
welcher frisch eine graue Farbe hat, angewittert aber heller 
wird. In einer grauen kalkig-thonigen Grundmasse, die mit 
Säuren stark braust, liegen dicht gedrängt gerundete Quarz- 
körner, die theils durchsichtig und glasglänzend, theils (aber 
viel seltener) schwarz sind. Die Masse ist so compact, dass 
beim Zerschlagen auch die Quarzkörner zerspringen ünd es: 
haben solche frische Bruchflächen einige Aehnlichkeit mit denen 
gewisser Quarzporphyre. Ausser diesen Quarzen finden sich 
noch viele kleine Körner von lebhaft grüner Farbe. Die Grösse 
der grünen sowie der Quarzkörner schwankt zwischen der eines 
Stecknadelknopfes und der einer Erbse. Seltene Gemengtheile 
sind kleine weisse Glimmerblättchen und Kalkspathpartikeln. 
Bei der Verwitterung wird das Gestein porös,' die kalkige 
Grundmasse verschwindet zum Theil, das Uebrigbleibende wird 
weisslich, während die grunen Körner dunkeler werden. Auf 
der Oberfläche der Geschiebe erscheinen dann die hellen Quarz- 


323 


körner dieht an einander gedrängt fast ohne Bindemittel und 
bieten ganz das Ansehen eines gewöhnlichen grobkörnigen Sand- 
steines dar. 

Hierher gehörige Stücke sind nicht häufig in der Gegend; 
in einem derselben fand ich Belemnitella subventricosa W AHL. 
sp. Das Museum bewahrt ein Stuck, welches Herr Professor 
Beyrıc# bei Gahlkow unweit Greifswald geschlagen hat; letz- 
terem verdanke ich auch die Mittheilung, dass auf Bornholın 
Schichten von ähnlichem petrographischen Charakter vorkommen. 

Haifisehzähne kommen sehr häufig vor; sie stimmen mit 
Abbildungen von Zähnen, die zu den Gattungen Corax, Lamna, 
Otodus, Oxyrhina gezählt werden, und gehören demnach zur 
Kreideformation oder ins Tertiäar. Da indessen die Zähne allein 
“fast gar keinen Einblick in die Organisation der Thiere, von 
denen sie abstammen, gewähren und da sie bei allgemeinen 
Sehlüssen meist ausser Betracht fallen, so genügt es ihr Vor- 
kommen angeführt zu haben; Speciesbenennungen scheinen 
hier nicht am Platze zu sein. 

Eine abgeriebene Schale von einem Pollieipes. 

Serpula conica Hac. Jahrb. 1840 t. 9 f. 15. Kaps 
S. 13. Weisse Kreide. r 

- Serpula trochiformis Haec. l. c. t. 4 f. 14. Weisse 
Kreide. 

 Serpula Bardensis Hae. |. c. t. 9 f. 16. Kane 8.13. 
. Diese Serpula ist nach diluvialen Exemplaren benannt; 
das eine der hiesigen Exemplare zeigt in der Kreide, welche 
die Röhre fullt, viele glaukonitische Körnchen, die der Kreide 
von Rügen nicht eigen sind, die anderen sind aus glaukoniti- 
schem Sandstein. 

Serpula canteriata Hae. l. ec. t. 9 f. 18. Kape 8.13. 
—= quadrangularis Roem. Kreideg. t. 16 f. 4 (1841). Weisse 
Kreide. 

Serpula fluetuata Sow. — undulata Hac. 1. c. S. 668. 
Kıpe S. 14, die Synonyme bei Gemıtz Quadergeb. S. 102. 
Weisse Kreide. 

Serpula subtorguata GoLDF. HagEnowl. c. Kane S. 14. 
Weisse Kreide. | 

Serpula sexangularis GoLDF. = Serpula sp. Kane S. 14. 
Da mir Kape’sche Originale vorliegen, so bin ich im Stande 
auch diese zu bestimmen. Sie gehören, wie Kane richtig ver- 


324 


 muthete, dem glaukonitischen Sandsteine an, und stimmen in 
allen Einzelheiten mit der Goupruss’schen Beschreibung. 

Serpula Plexus Sow. — implicata Hac. 1. ce. t. 9 £. 17. 
Kane 8.14. Die übrigen Synonyma. bei Grm. Quad. S. 104. 
Weisse Kreide und Kreidemergel. 

Serpula heptagona Hae. 1. c. 8. 669. Kane 8. 14. 
Weisse Kreide. 

Serpula Amphisbaena Goupr. Kane S. 14. Die meisten. 
Exemplare ein wenig dickwandiger als bei GoLpruss. Kreide- 


mergel. | 
Belemnitella mucronata ScauorH. Kane S. 15. Weisse 
Kreide. 
Belemnitella subventricosa WAHLENB. = mammillata 


Nıts. sp. Grünsandstein. | 

Da nur die Alveole ein gutes Unterscheidungsmerkmal 
unserer meist geriebenen und noch jungen Exemplare liefert, - 
so muss der bei weitem grösste Theil der Stücke ohne Spe- 
ciesbestimmung bleiben, denn Stucke mit erhaltener Alveole 
sind selten. Doch sind beide Arten mit Sicherheit erkannt, 
wenn auch die Angabe Kıöpev’s (Verst. S. 141), dass Belem- 
nitella subventricosa am häufigsten vorkomme, falsch ist, wie 
sich schon aus dem Zusatze, dass sie häufig im Feuerstein 
sitze, ergiebt. | 

Zur Kreideformation gehörige Gastropoden sind bisher 
hier ebensowenig, wie bei Meseritz gefunden worden; eine Er- 
scheinung, die sich durch das Zurücktreten dieser Thierklasse 
in der ganzen baltischen Kreide hinlänglich erklärt. und zu er- 
warten war. 

Gryphaea vesicularis Lam. sp. Kane S. 21. Das Ver- 
steinerungsmaterial ist Kalk oder Quarz. Weisse Kreide. Grun- 
sandstein. 

Exogyra lateralis Nıus. sp. Kane S. 21. Mutterge- 
stein? Die Art ist nach der Nıusson’schen Abbildung an den 
Anwachslamellen gut erkennbar. Selten. 

Exogyra haliotoidea Sow. sp. Kane 8. 21. Kreide- 
mergel. Die Art ist ausgezeichnet durch ihre Form und be- 
sonders durch die feinen Fältchen, welche am äusseren Rande 
der flachen Klappe die Anwachslamellen kreuzen. Bei guten 
Exemplaren sieht man diese Fältchen auch an dem inneren 
Rande derselben Klappe. 


325 


Exogyra conica Sow. sp. Kape S. 21. Kreidemergel 
und Grünsandstein. Die Art ist ausgezeichnet durch die fast 
gekielte Form der grossen Klappe und die Reihe von Zähn- 
chen am äusseren Rande des Schlosses. 

Ostirea sp. gefaltet (carinata?) 

Terebratula carnea Sow. Kane S. 22. Kreide und 
Kreidemergel. Oft sind nur die Theile um den starken Schloss- 
apparat der undurchbohrten Klappe erhalten und es nehmen 
solche Stücke sehr abnorme Formen an. 

Rhynchonella plicatilis Sow. sp. Die Synonyme 
siehe diese Zeitschrift 1863 S. 732. Weisse Kreide. 

Magas pumilus Sow. Kane S. 22. Weisse Kreide. 
In vielen ausgezeichneten Stucken gefunden, die den äusserst 
zierlichen inneren Apparat meist sehr deutlich zeigen. 

Terebratulina striata WAHLENB. sp. Die Synonyme 
bei Davıpsox Cret. foss. Brach. p. 35 t. II. f.18-—-28. Kaps, 
Terebratulina chrysalis S. 22. Weisse Kreide. Nur in einem 
aber ausgezeichneten Exemplare. 

Terebratulina gracilis ScHLoTH. sp. Bei Dar. |. c. 
p- 88 t. II. f. 15—17. Kane S. 22. Nicht selten, meist nur 
die durchbohrte Klappe erhalten. Weisse Kreide. 

Trigonosemus pulchellus Nizs. sp. p. 36 t. III. f. 14. 
Weisse Kreide, nur zwei Exemplare. 

Trigonosemus Humboldtii Hac. sp. LEoNH. u. Br. 
Jahrb. p. 539 t. IX. f. 5. Da mir Haczenow’sche Originale 
vorliegen (Modelle), so war es möglich hier vorgekommene 
durchbohrte Klappen zu bestimmen, was vermöge der blossen 
Abbildung und Beschreibung bei v. Haczxnow nicht möglich 
gewesen wäre. Umriss gerundet funfseitig. Die durchbohrte 
Klappe stark gewölbt mit einer von der Spitze nach dem un- 
teren Rande verlaufenden stark markirten Depression. Die 
undurchbohrte Klappe flacher; eine schwache Längserhebung 
entspricht dem Sinus der anderen Schale; dieselbe ist von zwei. 
flachen Furchen begrenzt, welche mit den Kanten correspon- 
diren, die den Sinus der durchbohrten Klappe einschliessen. 
Schlosslinie fast gerade. Die Area fast eben, nur an der oberen 
Spitze mit dem wenig gekrümmten Schnabel etwas gebogen. 
Areakanten scharf. Das Deltidium nimmt den dritten Theil 
der Area ein. Es reicht bis zu dem unteren Theil der kleinen 
kreisrunden Oefinung hinauf und begrenzt dieselbe etwa zur 


326 
Hälfte. Die Areakanten bilden einen rechten Winkel. — Die 
. Schale ist mit glatten Rippen bedeckt, welche dichotomiren 
und zwischen denen sich häufig kleine einschieben. Ihre An- 
zahl am Rande ist etwa 30. Ausserdem finden sich noch 
einige Anwachslinien. 

Der Schlossapparat der durchborten Klappe ist äusserst 
massiv; der ganze Raum unter der Area, ist von Schalsubstanz 
erfüllt mit Ausnahme eines Kanals von der Oeffnung unter 
dem Deltidium her nach dem Inneren. Dieser massive Körper 
fallt schief nach hinten ab und springt an den Ecken des 
Deltidiums in 2 Zähnen vor. In der Mitte der Schale, in 
der Verlängerung des Kanals, erhebt sich eine sehr starke 
Leiste, die von der Mitte der Schalenlänge an allmälig ab- 
fallt. Zwischen dieser Leiste und den seitlichen Theilen des 
massiven Schlossapparates liegen 2 scharf und tief einge- 
drückte Muskelmale. Die undurchbohrte Klappe drang ein 
Stück in den Kanal unter das Deltidium vor, im Uebrigen ist 
der innere Apparat derselben unbekannt, die Organisation der 
durchbohrten Klappe und das Aeussere der Schalen stellen die 
Exemplare in die Gattung Trigonosemus. Weisse Kreide 
(häufig noch in dem Kanal vorhanden). | 

Crania Egnabergensis Retz.  Daviosox I. e. p. 11, 
t. I. f. 8—14. Beide Klappen sind vorgekommen. 

Crania antigua Derr. Goupr. t. 162 f. 6. Nur ein 
deutliches Exemplar. _ 

Oranias tuber culata« Nins:»l. & prBT BER: 
Kane p. 23. Ein Exemplar. 

Crania nummulus (?) Lau. Goupr. t. 162 f. 5. Ein 
fragliches Exemplar. 

Crania Parisiensis Derr. Mehrere Exemplare, die auf 
einer Gryphaea vesicularis festgewachsen sind. 

Crania strixz n. sp. f. 6. (d vergr.) Eine Bauchklappe 
(Woopwarn). Sie gehört in die Gruppe der Cranien, die erstin der 
oberen Kreide erscheinen und deren Typen Crania costata Sow. 
und Crania Egnabergensis sind. Kreisförmig, hinten gerade ab- 
geschnitten. Der Rand fein gekörnelt, die hinteren Muskel- 
male rundlich, die vorderen gerundet dreieckig; zwischen den 
letzteren ein kleineres in einer Ecke hervorspringendes Muskel- 
mal. Die Gefässeindrücke gekerbt, 4 oder 5 gerundete Lappen 
bildend, die in der Mitte fast zusammenstossen. Der Apex kaum 


327 


hervortretend,, ein Viertel der Länge vom Rande entfernt, der 
Hinterrand schräg nach innen abgestumpft. Vom Apex strahlen 
20 starke Rippen aus, zwischen denen sich in der Hälfte 
ihrer Länge neue einschieben, so dass am Rande etwa 40 er- 
scheinen; die Rippen sind von kreisförmigen Anwachslinien ge- 
kreuzt, die gegen den Rand hin schuppig werden. Von Crania 
costata unterscheidet sie sich durch die grössere Anzahl der 
Rippen, durch die Form der Gefässeindrücke und des hinteren 
Schalenrandes. — Von Crania Egnabergensis durch die geringere 
Anzahl von Rippen und die vorigen Unterschiede. Ihre Form 
beweist, dass sie in die obere Kreide gehört. Höhe und Breite 
11 Mm. 

Oidaris sceptrifera Könıe — vesiculosa GoLDF. Kape 
p- 24 Täfelchen, Stacheln und Zähne. 

Cidaris clavigera Könıg, ein gut übereinstimmender 
Stachel. 

Salenia pygmaea Hac. 1. c. 1840 p. 650 t.9 f.4 Uns. 
Taf. f. 7. Obgleich die Abbildung bei v. Hac. viel zu wunschen 
übrig lässt und die Beschreibung manche Unrichtigkeiten enthält, 
war es doch möglich das einzige vorliegende Exemplar zu be- 
stimmen. Es besitzt einige Merkwürdigkeiten, die eine nähere 
Erwähnung verdienen. Vermöge der erenelirten, undurchbohrten 
Stachelwarzen in den Interambulakren und der Zusammensetzung 
des Scheitelapparates gehört diese Art zur Gattung Salenia Ag. 
(Dzsor Syn. p. 148). 

: Halbkugelige Form, 3 Mm. hoch, 5 Mm. lang und breit. 
Der Scheitelapparat tritt scbarf hervor (man könnte ihn mit 
einer aufsitzenden Bryozoe verwechseln). Die Scheitelplatte 
(suranal, Desor) bildet ein Fünfeck in dessen einer Ecke der 
After sich befindet; die anderen Ecken werden von Gruben 
eingenommen, welche etwa + der Grösse des Afters haben; in 
der Mitte der Scheitelplatte befinden sich 3 kleine Grübchen 
etwa den sechsten Theil der Grösse der Gruben. erreichend. Ueber 
den Seiten des Fünfeckes stehen die 5 sechseckigen Genital- 
platten, deren Ecken von Gruben, die ebenso gross sind wie die 
obigen, gebildet werden. Was die Art nun vor allen bekannten 
auszeichnet, ist das Vorhandensein von 4 oder 5 Gruben auf 
jeder der Genitalplatten, deren je eine der Genitalöffnung ent- 
sprechen muss; sie haben die Grösse der 3 Grubchen auf der 
Scheitelplatte. Die Augenplatten sind von rhombischem Aus- 


! 
L) 


328 


sehen und tragen an der äusseren Ecke eine Grube die etwa 
doppelt so gross ist als die Genitalgrubchen. — Die Zu- 
sammensetzung des Apparates ist bei der Dicke der Schale 
nicht leicht zu beobachten, was v. Hagenow verleitete, denselben 
als aus einem Stücke bestehend anzusehen; mit Säuren wenig 
'geätzt kommen die Nähte zum Vorschein. Die Mundöffnung 
ist gerundet fünfseitig an den Ambulakren sehr wenig ein- 
geschnitten. Auf jedem Interambulakrum stehen „in 2 Reihen 
alternirend 6 Stachelwarzen, (die crenelirt und nicht durchbohrt 
sind) und zwar in jeder Reihe 3* (v. Has.). Zwischen den- 
selben finden sich viele kleine Körnchen. Die Ambulakren 
sind gerade und tragen 2 Reihen alternirende Köruchen. Die 
Poren stehen in einfachen Paaren; ihre Anzahl ist gleich der 
Zahl der Körnchen, 8—9 in jeder Reihe. Weisse Kreide. 
 @alerites abbreviatus Lam. Mehrere mit Kalkspath- 

schalen und einige als Feuersteinkerne erhaltene Exemplare 
sind vorgekommen. Weisse Kreide. 

Galerites albogalerus Lam. Weisse Kreide. 

Ananchytes ovatus Lam. Weisse Kreide. 

Pentacrinus Bronni Ha. = Buchi A. Rorm. Kape 
S. 25. In langen Säulenstucken. Weisse Kreide. 

Pentacrinus Agassizii Hac. Kaps 8.25. Pentacrinites 
subsulcatus Münst. bei Kıöpen. Verst. t. III. f. 14. Weisse 
Kreide. 

Ob P. bicoronatus und Klödeni selbstständige Arten sind, 
scheint noch fraglich. | 

Eugeniacrinites Hagenowii Hac. Ein gutes und 
deutliches Stuck. Weisse Kreide. 

Bourgweticrinus ellipticus Mınu. Weisse Kreide. 

Fungia clathrata Hac. 1. c. 1840 pag. 648. Kuape 
p- 27. Weisse Kreide. 

Fungia coronula GoLpr. = Stephanophyllia elegans Sp. 
bei Kıpr p. 26.- Grünsandstein (?). 

Turbinolia centralis Maut. = excavata Hac. 1839 
p. 289. Ueberaus häufigin wohlerhaltenen Exemplaren. Weisse 
Kreide. : 

Moltkia Isis Forcmn. u. Smeenst. Kae p. 26. 

Lunulites mitra Has. 1839. Kape p. 27. Gute Art. 
Weisse Kreide. 


329 


Lunulites G@oldfussi Hae. = Münsteri Hac?) KapE 
. 27. Weisse Kreide. 

Lunulites propinquus Hase. = radiata bei Hac.) Kane 
27. Weisse Kreide. 

Orbitulites Creplinii Hae. ]. c. 1839. p. 289. 

Ceriopora annulata Hac. l.c. 1839. p. 284. Weisse 
Kreide. 

Ceriopora milleporacea Goupr. bei Hac. 1. c. 1839. 
p. 282. Weisse Kreide. | 

Ceriopora Roemeri Hac.l.c. 1839. p. 285. Weisse 
Kreide. 

Ceriopora nuciformis Hac.l.c. 1839. p. 286. Weisse 
Kreide. 

Ceriopora ET bei Hac. 1. c. 1839. p. 282. 
Weisse Kreide. 

Escharairregularis Hac. ]l. c. 1839. p. 264. Kıapk 
p- 28. Weisse Kreide. 

Eschara cerioporacea Hac.].c. 1840. p. 643. Weisse 
Kreide. 

Eschara elegans Hac.].c. 1839. p.265. Weisse Kreide. 

Eschara dichotoma Goupr. bei Hac. 1.c. 1839. p. 263. 
Weisse Kreide. 

Retepora truncata Goupr. bei Hac. 1. c. 1839. p. 281. 
Weisse Kreide. 

Retepora disticha Goupr. bei Haec. 1. c. 1839. p. 281. 
Weisse Kreide. 

Retepora Langethalii Hac. 1. c. 1839. p. 281. Kape 
p. 30. Weisse Kreide. | 

Glauconome pyriformis Hac. 1. c. 1839. p. 292. 
Weisse Kreide. 

Achilleum parasiticum Hac. 1. c. 1839. p. 260. 
Weisse Kreide. : 

Tertiär. 

Cancellaria evulsa Sow. Kane p. 17. 

Fusus multisulcatus Nyst. Kape p. 17. 

Fusus elongatus Nyst. 

Fusus cf. elatior BEYR. 


Pleurotoma Selysii oe Kos. Kane p. 17. 
Pleurotoma Volgeri Pair. Kane p. 17. 


Pleurotoma turbida SoL. = subdenticulata GoLDF. 
Kıpe p. 17. 

Pleurotoma flexuosa GoLr. Kane p. 17. 

Pleurotoma regularis pE Kon. 

Tritonium flandricum vE Kon. 

Aporrhais speciosqa SCHLOTH. 

Voluta.cef..Siemsseni BoLt. 

Natica glaucinoides Sow. Kape p. 18. 

Dentalium Kickaii Nyst. Kape p. 19. 

Leda Deshayesiana NYST sp. 

Nassa sp. Nahe verwandt mit gegitterten Arten aus dem 
holsteiner Gestein. | 

An diese sicher bestimmten Tertiärfossilien reihen sich 
noch ein Paar Formen an, über deren Alter ob tertiär ob ju- 
rassisch freilich keine absolute Sicherheit herrscht, die ich 
aber wegen ihrer nahen Verwandschaft zu sicher tertiären 
hierher stellen will. Zunächst eine völlig glatte. 

Turritella sp. mit sehr langem Gewinde; die Umgänge , 
sind nicht gewölbt, die Nähte wenig eingesenkt; dus Profil 
also 2 fast gerade Linien. 

Turritella sp. Eine lang thurmförmige Art. Die Win- 
dungen nicht gewölbt, die Naht tief eingeschnitten; gerade 
über der Naht befindet sich unten auf der Windung eine 
scharfe, glatte Spiralrippe; auf der oberen Hälfte des Um- 
ganges laufen 3 schwächere, glatte Spiralrippen; die mittelste 
von ihnen wird zuweilen undeutlich, die oberste ist meist die 
stärkste und bildet mit der scharfen Rippe des vorhergehen- 
den Umganges die Begrenzung der Furche, in der die Naht 

liegt. Sehr zarte dichtgedrängte Querlinien, die wenig nach 
hinten gebogen sind, kreuzen die Spiralrippen. 

Fusus sp. : Nahe verwandt mit F. crassisculptus BEYRr. 
Die Form wie bei diesem, nur der Kanal kurzer. Auf der 
inneren Seite der Aussenlippe ist er glatt, während bei crassi- 
sculptus innere Spirallinien sich zeigen. Die Skulptur ist ähn- 
lich, nur sind die Spiralrippen nicht so dicht gedrängt, und 
in Folge dessen geringer an Zahl. — 


Diluvium. 


Herr Professor Bryrich hat zuerst (diese Zeitsch. 1855. 
p. 450) auf das Vorkommen einer Paludina im Diluvium hin- 


331 


gewiesen. Dieselbe findet sich auch in grosser Häufigkeit bei 
Tempelhof. Sie möge 

Paludina diluviana, fig. 8, heissen. 

Das Gehäuse bedeckt genabelt, ziemlich hoch thurmförmig 
für eine Paludina. Die Umgänge, deren bei ausgewachsenen 
Stücken 5—6 vorhanden sind, sehr wenig gewölbt, die Naht 
in Folge dessen sehr wenig eingesenkt. Am Embryonalende 
ist die Naht fast gar nicht eingesenkt; die Spitze ganz stumpf, 
die ersten 2 bis 2; Umgänge bilden daher nahezu eine Halb- 
kugel. Die Mündung eiförmig, oben spitzwinkelig. Die Schale 
sehr dick (1 Mm.). | 

- In allen Grössen bis 27 Mm. Höhe, und 18 Mm. grösstem 
Durchmesser an der letzten Windung. “ Höhe der Mündung 
14, Mm. Breite 10 Mm. Nahe verwandt ist die Art mit ?. 
achatina BRUG; sie unterscheidet sich von ihr durch die 
höhere Gestalt, die wenig gewölbten Umgänge, die stumpfe 
Spitze, und die Dicke der Schale. (a und b von Tempelhof, 
e und d von Westeregeln.) 

Diese Paludine ist mir durch v. Könen auch von We 
egeln bei Magdeburg „aus Geschiebethon über der Braun- 
kohle in dem neuen Tagebau“ Latdorf, zugekommen. Sie ist 
also bis jetzt von folgenden Lokalitäten bekannt: Westeregeln, 
Magdeburg, und „aus Geschiebemergel über dem Braunkohlen- 
gebirge* bei Latdorf, Umgegend von Potsdam, Sperenberg 
(Kreis Teltow), Tempelhof und Rixdorf bei Berlin. | 

Valvata piscinalis MvwL. — contorta MüLn. Zahl- 
reich in schönen und grossen Stücken. 

Pisidium amnicum Min. Eine sicher bestimmbare 
rechte Klappe. | 

Diesen Süsswassereonchylien schliesst sich nun merk- 
würdiger Weise eine Mactra an, die die grösste Ueber- 
einstimmung mit M. solida. L. zeig. Aus nordischem 
Tertiärgebirge scheint keine Mactra bekannt zu sein und es 
ist daher kaum zweifelhaft, dass wir es mit einer Diluvial- 
muschel zu thun haben. Da nur ein einziges Stück vor- 
gekommen ist nnd die Anzahl von Beobachtungen über Dilu- 
vialfossilien bis jetzt noch so gering, so kann man vorläufig 
weitere Schlüsse hieran nicht anknüpfen. Endlich sind noch 
nicht selten vorkommende Knochenfragmente von Säugethieren 
zu nennen. 


suchung nicht. 


332 


Anhangsweise erwähne ich noch einer Koralle von Astraea- 
ähnlichem Habitus; nach Herrn Bryrıc#’s Mittheilung kommt 
dieselbe nicht selten im Diluvium vor; über ihr Alter ist vor- 
läufig gar nichts bekannt; ihr Aussehen und ihre Erhaltungs- 
weise scheinen darauf hinzudeuten, dass sie eine sehr recente 
Form sei. Das Material genügt zu einer genaueren Unter- 


ty 


x 


Erklärung der Figuren. 
Tafel VI 


Atrypa laevigata. a Rücken-, 5 Bauch-, e Seiten-, d Stirn- 
Ansicht, e das Spiralgerüst. Natürliche Grösse. 

Orthisina dichotoma. a Bauch-, 5b Rücken-, ce Stirn-, d Seiten- 
Ansicht. Natürliche Grösse, 

Eutima multispirata. Natürliche Grösse. 
Cerithium politum. a und 5b natürliche Grösse; e Mündung von 
unten, doppelte Grösse. 

Melania Beyrichi. a und 5 Seitenansichten, ce untere Ansicht, 
natürliche Grösse; d doppelte Grösse. 

Crania strix. a von innen, b von aussen, c von der Seite, 
natürliche Grösse, d doppelte Grösse. 

Salenia pygmaea Has. sp. a von oben, 5 von unten, e von der 
Seite, sechsmal vergrössert, d natürliche Grösse. 

Paludina dilwiana. a und 5b von Tempelhof, ce und d von . 
Westeregeln, natürliche Grösse. 


= 


333 


4. Tertiärconglomerat im Trachyte zu Nagyag. 


Von Herrn H. Hörer ın Wien. 


Die neueren Forschungen auf dem ebenso interessanten 
als lehrreichen Gebiete des Gangstudiums beweisen, dass es 
vorwiegend der Einfluss des Nebengesteins ist, der eine Aen- 
derung in dem Verhalten der Gänge einer Erzniederlage be- 
wirkt. Durch die wichtigen Mittheilungen im Jahrbuche der 
k. k. geologischen Reichsanstalt 1857 von den Herren Ober- 
Bergräthen Freiherrn v. Hıngexau und später JOHANN GRIMM 
wurde ein diessbezüglicher Einfluss bei den Gängen Nagyägs 
als sehr ausgesprochen bekannt, welche Notiz bald in ver- 
schiedene andere fachmännische Arbeiten überging. 

Diese theilt mit, dass im mittelfesten Grünsteintrachyte 
gewöhnlich die Tellur-Goldmineralien (Reicherze genannt) ein- 
brechen, während der Gang im festen Gesteine verdrückt, im 
milden zertrümert wird, und selten in den letzteren zwei 
Fällen Reicherze fuhrt. 

Bei meinen mehr als halbjährigen Studien an Ort und 
Stelle fand ich diese Erfahrung fast immer bestättigt; ich werde 
mir an anderen Orten über das Verhalten der Gänge im Grün- 
steintrachyte einige ergänzende und erläuternde Beobachtungen 
mitzutheilen erlauben; doch hier sei ein durch den Gruben- 
betrieb der neuesten Zeit bekannt gewordenes Beispiel eines 
Einflusses des Nebengesteins der Oeffentlichkeit mitgetheilt, 
das noch ausgesprochener und vielleicht auch geologisch noch 
interessanter ist, als das oben erwähnte; ich fühlte mich zu 
‚dieser Notiz umsomehr gedrängt, da ich aus den Reiseskizzen 
verschiedener Geologen und Bergleute entnahm, dass man sie 
bei ihrem Besuche in Nagyäg nicht genügend unterrichtete. 

Das Conglomerat mit verschiedenen Uebergängen in 
den grosskörnigen nnd mergeligen Sandstein ist in mehrere» 
hundert Kubikklafter umfassenden Schollen unregelmässig in 


den Trachyt eingelagert, welche bei der Eruption des letzteren 
Zeits, d d. geol. Ges. XVII. 1. 22 


mit empor gehoben wurden und auch zu Tage sichtbar sind. 
Bisher hielt man diese Schollen nur für aufgelagert, bis sie in 
neuester Zeit im nördlichsten Theile der Grube, dem sogenannten 
Longinterraine, angefahren wurden; auch konnte ich unter ähn- 
lichen Verhältnissen kubikschuhgrosse Sandsteineinschlusse — 
Lithophysen von RıcHTHOrEens — im Trachyte beobachten. 
Das Conglomerat sowohl wie der Sandstein entspricht petro- 
graphisch jenen in unmittelbarer Nähe des Bergortes entwickel- 
ten Gebilden, welche vom Herrn Bergrathe Franz v. Haver *) 
zu den tertiären Cerithienschichten gerechnet. werden; e. 
ich bekenne mich zu dieser Ansicht. 

Das Conglomerat besteht aus bis faustgrossen Quarz- 
geröllen, welche durch ein graues Biodenstent oft sehr fest 
verkittet sind. 

Die Quarzgerölle zeigen einen gleichartigen derben Bruch, 
sind undurchsichtig, weiss bis grau, selten mit einigen schwarzen 
Streifen durchzogen. Das spezifische Gewicht dieses unzer- 
setzten Quarzes bestimmte ich von 2,610 — 2,638, im Durch- 
schnitte mit 2,629; in der Nähe der Gänge zeigen sich die 
Quarzgerölle sehr oft zersetzt, wo man sodann in den dadurch 
entstandenen Hohlräumen eine weisse, sandige, in Säuren nicht 
brausende Masse findet. Oft ging diese Umwandlung noch 
weiter und die Hohlräume sind mit sehr festem Pyrite aus- 
gefüllt, welcher jedoch in der Mitte immer noch etwas von 
diesem zersetzten Quarze enthält. Diese Pyritmugeln sind da- 
. bei von einer ungewöhnlichen Zähigkeit und zeigen eine un- 
deutlich radiale Anordnung und in der Mitte öfters kleine 
Krystalle. Sehr selten sind auch schwärzliche, Zoll grosse, 
schiefrige Einschlüusse (wahrscheinlich Thonschiefer) von eekigen 
Formen als Gemengtheil des Conglomerates zu beobachten. 

Das Bindemittel ist gewöhnlich grau und thonig, und 
braust höchst selten und dann nur sehr wenig mit Säuren. 
Wir müssen hiermit das Conglomerat bei dem Vorherrschen 
der Quarzgerölle als ein sehr kieselreiches Gestein auffassen, 
in etwas schwächerem Grade auch den Sandstein, in welchen 
das Conglomerat durch Kleinerwerden der Quarzgerölle und 
Hervortreten des Bindemittels übergeht. _ Wird letzteres sehr 
vorwiegend, so übergeht der Sandstein in die mergelige Va- 


*) Siehe dessen höchst werthvolles Werk: „Geologie Siebenbürgens“* 


y 335 


-rietät, welche mild und an manchen Stellen reich an feinen 


- Eisenkiesschnürchen ist. 


Diese Tertiärschollen zeigen keinen besonderen Unter- 
schied an der Grenze gegen den Trachyt, die immer ganz 
scharf ist, gegenüber dem Inneren; es wäre mithin eine Me- 
tamorphose der älteren Tertiärgebilde durch das Eruptivgestein 
nieht zu bemerken, 

Der Grünsteintrachyt (hierorts Porphyr genannt) 
zeist im Allgemeinen eine licht bis dunkelgrune Farbe, 
nur die zersetzteren Varietäten sind weiss. Er ist fast über- 
all verwittert und zeigt in gleichartig grünlicher Grundmasse 
weissen Feldspath, schwarzen Glimmer, und seltener weissen 
und grauen Quarz eingestreut. 

An stark zersetzten Stücken waren die Conturen der Feld- 
spathausscheidungen etwas verschwommen, der Glimmer grau 
bis braun, jedoch noch in deutlichen Krystallen, und an einigen 
waren grüne Nadeln (von zersetzter Hornblende) zu erkennen, 
Es ist dieses mithin der Grünsteintrachyt vos RicHTHorEn’s, 


bekanntermaassen der vorherrschende Träger der edlen Erz- 


gänge in Ungarn und Siebenbürgen. Dieser Grünsteintrachyt 
umhüllt die Conglomeratmassen und zeigt an der Grenze in 
petrographischer Hinsicht keine besondere Veränderung; nur 
eine grössere Zerkluftung ist auffallend. 

Dass unsere Erzlagerstätten wirkliche Gänge sowohl 
im 'Trachyte als im Conglomerate sind, dürfte ein flüchtiger 
Durchblick der folgenden Zeilen beweisen. 

Die Erzgänge treten im Conglomerate als sogenannte Oon- 
tactklüfte an der Grenze gegen. den Grünsteintrachyt auf, oder sie 
durchsetzen ohne Störung von dem einen Gesteine in. das 
andere, oder beide Fälle combiniren sich, wo sich dann der 
Gang beim Uebertritte in das andere Gestein einige Zeit an 
der Steinscheide schleppt, und dann mit dem früheren Ver- 
flächen in das andere Gestein fortsetzt; es wird hiemit eine 
scheinbare Verwerfung gebildet. 

Bezüglich der Mächtigkeit der Gänge wäre zu bemerken, 
dass diese im Conglomerate selten unter 2 Zoll heruntersinkt, 
während im Grünsteintrachyte oft nur eine Steinscheide sicht- 
bar ist. 
| Die grösste Erweiterung der Gänge im Conglomerate 
beobachtete ich mit eirca zwei Fuss. Im Allgemeinen sind 


22 


letztere auch inniger mit dem Nebengestein verwachsen als im 
Grünsteintrachyte und haben im ersteren auch u rauhere, 
unregelmässigere Saalbänder. 

Es sind die bisher erwähnten Verhältnisse dadurch er- 
klärt, dass man sich durch das ungleichförmige Zusammen- 
ziehen beim Abkühlen der Eruptivmasse die Gänge sowohl 
im Grünsteintrachyte (also hier Contractionsspalten) entstanden 
denkt, als der dadurch ungleich vertheilte Druck auf die Con- 
glomeratlinsen dieselben knickte (Knickungsspalten). Jedoch 
die wesentlichste Veränderung, welche die Gänge im Con- 
glomerat - Sandsteine erleiden, ist die Aenderung der Gang- 
formation. Während diese im Grünsteintrachyte vorwiegend der 
Tellurformation (Manganblende und Manganspath mit Nagyägit) 
und untergeordnet der klinoedritischen Blei-Zinkformation (Blei- 
glanz, Zinkblende, silberhaltige lichte Fahlerze und weisser 
krystallisirter Quarz) angehören, so tritt im Conglomerate die 
edle Quarzformation (hier vorwiegend grauer Quarz mit Kupfer- 
fahlerz und Sylvanit) auf. Am besten lässt sich der For- 
mationsubergang dann studiren, wenn ein Gang unbeirrt 
durch die beiden Gesteine setzt; die Manganverbindungen 
treten schon auf grösserer Entfernung vom Sandsteine zurück, 
um dem Kupferfahlerze und dem grauen mikrokrystallinischen 
Quarze Platz zu machen. 

Ein solcher ausgesprochener Einfluss dürfte jedenfalls 
- geologisch wie bergmännisch von hohem Interesse sein; denn 
während im Grünsteintrachyte in nur höchst untergeordneten 
Partien sehr selten Sylvanite (die goldreicheren Erze) ein- 
brechen, sondern nur Nagyägite (die goldärmeren Erze), so ist 
dies im Conglomerate total verkehrt. Man fand ferner: 

dass sich der Adel vorwiegend dort anhäufe, wo der 
Gang innig mit dem Conglomerate verwachsen ist, 

vorwiegend dort, wo dasselbe grössere Quarzgerölle führt, 

vorwiegend dann, wenn der graue Gangquarz drusig wird, 
oder dann, wenn Glauch *) oder Eisenkiesschnürchen zu- 
schaaren, 

und dass sehr selten ein ergiebiger Anbruch im merge- 
ligen Sandsteine vorkam. 


Ds 


*) Mit dem ne Glauch bezeichnen die hiesigen Bergleute ke, 
den Grünsteintrachyt durchsetzende Trachytgänge. 


{ 33 


Sehon früher wurde erwähnt, dass die Quarzgerölle in der 
Nähe des Ganges oft zersetzt und manchmal pyritisirt sind; 
diesen Einfluss konnte ich auf manchen Stellen auf zwei bis 
drei Fuss Entfernung vom Gange nachweisen. Jedermann wird 
diese Veränderung als Wirkung der Gangbildung erkennen und 
mit mir annehmen, dass die in den Spalten eireulirenden So- 
lutionen den Quarz des Conglomerates und Sandsteines auf- 
lösten und ihn als grauen Quarz an den unmittelbar nahe 
liegenden Saalbandern absetzten; dass durch diesen Process 


auch eine Präecipitirung der Metallbestandtheile erfolgt ist, 


wäre mit grosser Wahrscheinlichkeit vorauszusetzen. Es würde 
dadurch auch die Erfahrung, dass die Sylvanite in der Nähe 
des grosskörnigen Conglomerates einbrechen , erklärt werden, 
da die chemischen ‘Wirkungen daselbst am lebhaftesten vor 
sich gingen. Die vielen mitgetheilten Beobachtungen geben 
mithin betreffs der Bildung des grauen Gangquarzes und der 
Pyritmugel im Conglomerate ein sehr lehrreiches Beispiel einer 
Art Lateral-Secretion, einen sprechenden Beweis für den 
chemischen Einfluss des Nebengesteins bei der Bildung der 
Gangmineralien. 


9, Beiträge zur Geologie der Insel Bornholm. 


Von Herrn K. v. Sessacn ın Göltıngen. 


(Aus einem Brief an Herrn Bkyrich.) 


Hierzu Tafel VII. 


‚Im Sommer 1863 bin ich in Bornholm ‚gewesen. Das 
sanft ansteigende Terrain, die mächtige Diluvialbedeckung, die 
selbst von den grösseren Bächen nur selten durchschnitten 
wird, und die weiten Heideflächen überzeugten mich aber bald, 
dass eine genauere geognostische Kartirung hier ohne zu 
diesem Zweck besonders bewirkte Aufschlusse nicht ausführ- 
bar sei. Einige wenige interessante Punkte ausgenommen 
bietet die von Sedimentärformationen gebildete Südwesthälfte 
der Insel keine brauchbaren Entblössungen dar. Der Geolog 
ist hier fast ausschliesslich auf die Küste angewiesen. Aber 
selbst an dieser sind lange Strecken durch das herabgestürzte 
Diluvium, den treibenden Flugsand und die zum Schutz gegen 
den letzteren angelegten Anpflanzungen bedeckt. 

So ist es gekommen, dass ich wesentlich neue Beobach- 
tungen nicht gemacht, sondern mich damit habe begnügen 
müssen, frühere Wahrnehmungen zu controliren und mir ein 
allgemeines Bild von der geognostischen Configuration Born- 
holms zu verschaffen. | 

Die von mir gewonnenen Resultate durften indess dadurch 
einiges Interesse haben „ dass wir bei der ausserordentlich in 
Anspruch genommenen Zeit von Prof. FORCHHAMMER auf die 
Hoffnung verzichten müssen, in der nahen Zukunft eine neue 


dem gegenwärtigen Stande der Wissenschaft entsprechende 


Darstellung der geologischen Verhältnisse Bornholms von 
diesem Meister der dänischen Geologie zu erhalten. 

Zu besonderem Danke bin ich noch verpflichtet dem 
Herrn M. JESPERSEN, Adjunkt an der Realschule zu Rönne, 
in dem ich für die meisten meiner Excursionen einen ebenso 


»e 
5 
N; 


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u: r ie 


339 


liebenswürdigen als sach- und ortskundigen Führer gefunden 
hatte. | 

Die krystallinischen Gesteine, welche bekanntlich den 
grösseren nordöstlichen Theil der Insel ausmachen und im 
Rytterknaegten 496 Fuss Seehöhe erreichen, mussten in Folge 
der beschränkten Zeit unberücksichtigt bleiben und der einzige 
Ausflug, den ich nach der Nordspitze des Insel unternahm, 
galt der pittoresken Schönheit der mächtigen Granitklippen im 
Kirchspiel Rö an der Hammershuus Ruine nnd bei Johns 


Capelle. 


Die Grenze dieses krystallinischen Kerns gegen West und 
Sud ist schon auf der Karte von RawERT und GaRLIEB und bei 
OERSTEDT, Esmarc# und FORCHHAMNER (1819) ziemlich richtig 
angegeben. Die Grenzlinien von Ravnebaeck nördlich von 
Hasle bis zu dem Hügel südlich von Blycoppeaae, auf 
dem Knuds Kirche steht, ist jedoch noch sehr fraglich und 
hypothetisch, da in dieser ganzen Erstreckung die Reliefverhält- 
nisse der Oberfläche keinerlei Anhalt bieten und nur östlich 
von Nykirche das Zurücktreten des Granits nach ForchH- 
HAMMER’s Karte in den kongel. Vidensk. Selsk. Naturvidensk. 
og. math. Afhandl. 1838. Bd. 7 Taf. 1 ein Zurückweichen des 
Granits von der Küste wirklich beobachtet worden ist. Ziem- 
lieh genau lässt sich die Grenze westlich von Knudskirche 
bestimmen, wo in vielen Steinbrüchen ein herrlicher Syenit- 
Granit gewonnen wird. Nach einer kurzen Unterbrechung 
durch Blemme Lyng scheint dann der Abfall des centralen 
Plateaus und die südliche Grenze von Hoc-Lyngen an- 
nähernd auch die Grenze zwischen den krystallinischen Ge- 
steinen und den Sedimentärformationen zu bezeichnen. Die- 
selbe verläuft in dieser ganzen Erstreckung, wenn man absieht 
von- einigen wenigen Undulationen und einer, wie es scheint, 
isolirten Granitinsel, auf welcher Aakirkeby liegt, nahezu west- 
östlich und erreicht unweit Friedrichs Steinbruch nördlich von 
Nexö die östliche Küste. 

An diesen krystallinischen Kern legt sich nach Suden, 
wie wir schon seit 1819 aus den gleichzeitigen und ganz 
üubereinstimmenden Berichten von RAWERT und GARLIEB, von 
VARGAS, BEDEMAR und von ÜERSTEDT, EsMmArcH und FORCH- 
HAMMER wissen, ein röthlich-grauer Sandstein. Nur eine petro- 
graphische Varietät dieser Formation sind die in der letzt 


340 
eitirten Arbeitunterschiedenen sogenannten grünen Grauwacken 
und Schiefer. Dass dieser Sandstein wirklich den Untergrund 
‚der ganzen Fläche von Nylarskirche bis Paulskirche und Nexö 
bildet, haben nach den Mittheilungen von Herrn JESPERSEN 
neuere Brunnenausgrabungen durchaus bestätigt. Das Streichen 
dieses Sandsteins ist parallel der Südgrenze der krystallini- 
schen Gesteine nahezu ostwestlich; das Fallen ist südlich von 
0—30 Grad. Dieser Sandstein wird überlagert von Alaun- 
schiefer, welcher Versteinerungen aus der sogenannten Primor- 
dialfauna umschliesst. Hierdurch wird der Sandstein als 
ein Aequivalent des schwedischen Fucoiden-Sandsteins und des 
cambrischen Sandsteins bei Christiania characterisirt. 

Der Alaunschiefer ist bei Borregaard an der Oleaae und 
bei Limensgade an der Laesaae zu beobachten. Ob die ost- 
liche Alaunschieferpartie am Rispebjerg mit der an der Lae- 
saae zusammenhängt, wie man erwarten sollte, oder ob sie in 
der That zwei derartig getrennte Abschnitte bilden, wie sie 
auf den vorhandenen Karten dargestellt werden, konnte nicht 
ermittelt werden. An der ersteren Stelle bedeckt der Alaun- 
schiefer den Sandstein in concordanter Lagerung; bei Limens- 
gade jedoch schien er ihm ubergreifend aufgelagert, doch 
konnte hierüber keine Sicherheit gewonnen werden. Der 
Schiefer selbst ist an beiden Orten bei fast rein ostwestlichem 
Streichen nur wenig gegen Süd geneigt. 

Bei Limensgade ist derselbe ungefähr 25 Fuss mächtig 
und enthielt Dietyonema Hisingeri und undeutliche Graptolithen. 
Am Rispebjerg findet sich in den Alaunschiefer eingelagert 
fester späthiger z. Th. anthraconitartiger Kalkstein, der stellen- 
weise ganz, erfüllt ist von Petrefaeten. Es ist dies AnGELın’s 
von ihm selbst schon von Bornholm eitirte regio Conocory- 
pharum, die ich aber weder hier, noch, soweit meine Beobach- 
tungen reichen, bei Andrarum für einen im Alter wesentlich 
von der regio Olenorum verschiedenen Horizont halten kann. 
Von den 4 von ANngELIN in den beiden ersten Lieferungen 
seiner Palaeontologia Suecica von Bornholm angegebenen Arten 
Anomocare excavatum, A. difforme, Solenopleura holometopa und 
S. brachymetopa fand ich nur Cephalothorax - Fragmente der 
Anomocare diforme; ausserdem aber wurden noch gefunden 
sehr zahlreiche aber leider nicht näher bestimmbare Bruch- 
stücke von Segmenten und Kopfschildhörneru von Paradoxides, 


a u - 


sowie Agnostus pisiformis, A. bituberculatus und A.? punctuosus. 
Ausser den Trilobiten konnte ich nur noch eine kleine Acro- 
treta- Art wahrnehmen, die, gesellig vorkommend, nicht eben 
selten zu sein scheint, und die ich daher Acrotreta socialis ge- 
nannt habe. Dieselbe steht in der Mitte zwischen Aer. sub- 
conica Kurorca (Verh. d. min. Ges. z. St. Petersburg 1847 
S. 275 Taf. 7 Fig. 7) und sSipkonotreta conoides Kur. (ib. 
S. 269 Taf. 7 Fig 2). Der allgemeine Habitus stimmt durch 
die conische Form und den abstehenden Wirbel der grösseren 
Klappe mit Acrotreta, wogegen die feinen Wärzchen dieser 
Gattung nach KurorcA fehlen sollen und somit an Siphono- 
treta erinnern wurden. Was die Reste des inneren Apparats 
anlangt, so finden sich in der grösseren Klappe die eingesenkte 


Röhre und die 3 Knötchen an beiden Seiten und vor dieser 


in ganz ähnlicher Weise wie bei den Siphonotreten, der Bau 
der inneren Seite der kleineren Klappe ist dagegen ziemlich 
abweichend. Man unterscheidet ein mittleres Dorsalsystem mit 
einer kleinen Schlossplatte und einen Muskelansatz hinter sich, 
sowie zwei divergirende Leisten, die von dem Vorderende 
des Septums auszugehen scheinen. Besonders auffällig sind 
aber zwei seitlich am Schlossrande gelegene Höcker, die un- 
willkürlich an die Schlosszähne der Terebratuliden ete. er- 
innern, über deren Wesen ich mir aber kein Urtheil erlaube. 
Vorzüglich durch diese Höcker scheint sich mir die vorliegende 
Form von Siphonotreta zu ünterscheiden und darauf hinzudeuten, 
dass Acrotreta KuroreA wirklich eine von Siphonotreta ver- 
schiedene, wenn auch unmittelbar neben dies Genus gehörige 
Gattung sei. Die Aehnlichkeit mit Cyrtia muss ich mit Davıp- 
SON für eine rein äusserliche halten. Dagegen erinnern die 
verdrückten Exemplare der kleineren Klappe von A. socialis 
in dem Graptolithenschiefer dermaassen an M’CovY’s Spondylo- 
bolus, dass ich an die Identität beider Formen glauben muss.*) 

Durch das Vorkommen dieser kleinen Acroteta werden in 
das gleiche Niveau auch die Alaunschiefergeschiebe gestellt, 
die man von Stampen an längs der ganzen Sudwestküste am 


Auf Taf. VIII. ist Acrotreta socialis in 10maliger Vergrösserung 
dargestellt, Fig. 1 ist die Schlossansicht, Fig. 2 die Seitenansicht, Fig. 3 
die innere Ansicht der grösseren Klappe; Fig. 4 zeigt die innerste 
Schalenschicht der kleineren Klappe von aussen gesehen. 


a 


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N AR 
ER 


N a A e 
\ n MRZEL, N wi N EN RS; | 
be £ P EU 
. RN A 
342 x E RE N 


Strande des Meeres findet. Sie umschliessen ansser der Acro- 
treta socialis die von SCHARENBERG beschriebenen GeaBepEr 
in zahlreichen Exemplaren. ER 

Auf dem Alaunschiefer von Limensgade und dem südlich 
hiervon gelegenen Riseskowgaard liegt. unmittelbar auf der Va- 
ginatenkalk, auch petrographisch in ganz gleicher Weise ent- 
wickelt, wie ich ihn in Russland kennen gelernt. . Von Petre- 
facten wurden nur gefunden Pygidien von :Asaphus expansus, 
Illaenus crassicauda und einer Megalaspis-Art, sowie Orthoceras 
simplew. 

Da der Vaginatenkalk ebenso wie der Anthraconit vom 
Rispebjerg zum Cementbrennen benutzt wird, so werden: beide 
wie früher in den Beschreibungen so noch heute von den 
Anwohnern als „ÜOementstein“ mit einander zusammenge- 
worfen. 

Mit dem Vaginatenkalk schliesst auf Bornholm die Reihe 
palaeozoischer Gebilde, die bei der allgemeinen ostwestlichen 
Streichlinie mit sudlichem Einfallen die grösste Verwandtschaft 
mit. Scandinavien und speciell, wie bekannt, mit dem südlichen 
Schweden besitzen. 

Die nächst jüngern Schichten sind: nach FORCHHANMER 
der Vellingsaae- oder Laesaae-Sandstein, der von ihm mit den 
Schichten von Noer und Vidseröd in Schonen parallelisirt und 
als oberer ‚Keuper: bezeichnet wird. Diese Deutung muss ich 
jedoch — soweit sie sich auf das “Vorkommen in Bornholm 
bezieht — für noch nicht sicher erwiesen halten und habe mich 
an den wenigen und ungenügenden  Aufschlusspunkten: des 
festen grauen versteinerungsleeren Sandsteins nicht einmal von 
seiner Verschiedenheit von dem cambrischen Sandstein sicher 
überzeugen können. | 

Die jüngeren Glieder der sogenannten Bornholmschen 
Kohlenformation fand. ich längs ‚der Küste in ganz ähnlicher 
Weise gegliedert, wie dies FORCHHAMMER in seiner Monographie 
dieser Schichten (Vid. Sel. naturwid. og mathem. Afh. VII 
deel 1838) angegeben, indem sich von Leuka bis nördlieh von 
Hvidodde ebenso wie an der Mündung von Vellingsaae eine 
durch die Lagerung als junger bezeichnete Abtheilung von 
mildem grauem Sandstein und Thon auf die harten mit Eisen- 
oxydhydrat durchzogenen vielfach variirenden unterliegenden 


343 


Schichten auflegt. Ueber die Begrenzung und Anordnung dieser 
Schiehten im Innern lässt sich nichts Bestimmtes aussagen, 
doch deuten die zahlreichen Beobachtungen uber das Streichen 
und Fallen dieser Formation, die ich langs der Küste anstellte, 
übereinstimmend auf eine einfache Muldenbildung hin. Die 
Streichlinie ist nordwest - sudöstlich und schwankt zwischen 
‚Stunde 8 und 10+.  Oestlich'von Arnager fallen die Schichten 
mit 10---15 Grad gegen Südwest zwischen Stampen und Or- 
mebaeken, aber gegen Nordost mit 23—50 Grad. Bedeutende 
Abweichungen von der allgemeinen Streichlinie, wie sie sich 
auf, dem zweiten Kartenblatt bei Oerstedt und Esmarch auf- 
gezeichnet finden, konnte ich weder hier noch bei Leuka auf- 
finden und auch H. JESPERSEN bezweifelte ihre Existenz. 
Zwischen Ormebaeken und Hvidodde ist die untere Abtheilung 
der Kohlenformation entwickelt; sie erscheint von der See aus 
horizontal gelagert und besitzt nur eine geringe Neigung gegen 
NO. Dies Fallen erhält sich auch in der oberen Abtheilung 
bis an die Blykoppeaae, in deren Nähe die Flötze vom Sor- 
that- Kohlwerk senkrecht stehen. Weiter nördlich bei Hasle 
hebt sich die untere Abtheilung wieder heraus mit einem ge- 
ringen Fallen gegen SW. Das weit westliche : Hervortreten 
der krystallinischen. Gesteine bei Knudskirche und das, wie es 
scheint, noch beträchtlichere bei der Blykoppeaae wurde sich 
leicht durch die Annahme einer nach dem :Absatz der Born- 
holmschen :Sedimentärformationen erfolgten localen und ver- 
hältnissmässig plötzlichen Hebung der krystallinischen Massen 
(oder Senkung jener) und einer hierdurch veranlassten Denu- 
dation des östlichen Muldenflugels. bei Knudskirche und an 
der Blykoppeaae erklären lassen. 

Petrefacten sind in den Schichten der Bornholmschen 
.Kohlenformation ausserordentlich selten. FORCHHAMMER eitirt 
die Pflanzen- (meist Cycadeen-) Reste von Nebeodde nördlich von 
Rönne, einige nicht ganz sicher bestimmbare Zweischaler von 
Hvidodde ‚und einige andere Conchylien von Ormebaeken. 
Leider sind auch die letzteren nur wenig characteristisch und 
allein Avicula inaequivalvis Sow. giebt einen Anhalt. Aber da 
die verticale Verbreitung dieser Muschel, .die Speeies in ihrer 
früheren Ausdehnung aufgefasst, vom unteren Lias bis in die 
untere Kreide reicht, so bleibt hier immer noch. ein, weiter 


Spielraum für die Stellung dieser Schichten übrig. Es war 
daher mein Bemühen durch weitere Funde den geognostischen 
Horizont der Schichten von Ormebaeken zu bestimmen. Das. 
ist jedoch nur unvollständig gelungen, weil auch ich keine 
| characteristische zweifellos sicher bestimmbare Formen habe 
finden können. Das versteinerungsführende Gestein ist ein 
eisenschüssiger Sandstein, den das Meer zwischen den grossen 
Granitblöcken im flachen Wasser losschwemmt. Die Ausbeute 
ist daher sehr vom Zufall und besonders von dem Winde und 
der von diesem bedingten Höhe des Wasserstandes abhängig. 
Ausser einem leider nicht mehr bestimmbaren Belemniten und 
dem sehr unvollkommenen Fragmente einer glatten Terebratel 
fand ich nur Conchiferen und einige Gastropoden. Ich glaube 
dieselben folgendermaassen bestimmen zu können: 

Leda cf. aequilateralis A. ROEMER. 

Nur durch bedeutendere Grösse von dem Vorkommen am 
Mehler Dreisch unterscheidbar. 

Leda Bornholmensis sp. nov. Diese Species steht der 
elliptica am nächsten, doch ist der Wirbel mehr hervorragend, 
die Ecke zwischen dem Schlossrand schärfer und ein zwar nur 
kurzer aber deutlicher Hinterrand vorhanden. Die Kerbzähne 
des Schlossrandes beweisen die Zugehörigkeit zu den Acraceen; 
der Mantelrand konnte nicht beobachtet werden; der Habitus 
lasst eine Leda vermuthen; nicht selten. 

Arca cf, cucullata Münster (GoLpruss Petref. Germ. 
Taf. 123 Fig 7; Anpree in Zeitschr. d. D. geol. Gesellschaft 
1860 Bd. XII. Taf. 14 Fig. 8). Der Habitus passt gut zu 
AnDRER’s Figur, die centrischen Zuwachsstreifen zu GoLp- 
russ’s Darstellung, doch konnten die von beiden angegebenen 
Radialstreifen noch nicht beobachtet werden; nicht selten. 

Cardium ef. coneinnum Lxc. und Morrıs (Moll. of the 
Great Ool. Taf. 7 Fig. 7).. Der Umriss nicht eckig und keine 
hintere Kante, wodurch eine Annäherung an das nahe ver- 
wandte aber bloss auf der hinteren Fläche radialgestreifte 
Protocardium striatulum Sow. sp. (= Card. concinnum striatulum 
bei L. v. Buch = C. concinnum bei TRAUTSCHOLD) stattfindet. 
Doch unterscheidet sich dies letztere, das ich selbst im Kim- 
meridge bci Weymouth gesammelt habe, auch noch durch 
grössere Breite von der Bornholmer Form. 

Astarte pulla A. RoEMER (cf. GoLpr. Petr. Germ. Taf. 154 


345 


‚Fig. 10; nicht ganz so gut stimmt Auprer’s Abbildung a.a. O. 
Taf. 14 Fig. 4). Vollkommen mit dem nordwestdeutschen 
Vorkommen übereinstimmend; häufig. | 

Astarte suplana D’OrB. bei AnDREE (a.a. ©. Taf. 14 Fig. 6 
non A. plana Roeu.). Auf diese Form scheinen einige flache 
nach hinten erweiterte Steinkerne zu deuten. 

Anatina undulata« Sow. sp. (cf. Prmızu Yorksh. Taf. 5 
Fig.1 = Cercom. pinguis Ac. etud. Taf. 11 Fig. 19 und besonders 
lla Fig. 17 und 18). Der weitausspringende Vordertheil 
stimmt durchaus, die hintere Spitze aber viel länger ausgezogen 
als in allen vorhandenen Abbildungen. Die feinen Punkt- 
streifen der Anatinen deutlich erkennbar. 2 Exemplare. 

Dentalium sp.ind. (D. eylindricum Sow. bei FORCHHAMMER). 
Erinnert vielfältig an D. entaloides DesLone. ist aber nicht mit 
Sicherheit zu bestimmen. Sehr häufig. 

Pleurotomaria cf. granulata Dest. Der allgemeine Habitus 
stimmt vorzüglich, aber es ist leider keine Spur der Sculptur 
erhalten und somit jede genaue Bestimmung unmöglich. 2 Exem- 
plare. 

Ausserdem fand ich noch Bruchstücke, die sich mit Be- 
nutzung von FORCHHAMMER’s Angaben als zu einer duplicaten 
Lima - Art gehörig erkennen lassen und Herr JESPERSEN eben- 
daher ein vortrefflich erhaltenes Exemplar eines glatten /no- 
ceramus vom Habitus des /. concentricus PArRk., den ich jedoch 
nicht genau zu bestimmen vermochte. An den beiden anderen 
ausser Ormebacken durch FoRCHHAMMER noch bekannt ge- 
wordenen Fundpunkten von Petrefacten, an der Nebbeodde und 
an der Hvidodde konnte ich nichts Neues auffinden. Zuihnen 
kommen aber noch zwei neue Fundorte, auf die mich Herr 
JESPERSEN aufmerksam machte. Es ist das Kolbergs Lehm- 
grube dicht bei Rönne, wo in einem grauen Thon zahlreiche 
Pflanzenreste meist von Cycadeen vorkommen, und dann die 
Küste unterhalb des Exercierplatzes von Hasle. Hier finden 
sich in einem braunen, im frischen Zustande grünlichen Sand- 
steine mit einzelnen Glimmerblättchen und grösseren Quarz- 
körnern : zahlreiche , aber leider nur ungenügend erhaltene 
Muschelversteinerungen. Ich fand: 

Avicula inaequivalvis Sow. 2 Exemplare. 

Avicula sp. ind. klein, bauchig (könnte A. echinata Sow. 
sein) ziemlich selten. 


“ 


Leda Bornholmensis sp. nov. selten. 

- Tancredia courtansata Pr. sp. (ef. Lvc. u. Moan. Moll. 
af the Great. Ool. Taf. 13 Fig. 7). Es ist dies eine Muschel 
vom allgemeinen :Habitus der Tancredien, besonders der 7. 
awiniformis, aber etwas kürzer und bauchiger als diese Speeies. 
Volle Sicherheit in der Bestimmung konnte nicht erreicht 
werden, und da der Schlossbau nicht beobachtet werden konnte, 
so ist nicht einmal die generische Stellung zweifellos; häufig. 

Myoconcha sp. ind. Nur ein unvollständiges Exemplar, 
das Morrıs und Lyortr’s Darstellung der M. erassa Sow. am 
nächsten steht. 

Astarta pulla A. Roru. selten. 

Dentalium sp. ind. wie bei Ormebaeken. 

Die eben angeführten Petrefacten von Ormebaeken und 
Hasle machen es offenbar wahrscheinlich, dass die Born- 
holmsche Kohlenformation in die Zeit des Bathooliths gehört. 
Bei der allmäligen Senkung der baltischen Länder und dem 
Fortschreiten des Jurameeres nach Osten fand ähnlich wie im 
nördlichen Gross-Britannien auch in den Buchten des damaligen 
skandinavischen Festlandes eine Kohlenbildung statt, ‚die gleich- 
alterig ist mit den pelagischen Bildungen, welche die Jura-Ge- 
rölle der norddeutschen Tiefebene mit Avicula echinata darstellen, 
mit dem Oornbrash des nordwestlichen Deutschlands und mit 
dem classischen Vorkommen bei Bath und Minchinhampton. 

Die Glieder der Kreideformation sind in Bornholm auf 
die Küste zwischen Stampen und Arnager beschränkt. Ob der 
von FORCHHAMMER an der Blykoppeaae angegebene Grunsand 
wirklich hierhin zu rechnen sei, ist mir sehr zweifelhaft 
und wird bloss durch die Auffindung von Petrefacten, die meines 
Wissens hier noch nicht vorgekommen, zu erweisen sein. Auch 
die Kreideformation zeigt auf der Südküste auf eine Mulden- 
bildung hin. 

Das unterste Glied der Bornholmer Kreide ist der sogenannte 
Grunsand. Derselbe ist von der bekannten glaukonitischen 
Färbung, meist mürbe und reich an Wasser, nur selten, wie 
z. B. bei Stampen, von festen Bänken eines ausserordentlich 
harten Quarzits durchzogen. Dass dieser scandinavische Grün- 
sand weder mit dem Neocom noch mit der Tourtia etwas zu 
thun hat, machen schon die von NıLsson aus ihm beschriebenen 
Petrefacten wahrscheinlich. Ganz neuerdings hat aber FoRcH- 


\ 


“ 


» 


HAMMER in seiner interessanten Abhandlung über die jüngere 
Kreide in Dänemark*) aus den Lagerungsverhältnissen bei 
Thune unweit Röskilde bewiesen, dass der seeländische Grün- 
sand die Schreibkreide überlagert, und wenn die von ihm ge- 
gebene Deutung der zwischen beiden vorkommenden Schichten 
richtig ist, wie ich nicht bezweifele, sogar noch jünger ist als 
der Faxö- und Saltholmkalk. Da nun die Identität des see- 
ländischen und bornholmschen Grünsandes zweifellos sein 
dürfte, so- würde auch dieser, wie der scandinavische Grünsand 
überhaupt gleich alt oder vielmehr gleich jung sein. Von Pe- 
trefacten fand ich besonders an der Baunodde: Belemnites 
mucronatus, nur in jungen Exemplaren, aber häufig Ostrea di- 
luviana, Pecten serratus NıLs., nicht selten, Terebratula carnea 
Sow. nur ein Exemplar und einen Cidaritenstachel. 

Der Grünsand schliesst nach oben mit einer eonglomera- 
tischen Schicht, die von Brocken von grauen Kalksteinen ge- 
bildet wird und die den Uebergang bildet zu dem Arnagerkalk. 
Der Arnagerkalk ist an der Küste westlich von Arnager bis 
zur Horsemyrodde zu erkennen; er ist frisch von aschgrauer 
spater von weisser Farbe und von unserem norddeutschen 
Pläner mit /noceramus Brongniarti nicht zu unterscheiden. Da 
er den Grünsand bedeckt, so ist er das jüngste Glied der 
scandinavischen und somit wohl der europäischen Kreide über- 
haupt. Die genauere Untersuchung seiner Fauna musste unter 
diesen Verhältnissen von besonderem Interesse sein, ich ver- 
mochte aber nnr folgende Arten zu finden: Terebratula carnea 
häufig, Lima Hoperi Sow. nicht selten, ‚Spondylus striatus nicht 
selten. | 

Nicht ohne Interesse sind endlich die Anschwemmungen 
von Braunkohle und Bernstein an der Südküste, indem sie auf 
eine unterseeische Fortsetzung der Bernsteinformation Preussens 
bis in die Nähe Bornholms schliessen lassen. | 


=) Om Leiringsforholdene og Sammensaetning af det nyere Kridt 
i Danmark. 


6. Ueber Quarz-Krystalle von Striegau in Schlesien. 


Von Herrn Wessky ın Breslau. 
(Hierzu Tafel IX.) 


Die in den Drusenräumen des Granites aus der Gegend 
von Striegau in Schlesien vorkommenden, in der Regel ziem- 
lich dunkelbraunsgefärbien Krystalle des Quarzes sind von 
G. Rose in der im Jahre 1844 in der Königlichen Academie 
der Wissenschaften gehaltenen, im Jahre 1846 gedruckten 
Vorlesung: „Ueber das Krystallisationssystem des Quarzes,“ 
- p- 38 beschrieben worden; es sind Combinationen 

der Rhomboeder R, 2r, 3r erster, r', Tr’ zweiter Ord- 
nung. | 

des Trigono&ders s (Rhombenfläche), 


des Trapezoederss x = (a: !a:ta:c) erster, und 0 — 
(@:40a:+a :c) zweiter Ordnung, und 
der Säulen g und k= (a: ta: +a.: co c); die letztere 


schärft zu je zwei Flächen gruppirt, diejenigen Kanten von 
9 zu, auf welche p nicht aufgesetzt ist; die Krystalle werden 
als Penetrations-Zwillinge bezeichnet, wie sie zuerst HAIDINGER 
(BREWSTER, Journal of science, Vol. I. p. 322) an Krystallen 
des Dauphine, dann G. Rose von vielen Fundorten be- 
schrieben. 

In neuster Zeit sind von dem Lehrer ZIMMERMANN in 
Striegau einige Krystalle des dasigen Quarz-Vorkommens ge- 
sammelt und dem Verfasser zur Verfügung gestellt worden, 
die in mehrfacher Beziehung merkwürdig sind und Gegenstand 
dieser Mittheilung sein sollen. 

Die Endigungen dieser Krystalle haben mehr oder minder 
durch das Vorherrschen dreier Flächen des Dihexa@ders an 
der Spitze rhombo&@drische Conturen ; an Stelle der Rhomboeder- 
Kanten treten aber mehrere kleine Flächen, welche im Grossen 
und Ganzen diese Kanten schief abstumpfen, indern drei dieser 


349 


Flächen, je einer Rhombo&der-Kante entsprechend, vorherrschen ;. 
die Richtung der Neigung dieser Flächen erweist sich ver- 
| schieden, ebenso die Streifung, welche theils parallel der ab- 
gestumpften Kante, theils schräg gegen diese und parallel der 
Combinations-Kante mit dem zurücktretenden Rhomboäder ge- 
richtet ist. & 

Da die Krystalle durchweg, wie schon G. RosE an- 
gegeben, Penetrations-Zwillinge sind, so gehören die durch 
die Kanten-Conturen gebildeten Flächen der Endigung stück- 
weise beiden Rhombo&dern R und r’ an und sind die Theile 
der letzteren durch feine Nähte von einander getrennt und 
durch Oberflächen - Beschaffenheit unterschieden; geht eine 
solere Grenznaht uber eine, die Rhombo&der - Kante ab- 
"'stumpfende Fläche weg, so tritt ein Wechsel in der Neigungs- 
Richtung derselben und sleichzeituz ein Wechsel der Strei- 
fung ein. 

Da an diesen Krystallen die Teäperoederäche x mit 
grosser Schärfe und Glanz und die Trapezo@derfläche o’ sehr 
stark, aber fein und äusserst sauber gestreift auftreten, so orien- 
tirt man sich sehr leicht über die Lage jedes Theiles eines 
Krystalles und ergiebt die Beobachtung, dass die Hauptfläche 
m des die Polkanten des Hhembätas:, abstumpfenden ‘Com- 
plexes: 

1) immer auf diejenige Dihexa&der - Kante aufgesetzt ist, 
an der sich die Rhombenfläche s aufgesetzt befindet, dass 

2) diese Fläche m parallel mit der abgestumpften Kante 
gestreift erscheint, wenn diese Kante dem Gegenrhomboeder, 
unter dem die Trapezoöderfläche o’ liegt, angehört, dass sie 

3) dagegen schräg gegen die abgestumpfte Kante ge- 
streift erscheint, wenn sie die Kante des Hauptrhomboäders 
R abstumpft, in welchem Falle sich dann in der Nähe der 
Spitze eine Anhäufung kleiner Flächen bildet. 

Von den neun mir zur Verfügung stehenden Exemplaren 
zeigen fünf derselben die Trapezoäderflächen x auf der rechten 
Seite unter R, bestehen also — wie mir zu sprechen erlaubt 
sein möge — aus Rechts - Quarz, vier Exemplare dagegen in 
diesem Sinne aus Links-Quarz. 

Diese letzteren, also die Links-Quarz-Krystalle, zeigen m 
„rechts geneigt bei schräger Streifung, links geneigt bei einer 
 Zeits. d.d.geol Ges. XVI:>; 23 


Streifung parallel der abreeae Polkante; umgekehrt die 
aus Rechts-Quarz bestehenden Krystalle. 

An einem Krystalle, welcher die Fläche m linke Babe 
und parallel der abgestumpften Kante gestreift zeigt, ist der 
Glanz der Fläche m und der sie begleitenden hinreichend, um 
die Neigung derselben zu r’ mittelst des Reflexions- Gonio- 
meters bestimmen zu können; es gelang dies jedoch nur unter 
Benutzung eines erleuchteten Spaltes als Objeet und. starker 
Verkleinerungen des reflectirten Bildes. 

Die Abmessung ergab zwischen r’/r’ vier Flächen m,, 


m, m, und m,, wie folgende Tabelle nachweist: 


Tan- Berech- 
genten- Ausdruck nach nete 
re Verhältniss Nei- 
“ISUNS: t9.4797° gung - 
— 4,009, Weiss. Naumann.| Levy. zu r'. 
r'/m,=159°34 | 22485 4m, = $a:18a:'$a:c— AR = (drs dı b°)1159° 33" 
=4 —= %d: 34: Zd:c— HR S(d,yd+ 5’)158° 48° 
r/u2 1939058. .3,066= Sn —= 3a: Basause : ZB 26° 154° 19° 
ne —109239.12.4.005- Am, =. @u: Inu: Ba.c 2" Sl 54 5°)150° 11° 
r'/m,= 127057 —5,795 6m, = ba:Pa:Za:c| #+R 1(bı b} 5°)1128° ı9 
— 7a: Zar: Za:c| 2R 26,642 51)1290 34 


Sn 


Die beobachteten Flächen sind sämmtlich neu; in der 
Endkanten - Zone des Gegenrhomboäders r’ sind bisher nur 


das zweite Prisma a = (a:+a:a:®c) und die an den Kıy- 
ll von Striegau auftretende Trapezo&äder -Fläche 0’ = 
(@:+4:%&:c), welche im Kreuzpunkte mit der Zone g, 0, s 


und 5 be, bekannt. 

Die Symmetrie - Verhältnisse anlangend, so ergiebt. schon 
die Folge der Abmessungswerthe, dass die genannten Flächen 
Mm,» m, m, und m, nur in der Zahl drei um das eine Ende 
der Hauptaxe zum Vorschein kommen; es sind also Viertel- 
flächner von Didodecaödern, die Fläche m ausgenommen, welche 
der Halbflächner eines Dihexaäders zweiter Ordnung ist. 

Betrachten wir die letzte zunächst, so ergiebt ihre Lage 
als aufgesetzt auf dieselbe Dihexaöderkante des gewöhnlichen 
Dihexaeders, an der s liegt, dass m und s in derselben Ver- 

‚ tical-Zone liegen, und dass mit Zuhülfenahme des Abmessungs- 
werthes m die dreifach stumpfere Form von s ist und auch 
+s geschritben werden kann. 


351 


Die Flächen m,, m, und m, anlangend, so lässt sich zwar 
bei dem Fehlen von Kayslalfen, welche an beiden Enden aus- 
gebildet sind und sie zeigen, direct nicht bestimmen, ob sie 
Trapezoädern oder gewendeten Rhombo&dern angehören, es 
unterliegt aber wohl keinem Bedenken, auch für dieselben die 
trapezo@drische Tetartoädrie anzunehmen, da diese zu den 
characteristischen Merkmalen des Quarzes gehört; unter der- 
selben Voraussetzung ist daher m als ein stumpferes Trigo- 
no@der zu betrachten. Die Fläche m, gehört einem Skale- 
noeder der zweiten Ordnung an, m, und m, solchen der ersten 
Ordnung, die Fläche m, unterscheidet sich aber von der Fläche 
m, darin, dass während m, der an s anliegenden Hälfte des 
vervollständigten Skalenoöders angehört, m, die entgegengesetzt 
liegende Seite des aus ihm gebildeten. Skalenoäders bildet; die 
von beiden Skaleno@dern vertretenen Hälften liegen also auf 
entgegengesetzten Seiten des Hauptschnittes durch die End- 
kante des Rhomboöäders R. 

Die gefundenen Winkelwerthe der Abmessungen anlangend, 
so sind die von m und m, ziemlich sicher, weniger die von 
m, und m,; die vorgeschlagenen Correcturen geben einfachere 
Coordinaten für die Zonenpunkte mit den Rhomboödern R und r". 

In Fig. 1 und 2, Tafel IX. ist die Anordnung der Flächen 
M,, mM, m, und m, grundrisslich für beide Fälle ihrer Con- 
figuration dargestellt, und zwar in Fig. 1. der Fall des Vor- 
herrschens des Gegenrhombo&ders r’, in Fig. 2 der des Vor- 
herrschens des Hauptrhombo&ders R, 

Wie aus der Lage von s, 0 und x ersehen werden kann, 
beziehen sich beide Darstellungen auf Links-Quarz; in Fig. 2 
ist eine Zone zwischen R, m, und m, im anliegenden Sextanten 
über die Endkante von R hinweg zu erkennen, welche ich 
beobachtet zu haben glaube; aus Fig. 2a, welches die grund- 
'rissliche Copie eines Krystalles ist, sind die Dimensionen des 
wirklichen Vorkommens der beschriebenen Flächen zu ersehen. 


Untersucht man die Endkanten des Dihexaöders, also die 
Combinationskanten R’r' genauer, so unterscheiden sich die- 
jenigen, welche s und m nicht verbinden, von denen, die dies 
thun, durch einen Lichtreflex, welcher von einem äusserst 
Sek islen Bündel von Trapezo&derflächen der oberen Abtheilung 
aus der Zone von g, s herrührt. 


25 * 


352 


Die goniometrische Prüfung dieses Reflexes an einem der. 
Krystalle gestattete von R nach r gemessen sechs einzelne 
Reflexe zu unterscheiden, von denen der dritte und: sechste 
eine vorherrschende Lichtstärke zeigten; in dem sechsten wurde 
die von A. DES ÜLOIZEAUx mit x, (Memoire ete. du Quartz 
p. 62) bezeichnete Fläche, in dem dritten eine neue zwischen 
x, und £ liegende, die ich daher y, zu nennen vorschlage, er-. 
kannt; der Winkelwerth des zweiten Reflexes ist sehr nahe 
dem von £; die Fläche des ersten Reflexes wurde in die erste 
Ordnung der Skalenoöder gehören, wogegen y, und y, der 
zweiten Ordnung angehören, © steht auf der Grenze beider 
(Memoire etc. du Quartz p. 91); ich habe nur 7, und y, in 
nähere Erwägung genommen und in die Grundrisse Fig 1 
und Fig 2. Taf. IX. eingetragen, da nur das Phänomen des 
Auftretens dieser Flächen-Gattung an diesem Platze, bei der 
geringen Ausdehnung der Flächen, von Bedeutung ist; das 


Nähere ergiebt die folgende Tabelle. 


ı Tangenten- Berech- 
gefundene Verhältniss Ausdruck nach nete 
Neigung. tg. 66° 52° Neigung 
— 1,000. A. Nau- ee, zu R. 
MANN. 


BR] =159°56 +7,975 
R/,—156° 29|—63,6 =w |E —=2a:a:2a:c| P, (did 
R/,=154° 9|—-8,78—= — 9y,=%d:a:2a:c|—IRAldidS IN: 154.9 
R/,—149° 45| 3,422 
R),—149° 1%| 3.224 
R/—148° 28|- 2,891 = —3ly, =3a:a:3d:e|—A Rälldt de b’)|1480 46° 
f 

Verfolgt man die durch die Trapezoöder der,oberen Ab- 
theilung zugeschärfte Dihexaöder-Karte abwärts, so gelangt 
man immer auf diejenige Säulenkante des Prisma g, welche 
durch fe zwei Flächen der Säule k zugeschärft wird; die Ober- 
flächen - Beschaffenheit dieser letzteren lasst zwar hin und 
wieder eine goniometrische Bestimmung der Säulenwinkel zu, 
an den meisten Stellen der Kanten treten aber in verschiedenen 
Richtungen auseinandergehende Reflexe auf, welche von dem 
wiederholten Einsetzen der Flächen des Rhombo&ders r’, ferner 
der Flächen s und o’, der Trapezo@der , und y, und einer 
unten mit ? bezeichneten Fläche herrühren. 

Da wo die Flächen k mit den Rhombo&dern R und r zu- 


# 


393 


sammenstossen, erweitern sich erstere und gehen in steile 
 Trapezoederflächen uber, die man für die gegenüberliegenden 
Ergänzungswerthe der Flächen x, 0’ und s halten könnte, 
welche diese Flächen aus trigonalen Trapezo&dern in hexagonale 
ergänzen; man könnte zu dieser Auffassung sich durch den 
Umstand berechtigt glauben, dass diese Flächen eine von ihren 
bekannten Aequivalenten verschiedene Oberflächen-Beschaffenheit 
haben, nicht glänzend oder gestreift, wie , 0’ und s, sondern 
gebogen, warzig und schimmernd ausgebildet sind, also durch 
diese Eigenschaften den trigonalen Gegensatz der Dihexa£der- 
ecken aufrecht erhalten; obgleich sie keine goniometrischen 
Messungen gestatten, könnte man ihre Lage doch durch den 
Umstand constatiren, dass sie durch die Zwillings-Verwachsung 
in eine congruente Lage mit x, 0’ und s gebracht würden. 

Gerade aber dieser Umstand klärt den wahren Sachverhalt 
auf: es sind nämlich diese Flächen, wenn sie auch innerhalb 
der Grenzen desjenigen Individuums erscheinen, das an diesem 
Platze die Gruppe x, o’ und s nicht zeigen kann, doch nichts 
anderes als die Flächen x, o’ und s des anderen Individuums, 
nur verschleiert durch die beginnende Ueberkrustung des 
ersteren; man darf sich nämlich die durch die Nähte aus- 
gesprochenen Grenzen der beiden Individuen des Penetrations- 
Zwillings nur als für eine dünne Schicht der Oberfläche geltend, 
nicht als radial in die Masse des Krystalls bis in die Mitte 
eindringend denken; gerade, wie in den Amethyst -Krystallen 
Rechts- und Links-Quarz lamellenartig übereinander geschichtet 
durch die Erscheinungen des polarisirten Lichtes nachgewiesen 
sind, durchdringen sich die Individuen des Penetrations-Zwillinges 
aus gleichartigem Quarz in mit der Oberfläche mehr oder 
minderparallelen Lagen; die Conturen der Oberfläche bezeichnen 
die bei weitem vorherrschende Ausdehnung der einzelnen den 
verschiedenen Individuen angehörenden Partien. Ich werde 
diese verschleierten Flächen weiter unten, wo ich sie noch- 
mals berühre, mit (x), (0) und (8) bezeichnen. 

Es ist nicht zu leugnen, dass das Auftreten soleher von 
mir verschleiert genannten Flächen des einen Individuums 
innerhalb der Grenzen des anderen, Material darbieten könnte, 
um die Auffassung der damascirten Quarz-Krystalle als Pene- 
trations- Zwillinge in Frage’ zu stellen, es’ gewährt aber das 
Verhalten der Flächen m und ihrer Begleiter an der Grenze 


354 


der Individuen einen neuen Beweis für die Existenz zweier 
Individuen in demselben Krystallraume, und zwar sind die Er- 
scheinungen, Dank der beschränkten Ausbildung dieser Flächen, 
weniger dem Einfluss der lamellenartigen Construction der 
Krystalle ausgesetzt. 

Im Interesse des Beweises, dass die damascirten Quarze 
wirklich Zwillinge sind, will ich die von mir an den Krystallen 
von Striegau beobachteten Zwillings - Erscheinungen näher er- 
ortern und wird sich die Uebereinstimmung derselben mit der 
Zwillingstheorie mit Evidenz herausstellen. 

Die neun beobachteten Exemplare bestehen, wie schon 
gesagt, sowohl aus Rechts-Quarz als aus Links-Quarz, jedoch 
getrennt; beide Arten von Quarz vereinigen sich in keinem 
Krystalle. 

An zwei Exemplaren sind aber zwei Penetrations-Zwillinge 
wiederum mit einer Säulenfläche aneinander gewachsen, so 
dass die vom m abgestumpften Rhombo&@derkanten desselben 
Hauptschnittes in dem einen Penetrationtzwillinge die entgegen- 
gesetzte Neigung gegen die entsprechenden Kanten im anderen 
haben; jeder der so gebildeten Vierlinge ist aus derselben Art 
des Quarzes, der eine aus Rechts-Quarz, der andere aus Links- 
Quarz construirt. 

In. Fig. 5—8, Taf. IX. ist das Schema des letzteren dar- 
gestellt, und zwar sind Fig. 3—6 grundrissliche Bilder ein- 
facher Krystalle von Links-Quarz, in denen ausser R, r' und 
s in der Mitte noch m angegeben ist; die Schraffur von m be- 
deutet die Richtung der Kanten zwischen m,, m, m, und m;, 
die Schraffur in s die Streifung dieser Fläche, der Pfeil an 
der Seite von m die Richtung der Neigung dieser Fläche. 

In Fig. 3 herrscht r’ und ist R nach vorn gerichtet, in 
Fig. 4. herrscht r’ gleichfalls, ist aber gleichzeitig nach vorn 
gerichtet; in Fig. 5. herrscht R und ist nach vorn gerichtet, 
während in Fig. 6 dasselbe bei gleieher Ausdehnung sich nach 
hinten wendet; es haben also Fig. 3 und 5 dieselbe Stellung, 
aber verschiedene Grundformen und entsprechen den aus- 
führlichen Darstellungen in Fig. 1 und 2; ebenso besitzt Fig. 4 
dieselbe Stellung wie Fig. 6, aber gleichfalls verschiedene 
Grundform; sowohl Fig. 4 als 6 haben eine um 180° um die 
Hauptaxe gedrehte Stellung einerseits zu Pie: 3, anderseits 
zu Fig. 5. 


359 


Es vereinigen sich nun Fig. 5 und 4 zu dem in Fig. 7 
dargestellten Penetrations-Zwillinge, und Fig. 6 und 3 zu dem 
in Fig. 8 dargestellten; nur diese Vereinigung zu Zwillingen 
vermag das am Eingange vorgetragene Phänomen zu erklären, 
dass auf der bezeichneten Grenze die eine Fläche m sich mit 


. veränderter Neigung und Streifung an die andere anlegt; eben- 


so ist nicht selten, wie in Fig. 7 und 3 angedeutet, auf der 
Zwillings-Grenze das Aussetzen des feinen Reflexes von 7, und. 
y, zu beobachten, wie dies auf den Seitenkanten des Dihexa- 
eders die Rhomboeder 2r und 3r, und auf den Säulenkanten 
die Flächen von k thun. 

Die Eigenschaft der damascirten Quarze als Penetrations- 
Zwillinge ist daher ausser allen Zweifel gestellt. 

Uebrigens bieten die beiden in Fig. 7 und 8 dargestellten 
Penetrations-Zwillinge an sich noch denselben Gegensatz dar 


wie Fig. 3 zu Fig. 4 und Fig. 5 zu Fig. 6; und so erklärt 


sieh dann die eben angeführte Vereinigung zu Vierlingen in der 
Ausgleichung dieses Gegensatzes. 

Es ist eine bekannte Thatsache, dass auf der Grenze zu 
Zwillingen verbundener Individuen eigenthümliche Flächen - 
auftreten, die. man gar nicht oder doch selten an einfachen Kry- 
stallen beobachtet; man kann dieselben nicht lediglich als 
Störungen betrachten; sie sind in vielen Fällen eine stereome- 
trische Nothwendigkeit und unterliegen bestimmten Gesetzen; 
(vergleiche meinen Aufsatz: Ueber die Streifung der Säulen- 
flächen des Adulars. Zeitschr. d. d. geol. Ges. Bd. XV. 
p- 677). Auch die Penetrations - Zwillinge des Quarzes von 
Striegau bieten einiges Material für diesen Gegenstand. 

Eine Compensation durch besondere Flächen ist zunächst 
beim Durchgange einer Zwillingsgrenze durch m nothwendig, 
wie aus den Bildern Fig. 7, 8 und 9 ersichtlich ist; dieselbe 
geschieht durch zwei kleine Flächen, welche mit einspringen- 
den Winkeln aus den beiden Theilen von m aufsetzen, in der 
Mitte ein flaches Dach bilden, in dessen Kante die Zwillings- 
Grenze hindurchgeht; in einem Fig. 7 und 9 entsprechenden 
Falle konnte nachgewiesen werden, das die innere Compen- 
sationsfläche gleichzeitig mit m, reflectirt, also mit dieser zu 
identificiren ist. I 

Ausgiebiger sind die Erscheinungen an den Stellen, wo 
die Fläche s von einer Zwillings-Grenze passirt wird, 


SaBE 
AR 


356 
In Fig. 9 Taf. IX. ist die Gegend des einspringenden 


Winkels zweier Säulenflächen auf der Grenze zweier zum 
Vierlinge verbundener Penetrations-Zwillinge, links « und rechts 


b dargestellt, beide aus Links -Quarz bestehend; die in der 


Figur verkehrt geschriebenen Buchstaben beziehen sich auf das 
zweite Individuum, dessen Flächen ich den Index 7, im Text 
geben werde, wogegen der Index , sich auf das erste Indivi- 
duum jedes Zwillinges bezieht und mit den aufrecht geschriebenen 
Buchstaben correspondirt. 

An einer kurzen Säulenkante der Vierlingshälfte a, welche 
Kante bis auf den mittleren, durch k,, „ kenntlichen Theil demIn- 
dividuum I,„ angehört, erscheinen oben und unten die Flächen 
s ausgebildet und zwar begleitet von 0,..;, welche Fläche aber 
mit einspringendem Winkel einsetzt und die Combinations- 
kante zwischen 7‘; „ und 9, „ wieder in den Zustand zurück- 
fuhrt, d. h. ihre Abstumpfung beseitigt, so dass sie fähig wird 
in das Individuum II uherzugehen, welches an dieser Stelle s 
und Trapezflächen nicht zeigen kann. In der That setzt auch 
an der Stelle, wo 0’, „ sich schliesst, die Zwillingsgrenze hin- 
durch; es folgt dahinter in dem Individuum II. ein dreieckiges 
Segment eines glänzenden Cylinders, der, an der Kante mit 
Rır a, zusammen mit Y,ır a, am der Kante mit gyr a, ZUu- 
sammen mit r'7,. „ reflectirt, also von dieser Rhomboederfläche 
und den oberen Trapezoödern gebildet ist; sodann folgt eine 
ziemlich breite, die Kante R,,./9ır a schief abstumpfende 
Fläche, welche walzenförmig gebogen und mit Warzen bedeckt 
ist; an der Kante mit Ryru spiegelt der zwischen den Warzen 
durchschimmernde Boden gemeinsam mit s,„ und ist daher 
(s) 1a, die verschleierte Fläche s, „, da sie in das System des 
Individuums II. nicht passt. In der Vierlingshälfte 5 ist s; ,„, 
gemeinschaftlich mit s , „ spiegelnd, gleichfalls ausgebildet, aber 
begleitet von «, ,; es spiegelt nun mit x, , die andere Hälfte 
der gebogenen Fläche in der Hälfte « in ihrem an g77,„. angren- 
zenden Theile und ist daher (%), „, ein verschleiertes Auf- 
treten von &; „. Nun geht aber auch durch s, ‚eine Zwillings- 
Grenze hindurch, und liegt auf R,, , zu jenseits: der Grenze 
zunächst ein Segment eines Hohl-Cylinders, dessen an der 
Zwillings - Grenze liegender Theil mit R ,,, spiegelt, dann 
durch die Richtung gewisser trapezo@drischer Flächen aus der 
Dihexa&der-Endkanten-Zone hindurch, wiederum zu einer Fläche 


397 


abstsidie- mit s;’,:und. sy, , gemeinschaftlich reflectirt und 
daher (s), , sein muss, da sie nicht in das System des Indi- 
viduum IIb passt; schliesslich erkennt man noch darunter eine 
kleine in der Zeichnung nicht darstellbare Fläche, welche 
mit 0’, . spiegelt und daher (0), , ist; zwischen ihr und g 7; 
liegt dann noch eine zweite glänzende Fläche, welche bei der 
Erörterung der Fig. 10 in nähere Beleuchtung kommt; dort 


"mit ?;r „ schliesslich bezeichnet wird und hier nur zum Zwecke 


des Nachweises der Mehrfachheit ihrer Existenz zu erwähnen ist, 

In Fig. 10 ist ein kleiner zwischen anderen Krystallen 
eingekeilter Krystall, aus Rechts-Quarz bestehend, dargestellt. 

In dem culminirenden Theile ist R, entwickelt, dem für 
Rechtsquarz umgestalteten Schema von Fig. 6 entsprechend 
und in den Polkanten durch m, m, m, und m, abgestumpft; 
auf der rechten Seite von R, treten mit grosser Klarheit und 
erheblicher Ausdehnung s;, £; und o',, und neben der letzteren 
Fläche 7r';, ferner unter r'; an der rechten Ecke k,, nach 
kurzem Verlauf an einer Zwillings-Grenze absetzend und oben 
sich zu (x) ı erweiternd, auf. 

Geht man von s; über x; nach links abwärts weiter, so 
gelangt man über einen schmalen Streifen von 9, hinweg zu 
einem einspringenden Winkel, an dem nochmals r, ganz 
schmal einsetzt und nach Ueberschreitung der Zwillings- 
grenze in R,; übergeht; es tritt nun, um alle Zweifel 
zu behellen, rechts von R,,; ganz deutlich s,, und z;r 
und als schmaler Reflex unter R,, #rı auf, während links 
sich eine lange durch drei Flächen zugeschärfte Kante zwischen 
rjr und 97, entwickelt; von diesen drei Flächen sind die beiden 
oberen warzig, aber mit schimmerndem Boden, die untere 
glänzend, jedoch ausserordentlich wellig; die oberste reflectirt 
gemeinschaftlich mit s;, ist also (s),, die zweite mit o’,, ist 
also (0). Schon aus der Constellation dieser zwei Flächen 
ist ersichtlich, dass dieser Theil des Krystalles eine vollständige 
Analogie des Verhaltens der in Fig. 9 beschriebenenen hinter 
der Zwillingsgrenze liegenden Partie der Fläche (s), , ist; 
noch mehr aber wird die Gleichheit durch das entwickelte 
Auftreten der dritten glänzenden Fläche dargethan, für welche 
wir in dem Individuum I. kein Analogon besitzen. 

Erwägen wir nun, dass diese Fläche sich schon durch 
das Auftreten von Glanz im Gegensatz zu der Oberflächen- 


358 


Beschaffenheit von (0); und (8), wesentlich untertcheidet und 
dass wir schliesslich doch ein Aequivalent für die körperliche 
Dieke der sich auflagernden Lamellen des Individuums II. 
nachweisen müssen, so wird die Annahme gerechtfertigt er- 
scheinen, in ihr die zu.dem Individuum II. gehörende Compen- 
sationsfläche anzusehen und sie ?,; zu schreiben, wofür in der 
Zeichnung sie durch ein verkehrtes Fragezeichen notirt ist. 

Die beschriebene lange, durch (8) ,, (0) ı und ?,, zugeschärfte 
Kante zwischen r’, und grist an einer Stelle durch einen Absatz 


‚unterbrochen, der durch das Einsetzen einer ungefähr auf Try zu 


schätzenden Rhomboäderfläche zwischen getrennten Theilen von 
r gebildet wird; die Unterbrechung der Flächen (8) 7, (0); und ? 7 
geschieht durch ein Stuck von kr und einer Fläche (w7), genau 
zu controlliren, weil am Ende der langen Kante nochmals das In- 
dividuum I. mit den Flächen R 7, g,; und, zum Vorschein kommt. 

Ich bemerke noch, dass die beiden hier beschriebenen 
Krystall-Partien, Fig. 9 und Fig. 10 nicht vereinzelte Erschei- 
nungen bilden, sondern trotz der beschränkten Anzahl der mir 
‚zur Verfügung stehenden Krystalle ohne Schwierigkeit ‘hätten 
vermehrt werden können und typische Beispiele eines vielfach 
auftretenden Phänomens sind; die verschleierten Flächen, 
namentlich (=), erscheinen ferner auch ohne unmittelbare Nach- 
barschaft einer durchsetzenden Zwillings-Grenze. 

Als nächstes Resultat vorstehender Betrachtung und der 
' weiteren Erwägung, dass auf der Ecke, welche den verschleier- 
ten Flächen des ersten Individuums folgt, die Trapezoeder x 
und o sammt s klar und beziehungsweise ausgedehnt entwickelt 
sind, gewinnen wir die Ueberzeugung, dass die auflagernde 
Lamelle des um 180° gewendeten Individuums in der Gegend 
der Fläche x, 0’ und s die stärkste körperliche Ausdehnung 
hat, während im Bereiche der verschleierten Flächen die Masse 
des zweiten Individuums dünn, in Warzen zertheilt oder in 
cylindrischen Formen abfallend erscheint; der Auflagerung der 
krystallisirenden Materie auf die Flächen x, 0” und s muss ‘sich 
bei der Bildung des zweiten Individums eine Art Widerstand 
entgegengestellt und jene Gestaltungen herbeigeführt haben, 
welche im Gegensatz zu der Schärfe der Ausbildung in der 
Nähe von x, 0’ und s an die Formbildung amorpher Substanz 
erinnert, in der nur noch einzelne Richtungen, wie die der 
Endkante des Dihexaäders, wirken, während in der Richtung 


359 


senkrecht darauf die Krystalloberfläche die Form von coucaven 
und convexen Abrundungen annimmt. 

Es ist ferner hervorzuheben, dass die Zwillings - Grenzen 
bei dem Uebergange über eine Fläche der Trigonoeder, s so- 
wohl wie m, die Wiederherstellung der von diesen abgestumpften 
Kante durch das Einsetzen einer Trapezoederfläche mit ein- 
springendem Winkel 0” und m, , beide aus derselben Zone, 
bedingen kann; der Unterschied in den Grenzerscheinungen 
der Vierlingshälfte « und 5 Fig. 9 scheint mit dem Umstande 
in- Verbindung zu stehen, dass der Uebergang der Grenze in 
a in der Kantenrichtung os, bei 5 in der Kantenrichtung von 
x/s erfolgt.” 

Gegenüber von o übernehmen die oberen T'rapezo&der, 
darunter y, and y, die Oompensation; dass sie auf der Naht 
der Zwillings -Grenzen im Bereiche der Rhomboäderflächen 
einsetzen, beschrieb ich schon in dem Aufsatze: Ueber einige 
Flächen am Quarz (PoGGENDORFF, Annalen Bd. XCIX. p. 299), 
woselbst ich auch gleichzeitig schon aus der Form der drei- 
eckigen Hervorragungen auf den Rhomboöder-Flächen auf die 
hier nachgewiesene Existenz von Trapezo&der-Flächen ihrer End- 
kanten-Zone schloss. 

Es is nun noch endlich auf die Verhältnisse der Fläche 
?,r in Fig. 10 zurüuckzukommen; wir fanden bereits Motive, sie 
dem Individuum Il. zu vindiciren; zu einer directen Messung 
ihrer Combinationskante mit r’,; oder gır fehlt es mir zur Zeit 
an einem geeigneten Exemplar, zur Messung der Neigung 
unter Benutzung eines Abdruckes ist das in Fig. 10 dargestellte 
Exemplar zu klein; die angestellten Versuche deuten auf eine 
Differenz von etwa 4° mit der Lage von gır, die Fläche hat 
also eine steilere Neigung als x; die wichtigste Schwierigkeit 
liegt aber in dem Umstande, dass unter der Voraussetzung 
ihrer Zugehörigkeit zum Individuum II. sie in der That ein 
Trapezo@der sein müsste an derjenigen Dihexaöderecke, für 
welche wir die Existenz von Trapezo@ädern überhaupt negirt 
haben; dasselbe gilt indessen auch fur die Trapezoeder des 
concaven Oylinder-Segmentes in Fig. 9 zwischen (8), , und der 
Zwillings-Grenge, nur gehören diese einer mittleren Gruppe an. 

Das vorhandene Material reicht zu einer näheren Be- 
stimmung des Sachverhaltes. nicht aus. 


St Dr Vorstehenden Ds ich, 
anpiresulite meines Veen z 


a en zweier zn in den ee Qua 
|  stallen liefert; zur Beseitigung einiger an dem ı orli nden 
Vorkommen scheinbar begrundeten Einwürfe musste auf, inzelne 5 
en eingegangen werden, mehr als es das Brdeinie: 


sonst, erheischt hätte. ee 3: 
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361 


7. Aus dem thüringischen Schiefergebirge. 


Von Herrn R. Rıcarer ın Saalfeld. 


Hierzu Taf. X. und XI. 


11. 


In einem vorausgegangenen Aufsatze (vgl. diese Zeitschr., 
Jahrg. 1863, S. 659 ff.) ist die Erörterung der Frage nach dem 
relativen Alter desjenigen Schichtencomplexes begonnen worden, 
der im thüringischen Schiefergebirge zwischen den Graptolithen 
führenden Alaunschiefern und den devonischen Dachschiefern 
sich abgelagert hat und von unten nach oben sich in buntfar- 
bigen Kalken (GümgEL nennt sie neuerlich Ocker- oder Kri- 
noidenkalke), Tentakulitenschichten (Gemitz) mit Kalkeonere- 
tionen, Nereitenschichten mit Konglomeraten und Tentakuliten- 
schiefer aufbaut. Diese Erörterung, welche dort ihren Aus- 
gangspunkt einestheils von der Aufeinanderfolge der Schichten, 
anderntheils von den in den besprochenen Schichten aufgefun - 
denen Krustaceen genommen hatte, soll hier auf Grund der 
vorkommenden einschaligen Mollusken weiter geführt werden, 
nachdem ein kurzer Nachtrag zu den Krustaceen vorausge- 
gangen sein wird. 


\ 3. Krustaeceen. 
A. Trilobiten. 


l. Proetus expansus n. sp. 
Tal >xX:aRier>i 2, 


Zu den im XV. Bande dieser Zeitschr. S. 664 beschrie- 
benen und Taf. XVIII. Fig. 9 abgebildeten Fragmenten haben 
sich nunmehr vollständige Exemplare gefunden. Hiernach ist 
die Form sehr breitoval, verschmälert sich aber ziemlich rasch 
nach hinten. Mit Ausnahme einer feinen concentri- 
schen Streifung der Randwulst, die auch auf der 
Aussenseite der Hörner sichtbar bleibt, zeigt der 


362 ee ee 


sonst vollkommen glatte und allem Anschein nach. 
sehr dünne Panzer keinerlei Skulptur. Der Kopf, 
der weit mehr als ein Drittheil des Körpers ein- 
nimmt, ist flach gewölbt und von fast halbkreisformigem 
äusseren Umrisse. Die ziemlich breite und flache Randwulst 
ist an der Wangenecke in ein gerades und in der Tangente 
des Kopfumrisses abstehendes Horn verlängert, das 
bis zur letzten Pleura reicht. Die Randfurche ist schmal und 
scharf eingeschnitten. Der innere oder hintere Umriss des 
Kopfes ist etwas concav mit deutlichem Oceipitalring und deut- 
 lichem Hinterrand der Wangen. 

Die Glabelle ist halbkreisförmig, flach gewölbt und 
bleibt um die doppelte Breite der Randwulst von 
dieser entfernt. Furchen und Loben sind nicht vorhanden, 
aber die Dorsalfurchen sind deutlich. Die Gesichtslinie über- 
schreitet den Hinterrand der Wangen fast in der Mitte, nähert 
sich hierauf der Glabelle und wendet sich noch hinter 
der Mitte derselben nach aussen und vorn, ohne einen 
deutlichen Palpebralflugel zu bilden, und überschreitet die Rand- 
furche und den Randsaum soweit seitlich, dass der Mittel- 
schild vorn schaufelförmig verbreitert wird. Die 
meisten Exemplare sind verdrückt und zwar so, dass wie bei 
P. dormitans die Glabelle mit den festverbundenen Seitenflugeln 
des Mittelschildes aus den Wangen heraus und über die Rand- 
wulst hinweggeschoben ist. Die Augen haben sich noch nicht 
auffinden lassen. Bei den jüngsten Exemplaren fehlt noch die 
hornförmige Verlängerung der Wangenecken und auch die Ge- 
sichtslinie lässt sich nicht verfolgen (Fig. 2). Der Thorax hat 
bei den kleinsten Exemplaren vier (Fig. 2), bei den grössten 
sieben Ringe. Die hochgewölbte Axe ist etwas breiter als die 
Pleuren und allmälig nach hinten verjüngt. Die Pleuren, 
durch tiefe Dorsalfurchen von der Spindel unterschieden, sind 
sewölbt mit etwas nach hinten gewendeter Spitze und schiefer, 
nach der Spitze verbreiterter und vertiefter Längsfurche. 

Das Pygidium, welches nicht ganz ein Drittheil der Kör- 
" perlänge einnimmt, hat dieselbe Wölbung wie der Thorax und 
ist nicht mit einer Randwulst versehen. Die Axe, die nicht 
bis an den Hinterrand reicht, ist glatt, wie auch die Pleuren; 
nach Hinwegnahme des Panzers erscheinen sechs Ringe. 

In den Tentakulitenschiefern. 


33 


2. Phacops plagiophthalmus.n. sp. 
Fatl..X Rie, 9,4 


Der Kopf dieser fast parallelepipedischen Form nimmt 
ein Drittheil des Körpers ein und ist von parabolischem äusse- 
ren und fast geradlinigem inneren Umrisse. Die Randwulst 
ist dieht neben der Glabelle sehr schmal, ver- 
breitert-sich bis zur Wangenecke und geht von da 
in den schmalen, aber deutlichen Hinterrand der 
Wangen mit etwas breiterem Ocecipitalringe über. Die Rand- 
furche ist überall gleich breit und tief. 

Die Glabelle greift über die Randwulst hinaus und ist von 
keulenförmiger Gestalt. Die tiefen Dorsalfurchen ha- 
ben die Breite der Randfurche. Jederseits finden sich 
drei unverbundene Seitenfurchen, vor denen noch 
eine vierte, den Dorsalfurchen parallele Seiten- 
furche wahrnehmbar ist. An einem Exemplare (Fig. 4.) 
kommt unter den weggesprengten hinteren Seitenloben jeder- 
seits ein zitzenförmiges Knötchen, welches von einem etwas 
niedrigeren ringförmigen Wulste umgeben ist, zum Vorschein. 

Die Gesichtslinie lauft (Fig.4) vom Stirnrande etwas nach 
aussen, bildet plötzlich gegen die Glabelle umbiegend eine 
kleine Ecke und geht von der Glabelle ab hinter dem Auge in 
schiefer Richtung über die seitliche Randwulst, unter der sie 
noch vor der Wangenecke verschwindet, so dass nur eine sehr 
kleine bewegliche Wange abgeschnitten wird. 

Die kleinen, nur wenige Ocellen tragenden Au- 
gen sind ame und liegen quer vor der Vorder- 
ecke des Wangentheils des Mittelschilds, von dem 
sie durch eine Furche, welche der Randfurche an 
Breite und Tiefe gleichkommt, getrennt werden, was 
am deutlichsten an dem etwas plattgedrückten Kopfe, den Fig. 4 
darstellt, sichtbar wird. 

Der Thorax hat acht Ringe. Die Axe ist von mittlerer 
Wölbung, fast so breit als die Pleuren und sehr allmälig 
nach hinten verjüungt. Die einzelnen Ringe sind in der Mitte 
gehohlkehlt und haben einen hohen wulstigen Hinterrand, der 
in die tiefen Dorsalfurchen niedersteigt und daselbst sich nach 
vorn wendend, die den meisten Phacopen eigenthümlichen seit- 
lichen Anschwellungen der Thoraxringe bildet. Die Pleuren 


364 


sind flach, mit kurzer nach unten und hinten gewendeter Spitze 
und gerader, an der Biegung vertiefter Längsfurche. 

Das Pygidium nimmt ein Sechstheil der Körperlänge ein 
und ist halbkreisförmig. Die nicht auslaufende Spindel hat 
‚sechs durch seichte Querfurchen angedeutete Ringe, die auch 

auf den Pleurentheilen unterscheidbar bleiben. 

Der ganze Panzer ist mit zerstreuten grösseren und klei- 
neren Körnchen bedeckt. An einem Exemplare ist in der Gla- 
belle und im Pygidium der Nahrungskanal, wie BryricH und 
BARRANDE denselben an Trinucleus Goldfussi BARR. beschreiben, 
aufgebrochen. 

In den Konglomeraten der Nereitenschichten und in den 
Tentakulitenschiefern. | 


8. ?Cheirurus Sp. 
Taf. X. Fig. 5. 


Blos ein ungleichmässig granulirtes Pygidium von verhält- 
nissmässig ansehnlicher Länge. Die Axe hat vier am Hinterrande 
wulstig aufgetriebene Glieder, deren letztes nur noch ein Knöt- 
chen darstellt. Der verbundene Pleurentheil ist schmal und die 
je vier langen freien Pleurenspitzen von fast gleicher Grösse 
sind nach hinten gewendet. Zwischen den beiden letzten ist 
der Rand des Pygidiums zu einer kurzen Spitze ausgezogen. 

In den Konglomeraten. 


B. Entomostraceen. 


4. Beyrichia Klödeni M’Coy. 
Taf. X. Fig. 6. 


Neben der im XV. Bande dieser Zeitschr. S. 671 Taf. XIX. 
Fig. 7— 11 ‚beschriebenen und abgebildeten typischen Form 
dieser Beyrichia finden sich einzelne Exemplare, deren Schale 
hinter der grossen hinteren Wulst noch eine flachgewölbte 
Verlängerung zeigt. Eine ähnliche Verlängerung beschreibt 
Jones (Annals und Magazine of Natural History, Aug. 1855, 
Ss. 89, Taf. V. Fig. 18 und 20) an seiner D. Wilckensiana. 

Die Vergleichung der vorliegenden wie der typischen Form 
des hiesigen Petrefakts mit: den von Jonzs (a. a. OÖ. und ib. 
Sept. 1855) beschriebenen und abgebildeten Beyrichien ergiebt, 
dass allerdings eine vollkommene Uebereinstimmung mit B. 


n 


365 


Klödeni M’Coy (a. a. O. Taf. VI. Fig. 7—11), selbst mit der 
glatten Form (Fig. 7) nicht stattfindet; aber die Aehnlichkeit 
ist immer noch bei weitem grösser, als jene mit der obersi- 
lurischen B. tuberculata KLöpen (Taf. V. Fig. 6—15) und mit 
der untersilurischen B. affinis Jon®s (Taf. VI. Fig. 16); auch 
hat Jon&s selbst die hiesige Form als B. Klödeni M’Coy eti- 
quettirt. Der Mangel an Granulation bei dem hiesigen Petre- 
fakt ist wohl nicht maassgebend. da einestheils das äusserst 
zarte Schälchen sich noch nie aus der Matrix hat herauslösen 
lassen, daher alle hier gesammelten Exemplare Steinkerne sind, 
anderntheils die auf fast allen Steinkernen sitzenden und eine 
Granulation nachahmenden Körnchen sich sofort als mechanisch 
anhaftende Koagulationen des eisenschüssigen Versteinerungs- 
mittels erkennen lassen. 


5. Beyrichia subcylindria. 
Taf. X. Fig. 7. 


Von dieser kleinen Species wurde schon im XV. Bande 
dieser Zeitschr. S. 672 erwähnt, dass manche Exemplare eine 
Körnelung zeigten, welche sich zu kleinen Stacheln zu ver- 
längern scheine. Neuere Funde erweisen das wirkliche Vor- 
handensein solcher Dörnchen, die eine Länge von 0,1 des 
Querdurchmessers der Schälchen erreichen und in Reihen, 
welche der Längsaxe parallel laufen, geordnet sind. Eigen- 
thumlicher Weise bilden die Abdrücke auf dem dornigen Exemplare 
vollkommen glatte Hohlräume, deren Innenfläche keine Spur 
von Eindrücken der Dörnchen wahrnehmen lässt. Es scheint 
dieses Verhalten nur durch die Annahme erklärt werden zu 
können, dass bei der Verwesung der abgestorbenen Thierchen 
eine hinreichende Menge von Gasen sich entwickelte, um das 
Eindringen des zäheren Thonschieferschlammes zwischen die 
Dörnchen entweder ganz oder doch wenigstens auf der einen 
(Ober-) Seite zu verhindern, während der sandige Schlamm, 


‘ aus dem die Konglomerate erhärteten, den Durchgang der 


Gase gestattete und den feinen Sandkörnchen die Umhüllung 


auch der Dörnchen erlaubte. An eine Lufthülle, wie die der 
jetztlebenden Argyroneten ete., wodurch der glatte Abdruck 
lebend vom Schlamm umhüllter Thierchen bewirkt worden 
wäre, ist wohl nicht zu denken. r 

Zeits. d.d, geol. Ges. XVII. 2. 24 


En. 


a 


I. Annulaten. 
A. Tubikolen. 
5. Serpula decipiens n. sp. 
Taf. X. Fig. 8. 


Die hinundhergebogenen, immer an der Spitze leicht ge- 
krümmten Röhren sind drehrund und am Jugendende scharf 
und eng, aber ungleichmässig geringelt. Je mehr die Röhre 
sich verlängert und erweitert, desto undeutlicher werden die 
Querrunzeln und: verschwinden nach dem Kopfende zu gänz- 
lich, wodurch eine gewisse Aehnlichkeit des me mit 
Klemme Orthoceratiten bewirkt wird. 

Abgesehen von diesen Querrunzeln ist die Innenfläche der 
Röhre vollkommen glatt; die Aussenfläche hat‘ sich nicht be- 
obachten lassen, da es noch nicht gelungen ı ist, ein Exemplar 
aus der Matrix zu lösen. 

In den Konglomeraten der Nereitenschichten und in den 
Tentakulitenschiefern. 


EIE. Mollusken. 

Neben den Nereiten,, welche vermöge ihrer Dimensionen 
unter den Fossilresten des in Rede stehenden Schichtencom- 
plexes am meisten ins Auge fallen und in räumlicher Beziehung 
unbestritten das Uebergewicht behaupten, bilden die Mollusken 
nach der Zahl der Gattungen und Arten, wie der Individuen 
die Hauptmasse der Fauna unserer Formation. Voran gehen 
die Pteropoden mit den Tentakuliten, welche in den Tenta- 
'kulitenschichten die Schiefer und die Kalkkoncretionen gleich- 
mässig erfüllen, in den Nereitenschichten überall, wo die Ne- 
reiten zurücktreten, in reichlicher Menge erscheinen und schon 
ganze Bänke so vollständig zusammensetzen, dass bei eintre- 
tender Verwitterung der Kerne der im VI. Bande dieser Zeit- 
schrift S. 275 beschriebene mud-stone entsteht, endlich in. den 
oberen Tentakulitenschiefern nicht blos alle Schieferflächen, welche 
‚wie bei den Nereitenschichten mit den Schichtflächen zusam- 
menfallen, bedecken, sondern auch die gesammte Masse des 
Schiefers in dem Maasse durchdringen oder vielmehr constitui- 
ren, dass derselbe unter dem Einflusse der Atmosphärilien, 
welche die Kalkkerne der: Tentakuliten zersetzen, erdig und 
zerreiblich, also für technische Zwecke unbrauchbar wird. 


367 


Den zweiten Rang nehmen die Brachiopoden ein. Die- 
selben treten zuerst in den Kalklagern und in den Tentaku- 
litenschichten, aber nur vereinzelt auf, scheinen in den Ne- 
reitenschichten ganz auf die eingebetteten Konglomeratpartieen 
beschränkt zu sein und gewinnen erst in den Tentakuliten- 
schiefern allgemeine Verbreitung und grössere Häufigkeit. Die 
Gattungen Spirifer und: Chonetes stellen die grösste Indi- 
viduenzahl. 

In weit geringerer Anzahl erscheinen die Cephalopo- 
den, welche in den Kalklagern und in den Tentakuliten- 
schichten am häufigsten sind und die ansehnlichsten Dimensio- 
nen erreichen, während sie in den Nereitenschichten und in 
den Tentakulitenschiefern immer seltener und kleiner werden. 

Noch kleiner ist die Zahl der Pelecypoden, die ver- 
einzelt in den Kalklagern und in den Nereitenschichten, etwas 
häufiger in den Tentakulitenschiefern vorkommen. 

Am seltensten finden sich die Gastropoden, die zwar 
- von denKalken bis herauf in die Tentakulitenschiefer sich ver- 
theilen, aber bis jetzt kaum mehr Individuen, als Species haben 
auffinden lassen. 


A. Cephalopoden. 


6. Orthoceras sp. 
Taf. X. Fig. 9. 


Die Aehnlichheit dieser Form mit Öriginalexemplaren 
(Steinkernen) von OÖ. bohemicum BARRANDE aus Etage E ist so 
gross, dass einzig der Umstand, dass der beruhmte Autor eine 
authentische Beschreibung der von ihm entdeckten und be- 
nannten Species noch nicht veröffentlicht hat, der völligen 
"Identifieirung des hiesigen Fassils mit dem böhmischen ent- 
‚gegensteht. 

Die Dicke (Höhendurchmesser von der Dorsal- zur Ven- 
tralfläche: Querdurchmesser von Seiten- zu Seitenfläche) des 
unter einem Winkel von 30 Grad zur Längsaxe geringelten 
Petrefakts lässt sich nicht füglich bestimmen, da dasselbe bald 
seitlich zusammengedrückt, bald von oben nach unten nieder- 
gedrückt ist. Auch die Zunahme (Querdurchmesser der vor- 
letzten Kammer: Querdurchmesser der vorhergehenden Kam- 
mer) lässt sich in Ermangelung unterscheidbarer Septenränder 


24° 


Ni 
Ey 
X 


368 


nur vermittelst Substituirung der abgerundeten Querringe oder 
Runzeln, welche vom Rücken mit einer kleinen nach der 
Mundöffnung gewendeten Konvexität auf der Mitte der Seite 
nach unten und vorn laufen, zu 1,06 berechnen, während 
die letzte Dimension, die Kammerhöhe (Höhe der Kammer: 
Querdurchmesser) sich der Berechnung ganz entzieht. Auch 
der Sipho, so viele Exemplare deshalb angeschliffen wurden, 
hat sich nicht finden lassen. Dagegen zeigt ein Exemplar 
einen dunnen Schalenrest, dessen äusserst feine Längsstreifung 
von einer eben so feinen Querstreifung, welche den Quer- 
runzeln parallel läuft, gekreuzt wird (a.). 

In den Kalklagern, welche die Alaunschiefer zum Liegen- 
den, die Tentakulitenschichten zum Hangenden haben. 


1. Orthoceras sp. 
Tai. X. Fıe. 10. 


Auch diese Form stimmt völlig mit Originalexemplaren 
einer Species aus BArRAnDES Etage E., namlich mit O. styloi- 
deum BArR., überein. Dicke = 1,00, Zunahme = 1,11, Kam- 
merhöhe = 0,15. Das Petrefakt erscheint fast durchgängig 
als mehr oder minder zusammengedrückter Steinkern mit cen- 
tralem engen Sipho. Nur selten findet sich der Rest einer 
ziemlich dicken Schale, welche mit meist verwischten recht- 
winkelig auf der Längenaxe stehenden Querleistchen versehen 
ist. An einem Exemplare erheben sich einzelne dieser Quer- 
leistchen zu schärferen Ringen, in deren Vertheilung jedoch 
eine bestimmte Ordnung nicht zu erkennen ist. 

In den Kalklagern und zwar meist in Gruppen. 


8. Orthoceras corneum n. Sp. 


Tab. X. Fig. 11—12. 

Dicke = 1,00, Zunahme = 1,04 bis 1,07, Kammerhöhe 
1,00 bis 1,66. Diese sehr kleine Species von drehrunder Form 
und sehr langsamer Zunahme zeichnet sich aus durch das voll- 
kommen glatte und lebhaft glänzende Schälchen, welches wie 
polirtes Horn aussieht und trotz seiner Zartheit sich in mehrere 
Blättchen spalten lässt. Die entfernt stehenden Septenränder 
sind zur Längenaxe rechtwinkelig, die Kammerwände etwas 
vertieft. Der Sipho hat sich noch nicht erkennen lassen. 


369 


Manche Exemplare sind etwas gekrummt, aber so unregel- 
mässig, dass die Krümmung nur äusseren Einwirkungen zu- 
geschrieben werden muss. ’ 

In den Konglomeraten, selten in den Kontälutiiinsckiefänn, 

Ausserdem finden sich noch Stücke, die jedoch so frag- 
mentarisch oder so schlecht erhalten sind, dass eine Bestimmung 
unmöglich ist, z. B. drehrunde, langsam zunehmende Wohn- 
kammerkerne bis 50 Mm. Durchmesser in den Kalken, dunn- 
eylindrische oder rosenkranzförmige Bruchstücke in den Ten- 
takulitensschichten, ganz plattgedrückte Stucke mit verwischten 
Septenränden in den Nereitenschichten, einzelne Kammern mit 
centralem Sipho in den Konglomeraten, endlich sehr selten Ab- 
drucke von Wohnkammern in den Tentakulitenschiefern. 


B. Pteropoden. 


9. Conularia quercifolia n. sp. 
Kafl XI. Fig: ‚I. 2, 


Das ziemlich grosse, rasch zunehmende pyramidale Ge- 
häuse hat einen rundlich vierseitigen Querschnitt mit einge- 
zogenen Ecken und in der Mitte hochgewölbten Seitenflächen. 
Die Skulptur besteht aus vierfachen, siebenlappigen, eichen- 
blattartigen Zeichnungen, deren nach dem Jugendende des Ge- 
häuses gewendete Spitzen auf dem Rücken der gewölbten 
Leisten etwas mehr, als um die Breite der jedesmaligen Zeich- 
nung von einander abstehen, während auf den Seiten der 
Hauptseitenwölbungen,, bevor sich dieselben zur Nuth herab- 
senken, sämmtliche Skulpturlinien sich eng aneinanderschieben, 
was auf den Doppelleisten, welche die Nuth der eingezogenen 
Ecken einschliessen, nicht der Fall ist. 

In den Kalklagern. 


10. Conularia reticulata n. sp. 
Taf. XI. Fig. 3. 

Das einzige Bruchstück lässt auf einen vierseitigen Quer- 
schnitt mit eingezogenen Ecken und flachen Hauptseiten 
schliessen. Das pyramidale Gehäuse scheint durchbrochen ge- 
wesen zu sein, indem es aus nahe aneinander gerückten Quer- 
leisten besteht, die durch dünne unter einem Winkel von 25° 


370 

. gegen die Hauptaxe geneigte Stäbchen verbunden und befestigt 
werden. Diese Stäbchen, welche ungefähr eben so weit von 
einander abstehen, als die Querleisten, verbinden auf den 
Hauptseiten des Gehäuses die Aussenkanten, in den durch 
Einziehung der Ecken entstandenen einspringenden Nuthen 
die Innenkanten der Querleisten, so dass das Maschenwerk des 
Gehäuses an diesen verschiedenen Theilen ein verschiedenes 
Aussehn hat. 

In den Konglomeraten. 


ll: Cleodora rugulosa n. Sp. 
Taf. XI Fig. 4. 5. 

Da diese und die folgende Form des Deckels entbehren, 
so sind dieselben nach Lupwie’s (Palaeontogr. XI. 6. S. 317) 
Vorgange zu Oleodora und nicht zu Theca gestellt worden. 

Dreiseitig-pyramidal, mit einer etwas umgebogenen Kante, 
was ebenso, wie die leichte Doppelkrummung möglicher Weise 
Folge äusseren Druckes ist. Die Oberfläche des Schälchens 
ist mit flachen Querrunzeln bedeckt. Die Septenrändern ähn- 
lichen, in der Abbildung dunkel gehaltenen Linien sind Aus- 
füllungen von Querklüften im Versteinerungsmittel, was schon 
daraus hervorgeht, dass sie einestheils nicht das ganze Petre- 
fakt durchsetzen, anderntheils auch in ihrer Richtung von jener 
der Querrunzeln abweichen. 

In den Konglomeraten. 


12. Cleodora lineata n. Sp. 
Taf. XI. Fig: 6. 
Jugendende stumpf und abgerundet, das fast völlig glatte 
Schälchen mit ausserordentlich feinen Längsfurchen, die mit 
der Erweiterung des Gehäuses auch weiter auseinandertreten, 
ohne dabei dichotom zu werden, bedeckt. 
In den Nereitenschichten undin den T entakulitenschiefern. 


13. Styliola laevis. 
Tentaculites laevis, cf, diese Zeitschr., VI. 284. Tab. II. 
Fig. de 2. 
Taf. XI. Fig. 7. 
Ebenfalls nach Lupwıe’s (a. a. ©.) Vorgange zu Styliola 
gezogen. Das zuerst im VI. Bande dieser Zeitschrift nach 


371 


mangelhaften Exemplaren beschriebene und abgebildete Petre- 
fakt stellt einen sehr schlanken Kegel von vollig gleichmässiger Zu- 
nahme dar, dessen Mundbreite zur Länge sich wie 1,0:6,2 verhält. 
Das Schälchen, dessen Jugendende innen abgestumpft erscheint, 
hat eine Dicke von 0,06 der Mundbreite und ist, wie auch 
der Kern, vollkommen glatt. In der Regel erreicht das Petre- 
fact nur eine Länge von 2—3 Mm. Das im VI, Band dieser 


Zeitschrift abgebildete grössere Exemplar ist eine Seltenheit. 


In den Konglomeraten. 


14. Tentaculites acuarius, 

15. T. Geinitzianus, 

16, T. infundibulum, 

17. T. subeonicus Gem. 

ef. diese Zeitschrift, VI. 285 f. Taf. IIL. Fig, 3—9 und 
17—27. 
18. T. cancellatus sp. 
ef. diese Zeitschrift, VI. 285, Taf. III. Fig 10—13. 
T. pupa ib. Fig. 14—16. 
Taf. XI. Fig. 8—10. 

Die a. a. O. ausgesprochene Vermuthung, dass 7. pupa 
der Jugendzustand von T, cancellatus sein möge, hat sich völlig 
bestätigt. Die Länge des kegelförmigen Schälchens schwankt 
zwischen 2,5 und 5,0 Mm. Das etwas verdickte Jugendende 
ist wie bei den Gastropodenschalen glatt und ohne alle Skulp- 


‚tur. Die Zunahme geschieht gleichmässig und die Mundbreite 


verhält sich zur Länge wie 1,0:4,5. Die Mundsäume der ein- 
zelnen Wachsthumsperioden bilden rechtwinklig auf der Längen- 
axe stehende Querwuülste oder Ringe, die um das Doppelte 
ihrer Breite von einander entfernt sind. Ueber diese Quer- 
wülste hinweg laufen 12 bis 14 Längsrippen, wodurch auf der 
Höhe der Querwülste ebenso viele mehr oder weniger spitze 
Knötchen entstehen, die in den Abdrücken ziemlich tief ein- 
gestochene, etwas rhombische Punkte hinterlassen. Gute Ab- 
drücke zeigen zwischen den Längsrippen noch eine sehr feine 
Längsstreifung. 

In den Konglomeraten gruppenweise, in den Tentakuliten- 


schiefern Alles erfüllend. , Die ganz regellose Ablagerung 


dieser kleinen Thierreste, welche die Nereiten meiden, während 


'372 


die Triboliten gern im dichtesten Gewimmel der Teutakuliten 
sich finden, spricht dafür, dass das Sediment in ganz ruhigem, 
durch keine Strömung gestörten Gewässer sich bildete. 


19. Bellerophon cinctus n. Sp. 
Pal. XT2 Fig. 11.312 


Die drehrunde Spira ist mit eng aneinander geschobenen 
Querfalten bedeckt, welche dem Mundsaum parallel laufen und 
auf dem Rücken einen engen und seichten, nach hinten ge- 
wendeten Busen bilden. 

In den Tentakulitenschiefern. 


20. Bellerophon costatus n. sp. 


Taf. XI. Fig. 13. 14. 

Das seitlich zusammengedruckte Gehäuse hat einen deut- 
lichen Rückenkiel und ist glatt bis auf die Bogenfurchen, welche 
von der Naht, wo sie am tiefsten sind, aufsteigend sich immer 
mehr verflachen, je weiter sie sich nach aufwärts wenden und 
endlich, bevor sie den Rückenkiel erreichen, ganz verschwinden. 

In den Konglomeraten. 


C. Gastropoden. 


Da-immer noch die Nereiten als Spuren von Gastropoden 
angesprochen werden, so scheint es geboten, hier darauf hin- 
zuweisen, dass in unserer Formation, in welcher die Nereiten. 
oft auf weite Erstreckungen hin alle Flächen auch der dünnsten, 
hundertfach aufeinander gebauten Schichten bedecken, die 
Gastropodenreste zu den grössten Seltenheiten gehören. Oder 
haben in den Nereiten nackte Schnecken die Serpentinen der 
von ihnen eingeschlagenen Wege hinterlassen ? 


