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Deutschen geologischen Gesellschaft. r
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VI. Band.
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Berlin, 1865. =
Bei Wilhelm Hertz (Bessersche Buchhandlung). = RE
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Behren-Strasse No, 7.
Inhalt.
- Seite
Verhandlungen der Gesellschaft. . . ..1. 259. 423. 599
Briefliche Mittheilungen
der Herren Baron Sass, Zırker und U. SCHLÖNBACH 20
der Herren Tuaursciorp und ZEUSCHNER . . 448
des Herrn Wasskv . .... 566
Aufsätze.
C. Ramnezrspeng. A. Scaccn, über die Pulysymmetrie der Kry-
stalle. (Hierzu Tafel I) 3)
— Bemerkungen zu Scaccaı’s Abhandinte Hbas die one
metrie und zu der von Des Cuoızsaux über die Pseudo-
dimorphie 7 RE AR IR REEL
G. Tscuernmaxr. Bemerkungen zu dem Aufsatze des Herrn G.
Rosi: Ueber die im den Thonschiefern vorkommenden,
mit Faserquarz bedeckten Eisenkieshexaöder . . . le;
H v. Decuen. Vergleichende Uebersicht der vulkanischen Er
° scheinungen im Laacher See-Gebiete und in der Eifel 69
Henm. Creoner. Die Zone der Opis similis Pruue. im Oxford
von Hannover. (Hierzu Tafel II) 157
—: Geognostische Beschreibung des Bereyenkedietrikias von
St. Andreasberg. (Hierzu Tafel II--V). 169
— Die Verbreitung des Gault in der Umgegend von Hannc-
ver. (Hierzu Tafel V. Figur 17--19.). 232
Fern. Roemer. Ueber das Vorkommen von Rhizodus Habbern iR
Owen (Megalichthys Hibberti Acassız et Hısserr) in den
Schieferthonen des Steinkohlengebirges von Volpersdorf in
der Grafschaft Glatz. (Hierzu Tafel VI.). 272
G. vom Rırn. Ein Besuch der Kupfergrube Monte Cala in
Toscana und einiger Punkte ihrer a
Tafel VIII. und IX.) . 5 I
A. Kuste. Die losen Versteinerungen im Diluvium von Ton
pelhof bei Berlin. (Hierzu Tafel VII.) : soll
H. Hörer. Tertiärconglomerat im Trachyte zu Nagyäg 33)
K. v. Seesacn. Beiträge zur Geologie der Insel Bornholm.
(Hierzu Tafel VIIIa.) . 338
IV
Wessky. Ueber Quarz-Krystalle von Striegau in Schlesien.
(Hierzu Tafel IX a.) ; ee
R. Rıcnter. Aus dem thüringischen Sch (Hierzu
Tafel X. und XI.) RZ
O. v. Aisert. Darstellung der Geo snoshiechen Yarkältanre er
Braunkohlen-Ablagerung bei Lattorf in Anhalt. (Hierzu
Tafel XII.) ee
F. A. Rosmer. Bemierkieisen über die Br. Colori-
rung der Karte :des: westlichen Harzgebirges, a,
in 1:50,000 von C. Prepicer .
Hern Caeoner. Geognostische Skizze der Vilesssnd von Ne:
York (Hierzu Tafel XIIL.).
G. v. Rarn. Ein Besuch Radicofanis und des Monte Artaba
in Toscana. (Hierzu Tafel XIV.).
v. Kousen. Die Fauna der unter - oligocänen Tertiärschichten
von Helmstädt bei Braunschweig. (Hierzu Tafel XV.
und XVI). 5
Aısert Opper. Die tiehönfeche ee h ;
A. Kinncort. Bemerkungen über den Feldspath des Tonalit 3
Fern. Roemer. Ueber die Auffindung devonischer Versteine-
rungen auf dem Ostabhange des We (Hierzu
Tafel XVIL) . j
Rorn. Ueber die ikea des Basaltes zu "Thon
C. Rammesperg. Ueber den Ausbruch des Aetna vom 31. Ja-
nuar 18699, 2 ET Te
H. Lıspevres. Die hohlen Kalkstein-Geschiebe im Rothliegen-
den nördlich von Kreuznach an der Nahe :
H. R. Görrert. Ueber die fossile Kreideflora und ihre Let.
pflanzen RETTEN EDER MI IPRE EN
C. Rımnmersgeng. Ueber den Kainit und Kieserit von Stassfurt
A. Sınpegeck. Die oberen Jurabildungen in Pommern
v. Kornen, Nachtrag zu dem Aufsatze über die Helmstädter
Fauna a ER TE
338
399
459
939
909
979
994
606
609
638
649
651
702
Zeitschrift
der
Deutschen geologischen Gesellschaft.
1. Heft (November, December 1864, Januar 1869).
A. Verhandlungen der Gesellschaft.
l. Protokoll der November-Sitzung.
Verhandelt Berlin. den 3. November 1864.
Vorsitzender: Herr G. Rose.
Das Protokoll der August-Sitzung wurde verlesen und ge-
nehmigt.
Für die Bibliothek sind eingegangen:
A. Als Geschenke.
G. Rose: Beschreibung und Eintheilung der Meteoriten.
Berlin, 1864. — Geschenk des Verfassers.
Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen in
dem preussischen Staate. XII. 2.
Bericht über ‘die Erhebungen der Wasser - Versorgungs-
Commission des Gemeinderathes der Stadt Wien, nebst Atlas.
Wien, 1864. Mit Schreiben d. d. 1. Juli 1864 vom Bürger-
meister der Stadt Wien.
| K. ZırteL: Die Bivalven der Gosaugebilde in den nord-
östlichen Alpen. Wien, 1864. — Geschenk des Verfassers.
A. ScHRAUF: Katalog der Bibliothek des k. k. Hofmine-
ralien-Kabinets in Wien. Wien, 1864. und Atlas der Krystall-
formen des Mineralreichs. I. Lieferung. Wien, 1865. — Ge-
schenke des Verfassers.
F. v. HocHstetTer: Ueber das oralen und die ver-
schiedenen Abarten des Neuseeländischen Nephrit. — Sep.
C. Crauss: Die Galmeilagerstätten in der Muschelkalk-
formation der Umgegend von Wiesloch. — Die Steinkohle und
unsere fossilen Brennstoffe. — Sep.
Zeits. d.d. geol. Ges. XV. ı. 1
2
C. ZERRENNER: Lehrbuch des deutschen Bergrechts. Abth. II.
Goiha, 1864.
Franz Graf von Marenzı: Zwölf Fragmente über Geolo-
gie. Triest, 1864. — Geschenk der liter.-art. Abth. des
Oesterr. Lloyd.
Weoping: Die Resultate der Darstellung des Aluminium-
Metalles. — Sep. ,
L. ZEISZNER: Opis geologiczny ogniw formacyi Jura. — Sep.
A. WINCHELL: Fürst biennial report of the progress of the
geological survey of Michigan. Lansing, 1861; Description of
fossils from the yellow sandstones lying beneath the Burlington
Limestone at Burlington, Jowa; Description of fossils from the
Marshall and Huron groups of Michigan; Description of elephan-
tine molass in the museum of the University; On the salifersus
rocks and salt springs of Michigan; Fossils from the Potsdam of
Wisconsin and Lake superior; Salt manufacture of the Saginaw
valley, Michigan. — Sep.
J. Hauv: Contributions to palacontology. Albany, 1863.
B. Im Austausch.
Schlesische Gesellschaft für vaterländische Cultur: Abhandl,
Abth. für Naturwissenschaft und Medizin 1862, Heft 3; phil.-
hist. Abth. 1864, Heft 1 und Jahresbericht für 1863.
Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zü-
rich. VII. 1—4; VIII. 1—4.
Verhandlungen der Schweizerischen Naturforschenden Ge-
sellschaft bei ihrer Versammlung zu Samaden 1863 und Neue
Denkschriften Bd. XX.
Mittheilungen der naturforschenden Gesellschaft in Bern.
No. 551—552.
Jahresbericht der Wetterauer Gesellschaft für die gesammte
Naturkunde zu Hanau. 1862. |
Siebenzehnter Bericht Naturhistorischen Vereins in
Augsburg. 1864.
Mittheilungen des Oesterreichischen Alpenvereins. Bd. Il.
Verhandlungen des botanischen Vereins für die Provinz
Brandenburg und die angrenzenden Länder. Heft 5.
Neunundvierzigster Jahresbericht der Naturforschenden Ge-
sellschaft in Emden, 1863 und kleine Schriften. XI.
Archiv für wissenschaftliche Kunde von Russland. Bd. 23.
Heft 3.
3
Mittheilungen aus dem Österlande. Bd. XVI. Heft 4.
Sitzungsberichte der Königl. bayerischen Akademie der
Wissenschaften. I. 3. 1864.
Abhandlungen des zoologisch -mineralogischen Vereins in
Regensburg. Heft 9.
Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften. XVII.
1-6; XXIL; XXIM.
Bull. de la Soc. geol. de France. XXI. Feuilles 6—13.
Annales des mines. V. 2.
Societe des sciences naturelles du grand-duche de Luxem-
bourg. VII.
Bulletin de la Societe Imperiale des naturalistes de Moscou.
1864. No. IT.
Atti della Societä Italiana di scienze naturali. V. 6. V1.1.2.
The quarterly journal of the geological society. XX. 3.
No. 79.
The mining and smelting magazine. VI. No. 32, 33, 34.
. The Canadian naturalist and geologist. New Series 1. 1,
2, 3, 4. ‚
Memoirs of the geological Survey of India. 3. 2—5.
Patent office report 1861. Vol. I. und II. Washington 1863.
und /ntroductory report of the commissioner of patents for 1863.
Report of the Superintendent-of the U. S. Coast survey for
1861. Washington 1862.
Smithsonian contributions to Knowledge. Vol. XIII.; Smith-
sonian miscellaneous collections. Vol. V.; Smithsonian report 1862;
Catalogue of minerals with their formulas etc. by I. Egelston.
Boston Journal of natural history. Vol. VII. 4. und Pro-
ceedings of Boston Soc. Nat. hist. Vol. IX. Signatures 12—20.
Journal of the Academy of natural sciences of Philadelphia.
V. 4. und Proceedings. No. 2—T. 1869.
Proceedings of the American philosophical Society. Vol. IX.
No. 69 und 70.
Annual report of the trusters of the Museum of Comparative
zoology together with the report of the director 1863. Boston.
Bulletin of the museum of comparative zoology, Cambridge,
Massachusetis. Ä
Address of this Excelleney JOHN A. AnpREW to the legis-
lature of Massachusetts January 8. 1864. Boston 1864.
1 5
Zu a
4
Der Vorsitzende stattete Bericht ab über die Verhandlun-
gen bei der allgemeinen Versammlung in Giessen.
Mit dem Bemerken, dass mit der heutigen Sitzung. ein
neues Geschäftsjahr beginne, forderte der Vorsitzende unter Ab-
stattung eines Dankes für das demselben von der Gesellschaft
geschenkte Vertrauen zur Neuwahl des Vorstandes auf. Auf
Vorschlag eines Mitgliedes erwählte die Gesellschaft durch
Acclamation den früheren Vorstand wieder. An die Stelle des
Herrn SöcHatins, der die Wiederwahl ablehnen zu mussen er-
. klärte, wurde Herr LoTTn#r zum Archivar erwählt; als vierter
Schriftführer trat Herr Wepping ein, so dass der Vorstand be-
steht aus den Herren:
:G. Rose, Vorsitzender,
Ewırp und RAMMELSBERG, Stellvertreter desselben,
Bryrıca, Rorn, v. BENNIGSEN-FORDER, WEDDING Schrift-
führer,
TaunaAv, Schatzmeister,
LoTTNeR, Archivar.
Herr Rorn legte von Herrn v. HocHSTETTER mitgetheilten
Dunit (körnigen Olivinfels) vor und bemerkte, dass er unter
vielen von ihm zerschlagenen Bomben des Dreiser Weihers in
der Eifel eine gefunden habe, deren Inhalt aus „Dunit* und
etwas Augit bestehe, also von dem dortigen gewöhnlichen
Olivinvorkommen abweiche.
Herr G. Rose gab eine Uebersicht von dem Inhalte seiner
in den Schriften der Akademie für 1863 so eben erschienenen
Abhandlung: die Beschreibung und Eintheilung der Meteoriten
auf Grund ‘der Sammlung in dem mineralogischen Museum in
Berlin. Die Meteoriten wurden bisher nur im Allgemeinen in
Eisen- und Stein-Meteoriten unterschieden, ausserdem nur nach
ihrer Fund- und Fallzeit aufgeführt, aber einer eigentlich wissen-
schaftlichen Eintheilung nicht unterworfen. Sie sind indessen
Gemenge verschiedener chemischen Verbindungen, wie die Ge-
birgsarten der Erde, und müssen daher wie diese ‚bestimmt
und eingetheilt werden, wenn auch dıe Bestimmung der Ge-
mengtheile bei der oft mikroskopischen Kleinheit mehrerer
derselben schwierig ist und zum Theil nur unvollkommen ge-
schehen kann. Der Vortragende hat eine auf diesen Grundsätzen
beruhende Eintheilung in der genannten Abhandlung auszufüh-
ren versucht, und 10 Meteoritenarten unterschieden, die er, wie
x
5)
‚folgt, benannt hat: die Eisenmeteoriten mit Meteoreisen, Pallasit
und Mesosiderit, die Steinmeteoriten mit Chondrit, Howardit,
Chassignit, Chladnit, Shalkit, kohlige Meteoriten und Eukrit,
und deren Feststellung nun weiter begründet wurde. Nach
diesem System sind die Meteoriten in dem mineralogischen
Museum der Universität aufgestellt und geordnet worden. Die
3 Arten der Eisenmeteorite enthalten der Reihe nach 60, 8,
4, die Steinmeteoriten 98, 5, 1, 1, 1, 4, 4 Meteoriten von be-
stimmter Fallzeit; man sieht daraus, dass die Mehrzahl der
Meteoriten aus Meteoreisen und Chondrit besteht. Im Ganzen
enthielt die Sammlung bei dem Druck der Abhandlung 181 Me-
teoriten von bestimmter Fallzeit, wobei noch 6, die in den Ka-
talogen anderer Sammlungen aufgeführt werden, als problematisch
oder unächt weggelassen sind; sie ist nach der Zeit noch um
2 neue vermehrt. Die Sammlung ist demnach nach den öffentlichen
Sammlungen von London und Wien, und der Privatsammlung
des Herrn Greg in Manchester, die indessen häufig nur sehr
kleine Exemplare enthält, die grösste; sie übertrifft in der
Zahl der Fundörter noch die Privatsammlungen des Herrn
v. REICHENBACH in Wien und des Professor SHEPARD zu Am-
herst in New-York.
Derselbe legte ferner Proben von dem neuen Zinnober-
vorkommen und von dem aus diesem gewonnenen Quecksilber
vor, welche ihm von Herrn Hase übergeben waren. Das Erz
bricht bei Olpe, Reg. Arnsberg, auf der Grube Neue Rhonard
ein, auf der Grenze des Spiriferensandsteins und des Lenne-
schiefers, in ö Lachter Mächtigkeit, durchzogen von Thon und
Eisenstein.
Herr Rot# berichtete in eingehender Weise über die Er-
gebnisse der Wasser-Versorgungs-Commission des Wiener Ge-
meinderathes unter Vorlage des von diesem herausgegebenen
reichhaltigen Atlas, indem _er zunächst die geologischen Ver-
hältnisse und die mit ihnen so eng verbundene Quellbildung
betonte.
Hierauf ward die Sitzung geschlossen.
v. w. 0.
G. Rose. Beyrıch. Roru.
6
2. Protokoll der December - Sitzung.
Verhandelt Berlin, den 14. Dezember 1864.
Vorsitzender: Herr G. Rose.
Das Protokoll der November-Sitzung wird verlesen und
angenommen.
Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten:
Herr Geheimer Medizinalrath Professor Rune in
Berlin,
vorgeschlagen durch die Herren G. Rose, BEyRrich,
Rorz;
Herr SADEBECK aus Breslau, zur Zeit in Berlin,
vorgeschlagen durch die Herren BryricH, Roru,
Kunty#;
Herr Damzs aus Breslau, zur Zeit in Berlin,
vorgeschlagen durch ‘die Herren Bryrıcn, Fer».
Rormer, Rotu;
Herr Dr. Kosmann in Berlin,
vorgeschlagen durch die Herren G. Rose, BEYRIcH,
Rora.
Ein Schreiben des Herrn v. RıcHTHoFEN d. d. Virginia
City, Nevada Territory, 14. September 1864, die geologischen
Verhältnisse jener Gegend betreffend, wurde zum Vortrage ge-
bracht. *)
Für die Bibliothek sind eingegangen:
A. Als Geschenke.
A. v. Dirmmar: Die Contorta-Zone. München, 1864.
T. C. WınkLer: Mysece Teyler. Livr. I. u. II. Harlem,
1863.
L. H. Fıscuer. Clavis der Silikate. Leipzig, 1864.
F. Wise: Das gediegen er und das Koikinpfererg
Hamburg, 1864.
K. Prrers: Vorläufiger Bericht über eine geologische Un-
tersuchung der Dobrudscha. — Sep.
C. W. GumBEL: Knochenbett und Pflanzen-Schichten in der
rhätischen Stufe Frankens. — Die geognostischen Verhältnisse
der Fränkischen Alb. — Sep.
A. Bous: Ueber die Geogenie der Mandel-, Blatter- oder
*) S. Bd. XVI. S. 606.
\
I
?
Schalsteine, der Variolithe, der Serpentine und der kieseligen
Puddingsteine. — Ueber die mikroskopische Untersuchung der
Gebirgsarten mit Huülfe ihrer mechanischen Zerreibung, par-
tiellen Schleifung und Aetzung. — Ueber die säulenförmigen °
Gesteine, einige Porphyrdistrikte Schottlands, sowie über die
vier Basaltgruppen des nördlichen Irlands und der Hebri-
den. — Ueber die neuen Karten der zwei serbischen Kreise
von Uschitze von ST. OBRADoVITSscH und Knjesevatz von K.
Kıro. — Einige Bemerkungen über die Physiognomik der Ge-
birgsketten, der Gebirge, der Berge, Hügel, Thäler, der Ebe-
nen sowie der verschiedenen Felsarten. — Ueber die kanal-
artige Form gewisser Thäler und Flussbetten. — Sep.
Berg- und Hüttenkalender für das Jahr 1865. Essen,
Bädeker. — Geschenk des Herrn Verlegers.
B. Im Austausch.
Memoires de la Societe Imperiale des sciences naturelles de
Cherbourg. T. 4, 5, 6, 7, 9.
Bulletin de la Societe Imperiale des naturalistes de Moscou.
1864. No. III.
Bulletin de U’ Academie Imperiale des sciences de St. Peters-
bourg. Tom. V. 3—8, T. VI. 1—5, T. VII. 1, 2. und Memoires
Tom. V 2-9, T. VI. 1—12.
Bulletin de la Societe des sciences naturelles de Neuchatel.
VI. 3. 1864. :
Mittheilungen aus J. PERTHES’ geographischer Anstalt.
1864. 7, 89.
Zeitschrift des Architekten- und Ingenieur-Vereins für das
Königreich Hannover. X. 2. 3.
Dreizehnter Jahresbericht der naturhistorischen Gesellschaft
in Hannover. Hannover, 1864.
Schriften der Königl. physikalisch -ökonomischen Gesell-
schaft in Königsberg. V. 1. 1864.
Württembergische naturwissenschaftliche Jahreshefte. 19.
Jahrgang Heft 1—3, 20. Jahrgang Heft 1.
Jahresbericht der Wetterauischen Gesellschaft für die ge-
sammte Naturkunde zu Hanau für 1861—-1863. Hanau, 1864.
Sitzungsberichte der Konigl. bayer. Akademie der Wissen-
schaften zu München. 1864. I. Heft 4 u. 5, I. Heft 1.
Sveriges geologiska undersökning. Bladet 6—13.
8
Atti della Societa Italiana di scienze naturali. Vol. VI.
Fasc. 3. |
The mining and smelting magazine. Vol. VI. No. 35 u. 36.
Herr G. Rose legte der Gesellschaft etwas Glimmer füh-
rende chloritische Thonschiefer von Ligneuville und von Recht
bei Malmedy vor, in welchen Eisenkieshexa&äder eingewachsen
sind, die an zwei entgegengesetzten Seiten parallel der Schie-
ferung kleine Partien von Faserquarz haben. Er erklärte die
Entstehung des letzteren dadurch, dass der Eisenkies sich ge-
bildet hatte, als der Thonschiefer noch eine weiche Masse war,
bei deren Zusammendrückung und Schieferung zu beiden Sei-
ten der Krysialle kleine Höhlungen entstanden waren, in de-
nen sich durch Infiltration einer kieselsäurehaltigen Flüssigkeit
der fasrige Quarz abgesetzt hatte. Er widerlegte so die kunst-
liche Erklärung, die TscHErMAR von dieser Erscheinung gege-
ben hatte, was näher ausgeführt wurde.
Herr Kosmann sprach unter Vorlage der betreffenden Hand-
stückesüuber die chemische Zusammensetzung des von ihm ana-
lysirten Domites, der Laven des Come, von Volvie und Co-
liere aus der Auvergne und zeigte nach Dünnschliffen dieser
Gesteine hergestellte photographische Abbildungen vor.
Herr Kunte sprach über eine Arbeit von PrestwicH, die
Feuersteingeräthschaften einschliessenden Schichten im süudöst-
lichen England und nordwestlichen Frankreich betreffend. Von
besonderem Interesse in der Arbeit ist die geognostische Be-
schreibung der Thäler, welche Themse, Waveney, Somme, Seine
u. s. w. eingewaschen haben. Auf den Abhängen derselben
finden sich etwa 50 bis 100 Fuss uber der jetzigen Thalfläche
Partien von theilweise gerollten, theilweise scharfkantigen Ge-
steinsstücken; und ebenso füllt die Thalebene eine Kiesmasse
aus, meist von ganz recentem Alluvium bedeckt. Sowohl die
hochgelegenen Kiese als die Thalkiese enthalten Süsswasser-
Mollusken, die mit lebenden übereinstimmen. Diese beiden
Schichten sind die einzigen, in denen Feuersteinwaffen sich
gefunden haben. Beide Kiese werden von Löss bedeckt, der
petrographisch sowohl wie nach seinem organischen Inhalt
vollkommen mit dem rheinischen und thüringischen Löss über-
einstimmt. Nach Materialien, die dem Redner von Herrn Eck
mitgetheilt worden, ist das Verhalten der diluvialen Susswasser-
Bildungen in Thüringen genau dasselbe, und ein Profil im
9
Osten von Kindelbruck wurde mit einem von St. Acheul quer
durch die Somme absolut übereinstimmen, nur dass dort das
anstehende Gestein zur Trias, hier zur Kreide gehört. Redner
bemerkt, dass somit von England bis nach Oberschlesien hin
eine auffallende Uebereinstimmung in den diluvialen Susswasser-
Bildungen sich finde, die auch eine allgemeine Ursache haben
müsse, und er schliesst sich der Ansicht von PrESTwIcH an,
der einfach durch die Annahme einer damaligen Wintertempe-
ratur von etwa —10 Grad C. die Verhältnisse erklärt.
Herr BryriıcH legte eine Reihe von ihm gesammelter Ver-
steinerungen aus Reutte in Tyrol vor, welche die Kenntniss
der alpinen Muschelkalkfauna nicht unerheblich erweitert, und
erläuterte die einzelnen Formen unter Hinweis auf die Arbei-
ten von v. HAvER und GümseL. Redner gedachte sodann des
noch immer zweifelhaften Muschelkalkes von St. Triphon und
der Wichtigkeit dieses Punktes für die alpinen Muschelkalke.
Herr Eck legte zwei zusammenliegende Kronen des En-
crinus Brahlii Ovsrw. vor, welche von Herrn Rechtsanwalt
CHop in Sondershausen in den Steinbruchen des Gr. Toten-
berges bei Sondershausen anfgefunden worden sind. Die Auf-
findung dieser Species in dem thüringischen Muschelkalk ist
für ihre Verbreitung von Wichtigkeit, da bisher der Rüders-
dorfer Schaumkalk der einzige Fundort für dieselbe war, von
wo die Sammlung der Königl. Berg-Akademie zu Berlin 7 Kro-
nen aufbewahrt. Die Sondershäuser Exemplare wurden un-
mittelbar über der unteren von zwei (2 Fuss mächtigen) Schaum-
kalkbänken gefunden, welche durch ca. 12 Fuss Wellenkalk
von einander getrennt werden, und von denen die untere ausser-
dem ein schönes Exemplar des Ammonites dux GiEB., welches
in dem furstlichen Naturalien -Kabinet zu Sondershausen auf-
bewahrt wird, ferner Aspidura scutellata Buum. sp., Cidaris gran-
daeva, Terebratula vulgaris SCHLOTH. in grosser Häufigkeit, Spi-
rifer fragilis ScuLotn. sp., Pecten discites SchLoTn. sp., @ervillia
socialis SCHLOTH. Sp., costata SCHLOTH. Sp., polyodonta. STROMB.
sp... Myophoria vulgaris SCHLOTH. sp., elegans Dunk., laevigata
ALB. sp., orbicularis GoLDF. sp., Oypricardia Escheri GIEB. sp.,
das von Herrn GiEBEL Tellina edentula benannte Petrefakt,
Ohemnitzia scalata SCHRÖT. sp., Euomphalus exiguus PHIL.,
Pleurotomaria Albertiana Zıer. sp., Placoduszähne und andere
10
Saurierreste (Oberarme, Rückenwirbel, Bauch- und Rückenrip-
pen) geliefert hat. N
Herr Roru legte ein neues von Herrn Wessky mitgetheil-
tes Mineralvorkommen aus Schlesien vor: Uranit und Eisen-
glanz in Granit des Hummelsberges bei Rohrlach in der Ge-
gend von Hirschberg.
Hierauf ward die Sitzung geschlossen.
al w. 0.
G. Rose. Beykıcn. Rorn.
3. Protokoll der Januar - Sıtzung.
Verhandelt Berlin, den 4. Jaunar 1865.
Vorsitzender: Herr G. Rosr.
Der Vorsitzende eröffnete die in dem Lesezimmer der
Berg-Akademie stattfindende Versammlung mit der Anzeige,
dass mit Genehmigung Sr. Excellenz des Herrn Handelsminfsters
künftig die Sitzungen in diesem Lokal abgehalten werden und
sprach dem Herrn Minister für diese bereitwilligst ertheilte Er-
laubniss den Dank der Gesellschaft aus.
Als Mitglieder sind der Gesellschaft beigetreten:
Herr Bergreferendar MenzeL in Königshütte,
vorgeschlagen durch die Herren Fern. RoRMER,
Eck, Kuntp;
Herr Dr. Steis in Berlin,
vorgeschlagen durch die Herren BeyrıcH, LoTTxeEr,
Rorn. Ä
Ein Brief von Dr. Arruur Baron Sass d. d. Euküll auf
der Insel Oesel 6. November 1864, betreffend die geologische
Beschaffenheit der in der Mitte des Rigaischen Meerbusens
belegenen kleinen Insel Runoe wurde zum Vortrage gebracht.
Für die Bibliothek sind eingegangen:
A. Als Geschenke.
F. Biscnor: Die Steinsalzwerke bei Stassfurt. Halle, 1864.
Geschenk des Herrn Kruc von NıDDa.
A. WincHELL: On the origin of the prairies of the valley
of the Mississippi. — Sep.
11
B. Im Austausch.
Verhandlungen des naturwissenschafilichen Vereins in Carls-
ruhe. Heft I. 1864.
Mittheilungen aus J. PERTHES’ geographischer Anstalt.
1864. XI.
. W. Hamneer: Ansprache gehalten am Schlusse des drit-
ten Quinquenniums der k. k. geologischen Reichsanstalt in
Wien. Wien, 1864.
The quarterly Journal of the geological society. Vol. XX.
Part. 4. No. 80. und List of the geological society of London.
1864. Novbr. 1.
Herr Krus von NmpA legte von Herrn F. BiscHor in
Stassfurt- eingesendete Mineralien aus dem Steinsalzlager von
Stassfurt vor: reines Chlorkalium (Sylvin); + bis 4 Zoll starke
Anhydritschnüre aus Steiusalz, welche nach Auflösung des Stein-
salzes auf der Oberseite eine glatte Fläche, auf der Unterseite
oktaedrische, von Salzkrystallen herrührende Eindrücke zeigen;
ein neues Mineral, welches nach der Analyse des Herrn Bı-
scnor aus CIMg + MgS -+KS +6H besteht, mit Alkohol
behandelt CIMg A 2H abgiebt und ein Salz: von der Zusam-
mensetzung MeS + KS-+4H hinterlässt; endlich gelben
Stassfurtit, der sich von dem bekannten weissen Stassfurtit durch
einen grossen Gehalt an borsaurem Eisenoxydul (50,05 pCt.)
unterscheidet. Nach Herrn BiıscHor ist, wie Redner aus einem
Briefe desselben mittheilt, der Stassfurtit wasserfrei und daher
als Species völlig mit Boracit zu vereinigen; Herr BıscHor
schlägt vor den Namen Stassfurtit künftig auf die gelbe eisen-
haltige Varietät zu beschränken.
Der Vorsitzende trat diesem Vorschlage entgegen, indem
er auf seine früheren Untersuchungen über den Stassfurtit Be-
zug nehmend die Unterschiede zwischen Boraeit und Stassfurtit
hervorhob.
Herr RıuMmELSBERG trat der Ansicht des Herrn Vorsitzen-
den vollkommen bei, dass der Stassfurtit durch seine Eigen-
schaften sich vom Boracit wesentlich unterscheide, zugleich
aber machte er die Mittheilung, dass das Mineral in der That,
wie Herr Bıscnor behauptet, wasserfrei ist, insofern ihm
Herr Dr. STEINBECK seine darauf bezüglichen Untersuchungen
mitgetheilt hat. Demnach würden Boracit und Stassfurtit hete-
romorphe Modifikationen der nämlichen Verbindung sein.
\ 12
Derselbe legte farblosen durchsichtigen Carnallit von
Stassfurt vor und machte darauf aufmerksam, dass dieses Salz
durchaus nicht zerfliesslich ist, an der Luft vielmehr etwas
verwittert.
Hierauf gab Derselbe einen Bericht über die Arbeiten
Scaccur’s in Betreff der sogenannten Polysymmetrie der
Krystalle, welche von der Dimorphie wohl zu unterscheiden ist.
Es kann nämlich eine und dieselbe Substanz in zwei Formen
krystallisiren, die geometrisch gleich, physikalisch aber ver-
schieden sind, in der Lage der Flächen und Spaltungsrichtun-
gen sich vollkommen entsprechen und in paralleler Stellung
verwachsen. Die kleinen Winkelunterschiede polysymmetri-
scher Krystalle betrachtet ScaccHı als Folge der Polyedrie.
Er hat diese Erscheinung am zweifach weinsteinsauren Stron-
tian und am zweifach traubensauren Natron, besonders aber
am schwefelsauren Kali verfolgt, dessen rhomboedrische Form
zuerst von MITSCHERLICH beschrieben wurde.
Der Vortragende wies darauf hin, dass die Polysymmetrie
des schwefelsauren Kalis von der ISomorphie mit dem schwe-
felsauren Natron abhängig sei, und dass die Erscheinung auch
bei den isomorphen Mischungen des Mineralreichs, namentlich
im Gebiet der Feldspath- und Augitgruppe sich nachweisen lasse.
Herr Ferv. RoEmerR berichtete über die Auffindung von
cenomanem Quadersandstein in Oberschlesien, welcher mehrere
kleinere Partien zwischen Leobschütz und Neustadt bildet und
mit Bestimmtheit als cenoman durch Exogyra columba, Proto-
cardia Hilana und andere Arten bezeichnet wird. Derselbe
sprach ferner über das Vorhandensein des Rothliegenden in
dem südöstlichen Theile der oberschlesisch - polnischen Stein-
kohlenmulde, nämlich in der Gegend von Krzeszowice im
Krakauer Gebiete. Quarzführende Porphyre, Melaphyre und
Mandelsteine sind dort in ähnlicher Weise wie in Niederschle-
sien und Thüringen mit den sedimentären Schichten des Roth-
liegenden in Verbindung. Endlich legte Derselbe die neu
erschienene geologische Karte von Spanien vor (Carte geolo-
gigque de Espagne et du Portugal par M. M. E. pE VERNEU
et E. CoLoms. Paris, Savy 1864) und wies die wesentliche
Erweiterung, welche die geognostische Kenntniss Spaniens
durch diese Karte, die Frucht vieljähriger Studien und Reisen,
erfährt, ausführlicher im Einzelnen nach. |
, 13
Herr ©. C. Marst legte die Photographie eines kürzlich
in den lithographischen Schiefern bei Eichstädt in Bayern auf-
gefundenen Exemplares von Pterodactylus vor. Mit Ausnahme
des in Bonn befindlichen wohlbekannten Pterodactylus crassi-
rostris GoLDF. möchte das 8 Zoll lange Exemplar das best-
erhaltene sein, da alle Knochen vorhanden sind und zwar die
meisten in ihrer natürlichen Lage. Es gleicht dem Pierodacty-
lus longirostris Cuv. in manchen Beziehungen, weicht aber in
anderen ab und möchte eine neue Art sein.
In einem Steinbruch nahe bei Eichstädt sah Redner Plat-
ten von lithographischem Schiefer mit sehr starken Austrock-
nungsrissen („muderacks“); da diese nicht unter Wasser gebil-
det sein können, so folgt, dass an dieser Stelle der Absatz
nahe der Küste stattfand und später Trockenlegung eintrat.
An der Nordseite der Seisser Alp, etwa 1 Stunden süd-
westlich von St. Ulrich, in den sogenannten „Campiler Schich-
ten“ beobachtete der Vortragende reichliche Stylolithen und
Rhizocorallium ‚jenense ZENKER; unter den nicht gut erhaltenen
Zweischalern liessen sich Arten von Myophoria, Corbula und
Spondylus bestimmen.
Redner legte ferner ein Stück Kalkstein vom Schafberge
im Salzkammergut vor, das aus vieleckigen, — Zoll grossen,
innen meist radial faserigen Körnern besteht. Die Flächen
der Körner sind ziemlich glatt und fast ohne Ausnahme vier-
und funfseitig. Manche Körner sind fast vollständige Penta-
gonaldodekaeder. Die Bildung der Körner gehört nicht der
Krystallisation an, sondern der Zusammenziehung oder wahr-
scheinlicher dem gegenseitigen Druck der einzelnen Körner, da
jedes nach aussen von seinem Mittelpunkt aus wuchs. Im Mi-
neralien-Kabinet in Berlin befindet sich ein kleines Stuck von
einem ähnlichen Kalkstein von Mariastein in Sudtyrol mit noch
deutlicherer radialfaseriger Struktur. Herr BeyrıcH hat Redner
auf Basalte des Mineralien-Kabinets aufmerksam gemacht, in
denen sich vieleckige ähnliche Körner finden.
Der Vortragende zeigte endlich Exemplare von Solanoeri-
nus costatus GOLDF. vor, die er im Coralrag von Goslar auf-
gefunden hat. Diese Gattung, welche im Jura von Bayern
und Württemberg ziemlich häufig ist, scheint bis jetzt in Nord-
Deutschland nicht beobachtet zu sein.
Herr Ror# sprach über den Versuch, welchen Herr JENZSCH
-
14 .
gemacht hat, die plagioklastischen Feldspathe des sächsischen
Gneuses durch das specifische Gewicht zu bestimmen. Ohne
auf andere Angaben einzugehen, lässt sich aus den folgenden
Daten ersehen, wie unsicher bei Albit und Oligoklas die Be-
stimmung ausfallen muss, welche sich einzig und allein auf das
specifische Gewlcht gründet. „Albit“ des sogenannten „rothen
Gneuses“ wiegt nach Herrn Jenzsch 2,60 bis 2,63 (in dem
frischesten Gestein 2,62), „Oligoklas“ des sogenannten grauen
Gneuses 2,64 bis 2,65. Diese Unterschiede sind demnach
so gering, dass mit Sicherheit Niemand darauf fussen kann,
ausserdem vermindert der sehr schwer erkennbare Anfang der
Verwitterung und die ebenso schwer erkennbare Verunreinigung
mit Quarz das specifische Gewicht und damit die Anwendbar-
keit der Methode. Es ist sehr auffallend, dass der plagioklasti-
sche Feldspath des zum grauen Gneuse gerechneten Drehfel-
der Gneuses vom dritten Lichtloch des Rothschönberger Stol-
lens von Herrn JENZSCH wegen seines specifischen Gewichts
2,64 als Oligoklas bestimmt wird, während die Analyse des
Herrn Dr. Rus£ (diese Zeitschrift Bd. XIV. S. 50) und das
speeifische Gewicht 2,61 nach Herrn BrertHaupr's Bestimmung
ihn als Albit charakterisiren. Sicher ist also, dass im „grauen
Gneus“ Albit vorkommt, (ob im „Drehfelder* neben Oligoklas
oder nicht, bleibt unentschieden) während der Beweis fur das
Vorkommen von Albit im „rothen Gneus“ noch durch die Ana-
lyse,zu führen ist. Bis dahin möchte von den Bezeichnungen
„Tetartingneissit und Oligoklasgneissit* welche Herr JENZSCH
für den rothen und grauen Gneus vorschlägt, Abstand zu neh-
men sein.
Hierauf ward die Sitzung geschlossen.
v. w. 0.
G. Rose. Beyrıch. Rors.
B. Briefliche Mittheilungen.
i. Herr Baron Sass an Herrn Rorn.
Euküll auf der Insel Oesel, den 6. November 1864.
Die kleine in der Mitte des Rigaischen Meerbusens gele-
gene Insel Runoe enthält von anstehenden Gesteinen einen
mergelig-thonigen Sandstein und Kalkthonschiefer, sowie einen
rothen Thon. Die obere Schicht wird aus dem Kalkthonschiefer
gebildet, welcher den mergelig-thonigen Sandstein überlagert.
Unten hat sich am Fusse des Felsabsturzes von ca. 7 Fuss
Höhe der rothe Thon abgelagert, welcher theilweise sich noch
unter dem Meeresniveau verfolgen lässt. Der Kalkthonschiefer
sowohl als der Sandstein sind sehr glimmerreich; im ersteren
liegen die Glimmerschuppen, welche hier grösser als im Sand-
stein sind, parallel der Schichtungsrichtung des Gesteins und
parallel unter einander, während sie im Sandstein keine Ge-
setzmässigkeit in ihrer Lage erkennen lassen. Sowohl der
Kalkthonschiefer als der Sandstein sind grau, letzterer mit erdi-
gem Bruche. Besonders starke Anhäufungen von Glimmer-
blättchen finden sich auf den Stellen, wo der thonig-mergelige
Antheil des Kalkthonschiefers sich mit dem kalkig-dolomitischen
Antheile berührt, denn hier liegen sie so dicht übereinander,
dass sie bisweilen die lamellare Struktur durch die schuppige
verdrängen. Die einzelnen Glimmerschuppchen wurden unter
dem Mikroskope als aus mehreren Lamellen bestehend er-
kannt, ja ich beobachtete sogar fünf Schichten über einander.
Ferner zeigen die Glimmerschüppchen unter dem Mikroskope,
dass sie Luftbläschen haben ' und ausserdem noch. unregel-
mässige Linien, die wie Risse die Glimmerfragmente durchzie-
hen. Die Gesteine enthalten keine Petrefakten; wegen ihrer
Aehnlichkeit mit den von PıcHT, GRrEwInGK und Baron Rosen
beschriebenen devonischen Gesteinen Livlands und Kurlands
müssen sie ebenfalls zum devonischen Systeme gerechnet wer-
den. Diese Schichten bilden einen westlichen Ausläufer des
16
bei Woronesch und am weissen Meere beginnenden, bis nach
der Westküste Kurlands reichenden Schichteneomplexes des
devonischen Systemes. Das vorliegende anstehende Schichten-
system dehnt sich hier in Runoe in der Länge von + Werst
am Meeresstrande bei Trapptaca aus. Die übrige Insel ist
theils mit Flugsand bedeckt, die reichlich mit Pinus sylvestris
L. und Abies excelsa DEC. bewachsen ist, während der Boden
dieses Theils der Insel durch das reichliche Vorkommen von
Linnaea borealis L. charakterisirt ist. Die zweite Hälfte der
Insel bei Ringsund ist zum Theil kultivirtes Ackerland, zum
Theil aber Wiese, wo auch Laubwald vorkommt.
Die Brunnen sind hier meistens mit salzreichem Wasser
versehen, nur die bei Trapptaca entspringende Quelle enthält
schönes trinkbares Wasser, während der von den Einwohnern
sehr geschätzte Ringsbrunnen äusserst salzreiches Wasser hat,
2. Herr Zırker an Herrn Rortn.
Lemberg, den 25. Januar 1869.
Bei den mikroskopischen Untersuchungen, welche Herr
H. LaspeYR&s in seiner werthvollen Arbeit über die quarzfuh-
renden Porphyre von Halle a. d. 8. (diese Zeitschrift 1864
S. 367) veröffentlichte, findet sich die Mittheilung, dass es ihm,
im Gegensatz zu den meinerseits an ähnlichen Gesteinen an-
gestellten Beobachtungen, nie gelungen sei, sogenannte Wasser-
poren (mit Flüssigkeit gefüllte mikroskopische Hohlräume) in
den Quarzen zu entdecken. Es ist mir augenblicklich kein
Quarzporphyr von Halle zur Hand,.um einen Dünnschliff zur
mikroskopischen Untersuchung anfertigen zu können und daher
auch wohl kaum gestattet, Zweifel an der Richtigkeit dieser .
Beobachtung zu äussern, so sehr dies Resultat auch befremden
muss; denn die Wasserporen sind in den Quarzen der Eruptiv-
gesteine eine ganz gewöhnliche Erscheinung. Die Quarze zahlrei-
cher Granite, Quarzporphyre, Quarztrachyte, welche wir, SORBY
— mein hochverehrter Lehrer in mikroskopischer Beobach-
tung — und ich untersuchten, zeigen dieselben in grosser
Häufigkeit und Deutlichkeit. Die mit grösster Sorgfalt ange-
17
fertigten Präparate von SorgBy liessen auf das allerdeutlichste
erkennen, dass das Bläschen in manchen Wasserporen beim
Drehen und Wenden umherläuft, wie die Luftblase in einer
Wasserwage.
Nur dagegen glaube ich einige Einwendungen nicht ver-
schweigen zu dürfen, dass LAsPpEyYr&Es, der übrigens das ander-
weitige Vorkommen wirklicher mikroskopischer Wasserporen
in den Quarzen in keiner Weise bezweifelt, die Ansicht aus-
spricht, dass die Flussigkeit in denselben keine ursprüngliche
(d. h. keine bei der Bildung des Gesteins eingeschlossene)
sei, sondern dass sie von Tagewassern herruhre, welche in
das Gestein und seine ursprünglich leeren, durch Gase erzeug-
ten Poren einsickernd letztere erfüllt haben. Sorsy hat be-
reits im Jahre 1858 diese Vermuthung im Voraus als unwahr-
scheinlich darzustellen versucht (Quart. journal of the geol. soc.
XIV. 484). In einem solchen Quarz, welcher mikroskopische
Wasserporen enthält, stehen die Volumina der einzelnen Bläs-
chen in einem auffallend genau unter einander übereinstimmen-
den Verhältniss zu den Volumina der ganzen Höhlungen, wie
dies namentlich die grossern Wasserporen ‘deutlich erkennen
lassen; die Bläschen sind um so grösser und um so kleiner,
je grösser und kleiner die Pore überhaupt ist, eine Erschei-
nung, die sich aus der gleichmässig erfolgenden Contraction
der Solution bei abnehmender Temperatur ohne Schwierigkeit
erklärt. Diese vollständige und unverkennbare Uebereinstim-
mung in dem Volumenverhältniss der Bläschen muss bei der
Ansicht von LASPEYRES lediglich dem Zufall zugeschrieben wer-
den; warum findet man denn überhaupt immer Bläschen, we-
nigstens in allen jenen Poren, welche einigermaassen zur Beob-
achtung gross genug sind, warum erscheinen nicht auch Poren,
welche die Sickerwasser gänzlich angefullt haben? Ausserdem
hat schon SorBY durch Experimente gezeigt, dass die Flussig-
keit in den Hohlräumen so hermetisch abgeschlossen ist, dass
sie selbst bei heftigem Erhitzen des Präparats nicht entweicht;
das Bläschen wird zuerst von der sich ausdehnenden Flussig-
keit absorbirt. Wäre die Flüssigkeit im Lauf der Zeit von
aussen in die Höhlungen infiltrirt, so müsste es ihr ein Leich-
tes sein, auf den Haarspalten und Kanälen, durch welche sie
eingedrungen (uud welche übrigens, wie LAsPEYREs selbst ganz
richtig bemerkt, nirgends nachweisbar sind), auch wiederum zu
Zeits.d d. geol. Ges. XVII. 1. 2
18
entweichen. SoreY, welcher auch noch andere schlagende
Gründe für die Ursprünglichkeit der Flüssigkeit anführt, fügt
mit Recht hinzu, dass die nicht zu bezweifelnde- Fähigkeit
eines Gesteins vom Wasser durchdrungen "zu werden nicht
den Schluss gestattet, dass auch eine Krystallmasse diese Fä-
higkeit in gleichem Maasse besitze; die Permeabilität des Achats
könne nicht entgegengehalten werden, denn dieser habe voll-
kommene Schichtenstruktur und bestehe zum Theil aus kry-
stallinischen Aggregaten, zwischen denen und nicht in welche
die Flüssigkeiten eindringen.
Lasprvees führt die Beobachtung Sorsy’s, dass die Flüs-
sigkeit in den Wasserporen des Quarzes nachweisbar Chlor-
calcium, Chlornatrium, freie Salzsäure und schwefelige Säure
enthält, zu Gunsten seiner Vermuthung an, dass diese Flüssig-
keit von Tage her infiltrirt sei. Sie dürfte indessen gerade
dazu angethan sein, diese Ansicht als unwahrscheinlich darzu-
stellen; denn welches Tagewasser enthält wohl freie Salzsaure
und schwefelige Säure in solchen Mengen, dass sie sich selbst -
in dem spärlichen Quantum, welches die Flüssigkeit der Wasser-
peren zur Untersuchung darbietet, zw erkennen geben? Sehr
wohl verträgt sich dagegen dieser Gehalt an freien Säuren mit
der Annahme einer Ursprünglichkeit der Wasserporen: den
Eruptivmagmen der plutonischen Gesteine fehlten bereits die-
jenigen Stoffe nicht, welche auch die Lavaeruptionen heutiger
Tage noch begleiten.
Mit Befriedigung erfahre ich aus $. 393, dass LASPEYRES
auch in den Feldspathen der Quarzporphyre von Halle Poren
gefunden hat, wie ich sie in den Feidspathen des Granits von
Gunnislake in Cornwall, des Trachyts vom Oxnadalr in Nord-
island, des Quarztrachyts von der kleinen Rosenau im Sieben-
gebirge beobachtete.
Was die Glasporen anbetrifft, mit denen LAsPEyYrss sich
nicht befreunden zu können erklärt, so erscheinen dieselben
nach SorsY’s und meinen Beobachtungen z. B. in den Feld-
spathen der Pechsteine und Obsidiane in grosser Schönheit,
wovon jeder sich leicht überzeugen kann, der einen mikrosko-
pischen Schliff eines solchen Gesteins sich anfertigt; es sind
Partikel des Schmelzflusses, welche von dem innerhalb dessel-
ben sich ausscheidenden Feldspath umhuüllt wurden (wie Kıy-
stalle, welche sich an einer Kochsalzlösung ausscheiden, Theile
19
derselben einschliessen), isolirte Bruchstücke derselben Glas-
masse, welche sich oft aderförmig in die Feldspathmasse hin-
‚einverzweigt. Auch in den Quarzen der Quarztrachyte sind sie
keine seltene Erscheinung. Dagegen möchte ich hier bemer-
ken, dass ‚diejenigen Gebilde, welche ich in den granitischen
Quarzen als Glasporen bezeichnet habe, doch vielleicht, wie
mich fortgesetzte Untersuchungen belehrt haben, etwas anderes
zu sein scheinen, möglicherweise Einschlüsse von kleinen gelb-
braunen Glimmerblättchen. Es erscheint dann im Granit kein
eigentlicher Beweis eines Schmelzflusses, auf dessen Abwesen-
heit auch die Üontacterscheinungen hinweisen, Man könnte
versucht sein, auf Grund der Mikrostruktur und der Contact-
wirkungen in dem Zustand der Magmen der eruptiven Gesteine
von den ältesten bis zu den jungsten Laven, eine gewisse
Stufenleiter zu erblicken, die sich in der Mitwirkung des Was-
sers bei der Plastieität desselben ausspricht. Bei den Graniten
scheint das Wasser eine Hauptrolle zu spielen und der Feuer-
fluss ganz oder fast ganz zurückzutreten; bei den mesoplutoni-
schen Porphyren gewann vielleicht der letztere auch einigen
Antheil an der Constitution des Magmas; bei den Basalten und °
Trachyten steht das Wasser schon beträchtlich im Hintergrund
gegen die vorwiegend geschmolzen - plastische Masse; in den
jetzigen Laven ist das Wasser immer noch vorhanden, wir ha-
ben es aber mit einem im wahren Sinne des Wortes feuer-
flüssigen Magma zu thun. Könnte man den Wassergehalt der
Gesteine immer genau bestimmen (vgl. über die entgegenste-
henden Schwierigkeiten Po@GEnD, Ann. 1863 Bd. CXIX. S. 291),
so würde man denselben höchst wahrscheinlich um so grösser
finden, je höheres Alter das Gestein besass, je mehr in dem
Eruptivrmagma der Schmelzfluss gegen das Wasser zurücktrat.
Herr Laspeyres erklärt sich damit nicht einverstanden,
dass die auch von ihm in den Quarzen beobachteten mikrosko-
pischen Theile der Grundmasse meinerseits Steinporen genannt
worden sind und wünscht dieselben als Einschlüsse bezeichnet
zu sehen; die zuerst von SorsY ausgehende Benennung stone-
cavities wurde deshalb gewählt, um die Analogie ihrer Bildung
mit der der /luid-cavities, der Wasserporen, auszudrücken ; diese
sind Theile des im Eruptivmagma vorhandenen Wassers, jene
sind festere Theile der plastischen Masse selbst. Diese Ana-
‚logie fällt natürlicherweise für LaspEyREs fort, weil er den
I*
20
Inhalt der fluid-cavities nicht als ursprünglich ansieht, vom ent-
gegengesetzten Standpunkte aus scheint indessen jene Bezeich-
nung Steinpore nicht ungerechtfertigt. Anders verhält es sich
mit der Frage, ob überhaupt die Benennung cavity fur die mi-
kroskopischen flüssigen und steinartigen Einschlusse glücklich
gewählt ist; die gas- und vapour-cavities führen offenbar ihren
Namen mit grösserm Recht. Die Uebersetzung von fluid-cavi-
ties in Wasserporen rührt übrigens nicht von mir, sondern von
Naumann her, welche diese Gebilde in seinem Lehrbuch der
Geognosie (II. 52) erwähnt, und ich glaubte dieselbe, da sie
so auf dem besten Wege ist, das Bürgerrecht zu erlangen, in
meinen „Mikroskopischen Gesteinsstudien“ nicht mit einer an-
dern vertauschen zu sollen.
3. Herr U. Scurönsaca an Herrn Beykrich.
Salzgitter, den 8. Februar 1869.
Gestatten Sie mir über einige neuere Beobachtungen zu
berichten:
Ammonites Sauzeanus ist bei Vorwohle unweit Stadt-
oldendorf (Braunschweig) in demselben Bahn - Einschnitte vor-
gekommen, wie die zahlreichen Exemplare von Amm. angulatus
und Amm. geometricus. Nach Angabe‘ des Bau - Aufsehers
MEYER zu Mainzholzen, welcher die Petrefakten der verschie-
denen in seinem Bereiche liegenden Bahn-Aufschlusse mit Eifer
und Geschick sammelt, findet sich Amm. Sauzeanus dort nicht
mehr mit Amm. geometricus zusammen, sondern in höher lie-
genden Schichten, die erst in neuester Zeit in grösserer Aus-
dehnung aufgedeckt sind, und in der That habe ich dort früher
in der Schicht mit Amm. geometricus trotz eifrigen Nachsuchens
keine Spur von Amm. Sauzeanus gefunden. Es scheint sich
also hier wieder die Selbständigkeit einer Zone des
Amm. Sauzeanus zu bestätigen.
Ein neuer Ammionit, welchen ich als Amm. Goslariensis
nov. sp. unterscheide, ist schon vor mehreren Jahren von mei-
nem Onkel, Oberhüttenmeister GRUMBRECHT zu Ocker bei Gos-
21
lar, gefunden und stammt aus den Stinksteinen der Zone der
Posidonomya Bronni ‚von Goslar. Die auf den Seiten dem
Amm. borealis SEEB. ausserordentlich ähnlich gebildeten Rippen,
welche ohne Unterbrechung gerade über den ganz runden
Rücken gehen, geben der Art, einen ganz eigenthümlichen Cha-
rakter, der hinsichtlich der Wahl der Familie, welcher sie ein-
zureihen ist, in Verlegenheit setzt. Die Loben stimmen mit
denen des Amm. bifrons ziemlich nahe überein. — Ein ganz
gleiches Stück fand ich im November vorigen Jahres in Paris
in der Sammlung -des Herrn L. SAEMANN unter einem grössen
Vorrathe von Ammoniten aus dem oberen Lias von Milhau
(Aveyron). — Ich werde die Art in nächster Zeit mit einer
Reihe anderer in den Palaeontographica abbilden und genauer
beschreiben.
Die Aufschlüsse bei Dohnsen (Braunschweig) unweit Bo-
‚denwerder a.d. W., die auch SERBACH in seinem „honnoverschen
Jura“ kurz besprochen hat, sind im höchsten Grade interessant,
da sie einen Einblick in Schichten gewähren, welche man nur
an wenigen norddeutschen Lokalitäten gut aufgeschlossen findet
und die hier besonders petrefaktenreich sind. Sie bestehen
in einigen vor mehreren Jahren ausgeführten Eisensteinsstollen,
welche mit der Einstellung des Betriebes auf der Eisenhütte
bei Bodenwerder verlassen sind; namentlich haben drei der-
selben gute Aufschlüsse geliefert. Leider hat man zur Zeit des
Betriebes versäumt, genauere geognostische Profile aufzunehmen,
so dass man, da jetzt die Stollen nicht mehr zugänglich sind,
lediglich ‘darauf angewiesen ist, nach den ziemlich grossen
Halden auf die durchfahrenen Schichten zu schliessen.
a) Der Stollen nördlich von Dohnsen ist wahr-
scheinlich dieselbe Lokalität, welche SERBACH in seinem ge-
nannten Werke p. 34 anführt und von wo er „Belemnites gi-
ganteus, Avicula elegans und Pecten pumilus“ eitirt. Er ist,
wahrscheinlich geleitet durch das Vorkommen des „Bel. gigan-
teus,““ der Ansicht, dass diese Schichten einem höheren Niveau
angehören, als die östlich vom Dorfe auftretenden,. welche
Inoceramus polyplocus so häufig führen. Mir scheint die ent-
gegengesetzte Ansicht mehr Wahrscheinlichkeit zu haben, theils
wegen der Häufigkeit des aus tieferen Schichten heraufgehen-
den Pecten pumilus, theils aus stratigraphischen Gründen. Pec-
ten pumilus ist in den Knollen mit /noceramus polyplocus in
22
dieser Gegend meines Wissens noch nicht gefunden worden,
obgleich diese Schichten ziemlich petrefactenreich sind, findet
. sich dagegen nicht sehr selten in den obersten Schichten der
Zone der Trigonia navis bei Greene und Wenzen. Am häufig-
sten aber findet er sich ausser dem erwähnten Stollen bei
Dohnsen nur etwa 2 Stunden weiter östlich auf einer Stollen-
halde im Forstort „Schwarze Land* bei Wickensen unweit
Eschershausen, wo er mit denselben Petrefakten vergesellschaf-
tet ist, wie nördlich von Dohnsen, sowie mit dem echten
Amm. Murchisonae. Daneben finden sich auf der Wickenser
Stollenhalde mehrere Arten, welehe entschieden, auch nach
dem Gestein, einem anderen und zwar tieferen Niveau anzu-
gehören scheinen, nämlich Amm. opalinus, Posidonomya Suessi
Opp., Alaria subpunctata etc. aus den Opalinus-Thonen. Von
Sachen, die auf hohere Schichten als die Zone des Amm. Mur-
chisonae hindeuten, ist dort meines Wissens Nichts gefunden
worden; denn die grossen auch dort vorkommenden Belem-
niten („Bel. giganteus“ SeEB.) scheinen einer besonderen Art
anzugehören und finden sich bei uns überall schon unmittelbar
uber der Zone der Trigonia navis. Auch J/noceramus polyplocus
F. Rorm. fehlt hier und die Schicht des Pecten pumilus
liegt also unmittelbar auf der der Trigonia navis,
wird somit mit grösster Wahrscheinlichkeit die
Zone des Amm. Marchisonae repräsentiren, zumal da
sie diesen Ammoniten selbst führt.
b) Oestlich von Dohnsen hat der an einem kleinen
Bache befindliche „untere Stollen“ (vgl. auch SerBach |. ce.
p- 34) die Schichten des /noceramus polyplocus aufgeschlossen,
welche seitdem in grösserer Ausdehnung durch den Eisenbahn-
Einschnitt am Hils oberhalb Wenzen aufgedeckt sind und eine
Reihe interessanter meistens neuer Petrefakten geliefert haben,
von denen uns Dr, Brauns Beschreibungen und Abbildungen
geben wird. Durch diese Aufschlüsse hat sich auch: herausge-
stellt, dass OPPEL gleich zuerst das Richtige getroffen hat, in-
dem er (Zeitschr. IX. p. 627, Anmerk.) die Petrefakten, welche
ihm F. Rogner von Hessisch-Oldendorf aus den Schichten des
Imoceramus polyplocus schickte, als seiner damaligen „Sub-Zone
des Amm. Sauzei“ angehörig erkannte. Von dieser trennt er
seit einigen Jahren noch die Zone des Amm. Sowerbyi ab, so-
14
23
dass die jetzige Reihenfolge seiner Zonen des „Dogger* fol-
gende ist:
Zone des Ammonites torulosus,
- der Trigonia navis,
- des Ammonites Mwurchisonae,
un - Sowerbyi,
- - - Sauzei,
- - - Humphriesianus, ete.
Diese Zone des Amm. Sowerbyi ist es, welche
durch die Schichten des unteren Stollens östlich
von Dohsnsen und den westlichen Theil des Bahn-
einschnitts von Wenzen repräsentirt wird, worin der
leitende Ammonit in schönen, freilich ziemlich seltenen Exem-
‚plaren sich findet. — Die Stücke von Hessisch-Oldendorf mit
Pecten pumilus, welche in der Berliner Bergakademie niederge-
legt wurden, dürften einem Aequivalent der vorigen Schicht des
Stollens nördlich von Dohnsen angehören. Ich habe keins
darunter gefunden, an welchem sich /noceramus polyplocus und
Pecten pumilus zusammen befände, und da die Gesteins- Be-
schaffenheit der Schichten von Amm. Mwurchisonae an bis zum
Amm. Humphriesianus auch am Hils eine ganz gleiche ist, ob-
gleich darin ohne allen Zweifel sich paläontologisch mehrere
Zonen unterscheiden lassen, so ist zu bedauern, dass Herr
VON SEEBACH die Gründe nicht angegeben hat, auf welche seine
Behauptung (l. e. p. 35) sich stützt, „das Zusammenvorkom-
men dieser Petrefaeten sei zweifellos.* — Bemerkenswerth
ist, dass die dieser Zone angehörigen Thone bei Wenzen ausser-
ordentlich reich an Foraminiferen sind.
c) Der „obere Stollen“ östlich von Dohnsen
scheint noch in den obersten Schichten der Zone des Amm.
Sowerbyi angesetzt zu sein, da sich dieser Ammonit, wenn
auch selten, noch auf der Halde gefunden hat. Die meisten
der dort vorkommenden Petrefakten gehören jedoch entschieden
schon jüngeren Schichten an, da sich dieselben weder im
„unteren Stollen‘, noch in dem Bahneinschnitte oberhalb Wen-
zen mit Amm. Sowerbyi finden. Auch diese scheinen noch
aus zwei verschiedenen Niveau’s zu stammen, indem nämlich
einige, wie Amm. Sauzei, Brocchü, etc. für die Zone des Amm.
Sauzei charakteristisch sind und sich an anderen in der Nähe
befindlichen Aufschlüssen in der Zone des Amm. Humphriesia-
24
nus nicht finden. Dagegen kommen auch manche andere Pe-
trefakten vor, welche der Zone des Amm. Humphriesianus an-
gehören, wie Amm. subcoronatus Opr., Braikenridgi Sow., Rhab-
. docidaris anglosuevica OPP. etc.
Alle diese Stollen haben eine ziemlich bedeutende Länge,
so dass namentlich für den letztgenannten die Annahme, es
seien mehrere Schichten von nicht unerheblicher Mächtigkeit
durchfahren, nichts Unwahrscheinliches hat, zumal da sie recht-
winklig gegen das Streichen gehen.
Säammtliche eben beschriebene Schichten waren auch wäh-
rend des Baues der Eisenbahnstrecke zwischen Kreiensen und
Stadtoldendorf, zum Theil nur für kurze Zeit, aufgeschlossen,
und liessen sich als selbständige Zonen, charakterisirt durch
bestimmte in keine andere Schicht übergehende Arten in dieser
Gegend mit derselben Sicherheit nachweisen, wie in Schwa-
ben, etc. Leider werden diese interessanten Aufschlusse mit
Beendigung des Bahnbaues im kommenden Sommer alle be-
seitigt werden, ja sind es zum Theil schon jetzt, indem die
aus Thonen bestehenden Böschungen mit Rasen bedeckt werden.
Mein Aufenthalt in Böhmen im vorigen Spätsommer
war leider nur ein sehr kurzer, so dass ich mich darauf be-
schränken musste, die hauptsächlichsten Kreide-Aufschlusse der
Gegend zwischen Teplitz und Postelberg kennen zu lernen.
Doch gehört gerade. dieser Theil zu den interessantesten, da
es dort am ersten gelingen dürfte, Anhaltspunkte für eine Pa-
rallelisirung der böhmischen Kreidebildungen mit unseren hin-
sichtlich ihrer Schichtenfolge und ihres geologischen Alters
leichter zu unterscheidenden und besser bekannten norddeut-
schen Schichten gleichen Niveau’s zu gewinnen.
Als Ausgangspunkte fur eine solche Parallelisirung wurden,
meiner Ansicht nach, am geeignetsten sein der „obere Pläner*
von Hundorf und mehreren anderen Lokalitäten in der näch-
sten Umgebung von Teplitz, und die „Baculiten-Schichten“ und
„Krebsscheeren - Sandsteine* von Priesen und Kamnitz ete. —
Die Baculiten- Schichten sind besonders von meinem Freunde,
Herrn Dr. LAuBE in Wien, untersucht und hat derselbe deren
reiche Fauna in einer Tabelle zusammengestellt und mit den
Faunen einiger anderer Kreide-Lokalitäten verglichen (Jahrb.
d. k. k. geol. Reichsanst. 1864, 1. Heft). Er hält dieselben
in Uebereinstimmung mit der jetzt allgemein angenommenen
25
Ansicht für das oberste Glied der böhmischen Kreide und
stellt sie nebst den darunter liegenden „Cällianassen- oder
Krebsscheeren - Sandsteinen* unserer norddeutschen „oberen
Kreide* im engeren Sinne parallel, namentlich die genannten
Sandsteine den „Salzbergs-Mergeln* von Quedlinburg, also dem
Niveau der Belemnitella quadrata. In dieselbe Abtheilung durf-
ten auch noch die in der Gegend von Laun unter den Bacu-
liten-Schichten befindlichen, zum „Plänermergel* Reuss’s gehö-
rigen Schichten mit Ostrea sulcata BLUMENB., Amorphospongia (?)
rugosa Reuss sp., Pleurostoma lacunosum A. Rorm. 1841
— Pleurost. stellatum A. Roru. 1864, non Guettardia stellata
Mıcn. 1841 der untersten Cenoman-Schichten) ete. gehören, da
sich die erwähnten Petrefakten in hiesiger Gegend mit Delem-
nitella quadrata in der gleichen Schicht finden.
Der „obere Pläner* von Hundorf, der fast in jeder Be-
ziehung mit dem von Strehlen genau übereinstimmt, ist durch
seinen Ammonites peramplus, Scaphites Geinitzi, die Spondylen,
Brachiopoden und überhaupt den grössten Theil seiner Petre-
fakten als Aequivalent unseres norddeutschen „Scaphiten - Plä-
ners“, das Mittelglied des Stromgecr’schen „oberen Pläners“
charakterisirt; auch Ammonites Neptuni Gem. findet sich bei
uns vorzugsweise im Scaphiten-Pläner, wenn er auch mitunter
im „rothen Pläner“ sich schon zeigt und vielleicht sogar in den
„Cuvieri-Pläner“ hinaufgeht. |
Eine dritte Schicht, welche vielleicht zur Parallelisirung
herbeigezogen werden könnte, ist der massige grobkörnige
Sandstein, welcher bei Tyssa über den dortigen petrefakten-
reichen Quaderschichten steile Wände bildet und als weitaus
häufigstes Petrefakt einen /noceramus führt, welcher vollkommen
mit unsern norddeutschen Typen des mytiloides Maut. (= pro-
blematicus und labiatus vieler französischer Autoren) überein-
stimmt. Auf das Vorkommen des /noceramus mytiloides möchte
ich grosses Gewicht legen, da derselbe bekanntlich überall, wo
er bisher gefunden wurde, die Basis der Schichten charakteri-
sirt, welche p’OrBıcnY'’s „etage Turonien““ bilden, und glaube
ich deshalb, dass dieser Tyssa’er Sandstein unseren „rothen
- Brongniarti- oder Mytiloides-Schichten“ STROMBEcK’S gleichsteht,
welche bekanntlich die Basis des norddeutschen „oberen Plä-
ners* bilden. In Böhmen kommt nun derselbe /noceramus
mytiloides noch in einer anderen Schicht vor, nämlich in dem
26
„Plänersandstein“ Reuss’s, in welchem eran einigen Lokalitäten
sehr häufig sein soll. Diesem Plänersandstein werden von
zweien der besten Kenner des böhmischen Kreidegebirges zwei
ganz verschiedene Stellen im dortigen Schichten-Systeme ange-
wiesen, indem ihn Russ als oberstes Glied des „untern Qua-
ders* zwischen den „Grünsandstein* und den „unteren Pläner-
kalk* stellt, Rommeer aber (Neues Jahrb. 1847, 8. 645 ff.)
zwischen den eigentlichen „unteren Quader* im engeren Sinne
und den „Exogyren-Sandstein“.. Mir wird es indessen schwer
zu glauben, dass der in dieser Schicht vorkommende Inocera-
mus mytiloides allen bisherigen Erfahrungen in anderen Ländern
entgegen in Böhmen in einem so viel tieferen Horizonte vor-
kommen sollte, und es liegt daher die Ansicht nahe, dass we-
nigstens derjenige Theil der als „Plänersandstein* bezeichneten
Schichten, welcher den genannten /noceramus führt, den obigen
Schichten von Tyssa und dem „rothen Brongniarti- Pläner“
Norddeutschlands äquivalent sei. Die übrigen daraus angeführ-
ten und von mir darin gesammelten Petrefakten lassen einen
sicheren Schluss auf das Alter dieses Sandsteins noch nicht /
zu; auch die Lagerungs-Verhältnisse, die meistens sehr undeut-
lich und schwer zu erkennen sind, haben mir keinen bestimm-
ten Aufschluss daruber gegeben.
Wie die übrigen Schichten dazwischen und darunter ein-
zureichen sind mussen genauere Beobachtungen später lehren.
In Frankreich bin ich im Ganzen etwa 9 Wochen ge-
wesen und zwar etwa die Hälfte dieser Zeit in Paris, wo ich
die vielen reichhaltigen Sammlungen, vorzüglich die äusserst
elegant und zweckmässig aufgestellte der Ecole des Mines, die
der Sorbonne und die im Jardin des plantes befindliche p’ORr-
BIGNY’sche eifrig studirt habe. Auch bei Herrn Sarmann habe
ich viel Interessantes gefunden und war mir überhaupt die Be-
kanntschaft mit demselben durch seine vielfachen Beziehungen
zu allen französischen Geologen und seine eingehende Kennt-
niss der geognostischen Verhältnisse des Landes sehr forder-
lich. — Die meisten Exeursionen habe ich in der Norman-
die gemacht und dort namentlich den Lias und braunen Jura
studirt, welche Formationen durch ihren Reichthum an eigen-
thümlichen und schön erhaltenen Petrefakten die Umgebungen
von Caen und Bayeux so berühmt gemacht haben. Hier war
es der seit kurzer Zeit als Professor an die facult€e des scien-
We Ta
27
ces zu Caön berufene Eu. EupES-DESLONGCHAMPS, der sich mit
der grössten Gefälligkeit und Liebenswürdigkeit anfangs selbst
zu meinem Führer machte und später, als er zur Versammlung
der französischen Geologen nach Marseille reiste, mir so genaue
Anweisungen für meine weiteren Excursionen gab, dass ich
mich auch ohne Führer vortrefflich zurecht finden konnte. —
In Caön hatte ich die Freude, mit zwei wissenschaftlichen
Freunden zusammen zu treffen, die auch Ihnen als eifrige Geo-
logen, irre ich nicht, sogar persönlich bekannt sind, nämlich
Dr. WaAGEn und von Dirtmar aus München; in ihrer Gesell-
schaft machte ich den grössten Theil meiner Excursionen in
der Normandie.
Unter den letzteren erlauben Sie mir nur über zwei der
interessantesten kurz zu berichten, nämlich die nach den be-
rühmten „reeifs“ bei May, eine starke Meile südlich von Oaön
und nach den Steinbrüchen bei Bayeux, welche letzteren die
Schichten ausbeuten , die D’OrgıenY als Typus für sein etage
Bajocien dienten.
Die Steinbruche von May liegen hart an der von
Caen'nach Harcourt führenden Chaussee und sind leider nur
sehr schwach im Betriebe; trotzdem ist ein Ausflug dahin nicht
nur wegen der interressanten Lagerungs-Verhältnisse, die man
beobachten kann, sondern auch wegen der bei dem Reichthum
einiger Schichten zu erwartenden, immerhin nicht unbedeuten-
den Ausbeute an eigenthümlichen Petrefakten sehr lohnend.
Das Gestein, welches in diesen Steinbruchen gebrochen wird,
ist cin harter, grobschiefriger Sandstein von rother Farbe, der
als Material zum Chaussee-Bau gesucht ist und den Eve. Des-
LONGCHAMPS für ein Aequivalent des Caradoc-sandstone hält.
Derselbe ist steil’ aufgerichtet und seine unebenen, Klippen bil-
. denden Schichtenköpfe sind von Lias- und Unteroolith-Schich-
ten in stark discordanter, horizontaler Lagerung bedeckt, über
welche die höchsten Spitzen des Sandsteins noch jetzt hervor-
ragen. Ich kann mir in der That keinen überraschenderen
Anblick denken. Fast unverändert seit der Katastrophe, welche
ihre steile Aufrichtung veranlasste, stehen diese Klippen (‚,recifs‘“)
da, zuerst zur Zeit der Ablagerung des mittleren Lias wieder
von einem Meere umspult, das seinen Reichthum der zierlichsten
und zartesten Muscheln, namentlich der uberraschendsten
Gastropodenformen zwischen ihren Spalten und Klüften und
28
den von ihnen eingeschlossenen kleinen Becken wie in siche-
-ren Magazinen absetzte, aus denen der Sammler, wenn er das
Glück hat, auf eine noch nicht ausgebeutete Spalte („poche“)
zu stossen, eine ganze Reihe jener prachtvoll erhaltenen Arten
‘ herauslesen kann, die eine Hauptzierde des normännischen
Lias bilden. Zoll für Zoll kann man hier die Schichten ver-
folgen, welche sich von der Zone des Amm. spinatus an bis
zur Zone des Amm. Sowerbyi mit der grössten Regelmässigkeit
bei einer Gesammtmächtigkeit von nur wenigen Fussen nieder-
geschlagen haben: ein Modell könnte kaum deutlicher sein. —
Da sieht man zu unterst die mergeligen Schichten, welche
hier den sonst als harten, massigen Kalk niedergeschlagenen
„marlstone“ der normännischen Geologen repräsentiren; die ver-
änderten Lebensbedingungen haben in diesen petrographisch
so verschiedenen Niederschlägen auch eine ganz andere Fauna
hervorgerufen, sodass der paläontologischeu Beweise fur die
aus stratigraphischen Gründen unzweifelhafte Gleichalterigkeit
dieser beiden, räumlich von einander nicht weit entfernten Ge-
bilde weniger sind, als man sonst erwarten dürfte. Denn
während einerseits der ‚‚marlstone“ durch seine vielen in dem
„banc de roc‘“ der Steinbrecher enthaltenen, bei uns theils sehr
seltenen, theils noch gar nicht nachgewiesenen Brachiopoden,
namentlich Terebratula punctata, Edwardsi, Waldheimia quadri-
fida, cornuta, Mariae, resupinata, Rhynchonella acuta, tetraedra,
etc. etc., sowie durch Ammonites spinatus, margaritatus, Belem-
nites niger, und verschiedene Myarier als Absatz einer Küsten-
gegend charakterisirt ist, so zeigen andererseits die in einiger
Entferuung von dieser Küste gebildeten Niederschläge von May
und Fontaine-Etoupefour eine durch die eigenthümlichen lo-
kalen Verhältnisse bedingte, ganz verschiedene Fauna. In die-
ser sind die Gastropoden, namentlich die Familien der Pyra-
* midellideen, Cerithiadeen, Turritellideen, Littorinideen, Turbinideen,
Haliotideen und Tornatellideen weitaus vorherrschend, obgleich
auch hier — und zwar vorzugsweise in den kleinen abgesonder-
ten, ruhigeren Becken — die Mehrzahl der genannten Brachio-
poden gelebt hat.
Auf diese „Couches & “Gasteropodes“, wie sie Eug. Des-
LONGCHAMPS bezeichnet, folgt nun das merkwürdige Leptaena-
Bett, das zwar auch über dem „marlstone“ verschiedener an-
derer Lokalitäten sich findet, in besonders eigenthümlicher und
29
charakteristischer Entwickelung aber wieder zwischen den Klip-
pen von May auftritt. Die Herren DesLoxGcHAanps (Vater und
Sohn) haben diese Schicht und ihre eigenthümliche Fauna in
einem Aufsatze, welcher im 3. Bande der Bull. de la Soc.
Linn. de Normandie (1859) abgedruckt und Ihnen wahrschein-
lich bekannt ist, monographisch beschrieben. In Deutschland
ist meines Wissens noch kein Aequivalent dieser interessanten
Schicht aufgefunden, die bekanntlich zuerst in England ent-
deckt wurde. Denn die durch Quenstept aus dem Lias be-
kannt gewordenen kleinen Brachiopoden, welche derselbe mit
den eigenthümlichen Formen des französischen Leptaena-Bettes
vergleicht und T'hecidea juwrensis nennt, stammen aus den, ober-
sten Schichten des wurttembergischen Lias mit Amm. jurensis;
das von F. SANDBERGER aus dem badischen Lias eitirte „The-
cidium Bouchardi“ (N. Jahrb. 1857, S. 130) scheint dort ein
vereinzeltes Vorkommen in der Zone des Amm. Davoei zu sein,
und ist, wie mir Herr Professor SANDBERGER vor einiger Zeit
mündlich mittheilte, nicht Thecidium Bouchardi Dav., sondern
eine noch.nicht beschriebene Art. Auch mir ist es nach lan-
gem eifrigen Suchen gelungen, in ‚unseren Liasschichten einige
winzige Brachiopoden-Arten aufzufinden, die ich für Reste von
Leptaena und Thecidium hielt; ich legte dieselben Herrn Eve.
DESLoNGcHAMPS bei meiner Anwesenheit in Ca@ön vor und hatte
die Freude, meine Ansicht von ihm bestätigt zu hören. Sie
haben sich in den Mergelschichten mit Amm. capricornus bei
Liebenburg und Calefeld (Hannover) mit vielen Foraminiferen
vergesellschaftet gefunden, aber auch hier nur so vereinzelt,
dass man von einer Leptaena-Schicht nicht sprechen kann.
Ich vermuthe, dass sie auch bei Göttingen in der Zone vor-
kommen, aus der BORNEMANN die zahlreiche Foraminiferen-Fauna
beschrieben hat, habe aber trotz vielen Nachforschens aus den
dortigen Mergeln von gleichem Niveau bis jetzt noch nichts
Aehnliches auftreiben können. — In den Schichten unmittelbar
über Amm. spinatus, wo man das Aequivalent des französischen
und englischen Leptaena-Bettes zu suchen haben würde, ist
meines Wissens in Deutschland nie etwas von diesen kleinen
Wesen beobachtet.
Ueber die Frage, ob das Leptaena-Bett dem mittleren oder
oberen Lias zuzurechnen sei, auf deren Grenze es liegt, sind
die Ansichten verschieden. Während Davipson das „Leptaena-
30
bed‘“ von Ilminster in den „Upper Lias‘“ stellt, welcher Mei-
nung sich OPPEL und auch DESLONGCHAMPS früher anschloss,
rechnet letzterer die Schicht jetzt zum mittleren Lias (derniere
couche du lias & Belemnites), hauptsächlich wegen des Charak-
ters ihrer Fauna. Aber gerade in diesem möchte ich den
Hauptbeweis für die entgegengesetzte Ansicht finden; denn bei
May, wo nach DESLONGCHAMPS diese Schicht am besten und
mächtigsten entwickelt ist, finden sich schon unmittelbar
über der Gastropodenschicht der Zone des Ammo-
nites spinatus mit den Leptaena-Arten zusammen
die ersten Planulaten und Falciferen des oberen
Lias, und in dem Augenblick, wo ich dies schreibe, theilt
mir Herr Professor OPPpEL mit, dass die ganz übereinstimmen-
den Ammonitenformen in Schwaben zuerst in den sogenannten
„Seegrasschiefern* auftreten, mit denen man dort den oberen
Lias zu beginnen pflegt. Auch die Anhäufung von Crinoiden-
Stielen, welche sich inn Leptaena-Bett bei May findet, wieder-
holt sich dort höher hinauf in den Hauptschichten des Amm.
bifrons. — Indessen möchte ich auf diese Frage, mag man
sich nun entscheiden, wie man will, nicht zu viel Gewicht le-
gen, da ich die grösseren Abtheilungen in der Juraformation,
die immer mehr oder weniger willkürlich sind und meistens
nur lokale Gültigkeit haben, überhaupt für weniger wichtig
und fruchtbringend halte und nur die Zonen -Eintheilung mit
„möglichster Schärfe und ganz allgemein durchgeführt wissen
möchte. Ob dieselbe dabei so, wie sie bis jetzt angenommen
ist, in allen Theilen bestehen bleiben wird oder mehr weniger
bedeutenden Veränderungen unterworfen werden muss, werden
die über ein immer mehr erweitertes Beobachtungsgebiet aus-
zudehnenden Untersuchungen ergeben, wenn dieselben nur
überall mit der gehörigen Schärfe ausgeführt werden.
Um nach dieser Abschweifung zu dem ‚‚recif de May“ zu-
ruckzukehren, so scheinen hier über dem Leptaena-Bett die
„Argiles a Poissons“ ganz zu fehlen, welche an anderen benach-
' barten Lokalitäten so viele, vorzüglich gut erhaltene Fischreste
enthalten und dem Niveau der Fische und Saurier von BoLL
durchaus zu entsprechen scheinen. Dagegen ist der übrige
Theil der Schichtenfolge, welche Euwe. DEsLoxscHAamPs als
„Marnes infra-oolithiques“ bezeichnet, gut und mit zahlreichen
Petrefakten entwickelt; zuerst die Ammoniten-reichen Mergel-
31
kalke mit Amm. serpentinus, bifrons u. s. w., sodann die Schich-
ten des Amm. jurensis, nach DESLONGCHAMPS: „couche a Amm.
primordialis“, u. s. w. in der Folge und Entwickelung, wie sie
schon länger aus der Normandie bekannt sind.
Eve. DestLonecHanps hat der Darstellung dieser interessan-
ten Lokalität in seinen kürzlich erschienenen, sehr beachtungs-
werthen „ZEtudes sur les &tages jurassiques inferieures de la Nor-
mandie“ einen besondern Abschnitt von.42 Quartseiten gewidmet.
Den seit lange berühmten Unteroolith-Aufschlüssen
vonBayeux galt eine andere Excursion. Die Schichten sind
dort so unerschöpflich, dass in den Steinbrüchen, so oft sie
auch von Petrefakten-Sammlern besucht werden, jeder neue
Besucher noch immer so viel sammeln kann, als er fortzubrin-
gen vermag. Auch die Steinbrecher sammeln zum Theil mit
viel Geschick, sodass man von ihnen gewöhnlich einen grossen
Theil der seltenern Arten, die man nicht selbst gefunden hat,
kaufen kann. — Es lag mir besonders daran zu sehen, in
welcher Reihenfolge die vielen von dort bekannt gewordenen
und meistens durch einander, ohne Sonderung nach ihrem Vor-
kommen in verschiedenen Schichten angeführten Arten sich
finden, "und ob sich dieselben nicht in ähnlicher Weise von
einander trennen liessen, wie in Sud- und Norddeutschland.
Auch Oprper hat bei den von dort in seinem Jura eitirten Ar-
ten die Zonen, aus welchen sie stammen, meistens nicht näher
angegeben. Bei näherer Untersuchung ist dies jedoch wirklich
nicht so schwierig.
Unter den unseren Schichten von Eimen im Alter gleich-
stehenden graublauen Mergeln von Port-en-Bessin bei Bayeux
(„Fullers-earth“ oder Terre & foulon der normännischen Geolo-
gen) folgt zunächst ein weicher Oolith von heller Farbe (,,00-
lithe blanche“ der dortigen Geologen), dessen organische Ein-
schlüusse Eus. DESLONGCHANPsS in der oben erwähnten Schrift
aufzahlt; die bezeichnendsten sind: Amm. Parkinsoni, dimor-
phus, subradiatus, Martinsi, oolithieus, Trochus duplicatus, Pleu-
rotomaria mutabilis, Lima gibbosa, Terebratula carinata, Waltoni,
Morierei, hybrida, bessina, sphaeroidalis, Rhgnchonella plicatella,
Pseudodiadema depressum, Holeciypus subdepressus, Collyrites
ringens, Discocyathus Eudesi.
Hierauf folgt die Haupt-Oolithschicht, aus welcher die
grosse Mehrzahl der Petrefakten stammt, die man in den
‘
32
Sammlungen aus der „Oolithe ferrugineuse de Bayeux“ findet;
dieser Oolith ist von dunklerer Farbe und ganz erfüllt mit den
mannigfaltigsten Petrefakten, unter denen sich auch die meisten
der eben genannten noch finden, doch fehlen die Brachiopoden
ausser Terebratula sphaeroidalis fast ganz. Diese Schicht bildet
im Verein mit der „Oolithe blanche“ OprEL’s Zone des ‘Amm.
Parkinsoni, in welcher Oppzu selbst ja schon in seinem Jura
eine ähnliche Theilung angedeutet hat, indem er S. 342 an-
giebt, dass sich in Schwaben in den unteren Schichten eine
von den oberen etwas abweichende Fauna findet. z. B. nament-
lich Amm. subfurcatus, Garantianus, Ancyloceras annulatus. Die
eben genannten Petrefakten, die auch bei Bayeux in der „Oo-
lithe ferrugineuse“ haufig sind, scheinen in der „Oolithe blanche*
ganz zu fehlen. Auch QUENSTEDT unterscheidet bekanntlich im
schwäbischen Jura die „Bifurcaten-Schicht* (obere Schicht
von 0) von dem eigentlichen „Parkinsonoolithe* (unteres :),
in welchen beiden sich Amm. Parkinsoni findet, während Amm.
bifurcatus (= subfurcatus bei OPrEL) auf die erstere Schicht
beschränkt ist. — In Norddeutschland dürfte eine solche Tren-
nung schwerlich ausfuhrbar sein, da die Thone, welche mei-
stens diesen Horizont repräsentiren, zwar stellenweise ziemlich
mächtig, aber zugleich sehr gleichformig und ausser Amm. Par-
kinsoni sehr arm an Petrefakten sind.
In dem unteren Theile des Complexes, welchen die fran-
zösischen Geologen als „Oolithe ferrugineuse“ bezeichnen, zeich-
net sich eine Schicht aus, welche sowohl petrographisch als
paläontologisch wohl davon zu unterscheiden ist. Auch Euc.
DesLonscHamps erwähnt dieselbe als sehr constant an der
Basis vorkommend. und beschreibt sie mit den Worten: „une
sorte de conglomerat & base calcaire, renfermant un grand nom-
bre de tres-grosses oolithes ferrugineuses, irrequlieres et disposdes
sans ordre“. Die grosse Mehrzahl der in den oberen Schichten
vorkommenden Arten reicht nicht bis hierher hinab; dagegen
finden sich hier vorzugsweise, zum Theil ausschliesslich: Amm.
Blagdeni, Humphriesianus, Braikenridgi, ceycloides; Amm. subra-
diatus, in den höheren Schichten häufig, fehlt auch hier nicht
und geht selbst noch in die folgende Zone hinab; aus letzterer
stammt sogar D’ORBIGNY’s Original-Exemplar. Die wichtigsten
Leitmuscheln lassen also keinen Zweifel darüber, dass dieser
untere Theil der „Oolithe ferrugineuse“ der Zone
des Amm. Humphriesianus entspricht. — Das Lager
des Amm. Sauzei getrennt nachzuweisen ist mir nicht gelun-
gen, obwohl ich diesen Ammoniten von dort erhielt; dem
Gestein nach scheint derselbe aus der an Oolithkörnern ärmer
werdenden unteren Lage der in Rede stehenden Schicht un-
mittelbar über der folgenden zu stammen.
Scharf abgegrenzt gegen den vorher beschriebenen Oolith
folgt nach unten das Gestein, welches die normännischen Geo-
logen nach einer bei den Steinbrechern gebräuchlichen Bezeich-
nung „Mäliere“ zu nennen pflegen. Es ist ein Mergelkalk
mit vielen sehr zähen, kieseligen, unregelmässig geformten Knol-
len, welche vorzugsweise die Petrefakten einschliessen. Die
„Mäliere* entspricht Oppzu’s Zone des Ammonites
Sowerbyi; hier findet sich namentlich Amm. Sowerbyi nicht
selten und in schönen Srossen Exemplaren, daneben noch Amm.
subradiatus; ferner Amm. Bayleanus OPpr., eine gute und von
dem darüberliegenden Amm. Humphriesianus wohl zu unter-
scheidende Art, von der ich bei Herrn SAEMANN und in der
Ecole des Mines prachtvolle Exemplare sah; endlich Amm.
Gervillei, grosse Terebrateln und Rhynchonellen u. s. w., kurz
eine reiche und eigenthümliche Fauna, welche die Herren Evc.