21. Euomphalus Thraso n. sp. 
Taf. XI. Fig. 15—17. 


Eine weitnabelige Form mit ganz flacher Spira. Die inneren 
dunnwandigen und drehrunden Umgänge zeigen eine äusserst 
langsame Zunahme, während kurz vor Vollendung des Wachs- 
thums, welches ein sehr bedeutendes sein kann (Fig. 16.), die 
Röhre plötzlich viel weiter und namentlich höher wird, wobei 


373 


sich zugleich die Schale, die eine parallel-faserige Struktur 


(oder ist es die Struktur des Versteinerungsmittels?) besitzt, 
wesentlich verdickt. Zwischen den Anwachsstreifen, die von 
der Naht aufwärts einen sanften Bogen nach hinten beschreiben 
und sich dann vorwärts wenden, bis sie den Rücken erreichen, 
findet sich noch eine enge und feine Streifung, die den An- 
wachsstreifen parallel lauft. Ein in der Ventrodorsalebene ge- 
spaltenes Exemplar (Fig. 17.) zeigt in den inneren Umgängen 
einige unregelmässig vertheilte bald ganz ebene, bald unmerk- 
lich nach hinten vertiefte Scheidewände, wie sie auch bei 
anderen Arten dieses Geschlechts manchmal beobachtet worden. 

Die einzige und höchst seltene Schnecke der Nereiten- 
schichten. 


22. Neritopsis rugosa n. sp. 


Taf. XI. Fig. 18. 


‘Nur nach dem Habitus der Gattung Neritopsis zugewiesen, 
da die Mündung des einzigen und augenscheinlich etwas ver- 
drüuckten Exemplars im Gestein verborgen ist. Die ausser- 
ordentlich schnell zunehmende Röhre ist mit Querrunzeln, die 
auf dem Rucken am stärksten hervortreten, bedeckt. Nach 
der Mündung zu verdicken sich diese Querrunzeln zu ziemlich 
starken Leisten. 

In den Kalklagern. 


23. Capulus neritoides n. sp. 
Taf. X1.Pi8.:19: | 
Die rasch zunehmende glatte Röhre zeigt nicht ganz drei 
Umgänge, deren letzter in seiner letzten Hälfte durch eine 
etwas über der Naht befindliche konkave Furche ausge- 
zeichnet ist. { 
Einmal in den Konglomeraten. 


24. Acmaea cristatan. sp. 
Taf. XI. Fig. 20. 21. 

Das ganz geschlossene, rundlich - sechsseitige Schälchen 
ist an dem breiteren Vorderende und an dem viel schmäleren 
Hinterende ausgerandet und von diesen beiden Punkten und 
bis zum Wirbel durch eine seichte Furche in zwei gleiche 
Hälften unterschieden. Der Wirbel liegt im schmäleren hin- 


ER Mob 


teren Drittheil des Schälchens, ist ziemlich spitz und beider- 
seits mit einer kammartigen Leiste versehen, die sich schief 
vorwärts wendet und gegen den Rand hin verschwindet. Am 
Rande lassen sich mehrere koncentrische Anwachsstreifen unter- 
scheiden. 

In den Tentakulitenschiefern. 


Die Ergebnisse, welche dem Vorstehenden entnommen 
werden können, sind noch keineswegs dazu angethan,. die be- 
sonnene Erörterung der Altersverhältnisse des Schichten- 
komplexes, welchem die beschriebenen Petrefakten angehören, 
zum Abschlusse zu bringen. Denn wenn auch zwei unzweifelhaft 
obersilurische Cephalopoden mitaufgefuhrt werden konnten, so 
fehlt doch einstweilen noch. der sichere Nachweis, dass die 
Kalklager, denen sie entstammen, wirklich ein Glied der For- 
mation seien, die wesentlich aus den Tentakulitenschichten, 
den Nereitenschichten und den Tentakulitenschiefern besteht, 

Unter den Pteropoden spricht für obersilurisches Alter 
Tentaculites acuarius, indem diese Art ident ist mit einer in 
Böhmen in den zur Etage E gehörigen Kalken von Dworetz 
und Branik vorkommenden Art, die ich vor Kurzem in einer 
Sendung böhmischer Petrefakten unter dem Namen Tentaculites 
subornatus (ohne Autor) erhielt. 

Die übrigen Petrefakten sind bis auf Phacops Roemeri GE. 
und Beyrichia Klödeni M'Coy sämmtlich neu und vermögen 
deshalb für sich die Altersfrage nicht zu entscheiden. 

Aber trotzdem und obgleich bis auf Beyrichia alle Gattun- 
gen, aus denen hier und im XV. Bande dieser Zeitschrift Re- 
präsentanten. beschrieben worden sind, auch im devonischen 
Systeme ihre Vertreter haben, so hat sich doch bis jetzt noch 
kein einziges Fossil aus dem in Rede stehenden Schichten- 
systeme mit einem devonischen Petrefakt identifieiren lassen; 
so steht doch die Menge und Mannigfaltigkeit der Trilobiten, 
das sparsame Vorkommen der Cephalopoden und die Seltenheit 
der Gastropoden und Peleeypoden durchaus nicht im Einklang 
mit den Eigenthümlichkeiten, welche die bisher bekannte devo- 


5 375 


nische Fauna charakterisiren. Neben diesen negativen Zeug- 
nissen werden im Verlaufe der weiteren Aufzählung der in 


unserer Formation aufgefundenen Fossilreste sich auch noch 
positive Beweise für deren vordevonisches Alter gewinnen 
lassen. 


Frklärung der Tafeln. 


Tafeln X. 


Figur 1. Proetus expansus n. sp., vollwüchsiges Exemplar. ?/, natürl. 
Grösse. 
Derselbe, jung. ?/, natürl. Grösse. 
Phacops plagiophthalmus n. sp. ?/, natürl. Grösse. ' 
Derselbe, Kopf, etwas plattgedrückt. ?/, natürl. Grösse. 
Cheirurus sp., Pygidium. 3/, natürl. Grösse. 
Beyrichia Kloedeni M’Coy, linke Klappe. */, natürl. Grösse. 
Beyrichia subcylindrica n. sp., linke Klappe. */, natürl. 
Grösse. 
„8  Serpula deeipiens n. sp. ?/, natürl. Grösse. 

9. Orthoceras bohemicum Barr. von der Seite. a Schalenrest. 
natürl. Grösse. 
„ 410. Orthoceras styloideum Barr. Natürl. Grösse. 
„ 11. Orthoceras corneum n. sp. ?/, natürl Grösse. 
„ 12. Derselbe, Abdruck. ?/, natürl. Grösse. 


„ 193. -Derselbe in der Medianebene gespalten. */, natürl. Grösse. 


Says ww 


Tafel XI. 


Conularia quereifolia n. sp. Natürl Grösse 
Dieselbe, Querschnitt. Natürl. Grösse. 
Conularia reticulata n. sp. */, natürl. Grösse. 
Cleodora rugulosa n. sp. Natürl. Grösse. 
Dieselbe, Querschnitt. Natürl. Grösse. 
Cleodora lineata n. sp. Natürl. Grösse. 
Styliola laevis sp. ®/, natürl. Grösse. 
Tentaculites cancellatus sp. °/, natürl. Grösse. 
Derselbe, Abdruck. 16/, natürl. Grösse. 
Derselbe, Mundende. !$%/, natürl. Grösse. 
Bellerophon cinctus n. sp., von der Seite. ?/, natürliche 
Grösse. 

Derselbe, vom Rücken. ?/, natürl. Grösse. 


PSeonnsnsuvge 


_ 
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By 


- 
N 


BL ee Fol = 


 erdkups: rugosa n. sp _ Natürl. 
 Capulus neritoides n. sp. 
20.  Acmaea eristala n. sp. von oben. 
7a aa Dieselbe im Profil. Natürl. Grösse. 


377 


8. Darstellung der geognostischen Verhältnisse der 
Braunkohlen-Ablagerung bei Latdorf in Anhalt. 


Von Herrn ©. von Auserr ın Bernburg. 
Hierzu Taf. XII. 


Das Saalthal zeichnet sich bei Bernburg und nördlich die- 
ser Stadt aus durch seine in bedeutender Breite sich erstrecken- 
den 'Thal-Ebenen, welche scharf begrenzt sind durch die steil 
abfallenden Ränder der links und rechts sich erhebenden Pla- 
teaus. Auf der nördlichen Seite, wo die Muschelkalkhöhe 
von Altenburg begrenzend auftritt, zieht sich der Thalrand von 
dem Flussbette meist weit zuruck, und lässt zwischen sich und 
dem Abhange des bunten Sandsteinsplateaus der Südseite die 
mit Alluvialgebilden erfüllte Ebene, deren Grund, wie aus 
frühern Bohrversuchen hervorgegangen ist, der Muschelkalkstein 
bildet. Das jetzige Saalbett legt sich in fast allen seinen Win- 
dungen an das steil abfallende bunte Sandsteingebirge der Süd- 
seite an, derart, dass die Thalebenen zwischen Gröna, Bernburg 
und Nienburg sich auf der linken Seite des Flusses ausdehnen und 
den Muschelkalk als weggewaschen erscheinen lassen, während 
auf der rechten Seite die Schichten des bunten Sandsteins dicht 
am Saalufer von den untern Rogensteinen bis zu den obersten 
Thonen sich in schönen Profilen erkennen lassen. 

Für die gegenwärtige Betrachtung sind nur die Lagerungs- 
verhältnisse der Schichten von Wichtigkeit, welche das Braun- 
kohlengebirge von Latdorf begrenzen, und ist es daher zu- 
nächst von Interesse, den bunten Sandstein, welcher dasselbe 
auf der Sud- und Ostseite umgiebt, im Einzelnen zu ver- 
folgen. 


A. Bunter Sandstein. 


Derselbe tritt zwischen Dröbel und Latdorf in seinen ober- 
sten Schichten auf. Bei dem Orte Dröbel selbst zeigen sich 
in dem Einschnitte des Saalthals kieselig kalkige Gesteine mit 


378 
geringen Schnüren von schwarzem Hornstein, welche mit flachem 
westsüdwestlichen Einfallen unter ©. h. 8—9 streichen. Die- 
selben sind versteinerungsleer. Geht maıf in dem Bogen ent- 
lang, mit welchem die Saale nach Norden sich wendet, so fin- 
den sich in geringer Entfernung zu demselben. Niveau gehö- 
rige Schichten, in denen eine schnelle Abnahme des Kalkge- 
haltsnach unten bemerkbar wird. Die obern Lagen sind sandig 
kalkig, wiederum mit den schwarzen Hornsteinschnuren, die. 
in regelmässigen Schichten auf eine Strecke von 200 Schritt 
sichtbar sind, und wechseln nach unten mit reinen, weissen 
Sandsteinen von weicher, etwas thoniger Beschaffenheit und 
farbigen Thonen, die kalkige Knollen einschliessen. Der er- 
wähbnte Kalkgehalt, sowie die kieseligen Abscheidungen inner- 
halb des Gesteins charakterisiren dasselbe als Grenzgestein des 
bunten Sandsteins gegen den Muschelkalk. 4 

Die Saale behält von hier ab bis über Latdorf hinaus 
ihren Lauf nach Norden bei, begleitet von der oberen Thon- 
formation des bunten Sandsteins, welche bereits feste Bänke 
von Sandstein enthält. Es sind auf der Strecke bis Latdorf 
hin drei Steinbruche dicht am Saalufer im Betriebe, welche 
eine genaue Abnahme des Streichens und Fallens der Schich- 
ten gestatten. Ersteres ist constant in O. h. 8, letzteres er- 
hebt sich nicht über 25 Grad. Organische Reste. war es mir 
möglich in sandigen Lagen desjenigen Steinbruches zu finden, 
der ca. 400 Schritt von der Grube Carl bei Latdorf entfernt 
liest. Es fehlen in diesem Bruche die rothen Thone, welche 
in den höhern Lagen mehr entwickelt sind. Die Sandsteine 
sind theilweise locker, eisenschussig, sehr glimmerreich, und 
- wechseln mit wenig mächtigen Lagen von verschieden gefärb- 
ten, thonig sandigen und sandig thonigen, glimmerreichen 
Schichten. In diesen traten vielfache, nicht bestimmbare Pflan- 
zenreste und eine Posidonie auf, ein Vorkommen, welches in 
gleichaltrigen Schichten wohl noch nicht beobachtet worden 
ist. Petrefakten indess, welche die obern Thone etwa dem 
Röth kennzeichnend äquivalent stellen könnten, fehlen gänzlich. 

Die Lagen des bunten Sandsteins sind noch bis etwa 
300 Schritt vor der Grube Carl zu verfolgen, wo sie alsdann 
von Dammerde überdeckt und weitere Aufschlüsse verhindert 
werden. _Oestlich von dem bisher, verfolgten Theile des Saal- 
ufers ist: bis über Latdorf hinaus der bunte Sandstein als an- 


— 


379 


stehend bekannt, und zeigt die- Oberflächenbeschaffenheit der 
Gegend keine wesentlichen Störungen der Ablagerung dessel- 
ben an.“ Das angegebene Streichen der Schichten ist der Längs- 
Erstreckung des bei dem Dorfe Latdorf nun folgenden Braun- 
kohlengebirges parallel, und erscheint daher die Folgerung ge- 
rechtfertigt, dass die Ablagerung des letzteren auf den Schich- 
: tenköpfen der oberen Partie des bunten Sandsteins statt ge- 
funden hat. 


B. Keuper und Muschelkalk. 


Nördlich des der bunten Sandsteinformation hier sich 
plötzlich auflagernden tertiären Gebirges wird in nächster Nähe 
das anstehende Gestein durch Dammerde verdeckt. Etwa 500 
Schritte von dem Wasserhaltungs-Maschinengebäude wurde in- 
dess, bei Gelegenheit von Kirschbaumpflanzungen ein Gestein 
mit zu Tage gebracht, welches dem Keuper angehört. Letztere 
Formation bildet saalabwärts von Latdorf bis Grimschleben die 
steilen Uferränder des Saalbettes und liefert weit sichtbare 
bunte Profile. Bei Grimschleben selbst tritt, mit eigenthumlich 
geknickter Schichtenlagerung Muschelkalk auf, in dem früher 
Steinbruche getrieben sind. Derselbe gehört der deutlich er- 
sichtlichen Lagerung sowie den Versteinerungen, wie Myophoria 
pes anseris, Ammonites enodis nach zu der obersten Abtheilung der 
Formation, und ist sein Uebergang selbst zum Keuper gut zu 
beobachten. In der Nähe des Keupers wird der Muschelkalk 
porös, thonige Schichten treten neben der Hauptmasse von 
Kalkgesteinen auf, und über diesen folgt endlich eine Lage 
von kalkigen, glimmerreichen Schichten mit Petrefakten, denen 
sich thonig sandige Schichten mit Pflanzenresten auflagern. Im 
Verfolg werden diese schiefrig sandigen und thonigen Gesteine 
vorherrschend und enthalten in grosser Anzahl die Myoph. 
pes anseris neben anderen Oonchylien, Pflanzenresten und koh- 
ligen Spuren. Das erste wirkliche Lettenkohlenflötz von 1+ 
Fuss Mächtigkeit und einer mulmigen unreinen Beschaffenheit 
tritt etwa 250 Fuss von der Basis der Formation zwischen 
schiefrigen Sandsteinen mit: Pflanzen und Conchylien-Resten 
auf. Ein zweites und drittes findet sich noch in ziemlicher 
Entfernung von dem ersteren, und haben diese kohligen Schie- 
ferletten in früherer Zeit Veranlassung zu Versuchsbauen auf 
Steinkohlen gegeben, deren Reste noch jetzt sichtbar sind. 


380 


Ueber diesen -kennzeichnenden Lagen folgen rothe und 
blaue Thone mit einer viele Steinkerne von Conchylien enthal- 
tenden Kalksteinbildung. Dieselbe ist von den darüber lagern- 
den bunten Schieferletten und höchst festen und dichten dolo- 
mitischen Kalksteinen, deren einige, nahe bei Latdorf, hydrau- 
lische Eigenschaften besitzen, nicht scharf getrennt, und lässt, 
da ein Vergleich mit anderen Localitäten schwierig zu ziehen 
ist, eine genaue Klassifieirung um so weniger zu, als der 
oberste Theil der Formation mit dem oben erwähnten Kalkge- 
steine in der Nähe der Braunkohlengrube Carl unter Damm- 
erde verdeckt ist und keine Aufschlusse giebt. Auf Grund der 
überhaupt geringen Mächtigkeit des Keupers in andern Gegen- 
den kann man mit Wahrscheinlichkeit annehmen, dass die der 
Grube Carl zunächst liegenden Schichten der oberen Abthei- 
lung der Formation zugehören. Die Lagerung der letzten zu 
Tage gehenden Schichten ist ungestört und regelmässig, bei 
einem Streichen in OÖ. h. 7,6 und einem südlichen Fallen von 
10 Grad, also mit denselben Verhältnissen, welche der bunte 
Sandstein auf der Südseite der Braunkohlenablagerung zeigt. 
Nach Osten hin steht nirgends festes Gestein an, welches ge- 
stattete einen Schluss auf die Lagerungs-Verhältnisse zu ma- 
chen, und lässt nur die gleichmässige Beschaffenheit der Erd- 
oberfläche vermuthen, dass die regelmässige Lagerung der Keu- 
performation, wie sie sich in der Nähe der Grube Carl im 
Saalthale bemerklich macht, auch nach Osten hin fortsetzt. 
Demgemäss würde die Braunkohlenablagerung bei Latdorf auf 
ihrer Nordseite vom Keuper mit dessen obersten Lagen unter- 
teuft werden. 

Das auffallende Verhältniss, dass bei so gleichmässiger 
und ungestörter Lagerung, welche die Annahme von bedeuten- 
den Erhebungen und Senkungen durch vulkanische Kräfte für 
die Zeit des Keupers ausschliesst, die obersten Schichten des 
letzteren den bunten Sandstein gleichsam zu unterteufen schei- 
nen, durfte in Folgendem seine Erklärung finden. 

Es lässt sich bei Latdorf selbst zwar eine direkte Be- 
ziehung beider Gesteine zu einander nicht auffinden, da beide 
durch die Tertiärbildungen oberflächlich getrennt sind. Beide 
sind, soweit ihr Hervortreten ersichtlich, durch eine eirca 400 
Lachter breite Schlucht von einander geschieden und besitzen 
ein fast gleiches Streichen, sowie ein nur um wenige Grade 


381 


verschiedenes Fallen nach gleicher Richtung. Zieht man aber 
in Betracht, dass hier bei Latdorf die nördliche Grenzlinie des 
grossen Buntsandsteinplateaus von Bernburg zu suchen wäre, 
so lassen die Erscheinungen der beiderseitigen Lagerung eine 
Deutung zu. Der Keuperzug, der von Latdorf über Altenburg 
geht, liegt eingekeilt zwischen einerseits dem hohen Plateau 
von Bernburg und dem von Altenburg, andererseits dem Mu- 
schelkalkzuge von Grimschleben und Nienburg. Das Fallen 
des Keupers entspricht bei Grimschleben der Auflagerung auf 
den letztgenannten Gebirgszug und ist unabhängig von den 
südlichen, hoch erhobenen Gesteinsschichten. Das spät trias- 
sische Meer bedeckte daher nicht mehr die hohen Plateaus 
von Bernburg und Altenburg, sonderu fand seinen begrenzen- 
den Uferrand an der steil abfallenden Nordseite derselben. Der 
Keuper ist daher den bei Latdorf auftretenden Schichten des 
bunten Sandsteins nicht auf- sondern angelagert. Er bildet 
daher die Basis der im Folgenden zu erwähnenden Tertiärbil- 
dungen bei Latdorf. 


C. Braunkohlengebirge bei Latdorf. 


Zwischen dem oberen Keuper als nördlicher und dem . 
oberen bunten Sandstein als südlicher Grenze findet sich in 
einer im Verhältniss zur Breite sehr lang gestreckten Mulde 
eine local sehr mächtige Braunkohlenbildung mit überliegenden 
tertiären und diluvialen Gebirgsschiehten. Die Längs-Erstreck- 
ung der Mulde geht nach S.O. und ist durch die Baue der 
Grube Carl und Gottes-Segen auf eine Länge von etwa 800 
Lachter erwiesen. Ihr südöstliches Ende ist nicht festgestellt 
und kann nur schwierig vermuthet: werden, da einestheils die 
' letztgenannte Grube, die auf dem südöstlichen Flügel stand, 
_ nur nesterartige und deshalb unbauwürdige Kohlenablagerungen 
fand, anderntheils Aufschlusse in dieser Richtung, die die 
geognostische Aufnahme der Gegend gestatteten, gänzlich feh- 
len. Die Bohrlochsprofile auf Gottes-Segen ergaben allerdings 
ein nordwestliches Einfallen der Kohle; jedoch kann dies wegen 
der nesterartigen Lagerung und wegen der Unstimmigkeit der 
Schichtenfolge in Beziehung auf die Erfunde der Grube Carl 
“nicht mit Sicherheit auf einen südöstlichen Schluss der Mulde 
- gedeutet werden. Das Deckgebirge des südöstlichen Theils, 
bestehend aus Dammerde, Sand, Thon, variirtein der Mächtig- 

Zeits.d.d.geol. Ges, XVII. 2. 25 


382 


keit zwischen 11 und 19 Lachter in kurzen Entfernungen und 
ebenso die Kohle von O bis 34 Lachter. Als Liegendes hatte 
man in einigen Bohrlöchern einige Achtel grauen sandigen 
Thon oder weissen Sand, alles abweichend von den Verhält- 
nissen des westlichen Flügels. Es sind leider die bergmänni- 
schen Arbeiten auf Gottes-Segen unter diesen ungünstigen Um- 
standen nicht weit genug fortgesetzt, um einen nähern Einblick 
in die Verbreitung der Kohle auf diesem Flügel zu liefern. 
Ueberhaupt ‚wurden von der Gewerkschaft nur zwei Strecken 
ins Feld getrieben, mit denen man das Hangende nordöstlich 
bei 8 Lachter, südöstlich bei 3 Lachter vom Schachte erreichte, 
ein Zeugniss, dass man es an diesem Punkte mit einem nester- 
artigen Vorkommen zu thun hatte. Zur Kenntniss der Lage- 
rung südlich von diesen Punkten sind gar keine Versuchsarbei- 
ten unternommen. 

Der nordwestliche, der Saale angelegene Theil der Mulde 
ist durch die Baue der Grube Carl näher bekannt und es erge- 
ben sich hier folgende Verhältnisse: | 

Die Breite der Mulde an der Saale von etwa 200 Lach- 
ter wird auf eine Längserstreckung von circa 400 Lachter un- 
ter OÖ. h. 8 allmälig geringer. Die Längsränder zeigen ein 
regelmässiges Ausgehendes des Flötzes unter einem Winkel 
von 45 Grad, während die nach der Saale zu gelegenen Par- 
tien in Folge der Zwischenlagerungen von Sandschichten einen 
weniger deutlichen Schluss erkennen lassen. In südöstlicher 
Richtung nach dem Dorfe Latdorf zu verflächt sich die Mulde 
bedeutend, und scheint die Kohle bei 400 Lachter Entfernung 
von dem westlichen Rande gänzlich abzusetzen. Eine wenn 
auch öfter unterbrochene Verbindung mit dem auf der Ostseite 
Latdorfs belegenen Felde der früheren Grube Gottes-Segen darf 
 indess, als in der Natur der Ablagerung begründet, angenom- 
men werden. 

Die Ablagerung besteht aus folgenden Schichten: 

1) Im Liegenden der Kohle befindet sich ein leberfarbiger 
magerer Thon, dessen Oberfläche stark wellenförmig ist. Seine 
Mächtigkeit, so wie der Charakter der. ihn unterlagernden 
Schichten ist nicht bekannt, und daher eine sichere Classifiei- 
rung des Liegenden, ob zum Keuper gehörig, ob tertiär mit 
Schwierigkeiten verknüpft. Der unmittelbar unter der Kohle 


383 


befindliche Thon, welcher selbst eine starke Imprägnation mit 
Kohle zeigt, würde mit Sicherheit zum Braunkohlengebirge 
zu stellen sein, wenn auch seine Verbindung mit den 
500 Schritt entfernten kalkigen Gesteinen des oberen Keupers 
unbestimmt bleiben muss.‘ Letzterer bildet ersichtlich seiner 
vorbeschriebenen Lagerung gemäss ’die endliche Basis des 
Ganzen. : 

2. Das dem Thon aufgelagerte Kohlenflötz mit einer 
grössten Kohlenmächtigkeit von 18 Lachter im Tiefsten der Mulde 
lässt am Liegenden und Hangenden eine äusserst wellenföormige 
Lagerung erkenen. Die Kohle selbst ist ausser am Liegenden, 
wo eine wenig mächtige Lage von wenig tüchtiger Beschaffen- 
heit vorkommt, erdig, schwefelkiesfrei, von hellbrauner Farbe 
und enthält vielfach Retinit, in Stücken bis 18 Zoll Grösse, 
und Krantzit, beide Harze theils nesterweis, theils eingesprengt 
in der ganzen Mächtigkeit des Flötzes vertheilt. 

3. Die Gesammt- Mächtigkeit des Hangenden beträgt 
6 bis 9 Lachter und wird aus folgenden Schichten zusammen- 
gesetzt: 

Am nördlichen und südlichen Rande des Lagers ruht un- 
mittelbar auf der Kohle ein 3 bis 4 Lachter mächtiger, weisser 
scharfer Quarzsand von lockerem Gefüge, welcher Sand-Con- 
eretionen enthält. Derselbe verschwindet im Innern der Mulde. 
Seine Stelle nimmt dort ein glauconitischer, grobkörniger, an 
unteroligocänen Conchylien überaus reicher Meeressand von 
etwa 2 Lachter Mächtigkeit ein. Er wird durch eine 6 Zoll starke 
Lage von erbsen- bis nussgrossen weissen Quarzkörnern ge- 
theilt und enthält neben wenig festen Concretionen von glau- 
conitischem Sande mit kalkigem Bindemittel eine grosse Anzahl 
der in den Braunkohlen-Revieren bekannten Knollensteine von 
verschiedenem oft sehr bedeutendem Durchmesser. Letztere 
enthalten indess nicht Pflanzenreste, wie sie z.B. bei Preuss- 
litz vorhanden sind. Wie aus der Zeichnung zu ersehen, folgt 
der Sand nicht genau der wellenförmigen Gestaltung der 
Kohlenoberfläche, welche im Querprofile angesehn zwei Haupt- 
Einsenkungen bildet. Die höchste Erhebung der Kohle wird 
vielmehr durch die nächst obere Lage eines feinen 1 bis 
3 Lachter mächtigen, schwarzen Sandes bedeckt, welcher von 
2 Fuss Höhe über dem Niveau des grünen Sandes einzelne 


25* 


384 


Conchylien führt. Fusus multisulcatus, welcher in der grünen 
Sandschicht fehlt, findet sich. neben wenigen anderen, wie 
Cassidaria depressa vorzugsweise darin, und stellt ebenso, wie 
die sparsam vorhandenen echten Septarien den a ne. Sand 
entschieden zum Mitteloligocän. 

Ueber diesen Sanden liegt eine diluviale Lehmablagerung, 
deren Mächtigkeit zwischen 1 bis 3 Lachter variürt. Sie wird 
überdeckt von 1 bis ö Fuss Dammerde. | 

Aus der vorgehenden Betrachtung erhellt, dass das Vor- 
kommen des Braunkohlengebirges. bei Latdorf auf der Nord. 
Sud- und wahrscheinlich auch auf der Ostseite vom Keuper 
und bunten Sandstein umschlossen ist. Da ferner der west- 
liche Muldenabschluss durch das’ Saalthal und in weiterer Er- 
streckung durch Muschelkalk gebildet wird, so wird es nicht möglich 
die Latdorfer Braunkohle irgend einem der bekannten Mulden- 
complexe zuzutheilen. Die Latdorfer Bildung muss entschieden 
als local, gleichsam in einem breiten sumpfigen Thale ent- 
standen gedacht werden, in welchem später durch auslaufende 
Arme des Tertiärmeers, das durch ein vorzugsweises Auftreten 
von Conchylien, wie Fusus, Pleurotoma, Murex , Fasciolaria 
als ziemlich tief charakterisirt wird, die oligocänen Schichten 
mit ihren mannichfachen Versteinerungen abgesetzt wurden. 
Die Mulde erscheint gänzlich isolirt. Auch lässt sich in Be- 
treff der marinen Schichten eine Verbindung mit den übrigen 
Tertiärlagern des Herzogthums Anhalt und der Provinz Sachsen 
nicht mit Sicherheit erweisen, obgleich in dieser Hinsicht die’ 
' Existenz eines Zusammenhanges ausser Frage gestellt werden 
kann. Zur Ermittelung eines solchen bieten Anhaltspunkte die 
Lagerung des Keupers sowie der Charakter der tertiären 
Schichten. Es ist, wie vorher erwähnt, anzunehmen, dass die 
bei Latdorf auftretenden Keupergebilde im Zusammenhange 
mit den bei Altenburg und Hohendorf auftretenden Gesteinen 
derselben Formation stehen, und dass nur die Auswaschungen 
des Saalthals die direkte Verbindnng gegenwärtig unterbrechen. 
Bei Hohendorf und Neugatersleben unterteuft derselbe Keuper- 
zug die dortigen Braunkohlenmulden, deren Liegendes er ähn- 
lich wie bei Latdorf bildet. Die daselbst überlagernden unter- 
und mitteloligocänen Schichten zeigen vollkommene Analogie 
mit den Latdorfer Vorkommnissen, und es möchte daher, mit 


385 


Rücksicht auf die Wegwaschungen der Keupergesteine im Saal- 
thale, die Annahme Wahrscheinlichkeit besitzen, dass die er- 
wähnten Braunkohlenlager eine vielleicht ähnliche und gleich- 
zeitige Entstehungsweise haben. Beide Vorkommen sind in- 
dess in sich abgeschlossene Mulden und dürften nicht ohne 
Zwang. bei der jetzigen Kenntniss der Tertiärlager in weitere 
Beziehung zu den noch nördlicher gelegenen Mulden von 
Biere und Calbe gebracht werden können. 


3856 


9, Bemerkungen über die geognostische Colorirung der 
Karte des westlichen Harzgebirges, gezeichnet in 
1:50,000 von €. Prediger. 


Von Herrn F. A. Rormer ın Clausthal. 


Ich habe in den letzten Wochen das zweite Blatt der so- 
genannten Prediger’schen Karte des westlichen Harzes, das 
Brockengebirge, Ilsenburg, Wernigerode, Elbingerode und die 
Marmormühle umfassend, geognostisch colorirt und erlaube mir 
zu dieser Arbeit einige reservirende Bemerkungen: 

Das plutonische Gebirge wird ziemlich richtig begrenzt 
sein, nur werden die Diabase sudlich von der Lindla sich wohl . 
im Zusammenhange wenigstens bis zur Bode bei Neuwerk 
erstrecken; sie bilden den südlichen Flügel des von Hasserode 
bis Blankenburg sich erstreckenden Lagers. 

Die alluvialen und diluvialen Bildungen sind, wie die des 
Flötzgebirges, nach älteren Beobachtungen aufgetragen. 

Die Kulmgrauwacke begrenzt, wie auf dem ersten Blatte 
der Karte bei Riechenberg, nördlich, das devonische Gebirge; 
bei Ilsenburg führt sie am Kammerberge die Bornia scrobicu- 
lata und dürfte daher den älteren Kohlengrauwacken angehören; 
Pflanzen sind darin namentlich nahe am Schlossberge bei Wer- 
nigerode und oberhalb Benzingerode aufgefunden. Der Kulm 
bildet die nördliche Harzgrenze bis nahe Ballenstedt hin. 

Die Schalsteine, das obere Devon, die mittlere devonische 
Grauwacke und die Stringocephalenkalke werden ziemlich rich- 
tig bestimmt und begrenzt sein; zweifelhafter wird dies aber 
bei den drei älteren Bildungen. 

Aus den Wissenbacher Schiefern habe ich früher 'nur das 
Orthoceras triangulare am Büchenberge gefunden, beschrieben; 
sie scheinen indessen namentlich in nordöstlicher Richtung von 
Neuwerk die falsche Schieferung zu zeigen, sind frei von Grau- 
wacken, begrenzen den Be und durften daher 
wohl richtig begrenzt sein. 

Wahrscheinlich gehören zu ihnen auch die von mir als 


387 


Silur bezeichneten Schichten; die im Klosterholze bei Ilsenburg 
gefundenen Versteinerungen habe ich als silurische beschrie- 
ben und sind sie für solche auch von Morris, in Vertretung 
von MurcHIsos, erklärt; Freund JascHE will Cardiola inter- 
rupta bei Oehrenfelde gefunden haben (?), hat mir aber letzthin 
aus den Kalken des Thonmühlenkopfes im Tännenthale Go- 
niatites lateseptatus und subnautilinus, Orthoceras regulare and 
Bronteus minor mitgetheilt; danach entsprechen diese Kalke 
vollständig denen, welche sich von Zorge über Hasselfelde nach 
Treseburg hin erstrecken und die Wissenbacher Etage charak- 
terisiren; am nördlichen Harzrande lassen sie sich durch das 
Thor auf dem Blankenburger Schlosse bis an den von Thale. 
nach der Rosstrappe hinauf führenden Weg verfolgen, so dass 
beide Lager nur durch den Granit der Rosstrappe getrennt 
werden. 

Den Spiriferensandstein, durch Chonetes sarcinulata, Spiri- 
fer macropterus u. s. w. charakterisirt, habe ich vor Jahren als 
einen glimmerreichen Schiefer im Drängethale oberhalb Hasse- 
rode, am Fusse des Hasselkopfes, an einem Stollenmundloche 
entdeckt; er lasst sich bis in die Nähe der Drei Annen und 
auch nach dem Hakenstiege hinauf verfolgen; ich habe mit 
seiner Farbe die ganzen Hornfelse belegt, welche den Brocken- 
granit östlich begränzen. Zu beiden Seiten der Rappbode fin- 
det sich dieselbe Farbe nur deshalb wieder, weil in dieser 
Zone sandige und grauwackenartige Gesteine, im Gegensatze 
zu der Zone der Wissenbacher Schiefer, häufiger sind und(!) 
weil sich in ihnen der Abdruck eines Stielgliedes eines Krinoi- 
den gefunden hat. 

Die ungeschlachteten drei grossen Kieselschiefermassen in 
der Mitte der Karte werden ihre Umrisse vermuthlich später 
noch ändern; sie liegen in zu unwirthlichen Gegenden. 

Die Hornfelse des Rehberges, der Achtermannshöhe u. s. w. 
habe ich dunkelgelb angelegt, nur weil sie ungefähr im Strei- 
chen des Bruchberger Sandsteins liegen. 

Auf das dritte, bald vollendete Blatt dieser Karte kommt 
die Ilefelder Gegend; auf das vierte und letzte Andreasberg 
und Lauterberg. 

Ich habe schliesslich nur den Wunsch noch auszusprechen, 
dass die Karte doch auch wieder einen Schritt vorwärts in der 
geognostischen Kenntniss des Harzes bekunden möge. 


Be 


‚10. Geognostische Skizze der Umgegend von 
: New - York. 


Von Herrn Herm. Crepner aus Hannover. 


Hierzu Tafel XII. 


Die Stadt New-York bedeckt eine schmale, langgestreckte, 
15 Miles lange und an ihrer breitesten Stelle 24 Mile breite 
Insel, welche vom Hudson und einem Arm desselben dem 
East-River umströmt wird und deren Längenaxe in der Rich- 
tung von Norden nach Süden liegt, während sich Brooklyn 
jenseits des letzteren Stroms an dessen östlichen Ufern, welche 
von dem westlichen Theile Long-Island’s gebildet werden, da- 
gegen Hoboken und Jerseycity auf der rechten Seite. des 
Hudson sich ausdehnen. Unterhalb der Vereinigung beider Fluss- 
arme in südlicher Richtung von New-York erhebt sich das 
bergige, mit Sommerresidenzen bedeckte-Staten Island über 
den Wasserspiegel. | 

Der grösste Theil des Untergrundes der Stadt-New-York 
und deren Umgegend ist von Diluvium bedeckt. Die Arbeiten 
zur Ausgleichung des hügeligen Terrains behufs Anlage von 
Strassen und Eisenbahnen bieten jedoch genugsam Gelegen- 
heit zum Studium der dortigen geognostischen Verhältnisse. 
Die ausgedehnten Diluvialbildungen jener Gegend bleiben sich 
in ihrem Charakter ziemlich gleich. Ihre Mächtigkeit wechselt 
je nach der Oberflächen - Beschaffenheit des anstehenden Ge- 
birges zwischen wenigen und 30—35 Fuss. Die bedeutendsten 
Diluvialanschwemmungen bedecken die Küste von Long-Island 
in Brooklyn und dessen Umgegend, während die Abhänge des 
Gebirgszuges westlich von Hoboken, sowie der nöordlichste 
Theil der Insel, auf der New-York gebaut ist, fast vollständig 
von jenen frei, so wie oft von jedem Humus und jeder Vege- 
tation entblösst sind... Das Diluvium jener Gegend besteht 
aus einem rothen oder braunen, oft etwas lehmigen Sande, 
welcher Rollstucke hauptsächlich von Diorit, sowie von rothem 


N re Se 5 
Fa 


389 

Sandstein und granitischen Gesteinen umfasst, welche in ihrer 
Grösse zwischen geringeren und bedeutenderen Dimensionen 
schwanken, in ihrer Beschaffenheit den unmittelbar im Norden 
von jenem Distrikte anstehenden Felsarten entsprechend und 
von Eisbergen an den Ort ihrer jetzigen Lagerung zur Zeit, 
als dieser noch von einem flachen Meere bedeckt war, ge- 
tragen worden sein mögen. Eine fast horizontale oder flach 
gefaltete Schichtung des Diluviums ist an verschiedenen Punkten 
zu beobachten. 

Der Untergrund der Insel, auf welcher New-York liegt, 
sowie die westliche Küste von Long-Island besteht aus Gneiss. 
Dieser formirt auf ersterer, wo das Diluvium eine weniger 
zusammenhängende Decke bidet, ein wellenförmiges, nach N. 
zu sanft ansteigendes Plateau, welches am Nordrande der 
Insel steil’ gegen den Arm des Hudson absturzt. In diesem 
oberen Theile der Insel sind die ausgezeichnet glockenförmigen 
Gneisshügel grösstentheils vollständig nackt, während die Thal- 
einsenkungen und Flussufer von Diluvialbildungen bedeckt 
sind. Der Gneiss von New - York zeigt eine ausgezeichnete 
Parallelstruetur conform den Absonderüungsflächen, welche nur 
zuweilen von einer knotig-flaserigen verdrängt wird. Der’ 
Kern solcher Flasern wird entweder von einem grobkörnigen 
Granit, oder einem fast homogenen Gemenge von Feldspath 
und Quarz, oder auch von einem dieser beiden Mineralien 
allein gebildet. Der hiesige Gneiss besteht aus einem grünlich 
weissen Orthoklas, einem durchsichtigen Quarz und schwarzem, 
dunkelgrünem oder weissem Glimmer, welcher letztere Bestand- 
theil jedoch zonenweise so zurücktritt, dass eine bandartige 
Abwechselung von typischem dunklerem Gneiss und einem 
helleren Gemenge von Feldspath und Quarz entsteht. Fur 
beide bezeichnend ist die ausserordentliche Menge von Gra- 
naten, während Turmalin und Schwefelkies nur als accessorische 
Bestandtheile von geringerer Bedeutung auftreten. Gangförmige 
Einlagerungen und Nester von Quarz oder Feldspath, Ueber- 
gänge in einen porphyrartigen oder äusserst grobkörnigen 
Granit, der dann aus kopfgrossen Partieen von fleischrothem 
Orthoklas, handgrossen Platten von Glimmer und kleinen 


-Quarzkörnern besteht, Nester und Stöcke von einem dichten, 


fast homogenen Gemenge von Feldspath und Quarz, welche 
entweder innig mit dem Gneiss durch Uebergänge verbunden 


390 


oder scharf von ihm getrennt sind und zuweilen hirsengrosse, 
braunrothe, dicht aneinandergedrängte Granatkörner umfassen, 
an manchen Punkten, z. B. dem Central-Park und der High- 
bridge auftretende, vielfach gewundene Biegungen oder zick- 
zackartige Knickungen der Parallelstruktur bringen interessante 
Abwechselungen in das sonst einförmige Gneissgebirge. Die- 
selben charakterisistischen Eigenschaften hat der Gneiss an 
der Küste von Long-Island; ebenso bestehen die Inseln (Black- 
wells, Wards und Randalls Island), welche im East - river 
zwischen Long-Island und New-York liegen, ferner die sud- 
liche Küste des Festlandes gegenüber den steil abstüurzenden 
Ufern der Insel, auf welcher New-York gebaut ist, aus dem- 
selben Gestein. Interessant sind die in letzterer Gegend, z. 
B. bei Melrose in dem Gmeiss auftretenden Einlagerungen von 
krystallinischem Kalkstein. Dieser bildet an letzte@genannter 
Oertlichkeit einen flachen Höhenzug, dessen Längserstreckung 
parallel dem Streichen des Gneisses ist und ist grobkrystalli- 
nisch, vorherrschend weiss und bandartig von einzelnen dunkleren 
mit einander gleichlaufenden Streifen eines glimmerreichen 
Kalksteins unterbrochen, während Epidot auf den Spaltungs- 
flächen in dendritischen strahligen Partieen vorkommt. Seine 
Parallelstructur ist der Schichtung des Gneisses conform und 
lässt faltenartige Biegungen erkennen, denen die Beschaffen- 
heit der Erdoberfläche entspricht. — Noch einige Meilen nörd- 
lich wird der Gneiss sehr reich an Hornblende, bis diese den 
Glimmer nach und nach verdrängt, wodurch ein ausgezeichneter 
Hornblendeschiefer entsteht, welcher allmälig sein schiefriges 
Gefüge verliert und zu einem porphyrartigen Syenit wird, in 
dessen weisser Grundmasse grosse blätterige Hornblende- 
individuen ausgeschieden liegen. Von diesem Gestein sollen 
wiederum Uebergangsstufen nach dem Hypersthenfels nachzu- 
weisen sein, welcher das hügelige aus steilen Bergkuppen be- 
‚stehende Plateau bildet, das sich ‚am linken Ufer des Hudson 
in östlicher Richtung von Peekskill, einer etwa 40 Miles von 
New-York gelegenen Stadt ausdehnt. Ich war verhindert diese 
Uebergänge genau zu verfolgen, habe aber ein feinkörnig-sy- 
enitisches Gestein beobachtet, welches grosse Partieen von 
grüner Hornblende umfasste, in welcher kupferglänzende scharf- 
begrenzte Hypersthen -Individuen lagen. Diese Gesteinsart 
scheint die Mitte der Uebergangsstufen zwischen Hypersthenit 


391 


und Syenit einzunehmen, aus welcher auf der einen Seite 
durch Verdrängung der Hornblende der Hypersthenit und durch 
das Verschwinden des Hypersthens der typische Syenit ent- 
stehen würde. Der Hypersthenit von Peekskill geht von einem 
feinkörnigen fast aphanitischen Gemenge seiner Bestandtheile 
bis in ein grobkörniges gabbroartiges Gestein über, in welchem 
letzteren Falle der auf seinen Spaltungsflächen metallglänzende 
Hypersthen vor dem dunkelgrunen dichten Labrador vor- 
waltet, Das erst genannte Mineral widersteht der Verwitterung 
besser als letzteres und bildet dann einen knotigen Ueberzug 
der den Atmosphärilien ausgesetzten Gesteinsflächen, welcher aus 
einzelnen scharfkantigen Brocken zusammengesetzt ist. Der 
dortige Hypersthenit zeigt keine Parallelstruktur und bildet 
sterile isolirte Kuppen und steile Felsabhänge, welche jener 
Gegend einen eigenthümlichen Reiz verleihen. Im Hyper- 
sthenit von Peekskill tritt als constanter accessorischer Be- 
standtheil besonders der feinkörnigen Varietäten ein fein- 
eingesprengter Magneteisenstein auf, welcher sich stellenweise 
zu gangartigen Lagerstätten concentrirt hat. In einer der 
dortigen Hypersthenkuppen, welche ich genauer zu untersuchen 
Gelegenheit hatte, setzen in einem Bezirke von 300 Acres, 
‚abgesehen von einer Reihe kleinerer Trümer, 12 solcher 
Gänge auf, welche sämmtlich in der Richtung von NNO. nach 
SSW. streichen und mit 60—70 Grad gegen W. einfallen. 
Drei von diesen erreichten eine”Mächtigkeit von 15 Fuss und 
ragten an manchen Stellen mauerartig aus den Abhängen des 
Berges hervor. Der sie bildende Magneteisenstein war zum Theil, 
und zwar bei kleineren Trümern stets, grobkörnig und rein, 
zonenweise aber auch durch Magnetkies verunreinigt. Nach 
den Resultaten der auf diesen Gängen betriebenen Schurf- 
‚arbeiten und der Analogie der benachbarten Gruben mehrte 
sich diese für die technische Verwendung so unangenehme 
Beimengung des Erzes mit der Tiefe, ausserdem treten noch 
andere Schwefelmetalle hinzu, welche zuweilen den Magnet- 
eisenstein in der Weise verdrängen, dass verschiedene frühere 
Eisensteingruben jetzt auf Kupferkies betrieben werden. Die 
betreffenden Gänge sind scharf von dem Nebengestein getrennt 
und einige derselben von bis zu 3 Fuss mächtigen Quarz- 
trumern begleitet. Nördlich von. Peekskill geht der Hyper- 


_  sthenfels wieder in Syenit über. Das zwischen beiden liegende 


392 


Gestein, welches Hornblende und Hypersthen zugleich enthält, 
habe ich auch hier beobachtet. Der wiederauftretende Syenit 
zeichnet sich durch die Mannichfaltigkeit seiner Varietäten aus. 
Er ist bald ein feinkörniges, bald ein porphyrartiges Gemenge 
seiner Bestandtheile und umfasst in letzterem Falle faust-, 
bis kopfgrosse Partieen einer ausgezeichnet blätterigen, grünen 
Hornblende, während er auf der anderen Seite vollständig. 
aphanitisch werden kann und dann Graphitschuppen und Gra- 
naten eingesprengt enthält. An manchen Stellen tritt, ver- 
ursacht durch das plötzliche Verschwinden und Wiederauftreten 
der schwarzen Hornblende, eine bandartig abwechselnde weisse 
und schwarze Färbung besonders des feinkörnigen Gesteins 
ein. In grobkörnigen Varietäten waltet die grüne Hornblende 
vor, zu welcher dann stellenweise Pistazit in schmalen Schnüren 
oder, als förmlicher Gemengtheil tritt. Zu ihnen gesellt sich 
häufig Magneteisenstein in solcher Menge, dass er in der ent- 
stehenden Gesteinsvarietät vorwaltet und selbst zuweilen die 
Hornblende vollständig verdrängt, Nester und und gangförmige 
Einlagerungen bildet und in diesen Fällen oft abbauwürdig ist. 
Ein ähnliches Verhältniss tritt zuweilen mit Schwefelkies und 
Magnetkies ein, welche Erze an einem Punkte 3 Miles nörd- 
lich von Peekskill durch Tagebau gewonnen werden. Das 
ausgezeichnetste Beispiel derartiger Magneteisensteinvorkommen 
findet sich auf der entgegengesetzten Seite des Hudson, 
5 Miles von Fort Montgomery, wo eine linsenformige Ein- 
lagerung dieses Erzes in einer Mächtigkeit von 60 Fuss und 
einer Längenerstreckung von 250 Schritt durch Grubenbaue 
aufgeschlossen ist. 

Kehren wir in die direkte Umgebung von New-York und 
zwar zur Betrachtung der geognostischen Verhältnisse des 
rechten Hudson-Ufers zuruck. 

Zwischen dem Hudson-River und der westlich von ihm 
gelegenen Bai von Newark erstreckt sich als Scheidewand 
zwischen beiden eine lange schmale. Landzunge, deren süd- 

lichstes Ende die Stadt Bergen einnimmt, während sich Ho- 
 boken und New-Jersey-City an ihrer östlichen Küste gegen- 
über der Stadt New-York ausdehnen. Dieses Riff besteht zum 
grossen Theil aus diluvialem und alluvialem Sande, welcher 
Diorit- Rollstucke der verschiedensten Grösse umfasst. Das 
Skelett dieses angeschwemmten Landes, welches zugleich den 


393 


ersten Anlass zu dessen an jener Stelle erfolgtem Absatz ge- 
geben 'haben mag, ist ein schmaler hoher Dioritzug, welcher 
21 Miles weit in grader Richtung gegen N. fortsetzt , sich 
grösstentheils steil fast senkrecht aus dem sumpfigen, mit 
Diluvium bedeckten Boden erhebt und dem rechten Ufer des 
Hudson, welchen er bis Piermont begleitet, seine wilde Schön- 
heit verleiht. Die Mächtigkeit dieses Dioritganges beträgt 
durchschnittlich eine Mile. Der südliche Theil seines Kam- 
mes ist von der Stadt Hudson City gekrönt. Von den 
Besandtheilen des Diorites jener Felsbildungen waltet die 
grünlich-schwarze Hornblende im Verhältniss zu der Menge 
des rein-weissen bis grünlich-weissen Albites bedeutend vor, 
während Chlorit vollständig fehlt. Die Korngrösse der Ge- 
. mengtheile variirt sehr und scheint nur in soweit gebunden zu 
sein, als die grobkörnigen Gemenge mehr auf die mittlere Mäch- 
tigkeit des Zuges beschränkt sind, während die oft äusserst 
feinkörnigen Abänderungen mehr nach seinen beiderseitigen 
Grenzen zu auftreten und häufig eine plattenformige Absonde- 
rung des Gesteins bedingen. So geht etwas nördlich von 
Hoboken der massige Diorit in einen aphanitischen, aus- 
gezeichnet dünnschiefrigen Dioritschiefer über, ‚welcher. als 
schmaler kaum 30 Schritte breiter Saum des Dioritzuges über 
eine halbe Stunde weit längs des Ufers des Hudson zu ver- 
folgen ist. Die Schichten dieses Schiefers streichen äusserst 
regelmässig mit der Erstreckung des Dioritzuges von Norden 
nach Süden und fallen nach Westen, also gegen jenen ein. 
Einige Miles weiter stromaufwärts sondert sich das Gestein in 
verticalstehende, 50—60 Fuss hohe Säulen, welche einen senk- 
rechten Absturz nach dem Fluss zu bilden, letzteren mehrere 
Stunden weit begleiten und den bezeichnenden Namen Palli- 
saden führen. Die emporbrechende Dioritmasse scheint sich 
in der Tiefe verzweigt und einzelne Ausläufer abgesendet zu 
haben, welche verschiedene kleine Kuppen z. B. die Snakhills 
bilden, die sich auf der Westseite des Dioritzuges in geringer 
Entfernung von diesem steil aus dem sumpfigen Flachland er- 
heben. Den Fuss der westlichen grösseren Dioritkuppe der 
ebenerwähnten Snakhills bildet theilweise ein schmaler, nur 
4—-10 Fuss aus dem Sumpfe hervorragender Saum von rothem, 
dünngeschichtetem, versteinerungsleerem Sandstein, welcher von 
dem ihn emporhebenden eruptiven Gesteine flach abfällt und 


an. BO 


im Contacte weder verglast ist, noch seine Farbe Verlnklene hat. 
Der Diorit zeigt auch an dieser Stelle eine äusserst regelmäs- 
sige Parallelstructur und bildet verticalstehkende 2—3 Zoll 
starke, plattenformige Absonderungen, welche sich nach und 
nach nur noch in grösseren Abständen wiederholen und all- 
mälig verschwinden. Der durch den Diorit aufgerichtete 
Sandstein gehört, wie ähnliche Bildungen weiter im Sud-Westen 
von New-Jersey dem New-Red-Sandstone an. Bei Bergenhill, 
nahe seinem südlichen Ende, ist der Dioritzug durch einen fast 
eine Mile langen Eisenbahntunnel durchbrochen worden, bei 
dessen Anlage man eine Reihe von Trümern überfuhr, welche 
durch ihren Mineralreichthum Interesse erhielten. Sie variiren 
in ihrer Mächtigkeit zwischen einigen Linien und mehreren 
Zollen, sind von einer grossen Menge von Nebentrüumern be- 
gleitet und entweder vollständig ausgefüllt von derbem Prehnit, 
Datolith, Apophyllit, Kalkspath und weissem, excentrisch-strah- 
ligem bis asbestartig faserigem Tremolith oder lassen spalten- 
artige Drusenräume offen, in denen diese Mineralien und ausser 
ihnen noch Analcim, Mesotyp und Stilbit in der seltenen 
Schönheit auskrystallisirten, welche jenes Vorkommen auch in 
Deutschland bekannt gemacht hat. 

Der Landstrich, welcher sich östlich von dem eben be- 
'schriebenen Dioritzug an seiner breitesten Stelle ungefähr 2 
Miles breit bis an den Hudson ausdehnt, besteht aus hohen 
Anschwemmungen von Diluvium und Alluvium, aus dem sich 
nur in dem nördlichen Theile von Hoboken ein ungefähr eine 
Mile langer Höhenzug erhebt, dessen östlicher Abhang ziem- 
lich schroff gegen den Hudson abfällt, während er sich nach 
der anderen Seite hin langsamer verflacht. Diese Höhe be- 
steht aus Serpentin und muss früher inselförmig über den Spie- 
gel des Hudson emporgeragt haben, so dass sich ein heutzu- 
tage trocken gelegter Arm dieses Flusses zwischen dem Diorit- 
zuge und dem Serpentinhügel ausgebreitet haben wird. Dafür 
spricht ausser dem geringen Niveauunterschied des jetzigen 
Wasserstandes des Hudson und des fraglichen alten Fluss- 
bettes die sumpfige Beschaffenheit des letzteren, die dort be- 
findlichen Sandanschwemmungen, welche Rollsteine umfassen, 
die ihrer Beschaffenheit nach von den etwas nördlicheren Ufern 
des Hudson abstammen, und der Umstand, dass die Stellen 
der früheren Trennung und Wiedervereinigung der beiden Fluss- 


\ 


395 


arme durch tiefe Einbuchtungen bezeichnet sind. Es ist wahr- 


scheinlich, dass die Versandung des betreffenden Armes noch 
vor nicht zu langen Zeiträumen stattgefunden hat, — gewinnt 
man doch jetzt noch jährlich dem Hudson eine bedeutende 


Masse Baugrund dadurch ab, dass man der Anschwemmung 


des Sandes durch Einsenkung von unbrauchbar gewordenen 
Schiffskörpern zu Hülfe kommt. Aus diesen alluvialen Gebil- 
den erhebt sich, wie gesagt, der Serpentin gangartig zu einem 
langgezogenen Hügel. Er ist dicht oder undeutlich feinkörnig 
von fleckig dunkelgrüner Farbe, mit besonders nach seiner 
östlichen Grenze hin ausgezeichnet plattenförmiger Absonderung, 
meist aber mit unregelmässiger Zerklüuftung, und ist durchsetzt 
von einzelnen Trumern von kurzfaserigem Asbest, von weis- 
sem erdigen Magmnesit, sehr selten von Chromeisenerz. Die 
äusseren Partieen dieses Gesteines sind verwittert und haben 
eine lichtgrüne Färbung und eine dünnblätterige Textur ange- 
nommen. Eine westliche, scharfe Begrenzung erhält dieser 


‚Serpentinzug durch einen in einer Mächtigkeit von circa 15 Fuss 


aufgeschlossenen, wie es scheint senkrecht stehenden Gang 
eines eisenschüssigen feincavernösen Quarzgesteines. 
Staten-Island liegt in der Richtung der Längenaxe der 
eben beschriebenen Landzunge von Hoboken und Bergen, von 
welcher es nur durch einen schmalen Meeresarm getrennt 
wird und ist in Hinsicht auf seinen geognostischen Bau 
nur als eine Fortsetzung jener Halbinsel zu betrachten. Seine 


' Umrisse bilden eine unregelmässig birnförmige Gestalt, deren 


stumpferes Ende nach Norden gewendet ist und deren Längen- 
axe 10, deren kürzere Axe 6 Miles misst. Seiner Oberflächen- 
beschaffenheit nach zerfällt es in einen flachen aus Diluvial- 
und Alluvialanschwemmungen bestehenden, südlichen und einen 
nördlichen Theil, welcher von ungefähr 150 Fuss hohen, glocken- 
förmigen Hügeln bedeckt ist, die isolirt neben einander liegen, 
ohne zusammenhängende Zuge zu bilden. Das Diluvium, wel- 
ches den südlichen Theil der Insel zusammensetzt und auch 
die nördliche Hälfte derselben zum grossen Theile bedeckt, 
erreicht eine grosse Mächtigkeit, welche oft 30 Fuss noch über- 
schreitet, und umfasst Dioritblöcke von bedeutenden Dimen- 
sionen. An manchen Aufschlusspunkten zeigt es eine sanft 
nach Süden geneigte, zuweilen gefältete Schichtung, welche 
durch die verschiedene Schattirung des rothen Sandes und die 


396 ee ..:% 


mehr kiesige oder mehr blockartige ‚Beschaffenheit der um- 
schlossenen Rollstucke angedeutet wird. Das Diluvium von 
Staten- Island enthält stellenweise z. B. auf der Höhe eines 
Hügels im nordwestlichen Theile der Insel Einlagerungen eines 
reichen Brauneisensteins, der entweder in derben oder blasigen 
Knollen vorkommt, oder concentrisch schaalige erbsengrosse 
Bohnerze bildet, welche durch derbe Massen zu kopfgrossen 
Partieen conglomeratartig verbunden sind. Dieseliegen in einem 
eisenschüssigen, ockerigen Sande und sind selbst von einem 
Oker überzogen und durchsetzt. Der Natur ihres Vorkommens 
‚nach, sind diese Brauneisensteine Sumpferze, obwohl es auf- 
fällig ist, dass selbst grössere Erzstücke vollkommen derb und 
nicht im geringsten durch Sand verunreinigt sind. Auch an 
den südlichen Abhängen des gebirgigen Theiles der Insel tre- 
ten solche Brauneisensteinbildungen auf und bedecken daselbst, 
ohne im Diluvium eingelagert zu sein, direkt den Serpentin in 
einer wechselnden Mächtigkeit von einem bis drei Fuss. Durch 
Wasserrisse ist diese Decke stellenweise unterbrochen, so dass 
die Abhänge jenes Hügels abwechselnd dunkelroth und Balb- 
lichgrun gestreift erscheinen. 

Wie oben bemerkt verschwindet der Dioritzug der Palli- 
saden bei Bergen unter dem Diluvium, aus welchem er in dem 
westlichen Theile von Staten-Island wieder auftaucht, ohne 
jedoch nie weiter nach Norden einen schroff abfallenden Höhen- 
zug zu bilden. Der Aufschlüsse in dieses Gestein sind der 
mächtigen Diluvialdecke wegen nur wenige und diese selbst 
unbedeutend, aber genügend, um an ihm dieselben Eigenschaf- 
ten wie an seiner nördlichen Fortsetzung zu bemerken. An 
diesen Diorit lehnt sich analog den Verhältnissen in Hoboken, 
jedoch in seinem ganzen Auftreten interessanter, Serpentinge- 
stein an, welches die oben erwähnten isolirten Kuppen und 
somit den nördlichen Theil der Insel bildet. Der unzersetzte 
frische Serpentin ist dicht von lauch- bis dunkelgrüner, wol- 
kiger und geflammter Färbung, unregelmässig zerkluftet und 
von einer grossen Menge von Schnüuren und Adern eines apfel- 
grünen edlen Serpentins und eines grünlich weissen, durch- 
scheinenden, leicht schneidbaren, in seinem Aussehen opalähn- 
lichen Kerolithes durchsetzt. . Diese Kluftausfüllungen, welche 
zuweilen auch filzigen , kurzfaserigen Asbest enthalten, zeigen 
an manchen Punkten eine grosse Regelmässigkeit, verlaufen 


vollständig parallel miteinander und wiederholen sich in glei- 
chen Abständen, so dass das Gestein aus einiger Entfernung 
einem geschichteten täuschend ähnlich sieht. An anderen 
‚Stellen kreuzen sich diese Schnüre unter einem rechten Win- 
kel und bilden so eiu körperliches Netz, dessen Zwischen- 
raume die Serpentinmasse ausfullt. Ebenso wie im Serpentin ° 
von Hoboken ist auch im Staten-Islander Serpentin Chrom- 
eisenstein in schnürenförmigen Trümern vorgekommen. Das 
dichte dunkelgrüne Gestein geht häufig in eine körnige, zuwei- 
len etwas poröse, gelblichgrüne bis grünlichweisse Abänderung 
über, welche öfters erbsengrosse Partieen eines excentrisch 
strahligen Magnesites umschliesst und in derselben Weise wie 
der zuerst beschriebene Serpentin von Asbestadern und edlem 
 Serpentin durchsetzt wird. In diesen beiden Varietäten des 
Serpentins treten an manchen Punkten gangartige Einlagerun- 
gen von Soapstone auf, welche zuweilen ziemlich flach einfallen, 
in ihrer Mächtigkeit zwischen 5 und 8 Fuss schwanken und 
_ von parallelen Saalbändern begrenzt werden, wodurch sie ein 
flötzartiges Aussehen erhalten. Der dortige Soapstone ist ein 
verworrenes Gemenge von kurzen Asbestfasern und Talkschup- 
pen, lässt sich mit dem Messer schneiden, fuhlt sich fettig an, 
ist dünnschieferig und zwar parallel den Saalbändern und be- 
steht stellenweise aus einem filzigen Gewebe von reinem As- 
best, welches dann zuweilen Partieen von fusslangen seiden- 
weichen Fasern umfasst. 

Die südliche Hälfte der Insel bietet in geognostischer Be- 
ziehung wenig Interesse, da sie, wie oben erwähnt, allein aus 
flachhügeligen Ablagerungen von Diluvium besteht. 

Die oben angeführten Beobachtungen ergeben in kurzen 
Worten folgende Resultate: 

1) Die Insel, auf der New-York liegt, der östliche Theil 
von Long-Island und die Süudspitze des Festlandes, von erst- 
genannter Insel nur durch einen schmalen Flussarm getrennt, 
bestehen aus Gneiss, welcher weiter nach Norden zu durch eine 
Reihe von Zwischenstufen in Hornblende-Gneiss, Hornblende- 
schiefer, Syenit und Hypersthenit übergeht. In letzteren bei- 
den Gebirgsarten tritt Magneteisenstein als ein die anderen 
Bestandtheile zuweilen ae und dann abbauwürdiger 
Gemengtheil auf. 

2) Das rechte Ufer des Hudesn wird grösstentheils von 

Zeits. d. di geol. Ges. XV11.2. 26 


N 


einem steilabfallenden Dioritzug gebildet. Bei Hoboken lehnt 
sich an diesen ein kurzer Serpentingang, in welchem wiederum 


‚ein mächtiger Gang von Quarzfels aufsetzt. 


3) Die nördliche bergige Hälfte von Staten-Island besteht 
aus dem sich verflachenden Ende des erwähnten Dioritzuges, 
vorzugsweise aber aus Serpentin, letzterer mit Einlagerungen 
von Soapstone, — der südliche Theil jener Insel hingegen 
allein aus Diluvial-Ablagerungen. \ 

4) Eine mächtige Diluvial- und Alluvialdecke bedeckt den 
grössten Theil der Umgebung von New-York, erreicht stellen- 
weise eine Mächtigkeit von 30—40 Fuss und umfasst an ver- 
schiedenen Punkten abbauwürdige Einlagerungen von Braun- 
eisenstein. ? 


en 399 


11. Ein Besuch Radicofani’s und des Monte Amiata 
in Toscana. 


Von Herrn G. vom Rara ın Bonn. 


Hierzu Taf. XIV. 


- Von Siena aus, gegen Rom gewendet, erblickt man ein 
mächtiges, dunkelbewaldetes, zweigipfeliges Gebirge und von 
diesem zur Linken eine mit scharfen Umrissen gezeichnete 
schwarze Kuppe; jenes ist das Trachytgebirge Amiata, auch 
Montagna di Santa Fiora genannt, letzteres der erloschene 
Vulkan von Radicofani. 

Zwischen diesen beiden, aus weitester Ferne sichtbaren 
Wegezeichen hindurch führt die gerade Strasse nach Rom, 
welche bei Radicofani ihren höchsten Punkt, etwa 2500 Fuss 
erreicht. Hier trifft man von Nord kommend die erste Spur der 
vulkanischen Thätigkeit Mittelitaliens. Amiata und Radicofani, 
welche an einer Weltstrasse gelegen sich über welligen Hoch- 
ebenen von ermüdender Einförmigkeit (gegen Nord tertiäre, 
gegen Süd vulkanische Bildungen) erheben, mussten schon früh 
dı® Aufmerksamkeit der Naturforscher auf sich ziehen. 

Die erste wissenschaftliche Bereisung dieses Gebirges un- 

_ ternahm 1733 Pıer. Antonio MicHELı, dessen Andenken noch 
- jetzt in Toscana hochverehrt ist. Er begab sich von Gros- 
seto nach S. Fiora, bestieg den Berg und setzte seine Reise 
über Radicofani fort. Der Zweck derselben war zwar vor- 
zugsweise ein botanischer, doch sammelte er auch eine grosse 
Menge von Gesteinen, welche von seinem Schuler Gıov. TAr- 
Gıonı Tozzertı im 9. und 10. Bande seiner Reisen beschrieben 
wurden. MicHkLı ist wohl der erste, welcher die vulkanische 
Natur der.in Rede stehenden Berge erkannte. Von dem, Pe- 
perino genannten Trachyte des Gebirges Amiata sagt MIcHELI 
„er. ist ähnlich einem Granite, denn er ist zusammengesetzt 
aus weissen glasglänzenden und aus schwarzen Theilchen. Die 


n 26 * 


we 


weissen sind entweder hart oder zerreiblich; jene sind durch- 
sichtig und scheinen Krystall zu sein. Die schwarzen Theil- 
chen spalten sich in Blättchen von meist sechseckigem Umrisse, 
doch mit verschieden langen Seiten.“ Man erkennt hier deutlich 
die Schilderung eines vermeintlich quarzführenden vulkanischen | 
Gesteins, dessen Aehnlichkeit mit dem Granit von Elba noch 
jetzt jeden überrascht. Tarcıonı hebt MicHkLi’s Verdienst mit 
den Worten hervor: „Es gereicht ihm zum beständigen Ruhme, 
entdeckt zu haben, dass der Berg von Radicofani in uralten 
Zeiten ein Vulkan war.“ 

Eine ausführliche Beschreibung des Monte Amiata gibt 
GIORGIO Santı, weiland Professor der Naturgeschichte zu Pisa, in 
„Viaggio al Montamiata“, Pisa 1795. Es wird nicht ohne Interesse 
sein, eine Stelle aus dem Werke Santı’s, welcher seine Wan- 
derung 1789 machte, hier mitzutheilen. „Majestätisch, isolirt 
und zu bedeutender Höhe erhebt sich der Berg Amiata. Sei- 
nen Fuss umgeben Meeresbildungen, theils Massen von weis- 
sem oder blaugrauem Mergel theils Schichten von Kalkstein 
und mehr oder weniger feinkörnigem Sandstein. Es folst 
alsdann auf das im Wasser gebildete Gestein ein anderes durch 
Feuer entstandenes und setzt den ganzen Berg bis zu seinem 
Gipfel ohne jegliche Unterbrechung zusammen. Dort oben an 
jenen Gehängen trifft man nur Felsen von Peperin (Trachyt), 
bald fest und unzersetzt, bald verwittert und zerfallen, ohne 
eine Spur von Schichtung. Der Peperin beherbergt zuweilen 
die schönsten Kiesel-Stalaktiten und -Inkrustationen, welghe 
durch Zersetzung des Gesteins und zwar vorzugsweise des Feld- 
spaths entstanden sind. Die Feldspathe sind nur selten voll- 
kommen durchsichtig, meist zersetzt, leicht zerbrechlich. Nach 
der Zerstörung des Peperin’s bleiben sie indess oft noch mit 
ihrer erkennbaren rhomboidischen Gestalt zurück, oder sie wer- 
den durch das Wasser fortgeführt und zertrümmert. Auch Blätt- 
chen von Glimmer überdauern das Zerfallen des Gesteins. 
Vulkanische Sande, der Puzzolana ähnlich, sind entweder durch 
den alten Vulkan ausgeworfen worden, oder durch Zersetzung 
der vulkanischen Gesteine entstanden. Häufig sind im Peperin 
dunkle Einschlüsse, bald losgelöst, bald noch von der Grund- 
masse umschlossen; es sind vielleicht Bruchstücke älterer Ge- 
steine. Magneteisen als schwarzer feiner Sand, ist namentlich 
häufig längs des Rinnsals der Bäche, und scheint vorzugsweise 


401 


durch die Zerstörung jener Einschlüsse entstanden zu sein, 
Schichten von Bergmehl, gleichfalls entstanden aus zerfallendem 
Peperin [?], wurden durch Wasser zusammengeschwemmt. Auch 
ockrige Erden, theils gelber, theils dunkler Bol, theils Umbra- 
Erde wurden durch die Gewässer in mächtigen Bänken abge- 
lagert. Schliesslich überall Verwitterung und Zerstörung.“ 

„Am Fusse dieses Gebirges, welches die Spuren ehemaliger 
Entzündung darbietet, brechen an verschiedenen Punkten warme 
Quellen hervor, welche uns lehren, dass mit dem Erlöschen 
des Vulkans das innere Feuer nicht völlig erloschen ist. Ver- 
geblich würden wir an diesem alten Vulkane Schlacken, Bims- 
steine, Obsidiane und Sublimationsprodukte suchen, welche 
man so gewöhnlich an thätigen und auch an erloschenen 
Feuerbergen findet. Unser Vulkan hat entweder niemals solche 
Stoffe ausgeworfen, oder sie sind im Laufe der Zeit zerstört 
und fortgeführt worden. Gewiss ist, dass man jetzt nichts der 
Art mehr wahrnimmt.“ 

„Es scheint mir demnach, dass die Kraft des unterirdischen 
Feuers einwirkend auf die Granit- und Porphyrmasse, welche 
den innersten Kern dieses Theils der Erde bildeten, den Zu- 
sammenhalt und die Festigkeit jener Gesteine aufheben, sie er- 
weichen und ihre Eruption bewirken musste. Die Massen er- 
starrten zu Peperin und zwar wahrscheinlich unter einer 
schlackigen Decke, welche im Laufe der Zeit vollständig fort- 
geführt wurde.“ 

Auch glaubte Sanrı in den Gipfelfelsen des Monte Amiata 
die Reste des ehemaligen Kraters, sowie an den Abhängen 
mehrere Nebenkyater zu erkennen. 

Frıepr. Horrmann hielt sich im Anfange des Mai 1830 
einige Tage in den Bädern von S. Filippo sowie in Abbadia 
di S. Salvadore auf, um den Monte Amiata, dessen damals 
noch schneebedeckten Gipfel er erstieg, kennen zu lernen. 
Durch Horrwanx wurde die Ansicht Santr’s, dass dieser Berg 
ein erloschener Vulkan sei, berichtigt: „Der ganze Berg ist 
eine einformige auf Seinem Gipfel geschlossene Trachytmasse, 
- ohne sichtbaren Krater, welche wahrscheinlich im Ganzen, 
ohne dass aus ihr Lavastrome ausbrachen, aus den sie um- 
gebenden, oft steil aufgerichteten Schichten des Flötzgebirges 
hervorgetreten ist.“ 

Einige Bemerkungen über das Amiata-Gebirge und Radi- 


402 


cofani finden sich in des Marchese Lorknzo PARrETo’s werth- 
vollem Aufsatze: Össervazioni ‚geologiche dal monte Amiata a 
Roma, Gionale arcadico, T. ©. p. 1—53 (Roma 1844), nebst 
einer Karte und Profilen. 

Schon früher, auf der Naturforscher- „Versammlung zu Flo- 
renz sprach PARETO über die Abänderungen des Amiata-Trachyt’s. 
Wahrscheinlich auf diese letzteren Mittheilungen PArrro’ s (welche 
mir nicht zugänglich sind) stützt Coccaı die, wie im Folgenden 
nachgewiesen wird, irrige Angabe, dass der Trachyt des 
Monte Amiata häufig krystallisirten Quarz einschliesse. (Ie. 
CoccHı, Deseription des ruches ignees et sedimentaires de la 
Toscane dans leur succession geologique. Bull. soc. geol. France 
IIS. T.13) 

Eine petrographische Sammlung aus unserem Gebirge bei 
findet sich in der Universität zu Siena; sie wurde von CAMPANI, 
Professor an der Universität daselbst, einem der wenigen Geo- 
logen, welche das Gebirge besuchten, zusammengebracht. 


Radicofanıi. 


Die vulkanische Kuppe von Radicofani (2805 Fuss) erhebt 
sich isolirt inmitten eines aus tertiären Schichten bestehenden 
Plateaus. Es sind die im sienesischen Gebiete so verbreiteten 
graublauen Thone, welche dem Pliocän angehören, und in 
denen bei Radicofani Banke von Geschieben (nach PARETO vor- 
zugsweise von Kalkstein) sich eingelagert finden. Diese plio- 
canen Thone ruhen gegen Westen wie gegen Osten auf Kalk- 
steinschichten der Kreideformation, welche steil aufgerichtet, 
dort den Trachyt des Monte Amiata umgeben, hier zu- 
sammen mit Schichten der Juraformation das versteinerungs- 
reiche Gebirge von Cetona wesentlich zusammensetzen. Gegen 
Süd begleiten die Thone den Lauf der Paglia (welche sich 
bei Orvieto in die Tiber ergiesst) bis Aquapendente, wo mit 
einem von Ost nach West gerichteten Steilrande das vulkanische 
Plateau Mittelitaliens beginnt. Hier werden die Schichten von 
Thon und Geröll durch Decken von leueitischer und basalti- 
scher Lava, sowie durch die weitverbreiteten vulkanischen Tuffe 
überlagert. Die graublauen Thone verleugnen bei Radicofani‘ 
ihren (uns schon aus dem vorigen Aufsatze bekannten) Charakter 
nicht; vielmehr tritt bei der bedeutenden Erhebung die Steri- 
lität des in tiefen Schluchten zerrissenen Terrains besonders 


403 


hervor. Die Strasse, welche von Radicofani gegen Nord-Ost 
nach der nächstliegenden Eisenbahnstation Chiusi führt, läuft 
längs der Wasserscheide zwischen der Orcia (welche sich 
mit dem Ombrone vereinigt) und der Paglia. Die Grenze der 
pliocänen Thonflächen erreicht man im Monte di Cetona, dessen 
aus Kreide-Kalkstein bestehende Abhänge ausgedehnte Eichen- 
waldungen bedecken. Weiterhin, bei Sarteano und dem alten 
Clusium tritt der lockere Kalktuff, die Panchina, auf und ver- 
leiht dem Lande grosse Fruchtbarkeit. 

Am Sudfusse des vulkanischen Kegels zieht sich der aus 
vulkanischem Gesteine erbaute Flecken Radicofani hin, welcher 
auf unwirthlicher Höhe liegend, seine Haupterwerbsquelle ver- 
loren hat, seitdem der Verkehr von dieser Strasse gänzlich 
verschwunden und auf die Eisenbahnlinien übergegangen ist. 

Der den Ort überragende Kegel ist nur klein, nur eine 
bis 1 Miglie im Umfang messend, seine relative Höhe über- 
steigt nicht drei- bis vierhundert Fuss. "Ausser seiner hohen 
Lage auf dem Wassertheiler zwischen den Thälern der Paglia 
und Orcia verdankt es der Berg seiner scharfgeschnittenen Form, 
dass er als der ausgezeichnetste Punkt der Landschaft in 
weitem Umkreise die Blicke auf sich zieht. ; 

Den Gipfel bedeckt ein gewaltiges Kastell, dessen zer- 
brochene Mauern sich unmittelbar über den durch Kunst noch 
steiler abgeschrägten Felsen erheben. Das Kastell, welches 
ehemals die Strasse nach Rom beherrschte, litt vielfach durch 
heftige Erdbeben und wurde vor etwa einem Jahrhundert durch 
Feuer zerstört. ; 

Die Grenze des vulkanischen Gesteins, gegen die Thon- 
schichten ist nirgendwo wahrzunehmen. Eine ungeheure Menge 
loser Blöcke, ein wahres Felsenmeer, umgiebt namentlich auf 
seiner östlichen und südlichen Seite den Fuss des Berges, in 


welchen PAREToO einen zertrummerten Lavastrom erkennen 


möchte. Nach demselben Forscher befindet sich nördlich von 
der Hauptkuppe in geringer Entfernung eine andere aus dem- 
selben Gestein gebildete kleine Erhebung. An den Abhängen 
und auf dem grössten Theile des Gipfels des Berges von Ra- 
dicofani herrscht ein graues, seltener schwarzes, feinkörniges, 
oder scheinbar dichtes Gestein, welches man wohl basaltische 
Lava nennen muss, wenn es auch weder den typischen Abände- 
rungen des Basalt’s noch demjenigen des Dolerits völlig gleich ist. 


ae Re a Bu ar 
Den 4 
| 

i 


404 


Dies Gestein erinnert nicht leicht an neu-vulkanische Erscheinun- 
gen; um so mehr wird man überrascht auf einem Theile des 
Gipfels Massen von rothen Schlacken zu finden. In unserem 
rheinischen Vülkangebiete sind stets räumlich gesondert und 
der Entstehung nach durch einen langen Zeitraum geschieden die 
Kuppen von Basalt und Dolerit und diejenigen, welche aus vul- 
kanischen Schlacken bestehen. Am Fels von Radicofani 
indess steht das dichte oder feinkörnige basaltische Gestein 
in unmittelbarer Beziehung zur echtvulkanischen Thätigkeit. 
Am Wege, der von Radicofani zum Gipfel fuhrt, zeigt sich das 
basaltische Gestein theils in ganz unregelmässige Massen, theils 
in unvollkommene, steil stehende Säulen abgesondert. Die 
geebnete Gipfelfläche, welche fast ganz von den Gewölben und 
Mauern der Festung eingenommen wird, lässt die ursprüngliche 
Form des Gipfels nicht mehr erkennen, so dass man auch 
über einen ehemals vielleicht vorhandenen Krater sich keine 
Gewissheit mehr verschaffen kann. - Man bemerkt jetzt nur 
an mehreren Stellen, wo die die weniger festen Abhänge be- 
deckenden Mauern herabgestüurzt sind, dass hier der Berg aus 
rollenden Schlacken besteht, zwischen denen sich ganz wie 
bei unseren Schlackenkegeln Bänder und Schichten von fester 
Lava hinziehen. 

Der Basalt von Radicofani ist ein feinkorniges bis dichtes 
Gemenge, als dessen Bestandtheile man deutlich Olivin und 
einen triklinen Feldspath wahrnimmt. .Augit ist nur selten 
deutlich zu erkennen und Magneteisen fehlt entweder ganz oder 
ist nur in äusserst geringer Menge vorhanden. Kleine Poren 
sind zuweilen mit Hyalith erfüllt, auch umschliesst das Gestein 
zuweilen Quarzstücke.*) Andere Poren sind hohl und ihre Wan- 
dungen mit glasartigem Schmelz bedeckt. Die graue Gesteins- 
farbe ist auffallend licht für Basalt, sie geht zuweilen in licht- 
graue Töne über, dann erweist sich das Gestein unter der 
Lupe nur als ein Gemenge von Olivin und dem triklinen 
Feldspath. Ich fand das specifische Gewicht für die graue 
Varietät (die am meisten verbreitete), deren Zusammensetzung 
alsbald mitgetheilt wird, | 


*) In der Sammlung zu Pisa zeigte mir Prof. Menesninı einen 
grossen gefritteten Quarz-Einschluss in einem Stücke der Lava von Ra- 
dieofani. ö 


405 


2,808 bei (15 Grad C.) 
für die schwarze 2,817 bei (15 Grad C.) 

Die Abwesenheit des Magneteisens, die geringe Menge 
des Augits bedingen unzweifelhaft die lichte Farbe und das 
geringe Gewicht, die in grosser Menge ausgeschiedenen kleinen 
Olivine trennen das Gestein von Radicofani von den typischen 
Doleriten. 

Graue feinkörnige Varietät der Lava von Radicofani. 


Kieselsäure 55,00 O0. = 29,33 


Thonerde 14,38 6,73 
Eisenoxydul 9,29 2,06 

Kalkerde 501 2,43 15,32 
Magnesia 7,12 3,09 

Kali 2.52 0,43 

Natron 2.25 0,58 

Wasser 0,48 

100,15 


Sauerstoff-Quotient 0,5223. 

In seiner chemischen Zusammensetzung ähnelt das vor- 
stehende Gestein dem Dolerit von Teolo (s. diese Zeitschr. 
Bd. XVI. S. 498) namentlich in Bezug auf den Kieselsäure- 
Gehalt. Der Sauerstoff-Quotient beider Gesteine ist fast der- 
selbe. Die Analyse des Gesteins von Radicofani lässt ver- 
muthen, dass im Gemenge ein dem Oligoklas ähnlicher Feld- 
spath vorhanden sei; denn es ist unmöglich, dass ein Gemenge 


von Labrador, Olivin nebst den andern etwa im Gesteine vor- 


auszusetzenden Mineralien einen Gehalt an Kieselsäure = 55 pCt. 
besitzen konne., 

Die mikroskopische Untersuchung unserer Lava unternahm 
in dankenswerther Weise Herr Dr. Ernst Weıss, welcher die 
Güte hatte mir Folgendes zu berichten: „Die Untersuchung 
dunner Schliffe mit polarisirtem Lichte und ohne dasselbe er- 
gab insofern eine mehr doleritische als basaltische Natur, 
als jede Spur einer homogenen, einfach brechenden Grund- 
masse fehlt, vielmehr das ganze Gestein sich in ein Aggregat 
krystallinischer Theile auflöst, welche stark doppelt brechen 
und sehr schöne Farben zeigen, wenn man mit polarisirtem 
Lichte beobachtet. “Es herrscht im Gemenge farbloser, tri- 
kliner Feldspath vor. Dazu kommen zahlreiche meist 
grössere gelbliche Olivinkörner, deren Umriss theils sym- 


406 


metrisch sechsseitig, theils achtseitig, meist aber rundlich und 
unbestimmt erscheint. Diese Körner sind von Sprüngen stark 
_ durchsetzt. Ferner erscheinen nicht selten schwarze opake 
Körner, aus Aggregaten gebildet, welche Zwischenräume 
zwischen den andern Krystallkörnern ausfüllen, und daher sehr 
verschiedenartige Umrisse zeigen. Dieser Bestandtheil ist mit 
Wahrscheinlichkeit für Augit zu halten, wenngleich dieser sonst 
in recht dunn geschliffenen Platten braun oder grün durch- 
scheinend zu sein pflegt, wovon hier kaum Spuren.  Magnet- 
eisen kann, wie oben angegeben nur in sehr geringer Menge 
vorhanden sein. Endlich sind dünne, lange, farblose Nadeln 
vorhanden, welche alle Gemengtheile durchsetzen und also 
unter allen zuerst ausgeschieden und erstarrt sein dürften. Sie 
liegen entweder einzeln oder in strahlenförmigen Gruppen und 
können wohl als Apatit angesehen werden.* 

Die schlackigen Abänderungen der Lava von Radieo- 
fanisind verschiedener Art, theils schwarz, schwer, dem äusseren 
Ansehen nach kaum zu unterscheiden von dem Gestein der 
Mayener Lavaströme, theils roth, zuweilen von fast bimstein- 
ähnlicher Beschaffenheit. Kleine Olivinkörner in grosser Menge 
sind stets vorhanden. Die rothen Schlacken des Gipfels sind 
im äusseren Ansehen so verschieden von der feinkörnigen 
Lava, welche die Hauptmasse des Berges bildet, dass der 
Nachweis der chemischen Identität beider Felsabänderungen 
geboten schien. Ich bestimmte den Kieselsäure-Gehalt einer 
rothen Schlacke vom Gipfel = 55.19 pCt., also fast genau 
wie oben denjenigen der körnigen Varietät. 


Es 


Monte Amiata. 


Von Radicofani gehen West sechs und eine halbe Miglie ent- 
fernt, erhebt sich der höchste Gipfel des Amiata-Gebirges bis 
zu einer Höhe von 5333 Fuss. Diese Höhe ist bedeutender 
als diejenige irgend einer vulkanischen Erhebung in dem Gebirgs- 
lande westlich vom Appennin. Das Albaner-Gebirge, der Vesuv 
bleiben weitzurück. Nurdie Marmorberge von Carrara sind höher. 
Unser Trachyt-Gebirge erhebt sich über einer fast kreisformigen 
Basis, deren Peripherie ungefähr durch die Dörfer Abbadia S. 
Salvadore (2617 Fuss), Pian Castagnajo (2414 Fuss), S. Fiora 
(2171 Fuss), Arcidosso, Castel del piano (2056 Fuss), Seggi- 
ano, Campiglia d’Orcia (2518 Fuss) und das Bad von 8. Filippo 


407 


bezeichnet wird. Ueber dieser zwischen 2000 und 2500 Fuss 
hohen Kreisfläche steigt die trachytische Bergwölbung im All- 
gemeinen zunächst sehr allmälich an, steiler an den mittleren 
Gehängen und culminirt in zwei von Nord-Ost nach Süd-West 
gereihten Gipfeln. Der oben bezeichnete Umfang des Berges 
beträgt etwa 20 Miglien. An die trachytischen Massen lehnen 
sich die theils aus secundären, theils aus tertiären Schichten 
bestehenden Gehänge, welche sich zum Theil wieder zu selbst- 
ständigen Gebirgen erheben. Die nähere Umgebung des 
Trachyts wird gebildet durch mehr oder weniger steil auf- 
gerichtete Schichten von dichtem compaktem Kalksteine und 
von glimmerigem Sandstein und kalkigem Schieferthone, welche 


Bildungen von PArero der Kreideformation zugerechnet werden.*) 


Darauf ruhen in "weiterer Entfernung vom Gebirge die im 
Sienesischen Gebiete weitverbreiteten grauen pliocänen 'Thone, 
zuweilen von der Panchina überlagert. 

Gegen Nord bildet den Fuss des Trachytgebirges ein sich 
allmälig senkendes Hügelland, welches durch den halbkreis- 
förmigen Lauf der Orcia von den übrigen Sienesischen Hügeln 
abgesondert und dadurch als äussere Umwallung des Amiata 
bezeichnet wird. Dies breite nördliche Gehänge besteht vor- 
zugsweise aus Kalkstein und ist wenig fruchtbar, zum Theil 
Wildniss. Eine um so erfreulichere Fruchtbarkeit bietet indess 
der breite Thalboden der Orcia oberhalb Poderina dar. An 
letzterem Orte endet die Thalweitung und der Fluss tritt in 
eine enge Erosionsschlucht ein. Der Orcia fliessen alle Bäche 
des nördlichen und westlichen Abhangs unseres Gebirges zu, 
zum Theil unmittelbar, zum Theil durch den Fluss Lente. Dieser 
letztere entsteht bei Arcidosso durch die Vereinigung der.beiden 
Bäche delle Melacce und der Aqua da alto, und ergiesst sich 
nach einem gegen Nord gerichteten, 7 Miglien langen Laufe 
in die Orcia. Einer der wasserreichsten Zuflüsse des Lente 
ist der Vivo, welcher. bei dem Orte gleichen Namens unter 
dem höchsten Amiata - Gipfel entspringend, einen dem bogen- 
förmigen Laufe der Orcia parallelen engern Halbkreis um den 
Fuss des Gebirges beschreibt. 


“) Diese Ansicht fand eine Bestätigung durch die Herrn T. Narpı 
gelungene Auffindung eines Ammonites varians in den betreffenden 


= 


Schichten unfern S. Filippo. Das zwei Zoll grosse, übrigens stark ver- 


. drückte Exemplar sah ich zu Pisa 


408° 

Gegen Süd-West steht der Amiata- in Verbindung mit dem 
aus Kalkstein gebildeten Monte Labbro 3698 Fuss hoch, 
gegen Süd mit dem gleichfalls aus Kalkstein gebildeten Ge- 
birge von Castellazzara (3401 Fuss). Zwischen ‚den beiden 
genannten Bergen am Sud-Abhange des Amiata nimmt der 
Fiora-Fluss seinen Ursprung, richtet gegen Mittag seinen Lauf, 
und strömt bei Montalto in der päbstlichen Maremme ins 
Meer. Gegen Ost läuft von unserem Gebirge ein hoher und 
kahler Rücken (über welchen sich der Fels von Radicofani 
erhebt) gegen den Monte di Cetona (3516 Fuss) hin. Die 
Bäche der östlichen und südöstlichen Gebirgsseite fallen der 
Paglia zu. | 

Die tiefeingesenkten Thäler der Paglia und Indovina be- 
stehen aus den mehrerwähnten graublauen Thonmassen mit 
undeutlicher schwebender Schichtung. Steigt man aus diesen 
Thälern gegen Abbadia oder Piano (Castagnajo) empor, so 
folgt eine schmale Zone aufgerichteter Schichten von Kalk- 
stein und thonig-glimmerigem Sandstein. Dann erhebt sich 
von Nord nach Sud streichend eine Wand von Trachyt. Diese 
Wand bezeichnet hier den östlichen Rand des Trachytplateaus, 
welches namentlich auf der südlichen und südöstlichen Seite 
der hohen Gipfel sich ausbreitet und hier nur sehr allmälich 
gegen das Gebirgscentrum ansteigt. Am oberen Rande 
dieser Felsen führt die Strasse von Piano nach Abbadia hin. 
Die Grenze des Trachyts verläuft ungefähr in folgender Weise: 

Pian Castagnajo liegt auf ‚einem gen Sud-Ost gerichteten 
Vorsprung des Trachyt-Plateaus. Weiter gegen West ist die 
Grenze bestimmt bezeichnet durch eine Reihe hoher Felsen, 
oberhalb deren gegen Nord sich die Hochebene ausbreitet, 
während am südlichen Fusse derselben Schichten von Sand- 
stein und Kalkstein beginnen. Inmitten zwischen: Piano und 
S. Fiora hebt sich über der waldbedeckten Hochebene ein 
breiter kahler Rücken empor, welcher in seiner südlichen Fort- 
setzung la Roccaccia heisst und den Amiata mit dem Kalk- 
gebirge von Castellazzara verbindet. Auf jenem Rücken zieht 
sich die Grenze etwas gegen Nord zurück, so dass man auf 
dem Richtwege zwischen Abbadia und $. Fiora dort über steil 
aufgerichtete Sandsteinschichten wandert. S. Fiora liegt am 
Rande des trachytischen Plateaus hoch über der tiefen Thal- 
schlucht, in welcher die Fiora ihre Quellbache sammelt. Auch 


ee : 


hier ist die Grenze durch eine senkrechte Felswand ebenso 
scharf bezeichnet wie in der Gegend von Piano. Von $. Fiora 
läuft die Grenze gegen Nord-West, sie liegt genau da, wo die 
Strasse nach Arcidosso die kleine Schlucht delle Melacce uber- 
schreitet. Auf der westlichen Seite derselben steht thoniger 
Sandstein in steil gegen Süd-West fallenden Schichten an. 
Areidosso liegt auf Sandstein, Castel del Piano auf Trachyt. 
Auf der Strasse von letzterem Dorfe nach Seggiano bleibt 
man auf Trachyt bis zum Bache- Bugnano, einem Zuflusse des 
Vivo. Nördlich dieses Bachs betritt man Sand- und Kalkstein, 
welche nun die Strasse über Seggiano, nach Castiglione 
d’Orcia nicht mehr verlässt. Von dem Punkte, wo die 
Strasse den Bugnano überschreitet, läuft die Grenze in ost- 
nordöstlicher Richtung gegen Vivo, sodass das Thal des Vetra- 
„Bachs mit Ausnahme seines obersten Theils in Kalkstein ein- 
geschnitten ist. Bei dem Dorfe Vivo zweigt sich von der 
Hauptmasse des Trachyts eine zungenförmige Partie gegen 
Nord ab (zwischen dem Bache Vivo und einem diesem gegen 
Ost parallel laufenden Zufluss). Der Höhenzug zwischen 
diesen beiden Bächen besteht nämlich aus mächtigen Felsen 
von Trachyt, welcher vom hohen Gipfel des Gebirges weit über 
das Dorf hinaus gegen Nord fortsetzt, während rechts und links 
Kalkstein herrscht. „Ich glaubte hier, sagt Santı, einen jener 
alten Lavaströme zu sehen, welcher vom hohen vulkanischen 
Berge herabgeflossen ist und isolirt uber dem Kalkterrain stehen 
blieb.* 

Es wendet sich dann die Grenze gegen Sud-Ost und Sud, und 
geht westlich vom Berge Zoccolino*) vorbei, sodass dieser aus 
Kalkstein besteht. Südlich von letzterem Berge ist das Trachyt- 
Plateau scharf ausgeprägt. Steigt man in der Schlucht zu dem 
Bade S. Filippo hinab, so trifft man sehr bald die Kalk- und 
Schieferthonschichten. der Kreideformation. Der Flecken Abba- 
dia bezeichnet wieder den Saum des Trachyts. 

Der höchste Gipfel bildet einen schmalen von Nord-Nord- 
Ost nach Sud - Süd-West streichenden Kamm, dessen Länge 


*”). Die Sammlung zu Pisa bewahrt vom Berge Zoccolino schöne 
Cölestin-Kıystalle; sie zeigen die beim Schwerspath gewöhnliche Form 
einer rhombischen Tafel, deren Seiten M den Winkel von 104 Grad 
bilden. Nach einer gütigen Mittheilung Meneenıy!’s ist dies das einzige 
Vorkommen von Cölestin in Toscana. 


410 


ungefähr eine Miglie beträgt. Von Süd-Ost und Nord-West 
betrachtet, stellt sich der Gipfel als eine schön gerundete 
Kuppe dar. Etwas gegen Sud-West erhebt sich ein zweiter. 
weniger hoher Gipfel. Beide Culminationspunkte sind auf 
eine schildförmige Höhe aufgesetzt,- welche sich gegen Ost 
und Sud’ zu einer wenig gegen die Peripherie abfallenden 
Hochebene gestaltet, gegen West indess in mehreren mächtigen 
Felskuppen (darunter der Poggio Pinzi 3565 Fuss) steil 
gegen Arcidosso abstürzt. Auch gegen Nord ist der Abhang 
steil. | | 

Ä Ein ausgezeichnetes Gepräge bietet der untere Gebirgs- 
abhang namentlich auf der südlichen und östlichen Seite dar; 
 stundenweit wandert man in einer Meereshöhe von 2200 bis 
2700 Fuss durch den herrlichsten Kastanienwald. Die Bäume 
mit ihrem wunderbar schönen Wuchse und dem lichten Grün 
erreichen auf den tief verwitterten Trachytflächen eine in un- 
serem Norden unbekannte Grösse. Sanrı erwähnt schon den 
Baum üÜerro della Tasca, zwei Miglien von Piano, welcher 
wie die meisten der alten Bäume im Innern bereits‘ erstorben 
eine Höhlung von 9% Ellen horizontaler Länge umschloss bei 
einem äusseren Umfange von 39 Ellen.- Die Frucht dieser 
Bäume bietet die hauptsächliche Nahrung für die Bewohner 
der Amiata-Dörfer dar. welche in hoher Lage am Abhange ihres 
waldbedeckten Gebirges wesentlich andere natürliche Bedin- 
gungen darbieten als die tief unten liegenden Orte der Um- 
gegend. Die Kastanienbäume reichen bis in eine Höhe von 
etwa 3000 Fuss. Darüber folgt meist eine schmale waldlose 
Zone, welche vorzugsweise zur Viehweide dient, doch auch 
zum Anbau von Kartoffeln und Roggen verwendet wird. Höher 
hinauf auf jener schildformigen Höhe, welche die Gipfel trägt, 
bildet die Buche stattliche Wälder; in niedrigen knorrigen 
Stämmen steigt sie bis auf die Gipfel. Es ist nicht ohne In- 
teresse wahrzunehmen, dass die Amiata-Dörfer zum grösseren 
Theile auf Trachyt, fast genau an dessen (irenze, liegen. 
S. Fiora, Piano, Abbadia und Vivo liegen auf der Grenze, 
Areidosso und Castell del piano derselben nahe. Diese 
Lage der Dörfer erklärt sich aus der grossen Zahl starker 
Quellen, welche auf der Gesteinsgrenze hervorbrechen, während 
das Gebirge selbst arm an Wasser ist. So entspringt die 
Quelle der Fiora unmittelbar unter der Trachytwand im Garten 


411 


des Duca Sforza Cesarini zu S. Fiora. Ebenso besitzt Piano herr- 


liche Quellen, welche in einer Reihe am Fusse jener Trachytfelsen 
auf der westlichen Seite des Dorfs hervorquellen. Auch die 
warmen Quellen von S$. Filippo, welche jetzt allerdings etwa 
eine Miglie ferne der Grenze, aus Kalktuff im Gebiete der 
sedimentären Schichten hervorbrechen, stehen gewiss mit jener 
Grenze in Beziehung. Wie nämlich die mächtige, gegen West 
thalaufwärts fortsetzende Kalkiufibildung beweist, brachen 
jene Thermen ehemals weiter gegen West hervor. z 

Der physiognomische Charakter des Amiata-Trachyts ist 
in hohem Grade demjenigen des Granits ähnlich, und weicht 
von dem: Gepräge der meisten Trachytgebiete ab. Während 


im Siebengebirge, wie in den Euganäen, vielgipfelige Hügel- 


gruppen erscheinen, in denen fast jede Kuppe eine besondere 
Gesteinsvarietät darbietet, so stellt der Amiata ein einziges 
ausgedehntes Berggewölbe dar, in welchem eine ausserordent- 
liche Gleichartigkeit des Gesteins herrscht. An.den sanft sich 
erhebenden Gehängen treten zuweilen gewaltige mauerähnliche 
Felsen hervor, welche aus matrazzenförmigen Steinen zu- 
sammengefugt sind. Die Bergoberfläche besteht, namentlich an den 
tieferen Gehängen, aus zerfallenem Trachyt-Sand, aus welchem 
man an manchen Punkten eine grosse Menge wohlgebildeter 
Sanidin-Krystalle in kurzer Zeit, zusammenlesen kann. . Aus 
dem aufgelockerten zersetzten Trachyt losen sich gewaltige 
Sphäroide festeren noch unzersetzten Gesteins: eine Erschei- 
nung, die bei dem Granit (z. B. an der Luisenburg bei Wun- 
siedel) so gewöhnlich ist. . Der Amiatatrachyt umschliesst 
Millionen fremdartiger dunkler Einschlüsse (vom Volke bezeichnend 
Anime di sasso genannt), welche gleichfalls an jene dunklen Oon- 
eretionen mancher Granitgebirge erinnern (Cima d’Asta, Ada- 
mello). Da ich kurz vorher Elba besucht, so lag mir eine 
Vergleichung des granitischen westlichen Inseltheils, welcher 
den Monte Capanne trägt, mit dem Amiata nahe. Der Um- 
fang beider Gebirge, ihre relative Höhe, dort uber der Meeres- 
fläche, hier über den umgebenden sedimentären Schichten, sind 
fast dieselben. Kommt nun hinzu, dass die mineralogische 
Zusammensetzung beider Gesteine bei erstem Anblick überaus 
ähnlich ist, dass ferner nach dem übereinstimmenden Urtheile 
der italienischen Geologen granitische Gesteine von sehr jugend- 


‘ lichem Alter sich in Toscana finden, dass an der Rocca Tede- 


412 - 

righi und an der Rocca Strada u. a. O. Gesteine vorkommen, 
deren Handstücke selbst einen erfahrenen Petrographen in 
Zweifel lassen können, ob sie zu den granitisch-porphyrischen 
oder zu den trachytischen Gesteinen zu ordnen sind, so ist 
einleuchtend, dass es für. den Geognosten eine interessante 
Aufgabe sein muss, die Geltung unserer petrographischen 
Systeme auch für Toscana zu erweisen. 

Der Trachyt des Monte Amiata lässt sich in zwei Ab- 
theilungen sondern: Rhyolith und Sanidin-Oligoklas-Trachyt. 

. Der Rhyolith ist ein mittel- bis kleinkörniges granit- 
ähnliches Gemenge von Sanidin, grauen unkrystallinischen 
Körnern, Magnesiaglimmer, Oligoklas, und (in sehr untergeord- 
neter Menge) von Augit. ; a 

Der Sanidin-Oligoklas-Trachyt besitzt vorzugs- 
weise ein porphyrartiges Gefüge; in einem Gemenge von 
Sanidin, Oligoklas, Magnesiaglimmer und sehr wenig Augit 
liegen meist sehr grosse Sanidin-Krystalle ausgeschieden. 

Der rhyolithische Trachyt des Monte Amiata ist ein 
höchst ausgezeichnetes Gestein, wie ich ein solches weder an- 
stehend noch in Sammlungen gesehen. Ganz oberflächlich be- 
trachtet ähnelt es durch seine vollkommen körnige Struktur 
und das Fehlen einer dichten Grundmasse gewissen Trachyt- 
Auswürfigen von Laach oder ähnlichen des Vesuvs. 

Der Sanidin ist in grösster Menge vorhanden, farblos oder 
weiss in kleineren oder grösseren Krystallen (bis einen Zoll 
gross), welche theils einfach, theils Zwillinge sind. Das specifische 
Gewicht reiner farbloser Stückchen beträgt 2,564 (bei 20 Grad 
C.). Dieser Sanidin zerbricht sehr leicht in Lamellen, deren 
breite Flächen ungefähr der Querfläche parallel gehn, indess 
mehr oder weniger wellenförmig gebogen sind. Wenn man das 
Gestein grob zu pulvern versucht, so erhält man eine Menge 
solcher Sanidin-Täfelchen, welche man leicht für tafelformige 
Krystalle, parallel M ausgedehnt, halten könnte; es sind indess 
lediglich Zusammenwachsungslamellen parallel der Querfläche. 

Die unkrystallinischen Körner sind meist von lichtgrauer 
Farbe, haben einen völlig muschligen Bruch, zeigen keine 
Spur einer Krystallfläche, sind härter als Feldspath, kaum 
weniger hart als Quarz, welch letzterem Mineral sie in so 
hohem Grade gleichen, dass nicht nur ich selbst sie lange 
Zeit für Quarz hielt, sondern auch alle verehrten Fachgenossen, 


413 


denen ich diesen merkwürdigen Trachyt zeigte, meiner Ansicht 
zustimmten. An einzelnen Gesteinsstücken zeigen jene grauen 
Körner ein prächtig schönes Farbenspiel, indem die rund- 
liche Oberfläche sowohl, als auch der muschlige Bruch der 
kleinen Körner in den schönsten und lebhaftesten grünen, blauen 
und rothen Farben schillert. Diese Erscheinung, welche ich 
niemals am Quarz gesehen, welche aber eine gewisse Aehn- 
lichkeit mit der Farbenwandlung des edlen Opals besitzt, ver- 
anlasste mich, jene Körner, deren Grösse gewöhnlich weniger 
als * Linie beträgt, genauer zu untersuchen. Das specifische 
Gewicht möglichst rein ausgesuchter Körner, welche häufig 
kleine Glimmer - Schüppchen sowie Augit-Krystallchen um- 
schliessen, wurde bestimmt = 2,369 (bei 22 Grad C.) und bei 
einer zweiten Partie = 2.351 (bei 16 Grad C.). Es ergab 
sich folgende Zusammensetzung: 
Angewandte Menge 0,625 


Kieselsäure 716,82 
Thonerde 14,01 
Kalkerde 1,76 
Wasser 0,40 
Alkalien aus dem Verluste 7,01 
100,00. 


Das specifische Gewicht und diese Analyse liefern den 
Beweis, dass die untersuchten Körner weder Quarz noch Opal 
sind. Die Zusammensetzung weist darauf hin, dass wir es 
überhaupt nicht mit einem Mineral, sondern mit einem den 
vulkanischen Gläsern ähnlichen Körper zu thun haben. Bei 
dem optischen Nachweis dieser Ansicht unterstützten mich in 
dankenswerther Weise die HH. Dr. E. Weiss und Prof. M. 
SCHULTZE. Der zum mikroskopischen Studium bestimmte Schliff 
eines quarzführenden Trachyts, Rhyoliths von Königsberg in 
Ungarn, zeigte bei Anwendung von polarisirtem Lichte, dass 
der darin eingeschlossene Quarz den Farbenwechsel doppel- 
brechender Körper beim Drehen der Nicols besitzt, während 
die quarzähnlichen Körner des Amiatatrachyts sich vollkommen 
wie eine amorphe Substanz verhalten. Ein Blick durch das 
Mikroskop zeigt, dass es unmöglich ist, mit Hülfe der chemi- 
schen Analyse die genaue Zusammensetzung der unkrystallini- 
sehen Körner zu ermitteln, indem dieselben eine Unzahl kleiner 


Krystallprismen umschliessen, welche in den verschiedensten 
Zeits. d.d. geol. Ges. XVII. 2. 27 


414 


Richtungen liegen und nicht selten zu drei oder vierstrahligen 
Sternchen gruppirt sind. Obgleich man Zuspitzungsflächen so- 
wie eine scheinbar gerade Endfläche an den Prismen bemerkt, 
so ist es doch nicht möglich über deren Krystallsystem etwas 
Bestimmtes zu ermitteln. Wenngleich der Masse nach diese 
Einschlusse gegen das Obsidiankorn sehr zurücktreten, so 
können dieselben doch nicht ohne Einfluss auf das Resultat 
‘der chemischen Analyse sein. Bei Anwendung einer starken, 
etwa 400 maligen Vergrösserung bemerkt man in der amorphen 
Masse eine andere höchst merkwürdige Erscheimung: zahllose 
wurmförmig gekrummte Linien, welche wahrscheinlich hohle 
Röhren sind. Etwas Aehnliches habe ich niemals an Mineral- 
Schliffen wahrgenommen und ich muss deshalb auf eine Er- 
kläarung der erwähnten Körper verzichten. 

Der schwärzliche Magnesiaglimmer ist ziemlich häufig, 
theils in hexagonalen, theils in einseitig verlängerten sechs-- 
seitigen Blättchen und lässt oft recht deutlich die am Magnesia- 
glimmer von Laach von mir (d. Zeitschr. Bd. XVI. S. 83) 
beschriebene Form. erkennen. f 

Der Oligoklas ist von gleicher Farbe wie der Feld- 
spath und nicht immer deutlich zu erkennen. Zuweilen ist 
aber die gestreifte Spaltungsfläche sehr gut wahrzunehmen. 

Der Augit ist von lauchgrüner Farbe, nur in sehr kleinen 
(bis + Linie grossen) Krystallen, fehlt wie es scheint niemals, 
ist aber in einzelnen Partieen der Trachytstücke häufiger als in 
anderen. Die Flächen des vertikalen rhombischen Prismas 
sind glänzend, Quer- und Längsfläche matt. Selten ist das 
schiefe rhombische Prisma des Endes deutlich. Das Vor- 
kommen des Augits ist nicht ohne Interesse, da derselbe in 
Sanidin-führenden Trachyten nicht gewöhnlich ist. Doch ent- 
halten auch die sogenannten Laacher Trachytblöcke neben 
Sanidin Augit, oft zusammen mit Hornblende. 

Magneteisen-Oktaeder fand ich nur wenige und in äusser- 
ster Kleinheit auf den Augit-Kryställchen aufgewachsen. 

Der Kieselsäure-Gehalt des geschilderten Khyoliths und 
zwar eines an den „le .mure del Terrajo* genannten Felsen 
wenig nördlich von S. Fiora geschlagenen Handstücks be- 
trägt 67,06 pCt. | 

Dieser Gehalt steht weit zurück hinter demjenigen der 
quarzführenden Trachyte der Euganäen. Eine solche Vereini- 


415 


gung von krystallinischen und amorphen Gemengtheilen zu 
einem Gesteine, wie dieselbe in dem Amiata-Rhyolithe vor- 
liegt, ist vielleicht noch nicht beobachtet worden. Häufig 
bemerkt man wohl krystallinische Ausscheidungen in einer 
glasigen Grundmasse, aber nicht umgekehrt in einem Kkrystal- 
linisch-körnigen Gemenge unkrystallinische Glaskörner. 

Diesen Rhyolith fand ich an vielen Punkten auf dem 
Wege von Abbadia nach S. Fiora, an jenen Felsen del Terrajo, 
am Pian della Moja auf der halben Höhe des Berges zwischen 
S. Fiora und dem Gipfel, auch am Wege zwischen Pian di 
Castello und Seggiano. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass 
diese Trachyt-Varietät vorzugsweise an den unteren nnd einem 
Theile der mittleren Berggehänge verbreitet ist. Das Gestein 
ist sehr locker und zerfällt zu sandähnlichen Massen; oft sieht 
man an den durch die Strasse entblössten Einschnitten das- 
selbe bis zu bedeutenden Tiefen zersetzt. Bemerkenswerth 
muss das Verhalten des kieselsäurereichen Trachyts, des 
Rhyoliths, im Monte Amiata erscheinen im Vergleiche zu den 
entsprechenden Gesteinen in den Euganäen oder in Ungarn. An 
beiden letzteren Orten unterliegt der petrographische Charakter 
der Rhyolithe einem vielfachen Wechsel, von welchem im 
Amiata- Gebiete nichts zu bemerken ist, hier giebt es keine 
Pechsteine, Perlsteine, Obsidiane, Bimssteine, keine schiefrigen 
oder Hornstein-ähnlichen Trachyte; es herrscht ein einförmiges 
Gestein über weite Strecken hin. 

Der Sanidin-Oligoklas-Trachyt besitzt eine rauhe, 
oft feinporöse Grundmasse. Die darin ausgeschiedenen Sani- 
dine erreichen zuweilen 2 Zoll Grösse, sodass in dieser Hin- 
sicht das Amiata-Gestein dem Drachenfelser ebenbürtig zur 
Seite steht. Die Krystalle sind meist Zwillinge (nach dem 
Carlsbader Gesetze), theils rechte, theils linke, selten scheinen 
die einfachen rectangulären Prismen, welche letzteren im Drachen- 
fels-Trachyt etwa gleich haufig wie die Zwillinge auftreten. 
Die Amiata- Sanidine besitzen auf der Fläche M die gleiche 
feinflammige Streifung wie die Drachenfelser. Fast immer sind 
die Flächen M, TI, ze’, P, y, oo’, nn’ deutlich zu erkennen. 
Wo dieser durch die ausgeschiedenen Sanidine porphyrartige 
Trachyt verwittert, kann man jene Krystalle mit leichter 
Mühe in grösster Menge mehr oder weniger unversehrt auf- 
lesen. 

27* 


416 | 2 

Der Oligoklas ist meist weiss, verwittert; zuweilen ist 
die Zwillingsstreifung indess recht deutlich. Die Krystalle 
ähneln in ihrer Kleinheit und der meist vorgeschrittenen 
Zersetzung durchaus denen des betreffenden Siebengebirgs-Ge- 
steins. 

Magnesiaglimmer fehlt nicht; Hornblende ist im Allge- 
meinen nicht vorhanden, sondern ist nur ein seltener unwesent- 
licher Gemengtheil. 

Augit in dem blossen Auge kaum wahrnehmbaren Prismen 
tritt in den mir vorliegenden Stücken in geringerer Menge auf 
als im Rhyolith. 

Aus dieser Trachyt-Abtheilung bestehen die beiden hohen 
Gipfel, dann der Poggio Pinzi, also die ganze höhere Region 
des Gebirges, sie tritt indess auch vielfach an den unteren Ge- 
hängen, so an den Felsen von S. Fiora, bei Abbadia und a. 
a. O. auf. 

Bei dieser Varietät herrscht nicht selten eine röthliche 
Farbe der Grundmasse, wodurch sehr wohlgefällige Gesteine 
entstehen. — Der Sanidin-Oligoklas-Trachyt hat zuweilen ein 
fast schlackenartiges Aussehen, indem zahlreiche breit- oder 
langgezogene Hohlräume darin auftreten. In der Universitäts- 
Sammlung zu Siena sah ich schwarzen Trachyt mit poröser 
Grundmasse und zollgrossen Sanidin-Krystallen von le Mar- 
zarelle bei Castel del Piano. Merkwürdig sind die Felsen 
unterhalb S. Fiora, an deren Fuss die Fiora hervorsprudelt. 
Beim ersten Anblick könnte man wähnen „die Wand eines 
Lavastroms“ vor sich zu haben. An der etwa 80 Fuss hohen 
Felswand stellen sich zahlreiche vertikale Bänke dar, welche 
sich theils durch Spalten, theils durch verschiedene Farben- 
streifen bemerkbar machen. Diese stromartig gelagerten Massen 
sind zum Theil in eigenthümlicher Weise hin und her gewun- 
den. Es soll diese Klippe etwa eine Miglie weit gegen West 
zu verfolgen sein. 

Vorzugsweise in dem Sanidin-Oligoklas-Trachyte finden 
sich jene meist dunklen Einschlüsse, deren bereits MıcHELı und 
Santı erwähnen. Bei der Verwitterung des Trachyts bleiben 
sie unzerstöorbar zurück der (Anime di sasso); es sind 
echte Einschlusse , nicht etwa Concretionen, sie fallen leicht 
aus dem sie umhüllenden Gesteine heraus und zeigen eine 
eigenthumlich unebene oft löcherige Oberfläche, genau wie die 


47 


sogenannten Laacher Auswurflinge. Zuweilen liegt die um- 
hüllende Masse nicht dem Einschlusse an, sondern es finden 
sich Höhlungen zwischen beiden. Santı beschreibt einen Ein- 
schluss, der gleichsam nur durch einzelne Arme dem um- 
schliessenden Trachyte anhaftet. Die Masse dieser Einschlüsse 
ist verschieden ,„ theils bestehen sie wesentlich aus einem 
Aggregat von Magnesiaglimmer, theils ist es dunkler poröser 
 Trachyt mit einzelnen ausgeschiedenen Sanidinen,, theils ist 
es ein Trachyt, dessen schwarze Grundmasse ein Perlstein-ähn- 
liches Ansehen hat. | 

Ueber das relative Alter der beiden im Amiata-Gebirge 
auftretenden Trachyt-Arten habe ich leider keine entscheiden- 
den Beobachtungen machen können. 

Die Besteigung des höchsten Gipfels, welcher den Namen 
Sasso della Maremma führt, unternahm ich von 8. Fiora aus, 
sie nimmt etwa vier Stunden in Anspruch. Die Höhen-Diffe- 
renz beträgt 3162 Fuss. Unmittelbar nachdem man das finstere 
S. Fiora verlassen, betritt man den herrlichen Kastanienwald. 
Etwa ; Stunde folgte ich der Strasse nach Piano; am Wege 
‚herrscht Sanidin-Oligoklas-Trachyt in schichtähnlichen Bänken ; 
Lagen von dunkler, grauer und röthlicher Farbe wechseln 
schnell mit einander ab. Da mir von schönen Felsen er- 
zählt wurde, welche links ab vom Wege lägen, so wandte ich 
mich dorthin und betrat das Thal dello Sprofondato (von dem 
Versinken eines Bachs unter Felsen so genannt). Diese Thal- 
senkung, durch welche ein Richtweg von Arcidosso nach 
Piano führt, wird an ihrer Südseite begrenzt von einer ost- 
westlich streichenden, vertikal aufspringenden, in horizontale 
Bänke abgesonderten Felsmauer (le Mure del Terrajo). Diese 
besteht aus jenem Rhyolith, der vorzugsweise das Material zu 
obiger Beschreibung geliefert hat. Wenige hundert Schritte 
nördlich erhebt sich eine ähnliche, gleichfalls bankförmig ab- 
gesonderte Felsmasse (la Fontaccia), über welche zu Zeiten 
ein Wasser herabstüurzt. Diese besteht aus röthlichem Sanidin- 
Oligoklas-Trachyt. — An der westlichen Seite einer breiten 
Schlucht stieg ich empor, welche an ihrer oberen waldlosen 
Kante eine horizontale bankförmige Absonderung des Sanidin- 
Oligoklas-Trachyts deutlich entblösst. Bald war die obere 
Grenze des Kastanienwaldes erreicht, ich betrat den Prato 
della Oontessa, eine Weidefläche, welche sich zwischen der 


418 


Region der Kastanien und derjenigen der Buchen ausdehnt. 
Auf steilem klippenreichem Pfade emporsteigend, wo sich noch- 
mals (am Pian della Moja, hier eine jener seltenen und spär- 
. lichen Quellen der höheren Berggehänge) Rhyolith darstellt, er- 
reichte ich die obere Bergfläche, über deren schildformige 
Wölbung sich die beiden Gipfel erheben. In dieser Höhe von 
3500 bis 4500 Fuss. gedeihen hohe Buchen bis zu einer Dicke 
. von vier Fuss. Verkrüppelte, in ihrem Wachsthum durch den _ 
felsigen Boden und die hier herrschenden Stürme gehemmte 
: Buchen steigen bis zu den Gipfeln hinauf. 

Der Horizont des Maremmer Felsens wird begrenzt durch die 
Apuanischen Alpen, den langen Zug des Appennins gegen Nord 
und Ost; gegen Süd liegt das Vulkangebiet Roms vor uns 
ausgebreitet, gegen West das durch Vorgebirge (Monte Argen- 
taro) und Inseln (Giglio, Monte Cristo, Pianosa, Elba, Ca- 
praja) unterbrochene und belebte Meer, welches eine schein- 
bare Schranke an Corsicas Felsenmauer findet. 

Von besonderem Interesse ist die Aussicht gegen Sud-Ost 
über die vorzugsweise aus vulkanischen Tuffen bestehende 
Hochebene des Patrimoniums. Die pliocänen Thone von Ra- 
 dicofani senken sich dem Laufe der Paglia folgend gegen 
Süd. Bei Aquapendente springt von West nach Ost gerichtet 
der Steilrand des vulkanischen Plateaus empor, an dessen 
Fuss der Fluss nach Orvieto strömt. Von unserer Höhe er- 
scheint jene Tufffläche als eine nur wenig unterbrochene huge- 
lige Ebene, doch ist dieselbe durchfurcht von vielen tiefen 
Erosions - Schluchten ,„ in denen die Zuflüsse der Fiora, der 
Marta und der Tiber ihren Lauf nehmen. So ist die Gegend 
von Pitigliano*) von Schluchten (burroni) vielfach zerschnitten. 

Gegen Sud-Ost zieht der in die weite Tufffläche ein- 
gesenkte Bolsener- See unsere Aufmerksamkeit auf sich, Aus 
seiner fast kreisrunden' 6 bis 7 Miglien im Durchmesser halten- 
den Wasserfläche tauchen zwei niedliche Inselchen (Bisentina 
und Martana) hervor. Jenseits des Bolsener Sees erhebt sich 
ein Gebirge von offenbar vulkanischem Ursprunge. - Ein mitt- 
lerer Gebirgsrücken wird rechts und links von zwei, wie hohe 


=) Zu Pitigliano finden sich im vulcanischen Tuffe prächtige Krystalle und 
körnige Stücke von Vesuvian und gelbem Granat, auch Auswürflinge von 
körnigen Kalke und Dolomit. Diese den Vesuvischen Auswürflingen ähnlichen 
Vorkommnisse sind im mittel-italiänischen Vulkangebiet sehr verbreitet. 


419 


Kraterränder gestalteten Höhen überragt: das ist das merk- 
würdige Kraterbecken di Vico, welches noch zum Theil mit 


einem See erfullt ist, und dessen kreisförmiger Wall einen 


innern, doch etwas aus der Mitte gerückten, spitzen Kegel, 
den Monte Venere, umschliesst. Etwas weiter zur Linken von 
dieser Kraterbildung erblickt man in grösserer Ferne einen 
beiderseits steil abstürzenden Berg, es ist der Monte S. Oreste, 
der alte Soracte. Dieser bildet einen hohen und schmalen 
von Süd-Sud-Ost nach Nord-Nord-West gerichteten Rücken 
und besteht aus vertikalen oder steil gegen West fallenden Kalk- 
steinschichten. In den Spalten dieser Felsen finden sich wie 
in den Kluften der aus Kreide- und Jurakalk gebildeten Mittel- 
meer -Küsten, Knochenbreccien, vorzugsweise von Thieren 
aus der Familie der Ruminanti (Pırero). Wie der Berg So- 
racte sich darstellt als eine Insel von Appenninen-Kalk, rings 
an ihrem. Fusse umgeben von 'vulkanischen Tuffen, so auch 
gerade gegen Süden von unserem Standpunkte der dreigipfelige 
Monte di Canino. Dahinter werden die Höhen von Tolfa und die- 
jenigen um den Braccianer See sichtbar, und an der fernen Grenze 
des Gesichtskreises die Gipfel des Albaner- Gebirgs jenseits 
der ewigen Stadt. Ä | 

Unter den Quellen, welche im Umkreise des Monte Amiata 
entspringen, verdienen die Thermen von $. Filippo eine 
besondere Erwähnung. Der kleine Badeort liegt eine Viertel- 
stunde gegen West von der nach Rom führenden Strasse ent- 
fernt, am östlichen Fusse des Monte Zoccolino, in dem kleinen 
Thale des Baches Rondinajo, welcher mittelst des Formone 
sich in die Orcia ergiesst. Die Sohle der oberen Thalhälfte 
ist mit einer mächtigen Kalktuffbildung bedeckt, deren Längen- 
ausdehnung etwa eine Miglie beträgt. Am untern Ende dieser 
allmalig thalabwärts vorrückenden Tuffmasse brechen die 
Quellen hervor, und dort hat sich das ärmliche Bad angesiedelt. 
Santı gibt die Temperatur einer Quelle = 37,5, einer andern 
— 39,5 GradR. an. Aeltere Analysen dieser Thermen wurden 
vom Prof. GivLı ausgeführt; eine neue Untersuchung der 
Hauptquelle verdankt man dem Prof. Ant. Tarcıonı- TozzErti 
zu Florenz; dieselbe ergab (Drevi cenni intorno alle acque ter- 
mali e minerali dei Bagni di S. Filippo, ‚Siena 1863) 


420 
Kohlensäure 0,0967 \ 
Schwefelwasserstoff 0,0212. 
Kieselsäure | 151269 
Chlornatrium 2,8373 
Schwefelsaure Magnesia 6,8712 
- Schwefelsaurer Kalk 2,4307 
Schwefelsaures Natron 2,1691 93,86252 
Kohlensaurer Kalk 17,5414 
Kohlensaurer Strontian 0,2538 
Thonerde 0,4231 
Eisenoxydul - Spur 
Organische Substanz 0,2538 
Wasser 966,1748 


1000,0000. 

Es ist begreiflich, dass dieses Wasser auf seinem Laufe 
‚alle Gegenstände, worüber es fliesst, Steine, Pflanzen ete. mit 
einer dicken schneeweissen Kalkkruste uberzieht. In dem 
durch die Quelle gebildeten blendend weissen Tuffhügel, 
welcher beständig von Wasser und den Exhalationen’ derselben 
durchströmt wird, findet eine Gypsbildung statt. Zierliche 
Gypskrystalle von diesem Orte sah ich in Siena. Der Tuff 
umschliesst zuweilen auch Schwefel. Der Besitzer des Bades 
Dom. Rempicci hat die versteinernde Kraft der Quelle be- 
nutzt beim Bau eines Hauses. Aus Blöcken des Kalktuffs 
wurden die Mauern trocken aufgeführt bis zu Dachhöhe, dann 
das Wasser der höchstliegenden Quelle mit einer Leitung von 
dem nahen Tuffhügel auf den Mauerkranz geführt. So ver- 
kittete das Wasser, zwischen alle Fugen des Mauerwerks ein- 
dringend, die Steine auf das festeste und überzog die Mauern 
mit einer zusammenhängenden Kalkdecke. Leider erlitt das 
Werk eine Unterbrechung, indem die "benutzte Quelle ihren 
Lauf veränderte und an einer tieferen Stelle hervorbrach. 
Doch glaubte der Besitzer, dass sie bei einem neuen Wechsel 
ihres Hervorbrechens wieder einen höheren Punkt suchen und 
die Fortsetzung des eigenthumlichen Baues möglich machen 
würde. — Weit verbreitet sind in den Sammlungen die Kalk- 
tuffmedaglien von S. Filippo. Der Begründer dieser kleinen 
Industrie, welche seitdem an vielen anderen Orten (z. B. zu 
St. Nazaire bei Clermont-Ferrand) Nachahmung gefunden, war Dr. 
VEGNI, zu Ende des vorigen Jahrhunderts Badearzt zu S. Fi- 


421 


lippo. Er beobachtete, dass dort wo das Wasser in feinsten 
Staub zertheilt seine Absätze bildet, diese höchst dicht und 
homogen sind, und benutzte dies in der Weise, dass er einen 
Wasserstrahl auf horizontale Stäbe fallen und dadurch in 
feinsten Staub sich zertheilen liess. Diesem zerstäubten 
Wasser werden die aus Schwefel gebildeten Hohlformen aus- 
gesetz. So bilden sich in Zeit weniger Tage diese kleinen 
Kunstwerke, welche ehemals. bei Radicofani allen auf der Rö- 
mischen Strasse (welche jetzt verlassen ist) Reisenden ae 
boten wurden. 

Santı beschreibt mehrere am Fusse des M. Zoccolino 
liegende Grotten (le Zolfiere) aus denen ehemals Schwefel 
gewonnen wurde. Es sind Exhalationen von Kohlensäure und 
Schwefelwasserstoff, wodurch sich an den Wänden jener 
Grotten, namentlich an deren Eingängen, Schwefel-Efflorescenzen 
bilden. 

Die vorstehenden Beobachtungen über das Gebirge Amiata 
erlaube ich mir zu ergänzen durch Mittheilung der Angaben 
Sanmrs über den hier vorkommenden Hyalith, über das Kiesel- 
mehl und endlich uber den Eisenocker. 

Der ausgezeichnete Hyalith, von Sanrı Kieselperlen, Perle 
silicee del Montamiata, genannt, der sogenannte Fiorit (Ss. 
Durstsoy Min. II Ed. T. 2. p. 155) findet sich theils als 
Ueberzug, theils in kugeligen, theils in kleinen tropfstein- 
artigen Bildungen. Sanrtı entdeckte dieselben in der Valle 
grande, der unteren Seite sehr zersetzter Trachytmassen an- 
haftend; bei der leisesten Berührung löste sich die Hyalith- 
kruste ab. Ein zweites Vorkommen ist nahe der Quelle della 
Verna, theils in losen Perlen , theils als tropfsteinartige Ge- 
bilde, horizontale Spalten des Trachyts zierend. Sanrı ver- 
gleicht ein Trachytstuck , an welchem die herabhängenden 
Kieselstalaktiten den aufsteigenden Stalagmiten gegenüberstanden, 
einem zahnbewaffneten Gebisse. Der Hyalith ist halb durch- 
sichtig bis durchscheinend, von schönem Perlmutterglanz; das 
specifische Gewicht bestimmte Santmı = 1,917 und leitete be- 
reits ihre Entstehung auf nassem Wege her. „Die Kiesel- 
theile des Peperins wurden durch heisses Wasser gelöst und 
beim Erkalten und Verdunsten desselben wieder abgeschieden.“ 

Schon seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts wird etwas 


‚südlich von Castel del piano auf der Grenze der Wiesen und 


D 


des Kastanienwaldes eine weisse, zwischen den Zähnen knir- 
schende Erde gegraben. Diese Substanz, welche von der Be- 
völkerung „latte di luna* genannt wird, liegt unmittelbar unter 
einer Schicht Pflanzenerde und stellt eine leichte, meist sehr 
weisse Erde dar. Zuweilen ist sie durch, von oben eindringende 
Pflanzensäfte gelb und braun gefärbt. Solche gebräunte Erde 
nimmt, der freien Luft und dem Sonnenlichte ausgesetzt, beim 
Austrocknen eine schneeweisse Farbe an. Es ist dies das 
Bergmehl,, farina fossile, woraus Giovannı VAL. M. FABBRONI 
(Münzdireetor und Director des Berg- und Hüttenwesens in 
Toscana f 1822) feste und auf dem Wasser schwimmende 
Ziegel herstellen lehrte. Auch als Polirmittel für metallische 
Gegenstände kommt dies Bergmehl in den Handel. 

Ja. CoccHt sagt in seiner Arbeit (Roches ignees et se- 
dimentaires de la Toscane, Bull. soe. g. Fr. t. II. Ser. 
T. 13), dass das DBergmehl des Monte Amiata kleine 
Recken im dortigen Trachyt erfülle. MexrecHinı (sur Vanimali- 
sation des Diatomees) gab eine Beschreibung der Gattungen 
der Diatomeen, deren Kieselpanzer jene Kieselguhr bilden. 

Castel del piano besitzt ein zweites Mineralprodukt in der 
Bol- und der Umbra-Erde. An verschiedenen Punkten seiner 
Umgebung, namentlich an dem „le Mazarelle* genannten Orte 
westlich vom Dorfe am Bergabhange gegen den Bach Lente, 
findet man unter der Pflanzenerde eine mehr oder weniger 
‚mächtige Schicht einer, im frischen Zustande etwas zähen, 
schön gelben Erde. Unter dieser ruht ein noch zäherer Thon 
von leberbrauner Farbe, und die ganze Bildung auf Trachyt. 
Die obere Schicht heisst gelbe Bolerde (Terra bolare gialla), 
die untere Umbra (Terra d’Ombra). Beide nehmen durch 
Gluhen eine saffranrothe Farbe an; besonders sehön und dauer- 
haft ist die Farbe der Umbra. Beide werden als Malerfarben 
angewendet, sehr geschätzt, und namentlich nach Holland und 
England in vielen Tausend Pfunden jährlich ausgeführt. 


Durck von J. F. Stareke in Berlin. 


A: Aa ly . 
348; Avg a Ad ’ 


ne EN Een 


Zeitschrift 
| der 


Deutschen geologischen Gesellschaft. 
3. Heft (Mai, Juni, Juli 1865). 


A, Verhandlungen der Gesellschaft. 


l. Protokoll der Maı -Sitzung. 


Verhandelt Berlin, den 3. Mai 1865. 


Vorsitzender: Herr G. Rose. . 
Das Protokoll der Aprilsitzung wird verlesen und an- 
genommen. 
Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten: 
Herr v. Rüpıser in Gotha, 
vorgeschlagen durch dieHerren LOTTNER, v. BENNIGSEN- 
FÖRDER, Rora; 
Herr Bergreferendarius GIEBELHAUSEN in Halle a. S., 
vorgeschlagen durch die Herren Lortser, Bryrich, 
Eck. 
Für die Bibliothek sind eingegangen: 
A. Als Geschenke. 
T. Kurrer: Ueber das Auftreten der Foraminiferen in 
den Mergeln der marinen Uferbildungen des Wiener Beckens. — 
‚Sep. i 


. 


E. Suess: Bericht über den Stand der Thätigkeit im Ge- 
biete der Palaeontologie in Oesterreich; Ueber die frühesten 
Spuren des organischen Lebens; die Baumaterialien Wiens. 
Wien 1863. | 

G. v. Hrımersen: Der artesische Brunnen zu St Peters- 
burg. (Schlussbericht.) — Sep. 

G. v. Hewmersen: Geologische Karte von Russland mit 
erläuterndem Text (in russischer Sprache) Petersburg 1869. 

A. PerreyY: Note sur les tremblements de terre en 1861, 

Zeits.d. d.geol. Ges. XVII 3. 28 


Aa 


en 1862 und Documents sur les tremblements de terre et les 
phenomenes volcaniques dans Varchipel des Kouriles et au Kam- 
tschatka. — Sep. 

Carı Freiherr v. Schauror#: Verzeichniss der Versteine- 
rungen im Herzogl. Naturaliencabinet zu Coburg. Nr. 1—-4328. 
Coburg 1869. 

A. Deresse: Extraits de geoloyie pour les anndes 1862 et 
.1863. — Sep. | 

S. HıucHuton: Experimental researches on the granites ” 
Ireland. Part III, part IV. — Sep. 

A. Favee: Preeis d’une histoire du terrain houiller des 
Alpes — Observations geologiques et paleontologiques sur quel- 
ques parties des Alpes, de la Savoie et du Canton de Schwytz. — 
Sep. 

A. Im Austausch. 

Zeitschrift des Architecten- und Ingenieur-Vereins für das 
Königreich Hannover. Bd. XI. Heft 1. 1865. 

Mittheilungen der k. k. ERABIGRNINChEN Gesellschaft. VII. 
1863. Wien. 

Mittheilungen aus J. PERTHES’ geographischer Anstalt. 1864 
12. 1865. 2. 3. und Ergänzungsheft 14. Ä 

Memoires de l’Academie Imperiale de Dijon. Ser. II. 
Tom. 11. 1863. 

Memoires de la SocietE Linndenne de Normandie. Vol. 14. 
und Bulletin. Vol. 9. Caen. 1865. 

The Canadian naturalist. New series. Vol. I. Nr. 4. 5. 6. 

Atti della Societa Italiana di scienze naturali. Vol. VII. 
1864. Milano. | 

Herr v. MÖLLER aus St. "Petersburg, legte eine von Herrn 
v. HELMERSEN zusammengestellte und der Gesellschaft als Ge- 
. schenk zugeschickte, neue geologische Karte vom europäischen 
Russland vor und theilte bei dieser Gelegenheit einige Resul- 
tate seiner in Russland vor Kurzem ausgeführten gRognDalischen 
Untersuchungen mit. 

Der obere Kohlenkalk oder der sogenannte Fusulinenkalk 
hat nach den Beobachtungen des Herrn. v. MÖLLER in einigen 
centralrussischen Provinzen, namentlich im nordöstlichen 
Theile des Gouvernement Tambow und im südlichen des Gou- 
vernement Nijni-Novgorod eine weit grössere Verbreitung, als 
es bis jetzt vermuthet ‚wurde. Im letzteren Gouvernement 


425 


wurde von ihm der Fusulinenkalk in einem schmalen Streifen 


bis zum Kirchdorfe Schutilowo am Flusse Alatyr verfolgt; er 


setzt von hier aus auch noch weiter nach Osten fort, und 
kann leicht mit dem auf der Halbinsel Samara anstehenden 
Kohlenkalke in unmittelbarer Verbindung stehen. Interessant 
ist es, dass bei Schutilowo einige seiner Schichten ganz er- 
füllt sind mit Schalen einer kleinen Foraminifere, die Herr 
EHRENBERG als Borelis sphaeoridea in der Mikrogeologie ab- 
gebildet hat. 

Ferner sprach Herr v. MÖLLER über die von R. Lupwic 
in GeEinıtz’s -„Dyas“ gegebene Schilderung des permischen 
Systems in Russland. Aus seinen im letzten Sommer ausge- 
führten Untersuchungen ergiebt sich, dass die nach R. Lupwie 
am westlichen Fusse des Urals ausgebreiteten Susswasser- 
bildungen durchaus nicht als solche angesehen werden können, 
da in den Kalksteinen bei Kungur, wo Lupwig angeblich seine 
in den Palaeontographica beschriebenen Unio, Cyclas und Pa- 
ludina neben Conferva Renardi und Pinus Auerbachü sammelte, 


vom Redner in Gesellschaft der letztgenannten Pflanzen nur 


Reste von unzweifelhaften Meeresbewohnern aufgefunden wur- 
den, namentlich Schalen einer kleinen Terebratula, von Schizo- 
dus truncatus und Clidophorus Pallasü. Die letztere Art wurde 
der Gesellschaft vorgelegt; sie zeichnet sich durch ihre schöne 
Erhaltung besonders aus. Im Ganzen stimmen diese Resultate 
mit den von MURCHISON, DE VERNEUIL und Graf. v. KEYSERLING 
erzielten vollkommen uberein. Die Funde in den Kalksteinen 
bei Kungur erläutern das bekannte Vorkommen von Clidopho- 
rus Pallasü und Terebratula elongata im Zechstein von Tschalpaa, 
einem ebenfalls von Herrn v. MÖLLER besuchten Orte, der un- 
gefähr 30 Werst nördlich von der Stadt Kungur gelegen ist. 
Es geht hieraus also hervor, dass die mittlere Gruppe von 
Lupwie’s Rothliegendem in Russland, d. i. der vermeintliche 
Süsswasserkalk, genau.dem oberen Zechstein entspricht, seine 
obere Sandstein- und Mergelgruppe aber nichts Anderes ist, 
als eine unmittelbare östliche Fortsetzuug der Bunten-Mergel- 
und Sandstein-Etage, welche längs der Wolga etwa von Ust- 


| jujua angefangen bis Tetjuschi und längs der Kama bis Piany- 


Bor ununterbrochen verfolgt werden kann, überall dem oberen 
Zechsteine mit Ostrea (?) matercula, Clidophorus Pallasü, Avi- 
cula Kasanensis, Schizodus truncatus ete. aufliegend. Lupwie 


28 * 


26 


wurde wahrscheinlich irregeführt durch die falsche Annahme, 
dass die unter dem oberen Zechstein bei Elabuga auftreteuden 
Sandstein- und Mergelschichten mit den oberhalb der genannten 
Stadt an der Kama anstehenden zusammenhängen. Herr y. 
MÖLLER sah dagegen, dass die Zechsteinschichten von Elabuga, 
je mehr man sich von der Stadt flussaufwärts entfernt, allmälig 
zum Niveau des Kama -Flusses herabsanken; sie sind z. B. 
bei Tschelny noch hart uber dem Wasser sichtbar, verlieren 
sich aber weiterhin bei Piany-Bor gänzlich unter dem Flusse, 
so dass oberhalb des letztgenannten Punktes die Flussgehänge 
nur aus den oberen Mergeln und Sandsteinen gebildet werden. 
Näher der Stadt Perm treten die Mergel allmälig zurück, die 
Sandsteinschichten aber nehmen verhältnissmässig an Zahl und 
Mächtigkeit zu und werden kupfererzführend. 

Oestlich von Perm tritt der Zechstein wiederum zu Tage 
und ist in den Uferentblössungen des Flusses Babka bei Kry- 
lassowa noch von den oberen Mergeln und Sandsteinen be- 
deckt; von hier breitet er sich östlicher bis zum Meridiane des 
Hüttenwerkes Suksunsk aus, setzt sodann mit dem ihm untergeord- 
neten Gypse nördlicher fort, wo er an der Tschussowaja unter- 
halb Gorodock in mächtiger Entwickelung erscheint. An dem 
letztgenannten Flusse wird von LupwısG das Vorhandensein 
der Kalksteine und des Gypses, ungeachtet der früheren An- 
gaben von GEOoRGI, PLATONOFF und anderen russischen Geo- 
logen, geläugnet, aber sehr mit Unrecht, wie sich Herr v. 
MOLLER überzeugte auf einer Fahrt von Gorodock die Tschusso- 
waja hinab bis zur Ausmüundung dieses Flusses in die Kama. 
Es zeigt sich hierbei, dass die Kalksteinschichten an der 
Tschussowaja ziemlich stark gebogen sind, wodurch sich das 
plötzliche Wiedererscheinen des Zechsteins östlich von Perm 
zu erklären scheint. 

Im Ganzen können im grossen ostrussischen permischen‘ 
Felde zwei parallele Bildungen unterschieden werden, eine 
kalkige nnd eine sandigmergelige, beide zugleich dem eigent- 
lichen Zechsteine und dem Rothliegenden entsprechend. In der 
ersteren sind, wie Lupwic richtig bemerkt, zwei ihrem Alter 
nach verschiedene Gruppen zu unterscheiden. Die obere Gruppe 
wird durch das Auftreten von ÖOstrea (?) matercula \VERN., 
Avicula speluncaria SCHLOTH. sp. (kommt bei Samara vor), 
‚Schizodus truncatus Kına, Clidophorus Pallasi VERN., Arca 


a 427 


# 


Kingeana Vern., Turbonilla Altenburgensis GEIN, etc. bezeichnet, 
nnd ist an der Wolga (von Barmins an bis Tetjuschi, auch 
bei Samara), im Gouvernement Nijni-Novgorod (bei Itschalki, 
Knjas-pawlowo und Barnukowo), an der Kama (von der Mün- 
dung an bis zum Piany-Bor), bei Kungur u. s. w. entwickelt. 
Die untere, dem Fusulinenkalke vermuthlich unmittelbar auf- 
liegende Kalksteingruppe wird durch Strophalosia horrescens 
VeERN. sp., Spirifer rugulatus (?) Kur., Orthis pelargonata 
SCHLOTH. sp., Allorisma elegans Kına, Pecten sericeus VERN., 
Pecten Kokscharofi VERN., Conularia Hollebeniü Gsin., Nautilus 
Freieslebeni etc. charakterisirt und hat ihre Verbreitung von 
der Uchta, einem Zuflusse des Wymm, bei Kischerma an dem 
Flusse Wel, bei Kiriloff, in dem sudlichen Theile des Gouver- 
nement Nijni-Novgorod, (Krewenki, Koschelicha, Balykowo), 
und in einigen Gegenden der Provinzen Samara, Orenburg 
u. 8. w. 

Was nun die sandigmergelige Bildung anbetrifft, so ist sie 
hauptsächlich am westlichen Fusse des Urals, in den Gouver- 
nements von Perm und Orenburg, verbreitet und stellt eine 
den obenangeführten Kalksteinen gleichzeitige und ebenfalls 
marine Bildung dar, da in ihren verschiedenen Schichten haufig 
Ueberreste unzweifelhafter Meeresbewohner zu finden sind, wie 
es bekanntlich bei Perm (Fischreste), Artinsk (Goniatiten, 
Producten ete.) und in ‚vielen Gegenden des Belebeischen 
Kreises im Gouvernement Orenburg (Spirifer rugulatus, Pro- 
ductus Cancrini, Fische ete.) der Fall ist. Nun bleibt aber 
noch die Parallelisirung der in Rede stehenden Sandsteine mit 
den ihnen entsprechenden Kalksteinschichten fraglich. Sie ist 
wohl für einige Fälle nicht ganz unmöglich, indem z. B. die 
mit Spirifer rugulatus auftretenden Sandsteine vom Belebeischen 
Kreise der unteren Kalksteingruppe einzureihen sind; eine voll- 
ständigere Vergleichung aber kann augenblicklich wegen Man- 
gels an Versteinerungen noch nicht stattfinden. Uebrigens 
zweifelt Herr v. MÖLLER nicht, dass auch unmittelbare Ueber- 
gänge in horizontaler Richtung zwischen verschiedenen Sand- 
stein- und Kalksteinschichten im russischen permischen Bassin 
existiren, da er solche an der Tschussowaja unterhalb Goro- 
dock an einigen Schichten selbst beobachtet hat, wobei das 
allmälige Ueberwiegendwerden des kalkigen Cements über die 


De ., 


Trümmer von Quarz und krystallinischen Gesteinen den voll- 
ständigen Uebergang der Sandsteine in Kalksteine verursachte, 

Was die Ablagerung der bunten Mergel betrifft, welche 
die oberen Schichten des eigentlichen permischen Systems in 
Russland bedecken, so ist Herr v. MÖLLER geneigt, wenigstens 
deren oberste Schichten als Aequivalent der Trias zu be- 
trachten. Dafür scheinen auch die von den Verfassern der 
„Geology of Russia“ an dem Flusse Wjatka und von NöscHEL 
an den beiden Grebeni- Bergen und einigen anderen Stellen 
beobachteten Fälle von discordanter. Lagerung der in Rede 
stehenden bunten Mergel und der stark aufgerichteten Schichten 
der eigentlichen permischen Formation zu sprechen. 

Schliesslich fügte Herr v. MÖLLER hinzu, dass das gemein- 
schaftliche Vorkommen von Landpflanzen und Ueberresten von 
Süsswasserbewohnern mit unzweifelhaften Meeresgeschöpfen in 
einigen permischen Schichten Russlands, so z. B. in den Kalk- 
steinen von Kungur, in den Sandsteinen und Mergeln von Ar- 
tinsk, Belebei u. s. w. nichts Auffallendes an sich trage, da 
diese Schichten im permischen Meere in der Nähe eines Con- 
tinentes (des Urals) und vieler Inseln (der jetzt von stark auf- 
gerichteten Kohlenkalkschichten gebildeten Hügel) abgesetzt 
wurden. 

Herr v. KoEnen legte eine Anzahl Versteinerungen aus 
dem produktiven Steinkohlengebirge von der Grube Carl bei 
Essen vor, anknüpfend an seinen in der letzten Sitzung ge- 
haltenen Vortrag, in welchem er aus den Versteinerungen der 
Grube Hannibal bei Bochum nachwies, dass jene Schichten 
nicht Süsswasser-, sondern Meeres-Ablagerungen sind. Da das 
von Herrn Lvpwie zu seiner Arbeit über die Najaden der 
westphälischen Steinkohlenformation benutzte Material haupt- 
sachlich von Zeche Carl bei Essen stammte, so verschaffte 
sich Redner dergleichen auch von hier und gelangte wieder zu 
demselben Resultat, dass sich ausser den Anthracosien einige 
Avicula-Arten und eine Spirorbis finden, die Herr Lupwıe als 
Anodonta, Dreissena und Planorbis gedeutet hat. Daneben 
finden sich zahlreiche Cypridinen und auch eine Bivalye, die 
vermuthlich die Cyrena Lupwıg’s vorstellt; da das Schloss aber 
nicht blossgelegt werden kann, so liess sich hierüber weiter 
nichts fesststellen. 

Ferner legte Redner ein Exemplar von Cardium edule 


429 


vor, welches von Herrn Görser im Diluvium bei Bünde in 
Westphalen gefunden ist. Das von Herrn F. Rormer kürzlich 
beschriebene Vorkommen dieser Art und der Nassa reticulata 
im Diluvium bei Bromberg steht somit nicht ‚mehr vereinzelt 
da. Zugleich erwähnt er, dass er in einem grauen Diluvial- 
thon bei Westeregeln neben der gewöhnlichen Paludina und 
einigen unteroligocanen Pleurotomen, sowie dem im Miocän bei 
Lüneburg gewöhnlichen grossen Dentalium noch ein Exemplar 
von Pleurotoma turricula‘ Broc. gefunden hat, welches voll- 
kommen mit solchen aus dem belgischen Pliocän, weniger mit 
den norddeutschen miocänen Varietäten übereinstimmt. 
Endlich zeigte er noch ein Paar schön erhaltene Stücke 
einer Spirulirostra aus dem Miocän von Dingden vor, welche 
sich von der einzigen bis jetzt bekannten Art dieser Gattung, 
Spirulirostra Bellardii D’OrpB. durch die weit kürzere, stumpfere 
Spitze, und die weit mehr hervortretende spirale Alveole unter- 
scheidet. Die Stücke zerfallen sehr scharf in zwei Theile, 
_ erstens in einen äusseren, der, ähnlich wie die Sepienschulpen 
eine warzige Skulptur hat, ebenso wie die Belemniten 
und jene immer noch nicht näher bekannten Röhrenfragmente 
aus dem Ober-Oligocän von Crefeld eine radiale Struktur be- 
sitzt, und zweitens in einen inneren faserigen, sehr zerbrech- 
lichen Theil , welcher die Alveole, sowohl den spiralen als 
auch den gestreckten Theil derselben, bildet und enthält. 
Durch ihre Vollständigkeit werden die Stücke bedeutend zur 
näheren Kenntniss der Gattung beitragen. Redner wird die- 
selben gelegentlich abbilden lassen und als sSpirulirostra 
Hörnesi näher beschreiben. Bruchstücke, anscheinend der- 
selben Art hat er übrigens auch bei Bersenbrück ‚gefunden. 
Herr Wenpine legte einige eigenthumliche Produkte des 
auf Königshütte in Oberschlesien jetzt in Ausübung stehenden 
Processes der Stahldarstellung nach BEssemEr vor; nämlich 
erstens Schlackenauswürfe, welche in der sogenannten Erup- 
tionsperiode aus dem Gefässe geschleudert werden. Sie haben 
Kugelgestalt und bestehen aus einem Kern von der feuerfesten 
Substanz der Wandungen, welcher von mehreren concentrischen 
Schlackenschichten umgeben ist, und erinnern im Kleinen an 
die sogenannten vulkanischen Bomben. Ferner Stahlstücke, 
welche wahrscheinlich von Kohlenoxyd gebildete Blasenräume 
enthalten. Diese letzteren sind regelmässig vertical gestreift, 


nn 


so dass die Streifen sich in dem tiefsten und höchsten Punkte 
treffen. | | 
Herr Lortser legte Mineralien aus den Steinsalzwerken 
bei Stassfurt vor, welche von Herrn BiscHor daselbst ge- 
sammelt und untersucht worden sind: nämlich Polyhalit, 
welcher‘ in den oberen Partieen des Steinsalzes ähnliche Schnüre 
bildet wie Anhydrit in den mittleren und unteren; gediegenen 
Schwefel, auf einer Schnur von Anhydrit aufsitzend, dessen 
Vorkommen schon früher von REICHHARDT angegeben, bisher 
aber von Herrn Bıscnor selbst noch nicht beobachtet und 
daher auch in der über Stassfurt veröffentlichten Schrift des 
Letzteren bezweifelt worden war; ferner ein neuesMineral, 
welches sich auf den Anhydritschnüuren nach Auflösung des 
Steinsalzes mitunter in Gestalt dünner krystallinischer Krusten 
und kugeliger Bildungen findet. Im Spectral-Apparat zeigt das 
Mineral, dessen Menge für die gewöhnliche analytische Unter- 
suchung nicht hinreicht, die Linien des Kali, der Strontianerde 
und des Kalkes; alle diese Basen sind an Schwefelsäure ge- 
bunden. Indessen scheint nach Herrn BiscHor die schwefel- 
saure Strontianerde hier nicht als solche — der Substanz des 
Cölestins entsprechend — vorzukommen, sondern mit Kali und 
Kalk zu einem Tripelsalz verbunden zu sein; man hätte dann 
ein Analogon des Polyhalits, indem die Magnesia durch Stron- 
tianerde ersetzt wäre. Ein anderes, erst neuerdings in dem 
oberen Theil des Steinsalzlagers aufgefundenes Mineral be- 
steht aus borsaurer Kalkerde und Magnesia nebst Wasser und 
entspricht in der Zusammensetzung sowie hinsichtlich der phy- 
sikalischen Eigenschaften dem Hydroboracit. — Der Redner 
zeigte sodann aus einer Kluft der hangenden Mergel des Stass- 
furter Lagers wuürfelformige wasserhelle Steinsalzkrystalle bis 
zu + Zoll Seite, welche einen milchweissen Kern enthalten, 
der unter der Lupe die Gestalt einer hohlen an den Seiten- 
wänden treppenformig abgestuften vierseitigen Pyramide er- 
kennen lässt, ähnlich den Formen, welche das Siedesalz bei 
der Verarbeitung der Soolen in mässiger Hitze anzunehmen 
pflegt; die Kanten der Basis der Pyramide liegen parallel zu 
den Kanten des umschliessenden Wüurfels. — Erwähnt wurde 
ferner, dass Herr BıscHor in den hangenden Mergeln und den 
aus ihnen herabtröpfelnden Wassern Lithion nachgewiesen 
hat, welches sich bekanntlich auch im Meerwasser findet. 


431 


Herr G. Rose gab die nachstehenden Erläuterungen zu 
mikroskopischen Präparaten, welche ebenfalls von Herrn BıscHor 
in Stassfurt herstammen: | 

1) „Brauner Carnallit von Stassfurt,* ein dünner Schliff. 
In dem Carnallit sind in grosser Menge tafelartige Krystalle 
eingemengt, die unter einander eine parallele — wie dies ge- 
wöhnlich der Fall ist — also auch wahrscheinlich hier zu dem 
Carnallit-Krystall, in dem sie liegen, eine regelmässige Lage 
haben. DieKrystalle sind dreierlei Art: a. Sechsseitige Tafeln 
in dreierlei Lagen; b. rothe, platte prismatische Krystalle, oft 
so lang, dass sie über das ganze Gesichtsfeld hinstreichen. 
Sie haben ebenfalls dreierlei Lage, parallel den Seiten eines 
wenig geschobenen Rhomboids und seiner längeren Diagonale. 
ce. weisse wasserhelle sechsseitige Tafeln. Die ersteren sind 
offenbar Eisenglimmer, die zweiten wahrscheinlich auch nur 
solcher, dessen Krystalle nach einer Richtung ausserordentlich 
verlängert sind. Indessen sieht man keinen eigentlichen Ueber- 
gang hinsichtlich der Grösse zwischen den sechsseitigen Tafeln 
des Eisenglimmers und den prismatischen Krystallen, und die 
Seiten der ersteren scheinen nicht denen der letzteren parallel 
zu sein — was aber auf Täuschung beruhen kann. Oft haben 
die breiten Flächen der prismatischen Krystalle eine parallele 
Lage zu den Hauptflächen des Eisenglimmers, und im reflec- 
tirten Lichte glänzen jene oft ebenso metallisch wie diese, 
wobei mitunter zwei verschieden gelegene schmale Seiten der 
prismatischen Krystalle zu gleicher Zeit glänzen. Die dritte 
Art von Kystallen besteht vielleicht nur aus wieder neu ge- 
bildetem Carnallit. 

2) „Aus braunem Carnallit*, erhalten durch Auflösen in 
Wasser, sechsseitige Tafeln von Eisenglimmer und die er- 
wähnten langgezogenen prismatischen Krystalle. 

3) „Bergkrystalle und gelblich- grüner Krystall aus Car- 


. nallit*, erhalten durch Behandeln des beim Auflösen in Wasser 
_ verbliebenen Rückstandes mit Chlorwasserstoffsäure. Die Berg-. 
 krystalle sind sehr nett und deutlich; neben ihnen einige 


ae Hr RT, 
DL 16.425 
r ? 


Tafeln von Eisenglimmer. Der grüne tafelartige Körper ist 
nicht regelmässig begrenzt und vielleicht organischen Ursprungs. 

4) „Vegetabilische Flocken aus Carnallit.* Schwarze 
floekige Masse und weisse bandartige Körper; darin einzelne 


Krystalle von rothem Eisenglimmer in sechsseitigen und rhom- 
bischen Tafeln. | E 

5, Schliff von weissem Steinsalz.. In dem Salze zeigen 
sich regelmässige Höhlungen (wie sie in vielen Krystallen vor- 
kommen), deren Wände den Spaltungsflächen des Steinsalzes 
parallel gehen und die daher unter einander parallel sind. 
Einige derselben enthalten kleine fremde Krystalle einge- 
schlossen, wie man bei Anwendung von polarisirtem Licht er- 
kannt; andere eine kleine Luftblase, mithin auch eine Flüssig- 
keit. — 

Hieran anknüpfend bemerkte Herr LoTTxer, dass die von 
dem Herrn Vorredner erwähnte vegetabilische Substanz aus 
dem Carnallit nach der Untersuchung von Herrn Karsten theils 
aus deutlichen Zellen von Sphagnum, theils aus nicht sicher 
bestimmbaren Zellen einer holzartigen Pflanze, vielleicht einer 
Cycadee, besteht. 

Herr Eck legte die Bohrproben aus dem Bohrloche vor, 
' welches von dem Konigl. Kriegsministerium bei Heppens am 
Jahdebusen nach Trinkwasser gestossen worden ist. Die vor- 
geschlagenen Ansatzpunkte für dasselbe waren von dem Königl. 
Ministerialdirector der Abtheilung für das Berg-, Hütten- und 
Salinenwesen Herrn v. Krug begutachtet worden, und bei der 
Ausführung haben die Königl. Beamten und Arbeiter der Saline 
Schönebeck wesentlich mitgewirkt. Dasselbe hat eine Tiefe 
von 636+ Fuss erreicht und 37 Fuss Alluvium, 121 Fuss Dilu- 
vium und 478 Fuss wahrscheinlich tertiäre Sande und Thone 
durchteuft. Das Alluvium besteht aus 27 Fuss grauem, san- 
digem Thon (mit einer 24 Fuss starken Torflage), zuunterst 
aus 10 Fuss grauem Sande mit Tellina balticao L. Dem Dilu- 
vium gehört der darunter liegende Sand an, welcher haupt- 
sächlich gelbliche oder weisse’ Quarzkörner und wenig Körner 
von rothem Feldspath, aber fast gar keinen Glimmer enthält 
und in verschiedenen Tiefen Feuersteine, Granit-, Porphyr- 
stüuckchen, Bruchstücke von Conchylienschalen und in 152 Fuss 
ein Stück grauen Sandsteins mit einem dCidarisstachel ein- 
schliesst. Unter demselben folgen in einer Mächtigkeit von 
92 Fuss theils fein-, theils sehr grobkörnige Sande, aus Quarz- 
körnern mit wenig weissem Glimmer bestehend, ohne nordische 
Geschiebe, höchstens mit grösseren weissen Quarzkieseln; 
endlich in einer Mächtigkeit von 3861 Fuss ein Schichten- 


433 


wechsel von grauem, feinkörnigem, thonigem Sande mit viel 
weissem Glimmer und von schwarzem glimmerführendem Thon, 


dessen Lagen mit der Tiefe an Häufigkeit und Mächtigkeit zu- 


nehmen; einige Bohrproben enthalten ausserdem Knollen von 
grauem glimmerreichem Sandstein. Die letzteren beiden 
Schichtengruppen durften bereits dem Tertiärgebirge angehören; 
Conchylien wurden mit den Bohrproben nicht heraufgebracht. 
Das bei 636 Fuss Tiefe erbohrte Wasser fliesst seitdem un- 
unterbrochen aus dem Bohrloch aus, und es enthielten anfangs 
nach einer in dem Laboratorium der Königl. Berg - Academie 
von Herrn Dr. Finkener ausgeführten Analyse 100 Cub. Cm. 
desselben (bei 20 Grad C. gemessen): 

0,248 gr. Na Cl 

0,007 gr. K Cl 

0,070 gr. Mg Cl 

0,041 gr. Ca Cl 

0,036 gr. Ca S 

0,438. 

Seitdem ist der Salzgehalt des Wassers nach Angabe der 
Localbeamten bis auf 0,1 pCt. gesunken und das Wasser be- 
reits trinkbar geworden. 

Ebbe und Fluth der benachbarten Nordsee üben auf den 
Ausfluss keinerlei Wirkung. 

Hierauf ward die Sitzung geschlossen. 

V. w. 0. 
G. Rose. Beyrich. Rorn. 


2. Protokoll der Junı -- Sıtzung. 


Verhandelt Berlin, den 31. Mai 1869. 


Vorsitzender: Herr G. Rose. 
Das Protocoll der Mai-Sitzung wird verlesen und ange- 
nommen. 
Der Gesellschaft ist als Mitglied beigetreten: 
Herr VALERIAN v. MÖLLER, Stabs- Capitain im Kaiser!l. 
Russ. Berg-Ingenieur-Corps 


434 | es 


vorgeschlagen durch die Herren Berkıcn, RorH 
und G. Rose. Les = 

Für die Bibliothek sind eingegangen: 

A. Als Geschenke: 

G. C. LausE : Die Fauna der Schichten von St. Cassian. — 
Sep. 

E. Suzss: Ueber die Nachweisung zahlreicher Nieder- 
lassungen einer vorchristlichen Völkerschaft in Niederöster- 
reich. — Sep. 

Aıpn. Favre: Sur Vorigine des lacs alpins et des Vallees. 
Lettre adressce a Sir Roderick J. Murchison. — Sep. 

Vierzehnter Bericht der Gesellschaft Philomatie in Neisse, 
vom März 1863 bis zum März 1865. Neisse 1865. 

Zeitschrift für das Berg-, Huütten- und Salinen-Wesen in 
dem Preuss. Staate. Bd. XII. Liefr. 3 u. 4. 

B. Im Austausch: 


The Journal of the Royal Dublin Society. XXI u. XXIU. 


Octob. 1864 bis Jan. 1865. — 2 Exempl. 

Memoires de la Societe des Sciences naturelles de Cherbourg. 
Tome X. 1864. 

Bulletin de la SocietE Vaudoise des Sciences naturelles. 
T. VIII. No. 52. Lausanne, Mars 1865. 

Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften. Jahrg. 
1864. Bd. 24. 

Mittheilungen aus Justus PERTHES’s geopraphischer Anstalt 
von A. Prrerwans. 1864. Heft X. 1865. Heft I. Ergänzungs- 
heft Nr. 15. -—- Inhaltsverzeichniss von 1855—1864. 

Herr G Rose sprach über die Albitkrystalle, die an 
mehreren Stellen der westlichen Alpen in dem Dolomit ein- 
gewachsen vorkommen, und durch ihre Lagerung wie durch 
ihre Form gleich merkwürdig sind. Der Dolomit, worin sie 
enthalten sind, findet sich in mächtigen Schichten auf Quarzit 
in einem kalkigen Talkschiefer gelagert, er gehört seinen 
wenn auch nur sparsam und undeutlich vorkommenden Ver- 
steinerungen nach zur Triasformation. Der Albit ist darin in 
grosser Menge, in 1—3 Linien grossen Krystallen enthalten, 
am ausgezeichnetsten in einem freistehenden Fels, der roche 
tournee bei Bourguet in der Nähe des Mont Ceni. Die Kry- 
- stalle, fast farblos und durchsichtig, sind durch Vorherrschen 
der Längsfläche tafelartig, und wohl im Allgemeinen die ge- 


435 


wöhnlichen, mit der Längsfläche (M) verbundenen Zwillings- 
krystalle, aber durch eine grosse Längsfurche ausgezeichnet, 
die sich auf der Längsfläche von oben bis unten herunterzieht. 
Wegen dieser hat man sie für Doppelzwillinge gehalten, aber. 
die sehiefen Endflächen bilden an dem oberen Ende von dieser 
Längsfurche einen einspringenden und hinter derselben einen 
ausspringenden Winkel, und dieselben Flächen verhalten sich 
an dem unteren Ende ganz ebenso; zerbricht man ferner die 
Krystalle parallel den deutlichsten Spaltungsflächen P, so bilden 
diese diesseits der Längsfurche einen einspringenden, jenseits 
einen ausspringenden Winkel, und die linke Fläche der ein- 
springenden Kante ist parallel der rechten der ausspringenden, 
und die rechte der ersteren parallel der linken der letztern. 
Die gleichen Flächen haben also auf der vordern und hintern 
Seite dieselbe parallele Lage, die Krystalle sind daher keine 
Doppelzwillinge, sondern einfache Zwillinge mit durcheinander- 
gewachsenen Individuen. 

Die Flächen P bilden an diesen Krystallen stets ein- 
springende, und die hinteren schiefen Endflächen (y) aus- 
springende Winkel, die beiden Krystalle des Zwillings sind 
also stets mit ihren linken Flächen verwachsen. Sie sind in- 
dessen doch nicht uberall gleicher Art, denn diese so be- 
schaffenen Zwillinge kommen öfter ganz nach Art der Carls- 
bader Feldspathzwillinge zu Doppelzwillingen verwachsen vor, 
und diese sind wie die Feldspathkrystalle bald mit den rechten 
bald mit den linken Seiten verwachsen, wobei nur der eigen- 
thümliche Umstand eintritt, dass bei den beiden Zwillings- 
krystallen des Doppelzwillings die nach innen gelegenen Sei- 
ten verkümmern oder ganz fortfallen, und der ganze Doppel- 
zwilling wohl noch aus 4 Individuen, aber nur noch aus ihren 
äussern Hälften besteht. 

Herr Weiss aus Saarbrücken theilte einige Resultate seiner 
Untersuchungen über die Bildung des Feldspaths mit, 
welche auf optischem Wege erhalten worden sind. 

Seit 2 Jahren hat DsscLoizsaux ein neues Mittel an die 
Hand gegeben, um die Bedingungen der Feldspathbildung zu 
beleuchten, ein Mittel, welches für den Geologen bedeutungs- 
voll zu werden verspricht und den noch ungeschlichteten Streit 
über die Entstehung der krystallinischen Gesteine, welcher die 


a. 


Gemüther der Geologen so häufig bewegt hat, in eine neue 
Phase bringt. 
Schleift man sich von einem hinreichend durchsichtigen 


 zwei- und eingliedrigen, Feldspathe eine Platte senkrecht gegen 


die beiden Blätterbrüche P und M, so sieht man im Polari- 
sationsapparat die Bilder seiner optischen Axen, deren Winkel 
und Lage auffallender Weise sehr verschieden sein kann, so 
jedoch, dass stets die erste Mittellinie nahe parallel der Kante 
P M geht. Wir wissen durch DescLoizeAux. dass eine solche 
Platte beim Erwärmen veränderte Bilder giebt. Geht man von 
gewissen Krystallen aus, welche alle Erscheinungen besonders 
sehon und vollständig zeigen, so hat man folgendes Gesetz. 
Bei gewöhnlicher Temperatur steht die Ebene der optischen 
Axen senkrecht auf M, nahezu parallel P, der (scheinbare) 
Axenwinkel ist ein sehr bedeutender. Erhitzt man die Platte, 
so verringert sich, je höher die Temperatur steigt, um so mehr 
der Winkel der Axen, er wird bei einem gewissen Punkte und 
für gewisse Farben Null; von da an gehen die Axen wieder 
auseinander, aber jetzt in einer Ebene senkrecht zur vorigen, . 
parallel M. Der Winkel wächst bei weiterem Erhitzen, bis 
endlich die Beobachtungsgrenze erreicht ist. Beim Erkalten 
findet das Umgekehrte statt, der Krystall zeigt, nachdem. die 
ursprüngliche Temperatur wieder zurückgekehrt ist, denselben 
Axenwinkel mit derselben Lage — senkrecht M —- wie vor 
dem Versuche. Solche „temporäre Modificationen,* wie Des- 
CLOIZAUX sie nennt, finden jedoch nicht statt, wenn der Krystall 
über eine gewisse, Grenze hinaus erhitzt wurde; erleidet er 
längere Zeit Rothgluth oder kürzer dauernde Weissgluth, so 
bleibt der Krystall nach dem Erkalten auf einer vorgerückten 
Stufe stehen; nach schwächerem Gluhen fallen seine Axen 
noch in die Ebene senkrecht M, aber der Winkel ist kleiner 
geworden, bei stärkerem wird der Winkel vielleicht Null, bei 
noch stärkerem findet man die Axen jetzt parallel M und mit 
mehr oder weniger ansehnlichem Winkel. Der Kürze und 
Bequemlichkeit wegen sollen im Folgenden zwei Ausdrücke zur 


Bezeichnung des Verhaltens und der Lage der optischen Axen 


dienen: es ist, ein antiloges Verhalten, wenn die Axen- 
winkel beim Steigern der Temperatur kleiner, beim Erkalten 
grösser . wird; es ist wiederum ein analoges zu nennen, 
wenn jener Winkel mit der Temperatur wächst und abnimmt. 


457 


Allgemein gilt, dass die Axen irgend einer Farbe, so lange sie 
antilog sind, in eine Ebene senkrecht M, sobald sie analog 


werden, in eine Ebene parallel M fallen. 


Es leuchter von selbst ein, welchen Einfluss diese Er- 
scheinungen auf die Vorstellung über die Entstehungsweise 
des Feldspaths haben muss. Denn wenn wirklich jene Ver- 
änderungen, welche das Mineral in seinen optischen Verhält- 
nissen durch Glühen erleidet, „permanente“ sind, so müssen 
überhaupt alle Feldspäthe, welche in ihrem Entstehungs- 
momente oder seit ihrem Festwerden geglüuht haben, solche 
Glühungswirkungen zeigen, ja sie müssen dem obigen Gesetze 
nach sämmtlich analog sein und beträchtlichen Axenwinkel er- 
warten lassen. Es ist daher von besonderem Interesse, aus- 
führlicher als es DEscLoizEAux gethan hat, die Eigenschaften 
der Feldspathvarietäten in den verschiedensten natürlichen 
Vorkommen zu verfolgen. Die Resultate dieser Untersuchungen 
in einigen Hauptstrichen anzudeuten, bildet den Gegenstand 
und Zweck nachfolgender Mittheilungen. 

1) Zunächst war es der künstliche Feldspath von 
Sangerhausen, welcher in Bezug auf seine optischen Eigen- 
schaften untersucht wurde und er findet sich in der That — 
der obigen Theorie gemäss — stark analog und zeigt einen 
grossen Axenwinkel, den grössten, welchen ich überhaupt 
unter den analogen Krystallen gefunden habe. — Dieses Bei- 
spiel könnte erwarten lassen, dass man auch wenigstens in 
allen vulkanischen Gesteinen enthaltene Feldspathe analog 
finden werde; indessen ist dies nur selten der Fall, wie wir 
sogleich sehen werden. 

2) Eingewachsener Feldspath in Granit, Gneis, 
Syenit, war stets antilog mit grossem, meist sehr grossem 
Axenwinkel. Der kleinste Winkel unter ihnen fand sich beim 
Elbaer Ganggranit. 

3) Auf Klüften aufgewachsene Feldspathkrystalle des- 
selben Gebirges (Adular) sind meist wie vorige; zum Theil 
jedoch (im Protogyn vom Maderanerthal) haben sie analoge 


‚Stellen neben antilogen, die ersteren zeigen dann nur 


kleinen Axenwinkel, die letzteren grossen. Die Krystalle 
sind — man möchte sagen, um das Räthsel zn vermehren — 
zum Theil auf Kalkspath frei gebildet. Der Feldspath von 
Cuba zeigt ähnliche Eigenschaften. 


438 


4) Feldspath aus Porphyr konnte nur einmal (Eilen- 
‘ burg) untersucht werden und zeigt antiloges Verhalten bei 
noch kleinerem Axenwinkel, als der von Elba ergab. Die 
zugleich eingewachsenen Quarze schliessen Wasserporen ein. 

9) Glasigen Feldspath mit grossem Axenwinkel und 
antilogem Charakter findet man in den meisten (nicht allen) 
Trachyten, in Phonolithen, in Dolerit, Trachyt-Conglomerat, 
Lehmsteine des Laacher Sees. Die Winkel gehen von den 
grössten Werthen bis unter jene beim Porphyr. 

6) Ebenso verhalten sich auffallender Weise Sanidine 
in geflossenen Gesteinen, wie von Bertrich, Island, Azoren, 
Arso auf Ischia; alle antilog und Winkel sehr gross bis mässig. 

7) Gluthspuren, jedoch noch mässiger, finden sich 
zunächst in den Sanidinen folgender Gesteine: Pechstein von 
Meissen, Quarztrachyt aus Ungarn und Toskana, Trachyt von 
Toscana, Lehnsteine vom Vesuv, Leueitophyr von Olbrück und 
Rieden am Rhein, dazu manche lose Stücke der Eifel. Diese 
Krystalle verhalten sich antilog mit sehr kleinem Winkel, 
bis schon analog mit ebenfalls sehr kleinem Winkel, 

8) Die Sanidine, welche lose in vulkanischen Tuffen 
und Sanden gefunden werden, haben sehr verschiedene 
optische Eigenschaften, entsprechen also auch sehr verschie- 
denen Stufen geglühter Krystalle. 

9) Sanidine mancher vulkanischen Gesteine sind an ge- 
wissen Stellen antilog, an andern analog mit kleinem 
Winkel, so von Rieden, Solfatara, Amiata-Gebirge. Sie bilden 
ein Gegenstück zu den unter Nr. 3 erwähnten Adularen. 

10) Nur wenige Sanidine endlich aus vulkanischen Ge- 
steinen sind wirklich analog mit bedeutenderem Axen- 
winkel, d. h. mit stärkeren Glutbspuren behaftet, so verschie- 
dene Beispiele vom Rhein und der Eifel, dies sind lauter 
fremde Einschlüsse in Laven oder Schlacken. — In 
einem Falle ist sogar ein solcher Einschluss antilog ge- 
blieben. | 

Für die Erklärung dieser sehr auffallenden Erscheinungen 
ist zunächst festzuhalten, dass die optischen Modificationen, 
welche dem Feldspathe durch Glühen mitgetheilt werden, per- 
manente sind, sich nicht — wie man zu glauben geneigt sein 
könnte — im Laufe der Zeiten, sei es ohne Einwirkung eines 
andern Faktors oder durch gewisse Agentien, wieder verloren 


439 


haben und dem rückgekehrten fruhern Zustande gewichen sind. 
Denn dafür spricht unter andern Gründen die Thatsache, dass 
jene Sanidineinschlüsse aus den tertiären Laven des Rheins 
noch starke Gluthspuren tragen, während jene aus dem erst im 
Jahre 1302 geflossenen Strome des Arso auf Ischia nichts da- 
von wahrnehmen lassen. Ueberhaupt muss es auffallen, so 
sehr selten wirklich analoge Feldspäthe zu finden, vorzüglich 
als Gemengtheile von Gesteinen, während die grosse Mehrzahl 
antilog ist. Dies ist so unläugbar, dass man von dem Stand- 
punkte der reinen Thatsache aus fragen muss: wie kommt es, 
dass wir überhanpt noch in manchen Gesteinen solche Gluth- 
spuren beobachten? Während sich uns vorher wohl die Frage 
aufdrängte: warum sind nicht die eingewachsenen Feldspäthe, 
besonders der vulkanischen Gebirgsarten durchweg analog, wie 
es nach dem obigen Gesetze vermuthet werden müsste? — 
Schon andere Forscher sind darauf geführt worden anzunehmen, 
dass der Erstarrungspunkt für die Gemengtheile der sogenannten 
plutonischen Gebirgsarten weit tiefer läge als der Schmelz- 
punkt. Man wird auch durch die optischen Versuche dahin 
geführt, dies zu bestätigen, obwohl bei manchen Krystallen 
Gluthspuren noch nachweisbar sind; bei den übrigen möchte 
man den Punkt des Fest- und Krystallinischwerdens noch 
tiefer herabdrucken als bisher. 

Noch ist aber ein Punkt im Auge zu behalten, der bei 
manchen scheinbar widersprechenden Erscheinungen Auf- 
klärung zu geben geeignet sein dürfte: die verschiedene Fähig- 
keit namlich verschiedener Krystalle und Varietäten des 2 und 1 
gliedrigen Feldspaths, Modificationen durch Gluhen anzunehmen. 
Es geht schon aus Descnoizeaux’s Versuchen hervor, dass es 
Krystalle giebt, welche sehr empfindlich, andere welche sehr 
unempfindlich gegen Wärmeeindrücke sind. Offenbar können 
diese, wenn sie auch dieselbe Gluhung erlitten haben, nicht 
gleiche Eigenschaften zeigen, sondern der empfindlichere Kry- 
stall muss stärkere Gluthspuren tragen als der unempfindlichere, 
Die Stärke der Glühung ist also nicht proportional der Grösse 
und Lage des optischen Axenwinkels bei verschiedenen Vor- 
kommen. | 

Endlich erklärt sich durch Beachtung der Empfindlichkeit 
eines Krystalls gegen Modificationen durch Wärme die sehr 
merkwürdige Erscheinung, dass ein und derselbe Krystall mit- 

Zeits. d. d. geol.Ges. XVII. 3. 29 


440 


- unter antiloge und analoge Stellen zugleich besitzt. Denn so 
gut es unempfindliche und empfindliche, antiloge und analoge 
einzelne Krystalle giebt, kann auch leicht ein Individuum an 
einer Stelle von jener, an einer andern von dieser Beschaffen- 
heit sein, ohne ungleichmässig geglüht zu haben. 

Das Detail und vollständigere Mittheilung aller noch übrigen 
Beobachtungen behält sich der Vortragende für eine andere 
Gelegenheit vor. | 

Herr Kuntu sprach über einen merkwürdigen Echiniden 
aus dem Kohlenkalke der Vogelkippe bei Altwasser in Nieder- 
Schlesien. Derselbe besitzt Täfelchen, welche völlig mit Pa- 
laechinus ellipticus und sphaericus M’Coy p. 172 T. XXIV 
Fig. 3ce und 5 b stimmen, ausserdem solche von der Form der 
Archaeocidaris, wie sie Desor Syn. T. I. Fig. 6 abbildet. Die 
Ambulacraltäfelchen, die sich gleichfalls fanden, besitzen aber 
nicht die Form derer von Palaechinus oder Archaeocidaris 
sondern stimmen mit denen von Melonites. Sie sind ungefähr 
regulär sechseckig und die Fussporen gehen divergirend von 
aussen nach innen durch sie hindurch. Zugleich finden sich 
zweierlei Sorten von Stacheln: erstens kürzere mit kleinen 
Gelenkgruben, darüber wenig angeschwollen, mit feinen Quer- 
linien, ohne alle Zacken, daher Cidaris grandaevus (bei DESoR 
l. e. T. XXI. Fig. 9) sehr ähnlich; zweitens längere mit 
grosser Gelenkgrube, darüber etwas angeschwollen (wie bei 
pe Konisck Tf. E. Fig. le), fein längsgestreift und oben mit 
Zacken und Spitzen versehen (wie bei Desor l. ec. Tf. XXI. 
Fig. 11.).. Vermöge ihrer Gelenkgruben können die ersteren 
nur zu den mit kleinen Warzen bedeckten Palaechinus - Tafeln 
gehören, die zweiten zu den grossen Stachelwarzen der 
Archaeocidaris-Platten. 

Breite und Höhe der Palaechinusartigen Tafeln 4—5 Mm. 
Dicke derselben 2—3 Mm. Fig. 3. 

Breite und Höhe der Archaeocidarisartigen Tafeln 6— 8Mm. 
Dicke derselben „—1l Mm. Fig. 4. 

Breite und Höhe der Ambulacral-Tafeln 2—3 Mm. Dicke der- 
selben 1 Mm. Fig.5. a von innen, b von aussen, cim Durchschnitt. 

Länge der zu den Palaechinus-Tafeln gehörigen Stacheln 
10 Mm. Fig. 1. ! 
| Länge der zu den Archaeocidaris-Tafeln gehörigen Stacheln 
16 Mm. Fig. 2. | 


441 


Die Erhaltungsweise erlaubt nicht, genauere Kenntniss der 
Form und Zusammensetzung des Thieres zu erlangen. 


r 
| i SD oO: 
1 2 3 En: 
5 


Ausserdem legte Redner aus dem Diluvium von Tempel- 
hof vor: Mactra solida, Valvata piscinalis, Pisidium amnicum 
und die bekannte diluviale Paludina; er machte darauf auf- 
merksam, dass also hier See- und Suss-Wasser-Mollusken ge- 
mischt im Diluvialkies vorkommen. 

Herr LoTTser legte aus der Sammlung”der Bergakademie 
zwei sehr schone, dem bekannten Vorkommen von Fontaine- 
bleau ähnliche Stufen sogenannten krystallisirten Sandsteins 
vor, welche vor Kurzem mit einem Betriebe der Friedrichs- 
Bleierz-Grube bei Tarnowitz in einer mit tertiärem Sande er- 
füllten Kluft des dortigen Muschelkalkes angetroffen worden sind; 

das eine Stuck zeichnet sich durch eigenthüumliche, anscheinend 
 gesetzmässige Gruppirungen mehrerer Rhomboeder aus, über 
deren Gesetz weitere Mittheilung vorbehalten wurde. Ferner 
Hatchettin aus den Steinkohlengruben von Wettin, über 
dessen Vorkommen WAGNER im vorigen Jahrgange des Neuen 
Jahrbuchs für Mineralogie ausführlich Nachricht gegeben hat — 
nebst einer Probe des in den dortigen Abbauen vorkommen- 
den Erdöls. Redner bemerkte mit Bezug auf den WAGnER’- 
schen Aufsatz, dass nach einem in der Sammlung der Berg- 
Akadmie befindlichen Stucke das im 23. Bande von KARSTEN 
und v. DECHEN’s Archiv für Mineralogie u. s. w. durch BRESLAU 
von den genannten Gruben beschriebene Mineral nicht Ozokerit, 
sondern ebenfalls Hatchettin gewesen, und daher dieser Fund- 
ort des Ozokerits zu streichen sei. — Derselbe zeigte ferner 
aus Steinkohlengruben des Reviers Nicolai in Oberschlesien 
Middletonit, welcher dünne Ueberzüuge auf den Kluftflächen 
der Kohle bildet, und ein Exemplar der sogenannten Augen- 
kohle eben daher. 

Herr RAmMELSBERG sprach über die Zusammensetzung der 


=» 


442 


Feldspathe mit besonderer Beziehung auf die kürzlich er- 
schienene Arbeit von TscHERMAK. Die Annahme, dass die als 
Oligoklas, Andesin und Labrador bezeichneten kalk- und 
natronhaltigen Glieder isomorphe Mischungen von Albit und 
Anorthit seien, hat sich bei einer Berechnung der vorhandenen 
Analysen, welche der Vortragende für diesen Zweck unter- 
nommen hat, unzweifelhaft als zulässig ergeben, insofern in 
diesen Feldspathen mit der Zunahme des Natrons eine ent- 
sprechende der Kieselsäure stattfindet, die bisherige Annahme 
also, dass im Oligoklas und Labrador nur ganz bestimmte 
Säuremengen enthalten sind, nicht mehr statthaft ist, was 
jedoch nicht hindert, die bisher gebräuchlichen Namen für 
solche Zwischenglieder beizubehalten. Redner wies nach, wie 
TscHermaR’s Ansicht, welche in Resultaten zahlreicher Ver- 
suche ihre Stutze findet, wesentlich verschieden sei von früheren 
hypothetischen Ansichten ähnlicher Art, zugleich aber suchte 
er die Annahme TscHernar’s zu widerlegen, dass jeder Na- 
trongehalt im Orthoklas Folge einer Verwachsung mit Albit, 
jeder Kaligehalt im Albit, Anorthit u. s. w. Folge einer Ver- 
wachsung mit Orthoklas sei. 
Hierauf ward die Sitzung geschlossen. 
v. w. 0. 
G. Rose. Berkich. Rorn. 


3. Protokoll der Juli-Sitzung. 


Verhandelt Berlin, den 5. Juli 1865. 
Vorsitzender: Herr G. Rose. 
Das Protocoll der Juni-Sitzung wird verlesen und ange- 
genommen. x 
Der Gesellschaft ist als Mitglied beigetreten: 
Herr Max von nem Borne, Rittergutsbesitzer zu Ber- 
neuchen bei Neudamm 
vorgeschlagen durch die Herren G. Rose, BEYRICH 
und LoTTneEr. 
Für die Bibliothek sind eingegangen: 
A. Als Geschenk. 


443 


Address at the Anniversary Meeting of the Royal Geogra- 
phical Society, 22. May 1865. 
 Reuss: Zur Fauna des deutschen Oberoligocäns. Erste 
Abtheilung (Abdr. aus Bd. L. Sitzgb. Akad. in Wien). 

Reuss.. Desgl. zweite Abtheilung. 

Trautscuorn: Der Inoceramen-Thon von Ssimbirsk. Moskau 
. 1865. (Nebst gedruckter Correspondenz aus dem Waldai, ge- 
‚ richtet an Dr. AUERBACH.) 

Sracun: Geologisches Landschaftsbild des istrischen Küsten- 
landes. 

StAarıng. Opmerkingen over het zanddiluvium van Noord- 
Duitschland, Nederland en Belgie. Amsterdam 1865. — Sep. 

An6enLo Oontı DI FERRARA: Il Monte Mario ed i suoi 
Jossili subapennini. Roma 1864. 

Bous : Bibliographie der künstlichen Mineralien-Erzeugung 
(Sep. aus LI. Bd. Sitzgb. Akad. zu Wien.) " 

Bou&: Ueber den wahrscheinlichen Ursprung des mensch- 
lichen Geschlechtes, nach den jetzigen naturhistorischen Kennt- 
nissen, sowie auch über den paläontologischen Menschen. 
(Desgl.) 

Bovs: Einige Bemerkungen über die Physiognomik der 
Gebirgsketten, der Gebirge, der Berge, der Hügel, der 
Thaler, der Ebenen, sowie der verschiedenen Felsarten — 
 ibid. Bd. L. | 

Bou£: Ueber die säulenförmigen Gesteine, einige Porphyr- 
distriete Schottlands, sowie über die vier Basaltgruppen des 
nördlichen Irlands und der Hebriden. — Ibid. Bd. XLIX. 

Bovs: Ueber die neuen Karten der zwei serbischen Kreise 
von Uschitze (Ujitze) von STEPHAN ÖOBRADOVITSCH und von 


Knjesevatz (ehemals Gorguschowatz) von R. Kıro. — Ibid. 
Bov&: Der albanesische Dein und die Geologie Albaniens, 
besonders seines tertiaren Beckens. — Ibid. 


GumgeL: Die Nummuliten-führenden Schichten des Kressen- 
berges in Bezug auf ihre Darstellung-in der Lethaea geognostica 
von Südbaiern. | 2 

GumßeEL: Die geognostischen Verhältnisse des frankischen 
Triasgebietes. — Sep. Abdr. aus Bavaria, IV. Bd. 

T. C. WikLer: Musee Teyler. Catalogue systematique 
de la collection paleontologique. 3eme Livr, 


444 


Erläuterung zur Flötzkarte des Saarbrücker Steinkohlen- 
Distrietes. 

Ein Blatt Profile zu der Flötzkarte des Saarbrücker Stein- 
kohlen-Districtes. ; 

GıuseppE Ponzı: Sopra i diversi periodi eruttivi determinati 
nell’ Italia Centrale. Roma 1864. 

Gıuseppr Ponzı: Il periodo glaciale e Vantichita. del l’uomo 
ultimo brano di storia naturale. Roma 1865. 

GıuseppE PonzI: Dell’ Aniene e dei suoi relitti. Roma 1862. 

B. Im Austausch. 

Vierzehnter Jahresbericht der naturhistorischen Gesellschaft 
zu Hannover, von Michaelis 1863 bis dahin 1864. Hannover 1865. 

. The Canadian Naturalist and Geologist. New Series Vol. II. No.2. 

Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der preussi- 
schen Rheinlande und Westfalens. Jahrg. 21. Dritte Folge. 
Bd. 1. Erste und zweite Hälfte. Bonn 1864. 

Jahrbuch der K. K. Geolog. Reichsanstalt. 1865. XV. Bd. 
Nrl# | 

The Quarterly Journal of the Geological Society. Vol. XX1. 
Part 2. No. 82. 

Bulletin de la sSociete Geologique de France. Deuxieme 
Serie. T. 21. Fig. 24—28. T. 22. Fig. 1—17. 

Anmales des Mines 6. ser. VI. 6. V11.]. 

Mittheilungen aus Justus Perrazs’ Geographischer An- 
stalt. 1865. V. 

ErMAN: Archiv für die wissenschaftliche Kunde von Russ- 
land. Bd. 24. Heft 1. 

Verhandlungen und Mittheilungen des siebenbürgischen 
Vereins für Naturwissenschaften zu Hermannstadt. Jahrg. XIV. 
(1863) Nr. 7—12. — Jahrg. XV. (1864). 

Correspondenzblatt des Vereins fur Naturkunde zu Pres- 
burg. II. Jahrg. 1863. 

Würtembergische naturwissenschaftliche Jahreshefte. Zwan- 
zigster Jahrg. 2. und 3. Heft. — 21 Jahrg. 1. Heft. 
.K. K. Geograph. Gesellschaft. Sitzung vom 9. Mai 1865 
(in Duplo). 
. Verhandlungen der K. K. Geolog. Reichsanstalt. Sitzung 
vom 13. Juni 1865. 

Aus der Correspondenz der Gesellschaft wurde zum Vor- 

trage gebracht: ’ 


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Ein Schreiben von Herrn SEnoNER in Wien, worin der- 
selbe mittheilt, dass Herr Rıcaccı in Rom sich im Besitz eines 
grossen Theiles der am Monte Mario aufgefundenen Fossilien 
befindet, und auf einen Austausch einzugehen Willens ist; 

Ein Schreiben des Herrn Bergrath BıscHor Ill. zu Dessau 
mit der Anzeige, dass zu Dessau eine geologische Sammlung 
für die Anhaltinischen Herzogthumer, nebst einer reichen 
Sammlung künstlicher Mineralien aufgestellt worden ist, zu 
deren Besichtigung eingeladen wird. 

Herr Bryrich sprach über die Zusammensetzung des Roth- 
liegenden am südlich Harzrande und im Kyffhäusergebirge und 
über die Zusammensetzung der Zechsteinformation mit beson- 
derer Rücksicht auf die Lagerung des Gypses in derselben. 
Der Umstand, dass Gyps und Anhydrit mit den zugehörenden 
Ablagerungen am südlichen Harzrande in grosser Erstreckung 
und in ungestörter Lagerung durch die Erosion der Thäler 
blossgelegt wurden, macht es möglich die Zusammensetzung. 
der oberen, den Gyps einschliessenden Abtheilung der For- 
mation in dieser Gegend schärfer zu bestimmen, als es in der 
Mansfelder Flötzmulde möglich war, auf welche sich grossen- 
theils die älteren Beobachtungen FREIESLEBEN’s beschränkten. 
Die untere Abtheilung der Formation besteht aus den überall 
regelmässig einander folgenden Gliedern des Weissliegenden, 
des Kupferschiefers und des Zechsteins, welchem letztern zum 
Theil der sogenannte Rauhstein zuzurechnen ist, soweit der- 
seibe nämlich ein regelmässig geschichtetes, dem Zechstein 
unmittelbar folgendes Gestein ist und nicht zu den mannich- 
faltigen und überall unregelmässig gelagerten Zersetzungs- und 
Umwandlungsprodukten gehört, welche der Veränderung des 
Anhydrites in Gyps und der späteren Auswaschung des Gypses 
ihre Entstehung verdanken. Dies Weissliegende hat von Sanger- 
hausen bis Lauterberg und ebenso am Kyffhäusergebirge die 
gleiche conglomeratische Beschaffenheit, in welcher dieses For- 
mationsglied am Rande des Thüringer Waldes wieder auftritt. 
Die obere Abtheilung der Formation lässt sich in 2 Stufen 
‘ theilen, eine untere, zu welcher die Mehrzahl der mächtigen 
Anhydrit- und Gypsmassen des südlichen Harzrandes gehört, 
und eine obere Stufe, welche wesentlich aus braunen und 
blauen Letten zusammengesetzt ist. Für die untere Stufe sind 
zwei Distrikte zu unterscheiden, ein östlicher und ein westlicher, 


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für welche ein verschiedenes, innerhalb des Distriktes aber 
constantes Gesetz der Zusammensetzung gültig ist. Das Zorge- 
Thal bildet am Harzrande die Grenze zwischen dem östlichen 
und westlichen Distrikt; das Kyffhäusergebirge gehört in seiner 
Hauptmasse dem östlichen Distrikt an. Für den östlichen Distrikt 
ist die Erscheinung des im Westen ganz fehlenden Stinksteins be- 
zeichnend, d. i. das von FREIESLEBEN als „lagerartiger Stinkstein* 
beschriebene, regelmässig geschichtete, dunnschiefrige, versteine- 
rungsleere Gestein, welches zur Unterscheidung anderer eben so 
genannter Gesteine besser Stinkschiefer genannt werden könnte. 
Dieser Stinkschiefer bildet ein Lager mitten im Gypsund erscheint 
nur da entweder aufliegend auf Gyps, ohne von Gyps bedeckt 
zu sein, oder von Gyps bedeckt und unmittelbar auf Zechstein 
liegend, oder ganz ohne Gyps, wo entweder nur der obere 
Gyps oder nur der untere Gyps oder sowohl der untere wie 
der obere Gyps vollständig fortgewaschen wurden. Die ursprüng- 
liche gesetzmässige Einlagerung des Stinkschiefers im Gyps 
ist vielfach westlich des Thyra-Thales ebenso wie an der Sud- 
seite des Kyffhäusergebirges nachweisbar. Westlich des Zorge- 
Thales, wo der Stinkschiefer fehlt, liegt über der ungetheilten 
mächtigen Gypsmasse als Decke ein ausgezeichneter Dolomit, 
welcher an vielen Punkten von Versteinerungen erfullt ist und 
welchem auch die zuerst von v. MIELECKI aufgefundenen Fund- 
orte am Kohnstein bei Nordhausen und am Mühlberge bei 
Nieder-Sachswerfen angehören. Im westlichen Distrikt besteht 
demnach die Formationsstufe nur aus einem unteren mächtigen 
Anhydrit oder Gyps und darauf liegendem Dolomit, im öst- 
lichen aus unterem Gyps, Stinkschiefer und oberem Gyps. 
Nur in einer schmalen Zone, wo die beiden Distrikte aneinander- 
stossen, so bei Grimderode nahe Nordhausen und westlich 
des Kyffhäusergebirges am Stöckei kommen Stellen vor, wo 
man gleichzeitig Stinkschiefer und muschelführenden Dolomit 
antrifft; der westwärts den Gyps bedeckende Dolomit schiebt 
sich hier über den dem Gyps eingelagerten Stinkschiefer ein; 
so dass eine eigenthüumliche lokale Complicirung der Profile 
entsteht, wie Aehnliches anderwärts vorkommt, wo zweierlei 
Entwickelungsformen einer und derselben Formationsstufe in- 
einandergreifen. Die oberste, wesentlich aus Letten zusammen- 
gesetzte Formationsstufe ist längs des ganzen südlichen Harzrandes, 
wie am Kyffhäusergebirge gleichmässig entwickelt und ver- 


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breitet; den Letten eingelagert zeigen sich’ dunne Kalkstein- 
banke von eigenthüumlicher petrographischer Beschaffenheit, 
hier und da Dolomitlager und sehr unregelmässig Gyps theils 
lagerartig, theils stockförmig. 

Herr v. Könen sprach über eine Arbeit über Versteine- 
rungen des asiatischen Russlands, welche von H. Asıch 1858 
in den Memoires der Petersburger Akademie veröffentlicht 
worden ist; es befinden sich darin Pflanzenreste, Kreideverstei- 
nerungen und Tertiärconchylien, und vorzüglich diese erregen 
besonderes Interesse. Sie stammen sämmtlich, 35 an der Zahl, 
aus thonigen und mergelisen Schichten, welche am Aralsee 
über den Nummulitenkalken liegen, und sind theils typisch 
unteroligocäne Formen, wie /socardia multicostata NYsT., Voluta 
suturalis NYsT., (V. suspensa ABıcH non Cor.) Ostrea ventila- 
brum GoLDpF., theils solche, die auch im Unteroligocän vor- 
kommen, nur 2 oder 3 Arten erscheinen fremd. Jedenfalls 
gewinnt es hiernach den Anschein, als ob diese Schichten 
dem englischen, belgischen und norddeutschen Unter -Oligocän 
gleich zu stellen wären, und ist es dabei einigermaassen 
auffallend, dass wir zur Zeit des Unter- Oligocäns über eine 
so grosse Erdoberfläche, wie die angeführte, so wenige Unter- 
schiede in der Fauna finden. 


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ß. Briefliche Mittheilungen. 


1. Herr H. Traurscnoıw an Herrn Rorn. 
Moskau, den 16. Juli 1869. 


In der ersten Arbeit, welche ich in diesen Blättern über 
die jurassischen Ablagerungen in der Umgegend von Moskau 
veröffentlicht hatte (der Moskauer Jura, Jahrgang 1861), war 
von mir die Ansicht p’OrBıenY’s angegriffen, dass dieselben 
nur das französische Terrain oxfordien vepräsentiren. Ich hatte 
es ausgesprochen, dass der Moskauer Jura sowohl Fossilien 
tieferer westeuropäischer Schichten als auch Fossilien höherer 
zu enthalten scheine. Es sind seitdem Jahre verflossen, und 
ich habe nicht aufgehört, die mir zugezählten Mussestunden 
dem weiteren Studium dieser interessanten Gebilde zu widmen. 
Im Ganzen hat sich mit Sicherheit herausgestellt, wie ich auch 
früher schon angedeutet, dass der Russische Jura eine strengere, 
ins Einzelne gehende Parallelisirung nicht verträgt, und dass 
seine charakteristischen Thiere kaum eine ungefähre Einreihung 
in das Westeuropäische System gestatten. Aber im Laufe der 
Untersuchung hat sich auch erwiesen, dass der Russische Jura 
sich nach oben an Kreideschichten anschliesst, und dass er 
selbst einen ununterbrochenen Complex von Schichten dar- 
stellt, die durch gemeinsame Species miteinander verbunden 
sind. Aus der Mächtigkeit dieses Complexes lässt sich anderer- 
seits der Schluss ziehen, dass seine Ablagerung nicht während 
der ganzen jurassischen Zeit stattgefunden hat. Diese Um- 
stände zusammengenommen, weisen auf den oberen Theil der 
Juraformation. Nichtsdestoweniger _bleibt die Thatsache be- 
stehen, dass es -gewisse Formen von Seethieren in unseren 
Schichten giebt, welche sich in Westeuropa nur in den tieferen 
Lagern befinden: eine Anomalie, die ihre Lösung nur in der 
Annahme findet, dass gewisse Organismen eine längere Lebens- 
dauer haben, als die Gelehrten bisher gewöhnlich zugelassen. 
In jeder unserer Schichten erscheint die Gesammtheit der Arten 


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wie eine Mischung verschiedener Westeuropäischer Faunen 
nnd diese scheinbare Mischung dürfte wohl nicht anders er- 
klärt werden können, als dass durch günstige Umstände das 
Leben der Art verlängert ist. Meine Untersuchungen konnten 
überhaupt nur zweierlei Resultat haben: sie mussten entweder 
zu dem Beweise der Identität mit den Westeuropäischen 
Schichten führen, oder sie mussten den Beweis liefern, dass 
die Annahme der Beschränkung der Species auf bestimmte 
Ablagerungen, dass die Annahme von Leitfossilien (Leitarten) 
für bestimmte Schichten (in der Zeit) ein falsches Axiom ist. 
Das Axiom mag seine volle Geltung haben auf beschränkten 
Räumen, über die ganze Erde gewiss nicht. Für die ganze Erd- 
oberfläche ist nur dem generellen Charakter der Faunen oder 
Floren zeitbestimmende Kraft zu vindieiren. Nach ihrem Cha- 
rakter aber weisen die Russischen in Rede stehenden Schichten 
auf den eigentlichen Jura mit Ausschluss des Lias, auf wenig 
mehr. 

Lässt man die neuen Species und die liassischen und 
unteroolithischen und die mit ihnen verwandten Arten , wie 
Rhynchonella furcillata, Terebratula vicinalis, Bhynchonella variabilis 
und Ammonites Amaltheus aus dem Spiele, und erhebt man die 
Ammoniten zu maassgebenden Leitfossilien, so würde der ganze 
Moskauer Jura nebst der Inoceramenschicht von Ssimbirsk die 
Periode des deutschen weissen Jura darstellen. Denn A. 
alternans, der häufigste Ammonit der unteren Schicht in Moskau, 
A. virgatus (A. polyplocus) und A. bifurcatus, Leitfossilien der 
mittleren Schicht sind in Deutschland Repräsentanten des 
weissen Jura. Auch ist Prof. OrpeL, der gründliche Kenner 
und Bearbeiter der Juraformation, der Meinung, dass der 
Russische Jura im Ganzen dem oberen Oxford und Kimme- 
ridge bis zum Purbeck correspondire. Aber Herr OrrpeEu hat 
noch nicht die Fossilien der tiefsten Schichten und nicht die 
des Inoceramenthones gesehen. Schon die Schichten des glanz- 
körnigen Sandsteins von der Oka mit Ostrea Marshü und 
Gryphaea dilatata var. lucerna tragen im Allgemeinen das Ge- 
präge des Oxford, und der A. Lamberti, den ich vor zwei 
Jahren in tieferen Lagen bei Kineschma gesammelt, so wie 
der von Herrn SABAarTıER an der Oka gefundene A. lunula 
weisen sogar auf Kelloway. Die unterste Schicht der Jura- 
formation in Russland ist von bedeutender Mächtigkeit, und ihr 


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Gestein ist an den meisten Orten von oben bis unten homogen. 
Es scheint, dass in den oberen Lagen A. alternans vorherrscht, 
in den mittleren A. cordatus, in den tiefsten A. Tschefkini mit 
A. Lamberti und A. lunula. Willich auf diese Individuen fussen, 
so wurde ich sagen müssen, dass die tiefsten Lagen des Russi- 
schen Jura dem Kelloway parallel sind, die mittleren und 
oberen Lagen der Gryphäenschicht (der untereh Schicht) dem 
Oxford entsprechen würden, dass die Virgatus- und Aucellen- 
schicht ungefähr dem Kimmeridge, und die Inoceramenschicht 
annähernd dem Portland gleichzeitig sein würde. In Bezug 
auf den deutschen Jura dürfte annähernd richtig sein, wenn 
wir den Anfang unserer Jurazeit in die Mitte des braunen Jura 
stellen. Immerhin ist diese Coordination nicht bestimmt aus- 
geprägt; für sich allein genommen, hat unsere Aucellenschicht 
nicht den Charakter des Kimmeridge; die Ammoniten lassen 
uns hier im Stich, denn es hat sich erwiesen, dass unser A. 
Koenigüü D’ORB. nicht identisch ist mit dem A. Koenigü Sow. 
(nach Morrıs synonym mit A. mutabilis) des englischen Kello- 
way, nnd die Formen der Terebratula verweisen mindestens 
auf Kelloway und Oxford, denn zu ihnen gehören T. ornithoce- 
phala, umbonella und vicinalis. Es ist also hier mehr die 
Stellung der Schicht, als die Fauna derselben, welche ent- 
scheidet, und ähnlich verhält es sich mit der Inoceramenschicht, 
in welcher A. coronatus, A. striolaris und A. polyplocus vor- 
kommen. Es geht hieraus auf das Augenfälligste hervor, wie 
unthunlich es ist, die einzelnen Schichten unseres Jura den 
Unterabtheilungen des deutschen, französischen und englischen 
Jura anzupassen. Die Bedingungen, unter welchen sich in 
Russland die Meeressedimente abgesetzt haben, waren andere 
als in Westeuropa, und schon der Umstand allein, dass fast 
während der ganzen Jurazeit und fast im ganzen Bereiche des 
Russischen Jurameeres sich Thonschlamm niedergeschlagen 
hat, nnd dass Kalkniederschläge und Sandanschwemmungen 
sich nur während verhältnissmässig kurzer Zeiträume gebildet 
haben, ist von grossem Belang. Von wie grossem Einfluss 
die Bestandtheile, welche dem Russischen Jurameere zugeführt 
wurden, für die damaligen Meeresbewohner waren, geht daraus 
hervor, dass Muscheln und Cephalopoden zwei heterogene 
Absätze, ein Kalk- und ein Pflanzensediment, überdauert haben, 
um in dem Thonschlamm des spätesten Absatzes wieder zu 


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erscheinen. Unsere Gryphäenschicht, die weitverbreitetste aller 
Russischen Jurasedimente, und die Inoceramenschicht von 
Ssimbirsk bestehen der Hauptsache nach ganz aus Thon, und 
in ihnen ist wesentlich die ganze Jurazeit repräsentirt. In 
diesem regelmässigen, allmäligen Absetzen von Thonschlamm 
trat nur eine kleine Pause ein, gleichsam ein Zwischenspiel 
neuer Faunen, hervorgerufen durch neue Bestandtheile, die 
dem Meerwasser zugeführt wurden. Es ist in der That höchst 
merkwürdig, wie plötzlich, sobald das Wasser reicher an Kalk 
wurde, sich das uppigste Thierleben entfaltete, eine Fauna, 
so reich an Individuen, dass die Bewohnerschaft des Schlamm- 
meeres sich höchst dürftig daneben ausnimmt. Es ist, als 
wäre damals die producirende Kraft der Natur lange Zeit zu- 
‚rückgehalten und hätte bloss des neuen Nahrungsmittels ge- 
wartet, um das Vielfache des fruher Existirenden zu erzeugen. 
Und diese verstärkte Produktion fand nicht nur im flachen 
Meere und am Gestade statt, wie bei Moskau, sondern auch 
an tieferen Stellen, wie bei Ssimbirsk und Kaschpur; auch 
dort ist der ganze Kalk oder Mergel mit Aucellen- und Ammo- 
nitenschalen angefüll. Freilich bleibt noch die andere Er- 
klärung, dass Kalk und Pflanzen längere Zeiträume zum Ab- 
satz gebraucht haben als der Thon. Denn die Periode der 
Virgatusschicht ist auch erstaunlich reich an Orbicula und an- 
deren Muscheln, die, flach gedrückt, sich jetzt auf den Ab- 
sonderungsflächen des lignitartigen Gebildes am Ufer der Wolga 
bei Ssimbirsk finden. Aber auf diese kurzen Zwischenspiele 
mit reicherer Ausstattung, mannichfaltigerer Scenerie und über- 
aus zahlreichem Personale folgt dann wieder ein Thonmeer, 
dessen Bevölkerung wieder an Individuenzahl bedeutend ab- 
nimmt. Es genügt auf diese Vorgänge hinzudeuten, um zu 
beweisen, dass verschiedene Ursachen verschiedene Effeete 
haben müssen, oder dass wir nicht Gleichheit mit Westeuropa 
verlangen können, wenn Ungleichheit der Bedingungen des 
Werdens vorhanden war. Die Einflüsse, welche sich in West- 
europa auf das Thierleben geltend machten, waren mannich- 
faltiger, daher die grössere Zahl verschiedener Faunen und 
die grössere Mannichfaltigkeit innerhalb dieser Faunen. Wenn 
aber die Einförmigkeit der äusseren Einflüsse im Russischen 
Jurameere und die lange Dauer derselben Ursache der Ein- 
formigkeit und der Armuth an Arten gewesen ist, so haben 


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sie doch nicht verhindert, dass im Laufe der Zeit selbst unter 
unveränderten Lebensbedingungen eine Art an die Stelle der 
anderen getreten, eine neue Art einer aussterbenden gefolgt 
ist. Aber dieser Wechsel der Arten ist ein sehr allmäliger 
gewesen, hat sich nicht auf alle Arten erstreckt und ist nicht 
im Entferntesten mit einem Faunenwechsel zu vergleichen. 

Nach dem Gesagten scheint es denn, dass ich keinen 
grossen Irrthum begehen werde, wenn ich annehme, dass die 
bis jetzt bekannt gewordenen jurassischen Sedimente Gross- 
russlands der oberen Hälfte des braunen und dem ganzen 
weissen Jura Deutschlands der Zeit nach entsprechen. Zwar 
sind die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen und es 
wird noch Manches zu erforschen, Manches zu beschreiben 
geben, bis unsere Kenntnisse so weit vorgerückt sind wie die 
über den deutschen, französischen und englischen Jura, aber 
da meine Freunde iu der Wissenschaft mir schon wiederholt 
ihre Verwunderung darüber ausgedrückt haben, dass ich nach 
so mancherlei Arbeiten noch zu keinem bestimmteren Resultate 
gekommen sei, habe ich mich entschlossen, vorläufig ‚obige 
Formel meiner Erkenntniss zu geben. 

Ich habe schon erwähnt, dass Herrn Professor OPPp&w's 
Ansicht über den Russischen Jura ein wenig von der meinigen _ 
abweicht, indem er annimmt, dass derselbe nicht bis zum 
unteren Oxford und Kelloway hinabreicht; ich habe oben diese 
Meinungsverschiedenheit zu erklären gesucht. Ein anderer Ge- 
lehrter indessen hat nicht ohne Frohlocken verkündigt, dass 
er meine Ansichten über den Russischen Jura für gänzlich 
irrig halte, und dass die Virgatus- und Aucellenschicht gar 
nicht zum Jura gehörten, sondern dass es Schichten der Kreide- 
formation seien. Herrn v. EicHwALD, so heisst dieser Gelehrte, 
gilt als Hauptstütze seiner Meinung, dass in den beiden an- 
geführten Schichten das Gestein zum Theil ein Grünsand-ähn- 
ches Gebilde ist, ferner, dass in der Virgatusschicht sich ein 
Rudist findet. Aber Grünsand ist nicht allein schon in den 
silurischen, sondern auch in den tertiären Schichten und selbst im 
englischen Jura nachgewiesen. Es hat demnach durchaus nichts 
Auffallendes, dass er sich auch im Russischen Jura findet, 
Was aber den angeblichen Rudisten, nach Herrn v. EıcHwaup 
einen Radiolites, angeht, so ist der Urheber der neuen Art 
nicht im Stande gewesen, nachzuweisen, dass die Schale zwei- 


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klappig ist; der vermeintliche Deckel war vom Gestein ver- 
deckt. Da an meinen Exemplaren nichts vom Gesteine ver- 
hüllt war, so ist es mir möglich gewesen zu sehen, dass der 
organische Körper nicht aus zwei Stücken, sondern aus einem 
besteht, und dass er die Structur einer Koralle hatte. Ich 
meinerseits fand nichts Auffallendes in der Anwesenheit einer 
Koralle, aber der Phantasie des Herrn v. EICHwALD wuchs aus 
dem von Grünsand umgebenen Rudisten eine üppige Kreide- 
fauna entgegen. 

In meiner Antwort auf diese sonderbaren Behauptungen 
des Herrn von EıcHwALp hatte ich gesagt (Bullet. de Moscou 
1861. IV), dass ich 20 Fossilien der Charaschower Aucellen- 
schicht für identisch mit westeuropäischen Juraspecies halte, 
und wenn Herr v. EıcHwALp mir in derselben Schicht 21 
Kreidethiere nachweisen könne, wollte ich gern glauben, dass 
unsere Aucellenschicht Kreide sei. Herr v. EicHwALp hat nun 
in der That diesen Nachweis gegeben (die vorweltliche Fauna 
und Flora der Umgegend von Moskwa. Bull. de Moscou 1862 
I.), doch in einer Weise, die an die natürliche Magie ge- 
wisser Künstler erinnert. Sein Verfahren bei der Umwand- 
lung von jurassischen Fossilien in Kreidefossilien wird dem 
Leser aus Folgendem sogleich klar werden. 

Zu meinen zwanzig jurassischen Species aus der Aucellen- 
schicht gehört Terebratula ornithocephala. In Bezug auf sie 
sagt Herr von EıcahwALn, dass sie zwar von einigen Autoren 
auch aus der Kreide aufgeführt sei, dass sie aber wahrschein- 
lich eine neue Art darstelle. Wahrscheinlich! 

In der mittleren Schicht hatte FAHRENKOHL eine grosse 
Terebratel gefunden, die er einem Freunde zu Ehren 7. Michal- 
novi nannte; RouıLter hatte sie 7. perovalis genannt, und ich 
war dem Beispiele RovitLer’s gefolgt. Herr v. EicHwALp, 
nachdem er ausdrücklich gesagt, dass diese Terebratel in der 
mittleren (Virgatus-) Schicht gefunden, fuhrt sie nichtsdesto- 
weniger als T. sella, eine Kreidespecies, unter seinen 21 Kreide- 
fossilien aus der Aucellenschicht auf. 

Was ich als Pecten demissus major aus der Aucellenschicht 
beschrieben habe, erklärt Herr v. EıcHwALn für P. crassitesta. 
Schon der Name spricht gegen die Richtigkeit dieser Behaup- 
tung, denn die Schale des P. demissus major ist sehr dünn. 
Ausserdem habe ich in meiner Beschreibung betont, dass die 


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Schale ganz glatt sei; bei P. crassitesta ist sie regelmässig und 
tief concentrisch gestreift; endlich erreicht unser P. demissus 
nie die Dimensionen von P. crassitesta. 

Pecten nummularis der Aucellenschicht soll nach Herrn 
v. EıchwALn P. orbicularis sein. . Aber die Diagnose des P. 
orbicularis aus der Kreide lautet nach SowersyY (Mineral con- 
chology franz. Ausgabe) stries concentriques saillantes, und bei 
P. nummularis sind die concentrischen Streifen im Gegentheil 
Furchen, Vertiefungen der Schale. 

Ferner führt Herr v. EıcHwALp unter seinen 21 Kleias- 
fossilien /noceramus sulcatus auf, indem er sich auf die Auto- 
rität MURCHISON’s stützt, der in der Geology of Russia sagt, 
dass er Formen bei Charaschowo gefunden habe, welche dieser 
Kreidespecies ähnlich sehen. Aehnlichkeit ist noch nicht Iden- 
tität, und die Moskauer Geologen und Liebhaber, die hundert- 
mal Charaschowo besucht, haben niemals einen Inoceramus 
sulcatus gefunden; Tausende von Fossilien sind durch ihre 
Hände gegangen, und Niemand hat das für die Kreide so 
wichtige Petrefact entdeckt. Ich selbst, der ich mich sehr ein- 
gehend mit den COharaschower Fossilien beschäftigt und viel 
gesammelt habe, bin gezwungen anzunehmen, dass Sir R. 
Murcnison durch das Bruchstück irgend eines anderen Fossils, 
vielleicht einer unserer grossen Rhynonellen an Inoceramus 
sulcatus erinnert worden ist. In den Kram des Herrn v. EıcH- 
WALD passt natürlich diese Kreidemuschel ausgezeichnet. 

; Lima Phillippsii giebt Herr v. EıcHwALp für Lima Hoperi, 
weil ihre Oberfläche fein und dicht gestreift ist und die Streifen 
nicht punktirt, aber bei unserer L. Phillipsü sind die Streifen 
punktirt. 

Lima consobrina D’OrB. hält Herr v. EıcHwALp nicht für 
identisch mit der Species gleichen Namens von Trouville; sie 
ist zwar nach ihm nicht zu identificiren mit ZL. Royeriana der 
Kreide, aber doch findet es Herr v. EıcHwALD für gut, sie 
ohne Angabe der Gründe für eine Abart von L. Royeriana zu 
erklären. . 

S. 381 seiner Schrift rügt Herr v. EıcmwaLp, dass ich 
in meinem Verzeichnisse nicht Astarte mosquensis aufgeführt. 
Diese Art konnte aber in jenem Verzeichnisse nicht mit auf- 
gezählt sein, da dasselbe nur Westeuropäische Arten enthielt, 
welche in Russland vertreten waren. A. a. OÖ. hatte ich 


! 
£ Pr 


455 


übrigens schon bemerkt, dass wahrscheinlich diese Astarte 
D’ORBIGNY’s eine Cyprina sein dürfte. Herr v. EichwaLp macht 
zwei Arten Venus daraus, Venus faba und V. obesa. Ich muss 
gestehen, dass es mir noch nicht möglich gewesen ist, ‚ein 
Venusschloss an dieser Muschel zu entdecken. \ 

Cardium concinnum v. Buch erklärt Herr v. EıchwALn für 
Cardium oder Protocardium Hillanum Sow. In der Mineral 
Conchology von SOWERBY heisst es aber: „coquille couverte d’un 
grand nombre de stries concentriques“; bei dem Cardium unserer 
Aucellenschicht sind jedoch gar keine concentrischen Streifen 
vorhanden. 

Ammonites fulgens aus der Aucellenschicht ist nach Herrn 
v. EıicHhwaLp A. Beudanti. Der letztere Ammonit aber, so 
charakteristisch für den Grünsand, ist viel involuter als A. 
Julgens, er hat viel verästeltere Lobenzeichnung, die Windungen 
sind breiter und fallen steil am Nabelrande ab, auch wird er 
viel grösser. Ammonites fulgens hat eine sehr dünne Schale, 
die Windungen sind weniger involut, flach und am Nabelrande 
zugeschärft, die Lobenzeichnung sehr wenig verästelt. Diese 
gewaltsame Metamorphose ist veranlasst durch die Annahme des 
Herrn v. EiCHWwALD, dass der Grünsand von Talizi und Stepanowo 
identisch mit dem Aucellenlager von Charaschowo sei. Aus 
welchem Grunde Herr v. EiICHwALD diese Identität annimmt, ist mir 
noch unergrundetes Geheimniss, denn Fossilien, die beiden 
Gebilden gemeinsam wären, sind noch von Niemand gefunden 
worden, und die Gesteine von Talizi und Stepanowo sind 
ganz und gar verschieden von der ÜCharaschower Aucellen- 
schicht. Aber weil Herr v. EıchwaLn will, dass Verschiedenes 
gleich sei, so wird auch /noceramus concentricus aus dem grünen 
Thone von Talizi unter die 21 der Kreidegarde von Chara- 
schowo gestellt, obgleich dort niemals ein Fossil gefunden ist, 
was jenem Inoceramus ähnlich sähe. 

So hat denn Herr v. EıcHwALD nicht bloss den einzelnen 
Species Gewalt angethan, und willkührlich an ihre Stelle andere 
gesetzt, sondern er hat sogar verschiedene Formationen, die 
nichts Gemeinsames miteinander haben, zusammengeworfen. 

Herr v. EıcmwaAALp hat sich indessen nicht damit be- 
gnügt, die Charaschower Aucellenschicht der Juraformation zu 
entreissen, er versucht dasselbe auch mit.der Virgatus-Schicht. 
In der mittleren Moskauer Schicht ist ja eben die Heimath 

Zeits. d. d.geol. Ges. XVII. 3, 30 


A. ; 


jenes merkwürdigen Rudisten ohne Deckel, der in grünem 
Sande eingebettet ist, wie sollte denn das nicht Kreide sein! 


Herr v. Eic#wALp nimmt demzufolge auch alle Arten der Vir- 


'gatusschicht in seiner oben erwähnten Schrift durch, hängt 
an jede „vielleicht“, „wahrscheinlich“, „möglicher Weise, 
„möchte*, „könnte“, bekrittelt jede Bestimmung und bezweifelt 
Alles, und kommt natürlich zu dem gewünschten Resultat, dass 
die Virgatusschicht auch zur Kreideformation gehöre. Ja, wenn 
tönende Worte vom hohen Olymp der Autorität herab gesprochen 
die Wahrheit überwinden könnten! 

Zum Schluss noch einige Worte zur Charakteristik des 
Verfahrens des Herrn v. EıchwaLp im Verkehr mit Anderen. 
Herr v. Eıcmwarp hat es mir in seiner mehrfach erwähnten 
Schrift zum Vorwurf gemacht, dass ich Austausch der Meinungen 
in brieflichen Besprechungen abgelehnt hätte (1. c. p. 357); hier- 
auf habe ich Folgendes zu erwidern. Im Frühjahr 1862 
wendet sich der gelehrte Professor mit der Bitte am mich, 
ihm meine Sammlung von Fossilien aus der Aucellenschicht 
von Charaschowo nach Petersburg zu senden. Dem Zuge mei- 
ner deutschen Gutmüthigkeit folgend, schicke ich, was ich be- 
sass. Hierauf Triumphgeschrei des Herrn v. EıcHwALD im 
Bulletin der Moskauer Naturforscher - Gesellschaft, dass alle 
meine Bestimmungen der’Species jener Schicht und die meiner 
Vorgänger falsch seien. Nicht genug, ermuthigt durch meine 
Willfährigkeit, macht mir Herr v. EıcmwarLp den Vorschlag, 
nachdem er seine höchst eigenthumlichen Anschauungen über 
die Moskauer Sedimente bereits veröffentlicht, die streitigen 
Fragen mit ihm privatim zu erledigen. Ich fand diese Forde- 
rung doch etwas zu naiv von der Seite eines Mannes, der ein- 
gestandenermaassen nie eigene Beobachtungen im: Gouverne- 
ment Moskau gemacht hatte, und ich glaube, dass ich in: wollem 
Rechte war, dergleichen Anträge abzulehnen. Gedruckten fal- 
schen: Behauptungen, die indirecete Anklagen gegen mich waren, 
private Belehrung entgegenzusetzen, wäre doch etwas Schlim- 
meres als Simplieität gewesen einem Manne, wie Herrn von 
EıcHwALp, gegenüber: 

Die. Wissenschaft ist der Weg, der zur Wahrheit fuhrt. 
Wenn: man Leute, wie Herrn v.. EichwALp sprechen hört, sollte 
man da nicht meinen, dass; sie auch zu anderen Zielen führt? 


457 


2. Herr Zeuscuner an Herrn Beyricn. 


Warschau, den 15. Februar 1865. 


In meinem Aufsatze über die Glieder des weissen Jura im 
westlichen Polen hatte ich Zweifel gehabt, ob eigentlich das 
unterste Glied « QUENSTEDT’s vertreten ist; paläontologische 
Beweise waren dafür nicht vorhanden. Im verflossenen Som- 
mer habe ich diese Gegenden speciell untersucht, und fand 
meine Vermuthung vollständig gerechtfertigt. Die mergelige 
Schicht des weissen Jura g ist nachzuweisen auf einer Strecke 
von 4 Meilen, angefangen von Pomorzany bei Olkucz; sie zieht 
sich im Halbkreis um den Muschelkalk und rothen Thon, den 
Rorıer als Keuper bestimmt, und steht zu Tage an bei Ro- 
daki, Grabowa, Miegowoniezki und Niegowonice. Ueber den 
Mergel sind die geschichteten Kalksteine B abgesetzt und hier 
und da das jungere Glied / und 5, welche ich nicht trennen kann. 
Die weissgrauen Mergel von Rodaki sind mächtig entwickelt, 
enthalten einige bestimmbare Formen, die aber nicht eigentlich 
dieser Schicht angehören, söndern dem nächst darunter fol- 
senden Kelloway-Gliede. Es sind Belemnites Calloviensis OPP., 
die flache Form mit einer tiefen mittleren Rinne und Ammo- 
nites Herveyi mit sehr äusgeprägten Rippen, die sich in der 
Nähe der Nabelkante spalten; bei Hutka Kanki, einem bei 
Rodaki angrenzenden Orte, findet sich Ammonites biplex impressae 
mit flachen Seiten. Aber die charakteristische in Schwaben 
so häufige Terebretula impressa findet sich in der mergeligen 
Schicht niemäls. Diese Terebratel findet sich zwar auch in 
Polen, aber in der braunen Schicht zu Pomorzani, Rudniki, 
Blanowice, Wlodowice, wo sie vereinzelt ist und gewöhnlich 
grösser als die schwäbische und ganz ähnlich der von DAvı- 
son abgebildeten. Weiter gegen Norden nehmen die Mergel 
eine andere Physiognomie an, der kalkige Theil verdrängt den 
thonigen und dieses Glied ist durch mergeligen Kalkstein mit 
Mergel abwechselnd vertreten; hauptsächlich ist hier bezeich- 
nend Ammonites Witteanus OrP., der niemals fehlt zu Bröw, 
Blanowice, Rudniki, Wlodowice. Noch weiter nördlich verliert 
sich ganz die mergelige Schicht «, oder sie lässt sich nicht 
nachweisen; bei Czenstochawa, Klobucko kann keine Spur davon 
beobachtet werden. 


30 * 


458 
3. Herr K. V. SEEBACH An, Herrn Rorn. 


S. Jose de Costa rica den 25. Februar 1865. 


Hier hat seit drei Wochen der Vulkan Turrialba sich wie- 
der geregt und diese ganze Zeit lang fast täglich Asche aus- 
geworfen, die von dem Nordost getragen sich weit über das 
Thal von S. Jos& verbreitete. Mehrere Erdbeben, von denen 
nur dasjenige am ... einigermaassen bedeutend zu nennen 
war, begleiteten diese Eruptionen. Jetzt scheint er sich wieder 
etwas beruhigt zu haben, da wenigstens der Aschenregen auf- 
gehört hat, und ich werde daher morgen nach Carthago reiten 
und eine Besteigung versuchen. 

Von meiner Reise durch Guanacaste und Nicaragua am 
Südabhange der Vulkanreihe werde ich demnächst berichten. 
Für heute bloss, dass ich in den Seen von Apoya bei Granada 
und von Tiscape bei Managua Explosionskratere, Maare, ge- 
funden habe. Die ganze Gegend besteht aus einem eigenthum- 
lichen deutlich geschichteten trachytischen Tuff, der hier Oas- 
£ajo genannt wird. In diesen sind dann die beiden Seen ein- 
gesenkt; der grössere Apoya ist elliptisch, die grössere Axe 
parallel der Richtung der Vulkanreihe, etwa 1- Seemeile lang, 
die kürzere etwa 1 Seemeile; die Tiefe des Wasserspiegels 
über den fast horizontalen Rand schätzte ich auf 500 Fuss; der. 
Abfall ist sehr steil, zuweilen fast senkrecht. Der kleinere 
Tiscapa ist fast kreisrund, über ihn hat Oapitain Pimm auf 
dem Report of the Bath-meeting der brittischen Gesellschaft zur 
Beförderung der Wissenschaften ausführlichere Mittheilung, ge- 
macht. Ich kann diese Beobachtungen nur bestätigen. Das 
gelegentliche Auftreten von Spuren fortdauernder aber sehr 
schwacher vulkanischer Thätigkeiten wird in ganz ähnlicher 
Weise auch von dem Apoya behauptet. Die Auswuürflinge der 
Explosion dieser beiden Kratere lassen sich wegen der dich- 
ten Vegetation und wegen der «a priori zu erwartenden Iden- 
tität derselben mit dem Cascajo. und seiner verschiedenartigen 
Einschlüsse nicht mehr erkennen. Die Ränder der Seen sind 
entweder gar nicht oder doch nur unmerklich aufgehöht. 

Ueber meine Besteigung des Vulkans von Massaya und 
des Felica, sowie über einen vergeblichen Versuch die Spitze 
des Momotombo zu erreichen, hoffe ich mit der nächsten Post 
berichten zu können. 


a ae! 


6. Aufsätze. 


I. Die Fauna der unter-oligocänen Tertiärschichten von 
Helmstädt bei Braunschweig. 


Von Herrn v. Koenen. 


Hierzu Tafel XV. und XVI. 


Einleitung. 


Nachdem zuerst Graf Musster und GoLpruss und dem- 
nächst Nyst die norddeutschen und belgischen Tertiärversteine- 
rungen durch Beschreibung und Abbildung einigermaassen 
bekannt gemacht hatten, folgten zwei Arbeiten PmiLippr’s, 
„Beiträge zur Kenntniss der Tertiärversteinerungen des nord- 


‚ westlichen Deutschlands“, (Cassel 1843) und „Verzeichniss der 


in der Magdeburger Gegend aufgefundenen Tertiärversteinerun- 
gen“ (Palaeontographica I. 1851), welche zugleich den, wenn 
auch wenig erfolgreichen Versuch enthielten, das Alter der 


"betreffenden Schichten festzustellen. Inzwischen hatte Dumont 


die belgischen Tertiärschichten untersucht und durch sorgfältige 
Beobachtungen der Ueberlagerungen das relative Alter dersel- 
ben festgestellt, sowie sie in l1O verschiedene „Systeme“ ein- 
getheil. Das Ergebniss. der Dumont’schen Arbeiten stellte 
demnächst Sir CH. LYELL in seiner Arbeit „On the tertiary 
strata of Belgium and French Flanders“ (Quarterly Journ. 1852 
p. 277) sehr klar und übersichtlich zusammen mit Hinzufü- 
gung von Beiträgen von NysT, DE WıasrL und vorzüglich von 
Bosquet, welche besonders einen Ueberblick über die Faunen 
der einzelnen Schichten gewährten. 

Auf diese Arbeiten gestützt, wies Herr BEyrRIcH in einigen 
ausgezeichnet klaren und präcisen Aufsätzen*) den norddeut- 


*) 1) Einleitung zu: Die Conchylien d. norddeutschen Tertiärgeb. 
(d. geol. Zeitschr. Bd. V. S. 273). 2) Ueber d, Stellung der Hess. 


\ 


schen Tertiärschichten ihren Platz in dem belgischen Schichten- 
system an, und stellte dabei sehr zweckmässig zwischen das 
Lyeır’sche Eocän und Miocän noch einen Abschnitt, das 
„Oligocän“*, für Schichten, welche nur in Norddeutschland alle 
vorhanden und dabei rein marin sind, und deshalb nur in 
Norddeutschland studirt und beurtheilt werden können. 

Auf eine Auseinandersetzung der Ansichten besonders der 
französichen Geologen näher einzugehen, würde zu weit führen, 
und scheint um so mehr überflüssig, als dieselben von Herrn 
Beyrıcn, und kürzlich wieder in der neuesten Auflage von 
Lysır’s Elements of Geology zur Genuge erörtert sind.. Wenn 
aber LverL selbst jetzt noch nicht Herrn Brykıcm’s Eintheilung 
annimmt, so kommt dies wohl daher, dass er die oligocänen 
Faunen nicht nach Verdienst hat würdigen können, da sie nur 
sehr unvollständig und meist ungenügend in der Litteratur be- 
kannt sind. Uebrigens stellt er die Headon- und Bembridge-, 
Schichten noch in das Eocän, unser Unter-Oligocan dagegen 
ins Miocan, während nach einem von mir im Quarterly Jour- 
nal 1864 p. 98 veröffentlichten, und von ihm auch erwähnten 
Aufsatze doch wohl kein Zweifel bleibt, dass die Headon-series 
genau das Aequivalent des Unter-Oligocäns ist, da von 56 
 marinen Arten darin 6 demselben eigenthumlich, von den übri- 
gen 50 aber 43 auch im Unter-Oligocän und 23 sonst nur in 
‘diesem vorhanden sind, im Ober-Eocän (Barton) aber nur 
21 Species. Nun sagt ferner LyELL, dass wenn die Identität 
dieser Schichten sich herausstellen sollte, er das Unter-Oligocan 
auch seinem Eocän einverleiben würde; dieser Ansicht kann 
ich durchaus nicht beistimmen, und folge lieber dem Urtheile 
bewährter Geologen, wie Forers, welcher ausdrücklich aus- 
spricht, dass die fluvio-marinen Schichten der’ Insel Wisht eine 
ununterbrochene, nirgends die Annahme eines schärferen Ab- 
schnittes gestattende Reihe von Absätzen darstellen, Wollte 
man übrigens das Oligocän, das ja denselben Umfang hat, wie 
das englische Eocän, ganz oder theilweise dem Miocän zurech- 
nen, so würde dies denn doch ganz unverhältnissmässig um- 


Tertiärbildungen (Berichte d. Königl. Akad. 1854 8. 640), 3) Ueber 
d. Zusammenhang d. norddeutschen Tertiärbildungen (Abhand. d. Königl. 
Akad. 1856). 4) Ueber d. Abgrenzung der oligocänen Tertiärzeit (Be- 
richte der Königl. Akad. 1858 S. 51). 


461 


fangreich werden, und wäre dann die Eintheilung von Horxzs 
bei weitem vorzuziehen, welcher das Oligocan mit dem Eocän 
_ verbindet, und das Miocan mit dem Pliocän zusammen Neogen 
nennt. Vor dieser Eintheilung hat aber Herrn Beyrkıcn’s Trennung 
in vier Abschnitte schon den grossen Vorzug, dass die einzelnen 
Abschnitte kleiner sind, und deshalb die einzelnen Stufen in 
ihnen, ohne Anwendung besonderer Namen, durch Hinzusetzung 
von Unter, Mittel und Ober bezeichnet werden können. 

Von sonstigen Irrthümern LyELt’s möchte ich noch er- 
wähnen, dass er auch heute noch aus dem Sable noir (S, ysteme 
diestien Dumont’s) bei Antwerpen nur 65 verschiedene Arten 
kennt, und ihn in Folge dessen von den Schichten von Edeghem 
trennt, resp. zum Pliocan stellt, während in dem von ihm 
selbst p. 232 angeführten Aufsatze von Nysr durch Kreuze in 
' der betreffenden Kolumne gezeigt ist, dass die 152 Arten von 
Edeghem sich sammtlich auch im Sable noir gefunden haben. 
Ferner enthalten die eisenschussigen Sandsteine in Kent, wel- 
che LYEut als Miocän anfuhrt, keine einzige typisch miocäne Art, 
wohl aber verschiedene dem oberen Orag eigenthumliche Arten, 
wovon ich mich durch Ansicht der betreffenden Stücke in der 
Sammlung des Herrn PresrwicH und der Geological Survey in 
London überzeugt habe; jene Schichten müssen daher wohl als 
Pliocan gedeutet werden. 

Die Kenntniss der oligocänen Faunen beschränkt sich 
ausser blossen Verzeichnissen von Namen in dem Handbuche 
der Geologie von Omauıus pD’HaLLoY zur Zeit hauptsächlich 
auf die vorzügliche Arbeit Herrn Bryrıcm’s über die Conchy- 
lien des norddeutschen Tertiärgebirges, die er aber leider nur 
angefangen, und jetzt schon so lange hat liegen lassen. Zu 
dem ihm seiner Zeit bekannten Material ist seidem ausser- 
ordentlich viel Neues und Besseres, besonders aus dem Mittel- 
Oligocän von Söllingen und aus dem Unter-Oligocän hinzugekom- 
men, da die zahlreichen Braunkohlengruben der Magdeburger 
Gegend viele neue Aufschlusse und Fundpunkte für Versteine- 
rungen gewährt haben. Die Litteratur ist inzwischen noch 
durch die werthvolle Arbeit SAnDBERGER’s über die Conchylien 
des Mainzer Beckens, sowie einige kleinere Aufsätze der Her- 
ren BosquET, SEMPER, BoLL, KocH, und die paläontologischen 
Untersuchungen Herrn Spzver’s über Söllingen und das Kasseler 
Becken bereichert worden. Ganz kürzlich hat letzterer noch 


eine zweite Arbeit über Söllingen veröffentlicht, in der die 
meisten Irrthümer, an welchen die erste litt,  corrigirt worden 
sind, so dass sie ganz geeignet ist, eine richtige Anschauung 
jener Fauna zu geben. Ueber die Verbreitung der Petrefakten- 
führenden Schichten habe ich in einem früheren Aufsatze 
(Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1863 8. 612) eine Uebersicht 
gegeben, und ist nur etwa. hinzuzufügen, dass nach einer guüti- 
gen Mittheilung von Herrn Professor Reuss, dem ich eine 
Probe zusandte, der schwärzliche Thon von Wiepke seiner 
Foraminiferen-Fauna nach allerdings mittel-oligocän’ ist,*) und 
dass bei Buckow über dem Thone etwa 6 Fuss grüner Sand 
mit Fischzähnen und zahlreichen Abdrücken von Bivalven lie- 
gen, von denen allerdings nur Pecten bifidus GoLDF. bestimm- 
bar war; wir haben hier also etwas Aehnliches wie die Sande 
von Söllingen und Stettin. Ausserdem sind ganz kürzlich bei 
Beidersee, 14 Meile nördlich von Halle, bei einem Schacht- 
Abteufen mittel-oligocane Thone und Saude mit den charakte- 
ristischen Versteinerungen aufgefunden und durch Herrn HrckER 
zur allgemeinen Kenntniss gebracht worden. Bei den ober- 
oligocänen Fundpunkten wäre noch anzuführen der schon dem 
Grafen Munster bekannte eisenschüssige Sandstein vom Gra- 
fenberge bei Düsseldorf und Elsloo bei Maestricht (siehe Zeits. 
d. deutsch. geol. Ges. 1863 S. 653). Ä 

Ich erklärte damals die grünen Sande und die gelben 
Thone von Helmstädt für unter-oligocän; ziemlich zu gleicher 
Zeit aber veröffentlichte Herr F. A. RoermEr (im N. Jahrbuche 
1863 8. 451) einen Aufsatz, ein Verzeichniss der Versteine- 
rungen von dort enthaltend, auf welches er die Ansicht grün- 
dete, dass jene Schichten ober-eocän (Barton-Thon) seien. 
Herrn Roruer’s Vergleichsmaterial an Versteinerungen aus dem 
Barton-Thon sowohl, als auch aus dem Unter-Oligocan war 


*) In seiner Anfang d. J, erschienenen Arbeit über die Bryozoen 
und Anthozoen des norddeutschen Ober-Oligocäns meint Herr Reuss, es 
sei wohl ein Irrthum, wenn A. Rosmer den typisch ober - oligocänen 
Ceratotrochus alternans von Wiepke anführt, da er nichts Ober-Oligoeä- 
nes von dort kenne. Rormer hat aber Recht, und es bleibt mir kaum 
ein Zweifel, dass die petrographisch ganz gleichen Mergel von Bünde 
und von Wiepke, die ich in einer Kiste an Reuss geschickt hatte, von 
seinen Leuten vermengt, und zusammen als von Bünde stammend ange- 
sehen worden sind. 


8 


463 


aber höchst unbedeutend, und andrerseits genügt die vorhan- 
dene Litteratur nür zum Theil zu einer sicheren Bestimmung 
von Sachen, und es war daher nicht anders möglich, als dass 
verschiedene seiner Bestimmungen irrig waren, und von ande- 
ren Arten ihm unbekannt war und blieb, dass sie auch sonst 
unter-oligocan vorkommen; aus jenem Aufsatze lässt sich daher 
kein Urtheil über das Alter der Helmstädter Schichten schöpfen. 

Etwa ein halbes Jahr später gab Herr v. STROMBECK in 
einem Briefe an Herrn Professor Gemitz (Neues Jahrbuch 
1864) eine genaue Beschreibung des Vorkommens und der 
Lagerungsverhältnisse jener Schichten, und gelangte vorzüglich 
durch letztere zu der Ueberzeugung, dass wir auch hier Unter- 
Oligocän vor uns hätten. Um indessen auch durch die Paläon- 
tologie ein sicheres Urtheil über das Alter zu erhalten, forderte 
er mich auf, eine Bearbeitung der Helmstädter Fauna zu unter- 
nehmen. Die Sachen lassen nun zwar in ihrer Erhaltung meist 
sehr viel zu wünschen übrig, so dass es ohne Vergleichung mit 
den identen oder verwandten norddeutschen, belgischen und 
englischen Arten oft ganz unmöglich wäre, sie auch nur mit 
einiger Sicherheit zu bestimmen, dennoch übernahm ich die 
Arbeit, da ich ausser an französischen Originalen sonst ziem- 
lich genügendes Vergleichsmaterial besitze, und Herr BryricH 
mir versprach durch Eröffnung der hiesigen Königlichen Samm- 
lungen, resp. seiner Originale, sowie auch besonders durch 
Mittheilung seiner Ansichten beizustehen. Die Herren v. StRon- 
BECK, GROTRIAN und F. A. RoEMER stellten mir demnächst mit 
grosser Güte ihre Sachen von Helmstädt zu, so dass ich, meine 
eigene Sammlung hinzugerechnet, ziemlich Alles in Händen 
gehabt habe, was sich dort gefunden hät. Die Arbeit wird mir 
dadurch noch bedeutend erleichtert, dass ich im vorletzten 
Jahre meine Sammlung von Helmstädt, Lattorf, Unseburg, 
Wolmirsleben u. s. w. in Maestricht, Brussel und London, Dank 
der ausgezeichneten Freundlichkeit der Herren Bosquer, Nysr 
und Frep. E. Epwarns, mit den betreffenden Originalen in 
ihren reichen Sammlungen vergleichen, und mir so über man- 
chen zweifelhaften Punkt Gewissheit verschaffen konnte. Es 
war dies besonders von Herrn EDwARDS ein um so grösseres, 
der Wissenschaft zu Liebe gebrachtes Opfer, als es mir durch 
den directen Vergleich deutscher, belgischer und englischer 
Stucke mehrfach möglich wurde, von ihm begangene, aber bei 


der ungenügenden Litteratur und dem fehlenden Vesglbiehs, | 
material kaum vermeidbare Irrthümer genau *zu erkennen, und 
theils in dieser Arbeit, theils vielleicht in späteren aufzuklären. 

Aus dem erwähnten Aufsatze Herrn v. STROMBECK’s ent- 
nehmen wir nun über die Lagerungsverhältnisse folgendes: 
Etwa eine Viertelstunde westlich von Helmstädt wurden im 
Anfange des Jahres 1863 behufs Eröffnung einer neuen Braun- 
kohlengrube, Anna Alwina Elsbeth, zwei Schächte abgeteuft, 
welche folgendes Profil ergaben: 


a); Dammerde. 0. a0 2 ei serien Ze 
DEScHUee E 
e) grüner Sand . . . til 
d) grüner Thon mit Sand a a el 
e) grauer kalkiger Sandstein . . 2... 4. 2. 
f) ‚grüner theniger. Sand. una nd ae 
g) grauer thoniger Sand mit Schwefelkies 10 „10 „, 
Kahl ne ee 


79 
Ueber der Kohle im Ganzen 95 Fuss 2 Zol 

Versteinerungen fanden sich ausser in e nur in der 
Schicht f, die durch ihren Gehalt an Quarzstüucken, an ihrer 
unteren Grenze bis haselnussgross, ausgezeichnet ist. Dieselbe 
petrographisch oder den Versteinerungen nach in zwei Hori- 
zonte zu zerlegen, erklärt Herr v. SrrOMBECK für unmöglich, 
und können wir einem so scharfen und genauen Beobachter 
unbedingtes Vertrauen schenken. Das feste Gestein e enthält 
auch vereinzelte Versteinerungen, die mit denen aus f ident 
zu sein scheinen. Es gleicht petrographisch vollkommen dem, 
welches sich bald in einzelnen Blöcken, bald in etwas mehr: 
zusammenhängenden Schichten vielfach (bei Lattorf, Calbe, 
Eggersdorf, Neu-Gaitersleben, Aschersleben, Wolmirsleben 
u. Ss. w.) mit typisch unter-oligocänen Versteinerungen ge- 
funden hat. 

Die Braunkohlenflötze von Helmstädt lassen sich über 
Harpke, Völpke, Warsleben und Hornhausen bis vor Oschers- 
leben verfolgen; dort zieht sich eine sumpfige Niederung quer 
durch, in welcher natürlich keine Beobachtungen gemacht wor- 
den sind. Gegenüber aber sind dieselben Flötze bis Wester- 
egeln, Wolmirsleben, Unseburg u. s. w. zu verfolgen. Auf die 
petrographische Beschaffenheit der Schicht f kann: ich gar 
kein Gewicht legen, da sie nicht nur mit der des Unter-Oligo- 


465 


 cäns von Westeregeln, sondern auch mit der des englischen 
"Mittel-Bocäns von Brook, Bramshaw und Hunting-bridge voll- 
kommen übereinstimmt. Ausserdem finden sich südlich von 
Helmstädt graugelbe Thone, welehe besonders in der „Salo- 
monschen Thongrube* am Schnitzkuhlenberge Versteinerungen 
enthalten; ich kenne daraus: Cassis coronata Desn. (C. Ger- 
mari Pu.) Crassatella Woodii v. KoENEN, Pecten "corneus Sow., 
Isocardia multicostata NysT*), Cardita latisulca NysT, die sammt- 
lich mittel-oligocan mir nicht bekannt sind; diese 'Thone sind 
daher ebenso wie die von Wolmirsleben, welche noch ausser- 
dem Ostrea Queteletü Nyst und Ostrea ventilabrum GoLDF. ent- 
halten, für unter-oligocän anzusprechen, 

Solche Exemplare aus dem grünen Sande von der Grube 
' Anna Alwine Elsbeth, welche weder mit einer sonst bekann- 
ten Art übereinzustimmen scheinen, noch auch ihrer schlechten 
Beschaffenheit halber sich zur Aufstellung von neuen Species 
eignen, werde ich in der Regel gar nicht erwähnen, da ein 
blosses Anfuhren der Gattung ohne ganz genaue Beschreibung 
mir nur Zeitverschwendung zu sein scheint. Bei mehreren 
neuen Arten eignen sich die Helmstädter Stucke vermöge ihrer 
Erhaltung nicht zum Abbilden; hierzu werde ich, indem ich 
dies dann besonders erwähne, bessere Exemplare von anderen 
norddeutschen Lokalitäten nehmen. 

Bei den von Herrn Bryrıch schon beschriebenen und 
abgebildeten Arten erlaubt mir dessen Genauigkeit und Gründ- 
lichkeit meistens, mich auf wenige Worte zu beschränken; nur 
in den wenigen Fällen, wo mich mein besseres Material zu 
einer abweichenden Ansicht brachte, werde ich auf eine ge- 
nauere Erörterung eingehen. 

Während ich noch mit der gegenwärtigen Arbeit beschäf- 
tigt war, ging mir Herrn Gieper’s „Fauna der Braunkohlen- 
formation von Lattorf* zu; ich vermisse darin zunächst eine 
geognostische Erläuterung, sowie bei den einzelnen Arten die 
Angabe, ob sie aus dem unter-oligocänen graugrünen, oder aus 
dem mittel-oligocänen schwarzen Sande stammen. Ausserdem 
aber hat dem Herrn Verfasser gar kein Vergleichsmaterial an 
englischen, belgischen u. s. w. Originalen vorgelegen, und die 


*) Diese ist in dieser Zeitschrift Jahrg. 1863 S. 618 durch ein Ver- 
sehen als Isocardia maltilamellosa Nyst eitirt. 


0. 


von ihm bearbeitete Sammlung von Lattorfer Versteinerungen 
ist wohl ebenso unbedeutend an Anzahl der Exemplare, als 
sie es an Anzahl der Arten ist. (Dieselbe umfasst nur ca. 
180 Arten Mollusken, während ich mehr als das dreifache von 
dort habe.) Daher mag es denn wohl kommen, dass ziemlich 
viele seiner Bestimmungen unrichtig sind, und zwar ist dies 
um so mehr zu bedauern, als sich aus den Abbildungen die 
betreffenden Arten meistens sehr gut erkennen lassen. 

Um nun solchen, welche die Irrthüumer nicht selbst be- 
richtigen können, weil ihnen das Vergleichsmaterial, oder auch 
die Litteratur fehlt, eine sichere Benutzung der Arbeit Herrn 
Gıeger’s möglich zu machen, lasse ich eine Erklärung seiner 
Tafeln folgen, insoweit als ich die Namen für richtig halte, 
oder mit Sicherheit rectificiren zu können glaube, und stelle 
. der Bequemlichkeit halber seine Namen daneben. Durch die 
Buchstaben U. OÖ. undM. O. bezeichne das unter- so, mittel- 
oligocane Vorkommen der einzelnen Arten. 

Die Namen der Anthozoen, welche ich nicht selbst unter- 
sucht habe, nehme ich auf Herrn A. Rormer’s Autorität hin 
an, der sie ja kürzlich in seiner Arbeit ‚uber die Polyparien 
des norddeutschen Tertiärgebirges‘‘ abgebildet und beschrie- 
ben hat. 


Tafel I. (Giessı, Lattorf.) 


Fig. | Namen nach Herrn Gissert. | Namen bei mir. Alter 
1. |Buccinum bullatum Pair. Strepsidura deserta SoL. TL: O,; 
2. |Pleurotoma Selysii Kox. Pleur. Selysit Kon. U, .& 
3. IVoluta anhaltına Gixs. I\Voluta decora Bzye. U.;:@; 
4. |Fasciolaria multicostata Guee.|Fasciolaria multicostata GıieB.|Ü. OÖ. 
5. |Balanophyllia subeylindrica |Bal. subeylindrica RorM. 0,0, 

Roenm. 
6. |Trochoseris helianthoides Roen.|Troch. helianthordes Rorm. 1..@% 
7. |Fasciolaria tuberculata Gies. |Edwardsia Bettina SEMPER. A: 
8. IFasciolaria nodosa GiEB. Borsomia Delucuü Nyst. U.O©. 
9. |\Trochoseris helianthosdes Rorm.|Troch. helianthoides Rom. 1..,0. 

10. |Pleurotoma Morreni Kon. Pleur. intorta Broc. M.O. 
11. ‚Pleur. pseudocolon GikB. Pleur. pseudocolon Gize. 0.0. 
12. |Mitra longissima Guck». Mitra longissima GikEB. u Oo. 
13. |Mitra Metter GiEB. Mitra Metter GiEB. U..9; 

Tafel II, 
1. |Arca lactea L. Arca appendiculata Sow. UV. ©. 
2. |Cardium cingulatum GoLpr. |Cardium Hausmanni Pnaıt. v. 07 
3. |Astarte Bosqueti Nxst. Crassatella Woodi v. Koexen.|U. O. 
4. |Delphinula Bronniüt Pair. Delphinula Bronniü Pur. U... 


Namen nach Herrn Girert. Namen bei mir. Alter. 
3. |Nucula lunulata Nxst. Nucula similis So. var. postera 
v. Koesen. U. 0. 
6. |Corbula gibba Or. Corbula subpisum n»’OR». U,0. 
7. |Astarte dilatata Pnır. Astarte dilatata Paıu.? U. O0. 
8. |Pleurotoma terebralis Lan. |Pleur. terebralis Lan. var. per- 
spirata v. Koxnen. U. O0. 
9. |Oypricardia pectinifera Sow. |Cypr. pectinifera Sow. var. 
postera v. Ko&nen. 02: 
10. |Emerginula fissura L. Emarginula Nysti Bosquer. |U. O. 
11. |Ostrea paradoxa Nyst. Vulsella Martensi v. Koenen. |U. O. 
12. x Delphinula Bronnü Pair. Ü. ©, 
3,14. Chama monsirosa Phi. Chama monstrosa Pa. UV. ©. 
15. |Paracyathus asperulus Rorm. |Paracyathus asperulus Rorn. |U. O. 
16. |Terebratula lattorfensis GEB. |Terebratulina lattorfensis GıeB.|U. OÖ, 
17. |Rostellaria plana Beyr. Strombus canalıs Lan. U. Oo, 
18. |Isocardia carinata Nxst. Cypricardia carınata Nxst.*) U. O. 
Tafel II. : 
1. |Fusus plicatulus Desn. Fusus scalariformis Nyst. 00: 
2. |Oypraea anhaltina GieB. Cypraea anhaltiına GiEB. U::0. 
3. |Tritonium flandricum Kon. Tritonium expansum Sow. var. 
postera. [E07 
4. |Cypraea costulata Gixs. Trivia costulata GiEB. U. oO. 
5. |Solarıum Dumontu Nyst. Solarium Dumontüw Nyst. U.O0. 
6. |Pleurotoma Zinkeni Gies. Pleurotoma Konincku Nyst. |U. ©. 
7. |\Tiphys Schlotheimit Bey. Figur verfehlt. 
8. |Pleurotoma denticula Basv. |Pleurotoma Bosqueti Nvst. 10187 
9. |Pleuroioma flexuosum Goupr. |Pleurotoma Selysii Kon. M.O,. 
10. |Murex lignitum Giss. Murex bispinosus Sow. 00. 
11. |Voluta semigranosa Nysr. Edwardsia semigranosa Nyst. U. ©. 
12, |Ancillaria canalifera Lan. Aneillaria subcanalifera D’OrB.|U, O. 
13. |Solarium lens Gies. Solarium lens GikB. ıU.20. 
14. |Cerithium multispiratum Desn.|Cerithium Genei Mich. U. ©. 
Tatel IV. 
? ? ? 
2. |Rostellaria excelsa GixB. IRostellaria excelsa GEB. U. ©. 
3. [Pleurotoma difficile Gi». Pleurotoma Selysü Kon. UV. ©. 
4. |Pleurotoma planum Giks. Pleurotoma plana GiEB. D. 0. 
d. |Borsonia turris GieB. Borsonia iberica RouauLr? Ü. ©. 
6. |Pleurotoma flexicostatum Gıse.|Pleur. flezicostata GikB. V. ©. 
7. |Scalaria mutala Gi. Figur verfehlt. Scalaria? 
5. |Capulus cancellatus GieB. Capulus cancellatus Gi». U: 9. 
9. |Patella Poseidonis Giz». Par, Posen € 10009) 
10. |Patella pentagona Giss. _ u x: 
11. |Calyptraea laevigata Desn.? |Calypiraea striatella Nyst. |U. O. 
12. |Cypricardia praelonga GieB. |Cypricardia praelonga Gıizs. |U. O. 
13. Arca monstrosa GiEß. Arca biangula Lam.? _ U. ©. 
14. |Argiope plana Gie». Argiope multicostata Bosquzr|U. O. 


467 


*, Nach der Abbildung und Beschreibung von Drsuayes (Suppl. I. 
p- 934 t. 57 f£. 6-9) zu urtheilen ist mit dieser Art auch Cypricardia 
isocardioides Desnu. zu vereinigen, sowie auch ©. Sacki Pnır. 


Fig. | Namen nach Herrn Gikse£t. | Namen bei mir.  |Alter. 
15. |Arca anhaltina Ge». Figur verfehlt. 
16. |Cyprina subtumida Gie». Cyprina subtumida Gie». 020. 
17. |Lima eximia Gie®. Lima ezimia Gıke. V. ©. 
18. |Spondylus limaeformis Gies. |Spondylus Buchun Puir. 15.0. 
19. |Thecidea oblonga GiEB. Thecidium mediterraneum L. 

ei f var. lattorfense Davınson U. O. 
20. |Cidaris anhaltina Gıze. Cidaris ? anhaltina Gixe. V. O0. 
21. |Asterias sp. Asterias sp. D. ©: 


Die Gıeger’schen Namen nicht abgebildeter Arten möchten 
noch ungleich schwerer zu berichtigen sein, doch werde ich 
mitunter auf dieselben eingehen bei den betreffenden Arten. 
Die Gründe, aus welchen ich in vorstehender Liste die Namen 
verändert habe, sind meistens im Verlaufe dieser Arbeit aus- 
einandergesetzt. Bei einzelnen Arten, die ganz einfach zu schon 
beschriebenen Species zu stellen sind, resp. zu anderen, ist 
weiter keine Erörterung nöthig, so bei Emarginula Nystiana 
Bosg- (Palaeontographica I. p. 327 t.41 f.4—7), Murex bispinosus 
Sow., Borsonia iberica RoUAULT, Calyptraea striatella NysT, Ar- 
giope multicostata BosQ. (Notice sur une nouvelle Argiope) u.s. w. 
Bei drei Arten möchte ich noch einige Worte hinzufügen. 

Taf. II. Fig. 5, Nucula; auf der Abbildung ist eine 
Ligamentgrube nicht vorhanden. Die Exemplare von Lattorf 
stimmen in Gestalt, Grösse und Skulptur vollständig mit der 
N. similis SoL. von Barton überein, haben aber schwächere und 
zahlreichere, und vorn und hinten weiter herabgehende Schloss- 
 zähne als jene, zu der ich sie als var. postera stelle. 

Taf. U. Fig. 11, Ostrea paradoxa Nyst hat mit unserer 
Art nichts gemein; diese ist vermöge ihrer steil aufgerichteten, 
und oft auch ziemlich weit nach innen verlängerten Schloss- 
fläche eine Vulsella, die ich Vulsella Martensü benenne. Die 
Abbildung ist übrigens gut zutreffend. 

Taf. III. Fig. 3. das abgebildete Exemplar gehört. nicht 
dem bei Lattorf nicht seltenen Tritonium flandriecum Kos. an, 
sondern einer anderen, mir von Lattorf, Neu - Gattersleben, 
Vliermael und Lethen (in Herrn Bosguer’s Sammlung) be- 
kannten Art, die sich von dem Tritonium espansum Sow. nur 
durch zahlreichere Höcker besonders auf der Schlusswindung 
unterscheidet. Zu diesem stelle ich es daher als var. postera. 
Was ferner den Namen Pleurotoma betrifft, so gebraucht ihn 
Herr GieseL, wohl PnıLipri folgend, als Neutrum; dass hierfür . 