DESLONGCHAMPS und SCHLUMBERGER monographisch zu beschrei-
ben beabsichtigen. Einen noch grösseren Petrefakten-Reich-
thum bei veränderter Facies zeigt diese Schicht bei Naney, wo
sie von Herrn SCHLUMBERGER ausgebeutet wurde.
Die Zone des Amm. Murchisonae habe ich bei Bayeux,
namentlich in den Steinbruchen von Sully, wo ich mich länger
‚aufgehalten, nicht aufgeschlossen gesehen und auch in den
Sammlungen von dort keinen ächten Amm. Murchisonae gefun- -
den; dagegen tritt dieser Ammonit an anderen Lokalitäten,
2. B. bei Evrecy (südwestlich von Ca&n) recht typisch und
ziemlich häufig auf. Eug. DESLONGcHAmPS rechnet diese, sowie
die Schicht mit Amm. Sowerbyi schon zu seinen Marnes infra-
oolithiques.
Es ergiebt sich also hieraus, dass dieser Theil des
französischen Unterooliths kaum weniger scharf
sich in paläontologische Zonen gliedern lässt, als
in Deutschland. Dagegen scheinen allerdings die Schichten,
mit welchen Orpzı den Unteroolith beginnen lässt, nämlich
die Zonen des Amm. torulosus und der Trigonia navis in der
Zeits. d.d. geol. Ges. X VL. ı. d
34
Normandie nicht deutlich entwickelt zu sein; wenigstens habe
ich nirgends eine Andeutung davon finden können. Denn die
Ammoniten, welche Evc. DesLonecHamrps als Amm. primordialis
mit opalinus Reın. ident hält, gehören meiner Ansicht nach anderen
Arten an, wie Amm. Aalensis und comtus, welche sich bei uns
und, näch schriftlicher Mittheilung von Herrn Professor OPPpEu
auch an einigen schwäbischen Localitäten vorzugsweise an der
Grenze zwischen den Zonen des Amm. jurensis und des Amm.
torulosus finden.
6. Aufsätze. |
l. A. Seacchi, über die Polysymmetrie der Krystalle.
(Aus den Atti della R. Accademia delle Scienze di Napoli, Vol. T.
im Auszuge übersetzt.)
Von Herrn C. Rammeısgere ın Berlın.
Hierzu Tafel I
Dimorph oder polymorph (heteromorph) nannte man bisher
solche Substanzen von chemisch gleicher Natur, deren Formen
sich nicht aus einer Grundform ableiten lassen, Die beiden
Formen einiger dimorphen Körper zeigen gleichwohl eine
grosse äussere Aehnlichkeit in der Weise, dass die eine durch
geringe Aenderungen der Flächenneigungen in die andere über-
gehen würde. So lange der Grundsatz von der constanten
Lage der Krystallflächen unbestritten galt, betrachtete man dies
als eine zufällige Aehnlichkeit; seitdem aber die Polyedrie,
d. h. die veränderliche Lage der Flächen, als keine zufällige
Unregelmässigkeit, sondern als eine eigenthüumliche Erscheinung
erkannt ist, haben die rein geometrischen Charaktere der
Krystalle viel von ihrem früheren Werth verloren. Kleine
Winkelunterschiede, selbst von einem Grad und mehr, be-
rechtigen fernerbin nicht, eine gegebene Form von einem Kry-
stallsystem auszuschliessen, welches auf ein bestimmtes Ver-
hältniss dreier Axen und auf bestimmte Neigungen derselben
gegründet ist. Eine Folge der Polyedrie ist jene Aehnlichkeit
der beiden Formen gewisser dimorpher Substanzen und des-
wegen sind diese beiden Formen auch nur scheinbar ver-
schieden, in der That aber identisch.
Ein sechsgliedriger Krystall von schwefelsaurem Kali
(Taf. I. Fig. 2.), bestehend aus dem Prisma e, der Endfläche ©
und einem Dihexaeder m, dessen Flächen gegen (’ gleich geneigt
:
a
36
sind, lässt sich gleichsam in sechs gleiche Stücke theilen. Nehmen
wir nun an, dass in den physikalichen Eigenschaften dieser
sechs Stücke durch eine unbekannte Ursache ein Unterschied
eintrete, der sich durch Polyedrie und optisches Verhalten zu
erkennen giebt und in Folge dessen die beiden Stücke m = u
(Taf. I. Fig. 1.) andere physikalische Eigenschaften erlangen
als die vier übrigen m, so folgt daraus noch nicht, dass der
geometrische Charakter des Krystalls sich geändert habe. Und
so ist es in der That. Die Neigungen m: C und u: € sind
dieselben, und wenn die Winkel mC' und m”C einerseits und
. uC andererseits um einige Minuten differiren, so ist die Differenz
nicht constant und nur eine nothwendige Folge des vorausge-
setzten physikalischen Unterschiedes von m und u, deren Po-
lyedrie nicht dieselbe ist. Die Verschiedenheit der Krystalle
Fig. 1. u. 2. ist demnach nicht eine geometrische, sondern
sie besteht blos darin, dass jener dem Symmetriegesetz des
zweigliedrigen, dieser dem des sechsgliedrigen Systems folgt.
Dieselben sechsglicdrigen Krystalle, unter gewissen Be-
dingungen entstanden, zeigen einen ganz anderen Unterschied
in ihren sechs Dihexaederflächen m. Drei m (Taf. I. Fig. 3.)
sind glatt und glänzend, die drei abwechselnden u sind grösser,
rauh und gebogen. Auch in diesem Fall wie vorher sind die
4, einem neuen Symmetriegesetz gehorchend, wesentlich ver-
schieden von m, ja der Unterschied tritt noch stärker hervor.
Dessenungeachtet ist der geometrische Charakter derselbe ge-
blieben, und die Winkel mC und uC' werden krystallographisch
als gleich betrachtet, obwohl sie es in Wahrheit nicht sind,
Während also der Krystall 2 der einfachste ist, zeigen die
beiden anderen 1 und 3, bei gleichem geometrischen Charakter,
in den Flächen m und u physikalisch verschiedene Theile, also
eigenthümliche Symmetriegesetze, und diese Verschiedenheit,
obwohl bei 3 scheinbar grösser, ist dennoch bei 1 eine tiefer-
gehende, weil sie hier von anderen wesentlichen Unterschieden,
krystallographischen und optischen, begleitet ist.
Wir sind gewöhnt, an den Krystallen mehr die geome-
trischen Charaktere als die übrigen physikalischen Eigenschaften
in Betracht zu ziehen und. ihre wichtigsten Unterschiede zu-
nächst aus den ersteren zu entnehmen, die in vielen Fällen
unfähig sind eine Aenderung zu erleiden, ohne dass nicht
gleichzeitig das System dadurch ein anderes würde. Dieser
37
Umstand ist offenbar ein Hinderniss für die richtige Auffassung
der hier betrachteten Erscheinungen. Wir müssen uns fortan
gewöhnen die geometrischen Eigenschaften der Krystalle als
den Ausfluss der physikalischen zu betrachten und zugestehen,
dass die Gruppirung der Krystalle in sogenannte Systeme,
die auf geometrische Verhältnisse basirt sind, dem Fortschritt
der Wissenschaft zwar lange Zeit förderlich, jetzt gleichsam
hinderlich ist und durch eine mehr natürliche Methode ersetzt
werden muss.
Die Polysymmetrie ist nicht blosse Formenähnlichkeit
zweier Typen der nämlichen Substanz, sondern der Ausdruck
evidenter Thatsachen. Wenn sich nämlich die Krystalle eines
Typus in die des anderen umwandeln, so liegen die ent-
sprechenden Flächen fast genau parallel, es sind, geometrisch
genommen, dieselben Flächen, und die Identität der Formen
ist in dem Sinne, wie sie hier aufgefasst wird, eine unbezwei-
felte Thatsache. Die Polysymmetrie ist vorhanden, sobald die
einem bestimmten Symmetriegesetz zufolge gleichartigen Theile
eines Krystalls verschiedene physikalische Eigenschaften an-
nehmen, ohne dass der geometrische Charakter sich ändert,
wiewohl derselbe dadurch verhullt werden kann, um so mehr,
als die entsprechenden Winkel nicht genau übereinstimmen,
eine natürliche Folge der physikalischen Differenzen, welche
bewirken, dass die Polyedrie sich an den Flächen in anderem
Sinne äussert. 4
Polysymmetrie ist die Eigenschaft gewisser
Körper, dieselbe Krystallform mit verschiedenem
Symmetriegesetz undverschiedenen physikalischen
Eigenschaften zu haben.
Wenn die Polysymmetrie blos in einer äusseren Ver-
schiedenheit der Flächen bestände, so wäre sie im Grunde
nichts als Mero@drie (Hemiedrie); allein die Verschiedenheit
ist eine tiefere, sie zeigt sich in der Aenderung des optischen
Verhaltens, in der Art, wie die Krystalle des einen Typus
durch eine Temperatur zerstört werden, welche die des anderen
nicht angreift, ferner in den Löslichkeitsverhältnissen, indem
die Krystalle des einen Typus sich unter denselben Umständen
auflösen, unter denen die des anderen sich vergrössern, über-
haupt in der grösseren Beständigkeit des einen der beiden
Typen, ;
38
In dem Angeführten liegt auch der Unterschied der Poly-
symmetrie und der Dimorphie; die Formen dimorpher Körper‘
stehen in keiner Beziehung zu einander, und wenn sich die
eine Form in die andere verwandelt, so liegen ‘die neuen
Krystalle regellos gegen die alten.
Die Aehnlichkeit der Formen gewisser dimorpher Körper
ist schon von MITSCHERLICH bei Gelegenheit des rhomboedrischen
schwefelsauren Kalis hervorgehoben worden. PastruRr*) sah
die Dimorphie als eine Anomalie der Krystallgesetze an und '
glaubte, man könne im Voraus sagen, welche Körper der Di-
morphie fähig seien, und welcher Art die zweite Form sein
werde. Hierin liegt die Idee, dass bei dimorphen Körpern die
Form eine Grenzform, ‘eine an der Grenze von zwei Systemen
liegende sei, deren eines der Substanz an sich zukommt, die
unter Umständen in das andere übergehen könne. Diese An-
sicht ist von Einigen verallgemeinert und auf alle Fälle der
Dimorphie ausgedehnt worden, freilich oft in sehr künstlicher,
gezwungener Weise, so dass die inneren Beziehungen zwischen
den Formen heteromorpher Körper, wenn solche sich in Zu-
kunft ergeben sollten, für jetzt sicherlich noch unbekannt sind.
Die Beispiele von Polysymmetrie finden sich bei künst-
lichen und natürlichen Krystallen. Zu jenen gehören das
schwefelsaure und das chromsaure Kali (zwei- und sechsglie-
drig), der zweifach weinsteinsaure Strontian mit 5 Aequivalenten
Wasser (zwei- und eingliedrig und eingliedrig) und das zwei-
fach traubensaure Natron (zweigliedrig und eingliedrig). Unter
den Mineralien Orthoklas und Albit, die Glimmer (zwei- und
eingliedrig und sechsgliedrig), die als Harmotom, Phillipsit,
. Gismondin u. s. w. bezeichneten (regulären, vier- und zwei-
gliedrigen) Verbindungen **), Leadhillit und Susannit (zwei- und
sechsgliedrig), Mesotyp und Skolecit (zweigliedrig und zwei-
und eingliedrig). Die vorliegende Arbeit betrifft hauptsächlich
die künstlichen Verbindungen.
Die Polymorphie (Dimorphie), welche von der Polysym-
metrie sich wesentlich unterscheidet, wurde insbesondere am
schwefelsauren Nickeloxyd mit 6 Aequivalenten Wasser unter-
sucht. Bei diesem Salze sowohl als bei dem in Kalkspath
verwandelten Aragonit von Cianciana in Sicilien und dem mit
*”) Ann. Ch. Ph. XXIII. (1848) Recherches sur le dimorphisme.
**) S. den Aufsatz über die Polyedrie.
39
Schwefelkies überwachsenen Markasit von Liebnitz bei Karls-
bad findet sich keine regelmässige Lagerung der Krystalle
späterer Bildung gegen die ursprünglichen, ja man kann nicht
einmal mit Sicherheit von einer Umwandlung bei den Kry-
stallen des Eisenbisulfurets sprechen.
Schwefelsaures Kali.
Winkelmessungen. Die Gegenwart von schwefel-
saurem Natron bis zu einer gewissen Menge ist kein Hinderniss ı
für die Bildung zweigliedriger Krystalle und hat auch keinen
Einfluss auf die Winkel derselben, denn sehr kleine Unter-
schiede von einigen Minuten beobachtet man selbst an Kry-
stallen aus einer und derselben Auflösung. Es wurden Mır-
SCHERLICHS Messungen zur Grundlage genommen, da kein
Anlass vorliegt, andere für genauer zu halten. Für die sechs-
gliedrigen Krystalle genügt eine einzige Messung, namlich C:m
(Taf. I. Fig. 2.), welche an drei sehr glänzenden Exemplaren
aus neutralen und sauren Flüssigkeiten und mit verschiedenen
Mengen schwefelsauren Natrons, 123° 44’ — 43’ — 42 gab,
wovon die erste Zahl merkwürdig genau mit dem Mittel aus
C:m und (©: : der zweigliedrigen Form übereinstimmt.
Zweigliedrige Krystalle Sechsgliedrige Krystalle
Fig. 1. Fig. 2.
e.:» : = 150°.12’ E,115:0;
Bus 150,0 e :0 =.,150% ©:
e:0 = 149 48 E20‘
Be 120: 12 0:0 |
Eur este 48 ed ve
£ ol SL 120 24 2 Seht | — 120 0
EN N BR) 0:0"
en: = 3143:,5,6 Cın 25
Ge 143,116 Ci ae
Ga 123:59 CEDEl:
Glas — 193 49 A 5
GiseiaEMN 4 Cır = 14 3::58
> u u 145 16 B rd
A nn En
an bl ;8 m Se
== 150.55
u:m.= 130 42 m m
a. ea5:l, 89:86 at ai tu
0’ ec" = 90 24 o' . ed" Fa 90 0
40
Beide Arten von Krystallen sind deutlich spaltbar nach C.
Verschiedenheiten beider Arten von Krystallen
durch veränderliche Ausdehnung der Flächen, Bei
den zweigliedrigen Krystallen sind die Flächen « und » stets
grösser als m und n, oft weit mehr als die Figur andeutet,
und der Durchmesser ww’ pflegt drei- bis viermal so gross als
& zu sein. Bei den sehr häufigen Zwillingen, die leicht für
rhomboedrisch gehalten werden können, pflegt umgekehrt m
grösser als u zu sein, letzteres auch wohl ganz zu fehlen.
-Die sechsgliedrigen Krystalle sind deutlich hemiedrisch (rhom-
boedrisch); besonders wenn die Auflösung sauer ist, erscheint
das Dihexaeder m (Taf. I. Fig. 2.) als zwei Rhomboeder m
und u (Taf. I. Fig. 3.), von denen m meist kleiner, aber glatt
und glänzend, u grösser, gekrummt und matt ist. Oft sind
auch die Kanten uC durch ein anderes Rhomboeder v abge-
stumpft. Krystalle aus neutralen Lösungen zeigen überhaupt
noch mehre Rhomboeder, nämlich die stumpferen n und v und
die schärferen r und o, während bei ihnen m und u selbst
sich. nicht unterscheiden. Solche flächenreiche Krystalle ent-
stehen besonders in Auflösungen, die sehr viel schwefelsaures
Natron enthalten. Die Flächen v sind gewöhnlich, n und r
aber immer matt. Aus einer Reihe von Versuchen ergab sich,
dass aus neutralen Auflösungen bei mässigem Gehalt an Natron
blos die Rhomboeder m und u erscheinen, bei Zunahme des
Natrons n und r hinzutreten, während u unregelmässig ge-
bogen ist und bei noch mehr Natron auch » mit starker Po-
lyedrie auftritt. 5
Zwillinge. Die zweigliedrigen Krystalle verwachsen
nach zwei Gesetzen: 1) Zwillingsfläche ist eine Fläche des
rhombischen Prismas e (Zwillingsaxe senkrecht auf e); 2) Zwil-
lingsfläche ist o (Zwillingsaxe senkrecht auf o).
l) Die Verwachsung von zwei Individuen zeigt Taf. I.
Fig. 4., von dreien Taf. I. Fig. 5., die Zwillingsgrenzen sind
parallel den Karten mu, m/w u. s. w. und je nach der Aus-
dehnung von m und u entstehen bald einspringende Winkel
uw, uw (Taf. I. Fig. 5.) oder sehr stumpfe ausspringende
mu, wm, mu” u. s. w. (Taf. I. Fig. 6.) Zwillinge vom An-
sehen einfacher Krystalle, bei denen das’ zweite Individuum
als ein dunnes Blättchen eingeschoben oder durch eine feine
Nath angedeutet ist (wie beim Aragonit), kommen gleichfalls
41
vor, nicht minder Verwachsungen gleichen Ansehens von drei
Individuen (wie beim Kupferglanz ete.), deren äusseres An-
sehen sehr mannigfaltig ist, wobei aber immer die stumpfen,
nie die spitzen Winkel des Prismas e ‘im Mittelpunkt der
Gruppe liegen. !
Die wichtigsten Zwillingswinkel sind
ee 92024
er: eu 3119 12 (unten)
OR L2 (unten)
ww er13l12
im: m =>130"12
m = 30)
2) Nicht minder häufig sind die Verwachsungen nach o,
bei denen (Taf. I. Fig. 7.) die Zwillingsgrenze durch die
Flächen mm, senkrecht zu den Kanten me und m’e geht. Im
einfachsten Fall stossen die m des einen du welche
sich längs der Zwillingsebene an die m’ des anderen legen,
mit diesen unter 179° 20° zusammen, welcher Winkel an einem
Ende dem oberen der Figur) ein ausspringender, am anderen
ein einspringender ist. In gleicher Art bilden die e und die €
der beiden Individuen Winkel von 179° 12".
Indessen kommen Zwillinge dieser Art, soweit sich beob-
achten liess, nur in Gemeinschaft der zuvor erwähnten vor,
und jene Figur ist also nur eine ideelle; der Habitus solcher
Verwachsungen und die mögliche Art und’ Weise derselben
wurden speeciell untersucht und mitgetheilt.
Die sechsgliedrigen Krystalle wurden keine Zwillinge
bilden können, denen die Endfläche C' gemein wäre, wenn sie
nicht rhomboedrisch wären, und auch in diesem Fall würde
die Zwillingsbildung sich nicht erkennen lassen, wenn nicht u
durch seine Beschaffenheit (Polyedrie) von m sich unterschiede.
Am häufigsten sieht man die Erscheinung wie in Taf. I. Fig.8.
a und b, welche die beiden Enden eines Krystalls vorstellt.
Die u, W, w sind wellenförmig; gestreift und immer, auch
wenn sie eben und glänzend sind, in ihrer Lage von den m
bald um einige Minuten, bald um einen oder mehre Grade ab-
gelenkt. Die Zwillingsgrenzen verlaufen genau parallel den
Endkanten der sechsseitigen Pyramide, obwohl sie sich an
beiden Enden nicht vollkommen entsprechen und auf den
- Seitenflächen unsichtbar sind. Darstellungen rhomboedrischer
42 s
Zwillinge geben die Taf. I. Fig. 9—12; diese Krystalle hatten
sich aus sauren Auflösungen gebildet und waren stets Aggregate,
in welchen jedes der beiden Individuen eigentlich aus mehren
parallel liegenden besteht und eines unregelmässig in das
andere eingreift. Kurz es sind ähnliche Erscheinungen, wie
sie der Quarz darbietet.
Vergleicht man die rhombischen und die EN
Zwillinge mit einander, so tritt ihre ‘Verschiedenheit leicht
hervor. Bei jenen ist die Zwillingsaxe senkrecht auf e oder o
und die diesen Flächen entsprechenden Zwillingsgrenzen sind
in ihrem ganzen Verlauf immer deutlich, nie überschreiten sie
die Masse des einen Krystalls. Bei den rhomboedrischen
Zwillingen fehlt die Zwillingsgrenze, und die Zwillingsaxe
hat in ihrer Lage nichts Beständiges, da sie ebensowohl senk-
recht auf C als auf einer der Seitenflächen e gedacht werden
kann. |
Phosphorescenz. H. Rose beobachtete dieselbe be-
kanntlich an dem rhomboedrischen Salz in dem Augenblick,
wo die Krystalle sich absetzen. Der Verfasser fand, dass die
Lichterscheinung eintritt, wenn jene sich unter der Flüssigkeit
aneinander reiben oder wenn sie mit einem harten Körper ge-
rieben, mit einer Stahlspitze geritzt oder auch wenn sie rasch
erwärmt werden. Allein nicht immer erhält man aus gleich-
beschaffenen Auflösungen phosphoreseirende Krystalle, aus
solchen mit freier Schwefelsäure niemals, aus Mischungen von
schwefelsaurem Kali und kohlensaurem Natron die meisten.
Es ergab sich ferner, dass nicht einzelne Theile der Krystalle
dies Vermögen in besonderem Maasse besitzen, sowie dass
keine Beziehungen zwischen ihm.und der Zwillingsbildung
stattfinden. Wenn derartige Krystalle, aus der Flüssigkeit ge-
nommen, feucht oder abgetrocknet, beim Einwerfen in kochendes
Wasser oder beim Erhitzen phosphoresciren, so besitzen sie
diese Eigenschaft nicht mehr, wenn sie zuvor BiniSe Tage auf-
bewahrt waren.
Chemische Zusammensetzung. Dieselbe we
durch Bestimmung des Gehalts an Säure ermittelt, die relative
Menge beider Alkalien darnach berechnet. Indem die Probe
mit der doppelten Menge Chlorbaryum geschmolzen und die
Masse mit warmem Wasser behandelt wurde, liess sich bald
ein klares Kiltrat erhalten.
j
43
1) Zweigliedrige Krystalle aus einer Auflösung, die
75 Theile schwefelsaures Kali gegen 34 Theile wasserfreies
schwefelsaures Natron (d. h. 2 Aequivalente gegen 1 Aequi-
valent) erhielt.
Rhomboedrische Krystalle &
2) Wie Taf. I. Fig. 2, aus 2 Theilen Kalisalz und 1 Theil
Natronsalz (3 Aequivalenten KS gegen 2 Aequivalente NaS$ ent-
sprechend).
3) Desgl. aus 1 Theil Kalisalz und 2 Theile Natronsalz
(Aequivalentverhältniss = 3: 8).
4) Krystalle wie Taf. I. Fig. 3, aus saurer Auflösung, die
mehr Natron als Kali enthielt.
9) Sechsseitige Prismen aus 4 Theilen schwefelsauren Ka-
lis und 3 Theilen Chlornatriums.
6) Desgl. aus einer Auflösung, die etwas mehr als 1 Theil
kohlensauren Näatrons gegen 2 Theile schwefelsauren Kalis
enthielt.
7) Desgl. aus 1 Theil schwefelsauren Kalis gegen 2 Theile
kohlensauren Natrons.
8) Rhomboedrische Tafeln aus gleichen Theilen schwefel-
sauren Kalis und salpetersauren Natrons. Analyse b von ei-
nem spätern Anschluss.
Zweigliedrige ale
R.
Schwefelsaures Kali 97,1
Schwefels. Natron 2,9
Rhomboedrische AR
lau 0. .0,.822 85
Schwefelsaures Kali 76,2 76,4 75.5 76,1 79,1 79,0 84,0 84,7
Schwefels. Natron 23,8 23,6 24,5 23.9 20,9 21,0 16,0 15,3
No. 2 bis 5 ist ungefähr = 2NaS + 5KS; No. 6 u. 7
= 3NaS+ 10KS; No. 8 = 2NaS- 9KS
Aus den Analysen folgt, dass der Natrongehalt der rhom- _
boedrischen Krystalle veränderlich ist und nicht sowohl von
dem der Flüssigkeit als von der Gegenwart anderer Säuren
abhängt. _
Bildung und Umwandlung beider Arten von
Krystallen. Reine Auflösungen von schwefelsaurem Kali
geben unter allen Umständen nur zweigliedrige Krystalle; die
44
Gegenwart von Natron ist die einzige nachweisbare Ursache
der Entstehung der rhomboedrischen Krystalle. Um aber diese
Wirkung zu haben, muss das Mengenverhältniss von Natron
und Kali (bei einer Temperatur von 15 bis 28 Grad) min-
destens = 1:2,5 = 2:5 sein. Vermischt man 1. Theil (was-
serfreien) schwefelsauren Natrons mit etwas mehr als 2 Theile
schwefelsauren Kalis, so erhält man nur zweigliedrige Krystalle.
(Bei dem Gewichtsverhältniss der Salze von 1:2 würde das
von Natron und Kali = 1:2,4 = 2,04:5 sein.) Auch eine
Mischung von 1 Theil kohlensauren mit etwas weniger als
2 Theile schwefelsauren Kalis giebt dasselbe Resultat (1 Theil
Carbonat und 2 Theile Sulfat ergeben das Verhältniss von _
Natron : Kali = 1:1,9 = 2,7:5). Bringt man in krystallrechte
Auflösungen dieser Art einzelne zweigliedrige und rhomboe-
drische Krystalle, so wachsen beide gleichzeitig fort, jedoch
nicht lange, weil dadurch das Verhältniss beider Alkalien in
der Flüssigkeit sich fortwährend ändert und das des Natrons
grösser wird. In Folge dessen erfolgt die Zunahme der zwei-
gliedrigen Krystalle immer langsamer, dann hört sie auf; von
diesem Zeitpunkt ab fangen sie sogar an sich wieder aufzu-
lösen, wogegen die rhomboedrischen Krystalle sich fortdauernd
vermehren, bis das Verhältniss des Natrons zum Kali = 8:5
ist; später krystallisirt schwefelsaures Natron (Glaubersalz)
allein.
Unter anderen Bedingungen ist aber das Mengenverhältniss
der beiden Alkalien nicht in gleicher Weise maassgebend fur
die Bildung der Krystalle. So erhält man bei Temperaturen
über 25 Grad und Gegenwart freier Schwefelsäure zweiglied-
rige Krystalle des reinen Kalisalzes sogar dann, wenn Natron
und Kali = 8:5 sind. Ueber 35 Grad, wenn die Menge des
Natrons mehr- als die doppelte von der des Kalis ist, schiesst
zuerst wasserfreies schwefelsaures Natron an. Den Erfolg
von Temperaturen unter 15 Grad konnte der Verfasser nur wenig
beobachten.
Zweigliedrige Krystalle von schwefelsaurem Kali lösen
sich in Flussigkeiten auf, die beide Salze in dem Verhältniss
enthalten, dass das Natron halb so viel oder mehr beträgt als
das Kali, und dies geschieht auch selbst wenn sie so con-
centrirt sind, dass sie für sich krystallisiren. Dabei steht die
Schnelligkeit des Auflösens im Verhältniss zur Menge des
45
Natrons. In gleicher Art lösen sich rhomboedrische Krystalle
in der gesättigten Aufiörung von reinem schwefelsaurem Kali
oder in Flüssigkeiten auf, die höchstens ; Natron enthalten,
und die Auflösung erfolgt um so schneller, je weniger Natron
die Flüssigkeiten (oder je mehr Natron die Krystalle) ent-
halten.
Es ist sehr bemerkenswerth, dass das schwefelsaure
Ammoniak, obwohl isomorph mit dem schwefelsauren Kali,
keine rhomboedrischen Krystalle giebt, wenn seine Auflösung
schwefelsaures Natron enthält.
Dagegen verhält sich das chromsaure Kali wie das
Sulfat. Neutralisirt man eine Auflösung von zweifach chrom-
saurem Kali mit kohlensaurem Natron, so erhält man rhom-
boedrische und optisch einaxige Krystalle, welche zu
den gewöhnlichen zweigliedrigen des chromsauren Kalis die-
selbe Beziehung haben wie die der Sulfate, deren Form auch
die ihrige ist. Die Leichtlöslichkeit dieser Salze und die
Formverzerrung der Krystalle erschwert jedoch genaue Unter-
suchungen. |
Orthoklas und Albit.
Die Aehnlichkeit und die Unterschiede beider in den
Winkeln sind allgemein bekannt, ebenso die Erscheinung, dass
Albitkrystalle gewisse Flächen des Orthoklases bedecken und
dabei unter sich parallel gestellt sind. Der Verfasser beob-
achtete an derartigen Verwachsungen von Elba, dass die
analogen Flächen beider Mineralien eine parallele Lage haben,
wie die der beiden Formen des reinen und des natronhaltigen
Kalisulfats. Die Albite sind durchscheinend und zeigen in der
Horizontalzone starke Polyedrie, die bei dem Orthoklas fehlt;
sie finden sich fast ausschliesslich auf den Prismenflächen
(T) .des letzteren. Aehnlich ist das Vorkommen von Straskau
in Mähren.
46
Zweifach weinsteinsaurer Strontian
mit 5 Aequivalenten Wasser.
Sr0.2C'H?0° 4 5aq.
Der Verfasser hat schon früher gezeigt, dass dieses Salz
bei gleichem Wassergehalt zwei- und eingliedrig und ren
krystallisirt.“)
Taf. I. Fig. 13. u. 14. sind Durchschnitte der zwei- und
eingliedrigen Form.
Taf. I. Fig. 15. u. 16. stellt die eingliedrige dar.
Jene sind nach C, diese nach X vollkommen spaltbar.
Folgende Uebersicht der gemessenen Winkel giebt die
Aehnlichkeit beider Formen zu erkennen; die Flächen d und
s sind die hypothetischen Analoga von dundo und demgemäss
berechnet.
Zwei- und uehediie Krystalle Eingliedrige Krystalle
B.2d.7=, 144°45/,;. K:0 4a
>
C:», — 124 46 K.:n: 109 54
es. 192,48 K: 15 4
(rn = 1054 2 K:0 = 0 0
Go, 4193 47 K:o le
BES Ahnen K=:17zJ32 5
U:2..102:16 Ka.
©2402 16 K:e ABER
7
re. Ian
Die ebenen Winkel von C sind, der Rechnung nach,
112° 37’ und 67° 23’ die von K = 113° 7’ und 66" 53”.
*) Atti dell’ Accademia di Napoli I. 18635. — Der Verfasser hat
bei seinen Analysen nur den Gehalt an Strontian bestimmt. Wenn man
seine Resultate unter der Annahme Sr — 44 berechnet, so gaben
die eingliedrigen Krystale 22,11 pCt
22,94
im Mittel 22,32 pCt.
die zwei- und eingliedrigen 22,80 „,
23.08. 25,
; im Mittel 22,94 pCt.
Strontian. Die Formel
Sr0O.2C*H?0O5—- Dagq
verlangt: 22,71 Strontian, 57,64 Säure und 19,65 Wasser.
Da es sich um den Beweis der chemischen Identität beider Salze
handelt, dürfte man wohl wünschen, der Verfasser hätte sich nicht auf
die Bestimmung der Basis allein beschränkt. R.
47
Legt man die Krystalle Taf. I. Fig. 14 u. 16 in der be-
- zeichneten Stellung auf einander, so tritt die grosse Aehnlich-
keit beider, bei paralleler Spaltbarkeit, von selbst hervor. In-
dessen ist ©” stets kleiner als €‘, zugleich immer glatt und
glänzend, während ( etwas höckerig ist; auch vergrössert sich
der Krystall leichter von ©’ aus. Ebenso sind X und K’, ob-
gleich beide höckerig sind, es dennoch in verschiedenem Grade.
Desgleichen sind o und e sowohl wie p und r stark polye-
drisch im Sinne ihrer Zonen mit ©, während die analogen
Flächen der eingliedrigen Krystalle glatt und glänzend sind.
Die Parallelen der Flächen n, ® und e” fehlen bei letzteren,
wogegen in der Zone X’n und K’w die Flächen d, », r vor-
handen. sind, deren Analoga den zwei- und eingliedrigen
fehlen.
Beide Arten von Krystallen unterscheiden sich in der
Art ihrer Bildung und Zersetzung. Die eingliedrigen bilden
sich vorzugsweise leicht und sind sehr geneigt sich in die zwei-
und eingliedrigen zu verwandeln, während das Umgekehrte
nie erfolgt. Und während die ersteren schon bei 40 Grad
trübe werden und die Hälfte des Wassers (8,7 pCt.) verlieren *),
verändern sich die zwei- und eingliedrigen Krystalle selbst bei
100 Grad noch nicht. i
Die Polysymmetrie dieses Salzes häaugt weder mit der
Gegenwart oder dem Fehlen eines Bestandtheils noch mit
Temperaturverhältnissen zusammen, denn beide Formen bilden
sich in derselben Flussigkeit neben einander. _ Diese letztere
muss aber einen Ueberschuss an Säure enthalten (7 bis 10
Aequivalente), weil das Salz sich in Wasser in einfach wein-
steinsauren Strontian und Weinsteinsäure zersetzt; bei allzuviel
Säure erhält man wohl Krystalle des vierfach sauren Salzes.
Die Krystallisation erfolgt bei Temperaturen zwischen 10 und
30 Grad; bei höheren schiesst das Salz mit halbem Wasser-
gehalt an. Dabei wurden die Bedingungen in verschiedener
Weise modifieirt: 1) die Flussigkeit war so concentrirt, dass
sie schon Krystalle absetzte, bevor sie die Temperatur der
Umgebung erlangte; 2) sie war es in geringerem Grade, so
dass die ersten Krystalle erst nach einigen Stunden erschienen;
*=) [Die Hälfte des Wassergehalts beträgt 9,82 pCt und ist = 2} Aequi-
valenten, während 2 Aequivalente = 7,86 pCt sein würden. R.]
48
3) sie war noch weniger concentrirt, so dass die ersten Kry-
stalle nicht vor Ablauf eines Tages sich bilden konnten. Im
ersten Fall entstanden immer nur eingliedrige Krystalle, die
sich einige Tage vergrösserten und. vermehrten, und denen
Krystalle des vierfach sauren Salzes folgten. Im zweiten Fall
war der Erfolg derselbe, allein es entstanden später gewöhn-
lich auch mehr oder weniger zwei- und eingliedrige Krystalle;
In diesem Fall fuhren die früher gebildeten eingliedrigen in-
zwischen fort sich zu vergrössern und zu vermehren; war aber
die Menge der zwei- und eingliedrigen grösser, so hörte nach
einiger Zeit der Weiterbildung der anderen auf, ja diese lösten
sich allmälig wieder auf, während die zwei- und eingliedrigen
sich vergrösserten und schliesslich allein übrig blieben, was
am besten in bedeckten Gefässen bei etwas über 20 Grad
geschah. Bei sehr viel Säure kann es geschehen, dass beide
Formen verschwinden und durch Krystalle des vierfach sauren
Salzes ersetzt werden. Im dritten Fall sieht man oft einzelne
Krystalle beider Formen gleichzeitig anschiessen, aber obwohl
mitunter die zwei--und eingliedrigen früher auftraten, gelang
es doch niemals, dieselben frei von den eingliedrigen zu er-
halten. Taucht man in die Auflösung, die schon einige Kry-
stalle abgesetzt hat, einzelne der beiden Formen, so vergrössern
sie sich zu gleicher Zeit.
Sehr geringfügige Umstände müssen demnach die Bildung
der einen und der anderen begünstigen; die Versuche zeigen
nur, dass bei rascherem Anschiessen die eingliedrigen ent-
stehen.
Die eingliedrige Form verliert schon bei “gewöhnlicher
Temperatur Glanz und Durchsichtigkeit; besonders grössere
Krystalle erhalten nach mehren Wochen schon trube Stellen,
kleine halten sich oft zwei Monate unverändert, und es ist
dabei von keinem Einfluss, ob man sie offen oder luftdicht
eingeschlossen aufbewahrt. Der Gewichtsverlust, welchen sie
dabei erleiden, ist veränderlich und oft kaum bestimmbar.
Erwärmt man sie, nachdem sie vollkommen trübe geworden
sind, bis 40 Grad, so zerfallen sie nicht und geben auch nicht
die Hälfte des Wassers ab, wie sie es doch im frischen Zu-
stande thun. Hieraus folgt, dass das Trüubewerden eine Me-
tamorphose ist, durch welche sie sich in ein Aggregat zwei-
und eingliedriger Krystalle verwandeln; in der That vergrössern
49
sich die opaken Krystalle in einer Auflösung des Salzes mit
den Flächen und dem Typus der zwei- und eingliedrigen.
Benutzt maıi dazu solche, die nur trübe Stellen haben, so er-
. folgt der Prozess nur auf diesen.
_ Aber die Umwandlung geht auch, wie schon angedeutet,
in der Flüssigkeit vor sich, aus welcher beide Formen sich
abgeschieden haben, die zwei- und eingliedrigen Krystalle
dringen allmälig in die eingliedrigen ein, tiefe Höhlungen
von entsprechender Form in diesen bildend und sie nach und
nach verzehrend.
Die Art dieser Umwandlung Eee: Lak I, Biss, ER. un
drei verschiedenen Perioden deutlich zu machen. Es seien
die punktirten Linien e', X’, rn, oe” der Durchschnitt eines
ursprünglichen eingliedrigen Krystalls, an dem die trübe Stelle
M den Anfang der Metamorphose bezeichnet. Man denke sich
ihn nun in eine Auflösung des Salzes von richtiger Concen-
tration gebracht und mehrere Tage in derselben verweilend.
Die nächste Folge wird sein, dass M, welches als ein Aggregat -
sehr kleiner zwei- und eingliedriger Krystalle gedacht werden
muss, sich vergrössert, den eingliedrigen Krystall überragt und
in seinen Umrissen durch die punktirten Linien 0’, p, r, r", €
angezeigt wird. Nach Verlauf einiger Tage, in denen beide
Krystalle sich vergrössert haben, wird ihre Grenze durch die
gestrichelt - punktirten Linien, 0’, X’, m, 0" und O’p, r, r". C
zu bezeichnen sein. Durch den vergrösserten Umfang, den
der zwei- und eingliedrige Krystall jetzt erlangt hat, sieht man
offenbar, dass der auf dem eingliedrigen befestigte Theil sich
in gleicher Art vergrössert hat wie der freie, von der Flüs-
sigkeit bedeckte, und dass letzterer sein Anwachsen dem auf-
gelösten Salz, jener aber der Masse des eingliedrigen Krystalls
verdankt. Wieder ein späteres Stadium deuten die in Strichen
ausgezogenen Grenzen beider Krystalle an, wobei auch C über
- das Niveau von X hervorgetreten ist.
Diese Umwandlung unterscheidet sich von der, welche
die Krystalle von schwefelsaurem Kali zeigen, insofern als
bei letzterem die neuen Krystalle mit den alten in vollkomm-
nerem Zusammenhang stehen, während die des weinstein-
sauren Salzes eine blosse oberflächliche Berührung erkennen
lassen.
Zeits.d.d.geol.Ges XVII 1. 4
50
Zweifach traubensaures Natron.
Na.20'H?0°-1 3ag.
- Schon bei Gelegenheit der Polyedrie wurde zweier For-
men dieses Salzes Erwähnung gethan, die sich zwar auf den
ersten Blick unterscheiden, deren genaues Studium indessen
nicht leicht ist.
Taf..I. Fig. 18 stellt die eingliedrige Form dar;
Taf. I. Fig. 19 die zweite, welche entweder zwei- und ein-
gliedrig, oder nach Ansicht des Verfassers zweigliedrig-he-
miedrisch (nach Art des Humits) ist.
Die Spaltungsflächen sind bei beiden mit C bezeichnet.
Eingliedrige Krystalle. Zweigliedrige Krystalle.
(Fig. 18.) (Fig. 19.) |
Flächenbezeichnung:
A = 100 =e4108
Be=1 010 C:=:014
e7=7901 i= 01
er 101 Braga
o = 01T 2
v = 011 o —AMs
Se! v = 017
nn 121 &£ Aue
m = 311
Kantenwinkel:
Ms Si al 0 ee. =;
CHey "E13 00. as
Ober ka Beh 3 A
OD 08T EI
a A a a, Ci "= 100038
a Dr A C:m ='1067 3
a ur m'='122978
A a ein: re SEN
A:nN='116 4412 u:e = 109 24
Da CHA ENT
Axenverhältniss a:b:c =
1: 1,7477 :1,4369 1:0,5610 : 2,9887
Axenwinkel:
anbieeg #
|
Bee. 14:43
51
Der Verfasser bestimmte. lediglich. den ‘Gehalt an Natron
und erhielt aus den eingliedrigen Krystallen 16,29 pCt., aus
den zweigliedrigen 16,23 pCt. Natron. Die Berechnung der
Formel giebt 16,32 pCt.
Beide Formen zeigen nahe Uebereinstimmung der Winkel
I der Zone 0, ®, u, B,'0; resp. (, v,u,.P, 0; den. zwei-
gliedrigen fehlen die entsprechenden Flächen von A, e, n und
den eingliedrigen die entsprechenden von A, &, m, was so zu
sagen die nothwendige Folge des Symmetrietypus beider ist.
Beide sind aber häufig Zwillinge.
Die eingliedrigen Zwillinge, welche häufiger und
grösser als die einfachen Krystalle sind, kommen nach zwei
Gesetzen vor: 1) die Zwillingsaxe steht senkrecht auf C
(Taf. I. Fig. 20); meist greift der eine Krystall über die
Zwillingsgrenze hinaus in den anderen ein, so dass Durch-
wachsungen (Taf. I. Fig. 21 a. u. b.) entstehen; 2) die Zwil-
lingsaxe ist parallel der Zonenaxe BC; dieser Fall ist seltener
und bringt immer Durchwachsungen hervor (Taf. I. Fig. 22 a. u.
b. und 23), welche sich in der Regel mehrfach wiederholen.
Die Flächen o, B, u, v sind stark polyedrisch im Sinne
ihrer Zonenaxe; A ist, wenigstens bei den Zwillingen, immer
gewölbt.
Die zweigliedrigen Zwillinge sind im Gegensatz
seltener und kleiner als die einfachen Krystalle. Die Zwil-
lingsaxe steht senkrecht auf u (Taf. I. Fig. 24 u. 25); sie,
zeigen die Flächen u, welche den einfachen fehlen, wogegen
v, # und m an ihnen nicht vorkommen.
Die Umstände, unter denen sich beide Formen dieses
Salzes bilden, sind denen sehr ähnlich, die beim zweifach
weinsteinsauren Strontian gelten. Bei raschem Anschiessen
entstehen die eingliedrigen, bei langsamem die zweigliedrigen
Krystalle.
Ein „grosser Unterschied liegt aber rim) dass ihre Um-
wandlung in keiner Weise gelingt, dass bei Formen beim
Aufbewahren sich nicht verändern. Wenn aus einer Auflösung
blos eingliedrige Krystalle oder viele derselben mit wenigen
zweigliedrigen sich abgesetzt haben, so fahren beide langsam
fort sich zu vergrössern. Ueberwiegt aber die Menge der
zweigliedrisen, so fahren blos diese fort, sich zu vermehren,
indem die eingliedrigen nach und nach sanz verschwinden.
4 *
52
Schwefelsaures Nickeloxyd.
Dieses Salz krystallisirt sowohl mit 6 als mit 7 Aequi-
valenten Wasser.
Das Hydrat mit 7 Koyprialenten Wasser zeigt
immer eine zweigliedrige Form (die des Bittersalzes und
Zinkvitriols), nämlich langgestreckte, rhombische, fast recht-
winklige Prismen, durch die Flächen eines Rhombenoktaeders
zugespitzt. Sie sind smaragdgrun, erhalten sich in feuchter
Luft lange, werden aber sonst undurchsichtig.
Das Hydrat mit 6 Aequivalenten Wasser ist ein
schönes Beispiel von Dimorphie, da es ebensowohl viergliedrig
als zwei- und eingliedrig krystallisirt.
Die viergliedrige Form, Taf. I. Fig. 26, zeigt die
Klächen..A, — .100,.B = 010, m-— 110, » = 520,2 —UE
0,2 se —= all.
AB en A ze 130259
Bag ee 20 = 2a
* A ın ee A:o =12R 29
nu 112 24 0:0 = 110 49
Am 3111 3% A: = I
mim: -—= 102 94 u:u= % 55
Hieraus folgt das Axenverhältniss a:5 = 1: 0,5232.
Die Krystalle sind mehr blaugrün, spaltbar nach A und
unveränderlich an der Luft.
Die zwei- und eingliedrige Form Taf.I. Fig. 27 ist
eine Combination der Flächen A = 100, B = 010, e = 110,
vw —=:110,0o—= 210,» = 210, a = 01, m = 0a m
a DL: DL a 4102.
A:B:,,0924193 * Bap. = 12001
A202 "A:q = 131 4
A:u = 124 21 Big: — 20784
iA —,108.415 ga: = 105 57
Asm=:120..39 A:r = 111 40
Bm — 125 44 Bun 08
m 20 Fri
AD 1,05,82 Ars a a
; Bass
8-81, 32 TAB
Hieraus folgt @:b:c =1: 0,8259 : 0,6046; a:b = 80° 41”.
2 2 Sue
53
Die Krystalle sind smaragdgrün und spaltbar nach A.
Ein Vergleich beider Formen überzeugt, dass keine kry-
stallonomische Beziehung zwischen ihnen stattfindet.
Die chemische Gleichheit beider wurde durch die Be-
stimmung des Wassers und der Säure festgestellt.
"Gefunden Berechnet
, Viergl. Kryst. Zwei- u. eingl. Kryst. NiS-+ 6aq
Wasser 40,92 40,86 52 2402)
Schwefelsäure 30,89 80,82 40" 130,58
Nickeloxyd 31 20,29
| 7517 100°
Höhere Temperatur oder ein Ueberschuss an Säure be-
‚dingen die Entstehung des Hydrats mit 6 Aequivalenten Wasser;
niedere Temperatur und wenig oder keine freie Säure liefern
. die zweigliedrigen Krystalle mit 7 Aequivalente Wasser. Durch
Abänderung der Bedingungen werden die Resultate jedoch sehr
mannigfaltig. So kann man aus neutralen Auflösungen unter
34 Grad blos zweigliedrige Krystalle (mit 7 Aequivalenten
Wasser) , bei dieser Temperatur diese neben zwei- und ein-
gliedrigen, bei höherer letztere allein erhalten. Auch bei
sauren Auflösungen ist die Temperatur und die Menge der
Saure von Einfluss. Durch Zusatz von 1 Aequivalent der-
selben bilden sich bei 20 bis 26 Grad zuerst‘ zwei- und ein-
gliedrige, dann zweigliedrige Krystalle. Bei mehr Saure und
solcher Concentration, dass die Krystalle sich erst nach einigen
Tagen bilden, kann man alle drei Formen zugleich erhalten.
Nach einiger Zeit, während der die viergliedrigen immer
grösser werden, verschwinden die zwei- und eingliedrigen all-
mälig ganz. Während dem bleiben die zweigliedrigen unver-
ändert, wenn sie mit den eingliedrigen nicht in Berührung
waren. Wo dies aber der Fall ist, dringen die viergliedrigen
auch in sie ein und vergrössern sich auf ihre Kosten, wo-
gegen die zweigliedrigen und zwei- und eingliedrigen Krystalle
keine solche Wirkung auf einander ausüben, sondern sich blos
aneinander legen und unabhängig fortwachsen. Sind die Um-
stände sonst dieselben, ist aber die Concentration grösser, so
dass die Flüssigkeit beim Abkühlen krystallisirt, so entstehen
blos zwei- und eingliedrige Krystalle, denen bei weniger Säure
' zweigliedrige folgen.
Die viergliedrigen Krystalle können sich durch Metamor-
‚ Bun:
54
phose aus den zwei- und eingliedrigen bilden und beide können
aus den zweigliedrigen entstehen. Die letzteren, aus neutralen
Auflösungen erhalten, werden an der Luft stellenweise trübe,
zuletzt ganz undurchsichtig, sind dann im Innern körnig, ohne
dass sich bestimmte Formen erkennen lassen. Erwärmt man
sie aber auf 40 Grad, so gehen sie (unter Verlust eines Aegui-
valents Wasser) in die zwei- und eingliedrigen über, deren
Flächen unter Umständen erkennbar sind. Bleiben diese auf
Fliesspapier liegen, so erleiden sie abermals eine Verwand-
lung, nämlich in die viergliedrige Form. Die aus sauren Auf-
lösungen angeschossenen zweigliedrigen Krystalle gehen unmit-
telbar in viergliedrige über, wenn sie an der Luft trocken
werden und zwar um so schneller, je mehr Säure die Mutter-
lauge enthielt, so dass die eingeschlossene und die anhängende
Säure von wesentlichem Einfluss zu sein scheint,
Die Metamorphose der zwei- und eingliedrigen Form in
die viergliedrige erfolgt in verschiedener Art. Ist sie in neu-
tralen Auflösungen über 385 Grad gebildet, so werden die
Krystalle, aus der Flüssigkeit herausgenommen, sehr bald un-
durchsichtig, wiewohl einzelne Stellen sich öfter dauernd klar
erhalten. Im frischen Zustande ohne deutliche Spaltbarkeit,
zeigen sie an den veränderten Stellen unterbrochene Spaltungs-
richtungen in verschiedenster Lage, offenbar die Folge ihrer
Umwandlung in regellos gelagerte viergliedrige Krystalle.
Grössere zwei- und eingliedrige Krystalle aus saurer Auflö-
sung verwandeln sich in wenig Tagen vollständig in vierglied-
rige, aber auch hier liegen diese unter sich und gegen den
ursprünglichen Krystall. ganz regellos. Wenn sich die zwei-
und eingliedrigen Krystalle in sauren Aufiösungen langsam
gebildet haben, so sind sie viel beständiger, als wenn dies
rasch oder in neutralen Flüssigkeiten erfolgte.
Die allgemeinen Schlusse, welche der Verfasser aus seinen
Untersuchungen zieht, sind folgende:
Wenn die geometrische Form der Krystalle einer Substanz
dieselbe bleibt, das Symmetriegesetz aber in Folge einer Aen-
derung der physikalischen Eigenschaften ein anderes wird, so
besitzt die Substanz „‚Polysymmetrie.”
Polysymmetrische Substanzen haben zwei wesentliche Ei-
genschaften: 1) die Flächen und Spaltungsrichtungen der
55
beiden Typen sind vollkommen analog; 2) bei Aneinanderla-
gerung derselben sind die analogen Flächen einander parallel.
Diese beiden Eigenschaften unterscheiden polysymmetrische
Substanzen von polymorphen (heteromorphen, dimorphen).
Bei allen aber ist eine Form beständiger als die andere.
Die Ursache der Polysymmetrie ist bei den verschiedenen
Substanzen verschieden, gleichwie die der Polymorphie. Zu-
weilen bilden sich in derselben Flüssigkeit gleichzeitig poly-
symmetrische Krystalle von verschiedener Symmetrie oder di-
morphe Krystalle von geometrisch verschiedener Form.
56
2. Bemerkungen zu Scacchi’s Abhandlung über die
Polysymmetrie und zu der von Des Cloizeaux über
die Pseudodimorphie.
Von en C. Rammeısgere ın Berlin.
Der Begriff der Dimorphie oder allgemeiner gesagt
der Heteromorphie setzt die Identität der chemischen
Natur derjenigen Substanz voraus, an welcher zwei oder
mehre krystallonomisch unvereinbare Formen beobachtet werden.
Schon oft hat man versucht, diese Eigenschaft der Körper in
Abrede zu stellen, indem man z. B. die beiden Formen des
Schwefels, des kohlensauren Kalks u. s. w., als ableitbar von
einander darstellte. Allein dadurch wurde nichts gewonnen,
denn man erlangte dadurch nur eine, noch dazu oft sehr ge-
zwungene geometrische Analogie der Formen und uber-
‚sah die physikalischen Unterschiede, welche sich äusserlich in
dem Symmetriegesetze der Krystalle, innerlich in der Wirkung
der-Molekule auf das Licht u. s. w. aussprechen.
In letzter Zeit hat Scacchı gefunden, dass einige Sub-
stanzen in zwei Formen krystallisiren, welche einem verschie-
denen Symmetriegesetz unterworfen sind, d. h. verschiedenen
Krystallsystemen angehören, verschiedene physikalische Eigen-
schaften besitzen, dennoch aber geometrisch einander so nahe
stehen, d. h. entsprechende Flächen mit gleicher oder nahe
gleicher Neigung haben, dass man die Formen als gleiche be-
trachten muss. Er hat seine Beobachtungen am zweifach
weinsteinsauren Strontian, am zweifach traubensauren Natron
und am schwefelsauren Kali angestellt, und diese Erscheinung
Polysymmetrie genannt. Soweit die chemische Identität
der Substanz damit verknüpft ist, wird die Polysymmetrie sich
zunächst an die Heteromorphie anschliessen, allein dies gilt
Di
nicht vom schwefelsaurem Kali. Die zweigliedrige Form dieses
Salzes ist durch MrTscHErLich sehr genau bekannt. Aber
bereits im Jahre 1843 beschrieb Derselbe rhomboedrische,
57
optisch einaxige Krystalle, welche nichts als schwefelsaures
Kali, namentlich kein Natron enthielten , obwohl letzteres in
der Kelplauge, aus welcher die Krystalle entstanden waren,
sich reichlich findet. MiTscHERLIcH hob aber zugleich hervor,
dass die Art und die Neigung der Flächen bei beiden Formen
sehr nahe dieselben wären, und dies ist gewiss der Grund,
weshalb er nicht von einer Dimorphie in diesem Falle spricht.
Die Angabe MiTscHERLIcH’s, die rhomboedrischen Kry-
stalle seien natronfrei, steht aber ganz isolirt; alle späteren
Untersuchungen haben darin einen ansehnlichen und wesent-
. liehen Gehalt an schwefelsaurem Natron gefunden; so insbe-
sondere PEexnsy und HAUER, und Scaccui selbst, welcher durch
Versuche das Verhältniss beider Alkalien feststellte, welches
erforderlich ist, wenn die Auflösung rhomboedrische Krystalle
geben soll. Indem Derselbe gleichzeitig die Phosphorescenz
des rhomboedrischen Salzes beim Anschiessen, Reiben u. s. w.,
gleich wie Penny längere Zeit vorher schon, beobachtete, wird
_ es im höchsten Grade wahrscheinlich, dass allen früheren Beob-
achtungen derselben am schwefelsaurem Kali das rhomboe-
drische Salz zum Grunde gelegen habe, so namentlich denen
von H.Rose, welcher ausdrücklich hervorhebt, dass beim Kry-
stallisiren des reinen Kalisalzes niemals eine Lichterscheinung
zu bemerken sei. Wenn damals (im Jahre 1841) die Form
des natronhaltigen Salzes für die des gewöhnlichen schwefel-
sauren Kalis gehalten wurde, so ist dies leicht erklärlich;
Winkelmessungen hätten den Unterschied beider Formen nicht
erkennen lassen.
Die Zusammensetzung des rhomboedrischen Salzes ist
nicht constant. Zieht man H. Rose’s Analysen hinzu, da sie
sich offenbar auf diese Form beziehen, so varürt der Gehalt
an schwefelsaurem Natron von 14 bis 35 pCt., immer aber
sind die Aequivalent-Verhältnisse beider Salze ziemlich einfach,
vielleicht noch einfacher als die Analysen ausweisen, da wohl
häufig Krystalle von schwefelsaurem Kali beigemengt waren.
2NaS + 3KS — 35,24 pCt. Na S H. Rose.
. NaS 4 3KS = 28,98 „» » Derselbe, GRANDEAUT.
DNaS -5KS=- Abl, „ Scaccm.
NaS + 3KS = 21,39 „ „, Pam, Haver, H. Rosk,
j | SCACCHI.
58
2NaS + 9KS = 15,35 pCt. Na8 Scacom.
NaS + 5KS = 14,04 5 GLADSTONE.
Häufig war die Analyse eine indirekte, die relative Menge
der Alkalien wurde aus einer Bestimmung der Säure berechnet,
und da nun die ganze Differenz des Säuregehalts nach den an-
geführten Formeln kaum 2,2 pCt. ausmacht (49,63 bis 47,43 pCt,),
“so durften schwerlich alle jene Formeln Geltung haben.
H. Rose hatte es unentschieden gelassen, ob die Krystalle
ein Doppelsalz von bestimmter und beständiger Zusammen-
setzung oder eine isomorphe Mischung der beiden Sulfate seien.
Das erstere wird jetzt durch die Analysen widerlegt; man muss
also annehmen, dass schwefelsaures Kali isomorph mit schwefel-
saurem Natron sei. Dies lässt sich auch hinsichtlich ihrer ge-
wöhnlichen zweigliedrigen Formen unbedenklich annehmen,
wie Hausmann schon längst bemerkt hat. Es bedarf also nur
der Annahme, dass auch bei beiden Salzen dieselbe physika-
kalische Differenz der Krystalle eintrete, welche sie zu sechs-
gliedrigen macht und die wir an der Mischung beider beob-
achten.
Die Sulfate von Kali und Natron sind also keineswegs
dimorph, und wenn die zweigliedrige Form des Kalisalzes und
die rhomboedrische des Kali-Natronsalzes als geometrisch gleich
sich herausstellen, so ist dies ein neuer Beweis fur ihre Iso-
morphie.
Die Erscheinung, welche am schwefelsauren Kali und
Natron unsere Aufmerksamkeit erregt, ist längst am Orthoklas
und Albit, dem Kali- und Natronfeldspath, bekannt. Die
Krystallform beider ist in geometrischer Hinsicht dieselbe; das
Symmetriegesetz ist aber bei ihnen ein anderes und deshalb
sind wir genöthigt, sie in verschiedene Systeme zu bringen,
wiederum ein Beweis, dass unsere krystallographische Syste-
matik für die Mannigfaltigkeit der Erscheinungen nicht genügt.
ScaccHuı betrachtet beide Feldspathe als polysymmetrische
Substanzen. Da aber die Krystallform des Albits dieselbe ist
wie die des Oligoklases, Labradors und Anorthits, so muss
die Polysymmetrie der ganzen Feldspathgruppe anerkannt
werden.
Wir sehen also, geometrische Gleichheit neben physika-
lischer Ungleichheit der Krystallform kommt vor: 1) bei der
nämlichen Substanz ( weinsteinsaurer Strontian); 2) bei ma-
59
teriell verschiedenen, stöchiometrisch _ gleichen Substanzen
(schwefelsaures Kali und schwefelsaures Kali-Natron); 3) bei
materiell und stöchiometrisch verschiedenen Substanzen (Feld-
spathgruppe).
Man hat oft Anstand genommen, Körper als isomorph
zu betrachten, die diese letztere Art der Polysymmetrie
zeigen, d. h. solche, die, wie man sich ausdrückt, blos geo-
metrisch isomorph sind; es hängt dies aber ganz und gar von
dem Umfange ab, den man dem Isomorphiebegriff giebt. Wir
sind nicht der Ansicht, dass die Isomorphie beschränkt werden
müsse auf Körper von gleicher chemischer Constitution, weil
wir die Anordnung der materiell verschiedenen Atome oder
Moleküle in einer Verbindung nicht als den Grund der Kry-
stallform ansehen können. Wir erblicken also in den Feld-
spathen ebensowohl wie in dem schwefelsauren Kali und Na-
tron isomorphe Körper und möchten wünschen, ScAccHI
hätte die Bezeichnung polysymmetrisch auf die Fälle beschränkt,
bei welchen die chemische Natur der Krystalle die nämliche ist.
Kann aber schon bei demselben Körper durch scheinbar
geringfügige Ursachen die Anordnung der Moleküle sich der
Art ändern, dass die Symmetrieverhältnisse und die physika-
lischen Eigenschaften sich modifieiren, so ist es leicht einzu-
sehen, dass dies bei materiell verschiedenen Substanzen, deren
Form theoretisch dieselbe sein sollte, noch leichter eintreten
werde, und deshalb glauben wir, dass Scacchts Entdeckung
der Polysymmetrie einer und derselben Substanz eine neue und
wichtige Stütze dafür ist, dass die zur Zeit geltenden soge-
nannten Krystallsysteme kein Hinderniss sind, zwei oder mehr
isomorphe Körper in verschiedenen dieser künstlichen Gruppen
zu finden.
Fast zu derselben Zeit, wo Scaccnı seine Arbeit über die
Polysymmetrie der Krystalle herausgab, erschien ein Aufsatz
von DEs CLo1zEAux,*) welcher zum Theil dieselben Erscheinun-
gen behandelt. Hier werden das zweigliedrige Kalisulfat und
_ das rhomboedrische Kali-Natronsulfat, gleichwie Orthoklas und
Albit als pseudodimorph bezeichnet. Gewiss ist dieser
Ausdruck unzweckmässig, da das Wesen der Dimorphie die
Gleichheit der -chemischen 'Natur der betreffenden Körper vor-
*) Ann. Chim Phys. IV. Ser. T. 1.
er \
aussetzt, die hier ganz und gar fehlt. Es ist überhaupt nicht
einzusehen, weshalb man den Begriff isomorpher Körper
nicht auch. bei diesen analog constituirten Verbindungen gelten
lassen will.
Bei den Alkalisulfaten und in der Feldspathgruppe gehören
die isomorphen Glieder zweien jener künstlichen Abtheilungen
an, die wir Krystallsysteme nennen. In der grossen und
wichtigen Augitgruppe stehen Glieder aus drei verschiede-
nen Systemen, wenn wir Des CLoIzEAux beipflichten. In einer
früheren Arbeit hatte ich gezeigt, dass die eingliedrigen For-
men des Rhodonits und Babingtonits nichts anderes als Augit-
formen seien, bei welchen das Symmetriegesetz derart modi-
fieirt sei, dass sie sich zu dem zwei- und eingliedrigen Augit
ebenso verhalten wie die eingliedrigen Feldspathe zum Ortho-
klas. Des CLoizEAux hat gefunden, dass bei den in Gesteinen
eingewachsenen kalkfreien Augiten, welche isomorphe Mischun-
gen der Bisilikate von Magnesia und Eisenoxydul sind und die
Struktur des Augits haben, dem Broneit (dessen eisenärmere
Abänderungen neuerlich als Enstatit bezeichnet wurden) und
Hypersthen, die Ebene der optischen Axen eine andere Lage
hat wie bei den übrigen Augiten, d. h. dass die kürzere Dia-
gonale des rhombischen Augitprismas oder unsere Axe b
in derselben: liegt und zugleich die Mittellinie im optischen
Sinne ist. Da nun bei den übrigen Augiten die optischen
Axen in einer auf jener senkrechten, d. h. in unserer Axen-
ebene acliegen, so trennt Des CLo1zzAux Broneit und Hypersthen
vom Augit und supponirt ihnen eine zweigliedrige Form.
Demzufolge würde die Augitgruppe Glieder aus drei verschie-
denen Krystallsystemen einschliessen.
‚Indessen würde DescLorzeaux’s Annahme, wenn sie ledig-
lich darauf beruhte, dass die Ebene der optischen Axen bei
jenen kalkfreien Gliedern der Augitgruppe eine andere Lage
hat, für die Annahme des zweigliedrigen Systems nichts ent-
scheiden. Aus seinen eigenen schönen Beobachtungen am
Orthoklas geht hervor, dass bei diesem Mineral, und zwar
sowohl beim Adular als beim Sanidin, die Ebene der optischen
Axen bald die Kristallaxe db, bald @ in ‘sich schliesst, dass
mithin bei dem nämlichen Körper die Orientirung der optischen
Axen um 90° verschieden sein kann. Und hier hat man es
mit ausgebildeten Krystallen zu ihun, während Broneit und
61
Hypersthen doch nur die inneren oder Spaltungsflächen beob-
achten lassen. Des CLoızEaux bemerkt: „Der Orthoklas hat
sehr merkwürdige optische Eigenschaften, insofern die Ebene
der optischen Axen bald in der Symmetrieebene (Axenebene
ac, zweite Spaltungsfläche) liegt, bald der Horizontalaxe b
parallel geht, (d. h. die optischen Axen können in Ebenen lie-
gen, die senkrecht zu einander stehen). Dabei ist die Mittel-
linie des spitzen Winkels stets negativ und senkrecht zur Axe b.
Der Winkel, den die optischen Axen unter sich bilden, ist
in den verschiedenen Stellen eines Krystalls verschieden,
und die Veränderungen, welche die Axen durch Erwärmung
erfahren, sind für Temperatur von 4—500 ° vorübergehend,
werden aber fur höhere Temperatur (Glühhitze) dauernd.
Am Mondstein von Ceylon und am Adular vom Gotthard
steht die Ebene der optischen Axen senkrecht zur Symmetrie-
ebene; dasselbe ist der Fall bei dem Sanidin aus dem Trachyt
vom Drachenfels uud vom Mont Dore. In den trüben oder
halbdurchsichtigen Parthieen der Krystalle ist aber die Orien-
tirung die entgegengesetzte. Der Sanidin von Wehr und Rockes-
kyll in der Eifel zeigt bald die eine, bald die andere Art der
Axenstellung.‘*
Hieraus folgt, dass die Krystalle des zwei- und einglied-
rigen Systems ihre beiden optischen Axen nicht nothwendig
in ihrer Symmetrieebene haben, dass auch bei ihnen, wie bei
den zweigliedrigen, zwei auf einander’ senkrechte Axenebenen
in optischer Hinsicht existiren.
Bei den übrigen Feldspathen ist, wie überhaupt im ein-
gliedrigen System, die Lage der optischen Elasticitätsaxen
gegen die Krystallaxen «a priori nicht gegeben, und bei ihnen
scheinen trotz grosser Aehnlichkeit im Allgemeinen doch auch
wesentliche Unterschiede vorzukommen, indem z.B. beim Albit
und Anorthit die Axenebenen und der Charakter der Mittel-
linien sich nicht entsprechen.
Handelt es sich also darum, aus optischen Gründen zu
entscheiden, ob ein Körper zweigliedrig oder zwei- und einglied-
rig sei, so genügt dazu nicht die Lage der Ebene der opti-
schen Axen, sondern die Untersuchung der Dispersion. In
zweigliedrigen Krystallen nämlich ist die Dispersion symme-
trisch um die Mittellinie herum, d. h. die Axen, welche den
verschiedenen Farben entsprechen, liegen in derselben Ebene
62
und haben dieselbe Mittellinie; alles ist symmetrisch rechts
und links von derselben, und eine senkrecht zur Axenebene
geschnittene Platte zeigt in einem Bündel weissen polarisirten
Lichtes die isochromatischen Kurven und die Ringe, welche
die beiden Axen umgeben, in voller Identität. Bei zwei- und
eingliedrigen Krystallen hingegen haben die optischen. Axen
der verschiedenfarbigen Strahlen nicht mehr nothwendig die-
selbe Mittellinie. Ist die Ebene der optischen Axen zugleich
die Symmetrieebene des Krystalls, so findet die Dispersion
oder Faarbenzerstreuung für alle Farben in dieser Ebene statt,
und zeigt sich theils in einer Verschiedenheit der mehr oder
minder elliptischen Form der Ringe, theils in einem Gegen-
satz der Farben der beiden Ringsysteme und derjenigen , welche
die beiden Hyperbeln einfassen, die man bei einer Lage der
Polarisationsebene von 45 ° sieht. Wenn die Ebene der op-
tischen Axen aber senkrecht gegen die Symmetrieebene steht,
so findet die Art der Farbenzerstreuung statt, welche Des
Croizzaux als horizontale Dispersion bezeichnet hat.
Den kalkfreien Gliedern des Augittypus, dem Broneit
nnd Hypersthen, entspricht der Anthophyllit, welcher dem
Hornblendetypus angehört, gleich jenen Magnesia und Eisen-
oxydulbisilikat ist und auch ihre Strukturverhältnisse wieder-
holt. Obwohl nun bei ihm ebenso wie beim Tremolit und
den übrigen Hornblenden die Ebene der optischen Axen die
Axenebene ac ist, so betrachtet Des CLoIzEAUx doch den An-
thophyllit als zweigliedrig, weil die Mittellinie bei ihm senk-
recht auf der Axenebene dc steht. Aber auch dies Verhalten
dürfte dem Wesen des zwei- und eingliedrigen Systems nicht
zuwider sein.
Bedürfte es noch eines Beweises, dass die Ebene der
optischen Axen in verschiedenen Krystallen einer Substanz
eine ganz verschiedene Lage haben kann, so bietet der Zoi-
sit einen solchen dar. Lange hat man die Form desselben
und die des Epidots für gleich gehalten, bis BROORE bewies,
dass beide verschieden sind, und dass der Zoisit nur eine
vollkommene Spaltungsfläche besitzt, welche die scharfen Kan-
ten eines rhombischen Prismas von 116 ° 16’ gerade abstumpft.
Indessen hat MiLLER die Krystalle doch als zwei- und einglied-
rig betrachtet. Des Cnoizravx zieht nun aus dem optischen
Verhalten der Zoisitkrystalle den Schluss, sie seien zweiglied-
°
63
rig (rhombisch), denn die Mittellinie der optischen Axen,
deren Ebene die Spaltungsfläche ist, steht senkrecht gegen
die stumpfe Kante des rhombischen Prismas. Aber während
dies bei den meisten Abänderungen (Salzburg, Baiern, Tyrol,
Steiermark, Kärnthen) der Fall ist, fand Dss OLoIzEAUx neuer-
lich an durchsichtigen Zoisitkrystallen aus Nordamerika und
an grauen von Grossarl die Ebene der optischen Axen senk-
recht gegen die Spaltungsfläche.
Aber auch für den Zoisit dürfte die Annahme zweiglied-
riger Formen, lediglich aus der Lage der optischen Axen ge-
folgert, keine Nothwendigkeit sein, um so weniger, als die
beobachteten Flächencombinationen weit mehr einen zwei- und
eingliedrigen Charakter haben. Ich glaube vielmehr, dass.
Zoisit und Epidot, wenn man ihren Krystallen eine passende
Stellung giebt, so dass die Spaltungsfläche des ersteren der
vollkommensten (M) des letzteren parallel ist, als krystallo-
nomisch abhängig in einem ähnlichen Sinn gelten können,
wie Augit und Hornblende.*) Da ihre Zusammensetzung, ab-
gesehen von dem Wechsel isomorpher Bestandtheile, dieselbe
ist, so wird dieselbe Ursache, welche den Formenunterschied
des Diopsids und Tremolits hervorbrachte, einen solchen auch
für Zoisit und Epidot zur Folge gehabt haben.
Wie man sieht, besteht das Wesentliche der Ansicht Des
CLoizEaux’s darin, dass analog constituirte Körper nicht immer
isomorph sind, wie man erwarten sollte, dass beim Auftreten
gewisser Bestandtheile eine geometrisch verschiedene Form
entsteht, und diese Erscheinung ist es eben, welche er, wohl
nicht sehr glücklich, als Pseudo - Dimorphie bezeichnet.
In der Gruppe der Bisilikate oder der augitartigen
Mineralien unterscheidet er
1) Enstatit, Broncit, Hypersthen als zweigliedrig,
mit einem rhombischen Prisma von 93 — 954°, nach dessen
Flächen und Diagonalen sie spaltbar sind. Dies sind also die
Bisilikate von Magnesia und Eisenoxydul.
2) Wollastonit, zwar zwei- und eingliedrig, aber in
Form und Struktur mit dem eigentlichen Augit unvereinbar.
Er ist bekanntlich das reine Kalkbisilikat. |
3) Pyroxen oder Augit im engeren Sinn, dessen Prisma -
*) Vergl. meine Bemerkungen in Pocc. Ann. Bd. 100 S. 133.
64
— 87° 5— 30’; spaltbar nach den Flächen und Diagonalen
desselben. Es sind dies isomorphe Mischungen der Bisilikate
von Kalk und Magnesia (Eisen- und Manganoxydul). |
4) Rhodonit. Eingliedrig, nur in einer Zone der Hori-
zontalzone der Pyroxene annähernd gleich. Es sind dies
solche Mischungen, in welchen das Bisilikat des Manganoxy-
duls vorherrscht, zu welchem die Bisilikate von Kalk und
Eisenoxydul (Pajsbergit), auch von Magnesia und Zinkoxyd
(Fowlerit) treten.
Des CLoizEaux nimmt demgemäss an, dass wenn in RSi
blos Magnesia (Fe) enthalten ist (Kalk fehlt), die Form zwei-
gliedrig sei, wenn Kalk allein, die besondere Form des Tafel-
spaths, wenn viel Manganoxydul, eine eingliedrige Form vor-
handen sei. Demnach würden Kalk und Magnesia nothwendig
sein für die eigentliche Augitform.
Wir haben in der Olivingruppe ein schönes Beispiel der
Isomorphie der Singulosilikate von Kalk, Magnesia, Eisen- und
Manganoxydul. Der Forsterit (Mg’Si), der Fayalit (Eisen-
frischschlacke = Fe? $i), der gewöhnliche Olivin (mMg? Si
+ nFe?Si), der Monticellit (Ca? $i+ Mg? Si), und der Tephroit
(Mn? Si, oft mit Mg’ Si oder Zn?Si gemischt) haben gleiche
Form, sind vollständig isomorph. Es wäre nicht zu begreifen,
weshalb die Bisilikate dieser Basen nicht ebenso vollkommen
isomorph wären. Insbesondere kann man nicht damit einver-
standen sein, dass die zwei- und eingliedrige Form des reinen
Kalkbisilikats, des Wollastonits, von der Augitform wesentlich
verschieden sei. \
Schon früher*) habe ich den Zusammenhang beider nach-
zuweisen gesucht, welcher am einfachsten hervortritt, wenn
man die von BRookE mit e?, von MILLER mit e, von Des
‘ CLoIzEAUXx mit e’ bezeichneten Flächen als das vertikale rhom-
bische Prisma (@:5:00c) betrachtet, dessen scharfe Kanten
durch eine Spaltungsfläche (h BRoOokE, a MILLER, p Des CLoIzEAux)
gerade abgestumpft sind, und die Fläche P Brooke (c MILLER,
h Des Cnorzkaux) als basische Endfläche ausieht. Jenes Prisma
ist dann das Augitprisma, seine Winkel 87 ° 26’ und 92° 34°
stimmen mit denen des letzteren nahe überein, wie denn über-
*) Pocs. Ann. Bd. 103 $. 282.
65
haupt die reich entwickelte Horizontalzone bei beiden das zwei-
fach schärfere Prisma aufzuweisen hat. Das Axenverhältniss
a:b ist demgemäss
beim Augit = 1,0943 : 1
„» .Wollastonit = 1,1144: 1
Grösseren Unterschieden begegnet man freilich in den
übrigen Zonen. In der Vertikalzone ist beim Wollastonit die
Neigung der Hexaidflächen a und ce = 110° 12’, beim Augit
— 106° 0°, ein Unterschied von fast 4°, der aber doch bei
isomorphen Körpern mehrfach vorkommt. Unter den Augit-
paaren des Wollastonits bilden die von Des CrorzeAaux d+ und
b* genannten ein zwei- und eingliedriges Oktaeder, welches
man am passendsten als Hauptoktaeder betrachtet (a: 5: c und
a’:b:c). Sein Analogon ist beim Augit nicht bekannt, allein
' das fach schärfere würde, wenn es vorkäme, jenem gauz
nahe kommen, denn die Kantenwinkel sind:
fa: b:3.e) fa :b:2c\
Wa :5:0J \d:5:3cJ
Wollastonit Ausit
Vordere Endkanten = 118°48’ 116527:6.
Hintere 5 ES Se 100 54
Seitl. > — .119:520 114 6
Seitenkanten = 105: 15 105 24
Oder es ist das Axenverhältniss
b:c beim Wollastonit = 1: 0,96617
b:2c ,, Augit = .1.:0,98503
Ferner sind die Zwillinge bei beiden nach demselben
Gesetz gebildet.
Was die Lage der Spaltungsflächen betrifft, so wird aller-
dings beim Wollastonit keine Spaltbarkeit nach dem Augit-
prisma angegeben, während sie nach den Hexaidflächen « und c
vorhanden ist, Winkel von 110 ° 12” bildend. v. KosELL und
PhuıLLıps fanden aber zwei Spaltungsrichtungen unter 95°
20 — 30’, wonach eine hintere schiefe Endfläche («4 Descuor-
ZEAUX) neben der Hexaidfläche « Spaltungsfläche sein würde,
gleichwie auch eine entsprechende vordere dieselbe Eigenschaft
haben soll. Man sieht also, dass dieser Punkt noch nicht
sicher untersucht ist, darf aber wohl aus dem Hervortreten
besonderer Spaltungsflächen , innerhalb einerisomorphen Gruppe,
E Zeits. d.d.geol Ges XVIL. 1. 5
66
kein Argument gegen die Isomorphie des einzelnen Gliedes
entnehmen. |
Des CLo1zEaux nennt Wollastonit und Augit pseudodimorph,
wir nennen sie isomorph, indem wir derjenigen Auffassung
des Isomorphiebegriffes huldigen, welcher alle krystallonomisch
möglichen Formen in Betracht zieht, anstatt sich auf die bis-
her beobachteten zu beschränken. |
Wie bekannt, enthält die Augitgruppe auch solche Glie-
der, deren Formen auf drei schiefe Axen bezogen werden
müssen. ‘ Es ist nicht bloss der von DESCLOIZEAUXx angeführte
Rhodonit, sondern auch der mit diesem ganz übereinstim-
mende Babingtonit. Man kann den Kıystallen beider, wie
ich ebenfalls früher schon gezeigt habe,*) leicht eine solche
Stellung geben, dass ihre Aehnlichkeit mit dem Augit zu er-
kennen ist. Die Winkel des Augitprismas sind dann 85 ' 30’
und 88°; der Werth der Axe a, beim Augit = 1,0942, ist
beim Rhodonit =: 1,1580
„„ Babingtonit = 1,1174
Die Neigung der Axenebenen ab und be, welche beim
Augit 106°, beim Wollastonit 110 ° beträgt, ist bei jenen
111° 8’ und 112° 12’, und die sonst beobachteten Flächen
sind derart, dass die Axe c, beim Augit = 0,591,
beim Rhodonit = 1,8292
„ Babingtonit = 1,8205,
also nahe dreimal so gross, als bei ersterem (auch nahezu
doppelt so gross als beim Wollastonit) anzunehmeu ist.
Beim Rhodonit (und Fowlerit) ist die Spaltbarkeit wie
beim eigentlichen Augit, nur vollkommener nach den Hexaid-
flächen als nach dem Augitprisma, und beim Babingtonit ver-
schwindet letztere überhaupt.
Der Babingtonit gehört nach meinen Untersuchungen zu
derjenigen Abtheilung der Augitgruppe, in welcher das Bisili-
kat des Eisenoxyds in isomorpher Mischung mit den Bisilika-
ten der Monoxyde auftritt, welche hier Kalk-, Eisen- und
Manganoxydul sind. Es liegt also nicht in dem Ueberwiegen des
Mangansilikats, wie Des CLoIzEAux annimmt, dass die einglied-
rige Form des Augits hervortritt, sondern wir haben es hier
mit einer Isomorphie zu thun, welche über die Grenzen eines
*) A. a. O0. 8. 357.
67
Krystallsystems hinausgreift, wie innerhalb der Feldspath-
gruppe.
Zu den seltensten Phosphaten gehört der Wagnerit nach
Fuc#s’s und meinen Analysen MgFl + Me’ P. Levy be-
‚schrieb die Krystallform als zwei- und eingliedrig, während
MILLER gezeigt hat, dass sie eingliedrig sei. DrvitLLe und
Carox haben in neuerer Zeit dieses Mineral künstlich dargestellt;
zugleich haben sie die Chlorverbindung und eine Chlor und
Fluor, sowie Magnesia und Kalk enthaltende, gleich zusam-
mengesetzte Mischung erhalten. Nach Des CLo1zEAux stimmt
die Form aller dieser Körper mit der des Wagnerits überein,
welche er jedoch für zwei- und eingliedrig hält. Das Prisma m,
welches beim Wagnerit = 95 ° 25’ ist, hat bei den künstlichen
Verbindungen 96 ° und 94° 40’. Dagegen hat die reine Chlor-
und Kalkverbindung, CaCl -- Ca’P, welche Devirır und
Carox ebenfalls darstellten, nach Des CLo1zraux zweigliedrige
Formen unter denen das vertikale rhombische Prisma 96 ° 40’
hat. Auch diesen Fall rechnet er seiner Pseudodimorphie hinzu,
und vergleicht die Kalk- und Magnesiaverbindung und deren
Mischung mit dem Wollastonit, Broneit und Diopsid.
De
68
=
3. Bemerkungen zu dem Aufsatze des Herrn 6. Rose:
Ueber die in den Thonschiefern vorkommenden, mit
Faserquarz bedeckten Eisenkieshexaeder.
Von Herrn G. Tscaervmak ın Wien.
In der genannten Mittheilung hat Herr G. Rosz die Rich-
tigkeit meiner Beobachtung bezweifelt, welche ich in Bezug
auf die Formen des im Thonschiefer von Recht auftretenden
Faserquarzes anstellte, indem er sagt, dass ‚‚wohl nur die Vor-
liebe für eine vorgefasste Meinung in der Form des auf dem
Eisenkiese sitzenden Faserquarzes zuweilen einige Aehnlichkeit
mit der des Gypses erkennen kann.“
Darauf erlaube ich mir zu entgegnen, dass ich meine
frühere Angabe vollständig aufrecht halte, welche lautet: „Man
bemerkt daran (an dem Faserquarz) auch Umrisse von Gyps-
krystallen und Zwillingen; einige Messungen durch Visiren
mit dem Anlegegoniometer auf günstig gelegene Stücke bestä-
tigen diess.“‘*) Ferner bemerke ich, dass die von mir damals
gegebenen Zeichnungen, ‚welche einige der Umrisse des Faser-
quarzes darstellen, ganz richtig seien. Wenn nun auch nicht
alle Partien von Faserquarz, welche in jenem Thonschiefer vor-
kommen, so deutliche Formen zeigen, so sind doch die von
mir beobachteten Fälle genügend, mich zu hindern, der An-
nahme des Herrn G. Rose beizustimmen, welcher meint, dass
an- der Stelle des Faserquarzes früher Hohlräume gewesen
seien, welche durch den Absatz dieses Minerals erfüllt wurden;
Ich glaube auch, dass die oft sehr deutlich schiefprismatischen
Umrisse jenes Faserquarzes andere Beohachter wenigstens da-
- von überzeugen werden, dass früher Krystalle vorhanden waren,
an deren Stelle der Quarz trat.
%) Sitzungsberichte der Wiener Akademie Bd. XLVI, S. 488.
69
4. Vergleichende Uebersicht der vulkanischen Erschei-
nungen im Laacher See-kebiete und in der Eifel.
Von Herrn H. v. Decuen ın Bonn.
Die erloschenen Vulkane in der Umgebung des Laacher
See’s und in der Eifel liegen so nahe beisammen, dass sie, aus
einem allgemeineren Standpunkte als dem der örtlichen Un-
tersuchung betrachtet, wohl zu einer und derselben Gruppe
gezählt werden können. In vielen Beziehungen stimmen sie
so sehr mit einander überein, dass weder die Form der vul-
kanischen Thätigkeit, noch die Produkte derselben eine Tren-
nung derselben rechtfertigen dürften. In anderen Beziehungen
zeigen beide Gegenden aber auch ganz bestimmte Verschieden-
heiten. Die vulkanische Thätigkeit hat sowohl am Laacher See
als in der Eifel, im Vergleich mit anderen Vulkan-Gebieten, nur
geringe Massen an die Oberfläche gebracht. Die Anfänge der
vulkanischen Ausbrüche sind ganz besonders in der Eifel an
vielen Stellen sichtbar geblieben, da sie nicht durch wieder-
holte, spätere Ausbrüche verschüttet uud bedeckt worden sind.
Nur an einzelnen Punkten ist eine Reihenfolge gleichartiger
Ausbrüche erfolgt und in einem Theil des Laacher See-Ge-
bietes lassen sich verschiedenartige ältere und jüngere vulka-
nische Produkte unterscheiden, von denen die jüngeren in der
Eifel fehlen. Während die Vulkane in dieser letzteren Gegend
sich durch die grösste Einfachheit in ihren Formen und in
ihren Produkten, durch einen einzigen Ausbruch an jeder ein-
zelnen Stelle mit sehr wenigen Ausnahmen auszeichnen, zeigt
ein Theil der Vulkane im Gebiete des Laacher See’s einen
weiteren Fortschritt in der Entwickelung ihrer Thätigkeit, in-
dem jüngere Ausbruche mit verschiedenartigen Produkten die-
jenigen bedeckt haben, welche denen der Eifel gleich sind.
Die Vulkane der Eifel sind aber deshalb von besonderer Wich-
tigkeit, weil sie die Anfänge der vulkanischen Thätigkeit, nur
70
durch die mehr oder weniger zerstörenden Einwirkungen an
der Oberfläche verändert, darstellen.
Die Vergleichung beider Gegenden soll in dem Folgenden mit
einer Uebersicht der Oberflächenbeschaffenheit und der Höhen-
verhältnisse beginnen. Daran werden sich zunächst Betrach-
tungen über die Beziehungen der Vulkane zu dem die Grundlage der
Gegend bildenden Sedimentär- Gebirge und der Vulkane zu den
Trachyten anschliessen, welche in einiger Entfernung von den-
selben auftreten, dann wird die gegenseitige Lage der einzel-
nen Ausbruchstellen, die verschiedene Form der vulkanischen
Ausbrüche und ihrer Massen, die Beschaffenheit der vulkani-
schen Produkte, die Reihenfolge der Ausbruche und die -Zer-
störung der vulkanischen Massen durch Erosion betrachtet
werden. Den Schluss sollen einige Angaben über die Sauer-
quellen und die Kohlensäure - Entwickelungen in beiden Gegen-
den bilden.
Oberflächen-Beschaffenheit und Höhenverhältnisse.
Im Gebiete des Laacher See’s finden sich die vulkanischen
Partien besonders auf den die Tbäler des Brohlbachs und der
Nette einschliessenden Höhen und in diesen Thälern selbst.
Dieselben überschreiten gegen Norden nicht das Thal des
Vinxtbachs und gegen Süden reichen sie nur an einer Stelle
bis an das linke Ufer der Mosel, wenn von der weiteren ober-
flächlichen Verbreitung des Bimssteins und des grauen daruber
liegenden Tuffes abgesehen wird. Diese Bedeckung reicht an
der Mosel aufwärts bis Hatzenport und am Rhein bis Boppart.
Auf der rechten Seite des Rheins kommt der Bimsstein und
graue Tuff in derselben Ausdehnung wie auf der linken Seite
vor und erstreckt sich dann in kleineren und vereinzelteren
Ablagerungen bis in die Gegend von Marburg.
An den Zuflussen der Nette, besonders in der Nähe des
Nitzbachs treten die beiden nördlichsten vulkanischen Punkte
der Hohen-Eifel: der Niveligsberg und das Doppelmaar von
Boos auf.
Die Vulkanreihe der Vorder -Eifel wird von der Uess,
der Alf, der Lieser mit ihrem Zuflusse der kleinen Kyll und
von der Kyll durchschnitten, welche sich zwischen Alf und
Ehrang in die Mosel ergiessen.
Die vulkanischen Punkte der Hohen -Eifel liegen zum
7
Theil im Gebiete der Uess. Der Mosbrucher Weiher giebt
einen Hauptzufluss zu derselben. Der Kreuzberg liegt nahe
daran, der Hommerich nicht viel weiter entfernt. Der Abfluss
des Uelmer Maars geht durch den Ollenbach in die Uess.
Innerhalb der Vulkanreihe der Vorder -Eifel wird dieser Bach
auf der rechten Seite von Wollmerath bis Strotzbüsch und auf
der linken Seite bei Kenfus und Bertrich von vulkanischen
Partien begleitet. Auf dem Rücken zwischen der Uess und
der Alf liest das Pulvermaar mit den vielen dasselbe umge-
benden Maaren, der Alf ganz nahe der Wartgesberg bei Strohn.