469 


aber weder -etymologisch, noch sonst, ein Grund vorhanden ist, 
ist ja schon längst von allen Seiten anerkannt worden. 

Aus allem Diesem ergiebt sich, mit wie grosser Vorsicht 
Herrn GisszeL’s Namen aufzunehmen sind, und möchte ich 
vorschlagen, aus seiner Arbeit nur die von mir als vermuthlich 
 riehtig angeführten oder corrigirten Namen zu eitiren, da es 
eben für den, der nicht eine sehr gute Sammlung Lattorfer 
Sachen vor Augen hat, unmöglich sein durfte, über die 
nicht abgebildeten Arten irgendwie klar zu werden; ist 
es doch selbst mir, der ich die Vorkommnisse von Lat- 
torf sehr genau kenne, sehr oft nicht möglich gewesen, 
ein Urtheil zu gewinnen, welche Art mit einem Namen ge- 
meint ist. Was schliesslich die ungemessenen Ausdrücke und 
Angriffe betrifft, mit welchen Herr GieBeL (Seite 50) auf die 
französischen und englischen Gelehrten im Allgemeinen und 
auf meinen Freund F. E. Epwarns im Besonderen loszieht, 
so ist dergleichen an und für sich, selbst wenn es mit Recht 
geschähe, wenig nachahmungswürdig, noch mehr aber muss 
man erstaunen, solche Ausdrücke in einem Werke zu finden, 
das selbst an so ausserordentlich vielen Mängeln leidet. Uebrigens 
hat EpwArnos in dem betreffenden Falle Recht, und kann ich 
nur auf die vorzugliche Genauigkeit hinweisen, mit welcher 
er unter anderen die Unterschiede der Marginella eburnea und 
ovulata von den norddeutschen hierzu gerechneten Arten er- 
kannt und beschrieben hat. 


Cephalopoden. 
l. Nautilus cf. imperialis Sow. 

Ein junges Exemplar von Helmstädt von einigen 20 Mm. 
Durchmesser in meiner Sammlung ist theilweise verdrückt und 
vorläufig so gut wie unbestimmbar; ich führe es indessen an, 
weil es ausser den Anwachsstreifen noch eine ziemlich starke 
Spiralskulptur fuhrt, so dass die Schale gegittert erscheint, 
stärker als mir dies bei dieser Gattung sonst bekannt ist. 

Der Nabel war klein, und durch die Lippe anscheinend 
ausgefüllt. Die ganze Form ist kugelig, etwa wie bei N. 
imperialis Sow., nur vielleicht die Seiten etwas mehr einge- 
drückt. 

Ich habe übrigens daneben Schalfragmente gefunden, die 
vermöge ihrer Struktur und ihres Perlmutterglanzes jedenfalls 


\ 


10 


von einem Nautilus herrühren, welcher, da sie bis 6 Mm. dick 
sind, sehr bedeutende Dimensionen gehabt haben muss. Leider 
sind die norddeutschen Nautilus meist nur mit Thon und Sand 
ausgefüllt, und in Folge dessen verdruckt und unbestimm- 
bar, so dass bis jetzt noch keine Art mit Sicherheit nachge- 
wiesen ist. 

- (Inzwischen habe ich durch Herrn GOöPnER eine gut er- 
haltene Aturia (Nautilus) zic-zac Sow. vom Doberge bei Bünde 


erhalten.) 


Gastropoden, 


2. Strombus ? canalis Lam. (Desn. tome II. p. 629 
t. 84 f. 9—11.) 


Rostellaria plana Beyr. t. 11 f. 9. 


Die sehr mangelhaften Exemplare von Unseburg, welche 
Herr Beyrıcn bei Aufstellung seiner Art besass, lassen bei 
genauer Betrachtung erkennen, dass sie ebenso wie viele 
bessere Stucke von Lattorf, Atzendorf, Unseburg ete. in meiner 
Sammlung, unten an der Aussenlippe noch eine zweite Spitze, 
und zwischen beiden eine Ausbuchtung gehabt hat, welche ge- 
rade diese Art von sonstigen Rostellarien unterscheidet. Unsere 
Stucke stimmen mit dem ächten Strombus canalis Lam. bis auf 
dessen meist wohl etwas geringere Grösse vollständig überein. 
Diese Art findet sich ausser im Unter-Oligocän und Mittel- 
Eocän auch noch bei Barton im Ober-Eocän. 


3. Murezx brevicauda HäBerr. 


Murex tricarinatus Nyst non Lam. (Nyst p. 546 t. 42 f. 12.) 
Murex plicatocarinatus GiebeL. (Bevs. t. 18 f. 1.) 


Ein Fragment von Helmstädt gehört wohl dieser Art an. 
Das von Herrn GieseL und Herrn Berrıch abgebildete Exem- 
plar stammt angeblich aus dem ‚Septarienthon von Calbe; aber 
Herr GiEBEL gab früher, wohl auf Görzig bauend, alle Schichten 
über den Braunkohlen für Septarienthon aus, und ausserdem 
finden sich bei Calbe über der Kohle mittel- und unter-oligo- 
cane Schichten, so dass schon die Altersbestimmung des 
Stückes sehr zweifelhaft ist. Ich möchte aber eher glauben, 
dass es aus dem Unter-Oligocän von .Lattorf stammt, da es 


471 


dieselbe Erhaltung zeigt wie andere Stücke derselben Art, die 
dort vorgekommen sind. Dieselben stimmen nun ganz mit 
belgischen unter - oligocänen und auch mit dem von Nysr 
(t. 41 f. 12) abgebildeten Exemplare überein bis auf 
den Umstand, dass bei diesen die äusserste Schale nicht er- 
halten ist, 


4. Typhis fistulosus Broc. 


Findet sich allgemein im ganzen Unter-Oligocän und in 
jüngeren Schichten. 


5. Tritonium flandricum vn Kon. (Beyr. t. 12 
Fig. 1 f. 3—5.) 

‘Herr Bryrıcn hat diese Art in ziemlich weiten Grenzen 
aufgefasst, und möchten wohl alle Tritonium von Helmstädt 
zu dieser im Oligocän allgemein verbreiteten Art gehören, ob- 
wohl einige Exemplare durch die wenigen Höcker auf der 
Schlusswindung sich einigermaassen an Tritonium semilaeve BEyR. 
anschliessen; doch lässt sich hierüber nichts Bestimmtes sagen, 
da fast sammtliche Stücke von Helmstädt sehr stark verdrückt 
sind. 


6. Cancellaria tenuistriata v. Kornen (Taf. XV. 
Fig.1a, b). 

Obwohl ich nur zwei Exemplare dieser Art habe, deren 
eins noch dazu an der Aussenlippe beschädigt ist, so wage ich 
doch sie aufzustellen, weil ich nichts auch nur einigermaassen 
Aehnliches kenne. 

Die Schale ist 10 Mm. dick und 17 Mm. lang, wovon 
auf die Mundöffnung beinahe die Hälfte kommt. 

Auf anderthalb glatte Embryonalwindungen folgen fünf 
wenig gewölbte, unter der Naht etwas mehr hervortretende 
Mittelwindungen, welche mit etwa funfzehn feinen, dicht ge- 
drängten Spiralen bedeckt sind. Es befinden sich ferner auf 
jeder Windung elf bis dreizehn scharfe, mit den Anwachs- 
Streifen etwas zurückgebogene regelmässige Längsfalten, welche 
unserer Art eine Scalaria-ähnliche Skulptur geben. Der Kanal 
tritt stark hervor, so dass die Mundöffnung rhombisch erscheint. 
Die Aussenlippe ist mässig verdickt; die Innenlippe ist etwa 
- so gross wie bei Cancellaria evulsa, und trägt unten zwei 
Zeits.d.d.geol. Ges. XV. 3. dl 


Da. 


scharfe, mässig starke Falten, die sich zuletzt plötzlich nach 
unten biegen. 


7. Cancellaria elongata Nysr. (Bere. t. 26 f. 1.) 


Es liegt ein unausgewachsenes Stuck dieser fur das Unter- 
Oligocan charakterischen Art vor. 


8. Cancellaria laevigata v. KoEneEn. 


C. laeviuscula Beyr. non Sow. (Beyr. t. 25 f. 7—9.) 


Die ächte ©. laeviuscula aus dem London-clay von High- 
gate unterscheidet sich schon durch ihre Gestalt, welche ganz 
der C. evulsa Sor. gleicht, von nnserer typisch unter-oligocänen 
Art. Ausserdem sind bei jener die Spiralen durchaus nicht 
so breit und abgerundet, so wie auch die Längsfalten schärfer 
hervortretend und weniger gedrängt als bei dieser; endlich ist 
auch von einem Nabel keine Spur zu sehen, so dass ich die 
©. laeviuscula Sow. fast für eine blosse Varietät der (©. evulsa 
SoL. halten möchte, von der sie sich auch in der Jugend gar 
nicht unterscheiden lässt. Ein Stück von Helmstädt in Herrn 
Grorrian’s Sammlung stimmt vollständig mit solchen von 
Westeregeln, Unseburg, Lattorf, Lethen u.:s. w. überein, so- 
wie auch mit Herrn Beyrıcm’s Abbildung (t. 25 f. 5). 


9. Cancellaria evulsa SoL. (BErr. t. 26 f. 2—5). 


Es findet sich bei Helmstädt sowohl die Var. «a. als auch 
die Var. ß. Herrn Bryrıcn’s, ausserdem aber auch noch, eben- 
so wie bei Lattorf, Exemplare, die einen Uebergang zu C. 
nitens BEYR. anbahnen. Uebrigens bin ich derselben Ansicht 
wie Herr Beyrıc#, und halte die ©. Bellardü Mıc#. höchstens 
fur eine blosse Varietät der C. evulsa Son., welche dem- 
nach ebenfalls eine durch alle Tertiärschichten durchgehende 
Form ist. 


10. Cancellaria nitens BEyR. t. 27. £. 1. 


‘Die Helmstädter Stücke gleichen mehr denen von Lattorf, 
Unseburg, Vliermael, Lethen u. s. w. und von Barton als den 
typischen Exemplaren von Wolmirsleben und Westeregeln. 
Die Windungen sind weniger gewölbt, und das ganze Gewinde 
ist kurzer, so dass sie der (\ evulsa etwas näher stehen als 
diese. 


473 
11. Canvellaria granulata Nrsr. . (Bere. 14426 
f. 7—9). 


Cancellarıia minuta NystT. 


Ein Exemplar in Herrn GRoTRIAnS Sammlung gehört dieser 
Art an, die sich im ganzen Oligocän, sowie auch im Barton- 
Thon findet. C. minuta Nyst ist ein junges Exemplar 
dieser Art. 


12. Cancellaria subangulosa S. Woon. (Univalves 
of-the Crag p.- 66-1. 7 f. 20). men. 
©. pusilla Pain. non Sow. (Beyer. t. 27 £. 9 u. t. 28 f. 1-2). 
C. minuta. A. Braun (Sannperger p. 259 t 15 f. 9). 
C. Nysti Hönnes p. 805 t. 31 £.1, 
C moguntina Crosse. 
C. exilis Nyst. 

Ein leidlich erhaltenes Exemplar liegt vor; dasselbe unter- 
scheidet sich von Stücken von Westeregeln und Lattorf nur 
dadurch, dass sich zwischen die bei diesem noch etwas groberen 
Spiralen keine feineren einschieben, und dass die Längsrippen 
dicker, rundlicher sind, sowie durch den ein wenig grösseren 
Nabel. Dasselbe stimmt noch besser mit ein Paar Stücken 
aus dem Mittel-Eocan von Huntingbridge überein, welche nur 
etwas stärkere Falten haben. Behufs endlicher Feststellung dieser 
unter so vielen verschiedenen Namen angeführten Art liessen 
mir Herr S. Woop, Herr SEMPER und WEINKAUFF gütigst Ver- 
gleichsmaterial zukommen, so dass ich folgende Vorkommnisse 
vor Augen gehabt habe: Pliocan: Sutton und Coroncina; Miocän: 
Antwerpen, Dingden, Lapugy; Ober-Oligocän: Cassel und 
Sternberger Gestein; Mittel-Oligocän: Mainzer Becken, Söl- 
lingen, Hermsdorf; Unter-Oligocän: Westeregeln, Lattorf; ferner 
Helmstädt und Hunting-bridge. 

Die Stücke von Hermsdorf und aus dem Mainzer Becken 
sind sich ganz gleich, und unterscheiden sich von den grösseren 
unter-oligocänen und Söllinger Exemplaren durch den nur schwach 
angedeuteten Nabel (an Herrn Brrricm’s Abbildung t. 28 f. 1 
seines Stückes von Westeregeln ist freilich von einem Nabel 
nicht viel zu sehen, denn da dieser halb von der Spindelplatte 
verdeckt ist, war er in der gewählten Stellung so gut wie 
unsichtbar, auch ist das Stuck noch nicht ganz ausgewachsen), 
und von allen übrigen durch das kürzere Gewinde, so dass ich 


31* 


sie als var. minute unterscheiden will. Die Stücke von Wester- 
egeln und Lattorf unterscheide ich als var. umbilicata, und die 
von Helmstädt und Hunting-bridge als var. rotundata. Die 
typischen Stücke von Sutton gleichen den ober-oligocänen und 
norddeutschen miocänen bis auf die geringere Grösse auf das 
Genaueste; nnr ein Stück von Antwerpen hat bei 9 Mm. Länge 
die verhältnissmässig bedeutende Dicke von 4 Mm. Wir müssen 
den Namen C. subangulosa Woon als den ältesten annehmen, 
und C. minuta BRAUN sowie C. pusilla Phuın. non Sow. zu den 
Synonymen stellen; ebenso auch C. moguntina ORoSSE und (. 
exilis Nyst; Namen, welche in der Voraussetzung gegeben 
wurden, dass unsere Art keinen Namen hätte, der ihr bleiben 
könnte. 

Ein Stück von Lapugy, von Hörnes’s Abbildung und Be- 
schreibung der C. Nyvstı (p. 306 t. 34 f. 1) durch ein wenig 
dickere Längsfalten verschieden, gleicht durch die ganze 
Skulptur und Gestalt auf das Vollständigste manchen meiner 
ober-oligocänen Stucke, die in der Stärke der Längsrippen 
sehr variiren; ich zögere daher nicht, die C. Nysti HOöRNES, 
wie dies auch schon Herr BerricH gethan hat, mit unserer 
Art zu vereinigen. Die Stücke von Coroncina in Toscana ge- 
hören zwei verschiedenen Varietäten an, von denen die eine 
durch die Gestalt der Schlusswindung und des Nabels zu der 
var. umbilicata gehört, während die etwas mehr kantigen Win- 
dungen und die etwas gröbere Skulptur mehr auf die ober-oligo- 
canen Formen passen (und miocänen). Die andere Varietät 
schliesst sich durch den grösseren Nabel, die stärkeren Spindel- 
falten, das etwas kürzere Gewinde, die mehr gerundeten Win- 
dungen und die gröbere Skulptur zunächst an die var. rotundata 
an, erreicht aber grössere Dimensionen (11 Mm. Länge und 
4 Mm. Dicke) und hat etwas schärfere Längsrippen. Ausser- 
dem hat mir SEMPER noch ein Stuck von Üoroneina mitge- 
schickt, welches sich von der ©. Nysti Hörnes von Lapugy 
nur durch etwas gröbere Längsrippen und den etwas stärker 
angedeuteten Nabel unterscheidet, Charaktere, in denen unsere 
Art ja sehr schwankt. Für diese subapennine, die miocäne 
und die ober-oligocäne mag der Name C. Nysti als Varietäts- 
name bleiben. 

132 PYyralazn exitisSon*Bre)t! I oz 
Die vorliegenden Exemplare sind zwar ganz platt gedrückt, 


475 


aber doch mit ziemlicher Sicherheit zu bestimmen, da die 
Schalskulptur gut erhalten ist. Diese Art findet sich bei Bar- 
ton und im ganzen Unter-Oligocän. 


14. Pyrula concinna Bexr. t. 15 f. 7—8. 


Ein, wenn auch ganz breit gedrücktes Stück von Helm- 
städt in Herrn v. STROMBEcK’s Sammlung zeigt deutlich die 
eigenthümliche Skulptur und das mehr hervortretende Gewinde 
dieser sonst mittel- und ober-oligocänen Art, zu welcher ich 
aber auch noch eine Pyrula von Barton rechnen möchte.” 


15. Fusus scalariformis Nyst p. 504 t. 40 £. 5. 

Fusus brevicauda PaıL. (Beyr. t. 17 £. 1.) 

Fusus Iyra Bevrich t. 16 f. 10—11. | 

Die Unterschiede, welche nach Herrn Bryrıc#’s Angabe 
zwischen F. brevicauda und F. lyra sich constant finden sollen, 
lassen sich bei meinem grossen Material nicht durchführen, so 
dass ich beide Arten vereinigen muss. Fusus brevicauda Pin. 
ist aber durchaus ident mit dem F, scalariformis NystT aus 
dem belgischen Unter-Oligocan, von dem ich eine schöne Suite 
in der Sammlung des Herrn BosQuEr mit meinen Stücken von 
Lattorf und Westeregeln vergleichen konnte. Die zahlreichen 
Exemplare von Helmstädt behalten ebenso wie die von Wester- 
egeln und Wolmirsleben die ziemlich starke Spiralstreifung der 
ersten Mittelwindungen auch später noch bei, während dieselbe 
gewöhnlich auf den letzten Windungen sehr viel schwächer 
wird. Sie gleichen in dieser Beziehung ein Paar Stücken von 
Hunting-bridge aus dem englischen Mittel-Eocän, welche man 
ihres Alters wegen zu F. scalarinus Lam. rechnen sollte; sie 
haben aber nicht das „blasig geschwollene* Embryonalende der 
französischen Art, sondern einfach glattes, so dass ich vorläufig 
sie zu unserem F“ scalariformis stelle. An ganz ausgewäachsenen 
Exemplaren habe ich nun bis zu fünf Varices gefunden, und 
scheint mir dies die Stellung dieser Art zu der Gattung Fusus 
noch unpassender zu machen; ich lasse sie indessen vorläufig 
hier, weil die älteren verwandten Arten noch als Fusus auf- 
geführt werden. Sonst wäre sie, sowie die folgende*), wohl 


*) Der nächste jüngere Verwandte, Tritonium varians Mıcu., wird von 
Hörnes ‚nur mit Zweifel zu dieser Gattung gestellt, und bietet allerdings 
E 88 8 

grosse Analogie mit einzelnen Columbella-Arten dar. 


\ 6 
auch zu Tritonium zu stellen, und zwar in die Untergattung 
_ Nassaria Linx (Hindsia Apans). 


16. Fusus flezicosta v. Komnen t. 16. f. Sabed. 

Eine Anzahl Exemplare von Helmstädt scheinen sich von 
dem Fusus scalaroides Lam. vorzuglich durch die an der oberen 
Naht mit den Anwachsstreifen gebogenen Längsfalten, den mehr 
zurückgebogenen Kanal, und durch die innen mit ca. 13 mehr 
gleichmässigen Zähnchen besetzte Aussenlippe zu unterscheiden. 
Nach "zwei französischen Stücken im hiesigen Museum würde 
hieruber gar kein Zweifel sein, doch sagt DesHAavszs selbst 
. (tome II. p. 545) dass die Lamarck' sche Art sehr bedeutend 
_ varlirt. Ich nenne die Art von Helmstädt F. flexicosta, um sie 
vorläufig zu unterscheiden. Das grösste Stück, in der Claus- 
thaler Sammlung, besteht aus 7 Windungen, und hat 4 Mm. 
Dicke, sowie 13 Mm. Länge, wovon 5 Mm. auf die Mund- 
öffnung kommen. Es befinden sich 18 gebogene Längsfalten 
auf jeder Windung, sowie ca. 16 feine runde Spiralen. Der 
Rest der Schlusswindung bis zum Kanal ist dann mit be- 
deutend stärkeren Spiralen bedeckt. 


17. Fusus regularis Sow. 


Einige Exemplare von Helmstädt stimmen, soweit sich * 
dies bei ihrer mangelhaften Erhaltung mit Sicherheit sagen 
lasst, gut mit einzelnen von Barton und einem von Lattorf 
überein. 


18. Fusus Sandbergeri Bkyr. 18 8.1. 


Diese Art findet sich im ganzen deutschen, belgischen und 
englischen Unter - Oligocän, bei Helmstädt ist sie ziemlich 
häufig, doch ist zu bemerken, dass einzelne Exemplare, beson- 
ders in Herrn v. STROMBECK’s Sammlung zwischen dem Kiel 
und der unteren Naht nur halb so viel Spiralen haben als 
die übrigen, resp. die typischen Stücke. 


19. Fusus errans Son. f. 2. 


Einige breitgedrüuckte defecte Stucke, meist in Herrn 
GROTRIAN s Sammlung, haben zwar etwas stärkere, aber ebenso 
angeordnete Spiralstreifen wie die englischen mittel- und ober- 
eocänen Exemplare des F. errans SoL., so dass sie wohl 
hierzu zu rechnen sind. Br: 


477 


20. Fusus elongatus Nyst (Bere. t. 24 f. 3-6.) 
Fusus robustus Bey. t. 24 £. 9. 


Das Original von F. robustus BEYR. ist vollständig ident 
mit belgischen unter-oligocänen Stücken von F. elongatus NYsrt. 
Von diesen unterscheiden sich die meist nur zur Vergleichung 
vorliegenden mittel-oligocänen durch ein mehr höckeriges un- 
regelmässiges Aussehen, doch sind Uebergänge genug vor- 
handen. | 


21. Fusus septenarius Beyer. Taf. XV. Fig. 2. 
(Beyr. t. 24 f. 7—B8). 


Dieser oder der verwandten vorigen Art gehört vermuth- 
lich an, was Herr GiEBEL als F. Rothi BeyR. von Lattorf an- 
führt; der ächte miocane F. Rothi Beyr. ist übrigens voll- 
kommen ident mit F. crispus Bors. und hat dieser Name Prio- 
rität. Ein sehr defectes Stück von Helmstädt möchte wohl 
dieser Art angehören. Um dieselbe übrigens kenntlicher zu 
machen, lasse ich ein gutes Exemplar von Lattorf Taf. XV. 
Fig. 2 abbilden. 


22. Fusus scabrellusv. Korxes. Taf. XV. Fig. 4a, b. 


Das Embryonalende sowie die sechs bis sieben Mittelwin: 
dungen sind ganz ebenso wie bei F. septenarius BEYR., nur die 
Längsrippen vielleicht etwas mehr höckerig; dann aber fängt 
die zweite oder dritte Spirale (von unten an gezählt, die erste 
ist mitunter noch von der Naht verdeckt) an mehr hervorzutre- 
treten, und besonders auf den Längsrippen, die immer mehr 
höckerartig werden, eine breite Spitze zu bilden. Zwischen 
die stärkeren Spiralen schieben sich eine bis drei schwächere 
ein; die Anwachslinien erheben sich unter der Naht etwas, so 


dass die Spiralen” mitunter förmlich granulirt sind. Diese Art 


liegt von Helmstädt nur in einigen sehr schlechten Bruchstücken 
vor, die eben nur durch Vergleichung mit meinen guten Stücken 
von Unseburg, Lattorf u. s. w. sich einigermaassen bestimmen 
liessen. Wegen der Uebereinstimmung des Jugendzustandes 


mit F. septenarius zögerte ich lange, beide zu trennen, aber 


die älteren Windungen sind bei meinen zahlreichen Stücken 
durchaus constant verschieden; dabei ist F. septenarius bedeu- 
tend schlanker und scheint als Regel zwei Falten (d. i. nur 
Spuren von solchen) auf der Spindel zu haben, während F. 


478 


 scabrellus deren höchstens eine besitzt, und dabei einen kürze- 
ren, mehr zurückgebogenen Kanal hat. Das abgebildete Stück 
ist von Lattorf. N 


23. Fusus crassisculptus Beyr. t. 21 £. 1. 


Ein defectes Stück in der Clausthaler Sammlung gleicht 
ganz dem Originale dieser unter-oligocän verbreiteten Art, wel- 
che übrigens sehr variabel und deshalb in weiteren Grenzen 
aufzufassen ist, als Herr BeyrıcHn dies damals mit seinem 
schlechten Material that. 


24. Fusus interruptus Sow. 


Die Art der Mineral Conchology von Highgate ist sowohl 
in ihrer ganzen Gestalt, als auch in der Skulptur ziemlich 
variabel. In der Gestalt wurden die nahe verwandten F\ se- 
miaratus BEyR. und F. nudus BEYR. etwa zwei extreme Varie- 
täten von f. interruptus Sow. vorstellen können. Dieser unter- 
scheidet sich überhaupt von F\. semiaratus BEYR. nur dadurch, 
dass er mindestens eine Spirale mehr zwischen der oberen 
Naht und dem glatten Bande auf der Mitte der Windungen hat. 

Es befinden sich in Herrn Grorrıan’s Sammlung vier 
Exemplare von Helmstädt, welche sämmtlich in der Gestalt 
den schlanken Formen des F. interruptus mit flachem Gewinde 
gleichen, und von denen eins besonders, mit drei Spiralen unter 
der Naht, vollständig mit einem meiner Stücke von Highgate 
übereinstimmt. Bei dem zweiten Exemplar von Helmstädt 
fehlt die mittelste dieser drei Spiralen, und bei den übrigen 

"ist nur die oberste vorhanden. Da diese Unterschiede unter 
den Stücken von Helmstädt denn doch sehr gering sind, stelle 
ich sie ohne Bedenken sämmtlich zu F. interruptus Sow. Hier- 
her ist vielleicht auch F. semiaratus BEyR. zu stellen, da die 
Exemplare von Helmstädt einen Uebergang anzubahnen scheinen. 


25. Fusus Edwardsii v. Kornen. Taf. XV. Fie.3 a,b. 


Diese, mir nur von Helmstädt bekannte Art ist nahe ver- 
wandt mit F\ interruptus Sow., besonders mit den englischen 
mittel- und ober-eocänen Stucken mit den breiten furchenarti- 
gen Spiralen, hat jedoch mehr eingesenkte Nähte, resp. stärker 
sewölbte Windungen, und in der Jugend starke Längsrippen, 
ca. 12 bis 15 auf jeder Windung, welche mit den Anwachs- 


streifen gebogen sind, und von der fünften Mittelwindung an 
“ 


479 


sich allmälig verlieren. Die Windungen, welche bis hier 


' gleichmässig gewölbt und mit ca. 8 Spiralen bedeckt waren, 


bekommen eine immer stärker werdende Depression unter der 
Naht, die Spiralen auf der Mitte der Windungen werden immer 
undeutlicher, und sind auf den letzten Windungen deren unter 
der Naht nur etwa vier sichtbar; dann folgt eine glatte Fläche, 
auf der die Spiralen nur eben angedeutet sind, welche ziem- 
lich bis zur unteren Naht reicht. Der Rest der Windungen, 
sowie auch der Schlusswindung, ist von da an wieder mit 
breiten, runden Spiralen bedeckt. Mein grösstes Stück besteht 
aus zehn Windungen und hat 17 Mm. Durchmesser und 45 Mm. 
Länge, wovon 23 auf die Mundöffnung kommen. Der Kanal 
ist schwach zurückgebogen. 


26. Fusus (Clavella) longaevus SoL. 
var. egregius BEYR. t. 22 f. 1—5. 


‚Eine ziemliche Anzahl Stücke von Helmstädt stimmen 
ganz mit solchen von Westeregeln, Unseburg, Lattorf, Brocken- 
hurst u.s. w. überein. Bei Brockenhurst finden sich nun aber 
neben dem ächten F. egregius BEYR., welcher durchaus keine 
Längsskulptur führt, auch häufig Stücke, die auf den ersten 
Mittelwindungen starke, runzelige Längsrippen tragen, und 
dem ächten F. longaevus SorL. in jeder Beziehung gleichen; 
ich halte es daher für nöthig, zu diesem den F. egregius Beyr. 
als Varietät zu stellen. 


27. Fusus restans v. KoExen. 


Es liegt aus Herrn v. Stromseck’s Sammlung nur ein 
Exemplar von Helmstädt vor, welchem ein Theil der Schluss- 
windung fehlt. Dasselbe ist 22 Mm. breit und über 40 Mm. 
lang gewesen, besteht aus fünf Windungen, deren es im Gan- 
zen sieben gehabt haben mag (die Spitze des Gewindes fehlt) 


-und schliesst sich in Gestalt und Skulptur eng an den unter- 


eocänen F\. planicostatus MeLLev. (DESHAYES, Suppl. tome III. 
p. 279 t. 83 f. 19— 20) an. Von diesem unterscheidet sich 
unsere Art indessen durch eine weit schwächere Innenlippe, 
zahlreichere Längsrippen (20 auf der Schlusswindung), schär- 
fere Spiralen, zwischen die sich feinere einschieben, sowie da- 
durch, dass die Windungen über dem Kiel noch mehr concav 
sind, und weiter an den vorhergehenden heraufgehen, so dass 


480 
auf den Mittelwindungen dieser Theil der Schale etwa zwei 
Drittel der Höhe einnimmt, während er bei der französischen 

Art nur etwa ein Drittel beträgt. Ausserdem treten die An- 
wachsstreifen unter der Naht ziemlich stark hervor. Ich führe 
das Stück überhaupt nur an, weil das Vorhandensein einer 
solchen Form, die in allen Schichten von gleichem oder nahe 
stehendem Alter fehlt, doch bei Beschreibung einer Fauna nicht 
gut mit Stillschweigen übergangen werden darf, und gebe zur 
Unterscheidung denn auch den Namen F. restans, so gewagt 
es auch sonst ist, auf ein einziges noch dazu defectes Stuck 
eine neue Art zu gründen. 


28. Fasciolaria funiculosa Lau: (Desa. t. I. p. 516 
t. 72 £.5— 7.) ; 
Fasciolaria fusiformis Pair. (Palaeont. I. p. 70 t. 10 £. 1.) 

Fusus cognatus Beyr. 1. 25 f. 1-2. 

Die von Herrn Beyricn angegebenen Unterschiede zwi- 
schen der deutschen unter-oligocänen, und der französischen, 
resp. englischen mittel-eocänen Art finden sich nur an einzel- 
nen meiner Stücke, während andere sich vollkommen gleichen; 
ich vereinige daher beide Arten. Von Helmstädt liegen meh- 
rere gute Stücke vor. 


Edwardsia nov. gen. 


Testa ovata, plicis antrorsum concavis et lineis elevatis spi- 
ralibus ornata, apice acuto; apertura oblongo-ovali columella bi- 
plicata, recta, margine externo incrassato, intus costato, margine 
columellari angustissimo, canali brevissimo. 


Es finden sich im norddeutschen und belgischen Oligocan 
5 Arten, welche zu ganz verschiedenen Gattungen gestellt sind, 
aber zu keiner derselben ganz passen, und jedenfalls eine 
eigene Gruppe bilden. Es sind dies Cuma Bettina SEMPER, 
Voluta semigranosa Nyst, Voluta subgranulata SCHLOTH. (V. se- 
miplicata N.), Turbinella pyruliformis Nyst und Cancellaria 
Strombecki SPEYER.*) Cuma Bettina oder Fasciolaria tubercu- 


*) Hierher gehört jedenfalls auch Turbinella pulcherrima Desn. 
Suppl. t. II. p. 298 1.83 f. 19—14, welche sich von der in der Skulptur 
einigermaassen variirenden Voluta semigranosa Nyst höchstens durch 


Aa > 
lata GıeB. würde zu Cuma passen, wenn nicht zwei Falten auf 
der Spindel vorhanden, und der Kanal eben ganz kurz wäre; 
_ freilich erscheint derselbe bedeutend länger, wenn von der 
Aussenlippe mehr oder weniger abgebrochen ist, ebenso wie 
dies bei den andern Arten der Fall ist. die dann zu Turbi- 
nella und Oancellaria gestellt worden sind. Nach Ansicht des 
Herrn v. Martens, der ich nur beipflichten kann, sind die er- 
wähnten Arten als Untergattung zu Pisania Bıvon zu stellen, 
„ wie Borsonia zu Pleurotoma und Fasciolaria zu Fusus; diese 
neue Gattung widme ich Herrn F. E. Epwarps, dem wir die 
Kenntniss der älteren englischen Tertiäar-Fauna verdanken, 
Sammtliche fünf Arten haben zwei starke Falten auf der Spindel, 
eine dünne Spindelplatte, eine meistens verdickte und gezähnte 
Aussenlippe die keine Depression am Kanal zeigt, sondern in 
einem einfachen Bogen verläuft. Die Schale ist mit erhabenen 
Spiralen bedeckt, welche über die schwachen, nach vorn ge- 
bogenen Längsfalten hinweglaufen. 


29. Edwardsia Bettina SEMPER. 
Cuma Bettina Semper. Bort, Mekl. Archiv 1862. 

Fasciolaria tuberculata GEB. (p. 33 t. 1. f. 7.). 

Es liegen von Helmstädt nur einige schlechte, noch junge 
Exemplare von etwa 20 Mm. Länge vor, die aber mit jüngeren 
Stücken von Lattorf ganz übereinstimmen. Ich nehme SEn- 
pEr’s Namen an, obwohl der Gizser’sche Namen schon 1861 
in dem Verzeichnisse (GIEBEL und Hxzıyrz Jahrb.) publicirt ist, 
da aus der Beschreibung die Art nicht im Mindesten zu erken- 
nen war, um so mehr als sie eben zu Fasciolaria gestellt war 
und noch dazu mit Borsonia Delucü Nyst (Fasciolaria nodosa 
GiEB.) und Fasciolaria fimbriata Broc. verglichen wurde. 


80. Edwardsia pyruliformis Nxsr. 
Turbinella pyruliformis Nyst p. 486 t. 38 £. 26. 

Es liegen von Helmstädt mehrere defeete Exemplare dieser 
für das belgische und norddeutsche Unter-Oligocän charakte-: 
ristischen Art vor, von welcher ich nur ein vollständiges aus- 
gewachsenes Exemplar von Lattorf kenne; dieses hat eine 


geringere Dimensionen und ein stumpferes Gewinde unterscheidet; doch 
kann dies möglicherweise daher kommen, dass die zwei einzigen bekann- 
ten französischen ober-eocänen Stücke noch nicht ausgewachsen sind. 


+ 


182 


stark verdickte, innen gezähnte Aussenlippe, einen ganz kur- 
zen Kanal, und keine Depression an demselben, so dass diese 
Art auf keinen Fall mehr zu Turbinella passt. Fam / 


3l. Edwardsia semigranosa Nysr. (Beyr.t.4f.8). 
Voluta semigranosa Nsst p. 599 t. 44 f. 11. 


Ein schlechtes Exemplar von Helmstädt gehört wohl dieser 
: im ganzen belgischen und norddeutschen Unter-Oligoeän ver- 
breiteten Art an, und gleicht besonders solchen Stücken, bei 
denen durch stärkeres Hervortreten der Längs- und der Spiral- 
Skulptur die letzten Mittelwindungen und der obere Theil der 
Schlusswindung stark und dicht granulirt erscheinen. 


32. Purpura nodulosa BeyR. t. 8 £. 7. 


Ein Stück von Helmstädt stimmt ganz mit solchen von 
den sonstigen unter-oligocänen Lokalitäten überein. 


33. Cassis ambigua SoL. 
Cassis affinis Psır. (Bey. t. 10 £. 3.) 


Zwei defecte Stücke in Herrn GRoTRIAN’s Sammlung ge- 
hören ohne Zweifel dieser im ganzen Unter-Oligocan und bei 
Barton vorkommenden Art an. 

Herr Beyricn hat wohl diese beiden Arten nur getrennt 
gelassen, weil er ihre Identität bei seinem dürftigen Material 
besonders an englischen Stücken nicht beweisen konnte. Ich 
finde, dass die Leisten auf dem Spindelrande bei meinen eng- 
lischen und deutschen Exemplaren meistens dieselben sind, 
während allerdings die Zähne des Aussenrandes bei den vor- 
liegenden Stücken von Barton, die leider sämmtlich nur eine 
mittlere Grösse haben, viel regelmässiger und zahlreicher sind, 
doch möchte dieser Unterschied im Alter wohl verschwinden, 
da die jüngeren Stücke von Lattorf u. s. w. mitunter den eng- 
lischen in dieser Beziehung ebenfalls sehr nahe kommen. 


34. Cassis coronata DesH. tome U. p. 35 t. 85 
f. 11— 13. 
€. Germari Pair. (Bevr. t. 10 f. 1.) 
C. Quenstedti Bey. t. 10 £. 2. 
Herr Beyrich stellte seine ©, Quenstedti nur nach einem 
einzigen Exemplare auf; seitdem haben sich deren aber mehr 
gefunden, welche alle Uebergänge zu C. Germari PuıL. bilden, 


483 


so dass der Name (. ‘Quenstedti höchstens als Varietätsname 
beizubehalten wäre. €. Germari PhıL. und €. coronata Desn. 
_ unterscheiden sich nun besonders dadurch, dass bei ersterer 
die Höcker auf dem oberen Theile der Schlusswindung schwä- 
cher und zahlreicher sind, und die Skulptur eigenthümlich wellig 
ist. Unter den zum Theil verhältnissmässig guten Stücken von 
Helmstädt finden sich aber sowohl solche, die mit der ächten 
©. Germari Puı.., als auch solche, die mit meinen englischen 
Stücken von (. coronata DrsH. auf das Genaueste übereinstim- 
men, und ausserdem noch verschiedene, zwischen beiden Arten 
stehende, so dass ich nicht umhin kann, diese zu vereinigen. 

Diese Art findet sich demnach im Mittel- Eocän und im 
Unter-Oligocän. 


35. Cassidaria nodosa SoL. 


C. carinata Law. (Desn. tome DI. p. 033 t.86 f. 7, 1.85 f.1,2,8,9.) 
C. depressa Bucu (Bere. t 9 f. 1.) 
C. Buchü Bor Bars. t. 9 f. 2-9. 

Ein Paar verdrüuckte Stücke von Helmstädt stimmen, so 
weit sich dies mit Sicherheit bestimmen lässt, mit solchen von 
Lattorf und Wolmirsleben überein. Englische Originale der 
C. nodosa SoL. von Barton unterscheiden sich von den meisten 
unter-oligocänen Exemplaren in etwas dadurch, dass sie nicht 
wie diese zwischen der Naht und der obersten Hockerreihe 
eine stärker hervortretende Spirale führen, und von den mittel- 
oligocänen unterscheiden sie sich dadurch, dass sie weniger, 
nur vier Höckerreihen und feinere Spiralen besitzen. Diese 
Merkmale sind indessen nicht constant, und es finden sich 
selbst an ein und derselben Lokalität kaum zwei Exemplare, 
die sich nicht durch Anzahl und Gestalt der Höckerreihen und 
Spiralstreifen irgendwie unterschieden, so dass ich nicht zögere, 
sie zu vereinigen. 

Desnayzs hat die ©. nodosa mit der Lamarcr’schen (. ca- 
rinata vereinigt, welche von unseren Formen im Allgemeinen 
indessen ziemlich verschieden ist, doch wird sein Material ihn 
wohl dazu berechtigen; ein Paar Fragmente von Helmstädt 
haben in der Skulptur die auffallendste Aehnlichkeit mit eng- 
lischen unter- und mittel-eocänen Stücken der C. carinata Lam. 

Die ober-oligocäne ©. Buchü BoLL ziehe ich unbedenk- 
lich mit hierzu, da die von Herrn SPEYER richtig angeführten 


ER > 
ee 


484 


Unterschiede sich immerhin nur bei einzelnen Stücken wirklich 


finden. = \ n 


36. Ancillaria unguiculata BzyR. t. 2 f. 3. 


Diese im ganzen Unter-Oligocän verbreitete Art findet sich 
ze häufig bei Helmstädt. 


37. Ancillaria subcanalifera D’ORB. (Hönnust t. 6 
f. 3.) 
Anc. canalıfera GirB. u. Ss. w, 


Die Exemplare dieser Art von Helmstädt sind ganz ident 
mit solchen von Lattorf, Unseburg, Vliermael, sowie mit den 
miocanen aus den Becken von Wien und Bordeaux, aber durch 
die bis zum Bande hinabgehende Schmelzlage, von sammtlichen 
eocäanen Vorkommnissen constant verschieden, wie dies auch 
Hoörses im Nachtrage zum ersten Bande seiner Arbeit (S. 665) 
ausführlicher beschreibt. 


38. Conus Beyrichii v. Korxen. Taf. XV. Fig.7a,b. 
C. concinnus Beys. non Sow. (Beyr. t. 1 f. 2.) 

C. Lamarckuü Epw pars. 

Ein Stuck in der Clausthaler Sammlung gleicht vollstän- 
dig, selbst in der Erhaltung, solchen von Lattorf, so dass ich 
fast an eine Verwechselung des Fundortes glauben möchte. 
Der ächte C. concinnus Sow. aus dem London-clay unterscheidet 
sich von unserer Art durch das etwas spitzere Gewinde, sowie 
dadurch, dass er auf der Schlusswindung überall, doch nach 
oben zu immer wenicer hervortretende Spiralen, und auf dem 
Dache stets drei granulirte Spiralen trägt, welche im Alter 
immer stärker werden. Diese Unterschiede konnte Herr BeEY- 
RICH aus Sowerey’s Abbildung und Beschreibung nicht heraus- 
finden, dagegen erkannte sie F. E. Enwarns aus Herrn Bey- 
RicH’s Arbeit, und stellte unsere Art zu seinem C. Lamarckü. 
Dieser hat jedoch viel feinere, oft kaum sichtbare Knoten auf 
den Kanten, welche auch schon auf der dritten Mittelwindung 
etwa ganz glatt werden; ausserdem zieht sich das Dach mehr 
an den vorhergehenden Windungen herauf, zuletzt noch etwas 
mehr anschwellend, so dass die Naht weniger scharf und regel- 
mässig erscheint. Von dem C. antedilwianus Bruc. aus dem 
Miocän und Pliocän unterscheidet sich der C. Beyrichü sehr 
constant durch eine bedeutend kürzere, weniger spitze Schluss- 


485 


windung. Von dem französischen C. antediluvianus (DESHAYES 
erste Arbeit tome II. p. 749 t. 98 f. 15, 14), welcher sich 
vollkommen ident auch bei Lattorf findet, unterscheidet er sich 
durch viel schwächere und etwas zahlreiche Knoten auf der 
Kante des Daches (17—21; jener hat deren etwa 14), welche 
sich auf der sechsten oder siebenten Mittelwindung allmälig 
verlieren. Zu besserer Fixirung der Art lasse ich ein Paar 
gute Stücke von Calbe a. d. S. (Taf. XV. Fig. 7a) und von 
Lattorf (Fig. 7 b) abbilden. 


39. Conus deperditus BRuc. 
C. Allioni Beyr. non Micn. pars. (Bey. t. 1 f. 6.) 

Unter den zahlreichen von Helmstädt vorliegenden Stucken 
befinden: sich mehrere recht gut erhaltene, welche sich von 
solchen von Westeregeln nur dadurch unterscheiden, dass 
die 3—4 Spiralen auf dem Dache noch etwas mehr hervor- 
treten und mit den Anwachsstreifen eine zierliche Gitterung 
hervorbringen, ganz ebenso, wie sie sich an meinen Exempla- 
ren aus dem englischen Mittel-Eocän findet. Von diesen unter- 
scheiden sie sich überhaupt nur dadurch, dass die Anwachs- 


linien, resp. der Aussenrand, besonders oben nicht so stark 


gebogen sind, dass die Spirallinien unten am Kanal gröber, 
mehr furchenartig sind, und nicht so weit hinaufgehen,” sowie 
auch durch ihre geringere Grösse. Da aber grosse englische 
Stücke von 75 Mm. Länge von den kleineren in den erwähn- 
ten Punkten abweichen und sich unseren Exemplaren nähern, 
so stelle ich diese unbedenklich mit zu jener Art. 

Von dem Conus Semperi SPEYER (C. Allioni BEYR. pars) 
von Hermsdorf u. s. w. unterscheidet sich unsere Art durch das 
kürzere Gewinde im Alter, die viel schärfere Kante am Dache, 
auf welchem auch die Anwachsstreifen weit weniger gebogen 
sind. ‚Die Spiralen fehlen ganz. Ausserdem sind auch die 
Spiralen am Kanal weit feiner und zahlreicher bei dem C. 
Semperi SPEYER. 


40. Conus procerus Bay. t. 1 f. 7. 
€. alatus Eow. var. hemilissa (Evw. t. 25 f. 1a, b.) 
Diese Art ist sehr variabel in der Länge des Gewindes, 
in der Tiefe der Depression unter der Naht, sowie auch in der 
Zahl und Stärke der Spiralen am Kanal. Was diese letzteren 


486 


anbetrifft, so stehen die meisten norddeutschen Stücke dem 
Originale Herrn BryrıcH’s (t. 1 f. 7) ziemlich nahe, während 
die englischen unter - oligocänen Exemplare von Brockenhurst 
fast ganz bis zu dem mittel-eocänen typischen C. alatus Epw. 
hinuber variiren; übrigens kommt diesem ein Stück, welches 
ich bei Unseburg gefunden habe, in jeder Beziehung gleich. 
Ich behalte daher nur den Namen C. alatus Epw. als Varietäts- 
namen bei. Ein Paar defecte Stücke von Helmstädt aus Herrn 
GROoTRIANs und Herrn A. Rormer’s Sammlung liegen vor und 
sind ganz ident mit solchen von Lattorf, Calbe a. d. $., Unse- 
burg u. s. w. und einzelnen von Brockenhurst. 


41. Conus Grotriani v. Korxen. Taf. XV.Fig.5a, b. 


Wie die vorige Art zu der Untergattung Conorbis gehörig 
unterscheidet sich diese Art von ihr durch das bei sämmtlichen 
vorliegenden Stucken gleich lange, kürzere Gewinde, die breite, 
gerade das Knie der Anwachsstreifen enthaltende Depression 
auf dem Dache, und die gleichmässigen, furchenartigen Spira- 
len auf der Schlusswindung. Bei ausgewachsenen Stücken von 
32 Mm. Länge zählt man 16 solcher Spiralen, welche von der 
Kante oben bis dicht an den Kanal hinuntergehen, welcher 
von da an mit viel feineren, immer schräger werdenden Spiral- 
linien “"edeckt ist. Das abgebildete, nur wenig verdrückte 
Exemplar dieser bis jetzt nur von Helmstädt bekannten Art 
wurde bei 32 Mm. Länge unverdrückt etwa 15 Mm. Durch- 
messer haben. 


Pleurotoma. 


A. Der Sinus liegt auf dem Kiel. 
42. Pleurotoma turbida Son. f. 31. 


Pl, subdenticulata Gowpr. (Pl. erenata Nysr.) 

Pl. cataphracta Baoc. (t. 8 f. 16.) 

Ich kann nicht umhin diese drei Typen zunächst zu ver- 
einigen, welche sich in allen Tertiärschichten in so zahllosen 
Varietäten finden, dass auf alle nur etwa folgende Beschrei- 
bung passen würde. Der Sinus liegt auf dem Kiel, Kanal 
kurz, auf der Spindel eine mehr öder weniger starke Falte; 
das Knie der Anwachsstreifen erhebt sich auf dem Kiel meist 
zu kleinen Knötchen, doch kann der Kiel, besonders im Alter 
auch glatt sein, wie bei Pl. parilis Epw,, rotundata Epw., he- 


487 


mileia Enw., Goldfussi Prit., Jugleri PHıL. u. Ss. w. Aus sol- 
chen Varietäten sind denn sehr zahlreiche neue Arten gemacht 
worden, welche sich häufig an einer Lokalität deutlich geson- 
dert halten, an einer anderen aber wieder durch einander va- 
riiren. Herr Professor SANDBERGER trennt zwar die Pl. sub- 
dentieulata GouLpr. (Pl. crenata NystT, hantoniensis Epw.) von 
der Pl. turbida Son. und der cataphracta Broc., da er bei sei- 
nen Exemplaren Unterschiede gefunden hat; ich finde aber bei 
ca. 5000 Stücken von einigen 40 verschiedenen Fundpunkten 
alle Uebergänge, namentlich habe ich solche aus dem Miocän 
(Systeme diestien) von Antwerpen, welche denen von Barton 
vollkommen gleichen. Herr BeyricH ist der Ansicht, dass, 
weil die mittel- und ober-oligocäne Pl. subdenticulata meist eine 
schwächere Falte hat als Pl. turbida und cataphracta, diese 
beiden Arten als geognostisch getrennt anzusehen seien; ich 
habe aber viele Exemplare von Hermsdorf, welche sogar eine 
stärkere Falte auf der Spindel tragen als die Pl. turbida SoL. 
von Barton. 

Bei Helmstädt findet sich zunächst die ächte Pl. turbida, 
wie sie sich bei Barton und im ganzen belgischen und nord- 
deutschen Unter-Oligocan findet, und dann besonders häufig 
eine Varietät mit gröberen und selteneren Spiralen, welche bis 
auf das ein wenig kürzere Gewinde der Pl. ligata Epw. aus 
dem englischen Mittel-Eocän vollkommen gleicht. Hierher ge- 
hören vermuthlich Pleurotoma turbida und Borsonia turbida in 
GIEBEL „Fauna von Lattorf*. " 


43. Pleurotoma Roemeri v. Koznen. Taf. XV. 
Fig. 6a, b. 


Die Schale dieser nur von Helmstädt bekannten Art be- 
steht aus 9 Windungen, worunter 2 glatte Embryonalwindun- 
gen, und hat ca. 9Mm. Durchmesser und 25 Mm. Länge, wo- 
von 1] Mm. auf die Mundöffnung kommen. Die ersten Mittel- 
windungen sind mässig gewölbt und mit ca. 14 Längsrippen 
besetzt. Dann bildet sich auf der unteren Hälfte ein Kiel aus, 
auf welchem drei Spiralen entlang laufen, die durch etwas 
gebogene Längsrippchen (etwa 20— 25 auf jeder Windung) 
unterbrochen werden. Mit diesen korrespondirend finden sich 
auf einer Anschwellung der Schale, dicht unter der Naht, kleine 


Höcker, über welche drei Spiralen hinweglaufen, Zwischen 
Zeits. d.d. geol. Ges. XVII, 3. 32 


488 


beiden Knotenreihen liegt, ebenso breit als jede derselben, eine 
Depression , auf welcher meist vier feine Spiralen befindlich 
sind. Unter dem Kiel folgen auf der Schlusswindung auf dem 
convexen Theile der Schale noch 3—4 Spiralen, von denen 
nur die oberste auf den jüngeren Windungen sichtbar ist, und 
zwischen welche sich meist noch feinere dergleichen einschie- 
ben. Darunter folgen bis an das Ende des mässig langen, 
geraden Kanals immer schwächer und schräger werdende Spi- 
ralen. Diese Art ist der Pl. denticula Bast. nahe verwandt, 

unterscheidet sich aber davon durch die starke Biegung der 
Höcker, durch die Knoten unter der Naht und den längeren 


- 


Kanal. 


44. Pleurotoma denticula Basr. (Epw. Eoc. Moll. 
p. 286 t. 30 £. 7.) 


Die Exemplare von Helmstädt gleichen ganz denen von 
Lattorf, Westeregeln, sowie auch von Barton (Epw. t. 30 f. Te) 
doch treten die 3—4 gröberen Spiralen unter dem Kiel auf 
der Schlusswindung etwas weniger hervor als bei letzteren. 


45. Pleurotoma Bosqueti Nyst p. 514 t. 40 £. 9. 
Pl. denticula Gıies. non Bast. (Gisseı t. 3 f. 6.) 


Die belgischen und deutschen typisch unter-oligocänen 
Exemplare dieser Art haben gewöhnlich, wie dies auch auf den 
Abbildungen Nysrt’s und GIEBEL’s zu sehen ist, sehr zahlreiche, 
von zwei Spiralen getragene Längsleisten auf dem Kiel, welche 
etwa von der sechsten Windung ab verschwinden, und unter- 
scheiden sich hierdurch, sowie durch den weniger hervortretenden 
Kiel und die schwächere Depression unter demselben von der 
ober-eocänen Pl. monerma Epw. und der mittel- und ober- 
oligocänen Pl. laticlavia BEyR., doch besitze ich viele Ueber- 
gänge wenigstens zu der Pl. laticlavia, und von dieser unter- 
scheidet sich Pl. monerma nur durch das meist kürzere Ge- 
winde. Die Pl. Bosqueti hat somit mitunter auch stärkere, 
weniger zahlreiche Leisten auf dem Kiel, und, wenn auch sehr 
selten, werden die abwechselnd gröberen und feineren Spiralen 
auf der Wölbung der Schlusswindung gleichwerthig; mit sol- 
chen Formen stimmen die Stücke von Helmstädt ganz überein. 
Zu Pl. laticlavia BEYR. gehört vermuthlich, was Herr SPEYER 
(in dieser Zeitschrift 1862 8.485) als Pl. turricula Broc. von 


489 


Söllingen anführt, die allerdings sowohl in der glatten, flachen 
Form mit manchen unter-oligocänen, als auch in der Pl. Stoffelsü 
Nyst genannten mit den mittel- und ober-oligocänen sehr gut 
übereinstimmt, mit dem einzigen Unterschiede, dass die mio- 
cänen und pliocänen Formen auf den Mittelwindungen stets 
noch eine stärkere Spirale unter dem Kiel zeigen, die älteren 
Formen nicht; doch wird auch dies wohl nicht konstant sein, 
so dass später vielleicht alle diese Arten werden vereinigt 
werden müssen. 


46. Pleurotoma nudiclavia BryR. t. 30 f. 4. 


Ein Exemplar in der Clausthaler Sammlung, bis auf den 
Kanal gut erhalten, gleicht ganz denen von Lattorf, Wester- 
egeln u. s. w., resp. dem von Herrn Bryrıc# t. 30 f. 4 ab- 
gebildeten. 

Auf 3 glatte Embryonalwindungen folgt eine Windung 
mit Längsrippen, welche: auf den folgenden Windungen kürzer 
und schneidenformig werden, auf der vierten bis siebenten 
Mittelwindung allmälig ganz verschwinden, und wie auf ihnen 
jede Spiralskulptur fehlt, so bildet sich dann ‘ein glänzend 
glattes, etwas erhabenes Band aus, auf welchem der Sinus 
liegt. Zwischen diesem und der oberen Naht ist eine De- 
pression mit 2 bis 3 Spiralen befindlich; unter ihm folgen bis 
zur unteren Naht noch zwei feine Spiralen. Unter diesen, auf 
dem konkaven Theil der Schlusswindung befinden sich bis zum 
Kanal noch lauter feine gleichmässige Spiralen. Diese Art 
ist übrigens der vorigen nahe verwandt. Meine grössten Stücke 
von Lattorf haben 12 Windungen und 7 bis 8 Mm. Durch- 
messer, sowie 25 Mm. Länge, wovon 10 Mm. auf die Mund- 
öffnung kommen. 


47. Pleurotoma Koninckii Nyst p. 517 t. 41 f. 3. 

Pl. Waterkeynii Nxst. p. 518 t. 41 £. 4. 

Pl. Zinkeni GueBer t. 3 f. 6. 

Nach meinen Exemplaren von Rupelmonde sind die beiden 
Nyst’schen Arten zu vereinigen, und ziehe ich den Namen 
Pl. Koninckü Nyst, als den besseren vor, um so mehr, als 
er einem mehr ausgewachsenen Exemplare gegeben worden 
ist. Wie sich hieraus schon ergiebt, wird der Kiel im Alter 


schwächer, und die Windungen strecken sich mehr, als dies 
32° 


490 


bei den im Mainzer Becken und bei Hermsdorf nur unausge- 
wachsen vorkommenden Exemplaren der Fall ist. Herr Saxp- 
BERGER hält zwar die unter - oligocäne Art für verschieden von 
der Pl. Waterkeyni , weil der Kiel bei ersterer erst im Alter 
deutlicher hervortrete; vermuthlich werden bei seinen Stucken, 
wie dies gewöhnlich der Fall ist, die jungeren Windungen 
stark abgerieben sein; ‘ich finde an zahlreichen guten Exem- 
plaren gerade das Gegentheil, und stelle die unteroligocänen 
Stücke mit den mittel- und ober-oligocänen zu Pl. Koninckü 
 Nyst. Die grössten Exemplare von Helmstädt sind wie die 
von Rupelmonde u. s. w. etwa 40 Mm. lang; bei Lattorf, 
Unseburg u. s. w. erreichen sie indessen 65 Mm.*) 


48. Pleurotoma conifera Epw. p. 274 t. 31. 3. 


Ein Exemplar in Herrn GroTIAan’s, und zwei in Herrn A. 
Rormer’s Sammlung gehören zn einer im belgischen und 
deutschen Unter-Oligocan verbreiteten Art, welche in der Ge- 
stalt und Skulptur, der Zahl, Stärke und Anordnung der Spi- 
ralen der Pl. conifera Epw. aus dem englischen Mittel-Eocän 
auf das Genaueste gleicht... Zwar wird die unter -oligocäne 
Art etwas grösser, und dieHöcker verlieren sich etwas später, 
mitunter erst auf der Schlusswindung, doch glaube ich bei der 
sonstigen genauen Uebereinstimmung beide nicht trennen zu 
können. | ’ 


49. Pleurotoma Selysii Konisck (Nvst p. 515 t.40 
£,.41): 


Pl. flewxuosa GieBEL non GoLdr. GIER. t. 3. f. 9). 
Pl. diffieilis Giesen (Gier. t. 4. f. 3). 

Pl. Prestwichü Eow. (t. 30 f. 3). 

Pl. simillima Eow. (t. 30 f. 4). 

Pl. Wetherellü Eow. (t. 29 f. 16). 


Die Pl. flewuosa Herrn GiEBEr’s ist eine mittel-oligocan bei 
Lattorf, Hermsdorf, Rupelmonde etc. vorkommende Varietät der 


*) Pl. Waterkeyniüi Nyst bei Epwarps (Eoe. Moll. t. 30 f.8) ist schon 
durch die Höcker.auf dem Kiel ganz verschieden, und mag Pl. Edwardsü 
heissen. Ebenso hat Pl. Koninckiü Nyst Enwarns (p. 279 t 29 f. 15) 
mit unserer Art nichts zu thun, möchte vielmehr eher zu Pl. Selysü zu 
stellen sein. Pl. crebrilines Eow. von Stubbington (t. 30 f. 6) ist da- 
gegen möglicherweise mit hierher zu ziehen. 


491 


Pl. Selysiü, und unterscheidet sich von der ächten Pl. flexuosa 
durch den längeren Kanal, die weniger zahlreiche Rippen, und 
die schwächere Biegung derselben. Pleurotoma diffieilis ist eine 
im Unter-Oligocän häufige Form von Pl. Selysi, deren sich bei 
Lattorf, Westeregeln u. s. w. noch mehrere finden. Hierher ge- 
hören denn auch noch Pl. Prestwichi Epw. (t. 30 f. 3), Pl. 
simillima Epw. (t. 30 f. 4), Pl. Wetherellü Evw. (t. 29 f. 16) 
und vermuthlich auch Pl. Koninckü Epw. non Nyst (Epw. t. 29 
f. 15), die sich von der ächten Pl. Selysi, die ja auch mit-ihnen 
zusammen vorkommt, nicht konstant unterscheiden, sobald man 
eine grössere Anzahl von Exemplaren vergleicht. Die Exem- 
plare ven Helmstädt sind zwar sämmtlich sehr defekt, genügen 
aber doch, besonders da sie dieser wohlbekannten Art ange- 
hören, um sich mit Sicherheit bestimmen zu lassen, und zwar 
stehen sie sämmtlich zwischen den Formen, die Herr GIEBEL 
t. 1. f. 2 und t. 4. f. 2 abbildet. 


50. Pleurotoma plana GIEBEL (t. 4. f. 4). 


Ein Exemplar in der Clausthaler Sammlung stiumt ganz 
mit solehen von Lattorf u. s. w. überein. Diese Art steht der 
Pl. Selysii sehr nahe, lässt sich aber in jedem Alters-Stadium 
schon durch die geringe Wölbung der Windungen unterscheiden; 
diese ist übrigens bei der Abbildung Herrn GiIEBEL’s auf der 
rechten Seite viel zu stark gezeichnet, auch sind wohl die Spi- 
ralen etwas zu grob. 


B. Der Sinus liegt über dem Kiel. 
51. Pleurotoma rostrata Soı. f. 34. 


Unter den von mir selbst bei Barton gesammmelten Exem- 
plaren der Pleurotoma rostrata Sou. finden sich auch 
extreme Formen, wie EpwArDs sie gar nicht erwähnt. Die- 
selben haben nur in der Jugend schwache Längsrippen, im 
Alter gar keine, und stehen somit den mittel-eocänen Arten 
Pl. inarata Sow. und Pl. planetica Evw. äusserst nahe. Diesen 
Formen gleichen einige Stücke von Helmstädt durchaus, welche 
vollständig über 70 Mm. lang gewesen sein müssen. 

Hieran reihen sich dann noch die zahlreichen, von EDWARDS 
aufgestellten Arten aus dem London-clay, welche einen Ueber- 
gang zu Pl. transversaria Lam. und Pl. belgica GoLpF. an- 
bahnen; so stimmen z. B. einzelne Exemplare der Pl. teretrium 


492 


Epw. var. cerebrilinea auf das Genaueste mit solchen von Pl. 
belgica: GoLpr. von Hermsdorf. | 

Diese letztere trennt zwar Herr SANDBERGER von der Pl. 
regularis Kox., weil diese keine Längsfalten habe, dieselben 
fehlen aber ganz nur bei abgeriebenen Exemplaren. Die Wöl- 
bung der Windungen ist besonders stark variirend, und scheint 
es mir sehr viel darauf anzukommen, welche Grösse die Art 
an einzelnen Lokalitäten erreicht. So finden sich im Mainzer 
Becken Stücke bis zu 80 Mm. Länge, während ein leider 
defektes Stuck von Hermsdorf über 150 Mm. lang gewesen 
sein muss. | 

Eine definitive Entscheidung wage ich nicht abzugeben, 
wie ‚sich Pl. transversaria Lam. zu unseren Arten verhält, da 
mir mein Material nicht genügt. | ‘ 

Besonders häufig finden sich bei Helmstädt Stücke, die 
ich als var. multicostata hierzu stelle. Sie unterscheiden sich 
von der ächten Pl. rostrata durch die im Alter viel zahlreicheren, 
schmaleren und stumpferen Längsrippen, und das stärkere Her- 
vortreten der Anwachsstreifen unter der Naht, sowie durch die 
schwächere Wölbung der Windungen und die noch breiteren 
gekörnelten Spiralen; ferner hat Pl. rostrata auf den letzten 
Mittelwindungen zwischen dem Sinus und der oberen Naht 4—5 
feine Spiralen, unsere Stucke deren nur 2—3 etwas stärkere; 
das Embryonalende und die ersten Mittelwindungen sind bei 
beiden gleich. Als eine zweite Varietät „multistriata“ stelle ich 
hierzu noch einige Exemplare, welche zwischen der oberen 
Naht und der Wölbung der Windungen meist genau dieselben 
Spiralen haben wie die ächte Pl. rostrata, darunter aber noch 
einmal so viel, indem sich zwischen die ubrigens nicht granu- 
lirten Haupt - Spiralen’ feinere einsehieben. Auf der Schluss- 
windung gehen ca. 20 Anschwellungen, den Anwachsstreifen 
folgend, über die Wolbung hinweg. An diese Varietät schliessen 
sich Pl. fusiformis Sow. und die meisten Varietäten von Pl. 
teretrium Epw. sehr nahe an. 


52. Pleurotoma Beyrichii PuıL. (Palaeontogr. 1. 
DB: 68,1: 10.62): 


Ein Exemplar von Helmstädt aus Herrn GRoTRIAN’s Samm- 
lung rechne ich dieser unter- oligocän allgemein verbreiteten 
Art zu, obwohl es ein ungewöhnlich schlankes Gewinde hat, 


493 


und die den Anwachstreifen folgenden Längsfalten etwas stärker 
hervortreten, als dies sonst der Fall ist, so dass der Sinus 
etwas mehr vertieft liegt. Das Stück bildet somit‘ eine Art 
Uebergang zu der mittel- und ober-oligocänen Pl. belgica 
GotprF., die sich ja hauptsächlich nur durch die tiefere Depres- 
sion unter der Naht und die stärkere Wölbung der Windungen 
von unserer Art unterscheidet. 


53. Pleurotoma attenuata Sow. Epw. p. 237 
22 7.1:46, 


Einige, zum Theil ganz vollständige Exemplare von Helm- 
stadt gleichen solchen aus dem englischen Mitteleocan (Brack- 
lesham, Brook u. s. w.) auf das Genaueste, und haben etwa 
die mittlere Grösse jener mit 70 Mm. 


54. Pleurotoma pseudocolon GiesB. (GIEBEL 't. 1. 
f. 11). 


Ein Paar Stücke von Helmstädt stimmen mit solchen von 
Lattorf vollständig überein mit dem einzigen Unterschiede, dass 
die Längsrippen etwas stärker hervortreten und erst auf den 
letzten Mittelwindungen verschwinden; ich möchte übrigens 
noch bemerken, dass diese Art im Verhältniss der Länge zur 
Dicke bei Lattorf noch mehr varlirt, als dies gewöhnlich bei 
Pleurotomen der Fall ist. 


55. Pleurotoma ramosa Basr. var. praecedens KoENEN. 


Es liegt ein zerbrochenes Exemplar von ca. 50 Mm. Länge 
vor, von welchem sich die zwei letzten Windungen in meiner, 
der Rest des Gewindes in Herrn v. STRomBEcK’s Samm- 
lung befinden. Ich stelle dasselbe als var. praecedens zu Pl. 
ramosa BasT., obwohl es sich in der Skulptur von allen 
bekannten Varietäten derselben einigermassen unterscheidet. 
Während nämlich diese auf der Wölbung der Schlusswindung 
20—30 breite Spiralen trägt, hat das Stück von Helmstädt 
zwischen Kiel und Kanal ca. 24 grobe granulirte Spiralen 
(von denen 4 auf den Mittelwindungen sichtbar sind), zwischen 
welche sich eine gleiche Anzahl feinerer einschiebt; zwischen 
diese und die gröberen tritt dann noch eine dritte Serie noch 
feinerer, und auf dem oberen Theile der Wölbung sieht man 
noch eine vierte Serie ganz feiner Spiralen sich zwischen je 


* 


494 


zwei der anderen einschieben. Ein anderer Unterschied möchte 
darin liegen, dass die von den Knoten auf dem Kiel nach 
unten laufenden Längsrippen, (12—14 pro Windung), welche 
sich nicht theilen, auf der vorletzten Windung, ehe sie sich 
ganz verlieren, ziemlich breit nnd rund werden. Die Form 
der Aussenlippe und die schwachen, etwas schrägen Höcker 
sind ganz wie bei der Abbildung von Hörnss (t. 36 f. 13a); 
die Gestalt der Windungen nähert sich dagegen mehr der von 
subappenninen Stücken (BeErLLArDı, Pleurotome t. 1. f.3) durch 
die schwächere Depression zwischen der Naht und dem Kiel, 
welche ganz mit feinen Spiralen bedeckt ist, und durch das 
Hervortreten einer Anschwellung dicht unter der.Nath, welche 
drei etwas stärkere Spiralen trägt und ebenso wie die ganze 
Depression durch die Anwachsstreifen fein gegittert ist. Auf 
alle Fälle will ich das einzige vorhandene Stück von der mio- 
canen und pliocänen Art vorläufig nicht trennen. 


56. Pleurotoma Strombecki,v. KoEnen Taf. XV. 
Fig. Y9ab. 


Nicht selten finden sich bei Helmstädt Exemplare einer 
Art, welche verwandt mit Pl. mikrocheila Enw. (p. 245 
t.28 f.8) von dieser durch das Zurücktreten der Längsskulptur, 
den höher liegenden Sinus der Anwachsstreifen und den weit 
längeren Kanal sich hinreichend unterscheidet. Die grössten 
Stücke haben 8 Mm. Durchmesser und 25 Mm. Länge, wovon 
die Mundöffnung 12 einnimmt; doch habe ich auch ein Stück, 
welches bei 81 Mm. Durchmesser nur 19 Mm. lang ist. Auf 
zwei glatte Embryonalwindungen folgen fünf Mittelwindungen, 
von denen die beiden ersten schwache Längsrippen tragen; 
später werden diese durch eine glatte Depression etwas über 
der Mitte der Windungen in zwei Theile getheilt, so dass 
eine Doppelreihe grober Knoten entsteht, von welchen die 
untere am meisten hervortritt, und auf der Schlusswindung 
etwa eben so breit ist als die obere und als die Depression, 
auf den letzten Mittelwindungen aber etwas breiter. Die An- 
zahl der Knoten beträgt 15 bis 20 pro Windung. Der übrige 
Theil der Wölbung der Schlusswindung ist mit vier breiten 
Spiralen bedeckt, die mitunter durch die Anwachslinien schwach 
granulirt sind. Darunter folgen bis zum Kanal etwas feinere 
Spiralen, zwischen die sich noch feinere einschieben. Der 


495 


Sinus der verhältnissmässig schwach gebogenen Anwachslinien 
liegt gerade in der Depression. Das Fig. 9a abgebildete Stück 
ist auf der linken Seite der Schlusswindung verdrückt. 

Ich rechne hierher noch ein Paar Stücke von Wester- 
egeln, welche sich in der von mir erworbenen DAnNEBERG’schen 
Sammlung finden und sich besonders durch geringöre Dimen- 
sionen von denen von Helmstädt in etwas unterscheiden; das 
bessere davon hat bei 8 Windungen 34 Mm. Durchmesser und 
8—9 Mm. Länge (die Spitze des Kanals fehlt). Ansserdem 
sind die Spiralen auf der Wölbung der Schluss-Windung etwas 
schärfer. 


57. Pleurotoma innexa SoL. var. postera v. KOENEN. 


(Epw. p. 241 t. 28 £. 1.) 


' Ein Exemplar von Helmstädt von 4 Mm. Länge befindet 
sich in Herrn GrorrIan’s Sammlung. Dasselbe gleicht mehr 
der Pl. inflexa Lan. durch die Gestalt seiner mitunter gespal- 
tenen und durch eine ziemlich breite Furche unterbrochenen 
Längsrippen, welche übrigens auf der Schlusswindung immer 
schwächer werden; mit der, dieser nahe verwandten Pl. innexa 
SoL. stimmt es aber vollständig in der Spiralskulptur überein, 
zu welcher ich es denn als var. postera stelle. Vielleicht macht 
es grösseres Material später möglich, jene beiden Arten zu 
vereinigen. 


58. Pleurotoma semilaevis Pmir. (Palaeontogra- 
pbiea I. p:,66. t. 9 f. 15, 


Diese bei Westeregeln nicht seltene Art findet sich auch 
häufig bei Helmstädt, und zwar ausser in ganz identen Stücken 
noch ganz besonders häufig in einer Varietät, die tenuistria 
heissen mag. Dieselbe unterscheidet sich von der typischen 
Form durch feinere Spiralen auf der Wölbung der Schluss- 
windung, sowie auch dadurch, dass sie nur selten ganz schwache 
Höcker an der Naht bekommt, welche bei jener stets vor- 
handen sind, mitunter jedoch auch sehr schwach werden. 


59) Pleurotoma prisca SoL. (Epw. p. 320 t. 31 
RL.) 


Es liegen von Helmstädt nur wenige, schlecht erhaltene 
Exemplare vor, die theils gleich denen von Westeregeln der 


496 


typischen Form (Epw. t. 33 f. 1a) theils der schlankeren Va- 
rietät (f. 1 d) angehören. Im Allgemeinen unterscheiden sich 
unsere unter-oligocänen Exemplare von den ober-eocänen in 
etwas dadurch, dass die furchenartigen Spiralen dieser bei ihnen 


nur schwach angedeutet sind, und die Spiralen am Kanal nicht 


so weit heraufgehen; von der mittel- eocänen Form unter- 
scheiden sie sich dadurch, dass die Windungen nie, wie bei 
dieser, in der Mitte eine rundliche Anschwellung bekommen. 


60. Pleurotomaterebralis Lam. var. perspirata v. 
KoEnNEN. 


Ein Paar Exemplare von Helmstädt gleichen ganz den 
unter-oligocänen Formen aller Lokalitäten, und unterscheiden 
sich von der mittel-oligocänen Pl. Volgeri PHıL., mit der Herr 
GIEBEL sie ohne Weiteres identifieirt, dadurch, dass der scharfe 
Kiel weit feiner granulirt ist, oben und unten nahe der eigent- 
lichen Windung eine Anschwellung zeigt, und dass die Spiralen 
unter dem Kiel schärfer hervortreten, so dass die oberste der- 
selben, an die sich die Naht anlegt, scharf über diese hervor- 
ragt. Die verschiedenen Varietäten aus dem London-clay, 
welche F. E. Epwarps unterschieden hat, haben ebenfalls, bis 
auf seine var. revoluta (t. 27 £. 10 f.) weit gröbere Körnelung 
des Kieles, und diese Form hat wiederum feinere und zahl- 
reichere Spiralen unter demselben. Die mittel-oligocäne Pi. 

Volgeri PmıL. stelle ich ebenfalls als Varietät hierher. Die Pl. 
 Volgeri bei Evwarns (t. 30 f. 15) ist von unserer Art schon durch 
den niedrigen, dicken Kiel ganz verschieden, und schlage ich 
für diese den Namen Pl. Woodwardi vor. 


6l. Pleurotoma bellula Puın. (Palaeontographica I. 
p- 674.9 £ 12). ä 


Mit der Abbildung und Beschreibung PmıLippr’s stimmen 
einige Stücke von Helmstädt bis auf die grösseren Dimen- 
sionen (18 Mm. Länge auf 7 Mm. Durchmesser) gut 
überein; nur ist zu bemerken, dass die erhabenen An- 
wachsstreifen auf der Depression unter der Naht gerade 
auf dem Sinus, und an der Naht am stärksten hervortreten, 
so dass diese gekerbt, mitunter sogar knotig wird. Die Stärke 
und Anzahl der Längsrippen, 15--23 auf der Schlusswindung, 
ist sehr verschieden, mitunter spalten sie sich gabelförmig, 


4’ 


497 


mitunter auch nicht; an einem Stücke bleiben sie bis an den 
Kanal deutlich, an einem anderen verlieren sie sich als falten- 
artige Anschwellungen noch auf der Wölbung der Schluss- 
windung, ähnlich wie bei Pl. pyrgota Enw. (p. 257 t. 28 £.6); 
diese unterscheidet sich aber durch die ganz glatte Depression, 
und die feineren, zahlreicheren Längsrippen. Unsere Art hat 
ferner auf der Schlusswindung unter dem Kiel 15 Spiralen, 
von denen die obersten die flachsten und breitesten sind, und 
von denen auf den Mittelwindungen 2—4 sichtbar sind. 

Ich habe in einer früheren Arbeit (Quarterly Journ. 1864 
p- 100) mit der Pl. bellula eine andere, Pl. conoides NysT 
(p. 515 t. 40 f. 10), Pl. subconoides D’Or»., Pl. pyrgota Epw. 
var. a aus dem Unter- Oligocän von Brockenhurst, Lattorf, 
Lethen u. s. w. fur ident erklärt; wie sich mir aber jetzt er- 
giebt, unterscheidet sich letztere durch die ganz glatte De- 
pression unter der Naht und das Zurücktreten, mitunter ganz 
Undeutlichwerden der Spiralen auf der Wölbung der Win- 
dungen. 

Die ächte Pl. conoides Son. unterscheidet sich von allen 
diesen Arten dadurch, dass die etwas weniger zahlreichen Spi- 
ralen zwischen Kiel und Kanal überall gleich scharf sind, und 
durch die etwa ebenso starken, nur selten einmal gespaltenen 
Längsrippen gleichmässig gekörnelt werden. 

Die ganz verschiedene P/. subconoidea Sanns. mag Pl. 
.Sandbergeri heissen. } 


62. Pleurotoma tricincta Epw. (p. 252 t. 28 f. 6.) 


Mit den zwei einzigen Exemplaren aus dem London-elay 
sind die vorliegenden Stücke von Helmstädt zum Theil ganz 
ident, sowie auch solche von Lattorf, Lethen u. s. w.; nur 
‚sind die norddeutschen Exemplare vielleicht ein wenig grösser 
und schlanker, doch so wenig, dass es bei Vergleichung der 
Abbildung wohl unbemerkt bleiben dürfte. An diese schliesse 
ich die übrigen Stücke von Helmstädt in zwei Varietäten, 
welche dieselbe Grösse erreichen, wie jene, etwa 10 Mm. 
Länge auf 4 Mm. Dicke, und ausgewachsen dieselbe Gestalt 
und Skulptur haben. Auf den jüngeren Mittelwindungen aber 
hat die eine derselben, var. a, auf dem Kiel je ca. 12 höcker- 
artige Anschwellungen , welche denselben stärker hervortreten 
lassen als den darunter liegenden Theil der Windung. Bei 


498 


var. 3 erheben sich unter der Depression auf den Mittel- 
windungen je 10—12 runde Längsrippen, welche gerade nach 
unten bis an die Naht gehen, auf der vorletzten Windung in- 
dessen verschwinden. | 


63. Pleurotoma Semperi v. Kozxen Taf. XV. 
Fig. 10 abe. 


Auf zwei glatte Embryonal-Windungen folgen sechs Mittel- 
windungen, die in der Mitte etwa eine scharfe Kante erhalten, 
über welcher eine glatte, ziemlich tiefe Depression liegt, auf 
welcher die Anwachsstreifen mitunter etwas hervortreten. Auf 
dem Kiel befinden sich mehr oder weniger rundliche Hocker 
(9—12 auf jeder Windung), welche etwas schräg nach unten 
bis an die Naht verlaufen, auf der Schlusswindung sich aber 
zuletzt ganz verlieren. An der oberen Naht schwillt dann die 
Windung meist noch etwas an, und ist mitunter noch durch 
die Längsrippen der vorhergehenden Windung etwas höckerig. 
Die Wölbung der Schlusswindung ist mit etwa 7 feinen Spi- 
ralen bedeckt, von denen auf den Mittelwindungen 4—5 sicht- 
bar sind, und die beiden obersten, welche über die Hocker 
hinweggehen, häufig am meisten hervortreten. Der Kanal ist 
ganz kurz, von einer tiefen Depression begrenzt, die eben- 
falls mit feinen Spiralen bedeckt ist. Mein grösstes Exem- 
plar ist 5 Mm. dick und 13 Mm. lang, wovon etwa 5 auf die 
Mundöffnung kommen. 

Hierzu gehören auch eine Anzahl Stücke von Lattorf, 
welche sich freilich von denen von Helmstädt durch etwas 
weniger starke und zahlreiche Höcker (15—17 auf jeder Win- 
dung) sowie etwas weniger schlanke Form unterscheiden; die 
meisten derselben sind ca. 12 Mm. lang, reichlich 5 Mm. dick und 
bestehen aus etwa 9 Windungen, doch habe ich ein Stuck, das 
noch eine Windung mehr hat, auf welcher die Höcker ganz fehlen. 

Hieran schliesst sich zunächst eine ziemlich seltene Art 
von Hermsdorf und Neustadt-Magdeburg an, welche sich durch 
spitzere und etwas zahlreichere Höcker (12—14 pro Windung) 
feinere Spiralen und kürzeres Gewinde (6 Mm. Dicke bei 
13 Mm. Länge) in etwas unterscheidet; ausserdem hat sie auch 
auf der Depression unter der Naht ganz feine, schwache Spi- 
ralen, während jene dort ganz glatt ist. (Pleurotoma Hörnesi 
Sprysr von Söllingen unterscheidet sich hiervon wohl nur 


499 


durch kleine Höcker unter der Naht.) Ich unterscheide diese 
als Pl, peracuta (Taf. XV. Fig. 10 de); dieselbe kommt nach 
einer Miutheilung Herın Seurer’s auch ober- oligocän bei Cre- 
feld vor. Ich habe ein Stück von Wiepke bei Gardelegen, 
welches ebenfalls sehr nahe steht, jedoch durch seine mehr 
gleichmässigen Längsrippen und schlankere Gestalt (4 Mm. 
Dicke bei 11 Mm. Länge) etwas mehr an die pliocän, miocan 
und auch ober-oligocan vorkommende Pl. obeliscus Des Moutn. 
erinnert. 

Zu erwähnen sind noch ein Paar Stücke aus dem Miocän 
von Berssenbrück, die sich durch ihre ganze Gestalt, die Höcker 
und die gröberen Spiralen zunächst an die Form von Lattorf 
anschliessen. Zwischen die Hauptspiralen schieben sich aber 
feinere dergl. ein, und auf der Depression. finden sich 3 feine 
Spiralen. Einige Exemplare aus dem Miocän von Edeghem*) 
bei Antwerpen haben zum Theil wieder die scharfen Hocker 
der Hermsdorfer Art, aber die schlankere Gestalt der unter- 
oligocänen, während andere in der Skulptur, den schwachen 
nach vorn gebogenen Rippen und dem weniger hervortretenden 
Kiel sich eng an die Pl. obtusangula BroccHı, besonders an 
Stucke aus dem Wiener Becken anschliessen, von denen sie 
sich jedoch durch den stets kürzeren Kanal unterscheiden. 

Mit den angeführten Vorkommnissen ist die P/. brevirostrum 
Sow. jedenfalls nahe verwandt, und Hörnes hat sehr Recht, 
wenn er sie von Pl. dubia Jan. trennt, zu der sie BELLARDI 
gestellt hatte. Diese sowohl als die Pl. obeliscus, mit der sie 
Nyst verwechselt hatte, haben eine schwächere Depression 
an der Naht und am Kanal. 


64. Borsonia Delueii Nyst (p. 532 t. 41 f. 10). 
Mitra biplicata Puir. (Palaeontogr. I t. 10a f. 16). 
Fascioleria nodosa Gıieser (Lattorf t. I. f. 8). 
Cordieria biarritzana RousuLr (Epwanns p. 327 t. 38 £. 11). 
Mehrere Stücke von Helmstädt liegen vor, welche solchen 
aus dem englischen Mitteleocan in jeder Beziehung zum Ver- 
wechseln gleichen. Dieselben unterscheiden sich von den bei 
Lethen, Vliermael, Westeregeln, Lattorf u. s. w. vorkommenden 
Stücken der Borsonia Delucü Nyst (welche übrigens zwei 
Falten hat, von welchen an Nysr’s sehr mangelhaftem Original 


*) Dies ist vermuthlich Pl. Uytterhovi Nxst (Extr. d. Bull. de P’Ac., 
roy. de Belg. tome 12 No, 7). 


500 


nnr eine zu sehen war), höchstens durch die etwas mehr her- 
vortretenden Hocker; ausserdem ist noch anzuführen, dass die 
englische Art 9—10 Längsrippen, die norddeutsche und bel- 
gische deren 9— 12 auf der Schlusswindung hat. Diese Art 
variirt bei Lattorf, Calbe, Unseburg, Atzendorf, Muühlingen, 
Wolmirsleben u. s. w. sehr stark in der Stärke der Spiral- 
skulptur, welche auf den Höckern mitunter ganz fehlt, und vor 
allem auch in dem Verhältniss der Länge zur Dicke. So 
haben z. B. zwei Stücke von 15 Mm. Durchmesser eine Länge 
von 86 resp. 48 Mm.. Diese Art findet sich ausser im Mittel- 
eocan und Unter-Oligocän auch im Ober-Oligocän bei Hohen- 
kirchen, von wo ich Stücke bis zu 25 Mm. Länge von Herrn 
Prerrer erhalten habe. 


65. Borsonia coarctata v. Kommen Taf. XV. 
Fig. 8 a, b. 

Das grösste vorliegende Exemplar von Helmstädt hat 7 Mm. 
Dicke und 16 Mm. Länge, von denen die Hälfte auf die 
Schlusswindung kommt, und besteht aus 6 Windungen. Auf der 
Schlusswindung befinden sich 8—9 dicke, rundliche Längs- 
rippen, welche dicht unter der Naht anfangen, und fast gerade 
nach unten verlaufend, am Kanal verschwinden, welcher ganz 
kurz ist. Anf den jüngeren Windungen befinden sich 1 bis 
2 Rippen weniger. Die Spiralskulptur besteht aus ganz feinen, 
dichtgedrängten Linien, ‘verschwindet aber mitunter fast ganz. 
Die Aussenlippe fällt mit einer Längsrippe zusammen und ist 
somit verdickt. Die Spindelplatte ist dünn, und trägt zwei 
schwache, gleiche, erst mehr nach innen sichtbare und verhält- 
nissmässig weit von einander entfernte Falten, und zwar unter- 
scheidet sich hierdurch hesonders unsere Art von den ver- 
wandten Bors. gracilis Sanps@., Bors. sulcata Epw. und Bors. 
semicostata Epw. Ausserdem ist auch die Depression unter 
der Wölbung der Schlusswindung bedeutend stärker bei der 
Helmstädter Art. 


66. Voluta suturalis Nzsr (p. 592 t. 45 f. 6). 
Voluta eingulata Nvst. (p. 593 t. 45 £. 7) 
Vol. Dunkeri Spever (Palaeontographica 1862). 
Mehrere leidlich erhaltene Stücke von Helmstädt gleichen 
vollständig einzelnen sonstigen Exemplaren dieser im gesammten 
englischen, belgischen und nord-deutschen Unter-Oligocan ver- 


501 


breiteten Art, welche übrigens an allen Lokalitäten in etwas 
anderen Grenzen varürt. Herr BeyrıcH hat die beiden Nysr’- 
schen Arten seiner Zeit getrennt gelassen; ich finde aber, dass, 
wenn’auch die Vorkommnisse der meisten Fundpunkte sich in 
zwei Formen deutlich trennen, doch der einzige Unterschied 
der bleibt, dass einzelne Stücke auch im Alter die Längsfalten 
behalten, andere dagegen früher oder später glatt werden, und 
möchte daher nur den Namen Vol. suturalis Nyst. beibehalten. 
Die englische V. contabulata Epw. ist eine schon früh glatt 
werdende Form dieser Art, wie sie sich ganz ident auch bei 
Laitorf findet. Zu erwähnen wäre noch, dass sich im hiesigen 
Museum ein Exemplar aus dem OÖber-Oligocän vom Doberge 
bei Bünde befindet, welches der Form mit den stärkeren Längs; 
falten (Vol. cingulata Nyst) angehört, so weit sich dies bei 
der etwas mangelhaften Erhaltung mit Sicherheit sagen lässt. *) 


67. Voluta nodosa Sow. (Epow. Eoc. Moll. p. 148 
rolf. deia, D). 
Vol devexa Bir. (t. 3 f. 6 8). 

Einige wenig defekte Stücke von Helmstädt, besonders in 
der Clausthaler Sammlung, gleichen ganz den Originalen der 
Vol. devexa BEyR. von Westeregeln und Wolmirsleben, und 
auch englischen Exemplaren der Vol. nodosa Sow. besonders 
solchen aus dem Unter-Eocän von Highgate, und, wie dies 
auch schon F. E. EpwArps vermuthet, ist daher für unsere 
Art ebenfalls der Name V. nodosa Sow. anzunehmen. 


68. Voluta labrosa Pau. (Beyr. t. 3 f. 1—5). 


Zahlreiche Stücke von Helmstädt stimmen vollständig mit 
solchen von Wolmirsleben, Westeregeln und Österweddingen 
überein, von wo diese Art bisher allein bekannt war. Herr 
K, Mayer führt sie übrigens auch von Klein-Kuhren an (Viertel- 
jahrsschrift d. naturforsch. Ges. in Zürich 1861 p. 119). 


69. Voluta decora Bkyr. (t. 4 f. 5). 
Vol. Maga Eow. (p. 172 t. 22 f 2). 
Vol. anhaltina Giesen (t. 1 £. 3). 
Es liegt nur ein stark beschädigtes Exemplar von Helm- 
städt vor, welches aber ohne Zweifel dieser im Barton-Thon, 
*) Hierzu möchte auch die Vol. suspensa vom Aralsee bei Asıch 
(Beitr. zur Palaeont. d. asiat. Russlands) gehören, und scheinen jene 
Schichten überhaupt dem Unter-Oligocän anzugehören. 


\ 


502 


sowie im gesammten englischen, belgischen und norddeutschen 
Unter-Oligocan vorkommenden Art angehört. EpwaArns ver- 
muthete schon die Identität seiner V. maga mit der V. decora 
Beyr., und hat sich diese bei Vergleichung einer grösseren 
Anzahl Exemplare auch herausgestellt; doch ist zu bemerken, 
dass die Stücke von Lattorf meist schlanker sind als alle 
übrigen. An eine Trennung derselben als besondere Art, wie 
sie Herr GIEBEL festhalten will, ist jedoch gar nicht zu denken, 
da alle Uebergänge vorhanden sind, 


70. Voluta (Scapha) obtusa v. Korxen Taf. XVI. 
Eis, 2; 


ö Mehrere ganz platt gedruckte, aber sonst vollständig er- 
haltene Exemplare, besonders in Herrn v. STRONBEcK’s Samm- 
lung stimmen vollständig. mit solchen von Wolmirsleben, Lat- 
torf, und dem schönen, abgebildeten Exemplare von Unseburg 
überein. Vermuthlich gehört hierher, was Herr Bryrıcn als 
Vol. Siemssenii BouL von Welsleben und Osterweddingen an-_ 
führt, und möglicherweise auch das von Herrn SPEYER Vol. 
ovalis benannte Stuck von Wolmirsleben, welches mir Herr 
SEMPER guütigst zur Ansicht zuschickte; dasselbe ist jedoch 
wenig besser als ein Steinkern, und wäre am besten gar nicht 
benannt worden, da es viel zu schlecht ist, als dass man 
irgend etwas damit identificiren Könnte. 

Die Embryonalwindung ist knopfförmig hat ca. 5 Mm. 
Durchmesser, und tritt wenig über die nächste Windung her- 
vor; die beiden 'nachsten Windungen sind ganz flach und nur 
etwas über 1 Mm. hoch. Die beiden letzten Windungen be- 
kommen dagegen unter der Naht eine flache ‚Depression, auf 
welche darunter eine. schwache Wolbung folgt. Die vorletzte 
Windung ist zu Anfang ca. 12 Mm. hoch, zuletzt 7 Mm. Die 
ganze Schale erreicht etwa eine Dicke von 27 Mm. und eine 
Länge von 60 Mm. wovon ca. 45 Mm. auf die Mundöffnung 
kommen. Die Aussenlippe ist bei ausgewachsenen Stücken 
stark nach innen verdickt und glatt. Der Kanal ist weit offen, 
geht nach unten spitz zu, und ist ziemlich stark zurüuckgedreht. 
Die Innenlippe zerfällt in zwei Theile, von denen der äussere, 
ganz dünne etwa die Hälfte der Vorderseite der Schale ein- 
nimmt, während der innere, ziemlich dicke, nicht sehr weit 
hervortritt, und gerade da, wo unter der Wölbung die Depres- 


503 


sion zum Kanal beginnt, 4 starke Falten trägt, welche von 
oben nach unten gerechnet schwächer und schräger werden; 
dabei scheint es nach meinen Stucken, als ob die Falten 
plötzlich noch stärker wurden, sobald sich die Aussenlippe 
verdickt. Die Schale ist ziemlich dünn und mit schwachen 
Anwachslinien bedeckt; nur mit einer scharfen Lupe kann 
man auch einzelne feine Spiralen wahrnehmen, doch finden 
sich bei ganz jungen Exemplaren etwas stärkere Spiralen unten 
am Kanal. 

Unsere Art gehört ebenso wie Vol/uta fusus PmıL. der 
Untergattung Scapha an, unterscheidet sich von jener aber 
durch das kurze Gewinde und die verdickte Aussenlippe sehr 
konstant. Die Voluta (Fasciolaria) fusus PHıLippı (Beiträge 
p. 25 t. 4 f. 14) ist übrigens nach meiner Ansicht nicht zu 
trennen von Vol. Siemsseni Born (Beyr. t. 5 f. 2—5) und den 
verschiedenen Arten, die Herr SpEYER aus dem Oasseler Becken 
beschrieben hat (V. alata Sp. .V. emersa Sp. V. multilineata SP. 
V. rectirostrata Sp. V. Roemeri Sp.), da die von ihm angegebenen 
Unterschiede nicht als Speciesmerkmale brauchbar sind. Ob 
nämlich einerseits das stets später mit Schalmasse ausgefüllte 
Embryonalende nicht etwas abgerieben ist, möchte sich bei 
den meisten Stücken gar nicht entscheiden lassen, und anderer- 
seits ist wohl die Grösse desselben bei Individuen, welche 
nicht einer Brut angehören, meistens verschieden. Die Anzahl 
der Spindelfalten kann auch nicht als Unterscheidungsmerkmal 
dienen, da ich Stucke der nahe verwandten miocänen Art 
habe, welche auf den Mittelwindungen plötzlich neue Spindel- 
falten zwischen die alten einschieben. Ferner haben alle ver- 
wandten Arten besonders in der Jugend eine, wenn auch 
feine, doch deutliche Spiralskulptur, die im Alter mehr oder 
weniger verschwindet und vielleicht kaum bei zwei ausge- 
wachsenen Exemplaren ganz dieselbe ist; ausserdem muss die- 
selbe ganz verloren gehen, sobald ein Stück irgendwie gerollt 
oder angewittert ist. Schliesslich sind ja Unterschiede in der 
Länge des Gewindes, in der Gestalt desselben, sowie der 
Schlusswindung stets nicht unbedeutend von dem physischen 
Zustande und von dem Geschlechte des betreffenden Indivi- 
duums abhängig. Ich stelle zu Voluta fusus Pu. die sämmt- 
lichen mittel- und ober -oligocänen Formen und bemerke da- 
bei, dass ich Stücke habe: von Hermsdorf mit 3 und 4 Falten, 

Zeits. d.d. geol. Ges. XVII, 3. 33 


504 


von Neustadt-Magdeburg mit 2 und 3 Falten und von Wiepke 
mit 2, 3 und 4 Falten; bei den meisten mittel-oligocänen von 
Hermsdorf, Neustadt-Magdeburg und von Mallis (in Herrn 
Koc#’s Sammlung), etwas weniger bei den ober-oligocänen 
Exemplaren zeigt sich dicht unter der Naht eine Anhäufung 
von etwas gröberen Spiralen, die aber leicht abgerieben werden 
und der Verwitterung besonders zugänglich gewesen zu sein 
scheinen. 

Die miocäne Art hat Herr Speyer V. Syltica benannt, 
doch müsste dieser Name wohl dem Namen V. Bolli Kock 
(Mecklenburger Archiv von BoLu 1861) weichen. Es ist dies 
die im ganzen belgischen (Systeme diestien und bolderien) und 
norddeutschen Miocän verbreitete V. Lambertü var. triplicata 
Nyst, von welcher ich von Antwerpen, sowie auch von Bers- 
senbrück eine grössere Anzahl guter Exemplare besitze. Die- 
selbe hat gewöhnlich 3 Falten auf der Spindel, doch finden 
sich deren auch 4, ja selbst 5 und 6, und auf der anderen 
Seite mitunter auch nur 2. Das Gewinde ist meist weit schlan- 
ker als bei den erwähnten Arten; so hat mein grösstes Stuck 
von Antwerpen eine Dicke von 35 Mm. und eine Länge von 
ca. 100 Mm., wovon die 4 Mittelwindungen etwa die Hälfte 
ausmachen. Unter der Naht liegt, ebenso wie bei V. parca 
BEYR. eine.ganz schwache Depression. Die Spiralen sind etwas 
breiter und weiter von einander entfernt. Die Depression 
am Kanal ist weit schwächer und die Mundöffnung daher viel 
weiter nach unten verlängert. 

Die V. Lamberti Sow. aus dem englischen und belgischen 
Pliocän hat wieder ein weit kürzeres Gewinde und als Regel 
4 Falten auf der Spindel (als grösste Seltenheit deren nur 5). 
Die Spiralen sind äusserst fein und ziemlich regelmässig, wäh- 
rend sie bei V. /usus PHıL., und noch mehr bei V. Boll Koch 
durch die Anwachsstreifen gezackt erscheinen. 

Dies sind die Resultate einer Vergleichung meines Mate- 
rials, welches wenigstens bedeutend besser ist, als das von 
Herrn Beyrıch und Herrn SpEYER benutzte. Die Arten von 
Bordeaux habe ich unberücksichtigt lassen müssen, da mir kein 
Vergleichsmaterial von dort vorlag und die vorhandenen Ab- 
bildungen durchaus nicht genügen. 


71. Mitra tenuis Beyr. (t. 6 f. 3.) 


Ein Exemplar von Helmstädt in Herrn GroTrıAn’s Samm- 
lung gleicht dem Originale von Mitra tenwis Beyr. vollständig 
mit dem einzigen Unterschiede, dass die unterste, schwächste 
Falte auf der Spindel noch mehr zurücktritt und kaum noch 
sichtbar ist, doch mag, dies auch mit daher kommen, dass es 
noch etwas kleiner ist. 


72. Marginella intumescens v. Kornen. Taf. XVI, 
Arie. 3’a, D. 
Marg. eburnea Bzyr. non Lam. (Bevrıen t. 2 f. 9) 


Herr Bryrıcn besass seiner Zeit nur das einzige, etwas 
beschädigte und noch nicht ganz ausgewachsene Exemplar von 
Osterweddingen. Ich habe deren eine grössere Anzahl, beson- 
ders bei Unseburg gesammelt, woher auch das Taf. XVI. Fig. 5 
abgebildete Stuck stammt. Mit diesen sind einige Stücke von 
Helmstädt in Herrn v. Stromszor’s und Herrn GrorrIan’s 
Sammlung ganz ident. Herrn F. E. Epwarps’s Angaben, wel- 
che blos auf einer Vergleichung mit Herrn Beyrıc#'s Abbil- 
dung und Beschreibung beruhten, habe ich bei der Verglei- 
chung meiner Exemplare und Herrn Beyrica’s Original mit 
französischen Stucken der Marg. eburnea bestätigt gefunden; 
das Gewinde ist kürzer, das Embryonalende mehr kugelig, die 
Mundöffnung ist kürzer, und, besonders unten, weit schmaler 
bei unserer Art; dagegen sind bei ganz ausgewachsenen Stücken 
die Falten auf der Spindel nicht schräger, indem sie sich ganz 
zuletzt etwas nach oben verdieken und in der Mitte eine 
schwache Depression bekommen, welche möglicherweise bei 
sehr alten Stücken zu einer Gabelung ähnlich wie bei Marg. 
bifidoplicata CHARLESw. (Epw. p. 139 t.18 f.2) führen könnte. 
Die Einbuchtung oben an der Aussenlippe ist ebenfalls vor- 
handen. Zu Herrn Beryrıc#’s Beschreibung muss ich noch be- 
merken, dass die Windungen bei den meisten Stucken doch 
nicht ganz flach sind, sondern etwa so wie bei dem von mir 
abgebildeten. Ich habe ganz ausgewachsene Stücke von 8 bis 
10 Mm. Länge und 41—6 Mm. Dicke; die Mundöffnung ist 
4,—6 Mm. lang. Von den sonstigen französischen Arten, auf 
die Epwarps dabei hinweist, ist unsere Art nach einer Mitthei- 
lung von DasuAyYzs verschieden; wodurch, kann ich nicht sa- 
'gen, da ich kein Material weiter von dort zur Disposition habe. 


39* 


306 


73. Marginella perovalis v. KoEnen. 
Marg. ovulata Beyr. non Lam. (Beykica t. 2 f. 10.) 


Ein Paar Stücke von Helmstädt in der Clausthaler und in 
Herrn GrorTrIan’s Sammlung sind zwar etwas verdrückt, schei- 
nen aber vollständig mit meinen Stücken von Westeregeln über- 
einzustimmen. Herr Bryrıcn hatte bei seinem geringen Ma- 
terial diese Art zu Marg. ovulata Lau. gestellt, aber zugleich 
so gut beschrieben und abbilden lassen, dass F. E. Epwarns 
sehr richtig ihre Verschiedenheit erkannte (p. 142) und habe 
ich die von ihm angegebenen Unterschiede vollkommen bestä- 
tigt gefunden. Das Gewinde ragt mehr hervor; in Folge dessen 
ist die Mundöffnung kürzer; dieselbe ist unten weiter als bei 
der ächten Marg. ovulata. Die Spindelfalten, von denen die 
unterste durch die umgebogene Innenlippe gebildet wird, sind, 
besonders die unteren, schräger und weiter von einander ent- 
fernt. Ausserdem biegt sich die Aussenlippe unten nicht so 
weit nach vorn, sondern geht ziemlich gerade herunter. 


74. Natica hantoniensis PILKINGTON. 


Ein leidlich erhaltenes Exemplar von Helmstädt stimmt 
gut mit solchen von Westeregeln, Lattorf, und vor Allem mit 
englischen Originalen von Barton überein, weniger mit dem, 
was DesuayEs (Supplement tome II. t. 68 f. 1—5) als Natica 
hantoniensis PıLk. abbildet. Bei unserer Art sind die Mittel- 
windungen nur ganz schwach gewölbt, und die Mundöffnung 
ist bedeutend grösser. Vielleicht sind jedoch nech einige an- 
dere Formen aus dem Unter-Oligocan mit hierher zu stellen 
(so z. B. Natica obovata Sow.), bei welchen die Depression 
unter der Naht stärker wird, so dass das Gewinde mehr her- 
vortritt und die Mundöffnung verhältnissmässig kleiner wird. 


75. Natica labellata Lam. 

N. glaucinoides Sow. 

Von englischen und französischen Paläontologen ist schon 

sehr lange die Identität dieser beiden Arten hervorgehoben 
worden und so auch neuerdings von DesuayYss. Bei Helm- 
städt ist diese Art, wie fast überall, ziemlich häufig, besonders 
in kleineren Exemplaren, und ganz ident mit solchen aus dem 
englischen und deutschen Unter-Oligocän, sowie dem englischen 

Eoeän. 


507 


76. Sigaretus canaliculatus Sow. 


Ein Paar Stücke von Helmstädt in der Clausthaler und 
Herrn Grorrıan’s Sammlung stimmen mit Exemplaren von 
Unseburg sowie mit ober-oligocanen aus dem Kasseler Becken. 
Meine englischen Exemplare von Barton haben dieselbe Gestalt 
und Skulptur, und nur eine etwas schwächere Innenlippe, doch 
liegt dies wohl daran, dass sie sämmtlich noch nicht ganz aus- 
gewachsen sind. 


77. Odontostoma fraternum SEuPER. Taf. XVI. Fig.9. 


Ein gut erhaltenes Stück- von 22 Mm. Länge wagte ich 
nicht nach den blossen Beschreibungen Herrn SEMPER’s im 
Mecklenburger Archiv 1861 p. 181 zu bestimmen, und hat er 
mir auf meine Bitte dasselbe mit seinen Originalen verglichen, 
und erklärt es für sein Odontostoma fraternum. Ich lasse das- 
selbe abbilden um die Art kenntlicher zu machen, da derglei- 
chen kleine skulpturlose Dinge sich nach blossen Beschreibun- 
gen wohl kaum mit Sicherheit bestimmen lassen. 


78. Eulima complanata v. Kornen. Taf. XV]. Fig. 10. 


Eine Anzahl Stücke von Helmstädt sind sämmtlich mehr 
oder weniger verdrückt und zerbrochen, scheinen aber mit dem 
abgebildeten Exemplare von Westeregeln ganz ubereinzustim- 
men, welchem leider auch die Spitze fehlt. Es besteht aus 
sieben ganz flachen Windungen, ist 7- Mm. lang und 22 Mm. 
dick. Durch die Form der Mundöffnung schliesst sich diese 
Art wohl zunächst an Eulima polita L. an, (Hörnzs t.49 f. 22) 
hat aber vollständig jedenfalls weit mehr Windungen gehabt. 


73. Niso turris v. Kornen. Taf. XVI. Fig. 4. 

Niso eburnea Giesen non Rısso. 

Niso terebellum PuiL. non Chen. 

Ein Exemplar von Helmstädt in Herrn Grorrıan’s Samm- 
lung ist zwar sehr defekt, indem nur die ersten 10 Windungen 
vorhanden sind, doch glaube ich es mit einiger Sicherheit mit 
der Art von Lattorf, Unseburg, Osterweddingen u. s. w. iden- 
tifieiren zu können. Die grössten Stücke von Lattorf, woher 
auch das abgebildete stammt, bestehen aus 15 Windungen, 
welche nach unten zu schwach gewölbt sind. Die Länge be- 
trägt ca. 14 Mm., wovon drei auf die Mundöffnung kommen, 


508 


Nach innen sind die Windungen nicht unbedeutend gewölbt, 
so dass der Nabel an der Naht am breitesten ist. Die Schluss- 
windung hat 6 Mm. Dicke, und der grösste Durchmesser des 
Nabels beträgt 2 Mm. Der Unterschied dieser Art von den 
verwandten liegt wiederum in der Form der Mundöffnung und 
des Nabels, und lässt sich besser durch eine gute Abbildung 
als durch Beschreibung, geben, 


80. Cerithium Strombecki v. Kornen. Taf. XVI. 
Fig. 1. 

Es liegen die beiden grossen abgebildeten Stucke aus 
Herrn v. STROMBECcK’s Sammlung und ein Paar kleine Frag- 
mente von Helmstädt vor; das grössere Stück, Taf. XVI. Fig.1a, 
hat einen grössten Durchmesser von 15 Mm. und würde ganz 
voNständig einige 20 Windungen und über 90 Mm. Länge 
haben. 

Es befinden sich auf jeder Windung vier gleich weit von 
einander entfernte, breite, erhabene Spiralen, von deneh die 
unterste bei weitem die stärkste ist und am meisten hervor- 
tritt, so dass das Gewinde umgekehrt treppenförmig, erscheint. 
Von den Nähten bleiben die oberste resp. die unterste Spirale 
etwa halb so weit entfernt als die einzelnen Spiralen von ein- 
ander. Ausserdem finden sich auf jeder Windung ca. 16—17 
zuruckgebogene rundliche Längsrippen, über welche die Spira- 
len hinweggehen, die aber auf der untersten Spirale in ziem- 
lich starken Knoten endigen. Auf den letzten Windungen wird 
die Skulptur viel schwächer, die beiden obersten Spiralen bil- 
den nur schwache Linien, die dritte verschwindet ganz, die 
Längsrippen werden zu undeutlichen Anschwellungen, und nur 
die unterste Spirale bleibt gleich stark, und gleich stark mit 
Knoten besetzt. Die Mundöffnung ist vierkantig; auf dem un- 
teren Theile der Schlusswindung sieht man noch’ zwei starke 
Spiralen; an die äussere derselben legt sich die Naht an. Die 
Spindel ist bei dem kleineren Exemplar mit einigen feinen 
schrägen Spiralen bedeckt. Sehr nahe steht eine Art aus dem 
London-clay, die ich unter dem Namen Cer. Charlesworthi Epw. 
erhalten habe. Dieselbe unterscheidet sich von unserer Art, 
so viel sich an meinen Stucken sehen lässt, nur durch die im 
Allgemeinen schwächere Skulptur, sowie besonders dadurch, 
dass die unterste Spirale nicht bedeutend stärker ist als die 


w 


509 


anderen, und nur deshalb mehr hervortritt, weil die daruber 
etwas schwächer ist. Ausserdem schieben sich auch zwischen 
je 2 der Hauptspiralen je bis 4 feine dergleichen ein. 

Hieran schliesst sich zunächst noch eine im belgischen 
und norddeutschen Unter- Oligocän verbreitete Form, welche 
Herr Gegen t. 3 f. 14 als Cer. multispiratum Dust. abbildet 
mit der Behauptung, sie stimme mit den Angaben von Des- 
HAYES vollkommen überein. DESHAYES giebt aber bei Beschrei- 
bung seiner Art (tome II. p. 391) an, dass die Längsfalten von 
Naht zu Naht gehen, und nur durch die untere Kante der 
Windungen und eine oder mitunter auch zwei Spiralen, die 
man etwas unter der Naht bemerkt, unterbrochen werden. Die 
unter -oligocäne Art dagegen hat drei breite, erhabene, ziem- 
lich gleich weit von einander entfernte Spiralen, von denen die 
oberste und noch mehr die unterste von den Nähten etwas 
entfernt bleiben. Auf Herrn Gisger’s Abbildung sind dieselben 
theilweise viel zu scharf und tritt die unterste zu wenig, die 
oberste zu sehr hervor. Die Längsrippen, 16—40 pro Win- 
dung, sind meist mit den Anwachsstreifen etwas zurückgebo- 
gen, sind etwa ebenso stark wie die Spiralen, und gehen von 
Naht zu Naht unter diesen fort. Die Gestalt ist, besonders 
bei den Stücken von Unseburg sehr variabel. Es finden sich : 
solche, bei denen die Windungen fast ganz flach sind, und 
andrerseits als Extrem solche, bei denen die umgekehrt treppen- 
formige Gestalt ebenso stark hervortritt als bei Cer. Genei 
Mıcon. (Deser. d. f. de ’Italie septent. p. 194 t. 7 £. 14). Mit 
diesem hat Herr Bosquer unsere Art für ident gehalten, und stelle 
auch ich sie vorläufig hierher, da ich kein italienisches Exem- 
plar vergleichen kann, doch bemerke ich dabei, dass die Spi- 
ralen bei den unsrigen nicht eigentlich schuppig zu nennen 
sind, wie MICHELOTTI sie bei seiner Art nennt, und dass bei 
dieser die oberste Spirale dicht an der Naht zu liegen scheint. *) 
Meine grössten Exemplare von Unseburg erreichen einen Durch- 
messer von 12 Mm. und würden vollständig etwa 30 Windun- 
gen und eine Länge von einigen 60 Mm. gehabt haben. 


*) Herr Dr. Hörnes hat inzwischen eines meiner Stücke von Unse- 
burg mit solchen von Tortona im Wiener Museum auf meine Bitte ver- 
glichen und erklärt sie für durchaus ident. 


910 


81. Cerithiopsis tripartita v. Kornen. Taf. XV. 
Fig. 3d,e,f. 

Es liegen von Helmstädt eine Anzahl Bruchstücke vor, 
welche sich untereinander ergänzen und zur Beschreibung um 
so mehr genügen, als ich eine äusserst nahe stehende Form 
(Taf.:XVI. Fig. 3a,b,c) in zahlreichen und guten Exemplaren 
von Unseburg, Lattorf u. s. w. besitze, von welcher ich eben 
auch das hornförmig aufgebogene glatte Embryonalende kenne, 
das unsere Arten als Cerithiopsis charakterisirt. 

- Diese letztere Art, welche SEMmPER inzwischen als Ma- 
thilda scabrella nov. gen. et sp. im Journal de Conchelogie 
beschrieben hat, wird 19 Mm. lang, 7 Mm. dick, und besteht 
aus ca. 12 Windungen ausser dem Embryonalende. 

Die Helmstädter Art erreicht denselben Durchmesser, 
scheint aber etwas schlanker gewesen zu sein. Auf den ersten 
Mittelwindungen sieht man zwei stark erhabene Spiralen, die 
eigentlich nur aus neben einander fortlaufenden, regelmässigen, 
runden Höckern bestehen. Später schieben sich zwischen diese 
und die Nähte drei weitere, schwächere, ebenfalls regelmässig 
granulirte Spiralen ein, und zwischen diese und die Haupt- 
spiralen demnächst eine dritte Serie noch feinerer. Auf der 
Schlusswindung ist auch noch eine vierte Serie, ja sogar unter 
der Lupe eine ganz feine fünfte sichtbar. Der Theil der 
Schlusswindung, der auf den jüngeren Windungen verdeckt ist, 
trägt ca. 6 gröbere, und mit diesen abwechselnd ebensoviel 
feinere Spiralen, die durch die Anwachsstreifen gekörnelt sind; 
dasselbe findet auch bei Cerithiopsis scabrella statt. Bei 
beiden Arten beträgt die Zahl der Höcker auf den Spiralen 
auf der Schlusswindung ca. 90 — 100, auf den ersten Mittel- 
windungen noch nicht halb so viel, auf allen Spiralen einer 
Windung aber gleich viel, indem die etwas ovalen Höcker der 
einzelnen Spiralen, wenn auch für sich scharf abgegrenzt, doch 
durch schmale Leisten in den Zwischenräumen znsammenhän- 
gen, und somit eine Art Längsrippen bilden, die mit den An- 
wachsstreifen gerade von oben nach unten verlaufen. Die 
Mundöffnung ist oval, die Spindel ist schwach gedreht. Bei 
der Form von Lattorf, Unseburg u. s. w., Üerithlopsis sca- 
brella, ist die Anordnung der Skulptur folgende: auf den 
ersten drei Mittelwindungen befinden sich drei stark gekörnelte 


511 


Spiralen, von denen die mittelste bei weitem am meisten her- 
vortritt; dann findet sich unter der oberen Naht noch eine 
vierte Spirale ein, welche bald ebenso stark wird als die 
oberste und unterste der drei ersten, während die mittelste 
derselben die stärkste von allen bleibt und erst auf der Schluss- 
windung den anderen einigermaassen gleich kommt. Zwischen 
diese Hauptspiralen schiebt sich dann eine zweite Serie feinerer 
ein, und auf der Schlusswindung ist noch eine dritte sichtbar. 
Ebenso wie bei Cerithiopsis tripartita liegt gerade in der Naht 
noch eine Hauptspirale, so dass die Schlusswindung hier ganz 
symmetrisch ist; über und unter dem Kiel liegen je zwei gleich- 
mässige Spiralen. Ich war zuerst geneigt, die Cerithiopsis tri- _ 
partita als Varietät zu Ü. scabrella zu stellen, da beide 
in der Skulptur so nahe verwandt sind; da ich indessen keine 
Uebergänge kenne, vielmehr die eine stets einfach, die andere 
stets doppelt gekielt ist, lasse ich sie vorläufig getrennt. 


82. Turritella crenulata Nyst (p. 399 t. 37 f. 6.) 


Es finden sich haufig bei Helmstädt bis zu 15 Mm. lange 
Exemplare einer Turritella, welche mit Stucken von Lattorf, 
Westeregeln, Osterweddingen bis auf das etwas stumpfere Ge- 
winde übereinstimmen. Letztere hat PrrLppi seiner Zeit (Pa- 
laeontographica I. p. 65) als Turritella communis Rısso var. 
triplicata Broc. angeführt. Ob er darin Recht hatte, kann ich 
nicht entscheiden, da an meinen sämmtlichen norddeutschen 
Exemplaren die ersten Windungen abgerieben sind und die 
Schlusswindung fehlt; auch ist mein Vergleichsmaterial unge- 
nügend, besonders für eine so schwierige Gruppe wie diese. 


83. Scalaria acuta Sow. (Dixox t. 7 f. 15.) 


Ein gutes Exemplar von 20 Mm. Länge und 5 Mm. Dicke 
in meiner Sammlung und ein verdrücktes in der Clausthaler 
Sammlung gleichen bis auf das etwas schlankere Gewinde ganz 
einem Stücke von Lattorf. Dieselben haben zwar etwas zahl- 
reichere Lamellen (18—20) auf jeder Windung und sind etwas 
schlanker als meine guten Exemplare von Barton, doch scheint 
mir dies kein genügender Grund, sie von der englischen Art 
zu trennen, um so mehr als sie in diesen Punkten der engli- 
schen mittel-eocänen Art ziemlich gleich kommen. Diese hält 


512 


zwar DESHAYES für verschieden von der Art aus dem Barton- 
clay, doch kann ich nach meinem Material seine Ansicht nicht 
theilen; ich finde vielmehr, dass seine Beschreibung und Ab- 
bildung der französischen Art (Suppl. tome II. p. 340 t. 23 
f. 7—9) sich von der der Min. Oonch. nicht unwesentlich da- 
durch unterscheidet, dass die Lamellen sehr senkrecht stehen, 
oben (d. i. was wir oben nennen) nur ganz kurze, stumpfe 
' Spitzen haben, und unten auf der Schlusswindung nur ganz 
schwach hervortreten, während bei den typischen Stücken von 
Barton die Lamellen ziemlich schräg stehen, oben bis über die 
Naht verlängerte, nach aussen gebogene Spitzen haben, und 
auf der Schlusswindung ganz scharf und deutlich bis an die 
Mundöffnung laufen. Ausser den erwähnten befindet sich noch 
in der Clausthaler Sammlung ein Exemplar von Helmstädt, wel- 
ches ich mit einigem Zweifel ebenfalls hierher stelle; dasselbe 
ist 30 Mm. lang und 14 Mm. dick, hat also ziemlich die Pro- 
“ portionen der Vorkommnisse von Barton, nur etwa eine Win- 
dung mehr; aber während diese 12—16 Lamellen auf der 
Schlusswindung tragen, hat jenes deren nur 10 darauf, welche 
ausserdem dicker sind und nicht so aufrecht stehen, sondern 
etwas nach hinten niedergelegt sind; auch sind die Spiralen 
weit feiner und zahlreicher. Die Form der Spitzen der La- 
mellen stimmt dagegen überein. 


84. Solarium (Torinia) canaliculatum Lam. 


Zwei Stücke von Helmstädt in Herrn v. STROMBECK’s und 
in meiner Sammlung stimmen vollkommen mit solchen von 
Westeregeln, Unseburg, Lattorf, Lethen u. s. w. überein, und - 
unterscheiden sich ebenso wie diese von den ober-eocänen 
englischen durch einen weit stärker hervortretenden Kiel, wei- 
teren Nabel, flachere Gestalt und schwächere, aber sonst glei- 
che Skulptur. Von den englischen mittel-eocänen von Brams- 
haw, Brook u. s. w. unterscheiden sie sich meist, aber nicht 
immer, durch viel gröbere Granulirung der Spiralen; am besten 
stimmen sie mit englischen Stücken von Alum-bay und mit sol- 
chen von Grignon überein. Zwei kleine Stücke von 1—2 Mm. 
Durchmesser in Herrn Grorrıan’s Sammlung stimmen auf der 
oberen Seite in der Skulptur mit den ersten Windungen sol- 
cher von Lattorf überein, weshalb ich sie mit hierher stelle; 
auf der Nabel-Seite aber erinnert die vorherrschende Radial- 


513 


skulptur mehr an das im ganzen Unter-Oligocän sowie im 
Barton-clay vorkommende Sol. Dumontü Nvst, doch habe ich 
kein so kleines Stuck von Sol. canaliculatum und kenne die 
Skulptur der Unterseite in der Jugend nicht, kann dies also 
blos anführen. 


85. Solarium pulchrum. Sow. (Dixos p. 179 t. 6 
f. 3b.) 


Es liegt ein etwas verdrücktes Exemplar von 19 Mm. 
Durchmesser aus meiner und ein etwas kleineres aus Herrn 
v. STROMBECK’s Sammlung von Helmstädt vor. Dieselben stim- 
men in jeder Beziehung mit meinen englischen Originalen über- 
ein, soweit sich dies bei der nicht ganz vollkommenen Erhal- 
tung mit Sicherheit sagen lässt; diese Art kenne ich sonst nur 
aus dem englischen Mittel- und Unter-Eocän. 


86. Delphinula Bronnii PuıL. (Palaeontographica 1. 
p- 611.9 £. 1; Gmser t. 2 f. 4 und 12.) 


Einige Stücke von Helmstädt in Herrn v. STROMBECK’sS 
‘und Herrn Grorrıan’s Sammlungen sind zum Theil selbst noch 
etwas schlanker als die schlanksten Stucke von Lattorf; die 
grösseren, besseren derselben haben zwar auf dem unteren 
Theile der Schlusswindung eine Spirale mehr als die typische 
Delph. Bronnü, ich möchte sie deshalb aber nicht als beson- 
dere Art unterscheiden. Uebrigens zeigen sie ebenfalls, dass 
der Nabel im Alter sehr viel kleiner wird (GiEBEL t. 2 f. 12), 
als dies in der Jugend der Fall ist (Pmur. t. 9 f. 1 und Gier. 
| 


87. Rissoina cochlearella Lam. 


Mehrere gut erhaltene Stücke von Helmstädt stimmen so- 
wohl in der Gestalt und Grösse als auch in der fein gegitter- 
ten Skulptur mit Exemplaren von Lattorf sowie auch mit 
solchen aus dem englischen Mittel-Eocan von Bramshaw voll- 
ständig überein. Diese Art ist mir ausser von Helmstädt und 
Lattorf nur aus dem englischen und französischen Mittel-Eocan 
bekannt. 


514 | 
88. Dentalium acutum Hkss. (DesuH. Suppl. tome Il. 
p. 205 t. 20 f. 1--3.) 


Mehrere Fragmente von Helmstädt stimmen, so weit sich 


dies mit Sicherheit sagen lässt, mit sonstigen Exemplaren von 
Dent. acutum H£». überein. Nach Desnayzs’s Angaben erreicht 
diese Art nur eine Länge von 28 Mm. im französischen Mittel- 
Oligoeän; hierzu wäre noch zu bemerken, dass sie im belgi- 
schen und norddeutschen Unter-Oligocan, wo sie allgemein 
verbreitet und ziemlich häufig vorkommt, bis 80 Mm. lang wird. 


89. Dentalium fissura Lam. (DesH. Suppl. tome II. 
p. 219 201,23) | 
Eine Anzahl Bruchstücke von Helmstädt von höchstens 
3 Mm. Durchmesser zeigen bei ihrer glänzend glatten Ober- 
fläche gar kein Unterscheidungsmerkmal als etwa ihre wenig 


konische Gestalt. Ich stelle sie vorläufig dem in diesem Punkte _” 


ähnlichen Dent. fissura Lam. zu, da zu dieser Art wohl anch 
eine Anzahl Fragmente von Lattorf gehören, welche bis zu 
2 Mm. Durchmesser haben, und von denen eins den Schlitz 
zeigt, welcher der Beschreibung und Abbildung von DESHAYES 
in der Länge ganz gleich kommt. 


90. Actaeon simulatus Sow. 
Actaeon Nysti Docn. (Desn. Suppl. tome II. p. 604 t. 38 f. 7—9?) 


Zahlreiche Exemplare von Helmstädt gleichen vollständig 
solchen von Westeregeln, Lattorf, Lethen, Vliermael u. s. w., und 
unterscheiden sich von den englischen Originalen von Barton 
nur höchstens durch das meist etwas spitzere Gewinde, doch 
ist dies durchaus nicht constant, so dass ich nicht anstehe sie 
‚mit jenen zu vereinigen. Nun glaubt zwar DesuAYEs, dass ‚die 
belgische unter-oligocäne Art (die deutsche kennt er nicht), 
sowie die mittel-oligocäne von dem ächten Actaeon simulatus 
Sow. verschieden seien, und nimmt für seine Stücke den Na- 
. men Actaeon Nysti Ducn. an, den Nyst schon selbst verwor- 
fen hatte. Ich habe aber eine grosse Anzahl deutscher, bel- 


gischer und englischer Exemplare verglichen, und kann nicht 


den geringsten, auch nur einigermaassen constanten Unterschied 
zwischen ihnen herausfinden, vielmehr variirt die typische Art 
von Barton und High- Cliff in’ noch viel weiteren Grenzen als 


die unsrige, so dass man fast versucht wäre, diese beiden 


515 


Vorkommnisse fur verschiedene Arten zu halten, wenn nicht 
eben Uebergänge vorhanden wären. Die unter-oligocäane Form 
schliesst sich an die gewöhnliche Form von Barton selbst an, 
die mittel-oligocäne mehr an die von High-Chiff. 


91. Actaeon elongatus Sow. 


Ein Stück von Helmstädt in Herrn GrorTrıan’s Sammlung 
ist zwar ein wenig verdrückt, gleicht aber so vollständig mei- 
nen Originalen von Barton, dass ich es mit einiger Sicherheit 
zu dieser Art stellen kann. Derselben gehört wohl auch ein 
junges Exemplar von Lattorf in meiner Sammlung an. 

\ 


92. Ringicula coarctata v. Kornen. Taf. X VI. Fig. 6. 


Es liegen von Helmstädt eine Anzahl gut erhaltener Exem- 
plare einer Ringieula vor, die mir sonst von keinem Fund- 
punkte bekannt ist und sich besonders durch die stark ver- 
engte Mundöffnung vor andern auszeichnet. Das Gewinde be- 
steht aus einem stumpfen, glatten Embryonalende und 4 flach 
gewölbten Mittelwindungen, und ist etwa — so lang als die 
Schlusswindung. Die Mittelwindungen tragen zuerst 3, zuletzt 
4—5 feine, vertiefte Spiralen. Auf der Schlusswindung befin- 
den sich deren in der Regel ca. 12, mitunter auch einige mehr, 
und zwar sind die mittelsten derselben am weitesten von ein- 
ander entfernt. Die Aussenlippe ist sehr stark nach aussen 
wie nach innen verdickt, ist ähnlich wie bei AR. striata Pin. 
flügelförmig nach unten verlängert, und trägt innen eine lange 
dicke leistenformige Anschwellung, die unten ziemlich plötzlich 
beginnt, und dann, ebenso wie bei R. auriculata Men., allmä- , 
lig schwächer werdend über die vorhergehende Windung hin- 
wegläuft, und zwar bildet sie mit der ebenfalls verdickten und 
ebenso weit nach oben gehenden Innenlippe eine schmale 
Rinne, wie sie bei manchen Rostellarien sich findet. 

Die Innenlippe breitet sich auf der Schale etwa ebenso 
weit aus als bei R. auriculata und trägt über dem schwach 
umgebogenen unteren Ende einen fast horizontalen Zahn, und 
biegt sich dicht über diesem mit einer plötzlichen scharfen 
Anschwellung fast horizontal um bis nahe an die Aussenlippe, 
mit der sie dann ziemlich parallel weiter verläuft. 


| 516 | | 


93. Bulla multistriata v. Koznen. Taf. XVI. Fig. 7. 


Eine Anzahl mehr oder weniger verdrückter Exemplare 
von Helmstädt scheinen vollständig mit einigen guten Stücken 
von Lattorf, von denen ich das eine Taf. XVI. Fig. 7 abbil- 
den lasse, übereinzustimmen. Hierher gehören auch vermuth- 
lich die Steinkerne von Osterweddingen, die PaıLıppr als 2. 
attenuata Sow. anführte. Von dieser unterscheidet sich unsere 
Art durch die mehr bauchige Gestalt, die unten weniger stark 
umgebogene Innenlippe, und die viel feineren, auf der ganzen 
Schale ziemlich gleichmässigen Spiralen; durch diese letzteren 
kommt sie der B. Verneuli DesH. (Suppl. tome II. t. 38 f. 14 
bis 16) näher, doch scheint diese selbst noch etwas schlanker 
zu sein als B. attenuata Sow. Mein grösstes Stück von Lat- 
torf hat 15 Mm. Länge und 7 Mm. Dicke. Es kommen auf 
5 Mm. der Schale ca. 30 der vertieften Spiralen. 