Der Errensberg, der höchste Schlackenberg der Vorder-Eifel,
gehört theilweise dem Gebiete der Lieser an. Er erhebt sich
auf dem Rücken zwischen diesem Bache und der Kyll, nicht
fern von der Wasserscheide gegen die Ahr. Von diesem Berge
an folgen der Lieser auf ihrer linken Seite der Firmerich, auf
dem Rücken gegen die Alf der Mäuseberg mit den beiden west-
liehen Maaren von Daun, weiter abwärts der Pfennigsberg und
der Hasenberg bei Trittscheid. Auf der rechten Seite der
Lieser liegen der Gossberg, Riemerich, Nerother Kopf, die
vulkanischen Berge um Uedersdorf, der Bürberg bei Schutz,
das Meerfelder Maar und der Mosenberg bei Manderscheid,
die beiden letzteren Punkte noch auf der rechten Seite der
kleinen Kyll, ' die einen Zufluss der Lieser bildet. Dem Ge-
biete der Kyll gehören die vulkanischen Punkte vom Goldberge
bei Ormont, über den Gossberg bis zum Errensberge, so wie
auch bis zum Eigelbach und Kopp bei Birresborn an. Das
Ahrgebiet greift vom Rädersberg bei Brück über den Dreiser
Weiher bis zum Hangelsberg und den Nord-Ost- Abhang der
Kyller-Höhe zwischen Hillesheim und Walsdorf in die Vul-
kanreihe ein. Der Döhm, Kalenberg und ÖOhrenberg liegen
auf dem Rücken, welcher die Wasserscheide zwischen Ahr
und Kyll bildet.
So weit dieses Gebiet von dem Laacher See bis zu den
Aussersten vulkanischen Punkten der Vorder-Eifel von den
Schichten der unteren Abtheilung der Devonformation (oder
den Coblenzschichten) eingenommen wird, zeigt die Oberfläche
eine schwach wellenföormige Form, langgedehnte Rücken mit
‚ sanfter Abrundung gegen die Höhenlinie. Von dem wasser-
theilenden Rücken dieses Gebietes fallen die Schluchten und
Thäler anfänglich mit schwacher Neigung ab. Je weiter sie
2
sich von den Höhen entfernen, um so tiefer schneiden sie
ein; schnell in dem kurzen Laufe des Vinxt- und Brohlbachs,
so wie der Nette nach dem Rheine hin, langsamer in dem
viel längeren Laufe nach der Mosel hin. Die Länge des Lau-
fes der Uess, der Lieser und der Kyll nimmt in: dieser Rei-
henfolge beträchtlich zu und ‘die Einmündungsstellen dieser
Bäche in die Mosel liegen dabei ihrem Gefälle entsprechend
immer höher. Mit dem tieferen Einschneiden der Thäler und
Schluchten werden die Abhänge derselben steiler und die
Bildung der Felsen nimmt immer mehr zu. Die steil geneigten
Schiefer- und Sandsteinschichten werden an den Abhängen in
den verschiedensten - Richtungen blossgelegt, bilden Kanten,
Grate und Riffe, welche sich von den Höhen bis zur Sohle
der Thäler hinabziehen. Gleichzeitig verändert sich der sanft
gekrummte Lauf der Bäche in kürzere und engere, oft nahe
in sich selbst zuruckkehrende Serpentinen. In diesen ist der
innere Abhang immer der steilere, der gegenüberliegende con-
vexe Abhang dagegen der flachere. Eine lange schmale Rippe
zieht sich oft nach und nach abfallend in den Bogen hinein,
die sich an ihrem Ende nochmals zu einem abgerundeten Kopfe
erhebt, nicht selten mit der Ruine einer alten Burg gekrönt.
Die Sohle dieser Thäler ist eben, gewöhnlich sehr schmal, -
besonders da, wo die Abhänge sich hoch und steil erheben
und schneidet scharf, ohne allmäligen Uebergang am Fusse
der Gehänge ab. Das Alfthal macht davon eine bemerkens-
werthe Ausnahme. Der obere Lauf desselben von der Ein-
mundung der von Mehren herabkommenden Schlucht bis zu
den Muühlen- unterhalb Strohn ist ungemein breit, nicht sehr
tief eingeschnitten, dann folgt eine kurze durch vulkanische
Massen eingefasste Thalenge. Das Thal wird wieder breiter,
wenn auch nicht in dem Maasse, ‚wie weiter oberhalb bis zu
der Hontheimer Muhle. Von hieraber nimmt das Thal immer
mehr den oben angedeuteten allgemeinen Charakter der in dem
Unter- Devon eingeschnittenen Thäler an mit steilen felsigen
Abhängen und schmaler Sohle. Die weiteren Veränderungen
dieses Thales, wo dasselbe das Unter-Devon auf eine an-
sehnliche Strecke verlässt, liegen ausserhalb des Bereiches
der Vulkane.
Das Brohlthal zeigt von Burgbrohl an bis zur Einmün-
dung in den Rhein ebenfalls eine Eigenthümlichkeit, die sich
713
‚an keinem anderen dieser Thäler wiederholt. Die Abhänge
sind durch eine sehr deutliche Stufe unterbrochen , welche
bald auf beiden Seiten, bald nur auf der einen oder der an-
deren Seite ausgebildet ist. An dem oberen Theil der Ab-
hänge über der Stufe tritt das Unter-Devon unbedeckt hervor,
während der untere Theil aus einem vulkanischen Konglome-
rate oder Tuffe besteht, dessen obere Fläche mit der Stufe
zusammenfällt.
Das Nettethal tritt oberhalb Plaidt aus dem Unter-Devon
hervor und schneidet in vulkanische Tuffe ein, welche die
gegen den Rhein hin ausgedehnte Fläche bedecken. Das
Thal wird hier von einem niedrigen Rande begleitet. Die
Form desselben ist ganz wesentlich verändert, nichts erinnert
an das enge, von felsigen Abhängen eingeschlossene Thal
zwischen Ochtendung und Mayen.
Das Kyllthal durchschneidet innerhalb des vulkanischen
Gebietes den Devonkalkstein von: Rockeskyll bis Lissingen.
Die Felsenbildung an den Thalabhängen ist ganz verschieden
von derjenigen, welche die Schiefer- und Sandsteinschichten
des Unter- Devon zeigen. Häufig wechseln senkrechte Felsen
von tiefen Furchen und offenen Klüften durchzogen mit flachen
Abhängen ab. Einzelne Felsgruppen treten in schroffen Kegeln
oder wie Thüurme und Mauern hervor.
In dem Gebiete der Kyllhaben die vulkanischen Ausbrüuche
auch in dem Buntsandstein stattgefunden, welcher das Unter-
Devon und den Devonkalkstein abweichend überlagert. Die
Kyll selbst hat sich in den flach gelagerten Schichten des
Buntsandsteins von Birgel bis Bewingen ein breites Bett ge-
graben. Die Höhen dieser Formation zeigen in den geraden
Linien ihrer Scheitel, dass sie aus nahe horizontalen Schich-
ten zusammengesetzt sind. In der isolirten Partie des Bunt-
sandsteins, welche den Heidkopf bei Buscheich bildet, erhebt
sich die vulkanische Dietzerlei und der Krökelberg. Im Ge-
biete der Lieser bedecken die Tuffe des Meerfelder Maars die
horizontalen Schichten des Buntsandsteins.
Der Löss findet eine weite Verbreitung in dem Gebiete
des Laacher See’s. Wo derselbe die Höhen des Unter-Devon
bedeckt, verschwinden die wellenförmigen Rücken, welche
sonst dieser Formation eigen sind, und es stellen sich schwach
geneigte oder horizontale Flächen ein. In dem Becken ‘des
74
Rheinthals zwischen Andernach und Coblenz ist der Löss sehr
verbreitet und hier wie an den Abhängen bedeckt derselbe
viele vulkanische Massen und wird seinerseits wieder von
Bimsstein und den grauen Tuffen bedeckt. Gegen die Mosel
hin verbreiten sich Gerölllagen, darüber der Löss von Coblenz
bis gegen das Elzthal, so dass das Unter-Devon nur in den
Thaleinschnitten und deren Abhängen hervortritt, Die schwach
geneigte, weit ausgedehnte Fläche des Maifeldes wird vom
Löss gebildet. ‘
Als die tiefste Basis der Erhebungen im Gebiete des
Laacher See’s ist der Rhein von Fornich bis Coblenz zu be-
trachten. Der Nullpunkt des Pegels bei Fornich liest 155 Par.
Fuss und bei Coblenz 178 Fuss*) über dem Nullpunkt des
Pegels zu Amsterdam. Der Nullpunkt des Pegels an der
Mosel bei Gondorf 203 Fuss.
Dagegen sind die tiefsten Punkte in den Thälern der Vul-
kanreihe der Vorder-Eifel: die Uess unter der hölzernen
Brücke bei Bertrich 497 Fuss (Mündung der Alf zu Alf in die
Mosel 283 Fuss), die Alf unter der Brücke an der Strasse von
Coblenz nach Trier 946 Fuss, die kleine Kyll an der Neu-
mühle zwischen Manderscheid und dem Mosenberge 776 Fuss;
die Kyll, 25 Ruthen oberhalb der neuen Brücke in Birresborn
1016 Fuss. r
Der Unterschied in der Höhenlage der Basis für die Vul-
kane am Laacher See und in der Vorder - Eifel beträgt zwischen
342 und 813 Fuss und zeigt zugleich, dass die Thäler den
vulkanischen Bezirk der Vorder-Eifel in sehr verschiedenen
Höhen, mit einem Unterschiede von 619 Fuss verlassen.
Die Thäler in dem Gebiete des Laacher See’s, welche
als die nächst gelegenen Tiefpunkte der einzelnen Vulkan-
Ausbrüche betrachtet werden können, zeigen folgende Höhen:
der Vinxtbach am untersten Hause von Gönners-
dorf, nahe an dem unteren Ende des vom
Bausenberge kommenden Lavastromes . . . 347 Fuss
die Einmündung der Vinxtbachs in den Rhein
bei Rheineckiuiniveliis Y Jets Fe Te Eee
der Dürrenbach, der bei Oberzissen in die Brohl
*) Sämmtliche folgende Höhen sind in Pariser Fuss über dem Null-
punkt des Pegels zu Amsterdam angegeben,
75
einmundet, an der Lochmuhle am Fusse des
Phonolithkegels von Olbrück. . . . 955 Fuss
die Einmündung der Brohl bei Brohl in den
Rhein. . . } ß KARIN 02
der Bach in Riöskpeshch \atehrer bei Mörkchl
wiesen in die Nette einmündet . . . 344850 „
die Einmündung der Nette in den er Nor
wied gegenüber . . er REIT
An der Nette sind tolgenid Pluikte für die Lage der Vul-
kane von Wichtigkeit:
Einmündung des Muhlbachs in die Nette unter-
halb Rieden . . . 962 Fuss
Einmündung des Ritsbackke in rate Net tte he
Schloss Bürresheim . . . BLEI,
die Nette unter der Brücke bei Me ei EUER 5
die Nette unter der Brücke zwischen Hausen
und Ochtendung . . . . > 20T,
die Nette unter der Brücke udn Ochten-
dmsumd®Plaiden anna 293947,
Der Nitzbach kommt aus der Ger des er elnarn
von Boos herab, die Einmündung des Krebsbachs in densel-
ben fällt mit is Mündung des Abflusses aus dem Maare zu-
sammen . . liter 363 Euss.
Diesen aikien das en Eifel schliessen sich zunächst
die Punkte im Gebiete der Uess an:
Abfluss des Mosbrucher Weihers am untersten
Hause von! Mosbrueh 1,3 nr 04 2 Sur 48g Russ >
Uelmer Maar, Wasserspiegel . . 2 ...2...1286 „,
Die Uess berührt die Vulkan -Partien der Vorder-Eifel
in der Nähe von Wollmerath.
Das Unterwasser der Heckenhof Mühle, ober-
halb der Brücke uber die Uess in der Strasse
von Lützerath uach Gillenfeld. . . . 1005 Fuss
die Uess zwischen dem Wetchert und dem Woll-
merather Kopf geschätzt zu . . 1060 „,
die Sohle der Alf unter der Brücke bei Möhrdn
in der Strasse von Daun nach Lützerath. . 1269
An der Lieser haben folgende Punkte ein besonderes
Interesse wegen der Nähe vulkanischer Erscheinungen.
Taeser unter der Brucke bei ‘Daun. 2° ty. 1165 Fuss
76
Lieser bei Gemund . . . . a uear2Rnss
Brücke uber die Lieser bei Widertiiaden Gesims-
stein an dem rechten untern Einsel rer
Lieser am Fusse des Hasenbergs bei Trittscheid 1050 ,,
Dem Gebiete der Lieser gehört der Puützborner Bach an,
welcher innerhalb der vulkanischen Berge seinen Ursprung an
der Wasserscheide gegen die Ahr nimmt und liegt dieser
Bach oberhalb Waldkönigen an der Mündung des Seitenthales,
nördlich vom Errensberge hoch. . ......... . 1520 Fuss
die kleine Kyll oder der Nerother Bach nimmt
an der Wasserscheide gegen die Kyll ihren
Anfang, gehört ebenfalls dem Gebiete der
Lieser an und hat in Neroth eine Höhe von 1468 _,,
bei Ober-Stadtfeld, 20 Ruthen oberhalb der
Brücke . . hr RER
Die Kyll tritt Bei Olars Beitinkseh in ih Yılkamaeiiieiie ein.
Spiegel der Kyll, 50 Ruthen oberhalb der Brücke
in der Strasse von Hillesheim nach Prüm . 1202 Fuss
Spiegel der Kyll, an der Einmündung des Gee-
serbachs unterhalb Pelm . . . srl:
Spiegel der Kyll, unterhalb der Mühle Ye Ge
rolstein.. . + 10T
In dem Gebiete des Kyıl ae Dleande Punkte bemerkens-
werth:
Sohle des Geeserbachs, am Wege von Gees nach
Kirchweilen.ssisc aa oe are er Is
Vereinigung der Bäche von Eieeniel und von
Essingen, oberhalb der Mühle . ... ....1334 ;
Aus dem Gebiete der Ahr sind folgende Tiefpunkte an-
zuführen, die in der Nähe vulkanischer Erscheinungen liegen:
Feuerbach, Abfluss des Dreiser Weihers, an der
Strasse von Dreis nach Oberehe. . . . 1352 Fuss
Walsdorf, Durchlass am Ost-Ende des Be
in der Strasse von Daun nach Hillesheim . 1490 ,„,
Die der Mosel zufallenden Thäler berühren daher die
vulkanischen Ausbrüche in folgenden. Höhenlagen:
die Uess von Mosbruch bis Bertrich von 1489 bis 497 Fuss
die Alf von Mehren bis zur Strasse von
Coblenz ;nach Trier von... kasr 1269. 9465
17
in dem Gebiete der Lieser von Wald-
königen bis unter Manderscheid von 1520 bis 776 Fuss
die Lieser selbst von Daun bis Tritt-
scheid von .-. a U
‘die Kyll von Ober- Bettingen bil Bir
resborn von. . . RER NS DDPTNSTOPONON
Die Thaleinschnitte in dsnt West-Theile des Laacher See-
Gebietes reichen mithin bei Kempenich nahe ebenso hoch wie _
die höchsten Tiefpunkte in der Vorder-Eifel.e Nur die Uess
und der Bach bei Waldkönigen übersteigen die Höhe des
Baches bei Kempenich um 159, resp. 170 Fuss. Dagegen
‘reichen die Thäler in der Gruppe des Laacher See’s sehr viel
weiter herab als in der Vorder-Eifel.
Die Höhen der mit Seen erfüllten Kratere, der Maare, der
Tiefpunkte des Bodens derselben, oder der Wiesen- und Sumpf-
flächen, welche die Stelle des Wassers eingenommen haben,
bieten in beiden Gruppen folgende Reihenfolge dar:
Laacher See, Wasserspiegel 847 Fuss, Seeboden 688 Fuss
Wehr Kesselthal, Mineralquellen, nahe am Ab-
Se a OO...
Krufter Ofen, tiefster Pünkt des Kesseithäles 9812
(Derselbe gehört eigentlich nicht hierher, da
er wohl den Schlackenkratern zuzurechnen,
von denen er sich’nur durch seine Grösse
unterscheidet.)
Mosbrucher Weiher (in der Hohen - „Bifen) ame 1922
9
WalsdorferiKesselthal'x(Ohrenberg). *. 0% ».21490°°,,
Weinfelder Maar, Wasserspiegel . . 1474
Seeboden 1160 ul
Diressen Weiher; Ablluss = .2....,.: „Mask J419,,
Dürre Maarchen . . : TION,
Maare von Boos, Abe in den Nitzbach, ch
Beslhiohen- iitelyun. ns. en un 1800,
Sirenen: Maar. =. Oi SIDE TERMIN MTOA8 ,,
Holzmaar#ttwyıe®, er @loallk...
Schalkenmehrener Mas: wäksereret ae 1500 „
Seeboden 1202 Fiss
Uelmer Maär (in der Hohen-Eifel) . . . . 1286
Eulvermaar ; Wäsgerspresel 1 1 SEAN 27I N,
Seeboden 972 Fuss
78
Gemünder Maar, Wasserspiegel . . =. .12...1246 Fuss
Seeboden 1055 Fuss |
- Risch, Abfluss bei Nieder-Immerath . ..... 1168 „,
Meerfelder Maar, Abflussgraben . » 2... 1056 „,
Die Höhen der Randberge dieser Maare, so weit sie aus
Tuffen bestehen und nicht zufällig damit zusammentreffende
Schlackenkratere ihre höchsten Stellen einnehmen, sind fol-
gende:
am Laacher See, dem Kloster gegenüber auf der
Nord- Ost- Seite des See’s. . .. 33611368
Die auf dem Rande befindlichen Ale
berge, Laacherkopf und Rotheberg sind
79
höher.
am Kesselthal von Wehr, die Höhe des Weges
von Wehr nach Rieden . . . : 1520.15;
am Mosbrucher Weiher überragt Ke au den
Rande befindliche basaltische Hohe Kelberg
mit 2074 Fuss den höchsten Tuffrand wohl
250. Fuss, so. dass..dieseriizu sinn Nauen,
geschätzt werden kann.
Mäuseberg zwischen dem Weinfelder und dem
Gemünder Maar, höchster Punkt auf dem Rande
beider Maare . . Hal: si;
der Sud-Rand des eier ei nördliche: von
Dockweiler . . . ee 6)
der Ost-Rand des rs a rrreet
Schnieberg, höchster Rand der Maare von Boos 1773
der Sud-Rand des Strohner Maars. . . 1368 7%,
der auf der Nord- Seite Belegene Römersbei
ist hoher
der Ost-Rand des Uelmer Maars . . .. ....1489
der West-Rand des Pulvermaars . . 2. .2...1478
der; Nord- Rand des Risch. .....!. nu wee sA2a
der Nord-Rand des Meerfelder Maars . . 1609
Die grossen Tuffmassen, deren Ausbruch nicht
nachweisbar sind, erreichen ihre grösste Höhe im Laacher
See- Gebiete in dem hohen Rücken des Gänsehals mit
1759 Fuss und in. der Vorder-Eifel im Höhefeld zwischen
Dockweiler und Waldkönigen mit 1933 Fuss.
19
)
Die Vergleichung der höchsten Punkte der Schlackenkra-
ter in beiden Gruppen zeigt folgende Verhältnisse:
in dem Laacher See-Gebiete in der Vorder -Eifel
Errensberg. . . 2126 Fuss
s Berteler (Scharte-
ber); nase Ne
Dungerheck- .. .. 2023...
Hangelsberg . . 1927 „
Ruremerichs.y,.. 2. „E849: >,
Felsbers Ki. .2.1836.. „,
Alteryossi... ..52..1826-.,
Hochsimmer . . 1768 Fuss
Forstberg . . . 1721
Feuerberg . . . 1682 „
Kalenberet >. j.:. 1628 ,,
Mosenberg. . . 1614 „
Rotheberg bei
Bash 2. ,..5157,5 5
Eismesich 4... 1314 _.,,
Wartgesberg . . 1495 „
Römersberg . . 1469 „,
MWelienlei- ..,,.5:41453
Krufter Ofen. „ 1443 „
Neeichert,. lu 2, Lala.ı
Ettringer Bellen-
N 1 YA SEE
Neikapk li. eu 1295-4,
Flasiehen +... 31262,
Facherberg . . 1254 „,
Kunksköpfe.. . 1081 „
Bausenberg . . 1056 ,„
Grosse-Wannen . 902 „,
Michelsberg . . 882 „
Keleukopf ai, 2870
Tönchesberg . . 76 „
Nickenicher ;
Weinberg". 2.68% ,, N
Diese Höhen im Laacher See- Gebiete reichen von 1768
bis 687 Fuss und bieten daher Verschiedenheiten von 1081
Fuss dar, während dieselben in der Vorder-Eifel von 2126
5
bis 1254 Fuss mit einem Writetgehieuk von 872 Fuss herab-
gehen.
Diejenigen Schlackenberge, welche keine atsgehildete
Kraterform zeigen, sondern Rücken und Kuppen bilden, zum
Theil aber an ihrem Fusse mit Lavaströmen in Verbindung
stehen, lassen ziemlich nahe dieselben Verhältnisse wahr-
nehmen:
in dem Laacher See - Gebiete in der Vorder -Eifel
i Nerother Kopf . 2000 Fuss
Gossberg bei
Walsdrt WR 1838
Gippenberg . . 1803,
Sassenberg . . 1759 ,,
Rother Himmerich
(Höhenberg) . 1733 „
Kylier Kopf SITZ
Sulzbusch‘ . =... 1691 Fuss
Schorchen . ®. = „1685 ;,
Hohe List >» een
Bongenberg in
Alteburg meer:
HahnfÜisselbenss 1629 5;
Warth ts’ .» .» eiisTeng,
Schöcken a ee 53972
Laacher Kopf. . 1414 „,
Nickenicher Hum-
merlich ,. . .. 12900
Wollmerather
Kopf. Vz
Falkenlei' . . „ter
Nickenicher Sattel 1273 „,
Camillenbere . . 1IM&
Herchenbas . .. 99a...
Fornicherkopt . 918 5
Nasibera 2...» gaar
Korretsbere ...°.9298 °,
Plaidter Humme-
richt MORE DON
Diese Höhen im Take See- Gebiete reichen von 1691
bis 909 Fuss, geben also nur einen Unterschied von 782 Fuss,
\
8
und sind ganz in den Höhen eingeschlossen, welche die Kra-
terränder darbieten. In der Vorder-Eifel reichen sie von
2000 bis 1276 Fuss mit einem sehr nahe gleichen Unterschied
von 724 Fuss,:und sind auch hier von den Höhen der Krater-
ränder eingeschlossen. Wenn auch diese angeführten Höhen-
messungen nicht ganz vollständig sind, so sind doch gewiss
die höchsten Punkte gemessen und wahrscheinlich auch die
niedrigsten, so dass die fehlenden nur die Reihe vervollstän-
- digen würden, ohne die Grenzen derselben zu verändern.
Nach den bisherigen Messungen sind 7 Kratere der Vorder-
Eifel hoher als der Hochsimmer, der höchste Krater im Laa-
cher See-Gebiete und ebenso sind. 6 Kratere dieses letzteren
Gebietes niedriger als der Facherberg, der niedrigste Krater
der Vorder-Eifel, während 6 Kratere des Laacher See - Gebie-
tes und 10 Kratere der Vorder-Eifel zwischen 1768 und 1254 Fuss
innerhalb eines Höhenunterschiedes von 514 Fuss fallen.
Von den Schlackenbergen der Vorder-Eifel sind 6 höher
als der Sulzbusch, der höchste Schlackenberg im Laacher See-
Gebiete, und in diesem letzteren sind 7 niedriger als der nie-
drigste in der Vorder-Eifel, dieFalkenlei, während 4 Schlacken-
berge des Laacher See-Gebietes und 8 der Vorder-Eifel
zwischen 1691 und 1276 Fuss innerhalb eines Höhenunter-
schiedes von 415 Fuss liegen.
Werden die Kratere und Schlackenberge, ‚welche gemessen
sind, zusammengefasst, so ergiebt sich, dass von den 24 Ber-
gen des Laacher See-Gebietes und den 31 Bergen der Vor-
der-Eifel 10 dieser letzteren höher sind als der höchste Berg
in dem Gebiete des Laacher Sees und dagegen in diesem
Gebiete 13 niedriger als der niedrigste Berg der Vorder-Eifel,
während 32 Berge aus beiden Gruppen zwischen 1768 bis 1254
liegen.
Der Durchschnitt der 10 höchsten Berge der
‘ Vorder-Eifel beträgt. . . .. tel. 210200996 Fass
der Durchschnitt der 13 iind Berge des
Laacher See-Gebietes . . . 916
2
‘ der Durchschnitt der 11 teen Bäbe e>
Laacher See-Gebietes . . . „uonnieree 1494
der Durchschnitt der. 21 nie Berge der
Mexderziitelilt 22 Asian! SB, Ra. 11088
Zeits.d.d geol. Ges. XVII. 1. 6
79
79
82
der Durchschnitt von 24 Bergen aus dem Gebiete
des Laacher Sees . . . . „nlordsabl ab ebs
der Durchschnitt von 31 rien aus ins Vorder-.
Bitch u all; 2. Sei
Im Durchschnitt sind ls die Kifätere und Schlackenberge
der Vorder-Eifel um 483 Fuss höher als diejenigen des Laa-
cher See-Gebietes. Diese absoluten Höhen geben aber keinen
Maassstab für die Grösse der Erscheinung der Berge, indem
sich diese nach der relativen Erhebung derselben über ihre
Basis richtet. In dieser letzteren Beziehung steht aber die
Gruppe des Laacher Sees der Vorder-Eifel nicht nach. Wenn
die Höhenlage der Basis berücksichtigt _wird, erscheinen die
Kratere und Schlackenberge des Laacher See-Gebietes relativ
ebenso hoch als diejenigen der Vorder- Eifel.
Beziehungen der Vulkane zu dem die Grundlage der Gegend
ER, bildenden Sedimentär-Gebirge.
Als Grundlage aller anderen Formationen in der Eifel and
am Laacher See sind die Schichten der unteren Abtheilung
des Devon, aus Thonschiefer, Sandstein und den mannig-
fachen Uebergängen derselben in einander bestehend, ganz all-
gemein verbreitet. Dieselben sind zum grössten Theile steil
aufgerichtet, besitzen sehr nahe übereinstimmende Streichungs-
linien N. 50° ©. und fallen in Mulden und Sätteln gebogen
nach entgegengesetzten Richtungen ein. zur
In der Eifel enthalten einige” der tiefsten Mulden dieser
Schichten die mittlere Abtheilung des Devon oder den Eifel-
kalkstein, welcher aus mächtigen und daher massig auftreten-
den Schichten von Kalkstein und Dolomit besteht und stellen-
weise hauptsächlich aus Korallen zusammengesetzt ist. Die
vulkanischen Massen treten mit den Eifelkalksteinen in der
Gegend von Walsdorf, Hillesheim, Essingen, Berlingen, Pelm,
Gees, Gerolstein und Lissingen in Berührung.
Gerade in dieser Gegend werden aber auch beide Abthei-
lungen des Devon von nahe horizontalen Buntsandsteinschich-
ten abweichend überlagert und diese letzteren sind bei Lam-
mersdorf, Bewingen,. Roth, Nieder- und Ober-Bettingen,
Auel und Steffeln von den Vulkanen durchbrochen worden.
In dem Gebiete des’ Laacher Sees fehlt der Eifelkalk-
stein und der Buntsandstein, dagegen findet sich in einem
.
83
Theile dieser Gegend eine Ablagerung von rheinischem Braun-
kohlengebirge, dem Mittel- Tertiär oder Oligocän angehörend.
Dieselbe ist besonders an den Abhängen einer Vertiefung von
Coblenz und Bendorf bis Andernach und Fähr entwickelt,
welche auf der linken Rheinseite bis in die Gegend von Mayen
flach ansteigt und sich nur nach und nach zu der Plateauhöhe
der unteren Abtheilung des Devon in der Eifel erhebt.
Diese Vertiefung in den Schichten der Devonformation,
durch welche gegenwärtig der Rhein strömt, bestand schon
vor der Ablagerung des Braunkohlengebirges, denn sie geht
an deren Abhängen bis zu einem sehr tiefen Niveau herab,
während sie sich anderer Seits, besonders in östlicher Rich-
tung nach dem Westerwalde hin, beträchtlich erhebt.
In der Nähe der Eifeler Vulkane, aber nicht mit densel-
ben in unmittelbarer Berührung findet sich eine sehr kleine
Ablagerung von Braunkohle zwischen Brockscheid und Eck-
feld an dem Pelmer oder Pellenbach, der der Lieser von ihrer
linken Seite zufällt.
Wenn auch das Braunkohlengebirge,, ebenso wie die un-
tere und mittlere Abtheilung des Devon und der Buntsandstein,
vielfach von den Vulkanen durchbrochen worden ist und die
ausgeworfenen und ausgeflossenen vulkanischen Produkte dar-
auf ruken, so steht dasselbe doch in einer anderen Beziehung
zu den vulkanischen Erscheinungen dieser Gegend als die zu-
letzt genannten Formationen. Es unterliegt nämlich keinem
Zweifel, dass der Anfang der vulkanischen Thätigkeit noch in
‘ der Periode des Mittel- Tertiäar, oder des Oligocän, oder wäh-
rend der Ablagerung des Braunkohlengebirges stattgefunden
hat. Dies Deweist der vulkanische Tuff, welcher in dem
Stollen von Bianchi bei Plaidt im Nettethale getroffen worden
ist, für die Gegend des Laacher Sees, und der Tuff des Buer-
berges bei Schutz so wie derjenige nördlich von Daun für die
Eifel, denn diese Tuffe enthalten Pflanzenreste, welche theils
ganz mit denen des rheinischen Braunkohlengebirges von Rott
am Siebengebirge übereinstimmen, theils denselben ganz analog
sind. Diese Feststellung des Anfanges der vulkanischen Thä-
tigkeit in beiden benachbarten Gegenden ist für viele Betrach-
tungen, welche sich daran anschliessen, von grosser Wichtigkeit.
Viele, ja wohl die meisten der Vulkan- Ausbrüche in diesen
Gegenden sind viel neuer als das Braunkohlengebirge und
6*
81
reichen bis’in eine Zeit herab, in der die Oberfläche derselben
nahezu ihre gegenwärtige Gestalt erlangt hatte. Es folgt
daraus, dass sich die vulkanischen Ausbrüche hier während
eines langen Zeitraumes fortgezogen und sich, wenn auch
nicht an denselben Stellen, oft wiederholt haben.
Die Verbreitung hochliegender Geschiebe, welche sich in
Terrassen bis zu dem Thale und dem Rinnsale des Rheines
hinabziehen, so wie des darüber gelagerten Lehmes und Löss
fällt theilweise mit dem Vulkan-Gebiete des Laacher-Sees zu-
sammen. Diese sehr neuen Ablagerungen sind, wie schon aus
dem Vorhergehenden sich ergiebt, jünger als ein Theil der vul-
kanischen Produkte dieser Gegend, dagegen auch ganz ent-
schieden älter als ein anderer Theil derselben. Sie dienen
daher zur Unterscheidung der älteren und neueren vulkanischen
Ausbrüche und ihrer Produkte. und sind in so fern von der
srössten Bedeutung. Der Löss, die jüngste Sedimentärbildung,
fehlt in dem vulkanischen Bezirke der Eifel. Von den hoch-
liegenden, also älteren Geröll- Ablagerungen finden sich nur
unbedeutende Spuren in dieser Gegend, wie auf dem Rücken
von Manderscheid und in dem Horngraben in Berührung mit
den vulkanischen Produkten und bei Oberscheidtweiler in deren
Nähe. Die verwickelten Verhältnisse, welche aus diesem Zu-
sammenvorkommen in der Umgegend des Laacher-Sees her-
vorgehen, fehlen daher bei den Vulkanen der Eifel gänzlich.
Die Schichten des unteren Devon in beiden Gegenden, des
Eifelkalksteins und des Buntsandsteins in der Eifel zeigen in
der Nähe der Vulkane dieselben Lagerungsverhältnisse, welche
ihnen in weiterer Entfernung von diesen Ausbrüchen und über-
haupt eigen sind. An keiner Stelle lässt die Lagerung dieser
Schichten eine Abhängigkeit von den innerhalb ihrer Verbrei-
tung zum Ausbruche gelangten Vulkanen wahrnehmen. Pro-
fessor VOGELSANG zu Delft hat dies in einer von der Hollän-
dischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Haarlem gekrönten
Preisschrift sehr gründlich nachgewiesen. Die Auflagerung des
Eifelkalksteins auf der unteren Abtheilung des Devon und die
abweichende Ueberlagerung beider durch den Buntsandstein ist
sehr geeignet zu zeigen, dass die Vulkane keinen Einfluss auf
die von ihnen durchbrochenen Schichten ausgeübt haben; die
Begrenzungslinien des Eifelkalksteins folgen in der Nähe der
Vulkane durchaus den Lagerungsformen der Muldenausfüllung,
[4
85
welche ihnen dadurch angewiesen werden. Dies ist um so
wichtiger, als bei den mulden- und sattelförmigen Biegungen
der Schiefer- und Sandsteinschichten des Unter-Devon die da-
von abhängenden Aenderungen in ihren Streichungslinien auf
Störungen durch die Vulkane bezogen werden könnten.
In der Gegend des Laacher Sees wechseln Geschiebelagen
und Löss mit vulkanischen Produkten ab. Der Löss bedeckt
die vulkanischen Massen in derselben Weise wie die Oberfläche
des Unter-Devon ‚und zeigt, dass sie lange vor seiner Ablage-
rung vorhanden gewesen sind. Dagegen finden sich andere
vulkanische Produkte hier allgemein und regelmässig dem Löss
‘ aufgelagert. Sie liefern den Beweis, dass sie einem nach dem
Absatze des Löss erfolgten Ausbruche ihre Entstehung ver-
danken. | |
Beziehungen der Vulkane zu den Trachyten, welche in eini-
ger Entfernung von denselben auftreten.
Auf der West-, Nord- und Ostseite vom Laacher See fin-
den sich Trachytberge in der Hohen-Eifel, im Siebengebirge
und im Westerwalde. Die dem Laacher See zunächst gelege-
nen Trachyt-Vorkommen sind: auf der Westseite Rengersfeld
bei Welcherath, auf der Nordseite im Plütting bei Oberwinter,
auf der Ostseite am Eichholz bei Isenburg. Die Entfernungen
von dem See sind ziemlich gleich und betragen etwas mehr
als 3 Meilen. Auf der Nordwestseite des Laacher See -Ge-
bietes treten einige Berge auf, welche aus ganz eigenthümlichen
Gesteinen bestehen und sich durch Nosean und Leuecit aus-
zeichnen. Theils liegen sie, im Bereiche des Unter-Devon, wie
-Olbruck, Perlenkopf und Schillkopf, theils im Gebiete der Tuffe,
wie Engelerkopf, Lehrberg, Schorenberg und Burgberg. Diese
Gesteine sind schon untereinander sehr abweichend und reihen
sich nur im weiteren Sinne den Phonolithen an und. sind sehr
verschieden vom Trachyt. Trachyt selbst kommt im Laacher
See-Gebiete nur als Auswürfling in den Tuffen, aber nicht
anstehend vor. |
| Eigentliche Phonolithe finden sich im Westerwalde mitten
in dem dortigen Trachytgebiete von Moschheim bis Zurbach in
‘ einigen, zum Theil grossen Kuppen. In der Eifel kommt die-
ses Gestein nur am Selberge bei Quiddelbach vor.
Eine Linie, welche die Trachytpunkte vom Rengersfeld
86 ll
und vom Eichholz mit einander verbindet, führt dicht am Süd-
rande des Laacher Sees vorbei. Die Vulkan-Gruppe in diesem
letzteren Gebiete liegt also gerade in der Mitte zwischen den
Trachyten der Eifel und den Trachyten des Westerwaldes. In
diesen Gegenden und in dem Siebengebirge tritt der Trachyt
mit sehr vielen Basaltbergen zusammen auf, theils in naher
und unmittelbarer Berührung, theils in einiger Entfernung.
Die Basalte dehnen. sich aber über den Bezirk der Trachyte
aus und die Zahl ihrer einzelnen Vorkommnisse ist bei Weitem -
häufiger. Daher nähern sich die Basaltberge auch den Vulkan-
Gruppen des Laacher Sees und der Vorder-Eifel viel mehr,
ja sie dringen in einzelnen Fällen sogar in das Bereich der-
selben ein. Aber bemerkenswerth bleibt es, dass die überaus
grosse Verbreitung der Basalte von der Oder an gegen West
hin an der Vulkanreihe der Eifel ihre Grenze findet, oder mit
einem anderen und vielleicht naturgemässeren Ausdrucke, dass
die Vulkane der Eifel gerade an der westlichen Begrenzung
des grossen, ganz Deutschland durchziehenden Basalt-Bezirkes
ausgebrochen sind.
Die Anordnung der einzelnen Trachytvorkommnisse in
den Bezirken ihres Auftretens scheint ein regellos zerstreutes
zu sein, wenigstens bleibt es sehr zweifelhaft, in wiefern die Ver-
theilung derselben nach hestimmten Richtungen einen inneren
Grund hat oder nicht. Solche Richtungen scheinen die Tra-
chytberge der Hohen-Eifel inne zu halten. Auf der westlichen
Linie N. 32° O. vom Phonolithe des Selberges nach dem
Trachytpunkte an der Schmalenwiese an der Strasse von Kel-
berg nach Dreis liegt der Bocksberg bei Müllenbach, die Struth
mit dem Frohnfelde N. von Kelberg und der Trachytpunkt an
der Schule am südlichen Ausgange von Kelberg in der Länge
von etwas mehr als ] Meile. Auf der östlichen Linie N. 36°
O. vom Rengersfeld bis zum Freienhäuschen liegt der Trachyt
von Reimerath und Hünerbach in einer Länge von weniger
als ] Meile. Unmittelbar nördlich von Freienhäuschen liegen
die beiden Trachytkuppen des Kranickels und des Brinkenköpf-
chens, welche beide eine zusammenhängende Partie bilden und
das Vorkommen am südlichen Ausgange von Köttelbach.
Westlich von dieser Linie findet sich noch ein kleines
Trachytvorkommen in dem Thälchen oberhalb Zermüllen und
östlich von demselben liegen 5 einzelne, zum Theil ganz kleine
87
Trachytpunkte an der Strasse zwischen Hünerbach und Boos
zwischen den Nummersteinen 7.04 und 7.11. In der ersten
westlichen Linie ist der Phonolith des Selberges besonders
deshalb mit aufgeführt, weil die Richtung von der Schmalen-
wiese über den Bocksberg denselben in ihrer nördlichen Ver-
längerung trifft. Die angeführten Trachyte gehören theils der
Abänderung an, die wie der Drachenfels im Siebengebirge aus
Sanidin und Oligoklas mit etwas Glimmer und wenig Horn-
blende besteht, theils der Abänderung wie die Wolkenburg,
welche aus Oligoklas und Hornblende zusammen gesetzt ist.
Inwiefern diese Verschiedenheit der Gesteine der Ansicht ent-
gegensteht, dass diese Trachytpunkte auf zwei an ihrem süd-
lichen Ende 700 Ruthen von einander entfernten Spalten her-
vorgetreten sind, n:ag dahin gestellt bleiben. Die ermittelten
Richtungen dieser Linien durchschneiden das Hauptstreichen
der Devonschichten, aus welchen diese Trachyte hervorgetreten
sind, unter einem spitzen Winkel von etwa 24 bis 28°. Unter
den vulkanischen Stellen des Laacher See-Gebietes nähert sich
der Norberg bei Volkesfeld am meisten den Trachyten der
Eifel; die Entfernung derselben vom Rengersfeld beträgt 14
Meilen.
Während es im Allgemeinen unzulässig erscheint, die zahl-
reichen Basaltberge dieser Gegenden als nach bestimmten Rich-
tungen geordnet anzusehen, da jeder Versuch dieser Art zu
- ganz willkürlichen Annahmen führt, so zeigt sich in der Nähe
der Eifeler Trachyte eine Reihe von Basaltköpfen, die nahe
beisammengelegen unwillkürlich die Vorstellung einer Spalte
hervorrufen, auf der dieselben hervorgetreten sind. Unter die-
sen Basaltbergen zeichnet sich besonders die Nürburg aus.
Aber auch selbst in diesem Fälle bleibt es zweifelhaft, ob die
Richtung vom Scharfenkopf nach der Lützelacht N. 50° O.
oder vom Scharfenkopf nach der Hohenacht N. 59° O. gewählt
werden soll. Die letztere Richtung fällt mit. dem Hauptstrei-
chen der Devonschichten nahe zusammen. Beide weichen we-
sentlich von den Richtungen der Trachytberge ab und stehen
nur dadurch in einiger Verbindung mit denselben, dass sie
ziemlich genau auf den trachytischen Bocksberg treffen. Die
Länge dieser Reihe von Basaltbergen beträgt 1- bis 1 Mei-
len und wenn dieselbe bis zu den zwischen Wustleimbach und
Herschbach auftretenden Kuppen fortgesetzt wird, erreicht sie
883
die Länge von 12 Meilen. Am denutlichsten ist dieser Zug in
dem südwestlichen Theile vom Scharfenkopf bis Herschbroich
bezeichnet. Ein anderer Zug von Basaltbergen lässt sich von
der Nürburg oder vom Scharfenkopf in südlicher Richtung nach
dem Hohenkelberg verfolgen. Vorzugsweise bestätigt sich hier,
dass die Basaltberge in der Nähe der Trachyte ungemein
häufig vorkommen.
In der zusammenhängend ne Trachytpartie dieser
Gegend, in dem Siebengebirge lässt sich ebenso wenig als in
den demselben näher gelegenen einzelnen Vorkommnissen
irgend eine vorherrschende Richtung. wahrnehmen. Gegen
‚8.W., 8. und O. liegen die einzelnen Trachytberge: Hohen-
burg bei Berkum, das kleine Vorkommen im Plütting bei Ober-
winter, der Hemmerich, Mittelberg und Kunzberg bei Honnef -
und die Partien bei Aegidienberg und Hüvel. Die grösste
Ausdehnung zeigt sich in der Entfernung von Hohenberg bis
Huvel von 13 Meilen in der Richtung von W.S.W. nach O.N.O.
Der kleinste Abstand der Vulkane des Laacher See-Gebietes
und der das Siebengebirge auf der Südseite umgebenden Trachyte,
vom Bausenberge bei Niederzissen bis zum Plutting bei Ober-
winter beträgt 24 Meilen. Die Hauptmasse des Trachyts im
Siebengebirge liegt in der Nähe der Auflagerungsfläche des
Braunkohlengebirges (des Oligocan) auf dem Unter-Devon. Die
einzelnen südlich gelegenen Trachytberge erheben sich wie in
der Hohen-Eifel aus der allgemeinen Grundlage dieser Gegend,
aus dem Unter-Devon.
Die Verlängerung des östlichen Trachytzuges der Eifel
gegen N.O. trifft in einer Entfernung von 4° Meilen vom Ren-
gersfeld aus die Hohenburg bei Berkum, lässt aber die Haupt-
trachytmasse des Siebengebirges östlich liegen. » Ein innerer
Zusammenhaug kann daher in dieser zufälligen Lage nicht er-
kannt werden.
Die vielen Trachyte im Westerwalde finden sich über eine
unregelmässige Fläche vertheill.e. Am meisten drängen sich
dieselben in den Raum zwischen Selters (Wied-Selters am
Saynbach), Siershahn, Wirges, Langwiesen, Dahlen, Meudt,
Ober- und Niederahr, Ewighausen und Weidenhahn zusammen.
Dieser Raum schliesst auch die meisten Phonolith-artigen Ge-
steine dieser Gegend ein. Einzelne Trachytberge umgeben die-
sen Raum in kleineren und grösseren ‚Abständen. Viele zum
89
Theil grosse Basaltberge treten zwischen Trachyten und in
ihrer Nähe auf. Ein Theil der Trachytberge tritt unmittelbar
aus dem Unter-Devon hervor, ein anderer liegt auf der Scheide
desselben und des Braunkohlengebirges, in welchem ebenso
wie im Siebengebirge die Basalt- und Trachyt-Conglomerate
vorwalten und die Mehrzahl wird von diesen Conglomeraten
umgeben. |
Von dem äussersten gegen W. gelegenen Trachytberge
dieser Gruppe, dem Eichholz bei Isenburg, ausgehend finden
sich die den Umfang dieser Gruppe bezeichnenden Punkte ge-
gen S.O. in den Arzbacherköpfen in 2,16 Meilen Entfernung ;
von diesen aus in der Richtung O.N.O. im Hetzstein bei Heil-
berscheid in 1,57 Meilen Entfernung, dann in N.N.O. der Tra-
chyt zwischen Salz und Wanscheid in 1,57 Meilen, dann in
nördlicher Richtung der Trachyt bei Gershasen in 0,62 Meilen.
Von hier wendet sich die Begrenzung gegen W.N.W. bis Wöl-
ferlingen in 0,86 Meilen, in W.S.W. nach dem Maxsayner
Hammer in 0,93 Meilen und von hier in S.W. nach dem An-
fangspunkte dem Eichholz in 1,88 Meilen Entfernung. Ausser-
‚halb dieser Begrenzung liegt nur ein Phonolithberg, der Har-
tenfelserkopf nördlich von Maxsayn, die übrigen sind darin
eingeschlossen.
Bei dem Versuche diese Trachytberge und Vorkommnisse
nach bestimmten Richtungen in Zuge zu ordnen lassen sich
deren fünf unterscheiden, welche in der ungefähren Richtung
von N.W. gegen S.O. neben einander liegen, aber doch mehr
und weniger von der parallelen Lage abweichen. In jedem
Zuge werden die einzelnen Punkte von N.W. gegen S.O. fort-
schreitend angeführt werden.
Erster Zug: Das Eichholz bei Isenburg am Saynbach (Sa-
nidin und Oligoklas wie vom Mittelberge bei Honnef), die bei-
den Arzbacher Köpfe, regelmässige Kegel auf dem Rücken,
weleher von Welschneudorf nach Ems zieht, gegen N.W. in
das Pfingstwieser und gegen S.O. in das Unterbach Thal ab-
fallt; Richtung N. 42° W., Länge 2,16 Meilen. |
Zweiter Zug: Auf der Wacht, östlich von Selters (Oligo-
klas-Trachyt), höhere Kuppe zwischen Selters und Nordhofen
(Sanidin - Oligoklas - Trachyt), Vielbacher Köppel oder Son-
nenberg (Sanidin - Oligoklas - Trachyt, flasrig wie Külsbrun-
nen), Kuppe bei Mogendorf, Siershahner Kuppe (von phonolith-
90
ahnlichem Ansehen, nur Sanidin enthaltend); zwischen den bei-
den letzteren Kuppen tritt Braunkohlengebirge auf, sonst Unter-
Devon; Richtung N. 8° W., Länge 0,59 Meilen. In die südliche
"Verlängerung dieses Zuges fällt noch das Hähnchen bei Nieder-
- Elbert (phonolith-ähnlich, aber unvollkommene Gallertbildung).
Zwischen dem ersten und zweiten Zuge liegt die isolirte
Kuppe von Wenderoth, westlich von Mogendorf (Oligoklas- .
Trachyt) im Gebiete des Unter-Devon.
Dritter Zug: Nahe südlich vom Maxsayner Hammer auf
der linken Seite des Saynbachs ( Sanidin - Oligoklas - Tra-
chyt) umgeben von Unter- Devon, Oelmühle von Quirnbach
Trachyt von Basalt umgeben, Helferskirchen zu beiden Seiten
des Ortes (Sanidin-Oligoklas - Trachyt) westlich Unter-Devon
und östlich Trachyt-Conglomerat, Hulsberg bei Wirges (pho-
nolithisches Ansehen, nur Sanidin enthaltend), Herzberg daran
angrenzend (Oligoklas-Trachyt) von Braunkohlenthon und Tra-
chyt-Conglomerat umgeben, zwischen Moschheim und Bannber-
scheid Trachyt von Conglomerat umgeben. In diesen Zug fällt
der Breitenberg und das Scheidchen bei Oberötzingen (phono-
lithähnlich, aber unvollkommene Gallertbildung), südlich von
demselben der Kegel des Malberges (Phonolith mit deutlicher
Gallertbildung) nnr durch ein Wiesenthal vom Herzberg und
Huülsberg getrennt; Richtung N. 31° W., Länge 1,19 Meilen.
Vierter Zug: Bei Zurbach (Trachyt), Hunneberg, nordwest-
lich von Weidenhahn (Oligoklas-Trachyt), Weidenhahn (Sani-
din - Oligoklas - Trachyt), Oberahr (Trachyt), Niederahr (Oli-
goklas-Trachyt), zwischen Niederahr und Meudt, östlich von
Meudt, südlich von Dahlen (Oligoklas-Trachyt), Goldköpfehen
oder Goldhauser Erlen zwischen Goldhausen und Langwiesen
(Oligoklas - Trachyt); die vorgenannten sämmtlichen Trachyt-
punkte liegen im Bereiche des Conglomerates; Hetzstein bei
Heilberscheid, regelmässiger Kegel von Trachyt, im Gebiete
des Unter-Devon; Richtung des Zuges N. 21° W.; Länge
2,12 Meilen. sa
In diesen Zug fallen einige phonolithische Gesteine. Wird
die Richtung von Zürbach gegen N.N.W. verlängert, so trifft
sie auf. den Hartenfelser Kopf in 0,52 Meilen Entfernung, der
aus ächtem Phonolith mit deutlicher Gallertbildung besteht und
einen steilen spitzen Kegel mit einer Ruine bildet; ausserdem
findet sich bei Zürbach an der Grenze des Trachytes Phono-
/
91
lith mit deutlicher Gallertbildung; der Benzenberg und Schiefen-
stein bei Ewighausen ein phonolithähnliches Gestein mit un-
volilkommener Gallertbildung und ein ebensolches Gestein süd-
lich vom Dahlener Trachytbruche. Die Phonolithe und phono-
lithähnlichen Gesteine fur sich betrachtet lassen keine bestimmte
lineare Anordnung hervortreten und ist deren Annahme ganz
willkürlich. Die Richtung vom Hartenfelser Kopf nach dem
Punkte sudlich vom Dahlener Trachytbruch ist N. 29° W., nach
dem Hähnchen bei Nieder-Elbert N. 6° W. Die Richtung von
dem Phonolithe bei Zürbach bis zum Malberge ist N. 8° W.
Die erste Richtung stimmt ziemlich nahe mit derjenigen des
zweiten Trachytzuges, die beiden letzteren stimmen aber nahe
mit derjenigen des dritten Trachytzuges überein. Ein Theil
der Vorkommnisse schliesst sich aber der mittleren Richtung
in Uebereinstimmung mit dem vierten Trachytzuge an. Eine
durch die Phonolithe und die phonolithähnlichen Gesteine ge-
zogene Linie erscheint mehrfach gebrochen, woraus: sich die
willkurliche Annahme der durch zwei dieser Punkte gezogenen
Linien ergiebt.
Fünfter Zug: Oestlich von Wölferlingen, eine flache An-
höhe (Oligoklas-Trachyt), weiter gegen O. eine kleinere, von
Basaltkuppen umgebene Trachytpartie, südlich von Wölferlin-
gen an der Strasse von Freilingen nach Arnshofen, Sengelberg
bei Wörsdorf, zwischen Wanscheiden und Salz (Oligoklas-Tra-
chyt); dieser Zug liegt ganz im Gebiete des Conglomerates.
Die Richtung desselben ist N. 46° W., die Länge 1,11 Meilen.
Von diesem fünften Zuge gegen O. findet sich noch ein
vereinzeltes Trachytvorkommen bei Gershasen im Conglomerate.
Die Zahl der Trachytberge und Vorkommnisse steigt hier-
nach auf mindestens 28, es mögen derselben vielleicht noch
mehr vorhanden sein, während die Zahl der ächten Phonolithe,
die bei der Behandlung mit Chlorwasserstoffsäure eine deut-
- liche Gallertbildung zeigen, nur 3 beträgt, während an 8 Stellen
die Gesteine auftreten, die als phonolithähnlich zu bezeichnen
sind und deren Bestimmung eine weitere Untersuchung erfor-
dert. Die grösste Entfernung zweier Trachytpunkte dieser
Gruppe vom Eichholz bis Gershasen beträgt 3,54 Meilen in
der Richtung N. 71° O. |
In dem Raume zwischen Selters, Wirges, Dahlen und
Weidenhahn sind die Trachyte und Phonolithe so zusammen-.
92
gedrängt, dass sich darin 18 Trachytpunkte, 2 ächte Phonolithe
und 7 phonolithähnliche Gesteine finden und nur 10 Trachyt-
punkte, ein ächter Phonolith und ein phonolithähnliches Gestein
ausserhalb desselben liegen. Von diesem Raume entfernen
sich die Arzbacher Köpfe und der Trachyt von Gershasen am
meisten.
Die Vorstellung, dass die Trachyte und Phonolithe des
Westerwaldes einen elliptischen Raum von 1,65 Meilen Länge
und von 0,9 Meilen Breite einnehmen, welcher von einzelnen
Partien dieser Gesteine umgeben ist, scheint den Verhältnissen
besser zu entsprechen als die Anordnung dieser Vorkommnisse
in mehreren einander nicht parallelen Zugen.
Die gegenseitige Lage der Trachyte des Siebengebirges
und des Westerwaldes wird dadurch bestimmt, dass wenn die
Richtung des ersten Zuges dieser letzteren Gruppe von den Arz-
bacher Köpfen über das Eichholz gegen N.W. verlängert wird,
sie. in der Entfernung von nahe + Meile an dem östlichsten
Trachytpunkte in der Umgebung des Siebengebirges bei Hüvel
vorbeigeht. Die Entfernung des südöstlichsten Trachytberges
des Siebengebirges, des Kunzberges, von dem Eichholze beträgt
nahe 4 Meilen. | R
Die verschiedenen Abänderungen des Trachytes im Wester-
walde lassen keine bestimmte Regel in der örtlichen Verthei-
lung derselben erkennen. Vielleicht wird sich eine solche Re-
gel herausstellen, wenn erst sammtliche Vorkommnisse genauer
untersucht sind. Bis jetzt sind nur die beiden auch im Sie-
bengebirge herrschenden Abänderungen des Oligoklas-Trachytes
und des Sanidin - Oligoklas - Trachytes darin erkannt worden.
Zu der ersten Abänderung gehören folgende Punkte: Auf
der Wacht östlich von Selters, Kuppe von Wenderoth, Herz-
berg, Hunneberg nordwestlich von Weidenhahn, Niederahr, süd-
lich yon Dahlen, zwischen Goldhausen und Langwiesen, östlich
von Wölferlingen, zwischen Wanscheiden und Salz; zu der
zweiten (Sanidin -Oligoklas- Trachyt) dagegen folgende: Eich-
holz, Kuppe zwischen Selters und Nordhofen, Vielbacher Köp-
pel, südlich vom Maxsayner Hammer, Helferskirchen und Wei-
denhahn. ;
93
Gegenseitige Lage der einzelnen Ausbruchstellen in den
vulkanischen Gebieten.
Die Kratere und Schlackenberge umgeben den Laacher
See auf allen Seiten. Nur sehr wenige dieser Berge auf der
S.O.-Seite wie die Ochtendunger Berge (Wannen), der Camil-
lenberg und der Birkenkopf sind weiter als 15 Meile von dem
Mittelpunkte des Sees entfernt. Die centrale Lage des Laa-
cher Sees in Mitten der umgebenden Kratere und Schlacken-
berge wird dadurch bezeichnet, dass die Gipfel des Veitskopf,
Dachsbusch, Rotheberg, Laacher Kopf, des Krufter Ofen und
Nickenicher Hummerich weniger als , Meile von seiner
Mitte entfernt sind. Dann folgen die Kunksköpfe, der Nicke-
nicher Sattel und der Nickenicher Weinberg. In einem grösse-
ren Ringe von * bis 1} Meilen Abstand von der Mitte des
Sees liegen: Leilenkopf, Herchenberg, Bausenberg, Schörchen,
Manglibeher Kopf, Difelderstein, Sulzbusch, Hochsimmer, Forst-
berg, Ettringer Belleuberg, Tönchesberg, Korretsberg, Kollert,
- Piaidter Hummerich, Nastberg und Fornicher Kopf. Ein Kreis
von 2; Meilen Durchmesser schliesst also den bei weitem
grösseren Theil der vulkanischen Ausbruche in diesem Gebiete
ein, und nur die Bimssteine verbreiten sich ostwärts beträcht-
lich darüber hinaus. |
Bei dieser Verbreitung der Kratere und Schlackenberge
um einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt treten zwei Richtun-
gen besonders hervor, in welchen die vulkanischen Ausbruche
gedrängter zusammenliegen als in allen übrigen. Die eine
dieser Richtungen von N.O. gegen S.W. umfasst das Kesselthal
von Wehr, den Laacher See mit den auf seinem Rand aufge-
setzten Köpfen, den Krufter Ofen, die drei Berge von Kruft
und Plaidt, die zahlreichen Kuppen der Ochtendunger Berge,
Camillenberg, Birkenkopf und das Brückstück am Winninger-
berge in einer Länge von nahe 3: Meilen. Nahe die Hälfte
saämmtlicher Ausbrüche drängt sich in diese Richtung zusammen.
Die andere Richtung geht von N.O. gegen S.W. am. west-
lichen Rande des Laacher Sees vorbei und umfasst Leilenkopf,
Kunksköpfe, Veitskopf, Laacher Kopf, Rotheberg, Forstberg,
Sulzbusch und Hochsimmer.
Die grösste Masse des Tuffes in diesem Gebiete liegt zwi-
schen Bell und Kempenich und bildet den hohen, halbkreis-
|
|
i
B
-
94
formig um Rieden gekrummten Rücken des Gänsehals. Die-
selbe hängt unmittelbar mit den Tuffen zusammen, welche den
Rücken zwischen dem Laacher See und dem Kesselthale von
Wehr bilden und den ersteren umgeben. Die Verbreitung des
Bimssteins und der grauen Trachyttuffe dehnt sich vom Laa-
cher See gegen O. sehr weit aus, während dieselbe gegen W.
in seiner unmittelbaren Nähe aufhört. Die oberflächliche Be-
deckung von Auswurfsprodukten entzieht viele ältere Massen
in dieser Gegend der Beobachtung. |
Die Vulkane der Vorder-Eifel zeigen im Gegensatze zu
‚den so eben betrachteten Erscheinungen eine sehr bestimmte
lineare Entwickelung. Dieselben bilden eine Reihe von der
Falkenlei, dem höchsten Punkte bei Bertrich bis zum Gold-
berge bei Ormont in der Richtung N. 55° W. bei einer Län-
generstreckung von 6+ Meilen. Es scheint, dass die Maare
und die lavagebenden Kratere hier auf einer Spalte ausgebro-
chen sind, welche die Streichungslinie der Schichten des Unter-
Devon unter einem Winkel von 75° durchschneidet. Die Haupt-
masse der vulkanischen Produkte liegt auf der N.O.-Seite der an-
gegebenen Linie, wenn gleich sich einige bedeutende Ausbrüche
gegen S.W. in der Weise davon entfernen, dass sie wohl einer
Nebenspalte angehören. Eine Linie von der Falkenlei nach
dem Errensberge bei Hinterweiler, dem höchsten in der Mitte
der Vulkanreihe gelegenen Berge, fällt bis zum Steinrausch bei
Hillesheim mehr in die Mitte der vulkanischen Ausbruche und
zeigt die Richtung N. 48° W. Die Verlängerung dieser Linie
aber gegen N.W. über den Steinrausch hinaus verlässt den
übrigen Theil der Vulkane ganz und gar. Die Richtung vom
Errensberge bis zum Goldberge ist N. 62° W. Diese Linie
durchschneidet ebenfalls die Mitte der vulkanischen Ausbrüche.
Aus dieser Anordnung der vulkanischen Ausbrüche von Bertrich
bis Ormont liesse sich vielleicht folgern, dass die Hauptspalte,
auf welcher dieselben stattgefunden haben, einen gegen N.O.
convex gekrummten Bogen bildet.
Die Linie vom Wartgesberg bei Strohn nach dem Gold-
‚berge trifft ebenfalls viele sehr bedeutende Ausbrüuche und hat
die Richtung N. 46° W., weicht also nur wenig von der Rich-
tung von Falkenlei She den Errensberg nach dem Steinrausch
ab. Es liessen sich demnach zwei Spalten annehmen, eine nord-
östliche von der Falkenlei bis zum Steinrausch von 4,72 Mei-
95 4
len Länge und eine zweite sudwestliche- vom Wartgesberg bis
zum Goldberge von 5,8 Meilen Länge. Die Entfernung der-
selben von einander beträgt am Wartgesberge 0,35 und am
Steinrausch 0,65 Meilen.
Innerhalb dieser Vulkanreihe lassen sich also die Spezial-
Richtungen der vulkanischen Berge auf verschiedene Weise
combiniren und dies beweist auch die Willkur, welche in sol-
chen Annahmen herrscht.
In der Richtung von der Falkenlei nach dem Steinrausch
liegt das Immerather Maar, das Kesselthal von Elscheid aber
gegen N.O. gerückt, die Murmeswiese und das Schalkeumehre-
ner Maar beide gegen S.W., das Weinfelder Maar, Daun mit
dem Firmerich gegen N.O. und der Wehrbusch gegen S.W., die
Warth, der Felsberg etwas gegen N.O. gerückt, der Errensberg,
"Kellert, Lochert, die Weisslei, der Gossberg bei Walsdorf
etwas gegen N.O. gerückt, die Killerhöhe. mit der Lierwiese
und der Steinrausch.
Auf der N.O.-Seite dieser Linie in geringer Entfernung liegt
das Risch von Immerath, der Wetchert, Wollmeratherkopf, die
Kesselthäler von Ober- und Nieder-Winkel, Mehrener Haardt,
Waldkönigen, Hangelsberg, das Höhefeld, der Schwamert, Döhm- -
berg, Kalenberg, Ohrenberg als Rand des Walsdorfer Maars.
Weiter noch von dieser Linie gegen N.O. entfernt sich
der-Dreiser Weiher, der Rädersberg und der Reinertsberg.
Auf der S.W. Seite dieser Linie, also nach der zweiten
Spalte hin, aber dieselbe nicht erreichend findet sich: das
Tiefenbacher Maar, das lange, Rott genannte Maar, das Stroh-
ner Maar, der Römersberg, das Pulvermaar, der Mäuseberg
und das Gemünder Maar, Hohe List, Alteburg, das Maar unter
dem Pfennigsberge, auf der Held, Riemerich, Geiserich, Goss-
berg bei Steinborn, Berteler (Scharteberg und Schnellersroth),
Dungerheck, die Kesselthäler von Hinterweiler, Feuerberg,
Sassenberg, Altervoss, Bickeberg und Gippenberg.
In der Richtung vom Wartgesberg nach dem Goldberg
liegt der Nerotherkopf und der Stefilerberg. Auf der N.O.-Seite
dieser Linie, also nach der ersten Spalte hin, finden sich ausser
den bereits so eben angeführten Punkten: der Geeserberg,
Bongenberg, Kreiskaul, Hahn, Burlich, Kyllerkopf, Luscheid,
Rossbusch, das Kesselthal S. von Auel, Leikopf, Birlshardt,
96
Mühlköpfe, Roderkopf, Steinbühl und das Kesselthal N. von
Auel.
Auf der S.W. Seite dieser Linie liegt: das Hessen
Dürre Maarchen, Hitsche, Hasenberg, Weberlei, Lielei und
Aarlei bei Uedersdorf, Krökelberg, Dietzerlei, Schocken (oder
auf der Schutt), Rother Himmerich und Duppacher Weiher. .
Die vulkanischen Punkte vom Holzmaar bis Uedersdorf
können auch als eine Nebenspalte von 1 Meile Länge in der
Richtung N. 53° W. betrachtet werden. Wie aber dieses Ver-
halten betrachtet werden mag, so erscheinen doch jedenfalls
die noch weiter gegen S.W. gelegenen vulkanischen Punkte als
ein paralleler Zug. Die Richtung vom Mosenberge nach dem
Kesselthale Eigelbach ist N. 50° W. wenig abweichend von
der Richtung von der ‚Falkenlei nach dem Steinrausch. In
diese Richtung fällt das Meerfelder Maar und der Ausbruch
bei Kopp; auf der N.O. dieser Linie also nach der zweiten
Spalte hinwärts liegt der Buerberg bei Schutz und er Kalem-
berg bei Birresborn.
In der Hohen-Eifel zwischen der Vulkanreihe der Vorder-
Eifel und dem Laacher See-Gebiete liegen einige ziemlich ver-
einzelte vulkanische Punkte. Im Allgemeinen. zwar ist die
Längenerstreckung derselben von S. gegen N. nicht zu verken-
nen, aber sie ordnen sich dabei in keiner geraden Linie. Die
Richtung von dem südlichsten Punkte, dem Uelmer Maar, nach
dem nördlichsten Punkte, dem Niveligsberg, ist N. 4° O. und
die Entfernung beider Punkte von einander 2 Meilen. Die
südliche Verlängerung dieser Richtungslinie geht zwischen den
vulkanischen Ausbruchen von Bertrich und von Strohn hin-
durch, trifft also in der Vorder -Eifel gerade auf eine Unter-
brechung in der Reihe der Vulkane. In der Hohen-Eifel durch-
schneidet diese Linie nur den W. Rand des Doppelmaars von
Boos, während die anderen vulkanischen Stellen sämmtlich auf
deren W. Seite liegen bleiben.
Die Linie von Niveligsgebirge nach dem Wartgesberge dem
S.W.lichsten Anfangspunkte der zweiten Spalte der Vorder-Eifel
berührt ebenfalls den W. Rand der Maare von Boos, geht nahe
am Mosbrucher Weiher vorbei und zwischen dem Kreuzberge
und dem Uelmer Maare hindurch; dann aber durchschneidet
diese Linie in der Vorder-Eifel das Maar von Ober-Winkel,
und geht zwischen dem Tiefenbacher Maar und dem Pulver-
97
Maare hindurch. Die Richtung dieser Linie ist N. 8° O. und
ihre Länge ist 32 Meilen.
Eine vom Niyelisohemaß nach dem Kalemberge bei Birres-
born gezogene.Linie durchschneidet die Vulkanreihe der Vor-
der-Eifel in ihrer grössten. Breite. Die Richtung dieser Linie
ist N. 57° O. und ihre Länge 4! Meile. Sie durchschneidet
den Raedersberg, geht zwischen dem Dreiser Weiher und dem
Hangelsberg hindurch, nahe am Kellert, Sassenberg, Geeser-
berg und an der Dietzerlei vorbei und trifft S.W. vom Kalem-
berg noch den Ausbruch von Kopp. Die von den Maaren bei
Boos nach dem Meerfelder Maare, in der Richtung N.-38° O
und 4 Meilen lange Linie berührt den W.-Rand des Mosbrucher
Weihers, die Mehrener Haardt, den Rand des Weinfelder Maars
und des Maares unterm Pfennigsberg, geht dann zwischen dem
Hasenberg und der Weberlei hindurch. Die Linie, welche vom
Uelmer Maare durch den Kreuzberg und durch den Hommerich
gezogen wird, trifft den Raedersberg und den Reinertsberg
und könnte in der Richtung N. 60° W. eine Nebenspalte der
ersten Spalte der Vulkanreihe in einer Länge von etwas mehr
als 2 Meilen bezeichnen.
Die lineare Erstreckung der Vulkane der a Eifel in
mehreren ziemlich nahe parallelen Zügen ist daher recht aus-
gezeichnet, welche an beiden Enden immer grössere Unterbre-
chungen bis zu den äussersten Ausbrüchen zeigen.
Formen der vulkanischen Ausbrüche.
Die vulkanischen Ausbrüche in diesen beiden Gebieten treten”
auf in der Form von deutlichen Krateren aus Schlacken, Lava-
streifen und Auswürflingen zusammengesetzt, mit grösseren
Lavaströmen verbunden oder ohne Lavaströme, dann in der
Form von kegelförmigen oder rückenartigen Schlackenbergen
von gleicher Zusammensetzung wie die Kratere, ebenfalls in
Verbindung mit Lavaströmen oder ohne dieselben und endlich
in der Form von Maaren (Tuffkrateren) und Kesselthälern mit
geschichteten Tuffen, d. i. mit ausgeworfenen wenig oder gar
nicht zusammenhängenden Massen umgeben, an deren Rändern
das Grundgebirge sichtbar wird, und in der Form von einzelnen
Tufflagen, Tuffpartien oder grösseren Tuffimassen von unbe-
kannter Herkunft.
Die Kratere und Schlackenberge mit and ohne Lavaströme
Zeits. d.d. geol.Ges. XVII. 1. 7
98
zeigen in der Umgegend des Laacher Sees und der Vorder-
eifel in ihrer Form und Zusammensetzung keine Verschieden-
heit. Zu jeder Stufe der Entwickelung und der Erhaltung
lassen sich Beispiele aus der einen, wie aus der andern Ge-
gend aufführen. I 2
Die Maare und Kesselthäler dagegen sind in beiden Ge-
genden sehr verschieden. In der Gruppe des Laacher Sees
sind nur zwei sehr grosse Formen dieser Art, der Laacher
See selbst und das Kesselthal von Wehr, vorhanden und «eine
Uebergangsform von denselben in die Kratere, der Krufter
Öfen, während in der Vorder-Eifel die Zahl derselben sehr
beträchtlich ist und ihre Grösse gegen die des Laacher Sees
ung@mein zurücktritt. Ebenso bieten aber auch die Tuffe sehr
wesentliche Verschiedenheiten in beiden Gegenden dar. Die
Verbreitung der Tuffe und besonders der Bimssteine und der
noch darüber liegenden grauen Tuffe in der Gruppe des Laa-
cher See’s übertrifft bei weitem Alles, was die Vorder- Eifel
in dieser Beziehung aufzuweisen hat; dieser letzteren Gegend
fehlt der Bimsstein und der Trachyt als Auswürfling in den
Tuffen gänzlich, und ebenso der Leucittuff. Dieser Unterschied
ist sehr wesentlich und wird noch dadurch erhöht, dass die
Hauptmasse der Bimssteine und die grauen Tuffe einer jünge-
ren Zeit angehören als die Krätere mit den Lavaströmen.
So deutlich auch mehrere Kratere in der Gruppe des
Laacher Sees sind, so findet sich doch darunter kein einziger,
welcher vollkommen ringförmig geschlossen ist. Dieselben be-
sitzen sämmtlich eine Oeffnung in dem Walle, welche abfallend
aus dem Kraterboden an den äusseren Abhang führt. Dieselbe
wird immer weiter, so dass nur ein Theil’ des Walles übrig
bleibt, welcher die Form eines Hufeisens annimmt. Diese
Formen bilden einen vollständigen Uebergang in die kegel-
förmigen oder ruckenartigen Schlackenberge, welche theilweise
noch Spuren eines Kraters durch flache Einsenkungen an ihren
Abhängen darbieten, theilweise aber auch nicht einmal daran
erinnern. |
In der Reihe der Vorder-Eifel treten einige ganz ge-
schlossene Kratere auf; wie das Hustchen bei Bertrich, die
Papenkaule bei Geroldstein, und am Mosenberge die drei nörd-
lichen Kratere: das Hinkelsmaar im Krufterberge, der Wan-
zenborn und der unter der Spitze des Mosenberges gelegene
99
Krater, welche alle drei wenig von einander entfernt sind.
Ausserdem ist noch ein ganz geschlossener Krater anzuführen,
welcher isolirt und von keinen anderen vulkanischen Erschei-
nungen begleitet, auf der linken Seite des Rheins, den Tra-
chyten des Siebengebirges gegenüber in der Nähe von Mehlem
und Rolandseck liegt: der Roderberg.
Die übrigen Kratere der Vorder-Eifel haben ebenfalls eine
mehr und weniger weite Oeffnung und zeigen dieselben Ueber-
gänge in kegelförmige Schlackenberge wie diejenigen, welche
in der Gruppe des Laacher Sees auftreten.
In dieser letzteren zeigen die Kraterform am vollständig-
sten: Bausenberg, Hochsimmer, Eittringer Bellenberg, Nicke-
nicher Weinberg, Tönchesberg, Veitskopf, Rotheberg bei
Laach, Kunksköpfe, Forstberg, Gr. Wannen, Michelsberg und
Rotheberg bei Ochtendung. Mit denselben sind in der Vor-
der-Eifel zu vergleichen: Facherhöhe, Wetchert, Wartgesberg,
Römersberg, Firmerich, der südliche Krater am Mosenberge,
Weberlei, Berteler (Scharteberg) Dungerheck, Kellert, Kalem-
berg, Riemerich und Hangelsberg.
Zu den Uebergangsformen von den deutlichen Krateren zu
den Schlackenbergen sind in der Gruppe des Laacher Sees zu.
rechnen: Leilenkopf, Nickenicher Hummerich, Nickenicher
‚Sattel und Plaidter Hummerich und in der Vorder-Eifel: Er-
rensberg, Felsberg, Alter Voss, Feuerberg und Rother Him-
merich.
Die kegel-, kuppen- und rückenförmigen Schlackenberge
stellen sich in der Gruppe des Laacher Sees in folgenden Ber-
gen dar: Sulzbusch, Camillenberg als lange Rücken mit klei-
nen Kuppen besetzt, Langenberg als einfacher Rücken, Dachs-
busch, ‘ Schörchen, Herchenberg, Fornicherkopf, Laacherkopf
und Nastberg als Kegel, Korretsberg, Kollert, Taumen, Eiter-
‚köpfe und die kleinen Wannen als Kuppen.
In der Vorder-Eifel sind diese Schlackenberge in der Form
von Kuppen und Kegeln sehr häufig: Wollmerather Kopf, Hohe
List, Alteburg, Deulkaul am’ Hasenberge, die Kuppen N. von
der Warth, ferner Gossberg, Gippenberg, Bickeberg, die Kuppe
über der Weisslei, Sassenberg, Kyllerkopf, Hahn, gr. Kreis-
kaul, Schocken (an der Schutt), Bongenberg und Nerotherkopf.
In der Hohen-Eifel bietet der Hommerich bei Utzerath ein
sehr deutliches Beispiel eines solchen kegelförmigen Schlacken-
m En
100
berges dar. Die meisten Kratere in beiden Gegenden be-
sitzen eine ganz regelmässige Form, so dass sie wohl nur
einem einzigen Ausbruche ihre Gestalt verdanken und dass
nur ein einziger Schlund thätig gewesen ist, aus dem die
Massen ausgeworfen worden sind, welche sich zum Kraterwall
oder Kraterrand angehäuft haben. Im jeder Gegend zeigt sich
nur ein recht deutliches Beispiel von einem zusammengesetzten .
Krater, an dem sich mehrere Ausbrüche wahrnehmen lassen,
von denen die jüngeren die älteren Kraterwälle theilweise zer-
stört haben. Im Gebiete des Laacher Sees zeigt der Krater,
dessen westliche Seite der Ettringer Bellenberg bildet, diese
zerrissene Form. Die östliche Seite wird vom Cottenheimer
Büden eingenommen, vor der südlichen Oeffnung des Kraters
liegen die kleinen Kegel des Mayener Bellenberges und des
Hufnagels und am N. Ende des Cottenheimer Büden liegt ein
flacher gegen N. offener Krater unter dem kegelförmigen Spitz-
berg. In der Reihe der Vorder-Eifel zeigt der Krater von Strohn
eine ähnliche unregelmässige Form ; der Wartgesberg oder Obere
Wartgesberg bildet die östliche Wand des Kraters von ansehn-
licher Höhe; davon getrennt ist der schmale Rücken der langen
Klopp auf der Nordseite, der Kirberich ist eine runde Kuppe
weiter gegen West und noch mehr einzelne Hugel bilden den
unregelmässigen Rand; doch bleibt noch am Fusse des Wart-
gesbergs eine Thalfläche, welche nicht dem Krater angehört,
sondern nur als intercolliner Raum angesehen werden kann.
Beide Kratere unterscheiden sich durch die Ausbruchstelle der
Lava. Am Eittringer Bellenberge treten zwei Lavaströme auf
der N. und auf der S. Seite aus breiten Oeffnungen im Krater-
rande hervor, während am Strohner Krater die Lava an der
Aussenseite der westlichen Wand mit hohen Rollschlacken be-
deekt ausgebrochen ist. :
Die regelmässigen Kraterränder mit einer Oeffnung zeigen in
Bezug auf die Lage der höchsten Stelle des Randes gegen diese
Oeffnung einige Verschiedenheiten. Bei der grösseren Zahl liegt
die höchste Stelle des Randes der Oeffnung gerade gegenüber und
derselbe neigt sieh gegen die Oeffnung hin, welche von ebenso
steilen Abhängen wie die Aussenseite des Kegels eingefasst
wird, ganz besonders zeigen sich viele Kratere in der Vorder-
Eifel in dieser Weise. Zu dieser Form gehören: Forstberg
und Rotheberg in den Wannen, bei dem die höchste Stelle
101
jedoch etwas seitwärts liegt, Facher Höhe, Wetchert, Firmerich,
Dungerheck, Errensberg, Riemerich, Berteler (Scharteberg)
‘und Lierwiese, auf deren Umwallung die höchste Stelle sich
jedoch gegen Ost gerückt findet. Ebenso sind auch im Allge-
meinen der Rotheberg bei Laach, und der Nickenicher Wein-
berg. gebildet, mit dem Unterschiede jedoch, dass sich der
Rand nochmals an der Oeffnung kuppenförmig, aber nicht so
hoch als in der Mitte erhebt. Am Grossen Wannen, der nur
auf dem rechten Schenkel des Randes eine solche Kuppe hat,
am Tönchesberge und an der Weberlei erhebt sich vor der
Oeffnung noch ein niedriger Rücken, wodurch ein doppelter
Eingang zu dem Krater entsteht. Der Veitskopf und der Kel-
- lert besitzen einen beinahe ebenen Kraterrand, der sich bis
gegen den Abfall nach der Oeffnung hin in nahe gleicher Höhe
hält. Die höchste Stelle des Randes findet sich in einer Kuppe
neben der Oeffnung: am Bausenberge auf der N.-Seite der ge-
gen N.W. gerichteten Oeffnung, am Hochsimmer auf der W.-Seite
der‘ weiten gegen S. gerichteten Oeffnung, am Kalemberge auf
der $.-Seite der gegen S.W. gerichteten Oeffnung, am Römers-
berge auf der $.-Seite der gegen S.O. gerichteten Oeffnung,
Die niedrigste Stelle des Randes liegt der Oeffnung in dem-
selben gegenuber am Michelsberge und die höchsten Kuppen
befinden sich zu beiden Seiten der Oeffnung; ebenso zeigt sich
der südliche Krater am Mosenberge, derselbe ist gegen 8.
offen, die niedrigste Stelle des Randes liegt auf der Nordseite
und Höhenpunkte auf der West- und Ostseite. Ganz abwei-
chend ist der Krater der Kunksköpfe beschaffen, die Oeffnung
liegt auf der N.W.-Seite und auf dem S.W.Halbkreise erheben
sich zwei Kuppen, von denen die sudlichere am höchsten ist.
Von allen diesen Krateren unterscheidet sich der Krufter
Ofen durch seine Grösse. Derselbe ist daher schon weiter
‘oben zusammen mit dem Laacher See und mit dem Kesselthale
von Wehr als eine Uebergangsform genannt worden. Eine
niedrige Randstelle liegt der südlichen Oeffnung gegenuber.
Die höchste Stelle des Randes liegt auf der W.-Seite und auf
der O.-Seite erheben sich zwei an Höhe wenig verschiedene,
aber niedrigere Kuppen.
Wenn die Zusammensetzung aller dieser Kratere und
Schlackenberge sich da, wo dieselben durch Steinbrüche, wel-
che Bausteine unter der Benennung von Krotzen liefern, auf-
102
geschlossen sind, als eine durchaus gleichartige erweist so-
wohl in Bezug auf die Lagerung des verschiedenartigen Ma-
terials als in Bezug auf die mineralogische Beschaffenheit des-
selben, so können die Schlackenberge nicht von den Krateren
nach der Art ihrer Bildung nnd der Wirkung der vulkanischen
Kräfte getrennt werden. Die Materialien, aus denen die Kra-
tere und Schlackenberge bestehen, zeigen ganz allgemein eine
Art von rauher, grober Schichtung, welche nahe zu der Ober-
fläche in parallelen Streifen und Formen entspricht:: jedoch in
der Weise, dass am grossen Wannen diese Lagen zwar dem
inneren und äusseren Abhange des Kraters entsprechen, aber
die Stelle, wo diese Lagen sich wölben um nach entgegenge-
setzten Richtungen einzufallen, nicht mit dem höchsten Krater-
rande übereinstimmt, sondern dem äusseren Abhange näher liegt.
Auch finden sich nicht selten Partien darin, die eine verschie-
dene Lage zeigen und scharf gegen einander abschneiden. Das
Material besteht aus Lavastreifen von einigen Fuss Stärke, oft
von deutlichen Rollschlacken begleitet und durch ausgeworfene
Schlacken getrennt, unter denen sich gar nicht selten grosse
ellipsoidische oder vielgestaltige Bomben von vielen Centner
an Gewicht befinden, in denen sich eine lagenweise coneentri-
sche Anordnung verschiedenen Gefuges wahrnehmen lässt.
Uebereinstimmend mit dieser Beschaffenheit der Kratere
und Schlackenberge zeigen sich auch an deren unterem Ab-
hange oder an dem Fusse derselben grössere Lavaströme, aber
während nicht bei allen solche Lavastrome vorhanden sind, so
kommen wiederum Lavaströme besonders in der Vorder-Eifel
vor, bei denen Kratere und Schlackenberge fehlen und deren
Ausbruchsstellen nicht deutlich -sind. Hierher ist derjenige Fall
nicht zu rechnen, wo ein grosser Lavastrom wie bei Nieder-
mendig mit jüngeren Tuffen bis zu 100 Fuss bedeckt ist und
deshalb seine Ausbruchsstelle nicht mit Bestimmtheit mes
wiesen werden kann.
Diejenigen Kratere in der Gruppe des Laacher 'Sees,
welche mit grösseren und deutlicheren Lavaströmen in Verbin-
dung stehen, sind folgende: Hochsimmer mit dem Lavastrome,
der im Nettethale bei Reifs Mühle endet, Forstberg mit dem
kurzen Lavastrome auf der O.-Seite, Rotheberg bei Laach mit.
dem kurzen Lavastrome auf der W.-Seite, Ettringer Bellenberg
mit zwei Lavaströmen, in dem einen liegen die Mühlsteingru-
103
ben von Mayen, in dem anderen diejenigen von Ettringen‘ und
vielleicht auch von Cottenheim, Veitskopf mit dem Lavastrome,
welcher unterhalb Glees endet, und dem kleinen Strome nach
dem Laacher See, Kunksköpfe mit dem Lavastrome nach dem
Brohlthale, Bausenberg mit dem Strome, welcher bis Gönners-
dorf im Vinxtbachthale reicht. Die Gruppe der Wannen sind
auf beiden Seiten mit grossen Lavaströmen umgeben, welche
sich im Nettethale und im Saffigerthale zeigen, von denen
aber nicht angegeben werden kann, welchem der Kratere oder
der Schlackenberge dieser Gruppe sie angehören. Am äusse-
ren N.W.-Abhange des Krufter Ofen nach dem Laacher See findet
sich Lava, als Strom lässt sich dieselbe jedoch kaum bezeichnen.
‚So bleiben denn nur die Kratere des Leilenkopfes, Tön-
chesberges und Nickenicher Weinberges, also gerade die drei
niedrigsten dieser Gruppe übrig, welche keinem grösseren Lava-
strome seine Entstehung gegeben haben. Zu denjenigen Kra-
teren in der Reihe der Vorder-Eifel, welche mit grösseren
Lavaströmen verbunden sind, gehören: Wartgesberg mit dem
Lavastrome, welcher im Alfthale bis unterhalb der Strasse
Trier-Coblenz reicht, der Firmerich mit dem nach dem Lieser-
thale reichenden Lavastrome, auf dessen Ende das Schloss in
Daun steht, Berteler (Scharteberg) mit den beiden übereinander
liegenden Strömen südlich der Strasse von. Steinborn nach
Kirchweiler und mit dem grossen Strome am Wege von Kirch-
weiler nach Neroth, Dungerheck mit dem Lavastrome, dessen
Ende das Beulchen bei Kirchweiler bildet, Lierwiese mit der
Lava nach dem Hillesheimerthale hin, Kalemberg mit den
beiden Lavaströmen am Kyllithale von Birresborn an aufwärts,
Riemerich mit dem Lavastrom gegen das Thal oberhalb Neroth,
Hangelsberg mit dem Strome von Dockweiler, der südliche
Krater am Mosenberge mit dem Lavastrome im Horngraben. Es
wäre hier auch noch die Hagelskaule mit dem Lavastrom nach
Sarresdorf bis an die Kyll anzuführen, wenn nicht Zweifel ob-
walteten, ob dieselbe als ein eigentlicher Krater betrachtet
werden kann; ferner in der Hohen-Eifel die kleine kraterfor-
mige Vertiefung am Wandelsknipp bei Boos, an welcher ein
Lava-Erguss ohne stromartige Verbreitung stattgefunden hat.
Ohne Lavaströme sind in der Vorder-Eifel die ganz ge-
schlossenen ringförmigen Kratere, wie Hüstchen, Papenkaule
und die drei nördlichen Kratere am Mosenberge, ferner die
104
mit einer Oeffnung versehenen Kratere, wie: Facherhöhe, Wet-
chert, Römersberg, Weberlei und Kellert. Die Schlackenberge
in der Gruppe des Laacher Sees, welche mit Lavaströmen zu-
sammenhängen, sind: Plaidter Hummerich, auf dessen O.-Seite
ein Strom nach dem Nettethal hingeht, Sulzbusch, auf dessen
W.-Seite ein Strom an dem Abhange der Nette gegen Langen-
bahn zieht, Camillenberg, von dem ein Strom gegen den Sacken-
heimer Hof und ein anderer in entgegengesetzter Richtung nach
Bassenheim hin sich zieht, Fornicherkopf, von dem ein Lava-
‚strom ins Rheinthal fliesst, der einzige, der unmittelbar in die-
sem Thale nachzuweisen ist, Kollert, von dem ein Lavastrom
. gegen die Nette hin sich zeigt; Lava-Ergüsse, zu kurz um als
Strome bezeichnet zu werden, lassen sich am Abhange und
Fusse des Korretsberges und des Herchenberges wahrnehmen.
Die Schlackenberge in der Vorder-Eifel, welche mit Lava-
strömen in Verbindung stehen, sind: Errensberg mit dem Lava-
strome gegen O. nach dem Pützbornerthale hin, Felsberg, mit
dem die Kuppe umgebenden Lavafelde, Alter Voss mit dem
Lavastrom nach Berlingen und im Thale abwärts gegen Pelm,
' Feuerberg mit zwei Lavaströmen gegen W. und gegen S., Goss-
berg mit zwei Lavaströmen gegen N. und gegen $., Gippen-
berg mit dem Lavastrome nach dem Thale unterhalb Essingen,
Kuppe über der Weisslei mit dem grossen Lavastrome der
Weisslei zwischen Hohenfels und Essingen, Sassenberg mit
dem Lavastrome nach Berlingen, Kyllerkopf mit dem Lava-
strome nach Dom, Bongenberg mit den beiden Lavaströmen
am Galgenheck gegen O. und des Sellbusch gegen W., Nero-
ther Kopf mit dem Lavastrom nach Neroth hin.
In der Hohen-Eifel gehört der Lavastrom der Riesenmauer
auf der Höhe im Hau zu dem Schlackenberge des Hommerich,
und der Lava-Erguss zu der Schlackenmasse am - -Ende des
Schnieberges, S. von Brück.
Lava-Ergüsse finden sich am Rother Himmerich, in der
Deulkaul am Hasenberge, am Hahn, in der grossen Kreiskaul
und von Schocken, die aber zu kurz sind, um als eigentliche
Lavaströme geltem zu Können. we
Die Schlackenberge, welche gar nicht mit Lavaströmen in
Zusammenhang stehen, sind in der Gruppe des Laacher Sees:
Schörchen, Laacher Kopf, Nickenicher Huümmerich und Nicke-
nicher Sattel; bei diesen letzteren kann möglicher Weise der
105
Zusammenhang durch die Bedeckung von Tuff versteckt sein.
"Sehr wahrscheinlich ist dies am Nastberge mit der Lava an
seinem W.-Fusse der Fall. Die Rücken und Kuppen aus der
Gruppe der Wannen werden hier nicht angeführt, weil es bei
den grossen, dieselbe umgebenden Lavafeldern eben zweifelhaft
ist, welcher von den Schlacken-Ausbrüchen damit in Verbin-
dung steht. i
In der Vorder-Eifel stehen die Schlackenkuppen wie der
Wollmerather Kopf, Hohe List, die Kuppen N. von der Warth
und der Bickeberg, sowie der schmale und steile Schlacken-
rücken des Buerberges bei Schutz mit keinem Lavastrome in
Verbindung. |
Es ist in diesen Fällen sehr wahrscheinlich, dass den Aus-
brüchen von Schlacken kein grösserer Erguss von Lava, wel-
che einen Strom bilden konnte, gefolgt ist, wie sich ja schon
an mehreren Stellen nur kleine Massen von Lava zeigen, die
nicht genugten, um stromartig abzufliessen. Dagegen liegen
besonders in der Vorder-Eifel viele Beispiele von Lavaströmen
vor, deren Ausbruchsstellen theils undeutlich, theils nicht. be-
kannt sind und in deren Nähe Schlacken, sei es in der Form
von Krateren, oder in der Form von Schlackenbergen fehlen.
Es dürfte wenig wahrscheinlich sein, dass die Lava-Ausbrüche
ohne Schlackenbildung erfolgt sind. In der Gegend des Laa-
cher Sees mögen die Schlackenmassen wohl durch jüngere
Tuffe an mehreren Punkten bedeckt sein, dagegen sind auch
hier andere vorhanden, wo nur eine Zerstörung und Entfernung
der Schlacken angenommen werden kann, um die gegenwärtige
Form zu erläutern. Dieses letztere möchte überhaupt von den
vielen Lava-Vorkommen in der Vorder-Eifel gelten, welche in
keiner Verbindung mit Krateren oder Schlackenbergen stehen.
Der grosse Lavastrom von Niedermendig, in dem die un-
terirdischen Mühlsteinbrüche betrieben werden, ist bereits’ als
ein solcher angeführt worden, dessen Verbindung mit einem
Krater oder mit einem Schlackenberge nicht nachgewiesen wer-
den kann. Auch die Lava auf der W.-Seite des Nastberges
ist erwähnt worden. In den Schluchten S. vom Nickenicher
Sattel tritt an zwei Stellen Lava auf, deren Herkunft nicht
bekannt ist, so wie auch oberhalb Sibergs Muhle bei Ander-
nach, und S. vom Krufter Ofen am Wege von Andernach nach
Kruft. Die grösste Partie von Lava, welche von keinem Krater
106
oder Schlackenberge abgeleitet werden kann und in den mei-
sten Beziehungen mit denen der Vorder-Eifel übereinstimmt,
ist diejenige, welche W. von Wehr am Meirother Kopf, Manglib-
cher Kopf und Difelder Stein eine ansehnliche Höhe erreicht.
Zu den ganz zweifelhaften Lavavorkommen gehört dasjenige
am Birkenkopf über Bassenheim mit hohen Rollschlacken be-
deckt und dasjenige vom Brückstück bei Winningen, wo gegen-
wärtig nur Lavablöcke bekannt sind. Schon der Lavastrom
bei Bertrich im Uessthale muss zu den zweifelhaften gerechnet
werden, weil die Stelle seines Ausbruches nicht mit Bestimmt-
heit nachgewiesen werden kann. Ebenso verhält es sich aber
noch mit der Lava in den Dachslöchern, an der Falkenlei, die
mit Rollschlacken überaus hoch bedeckt ist, am Timmelbusch
und mit den kleinen Lavapartien an der neuen Strasse von
Bertrich nach Kenfus. Ein ungemein charakteristisches Vor-
kommen eines Lavastromes, dessen Abkunft gar nicht zu er-
klären ist, bietet die Hardt bei Mehren dar. Die Lava liegt
als ein schmaler langgestreckter Zug auf der Höhe eines Tuff-
berges,. dieselbe ist in senkrechte Pfeiler getheilt und die ober-
sten Theile der Pfeiler zeigen den Uebergang aus Lava in
Schlacken. Es ist in der Nähe gar kein höherer Schlacken-
berg, noch weniger ein Krater vorhanden, welcher mit diesem
Lavastrome in Verbindung gestanden haben könnte. Der hohe
Rücken der Lielei zwischen Weiersbach und Uedersdorf be-
steht aus Lava, die auf Devonschichten unmittelbar aufliegt, in
der Nähe derselben in der Fläche von Uedersdorf liegen kleine
Partien von Lava. Die Lava am Kollerknopp oder in der
Steinkaul, hoch mit Rollschlacken bedeckt, ist auch zweifel-
haften Ursprungs, ebenso wie die Lava an der Aarlei, N.W.
von Uedersdorf, welche zwischen Tuffen gelagert ist. Ferner
ist hier anzufüuhren die Lava auf dem Wehrbusch, der Warth,
die’drei kleinen Punkte am Porscheid am Wege von Putzborn
nach Niederstadtfeld, die Lava, auf welcher die Kirche von Neun-
kirchen steht, vom Gossberge W. von Steinborn auf dem Geise-
rich, der Lavarücken W. von Waldkönigen, welcher auf Tuff
liegt, die Lava vom Schwamert, -Döhmberg, Kahlenberg und
Zilsdorf, am Reinertsberge, von der Kyllerhöhe, dem Buch,
Steinrausch, Burlich und $.-Abhange des Kyllerkopfes, von
der Casselburg, Dietzerlei, Krökelberg und dem O. von letzte-
ren gelegenen Hügel, vom Rossbusch, Luscheid, und dem
107
Strome nach Ober-Bettingen, der 8.0. gelegenen Kuppe, die
Lava in der Schlucht S.W. von Dom, die Lava, auf welcher
die Kirche von Dom steht, die beiden kleinen Stellen am Wege
von Gerolstein nach Ober-Bettingen; ferner vom Leikopf,
Muhlköpfen, Birlshardt, Roderkopf, am Steinbuhl, Geisbusch
und am: Goldberge bei Ormont,. der grosse Lavastrom von
Kopp nach Birresborn. Recht auffallend ist es, dass in der
Gegend von Ober- und Nieder-Bettingen, wo einige sehr aus-
gezeichnete Lavaströme von Kuppen herab in die Thäler zie-
hen, an den Kuppen keine Anhäufungen von Schlacken sicht-
bar sind, sondern auch an denselben nur Lava auftritt.
Die Kratere und die Schlackenberge, beide Formen mit
und ohne Lavaströme, so wie auch die Lavaströme, deren Aus-
bruchsstelle nicht bekannt und nicht durch Schlackenmassen
bezeichnet ist, unterscheiden sich in keiner Weise, sie mögen
in der Gruppe des Laacher Sees in unregelmässiger Vertheilung
oder in der Vorder-Eifel in gradlinigen Zugen geordnet auftreten.
Anders verhält es sich mit den Maaren oder Tuffkratern.
In der Gruppe des Laacher See’s sind nur zwei, durch ihre
Grösse sehr ausgezeichnete Formen dieser Art vorhanden, der
Laacher See selbst und das Kesselthal von Wehr, während
die Eifel eine grosse Anzahl von sehr viel kleineren Maaren
und daher auch sehr mannichfach entwickelt darbietet. Der
Laacher. See gehört zu den ganz geschlossenen und daher mit
Wasser gefüllten Maaren. Der Wasserstand in demselben wird
durch einen künstlichen Ablauf, durch einen Stollen, der den
Rand an seiner niedrigsten Stelle durchschneidet, bedingt. Der
Rand des See’s liegt grösstentheils ganz in der Nähe des Ufers
und neigt sich mit steiler einfacher Böschung zu demselben,
nur an einer Stelle entfernt er sich weiter von demselben,
wo eine längere Schlucht von S. Fusse des Rotheberges nach
dem See hinabzieht und auch die an dem ©. Abhange dieses
Berges abfliessenden Schluchten aufnimmt. Die Grösse des
Kesselthales, welches bis zu einer Höhe von 159 Fuss gegen-
wärtig mit Wasser erfüllt ist, ergiebt sich daraus, dass die Höhen-
linie des Randes in der Richtung von N. gegen $., wo der
Abflussstollen mündet 820 Ruthen, in der Richtung der Spitze
des Krufter Ofens von ©. gegen W. 920 Ruthen und von
N.O. gegen S.W. nach dem Rotheberg 1120 Ruthen Durch-
messer besitzt und einen Flächenraum von 3900 Morgen ein-
108
schliesst. Die Randlinie besitzt eine sehr verschiedene Höhe
ganz abgesehen von den vier Krateren und Schlackenbergen,
welche sich mit ihren Spitzen darüber erheben. Die niedrigste
Stelle der Randlinie auf der $. Seite über dem Abflussstollen
liegt über der tiefsten Stelle des Seebodens 257 Fuss hoch
und die höchste auf der W. Seite am Wege von Laach nach
Engeln 537 Fuss hoch, während sich die höchsten Kraterspitzen
zwischen 607 und 883 Fuss über dasselbe Niveau erheben.
Die Aussenseiten des Randes senken sich am steilsten ge-
gen S.O. nach dem Krater des Krufter Ofen, dessen Krater-
boden nur 210 Ruthen vom Seeufer und dessen tiefster Punkt
43 Fuss unter dem Seespiegel liegt. Der Laacher See wird
hauptsächlich von einer weit verbreiteten Tuffablagerung um-
geben, in der sich Schichten von Bimssteinen finden. Schlacken
und Lava kommen an einzelnen Stellen und an den dem Rande
aufgesetzten Krateren und Schlackenbergen vor. Die Schichten
des devonischen Grundgebirges treten an dem inneren Abhange
auf der W. Seite nur in geringer Ausdehnung, dagegen an der
O.-Seitein grösserer Verbreitung an zweiStellen auf, an der einen
vom Thon der Braunkohlenformation bedeckt. An der W. Seite
des Sees tritt an zwei Stellen Löss auf, an der einen liegt
derselbe auf dunkelem Tuff mit Schlackenstüucken, an der andern
ist seine Unterlage nicht unmittelbar zu beobachten, aber wahr-
scheinlich ruht hier der Löss den Devonschichten auf; er. ent-
-hält hier kleine Geschiebe und Schlackenbrocken. In der Nähe
liegen grosse Geschiebe von Devonschiefer und von Braun- _
kohlensandstein. Es ist ungemein wichtig hier an dem innern
steilen Abhange des Kesselthales die frühere Oberfläche des
devonischen Grundgebirges zu finden, wie dieselbe zur Zeit
der Ablagerung des oligocänen Braunkohlengebirges und des
sehr viel jüngeren Lösses bestanden hat. Der Löss hat hier be-
reits Schlackentuffe .vorgefunden, sie bedeckt: und einzelne
Stücke eingeschlossen, ‘ist aber von den mächtigen Tuffablage-
rungen mit Bimsstein und Trachyt bedeckt worden. Auch die
Andeutung der Geschiebebedeckung in der Nähe des Lösses
ist zu beachten. Das Kesselthal von Wehr ist dadurch vom
Laacher See verschieden, dass es einen natürlichen Abfluss in
dem engen Thale des Wirrbachs ins Brohlthal nach Nieder-
Zissen auf der N, Seite besitzt, und anstatt eines Sees einen
ebenen, von sumpfigen Wiesen eingenommenen Boden. Auf
109:
der S. Seite von Wehr ziehen zwei tiefe Schluchten aus der
Nähe des spitzen Tuffkegels der Kappigerley nach dem Kessel-
thale und ebenso zwei Schluchten auf der W. Seite, welche
von der Hoheley herabkommen und sich am Fusse des Difel-
der Steins vereinigen und in einem engen Rinnsale den Ab-
hang bis zur Thalfläche durchschneiden. Die Höhenlinie auf
dem Rande des Kesselthales, mit Ausnahme der Oeffnung des
Wirrbaches, hat von S.O. gegen N.W. einen Durchmesser von
950 Ruthen, von S.W. gegen N.O. dagegen von 1170 Ruthen
und schliesst einen Flächenraum von 4170 Morgen ein, wel-
cher etwas grösser ist als die entsprechende Fläche vom Laa-
cher See.
Der tiefste Punkt des Kesselthales liegt 12 Fuss höher
als der Spiegel des Laacher Sees. Die Randlinie besitzt, ab-
gesehen von dem Einschnitte des Wirrbachs,. sehr verschiedene
Höhen; am Wege von Wehr nach Glees liegt sie 147 Fuss
und am Wege von Wehr nach Rieden zwischen Kappigerley
und Difelder Stein 661 Fuss über dem tiefsten Punkte des
Kesselthales. Zwischen dem westlichen Rande des Laacher
Sees und dem östlichen Rande des’ Thales von Wehr zieht sich
eine flache Mulde von der Kappigerley nach dem Rotheberg
und von dessen Fusse eine Schlucht nach Glees herab, so dass
die Höhenlinien, welche diese beiden Becken umziehen, sich
nur bis auf 250 Ruthen nähern. Der grösste Theil des Kessel-
thales von Wehr wird von sehr verschiedenartigen Tuffen um-
geben, welche einer Seits mit denen des Laacher Sees unmit-
telbar zusammenhängen, anderer Seits sich aber nach Bell,
Volkesfeld und Kempenich hin verbreiten. Sie beginnen auf
der rechten Seite des Wirrbaches auf der Höhe des Hütteber-
ges, ziehen gegen S. bis an den Fuss des innern Abhanges
und reichen um die OÖ. und $. Seite herum, auf der W. Seite
bis über den Weg von Wehr nach dem Steinbergerhofe. Der
N.W. Theil: des inneren Abhanges besteht ebenso wie beide
_ Seiten des Wirrbaches aus dem Grundgebirge der devonischen
Schichten. Auf dem Rande erhebt sich der Schlackenrücken
des Dachsbüsch und die Lavamasse des- Meirotherkopfes und
des Manglibcherkopfes, durch einen tiefen Einschnitt von der
Lava des Difelder Steins getrennt. Der Boden des sumpfigen
Kesselthales wird theilweise von grossen Ablagerungen von
Eisenocker gebildet, welche durch die darin hervortretenden
110
vielen Sauerquellen abgesetzt worden sind und noch abgesetzt
werden. . Die Entwickelung von Kohlensäuregas ist hier sehr
bedeutend. Auch am Laacher See kommen Sauerquellen, theils
unter dem Wasserspiegel, theils in dem Abflussstollen in der
Nähe desselben vor, aber doch nicht in solcher Menge. Wenn
von dem Vorkommen des Braunkohlengebirges und des Lösses,
deren Verbreitungsbezirke nicht bis in die Gegend von Wehr
reichen, abgesehen wird, so ist die Bildung des Laacher Sees
und des Kesselthales von Wehr im Wesentlichen überein-
stimmend. |
Die Maare der Vorder-Eifel, welche mit einer vollständigen
an keiner Stelle durchbrochenen Umwallung versehen und bis
zu einer gewissen Höhe mit Wasser angefüllt sind, in dieser
Form daher mit dem Laacher See übereinstimmen, sind: das
Pulvermaar bei Gillenfeld, das Weinfelder- und Gemünder-Maar
bei Daun. Der Durchmesser der Wasserflächen beträgt am Pul-
vermaar 180 bis 195 Ruthen, am Weinfelder-Maar 100 bis
142 Ruthen, am Gemünder-Maar 93 bis 109 Ruthen. Ob das
Uelmer Maar in der Hohen-Eifel ebenfalls hierher zu rechnen
ist, bleibt zweifelhaft; gegenwärtig findet ein Ablauf desselben
durch den Maargraben in den Ollenbach statt, aber es ist nicht
gewiss, ob derselbe natürlich oder durch Kunst hergestellt ist.
Der Durchmesser des Uelmer Maars bei dem gegenwärtigen
Ablaufe beträgt 136 bis 180 Ruthen. Ausser diesen geschlos-
senen und mit Wasser gefüllten Maaren von mehr runder Form
kommen noch einige ganz geschlossene, aber sehr kleine Maare
vor, deren Boden mit Torf oder mit sumpfigen Wiesen erfüllt
ist. ‘Zwei derselben liegen in der Nähe des Pulvermaars; das
kreisrunde Strohner Maar auf dessen S. Seite und durch den
Krater des Römersberges davon getrennt und das Rott, ein
durch seine lang gestreckte Gestalt sehr ausgezeichnetes Maar
auf der S.O.-Seite des Pulvermaars. Zwei andere liegen 8.
von Udeler: das Dürremaarchen etwa von der Grösse und Ge-
stalt des Strohner Maars und sehr nahe N.W. von demselben
die Hitsche, die kleinste der überhaupt bekannten Maarformen
der Vorder-Eifel. Diese Maare sind alle mit mehr und we-
niger weit verbreiteten Tuffablagerungen umgeben und zwar
wie am Laacher-See auf ihrem ganzen Umfange. Die Devon-
schichten treten aber an dem inneren Abhange der grösseren
vier Maare, an einzelnen Stellen am Pulver- und Weinfelder-
111
Maar, und auf grössere Erstreckungen am Gemüunder und Uel-
mer Maar auf, während die kleineren Maare an ihrem niedrigen
inneren Abhängen nur die Tuffablagerung wahrnehmen lassen.
An dem inneren Abhange des Weinfelder Maares tritt auch
eine Partie von Schlacken auf, die an das Vorkommen der
Schlackenberge am Laacher See und am Wehrer Kesselthale
erinnert. Der Römersberg liegt dem Pulvermaare zwar sehr
nahe, ist doch aber durch eine Einsenkung von dessen Rande
getrennt.
Viel zahlreicher sind die Maare, deren Umwallung wie
bei dem Kesselthal von Wehr durch ein Abflussthal unter-
brochen ist, aus denen also ein abfallendes Thal hervortritt.
Zu denselben gehören die Maare, deren Tuffränder mit den
Tuffen um das Pulvermaar in unmittelbarem Zusammenhang
stehen, wie das Risch, worin Immerath liegt, das Imme-
rather Maar, das Tiefenbacher Maar, das Maar S.O. von El-.
scheid, von Oberwinkel, von Niederwinkel. Ferner haben fol-
gende Maare dieselbe Form: der Mürmesweiher bei Saxler, die
Kratzheck S.O. von Mehren, das Doppelmaar von Schalken-
mehren, von denen das untere einen See enthält; das Maar
zwischen Hohe List und Pfennigsberg, das Maar von Eigelbach
bei Kopp und in der Hohen Eifel das Doppelmaar von Boos,
die Weiher- und Flurwiese bei Uelmen. Alle diese Maare
stimmen darin mit dem Kesselthale von Wehr überein, dass
das Abflussthal in das Grundgebirge der Devonschichten ein-
geschnitten ist, die umgebende Tuffablagerung also wenigstens
an einer Stelle eine Unterbrechung zeigt. Bei einigen dieser
Maare in der Eifel ist die Unterbrechung der Tuffablagerung
geringer als bei Wehr, bei anderen aber auch grösser. Diess
geht so weit, dass bei einigen nur an einer Stelle des Randes
eine grössere Partie von Tuff zurüuckgeblieben ist, oder kleinere
Partien an mehreren Stellen. Zu den Maaren, wo die Tuffe
nur sehr wenig unterbrochen sind, gehören die von Schalken-
mehren und Boos; zu denen, wo nur eine grössere Tuffpartie
vorhanden ist, die Kratzheck und das Maar von Eigelbach.
Mehrere kleine Tuffpartien weist die Umgebung der Weiher--
und Flurwiese nach. Diejenigen Maare, welche nicht bloss
einen Abfluss haben, sondern auch einen Zufluss besitzen,
schliessen sich den vorhergehenden in manchen Beziehungen
näher an; so ist der Zufluss des Meerfelder Maars nicht viel
112
bedeutender als die Schluchten bei Wehr, welche sich in das
Kesselthal hinabziehen; das Mosbrucher Maar ist eigentlich nur
gegen das vorbeiführende Uessthal geöffnet, ohne dass der
Rand zweimal durchbrochen wäre. Mehr tritt die Trennung
beim Duppacher Weiher und beim Holzmaar hervor, und beim
Dreiser Weiher ist der Abfluss etwa durch ein Viertel des Um-
fanges von dem Zuflusse getrennt. Zu den Maaren, die nur
eine theilweise Umwallung haben, sind zu zählen: das Maar
unterhalb des Wartgesberges auf der linken Seite der Alf, Sprink
gegenüber, das Wahlsdorfer Maar, das Maar S. von Auel und
die beiden Maare zwischen dem Wahlhauser und Kyllenberg
O. von Steffeln. Als eine Form, welche zwischen den Krateren _
und den Maaren steht, kann der Kreuzberg bei Berenbach in
der Hohen-Eifel angeführt werden. Es ist eine gegen O. offene
Umwallung, welche aus mächtigen Tuffablagerungen besteht,
die auch gegen W. der Oeffnung gegenüber in einer Einsen-
kung des Walles die Unterlage der Devonschichten hervortreten
lassen. Aus der Vertiefung zwischen dem Rande ’'geht das
Abfallen gleichmässig nach dem Uessbach, so dass der Boden
eines Maares fehlt.
Ausser den Maaren kommen in der Vorder-Eifel kessel-
förmige Thäler vor, die zwar mit vulkanischen Massen und
Tuffablagerungen in Verbindung stehen, aber doch weder als
Kratere, noch als Maare betrachtet werden können. Das Thal
unter dem Wartgesberg ist bereits als eine intercolline Fläche
bezeichnet und schliesst sich demselben zunächst das Kessel-
thal an, worin Uedersdorf liegt; die Mullischwiese bei Bertrich
steht mit den Krateren zu beiden Seiten in einer aber nicht
deutlich erkannten Verbindung. Den Maaren schliessen sich
der Form nach näher an: die Thalerweiterung von Neunkirchen,
- Steinborn, Waldkönigen und Gees; das Kesselthal unterhalb
Hohenfels, oberhalb Pelm, oberhalb Berlingen, welches letztere _
mit den beiden weiten Wiesenthälern von Kirchweiler und von
Hinterweiler zusammenhängt, das Kesselthal oberhalb Dock-
weiler, nördlich vom Errensberg, nordöstlich vom Berteler
(Scharteberg), oberhalb Essingen, südöstlich von Lamersdorf,
zwischen Steffeln und Auel und bei Brück.
Von diesen Formen bietet die Gruppe des Laacher Sees
nichts Analoges dar und da in dieser die eigentlichen Maare
auf zwei sehr grosse Formen beschränkt sind, so liegt wenig-
113
stens hierin der Beweis, dass die Vorder-Eifel ganz besonders
ausgezeichnet ist durch Formen, welche an eigentliche Maare
erinnern, wenn sie auch nicht alle Eigenschaften derselben
darbieten,und dass diese Formen im Allgemeinen der Devonforma-
tion fremd sind. Es bleibt nur noch daran zu erinnern, dass
der mehr als halbkreisförmige Rücken des Gänsehalses, welcher
im Gebiete des Laacher-Sees das Thal von Rieden umgiebt
und in der ausgedehntesten Tuffpartie desselben sich erhebt,
zwar durchaus keine Aehnlichkeit mit der Umwallung eines
Maares hat, aber um so mehr mit der Thalrunde, in der Rockes-
kyll zwischen dem Gippenberge und dem Kyllerkopfe in der
grössten Tuffpartie der Vorder-Eifel liegt. Ebenso wenig die
Ausbruchsstelle dieser beiden grossen Tuffablagerungen nach-
gewiesen werden kann, ist auch die Oberflächenform derselben
zu erklären. Aber ausser diesen beiden grossen Verbreitungen
mächtiger Tuffschichten kommen noch viele kleinere Partien von
Tuff in dem Theile des Gebietes des Laacher Sees, wo die Devon-
schichten unmittelbar die Oberfläche bilden und nicht mit Löss
bedeckt sind, ebenso wie in der Eifel vor, deren Herkunft
nicht bekannt ist. In der Eifel finden sich mit denselben Tuff-
berge, also mächtige Ablagerungen dieser geschichteten vulka-
nischen Massen, deren Ausbruchsstellen unbekannt sind.
Von allen diesen Gebilden verschieden sind aber dieje-
nigen Tuffe, welche in dem Gebiete des Laacher Sees über
dem Löss liegen und deren Verbreitung vom Laacher See aus
weit gegen Ost uber den Rhein hinweg nach dem Westerwalde
bis zur Lahn und in die Gegend von Marburg reicht. Ein
grosser Theil dieser Tuffe besteht aus Bimssteinstucken, die
aber ebenso wie alle anderen vulkanischen Tuffe in sehr dun-
nen Schichten regelmässig übereinander gelagert sind und sich
durch verschiedene Beschaffenheit von einander unterscheiden.
Ueber den vorzugsweise aus Bimsstein bestehenden Schichten
liegt aber noch eine Gruppe von grauen Tuffen, welche weni-
ger Bimssteine, aber viele Bröckchen von Trachyt und Schlacken
enthalten. Diese Tuffe, welche in dem Rheinbecken zwischen
Andernach und Coblenz beinahe zusammenhängend verbreitet
sind, werden je weiter nach Osten um so mehr in vereinzelten,
kleineren, unzusammenhängenden Partien angetroffen. Aber wie
. weit auch diese einzelnen Ablagerungen von einander getrennt
sein mögen, so wird doch ihre Zusammengehörigkeit und ihr
Zeits. d. d. geol. Ges. XVII. 1. u 8
114
S
gemeinsamer Ursprung an keiner Stelle zweifelhaft. Dadurch
unterscheiden sie sich wesentlich von den einzelnen kleineren
Tuffablagerungen im nordwestlichen und westlichen. Theile des
Laacher See-Gebietes und in der ganzen Eifel, wo die einzel-
nen Tuffpartien nur in wenigen Fällen und auf beschränkten
Flächenräumen als zusammengehorig betrachtet werden können.
‘Die Bimsstein- sowie ‘die grauen darüber liegenden Tuffe
finden sich in den entfernteren Bezirken ihrer Verbreitung auf
den Höhen, an den Abhängen der Thäler und auch auf den
Sohlen der grösseren Thäler, wie im Rhein- und Moselthale.
An diesen letzteren Ablagerungsstellen nehmen sie stellenweise
eine eigene Form an, indem die Bimssteinstücke durch ein
thoniges Bindemittel verbunden sind und die Schichten einen
solchen Zusammenhalt gewinnen, dass sie zu Formsteinen ge-
hauen werden können. Die dünnen Streifen von Thon, welche
durch diese nahe horizontalen Schichten hindurch gehen, lassen
keinen Zweifel, dass dieselben im Wasser abgelagert worden
sind. Solche Ablagerungen finden sich in der Fläche des
Rheinthales zwischen Neuwied und Schloss Engers, zwischen
Sayn und Bendorf, in Horchheim, und oberhalb Rhens bei der
verlassenen Bleihütte, im Moselthale in Dieblich und in Lay.
Sehr verschieden von diesen Ablagerungen ist das vulka-
nische Bimsstein-haltende Conglomerat, welches im Brohlthale
und einigen Nebenthälern, wie in dem Thal des Heilbronn,
von Tönnisstein und von Glees unter der Benennung Tuffstein
bekannt ist und mit demjenigen ganz übereinstimmt, welches
zwischen Plaidt, Kretz und Kruft unter einer starken Bedeckung
von Bimsstein und grauen Tuffen gefunden und Duckstein ge-
nannt wird. Dasselbe bildet zum Theil sehr mächtige unge-
schichtete Ablagerungen, die aber mit regelmässigen und dün-
nen Schichten wechseln. Die Lagerung des Tuffsteins im
Brohlthale und in den benachbarten Thälern ist sehr eigen-
thumlich und findet weder im Gebiete des Laacher Sees, noch
in der Eifel eine Analogie. Das im Devonschiefer eingeschnit-
tene und von steilen Abhängen eingefasste 'Thal ist bis zu
einer gewissen Höhe mit Tuffstein erfüllt und in diesem ist
das jetzige engere Thal von Neuem bald mitten im Tuffstein,
bald zwischen demselben und dem Devonschiefer eingeschnitten.
Die obere Fläche des Tuffsteins, welche in dem Thale eine
Terrasse bildet, hat eine nur wenig grössere Neigung als das
115
Gefälle des gegenwärtigen Thäles beträgt. Die Verbreitung
des Ducksteins zwischen Plaidt und Kruft ist der mächtigen
Bedeckung wegen nicht bekannt.. Seine mineralogische Zu-
sammensetzung ist derjenigen des Tuffsteins von Brohl ganz
gleich. In der Eifel ist die Herkunft der Tufflagerungen in
der unmittelbaren Umgebung der Kratere und der Maare sehr
deutlich und bestimmt nachweisbar. Aber wo diese Formen
fehlen, wo die Tuffe entweder nur mit Schlackenbergen, oder
nur mit "Lavaströmen oder ganz ohne solche Produkte in ein-
zelnen wenig mächtigen Partien oder in kuppenförmigen Ber-
gen, welche sich über die Rücken und Hochflächen der devo-
nischen Schichten erheben, auftreten, ist ihre Herkunft schwie-
rig oder gar nicht zu erklären.
In der Umgebung einzelner Mind finden sich getrennt
von dem Tuffwalle derselben getrennte kleine Tuffpartien,
welche auf den gemeinsamen Ursprung hinweisen. So liegen
solche Partien auf-der W. und auf der O.-Seite des Meerfelder
Maares, von dessen Rande 1200 Ruthen entfernt bei Meisburg
auf dem Rucken zwischen der Salm und der Lohsalm, bei und
in Manderscheid auf dem Rucken zwischen der kleinen Kyll
und der Lieser 1000 Ruthen von dem Rande des Maares ent-
fernt. ‚Da sich in erster Richtung der Tuff zusammenhängend
vom Maare aus bis gegen den Abhang der Salm über Deudes-
feld hinweg verbreitet, so lässt sich kaum bezweifeln, dass die
Partie von Meisburg zu den Tuffen des Meerfelder Maares ge-
hört. Dagegen ist der mit Schlacken zusammen vorkommende
Tuff am Buerberge bei Schutz von dem Rande des Meerfelder
Maars nur 860 Ruthen gegen N. entfernt, und doch muss sehr
bezweifelt werden, dass er in irgend einer Beziehung zu diesem
Maare steht. Aber seine Herkunft und seine Ausbruchsstelle
ist durchaus unbekannt. Der Buerberg erhebt sich auf der
linken Seite des Wallenborner Baches. Auf der rechten Seite
desselben liegt an dem oberen Theile des Abhanges eine kleine,
wenig mächtige Tuffpartie, also dem Meerfelder Maare noch
etwas näher.
Die vereinzelten Partien von Tuff, welche in der Nähe von
Strotzbusch auf dem Rücken zwischen der Uess und dem Tiefen-
bach liegen, nähern sich einer Seits der Mitte des Tiefenbacher
Maars bis auf 400 Ruthen, entfernen sich aber anderer Seits
um dis Doppelte von demselben und kommen dem Maare
8*
116
unterhalb. des Wartgesberges bei Sprink näher. So wird es
ungemein schwer sein zu entscheiden, von welcher Ausbruchs-
stelle diese Tuffe herrühren.
Auf der N.W.-Seite der nahe zusammenliegenden und von
einem zusammenhängenden Tuffwalle umgebenen Maare, des
Dürre Maarchen und der Hitsche, findet sich auf dem breiten
Rücken zwischen der Alf und der Lieser 'eine kleine wenig
mächtige Tuffpartie. Sie ist zwar nur 200 Ruthen von dem
Dürre Maarchen und noch weniger von der Hitsche entfernt,
aber bei der geringen Breite und der scharfen Grenze des Tuff-
walles um beide Maare, bei den kleinen Dimensionen der-
selben und dem gänzlichen Mangel an allen ähnlichen Tuffpar-
tien in der Gegend wird es gewiss- für zweifelhaft gehalten -
werden, ob dieser Tuff aus dem Durre Maarchen oder aus der
Hitsche herrührt. Anderer Seits liegt derselbe aber in einer
Entfernung von 800 Ruthen von den nächsten Tuffpartien
zwischen Gillenfeld und Ehlscheid, auf der S.W.-Seite der Muür-
meswiese und des Hasenberges bei Tritscheid entfernt.
Bei den drei Dauner Maaren, deren Tuffauswürfe über-
einandergreifen, könnte vorausgesetzt werden, dass sich gar
keine Schwierigkeiten finden würden. Die Verhältnisse sind
aber selbst mit Hinzunahme des vierten Maares am Pfennigs-
berge keinesweges leicht verständlich. Die Tuffpartie der
Hardt auf der N.-Seite der Hohe List und Alteburg auf der
S.-Seite ist so wenig von derjenigen getrennt, in welcher
die drei Maare liegen, dass an einen ursprünglichen Zusam-
menhang gedacht werden möchte und dabei-ist die sehr ver-
schiedene Verbreitung des Tuffes von den Ausbruchsstellen
wieder ein wesentliches Hinderniss.
Nicht sehr entfernt finden sich die beiden hohen Tuff-
berge: der Hasenberg mit der niedrigeren Schlackenkuppe und
dem Lava-Erguss der Deulkaule bei Tritscheid und die Aarlei
mit einer eingelagerten Lavaplatte bei Uedersdorf, sowie die
niedrigere Tuffpartie $S. von der Weberlei, welche nur durch
den Thaleinschnitt der Lieser vom Hasenberge getrennt: ist.
Diese nahe gelegenen Tufflager und -Partien können gewiss
nicht auf die Ausbruchsstelle des kleinen Kraters der Weberlei
bezogen werden;- vielleicht könnte nur die Partie, welche sich
S. unmittelbar daran anschliesst, aus demselben abgeleitet wer-
117
den; dem widerspricht aber wieder die Zusammengehörigkeit
derselben mit dem Hasenberge.
Die Schlacken und Laven des Nerother Kopfes erheben
sich auf einem breiten Rücken, dessen oberer Theil aus Tuff
besteht, in geringerer Entfernung von demselben ziehen sich
am Abhange zwei getrennte Tuffpartien nach Ober- Stadtfeld
herab; eine dritte liegt in diesem Orte selbst auf der rechten
Seite der Kl. Kyll. In der Nähe derselben zeigen sich noch
zwei kleinere Partien an dem nördlichen tieferen Abhange des
Porscheid zwischen Ober-Stadtfeld und Putzborn. Eine dritte
grössere Partie zeigt sich in der Nähe dieses letzteres Ortes.
Dieselbe fuhrt gegen O. nach dem Wehrbusch, welcher sich
auf dem Rücken zwischen dem Puützborner Bache und der
Lieser S. von Daun erhebt, wo Tuffe und Lava zusammen
vorkommen. Die Entfernung dieser Tuffe beträgt 380 Ruthen.
Auf demselben Rücken gegen N.W. vom Wehrbusch liegt die
ausgedehntere Tuffpartie in der Nähe der Warth, an der Strasse
von Daun nach Dockweiler. Diese Tuffpartie hat in den Ein-
schlussen von tertiären Pflanzenabdrücken Aehnlichkeit mit dem
Tuffe am Buerberge. Zwischen dem nördlichen Ende der
grossen Tuffablagerung am Nerother Kopfe und dieser letzteren
an der Warth erhebt sich aus dem Pützborner Thale zwischen
Neunkirchen und Steinborn der mächtige Tuffrucken nach dem
Riemerich und nach dem Gossberge. An dem nördlichen Ab-
hange desselben auf der Held liegen die grossen Steinbruche,
worin fest zusammenhaltende Tuffschichten gebrochen werden,
welche hierin nur denjenigen vom Kyllenberge bei Auel ähn-
lich sind. Dieser hohe Tuffrüucken ist nur durch die vom Ber-
teler (Scharteberg) nach Steinborn hinabziehende Schlucht von
dem niedrigeren und schmalen Rücken des Geiserich getrennt,
über welchen die Strasse von Steinborn nach Kirchweiler führt.
Derselbe ist ebenfalls mit Tuff bedeckt, welcher bis nahe an
Steinborn ins Thal reicht und gegen W. beinahe mit dem
Tuff zusammenhängt, aus welchem sich Berteler, Dungerheck
und Errensberg erheben. |
Zwischen Neroth, Gees und Büscheich liegen mehrere ver-
einzelte Tuffpartien, von denen nur die westlichste sich am
Abhange des Kröckelberges hinauf erstreckt und hier mit der
Lava in Berührung tritt. Die übrigen sechs Partien stehen in
keiner Verbindung mit anderen vulkanischen Massen und sind
118.
über einen Raum von O. gegen W. von 700 Ruthen Länge:
und von $. gegen N. von 400 Ruthen Breite verbreitet. Eine
derselben liegt am Bache oberhalb Neroth auf der rechten Seite
im Wege nach Kirchweiler; zwei liegen auf der linken Seite
des Baches, welcher nach Gees abfliesst, eine liegt auf der
Höhe O. vom Wege von Gees nach Salm, zwei endlich an
den Abhängen einer nach dem Michelbach abfallenden Schlucht.
Die östlichste Partie liegt vom Tuffe des Nerother Kopfes
340 Ruthen und die nördlichste von dem hohen Tuffrücken
des Geeserberges 320 Ruthen entfernt. |
Ein durch den steilen südlichen Abfall gegen das Lissin-
ger Thal sehr ausgezeichneter Tuffrücken ist der Willersberg;
feste zusammenhaltende Schichten bilden den steilen Abfall.
Derselbe ist nur durch den Thaleinschnitt des Oosbachs von
dem hohen Tuffberg des Schocken (an der Schütt) getrennt.
An der Östseite des letzteren finden sich Schlacken und ein
Lavastrom. Dieser Tuffberg ist durch eine flache Einsenkung
vom Rother Himmerich und dieser durch eine grössere Ver- |
tiefung von der grossen Ablagerung zwischen Roth und Nieder-
Beitingen getrennt. Der hohe Rücken des Himmerich besteht
aus Schlacken und Lava.
Innerhalb der zuletzt angeführten Ablagerung erhebt sich
die Lava des Luscheid, der Lavastrom nach on
hin und eine kleine Lavamasse. |
Sehr vereinzelt findet sich der Tuff an einen Lavastrom
grenzend in der Schlucht, welche sich Dom gegenüber ins
Kylithal mündet, die kleinen und wenig mächtigen Tuffpartien
zwischen Lamersdorf und Bolsdorf, zwischen diesem Orte und
Nieder-Bettingen, ferner in Verbindung mit Lava am Steinrausch
und am Buch bei Hillesheim. \
| Der kegelförmige Katzberg bei Basberg besteht an der
Spitze aus Tuff, der sich am Abhange gegen N.O. hinab erstreckt,
und ist von der Tuffpartie getrennt, welche sich nach dem aus
Lava gebildeten Leikopf erstreckt.
Wenn auch der Stefflerberg, welcher ganz aus Tuff be-
steht, sich unmittelbar aus dem Kesselthale zwischen Steffeln
“und Auel erhebt, so wird doch-dadurch die kegelförmige Form
des Berges nicht erläutert.
Getrennt liegt die Tuffpartie an dem Wege von Steffeln
nach Schönefeld, weit von jedem anderen Tuffe entfernt die
119
Partie bei und in Schönfeld auf der linken Seite des Wirft-
baches und endlich der hohe Tuffberg Goldberg bei Ormont,
an dem sonst nur eine kleine Lavamasse bekannt ist. Mit die-
sem ganz vereinzelten hohen Tuffberge bietet die meiste Aehn-
“ lichkeit der Niveligsberg bei Drees in der Hohen -Eifel dar,
welcher nur an der Spitze und an dem Abhange kleine Schlacken-
massen zeigt; der Reinertsberg N.W. von Brück mit einem
Lava-Erguss und der Rädersberg O. von Bruck, welcher ebenso
wie eine kleine Partie $. von diesem Orte nur allein aus Tuff
besteht. Zwischen dem Reinertsberge und dem nördlichen
Tuffwall des Dreiser Weihers findet sich noch eine kleine
isolirte Tuffpartie.
Endlich sind noch die ganz kleinen Tuffpartien in der
Umgegend von Uelmen zu erwähnen. Der Tuff, welcher zu-
sammenhängend das Uelmer Maar umgiebt, verschwächt sich
nach seinem äusseren Rande hin bis zum völligen Verschwin-
den. Nur gegen N. am Rande der Weiherwiese ist die Grenze
dieses Tuffes unsicher. Drei kleine Partien von Tuff liegen
an dem rechten Abhange der Uess zwischen Meiserich und
Schönbach, eine in der Nähe von Meiserieh auf der linken
Seite der Uess am Wege nach Uelmen. Die anderen liegen
am inneren Abhange des grossen Kesselthales der Weiher- und
Flurwiese, zwei auf der W.-Seite in der Nähe der Strasse von
Uelmen nach Berenbach, zwei auf der O.-Seite am Fusswege
‘von Uelmen nach Hausen am Finkler und am Neuen Hof, die
letzte entferntere auf der N.O.-Seite am Wege nach Köttrichen. So
klein diese Partien auch im Verhältniss zu dem Umfange des
Kesselthales erscheinen, so sind dieselben ihrer Lage nach
doch nur auf diese Ausbruchsstelle und nicht auf das Uelmer
Maar zu beziehen. Diejenigen, welche am Abhange des Uess-
thales liegen und dem Uelmer Maare sich mehr nähern als der
Mitte der Weiher- und Flurwiese, bleiben dagegen zweifelhaft.
Beschaffenheit der vulkanischen Produkte.
Die Schlacken und die Laven beider Gegenden sind ein-
ander gleich, während die Tuffe in der Gruppe des Laacher
Sees eine grosse Mannigfaltigkeit darbieten, theils mit den
gleichartigen Tuffen der Eifel übereinstimmen, theils von den-
selben sehr verschieden sind.
Diejenigen Tuffe, welche mit Krateren zusammenhängen
120 _
und in der Gruppe des Laacher Sees entschieden als die älte-
ren, vor dem Absatze des Löss ausgeworfen worden sind,
stimmen mit den Tuffen der Eifel überein; während die Tuffe
in dem ersten Gebiete, welche jünger und erst nach dem Ab-
satze des Löss abgelagert worden sind, sich davon unterschei- '
den und unter sich selbst noch wesentliche Verschiedenheiten
darbieten. Dieselben wechseln übrigens auch stellenweise in
Schichten mit solchen Tuffen ab, welche den älteren und also
auch denen der Eifel gleich sind. |
Mit dem’ Namen Tuff sind hier alle diejenigen Massen
bezeichnet, welche in regelmässigen Schichten gelagert gefun-
den werden und zum Theil ganz bestimmt aus eigentlichen
Krateren und aus den Maaren ausgeworfen worden sind, und
dann alle diejenigen geschichteten aus denselben Materialien
bestehenden Massen, welche ihrer Zusammensetzung nach mit
den vorhergehenden übereinstimmen, wenn auch ihre Herkunft,
die Stelle ihres Ausbruches nicht nachgewiesen werden kann.
Die Schlacken lassen sich in Wurfschlacken und in Roll-
schlacken unterscheiden. Dieselben setzen die Kraterränder
oder die abgestumpften Kegel zusammen, in welche die Kra-
ter eingesenkt sind, selten allein, gewöhnlich in Verbindung
mit Lavastreifen. Sie zeigen Andeutungen einer rohen Schich-
tung. Die Wurfschlacken sind theils rundliche, concentrisch
um einen fremdartigen Kern geordnete, dichtere und porösere
Massen (Bomben oder Auswürflinge), theils tauförmig gedrehte
und gewundene Gestalten, auch scheibenförmige Formen, die
beim Auffallen entstanden sind. Die Wurfschlacken gehen bei
Abnahme der Grösse ganz in das Material der Schlackentuffe
über, die Bomben oder Auswürflinge in die Rapillen, von der
Grösse der Schrotkörner oder Erbsen bis zu der von Kartoffeln
oder einer Faust. Bei der gleichen Bildungsweise dieser Mas-
sen besteht der wesentliche Unterschied nur in der grösseren
oder geringeren Entfernung von der Ausbruchsstelle und in der
dadurch bedingten gleichförmigeren oder mehr verschwindenden _
Schichtung. Die Rollschlacken, welche sich als erstarrende
Schollen auf der Oberfläche der fliessenden Laven bilden und
am vorderen Ende derselben herabfallen und auf diese Weise.
auch als deren Unterlage erscheinen, sind nicht immer leicht
von den gedrehten und scheibenförmigen Wurfschlacken zu
unterscheiden.
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121
' Die Laven in den Kraterrändern treten als zusammen-
hängende Streifen eines blasigen, porösen oder auch dichteren
Gesteins auf, welche von einander durch Rollschlacken und
Wurfschlacken getrennt sind. ‘In mächtigeren Ergüssen und in
eigentlichen Strömen bei grösserer Stärke zeigen sie sogleich
senkrechte, pfeilerförmige, wenn auch unregelmässige Abson-
derungen. Der obere Theil der Pfeiler zeigt bisweilen noch
den Uebergang in Schlacken, als der ursprünglichen Oberfläche
des Stromes, während der tiefere Theil aus einem gleichmäs-
sig porösen oder‘ auch aus einem kleinrissigen und dichteren
Gesteine besteht. Nur an wenigen Stellen bei längeren Lava-
strömen wird die Absonderung regelmässiger, in dunne grad-
Hächige Pfeiler (Säulen) bei einem nahe dichten, mit kleinen
rissigen Höhlungen versehenen Gestein. Diese schlanken Pfei-
ler sind besonders ausgezeichnet in der Lava an der linken
Seite der Nette bei der chemischen Fabrik von Münzel nahe
bei Mayen, bei Bertrich im Uesthale besonders am Dennereck
und in der Käsegrotte, wo dieselben eine horizontale Quer-
theilung zeigen, bei Sarresdorf unterhalb Gerolstein an der rech-
ten Seite der Kyll und bei Zilsdorf.
Die Zusammengehörigkeit der Schlacken und Laven und
eines Theiles der Tuffe, sowie die Uebereinstimmung derselben
in der Gruppe des 'Laacher Sees und in der Eifel zeigt sich
aber nicht allein in dieser Entwickelung, sondern auch in der
mineralogischen Zusammensetzung. Diese ist besonders in den
einzelnen ausgeschiedenen Mineralien zu erkennen, denn die
Grundmasse ist kaum dazu geeignet, die sie bildenden Minera-
lien unterscheiden zu lassen. Dieselbe erscheint entweder ganz
dicht, oder so fein krystallinisch, dass die Gemengtheile nicht
zu erkennen sind. In einem Theile der Laven des Laacher
See-Gebietes lasst sich an den Wänden der kleinen Höhlungen
Nephelin in kleinen Krystallen erkennen, welche aus der
Grundmasse mit ihren Enden hinein zu ragen scheinen. Da-
rauf ist der Unterschied von Nephelin-Lava und Basalt-Lava
begründet worden, da sich in anderen Laven dieses Mineral
bisher nicht hat wahrnehmen lassen. Es ist indessen zweifel-
haft, ob die Zusammensetzung beider dennoch nicht dieselbe
ist und der Nephelin, wenn auch nicht wahrnehmbar in die-
sen letzteren enthalten ist. Chemische Analysen der sogenann-
ten Basalt-Laven aus beiden Gebieten fehlen noch, durch welche
122
diese Frage wenigstens annähernd, vielleicht auch bestimmt
entschieden werden könnte. Ein wesentlicher Unterschied zwi-
schen der Gruppe des Laacher Sees und der Eifel liegt aber
in dieser Beziehung nicht vor, da auch in einem Theil der
Eiferler Lava Nephelin erkannt worden ist und also auch in
der Eifel beide Arten der Laven vorkommen wurden, wenn
sich eine Verschiedenheit derselben herausstellen sollte.
Zu der Nephelin-Lava gehört im Gebiete des Laacher
Sees die Lava vom Bellenberge nach der oberen Reifs-Mühle,
am Winfeld bei Ettringen und bei Cottenheim, von Nieder-
mendig, am Hochsimmer‘im Steinbruche des Grafen von Re-
nesse, auf der Ostseite der Wannen nach der Nette hin, von
Plaidter Hummerich nach Hochsmuüuhle an der Nette, am Kor-
retsberg, bei Bassenheim am 0. Fusse des Camillenberges,
am Brückstück bei Winningen, am Fusse des Nastberges, und
am S. Fusse des Herchenberges beim Beunerhofe. Diese letz-
tere zeichnet sich vor allen anderen dadurch aus, dass sie
auch Melilith, wie das Gestein vom Capo di bove bei Rom
enthält.
In der Vorder-Eifel gehören der Nephelin-Lava die nach-
stehenden an: die Lava von der Aarlei und von der Lielei bei
Uedersdorf, von der Hardt bei Mehren, von den Leien am
Firmerich bei Daun, von Dockweiler, vom Schwamert, Döhm,
vom Beuelchen in Kirchweiler, von der N.O.-Seite des Ber-
teler (Scharteberg) und vom Wehrbusch bei Daun.
Noch ist hier das Vorkommen von Analcimkrystallen in
den Drusen der Lava von der Alteburg zu erwähnen.
Bei der Ungewissheit, welche in Bezug auf die Beschaffen-
heit der Laven überhaupt in beiden Gebieten statt findet, lässt
sich nicht beurtheilen, wie sich die Häufigkeit der einen oder
der anderen Art darin verhält. Nur das deutlichere, leichter
erkennbare Vorkommen von Nephelin in den Laven findet sich
öfter im Gebiete des Laacher Sees als in der Eifel, obgleich
dasselbe in beiden Gegenden bisher an gleich vielen Stellen
überhaupt erkannt worden ist.
Am häufigsten findet sich überhaupt in allen diesen La-
ven: Augit, Olivin und schwarzer (Magnesia) Glimmer. Der
Augit ist im Allgemeinen häufiger in den Basalt-Laven, als in
den ‘Nephelinlaven, obgleich es auch hier Ausnahmen giebt,
wie die Lava von Dockweiler, welche ungemein viele Augite
123
enthält und doch den Nephelin in kleinen Höhlungen erkennen
lässt. Der Olivin ist gewöhnlich in geringerer Menge und in
kleineren Körnern vorhanden als der Augit und verschwindet
in einigen Laven ganz Der Glimmer kommt noch weniger
vor und fehlt in vielen Laven der Eifel. Der Augit bildet
grösstentheils unregelmässig begrenzte Partien, seltener be-
stimmt begrenzte Krystalle; diese kommen beim Olivin nur
einmal am Forstberge vor, besonders in den am N.O.-Fusse
zerstreuten Blöcken; der Glimmer bildet Tafeln von sechssei- |
tigem Umriss mit abgerundeien Ecken.
Zu den Laven, welche sehr viel Augit enthalten, gehören
im Gebiete des Laacher ‘Sees: diejenige von der Mauerlei am
Veitskopfe, vom Bausenberg, von der Seelswiese zwischen
Forstberg und Hochsimmer, von der Rauschenmühle, von Saffıg
und vom Birkenkopfe; in der Vorder-Eifel: diejenige von den
Leien am Firmerich, auf der W.-Seite des Berteler (Scharte-
berg), am Beuelchen in Kirchweiler, in der Schlucht oberhalb
Essingen, am Buch bei Hillesheim, bei Berlingen, an der Birls-
hardt bei Oberbettingen, vom Leikopfe, und an dem unteren
Ende des Stromes vom Kalemberge zunächst bei Lissingen.
Ausgebildete Krystalle von Augit sind bemerkt worden in
der Lava am Veitskopfe nach dem Laacher See hin, von den
Leien am Firmerich, bei Dockweiler, vom Feuerberge, zwi-
schen dem Kahlenberge und dem Ohrenberge an dem alten
Wege von Daun nach Hillesheim und am Steinbuhl N. von
Auel.
Zu den Laven, welche reich an Olivin sind, zählen die
Laven von der Rauschenmuhle, von Hochsimmer, von Sarres-
dorf (Strom der Hagelskaule bei Gerolstein), im Horngraben
am Mosenberge und am Gossberge W. von Steinborn und in
der Hohen-Eifel am Wandelsknipp bei Boos.
Ausgezeichnet ist der Glimmer durch die Grösse der Ta-
feln in der Lava vom Veitskopfe nach dem Laacher See hin,
am Krufter Ofen (Stöckershöhe) nach dem Laacher See hin,
zwischen Volkesfeld und dem Norberge, während derselbe in
den folgenden Laven selten auftritt: an der Siebergs Muhle
bei Andernach, in der Schlucht zwischen dem Nickenicher
Sattel und Hummerich, an der Teufelsburg bei Ober-Hecken-
bach, an dem unteren Ende des Stroms bei Fornich, am Hoch-
simmer im Steinbruche des Grafen von Renesse, am Sacken-
124
heimer Hofe bis zum Verschwinden, bei Bertrich, vom Fels-
berge, bei Dockweiler bis zum Verschwinden, in der Hohen-
Eifel in der Riesenmauer bei Utzerath.
Als ein seltenes Vorkommen verdient hier die Hornblende
neben dem Augit in der Lava des Bellenberges bei Mayen, bei
Bassenheim am O.-Fusse des Camillenberges und am Reinerts-
berge bei Brück angeführt zu werden. Je einfacher hiernach
der Gehalt der Laven dieser beiden Gegenden an einfachen
Mineralien und an Einschlüssen fremdartiger Gebirgsarten ist,
um so überraschender ist die Mannigfaltigkeit, welche die La-
ven von Niedermendig und noch mehr von Mayen an einge-
schlossenen Mineralien und an fremdartigen Gebirgsarten zei-
gen. Die Lava von Niedermendig liegt dem Laacher See so
nahe, dass sie in dieser Beziehung besondere Aufmerksamkeit
erregt, und dass an eine gewisse Verbindung in dem Auftreten
gewisser Mineralien in dieser Lava und in den Tuffen, welche
den See umgeben, zu.denken wäre, während die aus dem Kra-
ter des Bellenberges nach Mayen geflossene Lava doch schon
eine Meile von der Mitte des Sees entfernt ist und viele den-
selben nähere Kratere ganz einfache Laven geliefert haben.
Diejenigen einfachen Mineralien, welche in diesen beiden
Laven ausser Nephelin, Augit, Olivin und Glimmer öfter oder
als Seltenheit gefunden worden sind, bestehen in: Sanidin,
Hauyn, Zirkon, Sapphir, Granat, Magneteisen. In der Lava
von Niedermendig kommt dann noch vor: Leueit, und in der
von Mayen: Hyacinth, Smaragd, Spinell, Magnetkies. Horn-
blende, welche in dieser letzteren vorhanden ist, kann nicht
mit Bestimmtheit von Niedermendig angeführt werden.
Zu den fremdartigen Einschlüssen, welche mit den Ge-
birgsarten aufzuzählen sind, gehört vor allen anderen der Quarz.
' Derselbe rührt wohl aus den vielen Quarzgängen oder Massen
her, welche in den devonischen Schichten dieser Gegend so
sehr häufig vorkommen und die sich in der Lava von Mayen
häwfiger, in der von Niedermendig seltener mit dem Quarz zu-
sammenfinden. In der Mayener Lava ist auch einmal ein Quarz-
stück aus einem Kupfererzgange mit Kupferglanz, Buntkupfer-
erz und Kieselkupfer vorgekommen, obgleich in der Nähe von.
Mayen kein solcher Gang in den devonischen Schichten be-
kannt ist. Zu den fremdartigen Einschlussen, die in der Lava
von Niedermendig fehlen und dagegen bei Mayen, ganz beson-
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125
ders aber in der Lava auf dem Winfelde häufig in grossen
Stücken vorkommen, gehört dichter Kalkstein von eigenthum-
lichem Ansehen. In den Einschlüssen krystallinischer Silikat-
gesteine scheint bei Niedermendig eine ‚grössere Mannigfaltig-
keit zu herrschen als bei Mayen, dort sehen sie dem Granit,
Gneis, Syenit, Hornblende- und krystallinischen Feldspathgestei-
nen ähnlich, hier nur diesen letzteren und dem Glimmerschiefer.
Zu den Mineralien, welche in den Poren und Drusenräu-
men dieser Lava vorkommen, gehört ganz besonders ein grü-
nes in ganz feinen Nadeln krystallisirendes Mineral, dessen
mineralogische Bestimmung eben deshalb noch nicht mit völli-
ger Gewissheit erfolgt ist. Dasselbe wird gewöhnlich für Augit
gehalten und ist Porricin genannt worden. Es ist nicht blos
in diesen beiden Laven, sondern auch in den übrigen Laven und
in den Schlacken ziemlich häufig. Ausser diesem Porriein ist
ist in den Drusen der Lava von Mayen gefunden worden:
Mesotyp, Natrolith, Aragon und Gyps.
Der grosse Reichthum an Mineralien und Gebirgsarten,
welche in diesen beiden Laven in Vergleich zu allen übrigen
Laven in dem Gebiete des Laacher Sees und der Eifel bisher
bekannt ‚geworden ist, findet zum Theil seinen Grund in dem
sehr lebhaften Steinbruchsbetriebe, welcher in denselben statt-
findet und durch welchen alle diese Funde gemacht worden
- sind. Kein anderer der vorhandenen Lavaströme wird in die-
ser Gegend in solcher Weise bearbeitet; alle übrigen Stein-
brüche sind unbedeutend im Vergleich zu denen von Nieder-
mendig und Mayen.
Aber es ist immer bemerkenswerth, dass in den Stein-
brüchen in der Lava auf der Ostseite der Wannen an dem
Wege von Ochtendung nach Plaidt, im Wirzenwäldchen, am
Fusse des Nastberges auch nicht ein einziges Stück Hauyn
gefunden oder zur öffentlichen Kenntniss gekommen ist. Die
grössere Zahl von Mineralien, welche von Mayen im Vergleich
zu der von Niedermendig bekannt ist, möchte theilweise dem
Eifer zuzuschreiben sein, mit welchem der für die minera-
logische und geologische Kenntniss dieser. Gegend leider
zu früh verstorbene Kataster-Kontroleur CLoutH in Mayen
hier gesammelt hat; denn ihm allein ist die Kenntniss der-
jenigen Mineralien zu verdanken, welche aus der Mayener
Lava bekannt sind und in Niedermendig bisher noch fehlen.
126
Hier mögen nun noch die wenigen Vorkommnisse aus an-
deren Laven angeführt werden, welche bis jetzt bekannt sind:
Einschlüsse von Sanidin in der Lava vom Herchenberge und
von Bassenheim, von Magneteisen in der Lava von Wehrbusch,
in der auch vielleicht der Sanidin als ein wesentlicher Be-
standtheil der Grundmasse auftritt; Einschlüsse von Devon-
schiefer und Devonsandstein (Grauwacke) in der Lava der
Teufelsburg bei Ober-Heckenbach und auch ausserdem von Quarz
in der Lava der Leien am Firmerich; Einschlüsse von granit-
artigem Feldspathgesteine in der Lava der Teufelsburg und
von Bassenheim. Nicht selten sind Einschlüsse eines matt-
rothen Minerals in tafelförmigen Bruchstücken von einfach
blättrigem Bruche, welche hartgebranntem Thonschiefer gar
nicht unähnlich sehen und die in den Schlacken viel .häu-
figer auftreten und hier auch den Uebergang in Thonschiefer
mehrfach wahrnehmen lassen. Da eine chemische Analyse
dieses Minerals noch fehlt, so ist ein bestimmtes Urtheil über
dasselbe noch zurückzuhalten. Hier mögen nur einzelne von
den vielen Laven genannt werden, in denen dieses rothe Mi-
neral stellenweise recht häufig vorkommt: in der Lava auf der
Ostseite der Wannen am Wege von Ochtendung nach Plaidt,
auf der Nordseite des Berteler (Schartebergs), der Leien am
Firmerich, am Lochert bei Hohenfels, und der Hardt bei
Mehren.
Ein anderes Vorkommen ist ganz besonders ausgezeichnet
in der Lava von Bertrich, vorzüglich an der Mullischwiese; |
dasselbe besteht in Ueberzügen rundlicher Blasenräume oder
in kleinen Körnern eines dichten, schwarzen, glasartigen Mi-
nerals, welches porös wird, dann in dunneren Wänden eine
grune Farbe annimmt und schaumartig blasig weiss erscheint.
Porricin tritt in den Laven der Eifel am Wehrbusch und am
Feuerberge auf.
Wenn in den Laven von den de Mineralien: Aus Olivin
und Glimmer der letztere im Allgemeinen entschieden zurück-
tritt, so ist dies in den Schlacken nicht der Fall, im Gegen-
theil findet sich derselbe wohl beinahe in allen Schlacken und
in den meisten recht häufig, dagegen tritt der Olivin in den-
selben gegen die beiden anderen Mineralien zurück. Unter
den Schlacken zeichnen sich durch viele und grosse Glimmer-
tafeln folgende aus: in der Gruppe des Laacher Sees vom
127
Schörchen, vom Herchenberg, vom Kollert, vom Tönchesberg,
und in der Eifel vom Errensberg, vom Firmerich und von der
Weisslei bei Hohenfels. Augit in Krystallen zeigen die Schlacken
vom Schörchen, vom Bausenberg, am N.O. Abhange des Forst-
berges und hier wie wohl seltener Krystalle von Olivin.
Mit Augit zusammen kommt Hornblende vor: am Rothe-
berg in den Wannen, und am Wollmerather Kopf. Sanidin
ist darin gefunden am Nastberg, Dachsbusch, kl. Wannen,
zwischen dem Rotheberg und der Nette, an der Falkenlei bei
Bertrich, an der Deulkaul am Hasenberge, und an der Papen-
kaule bei Gerolstein.
Von fremdartigen Einschlüssen sind ganz besonders Stücke
von Schiefer und Sandstein aus den Devonschichten des all-
gemein verbreiteten Grundgebirges dieser Vulkane anzuführen.
Dieselben sind häufiger als Quarzstücke. Diese letzteren fin-
den sich besonders in den Schlacken am Bellenberge, Kor-
retsberg, an den kl. Wannen, zwischen dem Rotheberg und
der Nette, im Wirzenwäldchen und am Birkenkopfe, hier und
an den kl. Wannen wohl in der Form von Quarzgeschieben;
ferner an der Falkenlei, am Wollmerather Kopf, an der We-
berlei und an der Deulkaul. Schiefer und Sandsteinbruchstücke
finden sich ausserdem noch am Rotheberg bei Laach, Nast-
berg, Dachsbusch, Tönchesberg, Rotheberg in den Wannen
und Oamillenberg, dann an der Falkenlei; Stücke von De-
vonsandstein (Grauwacke) mit einem dünnen glasartigen oder
emailartigen Ueberzuge sind an der Weberlei, Deulkaul, Weisslei
bei Hohenfels, Papenkaule, am Mosenberge und in der Hohen-
‚Eifel am Wandelsknipp ungemein häufig und am Westende des
Schnieberges bei Boos und endlich am Roderberge bei Meh-
lem am Rhein. Diese Ueberzuge finden sich nur auf Sand-
stein- und niemals auf Schieferstücken, welche in den Schlacken
eingeschlossen sind. Es hängt dies offenbar von der Beschaf-
fenheit und chemischen Zusammensetzung des Sandsteins (Grau-
wacke) und des Schiefers ab. $
Das rothe Mineral, dessen Vorkommen bereits weiter oben
bei den Laven erwähnt worden ist, findet sich auch in den
Schlacken, ziemlich häufig in den Steinbrüchen an den
Wannen und am Camillenberge. |
Am Tönchesberge ist das Vorkommen von Stücken hart-
gebrannten 'Thons der Braunkohlenformation in den Schlacken
128
zu erwähnen, und am Bellenberge von Kalksteinstücken, welche
denjenigen in der Lava am Winfelde ähnlich sind.
An krystallinischen, feldspathhaltenden Gebirgsarten finden
sich als Einschlüsse in den Schlacken: Hornblendegestein am
Bellenberge, gneisartige Gesteine am gr. Wannen, ebenso am
Camillenberge, in überaus grosser Menge in dem Steinbruche
im Oberholz an dem nördlichen Abhange dieses Berges, an
der Falkenlei und Weberlei; Feldspath mit Glimmer und Horn-
blende und Glimmerschiefer am Wollmerather Kopfe.
In den Schlacken der Falkenlei kommen die schwarzen
glasartigen Körner in eben der Weise wie in der Lava des
Stromes von Bertrich vor. £
Ein Mineral, welches in den Laven bisher nicht gefunden
worden ist und in den Schlacken als Ueberzug der Höhlungen
oder lose in denselben liegend, stellenweise recht häufig auf-
tritt ist der Eisenglanz. Derselbe findet sich an dem Korrets-
berge am Abhange nach Kruft, am nördlichen Eiterkopfe und
ganz besonders am Rotheberge in den Wannen, hier in zwei
Formen: als dünner Ueberzug und in grösseren Blättchen mit
eigenthümlicher Zwillingsverwachsung, zwischen dem Rothe-
berg und der Nette, am Camillenberge, an der Strohnermühle
am Rande der Alf und am Roderberge bei Mehlem. Mit dem
Eisenglanze zusammen kommen am Korretsberge kleinere und
grössere Krystalle von Breislakit, eine Varietät vom Augit, am
Rotheberg gelber Glimmer, Apatit und Titanit, am Camillen- _
berge kleine gelbe Krystalle und zwar auf dem Eisenglanze
sitzend vor. Der Eisenglanz tritt als eine spätere Bildung in
-den Schlacken, als Produkt von Fumarolen auf, welche .auf
Klüften die Masse derselben durchzogen haben.
Die Tuffe, welche in beiden Gebieten mit einander über-
einstimmen, zeichnen sich durch grosse Mengen von Augit und
von Glimmer aus, während Olivin nur an wenigen Punkten
und ebenso auch Hornblende seltener in denselben vorkommt.
Die Schlacken, welche dieselben in einzelnen Schichten haupt-
sächlich zusammensetzen, sind theils von poröser, blasiger Be-
schaffenheit und von sehr verschiedener Form und Grösse, ge-
wöhnlich klein und nur mit einzelnen grösseren Stücken hier
und da gemengt, theils bestehen dieselben aus dichten eoncen-
trischen Lagen einer von den Laven nicht verschiedenen Ge-
birgsart in knolliger Gestalt. Diese Auswürflinge sind bis-
129
weilen so klein, dass sie wegen des geringen Durchmessers
der Körner als „vulkanischer Sand“ bezeichnet worden sind,
theils nimmt ihre Grösse bis zu der einer Faust zu, einzelne
grössere Knollen finden sich darunter. Diese ‚Schlacken des
Tuffes sowohl die porösen als die dichten sind ihrer Zusammen-
setzung nach den so eben betrachteten gleich. Am häufigsten
sind sie lose, ohne Zusammenhalt, nur an wenigen Stellen
ausnahmsweise haften sie aneinander und bilden festere Lagen,
welche zu Bau- und Werksteinen benutzt werden können. In
den meisten dieser Tuffe findet sich eine sehr grosse Menge
kleiner Stücke von den Schichten des devonischen Grundge-
birges, theils Schiefer, theils Sandstein; die Schieferstücke bil-
den Schülfer, von der Gestalt einer Linse, in der Mitte dicker
als am Rande und dieser zeigt einen unregelmässig runden
Umriss. Die Sandsteinstucke zeigen sich dagegen als kleine
Knörpel von unregelmässig abgerundeter, kubischer Form.
Einzelne grössere Stücke dieser Gesteine, die bisweilen ihrer
Grösse wegen als Blöcke bezeichnet werden, kommen hier
und da vor. Einzelne Schichten, gewöhnlich von der Stärke
einiger Zolle bestehen aus einer steinartigen dichten Masse,
aus staubartigen Theilen zusammengesetzt, und wechseln beinahe
überall mit den so eben angeführten Massen ab.‘ Sie haben
helle, graue, gelbliche, bräunliche, auch wohl röthliche Farben
uud einen etwas grösseren Zusammenhalt; sie enthalten Augit
und Glimmer, wie die anderen auch einzelne Schlacken-, Schie-
fer- und Sandsteinstücke.
In der Eifel, wo die Tuffe auf dem Kalkstein der mittle-
ren Abtheilung des Devon (Eifelkalkstein) und auf Buntsand-
stein aufliegen, kommen auch Stücke dieses Kalksteins und
des damit verbundenen Dolomits, so wie von Buntsandstein
und Schieferletten darin vor. In der. Umgebung des Laacher
Sees, wo diese letzten Gebirgsformationen fehlen, ist auch in
den Tuffen kein Stuck derselben zu finden.
Ebenso wie in den Schlacken finden sich auch in diesen
Tuffen einzelne Stücke von Sanidin und von Gebirgsarten,
welche den krystallinischen Silikatgesteinen ähnlich sehen.
Die Tuffe, welche unter Lavaströmen liegen, bestehen
wesentlich aus Schlacken mit Augit, Glimmer und Stücken von
devonischen Gesteinen. So zeigen sich die Tuffe im Gebiete
des Laacher Sees unter dem der Lava am S. Arme des Kra-
Zeiis.d.d.geol. Ges. XV11. 1. 9
130
ters am Rotheberg, unter der Lava des Difelder Steins und
des Manglibeher Kopfes bei Wehr, unter der Lava am Wege
von Eittringen nach Kirchesch zwischen dem Hochsimmer und
dem Forstberge, unter der Lava des Sulzbusches am Abhange
des Nettethales, unter der Lava des Hochsimmer am Wege von
Mayen nach St. Johann. Abweichend davon enthält der Tuff
unter dem Lavastrome der Mauerlei vom Veitskopf am Wege
von Glees nach Wassenach einzelne Schichten von gelber Farbe,
in denen Trachytstücke auftreten; der Tuff unter der Lava
von Obermendig und unter den unteren Rollschlacken dieses
Stromes am linken Abhange der Schlucht bei Obermendig am
Wege nach Eitringen zeigt eine einzelne Lage mit kleinen
Bimsteinstücken. Diese beiden Fälle verdienen, eben weil sie
so sehr vereinzelt dastehen, besondere Beachtung.
In der Vordereifel liegen Tuffe unter der Lava der Dachs-
locher bei Bertrich, an der Haardt bei Mehren, welche viele
und grosse Glimmertafeln und Stücke von Sanidin enthalten,
unter der Lava am Abhange des Wehrbusches nach der Lieser,
unter dem Lavastrome der Leien am Firmerich auf der Sud-
seite an der Strasse von Daun nach Darscheid, und ebenso
am Schlossberge in Daun; unter der Lava, auf welcher die
Kirche von Neunkirchen steht; unter der Lava, welche den °
Rücken des Dohmberges bildet, am unterm S. und W.-Abhange;
unter der Lava am Steinrausch bei Hillesheim, am S.W.-Ab-
hange des Krökelberges bei Büscheich und am Steinbuhl an
dem Wege von Auel nach Lissendorf.
Durch viele und grosse Glimmertafeln zeichnen sich be-
sonders folgende Stellen des Tuffes aus: der $. Abhang des
Rothenberges bei Laach, der Nickenicher Sattel, einzelne Schich-
ten in dem Tuffe zwischen dem Hochsimmer und dem Forst-
berge am Wege von Ettringen nach Kirchesch, welche beinahe
nur aus Glimmer bestehen, der OÖ. Fuss des Hochsimmer; und
in der Vordereifel: die Haardt bei Mehren, der Weg von Kirch-
weiler nach Hinterweiler, der Rädersberg bei Brück, der N.
Abhang des Feuerberges, der N. Abhang des Kyllerkopfes,
Erbesfeld, das S.W.-Ende des Öhrenberges bei Walsdorf, |
der W. äussere Kraterrand der Lierwiese am Wege von Hilles-
heim nach Lammersdorf. Der Glimmer ist hier sehr häufig und
gross, an Schlackenstucken anhaftend und von Schlackenrinde
umgeben, der Rother Höhenberg (oder Himmerich), der Gold-
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151
berg bei Ormont und endlich der Kreuzberg zwischen Utzerath
und Berenbach in der Hoheneifel.
In dem Bezirke des Laacher Sees ist unter den Schlacken-
tuffen nur derjenige vom Hausborner Thale bei Winningen durch
die Seltenheit des Glimmers ausgezeichnet, während in der
Vordereifel an mehreren Stellen Tuffe auftreten, die im Gegen-
satze zu dem gewöhnlichen Vorkommen nur wenig Glimmer-
blätter bis zum völligen Verschwinden derselben enthalten.
Hierher sind die Tuffe am Pulvermaar, am Strohner Maar und
am Wege von Uedersdorf nach Ober-Stadtfeld, und auf der N.
Seite von Deudesfeld, endlich in der Hohen-Eifel vom Uelmer
Maar zu rechnen.
Augite in reichlicher Menge in ganz ausgebildeten Krystal-
len liefern die Tuffe vom Norberge in einzelnen Schichten,
welche ganz daraus bestehen, vom S.O.-Fusse des Bausen-
berges; aus der Vorder-Eifel die Tuffe am Dürremaarchen, an
der Strasse von Daun nach Dockweiler, am Rother Höhenberg
(Himmerich), am Willersberge in sehr grosser Menge, und am
Abhange des Tiefenbachs S. von Basberg. Am seltensten schei-
nen die Augite in den Tuffen vorzukommen, welche das Meer-
felder Maar umgeben. Die grösseren, entweder ganz aus Augit
oder aus einem Gemenge von Augit mit einem anderen Mine-
ı ral bestehenden Auswürflinge werden weiter unten angeführt
werden.
Olivin findet sich im Allgemeinen nicht sehr häufig in den
Tuffen; derselbe ist bemerkt worden in den sehr wechselnden
Tuffschiehten N. von Engeln nach Hannebach mit Augit und
Glimmer und in dem Tuffe im Hausbornerthale bei Winningen
mit Augit, wenig Glimmer, Titanit, dichten lavaartigen Aus-
würflingen, Schlacken, Schulfern von Devonschiefer und Ge-
schieben von Devongesteinen und von. Quarz; in der Vorder-
‚Eifel: in den Tuffen vom Immerather Risch mit Glimmer und
Augit, zwischen Ober-Stadtfeld und Neroth mit Augit, Glimmer
und Hornblende, in der Umgebung des Dreiser Weiher, auch
in der Tuffpartie am Wege von Brück nach Oberehe und bei
Betteldorf, die hier vorkommenden grösseren Olivin- Kugeln
werden weiter unten noch besonders angeführt werden, bei
Steffeln, bei Schönefeld, am Goldberg selten, dagegen recht
häufig in der Umgebung des Meerfelder Maares und bei Deu-
desfeld mit Glimmer, Hornblende und Augit und zwar Glimmer
9*
132
und Augit in sehr wechselnder Menge und stellenweise sehr
selten; in der Hohen-Eifel am Niveligsberge bei, Drees, wo
sich einzelne Krystalle von Olivin im Tuffe finden.
| Einzelne Stücke und Krystalle von Hornblende sind bisher
in den Schlackentuffen des Laacher See-Gebietes nicht gefun-
den worden, dagegen in der Vorder-Eifel an folgenden Stellen:
zwischen Pützborn und Ober- Stadtfeld; zwischen ‚Ober-Stadt-
feld und Neroth mit Augit, Glimmer und vielem Olivin; zwischen
Waldkönigen und dem Errensberge mit Augit, Schlacken und
Schulfern von Devonschiefer; in der Umgebung des Meerfelder
Maars mit Olivin, Glimmer und wenigem Augit; N. von Deu-
desfeld mit Augit, Olivin und wenigem Glimmer.
Die Auswürflinge von Augit, Glimmer, Olivin, Hornblende,
und Sanidin, welche an mehreren Stellen der Vorder-Eifel vor-
kommen, finden sich nur wenig in den Schlackentuffen des
Laacher See-Gebietes, um so häufiger in den Tuffen dieses
Gebietes, welche uber dem Löss liegen und sich durch Tra-
chyt und Sanidingesteine auszeichnen. Aus dem Gebiete des
Laacher Sees dürfte hier nur anzuführen sein: Sanidin und
Trachyt am O. Abhange des Rothenberges bei Laach; Aus-
würflinge von Glimmer mit Hornblende, von körnigem Augit
mit Apatit, von Sanidin mit Glimmer, von Sanidin mit Horn-
blende, letztere in flaserigem, dem Gneis ähnlichen Gefüge in
den Schlackentuffen N. von Engeln nach Hannebach hin, Sa-
nidin am Leilenkopf und ein dem Glimmerschiefer ähnliches
Gesteinstück am 8.0. Fusse des Bausenberges. In der Vor- '
der-Eifel sind anzuführen: Auswürflinge von Hornblende, von
Sanidin mit Glimmer und Verglasungen vom Pulvermaar; Sa-
nidingesteine denen vom Laacher See ähnlich vom Immerather
Risch und vom Immerather Maar; Auswürflinge von Augit,
von Augit mit Olivin mit Schlackenrinden umgeben von Dürre-
maarchen; von‘ Augit, von Sanidin mit Hornblende vom Holz-
maar; von Augit mit Hornblende, von Glimmer mit Hornblende,
von Hornblende mit Glimmer und Augit, von Sanidin, Stücke
von granit- und gneisartigem Ansehen mit anhaftender Schlacke,
welche in feine Klüfte und Risse der Gesteinsstucke eindringt,
vom Weinfelder Maar; von Sanidin an der Haardt bei Mehren
und von der Strasse von Daun nach Dockweiler; von Glimmer,
von Hornblende mit Magneteisen, von Sanidin mit Schlacken-
rinden umgeben vom Wege von Dockweiler nach Hinterweiler;
133
von Olivin mit Augit in körnigem Gemenge in. grosser Menge
und beträchtlicher Grösse vom S. Rande des Dreiser Weiher
und über dem Lavastrome von Dockweiler; von Sanidin in
grosser Menge, und von Olivin mit Augit bei Betteldorf; von
Sanidin zwischen Dockweiler und dem Errensberge, ferner vom
Geeserberge Abhang nach Pelm hin, am N.W. Fusse des Gip-
penberges, am W.S.W. Fusse des Gossberges bei Walsdorf,
am S.W.-Abhange der Kyllerhöhe, an der Lierwiese, zwischen
dem Kyllerkopfe und Rockeskyll, an dieser Stelle mit vielen
Stücken körniger Sanidingesteine zusammen; in der Umgegend
von Rockeskyll mit körnigem Gemenge von Sanidin und Glim-
mer, von Sanidin und Hornblende, von Sanidin und Magnet-
eisen, auch selten Hauyn, von Hornblende, Magneteisen und -
Apatit. ‘Die Fundstellen von Stücken einzelner grosser Kıystall-
Individuen von Sanidin oder von Adular, wie dieses Mineral
auch wohl bezeichnet worden ist, möchten sich leicht vermeh-
ren lassen, da dieselben wahrscheinlich überall in der grossen,
von Waldkönigen über den Bickeberg, Rockeskyll bis Dom
auf 1, Meile Länge und vom Kahlenberg bis Gees auf } Meilen
Länge ausgedehnten Tuffpartie enthalten sind. Ferner finden
sich auch Auswürflinge von Sanidin und von Olivin bei Steffeln
und von Sanidin zwischen Steffeln und Lehnrath; von Sanidin-
"gesteinen mit Glimmer von granit- und gneisartigem Ansehen
bei Uelmen.
Wenn bereits weiter oben ein Vorkommen von Bimsstein
im Tuffe unter dem Lavastrome von Obermendig als sehr be-
merkenswerth angeführt worden ist, so bleiben hier noch einige
Stellen zu erwähnen, an denen Bimssteine in den Schlacken-
tuffen des Laacher See-Gebietes auftreten. Am Wege von
Weibern nach Kempenich liegt eine beinahe nur aus Bimstein-
stucken bestehende Schicht im Schlackentuff, welcher ausser-
dem auch mit dichten erdigen Lagen von weisslicher Farbe ab-
wechselt. In einer isolirten Tuffpartie am Wege von Olbrück-
Hain nach Engeln, die auf Devonschichten aufruht, kommen Bims-
steinstücke zusammen mit Lavaauswürflingen, Augit, Glimmer
und Trümmern von Devonschichten vor. Auch in der Umgegend
von Wehr kommen Schlackentuffe mit sonst seltenen Bei-
mengungen vor; so zwischen Wehr und Glees Tuffe mit
Schlacken- und Lavaauswürflingen, Trachyt und Phonolith-
stücken, körnigem Hornblendegestein, denen sich nach Glees
134
hin auch Bimssteinstücke beigesellen; am Dachsbüsch- Lava-
auswürflinge, Augit, Glimmer, eine besondere Varietät von Pho-
nolith, Trachyt mit gneisartigen Einschlüssen , Hornblendege-
steine; zwischen dem Dachsbüsch und Rotheberg Tuffe mit
Schlacken, Trachyt- und Phonolithstucken, auch kleinen Bims-
steinstücken; am Flösseweg O. von Wehr Schlacken und Lava-
auswürflinge mit Stücken von körnigen Augitgesteinen, Tra-
chyt und Phonolith; in allen auch zahlreiche Trümmer von
Devonschichten. |
Beinahe überall wechseln mit den Schlackentuffen einzelne
dünne Lagen ab, welche aus sehr fein vertheilten, staubartigen’
Massen bestehen; dieselben sind von weisslicher, gelblicher
und bräunlicher Farbe, bisweilen auch von röthlicher. Sie ha-
ben einen etwas grösseren Zusammenhalt als die Schlacken-
schichten, erdigen Bruch und enthalten einzelne kleine Bröck-
chen von Schlacken, Augite und Glimmer, so dass sie wesent-
lich nur durch die grössere Vertheilung der Massen davon ver-
schieden sind. Die Fundorte dieser Schichten werden beson-
ders deshalb hier angeführt, weil genau dieselbe Erscheinung
beinahe ganz allgemein in der grossen Verbreitung der Bims-
steintuffe und der oberen grauen Tuffe sich wiederholt und
daher auf eine gleichartige Bildungsweise schliessen lässt.
Einzelne dieser dichten Schichten von erdigem Bruche
enthalten kleine Kugeln von derselben Masse, eine bis einige
Linien im Durchmesser, welche sich leicht aus der Grundmasse
ausschälen und einen glatten Abdruck darin zurück lassen.
Diese Erscheinung findet sich im Laacher See-Gebiete sowohl
in den Lagen, welche in den Schlackentuffen, als in denje-
nigen, welche in den Bimssteintuffen auftreten, ia der Vorder-
Eifel ist dieselbe bis jetzt noch nicht beobachtet worden. In
den Schlackentuffen des Laacher See-Gebietes kommen diese
dichten Schichten vor: am Rotheberg bei Laach, am Norberge
bei Volkesfeld mit Phonolithstüucken, am Wege von Weibern
nach Kempenich, bei Engeln nach Kempenich hin, N. von
- Engeln nach Hannebach hin, am Herchenberge, am S.W. Fusse
des Forstberges am Wege von Bell nach Ettringen, zwischen
dem Hochsimmer und Forstberge am Wege von Ettringen nach
Kirchesch; in der Vorder-Eifel finden sich dieselben in gleicher
Weise: am Abhange über Pützborn, S.O. vom Wege nach Ober-
Stadtfeld, nahe bei Kirchweiler an der Strasse nach Pelm, am
135
Geeserberge, auf der Höhe zwischen den Thälern von Bettel-
dorf und Essingen, am Erbesfeld dem $.W. Ende des Ohren-
berges bei Walsdorf, am Buerberge bei Schutz mit Pflanzen-
abdrücken; in der Hohen-Eifel endlich bei Uelmen, am Kreuz-
berge und am Niveligsberge. Die kleinen Kugeln in diesen
Schiehten sind bisher bemerkt worden: am’ Rotheberg bei Laach,
am Norberge, N. von Engeln nach Hannebach hin.
Während das Vorkommen von kleineren und grösseren
“ Stücken der Schiefer und Sandsteine der Devonformation ein
sehr allgemeines in den beiden Bezirken ist, so finden sich
Stücke von Devonkalkstein und Dolomit und von Buntsand-
stein nur in denjenigen 'Tuffen der Vorder-Eifel, welche diese
Gebirgsarten bedecken. Eine eigenthümliche Ausnahme hier-
von. bildet die isolirte Tuffpartie des Buerberges bei Schutz.
Dieselbe bedeckt nur allein die Schichten der Devonformation,
enthält aber ausser den Bruchstücken derselben auch Stücke
von Buntsandstein. Der Ausbruch dieses Tuffes muss also
wohl an einer Stelle-erfolgt sein, wo diese letztere Formation
die devonischen Schichten bedeckt; da der Buntsandstein in
der Nähe von Schutz auf der rechten Seite des Maarscheider
“ Baches in der Richtung nach Deudesfeld hin vorkommt, so
scheint dies auch nicht unwahrscheinlich. Jedenfalls trägt
diese Thatsache aber dazu bei, sehr grossartige Zerstorungen
der vulkanischen Produkte durch Erosion annehmen zu lassen.
Eifelkalkstein findet sich in dem Tuffe: auf der Höhe zwi-
schen den Thälern von Betteldorf und Essingen zusammen mit
Trümmern von Devouschichten und von Buntsandstein, am
Geeserberge ebenfalls mit Devonschiefer, zwischen dem Kyller-
kopf und Rockeskyll mit Buntsandstein, am Erbesfeld dem S.W.
Ende des Ohrenberges, theilweise mit Stücken von Devon-
schichten. Am äusseren N.O. Rande der Papenkaule bei Ge-
rolstein kommen viele Stücken von rothem Dolomit von verän-
dertem Ansehen in den Tuffen vor. Stucke von Buntsandstein
im Ganzen viel grösser als diejenigen der Devonschiefer und
Sandsteine, so wie des Eifelkalksteins finden sich in den Tuf-
fen an dem W. Abhange des Roderkopfes in sehr grosser
Menge, am steilen Aghange des Tiefenbachs S. von Basberg,
am N.W.-Rande des Duppacher Weiher mit Schieferletten der
Buntsandsteinformation, in und bei Steffeln mit Stücken von
Devonschichten, am Meerfelder Maär und bei Deudesfeld eben-
136
falls mit Stücken von Devonschichten, welche besonders an
dieser letzteren Stelle vorwalten, obgleich in der Umgegend der
Buntsandstein über den Devonschichten verbreitet ist.
Alle diese Tuffe liegen auf den Devonschichten und an
den genannten Stellen auf Eifelkalkstein und Buntsandstein
auf; sie bedecken auch die Grenzen dieser Gebirgsarten.
Nur an einer der erwähnten Stellen liegt der Tuff in dem
Gebiete des Laacher Sees auf dem Thon des tertiären Braun-
kohlengebirges auf, und zwar bei Obermendig an dem linken
Abhange der Schlucht am Wege nach Ettringen. Noch ist hier
das Vorkommen von Tuff mit tertiären Pflanzenabdrücken in
dem Stollen bei Plaidt zu erwähnen. Derselbe wird von Lava
bedeckt. Seine eigene Unterlage ist nicht aufgeschlossen.