94. Bulla elliptica Sow. 


Ein Paar leidlich erhaltene Exemplare von Helmstädt in 
Herrn Grorrians Sammlung stimmen mit solchen von Lattorf 
und mit englischen Originalen von Barton mit dem einzigen 
Unterschiede uberein, dass die feinen Spiralen auf der Mitte 
der Schale meist etwas weniger deutlich sind; da ausserdem 
die Stücke von Helmstädt alle etwas verdrückt sind, so kann 
ich sie nur mit Zweifel zu der englischen Art stellen. 


95. Bulla intermedia Puir. (Beiträge p. 18 1.3 f.4 
und Palaeontographica I. p. 58.) 


Ein Exemplar von Helmstädt in Herın v. STROMBECK’S 
Sammlung stimmt ganz mit meinen Stücken von Lattorf uber- 
ein, die ich auf die PnıLippri'sche Art beziehe. Das grösste 
derselben ist 7 Mm. lang und 4 Mm. dick. Nun vergleicht 
zwar Phıtippt mit D. cylindroides Desu., diese hat aber eine 
sehr viel schlankere Gestalt, so dass sie eben nur durch die 
ziemlich weit von einander entfernten Spiralen an jene erinnert, 

Eine Anzahl anderer Bulla-Arten in den Sammlungen be- 
sonders Herrn v. STROMBECK's und Herrn A. RoEMER’s muss 
ich leider unberücksichtigt lassen, da die Exemplare sämmtlich 
verdruckt und defekt sind, und mit keiner bekannten Art ganz 
übereinzustimmen scheinen. 


517 


Brachiopoden. 
%. Terebratula grandis BLUMENBACH. 


Ein Paar Fragmente von Helmstädt gehören vermuthlich 
dieser weit verbreiteten Art an, welche ich unter-oligocän von 
Westeregeln, mittel-oligocan von Neustadt-Magdeburg und Söl- 
lingen und ober-oligocän fast von jeder Lokalität kenne. Da- 
vıpson hatte die 7. vuriabilis (der Name ist charakteristisch) 
aus dem englischen und belgischen Crag halb zweifelnd mit 
der 7. grandis vereinigt, ich kann ihm hierin nur beipflichten, 
ja ich halte sogar mit Bronn (Index palaeont.) die T. ampulla 
Broc., T. sinuosa Broc., T. pedemontana Lam., T. bisinuata 
Lam. u. s. w. für ident mit unserer Art. Dieselbe variürt an 
allen Lokalitäten, wo sie sich eben in einer grösseren Anzahl 
von Exemplaren findet, sehr bedeutend in den Verhältnissen 
der Länge, Breite und Dicke zu einander, sowie in der Stärke 
der Falten am Stirnrande, welche oft, besonders bei unaus- 
gewachsenen Exemplaren so gut wie ganz verschwinden. 

Vermuthlich .ist auch 7. opercularis Sanoe. (p. 384 t. 34 
f. 2) hier mit her zu rechnen, die ja nur unvollkommen be- 
kannt ist. 


97. Terebratulina Nysti Bosquer (Comptes rend. 
de l’Ac. roy. Amsterd. 1862.) 


T. chrysalis Puıv. (v. ScaLortueım) Palaeont. I. p. 50. 


Ein defektes Stuck in Herrn Grortrıan’s Sammlung gleicht 
ganz dem Originale Herrn Bosgurr’s aus dem Unter-Oligocan 
von Hoesselt, sowie meinen Exemplaren von Österweddingen, 
Westeregeln, Unseburg und Atzendorf. Etwas Verwandtes ist 
ferner jedenfalls, was Herr GieBEL als 7. ornata aus dem Dilu- 
vium von Schraplau beschrieben hat, doch sind die Originale 
abhanden gekommen und die Beschreibung ungenügend; dieser 
Name wäre daher ganz aufzugeben, selbst wenn er nicht schon 
viel früher von RoOEMER anderweitig vergeben worden wäre. 
Von der Terebratulina striatula Dav. und 7. caput serpentis L. 
unterscheiden sich die angeführten Vorkommnisse, wie mir 
auch Herr Davınson und S. Woopwarn besonders bestätigt 
haben, sehr constant durch einen viel spitzeren, ziemlich scharf 
abgesetzten Wirbel, eine gewölbtere obere und flachere untere 


518 


Klappe. Mein grösstes Exemplar von Unseburg hat 7 Mm. 
Länge, 6 Mm. Breite und 3 Mm. Dicke. 


98. Terebratulina striatula Davipson. 
] 


Ein mir noch nachträglich zugegangenes Stuck von Helm- 
städt in Herrn Grorrian’s Sammlung schliesst sich eng an 
einige sehr unvollkommene Exemplare von Unseburg, Atzen- 
dorf, Calbe und Lattorf an, und gleicht der längeren Form . 
von T. striatula aus dem London-clay von Hishgate, Sheppy 
u. Ss. w. mit weniger divergirenden Radialrippen auf das Ge- 
naueste, nur sind vielleicht die Zwischenräume zwischen den 
Rippen ein wenig breiter als bei jener; dies scheint mir jeden- 
falls kein genügender Grund, sie von jener zu trennen. 


CTonehiferen. 


99. Ostrea vectiensis ForBzEs? (Woop. Eoc. Biv. 
Ba RD) 


Eine untere Klappe von Helmstädt in der Clausthaler 
Sammlung stelle ich mit einigem Zweifel hierher; dieselbe ist der 
ganzen Länge nach aufgewachsen gewesen, vermuthlich auf 
eine grosse Serpula, wie sie auch -von Helmstädt in Bruch- 
stücken, natürlich unbestimmbar vorliegt. Das Exemplar unter- 
scheidet sich von der englischen zunächst durch eine etwas 
kleinere Ligamentgrube, durch eine schwächere Wölbung, be- 
sonders am Wirbel, und durch etwas stärkere Zähnchen an der 
Seite der Sohle; diese Merkmale scheinen mir keinen Anhalt 
zu einer sicheren Entscheidung zu geben bei einer Art einer 
Gattung, die so stark variirt und sich so sehr nach dem Gegen- 
stande bildet, auf dem sie festgewachsen ist. 


100. Pecten bellicostatus Woon. Eoc. Biv. p. 38 
or il. 

P. reconditus Nvst. (non Sor.) p. 302 t. 25 f. 2. 

Ein Abdruck aus dem gelben Thone der Salomonschen 
Thongrube und ein Fragment in der ÖOlausthaler Sammlung 
stimmen ersteres in der Zahl der Rippen und in der ganzen 
Gestalt, letzteres in der Form der dreikantigen, mit kleinen 
Höckern besetzten Rippen ganz mit englischen, belgischen und 
norddeutschen Exemplaren dieser typisch unter-oligocänen Art 


519 


überein, doch ist zu bemerken, dass es fast scheint, als hätte 
das Stück in der Clausthaler Sammlung vollständig einige 
Rippen weniger gehabt als die sonstigen Vorkommnisse. Die 
belgische unter-oligocäne Art, P. reconditus NysT non Son. ist 
mit der englischen durchaus ident.e Bei der Abbildung und 
Beschreibung Woop’s sind noch die Stacheln über und unter 
dem Byssus-Ohr zu ergänzen, welche, an der Nysr’schen Figur 
vielleicht etwas zu stark gezeichnet, auch an meinen Originalen 
von Brockenhurst nicht fehlen. 


101. Pecten corneus Sow. Min. Conch t. 204; Dixon 
‘ 6,4 1.-6. 


P. solea Pnır. non Desn. 
P. Semperi Desn. 

Diese Art ist in dem gelben Thon nicht selten, doch ist 
es mir in Folge ihrer schlechten Erhaltung und Zerbrechlich- 
keit nicht geglückt, auch nur ein einziges vollständiges Exem- 
plar daraus zu erhalten; ausserdem liegen aus Herrn GRoTRIAN’s 
und Herrn v. STROMBECcK’s Sammlungen noch ein Paar ganz 
Junge Exemplare von ca. 3 Mm. Durchmesser vor, an denen 
allerdings nur zu sehen ist, dass sie fast kreisrund, innen und 
aussen glatt sind, und breite, ziemlich gleich grosse Ohren 
haben. Nur von Unseburg besitze ich ein ebenso kleines Stück, 
das jenen vollständig gleicht. Pecten solea DesH. ist sicher 
schon durch das tief eingeschnittene Byssusohr verschieden, 
dagegen ist es mir unmöglich gewesen, zwischen meinen 
englischen mittel-eocanen Originalen von Pecten corneus Sow. 
und meinen zahlreichen ausgewachsenen Exemplaren von 
Westeregeln, Unseburg, Lattorf, Calbe, Eggersdorf u. s. w. 
irgend einen Unterschied herauszufinden. Vermuthlich hat 
DesHuAyEs nur ein junges Exemplar von einer norddeutschen 
Lokalität zum Vergleich mit ausgewachsenen englischen vor- 
gelegen, und konnte er ein solches wohl für verschieden 
halten, da halbausgewachsen diese Art verhältnissmässig viel 
länger als breit, ganz ausgewachsen aber wieder fast kreis- 
rund ist. 


102. Modiola elegans Sow. var. elegantior S. Woop 
Eoe. ‚Biv.,p. 65.1. 12-2u.8.e 
Ein defektes Stück von Helmstädt in Herrn v. STROM- 
BECK's Sammlung stimmt, soweit sich dies mit Bestimmtheit 
Zeits, d.d. geol. Ges. XV11.3, 34 


520 


sagen lässt, gut mit Exemplaren von Lattorf überein; diese 
unterscheiden sich von den ober-eocänen Originalen in F. 
E. Epwarp’s Sammlung nur durch die meist etwas feineren 
Radialrippen, stimmen aber sonst überein, so dass ich glaube, 
unsere Stücke zu der englischen Art stellen zu müssen. 


103. Arca decussata Nysr p. 238 t. 15 £ 11. 


Ein etwas verdrücktes Exemplar von Helmstädt von 8 Mm. 
Breite stimmt gut mit solchen von Lattorf überein; dieselben 
sind zwar nur bis 17 Mm. breit, während die ächte Arca de- 
cussata Nyst bis gegen 30 Mm. breit wird, ich stelle sie aber 
doch mit zu dieser, da sie in Gestalt und Skulptur gut über- 
einstimmen. Nyst’s Citat des Vorkommens dieser Art bei 
Hordwell beruht wohl auf einem Irrthum, wenigstens ist in 
England selbst nichts davon bekannt. Vielleicht gehört hier- 
her ganz oder theilweise Herrn GiEBEL’s Arca anhaltina, doch 
lässt sich dies nicht entscheiden, da seine Abbildung (t. 4. 
f. 15) ganz unbrauchbar ist; in der Form passt diese eher auf 
eine Art von Lattorf, welche in der Skulptur unserer Art ver- 
wandt ist, aber sonst der Arca pretiosa Desu. und A. Zactea 
L. nahe steht; letztere fuhrt aber Herr GIEBEL noch beson- 
ders an, und zwar glücklicherweise mit einer leidlichen Ab- 
bildung, die ausser Zweifel stellt, dass die von ihm gemeinte 
Art die Arca appendiculata Sow. (Arca sulcicosta NxsT) ist. 


104. Limopsis costulata Goupr. p. 165 t. 126 
219. 

L. granulata' GoLor. non Lan. p. 162 t. 126 £. 12. 

L. Goldfussii Nyst pars? p. 243 t. 19 £. A. 

Eine Anzahl guter Exemplare von Helmstädt stimmt ganz 
mit sonstigen Stücken dieser unter-oligocän gemeinen Art über- 
ein. Zu den sehr richtigen Bemerkungen von DEsHAYEs (Suppl. 
t. I. p. 843) habe ich nur hinzuzufügen, dass die Abbildung 
der Limopsis Goldfussü Nyst t. 19 f. 4 entschieden auch hier- 
her gehört; Nyst citirt diese Art von unter- und von mittel- 
oligocänen Lokalitäten, und kann ich Herrn SANDBERGER nur 
beipflichten, wenn er vermuthet, dass erstere Citate sich auf 
unsere Art beziehen. 


521 


105. Nucula Dixzoni Epw.? (Woop Eoe. Biv. p. 112 
t. 18 f. 7. 


Einige Exemplare von Helmstädt scheinen mit der Nucula 
Dixoni Epw. aus dem englischen Mittel-Eocän übereinzustimmen, . 
doch sind sie sämmtlich defekt, und lassen namentlich das 
Innere nicht sehen, so dass ich zu keinem sicheren Urtheil 
gelangen kann, ob sie wirklich ident sind. 


106. Leda Galeottiana Nyst p. 223 t. 18 f. 3. 


Zahlreiche Exempla:e von Helmstädt stimmen mit solchen 
von Westeregeln, Lattorf, Lethen u. s. w. vollständig überein, 
und sind schon durch die unregelmässigen, weniger scharfen, 
und nur bei sehr grossen Stücken hinten schwach erhobenen 
koncentrischen Rippen von der mittel- und ober-oligoeänen 
Leda gracilis Desu. verschieden. Viele meiner Stücke stimmen 
mit den Abbildungen und Beschreibungen Nysr’s und DesHAyzs’s 
in der Gestalt, in der Skulptur und in den Schlosszähnen voll- 
ständig überein, doch ist dies nur bei solchen von mittlerer 
Grösse der Fall; einzelne sehr alte Exemplare erhalten eine 
immer mehr spitz nach hinten verlängerte Gestalt, und werden 
dann in der Form der Leda Westendorpiü ähnlicher, welche als 
oligocäne Art angeführt worden ist; dieselbe ist aber ursprüng- 
lich von Antwerpen, also muthmasslich aus dem Pliocän oder 
doch wenigstens aus dem Miocän beschrieben worden, und 
ist ihre Identität daher vorläufig noch zweifelhaft. Mit seiner 
L. commutata meint vermuthlich PnıLippi ebenfalls unsere Art. 


107. Leda prisca Dasn. var. B Woon. 


Ein zweiklappiges Exemplar von Helmstädt in Herrn 
. Grorrıan’s Sammlung und eins in meiner von nur 2 Mm. Breite 
stimmt in der Gestalt mit der Leda prisca Das#. var. B 
Woop Eoe. Bivalves p. 128. t. 17 f. Aa —c überein, und 
scheint sich von L. pygmaea durch die hinten spitzere Gestalt 
zu unterscheiden. Leider ist mein Material nicht ausreichend 
zu einer Entscheidung, wie diese Art sich zu der ächten L. 
Pygmaea PHiL., und den damit vereinigten miocänen, pliocänen 
und lebenden Formen verhält. Einige sehr ähnliche Stücke 
besitze ich sonst auch unter- oligocän von Lattorf und Calbe 
und mittel- oligocän von Hermsdorf und Söllingen. PruLippi 
citirt (Palaeontographica I. p. 53) Leda pygmaea aus dem 

34 * 


2 522 


Magdeburgischen, doch kenne ich‘ sein Original nicht. Nach 
einer Mittheilung Herrn WEIsKkAUFF’s findet sich etwas der- 
artiges auch im Mainzer Becken. 


108. Leda corbuloides v. KoENEN 


Zwei zweiklappige Stücke in Herrn Grortrıan’s Sammlung 
und eine rechte Klappe in der meinigen stimmen mit keiner 
mir sonst bekannten Art überein. Das grösste Stuck hat 
41 Mm. Breite, 3 Mm. Höhe und (zweiklappig) knapp 2 Mm. 
Dicke. Die Gestalt ist verhältnissmässsig symmetrisch und 
steht etwa in der Mitte zwischen Leda oblata Woon (t. 19 
f. 10) und Leda propingua Woop (t. 20 f. 2). Die Wirbel 
ragen sehr wenig hervor. Die hintere Seite der Schale ist im 
Alter etwas länger und etwas mehr aufgebogen; bei halb aus- 
gewachsenen Stücken dürfte dies jedoch kaum bemerkbar sein. 
Die Oberfläche ist etwa von der Mitte an mit feinen kon- 
centrischen Linien bedeckt, die sich im Alter etwas deutlicher 
zeigen und einander näher rucken; ausserdem finden sich dar- 
auf ein bis zwei grobe Anwachsrunzeln,, die unserer Art ein 
eigenthümliches Aussehen geben. Es sind auf jeder Seite etwa 
11 Schlosszähne vorhanden, von denen die äussersten bei 


weitem die stärksten sind. Die Schale ist verhältnissmässig 
dick. 


109. Leda perovalis v. KoEnen. 
L. amygdaloides PsıL. non Sow.? (Palaeontographica I. p. 53). 


Eine Anzahl sehr defekter Exemplare von Helmstädt 
scheint mit einigen Stücken von Westeregeln im hiesigen 
Museum und einem von Unseburg in meiner Sammlung ganz 
übereinzustimmen. Dieser Art gehören vermuthlich die Stein- 
kerne von Osterweddingen an, die PhrpPi als L. amygda- 
loides anführt; diese ist allerdings, ebenso wie L. Deshayesiana, 
sehr nahe verwandt und nur durch geringe Unterschiede, be- 
sonders in der Skulptur zu trennen, da auf die verschiedene 
Grösse doch wohl kein entscheidendes Gewicht zu legen ist 
(unsere Art wird etwa 10 Mm. breit, 6 Mm. hoch und, zwei- 
klappig, 44 Mm. dick.) 

Die L. Deshayesiäna unterscheidet sich von der Z. amyg- 
daloides Sow. dadurch, das die Depressionen, welche auf der 

“ Area vorn und hinten die Lunulen begrenzen, bedeutend breiter, 


523 


und die Lunulen selbst weit schmaler sind, dass ferner, fast 
von den Wirbeln auslaufend eine Depression auf dem hinteren 
Theile bis zum unteren Rande ‘geht, wodurch die hintere Seite 
weit schärfer hervortritt, sowie schliesslich dadurch, dass die 
breiten koncentrischen Streifen bei der L. Deshayesiana schon 
von dieser Depression ab viel schwächer werden und am 
Rande der Area nur noch als unregelmässige Anwachsstreifen 
vorhanden sind. 

Bei der L. perovalis fehlen die Depressionen, die auf der 
Area bei jenen die Lunula begrenzen, ganz, die koncentrischen 
Streifen laufen vorn und hinten gleichmässig bis an den Rand 
der Area, und unter dieser befindet sich hinten eine flache, 
breite Depression, auf welcher sich die Streifen viel mehr in 
die Höhe biegen, als dies bei jenen beiden der Fall ist. 


110. Cardium cingulatum Goupruss (HörnEs) t. 145 
$...4:.d;.,e,,T. 
Cardium anguliferum Sanoe. p. 318 t. 27 f. 6... 


Ein Bruchstück von Helmstädt, das Schloss und den 
Wirbel enthaltend, würde vollständig etwa 50 Mm. Breite ge- 
habt haben, und gleicht in jeder Beziehung Exemplaren von 
Lattorf und Wolmirsleben, die bis zu 90 Mm. Durchmesser 
erreichen. Ich halte es für unthunlich, diese von dem (©. cin- 
gulatum (C. anguliferum SAnpe.) zu trennen, welches je nach 
der Grösse, die es an den einzelnen Lokalitäten erreicht, 
einigermassen in der Stärke der Skulptur und in der Gestalt 
varürt. Ob das C\. cingulatum Goupr. wirklich ursprünglich 
aus zwei Arten besteht, wage ich ohne Vergleichung der Ori- 
ginale nicht zu entscheiden. Jedenfalls behalte ich mit Hörnes 
den GoLpruss’schen Namen für unsere Art bei, da kein Grund 
vorliegt, denselben ganz zu verwerfen, wie Herr SANDBERGER ‚ge- 
than hat. Das Cardium Hausmanni Pnın., welches Herr GIEBEL 
für ident damit hält, hat in Wirklichkeit so wenig Aehnlichkeit, 
dass ich die Unterschiede wohl gar nicht auseinander zu setzen 
brauche, um so mehr, als von beiden Arten genügende Ab- 
bildungen existiren; wirklich diese Art könnte es dagegen sein, 
die Herr GiEBEL als ©. plumstedianum Sow. anfüuhrt, welchem 
sie allerdings sehr ähnlich ist; ob ident, wage ich nicht zu, 
entscheiden, da mein einziges englisches Exemplar etwas ab- 
gerieben ist; die Beschreibung, die er dazu giebt, passt freilich 


524 


eben so gut auf eine andere Art von Lattorf, die mit dem C. 
hantoniense Epw. ident ist und dem (. fraterculus Desn. 
(Suppl. I. t. 54 f. 4—6) sehr nahe steht. 


11l. Cardium semilineatum v. KOENEN. 


Einige defekte und verdrückte Stücke von Helmstädt 
gleichen, soweit sich dies erkennen lässt, vollständig solchen 
von Unseburg und einem von Lattorf im hiesigen Museum. 
Das Stück von Lattorf, das grösste von allen, hat 23 Mm. 
Breite und ebensoviel Höhe, und stimmt in der Gestalt und 
im Schloss ganz mit C. semistriatum DesH. überein, dem 
es überhaupt nahe verwandt ist, hat aber'auf dem hinteren 
Theile der Schale einige 40 feine, glatte, runde Radiallinien, 
die sich etwas weiter auf den mittleren Theil erstrecken, als 
dies bei jenem der Fall ist. Nach dem Rande zu werden sie 
immer feiner und verschwinden zuletzt nahe dem hinteren 
Seitenzahn ganz. Die Stücke von Helmstädt führen nur einige 
30 Radiallinien, doch liegt dies wohl an ihrer geringeren 
Grösse (sie haben etwa 13 Mm. Breite und 12 Mm, Höhe). 
. Auch auf der ganzen übrigen Schale werden bei starker Ver- 
grösserung feine Radiallinien sichtbar, besonders wenn die 
Stücke etwas angewittert sind, doch möchte dies wohl: bei 
ziemlich allen Cardium-Arten der Fall sein. Das schon bei 
der vorigen Art erwähnte C. hantoniense Epw. man. n. von 
Brockenhurst und Lattorf steht unserer Art ebenfalls sehr nahe; 
vielleicht ist es auch mit dem Namen (, semistriatum Dasn. 
von Herrn GIEBEL gemeint; von diesem unterscheidet es sich 
aber durch zahlreichere (23— 33), Radiallinien (mit runden 
Spitzen versehen) auf der hinteren Seite, und gleicht durch 
seine mehr rundliche Form, schwächere Wölbung und ge- 
ringere Grösse mehr dem (. fraterculus Dessu. (Suppl. 1. 
p. 575 t. 54 f. 4— 6). C. hantoniense Enw., (, semistriatum 
und vermuthlich auch C. fraterculus Drsa. zeigen übrigens, 
wenn die kugeligen Spitzen auf den Radiallinien abgebrochen 
sind, an deren Stelle kleine Grübchen, und sind dadurch stets 
leicht von €. semilineatum zu unterscheiden. 


112. Lucina gracilis Nyst. p. 132 t. 6. £. 8. 


Einige gut erhaltene Exemplare von Helmstädt stimmen 
vollständig mit solchen von Unseburg und Lattorf, sowie von 


525 


Vliermael und Lethen überein. Nysr’s Abbildung ist übrigens 
ganz verfehlt, und seine Angabe, die Art wäre beinahe kugelig, 
würde mich veranlassen unsere Stucke nicht zu seiner Art zu 
stellen, wenn ich sie nicht mit Originalen in Herrn Bosquer’s 
Sammlung verglichen hätte. Meine grösste Klappe von Lattorf 
ist 7 Mm. breit, 7 Mm. hoch und, einfach, stark 2 Mm. dick. 
Die koncentrischen Streifen sind etwas feiner als auf Nysr’s 
Figur, und biegen sich auf beiden Seiten vollständig den An- 
wachslinien folgend bedeutend mehr in die Höhe. Im Uebrigen 
genügt Nyst’s Beschreibung; Unterschiede von verwandten 
Arten kann ich nicht anführen, da mir genügendes Material von 
solchen fehlt. 


113. Astarte Henckeliusiana Nyst pP. 154 
1. 9 f A. 


Zwei Stücke von Helmstädt in Herrn GroTRIAN’s Samm- 
lung von ca. 5 Mm. Durchmesser, das eine mit glattem, das 
andere mit gekerbtem Rande gleichen ganz solchen von Wester- 
egeln, Lattorf und Österweddingen, welche bis resp. 9, 11 
und 14 Mm. Durchmesser erreichen, sowie jüngeren belgischen 
Exemplaren. Zu Nyst’s Beschreibung muss ich aber bemerken, 
dass sämmtliche angeführte Vorkommnisse, sofern sie nicht 
abgerieben sind, besonders nahe den Wirbeln, auch dem blossen 
Auge sehr deutliche koncentrische Runzeln zeigen. 


‚114. Crassatella compressa Lam. (Des# I. p. 37 
t.3 f. 8-9). 3 Ä 


Eine Anzahl Fragmente von Helmstädt ergänzen sich gegen- 
seitig und stimmen mit Stücken von Westeregeln vollkommen 
überein. Diese gleichen der Cr. compressa Lam. vor allem 
darin, dass der eingedrückte Theil der Schale, welcher zwischen 
dem hinteren Schlossrande und der von den Wirbeln schräg 
nach unten laufenden Kante liegt, verhältnissmässig breit ist, 
und bei jungen Exemplaren von 5—10 Mm. Breite etwa ein 
Drittel der ganzen Schale beträgt, während er bei den übrigen 
Arten weit schmaler ist. Darin aber zeigt sich ein geringer 
Unterschied, dass auf dem unteren Theile der Schale die kon- 
centrischen Runzeln bei den Stücken von Westeregeln und 
Helmstädt weiter von einander entfernt sind. 


> 


526 


115. Crassatella Woodi v. KoEnen. 
Astarte Bosquetit GiEBEL t. 2 f. 3. 


Das von Herrn GIEBEL abgebildete Exemplar scheint der 
Stellung der Schlosszähne nach zu urtheilen, nicht eine Astarte, 
sondern eine ÜOrassatella zu sein, die ebenso häufig wie die 
Astarte Bosqueti Nyst (A. gracilis Münst. Per.) sich bei 
Lattorf findet, und ihr in Gestalt und Skulptur ähnlich ist. 

Allerdings ist sie hinten nicht ganz so kurz abgestutzt, 
wie die ‚Abbildung es zeigt, sondern etwas mehr nach oben 
ausgebreitet, und bekommt früher oder später eine schwache 
Depression, auf welcher sich die koncentrischen Rippen scharf 
nach oben biegen. Von der Or. Bronniü Mir. (SanpB. p. 333 
t. 25 f. 4 unterscheidet sie sich durch die dickeren Rippen, 
und die schmalere, höhere, mehr ungleichseitige Gestalt. In 
der Stärke der Wölbung und in der Gestalt ist unsere Art, 
wie alle ubrigen dieser Gattung, ziemlich variabel. Das grösste 
Stuck von Helmstädt in Herrn Gxrorrıan’s Sammlung hat 
8 Mm. Breite und 7; Mm. Höhe, ebenso etwa die von Unse- 
burg, Westeregeln, Vliermael , während sie bei Lattorf bis 
10—12 Mm. Breite und 9—10 Mm. Höhe erreichen. Unsere 
Art schliesst sich durch ihre Gestalt, Ligamentgrube und Schloss- 
zähne zunächst an Cr. Jaevigata Lam. (Dese. I. p. 39 t. 5 
f. 11—12) und an Cr. trigona Desn. p. 36 1. 5f. 4 5an, 
unterscheidet sich aber von diesen durch die ziemlich groben 
koncentrischen Lamellen und den spitzeren, etwas umgebogenen 
Wirbel. Der Rand ist fein gekerbt. Die Or. Woodi habe ich 
auch im gelben Thone der Salomonschen Thongrube gefunden. 


116. Tsocardia multicostata Nyst p. 200 t. 15 f. 4. 


Ein Paar Exemplare aus dem gelben Thone der Salo- 
monschen Thongrube von über 50 Mm. Breite in Herrn von 
STROMBECK’s und meiner Sammlung gleichen ganz solchen von 
anderen Lokalitäten dieser im belgischen und norddeutschen 
Unter-Oligocän verbreiteten Art. 


117. Oypricardia pectinifera Sow. var. postera 
v. KoENEN. 


Ein gut erhaltenes zweiklappiges Stück von Helmstädt in 
Herrn v. Stromgecrks Sammlung stimmt vollkommen mit 


527 


meinen zahlreichen Exemplaren von den meisten norddeutschen 
und belgischen unter-oligocänen Fundpunkten überein; diese 
unterscheiden sich aber durch etwas breitere Radialen, mehr 
rundliche Gestalt, etwas grössere Dimensionen und stärkere 
Wölbung der Schale von meinen englischen Originalen von 
Barton und der zutreffenden Abbildung der Mineral Conchology. 
Diese Unterschiede scheinen mir aber bei der sonstigen Ueber- 
einstimmung, besonders in den eigenthumlichen Lamellen, die 
ja Nysr, Pmıuppı und Speyer (Palaeontographica 1862) zu 
einer Identifikation veranlasste, zu einer Trennung in zwei 
Arten nicht zu genügen, und stelle ich unsere Stücke als var. 
postera zu jener. 


118. Venericardia latisulca Nyst. p. 209 t. 15 £. 5. 
 Ven. Dunkeri Puır. (Palaeont. I, p. 50 t.7 f.6u.7.) 

Ven. analıs Pnır. 

Ven. elegans Lan. Phir. 

Ven. sulcata Lan. Pnır. 

Einige noch unausgewachsene Exemplare von Helmstädt, 
besonders in der Clausthaler Sammlung, stimmen ganz mit 
manchen von Lattorf, Westeregeln u. s. w.; überein. Nach 
meinem Material bin ich übrigens ausser Stande die von 
PHıLıppı unterschiedenen Arten getrennt zu lassen, und zwar 
sind sie vollständig ident mit meinen belgischen Originalen 
von Ven. latisulca Nyst. Diese Art findet sich auch im gelben 
Thon der Salomonschen Thongrube. 


119. Venericardia suborbicularis Sınoe. (p. 339). 


Eine Anzahl guter Stücke von Helmstädt gleichen ganz 
solchen von Westeregeln, Lattorf u. s. w.; da SANDBERGER 
diesen einen besonderen Namen gegeben hat, so nehme ich 
diesen an, ohne entscheiden zu wollen, ob diese Art wirklich 
nur auf das Unter-Oligocän beschränkt ist, da sich dies bei 
der Veränderlichkeit dieser und der verwandten Arten nicht 
ohne sehr grosses Material feststellen lässt. 


120. Cytherea Solandri Sow. Index. 


Venus rotundata Sor. non Lin. (Sor. f. 91.) 
“ Venus lineolata Sow.M. C. t. 422 f. 2. 
Cytherea striatissima Desn.? (Suppl. I. p. 458 t. 34 f. 9—6). 
Einige leidlich erhaltene Stücke von Helmstädt scheinen 
vollständig mit solchen von Lattorf, Brockenhurst u. s. w. über- 


528 


einzustimmen. Vermuthlich ist dies die Venus trigona NvsT 
Herrn GisseL’s, wenigstens ist es die gewöhnlichste Art der 
ganzen Familie. Nach einer gütigen Mittheilung von F. E. 
EpwaArps ist die Art von Brockenhurst ident mit 'Sowersy’s 
Originalen, was man freilich nach dessen Abbildung nicht ver- 
muthen möchte. Dagegen stimmen meine Exemplare in jeder ° 
Beziehung, in der Gestalt, Skulptur und in dem Schlosse, 
durchaus mit DesnAyzs’s Beschreibung und Abbildung seiner 
mittel-oligocänen (. striatissima überein. Diese, wie es scheint, 
nur in sehr wenigen Stücken bekannt, soll indessen nur 3 Mm. 
breit und 4; Mm. hoch werden, während meine Stücke von. 
Lattorf, die grössten von allen, 15 Mm. breit und 13t— 14 Mm. 
hoch werden bei einer Dicke von (einklappig) 5 Mm. 


121. Corbula subpisum D’ORR. 
©. subpisiformis Sande. p. 288 t. 22 f. 14. 


Ein Paar kleine, schlechte Exemplare von Helmstädt in 
der Clausthaler Sammlung scheinen solchen von Westeregeln, 
Lattorf u. s. w. ganz zu gleichen. Herr SANDBERGER ändert 
den Namen p’OrBIcny’s, weil er unlateinisch sei, der seinige 
ist aber auch nicht besonders schön, und ich behalte auf alle 
Fälle den ersteren bei, da er wenigstens den Vorzug der 
Kürze hat. 


122. Corbula obovata v. KoEnen. 


Es liegen von Helmstädt eine Anzahl guter ein- und zwei- 
klappiger Stücke vor, welche durch ihre ganze bauchige Form 
sich zunächst an die C. costata Sow. anschliessen. Sie haben 
etwa 12 Mm. Breite, 9 Mm. Höhe und (zweiklappig) 8 Mm. 
Dicke. Die Wirbel ragen viel weniger hervor als bei jener, 
etwa ebenso stark wie bei (C. siriata Desu. Die Skulptur fehlt 
auf den Wirbeln ganz; später finden sich allmäalig schwache 
koncentrische Runzeln ein, die zuletzt etwa ebenso stark werden, 
wie bei (©. striata, und ausserdem feine Radiallinien. Auf der 
hinteren Seite ist, von einer ziemlich scharfen Kante begrenzt, 
auf beiden Klappen eine Depression von derselben Breite etwa 
wie bei (\ striata. In der kleineren rechten Klappe befindet 
sich ein breiter stumpfer Zahn, und in der linken ein dünner 
spitzer. 


529 


Stellen wir nun das Ergebniss dieser Untersuchungen zu- 
sammen, so erhalten wir folgendes Resultat: 


= 
: 322343 
No. Versteinerungen von Helmstädt FEIERIER: 
Psfpealar 
| 
1.:| Nautilus imperiahs Sow. » * 2. wie rue.e 0. | 
. 2. | Strombus canalıis Lam. . + Ar F 
3. | Murex brevivauda His... ln. 
4. | Typhis fistulosus Broc. . 7 
5. | Tritonium flandricum Kon. En ; + 
b. | Cancellaria tenuistriala v. oe, - } 
7. | — elongata Nyst. an 
8. | — laevigata v. Kosnen | ee 
9.) — evulsa Soi, . or 
10. | — nitens Beyn. DALE 
11. | — granulata Nyst. + m: ! 
12. | —- subangulosa Woon var. rotundata v. "Können A - 7 
13. | Pyrula nexilis Soı. el let 
Ma ah oongınan. BexR, : > s0. 000. 2 ee u i Bi 
19.|, Eusus scalariformis NxST .. .. : 2 +... - al: f 
KON | femeösta v.. KoENEN. .\. 2... Sn i 
17. | = zegularis SoL... . lt 
18. | — Sandbergeri Bevn. . ee i 
Nail > VERRDLISS Ne Sr Aa IE 5 + eh 
20. | - elongatus Nvst m 
21. | — septenarius Bev:. + 
22. | — scabrellus v. Koenen . T 
23. | — erassisculptus Bevyn. i E \ ; 
Be 1 WienkuptussSow.. . Su WE ee eier ne | 
29. | —. Edwardsü v. Koenen ; ; : 
206. | — longaevus SoL. var. egregius Be T 
27. | — restans v. Koznen . ß i - 
28. | Fasciolaria funiculosa Lam... . an 33 
29. | Edwardsia Bettina Semper ar \ 
30. | — pyruliformis Nyst . + 
31. | — semigranosa Nvst I 
32. | Purpura rodulosa Bevr. . . - a 
33. | Cassis ambigua Soı.. a | 
34. | — coronala Desn. ılır + 
35. ! Cassidaria nodosa Sor. al er 
36. | Anecillaria unguieulata Beva. + i 
37. | — subeanahfera D’Ore. . + 
38. | Conus Beyrichü v. Koenen . + » 
39. | — deperditus Bave. ai + 
40. | — procerus Buyn. . jr 
41. | — Grotriani vw, Koenen . En. : i 
BIrRleurstoma turbida' Sor. 2... vr. zen. ll 
— — var. ligata Enw. RR : is 
A) 2) hoemer v. KounEn .- nu. a me are £ A 
44. | — denticula Basr. IR ae 
45. | — Bosqueti Nyst - ai 0 ; 
46. | — nudiclavia Biyvr. . =. + 2 
47. | — Koninckü Nyst I ? 


530° 


| DE Re 
No. Versteinerungen von Helmstädt uses 
= Oase 
| 
48. | Pleurotoma conifera Evw.. . : +... rare + 
0 a Sehjsu Kon. an au. 2 are ee + - ; 
a0. — lan. GEB a N ee 3 s 
31.0. 5 rasirata.SoEss ae ee er A Flle 
— — var. multicostata v. KoEnEnN. . Se . - E 
| — var. multistriata v. Koenen . N ie: . . 
32.2 .Beyriehis Pause Sys. See Re et 
59. | — attenuata Sow. ee See - : 4 
BE pseudocolon GiEB. 5 7 a 8 
99. | — ramosa Basr. var. praceedens a Be : : 
56. | — Strombecki v. KoEnen a a al: . 
57. | — innexa Soı. var, postera v. Kocnen WE : ; 
58. | -— semilaevis Pair. ae 5 u Me } 
— — var. tenuistria v. KoEnEN a . . A 
59. | — prisca Soı. : i T leFils 
60. | — iterebralis Lan. var. perspirata v. Kossen . T Alu ee 
64:71 Libelisia Pa... 20205 es ee SITE . 
62.4) 9 aancta EBW. "se. s as 2 Rn re T i : 
— — var. a und var. 8 v. Koenen . der . . 
63-1 —. Sempers.v. KoENEN- - - 2. a ae a Ä 
64. | Borsonia Delucü Nyst. . Eh aa u in + 
68.1.2.) enurelata, V. -KoEnEN... nr are . 3 ; 
66. | Voluta suturalis Nyst .. .. .» . T . . 
67. | — nodosa Sow. a a nn: 
68. | — labrosa Pnıt. . Du a Til . 
69: &1 decbra: Beye: ca auch Wa 2 Re a AN 
70,410 gBlusa-v: KOENNEN 2. = 0.2 Sen ere a 2 
71. | Mitra tenuis Bey. ER ae N : 
72. | Marginella intumescens v. Ku N u i 
13.2] =: merovals V.. KOENNEN .. . % 02m 2 ne + { : 
74. | Natica hantoniensis Pırk.. . - ee 
79. 4 siabellale Lam. 2 Auer 5 Sl ua 
76. | Sigaretus canaliculatus Sow. ehe a ER 
77. ı Odontostoma fraiernum SEMPER ee Eu = 
78. | Eulima complanata v. KoEnen 0 : 
79. | Niso turris v. KoEsen : er: 7 . i 
80. | Cerithium Strombecki v. Be = ee : : A 
81. | Mathilda tripartita v. KoEnEn ae f ; 2 
82. | Turritella crenulata Nvst Be in > 5 
83. | Scalaria acula Sow. . aeg - T."1E0T rare 
84. | Solarium canaliculatum Lam. . . - er: 3 +14 + 
85. | — pulchrum Sow. na Er ha Nr: . T 
86. | Delphinula Bronnü Phu.. . . a . 
87. | Rissoina cochlearella Lam. » » » .. ... ı + : + 
88. | Dentalium acutum HiB. . . .: . . 2... - + ? E 
SIM] T-. Mssunra ram „De eins > ee T. I WS 
90. | Actaeon simulatus Sow. : » 2 2 220. . AR Ta 
91. | — elongatus Sow. 2 Veege ur: + Jos | : 
92. | Ringieula coarctata v. KoENEN . x...» - BB . . 
93. | Bulla multistriata v. Kornxen . . T . | . 
94.) elhplienBow...2 wear “1. Dee 


531 


BE 
521.385 
No. Versteinerungen von Helmstädt E a3 82182 
j Ir Ss rAPar 
pulle intermedie Pu, Saar. An vnlnes tn PR | F | 
96. | Terebratula grandis Buum. » : 2 2 22 n0. Er TR On | 
97. | Terebratulina Nystö Bos0. . .» : 2 ce. 20. + > : | 
Bu me matila, Dave DEI RP REN 7 . > | 
99.; 1, Osirea veetiensis FoRBES «u em tanionai. aus 10er eRe: . 
100. | Pecten bellicostatus S. Wood . : x x 2 2... Ar . Ä 
Be en own ee ea Ka ah 1 + | 
102. | Modiola elegans Sow. var, elegantior S. Woon . + er i | 
103. | Arca decussata Nyıst .....».. RE SE HSBN + ; } | 
104. | Limopsis costulata GuLdr. . » 2.00. 7 5 | 
105. | Nueula Dixoni Eow. . ..... a DEDSHEBNT, r | 
1062, Eeda Galeottiana \NYSTi + samen ee en fe + + + | 
Bor pmsca Des... ee nn en ai * 
108. SW eorbulordes v. Koenen .». . . .. E.nı. . . | 
109. | — , perovalis v. Komnen » 2 2. 2. nn. n7 A 
110. | Cardium cingulatum GoLDFr. »» . 2.2.0... x | 
111. | — semilineatum v. KoenEN . . .. 2.0.0 T . | 
212.) Inemasgnacilısı Nast mir. wur -alod Bas + h | 
113. | Astarte Henckeliusiana NYST .: . .» : 22 2 .. + $ | 
114. | Crassatella compressa Lam. : : :.... u TE a 
BRN = oadin KOENEN NN. ATI, + { | 
116. | Isocardia multicostata. NYST. ... 10:2. 30 00a hi f \ 
117. | Cypricardia pectinifera Sow. var. postera v.Kosnen | 1 | + | - 
118. | Venericardia latisulca NySTt ... 2.2.20. + R . 
1,0, | — . suborbieularis SANDB. sa mn dee ii £ | Ä 
120. | Cytherea Solandri Sow. » «2.0000. + - : 
121. | Borbuin Sübpısum DORE. . -. +. nen. | lie: | { 
DD — 1 0boBeta) v.Y KoEnEN io... ey Denis - i ? 
| 30 


An Corallen finden sich nach A. Rormer „die Polyparien 
des norddeutschen Tertiärgebirges* (Palaeontographica IX.): 

1) Pelagia Defrancia MicH. (Rorn. t. 3 f. 22.) 

2) Flabellum alatum Rozn. (t. 4 f. 23, 25, 26). Wie Ror- 
MER selbst schon vermuthet, möchte auch ich sein Fl. 
ovale und Fl. cylindraceum für ident halten. 

3) Cycloseris hemisphaerica Rom. (t. 4 f. 27.) 

4) Eupsammia teres Rorn. (t. 5 f. 4.) 

5) Balanophyllia praelonga Pain. (Roenm. t. 5 f. 9.) 

Ausser diesen befindet sich noch in meiner Sammlung 

6) Oculina polyphylla Rorm. (t. 4 f. 27.) 

Von diesen finden sich No. 5 und 6 auch an anderen 
unter-oligocänen Lokalitäten, No. 1 im französischen Mittel- 
Eocan, und die übrigen drei nur bei Helmstädt. 


532 


Rechnen wir nun von diesen 128 Arten den zweifelhaften 
Nautilus imperialis Sow. und die bisher nur von Helmstädt be- 
kannten 17 Species ab, so bleiben deren 110, von welchen 
mir von sonstigen unter - oligocänen Lokalitäten 100 bekannt 
sind, während im Ober-Eocän deren 31, und im Mittel-Eoeän 
30 vorkommen. Hiernach bleibt kein Zweifel, dass die Schich- 
ten von Helmstädt auch unter-oligocän sind, um so mehr als 
von jenen 100 Arten 59 sonst nur im Unter-Oligocän oder in‘jüun- 
geren Schichten sich finden, nicht aber in älteren. Die Zahl der 
Arten, die sonst nur im Mittel-Eoeän, nicht aber im Ober-Eocän 
vorkommen, beschränkt sich auf vier: Cancellaria subangulosa 
Woop. var. rotundata v. KoEnEN, Pleurotoma turbida SoL. var. 
ligata Epw., Pl. attenuata Sow. und Solarium pulchrum Sow. 
Diese Zahl erscheint gewiss nicht auffällig gross, wenn wir 
berücksichtigen, dass die Fauna von Helmstädt nur eine Art 
weniger aus dem Mittel-Eocän als aus dem Ober-Eocän ent- 
hält, und daneben noch Formen wie Pl. tricineta Epw., die 
nur unter-oligocän und unter-eocän, nicht aber aus den dazwi- 
schenliegenden Schichten (Barton, Bracklesham u. s. w.) be- 
kannt sind. Ausserdem ist ja das englische Ober-Eocän nur 
von einer, wenn auch sehr grossen Lokalität, von Barton und 
High-Cliff selbst in einer verhältnissmässig kleinen Fauna von 
noch nicht 300 Species ordentlich bekannt, zu welchen doch bei 
genugender Ausbeutung anderer Fundpunkte desselben Alters 
noch eine ziemliche Anzahl hinzukommen dürfte. Schliesslich 
finden sich ja an allen unseren norddeutschen Lokalitäten einige 
Arten, die sonst nur aus dem englischen Mittel-Eocän bekannt 
sind, so z. B. bei Lattorf Arca tesselata Epw. und ein Murex 
filigrana Epw. man. n., den ich ganz ident von Hunting-bridge 
besitze. (Derselbe steht in seiner ganzen Gestalt, sowie der 
Mundöffnung nach dem Murex asper SoL. äusserst nahe, ist 
aber durch mehrere, alternirend stärkere und schwächere 
Systeme sehr zierlich geschuppter Spiralen, die die ganze 
Schale bedecken, ausgezeichnet und leicht Kenntlich.) Uebri- 
gens kommen ja dergleichen Sprünge auch nach der anderen 
Seite hin vor; so ist Ancillaria subcanalifera D’ORB. und Ce- 
rithium Genei MicH. ausser unter-oligocän nur miocan bekannt, 
auch die Cassidaria echinophora L. besitze ich unter -oligocan 
von Unseburg. Durch diese Thatsache, dass wir erwarten 
müssen, in entfernten Gegenden in Schichten sehr verschiede- 


533 


nen Alters Formen unserer überaus reichen unter - oligocänen 
Fauna ganz ident wiederzufinden, wird das Studium und die 
Bearbeitung dieser sehr erschwert, da, um immer völlige Sicher- 
heit zu erlangen, man ausserordentlich grosses und umfang- 
reiches Vergleichsmaterial zur Verfügung haben müss. Dieses 
besitze ich einigermaassen genügend nur an englischen Sachen, 
und zweifele daher nicht, dass noch so manches in dieser Ar- 
beit Aufgestellte zu ändern sein wird bei Vergleichung anderer 
Faunen; jedenfalls hoffe ich, solche spätere Verbesserungen 
dadurch erleichtert zu haben, dass ich genau angegeben habe, 
was ich wirklich selbst verglichen habe, und welche Unter- 
schiede sich dabei herausstellten. 


534 


Erklärung der Tafeln. 
Tafel XV. (I) 


Figur 1a, b. Cancellaria tenuistriata v. Kornen. Helmstädt. 
» 2. FWusus septenarius Beyr. Lattorf. 
„  3a,b. Fusus Edwardsü v. Kornen. Helmstädt. 
»„ .4a,b. Fusus scabrellus v. Kornen. Lattorf. 
„..da,b. Conus Grotriani v. Kosnen. Helmstädt. 
6a,b. Pleurotoma Roemeri v.-Kornen. Helmstädt. 
» .7a,b. Conus Beyrichü v. Kornen. a Calbe, b Lattorf. 
„8a. Borsonia coarctata v. Kornen. Helmstädt. b vergrössert. 
9a,b. Pleurotoma Strombecki v. Kornen. Helmstädt. 
„ 10a. Pleurotoma Semperi v. Kornen. Helmstädt. b, ce vergrössert,. 
„ 10d. Pleurotoma peracuta v. Kornen. Hermsdorf. e vergrössert. 


Tafel XVI. (U.) 


Figur 1a,b. Cerithium Strombecki v. Kornen. Helmstädt. 

2. Voluta obtusa v. Kosnen. Unseburg. 

„ 93a. Mathilda scabrella Semper. Lattorf. b, e vergrössert. 

3ec, d. Mathilda tripartita v. Korsen. Helmstädt. f vergrössert. 
4a. Niso turris v. Kornen. Lattorf. b, c vergrössert. 

„ da. Marginella intumescens v. Kosnen. Unseburg. b vergrössert, 
». ba. Ringicula coarctata v. Kornen. Helmstädt. b, ce vergrössert. 
»„  7a,b. Bulla multistriata v. Kosnen. Lattorf. 

„8a, ec. Fusus flexicosta v. Kornen. Helmstädt. b, d vergrössert. 
„9a. Odontostoma fraternum Semper. Helmstädt. b. vergrössert. 
10a. Eulima complanata v. Kornen. Westeregeln. b. vergrössert. 


539 


2, Die tithonische Etage. 


Von Herrn Aısertr Orprer ın München. 


Bei den zahlreichen und mannigfaltigen Aufschlussen, 
welche die Erforschung der oberjurassischen und untercreta- 
ceischen Grenzbildungen nach deren ausseralpinem Vorkommen 
als Portland-Purbeck- und Wealden-Schichten bisher ge- 
liefert hat, drängt es, auch über die Ablagerungen, welche inner- 
halb der Alpen den Uebergang der jurassischen Formation in 
die untersten Kreide-Stufen vermitteln, Einiges mitzutheilen. Es 
geschieht dies hier durch Veröffentlichung der Resultate, welche 
aus der Untersuchung der in den Grenzgliedern zwischen Jura 
und Kreide vorkommenden Cephalopoden hervorgingen. 

Um diese Grenzglieder nicht ohne Weiteres einer der bei- 
den benachbarten Formationen zutheilen zu müssen und um zu- 
gleich einen Ausdruck für ihre künftige Bezeichnung wählen zu 
können, fasse ich dieselben als eine zwischen der Stufe von 
Kimmeridge und den tieferen Neocom-Schichten befindliche, 
besondere Formationsgruppe zusammen, welche ich titho- 
nische Etage benenne, indem hierdurch die Beziehung die- 
ser Schichtengruppe zu der unmittelbar darüber beginnenden 
Kreideformation angedeutet werden soll. 

Ohne Zweifel wird sich die tithonische Etage später 
in einzelne Zonen zerlegen nnd auch mit den ausseralpinen 
Meeres- und Susswasser-Bildungen in genaue Parallele stellen 
lassen. Da dies aber gegenwärtig noch nicht zur Genüge aus- 
führbar erscheint, so kann auch der Versuch nicht gemacht 
werden, eine der bereits vorhandenen Bezeichnungen wie Pur- 
beck-Strata, Solenhofer Schiefer, Portland-Kalk 
u. s. w. auf den fraglichen Schichtencomplex zu übertragen, 
wennschon diese Bildungen die theilweisen Aequivalente der 
tithonischen Etage darstellen. Ebensowenig möchte ich wagen, 
durch eine locale Bezeichnung alpinen Ursprungs (wie Stram- 
berger Schichten) der Etage für ihre weitere horizontale 

Zeits. d. d.geol. Ges. XV1l.3. 39 


536 


und vertikale Verbreitung jetzt schon eine allzu bestimmte und 
einseitig fixirte Bedeutung beizumessen. 

Während eine schärfere Feststellung der eigentlichen 
Grenzglieder der tithonischen Etage erst das Ergebniss einge- 
. henderer Vergleiche und bestimmterer Parallelen sein wird, so 
wählen wir wenigstens zur vorläufigen Orientirung die Kim- 
meridge-Schichten mit Ammonites Lallierianus D’ORB., Am. 
longispinus Sow., Amm.. Eudoxus D’ORB., Amm. mutabilis Sow., 
Amm. Eumelus D’ORB. u. s. w. als Basis, und die unterste Neo- 
com-Zone mit Amm. Grasianus D’ORB., Amm. semisulcatus D’ORB., 
Amm. verrucosus D’ORB., Amm. Roubaudianus D’'ORB., Amm. Neoco- 
miensisD’ORB., Amm. asperrimusp ORB., Amm. Astierianus D'’ORR. als 
unmittelbar über der tithonischen Etage folgende Abtheilung. Es ist 
zu hoffen, dass diese Art der Abtrennung an günstigen Punkten eine 
ziemlich genaue Unterscheidungermöglichen wird, wiezum Beispiel 
in den Umgebungen vonGrenoble, woselbst„Oalcaire* und „Ci - 
mentdelaPortedeFrance* über Kimmeridge-Bildungen und 
unter Neocom in concordanter Lagerung anstehen und weithin 
verfolgt werden können. In verticaler Richtung zusammengezogen, 
dagegen mit grosser horizontaler Verbreitung findet sich die 
tithonische Stufe in Sudtirol entwickelt in Form der be- 
kannten rothen und weissen Ammonitenkalke von Trient und 
Roveredo, deren erstmalige scharfe und eingehende Beschrei- 
bung wir den gegenwärtig erscheinenden Arbeiten Dr. BENECKEr’s 
verdanken. Wegen ihrer Farbe und ihres Ammonitenreichthums 
wurden diese Kalke von den italienischen Geognosten gewöhn- 
lich als „Calcare ammonitico rosso“ unterschieden, 
mitunter aber auch tieferen Etagen gleichgestellt. Ihre Ein- 
reihung in die Oxford- und sogar Kelloway- Gruppe war 
die Folge unrichtiger Bestimmung einiger Ammonitenarten, 
insbesondere des Amm. sSilesiacus Opp., als Amm. Zignodianus 
DORB., sowie des Amm. Volanensis Orp., als Amm. athleta 
Puırr.*) Hiermit verband sich der Irrthum als reiche die Te- 
rebratula diphya in die Etagen von Kelloway und Oxford herab, 
oder habe sogar in diesen ihr Hauptlager, während sie doch 
in Wirklichkeit erst mit dem Ende der Kimmeridge-Gruppe 
erscheint und nie in tieferen Bildungen gefunden wurde. In 


“ 
*) n’Ons. Pal. fr. Terr. jur. 1..pag. 4159, 494. und Prodr. 12, No. 2,. 
33. 242. 


537 


Gesteinsbeschaffenheit den Kalken von Roveredo zum Theil nahe 
entsprechend, konnten in neuester Zeitauch in denbayerischen 
Alpen einige Glieder der tithonischen Gruppe in dem soge- 
nannten Haselberger Marmor und den oberjurassischen 
Aptychus- Schicefern erkannt werden, welche in den Umgebun- 
gen von Ruhpolting unmittelbar unter Neocom - Schichten die 
jüngsten Lagen der Juraformation bilden. Da der Marmor des 
Haselberges, welcher bei Ruhpolting die Amm. ptychoi- 
cus, tortisulcatus, Silesiacus, sutilis, hybonotus, nebst Teerebratula 
diphya (d. h. diphoros oder Rogoznicensis ZEUSCHN.) einschliesst, 
sich gegen Osten und Westen noch weiter fortsetzt, so lässt 
sich hieraus folgern, dass die tithonischen Meereswasser gegen 
Ende der Jurazeit eine grosse Verbreitung in dem Gebiete 
unserer Alpen besassen, eine Annahme, welche durch die 
neuesten Mittheilungen des H. Dr. STELZXER *) über das Vor- 
kommen von Terebratula diphya im’ jurassischen Kalke zu 
Losenstein am rechten Ufer der Enns bestätigt wird. **) 
Fimbriate Ammoniten und zahlreiche Exemplare einer dem 
Amm. Calisto nahestehenden Art, welche sich in dem dunkeln 
Kalke an der Strasse bei Au im Bregenzer Walde fanden, 
machen es wahrscheinlich, dass die dortigen Jura- Schichten, 
welche von ESCHER VON DER LintH und von GÜNBEL unter der 
Bezeichnung „Auer-Kalk“ in die Literatur eingeführt wurden, 
tithonisches Alter besitzen. Ohne Zweifel nimmt die Etage 
im nordöstlichen Theile der Schweiz an der Bildung von 
Escher’s „Hochgebirgskalk“ Theil, und es ist zu erwar- 
ten, dass dieselbe sich durch bestimmbare Einschlusse noch 
weiter zu erkennen geben wird. (Vergl. J. BacHmann, „Ueber 
die Juraformation im Canton Glarus“ Berner Mittheilungen 
November 1863 pag. 163). Amm. hybonotus aus schwarzem 
Kalke in einem characteristischen Abdrucke von H. OosTEr am 
Richardsberg bei Argentine unweit Ormonds gesammelt, 
deutet 'neben andern bezeichnenden Ammonitenresten darauf 
hin, dass auch östlich vom Genfer See die Spuren der Etage 
verfolgt werden können. Ich darf hier nicht unterlassen, einige 
Worte über die merkwürdige Kalkformation hinzuzufügen, welche 


*) LEonuarp und Geinıtz Neues Jahrbuch 1864 pag. 694. 

**) Vergl. Hauer, Gliederung der Trias, Lias und Jura-Gebilde. Se- 
paratabdruck. pag. 96. — Jahrbuch der k.k. geologischen Reichsanstalt. 
1853. Jahrgang 4. ; 

35 * 


538 


sudlich von Thun am Eingange des Simmenthales blossliegt 
und hier den Uebergang von Jura- zu Kreide-Schichten ver- 
mittelt. Schwarze, an der Wimmis-Brücke anstehende, 
10 Fuss mächtige Kalke zeichnen sich, wie schon im Jahre 
1834 von Prof. Stuper *) mitgetheilt wurde, durch zahlreiche 
. charakteristische Versteinerungen aus, welche mit den bekann- 
ten Kimmeridge-Species aus der Zone des Pieroceras Oceani 
von Porrentruy auflallende Uebereinstimmung zeigen. Eine 
colossale Masse von weissem körnigem Kalkstein erhebt sich 
den Untersuchungen BRUNNER’s von WArTenwyL **) zufolge 
über dem schwarzen Kalke, ein dem letzteren aufgelagertes, 
jungeres Schichtenglied bildend, über dessen Einreihung und 
Altersbestimmung die wohlerhaltenen fossilen Reste Aufschluss 
zu geben versprechen, welche in dem weissen Kalke einge- 
schlossen liegen. Dieselben gehören nach den früheren An- 
gaben des Herrn von FISCHER -OoSTEr ***) Kreide- Arten an, 
zeigen aber den neueren Mittheilungen des Genannten zu- 
folge eine nicht zu verkennende Verwandtschaft oder Identität 
mit den Vorkommnissen des Stramberger Kalkes. Bestä- 
tigt sich letzteres, was ich nach Besichtigung einiger im Berner 
Museum befindlichen Stücke sehr wohl für möglich halte, so 
wäre durch Ausbeute der weissen Kalke von Wimmis eine 
weitere ‚Vermehrung der tithonischen Fauna zu erwarten. 
Noch aus anderen südwestlicher gelegenen Gegenden, wie 
aus den Umgebungen von Gigondas (Vaucluse), den De- 
partements Basses-Alpes, Var und Alpes maritimes 
existiren entweder bereits Belege fur die Vertretung der Etage, 
oder es fehlen wenigstens die Andeutungen für deren Vorhan- 
densein nicht und es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass die- 
selbe in Begleitung: tieferer Jurazonen und überlagert von Neo- 
com in den grauen .Kalken von Batna in der Provinz Cou- 
stantine von Neuem auftaucht, da es dem gelehrten und 
unternehmenden Forscher H. Coguanxp f) gelang, neben anderen 

*) B. Stuper. 1834. Geologie der westlichen Schweizeralpen. pag. 274. 
B. Stuner. 1853. Geologie der Schweiz. pag. 62. 

”*) BRUNNER von WarttenwyL. Geognostische Beschreibung der Ge- 
birgsmasse des Stockhorns, pag. 15. Neue Denkschr. der allgem. schweiz. 
Gesellsch. für die gesammten Naturwissensch. Bd. 19. 

**#=) CO. von Fiscuer-Ooster. Ebendaselbst pag. 16, 17. 


7) M. H. Coovann. Geologie et Pal&ontologie de la Region Sud de 
la Province de Constantine, 1862. pag. 20. 


539 


wichtigen Entdeckungen und Bestimmungen uber die Geognosie 
Algiers sehr bezeichnende Fossilreste der obersten Malm-Schich- 
ten aufzufinden. Rothe Kalke enthalten dorten die Einschlusse 
verschiedener Jura-Zonen, unter Anderem zahlreiche Ammoniten 
meist zu Amm. biplex und Amm. acanthicus gehörig, wovon neuer- 
dings ESCHER VONDER LintEH eine interessante Serie in dem Züricher 
Museum niederlegte. Getrennt von diesen, in grauem Kalke 
eingeschlossen, fand sich den Berichten H. Coquanp’s zufolge 
die characteristische Terebratula diphya, das höchste Niveau 
der jurassischen Niederschläge in dem ununterbrochenen Pro- 
file zwischen Batna und Djebel-Ohellaläh einnehmend 
und offenbar tithonischen Schichten angehörend. Sandige Schie- 
fer folgen als Basis der Neocomformation unmittelbar darüber, 
während sich in den höheren Lagen des Neocoms die charak- 
teristischen Reste des Belemnites dilatatus und des Aptychus 
Didayi zu erkennen gaben. Auch für die Umgebungen von 
Setif (Provinz: Constantine) ist das Vorhandensein der 
Etage durch das Vorkommen eines in der Sammlung des Herrn 
Coquanp befindlichen Exemplars des Amm. Angelini wenigstens 
angedeutet. 

Ob und wie die tithonische Etage in Spanien vertreten 
ist, wird sich wie zu hoffen aus den Untersuchungen des Herrn 
DE VERNEUIL ergeben. Ohne Zweifel ist diese Abtheilung dor- 
ten deutlich entwickelt, was sich besonders wegen der allge- 
meinen Aehnlichkeit, welche die obern Jurabildungen in Spa- 
nien*) mit denen der südfranzösischen Gebirge besitzen, ver- 


*) Statt die Etage nach ihrer horizontalen Verbreitung noch mehr 
ins Einzelne zu verfolgen, verweise ich auf die Arbeiten von L. v. Buch, 
E. Dumas, F. v. Hauer, J. Marcov, B. Stuver und E. Susss, in welchen 
zahlreiche, Anhaltspunkte und Nachweise über das Auftreten des Diphyen- 
Kalkes in verschiedenen Gegenden gegeben werden. Dieselben finden 
sich in folgenden Schriften niedergelegt: 1) Bulletin Soc. imp. de Mose. 
1846. Bd. 19, pag. 244. 2) Bulletin Soe. geol. de Fr. 1846. Sept. pag. 
6053. 8) Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Jahrg. I pag. 168. 
Jahrgang 10 pag. 411, pag. 415. Verhandlungen pag. 68. 4) J. Marcou 
1857 — 1860. Lettres sur les roches du Jura pag. 218, huitieme lettre. 
9) B. Stuper 1851 — 1853 Geologie der Schweiz. 6) E. Surss, Ueber 
Terebratula diphya. 1852. Sitzungsber. der Akademie der Wissensch. 
Wien VIII. pag. 553. 7) E. Surss{, die Brachiopoden der Stramberger 
Schichten. 1558. Vergl. ferner: K. F, Paters über den Lias von Fünf- 
kirchen, Separatabdr. pag. 42 -- 47, Sitzungsberichte der k. Akad. der 
Wissensch. Wien 26. Juli 1862. 


540 


muthen lässt. Dass die tithonische Etage imden Dauphineer 
Alpen nicht fehlt, geht ganz deutlich aus den umfassenden 
Lory’schen Arbeiten *) hervor. Die Annahme des vollständi- 
gen Zurücktretens der Meere aus dem weiten Alpengebiet des 
Dauphine zur Zeit der Kimmeridge-Bildungen. und während der 
ganzen tithonischen Periode beseitigt sich dagegen nach Fest- 
“stellung des richtigen Alters von „Ciment“* und „Calcaire de 
la Porte de France.* Eigenthümlich, dass sich den klaren 
Anschauungen eines erfahrenen Geognosten eine solche Hypo- 
these **) beigesellen konnte! Doch wenden wir uns nunmehr 
zu der Entwicklung der tithonischen Etage mehr im Osten in 
den als Klippenkalk und Stramberger Kalk mit Recht 
beruhmt gewordenen Bildungen, welche jedoch unter sich 
eine so grosse Verschiedenheit darbieten, dass eine Gleichstel- 
lung beider unmöglich wird. : 

Die Untersuchung der mit staunenswerthem Fleisse und 
seltener Sorgfalt angelegten Sammlungen des verewigten Direc- 
tors HoHENEGGER lehrt, dass die zahlreichen Versteinerungen 
des Klippenkalksteinsvon Rogoznik (nördlich vom Tatra- 
Gebirge, südwestlich von Neumark in Galizien) nicht einer 
einzigen Zone angehören, sondern sich auf verschiedene Hori- 
zonte der Malm-Formation vertheilen. Vorwaltend aus Cepha- 
lopoden und Brachiopoden, bestehend, lassen sich die meist 
sehr gut erhaltenen Reste nach den 3 Etagen als Arten der 
Oxford-, Kimmeridge- und Tithon-Gruppe sondern, 
während die Repräsentanten tieferer Etagen dem Klippenkalke 
von Rogoznik fehlen. ***) Leider wurden bisher Untersuchun- 
gen über die verticale Verbreitung der Versteinerungen des 
Klippenkalkes nach geognostischen Horizonten , gestutzt auf 


*”) Can. Lorv, 1860-1864. Description geologique du Dauphine. 

**) Lory 1. e. pag. 269-270 und pag. 276 $. 150. 

*«#) Ich beschränke den Ausdruck Klippenkalk oder Klippen- 
kalkstein auf die marmorartigen Kalke und sehe hier ganz ab von 
dem sogenannten grauen, dichten Klippen-Kalkstein Pusca’s 
mit Amm. opalinus (Schuflariensis Pusch), Amm, tatrieus Pusch, Amm. 
scissus BENECKE, Belemnites serpulatus Quenst. u. s. w., dessen Stellung 
an der Basis des Doggers von Honenesser schon längst richtig bestimmt 
wurde. Vergl. Jahrbuch der geologischen Reichsanstalt, 1855. pag. 308. 

Die angeblichen Kelloway-Species des Klippenkalkes von Rogoz- 
nik reduciren sich auf Arten der tithonischen Gruppe, besonders auf 
Amm. adversus, Catullianus, rasilis u. s. w. 


Ü 


541 


die Ausbeute der Schichten an Ort und Stelle, nicht unternom- 
men. Dass die organischen Reste der 3 genannten Etagen 
vermischt in einer und derselben Lage des Klippenkalkes ein- 
gebettet wären, ist sehr unwahrscheinlich und widerlegt sich 
schon durch die verschiedenartige Gesteinsbeschaffenheit, welche 
die Exemplare untereinander zeigen. Es lassen sich z. B. die 
Species der Oxford-Schichten sehr wohl durch ihre Farbe und 
ihr Gestein von den offenbar einem höheren Niveau angehören- 
den Arten unterscheiden, welche in einem mit Terebratula 
diphya erfüllten, weisslichen und hellrothen Gestein eingeschlos- 
sen die eigenthümliche Muschelbreccie bilden, aus der die 
meisten der bekannten Fossilreste des Klippenkalkes stammen. 
Eine Abtrennung dieser höheren Vorkommnisse des Klippen- 
kalkes konnte desshalb bei Bestimmung der Cephalopodenreste 
in den meisten Fällen gewagt werden, um so mehr als sich 
viele dieser Arten auch an anderen Lokalitäten in gleichem Ni- 
veau beisammen fanden. 

Weisse Kalke mit Terebratula diphya, Terebratula tri- 
quetra und zahlreichen weniger vollkommen erhaltenen Exem- 
plaren von Ammonites und Belemnites, welche bei Maruszina 
unmittelbar unter Neocom-Schichten anstehen sollen, könnten _ 
hier das oberste Glied der tithonischen Gruppe noch über der 
versteinerungsreichen Diphyen - Breccie des Klippenkalkes dar- 
stellen. Sie würden dann etwa dem oberjurassischen Aptychus- 
Schiefer entsprechen, welcher sich in den Umgebungen von 
Ruhpolting noch über dem Haselberger Marmor ausbreitet. 
Denkbar wäre es aber auch, dass die weissen Kalke an man- 
chen Stellen den obersten Theil des Klippenkalkes vertreten, 
was sich aus den verwitterten Ammonitenresten nicht ermitteln 
liess, während die Brachiopoden des weissen Kalkes den Arten 
von Trient und Roveredo gleichen, dagegen von den häufigeren 
im eigentlichen Klippenkalk einheimischen Formen (Terebratula 
diphorus, Rogoznicensis, sima ZEUSCH. u. Ss. w.) wesentlich ab- 
weichen. Ir 

Wie eben von Rogoznik bei Neumarkt (Galizien) erwähnt 
wurde, so enthalten auch die Klippenkalke von Puchow an 
der Waag (Ungarn) die Reste mehrerer Etagen. Eine Mu- 
schelbreccie mit Diphyen-artigen Terebrateln nimmt ohne Zweifel 
die oberste Stelle ein. Zahlreiche Inflaten und Flexuosen bil- 
den die Repräsentanten der, wie es scheint, wenig entwickel- 


542 - 


ten Kimmeridge-Fauna, während ausgezeichnete Exemplare von 
Ammonites transversarius, Oegir, tortisulcatus, plicatilis, Schilli, in 
rothem und wachsgelbem Kalke enthalten, das Vorhaudensein 
der Zone des Ammonites transversarius ausser Zweifel stellen. 
Ein einziges verwittertes Bruchstück eines Macrocephalen stimmt 
mit tieferen Vorkommnissen überein. 

Um nun auch für den Stramberger Kalk die wichtig- 
sten Beziehungen herauszufinden, durch welche sich derselbe 
den zuvor beschriebenen Bildungen. der tithonischen Gruppe 
anreiht, ist es erforderlich, die paläontologischen Merkmale die- 
ser Kalkzone näher ins Auge zu fassen. Bleibenden Werth 
haben sich in dieser Hinsicht die fruhzeitigen Bestimmungen 
Prof. BeyricH’s *) erworben, durch welche gewisse, auf Facies- 
unterschiede gegründete Abweichungen zwischen Klippenkalk 
und Stramberger Kalk zum ersten Male festgestellt wurden. 
Weit später-erfolgte ein Versuch Hournescer’s**), das Alter 
des Stramberger Kalkes durch einen Vergleich der darin auf- 
gefundenen Oephalopoden zu ermitteln. Weiteres Material kam 
bald darauf durch die Suzss’sche***) Abhandlung über die Bra- 
chiopoden der Stramberger Schichten hinzu, und es bilden diese 
Arbeiten trotz der Verschiedenheit ihrer Resultate eine sehr 
dankenswerthe Grundlage für die Kenntniss der Stramberger 
Schichten, welche durch die letzte Homznesger’sche+) Schrift 
noch besonders vermehrt wird. Obschon nun’ die gegenwärtige 
Untersuchung der Cephalopodenreste der Stramberger Kalke 
von Neuem die Altersbestimmung dieser Bildungen verändert, 
so ergeben sich aus ihr doch auch manche Bestätigungen für 
fruhere Annahmen. 

Der wichtigste Unterschied zwischen Klippenkalk und 
Stramberger Kalk liegt offenbar in der Thatsache, dass 
durch die erstgenannte Bildung mehrere Etagen, 
d.h. eine ganze Reihe vonZonen repräsentirt wird, 


*) Bryrıcn über die Entwicklung des Flötzgebirges in Schlesien 1844 
in Karsten’s Archiv Bd. 18 pag. 76 und 78. 

**) Honenesser Neuere Erfahrungen aus den Nordkarpathen 1855 
'‘ Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt Jahrg. 6 pag. 304. 

*#*) Surss Die Brachiopoden der Stramberger Schichten 1858 — 1859. 

+) Hournesger Die geognostischen Verhältnisse der Nordkarpathen 
1861. 


» 
. 


543 


während der Stramberger Kalk einen weit be- 
schränkteren Horizont einnimmt und, soweit sich bis 
jetzt ermitteln lässt, einer einzigen Etage oder. sogar einer 
einzigen paläontologisch unterscheidbaren Zone angehört. Von 
den Oxford- und Kimmeridge-Fossilien des Klippen- 
kalkes hat sich in der Fauna der Stramberger Kalke keine 
der bezeichnenderen oder ausschliesslich leitenden Formen er- 
halten, und es sind nur die Einschlusse der obersten Stufe, 
welche diesen beiden Bildungen gemeinsam zukommen. Man 
gewahrt sogar bei einem genauen Vergleiche der Faunen, dass 
mehrere der Arten, welche sich bis in die Diphyen-Kalke von 
Roveredo, sowie in das Niveau des lithographischen Schiefers 
von Solenhofen erheben, dem Kalke von Stramberg fehlen, wie 
2. B. Ammonites tortisulcatus, Aptychus latus nebst der arten- 
reichen Gruppe der Inflaten, welche ich künftig, um eine Ver- 
wechslung mit Ammonites inflatus Sow. zu vermeiden, Familie 
des Ammonites cyclotus nennen werde. 

Ammonites hybonotus sowie Ammonites succedens, welche 
in dem grauen Kalke von Raczichow in Galizien gefunden 
wurden, fehlen an den versteinerungsreichsten Punkten des 
typischen Stramberger Kalkes, bei Stramberg und Konia- 
kau. Es wäre desshalb denkbar, dass während die Fossilreste 
von Stramberg und Koniakau aus den obersten Lagen der 
tithonischen Etage herrühren, die Versteinerungen von Raczi- 
chow die mittleren und tieferen Schichten dieser Stufe cha- . 
rakterisiren. Grössere Abweichungen, welche unter den Faunen 
von Stramberg, Rogoznikund Roveredo allerdings beste- 
hen, lassen sich dagegen vollständig durch die Verschiedenheit der 
Faciesverhältnisse erklären. Gegenüber den Cephalopoden- 
Schichten des Klippenkalkes von Rogoznik und den Di- 
phyen-Kalken von Sudtirol.bieten die Kalkfelsen von Stram- 
berg ein vortreffliches Beispiel für die Entstehung eines aus- 
gezeichneten alpinen Corallriffes, dessen reichhaltige Fauna 
auch für andere an der Grenze zwischen Jura und Kreide 
entwickelte Corallen -Schichten wichtige zoologische Anhalts- 
punkte zu liefern verspricht. Es dürfte besonders die Alters- 
bestimmung der Schichten von Inwald, vom Plassen bei 
Hallstadt, von St. Wolfgang, von Voreppe und Echail- 
lon bei Grenoble, von Oyonnax eine lohnende Aufgabe 


544 


bilden. Aus-der Form der Diceraten*) lässt sich vermuthen, 
dass auch der Oolith vom Mont Saleve in die tithonische 
Stufe gehöre. 

Für die Parallelen und Vergleiche der Faunen von Stram- 
berg, Rogoznik und Roveredo eignen sich dagegen die Cepha- 
lopoden in besonderer Weise, da dieselben den drei genannten 
Bildungen in grosser Häufigkeit und zum Theil in gemeinsamen 
Arten inwohnen. Auch wurde von Dr. BEnEckE**) auf Grund 
einiger identischer Ammoniten - Species der erste Beweis für 
den Synchronismus zwischen den Schiefern von Solenhofen 
und dem Diphyen-Kalk von Roveredo geführt. Obschon zwar 
die Möglichkeit vorhanden ist, dass die tiefsten Lagen der 
Sölenhofer Schiefer der obersten Region des englischen 
Kimmeridge-Thones entsprechen, so wird doch durch die 
wichtige BEnzckeE’sche Parallele mittelst des lithographischen 
Schiefers eine Verbindung zwischen den 'ttithonischen Ablage- 
rungen innerhalb und ausserhalb den Alpen gezogen, welche 
uns zu dem Versuche berechtigt, die ausseralpinen Grenzglie- 
der des oberen Jura gegen die Kreide der Tithon-Gruppe ein- 
zuverleiben. Unter diesen Voraussetzungen vereinige ich in 
der nachfolgenden Liste die Cephalopoden-Arten der Tithon- 
Gruppe folgender Lokalitäten: Rogoznik, Radzichow 
(Galizien), Koniakau, Wilamowitz, Teschen u. s. w. 
(Schlesien), Ignatziberg, Stramberg (Mähren), Trient, 
. Roveredo (Südtirol), Ruhpolting (Bayerische Alpen), So- 
lenhofen, Eichstädt, Neuburg (Bayerischer Jura), Nus- 
plingen (Württemberg), Ormonds (Vaud), Chambery 
(Savoyen), Grenoble (Isere), Boulogne (Pas de Calais), 
Portland (Dorsetshire). ***) 

l. Coccoteuthis hastiformis Eee sp. Vergl. bei dieser 
und den folgenden Arten WAaener, 1860, die fossilen Ueberreste 
von nackten Dintenfischen, bayer. Akad. der Wissensch. Abh. 
Bd. 8 Abth. 3. 

2. Leptoteuthis gigas MEYER. 

3.  Plesioteuthis prisca RÜPPEL Sp. 


*) A. Favae 1843 Observations sur les Diceras. 
*»*) Vergl. Bexecke Ueber den Jura in Südtirol, in Geinırz Jahrb. 
- 1864 pag. 802. 

»**) Die neuen Arten der nachfolgenden Liste werden gegenwärtig 
abgebildet. 


545 


4. Plesioteuthis acuta MÜNSTER sp. 
“5. Teuthopsis princeps WAGNER. 
6. Celaeno scutellaris MÜNSTER. 
7. Celaeno conica- WAGNER. 
8. Onychites barbatus FRAAS sp. 
9. Acanthoteuthis speciosa MÜNSTER. 
10. Acanthoteuthis Ferussaci MÜNSTER. 
ll. Zhyncholithes n. sp. 
12. Belemnites acieula Münster 1830 Bemerk. zur nähern 
Kenntn. der Belemn. pag. 8 tab. 1 fig. 14. 

13. Belemnites Rothi Oper. Eine ohne den Alveolartheil 
erhaltene Scheide von schlanker Form und gerundetem Quer- 
schnitt, durch drei seichte Furchen gekennzeichnet, welche sich 
in parallelem Laufe längs der Aussenseite erstrecken, jedoch 
auf dem untern, in eine langgezogene Spitze auslaufenden 
Ende verschwinden. Zwei dieser Furchen stehen sich gegen- 
über, die dritte legt sich zwischen dieselben ziemlich genau in 
die Mitte. 

14. Belemnites semisulcatus Münster 1830 Remerkungen 
zur nähern Kenntniss der Belemniten pag. 6 tab. 1 fig. 1—8, fig. 15. 

15. . Belemnites Zeuschneri Ope. Von der Form eines 
schlanken Dilataten, der Figur 9 tab. 2 in p’OrB. Terr. eret, I. 
gleichend, jedoch mit längerer in einem feineren Oberende be- 
findlichen Furche versehen. 

16. Belemnites ensifer Orr. Steht dem Belemnites dilata- 
tus noch näher als die vorhergehende Art, unterscheidet sich 
jedoch durch die schlankere gleichmässigere Form, sowie die 
schärfere und etwas.längere Hauptfurche. 

17. Belemnites tithonius Oper. Der äussern Form nach 
zwischen Belemnites polygonalis und Bel. dilatatus in der Mitte 
stehend, am untern Ende erweitert und von vorn und rückwärts 
mit breiten aber seichten Eindrücken versehen, zu deren beiden 
Seiten die Scheide eine stumpfe Längskante bilde. Haupt- 
furche entweder sehr unbedeutend oder ganz fehlend, an den 
vorliegenden Stücken nicht sichtbar. 

18. Belemnites strangulatus Opr. Kurze, unten zuge- 
- schärfte Scheide mit derjenigen des Belemnites breviformis ver- 
gleichbar, jedoch von einer deutlichen Furche durchzogen, wel- 
che von dem Alveolarrande an bis. zum untern Drittheil der 
Scheide hinabreicht. 


346 


19. Belemnites conophorus Opr. Kurzer als Belemnites 
canaliculatus und wie dieser mit einer Längsfurche versehen, 
welche in der Alveolargegend entspringt und sich über die 
grössere Hälfte der Schale erstreckt. Obschon Bruchstücke 
des Belemnites conophorus zu Verwechselungen mit der Species 
‚des Doggers führen könnten, so werden beide Arten doch durch 
ein sehr wesentliches Merkmal von einander getrennt, indem 
bei Belemnites conophorus die Hauptfurche nicht auf der Seite 
des Siphos verläuft, sondern diesem entgegengesetzt ist, ähnlich 
wie dies bei Arten der Neocomformation bereits beobachtet 
wurde. | 


20.  Belemnites Capellinii Oper. Dem Belemnites Orbignya- | 


nus verwandt, jedoch von kürzerer und dickerer Form; auch 
zieht sich die Hauptfurche weiter nach abwärts als dies von 
D’Orzicnr Terr. erst. I. tab. 4 fig, 10—16 für die Species des 
Neocoms angegeben wird. Gehört mit dem schlankeren Be- 
lemmites conophorus zu der gleichen Gruppe. 

21. Belemnites Bouei Orr. Länge der mit einem Theile 
der Alveolarwände erhaltenen Scheide 36 Mm., Breite des Ober- 
endes 19 Mm., Dicke 16.Mm. Die blättrige Scheide, welche 
sich an vielen Enden lamellenartig ablöst, läuft in ein breites 
stumpfes Unterende aus und wird längs ihrer obern Hälfte 
von einer kräftigen Hauptfurche durchzogen. 


22. Nautilus Geinitzi Orp. Rucken-, Bauch- und Seiten: 


Loben in lange eckige Zacken auslaufend. Gehäuse compri- 
mirt, mit engem Nabel; Sipho auf dem äussersten Viertheil der 
Kammerscheidewände befindlich. 

23. Nautilus Strambergensis Oper. Aehnlich der vorher- 
‘gehenden Art, jedoch unterscheidbar durch den Verlauf der 
Lobenlinie, welche sich seitlich rundet, während der Median- 
lobus der convexen Seite in welliger Biegung nur wenig her- 
vortritt. | i 

24. . Nautilus Franconicus Opp. Das einzige bisher in dem 


lithographischen Schiefer ‚von Solenhofen aufgefundene Exem- 


plar; zu der Gruppe des Nautilus aganiticus -QUENST. (non 
SCHLOTH.) gehörig. 

25. Nautilus Picteti Opp. Convexseite mit einer seichten 
Medianfurche versehen, zu deren beiden Seiten niedere Neben- 
kiele verlaufen, ähnlich wie bei Nautilus Lallierianus Pıcr., 
jedoch eine breitere Fläche bildend. | 


547 


26. Nautilus asper Orr. Aehnlich dem Nautilus radiatus 
‚Sow., jedoch mit stärker gekrümmter Lobenlinie. 
| 27. Nautilus cyclotus Opp. Aufgeblähte, enggenabelte 
Form, mit zahlreichen, wenig gebogenen Kammerscheidewän- 
den. Convexseite glatt, ohne erhabenen Kiel, sonst ähnlich 
dem Nautilus laevigatus D’ORB. 

28. Ancyloceras Guembeli Opp. Leicht sehühehle Bruch- 
stück einer Wohnkammer von quadratischem Querschnitt, kräf- 
tigen Rippen, welche auf der Convexseite eine Furche zwi- 
schen sich lassen, auf der Concavseite durch unregelmässige 
Runzeln ersetzt werden. 

29. Ancyloceras gracile Orr. Kleine Art. mit hohen, rings- 
um verlaufenden, auf dem Rücken wenig oder nicht unterbro- 
chenen Rippen. 

30. Aptychus Beyrichih Opp. Eine in den Kalken von 
Stramberg sehr häufig vorkommende Art, mit feinen Rippen, 
deren Zahl bis über 30 steigt. Ein Theil dieser Rippen läuft 
dem gemeinsamen Schalenrande parallel. 

3l. Aptychus secundus Orr. Der vorigen Species ähnlich, 
jedoch durch derbere, weniger zahlreiche Rippen charakterisirt. 

32. Aptychus alpinus Gumser. 1861 Geogn. Beschreib. 
pag. 514. 

33. Aptychus curvatus Giesen sp. Qusxst. Ceph. tab. 22 
fig. 26. Zahlreiche andere Arten von Aptychen, welche in 
Schichten der tithonischen Gruppe gefunden wurden, konnten 
bei den zugehörigen Ammonitengehäusen untergebracht werden. 

34. Ammonites semiformis Orr. Die inneren Umgänge des 
enggenabelten, 68 Mm. Durchmesser besitzenden Gehäuses sind 
mit einem geknoteten Kiele versehen, welcher sich auf der 
Wohnkammer in eine Furche verwandelt. Bildet mit den zu- 
nächst folgenden Arten eine besondere Ammoniten-Gruppe, wel- 
che ich Familie des Ammonites semiformis benenne. 

39. Ammonites Fallauxi Orr. Erreicht die halbe Grösse 
der vorigen Art und gleicht derselben, besitzt jedoch einen 
weiteren Nabel. 

36. Ammonites notogaster Orr. Kleine Art mit median 
gefurchter Wohnkammer und einigen gegen aussen geknoteten 
Radialrippen. | 

37. Ammonites mundulus Opr. Wohnkammer median ge- 


548 


furcht, sonst Arieten-ähnlich, mit zahlreichen, schwach gebo- 
genen Radialrippen versehen. 

"38. Ammonites biruncinatus QuEnsT. Oeph, tab. 19 fig. 14. 

39. Ammonites zonarius Opp. Ungeknoteter Tenuilobat 
mit schmalem Band auf der Siphonalseite. 

40. Ammonites Folgariacus Opp. Palaeont. Mitth. pag. 199 
tab. 54 fig. 6. 

Al. Ammonites steraspis Orr. Palaeont. Mitth, pag. 251 
tab. 69 fig. 1—9. | 

42. Ammonites Bous Orr. Palaeont. Mitth. pag- 252 tab. 70 
h2:.l: 
43. _Ammonites macrotelus Opp. Ausgezeichneter Dentat 
mit zahlreichen Zähnchen, starker knieförmiger Biegung und 
grösstem Durchmesser von 40 Mm., kleinstem Durchmesser 
24 Mm. Stramberg und Koniakau. | 

44. _Ammonites collegialis Orr. Aehnlich dem Ammonites 
dentatus REın., jedoch etwas kleiner. Wohnkammer stark nie- 
dergedrückt. 

45. Ammonites lithographicuss Opp. Palaeont. Mittheil. 
pag. 248 tab. 68 fig. 1—3. | 

46. Ammonites Haeberleini Opp. Palaeont. Mitth. pag. 249 
tab. 68 fig. 4, 5. 

47. Ammonites Thoro Opp. Palaeont. Mittheil. pag. 250 
tab..68 8.6.7. | 

48. Ammonites microps Opp. Kleine gekielte Art. Auf 
dem äussern Umgange erheben sich in der Nähe des Kieles 
entfernt stehende, geknotete Anschwellungen, während der übrige 
Theil des ziemlich eng genabelten Gehäuses glatt bleibt. 

49. Ammonites euglyptus Orr. 1863 Palaeont. Mittheil. 
pag. 253 tab. 70 fig. 2—5. 

50. Ammonites succedens Orr. Weitgenabelter Flexuose 
von 67 Mm. Durchmesser, einschliessiich der bis zum vorderen 
Saume erhaltenen Wohnkammer. Letztere nimmt einen halben 
Umgang ein und endigt mit einem nach vorn geneigten, schwach 
gebogenen Rande. Während ihr vorderes Ende sich durch eine 
quer über den gerundeten Rücken verlaufende Fältelung aus- 
zeichnet, so erheben sich dagegen auf dem vorhergehenden 
Theile längliche Knoten in grossen Entfernungen, in der Mitte 
und zu jeder Seite eine Reihe bildend, welche sich auf den 
Luftkammern enger schliesst. 


549 


51. Ammonites praecox BENECRE M. 8. 

53. Ammonites rasilis Opp. Windungen eines mit einem 
Theile der Wohnkammer erhaltenen Steinkernes leicht gewölbt, 
an der Oberfläche glatt, ähnlich den comprimirten Varietäten 
des Ammonites oolithieus D'OrB. (Ammonites psilodiscus SCHLONB. 
M.S.), jedoch mit weiterem seichterem Nabel versehen. Loben- 
linie sehr einfach. 

53. Ammonites elimatus Orr. Dem Ammonites Erato D’ORB. 
nahe verwandt, durch das raschere Anwachsen der Windungen 
unterscheidbar. Erreicht mit der Wohnkammer einen Durch- 
messer von 125 Mm. Ein bis in die Nähe des Mundsaums 
erhaltenes Gehäuse scheint ursprünglich auf jeder Seite mit 
einer breiten ohrförmigen Verlängerung geendigt zu haben. 
Schale glatt oder mit feinen gebogenen Anwachsstreifen bedeckt. 

54. Ammonites Staszycü ZeuscHn. 1846 Nowe lub u. s. w. 
tab. 4 fig. 3. e* 

55. Ammonites carachtheis ZuuscHn. ebendas. tab. 4 fig. 1. 

96. Ammonites curvispira Opp. Bleibt etwas kleiner als 
Ammonites carachtheis ZEUSCHN. und unterscheidet sich von die- 
ser Art durch die schwache knieförmige Biegung der Wohn- 
kammer. Im Uebrigen mit der vorhergehenden Species über- 
einstimmend. 

57. _Ammonites tithonius Oper. Hochmündige, enggena- 
belte, seitlich flache Art, welche ihrer äussern Form nach dem 
Ammonites cylindricus (Sow.) Haver Het. der österr. Alpen 
tab. 3 fig. 5, 6 gleicht, dagegen in Beziehung auf die Loben 
von dieser Species weit abweicht, und sich hierin den vorher- 
gehenden Arten anschliesst. Am meisten stimmt die Art mit 
den kleinen verkiesten Ammoniten des untern Neocoms, welche 
unter der Bezeichnung Ammonites Grasianus in den französi- 
'schen Sammlungen liegen. Deutliche Stücke dieser Species, wel- 
“ che ich H. E. Rıspaıu in Gigondas und Prof. Pıcrer in Genf 
verdanke, lassen übrigens durch die abgeflachtere Form ihrer 
Seiten keinen Zweifel an der Verschiedenheit beider Arten, 
obwohl es noch fraglich ist, ob die kleinen Kieskerne des 
Neocoms einer einzigen Species angehörten. 

58. Ammonites Wöhleri Opr. Exemplar einer Wohnkam- 
mer mit grösstentheils erhaltenem Mundsaum, welcher seitlich 
in eine breite ohrföormige Verlängerung ausläuft, während der 
gewölbte Schalenrücken sich in einem gerundeten Saume 


550 


gleichfalls ziemlich weit nach vorn erstreckt, zuvor aber kräf- 
tige Runzeln trägt, welche sich zu beiden Seiten der Schalen 
in feinen Anwachsstreifen verlängern. Form der innern Um- 
‚gänge nicht bekannt, ohne Zweifel denen der vorhergehenden 
Species ähnlich. 

"59. : Ammonites leiosomus OPP. Windungsrücken breiter, 
jedoch mit ähnlichen Querfurchen versehen wie bei Ammonites 
carachtheis Zuuschw. Nabel ziemlich eng, mit schräg einfallen- 
der Nahtfläche. Seiten flach. ‘ Durchmesser ausgewachsener 
Individuen 35» Mm. 

60. Ammonites Rothi Orr. Aehnlich der vorigen Art, 
jedoch durch einen erhöhten Kiel gekennzeichnet, welcher sich 
auf dem letzten Drittheil der Wohnkammer in der Mittellinie 
des Ruckens erhebt. Y4 

61. Ammonites nepos Opp. Grösste Art, mit engem steil 
einfallendem Nabel, kräftigen radialen Falten, welche zu beiden 
Seiten des Gehäuses schwach beginnen, dagegen bei ihrem 
Verlaufe über den .gerundeten Windungsrucken ziemlich stark 
hervortreten und zugleich von feineren Linien in paralleler 
Richtung bedeckt werden. Steht den von F. v. Hauvzr als 
Ammonites Partschi beschriebenen Resten nahe, unterscheidet 
sich aber von der liasischen Art durch dickere Windungen. 

62. Ammonites ptychostoma Ben. M. S. 

63. Ammonites serus Oper. Dem Ammonites Zetes D’ORB. 
durch Lobenzeichnung und äussere Form sehr nahe verwandt, 
jedoch durch feine Streifung der Schale von letzterem abweichend. 

64. Ammonites Kochi Orr. _Heterophylle, mit Ammonites 
Calypso in Beziehung auf die Form des Steinkerns, den Ver- 
lauf der Furchen und die Zeichnung der Loben ziemlich nahe 
übereinstimmend. Oberfläche der Schale mit niederen den Fur- 
chen ‘des Steinkerns entsprechenden Erhöhungen und zahlrei- 
chen feineren Linien bedeckt; auf der gerundeten Siphonalseite 
granülirt. 

65. Ammonites Silesiacus Orp. Dem Ammonites Zignodia- 
nus DORB. sehr nahestehend, jedoch durch den Mangel der 
deutlichen Zwischenrippen von dieser Species abweichend. 

66. Ammonites tortisulcatus D’OrB. Pal. fr. Terr. cret. I. 
tab. 51 fig. 46. 

67. Ammomites Zignüi Cat. 1846 Mem. geogn. pal. sulle 
alpi venete pag. 140 tab. 7 fig. 2 (non tab. 12 fig. 3). 


951 


68. Ammonites ptychoicus Quest. 1845 in Bronv’s Jahrb. 
pag. 683 Ceph. tab. 17 fig. 12. 

69. Ammonites geminus Ben. M. S. 

70. Ammonites Angelini Opp. Eine mit der Wohnkammer 
30 Mm. Durchmesser erreichende Species, welches sich enge 
an Ammonites Zignü, ptychoicus, geminus und semisulcatus an- 
schliesst und sich von den drei erstgenannten Arten nur durch 
abweichende Grössenverhältnisse unterscheidet. ü 

71., Ammonites fasciatus Quexst. 1845 in Bronn’s Jahrb. 
pag. 683 Cephal. tab. 20 fig. 11. 

72. Ammonites electus Orr. Mittelgrosse Fimbriaten - Art 
von 85 Mm. Durchmesser und 30 Mm. Dicke, beinahe glatter 
Oberfläche und stark eingeschnürter Mundöffnung. 

73. Ammonites municipalis Oper. Der vorhergehenden Spe- 
cies ähnlich, jedoch etwas grösser und dicker. Ausgezeichnet 
durch eine Anzahl niederer, bei ihrem Verlaufe über den Win- 
dungsrücken nach vorn geneigter Wulste. 

- 74. Ammonites sutilis Opp. Mit einer neuen von Herrn 
Bergrath F. v. Hauer (Cephal. aus dem Lias der nordöstlichen 
Alpen tab. 22 fig. 1, 2) abgebildeten Ammoniten-Species, wel- 
che ich Ammonites Francisci nenne, zu einer und derselben 
Unterabtheilung Fimbriaten-artiger Ammoniten gehörig. Unter- 
scheidet sich von Ammonites Francisci durch schwächere und 
zahlreichere Falten und durch die geringere Höhe des Quer- 
schnittes der letzten Windung. | 

75. Ammonites montanus Opp. Aehnlich dem Ammonites 

Eudesianus D’ORB. und nur durch geringe Abweichungen in der 
Oberflächenbeschaffenheit der Schale unterscheidbar, indem bei 
Ammonites Eudesianus die innern Umgänge deutlichere Rippen 
oder Falten besitzen als bei der neuen Art der tithonischen 
Gruppe. 
16. _Ammonites Liebigi Oper. In Beziehung auf die Win- 
dungszunahme dem Youxg’schen Ammonites cornucopiae ver- 
gleichbar, jedoch von feineren Falten bedeckt, welche erst be- 
ginnen, nachdem das Gehäuse einen Durchmesser von 30 Mm. 
erreicht hat, während auf den innern Umgängen nur vereinzelte 
erhabene Linien in grossen Zwischenräumen hervortreten. 

77. Ammonites immanis Opp. Der vorhergehenden Spe- 
cies ähnlich, jedoch durch den Verlauf der niederen feingekno- 


teten Rippen charakterisirt, welche sich über den breiten Win- 
Zeits.d.d.geol. Ges. XVII. 3. 36 


552 


dungsrücken stärker nach vorn neigen. Am vordern Ende der 
Wohnkammer gehen dieselben in hohe, lamellenartige, in grösse- 
ren Zwischenräumen aufeinanderfolgende Vorsprünge über. 

78. Ammonites atroxe Orr. Fimbriat mit dicken Windun- 
gen, auf welchen sich in Zwischenräumen hohe Wülste erhe- 
ben, während die übrigen Schalentheile beinahe glatt bleiben 
und nur an einzelnen Stellen die feine wellige Faltung der 
Fimbriaten zeigen. Querschnitt des letzten Umgangs breiter 
als hoch. { 

79. Ammonites incultus Orr. Kleine Ammoniten-Art mit 
gerundeten Windungen und schwach eingeschnurtem Mundsaum. 
Aussenseite glatt, indem nur bei einzelnen ausgewachsenen 
Individuen am Ende der Wohnkammer kleine Einschnitte be- 
merkbar werden, ähnlich wie sie bei Ammonites carachtheis ge- 
wöhnlich vorkommen. 

80. Ammonites cyclotus Oper. Ammonites simplus ZEUSCHN. 
1846 Nowe lub. tab. 4 fig. 2 (non- D’ORR.) 

81. ° Ammonites Neoburgensis Opp. Pal. Mitth. tab. 58 fig. 5. 

82. Ammonites latus Opr. 1863 Pal. Mitth. tab. 72 fig. 1. 

83. Ammonites aporus Orr. 1863 Pal. Mittheil. tab. 73 
fig. 1—3. | 

84. Ammonites Pipini Orr. 1863 Pal. Mitth. tab, 72 fig. 3. 

85. Ammonites hoplisus Orp. 1863 Pal. Mitth. tab. 73 fig. 4. 

86. Ammonites asemus Orr. Erreicht mit der bis zum 
Mundsaum erhaltenen Wohnkammer einen Durchmesser von 
21 Mm., wobei die Weite des Nabels 6 Mm., die Dicke 7 Mm. 
betragen. Windungen gerundet. ohne Nahtkante und Kiel, an 
einzelnen mit der Schale erhaltenen Theilen von welligen Run- 
zeln bedeckt, welche mit einer feinen Längsstreifung eine ge- 
gitterte Zeichnung bilden. Der nicht vollständig erhaltene Mund- 
saum endigte zu beiden Seiten mit ohrförmigen Vorsprüngen, 
während der gewolbte Rucken der Wohnkammer gleichfalls 
nach vorn in zwei feinen Ecken auslief. 

87. Ammonites Rogoznicensis ZwuscHhn. 1846 Nowe lub. 


tab. 4 fig. 4. 
88. Ammonites Wolanensis Orr. 1863 Pal. Mitth. tab. 58 
fig. 2. | 


89. Ammonites hkybonotus Orr. 1865 Pal. Mitth. tab. 71 
fig. 1—3. Ammonites Autharis ebendas. fig. 4—6. 
90. Ammonites adversus Opp. ÜUnterscheidet sich von 


[ 


5953 


Ammonites verrucosus durch langsamere Zunahme der Umgänge 
und engerstehende Knoten. Im Uebrigen mit dieser Art üuber- 
einstimmend. 

91. Ammonites Catullianus Orr. Kleine Art, welche ein- 
schliesslich der Wohnkammer einen Durchmesser von. 16 Mm. 
erreichte, vorn mit einer ohrartigen Verlängerung endigte und 
seitlich mit Knoten und Rippen bedeckt war, welche.der Spe- 
cies das Aussehen eines Ornaten Ammoniten verleihen. Ge- 
krammte Rippen entspringen je zu zweien in einem der seit- 
lichen Knoten und endigen auf dem gewölbten Rücken, den 
Saum eines mittleren glatten Bandes bildend. 

92. Ammonites Rafaeli Opr. 1863 Pal. Mitth. pag. 225 
tb. 62 fig. 1. ; 

93. . Ammonites turgescens CaruLno 1853 Intorno ad una 
nuova classificazione delle calcarie rosse ammonitiche pag. 17 
fig. la—c. Mem. dell’ J. R. Ist. Veneto di Scienze Vol. V. 

94. Ammonites Gravesianus D’OrB. 1850 Pal. fr. Terr. 
jur. I. pag. 559 tab. 219. 

95. Ammonites Irius D’OrB. 1850 ebendas. pag.562 tab. 222. 

96. Ammonites celsus Opp. Durchmesser eines mit der 
Wohnkammer erhaltenen Exemplars 68 Mm., Weite des Nabels 
26 Mm., Höhe des letzten Umgangs über der Naht 26 Mm., 
dieselbe in der Windungsebene 20 Mm., dessen Dicke 35 Mm. 
Gehäuse auf jeder Seite des letzten Umgangs mit 16 kräftigen 
Knoten versehen, welche sich je in 4 oder 5 feinere über den 
Rücken verlaufende Rippen spalten. Zwischen denselben ver- 
tiefen sich auf jedem Umgange 1] oder 2 mit einem hohen 
Wulste versehene Furchen oder Einschnitte, welche besonders 
dazu beitragen der Species ein charakteristisches Aussehen zu 
verleihen. Mit der nachfolgenden Species dem Amm. bidichoto- 
mus LEYM. verwandt. 

97. Ammonites Schönbeini Oper. Erinnert seiner äussern 
Form nach an Ammonites Könighi Sow. unterscheidet sich aber 
von dieser Species durch zahlreichere über den Rücken der 
Windungen verlaufende Rippen, welche vereinzelte tiefe Fur- 
chen unter sich aufnehmen. Da die Species in Beziehung auf 
die Form der seitlichen Knoten, sowie auf die ganze Art der 
äussern Ornamentirung mit Ammonites celsus übereinstimmt, so 
wird später bei einem grössern Material erst noch festzustellen 
sein, ob Ammonites Schönbeini als hochmündigere comprimirtere 


36* 


554 


Varietät Uebergänge zu Ammonites celsus bildet oder ob der- 
selbe seine Selbstständigkeit bewahrt. 

98. Ammonites pronus Opr. Kleiner Ammonit, mit brei- 
ten auf dem Rücken der Windungen nach vorwärts geneigten 
Rippen. Erinnert an Ammonites Lucretius D’ORB., ohne jedoch 
die feinen seitlichen Knoten zu besitzen, durch welche sich 
diese Art auszeichnet. Rippen zum Theil einfach, zum Theil 
in 2 Aeste gespalten. Zwischen denselben zählt man auf dem 
letzten Umgang drei vertiefte Furchen. { 

99. Ammonites simus Opp. Durch eine Anzahl. gemein- 
schaftlicher Merkmale mit Ammonites Galar Oper. Pal. Mittheil. 
tab. 67 fig. 5 verbunden und ungefähr von gleichen Grössen- 
verhältnissen. Unterscheidbar durch engerstehende stärker ge- 
bogene Rippen, sowie durch eine schwache Abplattung, welche 
der Rücken auf dem äussern Theile der knieförmig gebogenen 
Wohnkammer erleidet. 

100. Ammonites Moravicus Orr. Kleine Art mit weitem 
Nabel, welche sich nach Form der Windungen und Verlauf der 
Rippen an Ammonites curvicosta anschliesst, sich jedoch durch 
flachere Seiten, langsameres Anwachsen der Umgänge und durch 
eine regelmässige Unterbrechung der Rippen auf der Siphonal- 
seite der innern Windungen wie auf dem Rücken der Wohn- 
kammer von dieser Art unterscheidet. 

101. _Ammonites Calisto D’Orz. 1849 Terr. jur. pag. 551 
tab. 213 fig. 1, 2. 

102. Ammonites progenitor Opp. Unterscheidet sich von 
Ammonites Neocomiensis D’ORB. durch einen weiteren Nabel und 
breitere weniger zahlreiche Rippen, welche in der Nahtgegend 
zu länglichen Knoten anschwellen. Erster Seitenlobus an der 
Basis weit schmäler als bei der genannten Species des Neo- 
coms, mit welcher Ammonites progenitor zu der gleichen For- 
mengruppe gehört. Diese und die nachfolgende Art könnten 
ihrer äussern Form nach als die Vorläufer des Ammonites Neo- 
comiensis angesehen werden. 

103. Ammonites transitorius Opp. Sowohl von Ammonites 
progenitor als von Ammonites Neocomiensis durch feinere enger- 
stehende Rippen unterscheidbar, dem letzteren am nächsten 
verwandt. Der Mangel feiner Knoten. am äussern Ende der 
Rippen, sowie der gleichmässigere Verlauf der letztern gestat- 
ten übrigens die Abtrennung von beiden Arten sehr wohl. Der 


599 


aussern Form nach dem Amm. Novo- Zelandicus HavERr sehr 
nahe stehend, was für das tithonische Alter des grauen mer- 
geligen Kalksteins von Takatahi (Neu-Seeland), in welchem 
diese Art von F. v. HoCHSTETTER gesammelt wurde, sprechen 
durfte. | 

104. Ammonites symbolus Opp. Derbe seitliche Rippen, 
unter Bildung eines kräftigen Knoten in mehrere bis gegen.die 
Mitte des breiten Rückens reichende Aeste zerfallend, charak- 
terisiren die eigenthüumliche Ammonitenspecies, welche bisher 
nur in wenigen Stücken aufgefunden wurde. Querschnitt der 
zahlreichen Umgänge breiter als hoch. 

105. Ammonites Köllikeri Orr. Grosse Art, bei welcher 
der ursprüngliche Durchmesser einschliesslich des nicht mehr 
erhaltenen Theiles der Wohnkammer mindestens 220 Mm. er- 
reicht haben musste. Die zahlreichen Umgänge werden von 
kräftigen Rippen bedeckt, welche in radialer Richtung uber die 
Seiten verlaufen und sich hier zum Theil unter knotenartigen 
Anschwellungen in zwei Aeste spalten. Dieselben setzen sich 
über die abgeplattete Siphonalseite fort, zu beiden Seiten der 
letzteren ziemlich unregelmässige und ungleiche Anschwellun- 
gen bildend. Ohne Zweifel besassen die innern Umgänge eine 
deutlich begrenzte Medianfurche. | 

106. Ammonites Mohli Opp. Unterscheidet sich von der 
vorhergehenden Art durch das Verschwinden der kräftigen Kno- 
ten auf den äussern Umgängen und durch den gerundeteren, 
breiteren Querschnitt der Windungen. Erreichte ohne die 
Wohnkammer einen Durchmesser von 140 Mm. 

107. Ammonites microcanthus Orr. Ein mit der Wohn- 
kammer erhaltenes Exemplar von 75 Mm. Durchmesser nähert 
sich der vorhergehenden Art durch die Form der gerundeten 
Umgänge und den Verlauf seiner innern, zum Theil in zwei 
Aeste gespaltenen, zum Theil mit einem seitlichen Knoten ver- 
sehenen, in der Siphonalgegend durch eine Furche getrennten 
Rippen. Dagegen nimmt der letzte halbe Umgang durch Ver- 
schwinden der Knoten und der medianen Furche eine bestimmte 
von den innern Windungstheilen verschiedene Form an. Da 
dies weit früher und bei geringeren Dimensionen geschieht als 
bei der vorhergehenden Art, so könnte der Uebergang des eben- 
beschriebenen Gehäuses in die grössere als Ammonites Mohli 
unterschiedene Species nur nach vollständiger Resorption der 


556 


ganzen Wohnkammer vor sich gehen, was bisher nicht beob- 
achtet werden konnte, weshalb wir hier eine Vereinigung der 
beiden zu der gleichen Gruppe gehörigen Ammoniten unter- 
lassen. 
108. Ammonites abscissus Opp. Planulat mit Rückenfur- 
che, ziemlich flachen Seiten und oblongem Querschnitt der Win- 
dungen. Zahlreiche feingespaltene Rippen, welche die Species 
in der Jugend besitzt, verwandeln sich auf den äussern Um- 
sängen allmälig in kräftigere in der Nahtgegend geknotete 
Falten, wodurch die ausgewachsenen Exemplare von Ammoni- 
tes abscissus abgesehen von ihrer beträchtlicheren Grösse ein 
ähnliches Aussehen bekommen wie die von D’OrgIenY Terr. 
ceret. tab. 25 fig. 1 gegebene Seitenansicht des Ammonites he 
liacus. 
109, 110. Ammonites Richteri Orr. Durchmesser des 
grössten Exemplars 70 Mm. Weite des Nabels 27 Mm. Er- 
innert durch die Biegung der zahlreichen Rippen an manche 
Exemplare des Ammonites Lamberti, ohne jedoch den zuge- 
schärften Kiel zu besitzen. Rippen auf der äussern Hälfte 
sehr regelmässig in 2 Aeste gespalten, welche sich in alter- 
nirender Weise mit den Armen der entgegengesetzten Seite 
vereinigen. Ich unterscheide eine Varietät mit engerstehenden 
Rippen und früherer Gabelung als Ammonites longifurcatus. 
111. Ammonites senex Opp. Planulat mit überaus feiner 
Fältelung, indem man auf jeder Seite eines 90 Mm. Durch- 
messer besitzenden Exemplars 190 Rippen zählt, welche sich 
gegen die Naht hin meist zu zweien vereinigen. Wie es bei 
den Planulaten Arten der tithonischen Schichten gewöhnlich 
der Fall ist, so erleiden auch bei Ammonites senex die Rippen 
in der Siphonallinie eine Unterbrechung, doch entsteht hier- 
durch keine eigentliche Furche. Aeusserer Umgang ausgewach- 
sener Exemplare glatt. 
112. Ammonites contiguus CaruLLno 1846 Memoria geo- 
gnostico-palaeozoica tab. 13 fig. 4. | 
113. Ammonites seorsus Orr. Bei einem mit dem An- 
fange der Wohnkammer erhaltenen Steinkerne von 10 Mm. 
Durchmesser, welcher einem ausgewachsenen Individuum an- 
zugehören scheint, beträgt die Weite des Nabels 40 Mm. Innere 
Umgänge mit zahlreichen, engstehenden, scharfkantigen Rippen 
bedeckt, welche sich zum Theil in der Nahtgegend spalten, 


557 


während auf der Wohnkammer höhere radiale Rippen erst 
nach längerem Verlaufe gegen aussen in zahlreichere niedere 
Falten: übergehen. Ammonites seorsus besitzt einige Aehnlich- 
keit mit Ammonites virgatus Buch, doch zeichnet sich bei erste- 
rem jede der letzten Windungen durch mehrere kräftige zwi- 
schen den Rippen verlaufende Furchen aus, welche der Mos- 
kauer Species fehlen. Innere Umgänge von comprimirterer 
Form als die letzte, grösstentheils der Wohnkammer zugehörige 
Windung. 

114. Ammonites exornatus Carunno 1847 Memoria geogn. 
pal. sulle alpi venete Appendice pag. 10 tab. 13 fie. 2. 

115. Ammonites scruposus Orp. Das Bruchstück eines 
grossen Planulaten- Ammoniten, dessen dicke gerundete Win- 
dungen von hohen ziemlich scharfen Radialrippen bedeckt wer- 
den, welche während ihres Verlaufes in 3 bis 4 schwächere 
Aeste zerfallen. Obschon nur ein einziges in Stramberger 
Kalkstein aufgefundenes Exemplar zur Zeit der Beschreibung 
und Abbildung der Species zu Grund gelegt werden konnte, so 
wäre es doch möglich, dass durch Vergleich der englischen 
Portland- Ammoniten sich für diese Art ein weiterer Verbrei- 
tungsbezirk ergeben würde. | 

116. Ammonites suprajurensis D’Ors. 1850 Terr. jurass. 
pag. 563. 

117. Ammonites giganteus Sow. 1816 Min. Conch. tab. 126. 


Uebergänge bezeichnender Formen aus einer grossen Schich- 
tengruppe oder Formation in die daranstossende, ebenso wie 
aus einer Zone in die andere, gehören bekanntlich zu den nor- 
malen Erscheinungen und es dürfen diejenigen Fälle, in denen 
zwei aufeinanderfolgende Faunen keine Uebereinstimmung zei- 
gen, sondern total von einander abweichen, zu den Ausnahmen 
gerechnet werden, bedingt durch plötzlichen Wechsel der Fa- 
cies oder andere die regelmässige Entwicklung störende Ur- 
sachen. Unter dieser Voraussetzung erklärt sich die grosse 
Verwandtschaft, welche die Cephalopoden der tithoni- 
schen Etage sowohl zu jurassischen Arten als zu 
denen der Kreide zeigen. Ohne Zweifel wäre aber die 
Zahl bekannter jurassischer Typen unter den Cephalopoden der 
tithonischen Gruppe noch grösser, hätten bisher die ausser- 
alpinen Kimmeridge- und Portland-Bildungen eine reichere Aus- 


pr 


558 


beute an diesen fossilen Resten geliefert. Da hierin die Neo- 
com-Schichten günstigere Bedingungen für den Vergleich dar- 
bieten, so wird als Ergebniss eines solchen eine scheinbar 
grössere Annäherung der tithonischen Arten zu Formen der 
Kreide angenommen werden dürfen, als sie verhältnissmässig 
existirt. Es dürfte deshalb auch bei der Frage über die Ein- 
reihung der tithonischen Gruppe in Jura oder Kreide die Aehn- 
lichkeit der Faunen zur Zeit keine ganz sichere Grundlage ge- 
währen. Vielmehr wird bei der Abgrenzung ‘und Zutheilung 
der tithonischen Gruppe zu Jura oder Kreide die Rucksicht auf 
das Herkömmliche oder das Gesetz der Priorität das Bestim- 
mende sein. Fallen die lithographischen Schiefer von Solen- 
hofen und der Kalk von Portland und Purbeck, diese ächt 
jurassischen Bildungen, als Aequivalente tithonischer Schich- 
ten, wie es bis jetzt ausser Zweifel ist, dieser Etage zu, so 
wird man sich verbunden erachten müssen, dieselbe der Jura- 
formation einzuverleiben, da eine Vereinigung der genannten 
jurassischen Bildungen mit einer Etage der Kreide ebenso un- 
thunlich wäre wie die Einreihung der die rhätische Gruppe 
vertretenden Keupermergel in den Lias. 


Durck von J. F. Starcke in Berlin. 


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Zıeitschrift 


der 


Deutschen geologischen Gesellschaft. 
4. Heft (August, September, October 1865). 


A. Verhandlungen der Gesellschaft. 


1. Protokoll der August - Sitzung. 


Verhandelt Berlin, den 2. August 1865. 


Vorsitzender: Herr Rumeusgere. 

Das Protokoll der Juli-Sitzung wird verlesen und ge- 
nehmigt. 

Für die Bibliothek sind eingegangen: 

A. Als Geschenke. i 

STRACHEY. Palaeontology of Niti in the northern Hime- 
laya, being descriptions and figures of the palaeozoic and secon- 
dary fossils collected by STRACHEY. Calcutta 1864. 

Bulletin de la societe paleontologique de Belgique, fondee & 
Anvers le 1er Mai 1858. — Tome premier, pag. 1— 208. — 
Anvers 1860. 

Deresse et Laugen. Revue de geologie pour les annees 
1862 et 1863. III. Paris 1865. 

Rıruke. Beiträge zur Kenntniss der chemischen Aehn- 
lichkeit von Schwefel und Selen. (Sep. aus Journ. f. prakt. 
Chemie. XCV. 1.) 

Lauge. Bemerkungen über die Münster’schen Arten von 
St. Cassian in der Münchener paläontologischen Sammlung. 
(Aus Jahrb. der k. k. geol. Reichsanstalt Bd. 14.) 

Lavge. Mittheilungen über die Erzlagerstätten von Grau- 
pen in Böhmen. (ibid.) | 

Lauge. Ueber eine Pseudomorphose von Chlorit nach . 
Strahlstein. (ibid.) | 

Lause. Petrefakten aus den Baculitenschichten von Böh- 
misch-Kamnitz in der k,k. geologischen Reichsanstalt. (ibid.) 

Zeits. d.d. geol.Ges. XVII.4. at 


560 


Lavge. Die Fauna der Schichten von St. Cassian. 1. Ab- _ 
theilung: Spongitarien, Goran Echiniden und Pan — 
Wien 1865. 4o. 

Zeitschrift für das Berg- Hütten- und Salinenwesen in dem 
Preuss. Staate. Bd. XII. 1. | 

B. Im Austausch. 

Der zoologische Garten. Zeitschrift für Beobachtung, Pflege 
und Zucht der Thiere. Herausgegeben von BrucH. VI. Jahrg. 
1865. No. 1—12. Frankfurt a. M. 1865. 

Memoires de l’academie imperiale des sciences, belles- lettres 
et arts de Lyon. lasse des sciences. T. XIII. 1863. 

Memoires de l’academie imperiale des sciences, belles-lettres 
et arts de Lyon. lasse des lettres. T. II. 1862—1863. 

Bulletin des seances de l’academie imperiale des sciences, 
belles-lettres et arts de Lyon. 1865. 

Bulletin de la societe geologique de Frrance. 2de ser. T. AXIL. 
f. 8-16. 

id. T. XX. f. 49—57. 

Ausserdem wurde vorgelegt: 

Zeitschrift der deutschen geolog. Gesellschaft Bd. XVII. 
(1865) Heft 1. 

Herr RAmmELsBER@ berichtete über seine Veran die 
chemische Zusammensetzung des Topases betreffend. Er zeigte, 
dass Berzeuıvs das Verhältniss von Kiesel und Aluminium, 
FORCHHAMMER die Menge des Fluors am genauesten bestimmt 
haben, und widerlegte DevınLLe’s Behauptung, dass die letztere 
in den Topasen veränderlich sei. Der Topas ist einfach eine 
Verbindung von 1 At. Kieselsäure und 1 At. Thonerde, welche 
sich mit einem Doppelfluorür von gleicher Zusammensetzung 
isomorph gemischt findet. Aus dem Gewichtsverlust, welchen 
das Mineral in starker Hitze erleidet, und aus der Untersuchung 
des Ruckstandes zieht er den Schluss, dass nicht blos Fluorkiesel 
sondern auch Fluoraluminium und Fluorwasserstoff verflüchtigt 
werden. 

Hierauf ward die Sitzung geschlossen. 

We w. 0. 
RAMMELSBERG. . BEYRICH. LOoTTNEr. 


561 


2. Fünfzehnte allgemeine Versammlung der deutschen 
geologischen Gesellschaft ın Hannover. 


1. Sitzung vom 19, September. 


Die anwesenden Mitglieder der Gesellschaft ersuchten 
Herrn NOEGGERATH, den Vorsitz zu übernehmen, und beauftrag- 
ten Herrn BeryricH mit der Protokollführung. 

Im Auftrage des Berliner Vorstandes übergab Herr Bry- 
RICH den von dem derzeitigen Schatzmeister der Gesellschaft, 
Herrn Tamnav, abgefassten Rechnungsabschluss der Hauptkasse 
der Gesellschaft für das ]6. Geschäftsjahr oder pro 1864 nebst 
zugehörenden Anlagen. Die Herren v. STROMBECK und LASARD 
übernahmen die Prüfung der Rechnungen. Eine Berathung und 
Beschlussfassung über den im vergangenen Jahre zu Giessen 
gestellten und unterstützten Antrag einer Statuten - Aenderung, 
betreffend die Verbindung der allgemeinen Versammlung der 
Gesellschaft mit den Versammlungen der Naturforscher und 
Aerzte, wurde der nächsten Sitzung vorbehalten. 

Als Mitglieder traten der Gesellschaft bei: 

Herr E. J. OTTMER aus Braunschweig, 
vorgeschlagen durch die Herren A. SCHLÖNBACH, 
U. SCHLÖNBACH und v. STROMBECK; 
Herr NöLDEcKE, Ober-Appellationsrath in Celle, 
vorgeschlagen durch die Herren A. SCHLÖNBACH, 
v. STROMBECK und v. SEEBACH. 
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. 
v. w. 0. 
NOEGGERATH. BEYRICH. 


2. Sitzung vom 21. September. 


Die Herren v. STROMBECK und Lasarp erklärten, die ihnen 
übergebenen Rechnungen genau durchgesehen und vollkommen 
richtig befunden zu haben. Die Versammlung ertheilte hierauf 
dem Berliner Vorstande die erforderliche Decharge und sprach 
dem Schatzmeister ihren Dank aus fur die grosse Sorgfalt, mit 
welcher er die Kassengeschäfte der Gesellschaft geführt hat. 

‚Der Vorsitzende forderte hiernächst auf, den zu Giessen 
gestellten ünd dort unterstützten Vorschlag des Herrn GIRARD 


Su" 


562 


„die allgemeine Versammlung der Gesellschaft von den Ver- 
sammlungen der deutschen Naturforscher und Aerzte zu tren- 
nen“ in Berathung zu ziehen. Herr Bryrıcan bemerkte zu- 
nächst, dass die Fassung, welche dem Antrage zu Giessen ge- 
geben wurde, und für welche eine Motivirung dem betreffenden 
Protokoll nicht beigefügt ist, nicht der Absicht zu entsprechen 
scheine, welche dem Antrage -muthmaasslich zu Grunde lag. 
Zweck der vorgeschlagenen, zu Giessen aber nicht formulirten 
Aenderung des betreffenden. Paragraphen des Statuts der Ge- 
sellschaft, welcher die allgemeinen Versammlungen an den Mo- 
nat September und bis zu einem gewissen Grade an die Zeit 
der Versammlung der Naturforscher und Aerzte, aber nicht 
unbedingt an den Ort derselben bindet, könne wohl nur der 
gewesen sein, der Gesellschaft grössere Freiheit zu verschaffen, 
ihre Versammlungen in besonderen Fällen auch zu einer an-. 
deren Zeit als im Monate September abzuhalten, nicht aber 
der, statutenmässig das Zusammenfallen der beiderlei Ver- 
sammlungen für immer zu verhindern, wie es die Folge einer 
einfachen Annahme der zu Giessen beschlossenen Formulirung 
des Antrages zur Folge haben würde. Da nun die. diesjährige 
Versammlung der Gesellschaft bei ihrer Beschlussfassung an 
den Wortlaut der Fassung gebunden sei, so läge hierin eine 
unverkennbare Schwierigkeit, durch einfache Annahme des An- 
trages den Zwecken desselben zu entsprechen. Herr VoLGER 
bemerkte hierauf, dass ihm zweifelhaft sei, ob überhaupt zu 
Giessen ein Beschluss, wie ihn das Protokoll der Versamm- 
lung gegeben hat, gefasst worden sei. Dagegen erklärten die 
Herren v. Dücker und LasArn, dass gegen die Fassung des 
Protokolls nichts erinnert werden könne, indem dasselbe so- 
wohl von ihnen selbst, als von den andern zur Zeit gegenwär- 
tigen Mitgliedern unterzeichnet worden sei. 

In Folge dieser Sachlage beantragte Herr CREDNER, die 
Versammlung möge in diesem Jahre von dem bisher befolgten 
Gebrauche, die Zeit ihrer allgemeinen Versammlung mit der- 
jenigen der Naturforscher und Aerzte zusammenfallen zu las- 
sen, nicht abgehen, insbesondere aus dem Grunde, weil gerade 
Frankfurt ein den Zwecken der Gesellschaft besonders günstig 
gelegener Ort sei; die Versammlung möge indess den Wunsch 
aussprechen, dass in Zukunft mit den allgemeinen Versamm- 
lungen der Gesellschaft eine ausser der Zeit derselben und 


563 


zwar vor ihrem Beginn auszuführende geognostische Wande- 
rung verbunden werden möchte, welche zum Zweck habe, mehr, 
als es die Einrichtung der Versammlungen der Naturforscher 
und Aerzte während ihrer Zeitdauer gestattet, durch Anschauung 
in der Natur den Nutzen, welchen die allgemeinen Versamm- 
lungen der Gesellschaft haben sollten, zu erzielen. Ueber die 
Art und Weise, wie eine solche Wanderung vorzubereiten sei, 
wurde eine weitere Berathung zu bestimmen haben. 

Bei der hierauf erfolgten Abstimmung erklärte sich die 
Versammlung einstimmig dahin, den zu Giessen unterstützten 
Antrag „die allgemeine Versammlung der Gesellschaft von den 
Versammlungen der deutschen Naturforscher und Aerzte zu 
trennen“ abzulehnen, und stimmte mit grosser Mehrheit dem 
von Herrn ÜREDNER gestellten Antrag, welcher eine Aenderung 
in dem Statute der Gesellschaft nicht bezweckt, bei. 

Als ‚Mitglieder traten der Gesellschaft bei: 

Herr Dr. Brauns in Braunschweig, 
vorgeschlagen durch die Herren ÜOREDNER, LASARD 
und v. STROMBECK; 
Herr Dr. Herrmann CREDNER aus Hannover, zur Zeit in 
 New-York, 
vorgeschlagen durch die Herren HEINRICH CREDNER, 
-v. SEEBACH und NOEGGERATH; 
Herr Dr. H. Gurtue in Hannover, 
vorgeschlagen durch die Herren HrInkıcH CREDNER, 
v. SEEBACH und JUGLER. 
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. 
v. w. 0. 
NOEGGERATH. BEYRICH. 


3. Sitzung vom 22. September. 


Die Versammlung trat in Berathung über die Art und 
Weise, wie der in der vorhergehenden Sitzung gemachte Vor- 
schlag, mit der nächsten allgemeinen Versammlung der Gesell- 
schaft zu Frankfurt a.M. eine vor Beginn derselben auszufüh- 
rende geognostische Wanderung zu verbinden, am zweckmässig- 
sten praktische Folge erlangen könnte. Es wurde beschlossen, 
den 13. September als denjenigen Tag zu bezeichnen, an wel- 


564 


chem sich alle Diejenigen, die sich an der beabsichtigten Wan- 
derung zu betheiligen wünschen, zu Frankfurt a. M., und 
zwar im Gasthof zum Holländischen Hof, einzufinden hät-- 
ten, so dass die 4 Tage vom 14. bis zum 17. September fur 
die Wanderung zu verwenden wären. Die Versammlung richtet 
an alle Mitglieder der Gesellschaft, welche mit den geognosti- 
schen Verhältnissen der näheren und ferneren Umgebung von 
Frankfurt genauer vertraut sind, die Bitte, die zu dem bezeich- 
neten Zwecke in Frankfurt zusammenkommenden Mitglieder der 
Gesellschaft mit Vorschlägen über die nützlichste Verwendung 
der vorhandenen Zeit zu unterstützen; “es könnten als von 
Frankfurt aus zu betrachtende geognostische Verhältnisse ins 
Auge gefasst werden: die Tertiärbildungen der Gegend von 
Frankfurt und überhaupt des Mainzer Beckens und die älteren 
Formationen des Taunus und des Odenwaldes. Dem Vorstande 
in Berlin würde es obliegen, die bezuglichen, ihm zuzusenden- 
den Vorschläge rechtzeitig in der Zeitschrift der Gesellschaft 
durch eine besondere Beilage bekannt zu machen. Die Art 
der Benutzung der eingehenden Vorschläge bliebe den in Frank- 
furt zusammentretenden Mitgliedern überlassen. 
v. w. 0. 
NOEGGERATH. BEYRICH. 


Tit 


IM. 


Il. 


Cap. 


565 


- 


Rechnungs- Abschluss der Gesellschaft für das Jahr 1564. 


Einnahme. 