Wahrscheinlich liegt er aber auf dem Thone des Braunkohlen-
gebirges auf, welcher an anderen Stellen unmittelbar unter der
eben erwähnten Lava hervortritt.
Die Auflagerung der Tuffschichten auf dem Devonschiefer
uud Sandstein zeigt an sehr vielen Stellen, dass diese letzteren
zur Zeit der Tuffausbruche dieselbe Beschaffenheit an der Ober-
fläche besassen, welche sie gegenwärtig besitzen. Diese Schich-
ten, besonders die milderen Schiefer sind sehr stark zerklüftet,
die abgesonderten Stücke lassen nach unten hin noch den Zu-
sammenhang der Schichten einigermaassen erkennen, nach oben
hin liegen sie aber durcheinander gemengt und bildet ein loses
Haufwerk von scharfkantigen Bruchstücken, welches von Lehm
durchzogen ist und in eine schwache Decke von mageren Lehm
übergeht.
Ausser diesen Tuffen, welche in beiden Gebieten mit ein-
ander übereinstimmen, finden sich nur in der Umgegend des
Laacher Sees weit verbreitete Tuffe, welche durch kleine Leu-
eite, durch Bimsstein und durch Trachyte charakterisirt werden
und der Vorder-Eifel ganz fremd sind. |
Der Leucittuff enthält am Wege von Öbermendig nach
Mayen abgerundete Geschiebe von Quarz und von Devonsand-
stein, und wechselt mit drei nahe übereinander liegenden Ge-
' schiebelagen ab. Nicht weit ıdavon entfernt tritt eine mächtige
Ablagerung von Geschieben darunter ®ervor. In dem Stein-
bruche an der Erle liegt der Leucittuff auf Löss, die Schich-
tung des Tuffes ist der Auflagerungsfläche parallel. Ebenso
liegt der Leueittuff in dem Steinbruche Lehmgrube auf Löss.
%
137
Im Brunnen am Rodderhause liegt Leueittuff auf einer weiss-
lich sandigen Lage von 3 Fuss Stärke und diese auf sehr
mächtigen schwarzen Tuffschichten. Am S. Ende seiner Ver-
breitung liegt dieser Leueittuff in der Flur „ober dem Rössel“
auf Lehm und dieser auf Devonschichten. Derselbe schliesst
hier eine dünne Lage von Polirschiefer aus Infusorienschalen
bestehend ein und enthält selbst in einer Mächtigkeit von 180
Fuss Kieselschalen von Infusorien und Phytolitharien einge-
mengt. In der. Nähe von Weibern ist die Vertheilung der
Leucite im Tuffe sehr verschieden, in den grossen Steinbrüuchen
an der Weichley kommen nur wenige vor, dagegen viele kleine
Bruchstücke von Sanidin, kleine Glimmerblätter, wenig Augit
und sehr viel Schülfern von Devonschiefer. Auf diesem Tuffe
liegt eine schwache Lage Löss und auf diesem dünngeschichte-
ter Tuff mit sehr vielen Leueiten.
Die Bimssteintuffe liegen auf Löss an der W.-Seite des
Laacher Sees, hier bedeckt der Löss theils dunkele Schlacken-
tuffe, theils Devonschichten, ferner im Thale von Eich, an dem
- Wege von Eich nach Wassenach, an der Strasse von Eich nach
Andernach wechseln die Bimssteintuffe mit einer Lage von
Löss ab und liegen auf Loss auf, welcher braunen Schlacken-
tuff bedeckt. In den Hohlwegen von Andernach nach Eich,
Kruft und Niedermendig und in dem Hohlwege von Eich nach
St. Thomas liegen die Bimssteintuffe auf Löss und schliessen
ausserdem eine stellenweise mächtige Lösslage ein; an einigen
Stellen treten unter den Bimssteintuffen auch die Geschiebe
und Schlackentuffe hervor, die sonst wohl unter der Sohle der
Hohlwege versteckt liegen. Am Leilenkopf liegt der Loss auf
Schlackentuff, wechselt einmal damit ab und wird von Bims-
steintuff bedeckt. Unter dem Schlackentuffe liegen die Ge-
. schiebe.e Die Reihenfolge ist ‘hier dieselbe wie in den Hohl-
wegen bei Andernach. In dem Lavabruch zwischen dem Nast-
berge und Nickenich liegt der Bimssteintuff auf Löss und dieser
auf Schlackentuff. Der Bimssteintuff erstreckt sich zusammen-
hängend von Andernach bis .Niedermendig auf eine Entfer-
nung von 1+ Meilen, wo derselbe durch die vielen Schächte
der unterirdischen Mühlsteingruben aufgeschlossen ist. ° Die
verschiedenen sehr fein geschichteten Tufflagen liegen hier
überall auf Löss auf, welcher den Lavastrom bedeckt. Der
Nickenicher Weinberg zeigt ebenfalls die Auflagerung der Bims-
138
steintuffe auf Löss. Die Ducksteingruben bei Plaidt und Kruft
und der Stolleu, welcher von der Rauschenmühle nach Plaidt
getrieben worden ist, beweisen, dass die ganze Tuffablagerung,
welche Bimsstein enthält, auf einer nirgends sehr mächtigen
Lage von Löss aufgelagert ist. Die Reihenfolge dieser Tuff-
ablagerung von oben nach unten besteht aus einer Lage von
-Bimssteinstücken, gelblichem Tuff, Duckstein, Tauch (ein dich-
ter, technisch nicht brauchbarer Duckstein), gelblichem Tuff
wie der obere und einer Lage von Bimssteinstucken. Die Auf-
lagerung der Bimssteintuffe auf Löss ist nun ferner noch auf-
geschlossen: an der W.-Seite des Korretsberges, im Hohlwege
von Kruft nach diesem Berge, im Steinbruch von Kappes am
Abhange des Plaidter Hummerich nach dem Nettethale, am
Kollert, am Tönchesberge, bei den Fresserhöfen, an den Wan-
nen sowohl in den Steinbrüchen an den Bergköpfen, gr. und
kl. Wannen, Rotheberg, Eiterköpfen als an den flachen Ab-
hängen nach der Nette und nach dem Saffıgerthale hin, am
Camillenberge, beim Sackenheimer Hofe und bei Bassenheim,
am Abhange des Birkenkopfes, im Wege von der eisernen
Hand nach Cobern, bei Metternich, Kettig, auf dem Rücken
zwischen dem Thale von Kettig und von Saffig in zahlreichen
Bohrlöchern, im Wege von Bubenheim nach Mülheim, an den
Thongruben im Mülheimer Walde, am Wege von Mülheim
nach Bassenheim, ‘auf der Höhe zwischen der Strasse von
Ochtendung nach Mayen und den Fresserhöfen, bei Ruitsch
auf dem Rande des Nettethales, und in gleicher Weise auf der
rechten Seite des Rheins: zwischen Irlich und Rodenbach,
zwischen Fahr‘und Wollendorf, zwischen Hullenberg und Gön-
nersdorf, bei Segendorf, bei Meinhof, zwischen Heddesdorf -
und Niederbieber, an der Strasse von N euwied nach Dierdorf,
bei der Kreuzkirche, zwischen Ober- und Niederbieber, zwi-
schen der Kreuzkirche und Melsbach, am Rande des Wiedbach-
thales bei Altenwied, oberhalb Oberbieber, zwischen Oberbie-
ber und Gladbach, bei Gladbach, bei Thalhausen und zwischen
Sayn und Meiserhof.
Die grauen Trachyttuffe kommen an sehr vielen dieser
Stellen über den Bimssteintuffen vor,san mehreren sind die-
selben aber auch mit den letzteren in mannigfachem Wechsel
gelagert und gemengt. An den meisten Stellen enthalten diese
grauen Tuffe einzelne Bimssteinstücke, oder dünne Streifen, in
139
denen die Bimssteinstücke vorwalten. Die Auflagerung der
trachytischen Tuffe auf den Bimssteintuffen wird beobachtet bei
Eich, am Nickenicher Sattel und Nickenicher Hummerich , am
innern N.-Abhange des Krufter Ofen, am Wege von Andernach
nach Kruft und Plaidt, bei Miesenheim, zwischen Thur und
Niedermendig, bei Metternich, am Wege von Kettig nach Bas-
‚senheim und von Kettig nach Weissenthurm, auf der Höhe
zwischen der Strasse von Ochtendung nach Mayen und den
Fresserhöfen, bei Ruitsch. Unmittelbar auf Löss liegen die
grauen Tuffe bei Betzing, N. bei Poleh, im Hohlwege bei Kalt,
im Wege von Lasserg nach Moselkern und am Rande des
Moselthales, bei Münstermaifeld in der: Naaf, an der Stein-
kaul S.W. nach Sevenich, an der Hohl und: von der linken
Seite des Rauschenbach, zwischen Mertloch und Einig. Auf
der rechten ‘Seite des Rheins finden sich die trachytischen
Tuffe über den Bimssteintuffen zwischen Irlich und Rodenbach,
bei Segendorf, an der Strasse von Neuwied nach Dierdorf, an
der Kreuzkirche, in ansehnlicher Mächtigkeit bei Gladbach und
stellenweise zwischen Gladbach, Heimbach, Weiss und dem
Friedrichsberge am Saynbach.
Die Leueittuffe wechseln mit Schlackentuffen zweimal ab,
so dass von oben nach unten folgt: Leueittuff, Schlackentuftf,
Leueittuff und Schlackentuff zwischen Weibern und Kempenich;
- der Leucittuff wird von Schlackentuff bedeckt am S.W. Fusse
des Forstberges am Wege von Bell nach Eittringen. In den
Tuffen von Laach nach Wehr finden sich einzelne Leucite ein,
am Tellberge bei Laach finden sich in dem Tuffe einzelne
Schichten, welehe Leueite enthalten, andere mit Bimssteinen;
ebenso finden sich an dem Wege von Bell und von Obermen-
dig nach Laach in den Tuffen einzelne Schichten mit Leuciten,
und dasselbe Verhalten zeigt sich von der Mühle am Laachbach
über die Dellen und den Weinberg bis zum Wege von Laach
nach Niedermendig, aber Bimssteine sind hier nicht bekannt.
In dem Leueittuffe an dem Wege von Weibern nach Rie-
den nahe bei dem ersten Orte tritt eine beinahe ganz aus Bims-
steinstucken bestehende Schicht auf, einzelne Bimssteinstüucke
finden sich auch weiter nach Rieden hin. Ein viel stärkeres
Lager von Bimsstein liegt in dem Tuffe des Gänsehals an dem
Wege von Kempenich nach Mayen, N. von Schützenhaus, zeigt
deutliche Schichtung und enthält zwei dünne feinerdige Lagen.
x
140 SE
Der Leueittuff, wie er in den vielen Backofensteinbrüchen
von Obermendig, Bell, Ettringen, Rieden und Weibern gewon-
nen. wird, enthält viele kleine Leucitkrystalle mit abgerundeten
Kanten, sehr viel weniger Augit, kleine Krystalle von Magnet-
eisen, Glimmertafeln und Bruchstücke von Sanidin; als Ein-
schlüsse: zahlreiche Bruchstücke von Leucithaltenden Phono-
lithen, theils frisch, theils verwittert, Auswürflinge von Schlacken
und Lava mit Augit und Glimmer, von Devonschiefer und Sand-
stein auffallend verwittert und von weissem Quarz.
Ausser den organischen Resten, welche bereits oben aus
diesem Tuffe erwähnt worden sind, finden sich an dem Ab-
hange S. von der höchsten Kuppe des Gänsehals Abdrücke
von kleinen Zweigen und Nadeln einer Conifere, welche von
Picea vulgaris nicht unterschieden werden kann, so wie ey--
lindrische senkrechte Höhlungen, welche von Baumstämmen
herrühren.
Der Wechsel von Schichten, welche aus ganz feinem staub-
artigem Material bestehen, mit dem gewöhnlichen gröber ge-
mengten tritt zwar bei dem Leucittuffe nicht so stark hervor
als wie es theils schon von den Schlackentuffen bemerkt wor-.
den ist, theils bei den Bimssteintuffen anzuführen bleibt. Aber
doch findet sich selbst die Erscheinung der kleinen Kugeln
von + Zoll Durehmesser in solchen Schichten in der Nähe der
so eben angeführten Pflanzenabdrücke.
In den Bimssteintuffen finden sich ausser den Bimsstein-
stücken in sehr verschiedener Grösse und von knolliger rund-
licher Form: Trachyt, Uebergänge von Trachyt in Bimsstein,
Auswürflinge von Schlacken und von Lava, selbst ganz dichten
basaltischen Gesteinen, von Sanidin, Augit, Hornblende, Mag-
neteisen, Titanit, von Devonschiefer in Schülfern bisweilen in
sehr grosser Menge, von Devonsandstein in Bröckchen, von
Quarz in Bruchstucken und in Geröllen. Der Bimsstein selbst
enthält: Sanidin, Hauyn, Nosean, Hornblende und Stückchen
von Devonschiefer. Ueber den Trachyt wird weiter‘ unten
Näheres anzuführen bleiben.
Während sehr viele Schichten der Bimssteintuffe von ge-
ringem Zusammenhalte sind und aus lose aufgeschütteten Ma-
terialien zu bestehen scheinen, haben andere, wie die Duck-
steine von Plaidt und Kruft eine ansehnliche Festigkeit. Die
Zusammensetzung ist aber dieselbe. Es findet sich in diesen
1a
letzteren nur ein feiner zerriebenes Material als Bindemittel
der gröberen Gemengtheile. Mit blossem Auge werden Ein-
schlüsse von Bimsstein, Quarz, Devonschiefer und Sandsteine
und Glimmer erkannt; bei geeigneter Zerkleinerung mit der
Lupe: Sanidin, Augit, Hornblende, Magneteisen, die vorher-
angeführten Gemengtheile und endlich einzelne Körnchen von
Hauyn und Titanit.
Dünne Schichten, die ganz aus staubartigem Material be-
stehen, finden sich überall in den Bimssteintuffen. Es ist un-
nöthig die einzelnen Fundstellen derselben anzugeben, denn
überall, wo die Bimssteintuffe in einer Mächtigkeit von 6 bis
10 Fuss aufgeschlossen sind, zeigt sich eine oder selbst mehre
dieser dichten Lagen. In solchen Lagen tritt hier und da die
Kugelbildung auf, so im Wege von Eich nach Wassenach am
N.-Abhange des Nickenicher Hummerich, im Hohlwege von
Andernach nach Eich, und auf der rechten Seite der Schlucht
unterhalb Buchholz.
Eigenthüumliche streifige Färbungen zeigen die Bimsstein-
stucke in den Lagen am Wege von Eich nach Wassenach und
im Hohlwege oberhalb Metternich auf der Nordseite der Strasse.
Gelbe Bänder ziehen sich durch die Schichten, innerhalb deren
Breite jedes einzelne Bimssteinstuck durch und durch, nicht
blos aussen gefärbt ist.
Bei Nickenich sind stellenweise die Bimssteinstücke durch
Kalksinter zu einer festen Masse verbundeu, welcher ebenso
von Sauerquellen abgesetzt worden ist wie das Eisenoxyd-
hydrat von dem Schmalbür bei Frauenkirch, welches hier die-
selbe Wirkung auf die umgebenden Bimssteintuffe hervorbringt.
In einer besonderen Form treten die Bimssteine noch in
der Fläche des Rheinthals zwischen Neuwied und Engers, N.
. der Strasse und OÖ. des Weges von Engers nach Sayn auf.
Einige Lagen derselben sind durch Lehm oder Thon fest ver-
bunden, so dass Steine daraus gehauen werden, welche unter
dem Namen „Engers’sche Sandsteine* bekannt sind. Diese
Lagen wechseln mit solchen ab, welche so viel Lehm enthal-
ten, dass sie unbrauchbar sind, oder mit Streifen von Lehm,
von losen Bimssteinstücken und von grauen losen Tuffen
(Augitsand oder Mörtelsand). In den Lehmstreifen finden sich
Blätterabdrücke. Aehnliche Bimssteinlager finden sich an der
linken Seite des Saynbaches bei Mühlhofen und weiter unter-
142
halb gegen deu Rhein hin, im Engstenthale, welches bei Gretzen-
mühle in den Saynbach mündet, hier mit sehr vielem grauen
Tuff gemengt; in und bei Horchheim mit vielen Blattabdrücken,
oberhalb Rhens bei der Bleihütte, bei Brey, Niederspey und
am unteren Ende von Boppard; ferner in der Fläche des Mo-
selthales in und oberhalb Lay, bei Dieblich, zwischen Cobern
und Gondorf und bei Hatzenport.
‚ Ebenfalls in der Thalfläche findet sich die Ablagerung des
Tuffsteins, eines dem Duckstein von Plaidt und Kruft ganz
ähnlichen Bimssteintuffes, in dem Brohlthale und in den auf
seiner Sudseite einmüundenden Thälern des Heilbronn, von Ton-
nisstein und von Glees. Diese Ablagerung erreicht eine sehr
bedeutende Mächtigkeit und da das Bachbett darin eingeschnit-
ten ist, tritt sie in der Form einer hohen Terrasse an den
Abhängen des Thales auf. Die grauen Trachyttuffe, enthalten
wie schon oben angedeutet, Stücke eines eigenthumlichen Tra-
chyts, welcher anstehend in der ganzen Gegend nicht bekannt
ist und überhaupt zu einer der seltensten Varietäten dieser
merkwürdigen Gebirgsart gehören dürfte. Er kann daher sehr
füglich als Laacher-Trachyt bezeichnet werden. So weit die
Untersuchung dieses Gesteins bis jetzt reicht, enthält er in einer
dichten Grundmasse nur allein Partien und Krystalle von Sa-
nidin und von keiner anderen Feldspathart, unterscheidet sich
aber wesentlich von Rhyolith (v. Richthofen), Liparit (Roth),
durch den gänzlichen Mangel an Quarz. Es ist darauf: hinzu-
weisen, dass ausser dieser seltenen Gebirgsart, die Gegend
von Laach auch noch viele andere seltene Gebirgsarten enthält,
welche zwischen den Phonolithen, den Leuecitophyren und. No-
seangesteinen in der Mitte stehen und das Gestein vom Per-
lenkopf, welches ganz einzeln dasteht. Dieser Trachyt zeigt
Uebergänge in Bimsstein, indem die Grundmasse blasig wird.
Derselbe enthält: Hornblende, Augit selten, Glimmer, Olivin,
Titanit, Hauyn, Bruchstücke von Devonschichten und Quarz
und von dem aus körnigem Sanidin bestehenden Gesteine.
Dieses hat ein sehr auffalleudes Ansehen. Es findet sich auch
vielfach einzeln in diesen Tuffen und ist dadurch wichtig, dass
es auch in den Schlackentuffen der Eifel auftritt. Dieses Sa-
nidingestein hat ein: drusiges Gefüge und enthält die vielen
vom Laacher See bekannten Mineralien: Albit, Oligoklas, Horn-
blende, Augit, Glimmer, Hauyn, Nosean, Nephelin,, Mejonit,
143
Orthit (Bucklandit) Leueit, Olivin, Titanit, Titaneisen, Magnet-
eisen, Zirkon, Korund (Sapphir), Spinell, Dichroit, Granat,
Staurolith und Apatit, Stilbit. Einige dieser Mineralien kom-
men auch einzeln in den Tuffen vor. Die Trachyte sowohl
wie die Sanidingesteine sind bisweilen mit einer Rinde von
Lava umgeben. Ausserdem finden sich darin Auswuürflinge von
Schlacken, von Lava, Stücke von Devongesteinen, von (Quarz,
von Gneis, Glimmerschiefer und Hornblendegesteinen.
Bemerkenswerth ist der Mineralreichthum dieser Einschlusse
in Bezug auf viele Mineralien, welche in der Lava am Nieder-
mendig und auch von Mayen gefunden werden und die sonst
in diesem Gebiete nicht vorkommen.
An einigen Stellen erlangen dise Tuffe einen solchen Zu-
sammenhalt, dass sie als rohe Bausteine benutzt werden, so
zwischen Miesenheim, Plaidt und Saffıg, in der Nähe von
Betzing bei Mayen, in dem Hohlwege oberhalb Kalt bei Mün-
stermaifeld, an der Kreuzkirche bei Niederbieber.
Reihenfolge der Ausbrüche und Zerstörung der vulkanischen
Massen durch Erosion.
Sowohl in dem Gebiete des Laacher Sees als in der Vor-
der-Eifel liefern die in einigen Tuffen enthaltenen Pflanzenab-
drücke den Beweis, dass die vulkanischen Ausbrüche dieser
Gegenden bis in die Periode des Oligocän zuruckreichen. In
dem Gebiete des Laacher Sees ist der Pflanzenreste führende
Tuff durch den Stollen von Bianchi aufgeschlossen worden,
welcher an der Nette bei der Rauschenmühle angesetzt ist.
Dieser Tuff ist von Lava bedeckt, auf dieser liegt der Löss‘
“und darüber folgen die mächtigen Ablagerungen von Bimsstein-
tuff, in denen sich der Duckstein von Plaidt eingeschlossen
findet. An der Oberfläche ist der Tuff mit den Pflanzenresten
nicht bekannt und nach dem Verhalten der ihn bedeckenden
Massen kann derselbe auch die Oberfläche nicht erreichen. Das
Liegende dieses Tuffes ist nicht aufgeschlossen, es ist jedoch
kaum zweifelhaft, dass derselbe unmittelbar auf dem Thon der
oligocänen Braunkohlenformation aufruht..
Die Blätterabdrucke gehören folgenden Pflanzen an:
Juglans acuminata,
Juglans bilinicd,
Liquidambar europaeum,
144
Alnus Kefersteinü,
. Corylus rhenana, ki
‚Ficus lanceolata,
Fieus apocynophylla,
Laurus. styracifolia,
Protaea linguaefolia,
Rosa dubia,
Pavia septimontana,
Rhamnus Dechenü,
Cinnamomum polymorphum HER etwas zweifelhaft, weil
keine vollständigen Exemplare vorliegen. |
Diese ebengenannten Pflanzen sind in der Blätterkohle
‘und. im Braunkohlensandstein häufig. Die folgenden Blätter
sind neu, und bisher noch an keiner anderen Stelle gefunden:
Oyperites triplicatus WEB.,
Zingiberites pitcairniaefolius WEB.,
Tilia Vulcani WE».,
Villarsia deperdita WEB.,
Rubiacites asclepioides WEB.
Insofern die oligocane Braunkohlenformation in der Nähe
von Plaidt sehr verbreitet ist, kann dieses Vorkommen. nicht
in dem Maasse auffallen wie der Tuff am Buerberge bei Schutz
in der Eifel, wo mit Ausnahme des Braunkohlenvorkommens
‚am Pelmerbach bei Eckefeld jede Spur dieser Ablagerungen
fehlt. ‘Die Stelle am Pelmerbach ist 1200 Ruthen vom Buer-
berge entfernt und ein gewisser Zusammenhang dieser Bildun-
gen wird nicht in Abrede zu stellen sein.
Am Buerberge sind bisher folgende Pflanzenreste aufge-
funden worden:
Juglans acuminata,
Salix grandiflora,
Alnus gracilis,
Sequoia Langsdorfü,
Cinnamomum polymorphum,
Cinnamomum lanceolatum,
und zwei neue, von keinem anderen Fundorte bekannte:
Pteris Dechenü Weiss,
Boraginites Weberi WEISS.
Die Tuffe an der Strasse von Daun nach Dockweiler
scheinen derselben Bildungszeit anzugehören.
145
. Am Buerberge wird der Tuff von einer mächtigen Masse
von Schlackenauswürflingen bedeckt, die ziemlich fest zusam-
mengebacken sind und eine grobe Schichtung wahrnehmen
lassen.
Hiernach fällt der Anfang der vulkanischen Ausbrüche in
der Eifel in dieselbe Zeit wie im Gebiete des Laacher Sees
und liegt nicht weit entfernt von dem Hervortreten der Basalte
im Siebengebirge und im Westerwalde, welches der oligocänen
Periode angehört. Wie weit die ältesten Schlacken und Lava-
ausbruche in beiden Gegenden von der Ablagerung der Tuffe
mit Pflanzenresten entfernt sein mögen, darüber liegen keine
Anhaltspunkte vor. Am Buerberge scheint aber der Auswurf
von Schlacken wenig jünger zu sein als der Tuff.
In der Eifel fehlt nun jedes weitere Anhalten uber die
Zeitbestimmung der vulkanischen Ausbrüche durch die Gleich-
zeitigkeit mit sedimentären, versteinerungsführenden Schichten,
während im Gebiete des Laacher Sees durch die Ablagerung
des Löss mit zahlreichen Conchylien nochmals ein sehr bestimm-
ter Horizont gegeben ist. Die sämmtlichen Schlackenkratere
und Berge mit den Lavaströmen sind älter als der Löss. Sie
gehören also der Zeit zwischen dem Oligocän und dem Löss
an, in welcher in anderen Gegenden das Miocan und Pliocän
abgelagert wurden, von dem aber die Umgegend des Laacher
Sees und noch weniger die Eifel irgend eine Spur aufzuweisen hat.
Es hat einige Wahrscheinlichkeit für sich, dass die Schlacken-
kratere und Berge mit den Lavaströmen in der Eifel und in
dem Laacher See-Gebiete im Ganzen genommen einer und der-
selben Zeit angehören, denn sie zeigen dasselbe Verhalten in
Bezug auf die Gestaltung der Oberfläche. Da wo die Ablage-
rung von sedimentären Schichten keine Auskunft uber die
Chronologie der Ereignisse auf der Erdoberfläche in früheren
Perioden giebt, lassen sich einige Data aus der Wirkung der
Erosion, aus dem Zustande der Thalbildung ableiten. Die Ein-
wirkung der Erosion zeigt sich im Allgemeinen gleich bei den
Lavaströmen der Eifel und des Laacher See-Gebietes. Darin
liegt der Grund ihre Ausbrüche im Allgemeinen fur gleichzeitig
zu halten. Es lässt sich aus diesem Verhalten fur einige Lava-
ströme die Reihenfolge ihrer Ausbrüche mit mehr und weniger
Wahrscheinlichkeit ableiten und dabei zeigt sich, dass in bei-
Zeits. d.d.geol. Ges. XVL. 1, 10
146
den Gegenden Ausbrüche von gleichem Alter sich befinden und
sie im Ganzen denselben Zeitraum umfassen.
Zu den ältesten Lavaströmen gehören der vom Sulzbusch
an der linken Seite des Nettethales nach Langenbahn fort-
ziehende, der vom Kalemberg an der rechten Seite des Kyll-
thales nach Lissingen hin, und der, welcher die Heidenmauer
bildet und durch das von Gefell herabkommende Thal vom: Hom-
merich getrennt ist. Es unterliegt keinem Zweifel, dass der
Strom vom Sulzbusch im Gebiete des Laacher Sees und ganz
besonders im Nettethal der älteste ist, denn an keinem ande-
ren hat sich das Thal seit dem Ausbruch so tief in der Unter-
lage des Stromes eingeschnitten. Die Vergleichung mit dem
Strome vom Kalemberge mag weniger sicher sein, denn die
Kyll mündet erst nach einem weiten Wege in die Mosel, wenig
unterhalb Trier und diese nach einem noch weiteren Wege in
den Rhein, etwas oberhalb der Nette. Aber es ist; gewiss,
dass die Tiefe des Rheinthales an der Einmündung der Nette
ebenso auf die Nette selbst als auf die Mosel und diese auf
“ die Kyll von Einfluss sein musste. Nur wird in derselben’ Zeit
das Nettethal sich mehr ausgetieft haben als das Kyllthal und
eine gleiche Höhe der Unterlage des Lavastromes des Kalem-
berg über der Thalsohle als der am Lavastrome des Sulzbuseh
_ wird dem ersteren ein höheres Alter als dem letzteren zu-
weisen.
Zu den wenig sicher bestimmbaren Lavaströmen der Eifel
gehören diejenigen der Haardt bei Mehren, der Dietzerlei und
des Krökelberges bei Büscheich, des Steinrausch und. des Buch
bei Hillesheim, aber sehr wahrscheinlich sind sie eben so alt,
möglicher Weise sogar noch älter, als die oben genannten, denn
ganz offenber hat die Erosion seit ihrem Ausbruche sehr grosse
Veränderungen der Oberfläche hervorgebracht.
Dann folgen die Lavaströme von ‘Kopp auf der rechten
Seite des Fischbachs bis gegen Birresborn hin, von den Kunks-
köpfen nach dem Brohltbale, von der Lielei über Uedersdorf,
vom Kalemberge am Remelsbache nach Birresborn, der Mauer-
lei am Veitskopfe nach Glees, der Leien vom Firmerich bei
Daun und des Bausenberges nach Gönnersdorf. 3
Entschieden jünger sind die Lavaströme bei Niederbettin-
gen, vom Hochsimmer nach Mayen, vom Fusse des Langen-
147
bergs nach der Nette, Wernerseck gegenüber, vom Gippenberge
in das Essingerthal, von Roderkopf nach Oberbettingen, von
Fornich im Rheinthale, vom Ettringer Bellenberge nach Reifs
oberer Mühle an der Nette oder die Lava der Mayener Mühl-
steingruben, vom Altervoss in das Berlingerthal, vom Sassen-
berg nach Berlingen, vom Dungerheck nach Kirchweiler.
| Darauf folgen die Lavaströme vom Mosenberge im Horn-
graben nach der kleinen Kyll, von der Hagelskaule nach Sar-
resdorf bei Gerolstein, vom: Plaidter Hummerich nach Hochs-
mühle und vom Kollert nach dem Nettethale.
Zu den neuesten Lavaströmen gehören endlich die von
Dom auf der linken Seite der Kyll, von der Lierwiese bei
Hillesheim, von Bertrich im Uesthale, von der Rauschenmühle
im Nettethale und von Strohn im Alfthale. {
Die Reihenfolge derjenigen Lavaströme, welche in dasselbe
Thal geflossen sind, wie die Strome vom Sulzbusch, Hochsim-
mer, Langenberg, Ettringer Bellenberg, Plaidter Hummerich,
Kollert und von der Rauschenmuhle, welche sämmtlich am
Abhange des Nettethales und der letzte im Nettethale liegen,
scheint in der That ziemlich genau bestimmt zu sein. Zweifel-
‚hafter bleibt die Reihenfolge derjenigen Ströme, welche der Ero-
sion sehr verschiedener Thäler ausgesetzt gewesen sind, wie
etwa der Strom von Fornich im :Rheinthale, der Strom vom
Roderkopfe bei Oberbettingen an der Kyll und der Strom vom
Altervoss im Berlingerthale, einem Seitenthale der Kyll.
Wie aber auch diese Verhältnisse betrachtet werden mögen,
so bleibt doch der Schluss als richtig anzuerkennen, dass die
Ausbrüche der Lavaströme in dem Laacher See-Gebiete und
in der Eifel im Ganzen genommen in derselben Periode statt-
gefunden haben und zwar in derjenigen, in welcher die Aus-
tiefung der Thäler dieser Gegend wesentlich fortgeschritten ist,
bis zu dem Zeitpunkte, wo dieselbe beinahe aufgehört hat und
nur noch wenige Veränderungen in den Thälern stattgefunden
haben.
In dem Gebiete des Laacher Sees ist eine nicht unbedeu-
tende Zahl von Lavaströmen mit Loss. bedeckt. Dieselben
sind also ganz entschieden älter als dieser mit Landconchy-
lien erfüllte lehmige Absatz. Dagegen lässt sich keinesweges
der Schluss ziehen, dass die nicht mit Löss bedeckten Lava-
10°
148
ströme jünger seien als der Löss und jünger als die mit Löss
bedeckten Ströme. Im Gegentheil zeigt es sich, dass sogar
das völlige Gegentheil richtig ist. Diejenigen Lavaströme, welche
sich überhaupt ausserhalb des Bereiches der Löss-Ablagerung
befinden, sind unbedeckt und können daher älter oder junger
sein als die mit Löss bedeckten Lavaströme. So ist denn
wirklich der älteste Lavastrom in diesem Gebiete, der vom Sulz-
busch, nicht mit Löss bedeckt. Da in der ganzen Vorder-Eifel
kein Löss vorkommt, so befinden sich hier auch sammtliehe
Lavaströme in dem Falle nicht mit Löss bedeckt zu sein; ohne
dass daraus irgend ein Schluss auf ihr Alter gemacht werden
kann.
Nirgend ist ein Lavastrom bekannt, der auf Löss aufliegt
und der mithin nachweisbar jünger als diese Ablagerung wäre.
Dagegen sind diejenigen Tuffe, welche Leueit, Bimsstein und
Trachyt enthalten, mit wenigen Ausnahmen wirklich junger als
der Löss. Sie finden sich nur im Laacher See-Gebiete und fehlen
in der Eifel. Obgleich sie den neuesten Bildungen angehören, wo
sie vorkommen, sind ihre Ausbruchstellen nicht nachweisbar
und in keiner Weise deutlich erhalten, wie dies gerade bei so
neuen Produkten erwartet werden sollte.
Es scheint danach wohl unzweifelhaft, dass die ee
Thätigkeit im Gebiete des Laacher Sees sich beträchtlich länger
erhalten hat als in der Eifel. Die dortigen Vulkane waren
schon längst in den Zustand der erloschenen übergegangen,
in dem wir dieselben jetzt noch kennen, als noch Ausbrüche in:
dem Gebiete des Laacher Sees stattfanden und sehr grosse
Massen von unzusammenhängenden Auswürflingen aus den
tiefsten Sitzen der vulkanischen Thätigkeit an die Oberfläche
brachten.
Sauerquellen und Kohlensäure - Entwickelungen.
Die noch jetzt fortdauernde vulkanische Thätigkeit in der
Nähe der erloschenen Vulkane im Gebiete des Laacher Sees
und in der Vorder-Eifel ist auf die zahlreichen Sauerquellen
und auf einige Kohlensäure-Entwickelungen beschränkt. Diese
Quellen kommen zum bei weitem grössten Theile unmittelbar
aus den Schichten des Unter-Devon hervor, und wo dies nicht
der Fall ist, lassen die Verhältnisse darauf schliessen, dass
149
diese Schichten in einer geringen Tiefe unter dem Ausfluss der
Quellen anstehen und sie daher die Leitung der Wasser bis
nahe an die Oberfläche bilden. Wenn aber der Zusammenhang
der erloschenen Vulkane dieser Gegend mit dem Bestehen
der Sauerquellen anerkannt wird, so darf doch dabei nicht
unbemerkt bleiben, dass viele Sauerquellen auch aus den weit
verbreiteten Devonschichten in grösserer Entfernung von den
Vulkanen hervortreten und dass namentlich einige berühmte
warme Quellen in dieser grossen devonischen Gebirgsmasse
weit von jeder Spur ehemaliger vulkanischen Thätigkeit entfernt
hervortreten, wie Ems, Aachen und Burtscheid, Asmannshausen
und Wiesbaden. Die warme Quelle von Bertrich liegt am
aussersten Ende der Vulkanreihe der Vorder-Eifel und könnte
möglicher Weise damit ebenso wenig zusammenhängen wie
die warme Quelle in der Grube Kautenbach bei Berncastel.
Die warmen Quellen des Bades Neuenahr unterhalb Ahrweiler
im Ahrthale liegen ebenso wie die Kohlensäure - Entwickelun-
gen bei Wadenheim im Ahrthale ausserhalb des Bereiches der
Laacher Vulkane, während in diesem Gebiete zwar eine sehr
grosse Zahl von Sauerquellen, aber nur von einer die mittlere
Temperatur der Oberfläche wenig übertreffenden Temperatur be-
kanntist. Die höchste Temperatur einer dieser Sauerquellen zeigt
der Gemeindebrunnen bei Burgbrohl mit 11,6° R. Das Brohlthal
besonders da, wo es dem Laacher See und dem Kesselthale
von Wehr am nächsten liest, und die Seitenthäler desselben
sind ausserordentlich reich an Sauerquellen und an Entwicke-
lungen von Kohlensäure. Die Sauerquellen treten in demselben
von unten anfangend 200 Ruthen unterhalb Schweppenburg
hervor und zeigen sich bis in Oberzissen. Am stärksten sind
dieselben bei Burgbrohl von der Einmündung des Tönnissteiner
Thales bis zur Einmündung des Thales von Glees. In dieser
Strecke des Brohlthales von 400 Ruthen Länge und einem Ge-.
fälle von 99 Fuss kommen unzählige Sauerquellen hervor,
welche eine sehr grosse Menge von freier Kohlensäure ent-
wickeln und an vielen Stellen steigt die Kohlensäure trocken
aus dem Boden hervor; die Keller in Burgbrohl sind beinahe
Pr
sämmtlich den Gas-Ausströmungen unterworfen. Die grossen
Absätze von Kalktuff und Eisenocker, welche sich auch gerade
in dieser Strecke des Thales finden, hängen mit diesen Sauer-
A 150°
quellen zusammen und da sie an vielen Stellen in bedeutender
Menge abgelagert sind, wo ihre Bildung gegenwärtig nicht mehr
fortdauert, so legen sie Zeugniss von einem früheren Zustande
grösserer Thätigkeit ab. Aehnliche Ablagernngen von Kalk- _
tuff und Eisenocker finden sich auch im Tönnissteiner Thale
und in dem Kesselthale von Wehr, dessen Abfluss durch den
Wirrbach nach der Brohl geht.
Die Seitenthäler der Brohl, besonders von deren rechter
Seite her, geben ebenfalls vielen Sauerquellen ihre Entstehung.
In dem Thale des Heilbrunnen, welches an der Schweppenburg
in den Brohlbach einmündet, treten sie von unten herauf bis
gegen den Krayerhof auf eine Länge von 750 Ruthen hervor.
Die hier dem Brohlthale zunächst gelegene Quelle ist der Heil-
brunnen, wohl die wichtigste in dem Gebiete des Laacher Sees,
sie hat 81° R. Tempetatur, enthält 0,537 Procent feste Be-
standtheile, darunter 0,572 Natronsalze, die überhaupt in keiner
dieser Quellen fehlen.
In dem Tönnissteiner Thale, welches bei Nonn’s Mühle
in den Brohlbach einmündet, reichen die Sauerquellen auf eine
Länge von 550 Ruthen bis unterhalb Wassenach. Darunter
befindet sich die sehr bekannte und an Kohlensäure reiche Quelle
von Tönnisstein. In.dem Gleeser Thale kommen von seiner
Einmündung bei Burgbrohl his in Glees auf eine. Erstreckung
von 1000 Ruthen sehr viele und starke Sauerquellen vor.
Ebenso verhält es sich auch in dem Wirrbachthale, welches aus
dem Kesselthale von Wehr hervortritt und in Niederzissen in
die Brohl einmundet. Sehr viel Sauerquellen brechen in dem
unteren Theile des Kesselthales selbst hervor, die mit mäch-
tigen Ablagerungen von Eisenocker umgeben sind. An dem
Wege von Wehr nach Rieden am Fusse des Kirchbüusch liegt
noch eine Sauerquelle und in dem Stollen der Conession Eisen-
‘ kaul, welcher nach einem Gange von Eisenspath getrieben ist,
wurde eine starke Auströmung von Kohlensäure angetroffen.
Auch in der zwischen Burgbrohl und Niederweiler auf der
linken Seite der Brohl mündenden, von Ober-Lützingen herab-
kommenden Schlucht liegt eine Sauerquelle. Das Brohlthal mit
seinen Nebenthälern bietet: offenbar die grösste Zahl von Sauer-
quellen und von Kohlensäure-Ausströmungen in dem kleinsten
Raume dar, welche überhaupt in diesen Gegenden auftreten.
_
La ou m ee
151
Auf beiden Seiten ist dieses Thal von Vulkanen durchbrochen.
Auf der Nordseite desselben liegt: der Leilenkopf, Herchen-
berg und Bausenberg, auf der Südseite: die Kunksköpfe, der
Veitskopf und etwas entfernt der Laacher See und das Kessel-
thal von Wehr.
Am Laacher See selbst ist auf der Nordseite eine trockene
Ausströmung von Kohlensäure, auf der Südwestseite in der
Nähe des Klosters Laach eine Sauerquelle, in dem Abfluss-
stollen in der Nähe des Sees sind mehre starke Sauerquellen
bekannt. Zahlreiche Quellen der Kohlensäure - Entwickelungen
sind im See vorhanden, deren Stellen durch das Hervortreten
von Gasblasen bezeichnet werden.
Oestlich vom Laacher See kommt in dem Thale oberhalb
Nickenich eine starke Sauerquelle hervor und steht wohl
mit den Absätzen von Kalksinter in Verbindung, welche hier
die Bimssteinstücke verkitten. Von dieser Stelle aus gegen
S.0. finden sich Sauerquellen, bei Miesenheim auf der rechten
Seite der Nette, am Wege nach Kettig, bei Kärlich und in dem
Orte selbst, der Waldbrunnen zwischen Kärlich und Bassen-
heim, und in demselben Thale unmittelbar bei Bassenheim, dann
S. von Bassenheim in der nach Cobern an der Mosel gehenden
Schlucht, eine starke Sauerquelle zum gehauenen Stein, zwei
Quellen nahe bei den Eulicherhöfen, zwei Quellen am Mittel-
berge 70 Ruthen von der Mosel entfernt und der Bellerbrunnen
im Bellerthale. Auch auf der rechten Seite der Mosel in dem
Winningen gegenuber mündenden Oondethale kommt eine Sauer-
quelle hervor, welche schon ziemlich weit von den vulkanischen
Ausbrüchen getrennt ist; noch weiter von denselben entfernt
liegt der Born bei Thal-Ehrenbreitstein und die Sauerquelle 300
Ruthen S. von Urbach bei Dierdorf, und die bei Boppard im
Rhein entspringende, welche gefasst und über den mittleren
Stand des Stromes geführt ist.
Auf der Südseite des Laacher Sees liest eine starke Sauer-
quelle, der Schmalbur, zwischen Thur und Frauenkirche mit
Eisenocker-Absätzen, bei Obermendig in dem Thale nach Eitt-
ringen, dieser folgen weiter gegen W. eine Quelle weiter auf-
wärts nach Ettringen in demselben Thale, eine Quelle in dem
Thale von Obermendig nach der Erle und der Erlenbor in den-
selben Thale, der Sulzbrunn in der Schlucht am Wege von
152
Ettringen nach Kirchesch, unterhalb Rieden und nahe von
Volksfeld an der Nette, als die westlichste Sauerquelle in
diesem Gebiete.
Die Sauerquellen in der Harder Eifel zeigen eine eigen-
thumliche Verbreitung. Mit Ausnahme der Bertricher Quellen
ist der sudöstliche Theil der Hauptreihe der Vulkane ganz arm
an solchen Quellen; an der Uess und an der Alf und in den
Gebieten dieser beiden Bäche ist eben nur Bertrich und eine
schwache Quelle bei Gillenfeld anzuführen, dagegen sind die
Sauerquellen an der Lieser und in derem Gebiete stellenweise
ungemein häufig, auch an der Kyll fehlen sie nicht, dehnen
sich aber auch hier weit über die vulkanischen Gegenden aus
und bilden Gruppen von Sauerquellen, 'welche ganz unabhängig
von den vulkanischen Ausbrüchen zu sein scheinen.
Eine der Hauptstellen für die Sauerquellen dieses Gebietes
ist Daun im Lieserthale; im Orte selbst ist der Daunerbecher
und eine Quelle im Keller von Stephan Nilgers bekannt, und
sehr bedeutende Kohlensäure-Entwickelungen in mehreren an-
dern Kellern. Der Holzendreis*) auf den Planken am Leim-
berge N. vom Orte wird gewöhnlich getrunken, ebenso wird
auch der Lenzen oder Wendel-Dreis, 200 Ruthen S. vom Orte
in der Wendelwiese benutzt. Der Frauen-Dreis liegt nahe bei
Gemünden am Bergenbach, im Putzbornerthale haben Puützborn,
Neunkirchen, Steinborn im Orte selbst und Waldkönigen am
Bettenbache Sauerquellen; Weiersbach am Dreisberge und Tritt-
scheid im Thale Stegwiesen am Berge Heisterchen in der Nähe
vulkanischer Ausbrüche, mit denen auch nach dieser Richtung
die Sauerquellen endigen.
Im Ahrgebiete liegen 3 Sauerquellen am Abfluss des Drei-
ser Weiher bei der Dreiser Mühle nahe beisammen, und eine
N.O. von Dockweiler, am Abhange des Dreissched.
Im Gebiete" der Kyll und in dem Thale derselben in
der Nähe der Vulkane treten Sauerquellen auf: bei Hohen-
fels in der Kuhwiese, unterhalb Essingen im Dreisthale, der
Preiswinkel am Gippenberge und der Dreisweg beide bei Rockes-
kyll, der Dreiswieserbrunnen bei Pelm im Kyllthale am Fusse
*) Dreis, Dreist, Drees, Driesch bezeichnet in der Eifel jede Sauer-
quelle, wie im Gebiete des Laacher Sees jede Quelle Bür, Bor, Born
genannt wird.
4
ee ne Dre Me ea u an Be
153
der Casselburg, bei Gees nahe N. vom Orte in der Geeser-
wiese zwei nahe gelegene Quellen, der Träterbrunnen nahe S.
von Gees, der Dreis dicht bei Gerolstein im Kyllithale, eine
stark benutzte Sauerquelle, der Sidingerbrunnen am Sidinger-
berge dicht an der Kyll 200 Ruthen unterhalb Gerolstein, (der-
selbe ist 1778 vom Graf Joseph von Blankenheim durch den
Kur-Trierschen Hauptmann Kirn neugefasst worden, wobei eine
römische Brunnenfassung und 143 Münzen aus der Zeit des
Kaisers Maximinus gefunden wurden), bei Müllenborn oberhalb
Lissingen im Dreisbachthale an der Strasse nach Prüm, der
Brubeldreis oder Brudeldreis im Kylithale am Abhange des
Bettenbachs im Gerolsteiner Gemeindewald oberhalb Birresborn
eine trockene Kohlensäure-Ausströmung (Mofette), der Dreis
im Kylithale oberhalb Birresborn, die vorzüglichste Sauerquelle
der Vorder-Eifel, deren Wasser in der Gegend versendet wird;
damit enden die Sauerquellen an der Kyll abwärts.
Es finden sich nun noch Sauerquellen S. von Gees theils
im Gebiete der Lieser, theils im Gebiete der Salm, von denen
einige den vulkanischen Ausbrüchen nahe, andere dagegen ziem-
lich entfernt davon liegen, und zwar bei Nieder - Stadtfeld im
Thale der kl. Kyll, dicht bei Wallenborn auf der S.-Seite, der
Brubeldreis in der Heidewiese nahe W. von Wallenborn, der
Kuselborn im Schlemmgraben S. von Salm, eine Quelle S. von
Meisburg am Heldenbusch und endlich eine Quelle S.O. von
Bettenfeld und S. vom Mosenberge in ‘einem Seitenthale der
kl. Kyll.
Noch finden sich zwei Sauerquellen in der Nähe der Vul-
kane, eine oberhalb Duppach unter dem Walde Buchholz und
die andere am Weyerhach zwischen Duppach und Steffeln, aber
beide in einer Lage, welche es wahrscheinlich macht, dass sie
zu einer weiter verbreiteten Gruppe von Quellen gehören, die
in keinem Zusammenhange mit den Vulkanen steht und sich
ganz davon entfernt. Von den Quellen von Duppach und
Steffeln aus in westlicher Richtung finden sich Sauerquellen
bei Reuth im Prümthale (S.W. von der isolirten Tuffpartie von
Schönfeld) und weiter abwärts in diesem Thale oberhalb Neuen-
dorf und zwischen Neuendorf und Olzheim, oberhalb Wascheid
am Mehlembach, N. von Neuenstein (S. vom Goldberge bei
Ormont) und am weitesten gegen W. zwischen Rodt und Kop-
“
|
E
154
scheid. Weiter südlich kommen Sauerquellen vor, welche sich
zunächst an die Birresborner Quelle anschliessen, am Drees-
bach am Wege von Birresborn nach Büdesheim im Budeshei-
mer Gemeindewald, bei Wallerheim, an der Nims $.W. von
Weinsheim, dann bei Seiwerath, bei Lasel an der Prüm, an
der Nims, an der Huscheider Mühle, Otterbacher Quelle bei
Niederpierscheid zwischen Pronsfeld und Pittenbach an der
Prüm und viel weiter gegen W. an Zuflüssen der Ur, N.W. von
Heckhuscheid am Prümmenbach und N. von Lützkampen am
Irresbach.
‚ Ebenso wie in dieser westlichen Gegend die Sauerquellen
weit über das Gebiet der Vulkane hinausreichen, ist dies auch
von Daun aus aufwärts an der Lieser und weiter gegen N.
nach den Zuflüssen der Ahr der Fall. Hier finden sich Sauer-
quellen in der Dreiswiese zwischen Boverath und Rengen, der
Lehedreis O. von Darscheid, bei Cradenbach, Neichen, Pein-
hausen und Boxberg; weiter N. an den Zuflüssen der Ahr: bei
Rodenbach, Bauler, S.O. von Borler, weiterabwärts am Borler-
bach O. von Nohn, S.W. von Nohn, bei Dreymüllen am
Ahrbach.
Viel weiter gegen O. kommt eine Sauerquelle bei Nachts-
heim in einiger Entfernung von Boos an einem Zuflusse des
Elzbach vor.
Wie hier auf der Nordseite von Daun aus die Sauerquellen
sich über einen von den Vulkanen gar nicht berührten Land-
strich an der Lieser aufwärts verbreiten, so finden sich auch
von Bettenfeld aus an der Lieser abwärts gegen S. hin Sauer-
quellen. Sie überschreiten die Mosel und gehen an den Ab-
hängen des Hochwaldes hinauf, in einzelnen Fällen sogar über
dessen Rücken hinweg. So treten Sauerquellen im Gebiete
und an der Lieser selbst auf: bei Hasborn am Sammetbach,
nahe S. von Flussbach, zwei Quellen bei Wittlich und bei
Minderlitgen; im Gebiete der Salm: bei Bruch dicht südlich
der Hütgesburg, bei Niersbach, bei Dreis 2 Quellen der Wal-
lerborn mit starker Kohlensäure-Entwickelung und der Münster
Sauerbrunnen bei Heckenmünster, bei Erlenbach, bei Kesten
im Treiswieser Thale. Weiter aufwärts an der Mosel auf deren
linker Seite kommen noch Sauerquellen bei Ensch in der Aul-
wiese und zwischen den Mehringer Hecken und dem Langener
155
Berge vor. Die folgenden liegen sämmtlich auf der ‘rechten
Seite der Mosel wie die bereits angeführte warme Quelle in
der Grube Kautenbach, oberhalb Piesport, und bei Thron. Im
Gebiete des Thronbachs liegen die Sauerquellen aufwärts
bis Morbach, und finden sich am Raschbach und Himmelsbach
bei Gielert, der Kollert zwischen Thalfang, Talling, Gielert
und Berglicht; im Gebiete. des Thronchenbachs sind die
Sauerquellen sehr haufig: dicht bei Schönberg, der Rompert
W. von Schönberg, in Neuenkirchen und der Bleiberg nahe
S. von diesem Orte, bei Beuern, Rascheid, am Mittelsteköpf-
chen, Bubenbach und Jungewald bei Geisfeld, der Herrnsauer-
brunn und der Pfefferbruch bei Malborn, letzterer am Wege
nach Hermeskeil. Auf der S.O. des Hochwaldes finden sich
zwei Quellen bei Hermeskeil, eine bei Huttgeswasen und eine
bei Hambach N. von Birkenfeld, die als Heilquelle in Ruf
steht. Nahe an der Mosel.treten der Heckenborn- und der
Thalsauerborn bei Longwich, die Quellen bei Fastrau und Riol
auf, im Fellerthale nahe unterhalb Fell; in der Nähe des Ru-
werthales bei Eitelsbach, Mertesdorf, zwei bei Casel, von denen
die entferntere der Brubbelborn genannt wird. Die letzte Quelle
an der Mosel aufwärts ist das Mattheiser Sauerwasser + Meile
von Trier bei Feyen von Kobenbach und am. Fusse des
Carlsberg.
| Wenn bei den Sauerquellen, welche von Daun nordwärts
bis zu den Zuflüssen der Ahr auftreten, die Nähe der vielen
in dieser Gegend auftretenden Basalte der Ansicht Raum lässt,
_ dass (diese altvulkanischen Durchbrüche einen wesentlichen Ein-
fluss auf die noch jetzt fortdauernde Kohlensäure-Entwickelung.
ausüben, so kann dies von allen denjenigen Quellen nicht be- .
hauptet werden, welche südwärts von Manderscheid an der
Lieser, an der Mosel und auf der rechten Seite derselben auf-
treten. In diesen Gegenden fehlen Basalte ebensowohl wie
neuere Vulkane. Die Verbreitung dieser Sauerquellen wider-
spricht auch der Ansicht, dass dieselben das vulkanische Ge-
Diet allseitig mit abnehmender Stärke umgeben und sonach,
wenn auch entfernt, doch auf die vulkanischen Ausbrüche zu
beziehen wären.
Es scheint demnach die Entwickelung von Kohlensäure im
Innern der Erdrinde eine vielleicht ebenso allgemeine Erschei-
156
nung zu sein wie die Temperatur-Zunalme. Dieselbe giebt
sich üherall da durch Sauerquellen zu erkennen, wo die Zer-
klüftungs-Verhältnisse des Bodens von der Oberfläche bis zu
der entsprechenden Tiefe deren Austritt verstatten.. Daraus
erklärt sich einfach, dass aus einzelnen Stellen in dem vulka-
nischen Gebiete grosse Mengen von Kohlensäure hervortreten,
während andere davon ebenso frei sind wie Gegenden, die nie-
mals durch vulkanische Ausbrüche gestört worden sind.
157
5. Die Zone der Opis similis Phill. im Oxford
| von Hannover.
Von Herrn Herm. Creoner ın Hannover
Hierzu Tafel II.
Als Grenze ‚der Schichtengruppen des unteren und obe-.
ren Oxford tritt bei Hannover in Form einer nur }—2 Fuss
mächtigen Lage von sandigen oder thonigen Mergeln eine bis
jetzt noch nicht hervorgehobene Bildung auf, deren organische
Reste eine ihr ganz eigenthümliche, den benachbarten Schichten
fremde Fauna repräsentiren. Am deutlichsten war dieselbe am
Negen bei Limmer (1 Stunde westlich von Hannover) aufge-
schlossen.
Die Korallenbank erreicht dort kaum eine Mächtigkeit von
einem Fuss und besteht aus einzeluen, wulstigen oder platten-
formigen, in Kalkspath oder Horustein verwandelten Korallen.
— Auf ihr liegt ein groboolithischer, oft sandiger Mergelkalk
von isabellgelber Farbe in „— 1! Fuss starken Bänken in einer
Mächtigkeit von 4—-5 Fuss. Melania Heddingtonensis, Pecten
subfibrosus, Exogyra lobata und Echinobrissus scutatus sind häufig
in ihm und beweisen seine Zugehörigkeit zum unteren Oxford.
— Auf diese Schichten folgen Bänke von Mergelkalken ab-
wechselnd mit Lagen von thonigen Mergeln, beide mit einzel-
nen Stacheln von Cidaris florigemma und voll von Ostrea Roe-
meri und Exogyra reniformis und gehören somit den (idaris-
florigemma-Schichten, dem oberen Oxford an. (Siehe Deut.
geol. Zeitschr. Bd. XVI. S. 201.) ur
Zwischen diesen beiden, theils zum unteren, theils zum
oberen Oxford gehörigen Bildungen tritt als scharfe Grenze
beider Gruppen eine 2 Fuss mächtige Lage von groboo-
lithischem Mergelthon auf, welche in Folge ihrer eigen-
thümlichen Einschlüsse einen neuen Horizont in der Schichten-
folge des hannoverschen Jura repräsentirt. Von. allen in ihr
vorkommenden Mollusken ist die Schale in einer Weise er-
ni A
halten, welche es möglich macht bei den Zweischalern den
Schlossapparat, bei den Gastropoden die Mundöffnung und
inneren Gewinde aufs deutlichste zu erkennen, — Verhältnisse,
welche sonst bei Hannover zu den Seltenheiten gehören. Hat
man doch einzelne Cyprinen z. B. COyprina nuculaeformis: und
Saussurei erst zu dem Genus Venus, Donax, Mactra, Gresslya
‚gezählt, ehe es gelang an einigen Präparaten ihre wahrschein-
liche Stellung bei dem Genus Cyprina zu erweisen. — In der
betreffenden Zone haben sich bis jetzt gefunden:
Macrodon laeve sp. nov. (Taf. II. Fig. 1, 2 u. 3).
Von abgerundet vierseitiger Gestalt. Schlossrand ' grad-
linig;, die unteren und die Seitenränder gehen abgerundet in
einander uber; unterer Rand etwas ausgebuchtet und klaffend.
Noch. einmal so breit wie hoch; Wirbel in der vorderen Hälfte
liegend, nicht übergebogen. Oberfläche vollkommen glatt. Die
Area schmal, niedrig dreiseitig, Bandgruben nicht bemerkbar.
Auf. dem vor den Wirbeln liegenden Theile des Schlossrandes
6 — 7 querstehende Schlosszähne, auf der hinteren Hälfte des-
selben 3—4 horizontale lange Seitenzähne. Länge. 15, ‘Breite
30. Mm. — Selten. — Ä
Astarte rotundata RoeEnm.
Rorm. Ool: 113. t..6, £. 25.
Sehr häufig, besonders in einzelnen Schaalen mit gut er-
haltenem : Schloss.
Opis similis PuıwL. sp. (Taf. II. Fig. 4, 5, 6 u. 7).
Cardita similis PsıtL. Geol. of Yorksh. pl II f. 28.
Langgestreckt, unregelmässig, 'vierseitig; Wirbel schlank,
stark eingekrümmt. Das hintere Drittel der Schale über einen
scharfen Kiel fast rechtwinklig niedergedrückt;. Lunula. nicht
vertieft. Mit starken concentrischen Rippen, welche auf dem
Kiel fast vollständig verschwinden und sich als zarte, Reifen
rechtwinklig nach dem oberen Rande wenden. Der Schloss-
apparat besteht in der linken Klappe aus einem langen, schma-
len und hohen, hinteren und einem abgerundeten vorderen Zahne,
welche zwischen sich eine ‚tiefe dreieckige Bandgrube ein-
schliessen. : Dieser entspricht in der rechten Klappe ein star-
ker, ein wenig nach oben gebogener Zahn! von. dreieckigem
u a län m Re 2m
159
Querschnitte. Der untere BNP SEAN ist auf der Innenseite
stark gekerbt.
Breite 10, Höhe 16. Mm. — Sehr häufig, was um so auf-
fälliger erscheinen muss, als das Genus Opis in dem übrigen
weissen Jura von Hannover gar nicht vertreten ist.
Mit dieser Species fällt Tuurmann’s Cardita astartina aus
dem Astartien des Berner Jura zusammen.
Gen. Erycina Lam.
Ungleichseitig, gleichschalig. Zwei gleiche, divirgirende
Cardinalzähne haben zwischen sich eine Grube und zu ihren
beiden Seiten zwei langgestreckte schmale Seitenzähne. Das
Ligament ist ein inneres und haftet in der inneren Grube. Der
Manteleindruck ist hinten ausgeschnitten. (Nysr.)
Beına 2 dubıa. sp. uov. (Tal. 11. Fig. 8,,9, 10, 11.u.. 22).
Abgerundet dreiseitig, nicht sehr stark gewölbt, Buckel
etwas nach vorn liegend. Vorn uber einen Kiel. fast recht-
winklig niedergedrückt. Oberfläche zart concentrisch gestreift.
Breite 16, Länge 12, Dicke 10 Mm.
Der Schlossapparat besteht in der linken Klappe aus zwei
symmetrischen, langgezogenen, fast horizontalen Schlosszähnen,
welche sich langsam nach beiden Seiten zu verjungen und da-
. durch, dass ihre Endflächen convergiren, grade unter dem Wir-
bel eine tiefe dreieckige Schlossgrube . freilassen. Unterhalb
der entgegengesetzten Enden der beiden -Schlosszähne ragen
zwei ebenfalls sehr in die Länge gezogene Seitenzähne löffel-
artig hervor, welche sich unter der Schlossgrube, wo sie sich
dem Schlossrande am meisten nähern, vereinigen und so einen
nach beiden Seiten zu breiter werdenden Canal zwischen sich
und den Fortsätzen der Schlosszähne offen lassen.
Die Schlosszähne ragen bei den meisten der vorliegenden
Exemplare plattenförmig über den von ihnen und den Neben-
zähnen gebildeten Kanal hinaus. — In der rechten Klappe
entspricht der. Schlossgrube ein dreieckiger Schlosszahn und
den Nebenzähnen eine unterhalb der beiden Enden des Schloss-
randes liegende flache Vertiefung, so dass die Nebenzähne in
ihnen nur im Zustande des Geschlossenseins der beiden Klap-
pen einen Stützpunkt finden konnten. Unter den Enden der
" Nebenzähne oder der ihnen entsprechenden Vertiefungen liegen
. | 160
die tiefen Muskelhaftstellen, welche durch einen den Rändern
parallelen, nur sehr wenig ausgeschnittenen Manteleindruck
verbunden werden.
Ich habe vergebens nach einer passenden Stellung für die
in 50 — 60 Exemplaren vorliegende neue Species gesucht. Zu
dem Genus Cardium kann sie wegen ihrer glatten ungekerbten
Ränder, ihrer ungleichseitigen Gestalt, hauptsächlich aber we-
gen des symmetrischen Baues ihrer Kardinalzähne nicht gestellt -
werden; — mit Montacuta, Kellia, Bornia und Mesodesma mag
wohl das äussere Ansehen und die Gestalt und Lage der weit
in das Innere ragenden Seitenzähne übereinstimmen, die Car-
dinalzähne aber sind bei den drei ersten Gattungen gar nicht
oder nur sehr schwach entwickelt, — bei der letzten stark
gekerbt. Aber auch die Stellung der betreffenden Species bei
Erycina ist nur eine vorläufige und deshalb zweifelhaft, weil
bei Erycina das Ligament zwischen den beiden unter den Wir-
beln liegenden Cardinalzähnen haften muss, die vorliegende
rechte Klappe der neuen Species aber einen Cardinalzahn zeigt,
welcher der mittleren Grube auf der linken Klappe Au
die dann kein Ligament enthalten kann.
Rostellaria dentilabrum QUENST.
Qussst. Jura p. 775, t. 9, f 24.
Sechs schwach eonvexe Umgänge; die fünf ersten zart
längs gestreift, mit je sieben ziemlich starken wulstigen Quer-
falten, — der letzte nur längs gestreift, ohme. Querwulste.
Dagegen erhebt sich auf seiner Mitte ein stark markirter Kiel,
welcher in einen fingerartig aufwärts gebogenen Fortsatz aus-
läuft. Der Canal soll nach QuEssteor eine bedeutende Länge
erreichen. Höhe (excl. Canal) 20 Mm, — Selten. —
Unsere Form ist der schwäbischen Species sehr ähnlich
und dürfte trotz mancher kleinen Abweichungen speecifisch nicht
von ihr zu trennen sein. Sie unterscheidet sich von QUEN-
stepr’s Abbildung durch die geringere Anzahl von Querwulsten,
durch eine weniger schlanke Form, ohne dass ihr sonstiger
sehr charakteristischer Habitus wesentlich verschieden wäre.
161
Cerithium limaeforme Rorm.
Ool. Geb. 142, t. 11, f. 19.
Sehr häufig. — Spitz thurmförmig; besteht aus 8—10 sehr
wenig convexen Umgängen. Spiralwinkel 20°. Auf jedem
Umgange kreuzen sich 4— 5 Längsreifen mit c. 30 Querreifen
und bilden auf jedem Kreuzungspunkte kleine Knötchen, welche
in geraden Reihen übereinander zu stehen kommen, so dass die
Oberfläche ein gegittertes Ansehen erhält. Auf der abgerun-
deten Basis verschwinden die Querlinien, so dass sie nur noch
längsgerippt erscheint. — Mundöffnung rundlich oval, in einen
kurzen Kanal ausgezogen, mit deutlicher Spindelplatte.
Diese Form ist identisch mit der von Rosuer beschriebe-
nen Art von Hoheneggelsen, welche zwar meist nur 3 Längs-
reihen von Knötchen hat und gewöhnlich nur geringere Dimen-
sionen erreicht, aber gerade in diesen beiden Beziehungen —
wie ROEMER a. a. O. selbst bemerkt, — öfter variirt. Die spe-
cifischen Merkmale sind vollständig dieselben.
Chemnitzia subulata Roem.
Melania subulata Rorm., Nachträge 47, a A da 65
Thurmförmig, 6—8 Umgänge, Spiralwinkel 25°, durch-
schnittliche Länge 25 Mm. Umgänge glatt, nur durch die
wenig vertiefte Naht getrennt. Basis stark abgerundet, Mund-
‚öffnung spitz eirund.
Auch diese bei Limmer sehr häufige Form ist mit der
Hoheneggelser identisch, nur erreicht sie, wie bei der vorigen
Art, die doppelt bis dreifach so grossen Dimensionen wie jene.
Einzelne Asseln des Cidarites Blumenbachü Ds. (QUENST.
Jura S. 729) und zuweilen 2 Zoll lange Bruchstücke der die-
sem Echinit angehörigen Stacheln, Cidarites histricoides (QUENST.
Jura p. 729, t. 85, f. 64) sind ebenfalls nicht selten in der
betreffenden Zone.
Die Schichten des Oxford treten in der Umgegend von
Hannover an drei Punkten zu Tage: bei Limmer, am Mönke-
berge und am Lindener Berge, An erst erwähntem Orte ist
die beschriebene Zone typisch entwickelt, lässt sich jedoch
ebenfalls, wenn auch nicht in derselben scharfen Begrenzung
an den beiden anderen Aufschlusspunkten nachweisen. Sie
nimmt auch hier dieselbe Höhe über der oberen Grenze der
Corallenbank ein, wie bei Limmer, besteht aber aus sandigen
Zeits.d.d geol. Ges. XVII. 1, MT
E Er
h
%
E
+
162
Mergeln von gelblich grauer Farbe, welche die diesem Hori-
zonte eigenthümlichen Petrefakten nicht in solcher Menge und
so ausgezeichnetem Erhaltungszustande umschliessen, wie die
Mergel von Limmer. In ihnen fanden sich sowohl am Mön-
keberg, wie am Lindener Berge: Opis similis h., Astarte ro-
tundata h., Erycina dubia s., , Cerithium limaeforme h., Chemnitzia
subulata h., Rostellaria dentilabrum s. und Cidaris_ histricoides
h. in guterhaltenen Exemplaren, am ersten Orte auch Macro-
don laeve, so dass das Auftreten dieses Horizontes an sämmt-
lichen Aufschlusspunkten des weissen Jura in ‚der Umgegend von
Hannover bewiesen ist.
Aus Obigem ergiebt sich Folgendes:
Der obere und untere Oxford der Umgebung von Hanno-
‚ver werden durch eine dolomitische oder thonige Mergellage
getrennt. Diese wird paläontologisch bezeichnet durch das
Vorkommen von Chemnitzia subulata, Cerithium limaeforme,
Astarte rotundata Roen., hauptsächlich von Opis similis PHILL.,
Erycina dubia Cren., Macrodon laeve Üren. Letztere drei Spe-
cies, selbst die Genera, denen sie angehören, sind dem übrigen
weissen Jura Hannovers fremd, repräsentiren somit die Fauna
einer scharf bestimmten Zone des hannoverschen Oxfords,
welche nach dem in ihr gewöhnliehsten Petrefakt als Zone der
Opis similis bezeichnet werden kann. |
Die petrefaktenreichen Schichten von Hoheneggelsen,
welche OppeL fälschlich als eine den oberen, thonigen Schichten
der Nerinea-tuberculosa-Zone (siehe Deut. geol. Zeitschr. B. XV.
S. 205) entsprechende Bildung ansah, deren Zugehörigkeit zum
Oxford mein Vater in seiner „Gliederung des ob. Jura“ S. 89
zeigte, dürften als Parallelbildung der Zone der ÖOpis similis _
zu betrachten sein. Ausser den Lagerungsverhältnissen, welche
die Zugehörigkeit der Hoheneggelser Schichten zum Oxford
darthun, spricht das diesen und der hannoverschen Opis-Zone
gemeinsame, ausserdem in Norddeutschland nicht beobachtete
Vorkommen von Cerithium limaeforme und die beiden gemein-
schaftliche Häufigkeit von Chemnitzia subulata und Astarte rotun-
data für die Annahme der erwähnten Aequivalenz. Durch den
Nachweis derselben erhalten die Hoheneggelser Schichten eine
Vertretung in dem sonst so vollständig entwickelten Schichten-
system des hannoverschen Jura, in welchem sie bis jetzt zu
fehlen schienen, wodurch ihnen zugleich eine sichere Stellung
zwischen oberem und unterem Oxford angewiesen wird,
163
6. Geognostische Beschreibung des Bergwerksdistriktes
von St. Andröasberg.
Von Herrn Herm. Crepner in Hannover.
Hierzu Tafel III— V.
Einleitung. — Litteratur. — I. Theil. Die geognostischen Verhältnisse
der Umgegend von St. Andreasberg. — Speciellere Betrachtung des
eigentlichen Ganggebietes. — Die faulen Ruscheln. - Die Ausfüllungs-
. masse des von ihnen eingeschlossenen Gangbezirkes. — Die Silbererz-
gänge — Ihre Ausfüllungsmasse. — Ihr Verhalten gegen die faulen
Ruscheln. — Ihre gegenseitige Beeinflussung. — Ihre Beeinflussung
durch sogenannte feste Geschiebe. — Die Eisensteins- und Kupferkies-
Gänge. — Resume des ersten Theils. — Vergleichung der Andreas-
berger Silbererzgänge mit denen von Pribram und Clausthal. —
II. Theil. Entstehung der Gangspalten. — Theorie der Auslenkun-
gen. — Aufzählung und Paragenesis der in den Andreasberger Silber-
erzgängen gefundenen Mineralien. — Der Andreasberger Kalkspath. —
Entstehung der Ausfüllung der Silbererzgänge, — die der Eisen- und
Kupfererzgänge. — Resume des zweiten Theils.
Einleitung.
Der Andreasberger Bergbau ist wohl der älteste und be-
rühmteste des Oberharzes. Theils aus ersterem Umstande,
theils aus der eigenthumlichen Beschaffenheit der Andreasber-
ger Gänge, welche durch faule Ruscheln nach allen Seiten hin
auf ein bestimmt abgeschlossenes Feld, innerhalb dessen sie
in grosser Anzahl netzförmig aufsetzen, eingegrenzt werden
und deshalb eine geringere Längenausdehnung besitzen, erklärt
es sich, dass der Andreasberger Bergbau eine grössere Tiefe
erlangt hat und sein Feld mehr durchforscht ist, als es in ir-
gend welchem andern Bergreviere der Fall sein mag. Hat
man auf diese Weise eine Reihe höchst interessanter geognosti-
scher Aufschlüsse erhalten, so sind doch die Resultate des in
grösserer Tiefe betriebenen Bergbaues so unerfreulich gewor-
den, dass gegenwärtig ein Missverhältniss der Produktion zu
I*
164
den Ausgaben eingetreten ist, in Folge dessen der Andreas-
berger Bergbau wohl in kürzerer Zeit zum Erliegen kommen
wird. — Es dürfte deshalb wohl an der Zeit sein, eine Reihe
von Beobachtungen, welche die Gangverhältnisse jenes Distriktes
betreffen und in kürzester Zeit nicht mehr ‚ zugänglich‘ sein
dürften, mit denen von einfgen älteren Autoren zu dem Bilde
eines Bezirkes zusammenzustellen, welcher als Fundgrube von
einer grossen Anzahl seltener oder durch die Schönheit ihrer
Krystallformen ausgezeichneter Mineralien für jeden Mineralo-
sen, durch seine eigenthümlichen Gangverhältnisse für den
Geognosten und durch das Alter und die Tiefe der Gruben,
sowie durch den einstigen Reichthum an Silbererzen für den
Bergmann von hohem Interesse gewesen ist.
Bei den zum grossen Theil verwickelten Gangverhältnis-
sen, der Ausdehnung der Grubenbaue und dem Umstande, dass
ein grosser Theil von ihnen verlassen ist, wäre es unmöglich
gewesen in dem kurzen Zeitraum von einigen Wochen, welche
einem Aufenthalt dortselbst gewidmet werden konnten, ein kla-
res Bild von den Andreasberger Gangverhältnissen zu erlangen,
wenn mir nicht sowohl von Seiten des Königlich Hannover-
schen Berg- und Forst- Amtes zu Clausthal durch Erlaubniss
zur Benutzung der betreffenden Aktenstücke und Markscheider-
Risse, als auch von Seiten der Herren Bergbeamten in An-
dreasberg durch Mittheilung von früher gemachten Beobach-
tungen und Aufnahmen die dankenswertheste Unterstützung zu
Theil geworden wäre, der gegenüber ich mich verpflichtet fühle
meinen besonderen Dank auszusprechen.
Litteratur. S
' Vox TrEBRA. Erfahrungen vom Inneren der Gebirge. Dessau
u. Leipzig, 1785.
O. Lasıus. Beobachtungen über die Harzgebirge.. — 2 Th.
Hannover, 1789.
J. C. FreIesteBEn. ‘ Bemerkungen über den Harz. — 2 Th.
Leipzig, 1795.
Hausmann. Bemerkungen über die St. Andreasbergischen
Gänge. — Horzmann’s Hercynisches Archiv. 1803.
Ostuann. Bemerkungen über die Andreasberger Gänge. —
Norddeutsche- Beiträge, 1806. I. |
165
Hausmann. Geognostische Skizze von Sud-Niedersachsen. —
Norddeutsche Beiträge, 1807. II.
Hausmans. Beiträge zur Oryktographie von Norddeutschland.
— Norddeutsche Beiträge. II.
Ostmann. Bemerkungen über die Gänge des auswärtigen Zu-
ges bei St. Andreasberg. — Norddeutsche Beiträge, 1808. III.
Ostmans. Ueber die Anwendung der bisherigen Gangtheorien
‚auf den Oberharzischen Bergbau mit Rücksicht auf dessen
Gangverhältnisse. Karsten’s Archiv. 1822. V.
ZIMmMERMANS. Die Wiederausrichtung verworfener Gänge, La-
ger und Flötze. Darmstadt u. Leipzig, 1828.
F. Horrmans. Uebersicht der orographischen Verhältnisse vom
nordwestlichen Deutschland. Leipzig, 1830.
Hausmann. Ueber den gegenwärtigen Zustand und die Wich-
tigkeit des Hannoverschen Harzes. 1832.
Hauvsmans. Ueber die Bildung des Harzgebirges. Göttingen,
1842.
\
Nubz "orbert
1. Die geognostischen Verhältnisse der Umgegend
von Andreasberg.
Am südöstlichen Abhange des Bruchberges entspringen die
Quellen der Oder und der Sieber. Beide nehmen einen unter-
einander fast vollständig parallelen Lauf nach Süden an, bis
sie sich ungefähr drei Stunden von ihrem Ursprunge mehr nach
Westen zu wenden. Ihre tief eingeschnittenen Thäler umschlies-
sen ein Plateau von äusserst unregelmässig bergiger Oberfläche
und durchschnittlich 1700 Fuss Meereshöhe.und bilden die west-
liche und östliche Grenze des Bergwerksbezirkes von St. An-
dreasberg.
Der nördlichste und zugleich höchste Theil dieses Pla-
teaus wird von dem Sonnenberge und Rehberge gebildet. Der
geognostische Bau dieser Berge, die Oontactverhältnisse der
sie bildenden Gebirgsarten lassen sich am vorzuüglichsten an
den steilen Abhängen des Oderthales beobachten. Die Quellen
der Oder liegen am westlichsten Ende .des Brockenfeldes, unter
der Wolfswarte. Sie vereinigen sich in einer flachen Thalmulde
zwischen den Brockenfeldern und dem Rothenbruche und bil-
den hier durch einen Damm gestaut den Oderteich, weleher
166
als Wasserreservoir für den Andreasberger Bergbau seit fast
150 Jahren von der grössten Wichtigkeit ist. Der Damm ist
an einer besonders engen und mit steilen Abhängen versehenen
Stelle des Thales gezogen und aus mit Eisen verklammerten
Granitblöcken und dazwischen, gestürzten Granitgrus aufgeführt.
Er ist 60 Fuss hoch, am Grunde 80 Fuss, oben 60 Fuss breit
und 325 Fuss lang und staut eine solche Wassermasse hinter
sich, dass diese im Stande ist den Andreasberger Bergbau
sowie die Stadt selbst auf 6 Monate zu versehen, wenn sie
auch weder durch Regen- noch Quellzuflüsse ergänzt werden
sollte. Aus diesem Reservoir werden die Wasser durch den
3767 Lachter also 25113 Fuss langen Rehberger Graben dem
Andreasberger Bergbau zugeführt. Ersterer zieht sich an der
oberen Hälfte des westlichen Abhanges des Rehberges hin,
begleitet so die Oder 1+ Stunde lang und wendet sich an dem
Punkte, wo sich der Rehberg steil nach Süden absturzt, nach
Westen, verlässt den Rehberg an der Stelle, wo dieser sich
mit dem Sonnenberge vereinigt, nimmt eine südliche Richtung
an, wird durch den 400 Lachter langen Wasserlauf durch den
Sandhügel geführt und tritt oberhalb der Andreasberger Säge-
mühle wieder zu Tage, um sein Wasser nach den einzelnen
Gruben und Pochwerken zu vertheilen.
Der Fahrweg, welcher den Rehberger Graben begleitet,
gewährt die passendste Gelegenheit zur Beobachtung des geo-
gnostischen Baues des nördlichsten Theils des Andreasberger
Plateaus.
Die Basis des Rehberges und des Sonnenberges ist Gra-
nit von mittilerem Korne, von röthlichgrauer bis fleischrother
Farbe, feldspathreich und glimmerarm, Turmalin an einigen
Stellen z. B. an der Chaussee zwischen Andreasberg und dem
Sonnenberger Weghause in grosser Menge umschliessend. Die
von jenem Punkte stammenden Turmalinkrystalle sind ihrer
doppelseitigen Ausbildung und ihrer ausgezeichnet hemiedri-
schen Gestalt wegen bekannt. Sie sind von schwarzer Farbe
und zeigen die zweite sechsseitige Säule, deren abwechselnde’
Kanten durch eine dreiseitige Säule abgestumpft werden. Das
rauhe Hauptrhombo&der ist auf beiden Seiten, das glänzende,
nächst schärfere Rhomboäder nur auf der einen Seite ausge-
bildet. — Der Feldspath des Rehberger Granites ist vorzugs-
weise Orthoklas von fleisch- bis blutrother Farbe, in weit ge-
167
ringerer Menge grünlichgrauer Oligoklas. Ersterer sowie Quarz
sind häufig in den Drusenräumen des Granites auskrystallisirt.
Der Granit befindet sich im Zustande der Verwitterung;
die Abhänge der Berge und besonders die Thalsohlen sind oft
10 Fuss hoch von Granitgrus bedeckt, zwischen welchem ein-
zelne lose, an manchen Stellen hoch übereinander gethürmte,
abgerundete Granitblöcke hervorragen. An andern ‚Stellen, wo
(der Grus durch Wasser weggeschwemmt oder sonst wie ab-
geräumt ist, tritt die concentrisch schalige und noch häufiger
die plattenformige Absonderung des Granites, das Produkt der
‚noch nicht so weit vorgeschrittenen Verwitterung desselben,
. zu Tage. — Unreine, kaolinartige Massen haben sich an der
Grenze des Granites am südlichen Abhange des Rehberges,
sowie des Sonnenberges abgelagert. Während der Granit die
Hauptmasse dieser beiden Berge bildet, so überlagert ihn in
Form einer stumpfen Haube der Hornfels, welcher somit
die höchsten Partien jener Bergrücken bildet. Die Contact-
Ebene zwischen beiden Gebirgsarten neigt sich in einem Win-
kel von 15 bis 25 Grad gegen S., so dass sich die untere
Grenze des Hornfelses der fast horizontalen Linie des Reh-
berger Grabens ziemlich schnell nähert. Sie mag; bei den
Rehberger Klippen in einer Höhe von circa 120 Fuss über
jenem liegen, senkt sich jedoch sichtbar nach ihm nieder, er-
reicht und überschreitet den Graben am südlichen Abhange des
Rehberges, so dass das Grabenhaus auf Hornfels und die
Grenze mit dem Granit erst unterhalb des Grabens liegt.
Die interessanten Oontact- Verhältnisse zwischen Granit
und Hornfels, wie sie in.besonderer Schönheit an den steilen
Absturzen der Rehberger Klippen sichtbar sind, sind schon seit
geraumer Zeit durch die Beschreibungen v. Buc#’s, Lasıus’,
Horruann’s und Hausmann’s bekannt geworden.
Die Rehberger Klippen sind groteske, fast senkrechte
Felsbildungen, am oberen Theile des Absturzes des Rehberges
nach dem Oderflusse ‘gelegen, deren geneigte Basis aus Gra-
nit, deren oberer steilster und zackigster Theil aus Hornfels
besteht. Schon von Ferne muss die verschiedene Widerstands-
fahigkeit des Granites und Hornfelses gegen die Einflüsse der
Atmosphärilien auffallen. Der erstere theilweise schon in Grus
verwandelt, theils in abgerundete, wollsackförmige Blöcke zer-
fallen, welche wild durcheinander zerstreut liegen, — der Horn-
168
fels unverwittert in spitzen, scharfkantigen Klippen’ emporra-
gend, nur auf der äussersten Oberfläche ‚gebleicht, — platten-
und säulenförmig zerklüftet. Der frühere Zustand des Horn-
felses bevor seine Metamorphosirung geschah, ist auch jetzt
noch deutlich in besonders drei Modifikationen zu erkennen:
1) diehte homogene Masse von feinsplitterigem Bruche,
grosser Festigkeit und grauer bis schwärzlichgrüner Farbe, —
der umgewandelte Schieferthon,.
2) gleichmässig feinkörnige, feste, splitterige Masse
von hellgrauer Farbe, — zusammengesinterter Grauwacken-
sandstein.
3) grobkörniges Conglomerat von erbsengrossen Quarz-
körnern in einer mit der sub ]. beschriebenen Varietät iden-
tischen Grundmasse. Die Quarzkörner sehen gefrittet aus.
Metamorphosirtes Grauwackenconglomerat.
Diese drei Bildungen stehen jedoch nicht isolirt, es existi-
ren vielmehr Uebergänge vom feinsten Sandstein bis zum grob-
körnigsten Conglomerate, welches oft zollgrosse, gefrittete Thon-
schieferbrocken einschliesst. — Besonders im Zustande der
Verwitterung der äussersten Oberfläche, in welchem diese hell-
grau bis bräunlich anläuft und die Quarzbrocken deutlicher
hervortreten, ist der Hornfels von unveränderter Grauwacke
kaum zu unterscheiden. In Spalten und Rissen haben sich
gangtrumerartige Quarzlagen oder auch kleine Quarzkrystalle
abgesetzt, auf welchen zuweilen, ebenso wie manchmal zwi-
schen den Klüften, strahlige, krystallartige Nadeln ‘von Tur-
malin angeschossen sind. In dem kryptokrystallinischen Ge-
füge des Hornfelses sind mit bewaffnetem Auge kleine um-
schlossene Theilchen von Orthoklas und Quarz zu erkennen.
Dieser Hornfels ruht, wie bereits erwähnt, auf Granit.
Die Contactfläche beider liegt jedoch nicht ‚in einer reinen
Ebene, es bildet vielmehr die Hauptmasse des Granites kleine
abgerundete Kuppen, spitze Zacken und treppenförmige Ab-
stufungen, auf welchen der Hornfels auflagert und von welchen
gangartige Spaltenausfüllungen und horizontale Injectionen in
den Hornfels auslaufen, um sich in ihm nach und nach feiner
werdend zu verlieren. Diese Spaltenausfüllungen haben oft
eine Mächtigkeit von mehreren Fussen und keilen sich dann
bald aus, meist aber sind es nur Gänge von wenigen Zollen,
welche oft 10 bis 15 Fuss weit’ in den Hornfels reichen, sich
169
hier theilen und sich in feinen Adern verlieren. Bei den mäch-
tigsten und - schwächsten Injeetionen bleibt sich jedoch die
Schärfe ihrer Grenzen gleich.
Einen sehr verschiedenartigen Charakter zeigt dd diese
Spalten ausfullende Granit; bald ist er ein gleichförmiges Ge-
menge seiner Bestandtheile, bald von mittlerem, bald von fein-
stem Korne, ‚bald nimmt er durch die Ausscheidung von grös-
seren Feldspathkrystallen ein porphyrartiges Ansehen an, —
bald tritt der Glimmer zurück, verschwindet oft ganz, bald bil-
den Quarz: und Feldspath ein fast homogenes, feinsplitteriges
Gemenge, bald verdrängt der letztere fast alle übrigen Gemeng-
theile. Ebenso wechselnd und zugleich von seinem Verwitte-
terungsstadium abhängig ist die Farbe des Granites in den
Spalten, indem er zwischen fleischroth, weiss, hell- und dun-
kelgrau : schwankt. Die Grösse des Kornes der granitischen
Injeetionen steht meist in dem umgekehrten Verhältniss zu der
Entfernung von der Hauptgranitmasse, so dass der Granit im
Anfange einer ablaufenden Spalte grobkörnig ist und nach und
nach, je weiter er in den aufliegenden Hornfels dringt, fein-
körniger und zuletzt zu einem felsitartigen Gestein wird. Der
Granit der Injeetionen ist mit dem Hornfels nicht innig ver-
wachsen, sondern trennt sich von ihm schon bei einigen losen
Hammerschlägen, besonders wenn es ein Stuck ist, welches
den Atmosphärilien längere Zeit ausgesetzt gewesen. Zuweilen
durchsetzen Spaltenausfüllungen feinkörnigen Granites solche
mit grobkörniger Ausfüllung, ohne dass sich die Schärfe der
Grenzen. verwischt.
Umgekehrt aber findet man zuweilen auch Blöcke oder
Brocken von feinsplitterigem Hornfels vollständig umschlossen
von Granit.
“Der feinkörnige Granit mit vorwaltendem Feldspath schliesst
oft schwarze, metallisch glänzende Punkte eines wahrscheinlich
Cer- oder Lanthan-haltigen Minerals, vielleicht von Allanit ein.
Der Hornfels bedeckt aber nicht nur haubenartig die Gra-
nitkuppe des Rehberges und Sonnenberges, er legt sich auch
an dem Fusse beider in Form eines schmalen Saumes band-
artig an und geht nach Süden zu nach und nach in Kiesel-
schiefer und dann in Thonschiefer und Grauwacken über, welche
sich, nur an einzelnen Punkten von kleineren Partien erup-
tiver Massen unterbrochen, bis an den Südrand des Harz- Ge-
170
birges hinziehen. Wie erwähnt besitzt der Hornfels eine be-
deutende Härte und leistet der Verwitterung einen kräftigen
Widerstand; die Folge davon ist, dass die ebenerwähnte Horn-
felszone durch eine Reihe von Felsbildungen bezeichnet wird,
während die Thonschiefer- und Granitberge ihre scharfen Um-
risse verloren und abgerundete Formen angenommen haben.