Thl. Sg.Pf. 
An Bestand aus dem Jahre 1863... .... | ss2l21l 6 
An Einnahme-Resten . . La RE Eee ee 
An Beiträgen der Mitglieder EB Er DES 
Vom Verkauf der Zeitschrift: 
Durch die Besser’sche Buchhandlung . . . ee 
Von neuen Een für rückliegende Jahr-. 
gänge . ee ee 
Vom Verkauf von Abhandlungen ae 1 


An extraordinären Einnahmen .. ...... 110 — 


Summa aller Einnahmen [1483|19| 6 


Ausgabe. 


An Vorschüssen und Ausgabe-Resten . ....1 -— |-|— 
Für Herausgabe der Schriften und Karten: 
Für die Zeitschrift: 

a. Druck, Papier, Heften 417 Thl. 16 Sg. 6 Pf. 


b4 Kupfertafeln, . 3... AUd en Se, = 8233| 4| 6 
Büursden Druck von; Abhandlungen;i}. „u nnnise hi ht 
Bine die Kartesvon Deutschland, . .., un. | ee 
Hiır-die allgemeine Versammlung "3.9 nee 
Für Lokale in Berlin: 

Für Beleuchtung und Heizung . 5 Thl. — Sg. 

Hurdie Biblothek . nenne, 21% 43la1 


An sonstigen Ausgaben: 
Für Schreib- und Zeichnen-Arbeiten — Thl. - Sg. 
Für Porto und Botenlohn . . . 61 „8, 6 


An extraotdinären; Aussaben. uuyriins sl Air” 
Zum Deekunesionds u. u 2 ee ee 


Summa aller Ausgaben | 928 3 6 


Schluss-Balance., 

Die Einnahme beträgt 1483 Thlr. 19 Sgr. 6 Pf. 
Die Ausgabe dagegen 928 „, 3,6; 

Bleibt Bestand 555 Thlr. 16 Sgr. - Pf., 


welcher in das Jahr 1865 übernommen worden ist. 


x 


Berlin, den 1. Juli 1865. 


Tamnau, Schatzmeister der Gesellschaft. 


Revidirt und richtig befunden, 
Hannover, den 20 September 1865. 


Im Auftrage der allgemeinen Versammlung. 
V. STROMBECK. LAsARD. 


566 


B. Briefliche Mittheilungen. 


Herr Wessky an Herrn G. Rose. 
Breslau, den 3. October 1869. 


Vielleicht ist es Ihnen erinnerlich, dass ich vor einer 
Reihe von Jahren ein Mineral nach Berlin brachte, das in lan- 
gen feinen Strahlen Quarz und Feldspath durchziehend, von 
mir als Polykras oder etwas Aehnliches angesprochen wurde, 
und von mir aus den zur Glasfabrikation bestimmten Quarzen 
aufgelesen worden war; bei Gelegenheit einer Exeursion, wel- 
che Herr Professor RoemErR mit mir und Herrn Dr. FIEDLER 
in das Riesengebirge vor drei Jahren machte, gaben wir 
oberhalb Josephinenhütte auf die Chaussee - Steinhaufen scharf 
Acht, und gelang es Herrn Dr. FieDLeR, einen in Feldspath ein- 
gewachsenen Krystall zu finden, den wir äusserlich als Monaeit 
in Anspruch nehmen mussten. 

Im Laufe dieses Sommers ist es mir gelungen, den Fund- 
ort dieser Minerale aufzufinden; es ist ein Feldspathbruch, zur 
Zeit verlassen, von Stockelshübel nicht weit hinter dem Zoll- 
hause bei Josephinenhutte auf der Südseite der Be si 100 
bis 150 Schritt seitwärts südlich. 

Hier macht schwarzer Glimmer im Feldspath und Schrift- 
granit handgrosse Fächer und ist besetzt mit undeutlichen Kry- 
stallen von Titaneisen. In der Nähe dieses Titaneisens be- 
findet sich nun ein schwarzes, pechglänzendes Mineral, das 
sich bei der näheren Untersuchung als Fergusonit erwies, fer- 
ner vereinzelt Krystalle von Monaeit und kleine rundliche Kör- 
ner von tief braunrother Farbe, die Ytterspath sind und zu- 
weilen von kleinen Zirkon- oder Malacon-artigen Krystallen 
begleitet werden. | 

Ferner habe ich in einem verlassenen Feldspathbruche 
am Waldsaume der Kochelwiesen, etwa 10 Minuten hinter dem 
Rettungshause in Schreiberhau, ein Paar bis 1 Zoll grosse 
Nester von Gadolinit gefunden, an dem einen Exemplar be- 
gleitet von einer derben Partie von Monacit und Ytterspath. 


‚567 


Die von mir gemachten Untersuchungen, bei denen ich 
nur kleine Quantitäten verwendet, um das Material fur die 
Analyse in den Händen eines Chemikers von Fach zu ‚scho- 
nen, haben folgende Resultate gegeben: 

Titaneisen. Spec. Gew. = 4,92; selbe ist verwit- 
tert, löst sich ziemlich leicht in Salzsäure, wenig unreine Titan- 
säure zurucklassend; bei der Prüfung ' mit Löthrohrflüssen . 
muss man sich hüten, nicht Splitter von Fergusonit hineinzu- 
bekommen, mit denen es zuweilen verwachsen ist. 

Fergusonit erscheint in dünnen bis 3 Linien langen, 
1 Linie starken, sehr spitzen, bauchigen Quadratoktaädern, oft 
zu feinen Strahlen ausgezogen; der Kern ist pechschwarz, in 
Splittern leberbraun durchscheinend, von gelber Kruste oder 
von Xenotim bedeckt; die gelben Krusten gleichen manchem 
Pyrochlor von Brevig. Spec. Gew. von nicht ganz reinem Ma-- 
terial — 5,47. In Flüssen reagirt er stark auf Uran; ich habe 
38 pCt. von saurem schwefelsauren Kali unangreiffbare Metall- 
säure und 40 pCt. Yitererde daraus bekommen; der Rest ist 
Cer, Uran und Phosphorsäure, von beigemengtem Ytterspath 
herrührend; beim Gluhen tritt ein Verlust an Gewicht ein; 
die Metallsäure scheint wesentlich Unterniobsäure zu sein. 

- Monaeit. Spec. Gew. = 4,9; in frischen Stücken ist die 
Farbe gelb, in verwitterten röthlich; Löthrohrverhalten deutet 
auf Cer-Verbindungen und etwas Titansäure; durch Schmelzen 
mit Soda ist Phosphorsäure auszuziehen. Ich habe an einzel- 
nen Splittern die Krystallform entziffern können; die Formen 
nähern sich denen von Norwich. Es sind nach der Querfläche 
breit gezogene Säulen, vorn in der Medianebene 93° 4° bil- 
dend; eine Reflexmessung gab Säule zur Querfläche 136° 32°; 


Monacit von Schreiberhau. 


ferner approximativ d|k = 141° 20’ 
vorn, d’|%& hinten 126° — 127°, ‘ 
o'|d = 143° 20, daher 0’ = (a: b:e). 

An ganz frischen Stücken deut- 
lich blättrig parallel der Basis. 


568 


Der Gadolinit von den Kochelwiesen zeigt zwei ver- 
schiedene Varietäten: schwarze, grün durchscheinende Kerne 
und braun durchscheinende Krusten, vielleicht nur durch Oxy- 
' dation des Eisenoxyduls verschieden; nur der grüne Kern zeigt 
das Aufglimmen und wird dabei heller grün, in starkem Feuer 
perlmutterartig; die braune Kruste schmilzt etwas zu einer 
‚rissigen Schlacke; sp. Gew. schwankend = 3,96 bis 4,18. In 
dem grünen Kern fand ich bei einem Versuch mit einer klei- 
nen Portion 

Gluhverlust 2 pCt. 

Kieselerde 23 a 

Yitererde 7435, 

Ceru.s.w 5 „ 

Eisenoxydul 19 „, 

| Beryllerde 8 
Die Yttererde hat geglüht einen schwach röthlichgelben 
Schein; die aus den Oxalaten hergestellten Ceroxydul-Mengen 

haben eine graubräunliche Farbe. 

Auf die weitere Trennung habe ich mich nicht eingelassen. 


569 


v. Aufsätze. 


l. Bemerkungen über den Feldspath des Tonalit. 
Von Herrn A. Kenneorr ın Zürich. 


Herr G. vom Rıt# hat in dieser Zeitschrift (Jahrg. 1864, 
S. 249) einen Feldspath beschrieben, welcher in dem Tonalit 
genannten Gesteine des Adamello-Gebirges als wesentlicher 
Gemengtheil enthalten ist, und hält es für in hohem Grade 
wahrscheinlich, dass derselbe eine eigenthumliche Species sei, 
weil die Analysen zu dem Sauerstoffverhältniss 1:3:7 in R, 
Thonerde und Kieselsäure fuhren. 

Er analysirte nämlich 2 Proben aus verschiedenen Tonalit- 
Varietäten aus dem Thale San Valentino und fand 


il. 2. 

Kieselsäure 56,79 58,15 
Thonerde . 28,48 26,55 
Kalkerde . 8.56 8,66 
Magnesia . — 0,06 
Natron .. 6,10 6,28 
Kalıı 0,34 — . 
Glühverlust 0,24 0,30 

100,51. 100,00. 


Aus dem Sauerstoffverhältnisse 
0,916: 3:: 6,815 in 1., 
0,994 : 3: 7,503 in 2., 
und aus der Vergleichung mit einigen anderen Feldspäthen 
ähnlicher Zusammensetzung folgerte er nun nicht gerade den 
Beweis für die eigenthümliche Feldspathspecies mit dem Sauer- 
stoffverhältnisse 1:3: 7, sondern sprach sich, wie bereits er- 
wähnt wurde, für die grosse Wahrscheinlichkeit aus, dass hier 
eine solche vorliege. 

‚Bei der bekannten Neigung aber der Feldspäthe mit ein- 
ander in so innigem Wechsel zu verwachsen, dass bei gleicher 
Farbe es geradezu unmöglich wird, die Verwachsung zu er- 
kennen und bei den klinoklastischen, zumal in Verbindung mit 


der wiederholten Zwillingsbildung die krystallographische Be- 
schaffenheit ebenso wenig zur Entscheidung beiträgt, da selbst 
ortho- und klinoklastische solche Verwachsung zeigen, lag mir, 
und zwar ganz besonders im Hinblick auf die bis jetzt bekann- 
‘ten Analysen Feldspäthe-führender Gebirgsarten, der Gedanke 
nahe, dass in dem Tonalit keine neue Feldspathspeeies ent- 
halten sei, sondern dass der weisse klinoklastische zwillings- 
gestreifte Feldspath aus kleinen Theilen zweier zusammen- 
gesetzt sei und zwar aus einem Kalk- und einem Natron- 
Feldspath. Die zu diesem Zwecke angestellte Berechnung 
zeigt dies unzweideutig und wie günstig sie für eine solche 
Erklärung spreche, geht aus der nachfolgenden Vergleichung 
hervor, wobei ich vorläufig die anderen sogenannten Andesine- 
ganz ausser Acht lasse. | 

Wenden wir uns zunächst zu dem aus den beiden obigen 
Analysen gefolgerten Sauerstoffverhältnisse 1:3:7 in R, 
Thonerde und Kieselsäure, welches dem neuen Feldspathe zu- 
kommen soll, so können wir den gefundenen Basen R ent- 
sprechend berechnen, wieviel Thonerde und Kieselsäure der 
Feldspath enthalten musste, und so am besten sehen, in wie- 
weit die beiden Analysen verschieden sind. Nach G. von RAtH- 
beruht die Verschiedenheit der beiden Analysen vorzugsweise 
in dem Gehalte an Kieselsäure. Die etwas grössere Menge 
in 2. möchte sich leicht durch etwas beigemengten Quarz er- 
klären, auf dessen Ausscheidung bei l. die grösste Sorgfalt 
verwandt wurde, l. möchte daher der wahren Mischung des 
Feldspaths näher kommen als 2. | 

Die Berechnung nach dem Sauerstoffverhältniss 1: 3:7 
ergiebt für 1. 


8,56 Kalkerde 15,71 Thonerde 32,10 Kieselsäure 


6,10 Natron . 10,11 5 20,66 Mr 
3, Ka ae 5 0,76 
26,19 | 53,42, 


- gefunden wurden aber 28,48 Thonerde und 56,79 Kieselsäure, 
Der Ueberschuss von 2,29 Thonerde und 3,37 Kieselsäure wird 
noch ein wenig reducirt, wenn man dem Glühverlust von 0,24 
entsprechend Kaolin berechnet, wonach 0,24 Wasser 0,69 
Thonerde und 0,80 Kieselsäure erfordern. Hiernach ergiebt 
die Analyse 1. 


Be 571 


94,61 Feldspath mit dem Verhältniss 1:3:7 
1,73 Kaolin 
1,60 Thonerde 
2,57 Kieselsäure 
9300,51. : | : 

Nach meiner Annahme, dass Kalkfeldspath nach der For- 
mel des Labradorit mit Natronfeldspath nach der Formel des 

Oligoklas innig verwachsen sei, ergiebt die Analyse 1. 


8,56 Kalkerde 15,71 Thonerde 27,51 Kieselsäure 


6,10 Natron . 10,11 ä 26,97 “ 

0,34 Kali. ..50,37 " 0,97 Bug 

0,24 Wasser . 0,69 5 ‚0,80 3 
26,88 55,85, 


oder 51,78 Kalkfeldspath, Labradorit 
44,46 Natronfeldspath, Oligoklas 
1,73 Kaolin 
1,60 Thonerde 
0,94 Kieselsäure 
100,51, 
also einen bedeutend geringeren Ueberschuss an Kieselsäure. 
Ferner giebt die Berechnung der Analyse 2. für das 
Sauerstoffverhältniss 1:3: 7 


8,66 Kalkerde 15,90 Thonerde 32,47 Kieselsäure 


0,06 Magnesia 0,15 1 1205323 

6,28 Natron . 10,41 “ 218.21 

0,30 Wasser . 0,86 = 1,00 & 
. 3.32 55,06, 


oder 95,52 Feldspath mit dem Verhältniss 1:3 :7 
2,16 Kaolin 
3.09 Kieselsäure 
— 0,77 Thonerde 
100,00, 


also einen Verlust von 0,77 Thonerde und einen Ueberschuss 
von 3,09 Kieselsäure. 


Nach meiner Annahme dagegen giebt die Berechnung der 
Analyse 2. 


8,66 Kalkerde 15,90) Thonerde 27,84 Kieselsäure 
0,06 Magnesia 0,15 4 0,27 
6,28 Natron . 10,41 °, 27,35 
0,30 Wasser . 0,86 4 1,00 


97,32 56,46, 


572 


.. oder 52,88 Kalkfeldspath, Labradorit 
44.04 Natronfeldspath, Oligoklas 
2.16 Kaolin 
1,69 Kieselsäure 
— 0,77 Thonerde, 
also wieder einen beträchtlich geringeren Ueberschuss an Kie- 
selsäure. Der Verlust an Thonerde würde überdies gerin- 
ger gewesen sein oder sich ganz ausgeglichen haben, wenn 
das neben dem Natron verhandene Kali procentisch bestimmt 
worden wäre, während die Annahme von Natron allein den 
‚ Thonerdegehalt in der Berechnung erhöht. 

Jedenfalls zeigt die Vergleichung der Berechnungen ch 
beiderlei Annahmen, dass bei der Berechnung nach meiner 
Annahme die Differenzen bezüglich der Kieselsäure erheblich 
geringer sind. 

Was die Zusammensetzung des Tonalit vom Avio-See be- 
trifft, so lässt die Analyse keine genaue Berechnung zu, weil 
die Kalkerde sich auf Kalkfeldspath und Amphibol, die Magne- 
sia sich auf Amphibol und Magnesia-Glimmer, desgleichen das 
Eisenoxydul auf diese beiden vertheilt, während das Kali in 
 Orthoklas und im Magnesia-Glimmer enthalten ist. Die Analyse 
des Tonalit, welcher deutlich gestreifte Feldspathkörner, sehr 
viel Quarz, wenig Amphibol, mehr Glimmer und eine sehr ge- 
ringe Menge Orthoklas enthält, ergab im Mittel zweier Ana- 
lysen ä 
66,91 Kieselsäure 
15,20 Thonerde 
6,45 Eisenoxydul 
3,73 Kalkerde 
2,39 Magnesia 
0,86 Kali 
3,33 Natron 
0,16 Wasser 
98,99 

Bevor ich versuche, einige Folgerungen aus der Berech- 
nung der Analyse zu ziehen, bemerke ich, dass hier im Gegen- 
satz zu dem Feldspathe aus dem Thale San Valentino der 
Kalkfeldspath dem Natronfeldspath an Menge nachsteht, indem 
dem dortigen Verhältniss entsprechend hier der Kalkerdegehalt 
4,60—4,67 Procent betragen müsste, jedoch 3,73 beträgt und 


573 


ein Theil davon noch auf Amphibol zu rechnen ist. Dies 
würde jedoch zeigen, dass der vermeintliche Feldspath bald 
mehr, bald weniger Kalkerde als Natron enthält. Ueberhaupt 
ist aus der Berechnung der Analyse des Tonalit kein weiterer 
Beweis für die Art des oben besprochenen Feldspathes zu ent- 
nehmen, sondern es soll nur der Versuch gemacht werden, 
die Mengenverhältnisse der Gemengtheile insoweit zu beurthei- 
len, als es eine solche Analyse ermöglicht. 

Die Wassermenge 0,15 fordert nach der Formel des Kao- 
lin 0,46 'Thonerde und 0,53 Kieselsäure, was 1.15 Procent 
Kaolin ergiebt und 

66,38 Kieselsäure 

14,74 Thonerde 

6,45 Eisenoxydul 

3,73 Kalkerde 

2,39 Magnesia 

0,86 Kali 

8,88 Natron übrig lässt. 

Wird aus dem Natrongehalte nach meiner Annahme Oli- 
goklas berechnet, so erfordern 3,33 Natron 5,52 Thonerde und 
14,50 Kieselsäure, geben somit 23,35 Procent Oligoklas und 
hinterlassen ! 

| 51,88 Kieselsäure 
9,22 Thonerde 
6,45 Eisenoxydul 
3,73 Kalkerde 
2,35 Magnesia 
0,86 Kali. 

Da Orthoklas angegeben ist, so kann, ohne einen erhebli- 
chen Fehler zu begehen, der ganze Kaligehalt als zu Orthoklas 
gehörig in Rechnung gebracht werden, was zwar schon nicht 
mehr ganz gerechtfertigt ist, weil auch der Magnesiaglimmer 
etwas Kali enthalten haben wird, doch erheblich ist der Fehler 
nicht. Die Berechnung ergiebt auf 0,86 Kali 0,94 Thonerde 
und 3,28 Kieselsäure, zusammen 5,08 Procent Orthoklas und 
hinterlässt: 

48,60 Kieselsäure 
8,28 Thonerde 
6,45 Eisenoxydul 
3,73 Kalkerde 
2,39 Magnesia. 


574 


Da das Eisenoxydul im Magnesiaglimmer und im Amphibol 
als Stellvertreter der Magnesia vorkommt, so würde hier in - 
beiden mehr Eisenoxydul als Magnesia enthalten sein müssen, 
was nicht wahrscheinlich ist, und deshalb kann man annehmen, 
dass, wie es auch von G. vom Ratu angegeben wird, Magnetit 
in Rechnung zu bringen ist. Um- die Menge desselben nicht 
ganz willkürlich anzunehmen, könnten wir uns an den Verlust 
1,01 der Analyse, diesen als Sauerstoff annehmend, halten, 
doch ergiebt dieser dann zu viel Sauerstoff. 6,45 Eisenoxydul 
enthalten nämlich 1,43 Sauerstoff; dazu 1,01 ergiebt 2,44, "wäh- 
rend 5,02 Eisen nur 2,23 Sauerstoff erfordern, um Eisenoxyd 
zu bilden. Von hier an beginnt demnach die Unmöglichkeit, 
das Resultat der Analyse zur Berechnung der Gemengtheile zu 
verwenden. Wollte man jedoch, einer annähernden Beurthei- 
lung wegen, die Berechnung mit einiger Wahrscheinlichkeit 
fortführen, so könnte man annehmen, dass im Amphibol und 
im Glimmer Magnesia und Eisenoxydul im Verhältniss 1:1 
vorhanden wäre; dies. würde zu 4,23 Eisenoxydul führen, wäh- 
rend 2,22 Eisenoxydul 2,39 Magnetit ergeben wurde. 

Nehmen wir ferner willkürlich 1,18 Proc. Magnesia und 
2,12 Eisenoxydul als zum Glimmer gehörig, so erfordern diese 
nach der Formel des Magnesiaglimmer oder Biotit 2,02 Thon- 
‘erde und 3,54 Kieselsäure, zusammen 8,86 Procent Glimmer. 
Uebrig blieben 

45,06 Kieselsäure 
6,26 Thonerde 
3,73 Kalkerde 
1,17 Magunesia 
2,11 Eiserioxydul. 

6,26 Procent Thonerde ergeben nach der Formel des La- 
bradorit 3,41 Kalkerde und 10,96 Kieselsäure, zusammen 
20,63 Labradorit und es bleiben 

34,10 Kieselsäure 
0,32 Kalkerde 
1,17 Magnesia 

2,11 Eisenoxydul. 

Die Basen erfordern nach der Amphibolformel 4,34 Kiesel- 
säure, 7,94 Procent Amphibol ergebend und 29,76 Kieselsäure 
als Quarz hinterlassend. 

- Wenn auch die Berechnung, wie bereits angeführt wurde, 


575 


in den letzten Gliedern willkürliche Annahmen enthält, so zei- 
gen dieselben keine unwahrscheinlichen Verhältnisse und das 
Gestein wurde enthalten haben: 


29.76 Quarz 
N 23,35 Oligoklas 
20,63 Labradorit 
5.08 Orthoklas 
8,86 Magnesiaglimmer 
7,94 Amphibol 
2,39 Magnetit 
1,15 Kaolin 
99077 


Als Gemenge von Feldspath, Quarz und Glimmer, worin 
Amphibol accessorisch hinzutritt, ist der Tonalit eine durch 
höchst geringen Gehalt an Orthoklas ausgezeichnete Varietät 
des Granits, welche durch den Amphibolgehalt als Diorit-Granit 
eine Uebergangsform zum Diorit bildet und als solche zweck- 
mässig mit dem Namen Tonalit bezeichnet wurde. : 

Was die Seite 251 zur Vergleichung- mit dem Feldspath 
des Tonalit beispielsweise angeführten Feldspäthe betrifft, so 
lassen diese eine gewisse Aehnlichkeit nicht verkennen, doch 
kann man auch hier, wie oben, aus der Berechnung folgern, 
dass sie aus einem Kalk- und einem Natronfeldspath nach der 
Formel des Labradorit und Oligoklas zusammengesetzt sind. 
No. 1. Zwillinge aus Dioritporphyr des Esterel-Gebirges bei 
Frejus, mit einer trüben Zersetzungsrinde bedeckt, ergaben 
nach DEVILLE 


57.01 Kieselsäure 
28,05 Thonerde 
1.53 Kalkerde 
0,39 Magnesia 
5,47 Natron 
0,12 Kali 

1,43 Gluhverlust. 


Hier würde zunächst die Berechnung nach der Formel 
1:3:7 einen ansehnlichen Ueberschuss von über 4 Proc. Thon- 
erde und über 5 Proc. Kieselsäure ergeben. Wenn man jedoch 
dem Glühverlust entsprechend Kaolin berechnet, so ergiebt dieser 
Feldspath 10,28 Proc. Kaolin = 1,43 Wasser, 4,08 Thonerde, 

Zeits. d.d. geol. Ges.X VII. 4. 38 


576 


4,77 Kieselsäure. Dann führt die Berechnung nach meiner 
Annahme zu 


1,53 Kalkerde 
13,82 Thonerde | 45,55 \ | 
24,20 Kieselsäure | Feldspath nach der Labra- 
0,39 Magnesia | |  doritformel. 
1,00 Thonerde 3.15 
1,75 Kieselsäure 
5,47 Natron 
9,07 Thonerde | 38,36 ? 
23,82 Kieselsäure | Feldspath nach der Oligo- 
0,12 Kali | | klasformel. 
0,13 Thonerde | 0,59 
0,34 Kieselsäure 

Die Thonerde dieser Feldspäthe mit der des Kaolin beträgt 
28,10 Procent, fast genau so viel als gefunden wurde, während 
die Kieselsäure zusammen 54,88 Procent beträgt, 2 Procent 
weniger als gefunden wurde. Nach der Formel 1:3:7 wurde 
der Kieselsäuregehalt mit dem des Kaolin nur 53,86 betragen. 

No. 2. Schneeweisse Zwillingskrystalle von Popayan ent- 
halten nach Francıs 

56,72 Kieselsäure 

26,52 Thonerde 

0,70 Eisenoxyd 

9,38 Kalkerde 

6,19 Natron 

0,80 Kali 
100,31. 

Hier ergeben die Basen R 28,35 Procent Thonerde und 
57,93 Kieselsäure nach der Formel 1:3:7, wenn man das 
Eisenoxyd unberucksichtigt lässt, es als von eingewachsenem 
Magnetit herrührend betrachtend, während sonst der Kiesel- 
säuregehalt noch höher ausfallen wurde. 

Berechnet man dagegen Natronfeldspath als Oligoklas 


6,19 Natron 0,80 Kali 

10,26 Thonerde 0,87 Thonerde 

26,26 Kieselsäure 2,29 Kieselsäure 
und aus dem Rest der Thonerde 15,39 Kalkfeldspath als La- 
bradorit, so bleibt nur 0,52 Kieselsäure, 1,00 Kalkerde und 


577 


0,70 Eisenoxyd übrig, so dass auch hier nach meiner Annahme 
die Berechnung günstiger ausfällt. 
No. 3 von Cucurusape bei Popayan enthält nach DEvILLE 
58,11 Kieselsäure 
28,16 Thonerde 
5,35 Kalkerde 
1,52 Magnesia 
5,17 Natron 
0,44 Kali 
1,25 Gluhverlust 
100,00. Ä 
Diese Analyse deutet wegen des Wassergehaltes auch auf 
Zersetzung, wie bei 1., doch eignet sie sich weder nach der 
einen, noch nach der anderen Berechnungsweise zur Bestim- 
mung einer Species. Die Berechnung eines Feldspathes nach 
der Formel 1:3:7 giebt 
5.35 Kalkerde 9,45 Thonerde 20,06 Kieselsäure 


1,52 Magnesia 3,91 “ 7,98 aR 
5,17 Natron 8,97 = 17-91 Ep 
0,44 Kali 0,48 u 0,28 iu 


| 22,41 Thonerde 46,53 Kieselsäure, 

und wenn nach 1,25 Wasser Kaolin mit 3,51 Thonerde und 
4,17 Kieselsäure berechnet wird, so ergiebt dies 25,92 Thon- 
erde (2,24 Proc. zu wenig) und 50,70 Kieselsäure (7,41 Proc. 
zu wenig), während die Berechuung von Kalkfeldspath mit dem 
Verhältniss 1:3:6 und von Natronfeldspath mit dem Verhält- 
niss 1:3:9 mit Einschluss des Kaolin zu 51,98 Kieselsäure 
führt (6,13 zu wenig). 

Bei allen drei Analysen ergiebt also die letztere Annahme, 
wie bei dem Feldspath des Tonalit, Zahlen, welche dem Resul- 
tate der Analyse näher liegen als die Annahme eines Feld- 
spathes mit dem Verhältniss 1:3:7. 

Wenn man die Berechnung nach Herrn G. TscHERMAR’sS 
Ansicht durchführt, so ergiebt die erste Analyse des Tonalit- 
Feldspath 42,61 Anorthit, 51.63 Albit und 2,00 Orthoklas mit 
59,05 Kieselsäure, zufällig gerade so viel, wie ich fand; die 
zweite Analyse des Tonalit-Feldspath 43,51 Anorthit und 53,16 
Albit mit 55,21 Kieselsäure, also nur 0,25 weniger als nach 

meiner Annahme; die in gleicher Weise durchgeführte Berech- 
nung des Tonalit | 


385 * 


578 


28,57 Quarz 

28,19 Albit 

16,98 Anorthit 

5,08 Orthoklas 

8,86 Magnesiaglimmer 
7,94 Amphibol 

2,39 Magnetit 

1,15 Kaolin 
99,16. | 

Die Zwillinge von Frejus würden 40,05 Anorthit, 46,30 
Albit und 0,71 Orthoklas mit 49,53 Kieselsäure ergeben, also 
mit der des Kaolin zusammen 54,30 Procent; die Drillinge 
von Popayan 52,39 Albit, 4,72 Orthoklas und 41,74 Anorthit 
mit 56,96 Kieselsäure; der von Cucurusape 36,25 Anorthit, 
43,76 Albit und 2,60 Orthoklas mit 47,72 Kieselsaure. Auch 
nach dieser Berechnung würde das Resultat durchgehends gün- 
stiger ausfallen als bei der Annahme eines Feldspathes mit 
dem Verhältniss 1:3: 7. 

Was schliesslich die zur Keraiichue mit dem Tonalit 
angeführten Gebirgsarten betrifft, so erscheint es nicht zweck- 
mässig, diese einer eingehenden Berechnung zu unterwerfen, 
weil sie sich durch den fehlenden Amphibol unterscheiden. Sie 
würden, wie die Analysen mancher anderen Granite, ergeben, 
dass sie zwei oder drei Feldspäthe enthalten, Orthoklas, Oli- 
goklas und Labradorit. 


r 


579 


2. Ueber die Auffindung devonischer Versteinerungen 
auf dem Ostabhange des Altvater-Gebirges. 


Von Herrn Ferv. Rormer ın Breslau. 


Hierzu Tafel XVII. R 

An den ÖOstabhang des den eigentlichen Kern des niede- 

ren Gesenkes bildenden Gebirgsknotens des Altvaters lehnt sich 
ostwärts ein gegen 30 Quadratmeilen grosses Berg- und Hu- 
gelland an, welches den grösseren Theil des Kreises Troppau 
im-Oesterreichischen Herzogthum Schlesien umfasst und auch 
auf Preussisches Gebiet hinubergreift. Die Lage der Städte 
Neustadt, Leobschütz, Troppau und Jägerndorf bezeichnet un- 
gefähr die östliche Grenze dieses Berglandes. Die geognostische 
Zusammensetzung dieses Gebietes ist anscheinend sehr einfor- 
mig. Es ist ein Grauwackengebirge, welches in seiner ganzen 
Ausdehnung aus Thonschiefer und Grauwacken-Sandsteinen in 
vielfachem Wechsel besteht. Kalkige Schichten sind selten, 
und nur gegen die westliche Grenze hin in der Nähe des kry- 
stallinischen Urgebirges treten, wie z. B. bei Würbenthal, mäch- 
tigere Lager eines anscheinend versteinerungsleeren blaugrauen 
krystallinischen Kalksteines auf. Die Schichtenstellung ist bei 
einem im Ganzen sehr regelmässigen und nur lokal abweichen- 
den nordsüdlichen Streichen der Schichten durchgängig eine 
steil aufgerichtete und vielfach gestörte, wie im Rheinischen 
Schiefergebirge nnd am Harze. Wie dort sind die Schichten 
durch die Hebung in eine Anzahl paralleler Falten gebogen, 
welche jetzt freilich nicht mehr überall deutlich erkennbar sind, 
weil die Köpfe der Falten zum Theil durch spätere Denudatio- 
nen zerstört sind. Im Ganzen wird die Stellung der Schich- 
ten eine steilere und mehr gestörte, wenn man von Osten ge- 
gen Westen fortschreitet und sich also den die Unterlage bil- 
denden krystallinischen Urgebirgen nähert. In den Grauwacke- 
Steinbrüchen bei Leobschütz und Troppau sind mässige Schich- 


5850 


I 

ten-Neigungen von 15 bis 30 Grad die Regel, während in den 
Umgebungen von Zuckmantel oder Freudenthal nur steil aufge- 
richtete und stark gebogene Schichten beobachtet werden. Fast 
in gleichem Maasse, wie die Schichtenstellung bei dem Fort- 
schreiten von Osten nach Westen nur steiler und mehr gestört 
wird, ändert sich auch das petrographische Verhalten’ der 
Schichten aus einem loseren und deutlich mechanischen zu 
einem festen und halbkrystallinischen um. Geht man von 
Leobschütz nach Zuckmantel oder von Troppau nach Freuden- 
thal und Engelsberg, so sieht man anfangs einen Wechsel von 
bräunlichgrauen Grauwacken - Sandsteinen von mässiger die 
Bearbeitung zu Werkstücken gestattender Festigkeit und von 
losem an der Luft rasch in kleine Blättchen zerfallenden 
Schieferthon. Weiter gegen Westen werden die Grauwacken 
fester und erhalten ein mehr kieseliges Bindemittel, und statt 
des Schieferthons erscheinen eigentliche Thonschiefer, welche 
zum Theil die Beschaffenheit von festen Dachschiefern anneh- 
men. Nähert man sich endlich bei noch weiterem Fortschrei- 
ten gegen Westen dem krystallinischen Urgebirge, wie z. B. 
in der Gegend von Zuckmantel oder bei Engelsberg, so fangen 
die Thonschiefer an durch mehr oder minder deutliche Aus- 
scheidung von Glimmer auf den Schieferungsflächen einen 
Uebergang in Glimmerschiefer zu zeigen, und zugleich lassen 
sie häufig eine feine Fältelung wahrnehmen, wie sie manchem 
sogenannten azoischen oder Urthonschiefer eigen ist, . Die 
Grauwacken werden durch eigenthumliche Sandsteine und kie- 
selige Conglomerate vertreten, in welchen neben den Quarz- 
körnern und Thonschieferbrocken unregelmässige Partieen eines 
zersetzten hellfarbigen feldspathartigen Minerals vorkommen, 

So verschieden nun auch die petrographische Beschaffen- 
heit des Grauwackengebirges an dieser seiner Westgrenze von 
derjenigen der östlichen Abhänge ist, so wurde man doch 
aus dieser Verschiedenheit des petrographischen Verhaltens 
kaum einen Grund zu der Vermuthung, dass in dem Gebiete 
auch verschiedene Glieder des älteren Gebirges vertreten seien, 
annehmen können, weil die Aenderungen in dem Verhalten 
des Gesteins ganz allmählige sind. 

Eben so wenig boten uns auch die paläontologischen 
Merkmale bisher ein Anhalten für eine nähere Gliederung die- 
ses Grauwacken - Gebietes, ‘da organische Einschlüsse trotz 


® 


581 


eifriger Nachforschungen fast ganz zu fehlen schienen. Das We- 
nige, was man von Versteinerungen kannte, beschränkt sich auf 
einige durch GOEPPERT*) aus den Grauwacken der Gegend von 
Leobschütz beschriebene Pflanzenreste, welcheauf ein mit demjeni- 
gen der nieder-schlesischen Grauwacken, namentlich derjenigen 
in der Gegend von Landshut, wesentlich übereinstimmendes Alter 
dieser Grauwacken hinweisen und einige wenige schlecht erhal- 
tene und specifisch nicht sicher bestimmbare thierische Reste, 
welche der seitdem verstorbene Dr. SCHARENBERG aus den Dach- 
schieferbrüchen von Dittersdorf bei Eugelsberg erhalten hatte. 

Da erfolgte vor etwa fünf Jahren die Auffindung der Po- 
sidonomya Becheri in dem Schieferthone von Johannesfeld bei 
Troppau**) und bald darauf die Entdeckung derselben Muschel 
und anderer für die Culm-Bildung bezeichnender Arten an ver- 
schiedenen Punkten, . namentlich in den Dachschieferbruchen 
von Meltsch und Eckersdorf***). Dadurch wurde für den öst- 
licheren Theil des Gebietes die Zugehörigkeit zu der unteren 
Abtheilung des Steinkohlengebirges festgestellt. Dagegen blieb 
das Alter der breiten, dem Altvater näher liegenden, westli- 
chen Zone noch in tiefes Dunkel gehullt. Da jedoch die 
Gesteine dieser westlichen Zone durch ganz allmälige Ueber- 
gänge mit denjenigen des östlicheren Gebietes verbunden schie- 
nen, und da die Versteinerungen von Dittersdorf einen Wider- 
spruch nicht begründeten, so wurde von mir vorläufig das ganze 
östlich vom Altvater liegende Grauwacken-Gebirge der Culm- 
Bildung zugerechnet}). Inzwischen enthielt das Vorkommen 
der Versteinerungen bei Dittersdorf, indem es die-Möglichkeit 
der Auffindung von Versteinerungen auch in der westlicheren 
Zone bewies, die dringende Aufforderung, nach anderen und 
wo möglich entscheidenderen Vorkommen solcher Versteine- 
rungen zu forschen. Ich empfahl namentlich auch dem bei der 
geologischen Aufnahme von Oberschlesien beschäftigten König- 
lichen Bergeleven Herrn A. Haurıar, dem man schon mehrere 
für die geclogische Kenntniss von Oberschlesien wichtige Ent- 


*) Fossile Flora des Uebergangsgebirges. Breslau und Bonn 1852, 
Ss. 69 f. 

**) Vergl. diese Zeitschr. Jahrg. 1860 S. 350 #. 

=) Vergl. ebendaselbst S. 513 ff. und neues Jahrb. für Mineral. 
1863 S. 341. 

7) Neues Jahrb. für Mineral. 1863 S. 342. 


582 


deekungen verdankt, seine ganz besondere Aufmerksamkeit auf 
diesen Punkt zu richten. In der That haben denn auch die 
von Engelsberg ausgehenden und nachher über die weiteren 
Umgebungen sich ausbreitenden, umsichtigen und eingehenden 
Nachforschungen des- Herrn A. HaLrAr einen günstigen Erfolg 
gehabt. Sie haben zu dem wichtigen Funde geführt, welcher 
den Hauptgegenstand ‘dieser Mittheilung bildet, und welcher ein 
. ganz neues Licht über die geognostische Zusammensetzung 
des östlich vom Altvater sich ausdehnenden Grauwackenge- 
birges verbreitet. Herr Harrar fand nämlich auf der Höhe 
des bei dem Dorfe Einsiedel, 4 Meile nördlich von dem Städt- 
chen Würbenthal gelegenen Dürr-Berges in plattenformig ab-: 
gesonderten, glimmerreichen Quarziten zahlreiche, verhältniss- 
mässig wohlerhaltene Versteinerungen, welche die fraglichen 
Quarzite als unter-devonisch bezeichnen. ' Die fraglichen Quar- 
zite treten auf dem grösstentheils kahlen und unbewaldeten 
Gipfel des genannten Berges in 10 bis 20 Fuss hohen Klippen 
zu Tage, und die Abhänge sind mit losen Blöcken des Gestei- 
nes in wilder Unordnung uüberstreut. Grosse Zweischaler 
(Acephalen) bilden den Hauptbestandtheil dieser fossilen Fauna. 
Ausserdem enthält dieselbe aber auch Gastropoden, Brachiopo- 
den, Pteropoden und Trilobiten. Die drei wichtigsten, weil fur 
das Alter der Schichten am meisten entscheidenden Arten sind 
Grammysia Hoamiltonensis, Spirifer macropterus und Homalo- 
notus crassicauda. Gleich bei der ersten Ansicht der von 
Hanrar eingesendeten Petrefakten bestimmten mich diese drei 
Arten sofort, die Quarzite für gleichalterig mit der unteren de- 
vonischen Grauwacke am Rhein, d. i. der sog. Grauwacke von 
Coblenz, anzusprechen; denn die genannten drei Arten sind be- 
kannte und weit verbreitete organische Formen in dem Rhei- 
nischen Gebirge. Die spätere genauere Prüfung der übrigen 
Arten und mein eigener Besuch der Lokalität haben mich nur 
in dieser Ansicht befestigen können. Uebrigens sind die ge- 
nannten drei Arten keineswegs auch alle die häufigsten der 
Fauna. Vielmehr sind Spirifer macropterus und Homalonotus 
crassicauda bisher nur in wenigen Exemplaren gefunden. Nur 
Grammysia Hamiltonensis ist zugleich eine der häufigsten Ar- 
ten der Fauna. Sie erscheint in mehreren Abänderungen der 
Form, welche man leicht für selbstständige Arten zu halten 
geneigt sein könnte, wenn sie nicht durch Uebergangsformen 


583 


verbunden wären, Unter den Acephalen der Fauna zeichnen 
sich sonst noch grosse, als Steinkerne erhaltene Zweischaler 
aus, welche wahrscheinlich zur Gattung Pterinea gehören. Die 
Gastropoden der Fauna sind specifisch kaum bestimmbar. Eine 
stets nur verdrüuckt und unvollkommen erhaltene Form mit nie- 
drigem Gewinde, welche in der allgemeinen Form an Nerita 
erinnert, ist das häufigste Fossil der ganzen Fauna. Von Ce- 
phalopoden liegt nur ein einziges Fragment eines nicht näher 
bestimmbaren Cyrtoceras vor. Dagegen ist eine Art der Gat- 
tung Tentaculites, welche sich durch ihre Grösse vor allen an- 
deren Arten des Geschlechts auszeichnet, sehr häufig. Manche 
dunne Quarzitplatten sind ganz mit den zusammengehäuften In- 
dividuen dieser Art bedeckt. Endlich sind auch’ eigenthümliche 
_ wurmförmige Körper, von 4 Zoll Breite und mehr als 1 Fuss 
Länge, welche vielleicht mit dem Serpulites longissimus der obe- 


ren Ludlow-Schichten verwandt sind, nicht selten. 


So sind also am Ostabhange des krystallinischen Altva- 
tergebirges, und zwar in Schichten, welche selbst schon wegen 
ihres halbkrystallinischen Aussehens von allen früheren Beobach- 
tern dem krystallinischen Urgebirge zugerechnet waren*), un- 
ter-devonische Versteinerungen enthalten. Es ist die untere 
Abtheilung der devonischen Gruppe, welche bisher im ganzen 
östlichen Deutschland unbekannt war, nun auch in den Sude- 
ten und zwar in deren sudöstlichstem Abschnitte nachgewiesen. 
Natürlich ist von vorn herein zu vermuthen, dass das Auftre- 
ten der devonischen Schichten nicht auf jenen einzelnen Punkt 
bei Würbenthal beschränkt ist, sondern denselben eine weitere 
Verbreitung zusteht. In der That lassen sich die Quarzite 
des Dürr-Berges sowohl nordwärts, wie sudwärts im Streichen 
weiter verfolgen, und namentlich nordwärts bis in die Nähe 
von Zuckmantel. Freilich sind hier die bezeichnenden Verstei- 
nerungen noch nicht aufgefunden, aber das kann kaum be- 
fremden, da anch am Dürr-Berge nur einzelne Lagen der Quar- 
zite versteinerungsführend zu ‘sein scheinen und die Nachfor- 


*) Auf allen bisher vorhandenen geognostischen Karten des Altvater- 
Gebirges ist die Grenze zwischen dem Urgebirge und dem Grauwacken- 
Gebirge so gezogen, dass der Dürr-Berg westlich von dieser Grenz- 
linie liegt. 


384 


schungen an diesen anderen Punkten bisher noch nicht sehr 
eingehend gewesen sind. 

Die Auffindung der devonischen Versteinerungen bei Wur- 
beuthal gewährt nun auch ein gewisses Anhalten für die Beur- 
theilung des bisher durchaus zweifelhaften Alters des übrigen 
Grauwacken-Gebirges. Das unmittelbare Liegende der Quar- 
zite des Dürr-Berges ist ein entschieden krystallinisches gneiss- 
artiges Gestein,, welches die österreichischen Geologen, die im 
Auftrage des Werner-Vereins in Brünn die Aufnahme des Alt- 
vater-Gebirges ausführten, als Phyllit-Gneiss bezeichnet haben. 
Unter diesem folgen dann andere krystallinische Gesteine. Si- 
lurische Gesteine sind demnach auf dem Ostabhange des Alt- 
vater-Gebirges anscheinend nicht vorhanden; denn sie wären 
nur westlich, d, i.im Liegenden der Quarzite des Dürr-Berges, ° 
zu suchen. Das Hangende der Quarzite dagegen wird durch 
‚schwarze, fein gefältelte, quarzreiche und in Glimmerschiefer 
übergehende Thonschiefer gebildet. Dieselben sind am Abhange 
des Dürr-Berges bei dem Mundloche eines alten Stollns deut- 
lich aufgeschlossen. Auch weiterhin gegen Einsiedel hin sind 
diese Glimmerschiefer-ähnlichen schwarzen Thonschiefer ver- 
breitet. Verschiedene schmale Zuge von Diorit setzen, dem 
nord-südlichen Streichen der Schichten parallel, in diesen Thon- 
schiefern auf, und mächtige Lager eines blaugrauen, vollkommen 
krystallinischen, aber doch deutlich geschichteten Kalksteines, 
welcher in grossen, zwischen Einsiedel und Würbenthal gele- 
genen Steinbrüchen gewonnen wird, sind denselben unterge- 
ordnet. 
Wenn man nun annehmen darf, dass so wie im Liegenden 
d. i. in westlicher Richtung von den Quarziten des Dürr-Ber- 
ges ältere krystallinische Gesteine folgen, in gleicher Weise 
auch im Hangenden d. i. in östlicher, von der krystallinischen 
Achse des Altvaters abgewendeten Richtung jüngere Gesteine 
auf dieselben folgen, so werden die soeben aufgeführten Thon- 
schiefer und Kalkstein-Lager zwischen Einsiedel und Würben- 
thal mit Wahrscheinlichkeit als einer jüngeren Abtheilung der 
devonischen Gruppe angehörig betrachtet werden dürfen. Diese 
Annahme erhält durch gewisse andere Thatsachen eine nähere 
Begründung. 

Seit längerer Zeit werden bei Bärn in Mähren und bei 
Spachendorf und Bennisch in Oesterreichisch-Schlesien eigen- 


585 


thümliche Eisensteine gewonneu, welche grossentheils auf der 
Wittkowitzer Eisenhütte bei Mährisch-Ostrau verhüttet wer- 
den. Es ist ein dunkeles, bräunlich oder grünlichschwarzes 
Gestein, welches von sehr kleinen eingesprengten Okta&dern 
von Magneteisen erfüllt ist. Durch Zersetzung des Magnet- 
eisens geht das Erz, namentlich in den oberen Teufen der 
Lagerstätten, häufig in dichten Brauneisenstein über. Selten 
besteht das Erz aus einem innigen Gemenge von Magneteisen 
und Eisenglanz. Diese Erze werden von anderen, dem zwischen 
dem Altvater und dem Oppa- Thale sich ausbreitenden Grau- 
wacken-Gebirge übrigens fremden Gesteinen begleitet. Das 
sind namentlich dünn plattenformig oder nierenförmig abgeson- 
derte graue Kalksteine, Diabas -Mandelsteine und Schalsteine. 
Eine Zone dieser Eisenstein-fuhrenden Schichtenreihe lässt 
sich von Sternberg in Mähren in nordöstlicher Richtung über 
Deutsch-Lodenitz, Bärn, Spachendorf, Bennisch bis nach Zos- 
sen südlich von Jägersdorf in einer Erstreckung von beinahe 
sechs Meilen fast zusammenhängend verfolgen. In den orogra- 
phischen oder Relief-Verhältnissen der dortigen Gegend macht 
sich diese Gesteinszone nur durch das Hervortreten eigenthum- 
lich höckeriger und rauher, kleiner, schmaler Hugelzuge von 10 
bis 40. Fuss Höhe, welche durch den Diabas- Mandelstein ge- 
bildet werden, bemerklich. Namentlich erscheinen die Diabas- 
Mandelsteine in dieser äusseren Form bei Bärn, wo noch der 
dicht bei der Stadt sich. erhebende Kapellen-Berg daraus be- 
steht. Ganz niedrig, nur 10 bis 20 Fuss hoch, und doch recht 
auffallend sind die Diabas- Mandelstein- Rücken bei Bennisch, 
wo sie „ Meile südlich von dem Städtchen, mit Laubholz be- 
wachsen und durch eine Reihe von Eisenstein-Gruben bezeich- 
net, auf dem flachen Plateau des Grauwacken - Gebirges sich 
erheben. 

Die Beschaffenheit der Diabas-Mandelsteine und die Ver- 
bindung derselben mit Kalksteinen und Lagern von Eisenstein 
zeist so grosse Aehnlichkeit mit dem Verhalten der Dia- 
bas-Mandelsteine in Nassau, in Westphalen und im Harze, 
dass ich gleich bei der ersten Ansicht derselben auch eine Al- 
tersgleichheit mit jenen : anzunehmen geneigt war*). Herr 


*, Vergl. Neues Jahrb. 1563 S. 342. 
In der That ist fast nur der Umstand, dass Magneteisen statt Roth- 


586 


HaALFAR, dem ich meine Vermuthung mittheilte, hat das Ver- 
dienst, die paläontologischen Beweise für diese Annahme auf- 
gefunden zu haben. Die wichtigsten dieser Beweismittel wur- 
den auf den Halden der südlich von Bennisch gelegenen Eisen- 
stein-Gruben und namentlich auf den Feldern des Anna-Schach- 
tes gewonnen. Das erzführende Gestein ist hier ein 10 Fuss 
mächtiger, blauschwarzer oder braunschwarzer, mit flaserigen 
Chlorir- Partieen und Thonschiefermasse durchwachsener und 
ausserdem mit dünnen Schnüren von hellem, krystallinischen 
Kalk und glänzendem, schwarzen Anthracit durchzogener mer- 
geliger Kalkstein mit sehr kleinen eingesprengten Okta@dern 
von Magneteisenstein. In eben diesen erzführenden Gesteinen 
kommen Goniatiten, Orthoceren und Trilobiten vor. Die Go- 
niatiten gehören einer dickscheibigen oder zusammengedrückt 
kugeligen Art von 2 bis 3 Zoll im Durchmesser an, welche in 
dem steil abfallenden Nabel die drei oder vier vorhergehenden 
Umgänge zum Theil erkennen lässt und ausserdem durch 
einen sehr einfachen Verlauf der Kammerwandsnähte, die nur 
einen kleinen ungetheilten Dorsal-Lobus und keinen deutlichen 
Lateral-Lobus bilden, ausgezeichnet ist*). Die Orthoceren sind 
nach den vorliegenden Exemplaren bei der mangelnden Scha- 
lenoberfläche kaum näher bestimmbar. Dagegen ist von den bei- 


eisenstein das herrschende Erz ist, von dem Verhalten in Nassau und 
Westphalen unterscheidend. 

Ein anderer Umstand, nämlich die Abwesenheit ächter Diabase ne- 
ben den Diabas-Mandelsteinen und Schalsteinen, könnte auch als unter- 
scheidend angesehen werden. Allein nachdem ich selbst mich längere 
Zeit vergeblich nach dem Eruptiv-Gesteine umgesehen hatte, von welchem 
die Entstehung der Diabas-Mandelsteine abgeleitet werden könnte, fand 
ich auf den Halden des Anna-Schachtes bei Bennisch fingerdicke Lagen 
eines dunkelgrünen, etwas durchscheinenden Serpentins mit zahlreichen, 
eingesprengten, zersetzten, weissen Krystallen von prismatischer Form. 
Diesen Serpentin, welcher dünne Lagen oder Schnüre in grauem Thon- 
schiefer bildet, halte ich für einen veränderten Diabas-Porphyr und sehe 
in ihm das Eruptiv-Gestein, durch welches die Entstehung der Diabas- 
Mandelsteine bedingt war. 

*) Die Erhaltung der 5 oder 6 vorliegenden Exemplare erlaubt-eine 
scharfe specifische Bestimmung nicht. Vielleicht ist es nur eine Varietät 
des formenreichen @oniatites retrorsus. Sonst besteht aber auch eine 
bedeutende Aehnlichkeit mit dem von Barranpe (Syst. Silur. du centre 
de la Bohöme. Vol. II. Cephalop. Pl. V.) abgebildeten Goniatites plebejus 
aus ober-silurischen Schichten Böhmens. 


In 


587 


den vorliegenden Trilobiten - Arten die eine so wohl erhalten, 
dass sie mit Sicherheit als Phacops latifrons, d. i. die bekannte 
Art des Eifeler Kalks, bestimmt wird. Die andere gehört nach 
den Dornfortsätzen am Aussenende des Kopfschildes der Gat- 
tung Acidaspis (Odontopleura) an. In bläulichgrauen oder röth- 
lichgrauen reineren Kalksteinlagen, welche zwischen dem erz- 
führenden Lager und der Hauptmasse des Diabas-Mandelsteins 
liegen, kommen ausserdem zahlreiche Korallen vor, oder richti- 
ser diese Kalksteine werden wesentlich durch Korallenstöcke 
gebildet. Die häufigste Art ist Zeliolites porosa. Zahlreiche 
zum Theil faustgrosse Knollen des röthlichen Kalksteins er- 
weisen sich bei näherer Betrachtung als Korallenstöcke dieser 
Art. Auch Calamopora cervicornis und Stromatopora polymorpha, 
eine Art der Gattung Cystiphyllum und eine Art der Gattung 
Amplexus wurden erkannt. Gewisse Stücke eines krystallini- 
schen hellgrauen Kalksteins erweisen sich. bei näherer Prüfung 
fast ganz aus Crinoiden -Stielen zusammengesetzt. Auf ange- 
witterten Flächen des Kalksteins wurden ausser Säulenglie- 
dern, welche zu Rhodocrinus zu gehören scheinen, mit Sicher- 
heit solche der Gattung Cupressocrinus erkannt. Endlich zei- 
gen sich eigenthüumliche graue Thonschiefer, die in der Nähe 
eines früher süd-östlich der Frobelhöfer Waldhäuser bei Zos- 
sen gelegenen Kalksteinbruches anstehen und jedenfalls auch 
in die Zone der durch den Diabas-Mandelstein bezeichneten 
Schichtenreihe gehören, auf den Schieferungsflächen ganz be- 
deckt mit den Individuen eines kleinen, nur 4 Millim. langen 
Tentaculiten-ähnlichen,, stets der Länge nach in der Mitte zu- 
sammengedrückten Körpers, welcher auch bei Büdesheim in 
der Eifel und im Harz in ganz ähnlicher Weise gewisse ober- 
devonische Schiefer erfüllt. Zwischen diesen kleinen Tentacu- 
liten-ähnlichen Körpern werden auch Fragmente eines an 
den Enden der Rumpf-Segmente mit langen Dornfortsätzen ver- 
sehenen Trilobiten, welcher vielleicht mit der erwähnten Aci- 
daspis-Art identisch ist, bemerkt. 

Obgleich nun die bisher in der fraglichen Gesteinszone 
beobachteten organischen Einschlüsse auch nicht sehr zahl- 
reich sind, so genügen sie doch schon, um die durch den Cha- 
rakter der Gesteine begründete Vermuthung, dass hier eine 
ober-devonische Schichtenfolge vorliege, zu bestätigen. Die 
von Sternberg in Mähren über Bärn, Spachendorf und Bennisch 


588 


bis nach Zossen sudlich von Jägerndorf sich fortziehende Zone 
von kalkigen, zum Theil auch sandigen und thonigen Gestei- 
nen, denen Züge von Diabas-Mandelstein und Schalstein und 
Eisensteinlager untergeordnet sind, ist als gleichalterig mit der 
ober-devonischen aus ähnlichen Gesteinen zusammengesetzten 
Schieferreihe in Nassau, in Westphalen und im Harze zu be- 
trachten. 

Es fragt sich nun, welche weitere Schlüsse ergeben sich 
aus dieser Altersbestimmung für die zu beiden Seiten dieser 
ober-devonischen Gesteinszone verbreiteten Grauwacken und 
Thonschiefer. Das ostwärts von dieser Zone liegende Grau- 
wacken-Gebirge wird als weiter von der krystallinischen Achse 
des Altvater- Gebirges entfernt liegend mit Wahrscheinlichkeit 
als jünger angesehen werden müssenund kann daher nuretwa einer 
noch jüngeren Abtheilung der devonischen Gruppe oder dem 
Steinkohlengebirge angehören. Für den grösseren Theil dieser 
zwischen der fraglichen ober-devonischen Zone und dem Oppa- 
Thale verbreiteten Grauwacken und Thonschiefer ist die Zu- 
gehörigkeit zu der unteren Abtheilung des Steinkohlen - Gebir- 
ges, und zwar zu der durch Posidonomya Becheri vorzugsweise 
bezeichneten Culm-Bildung schon früher durch die an verschie- 
denen Punkten aufgefundenen thierischen und pflanzlichen 
Versteinerungen erwiesen. Verbindet man nun die am meisten 
gegen Westen geruckten Punkte dieser Art, nämlich die Dach- 
schieferbrüche bei Altendorf*) südlich von Bautsch, diejenigen - 
von Meltsch an der Mohra, diejenigen von Eckersdorf**), süd- 
östlich von Bennisch und Nieder-Paulowitz***) bei der Hotzen- 


*) Nach den Beobachtungen des Herrn Haırar Kommen dort ausser 
der mir schon früher von dort bekannten Posidonomya Beckeri auch an- 
dere bezeichnende thierische und pflanzliche Reste der Culm-Bildung vor. 

**) Vergl. Neues Jahrb. 1863 S. 341. Das einzige dort gefundene, 
aber völlig unzweifelhafte Exemplar der Posidonomya Becheri befindet 
sich in dem Breslauer Museum. 

***) In den Schiefern am Eingange des alten Stollens bei der Klapper- 
Mühle in Nieder-Paulowitz sammelte Herr Hawraa verschiedene Fossilien, 
unter denen sich @Gonialites sphaericeus (@. crenistria) und Posidonomya 
Becheri mit Sicherheit bestimmen liessen. Die Angabe Göpperr’s (Foss. 
Flora des Uebergangsgeb. 1852 S. 71) von dem Vorkommen der Cly- 
menia undulata an dieser Stelle muss auf irgend einer Verwechselung 
beruhen, da in der ganzen Umgebung nur Thonschiefer und Grauwacken 
von dem gewöhnlichen Ansehen der Culm-Bildung anstehen 


589 


plotz durch eine Linie, so wird der ganze östlich von dieser 
Linie liegende Theil des Grauwacken - Gebirges um so mehr 
der Culm-Bildung unbedenklich zugerechnet werden können, 
weil ja in diesem Gebiete verschiedene andere Fundorte der 
bezeichneten Culm-Versteinerungen bekannt sind. Nur der zwi- 
schen dieser Linie und der Eisenstein-führenden Schichtenzone 
liegende Streifen von Grauwacken und Thonschiefern könnte 
daher zweifelhaft sein. Das Ansehen dieser Gesteine ist aber 
petrographisch mit demjenigen der sicher bestimmten Culm- 
Gesteine so übereinstimmend, und die Breite des Streifens ist 
namentlich zwischen Eckersdorf und Bennisch so gering, dass 
man eine Verschiedenheit des Alters kaum anzunehmen geneigt 
sein und den Grund für die anscheinende Abwesenheit fossiler 
Einschlusse lediglich in der durch grösseren Druck bei der Aufrich- 
tung mehr veränderten Beschaffenhit der Schichten suchen wird. 

Schwieriger ist die Frage nach dem Alter des zwischen 
der Eisenstein-führenden Zone von Spachendorf und Bennisch 
und den versteinerungsführenden Quarziten von Würbenthal 
liegenden Grauwacken-Gebietes, wie namentlich der Gegend von 
Freudenthal und Engelsberg, zu beantworten. Zunächst darf 
jedoch wohl angenommen werden, dass die Grauwacken und 
Thonschiefer dieses Gebietes jünger sind als die Quarzite von 
Würbenthal selbst, da sie weiter von der krystallinischen Achse 
des Gebirges entfernt liegen und ihre Gesteinsbeschaffenheit 
sich auch viel weniger Krystallinisch verändert zeigt als jene 
Quarzite. Wenn sie nun junger sind als die unter-devonischen 
Quarzite und älter als die ober-devonischen Gesteine der Ei- 
senstein-führenden Zone von Spachendorf und Bennisch, so wird 
kaum eine andere ‘Annahme übrig bleiben, als sie für mittel- 
devonisch, also für wesentlich gleichalterig mit dem Kalke der 
Eifel zu halten. Die petrographische Beschaffenheit der betref- 
fenden Gesteine könnte dieser Annahme kaum entgegenstehen, 
da bekanntlich auch in einem auf der rechten Rhein-Seite lie- 
genden Theile des rheinischen Schiefer-Gebirges die mittel-de- 
vonische Abtheilung vom Alter des Eifeler Kalks in der Form 
von Thonschiefer und Grauwacken-Sandsteinen entwickelt ist. 
Paläontologische Beweismittel zur Unterstützung dieser Alters- 
bestimmung sind freilich nicht vorhanden. Bekanntlich sind 
die einzigen aus dem ganzen fraglichen Grauwacken-Gebiete 
bekannten organischen Reste die wenigen, schlecht erhaltenen 


590 


Versteinerungen, welche SCHARENBERG aus den Dachschiefer- 
brüchen von Dittersdorf bei Engelsberg*) erhielt. Diese ge- 
währen kein bestimmtes Anhalten für die nähere Stellung der 
Schichten, aber sie sind auch der hier angenommenen Deu- 
tung nicht entgegen. Das einzige einigermaassen bestimmbare 
Fossil, welches ausser einigen ganz undeutlichen Crinoiden- 
Stielen und einzelligen Cyathophylliden aufgefunden wurde, ist 
ein etwa 3 Zoll breiter Steinkern eines gekammerten Cepha- 
lopoden, welchen SCHARENBERG zur Gattung Lituites brachte, 
während ich selbst früher denselben als einen weitnabeligen 
Nautilus, wie dergleichen im Kohlenkalk vorkommen, anzu- 
sehen geneigt war. Mit vielleicht noch mehr Recht kann man 
dieses Fossil als eine Art der Gattung Gyroceras, welche in 
dem Kalke der Eifel verschiedene Vertreter hat, ansehen. 


Auf diese Weise wurden also alle drei Abtheilungen der 
devonischen Gruppe und ausserdem die untere Abtheilung des 
Steinkohlengebirges in der Form der sogenannten Oulm-Bildung 
an der Zusammensetzung des zwischen dem krystallinischen 
Altvater und dem Oppa-Thale sich ausbreitenden Grauwacken- 
Gebietes, welches noch vor Kurzem als eine einförmige an- 
scheinend ganz ungegliederte Masse sich darstellte, Theil neh- 
men. Nur um das nähere Studium der inneren Zusammen- 
setzung dieser Hauptglieder und um die genauere Feststellung 
von deren Grenzen an der Oberfläche wird es sich in Zukunft 
noch handeln. 

Die allgemeinen Ergebnisse der in dem Vorstehenden mit- 
getheilten Beobachtungen lassen sich in folgende Sätze zu- 
sammenfassen: 

1. Am Dürr-Berge bei Einsiedel unfern Würbenthal in 
Oesterreich-Schlesien enthalten dunngeschichtete, glimmerreiche, 
weisse Quarzite, welche Gneiss zum Liegenden und Glimmer- 
schiefer-ähnliche, quarzreiche, schwarze Thonschiefer zum Han- 
genden haben, eine aus Zweischalern (Acephälen), Gastropo- 
den, Brachiopoden und Trilobiten bestehende fossile Fauna, ° 
durch welche diese Quarzite als unter-devonisch, und zwar im 
Besonderen der älteren devonischen Grauwacke am Rhein 
(Grauwacke von Coblenz) gleichstehend, bestimmt werden. 


*) Vergl. Neues Jahrb. 1863 8. 342. i 


591 


2. In den Umgebungen von Loderitz und Bärn in Mähren 
und von Spachendorf und Bennisch in Oesterreich - Schlesien 
treten in dem Bereiche des das krystallinische Altvater-Gebirge 
im Osten und Südosten umgebenden Grauwacken - Gebietes 
schmale, von Kalk-Diabasen, Schalsteinen und eigenthümlichen 
Magneteisen-führenden Eisenstein-Lagen begleitete Kalkstein- 
lager auf, welche durch ihre organischen Einschlusse, und 
namentlich durch Goniatiten, welche bei Bennisch darin auf- 
gefunden worden sind, als der oberen Abtheilung der devoni- 
schen Gruppe angehörig sich erweisen. _ 

3. Die Grauwacken und Thonschiefer des zwischen dieser 
ober-devonischen Kalksteinzone und den unter-devonischen 
Quarziten des Dürr-Berges bei Würbenthal liegenden Gebietes 
sind, obgleich entscheidende Versteinerungen aus denselben 
noch nicht bekannt sind, mit Wahrscheinlichkeit der mittleren 
Abtheilung der devonischen Gruppe zuzurechnen. 

Da nun 4. andererseits die ostlich an jene ober-devonische 
Zone zunächst angrenzenden Grauwacken und Thonschiefer von 
denjenigen des dem Oppa-Thale näher liegenden Gebietes, fur 
welche die an zahlreichen Fundorten beobachtete Posidonomya 
Becheri und andere thierische und pflanzliche Versteinerungen 
die Zugehörigkeit zur Culm- -Bildung erweisen, sich äusserlich 
nicht wesentlich unterscheiden, so werden auch sie derselben 
unteren Abtheilung des Steinkohlengebirges mit Wahrschein- 
lichkeit‘ zuzurechnen sein. 

5. Das zwischen dem Altvater und dem Oppa-Thale sich 
ausbreitende Grauwackengebiet wird demnach durch Gesteine 
aus den drei Abtheilungen der devonischen Gruppe und aus 
der unteren Abtheilung des Steinkohlengebirges zusammen- 
gesetzt. 


Erklärung der Tafel XVIL. 


Figur 1. Grammysia Hamiltonensis E. ne Vernevit (vergl. Fern. 
Rosrner in Leth. geogn. Th. II. p. 431). Ansicht eines Exemplars der 
rechten Klappe in natürlicher Grösse. Das Exemplar passt zu der typi- 
schen Form E. pe Veanevir’s. 


Figur 2. Grammysia Hamiltonensis E. ve Vern. var. ohne deutliche 
Rippen, sondern nur mit einzelnen Anwachsringen und mit schmalerer, 
Zeits.d. d.geol. Ges. XV1.a. 39 


592 

mehr verlängerter Schale. Statt der jederseits von einer Furche begrenz- 
ten schief über die Schale verlaufenden Rippe ist nur eine einfache Fur- 
che vorhanden. Man würde geneigt sein, diese Varietät für eine selbst- 
ständige Art zu halten, wenn nicht Uebergänge zu der Hauptform vor- 
handen wären. Die Art zeigt überhaupt an der in Rede stehenden 
Lokalität die mannigfachsten Form - Veränderungen. Auch Exemplare, 
welche sonst die allgemeine Gestalt der typischen Form haben, sind oft 
nur mit einer einfachen Furche versehen. 


Figur 3. Pierinea sp Steinkern der rechten Klappe in natürlicher 
Grösse. Obgleich die für die Gattung bezeichnenden Schlossleisten nicht 
erkennbar sind, so weiset doch die allgemeine Form am meisten auf Pte- 
rinea hin. Es liegen zwei Exemplare vor. 

Figur 4. Edmondia ? acutangula n.sp., durch den sehr scharfkan- 
tigen hinteren Kiel und durch eine gewisse Drehung der ganzen Schale 
ausgezeichnet. Eine breite flache Einsenkung zieht sich von dem Wirbel 
gegen den Ventralrand der Schale hinab Die Gattungsbestimmung ist 
völlig unsicher. J. Hart hat gewisse einigermaassen ähnliche Zweischaler 
zu Edmondia gebracht. Es liegt nur ein deutliches Exemplar vor. 


Figur 5 Edmondia sp. Ein vielleicht ebenfalls zur Gattung Ed- 
mondia gehörender Zweischaler, bei welchem die Wirbel viel mehr am 
vorderen Ende der Schale liegen als bei der vorigen Art. 


Figur 6. Spirifer macropterus GoLor. Steinkern in natürlicher 
Grösse. Stimmt ganz mit Steinkernen derselben Art aus der rheinischen 
Grauwacke überein. Es liegen 5 Exemplare vor. j 


Figur 7. ?Naticopsis sp. Ein stets verdrückter und unvollkommen 
erhaltener Gastropod, dessen Zugehörigkeit zur Gattung Naticopsis ganz 
zweifelhaft ist und der hier nur seiner grossen Häufigkeit wegen abge- 
bildet wird. Fast immer ist nur der letzte Umgang mit mehr oder min- 
der scharfkantigem Rücken erhalten. Das Gewinde ist niemals deutlich 
erkennbar, war aber jedenfalls ganz niedrig. 


Figur 8. Pleurotomaria sp. Nicht näher bestimmbarer Steinkern. 


Figur 9. Mwurchisonia sp. Da die Skulptur der Schale nicht erhal- 
ten ist, so ist eine nähere Bestimmung kaum thunlich. 


Figur 10. Tentaculites grandis n. sp. Die grösste mir bekannte 
Art der Gattung, welche mehr als 14 Zoll in der Länge erreicht. Die 
Zwischenräume zwischen den starken Ringwülsten haben keiue feineren, 
erhabenen Linien und sind anscheinend glatt. Die braun gefärbten 
Schichtflächen gewisser dünnen Platten des Quarits sind häufig ganz 
bedeckt mit den Individuen dieser Art. Diese sind schwarz durch 
Schwefelkies, dessen Zersetzung die braune Färbung der Schichtflächen 
bewirkt. Zuweilen ist ausser dem Abdrucke der Oberfläche auch der 
Steinkern der inneren Höhlung erhalten. Die Abbildung stellt ein Exem- 
plar in natürlicher Grösse nach einem Gutta-Percha-Abgusse dar. 


Figur 11. ?Cyrtoceras sp. Ein nicht näher bestimmbarer Steinkern. 
Die Lage des Sipho ist nicht sichtbar. Nur das rasche Anwachsen und 


593 


eine leichte Krümmung des Gehäuses bestimmt, den Steinkern zu Cyrto- 
ceras und nicht zu ÖOrthsceras zu stellen. 


Figur 12. Homalonotus crassicauda SanDBERGER. Das Schwanzschild 
in natürlicher Grösse. Es liegen drei mehr oder minder verdrückte Exem- 
plare des Schwanzschildes und ein einzelnes Rumpf- Segment vor. Die 
Uebereinstimmung des Schwanzschildes mit solchen der rheinischen Grau- 
wacke und namentlich von Daun in der Eifel ist so vollständig, dass an 
der Identität der Art nicht zu zweifeln ist. Bei dem einen der vorlie- 
genden Exemplare des Schwanzschildes endet dasselbe anscheinend in eine 
feine Spitze, wie sie die Abbildung zeigt. Uebrigens verstehe ich MH. 
crassicauda nicht in dem Umfange wie die Gebrüder Sanngercer (Rhein. 
Schichten-Syst. in Nassau p. 27), welche den H. Knightü der englischen 
Ludlow-Schichten als ein Synonym eitiren und also die Benennung A. 
crassicauda nur als eine vermeintlich nomenklatorisch passendere der 
älteren englischen substituiren, sondern halte die devonische Art von der 
genannten silurischen Art für specifisch verschieden. Die von SaLTER 
neuerlichst gegebene genauere Beschreibung des H. Knightu ist dafür 
entscheidend. 


Fig. 13. Serpulites sp. Ein Bruchstück in natürlicher Grösse. Ein- 
zelne der vorliegenden Exemplare sind 2 Fuss lang, ohne eine Endigung 
zu zeigen. Häufig liegen mehrere Exemplare nebeneinander in demselben 
Gesteinsstücke. Die Art erinnert an den Serpulites longissimus Much, 
der oberen Ludlow-Schichten, welcher nach der hornig-kalkigen Beschaffen- 
heit der häufig erhaltenen Schale gewiss eine Anneliden-Röhre ist. Sonst 
sind ähnliche wurmförmige Körper, die in Sandsteinen verschiedener 
Formationen vorkommen, ja auch häufig als pflanzliche Reste gedeutet 
worden. 


39* 


594. 


> 


3. Ueber die Umwandlung des Basaltes zu Thon. 


Nach Daten aus der Dissertation des Herrn PıczEıs: De Basal- 


iae in argillam transmutatione. 


Von Herrn Rortu ın Beriin. 


In dem Nachlass des Herrn MiTscHErLicHh, welchen ich 


durchzusehen veranlasst war, fand sich die folgende handschrift- 
liche Notiz über Basaltberge des Erzgebirges: 


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DANN 


BAUR 


2006 "506 zccı R. 


Topographische Darstellung, aus der Dissertation des Herrn Paceıs. 


123 


595 


„Vier Basaltberge des Erzgebirges — der Pöhlberg, Schei- 
benberg und Bärenstein auf der nördlichen, die Steinhöhe auf 
der südlichen Seite — liegen auf einer Schutt- und Thonbil- 
dung, welche durch den Basalt vor Zerstörung geschützt wor- 
den ist, Besonders der Scheibenberg hat schon in früherer 
Zeit bei dem Streit über die Entstehung des Basaltes die Auf- 
merksamkeit der Geologen auf sich gezogen, ist aber erst von 


. Naumann, eine kleine Notiz von FREIESLEBEN abgerechnet, be- 


rücksichtigt worden. 

Vor einigen Jahren war am -Bärenstein, um Sand und 
Kies zu gewinnen, an der Nordseite eine Stelle so weit ent- 
blösst worden, dass man die Auflagerung des Basaltes auf die 
Schuttbildung verfolgen konnte; diese Gelegenheit veranlasste 


1 
® = 2 
X Pohl 
B. 
Br —k Ö) - 
a, 
1 
Scheihben- 
B. 
% 
& 
1 Bärenstein 
B. 
; 
& 
5 2 
® 2 


_ 


Geognostische Darstellung, aus dem Nachlass des Herrn Mirtscrertich. 


1 Glimmerschiefer. 2 Gneiss. 3 Basalt. 4 Grus, Sand. 
5 Granit. 6 Porphyr. 7 Kalk und Dolomit. 8 Grünstein. 


596 


mich, die Verhältnisse genauer zu untersuchen. ‘Der in sehr unre- 
gelmässige Säulen abgesonderte Basalt ist mit fast horizontaler * 
Grenze der Schuttbildung aufgelagert. Zunächst der Auflage- 
rungsgrenze ist der Basalt etwa 8 Zoll weit in Thon zersetzt, 
weiter nach oben findet eine Trennung der Säulen in Scheite 
statt, während sich sonst bei Zersetzung des Basaltes zuerst 
kugelförmige Absonderungen bilden. 

Sicher ist, dass die Thalbildung erst nach dem Hervor- 
quellen der Basalte stattgefunden; sie kann durch die mit dem 
Hervortreten der Basalte verbundene Hebung bedingt sein.“ 

Hervorgerufen durch die von MITSCHERLICH an Ort und 
Stelle gesammelten Materialien entstand im Jahr 1858 die 
die Dissertation des Herrn Paıczıs de Basaltae in argillam trans- 
mutatione, aus welcher die folgenden, anderweitig nicht hinrei- 
chend bekannt gewordenen Daten entnommen sind. 


Unter den basaltischen Massen des sächsischen Erzgebir- 
ses sind als besonders interressant der Bärenstein, der Pohl- 
berg und der Scheibenberg zu erwähnen, von denen hier beson- 
ders der erstere in Betracht gezogen ist. Der Bärenstein liegt 
ungefähr eine Meile nördlich von Annaberg und erhebt sich bis 
zu 2440 Fuss Meereshöhe. An seinem Fusse steht der in der 
ganzen Gegend verbreitete Gneiss an, der auch die Unterlage 
bildet. Am nordwestlichen Abhange tritt zwischen dem Basalte 
und Gneiss eine sandig thonige, Quarzgerölle enthaltende Ab- 
lagerung auf, gebildet durch einst hier vorhandene Seen. Ob- 
gleich man nicht berechtigt ist, den Poöhlberg und Bärenstein 
als früher zusammenhängend zu betrachten, so sind doch fast 
alle hier vorkommenden Thäler durch Auswaschung entstanden, 
wie man dies an den noch vorhandenen Seen dieser Gegend 
nachweisen kann. Herr MirscHErtich beobachtete an einer 
zur Gewinnung des Sandes abgegrabenen Stelle die Umwan- 
delung des an die Quarzgeröllschichten grenzenden Basaltes zu 
Thon und konnte Basalt in allen Stadien der Zersetzung sam- 
meln. Dieses Material liegt den folgenden Analysen zu Grunde. 
Ueber die Methode derselben ist Folgendes zu bemerken: 

Der fein gepulverte Basalt, ‘dessen Wassergehalt durch 
Schmelzen bestimmt war, wurde in einem zugeschmolzenen 
Rohr von schwer schmelzbarem Glase durch achttägiges Er- 


% 


597 


hitzen mit Salzsäure von 1,1972 spec. Gew. bei 80 Grad auf- 
geschlossen und die Lösung zur Trockne eingedampft. Aus 
dem mit Salzsäure befeuchteten Ruckstand wurden die lösli- 
chen Chlormetalle mit Wasser ausgezogen und von der Kiesel- 
säure abfiltrirt, sodann wurde durch bernsteinsaures- Ammoniak 
Thonerde und Eisenoxyd heiss gefällt, weil man so die Thonerde 
ganz frei von Magnesia erhält. Die Lösung dieses Niederschla- 
ges in Salzsäure wurde mit Weinsteinsäure versetzt, mit Am- 
moniak übersättigt, aus der klaren, braunrothen, alkalischen, 
bis zum Kochen erhitzten Flussigkeit das Eisen mit Schwefel- 
wasserstoff- Ammoniak gefällt und aus der eingedampften Lö- 
sung durch Glühen die Thonerde erhalten, neben welcher fast 
die ganze Menge der Titansäure sich fand; beide liessen sich 
leicht durch Erhitzen mit concentrirter Schwefelsaure und nach- 
heriges Aufkochen trennen. Aus der von Eisenoxyd und Thon- 
erde abfiltrirten Flussigkeit wurde der Kalk mit oxalsaurem 
Ammoniak bestimmt und endlich die Flussigkeit unter Zusatz 
von Oxalsäure eingedampft. Von den durch Glühen entstehen- 
den kohlensauren Salzen bleibt beim Auflösen in wenig Was- 
ser die Magnesia zurück und kann als phosphorsaure oder 
schwefelsaure Magnesia bestimmt werden. Die bei der Mag- 
nesia gebliebene geringe Menge Mangan liess sich von dieser 
durch verdunnte Salpetersäure trennen, der Strontian von dem 
Kalk nach Stromzyer’s Verfahren. | | 
Die kohlensauren Alkalien wurden in Chlormetalle verwan- 
delt, als solche gewogen, dann wurde das Kali als Kaliumplatin- 
chlorid und das Natron als Chlornatrium oder schwefelsaures Na- 
tron bestimmt. Alle Niederschläge wurden auf die gewöhnliche 
Weise auf ihre Reinheit geprüft, das Natron liess sich als 
schwefelsaures Salz vollständig krystallisiren, und wenn die 
Krystalle verwitterten, konnte man überzeugt sein, dass es frei 
von Kali war. Bei dieser Art der Analyse fällt die Besorg- 
niss weg, dass sich wegen unvollständigen Auswaschens der 
Niederschläge ein Ueberschuss ergeben könne; es sind näm- 
lich bis auf das Platinchlorid alle nicht flüchtigen Substanzen 
vermieden. Da beim Aufschliessen durch Flusssäure Magnesia, 
Kali und Natron als schwefelsaure Salze zurückbleiben und 
dann die Trennung durch Oxalsäure nicht angewendet werden 
kann, so geschah sie in der Kochhitze durch reinen essigsauren’ 
Baryt. Mit möglichst wenig Wasser wurden die kohlensauren 


598 


Alkalien von dem kohlensauren Baryt und der kohlensauren 
Magnesia getrennt, erstere dann als Chlormetalle, wie ange- 
führt, behandelt, endlich die Maguesia als schwefelsaures Salz 
bestimmt. Bei Weissglüuhhitze kann man Schwefelsäure und 
Magnesia trennen, und die auf diese Weise gefundene Menge 
der Magnesia stimmte fast genau mit der aus dem schwefel- 
sauren Salze berechneten überein, ebenso die Summe der als 
schwefelsaure Salze berechneten Akalien und der schwefel- 
sauren Magnesia nahezu mit dem vor der Trennung gefunde- 
nen Gewichte derselben. 1 

Der Basalt des Bärensteines ist von graulich-schwarzer 
Farbe, ziemlich fest und lässt eine grosse Menge kleiner Au- 
gitkrystalle erkennen, die besonders auf einer geschliffenen 
Fläche deutlich hervortreten. Das Titaneisen verräth sich durch 
seinen Glanz. Olivin ist ungemein spärlich vorhanden, dage- 
gen zeigt sich die Gegenwart des Magneteisens sehr deutlich 
durch die kräftige Einwirkung auf die Magnetnadel. Das Ge- 
stein ist in dicke Säulen abgesondert, die fast alle senkrecht 
stehen. 
Die von dem obersten Felsen genommenen Stücke zeigen 
anscheinend keine Zersetzung; ihr spec. Gew. beträgt 3,350. 
Mit concentrirter Salzsäure eingeschlossen zerfällt dieser Basalt 
ungemein leicht in einen aufschliessbaren und einen nicht auf- 
schliessbaren Theil. Schmilzt man ihn in einem Patintiegel 
über dem Gasgebläse, so erhält man nach schnellem Abküh- 
len eine schwarze, glasartige, dichte Masse von nur 3,188 spec. 
Gewicht, die sich als Pulver vollkommen durch Salzsäure auf- 
schliessen lässt. Da Augit, für sich geschmolzen, durch Salz- 
saure nicht aufschliessbarist, so wirken ohne Zweifel die Bestand- 
theile der basaltischen Grundmasse modificirend auf die Kiesel- 
säure des Augites ein. 

- 8,013 Gr. Basalt verloren beim Schmelzen 0,189 Gr. oder 
2,35 pCt., in naher Uebereinstimmung mit dem von GIRARD 
im Mittel angegebenen Verluste von 2,5 pCt. Der vorher ge- 
schmolzene Basalt vom obersten Fels gepulvert, mit Salzsäure 
eingeschlossen, ergab unter Hinzufügung des Gluhverlustes fol- 
gende Zusammensetzung, berechnet aus der Analyse 101,275 pCt.: 

SsıO° 42,641: mit O = 22,74 
110% ‚1,800 0,72 
Al? O° 17,105 7,98 


599 


FeOFe?O° 7,674 62:12 
Fe oO 2,423 0,54 
Mn’ O? 0,450 0,14 
CaO 14,577 | 4,17 
SrO 0,068 0,01 
KO 1,385 0,23 
.. NaO 3,427 0 
Gluhverlust 2,350 
101,240. 


Der Sauerstoff der Kieselsäure und Titansäure verhält sich 
zu dem der Basen = 1: 0,811. 

Derselbe Basalt, bei 100° getrocknet, lieferte durch Fluss- 
saure aufgeschlossen 


SiO?° A223 mit O6— 222 
TiO? 1,500 0,60 
Al? O?° 18,258 8,92 
FeOFe’O°: 8,525 2539 . 
FeO 2.341 0,52 
Mn? O?° 0,510 0,16 
Ca0O-+SrO 13,611 3,89 
Mgs0O 6,184 2,47 
KO ; 1,463 0,25 
NaO 3,086 0,78 
Glühverlust 2,350 

100,000. 


O von SiO° und TiO’:O der Basen = 1: 0,819. 

Diese geringen Differenzen können nicht auffallen, da bei 
einem so ungleichartigen Fossile wie der Basalt kleine Schwan- 
kungen leicht denkbar sind. | 

Dieser Basalt stimmt in seiner Zusammensetzung nahe 
mit dem von Löwz (Poggend. Annal. Bd. 38 S. 151) analysir- 
ten Basalte des Wickensteines bei Querbach in Niederschlesien 
überein. GırArp, der denselben Basalt analysirte, berechnet, 
dass er aus einem etwas kieselsäurearmen Augit, Nephelin und 
Mesolith bestehe. Der Nephelingehalt eines Basaltes bedingt 
eine Erniedrigung des Kieselsäuregehaltes und Erhöhung der 
Sauerstoffmenge der Basen, indess ist man darauf hin wohl 
nicht berechtigt einen Nephelingehalt anzunehmen, auch selbst 
dann nicht, wenn der Basalt durch Behandlung mit Salzsäure 


600 


leicht zerlegt wird und die Alkalien vorzugsweise ausgezogen 
werden. 

Bei einem Versuch, durch concentrirte Salzsäure, mit wel- 
cher erbsengrosse Stücke des Basaltes acht Tage lang in einem 
zugeschmolzenen Rohre unter Mitwirkung von Wärme in Be- 
ruhrung blieben, den gelatinirenden Theil von dem nicht gela- 
tinirenden zu trennen, um so die Zusammensetzung der basal- 
tischen Grundmasse zu erfahren, wurden 68,62 pCt. aufgeschlos- 
sen, und diese enthielten 


SiO? 39,179 mit O = 20,90 
TiO? 2,012 0,80 
AO ISOSA 7,49 
FeOF?’O° 15,021 4,14 
Mn? O° 0,556 0,17 
CaO 442435 3,46 
MsO 5,584 2,15 
KO 2,100 0,36 
NaO 5:121 1,352 
Glühverlust*) 3,424 

100,953. 


-O von SiO? und TiO’:O der Basen =1: 0,880. 

Da dieser Basalt metallisches Eisen und etwas Titaneisen 
enthält, so müssen diese erst abgezogen werden, ‘ehe man uber 
das Vorhandensein des einen oder andern Minerals entscheidet. 
Dieses Verfahren ist bei vorliegendem Basalte deshalb nicht 
so sehr tadelnswerth, weil er nur äusserst geringe Mengen Oli- 
vin enthält. Nach Abzug des Titaneisens, Eisenoxydoxydules 
und Mangans ist die Zusammensetzung. 


SıO?° 47,560 29537 

Al? O? 19,460 9:10 

CaO 14,719 4,21 

MgO 6,535 2,61 

KO 2,549 0,43( 9°? 
Nao 6,216 1,60 
Glühverlust 4,156 

101,195. 


O von SiO? zu O der Basen = 1: 0.708. 
Da das letzte Resultat der Zersetzung Thon ist, und von 


*) Berechnet aus dem Glühverlust des ganzen Basaltes. 


601 


diesem Thone zum Basalte ein allmäliger Uebergang stattfindet, 
so kann man sich auch schon beim Beginne der Zersetzung 
das Zusammentreten der Elemente des Thones, zunächst 
in dem durch Salzsäure ausziehbaren Theile des Basaltes, vor- 
stellen. Von dieser Annahme ausgehend und den Thongehalt 
nach dem Wassergehalte berechnend, würde der durch Salzsäure 
ausziehbare Theil aus „ Thon und 2 unzersetzter Grundmasse 
bestehen, welche man sich aus einem Thonerde-Silicate, ver- 
bunden mit einem Silicate von Kalkerde, Kali und Natron zu- 
sammengesetzt denken könnte, endlich aus Olivin, metallischem 
Eisen und Titaneisen. 

' Wollte man nach dem Gesagten für jenen von der Zer- 
setzung noch nicht ergriffenen Theil eine Formel aufstellen, 
so wäre diese annähernd: 3RO2SiO°?--Al?O°SiO°. Dieser 
Formel entspricht jedoch kein Mineral, was jedenfalls seinen 
Grund darin hat, dass das Fossil selbst in fortwährender Zer- 
setzung begriffen ist. 

Als derselbe Basalt auf dieselbe Weise mit Salzsaure be- 
handelt, aber schon nach 48 Stunden untersucht wurde, waren 
58,48 pCt. aufgeschlossen, welche enthielten: 


SiO?° 33,020 mit O = 17,61 
TiO? 0,624 0,25 
Al? O*® 18,952 8,85 
FeOFe’O? 16,691 4,60 
Mn? O?° 0,952 0,29 
CaoO 11,294 3.23 
MeO . 5,853 2484 
KO 2,886 0,49 
NaO 5,385 1,39 
Glühverlust 4,035 

99,692. 


O von SiO? und TiO° zu O der Basen = 1:1,181. 

Die Grundmasse dieses Basaltes wird also sehr leicht 
durch Säuren aufgeschlossen, ganz besonders lassen sich da- 
durch die Alkalien vollständig ausziehen. 

Der Ruckstand des ersten Aufschliessens, in welchem un- 
ter dem Mikroskop zahlreiche Bruchstücke einer ungefärbten 
Substanz erkennbar waren gemengt mit dunkelgrünen, oft 
_ deutlich krystallisirten Augiten, ergab mit Flusssaure aufge- 
schlossen: 


‚602 


SiO’ 48,043 mit O = 25,62 


TiO®! 0,712 0,28 

Al? 0°.13,079 6,11 

FeO 3,777 0,84 

CaO 20,705 - 5,92 

MgO 13,471 5,38 

Mn? 0° 0,213 0,06 
100,000 


0 von SiO? und TiO?:O der Basen = 1: 0,707. 
Wahrscheinlich rührt die geringe Zersetzung mancher Ge- 
steine daher, dass das eindringende, Kohlensäure und Luft 
enthaltende Wasser stagniren kann. Begünstigen die Lage- 
rungsverhältnisse ein oft erneuertes Nachdringen solchen Was- 
‘ sers in das dauernd feuchte Gestein, so wird bald eine Reak- 
tion eintreten, eingeleitet entweder durch die Kohlensäure, 
welche sich mit dem Kalke und den Alkalien zu verbinden strebt, 
oder durch den Sauerstoff, der das Eisen- und Manganoxydul 
in höhere Oxydationsstufen verwandelt, oder durch beide Pro- 
cesse zugleich. | 
Am Bärenstein sind die Lagerungsverhältnisse einem Nach- 
dringen des Wassers in das Gestein sehr günstig, da der Basalt so 
stark zerklüftet ist. FREIESLEBEN (Magazin, Heft 4 S. 10) sagt 
darüber: „Der hiesige Thon geht einerseits in Wacke und an- 
dererseits in sandigen Thon und Sand über; denn zunächst un- 
ter dem Basalte und der Wacke liegt eine Schicht gelblichen, 
ockergelben Thones von +Elle Mächtigkeit, dann kommt eine 
Schicht röthlichen Thones von 1 Elle Stärke und unter diesem 
eine 3 Ellen mächtige Schicht feinen, ziegelrothen, thonigen 
Sandes und dann Sandschichten mit Quarzbruchstucken.“ Indem 
nun das Tagewasser durch den zerklüfteten Basalt bis auf die 
Thonschicht sickert, wirkt es von unten nach oben zer- 
setzend auf den Basalt ein, und man kann oft noch deutlich 
wahrnehmen, dass sich die Absonderungsklufte in die basal- 
tische Thonmasse fortsetzen, worauf schon WERNER (Bergm. 
Journ. 1788, Band II S. 845), allerdings in anderem Sinne, auf- 
merksam machte. : Um zu zeigen, welche Bestandtheile vor- 
zugsweise die Zersetzung hier einleiten, folgt eine Analyse des 
Basaltes, welcher einen Fuss über dem vollständig in Thon 
umgewandelten Basalte liegt. Dem Aeussern nach ist er we- 
nig verschieden von dem vorhergehenden, und kaum lässt sich. 


603 


eine hellere Färbung der Grundmasse erkennen. Er ist noch 
hart genug, 'um sich schleifen zu lassen. Die Augite sind ganz 
schwarz. Salzsäure greift ihn bedeutend leichter an, schliesst 
ihn aber nicht vollkommen auf. Er wurde deshalb geschmol- 
zen, die geschmolzene Masse war schwarz und porös, der Ge- 
wichtsverlust betrug 5,850 pCt. Salzsäure zersetzte die erbsen- 
grossen Stückchen ganz vollkommen. Die Analyse auf wasser- 
haltige Substanz berechnet ergab: 


Si0?° 39,324 20,97 
703 1,520 0,61 
5 Al? O?° 19,756 9,22 
FeOFe’0O° 8,363 2,31 
Fe Oo 1,520 0,34 
Mn’ O?° 0,669 0,20 
CaO 10,583 8,02 
MgO 1,055 2,82 
KO 1,034 0,18 
NaO 1,855 0,48 
Wasser 5,850 
IN HR 


O von SiO* und TiO? :O der Basen = 1: 0,861. 

Man sieht, dass sich vorzugsweise die Alkalien und be- 
sonders das Natron, dann aber auch die Kieselsäure und die 
Kalkerde verringert haben. Wenn die Grundmasse des Basal- 
tes in der Zersetzung sehr vorgeschritten ist, werden endlich 
auch die Augite davon ergriffen, und, so klein sie sind, man 
kann auf frischen Bruchflächen des halbzersetzten Basaltes 
deutlich erkennen, wie ihr äusserer Rand heller wird, während 
in der Mitte noch ein schwarzer Kern liegt. Nähert sich der 
Zersetzungsgrad schon mehr dem Thone, so nehmen die Augite 
eine gelblich grune Farbe an, werden weich, ihr Glanz wird 
wachsartig, und so fortschreitend erkennt man in dem vollstän- 
dig zu Thon umgewandelten Basalte die Augite nur noch an 
der Form der Räume, die sie vorher einnahmen. Diese sind 
jetzt nämlich erfüllt durch eine ganz weisse, fast zellige, lockere 
Masse. Wegen der Kleinheit der Augitkrystalle war es nicht 
möglich, eine Analyse der zersetzten Augite anzustellen. 

Der Thon, von Werner Wacke genannt, ist von grau- 
grünlicher Farbe; die vielen weissen Punkte geben ihm ein 
. eigenthümliches Ansehen. Seine Festigkeit ist gering, indess 


604 


kann man ihn nicht leicht zwischen den Fingern zerreiben, 
wahrscheinlich weil durch den Druck des überlagernden Basal- 
_ tes die Cohäsion der einzelnen Theile vergrössert ist. Der 
stark an der Zunge haftende Thon verbreitet, mit Wasser an- 
gerieben, den eigenthümlichen Thongeruch, ist ziemlich plastisch 
und erhält sich in grösserer Menge Wasser vertheilt lange 
schwebend; mit Salzsäure übergossen entwickelt sich etwas 
Kohlensäure. Beim Erhitzen bis zur dunkeln Rothgluth geht 
die graugrüne Farbe in Braunroth über, und die Masse wird 
fester. Ueber dem Gasgebläse einer kräftigen Weissgluth an- 
haltend ausgesetzt schmitzt er und- verliert dabei 9,646 pCt. 
Der geglühte Thon lässt sich nicht vollkommen durch Schwe- 
felsaäure aufschliessen, und der geschmolzene wurde durch con- 
centrirte Salzsäure selbst nach vielen Wochen kaum merklich 
angegriffen. Der bei 100° getrocknete und mit Schwefelsäure 
aufgeschlossene Thon ergab: 


Si O° 40,352 
TiO? 1.461 
AI. 32.515 
FeOFe’0° 9,170 
Mn? O? 0,034 
CaoO 3,127 
MgO 1,277 
KO 0,365 
NaO 1,311 
Gluhverlust 9,646 

99,858 


Zieht man das Titaneisen und Eisenoxydoxydul ab, be- 
rutksichtigt die geringen Mengen der übrigen Basen als theil-- 
weise mit Kohlensäure verbunden nicht weiter und rechnet 3,442 
pCt. Kieselsäure ab, die sich durch verdünntes kaustisches 
Natron ausziehen lässt, also nicht zu der Verbindung gehört, 
so erhält man 


SiO® 46,68 mit O = 24,90 = 2,30 


Al? O° 41,12 19,20 1447 
Wasser 12,20 10,84 1 
100,00 


Der Sauerstoff der Thonerde, der Kieselsäure und des 
Wassers verhält sich also wie 3:3, 9: 1,7, woraus man wohl 
die Formel 3Al? O°4SiO°-H6HO berechnen darf. Nahe 


605 


Uebereinstimmung zeigt die des Vergleichs wegen angestellte 
Analyse des bei Godesberg vorkommenden Thones, welche 


ergab: 

3.0? sA5temit 0 2483 = 

Al?O° 37,507 17,50 3 

Fe oO 2,031 

MsO 0,541 

Alkali 0,844 

Wasser 12,254 10,89 49 
99,724 


Bei der Zersetzung des Basaltes entsteht demnach durch 
allmälige Ausscheidung der Alkalien, der Magnesia, Kalkerde 
und eines Theiles der Kieselsäure eine relative Anhäufung der 
Thonerde, und als Endproduct der Zersetzung bleibt ein was- 
serhaltiges Thonerdesilicat übrig,’ nahe von der atomistischen 

- Zusammensetzung anderer Thone, wenn überhaupt für diese 
Massen eine Formel aufgestellt werden darf. | 

Schon Srruve leitet die im böhmischen Mittelgebirge vor- 
kommenden Mergel-Ablagerungen, so wie manche andere ter- 
tiäre Gebilde, zum grossen Theile von verwitterten Basalten 
her. Lehmablagerungen finden sich in jedem Thale des Mittel- 
gebirges, wo sie den Fuss der Basaltberge bedecken und sich 
zuweilen hoch an den Gehängen hinaufziehen. Sowohl dieser 
Thon als der am Scheibenberge und Bärenstein werden zu 
Ziegeln und gröberen Töpferarbeiten benutzt. Dass man nach 
Reuss (Teplitz und Bilin S. 271) den Thon vor der Verwen- 
dung mit Sand mengt, ist charakteristisch für seine Abstam- 
mung; man will durch diesen Zusatz die Schmelzbarkeit des 
Basaltthones vermindern. 


606 | 


4, Veber den Ausbruch des Aetna vom 31. Januar 1565. 


Aus einem Brief von Fovgu& an CH. SAaınTE-CLAIRE-DEVILLE. 


Mitgetheilt von Herrn C. Ramnsrspere in Berlin. 


- Dieser neueste Ausbruch des Aetna begann am 30. Januar 
um 10 Uhr 30 Minuten Abends, nachdem Tages zuvor zwei 
Erdstösse, der eine Mittags, der andere um 4 Uhr 30 Minuten 
- Nachmittags stattgefunden hatten. Im Augenblick der Erup- 
tion folgte ihnen ein Stoss von grösster Heftigkeit, aus vertika- 
len und horizontalen Schwingungen zusammengesetzt und von 
S. W. nach N. O. gerichtet. Aber er war nur an der N. O.- 
Seite des Berges fühlbar, und in Lavina bei Piedimonte flüch- 
teten die Bewohner ins Freie, während er in Catania nicht beach- 
tet wurde. | 

Unmittelbar nachher stiegen Feuergarben an der N. O.-Seite 
des Aetna auf, und zwar an einem Punkte, der etwa 1700 Meter 
über dem Meere und 500 Meter über dem Fuss des Monte 
. Frumento, eines alten Eruptionskegels, liegt, der selbst am Fuss 
des Aetna einst aufgebrochen ist. Der lange Zeitraum von 
13 Jahren .seit dem letzten bedeutenden Ausbruch, das Erschei- 
nen von Lava in dem Gipfelkrater des Berges seit der kleinen 
Eruption von 1863 und die verhältnissmässig tiefe Lage der 
neuen Ausbruchsstellen liessen eine grosse Intensität der vul- 
kanischen Erscheinungen für diesmal voraussehen. Und so war _ 
es, Kaum hatte der Boden sich geöffnet, als die Lava in 
einem raschen Strom hervorbrach, so dass sie in 2 bis 3 Ta- 
gen 6 Kilometer weit geflossen war, bei einer Breite von 3 
bis 4 und einer Dicke, die zwar wechselnd, doch 10 bis 
20 Meter erreichte. Das Terrain hat hier im Mittel eine Nei- 
gung von 4 bis 5 Grad; seine Vegetation wurde fast ganz 
vernichtet; dann stiess der Strom gegen den M. Stornello, einen 
alten Eruptionskegel, und theilte sich in zwei Arme, deren einer, 
westwärts von jenem, äusserst langsam sich weiter bewegte, 
während der andere an der Ostseite des Kegels sich in das 
enge und tiefe Valle della Colla Vecchio stürzte, welches zwi- 
schen dem Stornello und der Kette der Serra Buffa liegt. 
Der Sturz hatte eine Höhe von 50 Metern, und die grossen 
Blöcke erstarrter Lava, welche, von der flüssigen getragen, 


607 


mit hinabstürzten, verursachten einen gewaltigen Lärm. Nach- 
dem die Lava dies ganze Thal erfüllt hatte, schritt sie noch 
3 Kilometer fort und stand endlich am 6. Februar an einem 
alten Strom still, la Sciarra della Scorcia Vacca genannt, 
800 Meter ü. d. M. | 

Der westliche Arm dagegen fuhr in der Bewegung fort, 
theilte sich aber bald in zwei schmale Zweige, die zwischen 
dem M. Stornello und dem M. Crisimo liegen, und zwar in 
einer Meereshöhe von 1321 Meter. Der dem Stornello nächst- 
liegende, als der Strom von Antonio bezeichnete Arm floss 
bis zum 21. Februar und stand dann in 1039 Meter Höhe still. 
Der andere, dem Orisimo nähere bewegte sich bis zum 25. in 
1186 Meter Höhe. Obwohl die Hauptmasse beider erstarrt 
war, traten aber doch noch täglich kleine seitliche Ergüsse aus 
dem Innern hervor. % 

Am 6. März erschien westlich von den Krateren ein neuer 
Strom, der bis zum Abgange des Briefes (10. März) schnell 
herabfloss. 

Der Kratere oder Ausbruchsstellen zählte man sieben; 
fünf derselben bilden den Umkreis einer Ellipse, deren grösster 
Durchmesser eine Linie O. 26 Grad N. ist, deren gerade Ver- 
längerung den Gipfelkrater des Aetna trifft. Es sind 5 Schlacken- 
kegel, an deren Fuss die Lava ausfloss, und die beiden gröss- 
ten und höchsten liegen an den beiden Endpunkten jener Li- 
nie; sie sind 50 bis 60 Meter hoch, und in ihrer Nähe ist der 
Boden überall geborsten und zerrissen. An der Westseite, wo 
der durch die Reihe der Kegel gebildete Wall geöffnet ist, 
sind die Ströme ausgeflossen, so dass der ganze innere Raum, 
400 Meter lang, 100 breit, einen gemeinsamen Kessel darstellt. 
In der Richtung des grössten Durchmessers ist auf 500 Meter 
Länge bis zum M. Frumento eine Spalte entstanden, mehr als 
10 Meter breit und meist sehr tief; sie fand sich mit erstarr- 
ten Lavablöcken zum Theil erfüllt, die im flüssigen Zustande 
sehr schnell und heiss vom Frumento herabgekommen sein 
müssen; denn die grossen Pinien sind in einer Entfernung von 
20 Metern auf beiden Seiten ganz verkohlt. Auf ihrer Verlän- 
gerung müssen die Eruptionskegel sich erhoben haben. 

CH. S. Cr. DeviLLe hat bekanntlich in früheren Untersu- 
chungen die vulkanischen Fumarolen in 4 Klassen gebracht: 

1) Trockne, Chlornatriumdämpfe enthaltend, bezeichnen 

Zeits. d. d. geol. Ges. XVII... 40 


-_ x . x 


das Maximum der vulkanischen Intensität. Sie treten aus glü- 
hender Lava hervor. ib | 

2) Saure, welche schweflige Scuet Chlorwasserstoft, en 
chlorid und viel Wasserdampf enthalten. 

3) Alkalische, Salmiak und kohlensaures Ammoniak füh- 
rend. 

4) Fumarolen mit Schwefelwasserstoff, Kohlensäure, ht 
Grubengas. Sie entsprechen dem Minimum vulkanischer Thä- 
tigkeit. 

Fovgus fand nach dem erwähnten Ausbruche dort alle vier 
Fumarolenarten; die sauren traten bei einer Temperatur über 
400 Grad, die alkalischen zwischen dieser und 100 Grad her- 
vor. Ja, er konnte die drei ersten Arten an dem nämlichen 
Strome in seinem Verlaufe verfolgen, in Entfernungen von we- 
nigstens 50 Meter von einander. Die Untersuchung lehrte, 
dass die begleitende atmosphärische Luft höchstens nur 18 bis 
19 pCt. Sauerstoff enthält. Schwefel und Schwefelverbindun- 
gen fehlten gänzlich, während Chloride von Natrium, Kupfer, 
Eisen, Ammonium reichlich vorhanden waren. *) | 

Fovgus& bespricht bei dieser Gelegenheit die vielfach dis- 
eutirte Bildungsweise des Salmiaks. Nach Devirıe fände sich 
dieses Salz blos in den alkalischen Fumarolen. Es kommt 
jedoch auch in den sauren, selbst in den trocknen vor. 

Zur Zeit seines dortigen Aufenthalts (bis 10. März) hatte 
sich die „ulkanische Thätigkeit in dem erwähnten Gebiete mehr 
nach unten gezogen, indem die drei dem Frumento näheren Kegel 
minder thätig waren als die vier tiefer liegenden. Letztere war- 
fen flüssige glühende Lava aus und entwickelten farblose Dämpfe, 
Jene schleuderten feste Massen und stiessen dicke, braungefärbte 
Wasserdampfwolken aus. Die unteren hatten in einer Minute 
2 bis 3 starke Detonationen, die oberen fortwährende, gleich 
dem beständigen Schlägen ‘eines Hammers auf einen Amboss. 

Die Lava ist schwarz, reich an Augit, stark magnetisch. 

Seit dem Beginne des Ausbruchs hatte der Centralkrater 
des Aetna stets dieke weisse Dämpfe entwickelt. 


*) Devıcıe bemerkt, dass er die dritte Klasse von Fumarolen nicht 
alkalische genannt habe, und dass sie auch Chlorwasserstoffsäure führen 
könne, weil dieselbe aus der Einwirkung von Wasserdämpfen und Chlor- 
natrium auf glühende Gesteine sich bilde. 


_— 


609 


x 


5. Die hohlen Kalkstein - Geschiebe im Rothliegenden 


nördlich von Kreuznach an der Nahe, 
Von Herrn H. Laspeyres ın Berlin. 


Wenn Herr v. Haıınger im Eingange seines bekannten 
Vortrages: „Die hohlen Geschiebe aus dem Leithagebirge* in 
der Sitzung der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften am 
17. Juli 1856 (Sitzungsberichte XXI.) sagt, dass gar manche 
höchst merkwürdigen Thatsachen übersehen und bezweifelt wer- 
den, weil man sie nicht zuerst, so lange sie noch den Reiz 
der Neuheit besassen, für sich in abgesonderten Mittheilungen 
behandelte, so hat er sehr Recht gerade in Bezug auf den Ge- 
genstand, welchen er durch den genannten Vortrag in der 
wissenschaftlichen Literatur mehr zur Würdigung zu bringen 
beabsichtigt. 

Denn nicht nur hatte Herr v. Haımineer die hohlen Ge- 
schiebe aus dem Leithagebirge schon im Jahre 1843 und sein 
Freund Czyzek im Jahre 1852 in der Literatur erwähnt, son- 
dern ganz ähnliche Hohlgeschiebe aus dem Rothliegenden um 
Kreuznach hatte auch schon Herr Burkart im Jahre 1826 in 
seiner Arbeit „Geognostische Skizze der Gebirgsbildungen des 
Kreises Kreuznach _und einiger angrenzenden Gegenden der 
ehemaligen Pfalz“ (das Gebirge in Rheinland-Westphalen von 
J. NösgErAtH Bd. IV. S. 142 ff.) beschrieben. ! 

Herr Burkart sagt (l. c. S. 157): „bei Winterburg ent- 
hält dies Conglomerat hohle concentrisch-schalige Kugeln von 
mehreren Zoll bis zu einem Fuss Durchmesser; die äussere 
Rinde derselben besteht gewöhnlich aus einem gelblichbraunen 
Eisenocker, auf welchem eine Rinde von dem Spatheisenstein 
schon nahekommendem Braunspath folgt, der nach innen aus- 
krystallisirt ist; auf die Krystalle des letzteren finden sich 
häufig noch Krystalle von Arragon aufgewachsen. Oft ist die 
aus Eisenocker bestehende Schale nach aussen hin noch ein- 
mal von Braunspath und dieser wieder von Kalkspath umge- 
ben. — Auch bei Heddesheim und Laubenheim zeigen sich 


40* 


2 


5 | 610 | 


ähnliche Kugeln in diesem Conglomerate; hier besteht indessen 
die äussere Rinde in einem grauen thonigen Sande, der an 
letzterem Orte nur mit Letten, an ersterem Orte aber. mit 
krystallisirtem Braunspath. überzogen ist. Auf letzterem sitzt 
in den Kugeln von Heddesheim Schwerspath in grossen: Kıy- 
stallen und Arragonit in nierenförmiger und traubiger Gestalt.“ 

So weit Herr Burkart! 

Bei meinen geognostischen Untersuchungen der Ablage- 


' rungen des Rothliegenden mit den eingelagerten Eruptivgestei- 
nen in der ehemaligen Pfalz zwischen dem Rheine und der - 


Saar sudlich am Hunsrück konnten mir diese Schichten des 


Rothliegenden mit den merkwürdigen, in allen Stadien der 


Aushöhlung befindlichen, hohlen Kalksteingeschieben nieht ent- 
gehen. Die folgenden Zeilen sollen diese Geschiebe, soweit 
sie mir bekannt geworden sind, beschreiben, ferner, da sie in 
vielen Punkten mit den Hohlgeschieben aus dem Leithakalke 
grosse Analogien bieten, in vielen andern Punkten aber durch 
ihr Abweichen von diesen ein Licht auf die Entstehung, der- 
artiger Gebilde zu werfen versprechen, mit -den eigentlichen 


'Lauretta-Geschieben aus dem Leithakalke vergleichen und 


genetisch besprechen. 

Südlich vom Hunsrück lagert sich auf und an dessen steil 
aufgerichtete devonische Thonschiefer und Grauwackenschich- 
ten mit den dazwischen liegenden Quarzit-, Gneiss- und Granit- 
zugen der Nordflügel einer grossen Mulde des Unter- und 
Oberrothliegenden, zuerst mit steilerem, weiter entfernt mit 


flacherem Einfallen nach Mittag. Der Südflügel dieser Mulde, 


die sich nach SW. noch weit uber Oberstein, nach NO. bis an 


‚die Nahe bei Sarmsheim verfolgen lässt, wird in der Umge- 


gend von Kreuznach meist durch tertiäre, diluviale und allu- 
viale Ablagerungen bedeckt. Die Muldenlinie zieht sich etwas 
nördlich der Orte Nusbaum, Bockenau, Sponheim, Roxheim, 
Winzenheim, Langenlonsheim entlang. . 

Die untere Abtheilung des Rothliegenden, auf der geo- 
gnostischen Karte von Rheinland und Westphalen des Herrn 
v. DecHEn noch als obere flötzarme Schichten des Steinkohlen- 
gebirges bezeichnet, tritt am südlichen Fusse des Hunsrücks be- 
sonders in der Gegend von Kreuznach zwischen dem Devon des 
Hunsrücks und der oberen Abtheilung des Rothliegenden nur 
als eine schmale Zone, welche nach O. immer schwächer wird, 


Bin 


611 


zu Tage, während das Unterrothliegende in den übrigen Thei- 
len der ehemaligen Pfalz sehr ausgedehnte Flächenräume ein- 
nimmt. Dieses Unterrothliegende besteht wie in der ganzen 
Pfalz, so auch in dem genannten Muldenflügel abwechselnd aus 
Schichten von mehr oder weniger eisenschüssigem Schieferthon 
und Lagen eines bald groben, bald feinkörnigen Sandsteines, 
der oft in Conglomerate übergeht, und den WARMHOLZ sehr 
treffend Feldspathsandstein genannt hat. Derselbe besteht näm- 
lich zum grössten Theile aus wohl verbundenen Körnern und ° 
Stückchen eines röthlichen oder gelben Orthoklases neben sol- 
chen von meist farblosem Quarze und Blättchen der beiden 
Glimmervarietäten. Während dieser Sandstein, sowie das 
Bindemittel der Oonglomerate des Unterrothliegenden petro- 
graphisch auf Wasserströmungen von Süden, d.h. von den Granit- 
und Gneissmassen des jetzigen Schwarzwaldes und der heuti- 
gen Vogesen zur Zeit ihres Absatzes deuten, kann man die, 
Geschiebe in diesen Ablagerungen mit wenigen Ausnahmen 
petrographisch nur auf die im Hunsrück noch jetzt anstehen- 
‚den Devongesteine (Grauwacke, Quarzit, Quarz) beziehen. Das 
gilt ganz besonders für die hier zur Sprache kommenden Con- 
glomerate nordwestlich, nördlich und nordöstlich von Kreuznach, 
worauf ich gleich näher eingehen werde. 

Das vollkommen concordant darüber gelagerte Oberroth- 
liegende contrastirt gegen das Unterrothliegende petrographisch 
(Versteinerungen fehlen im ersteren gänzlich mit Ausnahme von 
einem nicht mehr sichtbaren Fundpunkte ; sehr, nicht nur durch 
das fast ausschliessliche Vorwalten der Conglomeratbildungen 
sondern auch durch die meist dunkelbraunrothe Farbe der 
Schichten. Das färbende Princip des Unterrothliegenden ist 
in der Regel Eisenoxydhydrat oder kieselsaures Eisenoxydul, 
im Oberrothliegenden Eisenoxyd. 

Im Oberrothliegenden der ganzen Pfalz und ganz beson- 
ders deutlich gerade in der Umgegend von Kreuznach kann man 
3 Etagen abgrenzen, wenn sie auch unter sich durch Zwischen- 
glieder verbunden sind. | 

Die erste oder tiefste Etage bilden plumpe, schwere, oft 
noch sehr breccienartige Conglomerate mit schlecht gerundeten 
Geschieben aus Gesteinen, die der unmittelbaren Nachbarschaft 
entnommen worden sind. In der Nähe der Porphyre sind sie 
Porphyrconglomerate, in der Gegend von Melaphyren Melaphyr- 


612 R 


conglomerate, in der Umgegend vom Devon des Hunsrücks 
Kiesel- und Quarzitconglomerate. Letztere herrschen nördlich und 
nordwestlich von Kreuznach fast ausschliesslich; sie enthalten 
selten Porphyr- und Melaphyrgeschiebe, weil diese Gesteine zur 
Zeit der Conglomeratbildung in der dortigen Nähe nicht entstanden 
oder doch nur in entgegengesetzter Richtung von der Geschiebe- 
ströomung aus dem nördlich vorliegenden Devon-Gebirge (es 
sei mir für dasselbe der Name „permischer Hunsrück“ er- 
laubt) sich befanden. Das thonig-sandige oder fein conglo- 
meratische Bindemittel, aus demselben Materiale wie die Ge- 
schiebe gebildet, tritt sehr gegen die Menge der letzteren zurück. 

Die zweite Etage besteht aus feineren und gröberen, wohl- 
geschichteten, mit sandig-thonigem Bindemittel reichlich ver- 
sorgten Conglomeraten mit meist flachen, aber wohlabgerunde- 
ten oder geschliffenen Geschieben des Hunsruck-Devons (Quarz, 
Quarzit, Grauwacke, Thonschiefer, Gneiss, Kalkstein u. s. w.), 
die nur äusserlich die Farbe des Bindemittels angenommen 
haben. Porphyr- und Melaphyrgeschiebe sind darin meist sel- 
ten, weil diese Gesteine zur Bildungszeit der zweiten Etage 
schon meist von den Schichten der ersten bedeckt waren; doch 
sind sie fast überall nachzuweisen, allerdings mehr im Teige 
als unter den Geschieben, weil sie leichter verwittern und zer- 
fallen als die Devon-Gesteine, und weil sie einen weiteren 
Transport auszuhalten hatten bis zur Ablagerungsstelle. 

Wie diese Conglomerate in das Liegende immer gröber 
werden, gestalten sie sich in’s Hangende manierlicher und wer- 
. den reicher an Bindemittel, das schon für sich Schichten gro- 
ben Sandsteins und sogar von Schieferthon zwischen den Con- 
glomeratbäanken zu bilden versucht, um so den Uebergang in 

die dritte Etage anzubahnen. Hier bilden feinere und grö- 
bere, meist dunkelbraunrothe, thonige Sandsteine mit Thongallen 
regelmässige oft in sich transversal oder federartig geschichtete 
Bänke, die bei Kreuznach an der Nahe an bunten Sandstein, 
für den sie Herr BuRrKART noch gehalten hat, in vielen Bezie- 
hungen erinnern. Diese Sandsteine werden nach dem Han- 
genden zu immer feiner und thoniger und wechseln mit rothen 
Schieferthonlagen; nach dem Liegenden gehen sie durch Auf- 
nahme kleiner, einzelner, wohlgerundeter Geschiebe in die 
Conglomerate der mittleren Etage über. Zu der dritten Etage 
gehören die Ablagerungen in der Muldung des Oberrothliegen- 


615 


den, etwa die Ablagerungen von Rüddesheim, Hargesheim, 
Kreuznach, Winzenheim, Bretzenheim, Langenlonsheim und 
z. Th. von Heddesheim und Laubenheim. In’die mittlere Etage 
stelle ich die Conglomerate von der Trollmüuhle südlich von Sarms- 
heim, von Dohrsheim, Laubenheim, Heddesheim (z. Th.), Wald- 
hilbersheim, im südlichen Theile des Kreuznacher Stadtwaldes 
u. s. w. Das Oberrothliegende etwas nördlich von dieser Linie 
bis zur Grenze mit dem Unterrothliegenden ist in die erste Etage 
zu verweisen, die sich im Winterbachthale (weiter abwärts 
Fischbachthal genannt) zwischen Winterburg und Bockenau 
sehr schön, theilweise schon als Melaphyr-Breecien und Con- 
glomerate, entwickelt findet. 

In dem Gebiete, des Rothliegenden, dem sich diese Mit- 
theilung speeiell zuwendet, d. h. in dem bei der Stadt Kreuz- 
nach sehr stumpfwinkeligen Dreiecke, das durch den Hunsrück, 
durch den von dort nach O. eilenden und bei Kreuznach in 
die Nahe mündenden Fischbach und durch die Nahe von Kreuz- 
nach bis zu ihrer Mündung in den Rhein bei Bingerbrück 
gebildet wird, in diesem Gebiete, sage ich, sind nicht nur, wie 
sonst überall, die Geschiebe des Unterrothliegenden, sondern 
auch die des Oberrothliegenden mit ganz vereinzelten Ausnah- 
men devonischen Ursprunges vom Hunsrück. Wer die mannig- 
fachen Gesteine des nördlich vorliegenden Devongebirges kennt, 
wird in fast allen Geschieben alte Bekannte wiedererkennen. 
Dass die Geschiebe nicht aus anderen, noch jetzt zu Tage be- 
kannteı? oder durch jüngere Gebirgsglieder bedeckten, devoni- 
schen Ablagerungen, etwa des Taunus, sondern vom alten 
Hunsrück durch meist südöstliche Strömungen herangeflösst 
sind, dafür findet man in dem Gebiete, das dieser Mittheilung 
zu Grunde liegt, einen schlagenden Beweis. 

Während in- dem viele Quadratmeilen der ehemaligen Pfalz 
bedeckenden Rothliegenden, sowohl an dessen oberer als un- 
terer Abtheilung, die Geschiebe der Conglomerate ausschliess- 
lich aus Kieselmassen und Silikaten bestehen, welche den gan- 
- zen Hunsrück mit dem Soon-, Hoch- und Idar-Walde zusam- 
mensetzen, führen die nordöstlichsten Ablagerungen dieses Roth- 
liegenden, besonders die nördlich und nordwestlich von Kreuznach, 
in beiden Abtheilungen zahlreiche, ja manchmal fast ausschliess- 
lich prädominirende Geschiebe eines fein- bis grobkrystallini- 
schen, graulich-, bläulich- und röthlichweissen, dolomitischen 


u 


Kalksteins. Dieser gleicht dem einzigen im Hunsrück bei 
Stromberg nordwestlich von Kreuznach und bei Bingerbrück 
befindlichen , Swariechemn dolomitischen Kalksteine wie ein 
Ei dem andern. 

Diese dolomitischen Kalksteingeschiebe sind mir nur ei 
kannt geworden am Südfusse des Hunsrücks von Auen oder 
Monzingen bis an die Nahe, eine halbe Meile südlich von Bingen, 
welchen Fluss -das Rothliegende zu Tage anstehend nicht über- 
schreitet. Südöstlich von dieser Linie lassen sich die Kalkstein- 
geschiebe im Rothliegenden etwa bis in das untere Alsenz-Thal, 
das bei Münster a./St. in die Nahe sich öffnet, verfolgen; doch 
sind sie ausserhalb des in früheren Zeilen abgesteckten Drei- 
ecks (Auen, Sarmsheim, Kreuznach) ebenso selten als inner- 
halb desselben häufig. Bei diesem kurz skizzirten Verbrei- 
tungsgebiete der dolomitischen Kalksteingeschiebe im Rothlie-- 
genden und bei der petrographischen Identität des Geschiebe- . 
dolomites mit dem des Stromberger Lagers kann wohl kein 
Zweifel mehr obwalten, dass nicht nur diese Geschiebe aus 
‘Nordwesten, vom Hunsrück stammen, sondern dass auch alle 
andern Geschiebe devonischen Materials in beiden Abtheilungen 
des Rothliegenden der Pfalz durch Strömungen, die nach S. und 
SO. vom Hunsrück gerichtet waren, zur Zeit der Dyas dieser 
Formation zur Bildung zugeführt worden sind.. In dem Unter- 
rothliegenden erfolgte diese Zuführung vermuthlich durch 
Meeres- oder Seeströmungen; denn die Geschiebe sind kugelig 
und von grösster äusserer Vollkommenheit. Im Obefrothlie- 
genden waren es hauptsächlich wohl Bach- und Flussströmun- 
gen; denn hier sind die Geschiebe meist glatt und flach, aber 
sonst wohl gerundet und geschliffen, und zwar um so mehr, 
je weiter sie vom jetzigen Hunsrück entfernt liegen. 

‚Obgleich, wie gesagt, in beiden Conglomeratbildungen um 
Kreuznach dolomitische Kalksteingeschiebe so häufige Erschei- 
nungen sind, habe ich nur folgende 4 Punkte in Erfahrung 
gebracht oder gesehen, an welchen sich diese Geschiebe ge- 
höhlt befinden. 

]l) Im Winterbach - Thale gleich Enierbull des Dorfes 
Winterburg besteht das Unterrothliegende aus einem ausnahms- 
weise rothen, bindemittelreichen Conglomerate mit sehr vielen 
Geschieben dolomitischen Devon-Kalksteins bis zu Kopfgrösse, 
von denen einzelne, wie Herr BurkaArr beschreibt, im Innern 


615 


"hohl und mit Braunspath bewandet sind, auf dem sich ausser 


Krystallen von Arragonit nach Angabe ‘des Herrn ©. Lossen 
in Kreuznach Kügelchen von Asphalt befinden. Wegen der 
abnormen rothen Farbe könnte man diese Conglomerate leicht 
für Oberrothliegendes ansehen, allein über denselben folgt 
ein feinkörniger typischer Feldspathsandstein und diesem ein 
Kalksteinflötz, das zum grössten Theile aus Geschieben von 
Devon-Kalkstein, die perlschnurartig an einander gereihet sind, 
besteht, das aber in seiner röthlichgrauen Schieferthonmasse auch 
einzelne Quarz- und Quarzit- Geschiebe enthält. Darüber fol- 
gen nach den noch nicht veröffentlichten Beobachtungen des 
Herrn v. DecHen auf der linken Thalseite zwischen Winter- 
burg und Bockenau anstehend, zwei schmale Kohlenflötze in 
Schieferthon und zwischen beiden thonige Sphärosideritnieren 
mit Abdrücken der für das Unterrothliegende (Walchien-Sand- 
steine) charakteristischen Fische. 150 Lachter rechtwinkelig 
in das Hangende dieser Flötze kommen an derselben Thalseite 
2 Lagen von kalkigem schwarzem Schieferthon, das obere 
3 Zoll, das untere 6 Zoll mächtig, ebenfalls mit den Fisch- 
abdrücken vor. Etwas weiter in das Hangende folgt jetzt das 
Grenzmelaphyrlager zwischen beiden Abtheilungen des Roth- 
liegenden. Dieses Lager, das weiter nach SW. an manchen 
Orten 800 bis 1000 Fuss mächtig sein muss, ist hier nur noch 
etwa 100 bis 125 Fuss stark und keilt sich 4 Meile nordöstlich 
von hier zu Tage ganz aus, so dass von da ab bis an die 
Nahe ‘das Oberrothliegende unmittelbar auf der unteren Ab- 
theilung aufliegt. 

Dieser Fundpunkt von Hohlgeschieben ist der einzig be- 
kannte im Unterrothliegenden, die drei anderen liegen in der 
oberen Abtheilung. i 

2) Den von Herrn Burkart bei Laubenheim an der Nahe 
angegebenen Fundpunkt habe ich nicht zu ermitteln vermocht. 
In den vielen Brüchen und Aufschlusspunkten in der typischen, 
mittleren Etage des Oberrothliegenden um dieses Dorf herum 
findet man devonische Kalksteingeschiebe in Hülle und Fülle; 
aber selbst langes Suchen führte mir kein Hohlgeschiebe in 


. die Hände. 


- An den beiden folgenden Punkten braucht man nicht erst, 
lange nach ‘diesen _ zu suchen; die grössten Taschen sind im 
Umsehen gefüllt; ja gerade die schönsten und grössten Hohl- 


ce. A 
geschiebe muss man mit Bedauern liegen lassen, weil sie ent- 
weder zu gross für Touristentaschen sind oder zu fest und tief 
in dem Steinbruchsstosse stecken, um sie mit dem gewöhn- 
lichen Handwerkszeuge wandernder Geologen herausheben zu - 
können, oder wohl gar weil sie wegen ihrer prachtvollen weit 
vorgeschrittenen Aushöhlung den Transport nicht vertragen. 

3) Von Heddesheim im Güldenbach-Thale führt in nordöstli- 
. eher Richtung ein Communalweg durch eine linke Nebenschlucht 
nach Dohrsheim. Wo derselbe das Gehänge erreicht und zu 
steigen beginnt, liegt an seiner linken Seite ein Steinbruch für 
die Gemeide Heddesheim in den oberen Schichten der mittleren 
Etage des Oberrothliegenden. Dem Streichen dieser flach gegen 
Süudsudosten einfallenden Schichten nach sind es dieselben Con- 
glomeratbänke wie die, welche bei Laubenheim ausgehen. Die 
wohlgeschichteten Bänke bestehen vorwaltend aus rothem, eisen- 
reichen, thonigen Saudsteine feineren und gröberen Kornes mit 
einzelnen, theilweise auch gehäuften "und selbst zahllosen, 
grossen und kleinen Geschieben aller Devon - Gesteine des 
Hunsrücks, aber auch von Melaphyr; ein Beweis, dass dieser 
wohl mit dem Porphyre zugleich zu der Bildung. dieser Schich- 
ten beigetragen hat, mag es auch mehr zur Bildung des 
Bindemittels als zu der der Geschiebe sein. Die ungefähr 6 Fuss 
mächtige Hauptbank, auf die vorzugsweise der Steinbruchs- 
betrieb eröffnet ist, enthält vorwaltend Geschiebe dolomitischen 
Kalksteins, von denen die grössere Menge hohl ist oder sich 
in einem Stadium der Höhlung befindet. Das Gestein aller 
Geschiebe ist dasselbe, nur manchmal grober, manchmal feiner 
krystallinisch oder körnig; ein Wechsel, der sich auch vielfach 
in einem Geschiebe wiederholen kann. Im grossen Ganzen 
ist das Gestein ein mittel- und scharfkörniger, graulichweisser, 
selten durch Eisenoxyd sporadisch röthlich gefärbter dolomitischer 
Kalkstein, den man von Handstücken des Stromberger Kalk- 
steines in keiner Weise unterscheiden kann. Bemerkt sei hier, 
dass das Guldenbachthal dieses Stromberger Kalksteinlager, 
sowie die vorliegenden Schichten des Oberrothliegenden senk- 
recht durchschneidet, und dass man unter den Bachgeschieben 
die alluvialen Stromberger Kalksteingeschiebe nicht von den 
permischen unterscheiden kann, welche der Güldenbach sich 
aus dem Rothliegenden zum Spielen herausgewaschen hat. 