— Die Grenzlinie des Hornfelses und des Granites streicht in
dem Bezirke zwischen Oder und Sieber von 8.O. nach N.W.
und dieser Richtung entspricht eine Reihe von Hornfelsklippen,
welche an ihrer östlichen und westlichen Grenze als schroffe
Felsmauern in das Thal der Sieber und Oder einspringen und
dieselben einengen, sowie die zwischen beiden Flüssen befind-
lichen, kleineren Bäche zur Bildung von Wasserfällen zwingen.
So verdanken das enge, an grotesken Felspartien reiche Drei-
Brode-Thal, das ebenso schöne Schlufter-Thal das Romantische
ihrer Schönheit allein der Festigkeit, welche der Hornfels der
zerstörenden Kraft des Wassers entgegensetzt. Auf den Höhen
zwischen diesen einzelnen Thälern erheben sich die Hornfels-
' gebilde, welche unter dem Namen Glück- Aufs-Klippen und
‚ Jordans-Hohe als weite Aussichtspunkte bekannt sind.
Die Contactverhältnisse des Hornfels-Saumes und des Gra-
nites sind besonders deutlich in dem Rehberger Wasserlauf
durch den Sandhügel zu beobachten. — Wie erwähnt erreicht
die untere Grenze des Hornfelses am Südabhange des Reh-
berges das Niveau des Grabens, so dass erst die untere Hälfte
des Berggehänges wieder aus Granit ‚besteht; an diese lehnt
sich ein Vorberg des Rehberges, der Sandhügel, welcher nach
Norden hin mit diesem zusammenhängt, sich aber nach Süden hin
sanft verflacht (s. das Profil auf Taf. IIl.). Sein Vorderabhang be-
stehtaus Granit, während Hornfels sein sudliches Gehänge bedeckt.
Der erwähnte Wasserlauf durchschneidet im rechten Winkel die
Contactfläche beider. — Die Grenze zwischen Granit und Horn-
fels ist äusserst scharf und fällt steil gegen S. ein. Der letz-
tere ist fest und splitterig, dunkelgrau bis schwarz und geht
nach und nach in Kieselschiefer und am südlichsten Ende des
Wasserlaufes in Thonschiefer uber. “Aehnlich ist das Profil
zwischen der Jordanshöhe und der Andreasberger Sägemühle.
Die von dem Sonnenberge nach Andreasberg sich hinabziehende
Chaussee verlässt den Granit an einer Stelle, wo ältere Halden
einen verlassenen Eisensteinsbergbau‘ andeuten und führt bis
171
“etwas über den höchsten Punkt der Jordanshöhe auf Hornfels,
welcher nach Andreasberg zu sein glasiges versintertes Aus-
sehen immer mehr verliert, ein kieselschiefriges annimmt und
noch oberhalb der Sägemuhle in Thonschiefer übergeht. — In
diesen Grenzbildungen sind zuweilen tafelförmige Brocken eines
fein- oder grobkörnigen, hellgrauen bis rein weissen, gefritte-
ten Quarzsandsteines eingelagert, welche in noch grösserer
Menge als an der erwähnten Stelle im Drei-Brode-Thale nahe
der unteren Grenze des Hornfelses zerstreut liegen.
Der allmälige Uebergang des Hornfelses in einen ausge-
zeichnet muscheligen Kieselschiefer ist im oberen Theile des
Sperrenthales besonders schön ausgesprochen. — Die steil ein-
fallenden Grenzwandungen des Granites und Hornfelses sind
häufig durch Spaltenbildungen von einander getrennt, welche
sich später mit Eisenoxyd ausgefüllt haben. Solche Contact-
bildungen sind durch Grubenbaue im Drei-Brode-Thal, am Sand-
hügel und im Loche aufgeschlossen. —
Wie deutlich spricht die een Auflagerung des
Hornfelses auf dem Rücken der Graniterhebung, das Ausge-
fulltsein der Spalten in diesem‘ Hornfelse durch granitische
Massen, die Ablöosbarkeit dieser letzteren vom Nebengestein,
das Umschlossensein von Hornfelsbruchstucken vom Granit,
die Spaltenbildung gerade auf der Contactfläche des Granites
und Hornfelses, die später zu erwähnende, der Granitgrenze
des Rehberges und Sonnenberges parallele Zone von Gang-
spalten, — wie deutlich sprechen alle diese Umstände für die
Annahme der plutonischen Entstehung des Granites! —
Der Granit durchbricht als feuerflüssiges Gemenge die
Thonschiefer und Grauwacken, verdrückt ihre Schichten und
hebt eine Scholle von ihnen auf seinem Rücken in die Höhe.
Seine Gluth beeinflusst das aufliegende sowohl, wie das be-
nachbarte Gestein in der Weise, dass es glasartig zusammen-
sintert und nach dem Erkalten zu einem amorphen Gestein
wird, während die flüssige Masse des Granites in die durch
die Eruption entstandenen Spalten gepresst wird, in welchen
sie sich ohne augenblicklich zu erkalten, da auch das auflie-
liegende fremde Gestein eine hohe Beken angenommen
hat, bis in die feinsten Kanäle verbreitet. Durch den Druck
des noch flüssigen Granites der Tiefe entstanden neue Spalten
in dem Hornfels und den diesen durchschwärmenden bereits
172
erkalteten Granitinjectionen, welche abermals von dem nach-
dringenden jüngeren Granite ausgefüllt wurden. Auf der an-
deren. Seite umschloss die Granitmasse einzelne Brocken,
welche sich von der in die Höhe gepressten sedimentären
Hauptmasse ablösten. — In der der Granit-Eruption: zunächst
liegenden Periode begann die Einwirkung der Wasser der Erd-
oberfläche, der Atmosphäre und Quellen, welche sich in der
Nähe und in Berührung mit den noch heissen Granitbildungen
und den metamorphosirten Gesteinen zu einem desto: höheren
Wärmegrad erhitzten, je grösser die Spannung der Atmosphäre
durch die verdampfenden Wasser wurde. Mit der allmäligen
Abkühlung, des Gesteins drangen die Wasser durch die Ritzen
und Spalten‘ nach und: wirkten hier in der Weise auflösend
und wieder absetzend, dass auf der einen Seite ‚die bisher
amorphe Granitmasse ihren jetzigen krystallinischen: Charakter
annahm und dass sich seine accessorischen Bestandtheile, wie
Allanit und Turmalin, in ihm auschieden, — auf der. anderen
Seite aber in den Spalten des Hornfelses Gänge von derbem
und Drusenausfüllungen von krystallisirtem Quarz, sowie auf
den Schieferungs- und Schichtungsklüften nadelförmige 'Turma-
linkrystalle gebildet wurden. Diese wässerige Lösung der Be-
standtheile des Granites drang aber auch in die Poren des
metamorphosirten Thonschiefers und imprägnirte ihn
mit Feldspath- und Quarztheilchen, wodurch er seine war
Gestalt als Hornfels erhielt.
In derselben Weise beeinflusste der hervordringende Gra-
nit und in späterer Zeit die Solution seiner einzelnen Bestand-
theile die auf seinen Rändern aufliegenden und durch ihn zer-
rissenen Thonschiefer und Grauwacken. Die körnigen Quarze,
welche an manchen Stellen als Grenzgebilde auftreten, mögen
sich als grauwackenartige Conglomerate gebildet haben, bei
denen die Grundmasse zurückgetreten ist und deren einzelne
Körner nur lose zusammengebacken waren, bis sie durch die
Hitze der eruptiven Gesteine zusammenfritteten und auf diese
Weise zu den vorliegenden, äusserst festen Massen wurden.
Diese sämmtlichen Beobachtungen der Contactverhältnisse
von Granit und 'Thonschiefer lassen sich auf. eine natürliche
Weise mit der Annahme der Entstehung des Granites in Folge
einer Umwandlung von sedimentären Gesteinen durch
die Einwirkung des Wassers nicht: vereinen. In seiner Mono-
173
graphie der Granite des Harzes behauptet Dr. Fuchs mit be-
sonderer Bezugnahme auf die besprochenen Verhältnisse am
Rehberge, dass sich die Umwandlung der geschichteten Ge-
steine in Granit überall verfolgen lasse und dass der Hornfels
die in Mitten zwischen beiden liegende Umwandlungsstufe
einnehme. Diese Behauptung dürfte schon allein die eigne
sorgfältige Schilderung, welche Dr. Fucas von den dortigen
Contactverhältnissen gab, widerlegen! Es ist zwar in einer
Reihe von Profilen zu verfolgen, dass der Uebergang von Horn-
fels nach Thonschiefer ein so allmäliger ist, dass nirgends
scharfe Grenzen zwischen beiden gezogen werden können, —
und dies ist eben bedingt durch die mit der Entfernung vom
Granit schwächer werdende Beeinflussung der Gluth und der
in späteren Zeiträumen einwirkenden Solution der Bestandtheile
des Granites, — es fehlt aber der Nachweis der Uebergangs-
stufen:nach der anderen Seite, vom Hornfels nach dem Gra-
nite. Ist es nicht. möglich diesen zu fuhren, bleibt vielmehr
eine scharfe Grenze zwischen beiden Gesteinen,, so spricht
dieser Umstand für die eruptive Entstehung und metamorpho-
sirende Einwirkung des Granites auf den Thonschiefer. Denn
dass die chemischen Analysen des Granites dieselben Resul-
tate geben wie die des aufliegenden Hornfelses, ist bedingt
durch die Imprägnation des bereits durch die Hitze zusammen-
gefritteten Thonschiefers mit den in überhitztem Wasser auf-
gelösten und in dem benachbarten Gestein circulirenden Be-
standtheilen des Granites. — Ein Uebergang des Hornfelses
in den Granit wäre bewiesen, wenn die Beobachtung des Hrn.
Dr. Fuchs richtig wäre: dass die granitische Ausfüllungsmasse
in den Spalten des Hornfelses innig und untrennbar mit letz-
terem verbunden sei und in diesen so allmälig überginge, dass
die Grenze des Granites nicht bestimmt werden könne. Die
Contaetverhältnisse an den Rehberger Klippen erweisen jedoch
meiner Ansicht nach gerade das Gegentheil dieser Behauptung,
Die Granitgsänge in dem Hornfels sind haarscharf von diesem
geschieden, so dass die Atmosphärilien gerade auf der Oontact-
fläche beider am wenigsten Widerstand finden und bewirken,
dass Stücke, welche ihrem Einfluss längere Zeit ausgesetzt ge-
wesen sind, gerade auf der Grenze zwischen beiden Gesteins-
arten am leichtesten zu spalten sind, was unmöglich wäre,
. wenn ein allmäliger Uebergang des Granites in den Hornfels
174
stattfinden sollte. Eine ununterbrochene Reihe von Uebergän-
gen aus Thonschiefer in Granit ist somit nicht anzunehmen,
vielmehr stehen die Resultate der rein geognostischen Beobach-
tungen über die Entstehung des Granites, wie sie die Umge-
bung von Andreasberg in Menge bietet, im grellsten Widerspruch
zu der Annahme, dass der Granit ein Ergebniss der Umwan-
deluns ee Gesteine sei.
Nach Süden zu geht die Hornfelszone am Fusse 2 Reh-
berges und Sonnenberges, wie bereits erwähnt, in Kieselschie-
_ fer, Thonschiefer und Grauwacken über, welche letztere nach
der Sieber zu vorwalten und von derem westlichen Ufer an,
sowie im Süden der Stadt Andreasberg, den Thonschiefer voll-
ständig ersetzen.
Neben der Kieselschieferzone jedoch, welche den Ueber-
gang zwischen Hornfels und Thonschiefer bildet, ist noch das
sporadische Auftreten von Kieselschiefereinlagerungen zu
erwähnen. Dieselben sind weder an die Nähe der eruptiven
Gesteine, noch an sonst welche bedingende Verhältnisse ge-
bunden, sondern gesetzlos in dem ganzen dortigen Thonschie-
fergebirge zerstreut und gehen bald in den benachbarten Thon-
schiefer über, bald aber sind sie durch besonders deutlich aus-
geprägte Schichtungsflächen scharf von jenem getrennt. Die
Erklärung Hausmanw’s (Bildung des Harzes, 76.), dass Kiesel-
schiefer-Einlagerungen der ersten Art durch die Einwirkung
kieselreicher Quellen auf den Thonschiefer, — scharfgeschie-
dene, beiderseitig von Thonschieferschichten begrenzte Zwischen-
lagen hingegen durch die direkte Absetzung der Kieselsäure
aus heissen Springquellen entstanden seien, hat viel Wahr-
scheinlichkeit für sich. Nur dürfte sich die Deutung des Ur-
sprunges des Kieselschiefers, wo dieser eben nicht durch den
Contact mit plutonischen Massen entstanden, durch die An-
nahme vereinfachen, dass er allein als metamorphisches Ge-
bilde der durch spätere Hitzeeinwirkung zu Thonschiefer ver-
härteten Thone und Schieferthone, beeinflusst durch kiesel-
reiche heisse Quellen, zu betrachten sei. Denn gerade die
scharfgeschiedenen Kieselschieferlagen zeichnen sich durch ihr
gleichmässiges Anhalten, ihre constante Mächtigkeit und voll-
ständig ebene Schichtungsflächen aus, wie man sie nur durch
das Eindringen von kieselreichen Wassern in besonders lose
Schichten, welche mit mehr thonigen, das Eindringen des me-
175
tamorphosirenden Wassers abhaltenden Schichten abwechselten,
erklären kann, während die Annahme des direkten Absatzes
des Kieselschiefers Aus heissen Quellen eine tufige, sinterar-
tige oder wellige Struktur, sowie eine grössere Mächtigkeit der
Ablagerung in der Nähe des Ursprungsortes der Quelle, eine
Abnahme nach allen Seiten, überhaupt durch äussere Einflusse
bedingte Unregelmässigkeiten erheischt, welche wir bei den
Kieselschiefereinlagerungen von Andreasberg vermissen.
Eine Bestimmung des Alters der Andreasberger Thon-
' schiefer und Grauwacken ist durch Seltenheit von organischen
Resten sehr erschwert. Im’ dortigen Zehntgebäude wird unter
einer Reihe von Gangstücken und Proben des Nebengesteins
der Andreasberger Erzgänge ein Handstück von Thonschiefer
mit einer Posidonomya Becheri aufbewahrt, welches vor langer
Zeit auf einer dortigen Halde gefunden sein soll. Die Un-
sicherheit des Fundortes, der Umstand, dass seitdem trotz eif-
riger Beobachtungen keine weiteren Versteinerungen des Kulms
gefunden worden sind, machen eine Anwendung des vorhande-
nen Leitfossiles zur Bestimmung des Alters eines Theiles der
dortigen Schichten unthunlich.
Das Vorkommen von bestimmbaren fossilen Resten lässt
sich allein im Osten von Andreasberg, am östlichen Abhange
des Beerberges, in der Nähe der alten Haus-Redener Halden
nachweisen. Auf den Feldern und Wiesen, welche sich zwi-
schen der Braunlager Chaussee und dem jetzt trockenen Drei-
Jungfern-Graben ausbreiten, werden nämlich von Jahr zu Jahr
Brocken von feinkörnigem kalkisem Sandstein ausgerodet und
am Waldrande angehäuft, welche in zwar seltenen und nicht
besonders gut erhaltenen Exemplaren folgende Versteinerungen
führen, welche F. A. RoEmER in seinen „Beiträgen zur Kennt-
niss des nordwestlichen Harzgebirges* abgebildet hat: Homa-
lonotus Schusteri A. RoEm., Homal. obtusus Sanpe., Phacops la-
ciniatus F. RoEm., Spirifer macropterus GOLDF., Orthis sp., Chon-
drites Andreae A. RoEM.
Aus der Häufigkeit der Homalonoten im Verhältniss zu der
anderer Reste schliesst RoEMER auf die Zugehörigkeit der sie
umschliessenden Sandsteinbrocken zum untersten Devon, dem
Spiriferensandstein.
Die anstehenden Schichten dieses letzteren hat man in
der Umgebung von Andreasberg noch nicht gefunden, vielmehr
176
sieht man an einer Reihe von Stellen rings um das Terrain,
auf welchem die einzelnen Sandsteinbrocken zerstreut liegen,
den versteinerungsleeren Thonschiefer deutlichst anstehen. Auf
der anliegenden geognostischen Karte von Andreasberg ist des-
halb keine besondere Farbe zur Bezeichnung des Spiriferen-
Sandsteines gewählt, sondern nur das Auftreten von einzelnen
zerstreuten Brocken desselben durch dunklere Punkte ange-
deutet.
Bis auf die erwähnten organischen Reste ist der Thon-
schiefer von Andreasberg bisher als versteinerungsleer befunden
worden. Er repräsentirt eine gleichförmige Aufeinanderfolge
von dünngeschichteten, oft dünnschiefrigen Schiefern von meist
dunkelgrauer bis blauschwarzer Farbe, denen sämmtlich ein
Streichen von W. nach ©. und ein steiles Einfallen gegen 8.
gemein :ist. Nur im westlichen und südlichen Theil des An-
dreasberger Bezirkes treten erst untergeordnet, nach und nach
vorwaltend und dann allein herrschend Grauwacken auf, welche
nach dem Granit zu eine ähnliche Veränderung wie die Thon-
schiefer erlitten haben. Sie erreichen dann z. B. im unteren
Theile des Sperrenthales und im Dreibrodethal eine bedeutende
Härte und ähneln den in Hornfels verwändelten, oben beschrie-
benen Grauwacken des Rehberges.
Der Uebergang von Thonschiefer in Grauwackenschiefer
und von diesem in Grauwacke lässt sich im Sperrlutterthale
unterhalb der Andreasberger Hütte deutlich verfolgen, — sowie
das Sieberthal an seinen beiderseitigen Abhängen den besten
Einblick in die Zusammensetzung des Andreasberger Grau-
wackengebirges gewährt. Die Grauwacke bildet hier Bänke
von 4—5 Fuss Mächtigkeit, welche zuweilen von dünnen La-
gen eines dünnschiefrigen Thonschiefers getrennt werden und
hor. 6—7 streichen und steil gegen S.S.O. einfallen. Im süd-
lichen Theile des Thales, zwischen dem Forsthaus Königshof
und der Steinrenner Hütte, sind es feinkörnige, gleichmässige,
dichte Conglomerate von grünlich grauer Farbe, welche im un-
teren Laufe des Dreibrodethales und in der Nähe von dessen
Einmündung in das Sieberthal eine röthlichbraune bis dunkel
ziegelrothe Farbe annehmen, welche sie einer Eisenoxydlösung
verdanken. Noch weiter thalaufwärts tritt wieder die dunkel-
graue Färbung des Gesteins sowie eine noch grössere Festig-
keit ein, bis die eigentliche Grauwacke in Hornfels übergeht;
177
‘
aber auch hier noch sind die Schichtungs- und Schieferungs-
flächen von eisenschüssigem Thone roth beschlagen.
F. A. RoEmer hat‘auf Previger’s Karte des Harzgebirges
die Hornfelskuppe des Rehberges und Sonnenberges sowie die
Zone von Hornfels, Grauwacken und Thonschiefern am süd-
westlichen Abhange des Granitgebirges als Kulm, eine mitt-
lere Partie, welche ihren Mittelpunkt ungefähr in Andreasberg
selbst findet, als devonisch, und das Schiefer- und Grau-
- wacken-Gebirge westlich von der Stadt und südlich von dem
Grünsteinzuge als silurisch bezeichnet. Diese Beiordnung
der Andreasberger sedimentären Gebilde zu irgend einem die-
ser Gebirgsglieder dürfte erst durch die Auffindung der sie be-
stimmenden organischen Reste möglich werden. Geognostische
Grenzen zu ziehen zwischen stundenweit von einander entfern-
ten, durch paläontologische Funde sicher bestimmten Punkten
dürfte bei dem durch plutonische Gebilde verwirrten Schichten-
bau des Andreasberger Schiefergebirges zu einer Menge Irr-
thumer Veranlassung geben. Auf anliegender geognostischer
Karte ist deshalb das ganze Thonschiefer- und Grauwacken-
gebirge mit nur einer Farbe bezeichnet worden.
Schneidet im Norden von Andreasberg der Granit des Bel
berges und Sonnenberges das sedimentäre Gebirge des Andreas-
berger Bezirkes ab, so erhält dieses durch einen langgedehn-
ten schmalen Grünsteinzug auch eine südliche Grenze.
Die Hauptrichtung dieses Grünsteinzuges ist die von O. nach
W. und erstreckt sich vom östlichen Abhange des Andreasber-
ger Thales uber den Glockenberg, den Mathiasschmiedsberg
und den Oderberg bis auf die Höhe der Rücken, welche den
östlichen Abhang der Trutenbeeker Berge bilden.
Der Diabas von Andreasberg ist vorwaltend von feinkör-
niger Struktur. Von seinen Gemengtheilen waltet der Oligo-
klas vor. Dieser ist grünlichgrau und zeigt besonders bei por-
phyrartigen Varietäten den rektangulären Durchschnitt seiner
Krystalle. In dieser Oligoklas-Grundmasse liegen kleine, meist
abgerundete Körner von Augit und Schüppchen von Chlorit.
Der Augit hat sich manchmal, doch im Ganzen seltener, in Form
kleiner Krystalle ausgeschieden. Der Diabas von feinkörniger
Struktur geht zuweilen in porphyrartige und schiefrige Varie-
taten, noch öfters in dichten Diabas über. Letzterer ist dann-
ein äusserst festes, grünlichgraues Gestein, welches nach sei-
Zeits.d d geol. Ges. XV. 1, 12
178
nen äusseren Merkmalen oft schwer von Hornfels zu. unter-
scheiden ist. Sondern sich aus dieser Gruudmasse dunkellauch-
grüne Oligoklaskrystalle aus, so entsteht der porphyrartige Dia-
bas, — Blatterstein hingegen, wenn sie Körner von Kalkspath,
welche bei der Verwitterung leere Räume in ihr zurücklassen,
umschliesst. Die Hauptmasse des Andreasberger Grünstein-
zuges bleibt jedoch der feinkörnige Diabas, wahrend die dich-
ten, kalkigen und porphyrartigen Varietäten nur von unterge-
ordneter Ausdehnung sind. Als accessorische . Bestandtheile
dieses Diabases treten Schwefelkies und Magnetkies beide in
feineingesprengtem Zustande, zuweilen auch als schmale Schnur-
chen auf, sowie Kalkspath und Datolith trümerartigzgdie Aus-
füllungsmasse einzelner Spalten bilden. Das bekannteste Vor-
kommen von letzterem, welches wohl alle‘ deutschen Minera-
lienkabinete mit Handstücken versorgte, ist das im Wäsch-
grunde einige hundert Schritte unterhalb der Grube St. An-
dreaskreuz durch einen ‚Steinbruch aufgeschlossene. Der Da-
tolith bildet hier im Verein mit weissem oder rosarothem Kalk-
spath sowie faserigem und traubigem Prehnit. zwei Hauptgang-
schnuren im Grünstein,, welche in ihrer Mächtigkeit zwischen
- und 1+- Zoll schwanken und von denen sich eine grosse
Menge oft nur linienbreiter Adern abzweigen, welche sich im
Nebengestein verlieren. Die beiden Hauptgänge ‚streichen hor.
9 und fallen gegeneinander ein, so dass sie sich in der Sohle
des Steinbruches vereinigen. Als Saalbänder dieser Datolith-
gange tritt eine dunne, chloritreiche Lage von grünlichgrauem
Letten auf. Aehnliche Gangvorkommen von Datolith sind im
Wäschgrunde südlich von oben beschriebenem Fundorte bei der
Anlage eines Grabens fur die neuerrichtete Holz-Schleif-Mühle
überfahren worden, und das im Trutenbeek, dem Thale
eines Nebenflüsschens der Oder ist schon seit geraumer, Zeit
bekannt. |
Die ausgezeichnet schaligkuglige Struktur des Diabases
und zugleich die oft äusserst verworrenen Contactverhältnisse
mit dem Thonschiefer sind besonders schön am östlichen Ab-
hange des Oderberges an der Chaussee von Braunlage nach
Andreasberg zu beobachten. Dieselbe durchschneidet den
Grünsteinzug — abgesehen von ihren vielen Serpentinen —
fast rechtwinklig. Geht man vom Oderhaus aus, so über-.
schreitet man erst eine Strecke lang einen dünnschiefrigen,
179 -
dunkelgrauen Thonschiefer. von jedoch schon inconstantem Strei-
chen und Fallen, bis sich in ihm einzelne kugelartige Diabas-
einlagerungen zeigen, welche sich schnell mehren und nach und
nach den Thonschiefer fast vollkommen bis auf wenige kleine
keil- oder haubenförmige Partien verdrängen. Der Grünstein
selbst tritt hier in den verschiedenartigsten Strukturverhältnissen
auf, bald schalig, bald dick geschichtet, bald fächerförmig;
hier in Form einzelner Kugeln isolirt im Thonschiefer einge-
lagert, dort als Ellipsoide von den verschiedensten Grössen
so. dicht nebeneinander gedrängt, dass sie sich gegenseitig in
ihrer Form beeinflussen; an der einen Stelle compact und
von grosser Widerstandsfähigkeit, an einer anderen bröckelig
und mürbe. Hier windet sich ein nur wenige Zoll mächtiger
Schmitz. von Thonschiefer durch die Diabasmassen, während
sich dort der Diabas trichterförmig übergreifend über grossen
Thonschiefermassen ausgebreitet hat. Diese abwechselnden
Formen zeigt der Diabas an der rechten Seite der Chaussee
über eine Stunde lang, bis sich die Thonschiefereinlagerungen
wieder mehren, die Diabasapophysen nach und nach weniger
werden und zuletzt aufhören und das Terrain des Thonschiefers
wiedergewonnen ist. In ganz ähnlicher Weise sind die
Struktur- und Contaetverhältnisse (des Diabases und des Thon-
schiefers im Wäschgrunde in dem bereits obenerwähnten, neu-
gezogenen Graben aufgeschlossen. Ebenso findet man in der
Mitte der Längserstreckung des Grünsteinzuges, etwas unter-
halb des Engelsburger Teiches, Thonschieferschmitze und Keile
zwischen dem Grunstein, so dass der Thonschiefer auf der
Oberfläche des ganzen Grünsteinzuges in Form von kleinen
Schollen aufgelagert und eingekeilt sein muss. Man sollte er-
warten, dass diese Einlagerungen sowie die Partien des Thon-
schiefers, welche an der Grenze des Diabases von diesem viel-
fach durchsetzt und verdrückt sind, von ihm zur Zeit seines
Empordringens metamorphosirt worden seien. Die Contact-
thonschiefer unterscheiden sich jedoch wenig von denen in
weiterer Entfernung vom Diabas, so dass es scheinen muss,
als wenn die Thonschiefer von Andreasberg schon in ihrem
jetzigen Zustande eine Metamorphose von vielleicht thonigen
Mergeln, oder Schieferthonen seien. Die vielfach gebogenen
und gekrümmten ‚Schichten des Contactthonschiefers, wie sie
an vielen Punkten der Umgebung von Andreasberg aufgeschlossen
12°
180
sind, deuten darauf hin, dass ihre Metamorphosirung noch zur
Zeit ihrer Biegsamkeit und Weichheit eingetreten ist.
Wie der dem Diabas benachbarte Thonschiefer von ein-
zelnen Grünsteinpartien durchschwärmt wird, so laufen auch
in grösserer Tiefe verschiedene Zweige von dem Hauptzuge
weiter ab und erreichen theils die Erdoberfläche nicht und
sind dann nur durch Grubenbaue nachgewiesen, theils treten
sie erst in ziemlicher Entfernung vom Hauptstamme zu Tage.
Von diesen mag eine Anzahl noch unter Dammerde und Geröll
versteckt liegen, andere sind entblösst. Von ihnen bildet die
eine die Kuppe des Galgenberges westlich von Andreasberg,
eine Partie ist aufgeschlossen zwischen der Grube Samson
und der Deig’schen Fabrik, und ein kleiner nnr einige
90 Fuss im Durchmesser haltender Stock ist auf dem Wege
zwischen dem Beerwege und dem Mathiasschmiedsberge unweit
der alten Halden des Schachtes Gottes Segen östlich von An-
dreasberg sichtbar. Die letzterwähnten beiden Punkte sind
trotz der geringen Ausdehnung, welche sie an der Erdober-
fläche -einnehmen, von geologischem Interesse. Die erste Partie
ist aufgeschlossen an der Stelle, wo das vor Kurzem abgebrannte
Samsoner Zechenhaus gestanden hat. Der Diabas ist hier von
ausgezeichnet kugeliger Struktur. Kugeln oder fast kugelfor-
mige Ellipsoide von 4 bis 2 Fuss Durchmesser liegen lose auf-
einander, ohne dass ihre Zwischenräume irgend wie ausgefüllt
wären. Die Diabaskugeln sind allein durch eine blasige chlo-
ritreiche Masse, welche sie sämmtlich | bis + Zoll stark in-
crustirt hat, zusammengehalten.
Das andere isolirte Auftreten von Diabas, etwas nordost-
lich vom Gottes-Segener Schachte, verdient Beachtung, weil es
der einzige bei Andreasberg bekannte Punkt ist, an welchem
der Diabas die ihm zunächst liegenden Thonschiefer vollstän-
diger als gewöhnlich metamorphosirt hat. Dieselben sind dunn-
schieferig, von verschiedenen falschen Schieferungen durch-
kreuzt und haben eine erbsengelbe Farbe angenommen. In
dieser hellen Grundmasse liegen einzelne hirsen- bis linsen-
grosse, dunklere Quarzkügelchen zerstreut.
Vorläufig dürfte in Bezug auf den Grünstein nur noch zu
erwähnen sein, dass er sich von unten nach oben umgekehrt
keilförmig auszubreiten und an seiner oberen Grenze über den
Thonschiefer überzugreifen scheint. An einigen Punkten we-
181
nigstens ist dies Thatsache und theils auf der Südseite des
Diabases durch die Baue auf dem Engelsburger Gang, theils
im Norden des Grunsteinzuges durch die Baue südlich von
der Grube Andreaskreuz bewiesen.
Zu bemerken ist”noch, dass weder dem Grünsteinzug ein
von ihm gebildeter Höhenzug noch der Grenze zwischen dem
plutonischen und dem sedimentären Gestein Thalbildungen oder
Einsenkungen entsprechen, dass letztere vielmehr gerade uber
die Rücken und Gipfel der Berge laufen, und dass Bäche und
Thäler die Gebirgsarten ohne Rücksicht auf ihre verschiedene
Festigkeit durchbrechen. Der Hornfels allein macht sich durch
eine leicht zu verfolgende Reihe von Felsbildungen kenntlich.
Das Gebiet des Thonschiefers, welches nach Norden hin
von dem Granitrücken des Rehberges und Sonnenberges und
im Suden von dem beschriebenen Grünsteinzug abgeschnitten
wird und dessen seitliche Grenzen das Thal der Sieber und
der Oder andeuten, ist das durch seinen Reichthum an selte-
nen Mineralien und Silbererzen und durch seine interessanten
Gangverhältnisse bekannte Andreasberger Gangrevier.
2. Speeciellere Betrachtung des eigentlichen Gang-
gebietes.
Die Andreasberger Silbererzgänge unterscheiden sich von
denen jenseits des Bruchberges ausser durch die Verschieden-
artigkeit ihrer Ausfüllung besonders durch ihre geringe Er-
streckung. Während die Gänge der Umgegend von Clausthal
bei einer durchschnittlichen Mächtigkeit von mehreren Lachtern
stundenlange Züge bilden, sind im Andreasberger Reviere eine
grosse Anzahl von Gängen von viel geringerer Mächtigkeit in
ein kaum 2500 Lachter*) langes und nur * so breites Gang-
feld zusammengedrängt, welches sie netzformig durchschwär-
men. Merkwürdiger Weise scheint ihre Grenze durch zwei
taube Gänge von ganz anderem Charakter wie sie gebildet zu
werden, welche nach. beiden Seiten zu convergiren und so eine
langgestreckte Ellipse formiren, über welche hinaus die edle
Ausfüllung der Gänge sich nicht ausdehnt. Eine Beschreibung
der Erstreckung dieser tauben Grenzgänge der sogenannten
*) 1 Lachter = 6 Fuss 8 Zoll.
182
faulen 'Ruscheln liefert also eine scharfe Begrenzung des An-
er Silbererzgangfeldes. |
PDT En Bas
Die Ruscheln sind durchschnittlich mehrere, jedoch auch
bis 30 Lachter mächtige, taube Gänge, deren Ausfüllung aus
Bruchstucken von mürbem Thonschiefer besteht, ‘welche von
dem Nebengestein stets durch Saalbänder von fettem grauem
Thon getrennt sind, welche letztere zuweilen eine Mächtigkeit
von mehreren 'Fussen erreichen. Am Ausgehenden geht die
ganze Ausfüllungsmasse in hell- oder blaugrauen Thon über,
welcher an manchen Punkten durch Stollen abgebaut wird, um
als Besatz der Bohrlöcher zu dienen. Die von der des Neben-
gesteins so abweichende Farbe der Ruschelausfüllung, das
scheinschieferige lettige Ansehen des sie bildenden Thonschie-
fers, welcher an der Luft bald zerfällt und sich in Thon ver-
wandelt, erleichtert die Verfolgung der Ruscheln über Tage,
da sich in Folge dieser Umstände Halden von Schächten und
Versuchsbauen, welche in den Ruscheln betrieben worden sind,
augenblicklich von solchen im festen Gestein unterscheiden
lassen. Man sollte nach der Milde der: Ruschelausfüllung er-
‚warten, dass die Oberflachenbeschaffenheit dem Verlaufe der
“Ruscheln in der Weise entspräche, dass dieser durch Thal-
und Schluchtenbildungen bezeichnet würde. Dem ist jedoch
merkwürdiger Weise nicht so, die Ruschelu durchsetzen viel-
mehr, ohne die Form der Oberflächen zu beeinflussen, Thäler
und Berge, sodass das Andreasberger Gangrevier über Tage
durch nichts markirt wird.
Der Ruscheln sind. vier: zwei Haupt- und Grenzruscheln,
die Neufanger nördlich und die Edelleuter südlich von An-
dreasberg, und zwischen beiden zwei von geringerer Bedeutung
und Erstreckung: die Silberburger und die Abendröther.
Die Edelleuter Ruschel zieht sich in fast gerader Li-
nie vom Trutenbeek, also den östlichen Gehängen des Oder-
thales, quer uber dieses letztere und das Sieberthal bis nach
dem Königsberg hin, hat somit das durchschnittliche Streichen
von h. 7. und fällt mit 65 bis 70 Grad gegen Südwesten ein.
Ueber Tage ist sie am deutlichsten am nördlichen Abhange
des Mathiasschmiedsberges zwischen dem Breitenbeek und dem
Wäschgrunde an einer ununterbrochenen Reihe von alten Bauen
183
zu: verfolgen, deren Halden sich durch das auffallende Ruschel-
gestein kenntlich machen. Auch an den Abhängen des Oder-
thales war sie nachzuweisen. In der Tiefe ist sie am schon-
sten in der Grube Andreaskreuz im Niveau des Sieberstollens
durch das Bärener Ort, sowie in der Nähe des im Andreas-
berger Thal befindlichen Mundloches des Grünbirschler Stollens
aufgeschlossen.
In den Gehängen des Sieberthales legen sich verschiedene
Eisensteinsgänge an sie an, selbst in sie hinein und machen
- sie auf diese Weise selbst abbauwürdig. Durch die Eisen-
steinsbaue am Nordabhange des Sieberberges und am westli-
chen Abhange des Königsberges ist sie an verschiedenen Stel-
len in: derselbeng Beschaffenheit und mit demselben Streichen
wie ihre Fortsetzung weiter‘ nach Osten aufgeschlossen, so
dass eine Verbindung der einzelnen bekanuten Gangstücke zu
einem einzigen Gange, wie es auf anliegender Karte Bechen
ist, unbedenklich erscheint.
‘Die Edelleuter Ruschel streicht parallel der Längserstreckung
des Grünsteinzuges. Man nahm früher an, die Gangfläche der
Edelleuter Ruschel liege gerade im Contaet zwischen Grünstein
und Thonschiefer und bilde somit eine scharfe Grenze zwi-.
schen beiden. An der Oberfläche und bis zu einer geringen
Tiefe ist dieses bis auf wahrscheinlich eine Stelle, wo der
Thonschiefer die Ruschel noch überschreitet, auch der Fall, in
srösserer Tiefe jedoch haben die Versuchsbaue hinter der Edel-
leuter Ruschel nicht direkt Grünstein sondern eine bedeutende
Mächtigkeit von Thonschiefer anstehend gefunden, ehe sie er-
steren erreichten, was auf eine übergreifende Lagerung des
Diabases schliessen lässt.
Am Nordabhange des Sieberberges sendet die Edelleuter
Ruschel die Silberburger Ruschel als liegendes Trum ab,
welche sich ohne constantes Streichen in mehreren Krümmun-
gen, jedoch in ihrer Hauptrichtung parallel der Edelleuter Ru-
schel bis in die Nähe des Engelsburger Teiches (im Ostsüd-
osten von Andreasberg gelegen) zieht und sich hier wieder mit
jener vereinigt. - In ähnlicher Weise trennt sich von der Sil-
berburger Ruschel die Abendröther, jedoch nur um nach einer
kurzen Erstreckung im Innern des Beerberges wieder mit
jener zusammen zu laufen.
Diese beiden Ruscheln von geringerer Ausdehnung ver-
184
einigen sich nicht nur seitlich wieder mit der Edelleuter Ru-
schel, als deren liegende Bogentrumer sie zu betrachten sind,
sondern auch in der Tiefe, indem sie unter 40 bis 50 Grad
gegen die bedeutend steiler aufgerichtete Hauptruschel einfallen.
Das durch die drei Ruscheln eingeschlossene Thonschieferge-
birge stellt somit zwei konische Körper vor, ‚deren Spitze nach
unten gerichtet ist und deren langgestreckt ellipsoidische Grund-
fläche die von dem Ausgehenden der Ruscheln begrenzte Erd-
oberfläche darstellt. Anliegende Horizental- und Profil-Risse
werden das gegenseitige Verhalten der drei Ruscheln 'veran-
schaulichen (siehe Taf. IV. Fig. 1, 2, 3, 4, 5). Die Durch-
schnitte auf der Sohle des Sieberstollens sowie der 6, Strecke
des Andreaskreuzer Schachtes (76 und 132 Lachter unter Tage)
zeigen, wie sich die Silberburger und Abendröther Ruschel der
Edelleuter genähert haben, wie die Bogen, welchen jene über
letzterer bilden, schon kleiner geworden sind als auf der hö-
her gelegenen Grünhirschler Stollensohle (41 Lachter tief).
Zwischen der 6. und 12. Strecke (196 Lachter tief) muss sich
die innere der beiden Ruscheln, die Silberburger, schon mit
der Hauptruschel vereint haben, denn in der letztgenannten
Strecke ist nur noch die Abendröther gefunden, welche aber
auch nur noch einen kurzen Bogen uber der Edelleuter be-
schreibt, welche letztere dahingegen bedeutend an Mächtigkeit
‚gewonnen hat. Von da ab bis zur 16. Andreaskreuzer Strecke
(260 Lachter unter Tage) muss sich auch die Abendröther Ru-
schel an die Edelleuter angelegt haben, welche von dieser
Strecke an nur noch allein, aber in der desto bedeutenderen
Mächtigkeit von 30 Lachter das Feld behauptet.
Das gegenseitige Abhängigkeitsverhältniss dieser ‘drei Ru-
scheln ist mit Sicherheit erst in letzterer Zeit durch die Beob-
achtungen des Herrn Markscheider STRAUCH nachgewiesen wor-
den. Die fünf betreffenden anliegenden Durchschnitte verdanke
ich der gütigen Mittheilung desselben.
In einem ähnlichen Verhältniss wie die Abendruikel und
Silberburger Ruschel steht wahrscheinlich auch die vierte die
Neufanger Ruschel zur Edelleuter. Sie dehnt sich wie ein fla-
cher Bogen über der letzteren aus, fällt mit 55 bis 75 Grad
gegen Süden ein und hat an der Stelle, ‘wo sich an ihr. die
wichtigsten Andreasberger Gänge auskeilen, ein Streichen von
6,4 Stunden. Letzteres muss natürlich der bogenförmigen Er-
185
streckung der Ruschel wegen an anderen Stellen ein anderes
sein. Die Punkte, an denen sich Edelleuter und Neufanger
Ruschel trennen, fallen in die Nähe der Stellen, an welchen
erstere die Grenzflüsse des Andreasberger Revieres, die Oder
und Sieber kreuzt, und sind in gerader Linie ungefähr 2500
Lachter von einander entfernt. Es ist jedoch die östliche Ga-
belung beider Ruscheln nicht aufgeschlossen und deshalb mit
Sicherheit nicht anzugeben. Der am weitesten von der Edel-
leuter Ruschel entfernte Punkt des Bogens, welchen die Neu-
fanger Ruschel bildet, ist am Knöchel am oberen Ende des
Kälberthales aufgeschlossen und beträgt die Entfernung zwi-
schen beiden in gerader Linie 450 Lachter. Ausser an diesem
Punkte ist die Ruschel durch einige Lettenstollen am südöst-
lichen Abhange des Sperrenthales verschiedentlich aufgeschlos-
sen, sowie die Felder des gegenuberliegendes Thälgehänges
— wohl ausgeglichene alte Halden — deutlich das Ruschel-
gestein erkennen lassen. In der Tiefe ist die Neufanger Ru-
schel durch die Versuchsorte von dem Silberstollen und der
33. Samsoner Strecke aus überfahren, sowie von der 23. er-
reicht worden. Dass sie sich mit der Edelleuter auch in der
Tiefe vereint, ist nach der Analogie der beiden inneren Ru-
scheln wahrscheinlich, müsste aber dann der Entfernung beider
Ruscheln wegen, bei dem geringen Unterschiede im Fallen
derselben, erst in nie erreichbarer Tiefe stattfinden. Denn jetzt
noch ist das Gesenk des Samsoner, 422 Lachter tiefen Schach-
tes 50 Lachter von der Neufanger Rnschel entfernt, obgleich
dieser Schacht nur in 150 Lachter Entfernung von dem Aus-
gehenden der Ruschel angesetzt worden ist und berücksichtigt
werden muss, dass der Schacht fast saiger ist, die Edelleuter
Ruschel aber nach Süden einfällt und somit einer Vereinigung
mit der Neufanger ausweicht. Letztere bildet die Grenze zwi-
schen den Thonschiefern des Erzbeckens und der nördlich da-
von auftretenden Grauwacke, wie sie in dem Sperrenthale so-
wie auf der Höhe über diesem nach dem Sieberthal zu ansteht.
Sie müsste somit nach Roruer’s, freilich paläontologisch noch
nicht begründeter Annahme, dass die Grauwacke dem Kulm
angehöre, während die Thonschiefer südlich davon devonisch
seien, die Grenze zwischen beiden Gebirgsformationen bilden.
Die Neufanger und Edelleuter Ruschel umschliessen das
Andreasberger Erzbecken, welches somit die Gestalt eines
186 \
spitzen, nach unten gekehrten, durch die zwei kleineren Sil-
berburger und Abendröther Ruscheln in drei Theile getheilten
Keils besitzt. Die beiden Hauptruscheln scheinen, wie später
gezeigt werden soll, dem Weitervordriugen einer silberreichen
Gangausfüllung einen undurchdringlichen Damm entgegenge-
setzt zu haben. Denn soviel Gänge auch ausserhalb derselben
aufgeschlossen worden sind, keine hat eine Spur von Silber.
gezeigt; Eisenstein, Kupfer- und Kobaltkies sind die einzigen
Erze, welche sie führen.
B. Ausfullungsmasse des Andreasberger Erz-
becekens.
Wie schon mehrmals bemerkt, ist das Andreasberger von
den Ruscheln eingeschlossene Ganggebirge der Hauptmasse
nach Thonschiefer, in welchem regellos zerstreute Kiesel-
schiefer- und Quarzfelseinlagerungen auftreten und in das’ sieh
einzelne Nebenzweige des südlicheren Diabasstammes einge-
drängt haben.
Der Thonschiefer von unvollkommener, diek- und stets
geradschieferiger Textur, mit ebenen Spaltungs- und unebenen,
oft splitterigen Bruchflächen und aschgrauer, lauchgrüner, kohl-
schwarzer Farbe, streicht regelmässig h. 6,4 und fällt constant
mit 78 Grad gegen Süden ein. Oft sind in ihm Schwefel-,
Kupfer- und Magnetkies, sowie Zinkblende und Bleiglanz in
kleinen meist nur mit der Lupe erkennbaren Partien einge-
sprengt. Zuweilen umschliesst dieser feste Thonschiefer
. Zwischenlager von einem milden in Letten übergehenden Thon-
schiefer, welcher häufig spiegelnde Ablösungs- und krumm-
schalige Schieferungs- und Schichtungsflächen hat. Diese mur-
ben Partien stehen jedoch in keinem nachweisbaren Verhältniss
zu den Gängen oder den eingelagerten Diabasmassen.
Ebenso unabhängig von letzteren tritt der Kieselschie-
fer auf. Es sind unregelmässige Einlagerungen von wechseln-
der Mächtigkeit, welche meist durch Uebergänge mit dem Thon-
schiefer verbunden, zuweilen aber auch scharf von diesem ge-
trennt sind. Seine Schichten sind deutlicher abgelöst und er
selbst stärker zerklüftet wie jener, er ist härter und fester,
nimmt einen ebenen, oft aber muscheligen Bruch und stets
eine schwarze Färbung an. Er enthält ebenfalls die beim
Thonschiefer erwähnten Kiese und Glanze eingesprengt, jedoch
ae.
meist in noch grösserer Menge und noch feiner zertheilt, wo-
durch seine Festigkeit bedeutend vermehrt wird. Es scheint
als ob die Kieselschiefer - Einlagerungen an Menge und Aus-
dehnung in der Tiefe zunähmen. So mehren sie sich z. B. im
Samsoner Reviere schon von der 29. Strecke an und nehmen
auf der 31. und 32. Strecke noch mehr zu; ob dies aber Regel
und nicht ebenso zufällig ist wie die Einlagerungen in geringerer
Teufe, muss dahin gestellt bleiben, da keine andere Grube in
Andreasberg eine ähnliche Tiefe erreicht hat. Dass diese Kie- _
selschiefer - Einlagerungen wahrscheinlich durch den Einfluss
kieselreicher Quellen auf den durch den Grünstein noch nicht
zu Thonschiefer verhärteten Thon entstanden, ist bereits oben
erwähnt. |
'' Unter ebenso unregelmässigen Verhältnissen wie die Kie-
selschiefer-Einlagerungen treten an mehreren Punkten des An-
dreasberger Revieres Quarzsandsteinlager auf, welche entweder
unter einem unbestimmten Winkel die Schichten des Thon-
schiefers schneiden oder parallel diesen eingelagert sind und
eine bedeutende Mächtigkeit erreichen können. Der Quarzsand-
stein hat eine licht aschgraue Farbe, ist oft von dunkleren
Flecken und Adern durchzogen und besitzt eine bedeutende
Festigkeit. Seine Struktur ist meist feinkörnig. Die grösste
Ausdehnung gewinnt ein solches Quarzsandsteinlager von
5 Lachter Mächtigkeit welches rechtwinklig gegen den Samso-
ner Hauptgang streicht, gegen N. einfällt und durch die Sam-
soner, Gnade Gotteser und Bergmannstroster oberen Baue auf-
geschlossen war. Eine ähnliche Einlagerung hatte man im
Gesenk des Andreaskreuzer Schachtes erreicht.
Von den Grünstein-Massen, welche sich zwischen die
sedimentären Ganggebirge gedrängt haben, sind ausser den
oben beschriebenen drei Partien mit Sicherheit nur noch we-
nig andere anzugeben, da ein grosser Theil der Baäue, durch
welche sie überfahren. wurden, verlassen ist. Auch wurde in
früherer Zeit überhaupt kein Gewicht auf sein Auftreten ge-
legt, so dass genauere Angaben desselben auf den Markschei-
der-Rissen fehlen. Am deutlichsten sind noch einzelne Grün-
steinpartien durch die 10., 11. und 14. Strecke im W.. vom
Andreaskreuzer Schachte und durch den Querschlag vom Sie-
berstollen im Hangenden des Bergmannstroster Ganges aufge-
schlossen. Bei dem unregelmässigem Verlauf, welchen die
188
Diabas-Injectionen in: Folge ihres Eingepresstwerdens nehmen
mussten. bei ihrer in verschiedener Teufe so verschiedenen
Gestalt und Ausdehnung bleibt es überhaupt fast unmöglich
die Zusammengehörigkeit verschiedener wie isolirt im Thon-
schiefer liegenden Diabasmasseu zu erkennen. Es muss viel-
mehr das Faktum genügen, dass das Andreasberger Schiefer-
gebirge von Diabas-Injectionen in der verschiedensten Richtung
durchsetzt wird, ohne dass sie jenes in seinen Lagerungsver-
hältnissen oder seiner Festigkeit beeinflussen.
Die zufälligen Einschlüsse des Diabases sind jedoch an-
derer Art als die des benachbarten Thonschiefers. In ihm tritt
in derselben Weise wie über Tage im Wäschgrunde und im
Trutenbeek Datolith mit Kalkspath vergesellschaftet auf, so im
Niveau des Sieberstollens in einem hangenden Bogentrume
des Bergmannstroster Ganges (Taf. IV. Fig. 8), während sich
an anderen Stellen, z. B.,in den Tiefbauen der Grube Berg-
mannstrost an der Grenze des Thonschiefers und Grünsteins
pistaciengrüne, im Nebengestein des Felicitaser Ganges
durchsichtig apfelgrüne Granaten gefunden haben, und an dem
Contact des Grünsteins und Thonschiefer - Nebengesteins des
Bergmannstroster . Ganges Axinit und Pistacit vorgekommen
sind.
C. Die Silbererzgänge.
Das in den vorigen beiden Abschnitten beschriebene, von
zwei faulen Ruscheln mantelartig umschlossene enge Thon-
schiefergebiet wird in dichtem Gewirre von einer grossen An-
zahl von Silbererzgängen durchsetzt.
Die Andreasberger Silbererzgänge haben, wie es der ge-
ringe Umfang des dortigen Erzbeckens bedingt, eine. weniger
bedeutende Längenerstreckung wie die anderer Reviere. Sie
beträgt im Durchschnitt nur 3— 400 Lachter und erreicht nur
in einem Falle, beim Bergmannstroster Gange, welcher unge-
fähr die längste Axe der Ruschelellipse bildet, 900 Lachter.
Auch die Mächtigkeit der dortigen Gänge ist inconstant, sie
schwankt zwischen wenigen Linien und einigen Fussen. »el-
tene und nicht gern gesehene Fälle sind es, dass ein und der
andere Gang eine Mächtigkeit von 1 Lachter und noch darüber
erlangt. Bei so geringer Ausdehnung und Mächtigkeit scheinen
die Andreasberger Gänge in um so grössere Tiefe zu setzen,
189
so dass man sie noch 2800 Fuss \unter Tage abgebaut hat.
Ein Blick auf die anliegende Karte zeigt, dass ihr Streichen
ein zweifaches ist. Bei den einen waltet eine Richtung nach
N.N.W., bei den andern nach 0.8.0. vor, so dass man schon
allein nach diesem Merkmale zwei Gangsysteme aufzustellen
vermag. Das Kriterium des verschiedenen Streichens erhält
noch einen höheren Werth durch die Art und Weise der gegen-
seitigen Beeinflussung beider Gangsysteme, welche im Folgenden
in Kapitel F. abgehandelt werden soll. Dem ersten Gangsystem
gehören von ©. nach W. gezählt folgende Gänge an: der
Wenn’sglückter, Jacobsglücker, Samsoner, Franz-Auguster, Sa-
mueler, Felieitaser, Fünf-Bücher-Mosiser, Prinz-Maximilianer,
Andreaskreuzer und Morgenröther Gang, sowie das Catharina
Neufanger Diagonaltrum, welchen ein durchschnittliches Strei-
chen von hor. 10 und ein Einfallen von 70— 80° gegen N.O.
gemein ist. Die Gänge des anderen Zuges streichen eirca hor.
7! und fallen mehr nach N. ein; sie kreuzen sich deshalb mit
den vorigen und werden von ihnen an vielen Punkten verwor-
fen, so dass ihnen eine fruhere Existenz wie den zuerst auf-
gezahlten zugeschrieben worden ist. Zu ihnen gehört der
Gnade-Gotteser und Bergmannstroster Gang. Die Hauptaus-
füllungsmasse dieser sämmtlichen Gänge ist Kalkspath, weniger
Quarz mit Bleiglanz, Zinkblende, Arsen, Rothguültig und Anti-
monsilber, zu welchen sich eine grosse Reihe mehr oder we-
niger seltener Mineralien gesellt, welche in ihrer Häufigkeit
und oft überhaupt ihrem Vorkommen an gewisse Gänge gebun-
den sind. ‘So ist z. B. Rothgültig, freilich in verschiedener
Menge, bis jetzt auf sämmtlichen Andreasberger Gängen, aber
auch von Tage an bis in 2800 Fuss Tiefe aufgeschlossen wor-
den, während die mit ihm zusammenvorkommenden Mineralien
in mehrfacher Weise gewechselt haben. Die Ausfüllung sämmt-
licher Gänge wird vom Nebengestein nicht durch Saalbänder
getrennt, ist vielmehr an dieses „angewachsen“.
Die Erzführung tritt leider in den Andreasberger Gängen
in einer ganz anderen Weise auf wie in denen jenseits des
Bruchberges. Der Gang führt nicht in einer gleichmässig an-
haltenden Weise reiche Erze, es treten diese vielmehr nur
sporadisch bald an der bald an jener Stelle auf, wo sie bald
die Ausfullung einer linsenförmigen Erweiterung eines Ganges,
bald irgend eines anderen weder durch Form und Lage noch
190
Beschaffenheit des Nebengesteins bezeichneten Gangstuckes
bilden, so dass die Ausbeute des dortigen Bergbaues je nach
reicheren oder ärmeren Funden eine äusserst schwankende ist.
Es sind lange Zeiten vorgekommen, in welchen Gruben in Zu-
buse gestanden haben, ja eingestellt wurden, bis plötzlich ein
einziger glücklicher Schuss fussbreite reine Silbererze bloslegte,
welche leider nach kurzem Anhalten ebenso rasch einer erzarmen
Gangmasse wichen, wie sie gekommen. Am meisten Hoff-
nung auf reiche Erzführung hat der Andreasberger Bergmann,
wenn der Gang schmal und das Nebengestein fest ist, sieht da-
gegen grössere Mächtigkeit und Milde ungern.
Die Beschaffenheit des Nebengesteins hat auf die Eutkähe
rnng der Gänge keinen Einfluss. Früher nahm man an, — so noch
Hausmann in seiner „Bildung des Harzes“, — dass der Silber-
reichthum eines Ganges, sobald letzterer in -Grünstein setze, voll-
ständig aufhöre, gewöhnlich sogar der Gang selbst absetze, und
brach mit den Bauen ab, sobald man jenes Gestein erreicht;
- erst der Zufall berichtigte den Irrthum in der Weise, dass man
seitdem auch in den Grünsteineinlagerungen sehr reiche Silber-
mittel auschoss. Auch die wechselnde Festigkeit ‚des Thon-
schiefers lässt keine Einwirkung auf die Erzführung bemerken.
In vielen anderen Gangbezirken hat sich die Regel, dass
die Gänge in der Tiefe an Erz-Reichthum und Mächtigkeit zu-
nehmen, als richtig bewährt, jedoch auch sie erleidet in den
Andreasberger-Gangverhältnissen eine Ausnahme. Im Gegen-
satz zu ihr ist der Charakter der Andreasberger Gänge in der
Tiefe ein hoffnungsloser; die tiefsten Samsoner Baue zeigen
sie oft als nur strohhalmbreit und als nur sporadisch wenig
Bleiglanz und noch weniger Silbererze führend, während das
Nebengestein eine solche Festigkeit erreicht, dass der Abbau
nicht mehr lohnt; was aber das Wichtigste ist, die grossen Ein-
lagerungen von Silbererzen fehlen. Das tiefste solche Nest im
Samsoner Gange begann unter der 27. Strecke, erreichte zwi-
schen der dl. und 32. seine grösste Längenausdehnung von
20 und seine bedeutendste Mächtigkeit von * Lachter, bestand
hauptsächlich aus Rothgültig, Antimon- und Arsensilber und
keilte sich erst unter der 35. Strecke aus. Von da ab, bis in
das Tiefste, eine Saigerhöbe von 60 Lachter, sind alle Ver-
suche, den Gang wieder edel auszurichten, vergeblich gewesen,
überall hat er sich als äusserst erzarm gezeigt. Besonders edel
191
sollen die Gänge an den Punkten sein, an denen sie sich zer-
trümern. Es wird jedoch dieser Umstand ebenso vom Zufall
abhängen, wie das Auftreten sämmtlicher Silbernester in den
Andreasberger Gängen.
Ebenso schwankend wie. die Bezführung ist das Streichen
und Fallen der dortigen Gänge, welches im Verein mit ihrer
variirenden Mächtigkeit das Veriolgen derselben sehr erschwert»
sie selbst oft ganz verlieren lässt. Häufig zersplittern sich die
Gänge besenreisartig (siehe Taf. V. Fig. 15), ohne dass eine
Veränderung des Nebengesteins bemerklich ist und oft vereini-
gen sich die ablaufenden Trümer wieder ebenso schnell. An
anderen Punkten verlieren sie sich jedoch im Nebengestein bis
auf eins, welches sich weder durch besondere Mächtigkeit noch
Edeikeit vor den anderen auszeichnet; dieses nimmt nach eini-
ger Zeit an Stärke wieder zu, bis es -oft wieder eine Mächtig-
keit von mehreren Fussen erreicht. Das Schmalerwerden (Ab-
gedrücktwerden) der Gänge nimmt besonders in der Tiefe zu.
So ist der Samsoner- und Gnade-Gotteser-Gang auf der 41.
Strecke’zuweilen nur linien- ja haarbreit und nur bei der gröss-
ten Aufmerksamkeit zu bemerken. Das Nebengestein scheint
die Gänge in ihrer Mächtigkeit nur wenig beeinflusst zu ha-
ben. Die Gänge setzen oft aus mildem ‘[honschiefer in Kie-
selschiefer oder Diabas von hoher Festigkeit über ohue sich
in ihrem Streichen und Fallen, ihrer Mächtigkeit im geringsten
zu ändern. Häufig umschliesst die Gangmasse scharfkantige
Bruchstücke des Nebengesteins (siehe Taf. V. Fig. 12). —
Ablaufende Gangtrümer begleiten oft in grosser Anzahl den
Hauptgang und sind stellenweis mächtiger und bauwürdiger,
wie jener. In der Nähe der Gänge finden sich häufig auf
Schichtungs- und Schieferungsflächen des Thonschiefers derbe,
dendritische oder kleinkrystallinische Anfluge von Rothgülten,
welche z. B. auf der 29. Samsoner Strecke das Nebengestein
eines hangenden "Trumes mehrere Lachter weit abbauwürdig
machten. Ebenso konnte -auf der Grube Andreaskreuz das
hangende Nebengestein auf der 6. Strecke 7—10 Lachter weit
gewonnen und als Bergerz behandelt werden.
Eine häufige Erscheinung in den Andreasberger Gängen
sind die Drusenräume. Abgesehen von kleineren und selt-
neren Vorkommen, in welchen Rothgültig, Sprödglaserz und
andere weniger häufige Mineralien auskrystallisirt sind, sind
192
sie meist mit Kalkspath oder Silicaten und unter diesen wieder
am häufigsten mit Apophyllit und Harmotom ausgekleidet. Die
meisten Kalkspath-Drusen brechen auf der dritten Samsoner
Strecke auf dem Jacobsglücker Gange, sowie auf dem Fünf-
Bücher-Mosis-Gange im Niveau des Sieberstollens, wo sie sich
spaltenförmig, auf beiden Seiten mit Kalkspathkrystallen be-
deckt, lachterweit hinziehen. In ebenso ausgedehnten Drusen-
räumen tritt der Apophyllit als Auskleidung auf. Rosaroth
und in besonderer Schönheit, wie seitdem nicht wieder, brach
er im damaligen Gesenke des Samsoner Schachtes, der jetzigen
40. Strecke. Der weisse Apophyllit ist häufiger und noch jetzt
stehen auf der 26. und 29. Strecke des Samsoner Ganges lach-
terhohe und lange, mit: weissem Apophyllit ausgekleidete Dru-
senräume offen. Die Kalkspath-Drusen beschränken sich
hingegen hauptsächlich auf die oberen und mittleren "Teufen
der Gänge. In dem engsten Zusammenhange mit den Drusen
stehen die Räume, welche nicht ausgefüllte Gangspalten bilden.
Es ist dies nicht allein der Fall an Punkten, wo die Gang-
spalten bis zu einer äusserst geringen Mächtigkeit herabsinkend
ohne Ausfüllung geblieben sind, sondern tritt am grossartigsten
in dem mächtigsten der Andreasberger Gänge, dem Wenn’s-
gluckter Gange auf. Unterhalb der dortigen 8. Strecke hat
man vor hundert Jahren einen solchen 12 Lachter langen, 10
Lachter hohen und drei Lachter breiten leeren Gangraum auf-
geschlossen, dessen Wandungen jedoch kahl und nicht von
Krystallen überzogen waren.
Fast sämmtlichen Andreasberger Gängen sind die oben be-
sprochenen Eigenthumlichkeiten gemeinsam: ein wellenförmiges
Streichen nach hor. 7 oder 9, ein steiles Einfallen gegen NO.
oder N.N.O., eine grosse Unregelmässigkeit in ihrer Mächtig-
keit, eine geringe Längenausdehnung, ein Aussenden von einer
Menge von Trümern, eine Gangmasse von Kalkspath, selte-
ner Quarz, eine Erzführung von Arsen, Rothgultig, Antimon-
und Arsensilber, das nesterweise Auftreten derselben in der
höheren und mittleren, ihr Fehlen in grösserer Teufe und die
Menge der sie begleitenden Silicate, sowie der Drusenräume,
in welchen sie auskrystallisirt sind; Alles das sind charakte-
ristische Kennzeichen der Andreasberger Silbererzgänge.
Der Bergbau auf diesen Gängen zerfällt in das inwen-
dige Revier, dessen Tagessituation mit der westlichen Grenze
193
der Stadt zusammenfällt und in das auswendige Revier,
welches östlich von der Stadt, jedoch in deren unmitelbarer
Nähe belegen ist. Von den noch in Betrieb stehenden Zechen
gehört die Grube Samson, Catharina-Neufang und die vereinig-
ten Gruben (Abendröthe, Gnade-Gottes und Bergmannstrost)
dem inwendigen, die Grube Andreaskreuz aber dem auswen-
digen Zuge an. Die erste Aufnahme des dortigen Bergbaues
fällt in oder kurz vor das Jahr 1520, wo der Andreaskreuzer
Gang von Joachimsthaler Bergleuten erschürft sein soll. Von
da ab bis heutiges Tages haben fast sammtliche vorgenannte
Gruben mit nur geringen Unterbrechungen in Betrieb gestanden.
D. Speciellere Betrachtung der Ausfüllung q der
einzelnen Silbererzgänge.
Abgesehen von den Beeinflussungen, welchen die Andreas-
berger Gänge durch Ruscheln, durch sie kreuzende Gänge und
sogenannte feste Geschiebe ausgesetzt gewesen sind, und welche
sich natürlich bei verschiedenen Gängen und Teufen verschie-
den geäussert haben, ist der allgemeine Habitus derselben nicht
bedeutend verschieden. Es zeichnet sich zwar der eine Gang
durch das Vorherrschen oder sonst nicht bekannte Auftreten
des einen und der andere durch das Fehlen oder Zurücktreten
des anderen Minerals aus, aber meist sind dies seltnere’ die
Gangausfüllung weniger charakterisirende Fossilien, welche
wohl auf bei ihrer Bildung einwirkende locale Einflüsse aber
nicht auf in verschiedenen Perioden gebildete Gangformationen
schliessen lassen.
a) Der Samsoner Hauptgang.
Ich beginne mit ihm, weil er der Typus der Andreasber-
ger Gänge, am tiefsten und genauesten aufgeschlossen und
mehr noch wie alle anderen seiner reichen Silbermittel und
der grossen Anzahl der in ihm auftretenden, seltenen und meist
prachtvoll krystallisirten Mineralien wegen berühmt ist.
Den Samoner-Hauptschacht zum Anhalten genommen be-
findet sich das bei weitem reichere Gangfeld nördlicherseits
nach der Grube Neufang zu, wo es von der Neufanger Ruschel
begrenzt wird. Auf der südlichen Seite zeigte der Gang bei
grösserer Mächtigkeit weit weniger reiche Anbrüche. Er war
seit 1, Jahrhunderten die en des Andreasberger Berg-
Zeits. 2, d.g ol.&es. XV. 1. ’ 1
194
baues und der bedenkliche Zustand des letzteren beruht haupt-
sachlich darauf, dass jener in dem Bereich, innerhalb dessen
er sich durch seine Edelkeit ausgezeichnet hat, d. i. von der
18. bis zur 37. Strecke abgebaut ist, sein Verhalten in der
Tiefe sich aber äusserst erzarm gezeigt hat.
Ein Horizontaldurchschnitt des Samsoner Ganges ist
schwach S förmig gebogen, so dass sein Streichen zwischen
hor. 95 und 10+ schwankt, während er mit 85° gegen N.O.
einfällt. Seine Mächtigkeit schwankt zwischen haar- und fuss-
breit. Seine Hauptgangausfüllungsmasse ist Kalkspath, währeud
Quarz nur sehr untergeordnet auftritt. In ihr sind, ohne dass
eine bestimmte Norm oder Aufeinanderfolge zu bemerken wäre,
folgende metallische Fossilien bald sporadisch eingesprengt,
bald nesterweise, bald trümerartig eingelagert: Bleiglanz, An-
timonglanz (in besonderer Häufigkeit und Schönheit zwischen
der 25. und 26. Strecke), Arsenikkies, Kupferkies (beide z.B.
auf der 23. Strecke krystallisirt), Rothgültig (in allen Teufen
verbreitet, in besonderer Derbheit auf der 31., 33. und 36.
Strecke), Antimon- und Arsensilber, gediegen Arsen, zuweilen
z. B. zwischen der 30. und 31. Strecke mit Pharmakolith,
sed. Silber (selten), Antimonnickel, Arseniknickel, Antimon-
und Feuerblende, Haarkies, Zundererz, Polybasit und Miargy-
rit (z. B. zwischen der 23. und 28. Strecke). Von nicht me-
tallischen Mineralien sind: Desmin, Stilbit, Harmotom (auch
rother), Apophyllit (weisser auf der 29., rother auf der 40.,
grüner auf der 29. und 38. Strecke), Chabasit, -Flussspath
(Hauptform stets Octaöder) und Analeim, sowie apfelgrüner
Granat, dieser jedoch als grosse Seltenheit auf den Wandun-
gen der Spalten und Drusenräume auskrystallisirt. Ueber das
Vorkommen des Apophyllites ist Seite 192, sowie über das letzte
grössere Silbernest Seite 190 schon gesprochen. Profil des
Samsoner Ganges Taf. IV. Fig. 7.
b) Der Franz-Auguster-Gang
setzt im Liegenden des Samsoner Hauptganges auf und streicht
diesem im Durchschnitte parallel. Seine Hauptgangmasse ist
Kalkspath. Aus Blende, Bleiglanz, gediegen Arsen, Arsenikkies,
Rothgültig, Arsen- und Antimonsilber besteht seine Erzführung.
Der vom Franz-Auguster-Gange stammende Arsenik ist derb, nicht
schalig und meist wie Stahl blau angelaufen. Arsensilber ist
195
besonders zwischen der 23. und 26. Strecke vorgekommen
und zwar brachen hier die besten Erzmittel auf dem Schaa-
rungspunkte mit dem Bergmannstroster Gange. Mit diesen Erzen
zusammen kommen in mehr oder minder’grosser Seltenheit Na-
trolith, Desmin, weisser und grüner Apophyllit, Analeim (grüner
auf der 23. Strecke) und Flussspath vor. Die Krystalle von
letzterem sind häufig mit Magnetkiesschuppen bedeckt. (Siehe
Taf, V. Fig, 11.)
.c) Der Filicitaser Gang.
Hauptgangmasse Kalkspath, zuweilen mit Quarz gemengt.
Speiskobalt, Bleiglanz, Rothgültig und Fahlerze, letztere beson-
ders da, wo. sich der Gang an die Silberburger Ruschel an-
legt (siehe S. 202), treten meist schnurenformig eingesprengt
auf. Chabasit brach über der 14. Strecke. Auch Selenblei
soll hier gefunden worden sein. Der Felicitaser Gang ist voll-
kommen abgebaut, so dass man in letzterer Zeit selbst den
Schacht, welcher bisher für die Wasserhaltung von Wichtigkeit
war, zubuhnte. Die Verbindungsstrecken der Felicitaser Baue
mit denen auf anderen Gängen hat man mit Backsteindäammen
abgesperrt, so dass sich die Felicitaser Wasser hinter diesen
sammeln, die Grubenbaue ausfüllen und solange ansteigen wer-
den, bis sie das Niveau des Sieberstollens erreicht haben, auf
welchem sie abfliessen. Man erspart somit die ganze Wasser-
haltung einer Grube, deren Offenerhaltung an und für sich be-
deutende Kosten verursachen würde.
'd) Der Fünf-Bücher-Mosis-Gang.
An einigen Stellen zwei Lachter "mächtig. Gangmasse
Kalkspath, oft taub, dann mit ausgezeichneten Drusenbildungen
(Sieberstollen, Drusenloch). Der Gang hat eine grosse Menge
von hangenden Trüumern, welche oft fast dieselbe Mächtigkeit
wie der Gang erreichen. In der Gangmasse treten Glanz- und
Speiskobalt, letzterer zuweilen mit traubigem Ueberzuge von
Nickelblüthe, sowie Kupfernickel in bandartigen Absonderun-
gen auf (z. B. im alten Mosiser Schachte). (Taf. V. Fig. 13.)
Das Ausgehende dieses Ganges ist an der Stelle, wo er sich
an die Neufanger Ruschel lest, durch Tagebaue auf Kalkspath.
abgebaut worden.
-15*
196
e) Der Prinz-Maximilianer Gang.
Der westlichste der Andreasberger Silbererzeänge. Seine
Hauptgangmasse ist Kalkspath, welche in ihrer mittleren Mäch-
tigkeit ein Kupferkiestrum von 3—4 Zoll Stärke umschliesst.
(Taf. V. Fig. 14.) Derselbe ist ziemlich zerklüftet und sind
dann die Kluftflächen I—2 Linien diek mit derbem Malachit
überzogen. An der Grenze zwischen Nebengestein und Gang
finden sich oft Kupfergrünablagerungen. Schwerspath ist in
seltenen Fällen, Witherit nur an einem Punkte in mittlerer
Teufe vorgekommen. Im Liegenden des Prinz-Maximilianer
Ganges ist mit dem Sieberstollen ein circa 4 Zoll mächtiger
Gang überfahren worden, dessen Hauptgangmasse ein feinkör-
niger Kalkspath mit schnurenförmigen Einlagerungen von zer-
fressenem Quarz ist. In dieser Ausfüllungsmasse bricht ein
2-1 Zoll mächtiges Trümchen von Speiskobalt, auf wel-
chem man seiner geringen Abbauwürdigkeit wegen nur wenig
ausgelenkt hat. Im Hangenden dieses sogenannten Steinrenner
" Coboltsganges zieht sich eine unregelmässige Einlagerung von
bluthrothem Kalkspath hin, welche wieder von einzelnen scharf-
begrenzten Adern von weissem Kalkspath durchsetzt wird. Ein
ähnlicher bluthrother Kalkspath tritt in der Nähe dieses Trumes
öfters nesterweise im Thonschiefer auf.
f} Der Jacobsglücker Gang.
Im Hangenden, also östlich vom Samsoner Gange. Nach
dem Bergmannstroster Gang der Gang. von der grössten Län-
generstreckung, indem er nur einmal von der Silberburger
Ruschel durchbrochen schräg durch die grösste Breite des
Gangellipsoides setzt. Seine Hauptgangmasse ist Kalkspath,
der auf Drusenräumen zu den ausgezeichnetsten Formen von
- allen Andreasberger Vorkommen auskrystallisirt. Quarz trift
nur sehr untergeordnet auf und hat dann ein gehacktes zer-
fressenes Aussehen. Von Erzen führt dieser Gang fein- und
grobblätterigen Bleiglanz, Schwefel- und Kupferkies, Fahlerz
und Rothgültig. Die schönsten Combinationen des letzteren
Minerals, wie sie in der Clausthaler Bergschulsammlung auf-
bewahrt sind, stammen von der 3. und 8. Sttecke (Taf. V.
Fig. 7 und 8). Gänsekötlig- und Buttermilcherz sind hier
früher häufiger vorgekommen. Alte Quellen melden, dass letz-
197
teres in manchen Drusen wie „Buttermilch“ gestanden habe
und mit Kellen geschöpft worden sei, und dass die Gräser und
Büsche, welche das Stollen-Wasser bespult hätte, von diesem
Erze incrustirt worden wären. (FREIESLEBEN a. a. O. S. 238.)
g) Wenn’sglückter (Gideoner) Gang.
Er ist der östlichste der Andreasberger Gänge und zeigt
einen von den anderen ganz abweichenden Charakter. Erist
bis.zu einer Tiefe von 115 Lachter durchschnittlich 18 Zoll
mächtig und erweitert sich hier plötzlich bis zu zwei Lachter.
Seine Ausfüllung besteht aus Thonschieferbrocken von Nuss-
bis Faustgrösse, welche bald durch Quarz bald durch Kalkspath
zusammengekittet sind, während an manchen Stellen auch die-
ses Bindemittel fehlt, so dass die Thonschieferbruchstucke dicht
. auf einander liegen. Der Wasserzutritt ist der zelligen Gang-
ausfüllung wegen sehr bedeutend. Durch die Gleichförmigkeit
seiner Gangausfüllung, durch das Fehlen aller Nebentrümer
und jeder Verrückung durch feste Geschiebe oder andere Gänge
erhält der Wenn’sglückter Gang ein todtes einförmiges Aus-
sehen. Zum öfteren ist auch die Gangspalte gar nicht ausge-
füllt worden (S. 192), so dass man eine Menge von Hohlräu-
men angefahren hat, welche zuweilen, wie auf der 8. Strecke
bedeutende Dimensionen, — 12 Lachter Länge, 3 Lachter
Breite, 10 Lachter Höhe — erreichen. Das Nebengestein ist dann
zerrissen und brüchig und macht die Arbeit an solchen Stellen
äusserst gefährlich. Erze sind auf dem Wenn’sglückter Gange
nur in grosser Tiefe und dann nur sporadisch als schmitz- oder
nesterartige Einlagerungen vorgekommen. Es war dann haupt-
sächlich Kupferkies, wenig Bleiglanz, Fahlerz, Rothgultig und
Speiskobalt. Der Gang wurde seiner geringen Bauwürdigkeit
wegen schon zum Oefteren verlassen und ist seit langer Zeit
nicht wieder aufgenommen. An seinem Ausgehenden setzen
bis zu 12 Lachter Tiefe zwei Eisensteinsgänge auf, welche in
den letzten Jahren theilweise abgebaut worden sind.
h) Das Catharina-Neufanger hangende Trum.
Dieser Gang streicht hor. 8, fällt durchschnittlich mit
60—65° gegen N.O. ein und legt sich mit seinem nordwest-
lichen Flügel an den Samsoner Hauptgang, mit seinem süd-
östlichen Ende an den Gnade-Gotteser Gang an. Er ist so-
198 :
somit im Verhältniss zu diesen beiden, welche nach ihm zu
einfallen, ein hangendes Diagonaltrum und erreicht an man-
chen Stellen eine Mächtigkeit von 12 Fuss. Seine Gangmasse
ist Kalkspath, welche entweder in unregelmässigen Einlage-
rungen oder in bandartigen Schnüren Bleiglanz, Zinkblende,
Arsenikkies, Rothgultig, Arsen- und Antimonsilber führt
(Taf. V. Fig. 10). Zuweilen tritt auch zerfressener , weisser,
sehr selten krystallisirter, schwarzer Quarz auf. Mit erste-
rem hat sich zuweilen in den oberen Bauen Gänseköthigerz,
Auripigment, sowie Arsenikblüthe, auf der 29. Strecke Spröd-
glaserz gefunden. Der von diesem Gange stammende Harmo-
tom ist gewöhnlich von brauner Farbe. Der nur von einem
einzigen Vorkommen bekannte Zygadit stammt aus der oberen
Teufe dieses Ganges. |
Auf der 3. Samsoner Strecke sieht man ein 4 —8 Zoll
mächtiges Arseniktrum sich an den Neufanger hangenden
Gang anlegen, welches den Gang, soweit die Baue Beobach-
tungen zulassen, im Hangenden ununterbrochen begleitet und
nur zuweilen auf wenige Fuss ablenkt, um sich bald wieder
an ihn anzulegen, ohne dass jedoch die scharfen Grenzen zwi-
schen beiden verwischt wurden (siehe Taf. V. Fig. 9).
Auch der Neufanger hangende Gang ist seiner Erschöpfung
nahe. Der Tiefbau ist bereits wegen völligen Erzmangels ein-
gestellt und die Arbeiten in den oberen Bauen beschränken
sich lediglich auf Hinwegnahme der noch stehenden Erz-
:mittel, welche voraussichtlich in einigen Jahren beendet sein
wird.
i) Der Andreaskreuzer Gang.
Der Andreaskreuzer Gang zeichnet sich durch die Menge
seiner Zertrumerungen, die grosse Anzahl seiner liegenden
und‘ hangenden Trumer aus. Der Hauptgang streicht hor.
9—10 und fällt mit 80—85° gegen N.N.W. ein. In seiner
Längserstreckung setzt er schräg durch die Silberburger Ruschel,
welche dort hor. 74 streicht und gegen ihn einfällt, so dass er
sie auch in der Tiefe, in der Sieberstollensohle durchsetzt. In
noch grösserer Teufe in circa 160 Lachter unter Tage wird er
von der Abendröther Ruschel verworfen (siehe S. 203), welche
nach der Edelleuter mit ungefähr 40 — 50° einfällt.
199
Das liegende Andreaskreuzer Trum zertheilt sich in einer
Tiefe von ungefähr 100 Lachter in 3 bis 4 andere Erztrümer
von 6 bis 10 Zoll Mächtigkeit, welche bis in die tiefsten
Baue, 198 Lachter unter Tage, den Hauptgang begleiten.
Das hangende Andreaskreuzer Trum zweigt sich erst ober-
halb der 7. Strecke 145 Lachter unter Tage vom Haupt-
gange ab.
Feste Geschiebe und eine grosse Verschiedenheit des Ne-
bengesteins, welches bald Thonschiefer, bald Grünstein ist, ein
grosser Reichthum an Mineralien, die Neigung des Ganges sich
häufig zu” zerspalten (Taf. V. Fig. 15), die Beeinflussung
von drei benachbarten Ruscheln, dies Alles bringt grosse Ab-
wechselung in die Andreaskreuzer Gangverhältnisse.
Die Hauptausfüllungsfasse des Andreaskreuzer Ganges
ist Kalkspath, welcher auch hier auf Drusenräumen zu schö-
nen Combinationen auskrystallisirt. Zuweilen nimmt der sonst
weisse oder rosige Kalkspath eine kohlschwarze Farbe an,
ohne seine sonstigen Eigenschaften zu verlieren und wird zu
Anthraconit. So kam er auf der 11. Strecke auf Gangtrü-
mern, welche in ihrer Mächtigkeit zwischen -— 3 Zoll schwank-
ten, oder auch in Form unregelmässiger Partien eingesprengt,
theils im Kieselschiefer theils im Diabas aufsetzend, mit weis-
sem Kalkspath zusammen vor.- Ausserdem brachen von nicht
metallischen Fossilien in ganz besonderer Schönheit: Flussspath
als Würfel auf der 16. Strecke, Stilbit und rother Harmotom
im Niveau des Sieberstollens, weisser Harmotom in allen Tie-
fen, grüner Apophyllit in einem Absinken vom Grünhirschler-
Stollen, ebenda traubiger Analeim und als Seltenheit Schwer-
spath. Von Erzen sind zu erwähnen: dunkles und lichtes
Rothgültig in den oberen —, Glaserz, Feuerblende, Feder- und
Fahlerz, auf letzterem in kleinen Schüppchen und Blättchen
gediegen Silber, in den mittleren Bauen —, Bleiglanz ‘in allen
Teufen, gediegen Kupfer in kleinen Partien im Kalkspath ein-
gesprengt. Die Grube Andreaskreuz leidet zwar weniger an
Erzmangel, dagegen daran, dass ihre Silbererzbrüche sich mehr
und mehr verloren haben und sie vorwiegend nur noch Bleierze
fördert, welche bei der geringen Gangmächtigkeit den Abbau
nicht lohnen.
200
k) Der Morgenröther Gang.
Streicht und fällt dem vorigen Gange parallel und durch-
setzt wie jener die Abendröther und Silberburger Ruschel.
Gangausfüllung bandartig, Kalkspath, wenig Quarz, Ranbzulız
und Fahlerz (Taf. V. Fig. 16).
l) Der Bergmannstroster (Julianne-Charlotter) Gang.
Streicht hor. 64—7-, fällt mit 60 —-65° gegen N.O. ein,
bildet, wie erwähnt, die Längsaxe des Gangellipsoides und
schneidet den Jacobsglücker, Samsoner, Franz-Auguster, Sa-
mueler und Felicitaser Gang unter einem spitzen Winkel. Er
hat sich seit den letzten 30 Jahren als edel und abbauwürdig
gezeigt, bietet auch augenblicklich die besten Anbruche und
stand früher dem Samsoner Hauptgange an Ausbeute am näch-
sten. Seine Hauptgangmasse ist Kalkspath, an den meisten
Stellen mit eimer gleichen Menge von grobblätterigem Bleiglanz,
welcher in unregelmässigen Partien in jenem in der Weise
eingesprengt auftritt, dass nach den Saalbändern des Ganges
zu der Kalkspath vorwaltet, der Bleiglanz also mehr auf die
mittlere Mächtigkeit des Ganges beschränkt ist. Zinkblende
kommt im Ganzen vereinzelter aber in guten Krystallen vor.
Rothguültig tritt entweder in Fleckehen oder Schnürchen einge-
sprengt oder auch trümerartig in der übrigen Gangmasse
auf. Das Antimonsilber bildet meist scharfbegrenzte, unregel-.
mässig zackige Trümer von wechselnder Mächtigkeit in der
Kalkspath - Grundmasse (Taf. V. Fig. 4 und 5) oder ist in
erbsen- bis nussgrossen Partien im Bleiglanz, im Kalkspath
und an einer Stelle auch in der Zinkblende eingesprengt.
Letzteres ist im Niveau der 33. Samsoner Strecke der Fall.
Der Gang ist hier 20 Zoll mächtig und sind die Ausfüllungs-
materialien unregelmässig bandartig gesondert (siehe Taf. V.
Fig. 3). Die mittlere Mächtigkeit des Ganges nimmt ein
9--6 Zoll starkes Trum von grobkrystallinischem Bleiglanz
ein, welches auf beiden Seiten von einer 2 — 2, Zoll mächtigen
Blendepartie begrenzt wird, welche wieder von dem Neben-
gestein durch 4 — 4% Fuss, breite Bänder von grobkrystallini-
schem Kalkspath getrennt wird. In der dunkelbraunen Blende
liegen die erbsen- bis nussgrossen Antimonsilberpartien ein-
gesprengt. Ein Anblick von wunderbarer Schönheit! — Zu-
201
weilen tritt der $Silbergehalt des Antimonsilbers sehr zurück
und verliert sich zuweilen fast vollständig. Solches gediegen
Antimon ist besonders zwischen der 23. und 26. Strecke vor-
gekommen. Antimonnickel fand sich auf der 23, Strecke in
krystallinischen Schuppen und dendritischen Partien im Kalk-
spath eingesprengt, Nickelkies in den mittleren Bauen. Anti-
monglanz, Gänseköthigerz und Hornsilber stammen aus grösse-
ren Tiefen. Letzteres bildet meist dünne Ueberzüge auf zer-
fressenem Quarz oder Rothgültigkrystallen. Gediegen Arsen,
schalig und nierenföormig, kommt in allen Teufen bald einge-
sprengt bald bandartig vor. Von nicht metallischen Fossilien
ist oktaödrischer Flussspath seltener, Harmotom dagegen
durch seine Häufigkeit für den Bergmannstroster Gang bezeich-
nend. Zwei ins Hangende ablaufende Trümer dieses Ganges
sind von Interesse. Beide setzen aus dem Thonschiefer in
dort eingelagerte Diabasmassen. Das eine, aufgeschlossen 85
Lachter unter Tage durch einen Querschlag vom Sieberstollen,
verliert mit dem Eintritt in den Diabas seine Erzführung, an
deren Stelle Datolith tritt (Taf. V. Fig. 6). In den Spalten
der Saalbänder des anderen sind z. B. auf der 29. Strecke an
der Grenze von Thonschiefer und Diabas bis + Zoll grosse
pistaciengrüne Granaten, sowie Axinit- und Pistazitkrystalle
gefunden worden.
-
m) Der Gnade-Gotteser Gang.
Im Hangenden des vorigen, streicht diesem parallel, fällt
jedoch steiler, nämlich mit 75 — 85° gegen N.O. ein. In Folge
davon treffen und vereinigen sich beide in der Tiefe und zwar
bei ihrem wellenförmigen Streichen bald unter bald über der
39. Strecke also ungefähr 380-400 Lachter unter Tage.
Für den Gnade-Gotteser Gang ist das constante Auftreten von
Zinkblende charakteristisch, während gediegen Silber (auf
der 23. Strecke) und derber Antimonnickel in ihm zwar fast
allein aber zu selten, um besonders bezeichnend zu sein, auf-
getreten sind. An verschiedenen Punkten ist auch Gyps in
Nadeln auf Flussspath aufsitzend, nur selten hingegen Schwer-
spath gefunden worden. z
E. Verhalten der Gänge gegen die faulen Ruscheln.
In Vorhergehendem ist wiederholt erwähnt, dass sich in
den Grenzruscheln der Ausfullung der Silbererzgänge ein
202
undurchdringlicher Damm entgegengestellt habe. Die Art und
Weise der Beeinflussung derselben ist jedoch bei den verschie-
denen Gängen und Ruscheln verschieden. :
Der Gang kann sich in der Nähe einer Ruschel nach und
nach verlieren. Das best aufgeschlossene Beispiel hierfür
giebt der nordwestliche Flügel des Samsoner Hauptganges
(siehe Taf. V. Fig. 1). Sobald er sich der Neufanger Ru-
schel nähert, noch 20 ‚Lachter von ihr entfernt, begiunt er
sich zu zertrümern und immer schmaler zu werden und ver-
liert sich in ihrer nächsten Nähe im Nebengestein. In ähn-
licher Weise keilen sich der Franz- Auguster, Samueler und
Felicateser Gang an der Neufanger Ruschel aus.
Es kann sich aber auch der Gang an die Ruschel an-
legen und von dieser eine Strecke weit geschleppt wer-
den. In diesem Falle nimmt die Ruschel häufig die Erzmittel
des Ganges auf und wird so abbauwürdig. In geringerer Weise
ist dies der Fall beim Fünf-Bücher-Mosis-Gang, wo er sich an
die Neufanger Ruschel anlegt, und der östliche Flügel dieses
Ganges von der Edelleuter Ruschel geschleppt wird, welche er
eine Strecke weit veredelt. Auch der Andreaskreuzer Gang
mit seinen hangenden Trümern schleppt sich in der Edelleu-
ter Ruschel weithin. Die Erzmittel, welche auf diese Weise
in die Ruschel gelangten, wurden durch die Gruben Weinstock,
Weintraube, Weinblüthe und Casselsglück abgebaut. Am besten
aufgeschlossen von allen hierhergehörigen Punkten ist jedoch
der sudöstliche Theil des Felieitaser Ganges, welcher sich an
den liegenden Lettenbesteg der Silberburger Ruschel anlegt
und je nach den verschiedenen Teufen 50—80 Lachter weit
geschleppt wird. In der Grünhirschler und Sieberstollensohle,
sowie in der 4. Strecke waren diese interessanten Verhältnisse
noch vor kurzer Zeit aufgeschlossen (Taf. IV. Fig. 6). Die
Gruben König Ludwig und St. Andreas haben diese Erzmittel
abgebaut.
Der Gang kann aber ferner auch durch eine der beiden
mittleren Ruscheln, wie der Fünf-Bücher-Mosis-Gang durch
die Silberburger, ohne irgend wie gestört zu werden durch-
"setzen. |
Zuweilen setzt der Gang hinter einer der beiden mittle-
ren Ruscheln, ohne verworfen zu werden, weiter fort, in den
meisten Fällen jedoch tritt, wenn eine Ruschel einen Gang
203
durchsetzt, eine Verwerfung ein. Die Silberburger Ruschel
verwirft den Andreaskreuzer Gang zwischen dem Sieberstollen
und der ersten Strecke und die Abendröther Ruschel den Mor-
genröther Gang zwischen der 4. und 6., sowie den Andreas-
kreuzer Gang unterhalb der 12. stark ins Liegende (Taf. IV.
‚Fig. 5).
Man hat behauptet, dass Gänge, welche auf beiden Sei-
ten einer Ruschel abschneiden, gar nicht im Zusammenhange
ständen und dass jeder für sich: einen selbstständigen Gang
bilde. Man sah zwar die Unnatürlichkeit dieser Annahme ein,
war jedoch nicht im Stande die Erscheinung, dass die augen-
‘scheinlich älteren Ruscheln die jüngeren Erzgänge verwerfen
“ sollten, mit der für richtig angenommenen Verwerfungstheorie
zu vereinen. Die weiter unten (8. 214) entwickelte Theorie
solcher Gangverschiebungen beseitigt jene hindernde Ansicht
und erfordert die natürliche Zusammengehörigkeit solcher durch
Ruscheln getrennten Gangstuücke.
Man könnte aus dem Umstande, dass die eiittlendn beiden
Ruscheln die Gänge zum Oefteren verwerfen, den Schluss
ziehen, dass es unwahrscheinlich sei, dass sich die beiden
Grenzruscheln anders gegen die Silbererzgänge verhalten
hätten als jene, und dass eine grossartige Verwerfung und mit-
hin ein Fortsetzen der Silbererzgänge "hinter den Ruscheln
nicht unmöglich sei. Durch ausgedehnte Versuchsbaue ist je-
doch Bestimmtheit über die Undurchdringlichkeit der Grenz-
ruscheln für die Silbererzausfullung geworden, während die
Gruppen der später mit Eisen- und Kupfererz ausgefüllten
Gangspalten nordwestlich und südöstlich von Andreasberg in
weiter keinem Zusammenhang mit jenen stehen, als dass sie
derselben wirkenden Kraft ihren Ursprung verdanken.
Das tiefeingeschnittene Sperrenthal im N.O. von Andreas-
berg erstreckt sich ungefähr rechtwinklig über das Streichen
der Andreasberger Silbererzgänge, welche durch die Neufanger
Ruschel abgeschnitten werden. Würden dieselben noch jen-
seits dieser fortsetzen, so müssten sie das’ Sperrenthal durch-
kreuzen. Und wirklich hat man an den Abhängen desselben
eine Reihe von Gängen (Sperrenthals-Glück, Glückauf, Haus-
Reden) erschürft, welche ungefähr dasselbe Streichen haben
wie die innerhalb der Ruscheln. Leider waren es jedoch nur
Kupferkies und Speiskobaltstrümer oder Eiß®ensteinsgänge,
204
welche sich des Abbaues nicht verlohnten. Silber- oder Blei-
erze sind auch nicht in den geringsten Spuren gefunden
worden. Br
Aber nicht nur von Tage aus, sondern auch in verschie-
denen Teufen unter Tage hat man Versuchsbaue jenseits der
Ruscheln getrieben. Vom Sieberstollen aus, also in 100 Lach-
ter Tiefe, überfuhr man die Ruschel mit dem sogenannten
Brennorte, welches im Catharina-Neufanger Felde im Hangen-
den des Samsoner Ganges angesetzt war, um ungefähr 60 Lach-
ter, traf einige 40—60 Zoll mächtige Rotheisenstein- und
Kupferkiestrümer, lenkte auf diesen. aus, fand jedoch keine
Gänge, welche in Folge einer ähnlichen Ausfüllungsmasse als
Fortsetzung des Jacobsglücker oder Wenn’sglückter Ganges,
welche ihrem Streichen nach ungefähr an dieser Stelle erwar-
tet werden mussten,. betrachtet werden konnten. Gleichen
Erfolg hatten die Arbeiten, welche zur Untersuchung des Lie-
genden der Neufanger Ruschel von der 23. Strecke, also eirca
260 Lachter tiefer als die oben erwähnten, betrieben wurden.
Man ging hier mit dem Versuchsorte dem Streichen des Sam-
soner Ganges nach, setzte den Ortsbetrieb 70 Lachter ins
Liegende der Ruschel fort und ging dann querschlägig ins
Liegende und Hangende, also rechtwinklig auf das Streichen
des Samsoner, Franz-Auguster und Felicateser Ganges, bis man
mit dem Querschlag ins Liegende die Ruschel wieder erreichte,
nachdem man einige schwache Trümerchen und einen 45 bis
20 Zoll mächtigen Gang von Rotheisenstein und Kupferkies
überfahren.
Die Versuchsarbeiten wurden im Jahre 1847 eingestellt,
nachdem eine von der Bergbehörde eingesetzte Commission
ein specielles Gutachten abgegeben hatte, worin sie sich über
die Nutzlosigkeit weiterer Versuchsarbeiten hinter der Ruschel
aussprach. h
Wir haben somit die Gewissheit, dass die Neufanger Ru-
schel sämmtliche Andreasberger Silbererzgänge nach Norden zu
abschneidet und dass an die Stelle der letzteren nicht abbau-
würdige Eisensteins- und Kupferkiesgänge treten.
Dass die Edelleuter Ruschel gegen $S. als Grenze der
Gänge auftritt, ist durch eine Menge von Schürfen an den Ab-
hängen des Mathiasschmiedsberges und des Engelburger Thales
sowie durch eine grosse Reihe von Versuchsbauen unter Tage,
205
z. B. durch das Bärner Ort auf der Sieberstollensohle, zur
unumstösslichen Gewissheit geworden.
F. Gegenseitige Beeinflussung der Gänge.
Aus dem doppelten Hauptstreichen der Andreasberger Sil-
bererzgänge folgt eine netzartige Durchkreuzung und mit dieser
im Zusammenhange ein sich vielfach wiederholendes Verwer-
fen der Gänge. Der Bergmannstroster und Gnade - Gotteser
Gang werden von den unter einer nördlicheren Stunde strei-
chenden, dem Samsoner Hauptgange parallelen Gängen durch-
setzt und verworfen. Die Verwerfung des Gnade-Gotteser Gan-
ges durch den Samsoner beträgt je nach den verschiedenen
Teufen des Durchkreuzungspunktes 1 bis 2 Lachter und ist mit
besonderer Deutlichkeit aufgeschlossen auf der 23. (223 Lach-
ter Tiefe), 18. (200 Lachter Tiefe), 16. (182 Lachter Tiefe),
13. (160 Lachter Tiefe) und auf der 6. (123 Lachter Tiefe)
Samsoner Strecke. Die Ausfüllungsmasse beider Gänge ist bei
beiden dieselbe und selbst die Zinkblende, welche sonst im
Gnade-Gotteser Gange so constant auftritt, fehlt an dem Kreu-
zungspunkte. Der Bergmannstroster Gang wird von dem Sam-
soner, da er dem Gnade-Gotteser zufällt, je nach den ver-
schiedenen Tiefen 20 bis 50 Lachter weiter im. Liegenden auf
dieselbe Weise wie jener verworfen. Auf der 23. Samsoner
Strecke lässt sich die Verwerfung der beiden parallelen Gänge
gut beobachten, welche sich in dieser Teufe schon bis auf
20 Lachter genähert haben, und auf der 31. Strecke sieht man
in kurzen Zwischenräumen den Gnade-Gotteser, den Bergmanns-
troster und zwischen beiden ein hangendes Bogentrum des
letzteren vom Samsoner Gange ins Hangende verworfen wer-
den (Taf. IV. Fig. 8). In den tiefsten Samsoner Bauen auf
der 41. Strecke tritt ein Verwerfungsverhältniss ein, welches,
combinirt mit dem ebenbeschriebenen, allen auf Verwerfungen
bezuglichen Theorien widerspricht. Nach der Vereinigung des
Bergmannstroster mit dem Gnade-Gotteser Gang, welche beide
in höherer Teufe vom Samson um oft 2 Lachter verworfen
werden, tritt jetzt gerade das umgekehrte Verhältniss ein: der
Gnade - Gotteser Hauptgang verwirft den Samsoner Gang auf
. der 41. Strecke um 2! Lachter (siehe Taf. V. Fig. 2 und
S. 216 und 220).
Aehnlich wie in oberer Teufe vom Samsoner wird der
206
Bergmannstroster Gang auch vom Jacobsglücker, jedoch nicht
ins Hangende sondern um 14 Lachter ins Liegende verwor-
fen, was sich besonders schön auf dem Grünhirschler Stollen
(in 71 Lachter Tiefe) beobachten lässt.
Die Verwerfungen, welche der Bergmannstroster Gang
durch den Franz-Auguster erleidet, sind nicht nach so grossem
Maassstabe geschehen wie die beschriebenen. Die Strecken,
welche sich den Gängen entsprechend kreuzen, lassen keine
Verrückung bemerken (so die 16., 18., 22. und 23. Strecke);
nach ihnen scheinen sich die Gänge nicht weiter zu beein-
flussen. Frische Anbrüche sollen jedoch stets Verwerfungen,
mögen sie auch noch so klein sein, zeigen. Ein horizontaler
Durchschnitt des Bergmannstroster und Franz-Auguster Ganges
(Taf. IV. Fig. 9), welcher in der Förste 8 Lachter über der
23. Strecke, also in 215 Lachter Teufe aufgenommen ist, hat
besonderes Interesse. Der erste keilt sich in der Nähe des
Durchkreuzungspunktes aus und zertheilt sich drei- bis vierfach -
und wird um einige Zoll verworfen, jedoch so, dass jenseits
des Verwerfers nur noch 2 Trumer aufsetzen, welche sich
bald zu der alten Gangmächtigkeit vereinen. Der Franz-Au-
guster Gang jedoch, nach anderen Verwerfungspunkten der
eigentliche Verwerfer, ist selbst in einer Weise verworfen, wel-
che hinter der des “ersterwähnten Ganges nicht zurücksteht, so
dass an dieser Stelle eine gegenseitige Verwerfung zweier Gänge
stattgefunden hat.
Die Kreuzungspunkte des Gnade-Gotteser und Bergmanns-
troster Ganges mit anderen Gängen sind weniger gut aufge-
schlossen.
Während in anderen Gangrevieren die Scharungspunkte
die besten Erzmittel zu enthalten pflegen, ist im Andreasberger
Bezirke gerade das Gegentheil der Fall, sie sind erzarmer als
die benachbarten Gangpartien, ja meist vollständig taub. Nur
ein Ausnahmefall ist bekannt. Es ist der Scharungspunkt des
Franz - Auguster und Bergmannstroster Ganges zwischen der
23. und 26. Strecke, welcher reiche und mächtige Erzmittel
von Arsenik- und Antimonsilber enthält.
Was das Verhältniss zwischen den parallelen oder fast
parallelen Gängen zueinander betrifft, so vereinigen sich einige
in der Tiefe miteinander, wie der Gnade-Gotteser und Berg-
mannstroster, andere legen sich mit ihren äussersten Flügeln
207
an benachbarte an, wie das Neufanger hangende Trum an
den Samsoner und Gnade Gotteser, noch andere scheinen nur
Verzweigungen und Fortsetzungen eines Hauptganges, so der
Abendröther, Morgenröther und Andreaskreuzer des Samsoner
Hauptganges zu sein. |
G. Beeinflussung der Gänge durch sogenannte
„feste Geschiebe“.
In den Andreasberger Gruben findet man sehr häufig, dass
die Gänge, wie mächtig sie auch seien, plötzlich haarscharf
abgeschnitten und oft nur um nicht einmal ganz ihre eigene
Mächtigkeit, zuweilen aber auch lachterweit verschoben wer-
den. Der Andreasberger Bergmann neunt dies „Verrückungen
durch feste‘ Geschiebe“. Man darf aber hierbei nicht an im
Nebengestein eingelagerte Partien von grösserer Festigkeit den-
ken, es sind vielmehr Spalten im Nebengestein, auf welchen
die Verschiebungen stattgefunden haben (siehe S. 218). Diese
Ablösungsflächen haben häufig dasselbe Streichen wie die Schich-
ten des Thonschiefers, in welchem sie aufsetzen, fallen jedoch
flacher ein oder durchsetzen denselben unregelmässig. Sie
sind entweder nur an einem feinen Lettenbesteg kenntlich oder
zwischen den beiden getrennten Enden des Ganges von der
Gangmasse in der Weise ausgefüllt, dass der Gang geknickt
zu sein scheint. Bald setzt der Gang in der Richtung des
Einfallens solcher Verrückungsspalten wieder auf, so dass die
Winkel zwischen Gang und Spalte spitze sind, oder er folgt
der entgegengesetzten Richtung, rückt also in die Höhe, so
dass das Knie stumpfwinklig wird (Taf. IV. Fig. 11, 12, 13). Oft
sind ganz entgegengesetzt einfallende Verrückungen dicht zu-
sammengedrängt, so dass der Gang zuerst eine Strecke weit
in sein Hangendes oder Liegendes rückt, dann plötzlich wieder
auf einer anderen Spalte zurück in die Fortsetzung seiner fru-
heren Lage selbst. Solche doppelte und dreifache Verschie-
bungen kann man zuweilen vor einem Orte beobachten. Die
schönsten habe ich auf dem Neufanger hangenden Trume in
ca. 120 Lachter Teufe und auf dem Bergmannstroster Gange
zwischen der 16. und 23. Strecke gesehen (Taf. IV. Fig. 13).
Zuweilen kommt es vor, dass sich der Gang unterhalb der
ihn störenden Spalte zertrumert, dass die Trumer ziemlich
weit ablaufen, mit der Spalte abschneiden, aber oberhalb die-
208
ser nicht wieder fortsetzen, sondern vereint erscheinen
(Taf. V. Fig. 8). Das grösste solche Geschiebe ist in den
Andreaskreuzer Bauen verfolgt werden. Es streicht wie der
Thonschiefer hor. 6,4, fällt hingegen flacher unter einem Win-
kel von 45 Grad gegen S. ein und rückt den Andreaskreuzer
Hauptgang sowie dessen hangendes Trum ein Stück weit in
sein Hangendes, ohne dass die beiden Gangabschnitte aufein-
ander passten,” Im Gegentheil ist der eine Flügel bis an die
Spalte vielfach zersplittert, während die andere davon getrennte
Partie nur einen Gang bildet. Zımmermann hat diese Ver-
rückungen a. a. OÖ. Taf. IV. Fig. 3 u. 4 abgebildet. |
3. Die Andreasberger Eisensteinsgänge.
Wie schon bei der Beschreibung der geognostischen Ver-
hältnisse der Umgebung von Andreasberg erwähnt, ist die Grau-
wacke, welche den nordwestlichen Theil des Andreasberger
Gebietes formirt, vielfach von Eisensteinsgängen durchsetzt.
Diese gruppiren sich hauptsächlich um zwei Punkte: den Kö-
nigsberg und den Eisensteinsberg.
Der Königsberg erhebt sich eine Stunde westlich von An-
dreasberg, steigt am rechten Ufer der Sieber auf und bildet
ein langgedehntes Gebirgsjoch, welches auf der westlichen Seite
von dem Holmkethal begrenzt wird. Der östliche Abhang
scheint weniger, desto mehr aber der westliche zur Gangbil-
dung und Zerklüftung geeignet gewesen zu sein. Den Königs-
berg durchsetzt rechtwinklig auf seine Längserstreckung die
vereinigte Edelleuter und Neufanger Ruschel, dort Lettengang
genannt. In derem Nebengestein sowohl, einem feinkörnigen
kurzklüftigen Grauwackenschiefer,, wie in ihr selbst setzt eine
Anzahl Eisensteinsgänge von verschiedener Mächtigkeit auf,
welche zwischen hor. 7 und 11 streichen und 60 bis 80 Grad
gegen N. einfallen und sich vielfach durchkreuzen und verwer-
fen. Sie führen derben Rotheisenstein, Glaskopf und in gerin-
sen Mengen Eisenglanz, welche im Durchschnitt 36 bis 40 pCt.
Eisen halten. Die wichtigsten Gänge der Königsberger Gang-
gruppe sind: der Herrengang streicht hor. 7, fällt 75 bis
80 Grad gegen N., der Wasserbadergang streicht hor. 95,
fallt 65 bis 70 era gegen N. und der Ele ZZ
streicht hor. 9, fallt 78 Grad gegen N.
Die zweite Eisensteinsganggruppe ist die des Eisen-
209
steinsberges, eines Ausläufers des Sonnenberges, welcher
sich zwischen das Dreibrode- und Sieberthal erstreckt. Er be-
steht nach Norden zu aus Hornfels, welcher nach Suden zu
in äusserlich wenig veränderte, nur sehr verhärtete Grauwacke
übergeht, welche hor. 4 streicht und mit 75 Grad gegen 8.
einfällt. Die darin aufsetzenden Rotheisensteinsgänge durch-
kreuzen den Bergrücken in der Stunde 6 bis 11, fallen nach
O. oder N. ein, haben eine wechselnde Mächtigkeit und ver-
werfen sich, sobald sie sich kreuzen. Manche von ihnen setzen
über das Thal nach dem östlichen Abhange des nördlichen
Theiles des Königsberges. Die Gangausfullung besteht aus
derbem Rotheisenstein, Glaskopf und etwas Eisenglanz. Die
bauwürdigsten, freilich jetzt meist verlassenen Gänge sind: der
Michaeliszecher Gang streicht hor. 11, fällt 60 Grad gegen O.,
der Mündelszecher- und Jungenzechergang streichen hor. 9, fal-
len 74 Grad gegen O.
Mehr nach dem Sonnenberg zu und nicht im Zusammen-
hang mit den Gängen des Eisensteinsberges setzt gerade an
‚ der Grenze zwischen der in Hornfels verwandelten Grauwacke
und dem Granit eine Lachter-mächtige Eisensteinslagerstätte auf,
der Segen-Gotteser Gang. Der Granit ist in der Nähe dieser
Grenzbildung mürbe und verwittert, sein Feldspath ist in eine
bläuliche oder gelbliche, kaolinartige Masse übergegangen, in
welcher die Quarzkörner einzeln liegen, der Glimmer aber kaum
zu erkennen ist; eine bräunliche, schwarzockerige Färbung
scheint von ihm zurückgeblieben zu sein. Diesen Granit durch-
schwärmt bis zu 1 bis 2 Lachter Entfernung eine grosse An-
zahl von Il bis 2 Zoll mächtigen Trumern eines milden rothen
Glaskopfs, welche sich stellenweise zu grösseren Einlagerun-
gen erweitern. |
Aehnlich sind die Lagerungsverhältnisse des schon seit
längerer Zeit verlassenen, weiter nach O. aufsetzenden „Neuen
Glückaufer Ganges“, ebenfalls einer Eisensteinseinlagerung
an der Grenze zwischen Granit und Hornfels.
Am nördlichen Abhange des Sieberberges, da wo ihn
die Edelleuter Ruschel durchsetzt, streicht gleichfalls ein Eisen-
steinsgang: das Frische Trum, welches von der Ruschel
eine Strecke weit geschleppt wird, dessen Abbau jedoch wegen
zu grossen Wasserzudranges eingestellt werden musste.
Die merkwürdigste Eisensteinsablagerung in der Umgegend
Zeits. d.d. geol. Ges, XVIM. ı. 14
210
von Andreasberg ist die im Bärenthale, - Stunde östlich
von der Stadt. Das Bärenthal ist eine muldenförmige Einsen-
kung, welche auf beiden Seiten von abschüssigen Gehängen
und Thonschieferfelsen begrenzt wird. Ihm entspricht eine
ebenfalls muldenförmige Einlagerung eines milden Schiefertho-
nes, welcher ohne Uebergänge plötzlich von einem sehr festen
Thonschiefer abgeschnitten wird. Dieser Schieferthon ist zer-
reiblich und weich, jedoch so scharf und deutlich geschichtet,
dass man sich erst beim Anfassen von seiner Milde überzeugt.
Seine Hauptfarbe ist ein reines Weiss, welches durch äusserst
scharf gezogene, bandartige blaue, schwarze, braungelbe, rothe
und hellgrüne Streifen unterbrochen wird. Diese Farben wech-
seln so rasch ab, dass sie sich oft in einem nur 1 Fuss brei-
ten Streifen dieses Gesteines sämmtlich wiederholen. In den
Klüften uud zwischen den Schichtenablösungen dieses Schie-
ferthones haben sich Brauneisensteinseinlagerungen von sehr
unregelmässiger Mächtigkeit gebildet, welche theils von O. nach
W., theils hor. 11 streichen und steil gegen S. resp. O. ein-
‘fallen; sie durchkreuzen sich mit grosser BRegelmässigkeit
wie die Maschen eines. Netzes und während die Wegnahme
der einfachen Einlagerungen nicht lohnend ist, finden sich an
den Durchkreuzungsstellen derbere Massen eingelagert, deren
Abbau die Grube: „der rothe Bär“ hauptsächlich bezweckt hat.
Zuweilen liegt der Eisenstein auch isolirt butzenförmig im Ne-
bengesteine. Der Brauneisenstein umfasst oft Nieren von
Spatheisenstein; Chloropal von grüner oder brauner Farbe bil-
det oft die 3 bis 4 Zoll mächtigen Saalbänder der Bärner
Eisensteinsgänge.
Da diese Schieferthonmulde, wie bemerkt, überall vom
festen Gestein umgeben ist und sich die Tagewasser uber die-
sem in grosser Menge ansammeln und den Schieferthon noch
brüchiger machen, so ist der Abbau der dortigen Eisensteins-
gänge schwierig und wird in diesem Augenblick bereits einge-
stellt sein.
Als abgebaute oder nicht abbauwürdige Gänge ausserhalb
der Ruscheln dürften noch zu erwähnen sein:
Der Engelsburger Gang im Suden des Andreasberger
Grünsteinzuges, welcher in einer Hauptgangmasse von Kalk-
spath Kupferkies und silberarmen Bleiglanz geführt hat. Die
Baue auf ihn sind schon seit langen Jahren verlassen.
211
s
Die Kupferkies- und Zinkblendegänge, welche am
östlichen und westlichen Abhange des Oderthales, an ersterem
mit dem Oderstollen aufgeschlossen worden sind, ohne für ab-
bauwürdig und anhaltend befunden worden zu sein.
Die bei Gelegenheit der Grenzruscheln S. 203 besproche-
nen Sperrenthaler Kupferkies- und Eisensteins-
gäange.
Der bis zu 1 Lachter mächtige von N. nach 8. streichende
Schwerspathgang, welcher im Grünstein gleich oberhalb
der Andreasberger Silberhütte aufsetzt und zum Zwecke der
Benutzung des Schwerspathes zur Farbebereitung abgebaut wird.
Aus den vorstehenden Beobachtungen ergeben sich in
Kürze folgende Resultate:
Eine schmale Zone von Thonschiefern und Grauwacken
wird im Norden von einem Granitrucken, im Süden von einem
Grünsteinzug begrenzt. In ihr setzen die Andreasberger Gänge
auf. Diese sind theils Eisensteins- und Kupferkiesgänge,
theils Silbererzgänge, welche durch ein drittes Gangsystem:
die faulen Ruscheln scharf getrennt werden. Letzteres
sind mächtige, taube, mit Thonschieferbruchstucken ausgefüllte,
mit einem Lettenbesteg versehene Gänge, welche in ihrer Län-
senerstreckung ein langes schmales Ellipsoid bilden und .sich
in der Tiefe vereinigen und somit eine keilförmige Thonschie-
ferpartie mantelartig umfassen, deren Schichten hor. 6,4 strei-
chen und mit 70 bis 80 Grad gegen S. einfallen und zwischen
welche sich einzelne Diabasinjectionen gedrängt haben. Die
Silbererzgänge setzen nur innerhalb des Ruschelellip-
soides auf und haben deshalb eine geringe Ausdehnung, sind
wenig mächtig, jedoch bis zu einer bedeutenden Teufe aufge-
schlossen. Ihre Hauptgangmasse ist Kalkspath. Die wichtig-
sten, in diesem netzartig eingelagerten Erze sind: Bleiglanz,
Zinkblende, Rothgultig, Antimonsilber, Arsensilber, gediegen
Arsen; Apophyllit, Harmotom, Desmin, Stilbit und Flussspath
begleiten dieselben. Diese Hauptgangausfullung bleibt sich bei
allen Gängen gleich und variürt nur im Auftreten einiger sel-
tenerer Fossilien. Die Silbererzgänge gehören zwei Streichungs-
richtungen, einer nördlicheren und einer westlicheren an, fallen
gegen N, und gegen N.O. ein und kreuzen und verwerfen sich
14 *
212 |
deshalb öfter. Es kommt jedoch vor, dass der verworfene
Gang in der Tiefe zum Verwerfer wird, auch dass sich beide
Gänge gleichzeitig verwerfen. Die Ruscheln schneiden ent-
weder die Gänge geradezu ab oder schleppen dieselben eine
Strecke weit. In keinem Falle aber setzen die Silbererzgänge
über eine der beiden Grenzruscheln hinaus. Die Eisensteins-
gänge sind in zwei Gruppen concentrirt: eine am Königs-
und eine am Eisensteinsberge, sind mit derbem Rotheisen-
stein, weniger Glaskopf ausgefüllt und bilden im Verein mit
einigen Kupferkies- und Kobaltsgängen eine Zone ziemlich
parallel der Grenze des Granites.
Im höchsten Grade überraschend ist die Aehnlichkeit der
Gangverhältnisse des Bergwerksbezirkes Pribram *) und derer
von Andreasberg, so dass eine Vergleichung der wichtigsten
Charaktere beider nicht ohne Interesse sein dürfte.
Auch die Umgegend von Pfibram bildet ein Plateau von
1700 Fuss Meereshöhe und besteht aus älteren Grauwacken-
bildungen, welche von Grünsteinpartien durchsetzt und nach
einer Seite hin von Grauit begrenzt werden. Jene bestehen
theils aus Grauwacke, Quarzit und Grauwackenschiefer. Der
letztere ist von der ersteren durch eine Lettenkluft geschieden,
welche noch bis vor einigen Jahren als Grenze der dortigen
Erzgänge betrachtet wurde. Auch an ihr keilt sich ein Theil
der Gänge aus; andere werden nur verdrückt und sind in
neuerer Zeit jenseits derselben wieder bauwürdig aufgeschlos-
sen worden, so dass sie die Pribramer Gänge in der Weise
unserer Abendröther und Silberburger, nicht aber unserer Grenz-
ruscheln beeinflusst. Grünsteinstöcke und Gänge durchsetzen
das Grauwackengebirge in grosser Anzahl und schwanken in
ihrer Mächtigkeit zwischen + und 30 Lachter. Eine Gesteins-
veränderung ist am Contacte beider nicht zu bemerken, ebenso-
wenig eine gewaltsame Zertrümmerung des Grauwackengebir-
ges. Die Erzgänge durchsetzen den Grünstein zuweilen, sind
also wie die Andreasberger Gänge junger als diese, haben die-
*) Uebersicht des Blei- und Silberbergbaues von Pribram von Prof.
Farrer. Im XIII. Bande der berg- und hüttenmännischen Jahrbücher
der k. k. Bergakademien zu Leoben, Pribram u. s. w.
213
selbe durchschnittliche Mächtigkeit, treten jedoch gewöhnlich
grosse Strecken weit als Oontaetgänge des Grünsteins und der
Grauwacke auf und unterscheiden sich auf diese Weise wesent-
lich von den-Andreasberger Gängen. ‘Grössere Verwerfungen
des einen Ganges durch einen zweiten sind seltener, solche
‘durch Schichtungsklüfte hingegen häufig. Auch dort üben die
Kreuze keinen besonderen Einfluss auf den Erzreichthum aus.
Ebenso kommt die Ausfullungsmasse der Pribramer Gänge der
der Andreasberger nahe. Kalkspath herrscht vor, Quarz und
Schwerspath treten zuruck, während ebenfalls dort eine Reihe
von Erzen bricht, welche für Andreasberg besonders charakte-
ristisch sind, so Rothgültig, Glaserz, Sprodglaserz, Antimon-
glanz, gediegen Silber, während Bleiglanz dort- wie hier die
andauerndste Erzführung bildet, in welcher jene edlen Geschicke
nesterweise auftreten. Auch scharfkantige Thonschieferbruch-
stucke umfasst die Gangausfullung, welche; letztere ebenso wie
in Andreasberg von dem Nebengestein nicht durch Saalbänder
getrennt sondern mit diesem verwachsen ist. Die Achnlich-
keit der Gangverhältnisse beider Bezirke lässt auf ihre analoge
Bildung schliessen.
Noch uüberraschender wie diese ebenbeschriebene Aehn-
lichkeit muss die gänzliche Verschiedenheit des Andreasberger
und des nur wenige Stunden von ihm entfernten Clausthäler-
Zellerfelder Bergwerksbezirkes sein. Die Gänge der Umge-
gend von Clausthal haben nicht nur eine zum Theil meilen-
weite Längenerstreckung, sie erreichen auch zuweilen eine
Mächtigkeit von 18 bis 20 Lachter, die ablaufenden, oft selbst
lachtermächtigen Trümer mitgerechnet eine Mächtigkeit von
50 Lachter. Die Hauptausfüllungsmasse dieser Gänge besteht
aus Quarz, Schwerspath und Kalkspath, welche eine sich fast
immer gleichbleibende Erzführung von sehr silberarmem Blei-
slanz, Zinkblende, wenig Fahlerzen, Schwefel- und Kupferkie-
sen umschliesst. Diese lässt im Gegensatz zu der Andreas-
berger eine zwar weniger silberreiche aber constante Förde-
rung zu, welche je nach Bedarf gesteigert oder ‚gemindert
werden kann, ohne wie in den Andreasberger Gängen von
zufälligen Funden von Silbererznestern abhängig zu sein. Die
wasserhaltigen Silikate, Arsen, Antimon- und Arseniksilber,
welche so bezeichnend fur die Andreasberger Gangausfullung
sind, fehlen hier vollständig. Rothgültig ist nur sehr. selten
%
214
und dann nur in äusserst geringen Mengen z. B. auf Berg-
werkswohlfahrt vorgekommen.
il Theil.
Ueber die Entstehung der Andreasberger Gänge.
1) Entstehung der Gangspalten.
Die sammtlichen Gänge der Andreasberger Gegend kön-
nen, was ihre verschiedene Ausfüllung, ihre gegenseitige Be-
einflussung beweist, nicht gleichzeitig entstanden sein.
Die Ruscheln sind die älteste Gangbildung, älter wie die
Silbererzgänge, weil sie diese theils abschneiden, theils schlep-
pen und, weil beides ebenso mit den Eisensteinsgängen der
Fall ist, auch älter wie diese. Ebenso müssen sie auch schon.
zur Zeit der Entstehung der Erzgangspalten in ihrer jetzigen
Gestalt vollständig ‚ausgefüllt mit Letten und Thonschiefer-
Bruchstücken vorhanden gewesen sein, weil ihre Ausfüllungs-
"masse wiederum an manchen Stellen das Nebengestein für die
Erzgange bildet. Die Ruschelspalten mögen entstanden sein
während des Empordringens des Diabases, in Folge seines
Durchbrechens durch das Thonschiefergebirge. Fur ein Ab-
hängigkeitsverhältniss der Ruschelspalten von dem Grünstein-
zug spricht die Parallelität beider, für die Wahrscheinlich-
keit einer von unten, nicht seitlich wirkenden Kraft das sich
Verzweigen einer Hauptruschel in drei und das durch die jedes-
malige Krafttheilung bedingte Schwächerwerden dieses Haupt-
stammes. {
In die Periode der Abkühlung des durch den aus der Tiefe
brechenden Diabas erhitzten Thonschiefers fallt die Entstehung
der mehr oder weniger deutlich ausgeprägten Zerkluftungsspal-
ten, welche den Thonschiefer entweder eben nur als Ablösungs-
flachen durchziehen oder sich bei einiger Mächtigkeit mit einem
Thonbestege belegt haben. Auf sie werden wir später (S. 216)
zurückkommen, sie erhalten durch ihre Beeinflussung der Gänge
eine grosse Wichtigkeit. Die Ruscheln mögen zuerst schmale
Spalten gewesen sein; da sie aber zu einer Zeit entstanden,
wo sich die Gesteine durch Erhitzung ausgedehnt hatten, mö-
sen sie bei dem Zusammenziehen derselben bedeutend an Mäch-
tigkeit gewonnen haben. In ihnen, sowie in den durch Zu-
215
sammenziehung der Gesteine entstandenen, oben erwähnten Zer-
klüuftungsspalten sammelten sich sowohl Tage- wie Quellwasser
an, welche in Folge der Temperatur des Nebengesteins einen
hohen Wärmegrad erhielten. In Folge davon wirkten sie, in-
dem sie je nach ihren Zuflüssen mehr oder weniger schnell in »
die Höhe stiegen, auf die Wandungen der Spalten zerstörend
ein, so dass sich diese bald mit einem oft fussmächtigen Be-
steg von Letten beschlugen. Die zerrissenen, stellenweise uber-
hängenden Spaltenwände waren nicht im Stande sich zu halten.
Es brachen Stücke los, welche beim Fall zerschellten und nach
und nach den Spaltenraum zwischen den beiden Lettenbestegen
ausfüullten. Man muss somit ein langsames Emporsteigen des
Wassers und des von diesem abhängigen Besteges annehmen,
um eine Ablagerung von Thonschieferbruchstücken zwischen
zwei die anstehenden Thonschieferwände abschliessenden Be-
stegen erklären zu können.
Die Erzgangspalten können ihrer Entstehung nach der
Periode des Empordringens des Grünsteins nicht angehören,
sondern müssen vielmehr jünger als diese sein, sie könnten
sonst jene im Thonschiefer eingelagerten Grünsteinpartien nicht
durchsetzen. Sie können sogar aus schon mehrmals angeführ-
ten Gründen erst nach der Ausfullung der Ruschelspalten ent-
standen sein, verdanken also auch nicht der Periode der Nach-.
wirkungen der Grünsteineruption ihren Ursprung. Die wahr-
scheinlichste Deutung desselben dürfte in den Wirkungen des
hervorbrechenden Granites zu suchen sein, dessen Eruption
schon Hausmann (Bildung des Harzes S. 94) in eine spätere
Zeit als die des Diabases verlegte. Und in der That treten
ja die Andreasberger Silbererzgänge im Thonschiefer nahe an
der Grenze des Granites nicht isolirt auf. Das ganze Thon-
schiefergebirge, welches den südlichen und westlichen Abhang
des Sonnenberges und Rehberges bildet, wird von Gängen durch-
kreuzt, welche eine der Granitgrenze ziemlich parallele Zone
bilden und sich nur durch die erst später auftretende Verschie-
denheit ihrer Ausfullung unterscheiden. Es sind dies Kupfer-
kies- und Kobaltsgänge iu den Bergen des Oderthales, die
Andreasberger Silbererzgänge, und die Sperrenthaler, Königs-,
Sieber- und Eisensteinsberger Eisensteinsgänge. In Folge der
Zusammenziehung des sich abküuhlenden Granites und des in
seiner Nähe befindlichen Hornfelses entstanden auf dem Con-
216 Ne
tacte beider unregelmässige Grenzspalten, welche sich später
mit Rotheisenstein ausfüllten und S. 208 und 209 beschrieben
worden sind.
2) Theorie der Andreasberger Gangauslenkungen.
im Vorhergehenden ist öfters davon die Rede gewesen,
dass sich die Gänge theils untereinander, theils auf besonders
ausgeprägten Zerklüftungsspalten verworfen hätten. Man hat
diese Verrückungen der Andreasberger Gänge bisher analog
denen anderer Lokalitäten nach der Verwerfungstheorie erklärt,
welche Schmipt und ZIMMERMANN aufstellten, und die ein ver-
schiedenes Alter zweier sich verwerfender Gänge und das Rut-
schen des Hangenden des jüngeren Ganges und somit des im
Nebengestein befindlichen Flügels des von ihm durchschnittenen
älteren Ganges, oder eine Senkung des liegenden Theiles
desselben annimmt. Die Betrachtung folgender Verhältnisse
zeigt jedoch, dass es unmöglich ist, die Andreasberger Gang-
verschiebungen den bisher bekannten Verwerfungstheorien an-
zupassen:
Der Gnade-Gotteser und Bergmannstroster Gang werden
in der mittleren und oberen Teufe der Samsoner Baue vom
Samsoner Gange verworfen, verwerfen jedoch in der Tiefe,
nachdem sie sich vereint haben, den letzteren. In der oberen
Teufe müsste man nach der oben kurz erwähnten Theorie der
Verwerfungen den Samsoner, in grösserer Teufe den vereinten
Gnade-Gotteser und Bergmannstroster Gang als den jedesma-
ligen Verwerfer für jünger als den anderen halten.
Ebensowenig stimmt es mit obiger Hypothese, dass sich
zwei Gänge an ein und demselben Punkte gegenseitig verwer-
fen, wie dies auf dem Durchkreuzungspunkte des Bergmanns-
troster und Franz-Auguster Ganges über der 23. Samsoner
Strecke stattfindet.
Ferner werden der Morgenröther und Andreaskreuzer Gang
durch die Abendröther und Silberburger Ruschel beträchtlich
ins Liegende verworfen, obgleich die letzteren, wie bereits
mehrmals gezeigt, jedenfalls älter sind als die Silbererzgänge,
die früher angenommene Theorie aber gerade das Gegentheil
erfordert.
Wir kennen nur Durchkreuzungen des Gnade-Gotteser und
Bergmannstroster Ganges einerseits und des Franz-Auguster
217
und Samsoner anderseits, sowie der Silberburger und Abend-
röther Ruschel und des Andreaskreuzer und Morgenröther Gan-
ges. An ihnen aber erleidet die Verwerfungstheorie solche
Ausnahmen, dass wir dieselbe als für die Andreasberger Ver-
hältnisse unpassend verwerfen müssen. Die erwähnten wider-
natürlichen Verwerfungsverhältnisse im Verein mit der Noth-
wendigkeit, dass Senkungen des Nebengesteins eines Ganges
jedenfalls auch die Ruscheln hätten beeinflussen müssen, was
nicht der Fall ist, lassen eine Erklärungsweise natürlich er-
scheinen, welche die Verruckung eines Ganges noch vor seiner
Ausfullung bedingt, von der Annahme, dass der verworfene
Gang der ältere und die Verschiebung durch Bewegung des
Nebengesteins entstanden sei, abstrahirt, vielmehr die Gang-
verrüuckungen der Entstehungsweise der Spalten zu-
schreibt. Verdanken die Gangspalten dem Empordringen des
Granites ihr Entstehen, so mussten sie in Folge der von unten
wirkenden Kraft die Gesteine von unten nach oben durchsetzen.
Diese in der Tiefe aufgesprengten Spalten trafen bei ihrem
Indiehöhesetzen steiler, flacher oder entgegengesetzt einfallende
oder anders streichende Ablösungsflächen und andere offene
oder nur mit brüchigem Thonschiefer ausgefüllte Gangspalten.
Diesen als Flächen des geringsten Widerstandes würden sie
gefolgt und ohne Einfluss auf das hangende Gestein derselben
geblieben sein, wenn die sie verursachende Kraft gleichmässig
auf einen Punkt oder in. gleichem Maasse auf jede der durch
die Spalten getrennten Gesteinspartien gewirkt hätte. Eine so
gleichmässige Einwirkung ist aber bei Schichtencomplexen,
welche nicht gerade über einer empordringenden Masse son-
dern mehr über ihren steil einfallenden Rändern liegt, nicht
vorauszusetzen, vielmehr werden die Gesteinspartien in näch-
ster Nähe von jenen einen grösseren Druck erfahren als die
entfernteren. Trifft unter solchen Verhältnissen eine entste-
hende Spalte eine sich darbietende Discontinuität, so wird
sie ihr des geringsten Widerstandes wegen eine Strecke fol-
gen; durch den Druck jedoch, welchen das aufliegende Gestein
durch die auf die eine der beiden Gesteinspartien wirkende
Kraft erhält, wird die Spalte nach einer geringen Ablenkung
auf der älteren Ablösungsfläche oder Gangspalte in derselben
Streichungslinie wie früher weiter in die Höhe fortsetzen. Die
Veränderungen, welche die Gangspalten in Bezug auf ihren
218
Verlauf erlitten haben, sind hiernach nicht Folgen von Ver-
ruckungen auf später entstandenen Kluften, sondern Ablenkun-
gen von ihrer Hauptrichtung bei ihrem Entstehen auf bereits
vorhandenen Spalten.
Alle die Widersprüche gegen die ersterwähnte Verwer-
fungstheorie, welche sich in den Andreasberger Gangverhält-
nissen bemerkbar machen, lassen sich in der natürlichsten Weise
mit der obigen Auffassung der Entstehung der dertigen Ab-
lenkungen vereinen. So unerklärlich eine Verwerfung eines
Silbererzganges auf einer Ruschel nach der ersterwähnten
Theorie ist, so natürlich ist eine Auslenkung einer entstehen-
den Gangspalte auf einem Raum, welcher nur mit Thonschiefer.
Bruchstücken und zähem Letten lose angefüllt ist wie die
Ruscheln.
Ebenso erklären sich die Auslenkungen, welche die Gänge
so häufig durch blosse Ablösungsflächen (sogenannte feste Ge-
schiebe) (S. 207) erleiden und die man bisher aus Bewegungen
des Nebengesteins herzuleiten versucht hat. Nach letzterer
Annahme müsste der verwerfende Gang der. jüngere sein. Es
kommt jedoch häufig vor, dass sich der getrennte Flügel des
verworfenen Ganges schmitzartig an die Verwerfungsspalte an-
lehnt und mit dieser eine Zeitlang schleppt, ferner, dass sich
der eine Flügel in der Nähe der Verwerfungsspalte vielfach
zertrumert, während der andere nur ein Gangstück bildet.
(Taf. V. Fig. 8.) Beide Umstände setzen das Vorhandensein
einer Spalte der sogenannten Verwerfungsspalte voraus, auf
welcher die Auslenkung der entstehenden Gangspalte stattge-
funden hat. In manchen Fällen ist dadurch die bereits beste-
hende Zerklüftungsspalte zwischen den beiden getrennten Gang-
enden erweitert worden, so dass solche Auslenkungen nach
erfolgter Gangausfüllung das Ansehen einer blossen Kniekung
des Erzganges erhalten haben. Dieser Umstand gerade, die
Erweiterung einer Zerklüftungsspalte zwischen zwei getrennten
Gangflügeln (Taf. IV. Fig. 11 und 12), sowie die vollständig
gleiche Ausfullungsmasse der ersteren und letzteren spricht am
meisten für die Annahme von Auslenkungen der entstehen-
den Gangspalten auf bereits vorhandenen Klüften. Hätte
hingegen eine Verwerfung im eigentlichen Sinne stattgefunden,
so wurde vorauszusetzen sein, dass die Verwerfungsspalten die
jüngeren seien, was nach den angeführten Beobachtungen nicht
219
angenommen werden kann. Solche Zerkluftungsflächen, wel-
che oft nach den verschiedensten Seiten einfallen, sind zuwei-
len zahlreich auf einen kleinen Raum zusammengedrängt, so
dass die sie durchsetzende Gangspalte in kurzen Zwischenräu-
men mehrere gauz entgegengesetzte Auslenkungen erlitt, wel-
cher Umstand, wollte man eine Verschiebung des Nebenge-
steines annehmen, eine ganz ausserordentliche Beweglichkeit
desselben voraussetzen würde. Jede solche Verrückung durch
feste Geschiebe giebt deshalb ein typisches Beispiel für die
Ablenkungstheorie ab, während ZIMMERMANN nicht im Stande
war dieselbe nach seiner Verwerfungstheorie zu erklären und
deshalb solche verschobene Gangstücke als selbstständige (ange
deutete!
Denselben Einfluss wie eine Zerklüftungsspalte musste
eine bereits vorhandene Gangspalte auf den Verlauf einer ent-
stehenden anderen Gangspalte haben. Letztere wird auf der
ersteren eine Strecke weit auslenken und dann ihre alte Rich-
tung weiter verfolgen. Der Erfolg bleibt also derselbe wie
bei der Annahme einer Verrückung des Nebengesteins und
des in ihm enthaltenen einen Gangtheiles, nur dass das Alters-
verhältniss gerade umgekehrt, der verschobene Gang als der
jüngere und der andere als der sogenannte Verwerfer als der
ältere angenommen werden muss. Dabei kommt ein wichtiges
Moment in Betracht, mit Hulfe dessen man im Stande sein
wird, die widersinnigen Verwerfungsverhältnisse des Samso-
ner und Gnade-Gotteser und des Julianer und Franz-Auguster
Ganges naturgemäss zu erklären. Die Theorie der Verwer-
fungen im eigentlichen Sinne fordert die Ausfüllung des ver-
worfenen Ganges vor der Entstehung der zweiten Gangspalte,
oder wenigstens beträchtliche Zeiträume, wenn die Verrückung
noch vor der Ausfuüllung der Spalten stattgefunden haben sollte.
Die neue Theorie der Andreasberger Gangauslenkungen setzt
dagegen das noch nicht Ausgefülltsein der älteren Gangspalten
bei der Entstehung der anderen voraus, abstrahirt also von
langen Zeiträumen, macht es im Gegentheile möglich, dass eine
Gangspalte auf der anderen auslenken wird, wenn diese auch
nur um ein Minimum früher entstanden ist.
Aus dem Gesagten lässt sich erklären:
Dass die Andreasberger Gangspalten ihrer Entstehung nach
alle einer geologischen Periode angehören und dass die Aus-
220
fullungsmasse in allen Andreasberger Gängen dieselbe ist, ob-
gleich es scheinen könnte, als ob stattgefundene Verrückungen
auf ein verschiedenes Alter der Spalten hinwiesen;
dass ein Gang den anderen in der Tiefe verwirft, wäh-
rend er umgekehrt in oberer Teufe von diesem verworfen
werden kann, wie es beim Samsoner und Gnade- Gotteser
Hauptgang der Fall ist; En
dass der Franz-Auguster und Bergmannstroster Gang sich
fast gar nicht, an seinem Aufschlusspunkte aber gegenseitig
verwerfen, findet seine Erklärung in der Annahme einer gleich-
zeitigen Spaltenbildung.
Die gegenseitigen Verwerfungen der besenreisartigen
Gangtrumer im Hangenden und Liegenden der Gänge erkla-
ren sich durch eine Auslenkung der entstehenden Gangspalten
auf vielleicht eben erst entstandenen am natürlichsten, wäh-
rend die Annahme der Verruckung des Nebengesteins bei sol-
chen sich vielfach verästelnden, biegenden und netzartig durch-
seizenden, oft nur linienbreiten Trumchen höchst unwahrschein-
lich ist.
Die sämmtlichen, und mit ihnen die mit der früher ange-
wendeten Theorie nicht übereinstimmenden Verwerfungsverhält-
nisse der Andreasberger Erzgänge auf Zerklüftungsspalten,
Ruscheln oder anderen Gängen finden somit ihre natürlichste
Erklärung durch folgende Annahme: die Gangspalten sind bei
ihrer Entstehung durch andere ebenfalls noch nicht ausgefüllte
Spalten eine Strecke weit abgelenkt worden, ehe sie ihrer alten
Richtung wieder folgten. Die Ausfüllung dieser sammtlichen
Spalten geschah gleichzeitig. /
Bei der auffallenden Aehnlichkeit der Andreasberger und
Pribramer Gangverhältnisse ist eine in der schon 8.212 eitirten
Abhandlung über die Pribramer Gangverhältnisse gemachte Be-
merkung Prof. Fırner’s, dass die Verwerfungen der dortigen
Gänge nicht als Gesteinsverruckungen sondern als Ergebnisse
der ursprünglichen Spaltenbildung zu betrachten seien,
von besonderer Bedeutung für die Richtigkeit der oben ent-
wickelten Auslenkungstheorie der Andreasberger Gänge.
Vielleicht wird diese durch Beobachtung in noch anderen
Distrikten bestätigt.
221
3. Entstehung der Gangausfüllung.
Die wahrscheinliche Art und Weise der Eutstehung der
Ruschelausfüllung als der ältesten Gangbildung ist bereits
'S. 214 besprochen, so dass nur noch der Versuch einer Er-
klärung der Ausfüllungsweise der Erzgänge übrig bleibt.
Die Gangspalten, in welchen Gelegenheit für den Absatz
der in den Wassern aufgelösten Bestandtheile geboten wurde,
sind, wie bereits oben (S. 215) als wahrscheinlich nachgewie-
sen, in Folge der Eruption des Granites entstanden und bil-
deten mehrere Gruppen, eine von ihnen innerhalb der Ruscheln,
die andere mehr im Nordwesten und $.O. von jener. Ein-
zelne Spalten vermitteln den Zusammenhang zwischen den ver-
schiedenen Gruppen und bilden mit ihnen eine von N.W. nach
S.O. streichende Gangzone. Zur Erklarung der Verschieden-
artigkeit der Ausfüllung dieser Spaltencomplexe müssen wir
uns erinnern, dass die Hauptruscheln, wie die dortigen genau
untersuchten Verhältnisse beweisen, als undurchdringliche Mauer
für die edle Ausfüullung der Gänge dagestanden haben mussen,
während ein genetischer Zusammenhang der Spalten innerhalb
und ausserhalb der Ruscheln nicht unwahrscheinlich ist. Zwi-
schen ihnen und den Hauptruscheln wird derselbe Zusammen-
hang stattfinden wie zwischen einzelnen Silbererzgängen und
der Abendröther und Silberburger Ruschel, so dass eine ent-
stehende Spalte in der widerstandslosen Ausfüllungsmasse der
Ruscheln abgelenkt wurde, beide Spaltenpartien somit durch
die Lettenbestege und die mulmige Ruschelmasse getrennt blie-
ben. Auf diese Weise wurde eine keilförmige Thonschiefer-
masse, welche später das Gebiet der Andreasberger Silbererz-
gänge bildete, von den Ruscheln mit einer isolirenden Schicht
umgeben, so dass die Solutionen in den Spalten innerhalb der
Ruscheln in keinem Zusammenhang mit der der späteren Eisen -
steinsgange ausserhalb des Ruschelmantels standen.
Betrachten wir zuerst die Ausfüllungsweise der Gänge
innerhalb der Ruscheln, die der Silbererzgänge.
| Eine übersichtliche Aufzählung und einige typische para-
genetische Beispiele der ihre Gangausfüllung bildenden Mine-
ralien sollen im Verein mit den im Cap. I. D. enthaltenen
Gangbeschreibungen dazu dienen einen Ueberblick über die
Mannigfaltigkeit der die Gangausfüllung zusammsetzenden Fos-
222
siien und der Art und Weise ihres Zusammenvorkommens zu
geben.
A. Aufzählung und Paragenesis der in den Andreasberger
10.
Silberzgängen gefundenen Mineralien.
. Hydrolyte, Arsenikblüthe.
. Chaleite, Chlorsilber, Pharmokolith, Nickelbluthe,
Malachit.
. Haloide, Kalkspath, Anthraconit, Flussspath, Schwer-
spath, Gyps, Witherit.
. Erden, Quarz.
. Geolithe, Stilbit, Desmin, Apophyllit, Harmotom,
Chabasit, Natrolith, Analeim, Datolith, Zygadit.
. Amphoterolithe, Granat, Pistazit, Talk, Axinit.
. Metalle, Silber, Kupfer, Antimon, Arsenikantimon,
Arsenik, Antimonsilber.
. Glanze, Bleiglanz, Antimonelanz, Silberglanz, Silber-
schwärze, Federerz, Bournonit, Sprödglaserz,, Po-
lybasit.
Kiese, Arseniksilber, Fahlerz, Kupfernickel, Speis-
kobalt, Glanzkobalt, Kupferkies, Antimonnickel, Ar-
seniknickel, Arsenikkies, Schwefelkies, Magnetkies, »
Arsenikalkies, Haarkies.
Blenden, Zinkblende, Antimonblende, Zunderz, Feuer-
blende, Rothguültig, Miargyrit, Auripigment, Realgar,
Gänseköthigerz und Buttermilcherz.
Für die Paragenesis der eben aufgeführten Mineralien
sind folgende Beispiele bezeichnend:
1
2. Grünstein — Chabasit.
>-
4. Aelterer Kalkspath — jüngerer Kalkspath — Apophyllit
=]
Grüunstein — Harmotom, Natrolith.
Grünstein — Kalkspath, Datolith.
— Stilbit.
. Aelterer Kalkspath, Bleiglanz — Flussspath, jüngerer
Kalkspath und Apophyllit.
. Aelterer Kalkspath — Flussspath — Zygadit.
. Aelterer Kalkspath — er — jüngerer Kalkspath
— Harmotom.
. Aelterer Kalkspath, Quarz — Arsen — Bleiglanz —
Antimonsilber,
223
9, Aelterer Kalkspath — Blende — Bleiglanz — Roth-
gültig — Arsensilber — Antimonsilber.
10. Aelt. Kalkspath — Desmin, jung. Kalkspath — Realgar.
11. Aelterer Kalkspath — Flussspath — Magnetkies.
12. Aelterer Kalkspath — Bleiglanz, Rothgültig — Fluss-
spath und grüner Analeim.
13. Aelterer Kalkspath — Flussspath — Gyps.
14. Aelterer Kalkspath — Arsen — Pharmakolith.
15. Aelterer Kalkspath. Quarz — Bleiglanz — Rothguültig —
Haarkies.
16. Aelterer Kalkspath — Arsen — Feuerblende.
Würde es die Grenzen dieses Aufsatzes weit überschritten
haben, wenn ich eine Beschreibung der Krystallformen und
chemischen Zusammensetzung der Andreasberger Mineralien ge-
geben hätte, so ist doch ein genaueres Eingehen auf die Eigen-
thümlichkeit der Hauptgangmasse, des Kalkspathes für den
Ueberblick über das Ganze erforderlich.
B. Der Andreasberger Kalkspath.
Schon BreıtHaupr (Paragenesis der Mineralien) unterschei-
det in den Andreasberger Gängen einen älteren und einen jüun-
geren Kalkspath. Die Verschiedenheit der Eigenschaften die-
ser beiden ungleichalterigen Kalkspathbildungen ist unverkenn-
bar. Der ältere Kalkspath ist undurchsichtig bis durch-
scheinend, entweder milchweiss oder hellgrau und von grob-
krystallinischem Gefuge. Seine Krystallformen bieten wenig
Abwechselung. Das Skalenoüder (a:+ a:; a:c) in Combina-
tion mit dem Hauptrhombo&äder oder jedes fur sich allein, mit
letzterem zuweilen das Gegenrhomboäder, die sechsseitige Säule
sind die gewöhnlich an ihm auftretenden Formen. Die Flächen
derselben sind meist rauh und oft von kleinen fremdartigen,
oder jüngeren Kalkspath-Kıystallen überzogen. Sie zeigen
haufig einen helleren Kern, auf dem sich mantelförmig erst
dunklerer dann wieder hellerer Kalkspath abgesetzt hat. Ist
diese Krystallisation weiter gegangen, so fullten sich die
Zwischenräume zwischen den einzelnen Krystallindividuen nach
und nach aus; es entstand ein grobkrystallinischer Kalkspath,
welcher seinen Ursprung aus dem Wachsthum von einzelnen
Krystallen dadurch erkennen lässt, dass ein Durchschnitt pa--
rallel den Saalbändern des Ganges dunkle, abgerundet sechs-
224
seitige Ringe, ein Querschnitt rechtwinklig auf jenen, sich unter
spitzem Winkel treffende dunklere Streifen zeigt, welche den
in den verschiedenen Wachsthumsperioden auf dem ursprüng-
lichen Skalenoöder gebildeten Zonen entsprechen. Mit die-
sem älteren Kalkspath finden sich sämmtliche Andreasberger
Erze theils in unregelmässigen Partien eingesprengt oder ver-
wachsen, theils in scharfgeschiedenen, bandartigen Lagen auf-
setzend.
Einen ganz anderen Charakter zeigt der jüngere Kalk-
spath. Wasserhell, mit ausgezeichnet spiegelnden Flächen,
ausserordentlich reich an Combinationen repräsentirt er eine
von dem älteren vollständig verschiedene Bildung. Auch sein
Vorkommen ist ganz anderer Art als die des älteren Kalk-
spathes; während dieser gewissermaassen die-Saalbänder der
Gänge bildet und meist ihre Hauptausfullung ausmacht, kommt
ersterer nie in einer solchen Mächtigkeit, nur in einzelnen
Krystallen oder als Auskleidung von Drusenräumen vor. Fer-
ner ist sein paragenetisches Verhalten derartig von dem des
älteren unterschieden, dass es gerechtfertigt erscheint die Zeit
seines Absatzes und der mit ihm zusammenvorkommenden Mi-
neralien als eine zweite Periode der Andreasberger Gangbil-
dung zu bezeichnen. Während nämlich die oben angeführten
wasserhaltigen Silicate nie mit dem alten Kalkspath verwach-
sen, also gleichzeitig gebildet vorkommen, treten sie im Verein
mit dem jüngeren Kalkspath als Auskleidungen von spalten-
förmigen Drusenräumen auf jenem und den mit ihm verwach-
senen Erzen auf. Merkwürdig ist bei allen diesen Verschie-
denheiten der Zusammenhang zwischen älteren und jüngeren
Kalkspathindividuen, wenn sich ein solcher auf einem alten
Kalkspathkrystall gebildet hat. Obwohl beide oft durch einen
Ueberzug von Eisenschaum oder kleinen Quarzkrystallen ge-
trennt sind, obwohl zwischen der Bildung beider, wie wir sehen
werden, ein Zeitraum liegt, welcher zum Absatz der ganzen
Andreasberger Erzformation genügte, obwohl beide oft nur an
einem ausserordentlich kleinen Punkte zusammenhängen, ist
doch die Lage der Axen der jüngeren Krystalle genau die der
älteren, so dass die Spaltungsflächen der älteren Individuen mit
denen der jüngeren stets zusammenfallen. Der jüngere Kalk-
spath kommt, wie gesagt, als eine spätere Bildung auf Drusen-
räumen in der älteren Erz- und Kalkspathformation entweder
225
allein oder, und so gewöhnlich, im Verein mit Silicaten vor
und zeigt dann den Reichthum an Combinationen,, welcher die
Andreasberger Vorkommen so berühmt gemacht hat. Beson-
ders aber in letzterem Falle ist die Menge seiner Flächen bei
verhältnissmässig sehr geringer Grösse seiner Krystalle so
mannigfaltig,, seine Durchsichtigkeit so ungetrübt und sein Glanz
so bedeutend, wie sie kein anderes Vorkommen ’zeigt, so dass
augenscheinlich die Zusammensetzung der Solution, aus wel-
cher die Silicate und der jüngere Kalkspath auskrystallisirt
sind, diese, auszeichnenden Eigenschaften bedingt haben dürfte.
Der Flächenreichthum der Andreasberger Kalkspäthe ist
bekannt und die Reihe ihrer Formen in den meisten mineralo-
‘gischen Handbuchern aufgeführt.
Noch erwähnen muss ich, dass auch der Ursprung der
- Andreasberger Quarze zwei Perioden angehört, welche denen
des verschieden alterigen Kalkspathes entsprechen.
C. Art und Weise der Entstehung der Gangausfüllung der
Sn Silbererzgänge.
Schon bei der Angabe der unterscheidenden Merkmale der
beiden verschieden alterigen Kalkspathbildungen ist auf ein
paragenetisches Verhältniss aufmerksam gemacht worden, wel-
ches uns den ersten Anhalt bei dem Versuche einer Erklärung
der Art und Weise der Entstehung der Gangausfullungsmasse
an die Hand geben wird. Es bedingt die Möglichkeit die grosse
Menge der Gang-ausfüllenden Mineralien in zwei Reihen zu
stellen, deren eine durch die Vergesellschaftung des älteren
Kalkspathes und Quarzes mit den edlen Geschicken, Blende,
Bleiglanz und Arsen, und deren andere, welche ihren Ursprung
aus einer späteren Zeit als jene datirt, durch das Zusammen-
vorkommen des jüngeren Kalkspathes und Quarzes sowie der.
wasserhaltigen Silicate gebildet wird.
Diese Vergesellschaftung zweier Mineralreihen ist aber
nicht Folge zufälliger localer Einflüsse, sie repräsentiren viel-
mehr zwei verschiedene Perioden in der Bildung der Ausfül-
lung der Andreasberger Silbererzgänge.
Dass die Gangausfuüllung auf nassem Wege geschehen sein
muss, ist zweifellos. Die Processe jedoch, vermittelst deren
eine Lösung der jetzigen Gangmasse geschah, sind grossen-
Zeits. d. d.geol. Ges. XVIL. 1, 15
226
theils noch problematisch. Von Einfluss auf die späteren Be-
trachtungen ist zuerst die Beantwortung der Frage: woher
stammt die Solution? Ist sie entstanden durch eine Auslaugung
des Nebengesteins, oder durch Zuflüsse, welche sich von der
Erdoberfläche aus in die Spalten ergossen, oder durch Aus-
laugung der in ewiger Teufe anstehenden Gesteine, und in letz-
terem Falle in Form von Mineralquellen in den Spalten empor-
gedrungen? — Gegen die Annahme einer Lateralsekretion
spricht am entschiedensten die Verschiedenartigkeit der Aus-
füllung der Andreasberger Gänge: der Umstand, dass ein Theil
der zu gleicher Zeit entstandenen Gangspalten nur Eisen- und
Kupfer-, ein anderer nur Blei- und Silbererze führt, und dass
beide Gangsysteme durch ein drittes von tauben Gängen scharf
getrennt ‚werden. Müssten nicht diese drei Gangsysteme eine
eleiche oder wenigstens ähnliche, in letzterem Fall unbedingt
in einander übergehende Ausfüllung besitzen? Mussten nicht
die feinen Spaltungsklufte, welche älter sind als die Gangspal-
ten, mit derselben Masse ausgefüllt sein wie jene? Mit der An-
nahme einer Lateral- Sekretion ist aber ferner noch der Um-
stand unvereinbar, dass die Gänge unbeeinflusst vom Neben-
gestein, ohne sich zu verändern, durch Thon- und Kieselschie-
fer, Grünstein und Grauwacke fortsetzen, und dass das Neben-
gestein keine Spuren von Auslaugung zeigt, vielmehr besonders
in der nächsten Nähe der Gänge von kleinen Erztheilchen im-
prägnirt ist, welche eher auf einen umgekehrten Weg .der So-
lution von den Gangspalten aus in die Klüfte und Poren
des Nebengesteins schliessen lassen. — Gegen die Annahme
der Ausfullung der Gangspalten durch Tagewasser, durch
Decension, spricht das Fehlen aller Gerölle, welche von oben
einstromendes Wasser hätte mit sich führen müssen. Die Aus-
füllung der Andreasberger Gänge umfasst zwar Gesteinsbruch-
stücke, jedoch sind diese stets scharfkantig, nie zugerundet und
vom Nebengestein während des Auskrystallisirens der betreffen-
_ den Mineralien losgebrochen; letztere umschliessen nie Roll-
stucke von Granit, Grünstein oder Grauwacke.
Es bleibt somit nur noch die Annahme des Absatzes der
Andreasberger Gangausfüllung aus aufsteigenden Mine-
ralquellen. Für diese sprechen am entschiedensten folgende
Betrachtungen. Die in bedeutender Tiefe entspringenden Mine-
ralquellen drangen auf einer oder mehreren der Spalten der,
227
jetzigen -Silbererzgänge in die Höhe und verbreiteten sich in
sämmtlichen innerhalb der Hauptruscheln aufsetzenden Gang-
spalten. Jene bildeten ein mantelartiges isolirendes Mittel,
welches verhinderte, dass. die Solution über dieselben hinaus
trat und die Spalten der späteren Eisensteinsgänge anfüllte.
Diese Solution drang aber von den Gangspalten aus auch
zwischen die .in der nächsten Nähe der Spalten befindlichen
Schichtungs- und Spaltungsflächen des Nebengesteins, wo den-
dritische Krystallbildungen anschossen. Beides Umstände, welche
allein durch die Annahme der Ascension der Solution ihre Deu-
tung finden. Aus dieser aufsteigenden Solution mussen sich
die einzelnen Gang- Mineralien niedergeschlagen haben. Die
Processe selbst, durch welche jene ursprünglich aufgelöst wor-
den sind, den wechselseitigen Einfluss der aufgelösten Stoffe
aufeinander zu erklären, hiesse sich bei dem grossen Reich-
thum an Mineralspecies, wie er in den Andreasberger Gängen
auftritt, zuweit auf das Feld der Hypothese hinauswagen.
Ueberhitztes Kohlensäure -reiches, mit Schwefelwasserstoff
und Fluorwasserstoff übersättigtes Wasser muss das Lösungs-
mittel für Erden und Metalle gewesen sein. Diese krystalli-
sirten bei dem Nachlassen des Druckes und der allmäligen
Wärmeabgabe der Solution aus und bildeten die erste Forma-
tion in der Ausfüllung der Andreasberger Silbererzgänge, haupt-
sächlich bestehend aus Kalkspath, Quarz, Flussspath, Arsen,
Bleiglanz, Blende und den edlen Geschicken. Die Quellzu-
gänge aus der Tiefe der Erde mochten sich nach und nach
durch die mineralischen Niederschläge verstopft haben, so dass
die in den Spalten stehenden Wasser keine anreichernden Zu-
flüsse von unten her bekamen, wodurch die erste Periode der
Bildung der Gangausfüllung ihr Ende findet und somit der Be-
griff einer Gangformation nicht nur der einer zufälligen Verge-
sellschaftung einer bestimmten Reihe von Mineralien ist, son-
dern auch zeitliche Grenzen erhält.
Die Bildung einer zweiten jüngeren Gangformation, deren
Hauptrepräsentanten die Zeolithe sind, mag auf die Weise vor-
gegangen sein, dass sich nach einem längeren Zustande der
Ruhe neue heisse Quellen in die noch nicht vollständig ausge-
füullten Spaltenräume ergossen. Diese lösten allmälig einen ge-
ringen Theil des Kalkspathes, des Quarzes, (daher ist aller
Andreasberger- älterer Quarz zerfressen,) der Thonerde und ein-
15 *
228
zelner Erze von neuem auf, welche in diesem Zustande unter
sich und mit der in dem aufsteigenden Wasser enthaltenen
Kohlensäure ‚die verschiedenartigsten Verbindungen eingingen
und bei dem allmäligen Verdunsten des Wassers langsam und
deshalb in besonderer Schönheit wieder auskrystallisirten und
so die zweite Gangniederlage, den jüngeren Kalkspath und
Quarz, die wasserhaltigen Silicate und Aluminate, Gyps u. s. w.
bildeten. Dass eine derartige Lösung und Wiederauskrystalli-
sirung von Analcim, Axinit, Talk, Feldspath und Chabasit in
reinem, und noch leichter und schneller in einem kohlensäure-
haltigen Wasser möglich ist, haben die Gebrüder Rogers, dass
dasselbe mit Apophyllit der Fall ist, hat WönLEr gezeigt.
Die Solution der Silicate u. s. w. verdunstete also allmälig,
und schon durch die Wirkung des entstehenden Wasserdampfes
wurde die dritte Periode, die der Metamorphosirungen
eingeleitet, welche z. Th. noch heute fortdauert. Zuerst wirk-
ten die aufsteigenden Wasserdämpfe reducirend auf die Silber-
erze, besonders Rothgültig, Glaserz und silberreichen Bleiglanz
ein, aus denen sich Silber in draht- oder moosförmiger Gestalt
ausschied, während sich theils der flüchtige Schwefel und Arse-
nik zu Auripigment und Realgar vereinigten, welche den Kalk-
spath in den Andreasberger Drusenräumen nicht selten als dünner
Anflug überziehen, theils der Arsenik zu arseniger Säure oxydirte
und dann als Arsenikblüthe in buschelförmig stehenden Na-
deln auf dem Ganggestein anschoss. Ein anderer Theil der
Arsenikblüthe, sowie Nickelbüthe, Pharmakolith, Malachit und
Kupfergrun entstanden und entstehen noch heute durch den
Einfluss der Tagewasser und der atmosphärischen Luft auf
Nickel-, Arsen- und Kupfererze.
D. Entstehung der Gangausfüllung in den Eisen- und
Kupfererzgängen.
Die Spalten der jetzigen Eisen- und Kupfererzgänge stan-
den mit erzführenden Mineralquellen nicht in Verbindung, so-
wie ihre Communication mit den Silbererzspalten durch. die
Ruscheln unterbrochen war. Die Eisen- und Kupfererze ver-
danken daher ihren Ursprung nicht aufsteigenden Mineral-
quellen, sondern allein der Auslaugung des Nebengesteins.
Augenscheinlich für diese Annahme sprechende Umstände treten
uns in den Verhältnissen des Gangdistriktes des rothen Bär’s
229
(S. 210) entgegen. Die Brauneisenstein- und Spatheisenstein-
Gänge und Einlagerungen setzen hier allein in einem zerreib-
lichen, vollständig metamorphosirten Thonschiefer auf und
schneiden mit diesem nach allen Seiten an den unzersetz-
ten Thon- und Grauwackenschiefern ab. Dieses Gebundensein
der Eisenerze an umgewandeltes Gestein, das Imprägnirtsein
einzelner, wahrscheinlich früher am wenigsten festen Schichten
durch Eisen in den verschiedensten Oxydationsstufen legt die
Gewissheit nahe, dass die dortigen Eisenerzeinlagerungen ihre
Bildung der Coucentration der in dem Nebengestein imprägnirt
gewesenen Eisentheilchen durch die in der muldenförmigen Ein-
senkung des Bärenthals in bedeutender Menge zusammenstro-
menden Wasser verdanken.
Aehuliche Verhältnisse zeigen die Eisensteinsbildungen an
der Grenze von Granit und Hornfels. Die Eisentheilchen schei-
nen hier aus dem Granit zu stammen, da der Hornfels fest
und unzersetzt, der Granit hingegen mürbe und kaolinisirt ist,
ferner eine Menge schmaler Gangtrümer weit in den Granit
auslaufen, gegen den Hornfels aber scharf abschneiden.
Dass der Thonschiefer im Allgemeinen reich an Eisenoxyd
und -oxydul ist, hat eine Reihe von Analysen dargethan ; bei
Andreasberg aber, wo die sämmtlichen Eisensteinsgänge (ausser
den beiden eben erwähnten Vorkommen) in der Grauwacke
aufsetzen, beweist schon die oft blutrothe Farbe der Grauwacke
ihren Reichthum an Eisenoxyd, dessen theilweise Auslaugung
und späterer Absatz in den Gangspalten durch Wasser gesche-
hen ist, welche durch die Nachwirkungen der Graniteruption
erhitzt in den Gesteinsklüften und zwischen den Schichtungs-
flächen circulirten.
Auf analoge Weise müssen die Kupfererze in die Gang-
spalten gekommen sein. Liegen auch keine Analysen des An-
dreasberger Nebengesteins vor, so sind doch häufig in ihm mit
bewaffnetem Auge kleine eingesprengte Kupferkiespunktchen
zu bemerken, durch deren theilweise Auslaugung die Kupfer-
kiesgäange entstanden sein mögen. So findet man an vielen
Punkten des Oberharzes zwischen den Schichtungsflächen und
Kluften des Thonschiefers Anflüge von Kupferkies und Mala-
chit, welche nur durch Auslaugung des Nebengesteins entstan-
den und eine treffende Analogie der Gangbildung im Grossen sind.
230
Wenn es auch gewagt erscheinen mag, so glaube ich doch
' nach Obigem die allgemeine Entwickelung der Andreasberger
Ganggebilde folgenden Zeitraumen zutheilen zu können:
l. Eruption des Grünsteins: Entstehung der Ruschel-
spalten. | |
2. , Zusammenziehung des Thonschiefers und der von ihm.
eingeschlossenen Grünsteininjeetionen in Folge eingetretener
Abkuhlung: Erweiterung der Ruschelspalten und Ent-
stehung der Zerklüftungsspalten (der sogenannten festen
Geschiebe).
3. Nachwirkung der Grünsteineruption: Bildung des
Lettenbesteges in Folge der Einwirkung heissen
Wassers und Ausfullung der Ruscheln durch einfal-
lende Gesteinswände.
4. Eruption des Granites: Entstehung der Gangspal-
tenzone parallel der Granitgrenze in- und ausser-
halb der Ruscheln.
5. Zusammenziehung des Hornfelses und des Granites in Fol-
ge eingetretener Abkühlung: Entstehung der Ablösungs-
klüfte auf der Grenze zwischen .beiden Gesteinen.
6. Nachwirkung der Graniteruption: Ausserhalb der Ru-
scheln Auslaugung des Nebengesteins durch heisse
Wasser und Absatz der ausgelaugten Eisen- und Kupfererze
in den Spalten der späteren Eisen- und Kupfererzgänge.
Innerhalb der Ruscheln Empordringen einiger
Mineralquellen, welche sich in den Gangspalten innerhalb
der Ruscheln verbreiteten und durch diese wie von einem iso-
lirenden Mantel nach aussen hin abgeschlossen wurden.
Allmälige Ausfullung der Spalten der späteren
Silbererzgänge.
I. Periode. Auskrystallisiren von Quarz,
Flussspath, Arsen, Bleiglanz, Blende, Rothgültig, Glaserz, An-
timon- und Arsensilber aus der emporgedrungenen Solution.
II. Periode. Auskrystallisiren von jüngerem Kalkspath
und Quarz, Gyps und den wasserhaltigen Silikaten und Alumi-
naten aus einer secundären Lösung.
II. Periode. Bildung von gediegen Silber, Realgar, Au-
ripigment, Gänseköthigerz, Arsenik- und Nickelblüuthe, Malachit,
Pharmakolith und Kupfergrün durch den reducirenden Einfluss der
Wasserdämpfe und der zersetzenden Kraft der Atmosphärilien.
Fig
Fıg.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
231 }
Erläuterungen zu Tafel IV. und V.
Tafel IV.
1, 2, ö, 4 Horizontaldurchschnitte, Fig. 5 Profil der Edelleuter,
Silberburger und Abendröther Ruscheln, erstere gelegt
durch den Grünhirschler- und Sieberstollen, die 6.. 12. und 16.
Strecke der Grube Andreaskreuz.
Der Felieitaser Gang wird von der Silberburger Ruschel ge-
schleppt. Horizontaldurchschnitte auf der Sohle des Grünhirschler
Stollen, dem Sieberstollen, der 4 Strecke.
Profil des Samsoner Hauptganges, des Neufanger hangenden
Trums und der Neufanger Ruschel rechtwinklig auf das Strei-
chen der letzteren. x
Horizontaldurchschnitt des Gnade -Gotteser Ganges, des Berg-
mannstroster Ganges und eines hangenden Trumes des letzteren,
alle drei verworfen durch den Samsoner Hauptgang. Im Niveau
der 11 Samsoner Strecke.
Der Bergmannstroster und Franz-Auguster Gang verwerfen sich
gegenseitig. Niveau der 23. Strecke.
Der Andreaskreuzer und Samsoner Gang keilen sich in der
Abendröther Ruschel aus. 160 Lachter Teufe.
12, 13. Gangauslenkungen auf sogenannten festen Geschieben.
Tafel V.
Der Samsoner Gang verliert sich in der Nähe der Neufanger
Ruschel. Horizontaldurchschnitt in 168 Lachter Teufe.
Der Samsoner Gang wird von dem vereinten Gnade - Gotteser
und Bergmannströster Gang verworfen. Horizontaldurchschnitt
in 420 Lachter Teufe.
3 bis 16 stellen Gangprofile dar, welche im Juli 1564 vor Ort auf-
genommen worden sind.
232
7. Die Verbreitung des Gault in der Umgegend
von Hannover.
Von Herrn Herm. Creoner ın Hannover.
Hierzu Tafel V. Figur 17 —19.
Die Kenntniss von der Ablagerung und Gliederung des
Gault in Norddeutschland hat sich erst in dem letzten Jahr-
zehnt entwickelt. Noch vor 15 Jahren bestritt v. STROMBECK
(diese Zeitschr. Bd. I. S. 403) das Vorhandensein desselben
in Norddeutschland. Heute verdanken wir demselben Forscher
den genauesten Nachweis über die Verbreitung und Gliederung
jenes Schichtensystems in dem Terrain nordwärts vom Harze.
Die ersten Nachweise von dem Vorhandensein des Gault
in Norddeutschland gaben BeyricH und F. RormEr in den Jah-
ren 1850 und 1852. Ihnen folgten bald die Veröffentlichungen
neuer Beobachtungen von norddeutschen Gault- Vorkommen
durch EwALp, Heru. und Ferp. ROEMER, HEINR. CREDNER, haupt-
sachlich aber durch v. STROMBECK, welcher die Gesammtresul-
tate seiner Beobachtungen über die horizontale Verbreitung und
Gliederung des norddeutschen Gault in zwei 1857 in Leon-
HARD Ss Jahrbuch und 1861 in dieser Zeitschrift veröffent-
lichten Abhandlungen zusammenfasste. Die an letztgenanntem
Orte gegebene Gliederung des Gault findet wie im übrigen
Norddeutschland auch in der Entwickelung dieser Schichten-
systeme in der Umgegend von Hannover ihre Geltung. Die
Begrenzung des Gault nach dem Neocom zu dürfte dahingegen
als durch die eitirte Abhandlung noch nicht erledigt zu betrach-
ten sein.
STROMBECK zieht die untere Grenze des Gault unterhalb
des Speeton-clay’s, trennt also die Ancyloceras-Schichten von
jenem ab, um sie dem Neocom zuzurechnen. Hat nun auf der
einen Seite Ewarp schon 1850 in einer kritischen, in dieser
Zeitschrift erschienenen Abhandlung bewiesen, dass die fran-
zösischen Ancyloceras-Schichten mit dem unteren Gault zu ver-
233
einigen seien, — ein Umstand, der schon deshalb auf die Stel-
lung der entsprechenden deutschen Schichtencomplexe von Ein-
fluss sein muss, weil man die Gliederung der deutschen Kreide
der von typischer entwickelten französischen Schichten ange-
passt hat, — so ist auf der andern Seite auch der Uebergang
des organischen Charakters der bei Hannover aufgeschlossenen
Ancyloceras-Schichten in den des Speeton-clay’s ein so allmä-
liger, dass oft Hauptvertreter ihrer gegenseitigen Faunen neben-
einander zu liegen kommen. Dies sind Thatsachen, welche
gegen eine Trennung der Ancyloceras-Schichten vom Speeton-
Thon deutlich genug sprechen und auf die wir im Laufe der
nachfolgenden Abhandlung zuruckkommen werden. Die Frage,
ob diese beiden vereinigten Schichtensysteme zum Gault oder
zum Neocom zu ziehen seien, in welchem letzteren Falle also
die Gargas-Mergel die untere Grenzschicht bilden wurden, hat
Ewarp ebenfalls durch die citirte Abhandlung dahin erledigt,
dass bei den entsprechenden französischen Schichten der vor-
waltende Neocom - Charakter erst unter den Ancyloceras-
Schichten beginne.
Der Zweck des Folgenden kann es nicht sein, die Ver-
breitung des Gault um Hannover erschöpfend darzulegen,
welche zu verfolgen eine mächtige Diluvialdecke hindert; sie
‚soll vielmehr nur durch die Veröffentlichung der Beobachtun-
gen an sporadischen Aufschlusspunkten beweisen, welche noch
vor Kurzem ungeahnte Verbreitung der Gault auch in unserer
Gegend hat. In späteren Zeiten ergeben sich vielleicht neue
Aufschlusse und vereinigen sich nach und nach mit den früher
beschriebenen zu einem vollständigen Bilde seiner Verbreitung
in Norddeutschland.
Die gegebenen Profile sind etwas weiter ausgedehnt, als
es die Betrachtung des Gault verlangt. Sie gestatten jedoch
einen Blick in den geognostischen Bau von bisher theilweise
noch nicht genauer beschriebenen Gegenden und haben viel-
leicht deshalb, und weil sie ausserdem die Verhältnisse der
Lagerung des Gault zu den benachbarten Schichtensystemen
zeigen, einiges -Interesse. ‘
Für die Unterstützung, welche mir durch Herrn v. STROM-
BECK durch Feststellung der Identität hannoverscher Gault-Pe-
trefakten mit braunschweigschen zu Theil wurde, spreche ich
hierdurch meinen verbindlichsten Dank aus.
234
Ueber die Verbreitung des Gault in der Umgegend von
Hannnover sind folgende Aufschlüsse erlangt worden:
1. Am Lindener Berge.
Crepner, Zeitschr d, deut. geol. Ges. 1864 Bd. XVI. S. 204.
Die Schichten des weissen Jura, welche sich bogenförmig
um den bunten Sandstein des Benther Berges abgelagert ha-
ben, sind von einer, einer Dislokationslinie entsprechenden
Spalte, welche ihren Ursprung aus der Zeit der älteren Kreide-
bildung herleitet, ausser Zusammenhang gesetzt. In sie und
ihre Auswaschungsmulde drang das jüngere Kreidemeer und
füllte sie mit seinen thonigen Sedimenten in der Weise aus,
dass ihr jetzt nur noch eine geringe Thaleinsenkung entspricht.
Man kannte bis jetzt nur die weissen thonigen Mergel mit Be-
lemnites quadratus, also das untere Senon, welches in Wasser-
laufen, Thongruben und Brunnen: genugsam aufgeschlossen war.
Erst im Sommer vorigen Jahres wurden am Nordabhange des
Lindener Berges durch die Anlage eines tiefen Grabens dun-
kele Thone aufgeschlossen, welche durch ihre merkwürdigen
Lagerungsverhältnisse und ihren Reichthum an meist wohl-
erhaltenen organischen Resten die Aufmerksamkeit in hohem
Grade auf sich ziehen mussten.
Das nur auf einige Tage blossgelegte, an oben eitirtem
Orte wiedergegebene Schichtenprofil war folgendes:
1) Weisse, lichtgelblichgraue, thonige Mergel mit Belem-
nites quadratus; sanft gegen N. einfallend.
2) Lichtgelblichgraue dann röthliche Thonmergel und dun-
kelgraue magere Thone mit röthlichen Zwischenlagen von 2 bis
3 Zoll Stärke mit Belemnites Ewaldi STRoMB., wie die vorigen
sanft gegen N. einfallend. Diese Thone wurden von einer ;
bis 4 Fuss starken von O. gegen W. streichenden, von thoni-
gem Eisenocker und stängeligem Kalkspath ausgefüllten Spalte
scharf abgeschnitten.
3) Jenseits dieser Spalte standen mit c. 40 Grad gegen
S. einfallend, gegen 4 Fuss mächtig, gegen 6 Zoll starke Bänke
von Serpulit an, wechselnd mit mürben mergeligen Kalken,
welche besonders reich an Cyrenen und kleinen Gastropoden
waren. |
4) Auf ihnen lagerte c. 90 Fuss mächtig eine Reihe von
lichtziegelrothen, mageren und dunkelgrauen, zä-
235
hen Thonen; letztere mit rhombischen und tesseralen Schwe-
felkiesen, kleinen Gypskrystallen, Geoden von grauem dichten
Kalkstein und cylindrischen, schlangenartig gebogenen, wulsti-
gen Concretionen von ec. 1 Fuss Länge.
Wie die Verfolgung der röthlichen Thonstreifen in der
grauen Grundmasse beweist, sind diese Schichten “formig ge-
bogen. Die Thone schneiden dann plötzlich an den Schichten-
köpfen des oolithischen Kalksteins mit Cidaris florigemma, Ne-
rinea visurgis und Pecten varians ab. Ob sie die mantelförmige
Begrenzung der ganzen senonen Mulde gegen die Juraschich-
ten hin bilden, ist bis jetzt nicht festzustellen gewesen, da
sonstige Aufschlüsse an den betreffenden Punkten fehlen.
In den unter 4) charakterisirten Thonen lassen sich zwei
Horizonte erkennen: einer mit Belemnites Ewaldi, dessen Thone
sich durch 'eine röthliche Farbe auszeichnen, und einer
mit Belemnites Brunswicensis, welcher von den oben beschrie-
benen grauen Thonen gebildet wird.
a) Die lichtziegelrothen Thone mit Belemnites Ewaldi
4 bis 5 Fuss mächtig; führend:
Belemnites Ewaldi STRONB.
Zeitschr. d. deut. geol. Ges. 1861 Bd. XIII. 8. 34. N
Häufig als Antinocomax von 50 bis 60 Mm. Länge, mit
deutlichen seitlichen Doppellinien, welche besonders scharf an
den jungen Exemplaren hervortreten.
Ammonites Nisus D’ORR.
W-Ose Bal. ir. Ver. ceret. I. t. oo, 8 7-9.
Ziemlich selten, in Brauneisenstein umgewandelt, gegen
15 Mm. im Durchmesser. Weniger gut erhalten.
Terebratula (Waldheimia) Moutoniana D’ORB.
Crep., d. Brach. d. nordd. Neoc., Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges.
Bd. XVIL S. 561.
Meist in Schalen - Bruchstucken, seltener die getrennten
Klappen, welche dann mit der an oben eitirtem Orte gege-
benen Beschreibung und Abbildung von Exemplaren aus den
Gargas-Mergeln des Mastbruches bei Braunschweig genau über-
einstimmen. Th
Avicula (Aucella) Aptiensis D’ORB.
v. Srroms., Zeitschr. d. deut. geol. Ges. 1861 Bd. XIH. S. 43.
‘ Selten. |
Sehr vereinzelt sind ausserdem Säulenglieder eines Pen-
I
236
tacriniten vorgekommen, welche sich durch wenig einspringende
Winkel und fast glatte, nur mit 5 feinen vom Centrum auslau-
fenden, radialen Furchen versehene Articulationsflächen aus-
zeichnen. Die sämmtlichen aufgeführten Reste sind bezeich-
nend für die Gargas-Mergel.
b) Die dunkelgrauen zahen Thone mit Belemnites
Brunswicensis; führend: | |
Belemnites Brunswicensis STRONB.
v. Sreous., Zeitschr. d. deut. geol. Ges. 1561 Bd. XIH. S. 28.