Nach einer von mir im Laboratorium der Königlichen 


617 


Bergakademie in Berlin ausgeführten Analyse besteht das Ge- 
stein eines Geschiebes, bei dem die Aushöhlung kaum begon- 
nen hat, aus: 
In Salzsäure unlöslicher Ruckstand = 2,68 pCt. 
630169, 5=:115389 «5; 
-Ms0C0, = 22,94 ,„ 
Verlust: =: 279: 
100,00. 
Der in Salzsäure unlösliche Ruckstand besteht zum grössten 
Theile aus Thon (Kaolin); der Verlust umfasst das Wasser des- 
selben und hygroskopisches Wasser sowie lösliche Bestand- 
 theile, welche weder durch oxalsaures Ammoniak noch phos- 
phorsaures Natron gefällt werden, und welche vor der Lösung 
des Gesteins in Salzsäure mit dem unlöslichen Ruckstande ver- 
bunden waren. Das reine kohlensaure Salz besteht mithin aus: 
0a0C0, = 75,13 pCt. 
MgsOCO, = 2427 „ 
also ungefähr aus 2 Atomen kohlensaurem Kalk und einem Atom 
kohlensaurer Magnesia. Mit Ausnahme des unlöslichen Ruckstan- 
des, der als Verunreinigung anzusehen ist, lösen sich Stucke dieses 
dolomitischen Kalksteins leicht und vollständig in kalter sehr 
verdünnter Salzsäure, während ziemlich starke, aber kalte Essig- 
säure aus Stücken nur wenig kohlensauren Kalk löst. Eine 
Thatsache, die mit den Ansichten des Herrn FORCHHAMMER über 
die Zusammensetzung dolomitischer Kalksteine harmonirt. 
Die bis kopfgrossen Geschiebe in diesem Rothliegenden 
sind meist abgeplattet eiförmig wie Fluss- oder Bachgeschiebe, 
oft auch ganz unregelmässig, aber stets kantengerundet, schälen 
sich z. Th. leicht aus dem thonig-sandigen, rothen, auch durch 
eingedrungene reducirende Tagewasser grünlichgrau gebleichten 
Bindemittel heraus und liegen deshalb, vom Regen sauber aus- 
gewaschen, massenweise in dem zerfallenen Steinbruchsschotter. 
Aus den noch festen Steinbruchswänden, in denen sie ganz 
oder im Querschnitte dem Geognosten gleichsam zur Ansicht 
ausgestellt sind, bekommt man die oft zarten Gebilde nicht, 
wenigstens nicht ganz erhalten, heraus. | 
Die Oberfläche der herausgewaschenen Geschiebe ist, wie 
eine Schlangen- oder Fischhaut gegen den Strich, rauh anzu- 
fühlen; man merkt, dass die Finger über mikroskopisch kleine 
Krystalle, die man im Lichte auch spiegeln sieht, gleiten. 


Diese Oberfläche ist nicht die frühere der Geschiebe, sondern 
entweder eine durch kohlensäurehaltige Tagewasser gleichsam ge- 
ätzte, oder durch Wasser, welchedoppeltkohlensauren Kalk gelöst 
halten, vergleichsweise „candirte*, neu gebildete Oberfläche. 
Diese Art von Oberfläche (es lässt sich durch Beobachtung nicht 
‚entscheiden, auf welchem der beiden genannten Wege sie ent- 
standen sein mag, ist eine sehr gewöhnliche Erscheinung bei 
allen Geschieben in Conglomeraten; sie findet sich z. B. ganz 
überraschend schön in den Quarz- oder Silikatgeschieben im 
Unterrothliegenden und Buntensandstein der Pfalz; selbstver- 
ständlich bestehen in diesen Fällen die Krystalle, welche die 
Rauheit hervorrufen, nicht aus kohlensaurem Kalk, sondern 
aus Kieselsäure. 

Die Oberflächenveränderung hat die Geschiebe von aussen 
nie tief ergriffen; denn dieselben schliessen gerade durch erstere 
um so dichter an die Grundmasse an, so dass man in den 
seltensten Fällen die Geschiebe von der Grundmasse entblössen 
kann, falls die Verwitterung die letztere nicht schon nachgiebig 
genug dazu gemacht hat. | 

Die Mehrzahl dieser Kalksteingeschiebe ist nur von innen 
her ausgehöhlt worden, bald wenig, bald viel, bald ganz, so 
dass von dem ursprünglichen Gesteine verschieden viel erhal- 
ten ist.. Die Aushöhlung ist wie bei den von Herrn v. HAmInGER 
aus dem Leithakalke beschriebenen Hohlgeschieben vom Kerne 
aus nicht parallel mit der Oberfläche der Geschiebe erfolgt, 
sondern, ganz regellos bald mehr nach dieser, bald mehr 
nach jener Richtung, so dass die Kalksteinrinde an einer Stelle 
schon ganz entfernt sein kann, während sie an der benach- 
barten oder entgegengesetzten noch die frühere Dicke bewahrt 
hat. Es haben dadurch die Hohlräume die wunderbarsten 
Gestalten, die dadurch noch bizarrer werden, dass alle Hohl- 
räume nach innen zu bald dünn bald dick bewandet sind mit 
grossen und kleinen Krystallen jenes Bitterkalkes, der wegen 
eines Gehaltes an Eisen und Mangan den Uebergang zum 
Spatheisensteine bildet, und dessen selten glattflächige, sondern 
meist sattelförmig gekrümmte Rhomboeder in der oxydirenden 
Luft oder solchem Wasser leicht braun und schwarz werden. 
Die oft ziemlich lose übereinander gehäuften Rhombo&der er- 
füllen manchmal das ganze mühsam geleerte Geschiebe. 

Ging die Höhlung der Geschiebe von zwei oder mehreren 
Centralpunkten aus, so entstanden mit ganz gleicher Bewan- 


ae A. 


dungsart ein- oder mehrfach gekammerte Hohlgeschiebe. Die 
Kammern communiciren entweder mit einander, oder sind ganz 
_ von einander getrennt. Ausser dem Braunspathe befinden sich 
in den Hohlräumen noch Kalkspath, Schwerspath, Arragonit, 
 Schwefelmetalle u. s. w. 

Bei manchen Hohlgeschieben könnte man zu der Meinung 
gedrängt werden, -jene Braunspathrhomboäder seien nicht jün- 
gere Bildungen als die Aushöhlung, sondern gleichzeitige, d. h. 
durch die partielle Auflösung des-dolomitischen Kalksteins aus 
diesem entstandene, gleichsam herausgeätzte Krystalle, ähnlich 
denen auf der äussern Oberfläche der Geschiebe; denn die 
Braunspathrhombo&@der gehen oft allmälig in den Geschiebe- 
kalkstein uber. Den Beweis fur das jüngere Alter ‘der’ Braun- 
spathe liefern die unzweifelhaft nach. der Aushöhlung in den 
Geschieben abgesetzten Schwerspathkryställe, welche an der 
inneren Oberfläche der Kalksteinrinde aufsitzen, weit in die 
Höhlung, hineinragen und oft ganz mit Braunspathrhomboedern 
bedeckt sind. Die Schwerspäthe, im ÖOberrothliegenden der 
Pfalz in der Nähe der barythaltigen Melaphyre keine seltene 
Erscheinung, sind tafelartig ausgebildete, farblose, durchsich- 
tige, flächenreiche Krystalle und, so weit meine Beobachtungen 
an Funden allein maassgebend sein können, stets älter als die 
Braunspathabsätze. = 

Die Kalkspathausfüllungen scheinen alle jünger zu sein 
als die Braunspathauskleidungen. Die farblosen, durchschei- 
nenden bis durchsichtigen Kalkspäthe sind entweder einzelne 
Krystalle und dann in der Regel jene bekannten Combinationen 
von spitzen und stumpferen Rhomboedern beiderlei Ordnung, 
auch wohl mit Skalenoädern, aber ohne Säulen, oder sie sind 
unter sich parallel an einander und in einander gelagerte Kry- 

stalle mit vorherrschender Säule und stumpfen, auf die Säulen- 
 Hächen aufgesetzten Rhomboädern, welche die innere Wand der 
Höhlung ganz oder theilweise bekleiden, aber im Innern einen 
Hohlraum lassen, in welchen einzelne Krystalle oft bis zur 
gegenüberliegenden Wand hineinragen, gleichsam wie die Sta- 
 laktiten und Stalagmiten in eine Tropfsteinhöhle. Erfüllen 
diese unter sich parallelen Krystalle den ganzen Hohlraum, so 
erscheint derselbe mit derbem Kalkspathe erfüllt. Die Aus- 
füllung dieser Hohlgeschiebe gleicht oft so vollkommen der der 
Kalkspathmandeln in den benachbarten Mandelsteinen, dass 


620 

die Geologen, welche die Mandeln in den Melaphyren für Ge- 
' schiebe erklären, ohne Zweifel beim Anblick solcher Hohlge- 
schiebe ausrufen wurden: Da haben wir den Beweis, dass die 
Mandeln ‘in den Mandelsteinen nichts Anderes sind als volle 
oder gehöhlte Geschiebe! Ä 

Von anderen Mineralabsätzen als die genannten habe ich 
in den Hohlgeschieben von Heddesheim nur Eisenrahm beobach- 
tet, Herr C. Lossen in Kreuznach noch Arragonit und Schwefel- 
metalle; alle drei Mineralien finden sich auch in den Mandeln und 
Drusen der benachbarten Melaphyre; die in diesen sonst so häu- 
figen Kieselsäureabsätze scheinen dem Rothliegenden fremd zu 
sein, in der Umgegend von Kreuznach wenigstens. Die trotz 
dieser Absätze noch hohlen Geschiebe enthalten vielfach im In- 
nern lose Braunspathrhomboeder, die sich vermuthlich beim An- 
und Aufschlagen der Geschiebe von den Wänden, an denen sie 
nur lose sich angesetzt hatten, abgelöst haben. Ausserdem sind 
die Geschiebe mit einem scharfkörnigen Dolomitsande, mit tho- 
nigen Massen und mit zerreiblichen, ganz porösen oder bim- 
steinartigen Gebilden erfüllt. Da dieselben lose den Hohlraum 
erfüllen, fallen sie beim Aufschlagen der Geschiebe heraus. 

'» Dass diese in vielen Beziehungen merkwürdigen Hohlge- 
schiebe keine den Mandeln in den Mandelsteinen analogen 
Gebilde sind, sieht man einerseits ihrer äusseren Form und 
ihrer Lage im Rothliegenden, andrerseits dem Charakter der 
zurückgebliebenen, ursprünglichen Kalksteinrinde an. 

Wie hätten sich auch wohl, was bei den Eruptivgesteinen 
sehr naturlich ist, Luft- oder Gasblasen von der Grösse, Form 
und Lage unserer Geschiebe in einem Sedimentgesteine bilden 
und erhalten können! Selbst die negativen Hohlgeschiebe, 
d. h. die total gehöhlten und nicht wieder bewandeten, die 
nicht selten im Conglomerate zu finden sind, lassen diese Hypo- 
these in keiner Weite aufkommen. 

Dass ferner die Hohlgeschiebe zur Zeit ihrer Bildung und 
Ablagerung im Rothliegenden fast ganz geschlossene dolomiti- 
sche Kalksteinmassen waren, dafür findet man in dem Stein- 
bruche bei Heddesheim Beweise genug. Da der dolomitische 
Kalkstein von Stromberg ebenfalls ganz gleiche Hohlräume 
hat, die mit denselben sekundären Mineralien bekleidet sind, 
wäre es vielleicht denkbar, die Hohlgeschiebe im Rothliegen- 
den seien aus solchen drusigen Dolomitbruchstücken gebildet. 


ET ER FR 


621. 


Wäre dieses der Fall, so müssten die Hohlgeschiebe, wel- 
che an einer Stelle keine Wand mehr haben, also durch Ab- 
schleifen geöffnet worden wären, mit dem Bindemittel der Con- 
glomerate, mit rothem Thone und Sandsteine gefüllt sein, was 
nicht der Fall ist. Wie liessen sich ferner auf diesem Wege 
die negativen, d. h. die ganz gehöhlten Geschiebe erklären 
oder auch nur diejenigen, welche eine so dünne Wand behalten 
haben, dass man sie mit den Fingern eindrücken kann? Haät- 
ten solche zarten Gebilde wohl einen so gewaltigen Transport 
in stürmischem Wasser, ein Abschleifen durch dagegengestossene 
Geschiebe und Fluthmassen und eine Ablagerung unter schwe- 
ren Schlamm- und Geschiebemassen aushalten konnen? Nein, 
gewiss nicht! 

Es unterliegt also keinem Zweifel, dass diese Kalkstein- 
geschiebe erst nach ihrer Ablagerung im Rothliegenden aus- 
gehöhlt worden sind, so schwer auch eine befriedigende Er- 
klärung dieses Höhlungsprocesses zu finden sein wird. 

Der vierte Fundort von Hohlgeschieben, ganz anderer Art 
als die der 3 bisher besprochenen Fundstellen, liegt in dem 
engen, zum Theil felsigen und weglosen Thale, welches von 
Waldlaubersheim herabkommt, bei der Burg Layen unweit 
Rummelsheim vorbeizieht und bei den Troll-Muhlen zwischen 
Laubenheim und Sarmsheim in das Nahe-Thal mündet. Den 
oft wilden Bach dieses Thales nennen die Leute in.der Um- 
gegend Fluthgraben. Etwa in der Mitte zwischen Rummels- 
heim und der Trollmüuhle, nordöstlich von Dohrsheim, da wo sich 
das Thal zum ersten Male stark und felsig verengt und der 
Bach tief und scharf in die Conglomerate der mittleren Etage 
des Oberrothliegenden sich eingeschnitten hat, kurz unterhalb der 
verlassenen Kupfererzgrube, das „goldene Loch“ genannt, enthal- 
ten diese Conglomerate viele: hohle Kalksteingeschiebe, die aber 
nicht von Innen nach Aussen sondern umgekehrt gehöhlt wor- 


den sind. Man kann hier wieder jedes Stadium der Höhlung 


beobachten, von den noch unversehrten Kalksteingeschieben bis 
zu solchen, die keine Spur der früheren Gesteinsmasse mehr 
enthalten. Die gehöhlten Geschiebe sind in einer mächtigen 
Conglomeratbank so zahlreich, dass dieselbe schon aus der 
Ferne ganz löcherig erscheint, so dass ein Wanderer in diesem 
Thale die Bank mit Hohlgeschieben nicht verpassen kann. 
Die Hohlgeschiebe enthalten hier in einem hohlen Raume einen 


622° 


grösseren oder kleineren Kern von frischem, festeren dolomi- 
tischen Kalksteine; sie sind also „Klappergeschiebe“. Der 
kugelig-schalige Hohlraum ist nur dann ganz leer, falls der- 
selbe angeschlagen worden ist oder eine natürliche Oeffnung 
hat, welche den mechanischen Transport von unlöslichen Stoffen 
gestattet. Andernfalls ist der Hohlraum mehr oder weniger mit 
den unlöslichen Dolomitrückständen der ursprünglichen Ge- 
schiebesubstanz erfüllt. Krystallinische, sekundäre Ausfüllun- 
gen von Kalkspath, Braunspath, Schwerspath wie an den drei 
oben besprochenen Orten habe ich hier nicht gefunden; es 
beschränkt sich hier also die Metamorphose der Geschiebe 

blos auf eine Auslaugung. | 

Hohlgeschiebe der ersten Art habe ich im Thale des 
Fluthgrabens ebensowenig gefunden, als solche der letztbeschrie- 
benen Art bei Laubenheim, Winterburg oder Heddesheim. Jene 
stimmen mit den bisher bekannten und von Herrn v. HAIDInGER 
beschriebenen Hohlgeschieben vollkommen uberein; diese sind 
noch neue Erscheinungen, welche manches Licht auf die Eut- 
stehung der Hohlgeschiebe zu werfen versprechen. 

Ehe ich auf diesen Theil der Arbeit übergehe, möge mir 
eine Parallele zwischen den Hohlgeschieben von Kreuznach 
und denen aus dem Leithakalke vergönnt sein. 

‚Wesentlich, besonders für die Entstehungsart, ist der Un- 
terschied, dass die Leitha-Geschiebe aus einem ganz feinkör- 
nigen, kaum dolomitischen Kalksteine bestehen und in einer 
nicht unlöslichen Kalkmasse eingebettet liegen, während die 
von Kreuznach in einem unlöslichen sandigen und thonigen 
Teige. Nach der Beschreibung durch Herrn v. HAıpınger und 
nach einem mir hier zugänglichen Handstüucke besteht dieser 
Teig aus lauter kleinen, meist nur hirsekorngrossen, linsenför- 
mig rundgeschliffenen Stückchen eines gelblichweissen, ungemein 
dichten Kalksteins, dessen körniges Gefuge selbst unter der 
Lupe kaum sichtbar ist, zum ferneren Theile: aus gleichen 
Stückchen Kalkspathes und aus Bruchstuckchen kleiner Gastro- 
poden, Foraminiferen und Polyparien. Alle diese kleinen 
Stücke sind durch mikroskopische Kryställchen von Kalkspath 
(Bitterspath?) bedeckt und unter sich fest verbunden zu einer 
porösen Masse, vielleicht erst durch die Kalklösung, welche 
sich bei der Höhlung der Geschiebe bildete und das Conglo-. 
merat durchzog, oder durch eine ältere, bei der Ablagerung 


623 

‚des Leitha-Kalkes vorhandene Kalklösung. Die Aushöhlung 
der Geschiebe erfolgte im Leitha-Gebirge ganz ebenso wie am 
südöstlichen Fusse des Hunsrucks; es entstanden an beiden Or- 
ten auch gekammerte Geschiebe, allein die nachfolgende Beklei- 
dung der Hohlraumswände mit Drusenmineralien tritt in den 
österreichischen Geschieben sehr zurück; hier erfolgte in den 
meisten Geschieben gar keine, in den anderen eine nur sehr 
unbedeutende. 

Die Hohlgeschiebe aus beiden Abtheilungen des Rothlie- 
genden der Pfalz und in dem Obertertiär des Wiener Tegels 
stehen schwerlich vereinzelt in der Natur da, wie es in der Litera- 
tur der Fall ist. Ich vermuthe, dass sich Hoöhlgeschiebe in 
den Oonglomeraten mit Geschieben dolomitischen Kalksteins 
in allen Sedimentformationen finden: lassen werden, sobald 
man denselben nur die gebührende Aufmerksamkeit zuwendet. 
So sind mir durch die Güte des Herrn Rerrıch Hohlgeschiebe 
gauz analoger Art wie die beschriebenen aus dem Diluvial- 
Conglomerate von Breitenau am Rain bei Garmisch bekannt 
geworden. Diese Conglomerate mit Geschieben von Kalkstein 
und dolomitischem Kalkstein sind natürlich den Untersuchun- 
gen der Herren v. ScHLAGIntweır und des Herrn C. W. GUMBEL 
in den Bayerischen Alpen nicht entgangen, wohl aber die darin 
befindlichen Hohlgeschiebe, von denen” Herr BEYRIcH einige 
sehr instructive Stücke für die Sammlung der Berliner Univer- 
sität mitgebracht und mir freundlichst zur Benutzung überge- 
ben hat. 

Wie es den genannten Herren im Diluvium der Alpen 
ergangen ist, kann es andern Forschern in den Conglomeraten 
anderer Formationen auch ergangen sein; wie leicht und mit 
Recht übersieht man in vielen Fällen die Nebensachen oder 
Details über der Hauptaufgabe der Untersuchungen. Deshalb 
wird meine Behauptung, dass man beim eingehenden Suchen 
Hohlgeschiebe noch in vielen oder allen Sedimentformationen 
finden wird, nicht unwahrscheinlich erscheinen. 

Die Diluvial - Nagelsteine oder Conglomerate, welche bei 
Breitenau am Rain bei Garmisch an der Loisach in den Bayeri- 
schen Kalkalpen wegen ihres festen Materials in Steinbrüchen 
für Wasser- und Brückenbau sowie für Sockelsteine (C. W. 
GümsEL, Geognostische Beschreibung des Bayerischen Alpen- 


gebirges und seines Vorlandes S. 894) gebrochen werden, stellt 
Zeits. d.d. geol. Ges. XVIL 4. 41 


624 Be ., 


Herr GungEL zum Terrassen - Diluvium der Hochgebirgstbäler 
und sagt darüber (l. c. $. 801): „Innerhalb vieler Terrainbuch- 
ten in den Alpen, hoch über dem jetzigen Flussniveau, ge- 
wahrt man oft mehrfach übereinander hinziehende Terrassen, 
aus Geröll und Schutt gebildet, in welchen die Rollstücke oft 
nur locker, oft auch zu festen Gesteinsmassen verkittet sind. 
Ihre Entstehung ist von früheren, höher angeschwollenen Ge- 
'wässern abzuleiten, welche im Innern der Alpen von den jetzi- 
gen Vertheilungen und Niveaudifferenzen abweichende Züge 
und Becken einnehmen. Sie sind den Geröllbänken oder den 
Schuttmassen zu vergleichen, welche sich an Flüssen oder am 
Rande der Seen jetzt noch bilden und bei wechselndem Wasser- 
 stande in mehrfachen terrassenförmigen Absätzen untereinander 
gelagert vorkommen. Ausgezeichnet ist diese Bildung in der 
Ramsau bei Berchtesgaden, wo mächtige mit Urgebirgsfelsarten 
untermengte Kalkrollstüucke durch Kalktuff zu einem festen 
Nagelgesteine verbunden sind. Auch bei Garmisch gewinnt 
män ein ähnliches Diluvialconglomerat.*“ Soweit Herr Günmsku! 

Ob die Conglomerate in der Ramsau, wie die in der Brei- 
tenau, Hohlgeschiebe enthalten, habe ich nicht in Erfahrung 
bringen können. 

Aus welchen Formationen die Geschiebe von Kalkstein 
und dolomitischem Kalkstein in diesem Conglomerate stammen 
mögen, erfahren wir nicht durch Herrn Gümser. Die @onglo- 
merate liegen im jetzigen Loisachthale zwischen dem Eibsee 
und Garmisch, am linken Ufer also am Fusse des hohen Kra- 
merberges und sind vermuthlich durch die Thalalluvionen am 
rechten Ufer bedeckt, so dass man ihre ganze Ausdehnung 

nicht kennt. Da nun aber zur Zeit ihrer Bildung das Loisach- 
thal noch nicht vorhanden war, sondern nur ein Thalkessel 
zwischen dem Eibsee und der Stadt Garmisch, können uns die 
Gesteine im oberen Stromgebiet der Loisach (Hauptdolomit 
des Keupers, Guttensteiner Schichten [Muschelkalk], Kössener 
Schichten oder Ober-Muschelkeuper, Ober-Keuper [ Dach- 
stein] Kalk und unterer, mittlerer und oberer Lias) nicht 
einmal Vermuthungen darüber geben, aus welchen Sediment- 
schichten die Geschiebe der Diluvialconglomerate gebildet sein 
können. Da aber der Rand des diluvialen Thalkessels zwi- 
schen dem Eibsee und Garmisch am nördlichen und nordwest- 
lichen Ufer aus dem Hauptdolomit des Keupers und am südli- _ 


625 


chen und südöstlichen Ufer aus dem Muschelkalke der Gutten- 
steiner Schichten bestand und noch besteht, ist wohl die An- 
nahme gerechtfertigt, dass die Geschiebe dolomitischen Kalk- 
steins aus ersterem, die Kalksteingeschiebe des’ Diluvial-Con- 
glomerates aus letzterem stammen. Die Entscheidung dieser 
Frage muss man lokalkundigen Geognosten überlassen. 
Nach den drei Handstücken, welche sich in der Berliner 
Universitätssammlung befinden, liegen die einzelnen — bis 
3 Zoll grossen Geschiebe in einem Teige, der selber wieder 
ein feines Kalksteinconglomerat ist. Das Bindemittel dessel- 
ben ist ein gelblichgrauer, bald reiner bald sehr durch Thon 
und Sand verunreinigter, poröser Kalkstein oder Kalksinter, 
der oft ausschliesslich herrscht, oft aber auch stark durch 
kleine Geschiebe und eckige Bruchstücke von Kalkgesteinen 
verdrängt wird. Da die letzteren oft ganz durch Auflösung 
wieder entfernt worden sind, bekommt die Masse, in der 
die grossen Geschiebe liegen, ein ganz zerfressenes, löchri- 
ges Aussehen; die Poren und Löcher sind vielfach mit mi- 
kroskopischen Kalkspath- oder Bitterspath - Krystallen bewan- 
det. Die Geschiebe in diesem Teige sind entweder gut ge- 
rundet, oder auch nur an den Kanten abgeschliffen; im ersteren 
Falle haben sie einen entfernteren Ursprung als in letzterem 
gehabt. Sie bestehen aus mannichfachen Kalksteinen, einerseits 
aus sehr dichtem, muscheligen Gesteine, und diese Geschiebe 
sind nie gehöhlt, andrerseits aus. fein krystallinischem, zucker- 
körnigen, gelblichweissen dolomitischen Kalksteine in der ver- 
schiedensten Grösse. Alle Geschiebe aus diesem Material sind 
mehr oder weniger, auch ganz im Innern ausgehöhlt und 
gleichen ausser in der Farbe vollkommen den Lauretta - Ge- 
schieben. Manche Geschiebe lassen sich durch Verwitterung 
im Steinbruche vom Teige lösen und zeigen deutlich ihre Ge- 
schiebenatur, wenn auch nicht in hohem Grade der Vollendung. 
Die äussere Oberfläche ist mit den zierlichsten Rhombo&dern 
von Kalk- oder Bitterspath bedeckt, wie die Geschiebe von 
Heddesheim. Auch die Bayerischen Hohlgeschiebe haben. im 
Innern Rippen d. h. Rudimente von Kammerwänden und sind 
mit kleinen Rhomboedern von Bitterspath bewandet, die sich 
manchmal übereinander gehäuft haben. Der innere Hohlraum 
muss ebenfalls mit Diluvialsand zum Theil erfüllt gewesen sein; 
denn er haftet noch etwas an den Wänden der aufgeschlagenen 


41* 


Be ae 


Geschiebe. Sehr instructiv an diesen Conglomeraten ist die 
Thatsache, dass die Geschiebe der dichten Kalksteine nicht 
gehöhlt worden sind, sondern nur die aus krystallinisch-kör- 
nigen Gesteinen. 

Sehr richtig erörtert Herr v. HaAıınger alle genetischen 
Punkte in zwei Fragen, nämlich: 

1) Warum werden die Kalksteingeschiebe angegriffen und 
verändert oder ganz und theilweise fortgeführt, während das 
kalkige Bindemittel unversehrt bleibt; und De. 

2) Warum geht die Veränderung in so vielen Fällen ge- 
radezu vom Innern aus, nicht von der Oberfläche, da oft in der 
That nur eine dunne Schale eines früheren Geschiebes vor- 
handen ist? 

Um diese beiden Pole sollen sich denn auch die folgenden 
genetischen Besprechungen drehen. 

Nach dem oben Mitgetheilten fällt für die Hohlgeschiebe 
von Kreuznach die erste Frage des Herrn v. HAmingEr in sich 
zusammen; allein da ich bei Beantwortung derselben die An-, 
sichten dieses Forschers nicht zu theilen vermag, und da die 
Antwort auf die erste Frage eine zu wichtige Rolle bei der 
zweiten Frage spielt, sehe ich mich genöthigt, auf jene einzu- 
gehen. 

Erscheinungen erklären sich bekanntlich um so richtiger 
und leichter, je zahlreicher sie uns vorliegen, d. h. je weiter 
das Feld derselben ist, das man übersieht. Man kann die Bil- 
dung der Hohlgeschiebe eben so wenig richtig aus den Beob- 
achtungen über die Geschiebe von Kreuznach allein erklären, 
als es nach meiner unmaassgeblichen Ansicht Herrn v. Har- 
DINGER geglückt zu sein scheint, dieselbe aus den Beobachtun- 
gen im Leithagebirge befriedigend erklärt zu haben. Und ich 
will mich gern nach neuen Erfunden von Hohlgeschieben an 
andern Orten bescheiden, dieselben unbefriedigend erklärt zu 
haben, möge es mir nur durch die folgenden Zeilen gelingen, 
etwas zu der Aufklärung dieser Erscheinungen beizutragen. 

Durchforschen wir eitimal, um einen recht allgemeinen 
Standpunkt bei der Beantwortung der beiden genetischen Fra- 
gen einzunehmen, die uns bekannte Erdrinde, ob sich hier keine 
analogen Erscheinungen mit den beschriebenen Hohlgeschieben 
finden möchten. i 

Gewiss finden sich deren; ich erinnere nur an die eruptiven 


ER RER. 9 


627 


Silikatgesteine mit porphyrischer Struktur und, um von vielen 


Fällen einen typischen herauszunehmen, an die Porphyre selbst. 


Dieselben bestehen bekanntlich aus einer Grundmasse, die zum 
grössten Theile aus.Feldspath zusammengesetzt ist, mit aus- 
geschiedenen, bald grösseren, bald kleineren Krystallen genau 
desselben Feldspathes. Bei den Porphyren findet sich nun 
allerdings der Fall, dass beim Verwittern die Grundmasse auf- 
gelöst und zerstört wird, und dass die eingeschlossenen Feld- 
spathkrystalle wohlerhalten in dem losen Schutte der ehemali- 
sen Grundmasse umherliegen (Porphyr von Neutz und Gömritz 
bei Halle a. d. Saale, von Manebach in Thüringen); viel häu- 
figer aber ist die entgegengesetzte Erscheinung, dass die ein- 
geschlossenen Feldspathkrystalle eher verwittern und aufgelöst 
werden als der Feldspath, welcher die Grundmasse constituirt. 
Ist dieser Fall nicht ganz genau derselbe als bei den Kalkstein- 
geschieben in einem Kalksteinteige? Finden wir nicht dieselbe 
Erscheinung bei vielen Graniten, welche in dem körnigen Ge- 
menge grosse Ausscheidungen von Rn haben; und ebenso 
bei vielen Trachyten? 

An den Porphyren in der Umgegend von Halle a. d. Saale 
habe ich früher (diese Zeitschrift 1864 Bd. XVI. S. 378) zu 
beweisen gesucht, dass diese beiden entgegengesetzten Ver- 
witterungserscheinungen bedingt sind und erklärt werden — 
nicht oder nur sehr untergeordnet durch eine etwa verschiedene 
chemische Zusammensetzung, sondern — durch die Form, Grösse, 
das Gefüge und die Struktur der Feldspathsubstanz, sowohl der 
in der Grundmasse als der in ausgeschiedenen Krystallen. Kann 
man nun diese Erklärungsweise auf die Kalkstein-Hohlgeschiebe 
in Kalkeonglomeraten übertragen und anwenden ? | 

Für Herrn v. HAıpınger ist der Ausgangspunkt zur Beant- 
wortung seiner ersten® genetischen Frage die chemische Zu- 
sammensetzung 1) der kalkigen Grundmasse mit 0,50 pCt., 
2) eines nicht gehöhlten Geschiebes mit 0,80 pCt., 3) einer 
Schale eines Hohlgeschiebes mit 12 pCt., 4) des ruckständigen 
Pulvers im Innern eines Geschiebes mit 36,75 pCt. kohlensaurer 
Magnesia. Hieraus schliesst Herr v. Hımmerr, dass die Ge- 


 schiebe um so mehr der Zerstörung ausgesetzt sind, je mehr 


kohlensaure Magnesia sie enthalten, und dass die Grundmasse 
gar nicht gelöst werde, weil sie fast keine kohlensaure Magnesia 


besitze. 


x p; 3 x I Sr Er R a  )- 
ji a ae ip a . = 
Fa YE BEL I a) +: 
83 / - RO Pos are, 
- KR 


Ob man aus so wenigen Beobachtungen das: Gesetz ab- 
leiten darf, dass das Maass der Aushöhlung proportional sei 
dem Gehalte an kohlensaurer Magnesia in der ursprünglichen 
Geschiebesubstanz,, berweifele ich um so mehr, als dasselbe 
den bisherigen Untersuchungen und Beobachtungen uber die 
Löslichkeitsverhältnisse des kohlensauren Kalks, der kohlen- 
sauren Magnesia und deren beiderseitiger Verbindungen und 
Gemenge, welche man Dolomit und dolomitische Kalksteine 
nennt, widerspricht. 

Obwohl die Arbeiten der Herren Karsten (KarsmEn’s 
Archiv Bd. XXI. S. 572 fi.), FORCHHAMMER (Oversigt over det _ 
Kongelige Danske Videnskab. Selskabs Forhandlingar 1849; 
5, 6 8. 83), G. Bıscnor (Lehrbuch der chemischen und phy- 
sikalischen Geologie, 2. Aufl. I. S. 106— 134), Rott (diese 
Zeitschrift Bd. IV. S. 565 ff.) und REDTENBACHER (Sitzungsbe- 
richte d. k. A..d. W. zu Wien Bd. XXI) uber die totale und 
partielle Löslichkeit dieser Salze in schwachen Säuren (meist 
Kohlensäure-haltigem Wasser oder verdünnter Essigsäure) reich 
an unentwirrbaren Widerspruchen und Anomalien sind, steht 
doch so viel fest: 

l) dass kohlensaurer Kalk in allen Aggregations-Zustän- 
den zwischen der amorphen Kreide und dem Kalkspathe leich- 
ter löslich ist als kohlensaure Magnesia, in deren entsprechen- 
den Zuständen, und zwar etwa im Verhältnisse von 6,9:1 
(nach G. BiscHor); 

2) dass eine chemische Verbindung von kohlensaurem Kalk 
und kohlensaurer Magnesia (Dolomit) oder ein Gemenge dieser 
Verbindung oder von kohlensaurer Magnesia (Magnesit) mit 
kohlensaurem Kalk (die sogenannten dolomitischen Kalksteine) 
um so leichter löslich sind, je reicher sie an kohlensaurem 
Kalk sind. 4 

Hieraus folgt, dass entweder das obige Gesetz des Herrn 
v. HAIDINGER ungiltig ist, oder dass, falls wirklich die Aus- 
höhlung der Geschiebe proportional dem Gehalte an kohlen- 
saurer Magnesia ist, man im Schlusse aus diesem Gesetze Ur- 
sache und Wirkung vertauschen und sagen muss: die zurück- 
gebliebene Substanz der Geschiebe ist, gegen die ursprüngliche 
verglichen, durch die Aushöhlung mit kohlensaurer Magnesia 
angereichert worden, weil nur der kohlensaure Kalk aus dem 
dolomitischen Kalkstein ausgezogen worden ist, und die Grund- 


629 


masse hat kaum einen Gehalt an kohlensaurer Magnesia, weil 
sie noch unveräudert ist. 

Bei dieser Anschauungsweise, zu der ich mich bekenne, 
blieb bei der Auslaugung und Aushöhlung der ursprünglichen 
Kalksteingeschiebe mit ca. 1 pCt. kohlensaurer Magnesia durch 
Kobhlensäure-haltige Tagewasser der grösste Theil dieser koh- 
lensauren Magnesia (neben den ganz unlöslichen Verunreini- 
gungen durch Sand und Thon), mit 63,25 pCt. kohlensaurem 
Kalk zu schwerlöslichem Dolomit verbunden, ungelöst als 
Dolomitsand oder Dolomitskelet im Innern der Hohlgeschiebe 
zurück. Ein kleiner Theil der ursprünglichen kohlensauren 
Magnesia löste sich, wie das Herr FORCHHANMER (BiscHor Lehr- 
buch der phys. u. chem. Geologie 2. Aufl. Bd. II. S. 152) durch 
Versuche nachgewiesen hat, mit dem kohlensauren Kalk in 
den Kohlensäure-haltigen Tagewassern, durchdrang mit diesen 
die äusseren Theile des Kalkgeschiebes, fand in denselben 
Gelegenheit, sich vollkommen gegen leichter iöslichen kohlen- 
sauren Kalk auszutauschen, ehe die Losungswasser zur kalki- 
gen Grundmasse der Conglomerate gelangten. So wurde die 
Kalksteinschale des Hohlgeschiebes mit kohlensaurer Magnesia 
angereichert, dolomitisirt, und zwar um so mehr, als die Aus- 
höhlung fortschritt. Die Grundmasse der Conglomerate konnte 
gar nicht oder fast gar nicht dolomitisirt werden, weil alle 
oder fast alle in den Wassern gelöste kohlensaure Magnesia 
sich schon auf dem Wege durch die Geschiebeschale gegen 
Kalk ausgetauscht hatte. 

Der so gedachte Höhlungsprocess entspricht vollständig 
den chemischen und physikalischen Gesetzen, hat vom geolo- 
gischen Standpunkte Vieles für sich und gewinnt dadurch sehr 
an Wahrscheinlichkeit. 

So folgt er dem empirischen chemischen Gesetze, dass 
schwer lösliche, aber gelöste Salze, sobald sie mit leichter lös- 
lichen, aber ungelösten, mit denen sie sich chemisch nicht zer- 
setzen oder verbinden, zusammenkommen, aus der Lösung tre- 
ten und letztere Salze an ihre Stelle zwingen; oder mit andern 
Worten, es folgt dieser Process dem gleichfalls empirischen 
Gesetze der Pseudomorphosen, dass das schwer lösliche Mine- 
ral das leicht lösliche verdrängt. Die Thatsache, dass sich in 
der Natur Pseudomorphosen von Bitterspath nach Kalkspath, 
aber nicht umgekehrt (BıscHhor, Lehrbuch d. chem. u. phys. 


Geologie 2. Aufl. Bd. I. S. 134) finden, ist für den beopr- % 
chenen Process eine kräftige Stutze. 
Geologisch hat er Viel für ‚sich, weil er nicht. von der 

Annahme des Herrn v. HAipınGER ausgeht, die ursprünglichen 
‘ Geschiebe dolomitischen Kalksteins hätten verschiedene chemi- 
sche Zusammensetzung gehabt, nämlich einen Gehalt an kohlen- 
saurer Magnesia, der zwischen 0,80 pCt. und 36,75 pCt. schwankt. 
Dass ein dolomitischer Kalkstein unzweifelhaft genau desselben 
Aussehens und von demselben Ursprungsorte eine so überaus 
wechselnde chemische Constitution gehabt hätte, wäre selbst 
bei diesem Gestein, bei dem geringe Schwankungen von weni- 
gen Procenten im Gehalte an kohlensaurer Magnesia von dem- 
selben Felsblocke mit demselben äusseren Ansehen nachgewie- 
sen sind, eine unerhörte Erscheinung, die man, so lange sie 
in keiner Weise erwiesen ist, nicht zum Ausgangspunkt einer 
Theorie oder Hypothese machen darf. Meine Ansicht geht von 
dem Grundsatze aus, alle Geschiebe hätten früher nahe zu 
gleiche chemische Zusammensetzung gehabt und nicht diese, 
sondern nur die verschiedenen Zustände des Gefüges und der 
Aggregation der Atome dieser kohlensauren Salze in den ver- 
schiedenen Geschieben und der Grundmasse seien die Ursache 
gewesen, weshalb einzelne Geschiebe und die Grundmasse sich 
gar nicht, andere Geschiebe zum Theil und noch andere sich 
ganz gelöst haben. 
| Wie verschieden die Aggregationszustände in den Ge- 
schieben der Bayerischen Diluvialconglomerate und deren kal- 
_ kigem Bindemittel sind, geht aus den obigen Beschreibungen 
dieser Schichten hervor, und welchen Einfluss der Aggregations- 
und Gefügezustand auf die Löslichkeit hat, ersieht man aus 
den oben eitirten Untersuchungen des Herrn G. BiscHor (l. ce. 
Bd. II. S. 106—134). 

Somit hätte ich denn, glaube ich, meine Absicht erreicht, 
namlich den Nachweis, dass, wie bei den Feldspathen in der 
Feldspathgrundmasse der eruptiven Silikatgesteine, auch bei den 
Kalksteingeschieben in kalkiger Grundmasse der Grund zu der 
leichteren oder excelusiven Lösung der Einschlüsse gegen die 
des Teiges nicht oder nur ganz ausserordentlich untergeordnet 
in den chemischen, sondern in den physikalischen und mecha- 
nischen Verhältnissen und Verschiedenheiten der Substanzen 
zu suchen ist. 


631 


Diese Beantwortung der ersten der beiden genetischen 
‚Fragen des Herrn v. Haıınger ‚setzt aber voraus, dass die 
frischen oder fast ganz frischen Kohlensäure-haltigen Tagewasser 
schnell, also ohne Einwirkung auf den Teig denselben durch- 
flossen, direct in das Innere der Geschiebe drangen, diese nach 
aussen langsam durchsickerten und dann erst, mit kohlensau- 
rem Kalk gesättigt und ohne Gehalt an kohlensaurer Magnesia 
zur Grundmasse zurückgelangten, um durch dieselbe ihren Rück- 
zug zur Tagesoberfläche oder zu den grösseren unterirdischen 
Wasserstrassen zu nehmen. Dieser Punkt fuhrt uns zur zwei- 
ten genetischen Frage, zur Höhlung der Geschiebe von innen, 
statt wie gewöhnlich von aussen. 

Diese Erscheinung hat nach Herrn v. HAmınger mehr 
einen mechanischen als chemischen Grund; das ist auch völlig 
meine Ansicht, zu der ich aber auf anderem Wege als Herr 
v. HAIDinger gelangt bin. Dieser Forscher glaubt, dass gegen 
den Druck der überliegenden Massen auf das eingeschlossene 
Geschiebe nur dessen äusserste Schicht wirke, dass der Druck 
sich nieht in das Innere fortpflanze, und dass dadurch das 
Innere der Geschiebe einer Einwirkung der lösenden Tagewasser, 
welche das Ganze gleichmässig durchdringen, am meisten preis- 
gegeben sei. | 

Gegen diese Ansicht spricht, glaube ich, 

1) dass der Druck, also auch der diesem gleiche Gegen- 
druck, in dem nämlichen Geschiebe an allen Theilen ziemlich 
derselbe ist, aber von oben nach unten etwas zunimmt, weil 
er proportional der Höhe der überliegenden, druckenden 
Masse ist; 

2) dass sowohl im Leithakalke, als in dem Rheinischen 
Rothliegenden und in den Bayerischen Conglomeraten nicht alle 
dicht benachbarten Geschiebe, sondern nur deren kleinster 
Theil, genöhlt sind; 

3) dass im Rothliegenden des Fluthgraben - Thales bei 
Kreuznach unter den nämlichen äusseren Verhältnissen wie au 
den übrigen besprochenen Orten alle Geschiebe entweder gar 
nicht oder nur von aussen, nie von innen aufgelöst und aus- 
gehöhlt worden sind. 

Den Grund dafur, dass die meisten Kalksteingeschiebe 
ganz ungelöst geblieben sind, dass viele an diesem Orte von 
innen, viele an jenem Orte von aussen aufgelöst sind, mussen 


632 


wir also in andern Verhältnissen als Herr v. HAIDINGER- su- 
chen. Zu diesem Zwecke will ich wieder das Feld dieser 
Thatsachen durch analoge Erscheinungen in unserm unterirdi-. 
schen Reiche zu erweitern suchen. | 

Diese beiden Lösungs- oder, was dasselbe sagen will, 
Verwitterungserscheinungen treten uns nicht einzig und allein 
oder gar zuerst bei den genannten Hohlgeschieben entgegen; 
nein, sie beschäftigen schon längere Zeit die Mineralogen, Geo- 
logen nnd Petrographen sowohl bei manchen isolirten Mine- 
ralien, als ganz besonders bei denen, die in Sediment-, noch 
mehr aber in Eruptiv-Gesteinen eingeschlossen sind; ich er- 
innere, um mich wegen der Bequemlichkeit nur eines concre- 
ten Beispieles zu bedienen, speciell nur an die in Porphyren 
oder porphyritischen Gesteinen ausgeschiedenen Feldspathkry- 
stalle, welche beide Lösungsarten sehr deutlich zeigen. 

Die gleichen Erscheinungen der Verwitterung oder Auf- 
lösung mussen oder können wenigstens hier in den Porphyren, 
wie dort in den Conglomeraten, dieselben Ursachen gehabt ha- 
ben; denn beide Erscheinungen sind vollkommen analog. Was 
namlich in dem einen Falle die Porphyrgrundmasse, ist im 
andern das Oement um die Geschiebe, was im ersteren die 
Feldspathkrystalle, sind im letzteren die Geschiebe dolomiti- 
schen Kalksteins; diese bestehen aus löslichem kohlensauren 
Kalke neben schwer löslichem Kalk-Magnesia-Doppelsalze (Do- 
lomit), jene aus löslicher Kieselsäure und Kiesel- und Kohlen- 
säure-Salzen neben unlöslichem Kaolin. In verschiedenen Por- 
phyren, aber auch in demselben, finden wir beide Verwitte- 
rungserscheinungen bald einzeln, bald combinirt neben unver- 
witterten Feldspathen. Dass man bei den Kalksteineonglome- 
raten noch nicht beide Arten von Hohlgeschiebeu zusammen 
neben ungehöhlten Geschieben gefunden hat, liegt sicher nicht 
an einer Unmöglichkeit eines solchen Zusammenvorkommens, 
sondern am Mangel von Beobachtungen und Aufschlüssen. 

Bei den Porphyren von Halle a. d. Saale glaube ich den 
Grund der Verwitterung der Feldspäthe von innen nach aussen 
nachgewiesen zu haben (diese Zeitschrift Bd. XVI. 8. 3885); er 
liegt dort schwerlich in einer ungleichen Zusammensetzung die- 
ses Minerals, sondern in dessen Struktur- und Aggregations- 
zustande, oder was dasselbe sagen will, in dessen ungleicher 
Durchdringbarkeit von Wasser. 


ee 


Die Feldspäthe, die zu dieser Art der Verwitterung und 
Auflösung neigen und theilweise verändert sind, haben im In- 
nern eine ganz poröse, bimssteinartige Struktur, aussen umge- 
ben von einer homogenen Rinde, die nur von einzelnen Sprün- 
gen durchsetzt ist, die in das poröse Innere und nach aussen 
sich öffnen. Durch diese gelangen die zersetzenden Tagewasser in 
das Innere der Krystalle und können hier gleichzeitig wie aussen 
ihr Werk beginnen, nur viel schneller, nämlich im Verhältniss 
zu der Grösse der Angriffsoberfläche. Während man also an 
der Rinde die Verwitterung fast noch gar nicht gewahrt, kann 
das Innere schon ganz zersetzt sein. 

Diesem nachweisbaren Vorgange ganz analog erkläre ich. 
mir die Aushöhlung der Geschiebe von innen. Dass dieses bei 
letzteren so ist, kann man allerdings nicht nachweisen, weil 
man bei der Möglichkeit einer vollständigen Lösung des dolo- 
mitischen Kalksteines nicht wie bei den Feldspäthen, in denen 
jede Spur des unlöslichen Rückstandes an Kaolin sogleich in 
die Augen fällt, sagen kann, ob die drusige oder poröse Struk- 
tur im Innern der Geschiebe eine ursprüngliche, dem dolomi- 
tischen Kalksteine zukommende oder eine spätere, durch die 
beginnende Höhlung schon erfolgte ist. 

Die Aushöhlung von Kalkstein - Geschieben ist durchaus 
nicht so befremdend wie die Verwitterung der Feldspäthe von 
innen. Denn einmal ist die innere, poröse Struktur der letz- 
teren eine seltenere und weniger leicht zu erklärende Erschei- 
nung als die ursprünglich drusige Struktur der dolomitischen 
Kalksteine. Wo finden sich wohl Dolomite anstehend, die 
nicht wenigstens hier und da drusig wären? So sind auch die 
bei Stromberg anstehenden dolomitischen Kalksteine stellen- 
weise porös genau, so wie einzelne der Geschiebe im Rothlie- 
liegenden. Andermal ist eine directe und schnelle Zuführung 
der frischen Tagewasser durch das stets nachweisbar löcherige, 
ungeschlossene Bindemittel der Oonglomerate in das drusige 
Innere der Geschiebe viel leichter fasslich als eine gleiche 
durch die in sich geschlossene, aus einem Guss gebildete Feld- 
spathgrundmasse in das Innere der Krystalle. Wie bei den 
Feldspäthen durch sichtbare Sprünge von der äusseren Ober- 
fläche in das poröse Innere, sind bei den Hohlgeschieben die 
frischen Tagewasser ungesättigt direct aus dem Teige in das 
Innere der Geschiebe durch Kanäle, Sprünge und Klüfte ge- 


LINSE 


634 
langt. An einem meiner Geschiebe von Heddesheim sieht man 
noch diesen Hauptzuführungskanal; er ist wie der innere Hohl- 
raum mit den sekundären Infiltrationsprodukten, die sich phy- 
sikalisch leicht vom ursprünglichen Gesteine unterscheiden 
lassen, ausgefüllt; und rings um diesen Kanal ist der sonst 
graue dolomitische Kalkstein geröthet, weil die ihn durchzie- 
henden frischen Tagewasser noch so viel Sauerstoff enthielten, um 
den geringen Gehalt von kohlensaurem Eiseroxydul des Gesteins 
zu Eisenoxyd zu oxydiren. Da sich immer neue Tagewasser in 
das Geschiebe durch die grossen Arterien drängten, mussten 
die im Geschiebe gesättigten Wasser, da sie keinen bequemeren 
Ausweg finden konnten, sich durch die Haarspalten zwischen 
den kleinen Krystallen des dolomitischen Kalksteins, die mit 
den Venen verglichen werden-können, durchzwingen, wie ich 
es bei der Beantwortung der ersten genetischen Frage erörtert 
habe. Wieder in das ungeschlossene Bindemittel der Conglo- 
merate getreten, fanden die gesättigten Tagewasser schnell 
Abfluss durch Hauptvenen, lösten dort nichts auf, setzten sogar 
vielleicht schon kohlensauren Kalk ab. 

Die urspüngliche Struktur und das Gefuge der festen Ge- 
schiebe dolomitischen Kalksteins, ferner deren Lage im Teige der 
Conglomerate i$t also die einzige Ursache, dass bald die Ge- 
schiebe gar nicht, bald von aussen, bald von innen gelöst wor- 
den sind. 

Die ganz unveränderten Geschiebe lagen nämlich entweder 
in einem Teige, der gar kein Wasser bei ihnen und durch sie 
eirkuliren, oder nur mit kohlensaurem Kalk »gesättigtes zu ihnen 
treten liess, oder hatten, falls lösende Tagewasser bis zu ihnen 
drangen, eine solche physikalische Beschaffenheit (dichtes Ge- 
füge, dichte Aggregation der Atome, Fehlen von Sprüngen und 
Kluften, vollkommen glatte, also schwer angreifbare Oberfläche 
u. s. w.), dass die Wasser den Geschieben nichts anhaben 
konnten. Ich gehe auf diesen Punkt nicht näher ein, weil er 
durch seine Alltäglichkeit ein sehr bedingtes Interesse hat. 

Fast ebenso wenig befremdet uns die Auflösung oder Ver- 
witterung von aussen, ganz besonders deshalb, weil wir gewohnt 
sind, sie bei allen Mineralien und allen Gesteinen zu finden. 
Bei Einschlüssen (Geschieben in Conglomeraten oder Krystallen 
in einer Grundmasse) erfolgt dieselbe stets dann, wenn die 
diese aus einer geschlossenen Substanz bestehen, so dass 


635 


die zu dieser gelangenden, ungesättigten Tagewasser dieselbe 
nicht eirkulirend durchdringen können. Das Lösungsmittel eir- 
kulirt in diesem Falle in der stets vorhandenen, mehr oder 
weniger engen Weitung zwischen Einschluss und Bindemittel, 
erweitert dieselbe allmälig auf Kosten der Substanz des Ein- 
schlusses allein oder auf Kosten von Einschluss und Umschluss, 
je nach den Löslichkeitsverhältnissen dieser beiden Bestand- 
theile. Hieraus folgt, dass die Lösung von aussen her haupt- 
sächlich zu finden sein wird, wo die Einschlusssubstanz grössere 
Löslichkeit hat als das umgebende Bindemittel. Deshalb ken- 
nen wir sie nicht bei den Oonglomeraten des Leitha-Kalksteins 
und der Bayerischen Diluvialbildungen. Bei den so geschilder- 
ten Verhältnissen haben die lösungsbegierigen Tagewasser 
gar keinen Grund, in das geschlossene Innere der Einschlüsse 


einzudringen, denn sie erreichen ihre Absicht viel bequemer 


auf der Oberfläche; und sollten*sie gleichzeitig doch in das 
Innere durch Sprünge dringen, so geschieht dieses im Verhält- 
niss der Kanalweiten sehr langsam, und so ist die Lösung nur 
gering im Verhältniss der von den Tagewassern bespuülten 
Angriffsoberfläche, wodurch die innere Thätigkeit der Wasser 
unmerklich erscheint gegen die äussere. 

Die Verwitterung von innen erregt bei uns nur Verwun- 
derung, weil sie uns so selten entgegentritt, was darin be- 
gründet ist, dass sie das Zusammentreten vieler Bedingungen 
voraussetzt. An und fur sich ist sie weder wunderbar, noch 
räthselhaft, wofür man sie halten zu müssen bisher geglaubt hat. 

Sie setzt voraus: 

1) einen ursprünglichen, wenn auch noch so kleinen 
Hohlraum im Geschiebe mit wenigstens einer Kluft, die sich 
nach aussen und innen öffnet, oder statt beider ein System 
von Sprüngen, die im Innern der Geschiebe eine grössere Ver- 
astelung haben als in den äusseren Theilen; 

2) eine ungeschlossene, am besten poröse Grundmasse; 

3) eine geringe Durchdringbarkeit der Einschlusssubstanz 


_ durch Flüssigkeiten. 


Dass diese hohlen Einschlüsse nicht ausschliesslich von 
innen, sondern auch, wenngleich wenig, von aussen und von 
allen, den lösenden Tagewassern zugänglichen Kluften gelöst 
worden sind, sieht man bei allen Geschieben an der oben be- 


636 ae 
'schriebenen Aetzung der Geschiebeoberfläche und an den Ver- 
änderungen der Geschiebesubstanz um die Zuflusskanäle. 

Die folgenden Zeilen wenden sich wegen der Bequemlich- 
keit des Ausdrucks wieder ausschliesslich den Hohlgeschieben 
zu, obwohl sich ähnliche Erscheinungen bei allen eingeschlos- 
senen Massen finden. | 

An den uns bekannten Aufschlusspunkten sowohl im 
Leitha-Gebirge, als in den Bayerischen Alpen und bei Kreuz- 
nach ist die Aushöhlung der Geschiebe als eine beendigte zu 
betrachten. Das beweisen die späteren Bekleidungen aller 
Hohlraumswände mit Drusenmineralien, welche die noch vor- 
handenen Geschiebereste vor weiterer Auslaugung schützen; 
denn nur über ihre Leichen geht der Weg zu diesen Resten. 
In welcher geologischen Zeit die Aushöhlung begonnen und 
gewährt hat, lässt sich nicht sagen, dafür habe ich durchaus 
keinen Anhaltspunkt zu finden vermocht. 

Dass in den von aussen oder innen gehöhlten Geschie- 
ben sandige, thonige, pulverig-krystallinische, der Form nach 
bimssteinartige Rückstände bleiben, ist sehr natürlich. Die we- 
nigsten dolomitischen Kalksteine sind reiner kohlensaurer Kalk 
mit Kohlensaurer Magnesia, sondern haben, wie ich auch an 
den Geschieben von Heddesheim nachgewiesen habe, einige 
Procente mechanische Verunreinigungen durch Sand, Then, 
Silikate u.s.w. Ferner bestehen die dolomitischen Kalksteine 
nach den Untersuchungen der Herren Karsten, FORCHHANMMER, 
RotHu aus einem Gemenge von leicht löslichem Salze (kohlen- 
saurer Kalk) und einem schwer löslichen Salze (kohlensaure 
Magnesia, Magnesit) oder Doppelsalze (kohlensaurer Kalk und 
kohlensaure Magnesia, Dolomit). Aus diesen schwer oder un- 
löslichen Substanzen bestehen diese Rückstände. Die genannte 
mannigfache Struktur derselben hängt davon ab, wie diese 
Substanzen in dem ursprünglichen dolomitischen Kalksteine 
angeordnet waren. Sie sind gleichsam das restirende Skelet 
des letzteren, das zu Sand und Pulver bei der Höhlung zer- 
fallen musste, wenn die einzelnen Theile desselben unter sich 
sar keinen oder nicht genug Zusammenhang hatten, um chemi- 
schen oder mechanischen Angriffen widerstehen zu können. 

Dass die Hohlräume in den Geschieben, nachdem die Zeit 
der Höhlung und Auslaugung beendet war, wie alle oder viele 
Hohlräume in Mineralien und Gesteinen mit verschiedenen 


637 


Mineralien bewandet und erfüllt wurden, ist ganz selbstver- 
ständlich und von dem Umstande bedingt, dass zu einer be- 
stimmten Zeit aus irgend welchem Grunde nicht nur keine 
lösenden Tagewasser mehr in die Hohlräume drangen, sondern 
sogar solche, die mit den Infiltrationssubstanzen gesättigt wa- 
- ren, und dass in den gebildeten Hohlräumen die Bedingungen 
vorhanden waren, welche ein Abscheiden der gelösten Sub- 
stanzen aus der Lösung gestatteten. Diese Bedingungen waren 
bei der ältesten, der Schwerspathbildung vermuthlich die Ab- 
kühlung eines Wassers, das neben einem löslichen Barytsalze 
schwefelsaure Alkalien enthielt; bei der Kalkspath-, Bitterspath-, 
Braunspath- und Eisenrahmbildung musste kohlensäurearme resp. 
sauerstoffhaltige Luft im Hohlraume sein, und eine Lösung 
diese sauren Salze zuführen. Bituminöse (kohlenwasserstoff- 
haltige) Wasser bildeten den Asphalt, der sich auch in den 
Hohblräumen der Pfälzischen Melaphyre und Sedimentschichten 
wiederfindet, und das Zusammentreten von bituminösen, redu- 
cirenden Wassern mit solchen, die schwefelsaure Salze der 
Schwermetalle (besonders Eisen und Kupfer) enthielten, bildete 
die Schwefelmetalle. Die hierzu nöthigen Kohlenwasserstoffe, 
Schwermetalle, Barytsalze u. s. w. fanden sich theils im Roth- 
liegenden, theils in den Melaphyren, theils in den Porphyren 
der Pfalz. 


6. Ueber die fossile Kreideflora und ihre Leitpflauzen. 
Von Hero’ H. RGöperir ih Breslau. 


Obschon noch mit der Herausgabe eines Zweiges der älte- 
ren fossilen Flora beschäftigt, veranlasst mich doch die Ent- 
deckung eines Farnstammes von einer noch nie beobachteten 
Vollständigkeit in der turonischen Kreide bei Oppeln, auf die 
Pflanzen zuruckzukommen, welche ich auch aus der gesammten 
Kreideformation, besitze und wiewohl grösstentheils schon ab- 
gebildet, bis jetzt aus Mangel an Zeit immer noch nicht ver- 
öffentlichen konnte. Meine erste Arbeit über die Pflanzen der 
Kreide, über die des Quadersandsteins, lieferte ich im Jahre 
1841 im 19. Bande der Verhandlungen der Leopoldinischen 
Akademie (N. Acta A. C. N. C. XIX. 2. p. 117— 120); sie 
enthielt unter andern Fucoiden, Blattabdrücke aus Kieslings- 
walde in der Grafschaft Glatz, Coniferen, die so seltene Frucht 
einer Dammarites und einen sehr merkwürdigen Farnstamm 
Caulopteris Singeri aus dem oberen Quader von Giersdorf bei 
Bunzlau. Ein Nachtrag zu dieser Schrift erschien 1848 eben- 
daselbst im 22. Bd. I. p. 364, begleitet von einer Zusammenstel- 
lung aller bis dahin überhaupt bekannter Kreide-Pflanzen, de- 
ren Zahl sich damals auf etwa 80 Arten belief. Gegenwärtig 
beträgt sie wohl das fünffache in Folge vieler Entdeckungen 
in Schlesien*), dann von voN DER Mark in Westphalen, 
GLocKkER in Mähren, Otto und Gemerz in Sachsen, EicHwALD 
in Russland, DUuNkER, STIEHLER in Blankenburg, Revss und 
Corpa in Böhmen und besonders Desry und ETTInGSHAUSEN 
in der Flora von Aachen, deren erste Anfänge auch von mir 
zugleich mit oben genannten im Jahre 1841 beschrieben wurden. 


*) Besonders interessante Sachen erhielt ich von den Herren Lehrer 
Drrsıer von Löwenberg, von Dr. Aprer und Lehrer Linprechr von 
Bunzlau, Apotheken-Besitzer HuLwa, Koch und Direktor Marrını aus 
der Kreide von Oppeln, den Mineralogen Krocke und Peck, Conservator 
des naturhistorischen Museums in ‘Görlitz. Allen Versicherungen erge- 
bensten Dankes, \ 


639 


“Im Allgemeinen stellt sich aus ihrer Betrachtung heraus, 
dass die einzelnen Floren dieser Fundorte zwar von einander 
wohl abweichen, wie z. B. die von Aachen und Blankenburg 
im Gegensatz zu den übrigen, es aber doch nicht an An- 
knüpfungspunkten zwischen ihnen fehlt, ja sich selbst gewisse 
typische Formen unter ihnen erkennen lassen, die 
zum Theil schon jetzt als Leitpflanzen dienen kön- 
nen. Ich will versuchen dies nachzuweisen und hieran noch 
verschiedene Bemerkungen Knüpfen. 


N 

Die verbreitetste, aber freilich immer noch zur Zeit sehr 
angezweifelte Pflanze ist eine Alge, der Oylindrites spongioides 
m., der schon im vorigen Jahrhundert von SCHULZE abgebildet 
und von ihm mit Seesternen verglichen ward (dessen Betrach- 
tung der versteinten Seesterne. Warschau, Dresden. 1760 p. 40 
u. f. Taf. I. u. Taf. II.).. Gemırz beschrieb und bildete ihn 
ebenfalls ab, glaubte ihn aber zu den Spongien rechnen zu 
müssen. Ich suchte diese Ansicht zu widerlegen; aber andere 
(vielleicht zum Theil in Folge dieses bestrittenen Verhältnisses; 
denn näher untersucht hat es noch keiner) stellten wohl ganz 
und gar seine organische Natur in Frage und rechneten ihn 
zu den zufälligen Bildungen. | 

Unsere genannte Alge durchsetzt das Gestein mit ihren 
röhrenförmigen, 6 bis 8 Linien dicken, cylindrischen, oft 1 bis 
2 Fuss in gleichem Durchmesser fortlaufenden Verzweigungen, 
die sich auf ihrer ungleich grubigen Oberfläche von dem be- 
nachbarten, meist sehr weissen Gesteine durch eine bräunlich- 
graue, oft auch schmutziggrünliche Farbe unterscheiden. 

Dieser Wechsel von kleinen Erhöhungen und Vertiefungen, 
wodurch die grubige, ungleiche Oberfläche bedingt wird, ist 
jedoch nicht. so unregelmässig, wie man beim ersten Anblick 
namentlich weniger gut erhaltener Exemplare schliessen möchte. 
Deutlich erkennt man eine quincunciale Stellung dieser Erhö- 
hungen, wie ich auch schon bei der ersten Beschreibung und 
Abbildung dieser merkwürdigen Gebilde andeutete, jetzt aber 
mit der grössten Bestimmtheit wiederholen kann. 

In ihrem Verlaufe schwellen die Zweige hier und da zu 
langlichen, den Durchmesser der Röhre überhaupt etwa zwei- 
bis dreimal übertreffenden Knollen an. Manchmal endigen sich 

Zeits. d.d. geol Ges. XVII. 4. 42 


A Bu 

die Zweige in solche längliche Knollen, oft setzen sie sich aber 
auch gewissermaassen sprossend noch eine kurze Strecke fort 
und werden zuletzt allmälig schwächer durch Abgabe seitlicher, 
fast rechtwinklig abgehender Aeste. Uebrigens gelang es mir 
in neuerer Zeit, im Querschnitt eines grösseren Exemplars eine 
ringförmige, braungefärbte Schicht zu beobachten, woraus man 
auf eine concentrische Anordnung der Zellen schliessen kann, 
wie sie neuere Untersuchungen in grossen, ja wahrhaft riesigen 
Algenstämmen der jetzt lebenden Macrocystis, Laminaria, Les- 
‚sonia, Ecklonia nachgewiesen haben. Deutlich bemerkten hier 
La Pyraıe, Kürzıng, RupPRECHT (dessen Bemerkungen über 
den Bau und das Wachsthum grosser Algenstämme. Mem. de 
’Acad. imper. des sciences T. VI. Petersb. 1848) und ich selbst 
bei Laminaria und Ecklonia 1 bis 8 concentrische Schichten, 
die eben durch Zellgewebe verschiedener Grösse und Beschaf- 
fenheit gebildet werden. Bei Ausfüllungen fossiler Gewächse 
bleibt nach meinen Beobachtungen an solchen Stellen, wenn 
auch wirklich keine Zellen oder Gefässe durch das ausfullende 
Material erhalten worden, dennoch ein verschieden gefärbter 
Absatz gleichsam als Andeutung der früheren an dieser Stelle 
einst vorhandenen Organisation zurück. Auf diese Weise er- 
kennen wir in den Ausfüllungen der Stigmarien, Sigillarien, 
Lepidodendreen, Oycadeen der Steinkohlenformation noch die 
einstige Anwesenheit der Achsen oder Centralgefässbündel, wie 
man insbesondere in Querschliffen solcher ausgefullter Räume 
leicht erkennen kann. 

Für diese Beobachtungen liefern die von GEIITZ in seiner 
Charakt. d. Schichten d.bohm.-sächs. Kreideg. p.96 beschziebenen 
und Taf. 23 Fig. 1 sehr treu abgebildeten Exemplare meiner Mei- 
nung nach den entschiedensten Beweis. Auf diesen sitzt nämlich in 

, der Mitte wie einKiel ein sogenannter kleinerer Spongit von dem- 
selben Längsverlauf und derselben Theilung, den man unmöglich, 
. da er genau die Form des grösseren, ihm zur Basis dienenden 
nachahmt, für einen Parasiten, sondern fur nichts weiteres als den 
achsenartigen inneren Theil des Stammes selbst halten kann, 
der, nach Verrottung der zwischen der Rinde und dem Innern 
befindlichen Zellenschicht, hervortrat und auf der Aussenseite 
zum Vorschein kam. Diese excentrische Lage der meist in 
der Mitte befindlichen Achse beobachtete ich unter andern bei 
einem 1+ Fuss dicken Lepidodendron zu Dombrowa im Kra- 


641 


 kauischen, ganz besonders häufig auch bei Stigmarien, wo die 
Achse oft in 1: bis 2 Fuss Länge an der Aussenseite des 
Stengels wie ein scheinbar gar nicht dazu gehörender kleiner 
Cylinder verläuft*). Auf diese Weise erklärt sich das sonder- 
bare Vorkommen des kleinen auf dem grossen Exemplare ganz 
ungezwungen, und man hat nicht nöthig anzunehmen, dass sich 
ein junges Individuum auf einem älteren fortgebildet habe. 

Was nun endlich noch die oben erwähnten, für die Algen- 
oder Fucoiden -Natur ganz besonders sprechenden, knolligen 
Auftreibungen der Stengel betrifft, se verdanken sie gewiss 
nicht zufälligen Anhäufungen einer grössern Menge des Schwamm- 
gewebes ihren Ursprung, wie mein Freund GEinıtz meint, son- 
dern gehören mit zu der Organisation, indem sie innerhalb 
höchst wahrscheinlich wie die ähnlich gestalteten Luftbehälter 
der oben genannten Fucus-Arten hohl waren und so einer be- 
stimmten Function vorstanden. Der Mangel an kohliger Sub- 
stanz spricht endlich auch nicht gegen den vegetabilischen 
Ursprung unsers Fossils, indem diese schr häufig bei Algen 
fehlt, ja auch selbst bei Landpflanzen unserer Formation ver- 
misst wird. Offenbar waren diese Pflanzen auch noch lange 
nach der Fossilisation der Inundation ausgesetzt, wodurch die 
vegetabilische Substanz durch Verwesung zerstört wurde, sodass 
nur noch der Abdruck die einstige organische Form anzeigt. 
Durch eomparative Abbildungen werde ich diese Ansichten in 
meiner Arbeit noch weiter zu begründen suchen, inzwischen 
wünschte ich nur, dass man zunächst aufhören möge, unsre Alge 
in das vage Gebiet der zufälligen Bildungen zu versetzen, da 
sie überdies auch wegen der sehr in die Augen fallenden Form 
und grossen Verbreitung für die Geognosten von grosser Be- 
deutung erscheint. 

Zunächst dient sie, wie schon GEinıTz sehr richtig bemerkt, 
dazu, die Sandsteine der Kreideformation von allen 
andern im Aeussern und in Lagerungsverhältnissen 


*, Wenn man jetztweltliche Pflanzen, die in der Mitte ein achsen- 
artiges Organ besitzen, wie Stengel von Equisetum oder Myriophyllum 
faulen »lässt, wird die Achse weit ‘später als das zwischen ihr und der 
Rinde des Stammes befindliche Zellgewebe zerstört. Sie flottirt dann 
haltlos hin und her und legt sich an die Rinde, wobei natürlich ihre 
centrische Lage verloren geht. Ein recht anschauliches Bild des auf 
gleicher Ursache beruhenden Vorganges in der Vorwelt. 


42* 


642 


ähnlichen Sandsteinen der Tertiärformation zu un- 
terscheiden. Weniger ist sie zur Unterscheidung der ein- 
zelnen Schichten der ersteren geeignet, weil sie in allen drei Haupt- 
abtheilungen derselben angetroffen wird. In Schlesien fand ich 
sie in den zum oberen Quadersandstein (oberen Quadermergel 
nach GEisıTZz) gehörenden kalkigen Mergeln und Grünsandsteinen 
von Kieslingswalde mit Callianassa antiqua OTTO und mit vie- 
len Dicotyledonenblättern, ferner auf dem Krähenberge bei 
Langenau, zwischen Habelschwerdt und Eisersdorf, bei Alt- 
waltersdorf und Melling, in dem vielleicht zum untern Quader 
gehörenden Steinbruch am rechten Ufer der Neisse bei Habel- 
schwerdt, im böhmisch-schlesischen Grenzgebirge bei Braunau, 


so wie um Bunzlau und Löwenberg. Aus Regensburg in ähn- 


licher Formation sah ich sie in der Sammlung des Grafen 
Münster. Geisıtz fand sie daselbst ebenfalls, desgleichen in 
Böhmen, in dem sächsisch-böhmischen Grenzgebirge, in Sach- 
sen an sehr vielen Stellen sowohl im oberen Quadersandstein 
bei Schandau (ef. Gemrrz, das Quadergebirge oder die Kreide- 
formation in Sachsen. 1850. S. 3) und andern Sandsteinbrüchen 
an der Elbe, also in den verschiedenen Schichten des Quader- 
mergels und des unteren Quadersandsteins (Ebendas. S. 24, 
30, 32, 33, 35). | 

Noch häufiger traf ich sie bei Ibbenbuhren iu den Sand- 
steinbrüuchen der Drenther Berge zugleich mit einer andern Alge, 
Sphaerococcites lichenoides, dann im Münsterlande in den kiesel- 
reichen Quadersandsteinknollen zwischen Coesfeld und Horst- 
mar. So fest sie hier erschienen, so zersetzt finden wir sie, 
aber doch noch leicht erkennbar, in den hangenden Sandstein- 
schichten der Steinkohlengruben der Umgegend von Essen. 

Neuerdings habe ich sie auch von Blankenburg durch 
Herrn Hanpr erhalten. 


Unter den zahlreichen, insbesondere bei Aachen beobach- 
teten Farn, sind zwar viele sehr interessante Formen, aber 
doch keine baumartigen, deren Vorkommen sich bisher auf 
Schlesien und Böhmen beschränkte, worüber ich jüngst eine 
kleine Abhandlung veröffentlichte (Ueber das Vorkommen der 
Baumfarna und der fossilen Flora insbesondere in der Kreide- 
formation; in G. LeoxH. u. GEisıtz’ N. Jahrb. A Heft 1865 


643 


p- 394—399). Ich zeigte darin, dass die früher von mir unter - 
dem Namen Caulopteris Singeri aus dem Quadersandstein von 
Giersdorf bei Löwenberg in Schlesien beschriebene Art mit der 
böhmischen, nicht aus der Kohlen-, sondern aus der oberen 
Quaderformation stammenden Caulopteris punctata STERNB. und 
diese von CorDA zu Protopteris gebrachte Art wieder mit Pro- 
topteris Cottae identisch sei. | 

Ein dritter Fundort tritt nun noch hinzu, namlich Shaftes- 
bury in Dorsetshire (WILLIAM CARRUTHERS, on Caulopteris punc- 
tata GöpP., a treefern from the upper Greensand of Shaftesbury 
in Dorsetshire; in the Geological Magazine etc. edided by Henry 
Woopwarp. Novbr. 1865 p. 484—487 Tab. XIII). CARRUTHER, 
der meine Abhandlung nicht gekannt zu haben scheint, ist zu 
gleichen Ansichten wie ich hinsichtlich der Identität der ge- 
nannten Arten gelangt. | 


VonMonokotyledonen fand ich bis jetzt nur eine man- 
chen Palmen ähnliche Blattfieder, welche mit der von MıguEL 
abgebildeten Taf. I. Fig. 3 genau übereinkommt. Sie stammt 
aus den Kalkschichten bei Schulter, die von ihm aber nur 
- fraglich zum senonischen System gezogen werden. 


In der kalkführenden Sandsteinformation zwischen Kwas- 
sitz und Kremsier fand E. GLockeEr zugleich mit einer Alge, 
Keckia annulata, einst eine höchst räthselhafte, an die Rotularien 
und Anuularien der paläozoischen Landfloren erinnernde, höchst 
wahrscheinlich dicotyledone Pflanze, mit ungegliedertem Sten- 
gel und länglichen, ganzrandigen, nervenlosen Blättchen, wel- 
che, wie die Abbildung zeigt (Nov. Acta Vol. XIX. Suppl. I. 
p- 322) einen zehnblättrigen Quirl bilden. Er nannte sie @y- 
rophyllites quassazensis. Diese fast ganz vergessene Pflanze 
ward von Hsrr, der aber GLockER als Autor der Gattung 
dabei nicht erwähnt, im Neocomien des Kanton Freiburg bei 
Chatel St. Denis in 4 Arten beobachtet, von denen die eine 
der Abbildung und Beschreibung nach (Vorwelt der Schweiz 
1. Bd. S. 190) ganz mit der GLocker’schen übereinstimmt und 
daher statt @. obtusifolius, @. quassazenis GLOCKER zu nen- 
nen ist. 


A a Be 


Aus der Reihe der Coniferen begegnen wir zunächst 
einem Stammbruchstuck, Pinites ucranicus m. (Göpr. fossile Co- 
niferen p. 201 Taf. 26 Fig. 1—4) aus der oberen Kreide bei 
Charkow in Russland, durchbohrt von Teredo und Fistulana, 
welche Brepa in den oberen Schichten des St. Petersberges 
(Syst. Mastrichien) fand und Miquru a. a. O. p. 13 Tab. IX. ab-. 
bildete. | | 
Von der weitesten Verbreitung tritt Geinitzia cretacea EnDL: 
in allen drei Schichten der Senongrnppe auf: in Schlesien in 
der Kreide bei Oppeln, Kieslingswalde, Ullersdorf, bei Naum- 
burg am Queis, Bunzlau, Wenig Rackwitz; in Böhmen im 
Grünsand von Laun, im sandigen Pläner bei Hradek, Perutz, 
Trziblitz und Smolnitz, im kalkhaltigen Pläner bei Hundorf und 
Kutschlin; in Sachsen im unteren Quader bei Bannewitz, im 
Pläner bei Goppeln, im Kalkpläner bei Strehla und im Thon 
des Quadersandsteines bei Waltersdorf, im Plänersandstein von 
Rippien bei Dresden und dem unteren Quadersandstein von 
Melschhuf bei Dresden. Endlich auch zu Kurs bei Charkow 
in Russland. 


Ounninghamites Oxycedrus PRESL.; zuerst gefunden im Grün- 
sand bei Schöna in Sachsen, dann bei Blankenburg (als Abie- 
titcs Goeppertü, Linkü und Hartigii von DuskEr beschrieben 
und abgebildet in MEyErR u. Dusker, Palaeontogr. 4. Bd. p. 179 
Taf. 32 u. 33 Fig. 1 u. 2); in Schlesien in- zum Ueberquader 
gehörendem Schieferthon zu Wenig Rackwitz bei Löwenberg 
mit Geinitzia cretacea; in Böhmen im Unterquader bei Perutz 
(als Cunninghamites planifolius ExpL.) und zu Maseno bei Schlan 
(©. elegans ExoL.); im Kreidemergel bei Lemberg in Galizien 
(als Bergeria minuta Kxer). Alle diese als besondere Arten 
unterschiedenen Formen gehören unstreitig sämmtlich zu Oxy- 
cedrus. var 


Die bisher in ihrem Vorkommen nur auf die Gegend von 
Blankenburg beschränkten Crednerien sind nun auch jüngst 
von Herrn Dr. AnpLER im cenomanen Sandstein bei Neuwartha 
bei Bunzlau aufgefunden worden. Da inzwischen der Rand 
des Blattes fehlt, lässt sich die Art selbst nicht bestimmen. 


645 


Hoffentlich gelingt es bald vollständigere Exemplare zu er- 
halten. 


“Die in Kieslingswalde vorkommenden Dicotyledonen- 
blätter, einst wahrscheinlich von sehr fester, fast lederartiger 
Consistenz, ähneln immergrünen exotischen Eichen, auch wohl 
Weiden und Erieineen, einige selbst Blättern mancher tertiärer 
Lager, ohne aber mit ihnen übereinzustimmen, was mich denn 
auch veranlasste, sie früher mit Angabe ihrer Verwandtschaft 
nur unter dem bekannten Sammelnamen Phyllites zu beschrei- 
ben. Neuholländische Formen, ähnlich den Proteaceen, welche 
ETTInGsHAUSEN und Dasry in Aachen fanden, sind unter ihnen 
bis jetzt noch nicht vorgekommen. Hinsichtlich des einen be- 
sonders charakteristischen Blattes (Phyllites Geinitzianus m.), 
welches auffallend an die sehr verbreiteten Eichen der Tertiär- 
formation Quercus fureinervis und Q. Castanea erinnert, ward 
meine Vorsicht bald gerechtfertigt, indem MıquEL nach einem 
Funde von BosqguET in von ihnen zum Systeme Mastrichien ge- 
rechneten Kalkschichten zeigte, dass diese einzelnen Blätter 
Theile eines gedreiten Blattes seien. Er vergleicht sie mit 
Artoearpeen, nennt sie Debeya serrata unter Hinzufüugung fol- 
sender Diagnose: jolia ternata, foliola brevissime petiolata, me- 
dium paulo majus e basi rotundata subobverse lanceolato-oblonga, 
apice obtusiuscula coriacea inaequaliter serrata, costulis patentibus 
(De fossiele Planten van het Krijt in het hertogdom Limburg. 
Haarlem. A. C. Krusemann. 1853 ».6 t.1/.1; vergleiche auch 
Desry, Beitrag zur Flora der holländischen Kreide. 1851. Bd. 8 
S. 96.). 

In Kieslingswalde hatte ich bis jetzt nur einzelne Blätter 
gefunden; zu drei verbunden erhielt ich sie zuerst aus Ullers- 
dorf von Herrn Lehrer DresLer in Löwenberg und von Bunz- 
lau durch Herrn Dr. ApLer, die ich sammtlich wegen ihrer 
grösseren Vollständigkeit abbilden werde. Unter andern geben 
sie Aufschluss über die den Mıquer’schen Exemplaren fehlen- 
den Spitzen der Blätter, welche verschmälert und bis in ihr 
oberstes Ende mit Sägezähnen besetzt erscheinen. Wenn ich 
nicht irre, so gehört dies Blatt mit dem Hlimantites Alopecurus 
von DeseY und ETTINGSHAUSEN (1. c. T. II. p. 1) ebenfalls zu 
Debeya, ein interessantes Vorkommen, da es die einzige Pflanze 


646 


ist, welche unsere Quaderformation mit der Aachener ee 
schaftlich besitzt. 


Ein anderes Blatt Mıqgurv’s a. a. O. p. 9 Tab. I. Fig. 2, 
Phyllites laevigatus, aus dem Fundorte des vorigen, kommt in 


-der Oberlausitz vor und ward von mir a. a. O. ebenfalls ab- 


gebildet Tab. LI. Fig. 9, 10; desgleichen Mıquan’s Delesserites 
Thierensis a. a. OÖ. Tab. I. Fig. 4 aus den Kieselkalkschichten 
des St. Petersberger Systeme Senonien. Zu Phyllites laevigatus 
gehören unstreitig noch einige Blätter bei E. v. Orro (dessen 
Additamenta zur Flora des Quadergebirges in Sachsen II. Heft. 
1854. Tab. IX. Fig. 1—7) und von CorvaA (in Reuss, Verstein. 
der böhmischen Kreideformation II. Tab. I. Fig. 9 aus dem 
cenomanen Sandstein von Trziblitz). 

Schliesslich folgt noch eine Zusammenstellung ‚der hier er- 
wähnten, mehr oder weniger weit verbreiteten Arten, welche 
ich bereits unter dem 31. März 1865 in der Leopoldina, der 
Zeitschrift der Leopoldinischen Akademie, auszüglich mittheilte: 


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"UOULSI9A NZ BIZJLUIIK) JIUL yoıyuopaqun 
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YITSAUA HaITay) JIOpSsAo][N) 19q uadago 
uop ur (uaısaug ‘Huxag) ByyleM-noN | | | 
199 u9JYOLYOS uUags1IoJun uop uf IyaLıyse 


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uoızıfer, ur Jaoquuar] ‘uou) "Isaug sN.P99 
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ypeu urIspuesyorem 


| 'zyeig| -wawyog UI ZUJAIZLL 'TandıW 
Jjeyasjein) “opfemsdugseıy 'IqaLıIse N 0... )Z@snerf aop ur ganzyuojorp| snıwhraan] Soyyyhyd 
"puvjssay ur sıny I 
uayora]asap ‘(HOIWAAg yasu uleIspugs.uop| ae: 2. fg) 
-end) 191990) ssıond) '# SUB q pop! | AAndıp © as 
S1O7]) ‘opfemsdurfsary "uay9ey ‘YyaLıyseW ne, N , ?q 
-(BOINART "JALgSI9S er 


vauog 


deu sulags " 
Yy9Bu Sulajspues.tapend) uU9IIgO sap ZunfLayg abaoquusg s1129d00.14F 


-qv) [V) uorsojgosaapaın ur Jıopsaarn) “upoddg 


In: ur Aıngsayjeyg ur pues 
-unıIs, ‘uswyog ur zyuney 


"uorsajyaS ur (ayoaıqassıan 


"wowjeg UOA 
H 


-Sınquayueig ‘opfemsdun | op un) ) IPIAMyos[ageH]-1eparggepg pun sopıouayan u 
-soIy “wunsıog pun PJeJs909) mayasımz Berg ee 16a) Sıngsuadoy s9719909010nydgı yıı uaıynq] sapıoıduods sapupuyfky 
. nepueyog “neuneig ‘uassq|-usgg; Toq Sag ayuaıq 
-addnıy 


“»ddnıy-uouag nom -ddnig-uewousg »ddnı9-WO909N 


:uozuedd 


UHTUOUAg  u9IueWwou9g USTWOIOAN 


648 a. :: 
Aus diesen ersten Anfängen der Parallelisirung der Pflan- 
zen der Kreideformation ergiebt sich, dass unter ihnen schon 
mehrere in zwei, ja selbst in drei durch ihr geognostisches 
Alter verschiedenen Gruppen vorkommen, und zwar in zwei: 
Protopteris Sternbergü, Phyllites laevigatus, Gyrophyllites quassa- 
zensis, Delesserites Thierensis, Pinites ucranieus; in drei ver- 
schiedenen Schichten: Geinitzia cretacea und Cylindrites spon- 
gioides, welche letztere sogar bis zum Ne&ocomien hinabreicht, 
eine Ausdehnung der Verbreitung, wie sie in allen grossen 
Formationsgruppen vorkommt und auch in der Kreideperiode 
für die thierischen Petrefakten bereits von Ewawn (Zeitschrift 
der deutschen geolog. Gesellschaft Bd. VII. S.7) und R. Dre- 
ScCHER (ebendas. Bd. XV. S. 323) nachgewiesen worden ist. 


Was nun insbesondere Schlesien anbetrifft, so dürfen wir 
ungeachtet des sehr sparsamen Vorkommens von Exemplaren 
doch wohl noch mehr Ausbeute insbesondere in den zum Ueber- 
quader gerechneten Schichten der Umgegend von Löwenberg 
entgegensehen. Jungst noch fand ich unter mir von Herrn 
DRESCHER gütigst mitgetheilten Schiefern eine trefflich erhaltene, 
mit Sporangien versehene Gleichenia, @l. Dresleriana m., dann 
ein Cannophyllites und endlich noch einen neuen Farnstamm. 
Ein weiter Rahmen für unsere subtropische Flora, dessen bal- 
dige Ausfüllung wir wünschen. 


649 


1. Ueber den Kainit und Kieserit von Stassfurt. 
Von Herrn €. Ramnmeısgerg ın- Berlin. 


Durch die Güte des Herrn Bergmeister Mertz in Bernburg 
erhielt ich ein mit dem Namen „Kainit“ bezeichnetes, neues, 
kalihaltiges Salz von Leopoldshall, dem anhaltinischen Theil 
des Stassfurter Salzlagers. | 

Es bildet eine feinkörnige Masse von gelblicher oder grauer 
Farbe, wird an trockner Luft nicht feucht, verwittert aber über 

‘ Schwefelsäure und löst sich in Wasser leicht auf. 

Eine Probe der gelben Abänderung, von Herrn PHıLıpp 

in meinem Laboratorium untersucht, hat gegeben: 


Fa Chlor 14,52 

S Kalium 13,54 
Natrium. 1330 
Schwefelsäure 32,98 _ 

Magnesia 16,49. 

Wasser 21.00 

99,83. 


Der Kainit ist mithin ein neues Doppelsalz 
(KCI + 2MgS) + Gag. 
Eine kleine Menge, etwa +, des Chlorkaliums ist durch 
Chlornatrium vertreten, denn die Formel 


un la 2MsS 6 
1 Na [ = us ) + ag. 


verlangt: 
Chlor 14,39 
Kalium 14,05 h 
Natrium 1,04 
Schwefelsäure 32,42 
Magnesia 16,21 
Wasser 21,89 
100. 


Grössere Stücke sind homogen, und sechs Proben einzel- 


650 


ner Stellen gaben immer denselben Magnesiagehalt 162 26 bis. 
17,12 PC), 2 

Die graue Abänderung enthält Steinsalz in blättrigen 
Massen eingewachsen. Eine von denselben gesonderte Probe 
lieferte: 


Chlor 19,61 
Kalium 12,00 
Natrium 5,63 


Schwefelsäure 29,30 
Magnesia 14,97 


Wasser 17,94 
99,05; 
sie enthielt also doch noch ungefähr 10 pCt. Steinsalz beige- 


mengt. 

10 Th. Kainit enthalten etwa 27,5 Chlorkalium. 

Löst man Kainit in Wasser auf, so krystallisirt zuerst das 
bekannte Doppelsalz (KS + MgS$) + 6aq heraus, welches 
ScaccHI aus Salzefflorescenzen vesuvischer Laven durch Aus- 
laugen gewonnen und Pikromerit genannt hat*), und welches 
. HERRMANN aus Mutterlaugen der Salzsäure von Schönebeck schon 
vor langer Zeit beschrieb. Die Analyse gab 10,5 bis 10,62 pCt. 
Magnesia (berechnet 9,94 pCt... Dann schiesst Bittersalz, 
MgS + Tag an, und in der Mutterlauge bleibt Chlormagne- 
sium und Oo 

Auch durch Alkohol kann man das Kali- Magnesiasulfat 
aus der Auflösung des Kainits fällen. 

Die Zersetzung des Minerals durch Wasser ist also eine 
zweifache: 

1) KCI + 2MgS = (KS + MgS) und MgCl 

2) KO + 2MS=  2MS undKdl. 

Was den Kieserit betrifft, so macht der sehr verschie- 
dene Wassergehalt desselben es nicht unwahrscheinlich, dass 
er ursprünglich wasserfrei ist. Eigene ältere Versuche, so 
wie spätere von BERNOULLI**) ergaben 1 At. Wasser, REICHARDT 
hatte etwas mehr als 3 At. gefunden, und Proben, die ich 
neuerlich habe untersuchen lassen, führten zu der Zusammen- 


setzung 2MgS + 3agq. (181 pCt. Wasser). 


*) Rora, der Vesuv S. 322. 
**) Diese Zeitschrift Bd. XII. S. 3066. 


A A 


651 


8. Die oberen Jurabildungen in Pommern. 
Von Herrn A. Sınegeck in Berlin. 


Nachdem in neuerer Zeit die oberen Jurabildungen von 
Hannover durch Herrn Oberbergrath Crepxer und Herrn Pro- 
fessor v. SEEBACH auf das Genauste bearbeitet worden sind, 
unternahm ich es, um die Kenntniss dieser Ablagerungen in 
Norddeutschland zu vervollständigen, die Kimmeridgebildungen 
Pommerns geognostisch und paläontologisch zu beschreiben. 
Das Material für den paläontologischen Theil der Arbeit habe 
ich theils selbst gesammelt, theils benutzte ich die Sammlun- 
gen des hiesigen Universitäts-Museums und der Berg-Akademie, 
in welcher die von GUMPRECHT und einige der von KLÖDEN gesam- 


melten Sachen aufbewahrt werden. Zu grossem Danke bin ich 


ferner Herrn Pastor STRECKER in Fritzow verpflichtet, welchem 
ich besonders die Mittheilung einiger seltenen Versteinerun- 
gen von dort verdanke. 

Zuerst werde ich versuchen, eine kurze Uebersicht uber 
die Litteratur zu geben, dann eine geognostische Beschreibung 
der Lokalitäten, hierauf eine Beschreibung und Kritik der Ver- 
steinerungen des oberen Jura von Pommern und zuletzt eine 
Vergleichung mit den organischen Resten der Kimmeridgebil- 
dungen anderer Länder. 


I. Litteratur. 


Die erste Notiz über anstehenden Kalk in der Nähe von 
Fritzow bei Kammin, welche von geognostischem Interesse ist, 
giebt W. Scauzz, Grund- und Aufriss im Gebiete der Bergbau- . 
kunde. Berlin. 1823. S. 7—9; er beschreibt die zu seiner Zeit 
sehr vollständig aufgeschlossenen Brüche, indem er besonders 
auf die Gesteinsverschiedenheiten Rücksicht nimmt und von 
Petrefakten nur ganz allgemeine Namen wie Östraeiten, Buc- 
earditen, Musculiten u.s. w. aufführt, ohne jedoch eine Ansicht 
über das Alter des Kalkes zu äussern. Eine so gut aufge- 


652 | ee 


schlossene Schichtenfolge, wie er sie beschreibt, war keinem 
späteren Beobachter vergönnt zu sehen. Von ÜOEYNHAUSEN, 
welcher später diese Gegend besuchte, fügt nichts Neues hinzu, 
äussert sich jedoch, nach dem Aussehen des Kalkes allein ur- 
theilend, dahin, dass es nicht Kreide, sondern Jura sei. Die 
ersten Bestimmungen von Petrefakten .ruhren von KLöpen her, 
welcher drei darauf bezugliche Aufsätze veröffentlichte: in 
.Karsten’s Archiv für Mineralogie, Geognosie, Bergbau und 
Hüttenkunde. Berlin. 1834. Bd. VII. S. 113—148, in den Balti- 
schen Studien. Stettin. 1835. Bd. III. S: 1—27 und in Kar- 
STENS Archiv, Bd. X. S. 627 — 640. 1837. In dem ersten 
Aufsatz kommt er durch irrige Bestimmungen zu der Ansicht, 
dass der Kalk von Fritzow Unteroolith sei. Dieser Meinung 
tritt F. A. RoEMmER in LEONHARD und Bronvw’s Jahrbuch 1837, 
S. 187 und 1840, S. 572 entgegen und erklärt, indem er sich 
auf 15 von ihm selbst bestimmte Petrefakten stützt, dass es 
Portlandkalk sei, dass aber tiefer auch oberer Ooralrag aufzutreten 
scheine. In dem letzten Aufsatz zählt KLöpen 103 Petrefakten 
auf, von denen er jedoch nicht immer die Art bestimmt hat; 
von den benannten Arten habe ich nur 20 aufgefunden und 
glaubte von den übrigen annehmen zu können, dass sie nicht 
richtig bestimmt wurden. Eine Kritik der letzteren zu geben 
war mir nicht möglich, da die aus der Kıöpzn’schen Samm- 
lung herruhrenden Versteinerungen von Fritzow nicht mit Ori- 
ginal-Bestimmungen versehen sind. Jedenfalls hat KLöpen das. 
Verdienst, die Aufmerksamkeit der Paläontologen zuerst auf 
Fritzow gelenkt zu haben; auch gelangte er in seinem letzten 
Aufsatz zu einem richtigen Urtheil über das Alter. 

Sehr grosse Muhe und Sorgfalt auf die Erforschung des 
Pommerschen Jura verwendete GUMPRECHT, dessen Beobach- 
tungen in Karsten’s Archiv 1846, Bd. XX. S. 404 veröffent- 
licht wurden. Ueber Fritzow selbst giebt er nichts Neues an; 
sein Citat der Exogyra virgula wird auf einem Irrthum beruhen, 
da diese Muschel, die ich selbst eben so wenig wie WESSEL 
daselbst gefunden habe, auch nicht in seiner Sammlung vor- 
handen ist. Durch unermüdliche Forschungen gelang es ihm 
aber, noch andere Punkte aufzufinden, wo weisser Jura in 
Pommern ansteht, und zwarzunächstbei Klemmen unweit Gulzow. 
Von hier führt er einige, auch von mir wiedergefundene Arten 
auf, benutzt jedoch dieselben nicht zu einer Altersbestimmung, 


653 


sondern legt nur Gewicht auf eine Gesteinsähnlichkeit mit den 
Schichten von Hoheneggelsen. Von einem zweiten Punkt bei 
Schwanteshagen, von wo er nur Trigonienabdrücke aufführt, 
beschreibt er genau das Vorkommen und die Gesteine und 
sagt, dass er anstehendes Gestein noch in der Nähe der Dörfer 
Böck und Zarnglaff angetroffen habe, jedoch ohne Verstei- 
nerungen. Der übrige Theil des Aufsatzes handelt von Unter- 
oolith und Kreide. 

Demnächst wendete WESSEL seine Aufmerksamkeit auf die 
geognostischen Verhältnisse von Pommern; er schrieb darüber 
seine Dissertation und einen Aufsatz in der Zeitschrift der 
deutschen geologischen Gesellschaft, 1854, Bd. VI. S.305. In 
der Dissertation handelt nur ein kleiner Theil vom weissen 
Jura, jedoch sind die darin gegebenen Bestimmungen beach- 
tenswerth, besonders da auch einige Arten abgebildet wurden. 
Die von ihm aufgestellten neuen Species erwähnt er in dem 
späteren Aufsatze nicht, weshalb ich sie als von ihm selbst 
schon eingezogen betrachte; in der That ist auch nur Myoconcha 
balticaeine als Steinkern noch nicht beschriebene Art, deren Namen 
ich vorläufig beibehalten habe. Seine Bestimmungen sind fast alle 
richtig, jedoch fehlt bei ihm eine genaue Altersbestimmung. Zu 
beiden Arbeiten hat er eine geognostische Karte der Oder- 
mündungen gegeben, von denen besonders die letztere die Ver- 
breituug des weissen Jura in Pommern deutlich zeigt. 

Auf einen anderen, etwas entfernteren Punkt, wo weisser 


‚Jura ansteht, Bartin bei Colberg, machte zuerst Herr Ober- 


bergrath RIBBENTROP aufmerksam, Zeitschr. der deutsch. geol. 
Gesellsch. Bd. V. S. 618 und 666, ohne jedoch etwas Ausführ- 
liches darüber zu geben. Denselben Punkt erwähnt Herr von 
DEM BoRNE in einem Aufsatze über die geognostischen Ver- 
hältnisse von Pommern, Zeitschr. der deutsch. geol. Gesellsch. 
Bd. VI. S. 505; er giebt kurz das Vorkommen an, eine Ge- 
steinsanalyse, jedoch keine Versteinerungen, er erkennt aber 
schon das gleiche Alter mit dem Fritzower Kalk. 


II. Geognostische Verhältnisse. 


Die oberen Jurabildungen treten in Pommern nur auf dem 
rechten ÖOderufer auf, und zwar immer nur an vereinzelten 


"Punkten. Nirgends treten sie mit Bestimmtheit mit einer älte- 


ren oder jüngeren Formation ausser Diluvium und Alluvium in 


er 
direkte Verbindung, so dass ihre Betrachtung ein abgeschlosse- 
nes Ganze bildet. Nach der petrographischen Beschaffenheit 
muss man drei verschiedene Typen der Entwickelung anneh- 
men, die Fritzower Mergel, den Klemmener und den Bartiner 
Kalk. Die Fritzower Mergel haben verhältnissmässig die 
grösste Ausdehnung, der Klemmener Kalk ist auf Klemmen 
beschränkt, wenn man absieht von dem in seiner Stellung nicht 
sanz sicheren Vorkommen in Schwanteshagen, und der Bartiner 
Kalk ist nur au einem Punkte beobachtet. 


l.. Die Fritzower Mergel. 


In der Nähe des Dorfes. Klein-Dievenow, welehes unge- 
fähr ‚1 Meile von Kammin entfernt ist, eine halbe Stunde nörd- 
lich von dem Kirchdorf Fritzow entfernt, liegt der sogenannte 
Kalkberg, 800 Schritt von der Küste der Ostsee; es ist ein 
kleiner, 20 Fuss: hoher Hügel, von dem ein grosser Theil schon 
abgetragen ist. Der Bruch, welcher gegenwärtig in Betrieb ist, 
hat eine ziemlich grosse Ausdehnung; in seinem westlichen 
Theile ist die Grenze des Mergels aufgeschlossen, er wird hier 
von Diluvialsand und Lehm abgelöst. Bei meinem letzten 
Besuche wurde auf dieser Seite ein Kanal nach dem Kamminer 
See gebaut, um das in den Bruch eindringende Seewasser, wel- 
ches die Ausbeutung der tieferen Schichten verhindert, abzuleiten. 
Nachdem 30 Fuss in Sand und Lehm gearbeitet worden 
war, folgte auf der südlichen Seite wieder derselbe Kalkmergel 
wie im Bruche, ziemlich steil ansteigend; in einer Entfernung 
von 40 Fuss wurde er wieder von Sand und Lehm abgelöst, 
welcher noch die ganze übrige Strecke, so weit man angefan- 
gen hatte zu bauen, ausfüllte. Auf der nördlichen Seite des 
12 Fuss breiten Kanales trat der Mergel eiwas später auf und 
endigte früher. Dieser unterirdische Kalkhügel und die Dilu- 
vialschichten, sowie auch der Kalkberg selbst sind 1 Fuss hoch 
von Dünensand bedeckt. Zwischen den beiden Kalkhügeln 
stiess man beim Kanalbau auf zwei sehr feste Kalkbänke von 
ungefähr 1 Fuss Mächtigkeit, welche beinahe senkrecht aufge- 
richtet waren und den Kanal der ganzen Breite nach durch- 
setzten. Dieser Kalkstein ist in frischem Zustande hart, von 
blaulicher Farbe; ein oolithisches Aussehen erhält er durch 
vielfach eingestreute, schwarze Körnchen, welche sich in Salz- 
säure vollkommen lösen und ihre Farbe Spuren von Eisen ver- 


ul N) 


655 


danken; kieselige Beimengungen sind sehr stark vertreten. An 
den Contactflächen mit den Sand- und Lehmschichten war das 
Gestein verwittert; die Verwitterungskruste schneidet scharf ab 
von dem festen Gestein. Die ganze Masse, auch die oolithi- 
schen Körner verändern ihre Farbe in eine lichtbraune, und 
das Gestein verliert auch etwas seine ursprüngliche Härte. 
Von Versteinerungen kommen in demselben nur Bruchstücke 
von Cidaris-Stacheln und unbestimmbare Reste von Muschel- 
schalen vor. ‘Es würde das Gestein mit dem von ScHuLz be- 
schriebenen blauen Rogenstein aus den unteren Schichten über- 
einstimmen; nach der Lagerung lässt sich jedoch an einen 
Zusammenhang mit den tieferen Schichten des Bruches nicht 
denken. Es ist möglich, dass sie von den tieferen Schichten 
des Bruches abgerissen an Ort und Stelle in dem Diluvium 
begraben wurden, nach ihrem geognostischen Vorkommen allein 
zu schliessen können sie jedoch auch durch einen Transport 
an diese Stelle gelangt sein. 

In dem Bruche selbst treten zwei erschiedEn: Gesteine 
auf, erstens ein fein oolithischer Kalkstein, dessen Körner un- 
gefahr von der Grösse eines Hirsekornes durch Verwitterung 
leicht kenntlich sind, im frischen Zustande durch ein kalkiges 
Bindemittel fest mit einander verbunden und reich an kieseligen 
Beimengungen. Die Farbe ist grau, öfters auch braun oder in’s 
Röthliche spielend. Anstehend ist das Gestein vielfach zerklüftet 
und bildet scharfkantige Blöcke; ein conglomeratisches Ansehen 
erhält es durch die zahlreichen Steinkerne, welche es birgt. 
Die Erhaltungsweise der organischen Reste stimmt ganz mit 
der von E. Suess (Jahrb. der geol. Reichsanst., 1860, Sitzungs- 
berichte Jan. 10, S. 9—10) geschilderten überein. Manche 


‚ Handstucke werden fast allein von Astarte plana, COyprina nu- 


culaeformis u. s. w. erfüllt, welche frei in der durch Auflösung 
der Schale gebildeten Höhlung liegen. Das andere Gestein 
ist ein fein oolithischer Mergel, anstehend weich, an der Luft 
erhärtend, von blendend weisser, gelblicher oder grauer Farbe, 
ebenfalls reich an organischen Resten und besonders geeignet, 
durch seine Feinkörnigkeit die Abdrucke der Schalen in allen 
Details zu bewahren. In diesem Gestein finden sich die 
grossen Steinkerne von Isocardia cornuta KLöpden und Phola- 
domya paucicosta. 

Diese Gesteine wechsellagern mit einander und zeigen 

Zeits.d.d,geol. Ges. XVII. 4. 43 


656 


keineswegs Schichten verschiedenen Alters an; denn die in 
ihnen enthaltenen organischen Reste sind- dieselben. Zuoberst 
_ treten Mergel auf von blendend weisser Farbe, dann folgt ooli- 
thischer Kalkstein, darauf dunkeler, grauer Mergel, oolithischer 
Kalkstein von bräunlicher bis röthlicher Farbe, dann wieder 
grauer Mergel, welcher den Boden des Bruches bildete. Der 
kleine unterirdische Kalkhügel besteht nur aus grauem, wei- 
chem Mergel. Wie schon oben angegeben folgt nach ScHuLz 
in dem Bruche ein fester, rogensteinartiger Kalkstein von 
bläulicher Farbe, sehr arm an organischen Resten, und darunter 
Sand, welcher dem an der naheliegenden Kuste der Ostsee zu 
Tage tretenden vollkommen gleichen soll. Dass unter dem 
Mergel fester Kalkstein auftritt, ist unzweifelhaft; denn allein 
seines Gewinnes wegen wird der Kanal gebaut. Von einigen 
in dem Bruche umherliegenden Blöcken sagten mir die Arbeiter, 
dass sie von unten heraufgefördert seien. Es ist dies ein 
dichter Kalkstein ohne jegliche oolithische Struktur, von licht- 
brauner Farbe, sehr hart, nicht selten mit Ausscheidungen von 
Kalkspathkrystallen, in welchem ich von organischen Resten 
nur einen Steinkern von Astarte plana und eine Serpula beob- 
achtetee Einen ähnlichen Kalkstein giebt ScHuuLz von dem 
Kaiserstein an, einem in der Nähe gelegenen, verlassenen Bru- 
‘che, sagt jedoch, dass 'er in dem ersten Bruche nicht vor- 
komme. Ich habe in dem Kaiserstein nur Mergel gesehen, 
aus dem Bruche selbst aber nicht den blauen Rogenstein. Es 
muss deshalb die Frage, wie es sich mit den tieferen Scehich- 
ten verhält, noch als eine offene betrachtet werden, jedoch steht 
durch den eifrigen Betrieb des Bruches eine baldige Losung 
derselben bevor. Dass zuunterst Sand liege, wie ScHuLz 
angiebt, bestätigte mir auch Herr Pastor STRECKER in Fritzow, 
dass es jedoch derselbe sei, wie der an der Küste der Ostsee 
zu Tage tretende, scheint mir zu zweifelhaft, um daraus wei- 
tere Schlüsse zu ziehen. Wäre es in der That richtig, so 
würde daraus folgen, dass diese Mergelablagerungen sich auf 
secundärer Lagerstätte befinden, wogegen schon ihr grosses 
Volumen, ihre deutliche Schichtung und das gleiche Streichen 
und Fallen derselben in den entfernteren Ablagerungen dessel- 
ben Mergels sprechen.. Sand aus den verschiedensten Forma- 
tionen kann sich vollkommen gleichen, und esist daher, wenn 
auch wirklich eine grosse Aehnlichkeit vorhanden ist, auf die- 


657 


selbe kein Werth zu legen; überzeugend könnten hier allein 
 Geschiebe sein, wenn sie in diesem Sande gefunden würden. 
Die Ansicht von GUMPRECHT, dass es Purbecksand sei, ist eine 
irrige, da die Schichten keine Analogie mit den fraglichen zei- 
gen und überdies auch älter sind als die Purbeckschichten. Am 
wahrscheinlichsten scheint es mir zu sein, dass dieser Sand 
tieferen Juraschichten angehöre, etwa vergleichbar den sandi- 
sen Ablagerungen, welche in der Nähe bei dem kleinen Dorfe 
Soltin mit bezeichnenden Formen des braunen Jura auftreten 
und auch schon bei Cammin selbst gefunden worden sind. 

Ausser dem schon erwähnten Kaiserstein, welcher unge- 
fähr 100 Schritt der Küste näher liegt als der Kalkberg, habe 
ich den Mergel an einem etwas südlicheren Punkte beobachtet. 
Verfolgt man den Weg von Fritzow nach dem Kalkberge, so 
- liegt zur rechten Seite kurz vor dem Walde auf einer kleinen 
Bodenerhebung eine Kalkgrube. Hier treten dieselben Mergel 
auf, jedoch vielfach zerbröckelt, die Mergelstüucke vermischt mit 

Dammerde und Sand; darunter lagen zahlreiche Steinkerne 
_ und ausserdem vielfach Geschiebe. Letztere deuten jedoch 
nicht mit Sicherheit darauf hin, dass diese Bildungen sich auf 
secundärer Lagerstätte befinden,- sondern man kann sich ihr 
Vorhandensein am einfachsten dadurch erklären, dass durch 
Risse und Spalten in den Mergelschichten das Diluvialmeer 
eingedrungen ist und die oberen Lagen durchwuühlt hat. ” Da 
der Mergel vielfach als Düngungsmittel auf die Felder gefah- 
ren war, so konnte ich die Ausdehnung des Kalkgebietes hier 
nicht weiter beobachten. 

In grösserer Entfernung tritt derselbe Mergel wieder bei den 
ungefähr 2 Meilen vom Kalkberge entfernten Dörfern Schwentz, 
Tripsow und Friedensfelde auf. Eine Kalkgrube befindet sich 
zwischen Tripsow und Schwentz höchstens 100 Schritt von 
letzterem Dorfe entfernt, zwei andere zwischen Schwentz und 
Friedensfelde, und auf den Feldern liegen vielfach die erhärte- 
ten Mergel und Steinkerne umher, so dass wir es hier wieder 
mit einem zusammenhängenden Kalkgebiet zu thun haben, wie 
es auch WEssEL auf seiner Karte angiebt. Nach Westen ist 
es schon bei Tripsow begrenzt; denn in der Nähe des Dorfes 
nach Brendemühl zu befindet sich ein Hügel, welcher aus den- 
selben Kreidemergeln besteht, wie sie weiter westlich bei Ne- 
mitz, Pribernow und an anderen Punkten zahlreich auftreten. 


43* 


658 
Zwischen diesen Mergeln und denen von Fritzow befinden sich 
‘keine weiteren Aufschlüsse, jedoch weiter östlich bei dem Dorfe 
Schwirsen ist derselbe Mergel aufgeschlossen. Er 
Geognostisch zeigen alle diese Brüche nichts Abweichen- 
des, sondern stimmen vollkommen mit Fritzow überein, sogar 


in dem Streichen und Fallen; letzteres ist an allen Punkten 5 
bis 10 Grad gegen die Küste der Ostsee. 


2. Der Klemmener Kalk. 


Etwas abweichende Bildungen treten in südlicher Richtung 
von dem eben geschilderten Kalkgebiete bei Klemmen unweit 
Gülzow auf. Auf dem Wege von Klemmen nach dem Vorwerk 
Bellitzow sieht man auf den Aeckern hier und da Bruchstücke 
eines oolithischen Gesteins umherliegen. Etwa 100 Schritt 
vom Dorfe gelangt man zu zahlreichen bis 30 Fuss tiefen Grä- 
ben, die, wie das angrenzende Gebiet, nur spärlich bewachsen 
sind und auf einen fruheren Betrieb des dort sich findenden 
Kalkes schliessen lassen. Hier ist es zweifelhaft, ob man es 
mit anstehendem Kalk zu thun hat. Die Bruchstücke sind. 
allerdings von Sand umschlossen, und zusammenhängende Mas- 
sen sind gar nicht vorhanden, so dass auch keine Schichtung 
zu sehen ist. Auffallend ist aber, dass an einigen Punkten, 
wo die Rasendecke entfernt ist, dieser Kalkstein in grossen 
Massen vorhanden ist, so dass das ganze Gebiet aus demsel- 
ben zusammengesetzt zu sein scheint. Man könnte sich es 
so erklären, dass in die vielfach zerklüfteten Kalkschichten 
durch Risse und Spalten der Sand von oben eingedrungen ist. 
Ich hoffte durch den nahe liegenden Bach Aufschluss zu be- 
kommen; dies war nicht der Fall, denn auch hier lagen nur 
vereinzelte Bruchstücke, und obgleich dicht an dem einen Ufer 
des Baches neben der Brucke ein kleiner Bruch vorhanden 
war, so war weder an den Ufern noch in dem Bett irgend 
etwas von anstehendem Gestein zu sehen. Dies bestärkte 
mich um so mehr in ‘der Ansicht, das Gestein für nicht anste- 
hend zu halten, als der Bruch einige Fuss höher liegt als das 
Bett des Baches. Dann scheint mir auch der Umstand darauf 
hinzudeuten, dass der Betrieb des Kalkes, welcher sich sehr 
gut zum Brennen eignet, aufgehört hat, was ich mir nur da- 
durch erklären kann, dass in der Tiefe das Material zu Ende 
gegangen ist. Von dem Wege aus gerechnet lassen sich die 


659 
Gesteinsstücke im Bache nur 20 bis 30 Fuss jederseits ver- 
folgen. Von Wichtigkeit ist dieser Kalk immerhin wegen der 
grossen paläontologischen Uebereinstimmung mit den Fritzower 
Ablagerungen; sämmtliche hier vorkommende Arten treten in 
Fritzow auch auf, die organischen Reste sind jedoch viel spär- 
licher, mit Ausnahme einiger Stücke, welche ganz von Terebra- 
tula subsella oder Rhynchonella pinguis oder Üerithium limae- 
forme erfüllt sind; die zur Erhaltung der organischen Reste 
ungünstige petrographische Beschaffenheit mag dies bewirken. 

Am häufigsten ist ein grob oolithischer Kalkstein, dessen 
Körner von der Grösse eines Hirse- bis zu der eines Schrot- 
kornes durch ein loses Bindemittel mit einander verbunden sind, 
so dass er eine sehr geringe Härte besitzt. Ein anderer Kalk- 
stein zeichnet sich durch grössere Härte aus, die oolithischen 
Körner sind kleiner und fest mit einander verbunden; kieselige 
Beimengungen sind häufig. Er-wird mitunter ganz von den 
schon oben angeführten Versteinerungen erfüllt. Durch Ver- 
witterung wird das Gestein weich und weiss, und das Wasser 
des Baches wäscht dann die Terebrateln und Rhynchonellen 
heraus. 

GUMPRECHT fand noch einen anderen Punkt auf, namlich 
Schwanteshagen, wo Kalk vorkommt. Als ich diese Gegend 
bereiste, fand ich nur einen unbedeutenden Hügel auf der Süd- 
seite des Völperbaches nicht weit von der Schwanteshagener 
Mühle. Hier ist kein Grund vorhanden, das Gestein nicht 
für anstehend zu halten. Die Schichten, welche deutlich zu 
unterscheiden sind, fallen ungefähr 5 bis 10 Grad nach 
Nordwesten ein und sind etwas zerklufte. Zunberst liegt 
ein sehr weiches, kreideweisses Gestein, welches mir ein Ver- 
witterungsprodukt zu sein scheint; gleiche Stücke kommen auch 
in Klemmen vor. Darunter folgen festere Gesteine, ähnlich den 
Klemmenern, jedoch ohne irgend welche bestimmbare organische 
Reste. Nur die Aehnlichkeit des Gesteins ist es, welche mich 
veranlasst, diese Bildungen denen bei Klemmen beizufügen; 
über das Alter lasst sich nichts Bestimmtes sagen. 

In der Königl. Berg-Akademie befinden sich schiefrige 
Kalksteine in der GUMPRECHT’schen Sammlung, welche @ervillia 
pernoides Dasum. (Eraunon, Leth. bruntr. p. 233 Taf. 31 
Fig. 1) und Trigonia angulata Sow. enthalten. Dieses Gestein 
soll von Schwanteshagen herrühren, stimmt jedoch keinesweges 


660 


mit dem von mir beobachteten überein: es wäre möglich, dass 
es nur vereinzelt dort vorkommende Geschiebe sind. Trigonia 
angulata tritt in Geschieben des braunen Jura in Pommern 
auf, was aus der Sammlung des Herrn Pastor STRECKER er- 
sichtlich ist. 


| 3. Der Bartiner Kalk. 


In der Nähe des Dorfes Bartin bei Colberg auf dem Wege 
nach Dammgarth liegt ein kleiner mit einem Fichtengehölz be- 
wachsener Hügel, in welchem sich zwei grosse Brüche befin- 
den. Die oberen Schichten dieser Brüche bestehen aus einem 
Kalkstein, welcher dem dichten, aus tieferen Schichten herrüh- 
renden von Fritzow petrographisch gleicht. Leider lag der- 
selbe zu hoch, um die zahlreichen in ihm vorkommenden Ver- 
steinerungen zu sammeln. Einige Stücke, welche ich von einem 
Arbeiter erhielt, schlossen folgende Arten ein: Nerinea fasciata, 
Cerithium limaeforme, unbestimmbare Steinkerne von Lamelli- 
branchiaten und Korallen, welche sich sämmtlich auch in Fritzow 
finden. Darunter liegt ein weisser, fein oolithischer, stark 
abfärbender Kalkstein, welcher sehr arm an organischen Resten. 
ist; ich selbst habe in demselben trotz langen Suchens nichts 
von Bedeutung gefunden, aber in Stücken, welche Herr Ober-' 
Bergrath RıBBENTRoP im Berliner Museum niederlegte, befinden 
sich Ammonites Eudozus, Cerithium limaeforme, Exogyra Brun- 
trutana und andere. Die Schichten fallen mit 10 Grad 
nach Südwesten ein, und zwischen ihnen liegen fingerdicke 
Lagen eines schwarzen Thones, in welchem ich vergeblich 
organische Reste suchte. Nach den Versteinerungen muss 
man beide Schichtenfolgen als derselben Zone angehörig be- 
trachten. 


IE. Paläontologischer Theil. 
Polypi. 
l. Thamnastraea gracilis (0LDF. Sp. 


Petref. Germ. t. 38 £. 13. 


Schwentz, Fritzow. 

Diese Koralle bildet einen dünnen Ueberzug und besteht 
aus sehr kleinen Zellen mit ringförmigem Centrum; die Stern- 
lamellen der benachbarten Zellen verfliessen in einander, wie 


| 661 

f i | 
. es QUENSTEDT bei seiner Familie der confluenten Astraeen an- 
giebt; es entstehen dann entweder gerade oder wenig gekrummte 
oder gebrochene Linien. Die einzelnen Lamellen sind dureh 
Querleistehen mit einander verbunden, so dass der Zwischen- 
raum zwischen 2 Lamellen punktirt erscheint. 

Reste unbestimmbarer Korallen habe ich ausserdem in 
Fritzow und Bartin gefunden, 


Echinidae. 


2. Hemicidaris Hoffmanni Rornm. Sp. 
Ool. Geb. p. 25 t. 1 f. 18. 
Desor, Syn. des Echin. foss. p. 53. 
Fritzow. a f 
Schale halbkugelförmig, oben abgeplattet; die Ambulacral- 
felder sind etwas wellig gebogen und nach unten erweitert; 
ihre Tuberkeln (Semituberkeln Drsor’s) erreichen eine ziem- 
liche Grösse und sind in zwei alternirenden Reihen angeordnet. 
Auf den Interambulacralfeldern befinden sich 7 oder 8 grössere 
Warzen, welche oben und unten mit ihren Basen zusammen- 
stossen und nur in der Mitte durch eine wellige Hockerreihe 
von einander getrennt sind. Dazugehörige Stacheln habe ich 
nicht beobachtet. Acrosalenia aspera Ag. Echin. Suis. p. 41 
t. 18 f. 1-10 erklärt ErauLos in seiner Lethaea bruntrutana 
für ident mit dieser Species; dies ist jedoch nicht möglich, da 
der Ovarialring eine vollkommen andere Beschaffenheit hat. 


8. Oidaris elongatus RoEnM. 
Ool. Geb. p. 27 t.1 f. 14, 18. 


Klemmen. 
Ein Seeigelstachel, auf dessen Bestimmung ich kein Ge- 
wicht lege, und den ich nur der Vollständigkeit wegen anführe. 


4. Echinobrissus scutatus Lam. sp. 
GorLpruss, Petr. Germ. p. 140 t. 43 £. 6. 
Nucleolites planatus Roem., Ool. Geb. p. 28 t. 13 £. 1. 

Klemmen, 

Gestalt beinahe vierseitig, nach vorn etwas verschmälert, 
hinten gerade abgestutzt und mit einer seichten Einbuchtung 
versehen, bewirkt durch die Afterfurche. Die obere Seite ist 
ziemlich regelmässig convex, der Scheitel liegt in der Mitte, 


662 


die Lage des Mundes ist an dem vorliegenden Exemplar nicht 
zu sehen. Die Ambulacralfelder erweitern sich etwas nach 
unten und verschwinden allmälig. 


5. Pygurus Blumenbachii Koch u. DUuNkER sp. 
Beitr.-p. 37 1.48 1. 
 Desor, Syn. des Echin. foss. p. 313. 

Bartin. 

Schale niedergedruckt, fünfseitig, hinten in einen Schna- 
bel endigend. Von Kock und Dunker’s Art weichen die vorlie- 
senden Exemplare nur darin ab, dass die beiden den Schnabel 
bildenden Seiten gerade und nicht ausgebuchtet sind. - Die 
Lage des Scheitels ist subcentral, und auf der concaven Unter- 
seite liegt ihm der fünfseitige Mund gegenüber, welcher von 
fünf Wulsten umgeben ist, der After liegt am Ende des Schna- 
bels. Die Ambulacralfelder sind blumenblattartig, verengen 
sich ungefähr nach dem zweiten Drittel ihrer Länge und sind. 
auf der Basis noch erkennbar; das unpaare ist schmäler als die 
anderen. ; 


6. Im Berliner Museum. befindet sich ein Bruchstuck 
eines Seeigels aus Fritzow, dessen Gattung nicht zu bestim- 
men ist; von Pygurus Blumenbachü ist er durch die einfach 
blattformigen, nach unten nicht verengten Ambulacralfelder 
unterschieden. 


7. Holectypus corallinus D’ORB. 
Desor, Syn. des Echin. foss. p. 170 t. 23 f, 1-3. 

Fritzow. 

Die Schale ist kreisrund, bei älteren Individuen flach, bei 
jüngeren mehr erhaben. Der After ist sehr gross und nimmt 
fast den ganzen Raum zwischen dem centralen Munde und 
dem Rande ein. Die Tuberkeln sind auf der Oberseite sehr 
klein, auf der Unterseite uber noch einmal so gross. Die zwi- 
schen den Haupttuberkeln liegenden Tuberkeln auf den Ambu- 
lacralfeldern (granules miliaires Dssor’s) sind unregelmässig 
zerstreut; dies unterscheidet diese Art von H. depressus GOLDF. 
sp. p. 129 t. 41 f. 3, bei welchem die nämlichen Tuberkeln 
horizontal angeordnet sind. 


663 


Bryozoa. 


8. Bei Tripsow fanden sich sehr kleine Körper, auf- 
gewachsen auf Muscheln, von baumformiger Gestalt; von einem 
zusammengesetzten Stiel gehen nach oben und den Seiten viele 
Aeste aus, welche sich wiederum mehrfach dichotomisch thei- 
len. Aehnliche Gestalten habe ich aus den Kimmeridgebildun- 
gen nicht auffinden können; ihre Zugehörigkeit zu den Bryo- 
zoen unterliegt jedoch keinem Zweifel, da durch Aetzen mit 


‘ Salzsäure die Zellen deutlich zu sehen waren. 


Brachiopoda. 


9. Terebratula subsella Lryı. 
T. biplicata Rorm., Ool. Geb. p. 53 t. 2 f. 4, 8. 
T. orbiculata*) Rorn. (pars), Ool. Geb. p. 52 1.2 £. ©. 
T. suprajurensis Tuurm., Leth. bruntr. p. 283 t. 41 £. 1. 
T. Viadrina Wesser, Dissertation p. 25 f. 3. 

Fritzow, Klemmen. 

Alle Individuen dieser Art sind ausgezeichnet durch den 
weit übergebogenen Schnabel mit grossem Loch, von welchem 
eine scharf ausgeprägte Erhebung sich auf die Rückenklappe 
fortsetzt; im Uebrigen ist die Mannichfaltigkeit der Formen sehr 
gross und nach dem Alter verschieden. Die jungen Individuen 
haben einen kreisrunden Umriss und einen einfachen, nicht 
gekrummten Stirnrand, die Bauchklappe ist flach. Mit Zunahme 
des Alters tritt zuerst eine schwache Inflexion des Stirnrandes 
ein, welche sich dann allmälig zu zwei deutlichen Falten aus- 
bildet, wobei zugleich eine Erhebung der Bauchklappe beider- 
seits eintritt. Der Umriss kann bis zu einer bedeutenden 
Grösse kreisrund bleiben, wie dies bei 7. rotundata Rorm. der 
Fall ist, von deren Identität ich mich nach Originalen Ror- 
MER’sS aus Hoheneggelsen überzeugt habe; auch v. SEEBACH 
weist darauf hin. Ferner treten Formen auf, bei denen die. 
Schalen mehr in die Länge ausgedehnt und aufgebläht sind; 
diese Gestalten mit doppelter Faltung des Stirnrandes kann 
man als den Typus der Art ansehen. Bei den ältesten Indi- 
viduen verschwindet wieder die mittlere Einbiegung der Bauch- 


*) In Roruer’s Ool. Geb. hat sie im Verzeichniss der Abbildungen 
den Namen T. rotundata; ebenso bei einigen Extmplaren des Berliner 
Museums aus Hoheneggelsen, die er selbst bestimmt hat. 


Ba >. 


klappe, die Rückenklappe hat aber eine beträchtliche Aufbie- 

gung gegen erstere. Zwischen diesen Formen treten noch man- 
nichfaltige Zwischenstufen auf; Formen jedoch, die sich der 7. 
humeralis Rosm. nähern, wie dies WesseEL angiebt, habe ich nicht 
beobachtet. 


10.  Rhynchonella pinguis RoEnm. sp. 
Ool. Geb. p. 41 t. 2 £. 15. 
Leth. bruntr. p. 290 t. 62 £. 5. 

Fritzow, Klemmen. 

Ausgezeichnet durch die in der Mitte gewölbte und auf- 
geblähte Bauchklappe, den spitzen, wenig übergebogenen Schna- 
bel mit mässig grossem Loche und die Area, welche halb so 
hoch wie breit ist; auch hier ist die Mannichfaltigkeit der For- 
men sehr gross. Die jüngeren Individuen sind bei mässiger 
Dicke breiter als hoch; auf der Bauchklappe haben sie einen 
unbedeutenden Wulst, so dass der scharfe Stirnrand wenig ge- 
krümmt erscheint. Mit zunehmendem Alter schwillt die Bauch- 
klappe mehr an, die Stirn wird breit und die Ruckenklappe 
steigt weit hinauf in die Bauchklappe. Zwischen diesen Ge- 
stalten finden sich vielfache Zwischenformen durch unsymme- 
trische Ausbildung des Stirnrandes. Der Stirnrand kann auf 
der einen Seite mehr oder weniger gehoben sein; auf welcher, 
ist ganz unbestimmt. Diese Unsymmetrie kann sich so weit 
ausdehnen, dass der Sinus der Rückenklappe ganz verschwin- 
det und die eine Seite der Schale erhoben, die andere gesenkt 
erscheint. Letztere Formen haben grosse Aehnlichkeit mit RA. 
inconstans aus dem englischen Kimmeridge; K. v. SEEBACH hat 
jedoch durch Vergleichung der Originale die Verschiedenheit 
der Arten festgestellt. 


Kann ellabrsnıchiern 


ll. Ostrea solitaria Rom. 
Ool. Geb. p. 58 t. 3 f. 2. 

Fritzow, Bartin. 

Eine gefaltete Auster, deren Habitus im Allgemeinen leicht 
erkennbar ist. Die Schalen sind eiförmig bis kreisrund, die 
untere Klappe gekielt und mehr gewölbt als die obere, mit einer 
kleinen Anwachsstelle.e Die Rippen sind im Allgemeinen sehr 
gleichmässig dichotomisch getheilt und scharf und hoch an dem 


665 


Rand hervortretend, welcher in Folge dessen mehr oder minder 
regelmässig zickzackförmig gekrümmt ist. Die Innenseite der 
Schalen ist einfach wellenförmig. Diesen typischen Formen 
hat EraLLon den Namen O. semisolitaria gegeben und unter 
‚dem Namen O. Langü (t. 40 £.3) solche Formen abgezweigt, 
welche weniger regelmässige Rippen haben und eine grössere 
Ausdehnung in die Länge; diesen würde sich ein Bartiner 
Exemplar anschliessen. Andere Formen, die sehr flache Scha- 
len haben, und deren Rippen nicht scharf abgesetzt sind, hat 
er O. solitaria Sow. (non Rorn.) genannt. Dass jedoch diese 
Unterschiede nicht so bedeutend und durchgehend sind, um 
neue Arten zu begründen, hat schon mein Freund H. CREDNER 
in seiner Dissertation uber die Pterocerasschichten von Han- 
nover S. 35 nachgewiesen, höchstens kann man sie als Varie- 
taten bezeichnen. 


12. Ostrea muliiformis Dunker u. Koch. 
 Beitr. p. 45 1.4 f. 11 a-f. 
' Fritzow, sehr häufig. 

Diese Art ist, wie schon der Name sagt, sehr mannich- 
faltig in ihrer Gestalt, wovon die Abbildungen bei Dunker und 
Koch ein gutes Bild geben. Es ist eine kleine, dünnschalige 
Auster, wesentlich mit glatter Oberfläche, jedoch tritt mitunter 
“an den Rändern schwache Fältelung auf. Letztere Formen 
zweigt v. SEEBACH unter dem Namen O. rugosa ab, mit Aus- 
nahme der O. falciformis, welche sich durch ihre Gestalt aus- 
zeichnet. Der Umstand, dass sie sich mit ihrer unteren Schale 
an andere Muscheln festsetzt und deren Skulptur auf der obe- 
ren wiedergiebt, hat zu mannichfachen Irrthumern Veranlassung 
gegeben. Schalen, auf denen die Skulptur der Goniolina geo- 
metrica ausgeprägt ist, haben RoEMER veranlasst, diesem räthsel- 
haften Fossil den Namen Chama, ContEJEAn, den Namen Tere- 
bratula zu geben. 


13. Exogyra Bruntrutana Turn. 
Levm£rıe, Stat. de P’Aube t. Sf. 1. 
E. spiralis GoLor., Roemer, Ool. Geb. p. 60. 
Fritzow, Klemmen, Bartin, sehr haufig. 
Kleine, dünnschalige Exogyren, deren grössere Klappe ge- 
kielt und mit dem dadurch begrenzten vorderen Theile ganz 


666 


oder theilweise aufgewachsen ist; der hintere Theil stelit auf 
dem vorderen beinahe rechtwinklig. Die Oberfläche der Scha- 
len ist unregelmässig concentrisch gestreift, die Deckelklappe 
innen gezähnelt. Rn 


14. Anomia undata ÜOoNTEJEAN. 


Etud. Kimm. p. 324 t. 24 f. 8. 
. Crepner, Dissertation t. 2 f. 9. 


Per 


Tripsow. ” 

Die Schalen sind kreisrund, nur mit concentrischen An- 
wachsstreifen versehen, ohne Radialskulptur; die Durchbohrung 
der einen Klappe konnte ich nicht beobachten. 


15. Pecten strictus MUNSTER. 
Goıpruss, Petref. Germ. t. 91 f. 4. 
Roemer, Ool. Geb. p. 69. 

Fritzow, Klemmen. 

Die Schalen sind ei- bis kreisrund, ziemlich gleichklappig 
und wenig gewölbt, die Ohren ungleich, concentrisch und ra- 
dial gestreift, die übrige Schale mit feinen, regelmässigen 
Radialstreifen versehen. Die concentrische Streifung ist bei 
den typischen Individuen ganz untergeordnet und nur mit be- 
waffnetem Auge zu erkennen. Pecten varians unterscheidet sich 
durch die ungleichen Radialstreifen, welche durch das Hinzu- 
treten von concentrischen geschuppt erscheinen. Obgleich im 
Allgemeinen die Trennung leicht ist, so finden sich doch mit- 
unter Individuen, bei denen die Beschuppung zurücktritt, und 
welche dann kaum von P. strictus zu unterscheiden sind; so 
habe ich zwischen zwei Exemplaren beider Arten aus dem 
Universitäts-Museum, die mit Roemer’s Originalbestimmungen 
versehen waren, keinen Unterschied auffinden können. Grössere 
Formen, deren Radialstreifen auch beschuppt erscheinen und 
theilweise mehr hervortreten, rechne ich mit v. SEEBACH 
(Han. Jur. p. 98) auch hierher. Diese sind leicht von grösse- 
ren Individuen des P. varians zu unterscheiden, dessen Rippen 
geringer an Zahl, verschieden stark ausgebildet und weniger 
gedrängt sind. 

P. Benedicti Coxtus. Et. Kimm. p. 213 t. 23 f. 13—15 
und P. Billoti, f. 22—24, rechne ich hierher, da sie von den 
grösseren Individuen des ?. strictus nicht zu unterscheiden sind. _ 


667 
16. Pecten varians Ron. 
Ool. Geb. p. 68 t. 3 £. 19. 
Fritzow, selten. 


Die charakteristischen Merkmale. dieser Art sind schon 
bei der vorhergehenden angegeben. 


17. Pecten’octocostatus? RoEnm. 
Ool. Geb. p. 69 1. 3 f. 18. 
Leth. bruntr. p. 252 t. 85 f. 7. 

Schwirsen. 

Eine sichere Bestimmung war nicht möglich, da mir nur 
ein Bruchstüuck vorlag. Die sparsamen und wenig hervortre- 
tenden Rippen dieses grossen Pecten sind durch einen Zwi- 
schenraum von einander getrennt, welcher viel grösser als sie 
selbst ist; ausserdem waren nur noch concentrische Streifen 
sichtbar. 


18. Pecten sp. ind. 


Schwirsen. k | 


Ein grosser, nur theilweise erhaltener Peceten mit unregel- 
mässiger Radialskulptur. 


19. Lima densipunctata Rorm. 
Ool. Geb. p. 79 t. 14 f. 3. 


Fritzow, Tripsow. 

Die Schalen sind quer oval, vorn gerade abgestutzt, hin- 
ten gewölbt, ausgezeichnet durch radiale Streifen, welche von 
einzelnen ovalen, quer uber einander stehenden Punkten ge- 
bildet werden. Es kommen auch kleinere Individuen von der- 
selben Gestalt vor, welche sich dadurch unterscheiden, dass 
die ebenfalls punktirten Streifen nur die vordere und hintere 
Seite der Schale bedecken, nach der Mitte hin weiter ausein- 
anderstehen und die Mitte selbst frei lassen. Es sind dies 
wahrscheinlich jüngere Individuen, und man könnte sie höch- 
stens als eine Varietät bezeichnen. Häufig finden sich die 
Steinkerne allein, die dann leicht an der Gestalt zu erken- 
nen sind. 


ER 


668 


20. Lima cf. comatula Buv. | 
Dep. de la Meuse p. 22 t. 18 f. 20—23. 

Fritzow. 

Sie unterscheidet sich von der nor Art durch 
die Gestalt und Skulptur. Die vordere Seite nicht gerade ab- 
gestutzt, sondern ausgebuchtet, und die Oberfläche der Schale 
hier und da unregelmässig aufgebläht. Die radialen Streifen 
sind weniger deutlich punktirt und verlaufen nicht gerade, son- 
dern wellenförmig und winklig, was durch die sie kreuzenden 
Anwachsstreifen bewirkt wird. 


21. Lima costulata Ronn. 
Nachtr. p. 30 t. 18 £. 28. w 

Fritzow, Tripsow. | | 

Kleiner als die vorhergehenden Arten, von schief eirunder 
Gestalt, vorn gerade abgestutzt und sehr hoch gewölbt, nach 
hinten sich verflachend, die Wirbel stehen weit von einander 
ab. Die Skulptur besteht in ungefähr 20 Rippen, welche hin- 
ten weniger deutlich sind als vorn. Die Erhaltung ist als Stein- 
kern, jedoch so, dass die Skulptur abgedruckt ist. 

L. Greppini Er., Leth. Bruntr. p. 240 t. 32 f. 10 unter- 
scheidet sich von L. costulata nur dadurch, dass der Zwischen- 
raum zwischen den Rippen kleiner ist als diese selbst. Wie 
sich dies bei den vorliegenden Exemplaren verhält, ist nicht 
zu sehen, da die Schale fehlt. 


22. Avicula pectiniformis SCHLOTH. Sp. 
Petrefaktenk. I. p. 231. 
Lima proboscidea Sow., Min, Conch. Br 264. 

Fritzow. 

Eine sehr grosse, leicht kenntliche Art, die gewöhnlich 
unter dem SoweErkY’schen Namen aufgeführt wird. Die Gestalt 
ist breit eirund, die Wirbelgegend sehr aufgebläht, der Schloss- 
rand gerade, vorn ein deutlicher. Byssusausschnitt, weshalb 
diese Art nicht zu Lima gehören kann, worauf Herr Professor 
BRYRicHh in seinen Vorlesungen aufmerksam machte. Der Mus- 
keleindruck ist weit nach oben gerückt und der Raum, den 
das Thier selbst einnahm, im Verhältniss zur übrigen Schale 
klein. Die Schale ist dick und lamellös, radial gestreift und 
mit einzelnen unregelmässigen Höckern versehen; an Steinker- 


669 


nen sieht man am Rande flache Falten, sonst nichts von 
Skulptur. 


23. Avicula modiolaris MÜNSTER. 
 Roener, Ool. Geb. p. 87 1.5 £. 1. 


Fritzow, Tripsow. 

Gestalt eirund, beide Klappen ungleich, die linke gewölbt, 
die rechte concav und nur an den Wirbeln erhaben, wo sich 
am Steinkern kleine Wärzchen befinden. Der vordere Flügel 
ist klein, der hintere gross, die Mittellinie bildet mit der 
Schlosskante ungefähr einen Winkel von 45 Grad. Da die 
Schale fehlt, ist von der Skulptur nichts zu sehen. H. Crep- 
nER (Dissert. p. 38 t. 2 f. 10) stellt diese Art zur Gattung 
Gervillia; dies ist jedoch nicht möglich, da an der rechten 
Schale ein Byssusausschnitt deutlich zu sehen ist. 


24. Avicula cf. oayptera Cote. 
Etud. kimm. p. 302 t. 19 £, 7. 


Klemmen. 

Die Merkmale dieser Muschel sind sehr unkenntlich, mit 
ÜONTEJEAN s Species stimmt sie in dem spitzen Winkel, welchen 
die Mittellinie mit der Schlosslinie bildet, überein und in der 
bedeutenden Länge des hinteren Flügels; der vordere scheint 
etwas länger zu sein. 


25. Gervillia ventricosa Dunker u. Koch. 
Beitr.p. 411.582, 
G. obtusa Roem., ‚Nachtr. t. 18 £. 21. 
Avicula obligua Buv. Dep. de la Meuse t. 18 f. 383—40. 
Fritzow. | 
In der äusseren Form nähert sie sich sehr Avicula, aber 
sie hat ein deutliches Gervillienschloss. Beide Klappen sind 
gleichmässig gewölbt, der Winkel, welchen die Mittellinie mit 
dem Schlossrande bildet, beträgt ungefähr 30 Grad, der vor- 
dere Flügel ist sehr kurz und nur bei Abdrücken, nicht bei 
Steinkernen, zu sehen, der hintere ist länger. An den Wirbeln 
sind bei den Steinkernen Wärzchen vorhanden, der Muskelein- 
druck ist tief nach unten gelegen. Die Schale selbst ist nur 
mit concentrischen Anwachsstreifen versehen. 


670 


26. Gervillia tetragona Ron. 

Ool. Geb. p. 85 t. 4 f. 11. 

@. aviculoides Sow., GoLDFUuss, Petref. Germ. p- 123 t. 15 f. 8. 
@. Kimmeriins D’ORB., Prod II. p. 59. | 

Fritzow. 

Sie zeichnet sich durch ihren vierten Querschnitt aus, 
welcher daher ruhrt, dass die Schalen auf dem Rucken erha- 
ben, sogar gekielt sind und nach beiden Seiten hin in schnei- 
dige Ränder auslaufen. Der vordere Flügel ist etwas länger, 
als es Rormer’s Figur anzeigt, jedoch unvollständig erhalten, 
indem die vordere Spitze mehr oder minder abgebrochen ist; 
vor den Wirbeln ist eine Einschnüurung. Der hintere Flügel 
ist gewöhnlich wenig ausgebildet; damit steht in Zusammen- 
hang die Kürze des Schlossrandes, welcher mit der Mittellinie 
einen spitzen Winkel bildet. Es finden sich meist Steinkerne 
von der Grösse, wie sie Roxmer abbildet, jedoch habe ich auch 
einen von doppelter Grösse gefunden; ferner stelle ich vor- 
läufig auch Abdrücke sehr grosser Individuen hierher, welche 
sich in der GumprecHht’schen Sammlung befinden. Dass die 
Grösse sehr bedeutend sein kann, sagt auch ÜONTEJEAN. 


27. Perna subplana Er. 
Leth. bruntr. p. 231 t. 31 £. 4. 
P. Thurmanni Contes. Et kimm, p. 308 t. 21 f. 12, 

Fritzow, Klemmen. 

Steinkerne, welche sich durch den nahezu rechten Winkel, 
den die Mittellinie mit dem Schlossrande bildet, und eine 
sanfte vordere Ausbuchtung auszeichnen. Diese Ausbuchtung 
kann jedoch ausnahmsweise sehr gross werden, so dass ein 
nahezu rechter Winkel gebildet wird; Uebergänge beweisen, 
dass diese Formen nicht zu trennen sind. 


28. Perna mytiloides Lan. 
Gouoruss, Petref. Germ. t. 13 f. 12. 

Fritzow. 

Sie unterscheidet sich von der vorhergehenden Art durch 
den spitzen Winkel, welchen die Mittellinie mit dem Schloss- 
rande bildet; die Wirbel treten ganz nach vorn, und eine sanfte 
Ausbuchtung ist auch vorhanden. Möglicherweise ist diese 
Art mit der vorhergehenden ident, ich habe jedoch bis jetzt 
noch keine Uebergänge beider Formen beobachtet. 


671 


29. Mytilus jurensis Mer. 
A. Rorner, Ool. Geb. p. 89 t. 4 £. 10. 
Leth. bruntr. p. 220 t. 29 f. 4. 

Fritzow. Et fö 

Von ausgezeichneter Gestalt, die Wirbel liegen nach vorn, 
die vordere Seite ist ausgebuchtet und bildet mit dem Liga- 
mentrande einen sehr spitzen Winkel; an diesen stösst die ab- 
gerundete Basis unter einem stumpfen Winkel. Vorn sind die 
Schalen am dicksten, nach hinten fallen sie sanft ab. Es sind 
nur Steinkerne, die gewöhnlich sehr gross sind, jedoch fin- 
deu sich auch kleinere von derselben Gestalt, welche ich für 
Jugendzustände halte. 


30. Mytilus pectinatus Sow. 
Min. Conch. t. 282 f. 2. 
A. Rozmer, Ool. Geb. p. 89 t. 4. f. 12. 

Fritzow, selten. 

Die Schale ist länglich eirund, oben verschmälert, vorn 
abgestutzt und hier die grösste Dicke erreichend. Die Ober- 
fläche ist radial gestreift; die Radialstreifen werden von einigen 
concentrischen durchschnitten und theilen sich an den Durch- 
schnittspunkten nach unten. An der breiteren, vorderen Fla- 
che sind die Radialstreifen etwas schwächer und verlieren sich 
überhaupt in der Nähe der Wirbel. 


öl. Modiola imbricata Sow. 
Min. Conch. t. 212 £. 1. 
A. Rormer, Ool. Geb. p. 92 1.5 £. 8. 
Leth. bruntr. p. 220 t. 29 f. 2. 
v. Szesacu, Hannöverscher Jura p. 119. 

Fritzow, Tripsow. 

Die Schalen sind länglich oval, scharf concentrisch ge- 
streift. Von den kleinen, etwas nach hinten gelegenen Wirbeln 
geht diagonal nach der vorderen Ecke eine erhabene Kante. 
Der durch diese begrenzte vordere Schalentheil ist unten sanft 
ausgebuchtet. Ueber der Mitte sind die Schalen am dicksten, 
etwas tiefer, wo die Ligamentrinnen endigen, am 'breitesten. 


32. Pinna granulata Sow. 
Leth. bruntr. p. 217 t. 28 £. 3, 
P. ampla Gouor., Petref. Germ. p. 10605 t. 79 £. 1. 
Fritzow. 
Die Steinkerne dieser grossen Art haben eine schinken- 
Zeits.d.d.geol.Ges. XVII 4. 44 


672 

förmige Gestalt, der hintere Rand ist gerade, der vordere sanft 
ausgebuchtet. Von den Wirbeln läuft eine stumpfe Kante nach 
dem unteren Rande; sie liegt dem hinteren Rande näher als 
dem vorderen, und die Schale fällt auch nach hinten ziemlich 
steil, nach vorn sanfter ab, wodurch ein trapezförmiger Quer- 
durchschnitt entsteht. Die äussere Schale ist mitunter theil- 
weise erhalten, sie ist radial gestreift, die Streifen theilen sich 
wieder unregelmässig, und dazwischen liegen zahlreiche Warzen 
von verschiedener Grösse. 

In den meisten Fällen ist auf den Steinkernen nur eine 
dünne Faserschicht erhalten, welche 2 bis 3 Linien breit auf 
der stumpfen Kante liegt und nicht bis an die Wirbel hinauf- 
reicht. Die Anwachsstreifen dieses Bandes sind vertical und 
bilden oben einen kleinen Bogen. Etwas Analoges findet sich. 
auch bei lebenden, ausländischen Pinnen, welche Herr Dr. 
v. MARTENS mir im hiesigen zoologischen Museum sgütigst 
zeigte. Bei manchen Arten geht dieses schmale Band bis in 
die Nähe der Wirbel und beginnt bei dem Hauptmuskel, bei 
anderen ist nur eine schwache Erhebung nach oben in der 
Nähe des Muskels; der übrige, obere Theil ist ganz von Perl- 
mutterschale bedeckt. . Die Perlmutterschale giebt die Grenze 
an, wie weit der Mantel angewachsen war, die übrige Schale 
wird von dem freien, gefranzten Mantellappen eingenommen, 
welcher sich also bei Muscheln mit dem Bande in einem 
schmalen Streifen nach oben fortsetzen musste. Dieses Ver- 
halten war auch bei dem Thiere einer lebenden Pinna zu se- 
hen; in zoologischen Werken ist es nicht erwähnt. 


33. Trichites sp. indet. 
Fritzow. | 
Die zahlreichen Bruchstucke haben eine rauhe, concentrisch 
gestreifte Oberfläche und sind an der Schalenstruktur leicht zu 
erkennen. Vollständige Schalen habe ich nicht beobachtet. 
‘Von Bruchstücken der Schale der vorhergehenden Species sind 
sie leicht durch die acht- bis zehnmal so grosse Dicke zu unter- 
scheiden. 
34. Cucullaea longirostris Ronn. 
Suppl. p. 37 1.19 £. 2. 
ConTEJEAn, Et. Kimm. p. 286 
Fritzow. | 
Die Steinkerne dieser ächten Cucullaca hat Ronmer von 


673 


Fritzow selbst beschrieben und abgebildet. Sie zeichnen sich 
durch ihre dreiseitige Gestalt aus, dadurch bewirkt, dass der 
untere Rand weit nach hinten ausgedehnt ist; die Wirbel sind 
hoch und von einander abstehend. Die äussere Schale ist viel 
seltener erhalten, sie ist sehr diek und mit sehr feinen Radial- 
streifen verziert, welche von etwas stärkeren concentrischen 
Anwachsstreifen gekreuzt, oft in ihrer Richtung abgelenkt wer- 
den und ein winkliges oder welliges Aussehen erhalten. 


35. Macrodon latus Dunker u. Koch sp. . 
Beiträge p. 49 1.7 f 10. 
Arca Langit Contes., Et. Kimm. p. 295 t. 16 f. 9—12. 
Arca subiata D’Ors., Prodrome U. p. 18. 

 Arca sublata ErıLLon, Leth. bruntr. p. 210 t. 26 £. 8. 

Fritzow. 

Aus der Beschaffenheit der Schlosszähne geht hervor, dass 
diese Art zu der neuerlich unterschiedenen Gattung Macrodon 
zu rechnen ist. Die Muschel ist fast dreimal so lang wie 
hoch, vorn kurz, hinten in die Länge ausgedehnt, Schlossflä- 
chen sehr gross, Wirbel weit von einander abstehend; von 
ihnen verläuft eine deutliche Kante nach der hinteren Ecke, 
ein Byssusausschnitt am unteren Rande ist vorhanden. Die zu 
den Steinkernen gehörige Schale habe ich noch nicht beobachtet. 


86. Macrodon Morensis Buv. sp. 


Meuse p..20 t. 16 f. 7, 8. 
Leth, bruntr. t. 27 £.-1. 


Fritzow, Klemmen. 

Kleiner als die vorhergehende Art und von derselben we- 
sentlich schon durch das Schloss unterschieden, dessen Zähne 
mehr horizontal stehen und in Folge dessen grösser sind. Ein 
Byssusausschnitt ist auch hier vorhanden. In der äusseren 
Form ist sie dadurch ausgezeichnet, dass der Schlossrand die 
grösste Länge der Schale darstellt, während diese bei Macro- 
don latus im unteren Rande liegt. Die Schale selbst oder de- 
ren Abdruck, welche ich nicht beobachtet habe, wurden. erst 


mit Bestimmtheit beweisen, dass die Art mit M. Morensis über- 
einstimmt. 


31. Nucula sp. indet. 
Fritzow. 


Kleine Steinkerne, welche ihre Stellung bei Nucula durch 


E 44. * 


“ 


das deutliche Schloss erhalten, wegen unvollkommener Erhal- 
tung aber eine Bestimmung nicht zulassen. | 


88. Trigonia suprajurensis Ac. 
Trig. p. 42 1. 5 f. 1-6. 
Leth. bruntr. p. 204 t. 26 £. 1. 
T. papillata Seee., Hann. Jura p. 118. 

Fritzow, Klemmen. 

Sie gehört zur Familie der costaten Trigonien. Die con- 
centrischen Rippen sind auf der vorderen Seite etwas gekrümmt 
und treten dann bei grossen Individuen gerade an den Kiel heran; 
bei kleineren jedoch sind sie durch eine Leiste verbunden, und 
es bleibt zwischen dieser und dem Kiel eine Rinne. Der 
Kiel, welcher das Feldchen gegen die übrige Schale abgrenzt, 
ist schuppig, das Feldchen selbst ist netzformig gezeichnet, der 
mittlere Kiel ist wenig entwickelt, der innere gekörnt. T. pa- 
pillata Ac. (Les Trigonies p. 39 t. 5 f. 9—14), welche ErıL- 
. LON und v. SEEBACH für synonym erklären, würde sich nur 
durch den etwas mehr entwickelten, inneren Kiel unterschei- 
den, was allerdings ein sehr geringer und relativer Unterschied 
ist. 7. Meriani Ac. (Les Trigonies p. 42 t. 11 f. 9) ist we- 
sentlich durch den glatten, nicht geschuppten Hauptkiel unter- 
schieden; da sich dies bei vorliegenden Exemplaren nicht fin- 
det, halte ich diese Species getrennt. Bei 7. costata Leym. 
(Aa. Les Trigonies p. 35 t. 3 f. 12 — 14) sind die concentri- 
schen Rippen Sföormig gekrummt und treten nicht gerade an 
den Kiel heran; dann ist der durch den randlichen Kiel abge- 
trennte Theil des Feldchens nicht netzförmig gezeichnet, son- 
dern hat nur concentrische Streifen. Die Steinkerne haben 
einen quer ovalen Umriss, indem die Schalen vorn abgestutzt 
und nach hinten verlängert sind, so dass die grösste Länge 
durch eine Linie dargestellt wird, welche von den Wirbeln 
nach der hinteren Ecke geht. Die spitzen Wirbel liegen ‚sehr 
weit nach vorn, und hinten ist eine mehr oder minder weit 
hinaufgehende Falte vorhanden. Diese Steinkerne sind von 
Acassız in seiner Monographie der Trigonien t. 5 f. 13 bar 
bildet und von GöLpruss von Fritzow selbst t. 136 f. 606, f; 
dieser rechnet sie jedoch zur 7. clavellata, da ihm die zugehö- 
rige Schale nicht bekannt war. 


” 


89. Trigonia hybrida Rozn. 
Ool. Geb. p. 97 1.6 £. 2. 

Fritzow, Klemmen. 

Eine clavellate Trigonie, deren Feldchen durch einen deut- 
lichen, tuberkulirten Kiel von den Seiten abgetrennt ist. Die 
beiden anderen Kiele sind wenig erhaben,; mit kleinen Tuber- 
keln versehen und durch eine seitliche Furche leicht erkenu- 
bar; bei jüngeren Individuen ist nur die Furche vorhanden. 
Ueber den Hauptkiel verlaufen quer die Anwachsstreifen und 
durchschneiden die concentrischen Rippen. Diese sind in der 
Nähe der Wirbel ganz glatt, dann treten zuerst am Kiel Kno- 
ten auf, welche nach unten immer mehr an Zahl zunehmen, 
so dass die untersten Rippen ganz von ihnen bedeckt sind. 
Die Kanten selbst sind etwas platt gedruckt und ungleich gross. 
Bei ganz jungen Individuen ist höchstens auf den untersten 
Rippen ein Tuberkel sichtbar; fehlt auch dieser, so entstehen 
Formen, die der T. concinna Rom. Ool. Geb. p. 35 t. 19 
f. 21 (ef. Leth. bruntr. p. 204) nicht unähnlich sind. Bei letz- 
terer ist jedoch der Hauptkiel glatt, und die concentrischen 
Streifen auf dem Schildchen sind Fortsetzungen der Rippen 
der übrigen Schale, während bei 7. hybrida auf dem Schild- 
chen eine grössere Zahl von concentrischen Streifen vorhanden 
ist. Das Exemplar, welches Roruer abgebildet hat, ist sehr 
unvollkommen erhalten und unterscheidet sich dadurch, dass 
die oberen Rippen glatt sind, und dass dann Rippen folgen, welche 
vollständig mit Knoten bedeckt sind; ferner ist der Kiel nicht 
tuberkulirt.. Diese Unterschiede sind mit Rücksicht auf die 
schlechte Erhaltung gering, besonders, da sich auch unter vor- 
liegenden Exemplaren solche befinden, bei denen die obersten, 
einzelnen Knoten und die Tuberkeln des Kieles schlecht oder 
gar nicht erhalten sind. 

Die Skulptur der Seitenflächen erinnert an 7. gibbosa 
Sow.*), bei dieser ist aber nach den Figuren von SowErBy und 
v. SEEBACH das Schildchen nicht genau von den Seitenflächen 
abgetrennt. Eine deutliche Trennung findet allerdings bei 7. 
variegata ÜREDNER**) statt, welche HERM. CREDNER (Dissert. 


*) Sowerpey, Min. Conch. t. 230 und v. Sersacz, Hann. Jura p. 119 
t. 2.6. 
**) Crenser, oberer Jura p. 40 f. 22. Er führt zugleich an, dass 


p- 41) wieder mit T. gibbosa vereinigt; jedoch ist hier der 
Kiel, obgleich scharf ausgeprägt, nicht tuberkulirt, und die 
Rippen treten nicht an denselben heran, sondern es bleibt ein 
dreieckiger.Raum frei, ferner treten zwischen den Rippen noch 
vereinzelte Knoten auf. 

T. gramigera Cbxtss. (Etud. Kimmerid. p. 83 I 5 4) 
stimmt genau in der Anordnung der Knoten überein und unter- 
scheidet sich nur dadurch, dass die Rippen viel enger stehen. 

Die Steinkerne haben mit denen der 7. suprajurensis sehr 
grosse Aehnlichkeit und sind nur etwas niedriger, jedoch ohne 
die dazu gehörige Schale kaum zu unterscheiden. 


40. Trigonia Voltzii? Ac. 
Trig. p. 20 t. 6 £. 10 


Fritzow. 

- Es sind Steinkerne von bedeutender Grösse und regel- 
mässig ovalem Umriss, von T. suprajurensis dadurch unter- 
schieden, dass die Wirbel weniger nach vorn liegen, die vor- 
dere Seite nicht abgestutzt, sondern gewölbt ist, und die grösste 
Länge der Länge der Muschel entspricht; ferner fehlt auch die 
hintere Falte.e. Der einzige Unterschied von der Abbildung 
Acassız's ist der, dass die Oberfläche ganz glatt ist ohne jeg- 
liche Andeutung von Skulptur. Die hierher gehörigen Schalen- 
abdruücke habe ich nicht sicher beobachtet; ich stelle Bruch- 
stucke einer clavellaten Trigonie hierher, deren Knotenreihen 
zahlreich sind, quer von den Anwachsstreifen durchschnitten 
und von ungleich grossen, spitzen Höckern gebildet. 

F. RoEner macht eine Identität mit 7. muricata A. Rorm.*) 
sehr wahrscheinlich; dieser stehen auch die Abdrücke am näch- 
sten, sie sind aber durch die ungleich grossen Höcker ver- 
schieden. 


41. Cyprina nuculaeformis RoEn. 


001.:Geb..p.. 11 #::7.f: 11. 
Herm. Crepner, Pteroc. p. 49. 


Fritzow. 
Es sind Steinkerne, welche in der Gestalt sehr variiren. 


T. Dunkeri Hac. sich zu Fritzow finde; es ist dies jedoch ein Irrthum, 
denn Gypsabgüsse in dem Berliner Museum beweisen, dass diese Art aus 
Geschieben des braunen Jura in Pommern herstammt. 

*) A, Roemer, Nachtr. p. 39. 


677 


Durchgehende Merkmale würden allein folgende sein: der hin- 
tere gerade Schlossrand reicht tief hinab, beinahe bis zum un- 
tern Rande, der vordere Schlossrand ist kaum halb so lang 
und sanft ausgebuchtet. Grosse Verschiedenheiten der Form ruh- 
ren von der verschiedenen Grösse und Länge der Schalen her. 
Die grösseren Individuen sind ziemlich selten, die kleineren 
sehr häufig. Von der Skulptur der Schalen habe ich nicht das 
Geringste beobachten können; indem ich also nur die äussere 
Form berücksichtige, scheinen mir die von HERM. ÜREDNER 
angeführten Synonyme vollkommen richtig. 


42. Astarte suprajurensis RoEM. Sp. 

Jieth. bruntr. p. 198 t. 23°; 1. 

Unio suprajurensis Rorm., Nachtr. p. 35 t. 19 f. 1. 

A. Montbeliardensis Coxtes. Et. Kimm. p. 262 1.40 £. i. 

Fritzow. 

Diese sehr leicht kenntlichen Steinkerne hat RoEMER von 
Fritzow selbst abgebildet und beschrieben. Die Gestalt hat 
Aehnlichkeit mit Unio, ist oval, vorn abgerundet, nach hinten ver- 
längert, hat starke Muskeln nebst Fussmuskeln; zwischen ihnen 
sind die Steinkerne vorn etwas eingeschnurt; in der Nähe .der 
Wirbel kleine Wärzchen. Das Schloss ist nur, wenn -die 
Schalen etwas verschoben sind, deutlich zu erkennen; ist dies 
der Fall, so kann uber die Zugehörigkeit zu‘ Astarte kein 
Zweifel sein. Die Skulptur der Schalen ist nur in Abdrücken 
zu erkennen, ist unregelmässig, fein concentrisch gestreift, wie 
es die Abbildungen EraLvon’s und CoNTEJEAN’s zeigen. 


43. Astarte plana A. Rorn. 
Ool. Geb. p. 113 t. 6 f. 31. 

A. laevis GoLor., Petr. Germ. p. 193 t. 195 f. 20. 

A. pseudolaevis D’Ors., Leth. bruntr. p. 191 t. 23 f. 10. 
A. cingulata Coxrtes., Et. Kimm. p. 267 t. 11 £. 5-10. 
4. seguana Contes., Et. Kimm. p. 267 t. 11 f. 17-19. 

? A. polymorpha Conter., Et. Kimm. p. 266 t. 11 f. 13—16. 

Fritzow, Klemmen, Bartin. 

Die Schalen sind beinahe gleichseitig, indem die Wirbel 
wenig nach vorn liegen; das Verhältniss von Länge zur Höhe 
ist ziemlich gleich; die Lunula ist deutlich ausgebildet und die 
Wölbung der Schalen mässig. Die Skulptur kann sehr varü- 
ren. Es treten feine concentrische Streifen auf, welche nach 
oben mehr oder minder verschwinden; zwischen diesen perio- 


678 


dheche Absätze, welche wie der Innenrand gezähnelt sind. 
Ihre Zahl ist sehr verschieden, höchstens 5, und dann sind ie 
immer unten mehr gehäuft; mitunter fehlen sie auch ganz. 
Dies findet besonders bei jüngeren Individuen statt, deren con- 
centrische Streifen auch gewöhnlich etwas stärker sind und 
gleichmässig über die ganze Schale vertheilt. Diese Beschrei- 
bung ist von den vielfachen Abdrucken hergenommen, jedoch 
häufig findet man auch die Steinkerne allein. Diese zeichnen 
sich aus durch sehr spitze Wirbel, so dass sie im Allgemeinen _ 
höher als lang sind; auch die Gleichseitigkeit kann variiren, 
immer sind sie jedoch an dem Schloss zu erkennen. Die Ab- 
bildung ROoEMER’s giebt kein genaues Bild von der Species; 
durch Vergleichung mit Originalen habe ich mich von der Iden- 
tität mit den Fritzower Individuen überzeugt. 

Ebenso haben mir Originale die Identität mit A. laevis 
GoLpF., worauf schon Herr Professor F. ROEMER in seiner 
Dissertation: „De astartarum genere“ hinweist, bewiesen, ob- 
gleich v. SEEBACH der Ansicht ist, dass beide Species zu tren- 
nen wären; der’ einzige Unterschied, die mehr gewolbten Scha- 
len der A. laevis, ist nicht durchführbar, wenigstens nicht bei 
den Fritzower Individuen. A. cingulata ConTEJ. stimmt nach 
den sehr guten Abbildungen und der Beschreibung CoNTEJEAN’s 
genau überein. Von A. seguana sagt auch ETALLon, dass sie 
sehr nahe steht, und A. cingulata soll sich nur durch eine 
grössere Anzahl concentrischer Streifen und mehr hervorragende 
Anwachsstreifen unterscheiden, was mir sehr relative Unter- 
schiede zu sein scheinen. Individuen, welche genau mit A. 
seguana übereinstimmen, finden sich auch in Fritzow , in 
lassen Uebergänge keine Trennung derselben zu. 

A. polymorpha CoxteJ. soll sich durch feinere concentri- 
sche Streifen auszeichnen, welche mitunter in grossen Entfer- 
nungen fehlen, Anwachsstreifen sind nicht erkennbar. Etwas 
mehr weicht diese Art allerdings ab, jedoch könnte man sie 
auch höchstens nur als eine Varietät unterscheiden. 


44. Opis excavata Roen. 
Suppl. p. 36 t. 19 £, 5. 
Fritzow. 
Diese Steinkerne hat RoEMER von Fritzow selbst abgebil- 
det; sie haben einen dreiseitigen Umriss mit grosser, herzfor- 


679 


miger, tief ausgehöhlter Lunula; Wirbel spitz, stark übergebo- 
gen; neben der hinteren Kante ist eine deutliche Rinne vor- 
handen. Es ist mir leider nicht gelungen, Abdrücke der Scha- 
len zu beobachten; erst wenn diese gefunden sind, ist eine 
Vergleichung mit anderen Arten der Gattung möglich, vorläufig 
muss der Rormer’sche Namen behalten werden. 


45. Protocardia eduliformis Rorn. 
Ool. Geb. p. 108 t. 7 f. 22. 
Leth. bruntr. p. 182 pl. 22 £. 3. 

Fritzow. 

An dem einzigen, mir bekannten Steinkern ist von der 
Skulptur der Schale nichts mehr zu sehen, auch nicht der 
Manteleindruck, welcher etwas ausgebuchtet sein soll. Die 
Schalen sind ungefähr so lang wie hoch, nach vorn mehr aus- 
gedehnt als nach hinten, wo sie schräg abgestutzt sind; der 
untere Rand ist fast geradlinig, die Wirbel sind gegeneinander 
und nach vorn geneigt. 


46. Umicardium cf. Callirho& D’ORB. 
Prodrome II. p. 17. 

Fritzow. 

Schalen bauchig, die Wirbel liegen nach vorn, die vordere 
Seite ist kurz und durch eine Kante begrenzt, die hintere ver- 
läangert. Es sind Steinkerne, auf denen von Skulptur nur un- 
regelmässige, concentrische Streifen vorhanden sind. Da p’OR- 
BIGNY keine Abbildungen gegeben hat und die Beschreibung 
kurz ist, so war eine sichere Bestimmung nicht möglich. 


47. Lucina substriata Roen. 


Bel. Geh. p. 118°%.)7 718: 

L. Elsgaudiae Coxtes., H. Crepxen, Dissert. p. 42 t. 2 f. 11. 
Fritzow. R 

Die kreisrunden, sehr flachen Steinkerne stimmen in Be- 
zug auf die Ungleichklappigkeit mit Crepxer’s Figur überein; 
der Umriss weicht insofern etwas ab, als die Lunula nicht er- 
kennbar ist, was jedoch wahrscheinlich nur mit der Erhaltungs- 
weise als Steinkern zusammenhängt; der lange, bandförmige 
Muskel ist jedoch deutlich erkennbar. Die Skulptur habe ich 
auch in Abdrucken nicht beobachtet. 


SB er 


48. Corbis subelathrata u 

Conter., Et. Kimm. p. 273 t. 13 f. 5-9. 

C. decussata Buv., Crepner, Ob. Be p. 28 £. 26. 
H. Crepner, Dissertation p. 43. 

Fritzow, Klemmen. 

Die Steinkerne haben eine sehr charakteristische Gehalts 
sie sind wenig gewölbt, die Wirbel sind hornartig gebogen, 
der Mandeleindruck ist sehr deutlich ausgeprägt, ebenso die 
Muskeleindrücke mit kleineren Fussmuskeln. Die Oberfläche 
ist mit Wärzchen und radialen Streifen bedeckt. Die Skulptur der 
Schalen ist häufig in Abdrücken zu erkennen und ist, wie bei 
allen Arten dieser Gattung, durch die korbartig gegitterte Zeich- 
nung ausgezeichnet. Die radialen Streifen treten jedoch nur 
bei jüngeren Individuen auf der ganzen Schale auf, bei älteren 
nur vorn; hinten und in der Mitte fehlen sie mehr oder weni- 
ger. Diese Verschiedenheit der Skulptur hat CoNTEJEAN ver- 
anlasst, für die jüngeren Individuen die Species (. ventilabrum 
aufzustellen, jedoch macht schon ÜREDNER darauf aufmerksam, 
dass es keine besondere Art ist; ich schliesse mich ihm hierin 
an, da ich in Fritzow vielfache Uebergänge der Skulptur beob- 
achtet habe. 


49. Myoconcha baltica WESSEL. 
Dissert. p. 25 f. 2. 

Fritzow. 

Die Beschreibung Wesser’s ist sehr kurz, jedoch ist diese 
Art so charakteristisch, dass sie leicht nach der Abbildung 
wieder ‘erkannt werden kann. Die Gestalt ist sehr unregel- 
mässig, ähnlich Modiola, rechteckig bis trapezförmig, dick, 
 bauchig, mitunter hier und da aufgebläht. Von den etwas 
nach vorn geneigten Wirbeln läuft eine deutliche Kante nach 
der vorderen Ecke, von welcher aus sich die Schale nach bei- 
den Seiten hin gleichmässig senkt, so dass der vor den Wir- 
beln liegende, ziemlich grosse Schalentheil ganz flach ist. Auf 
diesem ist: der Muskeleindruck mit einem Fussmuskeleindruck 
deutlich erkennbar, so dass uber die Gattung kein Zweifel 
sein kann. Von der Skulptur der Schale sind auf den Stein- 
kernen nur unregelmässige concentrische Streifen sichtbar; 
weder die Schale selbst, noch Abdrücke derselben habe ich 
beobachtet. 


651 


50. Isocardia cornuta KLöDen. 
Mark Brandenb. p. 211 t. 3 f. 8. 
Wesseı, Dissert. f. 1. 

Roemer, Suppl..p. 28 t. 19 f. 14. 
v. SerBacn, Jura p. 125 t. 4 f. 3a—d. 

Fritzow. 

Alle hier eitirten Abbildungen beruhen auf Originalen aus 
Fritzow und geben alle diese so charakteristische Form gut 
wieder. Die Beschreibungen von RoEMER und v. SEEBACH sind 
so ausführlich, dass ich auf dieselben nur zu verweisen brauche. 
Besonders v. SeeBAacH hat dieser Muschel grosse Aufmerksam- 
keit geschenkt -und ist durch genaues Studium des Schlosses 
zu der Ansicht gekommen, dass es eine ächte Isocardia ist, 
während sie verschiedene französische Autoren, z. B. ETALLoN, 
zu Cyprina gestellt haben. Die zugehörige Schale ist aus 
Fritzow nicht bekannt. 


5l. Isocardia cf. minima Sow. 
Go:pruss, Petref. Germ. p 211 t. 140 £. 18. 

Fritzow. | 

Diese Steinkerne haben ein deutliches Isocardien-Schloss, 
die kleinen spitzen Wirbel liegen etwas hinter der Mitte, vorn 
ist eine deutliche, herzformige Lunula. Die hintere, fast recht- 
winklige Ecke ist etwas zusammengedruckt; eine von den Wir- 
beln nach hinten verlaufende Kante giebt GoLDFUSss nicht an. 
Die Schalen sind etwas aufgebläht und Länge und Hohe nahezu 
gleich. 


! 


52. Pleuromya elongata GOoLDF. sp. 
Petr. Germ. p. 258 t. 153 f. 4. 
Ac., Monogr. des Myes p. 244 t. 27.9 -8. 
Luiraria elongata Roem., Nachtr. p. 42. 

Fritzow, sehr häufig. 

Die Gestalt ist ungleich dreiseitig; die Wirbel liegen im 
ersten Drittel der Schale, und von ihnen geht eine mehr oder 
minder deutliche Kante nach der vorderen und hinteren Ecke; 
die vordere Seite fällt schräg ab, die hintere ist verlängert und 
verschmälert. Die Muschel ist noch einmal so lang als hoch, 
der Mantelausschnitt ist tief und abgerundet. Die Steinkerne 
sind entweder glatt oder unregelmässig concentrisch gestreift, 
auch an Abdrucken ist keine andere Skulptur wahrnehmbar. 


682 


Obgleich die Originale von- GoLpFuss aus dem Unteroolith 
stammen, so ist doch kein Zweifel, dass wir es hier mit dieser 
Art zu thun haben. 


53. Pleuromya ventricosa GoLDF. Sp. 
Petr. Germ. p. 258 t. 153 f. 4. 

Fritzow. 

Sie ist viel grösser und dicker als die vorhergehende Art; 
die vordere Seite ist kürzer, mehr abgestutzt, und von den 
Wirbeln laufen keine Kanten aus; die hintere Seite klafft, ist 
Jedoch wenig verschmälert. Auf der Oberfläche des Steinker- 
nes sind Abdrücke concentrischer Streifung sichtbar. Mit Ph. 
robusta DesH., Leth. bruntr. p. 160 t. 18 f. 2 hat diese Art 
auch grosse Aehnlichkeit. 


54. Pleuromya helvetica Tuurn. sp. 
Ac., Mon. des Myes p. 167 t. 10 f. 7 -10. 
P. helvetica, Leth. bruntr. p. 160 t. 18 £. 1. 
Solen helveticus Roem., Nachtr. p. 48. 
Fritzow. 
Die Schalen sind flach, sehr in die Länge ausgedehnt; der 
Schlossrand ist dem unteren Rande parallel; die Wirbel sind 
wenig hervorragend und liegen etwas vor der Mitte; von ihnen 
geht eine mehr oder minder deutliche Kante nach hinten; 
Mantelausschnitt tief und abgerundet. Steinkerne glatt, Ab- 
drücke zeigen eine einfache concentrische Streifung. 


55. Pleuromya sp. ind. 

Bartin. ” 

Steinkerne, welche wegen der fast mittleren Lage der 
Wirbel an P. helvetica erinnern, sich jedoch wesentlich unter- 
scheiden durch die geringere Länge im Verhältniss zur Höhe. 
In der Gestalt haben sie grosse Aehnlichkeit mit Lutraria con- 
centrica GoLDF., t. 153 f. 5b; es fehlen jedoch die concentri- 
schen Runzeln, die bei den Originalen von Kahleberg scharf aus- 
geprägt sind. 


56. Pholadomya paucicosta Rom. 
Ool. Geb. p. 151 t. 16 £. 1. 
Fritzow, sehr häufig. 
Dicke, aufgeblähte Steinkerne, vorn abgestutzt, nach hin- 
ten verschmälert und klaffend. Die Radialstreifen werden von 


683 


concentrischen durchschnitten; drei sind deutlich, die anderen 
rudimentär. Bei älteren Individuen sind in der Nähe der Wir- 
bel Wärzchen und der Manteleindruck ist durch röhrenförmige 
Impressionen ausnehmend stark ausgeprägt. 


57. Pholadomya decemcostata Roen. 
Ool. Geb. p. 130 t. 15 f. 6. 
?P. parvula Rorm., Ool. Geb. p. 133 t. 15 f. 4. 

Fritzow. | 

Gleichmässig gewölbte Steinkerne, vorn kurz, nach hinten 
verlängert. Die Skulptur besteht in unregelmässigen, concen- 
trischen Streifen, welche von 9 bis 12 radialen durchkreuzt 
werden; von diesen verläuft der erste ziemlich gegen den Un- 
terrand, die anderen verlaufen immer mehr und mehr schräge 
nach hinten, der vordere und hintere Theil der Schalen bleibt 
frei, oder es findet sich nur eine schwache Andeutung von ra- 
dialen Streifen. 

P. parvula ist kleiner, und die radiale Skulptur ist etwas 
weniger entwickelt; nach vorliegenden Exemplaren scheint es 
mir sehr wahrscheinlich, dass es nur junge Individuen von P. 
decemcostata sind. | 


58. Gressiya excentrica VOoLTZ sp. 


Isocardia excentrica Rorm., p. 106 t. 7 f. 4. 
Ceromya excentrica Ac., Mon. des Myes t. 8. 
Ceromya capreolata Contes., Et. Kimm. p. 249 t.9 £. 11 — 13. 

Fritzow. 

Aufgeblähte, fast kuglige Steinkerne, ausgezeichnet durch 
die concentrischen Streifen, welche nicht parallel dem Rande 
verlaufen, sondern quer über die Schale von der vorderen nach 
der hinteren Ecke. Ausser den typischen Formen kommen 
noch grössere Steinkerne vor, welche älteren Individuen ange- 
hören und darin abweichen, dass die welligen, concentrischen 
Streifen parallel dem unteren Rande verlaufen und unten von 
mehr oder minder deutlichen radialen gekreuzt werden. 


59. Gastrochaena ampla Er. 
Leth. bruntr. t. 15 f. 3. 
Fritzow, Bartin. 
Die Schale besitzt eine sehr grosse vordere Oeffnung und 
ist hinten keilförmig erweitert; die Wirbel liegen nach vorn 
und ragen wenig hervor. Die Oberfläche ist fein concentrisch 


gestreift, mit einigen stärker hervortretenden Anwachsstreifen 
versehen. Die Muschel ‚selbst ist ganz von einem Kalküber- 
zuge umhullt. EraLvon's Exemplar würde sich nur durch nn 
- doppelte Grösse unterscheiden. 


Gastropoden. 


60. Bulla suprajurensis RoEm. 
Ool. Geb. p. 137 1.9 £. 33. 
‚Leth. bruntr. p. 144 t. 13 £. 134. 

Fritzow. 

Gehäuse schief oval, ganz involut, oben abgerundet und 
mit einem kleinen Nabel versehen. Die Breite ist in der Mitte 
am grössten und verhält sich zur Höhe wie 2: 3;-. die Mund- 
öffnung ist oben schmal und erweitert sich rasch nach unten. 
Das vorliegende Exemplar ähnelt der Abbildung RoEMmER’s mehr 
als der Erarzon’s, bei welcher die Mündung viel breiter ist; 
es wurde somit nach Erarton’s Angabe ein junges Indivi- 
.duum sein. 


61. Patella sp. indet. 

Fritzow. 

Von ovalem Umriss, die längere Diagonale beträgt 2 Li- 
nien, die kürzere 1,5 Linien, die Spitze ist etwas übergebogen 
und liegt am Ende des ersten Drittels der Schale. Der Rücken 
verläuft von der Spitze nach hinten zuerst horizontal und senkt 
sich dann allmälig, nach den Seiten fällt er etwas steiler ab. 
Es sind nur unregelmässige concentrische Streifen vorhanden, 
radiale fehlen ganz. Die von WeEssEL in seiner Dissertation 
beschriebene Art scheint mit dieser ident zu sein. 


62. Nerita cf. jurensis Münst. 


Rormer, p 155 t 10.5 
Kröven, Mark Br. t.59 f. 4a -c. 
? Capulus-pileopsis suprajurensis Tn., Leth. br. t. 10 f. 98. 

Fritzow. 

Es sind Steinkerne, bei denen die letzte Windung bedeu- 
tend vorherrscht, die vorhergehende ist mitunter gar nicht zu 
erkennen, sondern mit der letzten verwachsen. Der Innenrand 
ist nach der Spira hin gebogen, sehr häufig ist er jedoch ab- 
gebrochen, Von Nerita jurensis unterscheiden sie sich durch be- 


685 


deutendere Grösse; die Verkummerung der vorletzten Windung 
möchte ich nicht als Unterschied aufführen, da dies mit der 
Erhaltung als Steinkern zusammenhängt. Vorliegende Exem- 
plare konnte ich nicht ganz sicher hierher stellen, da keine 
Vergleichung der Skulptur möglich war. Die Abbildungen Kıö- 
DEN’ S und ETALLoN’s stimmen genau überein. 


63. Natica hemisphaerica RoEn. sp. 
Nerita hemisphaerica Roen., Ool. Geb. p. 156 t. 10 f£. 7. 
Natica hemisphaerica v’On., Pal. fr. p. 204 t. 294 f. 1, 2. 
Natica praetermissa Conrt., Et. Kimm, p. 204 t. 6 £. 1, 2. 

Fritzow. 

Gewinde sehr kurz, kaum über die letzte, sehr gross wer- 
dende Windung hervorragend; die Innenlippe ist etwas einge- 
drückt, ein Nabel ist nicht vorhanden, die Mündung ist sehr 
gross und oval. Es finden sich Steinkerne, an denen nur 
Wachsthumsstreifen zu sehen sind. N. praetermissa Cont. soll 
sich nur durch das etwas mehr hervortretende Gewinde unter- 
scheiden und die mehr vierseitige Mündung. Da diese Unter- 
schiede sehr geringe sind, halte ich beide Arten für synonym. 


‚64. Pleurotomaria Agassizi GoLDF. 


Petr. Germ: p.177 t..186.8; 9. 
Quensteot, Jura p. 774 t. 95 f. i6. 

Fritzow. 

Mir ist nur der Abdruck von drei Windungen bekannt, 
deren Skulptur sehr deutlich zu erkennen ist; das Gewinde 
scheint verhältnissmässig hoch gewesen zu sein. Die Windun- 
sen sind mit Spiralstreifen versehen, von denen zwei auch über 
den Schlitz fortlaufen. Ueber und unter dem Schlitz werden 
sie von Längsstreifen durchschnitten, welche von unten schräg 
an das Band hervortreten und über demselben sich unter einem 
Winkel von 70 Grad wieder nach vorn richten. Oberhalb des 
Bandes treten noch einige flache Erhebungen auf. 


69. Scalaria Münsteri Rozn. 
Ool. Geb. p. 147 t. 11 £. 10. 
Fritzow. 
Gewinde thurmförmig, die einzelnen Windungen mit Wül- 
sten bedeckt, ungefähr 10 an der Zahl. Die Wulste sind oben 
schmäler als unten, längsgestreift, und stehen gleichweit von 


einander entfernt; ihre Zwischenräume sind breiter als sie selbst, 
besonders auf den unteren Windungen. Die ganze Schale ist 
mit feinen Querstreifen geziert. Der einzige Unterschied von 
dem Rormer’schen Exemplar wird der sein, dass letzteres nur 
4 bis 5 Windungen haben soll, die Fritzower aber deren sie- 
ben. Hierauf ist kein Gewicht zu legen, da RoEMER nur ein 
Bruchstück abbildet. 


66. Nerinea Gorae Rorn. 
Ool. Geb. p. 143 t. 11 £. 27. 

Fritzow. 

Die Steinkerne sind an der mittleren Kniekung der Win- 
dungen leicht zu erkennen; an der inneren Seite ist noch eine 
stumpfe Rinne vorhanden, welche von einer Falte der Columella 
herrührt; sie können eine bedeutende Grösse erreichen. 


67. Nerinea fasciata Rorn. S 
Ool. Geb. p. 144 t. 40 £. 31. 
D’Ossıcnv, Pal. frang. pl. 268 f. 3, 4. 

Fritzow, Bartin. 

Ausgezeichnet durch das hohe, sehr spitze Gewinde. Der 
Gewindewinkel beträgt 3 bis 5 Grad, die Oberfläche ist mit 
8 Spiralstreifen bedeckt, von denen 3 oder 4 stärker sind; eine 
Körnelung derselben ist nicht zu sehen. Rormer giebt letztere an, 
sagt jedoch, dass sie sehr oft abgerieben ist. Die Basis der 
Windungen ist mit 4 Spiralstreifen bedeckt, die Mundung selbst 
konnte ich an keinem Exemplar beobachten. Die Form der 
Windungen ist bei erhaltener Schale oben flach, auf dem un- 
teren Theile flach concav; an Steinkernen sind sie in der Nähe 
des unteren Randes tief eingeschnurt, was von einer Falte der 
Aussenlippe herrührt. An jungeren Individuen tritt diese Ein- 
schnürung in der Mitte der Windungen auf. An der Innenseite 
finden sich zwei Rinnen, entsprechend zweien Falten an der Co- 
lumella. . 


68. Nerinea sp. indet. 


Fritzow. 

Abdrüucke der äusseren Schale ohne die dazu gehörigen 
Steinkerne stelle ich vorläufig zu dieser Gattung. Sie gleichen 
am meisten N. Stricklandi Morrıs und Lycett (A Monograph 
of the Mollusca from the Great Oolite, t. 7 f. 9). Das Ge- 


ie | 687 


häuse ist ziemlich spitz und besteht aus ganz flachen Windun- 
gen, die mit sechs starken, einfachen Spiralstreifen geziert sind; 
die Mündung habe ich leider nicht beobachten können. 


69. Chemnitzia Bronni Rorn. sp. 
Melania Bronni Roem., Ool. Geb. p. 158 t. 9 f. 22. 

Fritzow. 

Nur ein Bruchstück mit erhaltener Schale ist mir bekannt; 
die Art ist leicht zu erkennen an dem spitzen Gewinde und 
einem Bande am oberen Theile der Windungen dicht bei der 
Naht; die Mündung war nicht zu sehen. 

70. COhemnitzia abbreviata RoEM. Sp. 
Melania abbreviata Rorm., Ool. Geb. p. 159 t. 10 f. 4. 
C. abbreviata H. Caeoner, Oberer Jura p. 185 t. 2 f. 10 a—c. 

Fritzow. 

Unter diesem Namen fasse ich verschiedene hier vorkom- 
mende Steinkerne dieser Gattung zusammen. Das Gewinde ist 
mehr oder minder thurmförmig, der Gewindewinkel schwankt 
zwischen 25 bis 40 Grad, die einzelnen Windungen sind glatt 
und an Zahl verschieden, mitunter haben sie Anschwellungen 
in der Nähe der Nähte. In der Form stimmen sie theils mit 
Rornmer’s Abbildung überein, theils mit Ch. Delia D’Ore., theils 
mit Ch. Danaev’Orp., von welchen Formen OREDNER sagt, dass 
ihre Unterschiede zu geringfügig seien, um sie zu trennen. 
Die Mündung ist länglich oval, unten breit, nach oben zu- 
sammengedrückt; die Spindel ist glatt, spiral gewunden und 
steckt wie ein Korkzieher in den Steinkernen, mitunter findet 
sie sich auch allein. 

Steinkerne, welche durch eine kreisrunde Mündung und 
ein niedriges Gewinde ausgezeichnet sind, stelle ich vorläufig 
auch hierher. 


71. Turbo funatus GoLDF. sp. 
Petr. Germ. p. 89 t. 111 £. 11, 
T. subfunatus n’Ore., Pal. franc. p. 364 t. 397 £. 7—11. 

Fritzow. 

Abdrucke der äusseren Schale, deren letzte Windung nicht 
vollständig erhalten ist. Die Oberfläche ist mit gekörnten Spi- 
rallinien geziert, und zwar mit acht auf der letzten Windung, 
dreien auf den übrigen; sie werden von feinen Anwachsstreifen 
durchschnitten. £ 

Zeitschr. d. d geol. Ges. XV11. a. 45 


6 


712. Phasianella striata Sow. sp. 
Melania striata Roen., Ool. Geb. p. 158 t. = u 


Fritzow, selten. 

Gehäuse hoch, thurmförmig, aus sechs an ach Seiten Aa- 
chen Windungen bestehend, welche von 10 bis 12 gleich grossen 
Spiralstreifen bedeckt sind; nur an der Basis sind sie stärker. 
Die Mündung ist breit, eirund. 


73. Cerithium limaeforme Roenm. 
Roenen, Ool. Geb. p. 142 t. 11 £. 19. 
Erarton, Leth. bruntr. p. 140 t. 13 f. 124, 
Buvisnier, Dep. de la Meuse t. 4 f. 3. 
C. Humbertinum Buv., Dep. de la Meuse p. 42 t. 28 £. 3. 

Fritzow, Klemmen, Bartin. 

Nach Rorumer’s Abbildung und Beschreibung besitzt diese 
Art nur drei Spiralstreifen, welche von geraden Längsstreifen 
so durchschnitten werden, dass sich an den Durchschnittspunk- 
ten Knötchen ausbilden; an der Basis der letzten Windung 
sind 5 bis 6 glatte Spiralstreifen vorhanden. So sind auch in 
der That die meisten Exemplare von Hoheneggelsen beschaffen, 
jedoch habe ich an einigen beobachtet, dass sich feinere Spi- 
ralstreifen einschieben, wie.es die Figuren Erarrox’s und Bv- 
VIGNIER’S zeigen. Dies ist auch bei den vorliegenden Exempla- 
ren aus Klemmen und Bartin der Fall, und zwar besonders auf 
der letzten Windung. Ein anderer Unterschied würde noch der 
sein, dass die Längsstreifen etwas weiter entfernt sind. 

Die Individuen aus Fritzow stehen C. grandineum Buv. 
(Dep. de la Meuse pl. 4 f. 2a, b) am nächsten und unter- 
scheiden - sich dadurch, dass bei den meisten 5 Spiralstreifen 
auf jeder Windung, auf der letzten sechs vorhanden sind; bei 
älteren kann die Zahl bis auf acht steigen. Ferner sind die 
Längsstreifen nicht gerade, sondern nach hinten gekrümmt; 
die Spiralstreifen stehen in gleicher Entfernung und sind gleich 
gross, nur in der Nähe der Naht tritt mitunter noch ein kleiner 
hinzu. Bei ©. grandineum Buv. sind immer 6 Spiralstreifen 
vorhanden, von denen der zweite und dritte einander etwas 
genähert sind, auch sind die Längsstreifen gerade. Da RoE- 
MER selbst angiebt, dass er in Hoheneggelsen ein Exemplar 
mit 5 Spiralstreifen gefunden habe, und da sich durch das Ein- 
schieben einzelner Streifen die Skulptur verändern kann, so 


689 


habe ich alle diese Formen zusammengefasst; höchstens konnte 


man die Individuen mit 5 oder 6 Spiralstreifen als Varietät 


bezeichnen. 


74. Aporrhais cingulata Dunker u. Koch sp. 
Chenopus eingulatus Dunk, Beitr. p. 46 1.5 f. 7. 

? Rostellaria Raulines Buv, Dep. de la Meuse p. 43 t. 28 £f. 27, 
? Aporrhais Morensis Buv., Dep. de la Meuse p. 48 t. 28 £. 26, 

Fritzow. 

Die Schale ist thurmförmig und mit Spiralstreifen geziert, 
von denen einer in der Mitte kielartig hervortritt; unter diesem 
befinden sich noch zwei stärkere und über ihm mehrere fei- 
nere.- Auf der letzten Windung dehnen sich zwei zu Fingern 
aus, an deren oberem ein Knoten entwickelt ist. Der Kanal 
und der untere Theil der Aussenlippe waren leider nicht zu 
sehen. Bei den Individuen aus Schleweke, welche mir zur 
Vergleichung vorlagen, tritt der mittlere Kiel weniger deutlich 
hervor; dies hängt jedoch mit der: Erhaltungsweise zusammen, 
es sind Steinkerne mit Eindrücken der Skulptur. Die obige 
Beschreibung bezog sich auf einen sehr scharfen Abdruck. 
Ausserdem kommen Steinkerne ohne jegliche Skulptur vor; 
die Aussenlippe ist bei ihnen in zwei Finger erweitert, und auf 
dem oberen Kiel ist ein Knoten; ich stelle sie, da keine Un- 
terschiede in der Gestalt vorhanden sind, hierher. Die beiden 
Buvısnıer’schen Arten stimmen überein, so viel an den abge- 
bildeten Bruchstüucken überhaupt zu sehen ist. 


Cephalopoda. 


75. Nautilus Moreausus D’ORB. 
‘Ferr: jur. p..167. pl: 89.1. 4,5. 

Fritzow. 

Vollständige Exemplare finden sich nicht, aber sehr häufig 
einzelne oder 3 bis4 vereinigte Kammern. Die Kammerwände 
sind dadurch ausgezeichnet, dass ihre Breite grösser ist als die 
Hohe; der ganz flache Rücken ist durch zwei deutliche Kanten 
begrenzt, so dass der Umriss die Hälfte eines Hexagons dar- 
stell. Die Lobenlinie ist auf dem Rücken fast gar nicht ge- 
bogen und bildet auf den Seiten einen nicht sehr tiefen Bogen. 
Die stimmen mit D’OrBIenY's Species vollkommmen überein und 
haben auch einen der.Bauchseite genäherten Sipho; der einzige 
Unterschied ist der, dass sie bedeutend grösser sind. 


45 * 


N 


76. Ammonites cf. Sow. 
Min. Conch, HM. t. 126. Kart 5 


- Fritzow. “ 

Ein sehr grosser Planulat, welcher 1 bis 2 Fuss im Durch- 
messer haben kann, und von dem sich nur Bruchstücke finden. 
Die Rippen theilen sich und laufen gleichmässig über den 
Rücken fort, jedoch kann man sie nur in seltenen Fällen se- 
‘hen, da sie meist verwischt sind. Im Berliner Universitäts- 
Museum befindet sich der Abdruck eines jungen Individuums, 
bei dem sich die Rippen noch nicht getheilt haben, sondern 
nur auf dem Rücken verdickt sind. Die Lobenlinie ist in den 
meisten Fällen zu erkennen; die Loben sind einpaarig und en- 
digen in drei lange Spitzen, die Sättel sind paarig getheilt und 
vielfach verzweigt, der obere Laterallobus ist sehr gross und 
nimmt beinahe die ganze Seite ein, er geht viel tiefer hinab 
als der Dorsallobus, dann folgt der kleine zweite Laterallobus 
und noch mehrere Auxiliarloben, welche eine schiefe Stellung 
haben. 


77. Ammonites Eudozus D’ORB. 
Pal. frang. p. 552 pl. 213 f. 3—6. 

Bartin. 

Er gehört zur Familie der Dentaten; die Schale ist zusam- 
mengedrückt, mässig rasch an Umfang zunehmend; auf der in- 
neren Seite der Windungen sind 18 Rippen, welche an der 
äusseren einen zusammengedrückten Tuberkel bilden. Von je- 
dem derselben gehen drei gekrümmte Rippen aus, welche bis 
zu den Rändern des Rückens gehen und sich am Ende etwas 
verdicken; die Mitte des Rückens bleibt frei und bildet eine 
etwas vertiefte Furche. Die Mündung ist oval und zusammen- 
“gedrückt. 

A. mutabilis Sow. steht dieser Art am nächsten und unter- 
scheidet sich nach p’OrsıcnyY durch schwächere Rippen und 
dadurch, dass sich die Tuberkel in 6 Rippen spalten. 


178. Rhynckolithus Voltzii Rorm. 
Ool. Geb. p. 07 t. 12 £. 15. 


Fritzow. 
Der einzige mir bekannte Schnabel, welchen Herr Pastor 
STRECKER zur Ansicht mittheilte, schliesst sich in der Form 


z 691 


dem R. hirundo des Muschelkalks an. Er ist jedoch um die 


- Hälfte grösser; die Kaputze bildet mit dem hinteren Theile, 


welcher sich durchaus nicht unterscheidet, eine scharfe, schwach 
gebogene Kante, während bei R. hirundo der Kaputzenrand sich - 
nach hinten fortsetzt und eine mehr oder minder tiefe Furche 
bildet; die Kaufläche zeigt nur einen unregelmässig erhaltenen 
Wulst. 


Annulata. 


79. Serpula quinguangularis GoLpr. 
Petr. Germ. p. 230 t. 68 £. 8. 
S quinguangularis und S. similis Rorm., Ool. &eb. p. 36. 
Fritzow, Partin. 
Röhre fünfseitig, mit der einen Seite aufgewachsen; dieser 
gegenüber liegt der am meisten entwickelte Kiel, welcher ge- 
faltelt ist, indem von den Seiten Anwachsstreifen an ihn heran- 


treten, welche nach vorn einen spitzen Winkel bilden. Die 


Röhre nimmt etwas langsamer an Durchmesser zu, als es die 
Abbildungen von GoLDFUSS zeigen. Sie finden sich entweder 
einzeln, aufgewachsen auf Muscheln, oder in grossen Massen, 
ganze Handstucke allein erfullend. . Im letzteren Falle könneu 
sie sehr varliren, indem die Kiele mehr oder minder zuruck- 
treten; die Röhren können auch ganz rund werden und die 
kreisrunden Anwachsstreifen verlaufen concentrisch parallel dem 
Rande. 
RoEMER hat von S. similis leider keine Abbildung gegeben, 
durch Vergleichung von Originalen von Hoheneggelsen habe 
ich gesehen, dass sie mit vorliegenden Exemplaren überein- 
stimmt. Als Unterschied von S. quinquangularis giebt er an, 
dass die Seitenkiele hier weniger nahe stehen und die Dimen- 
sionen etwas grösser sind; mir war es jedoch nicht möglich, 
nach diesen Unterschieden eine Trennung vorzunehmen, wes- 
halb ich beide Arten zusammenziehe. 


Crustacea. 


80. cf. Orhomalus astartinus Er. 
Leth. brunt. p. 435 t. 60 f. 7. 
Fritzow. 
Dieser Art steht die einzige, von mir gefundene Scheere 
am nächsten; die Hand ist sehr kurz und mit Granulationen 


692 
versehen, die nach innen gröber sind ; der Index ist zum gröss- 
ten Theil abgebrochen, scheint jedoch sehr verlängert gewesen 
zu sein und ist fein granulirt. 


Pisces. 
81. Strophodus reticulatus Ac. 
Acassız, Rech. sur les poissons fossiles III. p. 123 Vol. 3 t. 17. 


Die 5 Zähne, welche ich durch die Gute des Herrn Pastor 
STRECKER zur Untersuchung erhielt, sind äusserlich von einan- 
der verschieden, haben jedoch ein Merkmal mit einander ge- 
mein, das ist die netzförmige Zeichnung der Oberfläche. Die 
beiden grössten stimmen am meisten mitf. 19, 20 und 21a.a.0O. 
überein; sie haben eine rectanguläre Gestalt und in der Nähe 
der einen schmalen Seite einen Buckel, welcher sich nach der 
entgegengesetzten Seite allmälig abflacht. Der grösste Theil 
der Oberfläche ist nur punktirt, an den Rändern allein ist die. 
netzförmige Zeichnung mehr oder minder ausgeprägt. Ein viel 
kleinerer Zahn ähnelt am meisten f. 3; er hat in der .Mitte 
einen ziemlich hohen Buckel, welcher nach den breiten Rändern 
schneller. als nach den schmalen abfällt. Durch die gebogene 
Basis erhält der ganze Zahn ein gedrehtes Aussehen. Hier ist 
die ganze Oberfläche netzförmig gezeichnet und die Mundun- 
gen der Poren sind nur an abgeriebenen Stellen sichtbar. Die 
Oberfläche der beiden letzten Zähne weicht etwas ab und nä- 
hert sich der Gattung Acrodus durch eine submediane Kante, 
von welcher sich vielfach verästelnde Rippen ausgehen. Da 
jedoch die netzförmige Zeichnung, welche für die Gattung Stro- 
phodus bezeichnend ist, noch deutlich sichtbar ist, müssen sie 
‚gleichfalls hierher gestellt werden. 


82. 2Gyrodus sp. indet. 

Fritzow. 

Ein kreisrunder, oben platter Pflasterzahn aus der Krö- 
DEN schen Sammlung, der keine genauere Bestimmung zulässt. 

WesseL giebt noch aculei pinnae dorsalis an; ausserdem 
habe ich noch eine vollkommen glatte Ganoidschuppe von vier- 
seitigem Umriss und einen biconcaven Wirbel in Fritzow ge- 
funden. 


693 


Sauri. 


- 83. ?Ichtyosaurus sp. indet. 

Fritzow. 

Konische Zähne mit einfacher oder etwas übergebogener 
Spitze, die Schmelzlage ist mit feinen Längsrippen versehen, 
die darunter liegende Cementlage ist dick und gröber gerippt. 


Anhang. 


84. Goniolina geometrica Buv. 


Buvienser, Dep. de la Meuse p. 47 t. 32 f. 38. 

Chama geometrica Rornu., Nachtr. p. 35 t. 18 f. 39. 
Terebratula clavellata Contes., Et. Kimm. p. 325 t. 25 f.9, 10. 
v. SEEBACH, p. 87 1. 2 £. 1. 


Fritzow. 

Eirunde Körper, beinahe von der Grösse einer Wallnuss, 
welche aus regelmässigen sechsseitigen Täfelchen bestehen. 
VON SEEBACH giebt an, dass die Täfelchen alle eine gleiche 
Grösse haben; bei vorliegenden Individuen werden sie nach _ 
unten kleiner und haben eine längliche Gestalt. Sie sind in 
concentrischen Reihen. angeordnet und zwar im Allgemeinen 
ziemlich regelmässig, jedoch treten Unregelmässigkeiten durch 
Verrückung der Reihen ein oder indem ein Täfelchen einge- 
schoben wird, an welcher Stelle ist ganz unbestimmt. Die 
Ränder der einzelnen Täfelchen sind hoch und fallen schräg 
gegen eiander ab, die gegenuberliegenden Ecken sind durch 
seichte Furchen verbunden, wie es BuviGnier auch angiebt 
(v. SEEBACH erwähnt dies nicht); eine Oeffnung ist in den 
Täfelehen nicht vorhanden. Einen so deutlichen Stiel, wie ihn 
v. SEEBACH abbildet, habe ich hier nicht beobachtet, jedoch ist 
immer eine Ansatzstelle vorhanden, die übrige Schale ist voll- 
kommen geschlossen. Die Schale selbst ist nie erhalten, es 
finden sich nur Steinkerne und Abdrucke der Skulptur. 


IV. Altersbestimmung. 
1. Fritzew. 


Die meisten oben beschriebenen Arten finden sich in den 
Kimmeridgebildungen anderer Gegenden, nur sehr wenige rei- 
chen tiefer hinab, keine jedoch höher hinauf, so dass über das 


694 


Alter kein Zweifel sein kann. Die Kimmeridgebildungen ha- 
ben sich im Allgemeinen nach zwei wesentlich von einander 
verschiedenen Typen abgesetzt. Der eine ist der schweizerisch- 
französische, an den sich mit etwas abweichender Facies die 
Bildungen des nordwestlichen Deutschlands anschliessen; der 
andere ist der englische, welchem die Bildungen an der Nord- 
küste von Frankreich zufallen. Ein wesentlicher Unterschied 
ist hier die verschiedene petrographische Beschaffenheit, welche 
lange verhindert hat, die Gleichalterigkeit der beiden Ablage- 
rungen zu erkennen. Die Fritzower Schichten gehören petro- 
graphisch dem ersteren Typus an; denn sie bestehen aus 
mergeligen und oolithischen Kalksteinen, während in England 
durchgängig mächtige Thonablagerungen herrschend sind; sie 
stimmen aber auch in paläontologischer Hinsicht mit dem 
schweizerisch-französischen Typus genau überein, wie sich so- 
gleich ergeben wird. 


1. Vergleichung mit den Kimmeridgebildungen der 
Schweiz und Frankreichs. 


Die Gliederung dieser Formation macht grosse Schwierig- 
keiten, weil die vertikale Verbreitung der Arten eine sehr grosse 
ist. Zunächst über der Zone der Cidaris florigemma folgt an 
einigen Punkten der Schweiz die der Diceras arietina, welche 
von OppEeL weder zum Oxford noch zum Kimmeridge gerech- 
net wurde, die aber in der neueren Arbeit von WAAGEN”) zum 
Kimmeridge gezogen wird. Sie kommt hier nicht in Betracht, 
da sich von Fritzow nur Rhynchonella pinguis und Corbis sub- 
clathrata darin finden, die auch höher hinauf gehen. Die dar- 
über liegenden Schichten hat OPPEL in drei Zonen eingetheilt, 
' die der Asiarte supracorallina, des Pteroceras Oceani und der 
Trigonia gibbosa, von denen er die erste und dritte nur als 
Subzonen auffasst; jedoch giebt WAAGEN nach neueren Unter- 
suchungen an, dass die Zone der Astarte supracorallina immer 
mehr als eigene Zone begründet wurde. Die Zone der Trigonia 
gibbosa ist typisch in England entwickelt, Aequivalente finden 
sich auch in Frankreich; aus Fritzow steigt keine einzige Art 
bis zu ihr hinauf, Auf die weitergehende Zertheilung der Zone 


*) Waagen, der Jura von Frankreich, Schwaben und der Schweiz. 
München, 1864, 


Be. | 695 . 


des Pteroceras Oceani in die des Pteroceras Oceani (Etage strom- 
bien) und die der Kxogyra virgula (Etage virgulien) habe ich in 
der tabellarischen Uebersicht keine Rücksicht genommen, da 
sich herausstellt, dass die Fritzower Schichten nicht so weit 
hinauf reichen. Eben so wenig war es erforderlich, andre 
mehr oder weniger lokale Gliederungen, welche diese Zonen 
noch erfahren haben, in Betracht zu ziehen. 

In Bezug auf die Verbreitung der Arten habe ich die sehr 
schätzenswerthen Angaben OPper’s benutzt und die neueren 
von ETALLON und ÜoNTEJEAN hinzugezogen; es stellt sich dann 
folgende Verbreitung der Fritzower Versteinerungen im Ver- 
gleich zu den schweizerisch-französischen heraus, 


u 75 Dr S | S .S 
Species. FE S Se 2 S 
=>) S Is S Z Ss 
Hlomicidaris Hofmanni „-..... .» 1 £ 
Terebratula subsela . » - . -| ee T 
Eihynchonella pinguis. . . . | 7 oo: 
Bern enssoltoria:s ‘ea. ER T 
—  multiformis | - T . 
Exogyra Bruntrutana | 7 T 
Anomia undata T . 
 Peeten strictus . 7 T 
Lima densipunctata . . . . T 
rasinlita® ern 2.0 ; : T | . 
Apieula peetisformis .: . 2°... Dalset i 
—  modiolaris 7 | T 
Gervillia tetragona 3; 1. 
I UYIIRTEETT OIRAR IERRENR URNE EINSOTE ; e T . 
Bernd subplana |... lei u \ ; 7 T 
zz  Mahloides ..... 8 : T ; . 
Myalusjurensis =... 7 T 
— pectinatus . 7 T 
Pinna granulata . . . . T 1 
Brichitesi seien nat. g 7 T 
Cucullaea longirostris . . . ; T 
MEeerodon. latusı la ar ; i T 
—  Morensis ; : T 
Nrigonia suprajurensis » . . . ! T T 
= RUE T . 
ar Vollmer 3 - - T 
Astarte suprajurensis. . 2». 5 T T 


ee 

Bass Sd| 2 1888| 88 

Species. s# | & |SaS| SS 

53 | & #558 

Be . SI u. 

Astarte plana i | | | Fl 
Protocardia eduliformis . BR T 
Lucina substriata . RE ; ar, T 
Corbisssubelelhrata 2... 2. : ; | T T 
Isocardia cornula.... KA RN T T 
Pleuromyadongata 2.0. 7 i i 
—  helvetica 7 T 
Pholadomya en | | 7 T 
EU OeoemeosidaN. orten + 7 T 7 
Gresslya excentrica ar 1 
Gasirochaena ampla rn. Be i ; 
Bülla 'suprajurensis . .ı ni: . - T 

Nero yurensis.. st eh h 1. 
Natica hemisphaerica. . . .» - u 7 T 
Pleurotomaria iu Bars ; 
Nerinea Gosae | | + 7 
—  Jasciata Te. 
Chemnitzia Bronni r T T 
—  abbreviata es 7 T 
Phasianella striata h T 7 T 
Cerithium limaeforme . .. .| Br Pl. 
Nautilus Moreausus | . 7 

Serpula quinquangularis . | | T Tu 
Örhomalus astartinus . | | T : 
Strophodus retieulatus”). | Det RO Ee ; 
Goniolina geometrica | A 7 + 


Hieraus geht hervor, dass die Verbreitung in den beiden 
Kimmeridge - Zonen eine ziemlich gleichwerthige ist, jedoch 
sprechen Gervillia obtusa, Trigonia hybrida, Astarte plana, Ne- 
rinea JSasciata und. Cerithium limaeforme, die in Fritzow sehr 
häufig vorkommen, dafür, dass die Schichten mit der Astarten- 
zone gleichartig sind, besonders da OPrEn diese Arten unter 
denen angiebt, die nur in dem unteren Kimmeridge vorkommen. 
Andererseits gehen Lima densipunctata, Üucullaea longürostris, 
Macrodon latus und Morensis, Protocardia eduliformis, Bulla su- 
prajurensis, Nerita jurensis und Nautilus Moreausus nicht hin- 
unter in die Astartenzone. Diese Arten sind jedoch nicht so 


*) Findet sich nach Acassız im Thone von Shotover bei Oxford. 


Ss 


697 E 


häufig als die vorhergehenden; zwei davon sind sogar Unica, 
und die anderen liessen als Steinkerne keine ganz sichere Be- 
stimmung zu oder zeigen Abweichungen von den typischen 
Formen. Nur Cuecullaea longirostris und Lima densipunctata sind 
sicher bestimmt und kommen häufig vor, jedoch spielen sie als 
Leitfossilien in der Schweiz und Frankreich keine Rolle. Nach 


diesen Beobachtungen scheint mir die Gleichalterigkeit mit der 


Zone. der Astarte supracorallina unzweifelhaft, nur muss man 
hinzufügen, dass die Fauna reich ist an Versteinerungen, die 
‚auch in der Zone des Pieroceras Oceani vorkommen. 

Die Arten, welche in der Schweiz und Frankreich nicht 
vorkommen, finden sich im nordwestlichen Deutschland mit 
Ausnahme von Myoconcha baltica und Opis excavata, welche 
ich vorläufig als lokal ansehe, bis die zu den Steinkernen auf- 
gefundenen Schalen eine nähere Vergleichung gestatten. 


2 Vergleichung mit den Kimmeridgebildungen des nord- 
westlichen Deutschlands 

Genaue Gliederungen dieser Bildungen wurden in der 
neuesten Zeit durch H. CreEpxer (über die Gliederung der 
oberen Juraformation und der Wealdenbildung im nordwestli- 
chen Deutschland) und KARL v. SEEBACH (der hannöversche 
Jura) gegeben und sind kürzlich durch H. CrEDNER in den 
Erläuterungen zu seiner geognostischen Karte der Umgegend 
von Hannover in Parallele gestellt. Zu einer Vergleichung in 
Bezug auf die vertikale Verbreitung der Arten im oberen Jura 
des nordwestlichen Deutschlands sind besonders die von H. 
CREDNER und K. v. SEEBACH gegebenen Tabellen von grossem 
Nutzen. Indem ich die v. SEEBACH gegebene Eintheilung zu 
Grunde lege, ergiebt sich Folgendes. 


Hemicidaris Hojfmanni 
Terebratula subsella 
Rhynchonella pinguis . 
Östrea solitaria 


Exogyra Bruntrutana 
Anomia undata 
Pecten strictus . 


Lima densipunctata 
Avicula pectiniformis . 
Gervillia obtusa 
Perna subplana 
Mytilus jurensis 


Modiola imbricata 
Pinna granulata 


Cucullaea longirostris 
Macrodon latus 
Trigonia suprajurensis 


Astarte plana 
Cyprina nuculaeformis 
Protocardia eduliformis 
Lucina substriata . 
Corbis subclathraia 
Isocardia cornuta . 
Pleuromya elongata 
Pholadomya paucicosta 
decemcostata . 
Gresslya excentrica 
Bulla suprajurensis 
Nerita jurensis . 
Natica hemisphaerica 
Scalaria Münsteri. 


bank. 


Korallen- 
Korallen- 
Nerineen- 
schichten, 

Pteroceras- 
schichten, 

Virgula- 
schichten, 


.—+ 
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Cerithium limaeforme . T T } } 
Aporrhais cingulata : £ + 
Rhyncholithus Voltzü . + i 
Serpula quinquangularis T . i 
Goniolina geometrica . T ? ; 


Aus dieser Tabelle geht hervor, dass in der Korallenbank 
nur solche Versteinerungen vorkommen, die auch höher hinauf 
gehen, in den Virgulaschichten nur solche, die auch in tieferen 
auftreten, so dass es sich nur um die dazwischenliegenden 
handeln kann, also nach v. SEEBACH um Korallenoolith, Neri- 
neenschichten und Pterocerasschichten. Für die Gleichalterig- 
keit mit dem Korallenoolith sprechen Rhynchonella pinguis, 
Astarte plana, Trigonia hybrida, Gervillia obtusa, Cerithium 
limaeforme, Goniolina geometrica, jedoch ist der Umstand hin- 
dernd, dass hier schon ächte Oxfordspecies vorhanden sind, 
wie Chemnitzia Heddingtonensis, Trigonia triquetra, Pecten lens, 
welche weder in Fritzow, noch in der Zone der Astarte supra- 
corallina auftreten, und die v. SEEBACH gerade bestimmt haben, 
diese Bildung noch zum Oxford zu rechnen; während an- 
dererseits, wie die Tabelle zeigt, wichtige Kimmeridgespecies 
fehlen. Eine gewisse Aehulichkeit mit der Zone der Astarte 
supracorallina ist nicht zu verkennen, und OPPEL giebt an, dass 
Buvisnıer ähnliche Ablagerungen bei Verdun, wie die von 
Hoheneggelsen, wo der Korallenoolith typisch entwickelt ist, 
richtig bei den Astartenkalken eingereiht habe. 

Numerisch die meisten Arten treten in Hannover in den 
Pterocerasschichten auf, von denen auch eine grosse Anzahl 
nicht tiefer hinabreicht; es fehlen jedoch hier die oben ange- 
führten Species aus dem Korallenoolithe, welche in Fritzow 
gerade sehr verbreitet sind. Eine Vereinigung dieser Species 
mit den wichtigsten Steinkernen aus der Zone des Pteroceras 
Oceani findet in der Zone der Astarte supracorallina statt, ohne 


# 


dass in ihr schon Oxfordspecies auftreten, und dass solche 
Schichten in Hannover fehlen, möchte ich als einen Haupt- 
unterschied in der Entwickelung der Kimmeridgebildungen bei- 
der Gegenden bezeichnen, was auch bis jetzt eine Karallelist- 
rung derselben verhindert hat. 

Die Ueberlagerung der Nerineenschichten Hannovers und 
der Zone der Astarte supracorallina von den Pterocerasschich- 
ten muss zunächst zu einer Vergleichung derselben fuhren, und 
CREDNER hat auch die Astartenzone, aber fraglich, mit seiner 
Zone der Natica obtusa parallelisirt. Paläontologisch stimmen 
diese Schichten schlecht mit einander überein; es finden sich 
allerdings in den Nerineenschichten Rhynchonella pinguis, Tri- 
 gonia hybrida, Nerinea fasciata, jedoch fehlen Astarte plana, 
Gervillia obtusa, Goniolina geometrica und die zahlreichen Stein- 
kerne, die sich in der Astartenzone und in Fritzow finden, 
auch zeigen sie durch das massenhafte Auftreten von Nerineen 
eine ganz eigenthümliche Facies. Sind diese Schichten in der 
That gleichalterig, so muss eine grosse Verschiedenheit in der 
Entwickelung angenommen werden, was immer grosse Beden- 
ken hat, wenn nicht wichtige Gründe dafür sprechen. 


S 


3. Vergleichung mit den Kimmeridgebildungen von 

England. h 
Unter dem Portland-stone (Zone der Trigonia gibbosa) 
folgt in England der Kimmeridge-clay, welcher nach Oppeu als 
Aequivalent der Zone des Pieroceras Oceani und der Astarte 
supracorallina zu betrachten ist. Aus dem Portland-stone und 
den unter dem Kimmeridge-clay folgenden Oxfordschichten fin- 
‚det sich in Fritzow kein Fossil, und nur folgende Arten des 
Kimmeridge-clay kommen in Fritzow vor: Natica hemisphaerica, 
Pholadomya paucicosta, Gresslya excentrica, Isocardia cornuta, 
Trigonia Voltziü und suprajurensis, Gervillia tetragona, Arca lon- 
girostris, Pinna granulata, Trichites, Terebratula subsella.. Wenn 
also auch die Uebereinstimmung gering ist, so folgt doch 
daraus, dass man nur innerhalb des Kimmeridge-clay das Aequi- 
valent der Fritzower Schichten in England zu suchen hat. Die 
übrigen in Fritzow und England vorkowmenden Versteinerun- 
gen sind vollkommen verschieden, ebenso wie die petrographi- 
sche Beschaffenheit, so dass an eine weiter gehende Verglei- 

chung nicht gedacht werden kann. 


In Kürze ergiebt sich also für die Fritzower Bildungen 
folgendes Resultat: Sie zeigen die meiste Ueberein- 
stimmung mit der Zone der Astarte supracorallina 
inder Schweiz und Frankreich; im nordwestlichen 
Deutschland sind keine gleichen Schichten ent- 
 wiekelt, dem Alter nach fallen jedoch die Fritzo- 
wer Schichten zwischen die Korallenbank und die 
Virgulaschichten v. SEEBACH's. 


2. Klemmen. 


Schon oben habe ich bei der Beschreibung der Lokalitäten 
auf die Uebereinstimmung der organischen Reste mit denen 
von Fritzow hingewiesen. Keine Versteinerung findet sich in 
Klemmen, die ich nicht in Fritzow auch angetroffen hätte, so 
dass ich die Schichten für gleichalterig halten muss. Dass ich 
eine grosse Anzahl wichtiger Arten von Fritzow nicht von 
Klemmen angeführt habe, ist nicht als ein charakteristischer 
Unterschied der Schichten zu betrachten, da der Fundort Klem- 
‚men nur wenig ausgebeutet ist, während mir von Fritzow die 
sehr bedeutende Lokalsammlung des Herrn STRECKER zu Ge- 
bote stand. 


3. Bartin. 


Die hier vorkommenden Petrefakten, welche ich im paläon- 
tologischen Theil angegeben habe, sind nur ein Theil der rei- 
chen Fauna dieser Kalke; sie genugen jedoch, um wenigstens 
im Allgemeinen das Alter festzustellen. Da sich die meisten 
Arten auch in Fritzow finden und zwar solche, die besonders 
charakteristisch sind, wie Astarte plana, Cerithium limaeforme, 
Rhynchonella pinguis, so deutet dies auf eine Gleichalterigkeit 
der Schichten hin. Die beiden mir von Fritzow nicht bekann- 
ten Arten, Ammonites Eudoxus und Pygurus Blumenbachü be- 
stätigen dies; denn erstere findet sich nach OPPpEL im mittleren 
und unteren Kimmeridge, letztere im Korallenoolith und den 
Pterocerasschichten. Auffallend ist es jedoch, dass sich keine 
Steinkerne von Isocardia cornuta, Pholadomya pauecicosta, Unio 
suprajurensis u.a. m. gefunden haben. Kommen diese in der That 
nicht vor, so haben die Bildungen von Bartin die grösste Aehn- 
lichkeit mit dem Korallenoolith und würden ein etwas tieferes 
Niveau als die Fritzower Schichten einnehmen. Nach diesem 
negativen Merkmale allein könnte man sie aber mit Bestimmt- 
heit nicht trennen, es müssten denn noch ächte Den 
gefunden werden. 


x 
vu Y Ei 
RE 


702 


9. Nachtrag zu dem Aufsatze über die Helmstädter 
Fauna. 


Von Herrn A. v. Koznsen ın Berlin. 


Veranlasst durch eine Beurtheilung seines Aufsatzes über 
die Fauna der Braunkohlenformation von Lattorf, welche in 
der Einleitung zu meiner Arbeit über die Helmstädter Fauna“) 
enthalten ist, hat Herr GiEBEL eine Erwiderung verfasst*”), in 
welcher ausser Anderem, worauf zu antworten ich keine Ver- 
anlassung fühle, auch eine Anzahl angeblicher Fehler in mei- 
nem eigenen Aufsatze angeführt werden. Ueber letztere habe 
ich das Folgende zu bemerken. 

Herr GieBeL hatte in der Beschreibung der Pleurotoma 
conoidea SoL. sich gegen die von EDWARDS vorgenommene 
Trennung dieser Art von der Pl. subconoidea D’OrB. — Pl. co- 
noidea NyYsT, non SoL. ausgesprochen und vermisst jetzt in 
meinem Aufsatze eine Rechtfertigung jener Trennung. Dieselbe 
ist aber vollständig genugend gegeben, wenn ich S. 497 nach 
Beschreibung der PI. bellula Pu. und Pl. subconoidea D’ORE. 
sage: „die ächte Pl. conoidea Sor. unterscheidet sich von allen 
diesen Arten dadurch, dass die etwas weniger zahlreichen Spi- 
ralen zwischen Kiel und Kanal überall gleich scharf sind und 
durch die etwa eben so starken, nur selten einmal u) 
Längsrippen gleichmässig gekörnelt werden.“ 

Herr GiEBEL tadelt, dass ich seine Abbildung der Nucula 
lunulata noch einmal als falsch kritisire, obgleich er selbst schon 
gesagt hatte, dass „seine Figur 5 b nicht zu beachten sei, wel- 
che der Zeichner nach einer beschädigten Klappe zumal im 
Schlosse unter dem Wirbel falsch restaurirt habe“; ich habe 
indess nur bestimmter darauf hingewiesen, dass „die Ligament- 
grube auf der Abbildung fehlt“. Ferner sagt derselbe, ich hätte 


*) 8. Abb fg. dieses Bandes. 
**) Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften. ‚Falırdane 18566. 
8. 102 fg. 


. 703 


die als N. lunulata bestimmte Art für in Gestalt, Grösse und 


Skulptur vollständig übereinstimmend erklärt mit der N. 


similis SoL., sie trotz dieser vollständigen Identität aber 


“unterschieden durch schwächere: Schlosszähne; die von mir 


S. 468 gebrauchten Worte sagen indessen nicht, dass die 
Stücke von Lattorf mit-der N. similis vollständig überein- 
stimmen, sondern, dass sie in Gestalt, Grösse und Skulp- 
tur vollständig übereinstimmen, sich aber unterscheiden 
durch schwächere, zahlreichere, vorn und hinten weiter hinab- 
gehende Schlosszahne. 

Der Stellung seiner Astarte Bosqueti Nyst zu Crassatella 
Woodi v. KoEnen widerspricht Herr GIEBEL, weil erstere stets 
einen glatten, letztere stets einen gekerbten Rand habe, und 
er in seiner Beschreibung angiebt, der Rand seiner Exemplare 
wäre glatt. Hiergegen muss ich bemerken, dass einerseits die 
Kerbung des Randes bei Crassatella Woodi sehr fein, oft nur 
unter der Lupe deutlich sichtbar ist und verschwindet, sobald 
ein Stück nur ein wenig abgerieben ist, und dass andrerseits 
ich nur seine Abbildung zu der Crassatella gestellt habe, weil 
sie der Stellung der Schlosszähne nach nicht zu der Astarte, 
wohl aber zu der Crassatella passt. 

Zu der Ansicht, dass unter der Arca anhaltina die bei 
Lattorf nicht seltene Arca decussata begriffen sein könne, 
bestimmten mich die in der Beschreibung gemachten Angaben, 
dass der Wirbel im vorderen Drittel der gleichmässig gewölb- 
ten Klappen läge, und dass die Oberfläche durch ganz flache, 
breite, nur durch Linienfurchen geschiedene Rippen bedeckt sei, 
die von starken Wachsthumsrunzeln gekreuzt wurden. Da die 
Figur der Arca anhaltina von den der Art hiernach zukommen- 
den Radialrippen gar nichts erkennen lässt, musste sie als 
unbrauchbar zur Erkennung der Art erklärt werden, falls eben 
darunter die Arca decussata verstanden ist. Dass, wie Herr 
GIEBEL in seiner Entgegnung erklärt, die Beschreibung der 
Arca anhaltina mit der Abbildung übereinstimmt, kann ich 
nach Obigem nicht zugeben und wiederhole, dass mir eine 
Arca mit den Charakteren, wie sie die Figur der Arca an- 
haltina ausdrückt, nicht bekannt ist. 

Ferner wird gerügt, dass ich dem Namen Cuma Bettina 
SemreR Priorität vor der Fasciolaria tuberculata eingeräumt 


habe, welche letztere schon 1861 beschrieben wurde, während 
Zeits. d.d. geol. Ges. XVII. 4. 46 


u, en 


die Art von SemPpEr erst 1862 benannt wurde; ich hielt es 
‚aber für billig den, wenn auch schlechten Namen Seuper’s 
anzunehmen, weil derselbe durch eine ausführliche, über die 
Art nach keiner Richtung Zweifel lassende Beschreibung be- 
gründet war, und weil Herr SEmPER zur Zeit in der That ausser 
Stande gewesen ist, aus der früheren Beschreibung der 
Fasciolaria fimbriata diese als die gleiche zu erkennen. Es 
ist ganz unmöglich, sich unter einer Art, welche zugleich mit 
Fasciolaria tuberculata Broc. sehr innig verwandt und vom 
Typus der Fasciolaria nodosa GEB. sein soll, welche eine Bor- 
sonia ist, etwas der Cuma Bettina Verwandtes zu denken. 

Ferner bezeichnet Herr GisseL meine Beschreibung von 
Eulima complanata als ungenügend, führt aber zur Motivirung 
dieses Urtheils nur. einen Theil des von mir über die Art Ge- 
sagten so an, als ob es die ganze Beschreibung wäre. 

Dasselbe gilt für die Weise, in welcher er ein Urtheil 
über meine Beschreibung der Niso turris abgiebt, wobei er 
noch irrig zufügt, dass meine Abbildung nicht den geringsten 
Unterschied von N. eburnea entdecken liesse. Entsprechend 
aber der Angabe der Dimensionen in meiner Beschreibung ist 
aus der Figur ersichtlich, dass der grösste Durchmesser des 
 Nabels ein Drittel des Durchmessers der Schlusswindung be- 
trägt, viel mehr als bei Niso eburnea, so dass die Mündung 
sich weiter von der Axe der Schale entfernt. Ebenso springt 
sofort in die Augen, dass der Aussenrand der Mündung bei 
Niso turris in einem ziemlich gleichmässigen Bogen von der 
Naht bis zum Nabel geht, während er bei N. eburnea, wie 
HOöRnES dies in seiner Beschreibung noch besonders hervorhebt, 
„stumpf kantig“ ist. 

Ueber meine Cancellaria tenuistriata wird das Urtheil aus- 
gesprochen, sie stehe der (©. nitens BEYR. so nahe, dass eine 
eingehende Vergleichung sehr nothwendig gewesen wäre. Von 
dieser Art unterscheidet sich aber die meinige, wie aus der 
Beschreibung und Abbildung ersichtlich ist, durch die ganz fei- 
nen Spirallinien, die selteneren und schmaleren Längsrippen, 
die sehr viel flacheren Windungen und die weit kürzere, ge- 
drungenere Gestalt so bedeutend, dass ein besonderes Hervor- 
heben dieser Unterschiede höchst überflüssig schien. 

Tadelnd wird hierauf bemerkt: „Fusus restans n. sp. beruht 
auf einem nur wenig von F. planicostatus verschiedenen frag- 


705 


mentäreu Exemplare.“ Ich führte dasselbe auf, weil das Vor- 
kommen einer solchen Form, die dem norddeutschen Tertiär- 
gebirge sonst ganz fremd ist, von besonderem Interesse war. 
Ein neuer Name war erforderlich, weil, wie in der Beschrei- 
bung ausführlich erörtert ist, die Gestalt und Skulptur des F. 
restans wesentlich abweicht von dem zunächst verwandten FF. 
planicostatus MELL. 

In Betreff der von mir aufgestellten neuen Gattung Ed- 
wardsia macht Herr GiesEeL, indem er die Gattung selbst für 
ungenügend begründet und für ganz ident mit Fasciolaria hält, 
darauf aufmerksam, dass der Name überdies schon anderweit 
von QUATREFAGES vergeben sei. Indem ich die Gattung auf- 
recht halte, wähle ich fur sie nunmehr den Namen Pisanella 
und bemerke wiederholt, dass ich mich zur Aufstellung der- 
selben erst entschloss, nachdem eine Autorität im Gebiete der 
Conchologie, Herr v. Martens, sich für ihre Selbstständig- 
keit ausgesprochen hatte. Von Fasciolaria unterscheidet sie 
sich jedenfalls noch mehr als von der weit näher stehenden 
Cuma durch das gänzliche Fehlen eines eigentlichen ausgezo- 
genen Kanals. 

Schliesslich wird getadelt, dass in der Diagnose der Gat- 
tung nur zwei Spiralfalten angeführt wurden, während, wie 
BEYRIicH in seiner Beschreibung auch angegeben, die dazu ge- 
rechnete Voluta semigranosa Nyst drei Spindelfalten habe und 
die Lattorfer Exemplare dieser Art zwischen den drei Falten 
noch zwei schwache hätten; ebenso hätte ein Stück von Pisa- 
nella. Bettina drei Falten. Letzteres ist an keinem meiner 
Exemplare der Fall, dieselben haben zum Theil noch einen 
kleinen Höcker auf der. Spindel, aber nie eine dritte Falte. 
Bei Voluta semigranosa fuhrt BeyrichH allerdings drei Spindel- 
falten an, doch ist die unterste derselben wesentlich von den 
beiden oberen verschieden und kann auch für eine schwielige 
Umbiegung des Spindelrandes gelten, wie sie sich ja bei so 
vielen Arten findet; ein Dazwischenschieben von schwächeren 
Falten ist an keinem einzigen meiner Exemplare dieser Art 
zu sehen. Uebrigens ist die Zahl von zwei Spindelfalten auf 
alle Fälle ein ganz unwesentlicher Punkt, wie ja auch andere 
Gattungen, welche Falten auf der Spindel tragen, in der Zahl 
. derselben sehr variiren. 


46* 


706 


Dem Vorhergehenden schliesse ich noch einige nachträg- 

liche Bemerkungen an: 
Zu Seite 499 meines Aufsatzes:- 

Durch Vergleichung einer Anzahl Exemplare der Pleurotoma 
Hörnesi SPEYER (SPEYER, Söllingen 8. 30 t.1 f.3) mit meiner 
Pl. peracuta hat sich ergeben, dass beide zu vereinigen sind. 
Der Spryer’sche Name ist zwar früher veröffentlicht, kann 
unserer Art aber nicht verbleiben, da BoSguver schon 1859 in 
seinen Recherches paleontologiques eine andere Art Pl. Hör- 
nesi benannt hat. Zum dritten Male benutzt denselben Namen 
Desnayes (Suppl. tome Ill. p. 362) für eine dritte Art; für 
diese schlage ich den Namen Pl. Heberti vor. 

Zu Seite 497: 

Die Pleurotoma subconoides SAnDB. non D’ORB. hatte ich 
Pl. Sandbergeri benannt; denselben Namen hat aber nur we- 
nige Wochen später Desmayzs (Suppl. tome Ill. p. 366) ander- 
weitig verwendet. Ich ziehe daher, als das Kürzeste, meinen 
Namen zurück und nenne die Pl. subconoidea SANDB. jetzt Pl. 
Weinkauffi. 

Zu Seite 510: 

Mathilda tripartita (8.530) ist in der Ueberschrift (S. 510) 
durch ein Versehen als Cerithiopsis angeführt worden, und der 
erste Absatz der Beschreibung muss lauten: 
| „Es liegen von Helmstädt eine Anzahl Bruchstücke vor, 
welche sich unter einander ergänzen und zur Beschreibung 
um so mehr genügen, als ich eine äusserst nahestehende Form 
(Taf. XVI. Fig. 3a, b,e) von Unseburg, Laitorf u. s. w. be- 
sitze, die ich früher zu Cerithiopsis gestellt hatte, wohin sie 
freilich vermöge ihres glatten, hornförmig aufgebogenen, zuerst 
links gedrehten Embryonalendes nicht passt.“ 

Zu Seite 512: 

Zu Solarium canaliculatum Lam. ist „Solarium lens 
GıEBEL (Taf. Ill. Fig. 13) als Synonym zu stellen, und ersterer 
Name ist 8.467 in der Erklärung der Tafeln rechts zu substi- 
tuiren, da ich mich von der Identität beider Arten inzwischen 
überzeugt habe. 


I. Namenregister. 


A. hinter den Titeln. bedeutet Aufsatz, B. briefliche Mittheilung, P 
° tokoll der mündlichen Verhandlungen. 


O. v. Aısert, Darstellung der geognostischen Verhältnisse der 
Braunkohlen-Ablagerung bei Lattorf in Anhalt. A. . 

Beyrıca, Alpiner Muschelkalk. P. 

— Ueber den Kyffhäuser. ?. BL . 

— Zusammensetzung des Rothliegenden am Ha: er Sprhan. 
SE A e er < 

H. Crspner, Die Zone der Opis simölis Bi im Oxford von ai 
nover. A. . 

—  Geognostische Beschreibiue. Bes Bergwerksüitiktes von ‚St. 
Andreasberg. A. ER 

— Die Verbreitung des Gault in der Unsegend von Halikdrer A. 

— Geognostische Skizze der Umgegend von New-York. A. 

v. Decaen, Vergleichende Uebersicht der vulkanischen Erscheinun- 
gen im Laacher See-Gebiete und in der Eifel. A. 

Eck, Versteinerungen aus thüringischem Muschelkalk. P.. 

— Versteinerungen aus Keuper und Buntsandstein. P. 

— DBohrloch am Jahdebusen. P. 

Ewaıd, Zechsteingruppe bei Misdebihr: P. h 

H. R. Görrert, Ueber die fossile Kreidehork ne Aare Teitpflane 
er ee 

H. Hörer, Tertiärcongiomerat im Trachyte zu Nagyäg. A. . 


Kenneort, Bemerkungen über den Feldspath des Tonalit. A. 


v. Kosxen, Versteinerungen aus dem westphälischen Steinkohlen- 
gebirge. P. ar 

—  Versteinerungen im westphälischen Bisinköhlehbehihtiel Cardium 
edule im Diluvium und Spirulirostra Hörnesi. P. 

— Tertiärversteinerungen aus Russland. P. . 

— Die Fauna der unter-oligocänen Tertiärschichten von Helm- 
städt bei Braunschweig. A: . » . . 

— Nachtrag zu dem Aufsatze über die Helmstädter Fauna! A. 


= Pro- 


708 


Kosmann, Vulkanische Gesteine der Auvergne. P. 

—  Rothschöneberger Stolln. ?. 

Kruc v. Nina, Stassfurter Mineralien, ?. 

A. Kuntu, Ueber Schichten mit Feuersteinwaffen im nord 
Europa. P. as 

— Die Kreide im Ölingebiere, B2 

— Die losen ee im Diluvium von Tempelhof bei 
Berlin. A. Ä 

-— Ueber einen Kehmiden im “elesichen Kohlenkaler P. 

Laspevees, Die hohlen Kalksteingeschiebe im Rothliegenden nörd- 
lich von Kreuznach an der Nabe. A. . . .., 

Lortrser, Neue Stassfurter Mineralien. P. a: \ 

—. Kırystallisirter Sandstein, Hatchettin und Middletonit. pP. 

Marsn, Ueber einen Pterodactylus von Eichstädt, alpinen Muschel- 
kalk und Solanocrinus costaius. P. SUTIEE 

— Ueber /schyracanthus Grubeanus und die . Lobenkieis 
von Ceratites nodosus. P. , ; 

v. Mörver, Kohlenkalk und permische Fosmentinn in Rosshnil P. 

Oprer, Die tithonische Etage. A. h 

RammeLsgeng, Ueber Stassfurtit, Carnallit und über Pole P. 

— A. Scaccan, über die Polysymmetrie der Krystalle. A. 

— Bemerkungen zu Scaccnı’s Abhandlung über die Polysymme- 
trie und zu der von Des CroizEaux über die Pseudodimor- 
phie. A ; 

— Ueber Pre adodimorphie R. 

— Ueber geschmolzene Mineralien. P. 

— Ueber Feldspathe. P. 

— Ueber Topas. P£. 

— Ueber den Ausbruch n ie vom "31. ee 1865. FR 

— Ueber den Kainit und Kieserit von Stassfurt. A. 3 

vom Rırn, Ein Besuch der Kupfergrube Monte Catini in Foscans 
und einiger Punkte ihrer Umgebung. A. 

— Ein Besuch Radicofanis und des Monte Amiata in Te A. 

R. Rıcuter, Aus dem thüringischen Schiefergebirge. A. 

F. A. Rormer, Benierkungen über die geognostische Kolorirung der 
Karte des westlichen Harzgebirges, Re in 1:50,000 von 
C. Prepiger. A. 3 : 

F. Roemer, Ueber cenomanen Geslesanddiein. in Oben PR: 

— Cibas aus Oberschlesien. P. 

— Ueber das Vorkommen von Eizorias Hibberti Owsa (Mega. 
lichthys Hibbertii Acassız et Hıssext) in den Schieferthonen 
des Steinkohlengebirges. von Volpersdorf in der Grafschaft 
Sitz. A, N . - i 

— Ueber die Auffindung etsnischer Versteinsrangen = en 
Ostabhange des Altvater-Gebirges. A. . . . ... 

Rose, Ueber Meteoriten. Pf. . . . . BER Re 

— Ueber Thonschiefer mit Becken es nsprousä P. 


709 


Rose, Ueber Stassfurter Mineralien. P. 

—  Albitkrystalle vom Roc-tourne. P. 

Rortu, Ueber Dunit. P. i 

— Uranit und Eisenglanz bei Hirschberg i in Schlerien, P. 

— Ueber Feldspathe. P. 

— , Versteinerungen im Diluvialsand. P. 

— _Geschmolzene Mineralien. P. 

— Ueber die Umwandlung des Bolepllieh zu Phon) 14. 

SADkBEck, Die oberen Jurabildungen in Pommern. A. 

Sass, Ueber die Insel Runoe 5. : 

v. SeeBacu, Beiträge zur Geologie der Insel Ben, A. . 

— Beobachtungen in Central-Amerika. B. - 

U. Schröxgach, Lias und Jura in Norddeutschland, Kreide in 1 Böh. 
men, Reise in Nord-Frankreich. B. 

Tamnan, Ueber Pinit. 2. 

Meantsenorv, Moskauerwlura. BE 21. 2... ne 

Tsenermar, Bemerkungen zu dem Aufsatze des Horn 6. Rose: 
Ueber die in den Thonschiefern vorkommenden, mit Faserquarz 
bedeckten Eisenkieshexaeder. A. BR an 

Wessky, Ueber Quarz-Krystalle von Striegau in Schlesien, A. 

— Ueber Titaneisen, Fergusonit, Monazit und Gadolinit im Rie- 
sengebirge. B, Wr 

Winpıage, Produkte beim Bössemer- Prokekk, P. > : 

Weıss, Optische Untersuchungen über die Bildung des Beldspache, PR. 

ZEUSCHNER, Ueber den polnischen Jura. B. : 

Zirker, Mikroskopische Analyse der Gesteine, 2. 


Acmaea cristata . 
Acrotreta socialis 
Actaeon elongatus . 
= simulatus, 3.8, 
AIR ea en 
Ammonites abscissus . 
— adversus 

— Angelini 

—  asemus . 
IERGALTOR Se 
- , GCärterontJ. 30, 
— Catullianus 

— celsus 

—  collegialis . 

— eurvispina. 

—  electus 

-—  elimatus 

—  Emerici 

-——  Eudoxus 

—  Fallauxi 

—  giganteus . 

—  Goslariensis . 
—  immanis 

— inceultus 

es Kocht: ı%. 

-— . Koellikeri . 

—  leiosomus . 

—  Liebigi . 

—  macrotelus 

— microcanthus 
—  microps. 

— Mohli 

— montanus. 

-- Moravicus. 

— mundulus . 

— muniecipalis 

—  nepos 

— Nisus 

—  notogaster 

—  pronus 

—  progenitor. 


Ammonites rasilis 
—  Richteri 

—ı Mothi 

— Sauzeanus 
—  Schönbeini 
—  seruposus . 
—  ‚semiformis 
— senex 

—  seorsus . 
—  serus. 

— simus 

—  Silesiacus . 
—  succedens . 
—  sutilis 

— symbolus 
—  tithonius 
— transitorius 
—  venustus 
— Wöhleri 


Ancillaria subcanalifera 


— unguiculata . 
Ancyloceras gracile 
-  Guembeli . 

— Matheronianus 
— simplex 
Andreasberg 
Anomia undata 
Aporrhais cingulata 


Aptychus Beyrichi . 


—  secundus 

Arca decussata . . 
Astarte depressa . 
—  Henckeliusiana 
—  nummulina 

—  Parkinsoni 

— plana 

— pulla 

-—- - rotundata . 

—  suprajurensis 
Atrypa laevigata 
Augit 


.. 


123. 


Avicula Aptiensis 
— modiolaris 

— oxyptera 

—  pectiniformis 


Basalt von Radicofani 
Belemnites Bouei 

—  Brunsvicensis 
—  Capellini 

-—-  conophorus 

— ensifer 

—  Ewaldi . 

— Rothi 

—. strangulatus. 
—  tithonius 

—  Zeuschneri 
Bellerophon cinctus 
—  costatus. REN 
Beyrichia Klödeni 
 — . subeylindrica 
Bimsstein . 
Bimssteintuff 
Bornholm . R 
Borsäure- even i 
Borsonia coarctata . 
=... Delueit: 


Braunkohlengebirge bei it 


OS RE A 
Bulla elliptica . 
—  intermedia 
— multistriata . 


ar suprajur ensis 


Buntsandstein bei Benabun - 


Cancellaria elongata . 
—  evulsa 

— granulata. 

—  laevigata 

—  nitens 

—  subangulosa . 

—  tenuistriata . 
Capulus neritoides . 

‘ Cardium edule 

—  .«ingulatum 

—  semilineatum 
Carnallit 

Cassidaria nodosa 
Cassis ambigua 

—  coronata ; 
Caulopteris an , 
— Singeri . . 
Cerithiopsis a 
Cerithium limaeforme 
—  muricatum 

— . politum 


Verdi 


. 688. 


IN 


[eb eb eb | 
> En 


372 


Cerithium Strombecki 


 Chabasit 


Cheirurus 


Chemnitzia abbr eriatn { 


— Bronni . 

— subulata 

Cidaris elongata . 
Cleodora lineata. . 
—  rugulosa 6 
Conularia quercifolia . 
-- reticulata . 
Conus Beyrichi 

—  deperditus. 

—  Grotriani . 

—  procerus 

Corbis subelathrata 
Corbula obovata . 

—  subpisum . 
Crania strix i 
Crassatella compressa 
—  Woodi 

Crioceras cristatus . 
—  Emeriei 
Cueullaea Tongiresiris 


Cuninghamites oxycedrus . 


Cylindrites spongioides . 
Cypricardia pectinifera . 


Cyprina nuculaeformis 
Cytherea Solandri . 


Delphinula Bronni . 
Dentalium scutum . 
—  fissura 

Diabas . 

Dunit 


Echinobrissus scutatus 
Edmondia acutangula 
Edwardsia. 

— Bettina . i 

— pyruliformis > 

— semigranosa . 


480. 


Eisensteingänge bei Andreas- 


berg . er 
Enerinus Brahlü . 
Erycina dubia 
Eulima complanata 
— multispirata . 
Euomphalus Thraso 
Exogyra Bruntrutana 
— spiralis . 


Fasciolaria funiculosa 
Faserquarz 
Feldspathe 


Fergusonit yele 

Fischschuppen im Senkoklen. 
gebirge . ; 

Fusus crassisculptus . 

—  Edwardsii 

—  elongatus . 

—  errans 

—- fexicosta . 

—  interruptus 

—  longaevus 

—  regularis 

—. restans . ende 

—  Sandbergeri . 

“ — seabrellus _. 

—  scalariformis . 

—  septenarius 


Ad, 


Gadolinit . 
Gastrochaena ampla 
Gault bei Hannover 
Geinitzia cretacea 
Gervillia tetragona . 
ventricosa 
Glimmer 
Goniolina eoniitricni) 
Grammysia Hamiltonensis. 
Grünstein . - 
Gyrophyllites quassazensis 


u og 


Hamites attenuatus 
Hemicidaris Hoffmanni . 
Holeetypus corallinus 
Homalonotus crassicauda . 
Hornfels 


Ichthyosaurus . i 
Ischyracanthus Grubeanus 
Isocardia angulata . 239. 
—  cornuta. as 
—  minima. 

— multicostata . 

Jura, norddeutscher 

"— französischer 

-- auf Bornholm . 


_Kainit 

Kalkspath . 

Keuper bei Ber nburg, 
Kieselschiefer 

Kieserit N 
Kreide, Dane 5 
— pa Worbis 

— auf Bornholm . 
Kyffhäuser 


Seite 


967 


Laacher See . 


Lagoni von Monte ‚Cerboli 805 
Bayasıs an Ta 121 
Leda Bonbon 344 
— corbuloides . .. . 922 
-- -Galeottina 921 
—  perovalis 922 
—  prisca ap 
Leueittuff . 136. 139 
Lima comatula .... 668 
—  costulata 665 
—  densipunctata . 667 
Limopsis costulata . 920 
Lucina gracilis 924 
—  substriata . 679 
Macrodon Morensis 673 
--  laeve. 158 
latus . i 073 
Marginella ums 909 
—  perovalis 2.506 
Mathilda iripartile . 560.706 
Melania Beyrichi . 817 
Meteoriten 4 
Meyeria ornata rot, 
Mineralien, geschmolzene 2. 266 
Mitra tenuis Ns: 905 
Modiola elegans . 519 
— . imbricata . 671 
Monazit : 967 
Monte Amiata. 406 
Monte Catini 289 
Murex brevicauda . 470 
Muschelkalk, alpiner . 9:13 
— bei Bernburg 379 
Myoconcha baltica . 6850 
Mytilus jurensis . 671 
—  pectinatus 671 
Natica Hantoniensis 506 
— hemisphaerica . 685 
—  labellata 506 
Natron, zweifach tr ee. 50 
Nautilus asper. 047 
—  eyelotus 947 
‘7 » Eranconieus, . . » Alu 
—. Geinitzi. '. 3% 546 
—  imperialis . 496 
—  Moreausus 689 
—  Picteti 546 
— Strambergensis. 546 
Nerinea. fasciata . 686 
Gosae 656: 
Nerita jurensis 684 
Neritopsis ‚rugosa 379 


New-York Baal 
Nickeloxyd, schwefelsaures 
Niso turris 

Nucula Dixoni 


ÖOdontostoma. fraternum . 


simplex . 
subtrigona 


Olivin 
Opis excavata . 


ÖOrhomalus astartinus 
ÖOrthisina dichotoma 
- Örthoceras corneum 


similis 


Örthoklas . . 


Östrea multiformis . 


Paludina diluviana . 


solitaria 
vectiensis . 


Patella . ‘ 
Pecten Beleostane, 


Perna mytiloides 


corneus . 


octocostatus . 


strietus . 
varlans . 


subpiana . 


30%, 
239, 
RL NE 


123. 


Phacops plagiophthalmus 


Phasianella striata . 


Pholadomya decemcostata 


paucicosta 


Pinit . 


Pinites U che 
Pinna granulata . 


Pisanella . 


Pleuromya elongata 


Pleurotoma attenuata 


. 196. 


helvetica 
ventricosa 


bellula . 
Beyrichii 
Bosqueti 
conifera 
denticula . 
innexa . 
Konincki . 
nudiclavia 
plana 
prisca 


pseudocolon . 


ramosa . 
Roemeri 
rostrata 
Selysii 


Seite 
Pleurotoma semilaevis 495 
-—  Semperi 498 
—  Strombecki 494 
— terebralis . 496 
— trieineta 497 
— turbida S 486 
Pleurotomaria Agassizii 689 
Pollicipes radiatus . 247 
Polysymmetrie 39. 56 
Posidonomya Germari 254 
Proetus expansus 361 
Protocardia eduliformis . . . 679 
Pseudodimorphie. . . . .506.258 
Pteroceras Phillipsi . . 238, 248 
Pterodactylus De 13 
Purpura nodulosa 482 
Pygurus Blumenbachii 662 
Pyrula concinna . 475 
—  nexilis 474 
Quadersandstein, cenomaner. 12 
Quarzkrystalle von Striegau 348 
Radicofani “... ... 402 
Rbizodus Hibberti 273 
Rhyncholithus Voltzii 690 
Rhynchonella pinguis 664 
Ringicula coarctata 919 
Rissoina cochlearella . 919 
Rostellaria dentilabrum . 160 
Runoe 15 
Ruscheln, Fanle 182 
Salenia pygmaea 327 
Salinen von Volterra 298 
Sauerquellen 148 
Scalaria acuta. ll 
— Münsteri‘ . 685 
Schlacke, vulkanische 120 
Schwefelsaures Kali 39 
Serpula decipiens 366 
— quinquangularis . 691 
Sigaretus canaliculatus . 507 
Silbererzgänge bei Andreas- 
berg . 5 . 188 
_ Nee : 198 
—  Bergmannstrost 200 
— 197 
— Felicitas 195 
— Franz-August . 194 
— Fünf Bücher Mosis 195 
—  Gonade Gottes . 201 
—  Jacobsglück . 196 
—  Morgenröthe 200 
— Prinz Maximilian 196 


Silbererzgang Samson . . 198 Thracia Pal ee haron... 
— ‚Wenn's glückt: . 0.3. 197 Titaneisen = 4 La a, 


Solanocrinus costatus. . . . 19 Rrachyt 2 E22 >) 
Solarium canaliculatum. 512. 706 — des Monte Amis Er AN 
= polchrum::.. 2 url Trichites 2.0.0 > au 307 2 
Spirulirostra Hörnesi . . . 429 Trigonia suprajurensis 3.0074 
Stasstuetit en ine — . hybrida . „omas 67a 
Strombus canalis . ... 470 — Voltii . .. 4076 
Strontian, zweifach el Trigonosemus Humboldtii 41320 
saurer . . ir Tritonium flandricum ... 47 


“ Strophodus retieulatus . ... 692 Muffstein \% .. “2 ne 
Styliola laeviis .. . ......870 Turbo funatusui ee 2 05687 
Sylvin a ae Se Turritella crenulata . . .. 51 
Typhis fistulosus ..... 471 
Tentaculites acuarius. . . . 37 
— cancellatus . . . . . . 371 | Unicardium Calirrho® . . . 679 
— Geinitzianus ..... 09741 Uränit one BR 
er orandıs". 2 ea I | 

5 Dan BEN Sa he 2 Venericardia latisula . . . 527 


3 7 guborbienlate "u za 
EN ER Re 3, Vermetus Phillipsi . . . . 239 


7 * Moutomana . -.. 1, 200.244 Voluta decora . . . . . .. 901 


De el ara nn —." Jabrosa'. v2 „er 301 
— tamarindus . . . . 238. 243 AR er 501 
Terebratulina Nysti . 917 un un Se 502 
la 518 — suturalis .. »... 2.2.0900 
"Tertiärconglomeratbei Nagydg dd i 

Thamnastraea gracilis . . 660 Wasserporen im Porphyr . . 17 
Thermen von S. Pilpps 6, 

Thonschiefer . . - . . 186 Zechstein bei Magdeburg . . 256 


Verbesserungen. - 


In den Aufsätzen 5 und 6 in Heft 2 (S. 338 und 348) ist im Text zu 
setzen: „Tafel VIIIa. und IXa.“ statt „Tafel VIII. und IX.“ 
Seite 437 Zeile I von unten lies: „Euba in Sachsen‘ statt „Cuba“, 
„438 5.8 „ oben lies: „Lesesteine“ statt „Lehmsteine“. 
13 -,„ oben lies: „mässigere‘‘ statt „mässiger‘“. 
16 ,, oben lies: „Lesesteine“ statt „Lehnsteine“. 
„- 446  ,„ 7 -„ unten lies: „unter“ statt „über“. 
„ 5906 „13 ,. oben ist ‚‚die“ zu streichen. 


Durck von J. F. Starcke in Berlin. 


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Zeitschr. d.deutsch.geol.Ges. 1865. 


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GEOGNOSTISCHE KARTE DES BERGWERKSBEZIRKES 
S! Andreasberg. 


Zeitschr.d.deutsch.seol. Ges. 1565. 


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300 700 300 Ruthen. 


Profil durch den Rehbers, denWasserlauf, das Rälberthal und den 
Mathiasschmiedsbers 


4. Ne eufanger — 


2. Edelleuter _ 


J.dbendröther_ + Süherburger faule Ruschel. 


a. Wennsglüockter _ BJ lacobsglücker — L. latharina Teufänger hangander _ d. Samsoner_ e Franz Auquster — 


‚g. Feheitaser— h. Bücher Hosiser— i. Prinz Uaximilianer _ R.bnade bolteser _ 1.Ba‘ gmannstroster — 


2 Mlorgenröther 6: bung. 0. Jeegen Gottes. p..Tares Glückauf g. Hlichaelssecher_ r. Jungenzecher_ 5. Stetnrenner _ 
w- Gluckaufer bang. x Frisches Irumm.. 


u. Rother Bar ı- Haus Redener_ 


7 hannosz Ieile. 


| Ruscheln 
DA Jülbererzgange. 
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> Bleiglansgange. 
] Äupfirkiesgange. 


f Samuel — 


m. SlAndreaskreuzer _ 


Lsperrenthalsglüucker 6. 


Lä Bisensteinsgange. 


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Tafel I. 


Samsoner Schacht. 


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102 Sieber St. 


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JSamsoner 


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Hauptgang: 


30 


Zeitschr. d.deutsch.geol ‚Ges. 1865. Tafel IV. 


Jamsoner Schacht 


Byh. Abendrother M 


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Indr: kreuz. dch, 
Andı: kreuz. Dany, 


Freu der Grankurz 


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8.__ Sams. Str. 


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e. Brauner Jura. 
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Zeils Gansdurchschitte vom Bersmannstroster Gang. re ER. 
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Halkspath 
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Thonschiefer 


Thonschirfer 
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An flangenden des hans. Gang. Franz Aus 


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9. Samsoner 6. Mm v0. HLStr. H. AI. Str: a Steherstolln.. En 


Jieberstolln 2 y” Jieberstolln 15, .IT2. Jtr } . „N sen 


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GEOGNOSTISCHE KARTE oes VOLTERRANISCHEN GEBIETS, 
nach P.Savi. 


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| Ifiocin [ | Yan, dunte Schiefer | Zuläoroisch [hei Jano) Borsäure- Suffion! 


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Zeitschr. d.deutsch.Seol.Ges.1865. | Tafel VIN.a. 


Geolo öısche Skızze der Jns el Bornholm 
von K.v. Seebach. 


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Wagenschreber del.e£ sc. 


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Assmann adınat. de 


Zeitschrift 
der 
Deutschen geologischen Gesellschaft. 
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| " KUH. Band. 
3. Heft. 
Mai, Juni und Juli 1865. 


(Hierzu Tafel XV-XV) 000 


Berlin, 1865. 
| Bei. Wilhelm Hertz (Bessersche Buchhandlung). 


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Inhalt des III. Heftes. 


A. Verhandlungen der Gesellschaft. 


1. Protokoll der Mai-Sitzung, vom 3. Mai 1865 
2. Protokoll der Juni-Sitzung, vom 31. Mai 1865 
3. Protokoll der Juli-Sitzung, vom 5. Juli 1865 


B. Briefliche Mittheilungen 


der Herren TrautrscHoLp und ZEUSCHNER 


C. Aufsätze. 


1. Die Fauna der unter-oligocänen Tertiärschichten von Helm- 
städt bei Braunschweig. Von Herrn v. Koznen in Berlin. 
(Hierzu Tafel XV. und XVL). 


2. Die tithonische Etage. Von Herrn Aıserr OpreL in Mün- 
eben nis 


Seite. 


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433 
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448 


459 


935 


Beiträge für die Zeitschrift, Briefe und Anfragen, betreffend die 
Versendung der Zeitschrift, so wie Anzeigen etwaiger Veränderungen des 
Wohnortes sind an Dr. Eck (Lustgarten No. 6.) zu richten. Die Bei- 
träge sind pränumerando an die Besser’sche, Buchhandlung (Behren- 


strasse 7) einzureichen. 


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