Ziemlich häufig, erreicht eine Länge von 100 Mm.
Ammonites Nisus D’ÖRB.
Ziemlich häufig, 20 bis 25 Mm. im Durchmesser, in
Schwefelkies umgewandelt. Die vorliegenden Exemplare zei-
gen sichelförmige, nach dem Rücken zu sich fadenförmig thei-
lende, flache Rippen, einen deutlichen feingekerbten Kiel, und
stimmen überhaupt, wie ich mich durch Vergleichung mit Ori-
ginalexemplaren versichert habe, mit dem von v. STROMBECK
beschriebenen Vorkommen aus der Gegend von Braunschweig
völlig überein; dahingegen hat D’OrsıeayY weder die Rippen
noch den gekerbten Kiel, zwei für Ammonites Nisus so be-
zeichnende Merkmale, in der Abbildung jener Species wieder-
gegeben.
Einige Exemplare variiren dadurch, dass ihre Rippen deut-
‚licher und scharfkantiger hervortreten, wodurch sie sich den
jugendlichen Individuen des Ammonites bicurvatus D’ORB. sehr
nähern.
D’OrgıenY, EwALD und v. STROMBECK beschränken Ammoni-
tes Nisus auf die Gargas-Mergel (v. StRromg,, diese Zeitschrift
Bd. XIII. S. 39, Ewarn, ebendaselbst Bd. II. S. 459). An
der beschriebenen Lokalität tritt er hingegen viel häufiger mit
Belemnites Brunswicensis als mit Belemnites Ewaldi auf, ohne
dass man ein Zusammengeschwemmtsein der Versteinerungen
beider Schichten annehmen darf, da jene beiden Belemniten
scharf getrennt, der erstere allein in den grauen, der letztere
nur in den rothen Thonen vorkommen.
Ammonites Emerici Rasr.
D’Oae. I. p. 160, 1: 51, R 7-3.
Ewsın, Zeitschr. d. deut. geol. Ges. Bd. II. S. 445.
Die vorliegenden, in Schwefelkies verwandelten, häufigen
Exemplare erreichen einen Durchmesser von 25‘bis 30 Mm.
237
und nähern sich theils mehr dem Ammonites Emerici Rasp.,
theils dem Mayorianus nD’Orp. deren Identität Ewarn a. a. ©.
bewies. In ersterem Falle sind die Zwischenräume zwischen
den Einschnürungen glatt, in letzterem hingegen von zwei oder
drei auf dem Rücken dichotomirenden, fadenförmigen oder fla-
chen Rippen unterbrochen. Die Zahl der Einschnürungen eines
Umganges schwankt zwischen 5 und 8. Ewaıp hat Ammoni-
tes Emerici (Mayorianus) vom unteren Gault bis in das Ceno-
man verfolgt. Er ist ausser mit Mayorianus noch mit Ammo-
nites rotula Sow., sowie ihn SOWERBY ganz gut, kaum erkenn-
bar aber Phıuuıps abbildet, identisch.
Ammonites Carteroni D’ORR.
D2ORE. 1. p.209, pl t6R FL
Diese Species liegt nur in zwei Exemplaren vor. Das eine
e. 80 Mm. im Durchmesser haltende gehört der Sammlung des
Herrn Wırne, das andere jugendliche Exemplar von 20 Mm.
Durchmesser der meines Vaters an. Ersteres gleicht der D’OR-
BIGny’schen Abbildung und Reschreibung vollstandig, das zweite
vereinigt zwar die Hauptcharaktere dieser Species in sich,
weicht jedoch von ihr dadurch ab, dass die Rippen auf der
Seite nicht unterbrochen sind, dass sich: vielmehr jede Seiten-
rippe nach dem Rücken zu in drei auf diesem nach vorn ge-
bogene Rippen theilt. Denkt man sich den oberen Theil jeder
Stammrippe weg, so erhält man einen Ammoniten, welcher sich
durch nichts von Ammonites Carteroni unterscheidet.
D’Orsieny kennt Ammonites Carteroni nur aus dem Neo-
comien.
Ammonites venustus PhHinL.
DIET Er E) p.526:
Häufig, 12 bis 15 Mm. im Durchmesser; in Schwefelkies
umgewandelt. Nach p’ORBIGNY var. juv. des Ammonites fissi-
costatus Puıwt. (t. 76). Mit fast kreisrundem Querschnitt,
mehr oder weniger zarten, bei kleinen Exemplaren oft fast
verschwindenden, zuweilen dichotomirenden, meist am unteren
Seitenrande besonders deutlichen Rippen, welche aber nie auch
nur annähernd die Grösse und Stärke derjenigen des Ammo- |
nites fissicostatus erreichen, welcher ausserdem in hiesiger Ge-
gend in ausgewachsenen Exemplaren noch nicht gefunden ist.
Mir scheinen vielmehr die beschriebenen Exemplare den früh-
sten Jugendzustand des Ammonites Carteroni zu repräsentiren,
238
wenigstens sind die ersten Umgänge des oben erwähnten ju-
gendlichen Exemplares des Ammonites Carteroni ebenfalls fast
glatt und nur äusserst fein gerippt. Für diese Annahme spricht
‚ausserdem noch der Umstand, dass die Rippen bei Ammonites
venustus besonders deutlich am unteren Seitenrande hervortre-
ten, entsprechend der Anzahl und Lage der seitlichen Stamm-
rippen des Ammonites Carteroni.
Ancyloceras Matheronianus D’ORB.
D’OnB.1l. :p: 457, 0:.,122
Ancyloceras simplex D’ORB.
D’Oan2. I p 808, t. 125, 9-8.
Beide in ziemlich seltenen, in Schwefelkies verwandelten
und deshalb gut erhaltenen Bruchstücken.
Ausser den aufgezählten Species fanden sich von Cepha-
lopoden noch Bruchstücke eines kleinen flach quergerippten
Ptychoceras und Kammerausfüllungen eines grossen Ancyloce-
ras (des sogenannten Aamites gigas Sow.), welche sich durch
ihre äusserst complicirte Sutur auszeichnen. Der unvollstän-
dige Erhaltungszustand ihrer Oberfläche machte eine specifische
Bestimmung unmöglich. Auch ein verdrückter in Schwefelkies
umgewandelter Nautilus von 120 Mm. Durehmesser ist in meh-
reren Exemplaren vorgekommen.
Pteroceras Phillipsii A. Rozn. sp.
Rostellari«: Phillipsii Roem. Kr p. 78.
Die häufigen verkiesten Steinkerne lassen die frühere
Beschaffenheit der Mundöffnung nicht erkennen und somit die
Zugehörigkeit der Species zur Gattung Aporrhais oder Ptero-
“ ceras nicht entscheiden. Sie sind von niedrig spindelföormiger
Gestalt, haben fünf gekantete Umgänge, deren letzter zwei
hohe Kiele und zwischen beiden eine tiefe Einbuchtung zeigt.
Einige flachere Längsrippen laufen ihnen parallel.
Terebratula (Waldheimia) tamarindus Sow.
Cawp. d. Brachiop. d. norddeut. Hilsbild., Zeitschr. d. deut. geol.
Ges. Bd. XVI. S. 564. x
Ist, wie am angeführten Orte gezeigt, mit der neocon'en
Form identisch; die Originale der Abbildungen am angeführten
Orte stammen von diesem Fundorte.
Exogyra spiralis GOoLDF.
bisher als Exogyra undata Roem. bezeichnet, ist jedoch von
der jurassischen Form nicht zu trennen.
239
Nucula simplex Desu.
D’Ore. III. t. 300, f. 11-19.
Nucula subtrigona ROEM.
Rosm. Kr.t. 98, f 23
Beides häufige, verkieste Steinkerne, welche obigen Arten
anzugehören scheinen.
Thracia Phillipsii Rorm.
Roem. Kr. p. 74, t. 10, f..1.
Isocardia angulata PHILL.
Ist von PuırLıps ganz unkennbar abgebildet. Durch Ver-
gleiche mit Exemplaren aus dem braunschweigschen Speeton-
clay, welche nach Herrn v. Strougeck Original- Exemplaren
aus England vollständig gleichen und welche er mir gütigst
mittheilte, ist jedoch die richtige Bestimmung und die Identität
mit dem englischen Vorkommen sicher.
Lucina sculpta PhıLL.
DO»: Ti rer. IH. 8.283,14.
Wurde nur in wenigen Exemplaren gefunden und erreichte
nicht die Schönheit des weiter hinten beschriebenen Vorkom-
mens von Kreuzriehe.
Vermetus Phillipsii Roem.
Borm. Kr. p 102, t. 16, f. ft.
Selten, scheiben- oder flach kreiselförmig, 30 bis 35 Mm,
im Durchmesser. |
Meyeria (G@lyphaea) ornata Phi.
Roen. Kr. p. 105, t. 16, f. 23.
In ovalen Mergelnieren, aus denen ein Theil des Rückens
hervorragt. Selten.
Aus obigen Mittheilungen geht hervor, dass als Hangen-
des der Wealdenbildung am Nord-Abhange des Lindener Ber-
ges durch einen seitlichen Druck verschoben und verbogen
nebeneinander aufireten:
Gargas-Schichten mit Belemnites, Ewaldi, Ammonites Nisus,
Aviceula Aptiensis, Terebratula Moutoniana.
Speeton-clay mit Belemnites Brunswicensis, Ammonites Nisus,
Amm. Emerici, Amm. Carteroni, Amm. venustus, Te-
rebratula tamarindus, Isocardia angulata, Thracia
Phillipsü, Lucina sculpta, Meyeria ornata.
Anceyloceras-Schichten mit Ancyloceras simplex, Anc. Ma-
theronianus, Vermetus Phillipsü, Exogyra spiralis.
‚240
Ferner: dass die Fauna der Ancyloceras-Schichten und des
Speeton-clay’s vergesellschaftet auftreten, dass sie hingegen
von der der Gargas-Mergel scharf getrennt sind, — ein Um-
stand, welcher auf der einen Seite die enge Zusammengehö-
rigkeit der beiden ersten Schichtencomplexe beweist, auf der
anderen Seite gegen das Zusammengeschwemmtsein ihrer or-
‚ganischen Reste spricht.
2. Am Gehrdener Berge.
Der Bergrücken des Gehrdener Berges hat seine Haupt-
längenerstreckung von N.N.W. gegeu S.S.O. und besteht aus
den Schichten des unteren Senon, den Schichten ‘mit Belemni-
tes quadratus, welche sich bogenförmig abgelagert haben und
am südlichen Ende des Berges h. 1, am nördlichen h. 5% und
in der Nähe der Windmühle h. 3 streichen und mit 10 bis
15 Grad gegen O. und S.O. einfallen. Sie sind am vollstän-
digsten in dem Hohlwege, welcher von Gehrden nach der
Windmühle führt, sowie an der Chaussee-Anlage von Franz-
burg nach Wennigsen aufgeschlossen. Man erhält hier, von
den jüngsten Schichten am Ostabhange des Berges ausgehend,
folgendes Profil:
- 1) Hellgrauer, sandiger Mergelkalk mit Mergelsandstein.
Trigonia alaeformis PARK.
2) Sandiger Mergel mit Rhynchonella octoplicata, Rhynch.
vespertilio, Terebratulina striata, Ostrea vesicularis, Belemnites
quadratus, Pollicipes maximus, Marsupites ornatus, Eugeniacrinus.
3) Lockerer Mergelkalk mit sehr häufigen eylindrischen,
rechtwinklig auf den Schichtungsflächen stehenden Röhrenaus-
füllungen, deren Ursprung noch nicht nachgewiesen ist.: Be-
sonders in den unteren Schichten reich an: Pecten quadricosta-
tus, Lima semisulcata, Ostrea sulcata, Ostrea flabelliformis, Exo-
gyra laciniata, Nautilus elegans, Belemnites quadratus.
4) Darunter am westlichen Abhange des Bergrückens auf-
geschlossen, grobkörniger, zum Theil glaukonitischer Mergel-
sandstein, häufig mit Brauneisensteinkörnern, in 2 bis 2! Fuss
starken Bänken, mit denselben Petrefakten, namentlich Peeten
quadricostatus, Cidaris glandifera.
5) Ockergelbes Conglomerat von Eisensteins- und Quarz-
körnern mit vielen Bryozoen.
Das Liegende dieser untersten Schichten des Senon ist
>
241
in einer Erstreckung von 80 Schritten von Diluvium bedeckt.
Erst dann bot eine, nur auf wenige Wochen in Betrieb stehen-
de Thongrube Aufschlusse in den Gault. Der Umstand,
dass zwischen diesem Punkte und der senonen Bryozoen-Schicht,
sowie am ganzen Westabhange des Gehrdener Berges keine
Spur von dem festen Gesteine des Cenoman und Turon zu
bemerken ist, macht es wahrscheinlich, dass das Senon direkt
die oberen Thone des Gault überlagert, ähnlich wie es bei
Ilsede im Osten von Hannover der Fall ist. In der erwähn-
ten Thongrube standen in einer. Mächtigkeit von c. 10 Fuss
wenig plastische, lichtbraunrothe und lichtgrünlichgraue 'Thone
an, welche sich, im Allgemeinen arm an organischen Resten,
durch das Vorkommen folgender Fossilien als den Gargas-
Mergeln angehörig charakterisiren:
Belemnitcs Ewaldi Stroms. In Bruchstücken häufig.
Ammonites Nisus DV’ OrBs. Die Umgänge des einzigen
vorliegenden Exemplars sind nicht so stark. comprimirt wie
diejenigen der vom Lindener Berg stammenden, der sonstige
Habitus jedoch, die sichelformigen Rippen und der feingekerbte
Kiel, sind bezeichnend genug um diese Species zu erkennen.
Avicula (Aucella) Aptiensis DV’ OrB. Häufig.
Terebratula (Waldheimia) Moutoniana D'ORB.
Selten.
Aptychus sp. Mit c. 20 bis 25, dem dritten, bogenför-
mig convexen Rande parallel laufenden, scharfen Rippen.
H:Br=9:4. Dem von Cephalopoden im Gault des Gehr-
-
dener Berges bis jetzt allein gefundenen Ammonites- Nisus kann-
dieser Aptychus nicht angehören, da das eine der vorliegenden
Exemplare eine Höhe von 18 Mm., Ammonites Nisus selbst
‚ nur einen Durchmesser von 20 Mm. erreicht.
Besonderes Interesse erhalten diese Aufschlüsse des Gault |
am Gehrdener Berge durch ihren wahrscheinlichen Zusammen-
hang mit der Gaultablagerung am Ostabhange des Deister.
3. Bei Kreuzriehe am Ostabhange des Deisters.
@laf..M. Big...) |
Der Hoöhenzug des Deisters hat eine Längsrichtung von
W.N.W. nach O.S.O0. und besteht bekanntlich aus den ver-
schiedenen Gliedern der Wealden-Formation, an deren jüngstes
Gebilde, den Wealden-Thon, sich unmittelbar der Hilsthon an-
Zeits. d. d. geol. Ges. XVI1. 1. 16
242
reiht. Verschiedene Aufschlüsse am Lichtenberge oberhalb
Wennigsen gestatten die Beobachtung der Gliederung des letz-
ten vollständig.
Der Wealden-Thon besteht- aus grauem dünnblättrigen
Mergelschiefer und einzelnen grauen schwachen Kalksteinlagen,
welche oft ausschliesslich aus Oyrenen und Melanien bestehen.
Auf ihn folgt der Hilsthon, zu unterst ein plastischer Thon von
_ blaugrauer Farbe mit Exogyra sinuata, Belemnites subquadratus,
Thracia Phillipsü, sowie oft grossen Geoden von thonigem Kalk-
stein, welche in ziemlicher Häufigkeit Ammonites Gevrilianus
D’ORB, umschliessen. In dem nächst höheren Niveau des Hils-
thones verschwinden Exogyra sinuata und Ammonites Gevrilia-
nus, dafür tritt Ammonites noricus SCHLOTH. (Ammonites inter-
ruptus Brug., Ammonites serratus Park.) noch im Verein mit
- Belemnites subquadratus in grösserer Häufigkeit auf. Die Grenz-
bildung des Hilsthones und des Gault, die Schichten mit An-
cyloceras simplex, und Belemnites Brunswicensis, finden ihre Ver-
breitung: schon mehr nach dem flachen Lande zu, sind meist
von Diluvialsand bedeckt und nur an wenigen Stellen, z. B. am
östlichen Abhange der unbedeutenden Bodenerhebung des Lich-
tenberges und in einer Bergwerksanlage oberhalb Bredenbeck,
mit Gewissheit nachzuweisen. Noch ungleich seltener sind die
Aufschlusse in die nun folgenden Schichten des Speeton-clays.
Am Fusse des Deisters werden diese allein durch die Thon-
gruben einer Ziegelei bei Kreuzriehe nordöstlich von Bad Nenn-
dorf aufgeschlossen. Einige dieser Thongruben erreichen eine
Tiefe von 12 Fuss und lassen folgende Schichtenreihe erkennen:
a) zu oberst Diluvium und Dammerde,
b) gelblichgrauer, etwas sandiger Thon ohne Petrefakten,
c) dunkelblauer, schr fetter Thon mit traubenförmigen
Schwefelkiesnieren und den weiter unten aufgeführten
organischen Resten. Sechs bis 7 Fuss mächtig.
d) ‚schwarzer Schieferthon mit grossen, platten, ovalen Geo-
den von braunem und grauem thonigen Kalkstein. Ver-
steinerungsleer.
Die organischen Reste des unter c. aufgeführten, wie sich
zeigen wird zum Speeton-clay gehörigen Thones sind bis auf
die Belemniten in Schwefelkies umgewandelt und in einer sel-
tenen Schönheit erhalten. | i
Belemnites Brunswicensis STROMB. Häufig.
243
Ammonites, Nisus D’ORB.
Eines der vorliegenden Exemplare ist noch mit einer zar-
ten, perlmutterglänzenden, sichelförmig gestreiften Schale ver-
sehen. An allen vorliegenden Exemplaren aber ist der schwa-
che, feingekerbte Kiel vollständig erhalten, so dass seine Iden-
titat mit der von D’ORBIGNY und v. STROMBECK beschriebenen
Species feststeht. Dieses Vorkommen ist ein neuer Beweis
gegen n’OrBIenY's, EwALp’s und v. STROMBEOK’s Annahme,
welche, wie erwähnt, Ammonites Nisus auf die Gargas-Mergel
beschränken.
Terebratula (Waldheimia) tamarindus Sow.
Ebenfalls in Schwefelkies verwandelt und in ganz beson-
derer Deutlichkeit die weitläufige Chagrinirung zeigend, sonst
übereinstimmend mit dem Vorkommen im Speeton-clay des
Lindener Berges, aber seltener wie dort.
Pteroceras Phillipsii Rozm. (siehe 8. 237).
Lucina sculpta PHıLL.
Diese schöne, in Norddeutschland bisher noch nicht be-
kannte Bivalve ist an dieser Lokalität ziemlich häufig. Die
vorliegenden Exemplare sind verkiest und bis in die kleinsten
Details erhalten.
Sie ist ziemlich stark gewolbt. hat spitze, etwas nach
vorn übergebogene Buckel, welche nach hinten in einen schar-
fen, nach vorn in einen flachen, abgerundeten Kiel auslaufen,
durch welche ein hinteres und ein vorderes flaches Feldchen
begrenzt wird. Auch über die beiden Seitenflächen der Scha-
len- laufen zwei flache Radial-Rippen, welche bewirken, dass
der untere Rand nicht halbkreisförmig, sondern abgerundet
dreiseitig wird. -Die Seitenflächen sind mit 20 bis 25 concen-
trischen Rippen besetzt, welche ebenfalls in einem doppelt ge-
brochenen Bogen dem unteren Rande parallel laufen. Im hin-
teren Felde befindet sich die tiefe langgezogene Ligamentspalte.
Das vordere Feldchen ist herzförmig., Länge 15, Breite 12,
Dicke 9 Mm.
D’OrzıgnrY citirt diese schöne Art aus dem Albien, jedoch
ist sie sowohl bei Kreuzriehe, wie am Lindener Berge im
Aptien gesammelt worden.
Nucula subtrigona Rom.
Nucula simplex Desn.
244
Isocardia angulata PHiLL.
Die aufgezählten Petrefakten, hauptsächlich Belemnites
Brunswicensis, Ammonites Nisus, Lucina sculpta, Terebratula
tamarindus beweisen einerseits die Zugehörigkeit des dunkel-
blauen Thones von Kreuzriehe zum Speeton-clay, anderseits
die vollständige Uebereinstimmung dieser Bildung mit der ent-
sprechenden am Lindener Berge.
Da anzunehmen ist, dass sich der Speeton-clay nicht allein
an diesem einen Punkte am Fusse des Deisters abgelagert
habe, sondern vielmehr ebenso wie der Hilsthon als eine
schmale, freilich durch Diluvialsand bedeckte Zone zwischen
dem Deister und dem Gehrdener Berge auftrete, da ferner die
Gargas - Thone am Fusse des letzteren aufgeschlossen sind,
dessen Schichten jedenfalls in normalem Zusammenhange mit
der Wealden-Bildung des Deisters und deren Hangendem ste-
hen, so ergiebt sich, wenn wir den Aufschlusspunkt des Speeton-
clay von Kreuzriehe in die Falllinie des Wealden- und des
Hilsthones am Lichtenberge einerseits und der Gargas-Mergel
und des Senoniens des Gehrdener Berges au e verlegen,
das beigegebene Profil.
4. Oestlich von der Bahnlinie zwischen Lehrte und
Algermissen.
(Taf. V. Fig. 18.)
Ungefähr 2 Stunden südlich von Lehrte (zwischen Han-
nover und Peine) westlich von der Eisenbahnstation Sehnde
erhebt sich mit einer Längserstreckung von $. nach N. aus
der Ebene ein flacher Bergrücken, der Rothe Berg. Er besteht
aus den steil aufgerichteten Schichten des bunten Sand-
steins, deren Streichen der Längsrichtung der Anhöhe ent-
spricht. Diese langgestreckt elliptische Erhebung des bunten
Sandsteins wird theilweise von Muschelkalk umgeben, welche
beide durch eine flache Einsenkung, welche wahrscheinlich dem
Röth entspricht, getrennt werden. Der Muschelkalk bildet
einen hufeisenförmig gebogenen, nach Norden offenen Hohen-
zug, dessen nördliche Flugel sich bei Sehnde und Wassel un-
ter dem Diluvium und Alluvium verlieren. Als unterste Gruppe
des Muschelkalkes tritt dort an einer Reihe von Aufschluss-
punkten der Wellenkalk, aus der obersten namentlich die Lima-
Bank mächtig entwickelt auf. Seine Schichten fallen auf dem
245
westlichen Flügel gegen S.W., auf.dem östlichen gegen S.O.
unter sehr wechselnden Winkeln, im Ganzen steil ein. Ueber
dem Muschelkalk haben sich rothe Keuper-Mergel abgela-
gert und über diesen sind durch einen Versuch auf Steinkoh-
‘len südöstlich von Sehnde hellgraue Thone, Tutenmergel und
weisse Sandsteinschichten von 1 bis 2 Zoll Stärke mit Tae-
niodon Ewaldi und elliptica, sowie Avicula contorta und Fisch-
resten aufgeschlossen, aus welchen Erdöl hervorquillt und wel-
che somit die Bonebed-Gruppe repräsentiren. (ÜREDNER,
Neues Jahrb. 1860, S. 317). Der Lias ist durch den Lühn-
der Bahneinschnitt in einer Mächtigkeit von c. 1600 Fuss auf-
geschlossen gewesen, leider aber sind zur Zeit des Durchsti-
ches jenes Hügels genaue Aufnahmen dieses schönen Profiles
nicht gemacht worden, seitdem aber die Seitengehänge immer
mehr verwachsen, so dass augenblicklich keine anstehenden
Schichten mehr zu erkennen sind. Nach vor drei Jahren ge-
machten Notizen meines Vaters streichen die Sahichten des
Lühnder Berges hor. 22, fallen mit 30 Grad gegen 8.0. ein
und repräsentiren folgende Gebirgsglieder:
I. Lias 1600 Fuss mächtig,
a) graue Schiefer- und Mergelthone mit Ammonites ca-
pricornus (ausserdem hauptsächlich noch Ammonites
polymorphus, Belemnites paxillosus, Belemnites clavatus),
b) graue Schiefer- und Mergelthone mit einzelnen Bänken
von Belemniten-Kalken. Erstere mit Ammonites amal-
theus und costatus (Belemnites compressus, Spirifer
rostratus, Pleurotomaria expansa),
ec) Mergelschiefer mit Delemnites acuarius und Banken von
Avicula süubstriata; Posidonien-Schiefer.
H. Brauner Jura 300 Fuss mächtig,
a) Schieferthone mit Nucula Hammeri,
b) Schieferthone mit vielen Sphärosiderit-Nieren, diese mit
vielen /noceramus polyplocus,
ec) Thone mit Belemnites giganteus.
‘ Die Schichten des braunen Jura werden abgeschnitten
durch eine 50 bis 60 Fuss mächtige Zwischenlagerung von plasti-
schem versteinerungsleeren Thone. Südöstlich von dieser beginnt
IH. der Hilsthon, 200 Fuss mächtig, in sanft gegen
S.O. geneigten Schichten mit Belemnites subquadratus, Exogyra
sinuata.
246
Ausser durch den Lühnder Eisenbahneinschnitt ist der
braune Jura in den Thongruben der Ziegelei nördlich von Um-
meln aufgeschlossen. Hier werden graue schiefrige Thone
gegraben, in deren mittlerem Horizonte Sphärosiderit- und
Mergelkalk- Nieren eingeschlossen erscheinen, welche Jnocera-
mus polyplocus in Menge umfassen. In den Thonen kommt
Belemnites giganteus zum Theil in Gyps verwandelt vor. Ebenda
und in der zur Sehnder Ziegelei gehörigen Thongrube ist der
Hilsthon mit Belemnites subquadratus, Exogyra sinuata, _Pecten
crassitesta und Meyeria ornata als Hangendes des braunen Jura
aufgeschlossen, beide durch eine e. 50 Fuss mächtige Schicht
piastischen versteinerungsleeren Thones ‚getrennt. Die Schich-
ten fallen hier mit ungefähr 10 Grad gegen $.O. ein. Von
hier an sind die jüngeren Bildungen von Diluvialsand bedeckt,
nur vereinzelte Mergelgruben gestatten einige Aufschlüsse. Sol-
che werden zunächst dem Ausgehenden des Hilsthones durch
die Mergelgruben zwischen der Gretenberger Windmühle und
dem Orte Wätzum geboten (v. STROMBECK, Zeitschr. d. deut.
geol. Ges. Bd. XIII. S. 53). Sie stehen in den Gargas-Mer-
geln, und da die Landwirthe, welche dieselben zum Mergeln
ihrer Felder benutzen, immer ihrem Ausgehenden gefolgt sind,
so bezeichnet eine lange Reihe weisser Mergelgruben genau
das Streichen jener Schichten, welches der schmalen Zone des
Muschelkalkes, des Keupers, des Jura und des Hilsthones pa-
rallel ist und somit c. hor. 3 beträgt. Weiter nach Norden
finden wir die Gargas-Mergel in der Streichungslinie der Gre-
tenberger Aufschlüsse noch mehrmals entblöst und können sie
uber Rethmar bis dicht an das Vorwerk Neuloh, also im Gan-
zen über eine Meile weit verfolgen. Dagegen ist die lange
Zone des Ausgehenden der Gargas-Mergel trotz des geringen
Einfallens von nur 8 bis 10 Grad nur 15 bis 20 Schritte breit.
Die Gretenberger Gargas-Schichten bestehen aus
schiefrigen Mergeln, welche an der Luft zerfallen, von schnee-
weisser, hellgrauer oder lichtziegelrother Färbung, ohne irgend
welche Concretionen und führen an den angegebenen Fundorten:
Belemnites Ewaldi STROMB.
Ammonites Nisus' D’ORB.
In weniger gut erhaltenen-Exemplaren als aus dem han-
noverschen Speeton-clay. Diese sind überhaupt etwas mehr
zusammengedrückt, die einzelnen Umgänge also weniger ge-
247
wölbt wie bei dem Vorkommen aus den Gargas-Mergeln. Ueber
ihre specifische Zusammengehörigkeit lässt jedoch die Gleichheit
der Lobenzeichnung, die Gemeinsamkeit der charakteristischen
sichelförmigen Streifen und des gekörnten Kiels keinen Zweifel.
Avicula (Aucella) Aptiensis D’ORB.
Terebratula (Waldheimia) Moutoniana D’ORB.
Terebratulina Martiniana D’ORR.
v. Srtromseck, Zeitschr. d. deut. geol. Ges. Bd. XIII. S. 44.
Dürfte von gewissen Spielarten der senonen Terebratula
striata WAHLENB. specifisch nicht zu trennen sein. Davıpson
vereinigt deshalb beide Formen, wogegen die Verschiedenheit
des Gesammteindrückes ganzer Suiten, bei vollständiger Gleich-
heit einzeiner ausgewählter Exemplare, sowie der Vortheil einer
leichteren und genaueren Bezeichnung spricht.
Cidariten-Stacheln von 2 bis 3 Zoll Länge, cylindri-
scher Gestalt und mit weitläufg stehenden, spitzen Dornen
besetzter Oberfläche. Wahrscheinlich identisch mit Rokmer’s
Cidaris muricatus aus dem oberen Hilsthon.
Stielglieder von Pentacriniten.
Pollicipes radiatus Rom.
Roenuer, Kr. 103. t 16, £. 19.
Rhombische Täfelchen, welche diagonal flach gekielt, fa-
cherartig radial gestreift und mit ziemlich starken Anwachs-
streifen versehen sind.
Die aufgezählten Petrefakten sind die in den Gargas-
Mergeln häufigsten und für sie charakteristischen fossilen Reste.
In das Hangende der Gargas-Mergel gestatten des verdecken-
den hohen Diluviums und Alluviums wegen erst einige Mergel-
gruben bei Kl. Lopke Aufschlusse. Dieser Ort steht auf grauen
blätterigen Mergelschiefern mit Coneretionen von thonigem
Sphärosiderit, welcher letztere in unregelmässigen Lagern von
verschiedener Mächtigkeit erschurft und zeitweise abgebaut wor-
den ist. Herr v. STROMBECK hat von hier Bruchstücke des
Ammonites Milletianus erhalten (Zeitschr. d. deut. geol. Ges.
Bd. XII. S. 53), so dass die Stellung dieser Schichten bei
der nach diesem Cephalopoden benannten Zone des Gault
sicher sein durfte, was auch mit den übrigen Lagerungsver-
hältnissen in vollständigem Einklang steht. Im Hangenden
dieser Ammonites Milletianus führenden Thone, also östlich von
Kl. Lopke, sind nämlich graue plastische Thone gewonnen
248
worden, in denen ich Bruchstücke eines Ammoniten fand, in
welchem ich Ammonites tardefurcatus LeY=m. zu erkennen glaube.
Ferner stammen aus»den Thonen, welche westlich von Folgen
und südlich von Algermissen im Hangenden der Streichungs-
linie dieser bis jetzt nur an einem Punkte aufgeschlossenen
Tardefurcatus - Thone entblösst sind, einzelne aber sicher er-
kannte Exemplare des Belemnites minimus, so dass wir in dem
Landstriche östlich von der Bahnlinie zwischen Lehrte und
Algermissen bis auf den Speeton- -clay die sämmtlichen Haupt-
horizonte, welche v. STROMBECK in dem braunschweigischen
Gault unterschied, angedeutet finden. Auf diese Gault-Thone
folgen bei Schwichelde unmittelbar die senonen EN mit
Belemnites quadratus.
Die Parallelität der Zonen, welche das Ausgehende der
Schichten des Gault bildet, und das flache Einfallen dieser letz-
teren lässt auf eine grosse Regelmässigkeit der Niederschläge
und darauf schliessen, dass plötzliche Erhebungen des Meeres-
bodens die somit ununterbrochen erfolgte Ablagerung nicht ge-
stört haben werden. Frischere und zahlreichere Aufschlusse,
wie sie spätere Jahre in dem dortigen Distrikte bieten mögen,
werden deshalb einen vollständigeren Einblick in die sammt-
lichen Glieder des Gault- erwarten lassen.
5. Bei Kirchrode.
(Far. ‚V.+Bio...10.)
Eine Stunde östlich von Hannover erhebt sich die wellen-
formige Erhöhung, auf welcher das Dorf Kirchrode liegt. An
ihrem sanften westlichen Abhange wird in einer Reihe c. 8 Fuss
tiefer, grabenförmiger Thongruben das Material zum Betriebe
der nahen Ziegelei gewonnen. Es ist ein weisser, hellgrauer
oder lichtziegelrother, plastischer Thon, in welchem zwar Be-
lemnites Ewaldi haufig, andere organische Reste aber bis jetzt
gar nicht gefunden worden sind. Er repräsentirt somit die
Gargas - Mergel und wird in wenig Entfernung vom ÜCeno-
man des Krohnsberges, dem Turon von Anderten und dem
Senon von Ahlten überlagert, während sein Liegendes durch
eine sumpfige oder waldige Niederung bedeckt wird, unter wel-
cher Thone anstehen, welche wahrscheinlich dem oberen Neo-
com angehören. Das Profil (Taf. V. Fig. 19) umfasst die voll-
ständige Reihe aller in der Umgegend von Hannover bekannten
249
sedimentären Gebirgsglieder und ist von mir ausführlicher im
XV]. Bande dieser Zeitschrift auf S. 197 bis 205 beschrieben
worden.
6. Zwischen Scheerenbostel und Mellendorf.
Drei Stunden nordwärts von Hannover hebt sich zwischen
Scheerenbostel und Mellendorf eine flache Anhöhe aus der
Ebene. Die Decke von Diluvialsand und nordischen Geschie-
ben, welche in ihrer Umgebung eine Mächtigkeit bis zu 30 Fuss
erreicht, ist auf diesem Rücken nur 1 bis 3 Fuss stark und
gestattet einer Reihe von Ziegeleien ihren Bedarf von Thonen
dort zu gewinnen. Letztere sind dadurch an verschiedenen
Stellen bis zu einer Tiefe von 15 Fuss aufgeschlossen worden.
Der Thon ist äusserst plastisch und hat eine gelblichgraue
bis blaugraue Färbung. Eine Beobachtung uber sein Einfallen
ist am Ausgehenden der jedenfalls sehr flach gelagerten Schich-
ten nicht möglich. In dem am tiefsten aufgeschlossenen Ni-
veau liegen sehr viel weisse, thonige, zum Theil etwas eisen-
haltige Kalksteine (sogenannte Steinmergel) von 1 Zoll bis 2 Fuss
Durchmesser und der verschiedenartigsten Gestalt lagerförmig
eingebettet, welche zuweilen die unten aufgeführten, meist
äusserst vollständig mit der Schale erhaltenen, organischen
Reste umschliessen, während sie weiter nach oben seltener
werden und sich nach und nach vollständig verlieren. Der
Thon nimmt dann eine mehr blaugraue Farbe an, umschliesst
kleine Gypskrystalle und Belemnites Brunswicensis in grosser
Häufigkeit.
Aus dem unteren Niveau stammt:
Crioceras Emerici D’ORB.
DPOR2. 12 pP 469,1. 114!
Häufig in Bruchstücken, welche auf eine bedeutende Grösse
des Thieres schliessen lassen, seltener in kleinen guterhaltenen
Exemplaren, deren vollständige Spirale nur einen Durchmesser
von 1 bis 3 Zoll erreicht. -
Crioceras cristatus D’ORB.
D’ORre. 1. p: 467, t. 115, f. 4-8.
Selten. ‘Eines der vorliegenden Exemplare scheint ganz
vollständig erhalten zu sein. Seine Spirale hat einen Durch-
messer von 35 Mm. und besteht aus fast drei freien Umgängen.
Ihre Rippen sind im Verhältniss zu denen der vorigen Art
16
250
weitläufig, hoch und scharf, sowie durch regelmässige Zwi-
schenräume getrennt. Sie endigen auf dem abgerundeten Rande
zwischen Seiten und Rücken in einem stumpfen Stachel, so
dass die Medianlinie des Rückens nur schwach gewellt ist.
Etwas unterhalb der oberen dornförmigen Fortsätze verdicken
sich die Rippen zu einer viel schwächeren Knotenreihe.
Die französischen Original- Exemplare n’ORBIENY’s stam-
men aus dem untersten Gault. :
Hamites attenuatus Sow.
D’Oxer DB. 939. pr Tekı 9 18
Dieser ebenfalls dem französischen Gault angehörigen Spe-
cies ist die Scheerenbosteler Form äusserst ähnlich und unter-
scheidet sich von ihr nur durch den länglich ovalen, nicht
kreisrunden Querschnitt der Umgänge.
Die vorliegenden schönen Exemplare erreichen eine Länge
von 50 Mm. und sind mit der feinen wachsartigen Schale er-
halten.
Das Vorkommen von Crioceras cristatus und Hamites atte-
nuatus, zwei französischer Gault-Formen, in den hannoverschen
Ancyloceras-Schichten scheint ein sprechender Beweis für die
Zugehörigkeit der letzteren zum Gault zu sein.
Belemnites Brunswicensis STROMB.
Seltener.
Lucina sculpta PhıLt.
Dieselbe schöne Form, welche ich in dem Speeton - clay
des Lindener Berges und dem vom Kreuzriehe so häufig ver-
kiest findet, ist als Abdruck der Schalen-Oberfläche auch in
den Kalkknauern von Scheerenbostel, wenngleich viel seltener
als an jenen Fundorten vorgekommen.
Wie das vergesellschaftete Vorkommen von Crioceras Eme-
rici, wie Crioceras cristatus, Hamites attenuatus und Lucina seulpta
beweist, gehören die.Schichten der Scheerenbosteler Anhöhen
einer Zwischenbildung zwischen den Ancyloceras-Schichten und
dem Speeton-elay an und sind den beschriebenen plastischen
blauen Thonen des Lindener Berges beinahe aequivalent. Letz-
tere schliessen sich jedoch in ihrer Fauna mehr den Ancylo-
ceras-Schichten an, während die Scheerenbosteler Bildung dem
Speeton-clay näher steht. Beide Schichtencomplexe aber spre-
chen durch ihre vermittelnde Stellung zwischen jenen Gruppen
251
für die enge Zusammengehörigkeit des Speeton-clay’s und der
Ancyloceras-Schichten.
7. Bei Warmbüchen.
‘ In nordöstlicher Richtung und zwei Stunden Entfernung
von Hannover liegt mitten in der sandigen Ebene und theil-
weise von Mooren umgeben das Dorf Warmbüchen, in dessen
Nähe sich eine Ziegelei befindet, welche das zu ihrem Betriebe
nöthige Material aus einigen nahen Thongruben bezieht. In
ihnen sind bis jetzt nur einzelne Bruchstücke eines Ammoniten
gefunden, welche jedoch mit Sicherheit den Ammonites Mille-
tianus D’ORB. erkennen lassen. Sie stimmen mit D’ÜRBIGNY’S
Abbildung und Beschreibung genau überein, auch darin, dass
die ersteren Umgänge schärfere Kanten zwischen Rücken und
Seiten haben, als die letzten, bei welchen diese abgerundet in
einander übergehen.
Diese Ammonites Milletianus führenden Thone, welche dem
obersten Gault angehören, liegen augenscheinlich im Hangen-
den der sub 6 beschriebenen oberen Ancyloceras-Schichten von
Scheerenbostel, so dass es wahrscheinlich ist, -dass auch der
obere und mittlere Gault in der zwischen Warmbuchen und
Scheerenbostel sich erstreckenden Gegend abgelagert und nur
von Diluvialsand bedeckt ist. Darauf deutet ausserdem noch
das Vorkommen von Belemnites Brunswicensis an einzelnen zwi-
schen beiden Orten belegenen Punkten hin.
Sudlich von -Warmbuchen bei der Eisenbahnstation Mis-
burg sind cenomane Pläner aufgeschlossen.
Resume.
Aus Obigem ergiebt sich Folgendes:
a) In der Umgegend von Hannover sind im Tante der
letztverflossenen Jahre folgende neue Aufschlüsse in den Gault
beobachtet worden: : u
1) am Lindener Berg: die Ancyloceras - Schichten, der
Speeton-clay und der Gargas-Mergel,
2) bei Kreuzriehe: der Speeton-clay,
3) am Gehrdener Berge: die Gargas-Mergel,
4) bei Gretenberg: die Gargas-Mergel, die Milletianus-,
die Tardefurcatus- und Minimus-Thone,
5) bei Kirchrode: die Gargas-Mergel,
252
'6) bei Scheerenbostel: die obersten Ancyloceras-
„Schichten,
7) bei Warmbuchen: die Milletianus-Thone.
b) Die Gliederung des Gault von Braunschweig, wie sie
v. STROMBECK aufstellte, basirt nicht auf lokalen Bildungen,
sondern findet sich auch durch die beschriebenen Aufschlüsse
für die hiesige Gegend bestätigt. ' |
ce) Die Ancyloceras-Schichten, welche v. STROMBECK zum
Neocom zog, dürften als unterstes Glied des Gault zu betrach-
ten sein, weil auf der einen Seite in dem typischen französi-
schen Schichtensystem ihre Zugehörigkeit zum Gault dargethan
ist, auf der anderen Seite aber auch in Norddeutschland Ver-
gesellschaftungen der beiderseitigen Faunen und vermittelnde
Zwischenglieder zwischen beiden auftreten (Lindener Berg,
Scheerenbostel).
d) Ammonites’Nisus D'’ORB. ist nicht allein für die Gärgas-
‘ Mergel charakteristisch wie D’OrBIGNY, EwALD und v. STROM-
BECK behaupten, sondern hat vielmehr das Maximum seiner
Entwickelung, wenigstens in dem hiesigen Schichtensystem,
schon im Speeton-clay erreicht.
e) Neu für den norddeutschen Gault sind folgende Reste:
Ammonites Carteroni, Crioceras cristatus, Hamites attenuatus, Lu-
cina sculpta, welche sammtlich den ältesten Bildungen des
Speeton-clay’s angehören.
Druck von J. F. Starcke in Berlin.
aan
Zeitschrift
der
Deutschen geologischen Gesellschaft.
2. Heft (Februar, März, April 1865).
A. Verhandlungen der Gesellschaft.
l. Protokoll der Februar-Sıtzung.
Verhandelt Berlin. den 1. Februar 1565.
Vorsitzender: Herr G. Ross.
Das Protokoll der Januar-Sitzung wird verlesen und an-
genommen.
Der Gesellschaft”sind als Mitglieder beigetreten:
Herr Hauptmann LvTTer in Berlin,
vorgeschlagen durch die Herren KıEseL, Ewaın,
Rorts;
Herr Dr. Brenner in Lübeck,
vorgeschlagen durch die Herren BryricH, G. Rose,
RorH.
Für die Bibliothek sind eingegangen:
A. Als Geschenke: Ä
Novara-Expedition. Geologischer Theil. Bd. I. Abth. 1:
Geologie von Neuseeland von F. v. HocHsterter. ‚Wien, 1864.
Geschenk des k. k. Staatsministeriums in Wien.
G. C. Lauge: Die Fauna der Schichten von St. Cassian.
— Sep.
H. Worr: Bericht über die geologische Aufnahme im öst-
lichen Böhmen. Theil I. — Sep.
G. STacHE: Die Eocän-Gebiete in Inner-Krain und Istrien.
Zweite Folge. — Sep. bes
M. v. LipoLp: Die Ersteigung der Löffelspitze im Ziller-
thal. — Sep.
KJERULF: Om et fund af fossiler ved Högberget und Be-
maerkninger om de glaciale mergelboller dannelse. — Sep.
Zeits.d.d geol.Ges XVII. 2. +
254
TH. Hıortpanuu: Chemisk Anders =” Mergäie og de
deri indeholdte Boller. — Sep.
M. Ircens og Tu. HiortparL: Bereining om de vigtigste
resultater af en i Sommeren 1863 foretaget geologisk Undersö-
gelse af Kysten af nordre Bergenhus Amt. — Sep.
B. Im Austausch:
Abhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt. IV.
5, 6: M. Hörsezs, Die fossilen Mollusken des Tertiär-Beckens
von Wien und Jahrbuch XIV. No. 3 u. 4. ,
Verhandlungen des naturforschenden Vereins in Brünn.
Bd. II. 1863.
Sitzungsberichte der Königl. bayerischen Akademie der
Wissenschaften zu München 1864. | |
Fünfter Bericht des Offenbacher Vereins für Naturkunde.
Mittheilungen des Vereins nördlich der Elbe. Heft 5
1861—62, Heft 6 1863.
Jahrbuch des naturhistorischen Landesmuseums von Kärn-
ten. Heft 5 u. 6. 1862 u. 1869.
Zeitschrift des Architekten- und Ingenieur-Vereins für das
Königreich Hannover. Bd. X. Heft 4.
Archiv des Vereins der Freunde "der Naturgeschichte in
Meklenburg. 18. Jahrg. 1864.
Atti della Societa Italiana di scienze naturali. Vol. VI.
Fasc. 4. 1864.
The Journal of the an Dublin Society. No. 31. Du-
blin, 1864.
The mining and smelting magazine. Vol. T. No. 31. Ja-
nuary 1869.
Natuurkundige Verhandelingen van de Hollandsche : Maat-
schappij der Wetenschappen te Haarlem, Deel 19 und 21, Stuk T.
S. A. SaxE: Om Sneebraeen Folgefon 1864.
M. Irsens og Tu. HıortpanuL: Om de geologiske forhold
paa Kyststraekungen af nordre Bergenhus Amt. 1864. — Von
der Königl. Norwegischen Universität in Christiania.
Herr Eck legte eine Reihe von Versteinerungen aus dem
bunten Sandstein und dem Keuper vor. Aus der sandigen
Abtheilüng des bunten Sandsteins Deutschlands waren seit lan-
gerer Zeit von animalischen Versteinerungen nur Saurier- und
Fischreste bekannt geworden; daneben war die Posidonomya
(Estheria?) Germari BEYR. das einzige, in dem unteren bunten
255
Sandstein des Steinberges zwischen Gr. Vahlberg und Rem-
lingen, bei Halle und Wernigerode, bei Dürrenberg in einer
Teufe von 192 Meter und bei Büchellohe unweit Ilmenau auf-
gefundene Petrefakt. Conchylien wurden erst neuerdings von
Herrn GemITz in dem oberen bunten Sandstein von Trockhau-
sen im Altenburgischen erwähnt, und zwar eine @ervillia, wel-
che als @Gervillia Murchisoni von der sehr ähnlichen @ervillia
costata SCHLOTH. sp. des Muschelkalks getrennt wird, ferner
ein Mytilus, welcher mit der Aucella Hausmanni GoLDF. sp. der
Zechsteinformation verglichen wird, und endlich die als Chiton
Cottai beschriebenen Ueberreste. Eine Gervillia costata war
dem Redner ferner bereits früher durch Herrn SCHLÖNBACH aus
dem bunten Sandstein des nördlichen Harzrandes, und ein
gleichohriger, gerippter Peeten durch C. v. SeEBacH aus der-
selben Formation zwischen Piekar und Koslawagura in Ober-
schlesien mitgetheilt worden. Endlich hat auch der Redner
selbst bei Gelegenheit der geognostischen Landesuntersuchun-
gen in Oberschlesien und Thüringen weitere Formen aufge-
funden, und zwar in Oberschlesien an dem angegebenen Fund-
orte eine sehr deutlich erhaltene Lingula und ein Fragment
wahrscheinlich einer gefalteten Ostrea, und in Thüringen in
den mittleren, sogenannten krystallisirten Sandsteinen bei
Wolkramshausen südlich von Nordhausen und bei Sondershau-
‚sen die Gervillia costata in grosser Häufigkeit und einen gleich-
ohrigen, glatten Peeten von elliptischem Umriss. Lässt auch
die Erhaltung der Fossilien Manches zu wünschen übrig, so
beweisen die angeführten Formen doch die Existenz von Ver-
steinerungen in den Gesteinen des eigentlichen bunten Sand-
steins überhaupt und berechtigen zu der Erwartung, dass wei-
tere Nachforschungen die Zahl derselben vermehren werden.
Eben so wenig ist der Keuper Thüringens versteinerungs-
leer; denn bei Burgwenden unweit Cölleda wurde von dem
Redner in den rothen Mergeln des mittleren Keupers eine we-
nig mächtige Kalkschicht aufgefunden, welche Myaeiten und
besonders Gastropoden, worunter eine mit der Turritella similis
Mvxsr. vergleichbare Form, in grosser Häufigkeit einschliesst.
Dass bereits fruher von BERGER in den Gesteinen des Keupers
bei Coburg Conchylien aufgefunden wurden, ist bekannt.
Herr Kuxtır sprach über die Kreidegesteine im Ohmge-
birge bei Worbis. Dieselben zerfallen in eine untere kalkige
Le:
256
und eine obere sandige Abtheilung. Die untere Abtheilung
besteht aus einer etwa 3 Fuss mächtigen hellfarbigen mersgeli-
gen Kalksteinbank, welche in lauter nuss- bis faustgrosse Stucke
gespalten ist. Versteinerungen wurden in derselben nicht ge-
funden. Sie ist bei Holungen aufgeschlossen. Darüber folgt
ein mächtigeres System von kalkigen Mergeln; sie sind grau
und bleichen an der Luft. Ammonites varians ist in ihnen
häufig; sie sind entblösst im Sachsenthale, bei Holungen und
Klostergerode. Die obere Abtheilung besteht unten aus einem
Grünsandstein von mittlerem Korne, in welchem Ammonites
Rotomagensis und Pecten quinquecostatus gefunden wurden; über
ihm liegt ein allmälig feinkörnig werdender Sandstein, der
nach oben kleine Feuersteinconcretionen zeigt; diese werden
immer häufiger und grösser bis sie in den obersten Schichten‘
ganze Bänke bilden; Pecten quinguecostatus und ein Schwamm
wurden in den letzteren aufgefunden. Das Gestein liegt bei
Kaltohmfeld und südlich von Holungen zu Tage. Redner ver-
gleicht schliesslich die untere Abtheilung mit der Zone des
. Ammonites varians von v. STROMBECK, die obere mit der des __
Ammonites Rotomagensis.
Herr Roru legte zur Ansicht vor „Zur wissenschaftlichen
Bodenkunde des Fürstenthums Lüneburg, von H. STEINVoRTH,
Lüneburg 1864* und machte auf die beigegebene geognostische
Karte der Provinz Lüneburg aufmerksam, welche die Resultate
der von Herrn Professor Hvsaruvs in Hannover ausgeführten
Untersuchungen dieser Gegend enthält. Derselbe legte ferner
von ihm im Diluvialsand (Korallensand Meyn) bei Engelau,
S.W. von Lütjenburg in Holstein, gesammelte marine Muscheln
vor: Corbula nucleus Lam., Cyprina islandica L., Cardium edule
L. Auf diesen Fundort war er durch Notizen in der von MEyn
aufgestellten Sammlung in Kiel aufmerksam gemacht. Nach
der Erhaltung der Formen darf man nicht annehmen, dass diese
Schalen etwa einer umgelagerten (remanie) Tertiärbildung an-
gehört haben, zumal da sie im Kieler Busen noch lebend vor-
kommen.
‚Herr Ewa machte Mittheilung über ein. Vorkommen von
Gesteinen der Zechsteingruppe in der zwischen der Magdebur-
ger und Harzer Grauwacke gelegenen grossen Gebirgsbucht.
Evidente paläozoische Gebilde hatten sich bisher nur am Rande
dieser Bucht gefunden, deren Inneres im Allgemeinen mit Flötz-
257
und Tertiärgesteinen erfüllt ist.- Und wenn auch vermuthet
werden durfte, dass diejenigen im Innern der Bucht vorhande-
nen Gypse, Anhydrite und Steinsalze, welche von Rogenstein,
also dem ältesten Gliede der Flötzformationen bedeckt sind,
zum Zechstein gehörten, so fanden sich doch nirgend in ihrer
Begleitung Gesteine, durch deren petrographische oder paläon-
tologische Charaktere diese Zugehörigkeit sich über jeden Zweifel:
hätte erheben lassen. — Die Stelle, wo neuerlich Gesteine der
Zechsteingruppe im Innern der Bucht aufgefunden wurden, liegt
in der Nähe von Offleben. Die bei diesem Orte und bei
Barneberg sich mitten aus der Helmstädter Braunkohlerimulde
“ erhebende, aus Gliedern der Buntsandsteinformation bestehende
Anhöhe ist in ihrer Mitte aufgerissen und zeigt in ihrem auf-
gerissenen Theile Gypse, die in mehreren Brüchen ausgebeutet
werden. In Verbindung mit diesen Gypsen finden sich cha-
rakteristisch ausgebildete theils sehr poröse, theils breccien-
artige Rauchwacken, wie sie in der oberen Abtheilung der
Zechsteinformation einheimisch sind. Da die Rauchwacken
zum Theil über den Gypsen liegen, so werden diese letzteren
dadurch ebenfalls als zur Zechsteingruppe gehörig bezeichnet.
Dass also in der That die Zechsteingruppe sich in der oben
erwähnten Bucht von einem Rande nach dem anderen in Form
von Gypsen und anderen Gesteinen unter dem Flötzgebirge
hin verbreitet, wird durch das Vorkommen bei Offleben er-
wiesen.
Im Anschluss an einen frühern Vortrag legte Herr Tın-
NAU einen sogenannten Pinit-Krystall von Hohenstein bei Stolpe
in Sachsen vor, ein Vorkommen, das schon zu WERnERr’s Zei-
ten bekannt war. Grössere und kleinere, sechsseitige, säulen-
förmige Krystalle erscheinen dort im Granit eingewachsen, und
sind unzweifelhaft das Produkt einer Umwandlung. Doch weicht
der äussere Anblick wesentlich ab von anderen Vorkommen
von Pinit, und man weiss zuweilen nicht, ob man diese dun-
keln, schmutziggrünen oder bräunlichen, halb blättrigen, halb
schiefrigen, oft glimmerähnlichen Massen dem Pinit, oder dem
Glimmer, oder gar specksteinartigen Substanzen zurechnen
soll, — Unterschiede, die zum Theil wohl dem grössern oder
geringern Grade der Verwitterung und Umwandlung zuzuschrei-
ben sind. — Der vorliegende Krystall, ungefähr 2 Zoll im
Durchmesser stark, zeigt sich in seinen äussern Umgebungen
258
und etwa bis zur Hälfte des Ganzen vollständig umgewandelt;
der Kern aber, noch völlig unzersetzt, und einigermaassen die
Gestalt eines sechsseitigen Prismas verrathend, besteht aus
einem- frischen schwarzen Mineral, das zwar nicht chenisch
untersucht ist, aber alle physikalischen Eigenschaften des Tur-
malins zeigt. Wie dies bei ähnlichen Umwandlungen nicht
selten der Fall ist, so bemerkt man auch hier eine sehr scharfe
Grenze zwischen dem vollkommen frischen und dem vollständig
umgewandelten Theil des Minerals. — Der Redner erinnert
dabei an den fruher von ihm vorgelegten grossen und deut-
lichen Krystall von Peilau in Schlesien, dessen oberes Ende
unzweifelhaft Pinit ist, während ein grosser Theil des untern
Endes aus unzersetztem Turmalin besteht, und er wiederholt
seine schon damals ausgesprochene Meinung, dass Pinit, Iberit,
Gigantholit, Chlorophyllith und andere pinitähnliche Massen
nicht immer durch eine Umwandlung aus Dichroit entstanden
sind, wie man bisher ziemlich allgemein anzunehmen geneigt
war, sondern zuweilen auch aus andern Mineralien, und na-
mentlich aus Turmalin,
Herr RAuMELSBERG sprach uber den Werth, welchen das
optische Verhalten der Mineralien für die Unterscheidung ähn-
licher hat, indem er eine Uebersicht der neueren Arbeiten von
DescLoIzEAux gab und daran einige Betrachtungen anknüpfte.
Der optisch positive oder negative Charakter sowie die Lage
der optischen Axenebene sind bei Mineralien, welche bisher
als identisch betrachtet wurden, oft nicht constant, woraus
DescLoızsaux in Hinblick auf frühere Untersuchungen von S£-
NARMONT schliesst, dass in solchen Fällen zwei isomorphe, aber
optisch verschiedene Grundverbindungen die Ursache seien.
Der Vortragende suchte diese Ansicht für den Apophyllit zu
widerlegen, besprach die optischen Unterschiede der Glimmer,
Chlorite und gewisser Zeolithe mit Rücksicht auf ihre Form
und Mischung, und bemühte sich, die Behauptung Descvor-
ZEAUX’S, zu einem Mineral gehöre nur, was optisch identisch
sei, durch die eigenen Untersuchungen desselben zu bekämpfen.
Die von DescLorzEaux neuerlich gebrauchte Bezeichnung
der Pseudodimorphie für solche analog zusammengesetzte
Körper, welche isomorph sein sollten, es aber nach Descuo1-
ZEAUX nicht sind, erscheint dem Vortragenden unpassend, und
er versuchte darzuthun, dass die sogenannten pseudodimorphen
259
Körper theils isomorphe, theils polysymmetrische im Sinne
Scaccar’s seien. Er wies darauf hin, dass der zweigliedrige
Charakter des Hypersthens und Broneits sich nicht aus dem
Unterschiede in der Lage der optischen Axen bei ihnen und
beim Augit folgern lasse, sondern lediglich aus der Natur der
Dispersion, dass die verschiedenen Krystallsysteme innerhalb
der Augitgruppe nicht, wie DESCLOIZEAUx annimmt, von der
Natur der Basen bedingt seien, und dass Zoisit und Epidot
in einem ähnlichen Verhältniss wie Augit und Hornblende zu
einander stehen durften.
Hierauf ward die Sitzung geschlossen.
v. w. 0.
G. Rose. BeYricH. RorH.
2. Protokoll der März - Sıtzung.
Verhandelt Berlin, den 1. März 1864.
Vorsitzender: Herr G. Rose. r
Das Protokoll der Februar-Sitzung wurde gelesen und
genehmigt.
Der Gesellschaft ist als Mitglied beigetreten:
Herr Dausr£e, Professor der Mineralogie im Jardin
des plantes zu Paris,
vorgeschlagen durch die Herren Sarmasn, F. Ror-
MER und G. Rose.
Für die Bibliothek sind eingegangen:
A. Als Geschenke:
Generalbericht über die Thätigkeit der Naturwissenschaft-
lichen Gesellschaft in Hamburg, von Dr. Zınmeruans. Ham-
burg, 1865.
Haast: Report on the Formation of the Canterbury Plains.
Christchurch 1864.
Haast: Report on the Geological Survey of the Province of
Canterbury. Christchurch 1864.
Beiträge zur geolögischen Karte der Schweiz; herausge-
geben von der geol. Commission der Schweizerischen Natur-
260 :
forschenden Gesellschaft. 2. Lieferung. Bern, 1864. (enthal-
tend: THukoBALd, Geol. Beschreibung von Graubündten.)
GUMBEL: Ueber ein neu entdecktes Vorkommen von phos-
phorsaurem Kalk in den jurassischen Ablagerungen von Fran-
ken. (Sitzungsbericht der Bair. Akademie v. 10. Decbr. 1864.)
Flötzkarte von dem Saarbrücker Steinkohlendistrikt 1:40000.
— 2 Blatt.
Karte von Graubündten, geol. Aufnahme von THEOBALD.
Blatt XV. (gehört zu der Schrift: ee zur geol. Karte der
Schweiz s. o0.).
B. Im Austausch:
Annales des Mines. 6. Ser. V.3 (1864); VI. 5,6 (1864).
Bulletin de la societe Imperiale des naturalistes de Moscou.
1864. No. IV.
Bulletin de la societe geologique de France II. Ser.
Tome XXI. feuille 14—23. |
Neues Lausitzer Magazin. Görlitz, 1864. Bd.41. 1. und
2. Hälfte.
Sechster Bericht der naturforschenden Gesellschaft zu
Bamberg; für das Jahr 18.
Annual Report of the eoldkiei Survey of India (OLDHAN).
Vol. 147. 2, Vol. IV. 2.
Schriften der Königl. Physikal. Oekonomischen Gesell-
schaft zu Königsberg. - V. Jahrg. 1864. 2. Abtheil.
Verhandlungen der K. K. Geologischen Reichsanstalt.
Sitzungsberichte vom 31. Januar und 7. Februar 1865.
STARInG: Geologische Karte der Niederlande: Blatt 3
(Waaden); 4 (Hunsnigo); 8 (Westerwalde); 11 (Zuiderzee);
17 (Schouven).
Herr Kosmann sprach über eine bei dem Betriebe des
Rothschöneberger Stollens angefahrene Sand- und Gerölleinla-
gerung zwischen den Schichten des Urgebirges bei dem Dorfe
Tanneberg nördlich von Freiberg, und über die Veränderung
der unter derselben durchfahrenen Gesteine durch die Sicker-
wasser der Sandschichten; darauf bezügliche Handstücke wur-
den vorgelegt.
Der Rothschöneberger Stollen, welcher zur Losung der
im Umkreise der Stadt Freiberg belegenen Gruben betrieben
wird, hat zwischen seinem Mundloch bei dem Dorfe Roth-
schöneberg und dem ersten Lichtloch bei Tanneberg, eine N.W.
261
— 8.0. Richtung. Das erste Lichtloch liegt südlich von der von
Nossen nach Wilsdruff führenden Chaussee und ist 989 Lach-
ter vom Stollenmundloch entfernt; der Stollen bringt hier eine
saigere Teufe von ca. 29 Lachter ein. Als man vom ersten
Lichtloch aus mit dem Gegenortsbetrieb in der Richtung nach
dem Mundloch zu Anfang des Jahres 1863 ungefähr 70 Lach-
ter im festen Gneis vorgeschritten war, gelaugte man in san-
dige Massen:und es erfolgte ein Durchbruch, in Folge dessen
die Strecke auf 8 Lachter Länge verschlämmt wurde. Bei der
Aufwältigung der Strecke wurde eine grosse Anzahl rundlicher
Felsblöcke als mit dem Sande eingedrungen zu Tage gefördert.
Ein nochmaliger Durchbruch vor dem frisch aufgewältigten Ort
veranlasste eine neue Streckenaufwältigung, nach deren Aus-
führung in einem Umbruchsorte der Versuch gemacht wurde,
durch das schwimmende Gebirge vorzudringen. Man stiess vor
diesem Ort mehrere Bohrlöcher in horizontaler Richtung, aus
deren einem der Wasserzufluss so heftig wurde, dass der Ort
verlassen werden musste. In Folge dieses wiederholten Zu-
sammengehens der Stollenstrecke entstand über Tage dicht bei
der Chaussee eine trichterförmige Einsenkung von 60 Fuss
Tiefe, und der Teich, welcher bei dem Maschinengebäude des
ersten Lichtlochs belegen war und die Speisewasser für die
dort aufgestellte Dampfmaschine lieferte, versiegte.
Es wurden nun an den Rändern jener Einsenkung in kur-
zen Entfernungen Bohrlöcher gestossen, mit welchen die Gren-
zen der Sandeinlagerung zwischen den Schichten des Urgebir-
ges untersucht wurden. Aus den Resultaten dieser Bohrlöcher
zeigte sich die Einlagerung als die Ausfullung einer parallel
den Gebirgsschichten verlaufenden und bis unter die Stollen-
sohle triehterförmig niedergehenden Spalte von ca. 15 Lachter
‚Breite und 50 Lachter Länge. Die Schichten streichen in die-
ser Gegend von O. nach W. und fallen nach N. ein. — Zur
Herstellung des Durchschlags beider Stollenörter blieb nun nur
der Ortsbetrieb vom Stollenmundloch her und mit diesem Ort
durchfuhr man vom Hangenden zum Liegenden: Grünlichgrauen
Thonschiefer, grauen Kalk und Gneis, und erreichte sodann-
die sandigen Massen.
Auf der geognostischen Karte des Königreichs Sachsen ist
die Gneispartie, in welcher das erste Lichtloch des Stollens
niedergebracht ist, als eine inselartige Hervorragung aus den
262
umgebenden Schichten von Urthonschiefer angegeben. Nach
der Lagerung der durchfahrenen Schichten scheint es nun, dass i
der südliche Abhang jener mit Sand und Gerölle ausgefüllten
Spalte von einer Schichtungs- oder Absonderungsfläche des
Gneisgebirges, der nördliche Abhang aber von den Schichten-
köpfen des Thonschiefers und Kalks gebildet wird, welche bei
ihrem geringeren Widerstand gegen die Wasserfluthen von die-
sen weggewaschen wurden und so die Bildung einer solchen
breiten Spalte ermöglichten. Der unterste Theil der Sandein-
lagerung aber ruht auf Gneis.
Es zeigt sich nun, indem man beim Auffahren des Stollen-
orts aus dem Thonschiefer in die Kalkschicht gelangte und in
dieser die Schichtenköpfe erreichte, welche sowie der darauf
folgende Gneis die Unterlage der Sandmassen bildeten, dass
sowohl der Kalk als auch der Gneis durch die Wasser, welche
stetig durch die Sandablagerung eindrangen, merklich verändert
waren. Der Kalkstein ist ein fester grauer, feinkörnig kry-
stallinischer Kalk, welcher beim Anschlagen eine nur undeut-
liche Blätterung parallel der Schichtung zeigt; derselbe lässt
' in Salzsäure gelöst einen dunkelgrauen unlöslichen Rückstand,
dem gepulverten Thonsehiefer ganz ähnlich sehend, welcher
8,9 pCt. beträgt. Wo dieser Kalkstein nun der Einwirkung des
durchsickernden Wassers ausgesetzt gewesen ist, da ist er auf-
gelockert und zerreiblich geworden; er ist in deutlichen Blät-
tern abgesondert, zwischen welcher Eisenoxydhydrat eingedrun-
gen ist. Die-Struktur ist eine filzartige geworden, indem nur
die Krystallblättchen einer und derselben Richtung vorhanden
geblieben sind, die einzelnen Partikel haben ihren Glanz ver-
loren, und das Wasser hat nicht nur kohlensauren Kalk, son-
dern auch vom unlöslichen Silikat etwas aufgelöst.
Denn in Salzsäure gelöst, hinterlässt er einen unlöslichen
Rückstand von nur 4,1 pCt. Jedoch kann dies Ergebniss auf
Täuschung beruhen, indem in gewissen Gewichtstheilen des
zersetzten Kalksteins mehr Procente von Eisenoxydhydrat vor-
handen sind als in einer gleichen Menge von frischem Kalk,
welche durch ihre Schwere den in Salzsäure unlöslichen Ruck-
stand als zurucktretend erscheinen lassen. Auch der Gneis
zeigt sich merklich zersetzt; die Feldspathindividuen sind fast
sammtlich stark angegriffen oder ganz entfernt, so dass zwi-
"
schen den zurückgebliebenen und unter sich zusammenhängen-
263
den Quarzpartikeln tiefe Höhlungen mit zackigen Wandungen
entstanden sind.
Was die in dem Sande auftretenden Geschiebeblöcke be-
trifft, so bestanden sie vornämlich aus Granit, Diorit, Porphyr
und Gneis. Es wurden Handstucke von einem grobkörnigen
Granit vorgelegt, welcher ausgezeichnet war durch die Grösse
der fleischrothen Orthoklasindividuen, der grauen Oligoklas-
individuen, welche eine deutliche, dem blossen Auge sichtbare
Streifung zeigen, und der Blätter von weissem Kaliglimmer:
ausserdem sind deutliche Granatkrystalle eingeschlossen. Fer-
ner ein Handstück von Diorit mit grossen Hornblendekrystallen,
kleinen Oligoklasindividuen; derselbe sieht dem bei Siebenlehn
auftretenden Diorit ähnlich. Sodann ein Handstück von Glim-
merporphyr, dessen Feldspathkrystalle durch Zersetzung weiss
gefärbt sind, welcher durchaus dem Glimmerporphyr von der
Knorre bei Meissen gleicht.
Diese Uebereinstimmung mancher hier als Geschiebe auf-
tretenden Gesteine mit anderen anstehenden des Erzgebirges
veranlasst zu der Vermuthung, dass die ganze Masse der be-
sprochenen Sandeinlagerung sammt ihren Geschiebeblöcken von
höher gelegenen Punkten des Erzgebirges her zusammenge-
schwemmt sei, dass daher die sammtlichen Geschiebe keinerlei
gemeinsame Abstammung mit den in der norddeutschen Tief-
ebene auftretenden Geschieben, welche aus Norwegen und Finn-
land stammen, haben.
Herr BeyricHn sprach über die Erscheinung des Urgebir-
ges am Kyffhäuser mit Rücksicht auf die mangelhafte Darstel-
lung neuerer geognostischer Karten, welche ohne Beachtung
der genauen schon im Jahre 1844 bekannt gemachten Beob-
achtungen GIRARD’s daselbst Melaphyr angegeben haben. Das
kleine Kyffhäusergebirge, welches seiner Form und Lage we-
gen gewöhnlich mit dem Harz verglichen wird, tritt durch das
Verhalten, dass Rothliegendes unmittelbar dem Urgebirge auf-
liegt, vielmehr in auffallende Analogie mit dem Nordende des
' Thüringerwaldgebirges. Das Urgebirge zeigt sich am Nord-
abfalle des Gebirges in der Erstreckung von Kelbra bis Tilleda
in drei getrennten Partien von ungleicher Ausdehnung und
Zusammensetzung. Die kleinste östliche Partie ist der Gneis,
am Ausgange des Langen Thales bei Tilleda, über welchen
schon die älteren Schriften von FREIESLEBEn und Voigt Nach-
264
richt gegeben haben. Dann folgt am Fuss des Kyffhäuserber-
ges ein Massen-Granit, der weissen Glimmer enthält und voll-
ständig dem Rosstrappen-Granit des Harzes gleicht. Die grösste
und am mannigfaltigsten zusammengesetzte Partie ist die west-
liche, welche sich aus dem Dannenbergs-Thale bei Kelbra über
die Rothenburg fort bis nahe an den Massen-Granit hinzieht,
ohne jedoch mit diesem in Verbindung zu stehen. Die Partie
ist wesentlich zusammengesetzt aus krystallinischen Schiefer-
_ gesteinen, welche von zahlreichen Gängen eines Granites durch-
setzt werden, der sich in seiner Zusammensetzung wesentlich
von dem Massen-Granit der mittleren Partie unterscheidet. Die
krystallinischen Schiefergesteine lassen sich in eine nördliche
und südliche Gneuss-Zone scheiden, welche eine mittlere Zone
hornblendehaltiger Gesteine einschliessen. Die letzteren sind
theils deutlich schiefrig, Hornblendeschiefer und Hornblende-
gneis, theils erhalten sie durch Verschwinden des schiefrigen
Gefüges ein scheinbar massiges, dioritartiges Ansehen. Der-
Verlauf der Granitgänge ist unabhängig von der Einlagerung
der Hornblendegesteine; theils in letzteren, theils im Gneis
werden die grossen Steinbrüche bei der Rothenburg, im Stein-
thal und im Bornthal betrieben, welche hauptsächlich die Ge-
winnung des Ganggranites als Strassenmaterial bezwecken. Die
Ansichten über die Beziehungen dieses Urgebirges zum Roth-
liegenden, welche Girarp im Jahre 1844 entwickelte, wurden
hervorgerufen durch die Erscheinung eines Quarzites, der als
eine Contact-Ausscheidung an der Grenze zwischen dem Massen-
Granit des Kyffhäuserberges und dem an- und aufliegenden
Rothliegenden zu betrachten ist. Das Gestein bildete früher
südlich von Sittendorf am Gebirgsrande hervorragende Klippen,
welche wie ähnliche Klippen am Harzrande den Namen der
Teufelsmauer führten, jetzt aber verschwunden sind; ausge-
dehnte, jetzt verlassene Steinbruchsarbeiten lassen noch auf
der einen Seite des weggenommen Quarzites den sehr zer-
setzten Massen-Granit, auf der anderen das Rothliegende als
Nebengestein erkennen.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
v. w. 0.
G. Rose. Beryrıch. Rorn.
265
3. Protokoll der Aprıl - Sıtzung.
Verhandelt Berlin, den 5. April 1865.
Vorsitzender: Herr G. Rose.
Das Protokoll der März-Sitzung wird verlesen und ange-
nommen. e
Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten:
Herr Professor ZIRKEL in Lemberg, |
vorgeschlagen durch die Herren G. Rose, v. Hoc#-
STETTER, ROTH;
Herr MancoLp in Berlin,
vorgeschlagen durch die Herren BryrıcH, Kunta,
v. KoEnen. ®
Ein Schreiben des Herrn K. v. SEEBACH d. d. S. Jose de
Costa Riea 25. Februar 1865 wird zum Vortrage gebracht.
Fur die Bibliothek sind eingegangen:
A. Als Geschenke:
G. v. HELMERSEn: Der Peipussee und die obere Narova. —
Die Geologie in Russland. — Sep.
STARING: Over de putboring te Goes. — Sep.
R. Scott, Sir R. Grirritun and S. HaucHaton: On the che-
mical and mineralogical constitution of the granites of Donegal. —
Sep. Geschenk der Verfasser.
HaucHTon: Notes on animal mechanics und ÖObservations
of the fossil red deer of Ireland. — Sep.
W. Hammeer: Die Meteoriten des k. k. Hof-Mineralien-
Cabinets. Wien. 31. December 1864.
B. Im Austausch:
Sitzungsberichte der k, k. Akademie der Wissenschaften
in Wien, Mathem.-Naturwiss. Classe. Abth.I. Bd. 48 Heft 4, 5,
Bd.49 Heft 1—5; Abth. Il. Bd. 48, Heft 5, Bd.49, Heft 1—5.
Sitzungsberichte der Königl. bayer. Akademie der Wissen-
schaften zu München. 1864. II. Heft 3 u..4.
Abhandlungen der naturforschenden Gesellschaft zu Görlitz.
Bd. 12. 1865. |
Archiv für wissenschaftliche Kunde von Russland. Bd. 23.
Heft 4.
Correspondenz -Blatt des zoologisch-mineralogischen Ver-
eines in Regensburg. Jahrgang 18. 1864.
266
Verhandlungen der naturforschenden Gesellschaft in Basel.
Theil 4, Heft..1.
Bulletin de la Societe Vaudoise des sciences naturelles. T. $:
Bulletin No. 51.
Bulletin de la Societe Imperiale des naturalistes de Moscou.
1864. No. 4.
Memoire de la Societe de physique et d’histoire naturelle de
Geneve. Tome XVII. 2.
Memoire dell’ J. R. Istituto Veneto di scienze, lettere ed
axtis 4V ol. VIH: pa IKıpch ie pi ae:
The Quarterly Journal of the geological Society. Vol. XXI.
Part. 1::No=8I:
Journal of the Geological Society of Dublin. Vol. X. Part. 2.
| Herr RaAmmELSBERG berichtete über die von ihm fortgesetz-
ten Versuche, Mineralien in der Hitze des Porzellan-Brennofens
zu schmelzen, und legte die erhaltenen Präparate vor. Hin-
sichtlich ihres Verhaltens beim Schmelzen lassen sich die Mi-
neralien in zwei Gruppen bringen, je nachdem sie ihre che-
mische Zusammensetzung unverändert beibehalten, oder aber
eine Veränderung erfahren; in letzterer Beziehung wurde bei-
spielsweise der Topas erwähnt. Die unverändert schmelzen-
den Mineralkörper gehen gewöhnlich in den amorphen Zustand
über, wobei eine Verminderung des specifischen Gewichtes ein-
tritt. Wenige Mineralien — z. B. Korund nach DrvILLE, Au-
git, namentlich Wollastonit — behalten krystallinische Form,
und zwar in der Regel die ihnen eigenthümliche; nur bei der
Hornblende (vornämlich dem Tremolit) findet ein Uebergang
in andere Form, zugleich mit einer Vermehrung der Dichtig-
keit, statt. Die untersuchten Gebirgsarten zeigen nach der
Schmelzung ein geringeres specifisches Gewicht; diese Ver-
minderung ist indessen weniger bedeutend als nach dem Ver-
halten der Bestandtheile für sich erwartet werden sollte. —
Redner legte ferner Dolomitkrystalle von Teruel in Arragonien
vor und besprach ihre Krystallform und Zusammensetzung.
Herr Rort# theilte anschliessend an den Vortrag des Vor-
redners einige Notizen mit über Versuche, welche der verstor-
bene MITSCHERLICH über das Verhalten geschmolzener Minera-
lien und Gesteine angestellt hat. Als wichtigstes Ergebniss ist
hervorzuheben, dass. geschmolzener Olivin, Glimmer, Horn-
267
blende viel schneller aus dem dünnflüssigen in den festen Zu-
stand übergehen als die übrigen untersuchten verbreiteten Mi-
neralien, eine Thatsache, welche für die Bimsteinbildung von
Wichtigkeit ist. -
Herr ©. ©. Marsn legte der Gesellschaft eine neue und
wohlerhaltene Annelide aus dem lithographischen Schiefer von
Solenhofen vor. Das Exemplar ist etwa 5, Zoll lang, und
hat an jeder Seite eine Reihe von sehr grossen, glatten und
regelmässig gestellten Stacheln, von denen einige 5 Mm. Länge
haben. Obgleich alle Stacheln einfach zu sein scheinen, kann
man doch eine scharfe, enge Furche durch ihre ganze Länge
hindurch verfolgen, und daraus könnte man vielleicht schliessen,
dass zwei einzelne Stacheln eng verbunden seien. Diese Fur-
che ist auch deutlich auf Stacheln zu sehen, welche aus ihrer
ursprünglichen Lage losgerissen sind. Das Exemplar unter-
scheidet sich scharf von allen bis jetzt beschriebenen Gattun-
gen der Anneliden, und der Redner schlug dafür den Namen
Ischyracanthus Grubeanus vor.
Der Redner erwähnte ferner, dass Graf MUNnsTER unter
dem Namen @eophilus proavus (Beiträge V. Heft Taf. 9 Fig. 9)
eine Versteinerung. aus dem lithographischen Schiefer von Kel-
heim in Bayern beschrieben hat, und. er legte das Original-
Exemplar vor, (vielleicht Gegendruck des abgebildeten Stückes)
welches sich jetzt in dem Museum zu Berlin befindet. Obschon
diese Versteinerung in ihrer äusseren Form etwas Aehnlichkeit
mit dem lebenden Geophilus zeigt, so ist es doch leicht zu se-
hen, dass sie weder dieser Gattung, noch uberhaupt zu den
Myriopoden gehört. Sie ist eine ächte Annelide, und wenn
sie auch anscheinend eine andere Art, als _ die eben bespro-
chene ist, so muss sie doch in jedem Fall in die Gattung
Ischyracanthus gebracht werden.
Nächstdem zeigte der Redner mehrere Exemplare von
Ceratites nodosus Brug., auf welchen zweierlei Lobenlinien deut-
lich zu sehen waren; von denen eine Art der normalen Loben-
linie der Species entspricht, während die andere, welche alle
Falten der erstern durchschneidet, viel einfacher ist, und auf
einigen Exemplaren fast gerade verläuft. Eine genaue Betrach-
tung lehrt sogleich, dass die faltigere Linie nur ein oberfläch-
lieher Eindruck ist, die einfache Linie aber von den hervor-
tretenden Rändern der Kammerwände gebildet wird. Das Auf-
268
treten dieser beiden Lobenlinien ist so häufig bei dieser wohl-
bekannten Art, und zugleich so auffallend und merkwürdig,
dass es ohne Zweifel die Aufmerksamkeit von vielen Paläon-
tologen erregt haben muss; so viel jedoch der Redner weiss,
ist noch kein Erklärungsversuch darüber veröffentlicht.
Da diese Erscheinung in der Regel nur auf einer Seite
der Exemplare vorkommt, so könnte man vielleicht denken,
dass die Schale, nachdem sie zum Theil von weichem Schlamme
erfüllt worden, eingedruckt wäre, wobei ein- Eindruck der Lo-
benlinien auf der Substanz entstand, welche jetzt den Stein-
kern bildet. Dagegen hat die Untersuchung einer sehr grossen
Anzahl von Exemplaren, auch an ihrer Fundstelle, den Redner
überzeugt, dass der Eindruck in allen Fällen einfach durch
Abwaschung hervorgerufen ist. Betrachtet man einen Steinkern
dieser Art, wie er im Muschelkalk vorzukommen pflegt, so sieht .
man, dass die Lobenlinie durch eine leichte Vertiefung bezeich-
net ist. Die fortschreitende Abwaschung, während sie die
blossliegende Oberfläche allmälig und gleichmässig hinweg-
zehrt, schneidet auch diese Vertiefung in’ gleichem Maasse wei-
ter ein, und zwar nahezu rechtwinklig zur Ebene der Schale.
Da aber die Kammerwände nach innen weniger gefaltet sind,
so hört auch die Linie, welche durch ihre entblössten Ränder
‚gebildet wird, bald auf mit der Vertiefung zusammen zu fallen,
und so werden zweierlei Linien sichtbar.
Zur Unterstützung dieser Erklärung erwähnte der Redner,
dass seinen Beobachtungen nach diese Erscheinung nur bei
abgewaschenen Exemplaren vorkommt, und dass fast alle sol-
che Exemplare sie mehr oder minder deutlich zeigen; ferner,
dass während die beiden Linien immer ununterbrochen bleiben,
und einander bei jeder Falte schneiden, die Abweichung zwi-
schen ihnen mit dem Grad der Abwaschung regelmässig zu-
nimmt. Dass der Eindruck nicht durch Druck von oben ent-
standen sein kann, ist. auch dadurch zu erkennen, dass er zu-
weilen auf beiden Seiten desselben Exemplars gleich deutlich
zu sehen ist; auch ist auf solchen Stellen des Steinkerns, wel-
che durch anhaftende Brocken des Gesteins geschützt waren,
nur die normale Linie wahrzunehmen. Eingebrochene Exem-
plare kommen allerdings vor, aber bei allen solchen sind die
Lobenlinien in Folge der Zertrümmerung der Schale vielfach
- gestört und zerrissen. Der Umstand, dass die Substanz der
269
Kammerwände bei Ceratites nodosus in Farbe und Gefüge von
der Masse des Steinkerns abweicht, ist ohne Zweifel ein Grund,
weshalb die zweierlei Linien hier so auffallend werden. Die-
selbe Erscheinung kann natürlich unter ähnlichen Verhältnissen
bei vielen anderen Versteinerungen hervortreten, und sie ver-
dient allgemeinere Beachtung, weil ohne Berücksichtigung der-
selben leicht Irrthümer bei Bestimmung abgewaschener Ver-
steinerungen vorkommen könnten. Redner hat in der That
Spuren derartiger Eindrücke bei Nautilen und Ammoniten an-
derer Formationen beobachtet, und Herr BryricH bemerkte,
indem er der gegebenen Erklärung vollkommen beistimmte, dass
vielleicht auch die häufig noch an Steinkernen von Bivalven
sichtbare Skulptur der äusseren Schale in gleicher Weise ihre
Erklärung finden könnte.
Der Redner zeigte endlich einen in der Mitte durchge-
schnittenen Ammonites galeiformis Haver aus dem Alpenkalke
unweit Hallstadt, bei welchem auf der Schliffflache die Kam-
merwände fast sammtlich nach hinten convex erscheinen wie
bei den Nautileen. Diese abweichende Lage der Kammer-
wände kann vielleicht durch Krankheit herbeigeführt sein, in-
dem die Dorsal- und Ventralloben aus der Mitte nach einer
Seite hinüber gedrängt wurden. Merkwürdig ist es aber hier-
bei, dass in allen Windungen an zwei einander gegenüberlie-
genden Stellen zwei oder drei Kammerwände nicht wie alle
übrigen concav sind, sondern die normale nach vorn convexe
Richtung besitzen. |
Herr v. KoEnen legte eine Anzahl Versteinerungen aus
dem westphälischen produktiven Steinkohlengebirge vor, und
zwar erstens solche von den Gruben Westphalia bei Dortmund
und Graf Beust bei Essen, die ihm theils durch Herrn v. ALBERT
zukamen, theils durch Herrn Bergreferendar BErexpr dem hie-
sigen Museum geschenkt wurden. Dieselben stammen aus einem
grauen milden Thonschiefer im unteren Theile der mittleren
Etage (nach der Eintheilung des Herrn Bergrath LoTTner); das
Leitflötz für diese, Dickebank oder Sonnenschein, befindet sich
im Liegenden und auf beiden Gruben nicht mehr im Bereiche
der jetzigen Bausohlen. Die häufigste und ihrer besseren Er-
haltung wegen allein sicher bestimmbare Art ist Avicula papy-
‚racea. Ausserdem findet sich eine grosse Posidonomya, die etwas
länglicher ist als die Posidonomya Becheri, ferner Orthocerati-
Zeits.d.d.geol.Ges. XVII A. j 18
270
ten, glatte Goniatiten, sowie auch mit Spitzen auf. den Seiten be-
setzte Formen, die an Goniatites Listeri erinnern, aber nach Herrn
Professor F. Rormer’s Ansicht eher einer Nautilus-Art ange-
hören. Wir sehen also, dass sich auch in der mittleren Etage
eine aus sehr verschiedenen Formen zusammengesetzte Fauna
findet, die in Westphalen meines Wissens nur aus der unteren
Etage bekannt war. Dies ist um so interessanter, als ja un-
längst durch Herrn F. Rormer’s Arbeit über die Vorkommnisse
im oberschlesischen Steinkohlengebirge die Aufmerksamkeit auf
dergleichen gelenkt worden ist. Nach einer Mittheilung des Herrn
Baron pE RycKkHoLT haben sich auch im belgischen Steinkohlen-
gebirge neuerdings vielfach ähnliche Sachen gefunden.
Ferner hat Redner schon vor längerer Zeit sich eine
grössere Masse von dem Anthracosien-führenden Blackband
und Thonschiefer von der Grube Hannibal bei Bochum besorgt
und eine bedeutende Anzahl Versteinerungen herauspräparirt.
Unter diesen befinden sich zunächst hunderte von Anthracosien
und auch viele einzelne und zusammengehörige Schalen, die
das Schloss und die Muskeleindrücke vollständig zeigen. Er
hat demnächst versucht, dieselben nach der Arbeit Herrn Lup-
wıi@’s „Ueber die Najaden der westphälischen Steinkohlenforma-
tion“ zu bestimmen, ist dabei aber zu der Ansicht gelangt, dass
Herr Lupwıg eine viel zu grosse Anzahl von Arten aufgestellt
hat. Die Stellung derselben zu der Gattung Unio erscheint
aus mehreren Gründen unzulässig, und zwar erstens, weil sie
wirklich, wie S. WoopwaArnp dies schon ausgesprochen hat, im
Schloss mehr Uebereinstimmung zeigen mit gewissen Cypri-
cardien, bei denen im Alter die Schlosszähne verkümmern und
nur noch als stumpfe Höcker erscheinen. Als Analogon legt »
Redner einige sehr alte Venericardien aus dem Miocän von
Edeghem vor, bei denen der vordere Schlosszahn ganz ver-
schwunden ist und der hintere seine scharfen Umrisse verloren
hat. Ausserdem aber deuten die mit den Anthracosien zusam-
men vorkommenden Versteinerungen nicht auf Süsswasser- son-
dern auf marine Ablagerungen hin. Es sind dies erstens eine
Avicula von Mwytilus-artiger Gestalt, vermuthlich die Dreissena
Lupwig’s, zweistens eine sehr flache fast quadratische Avicula,
und drittens, meist auf diese aufgewachsen, eine Serpula oder
Serpulorbis; dies ist wohl die Planorbis Lupwig’s. Ausserdem
fand sich in dem Gestein noch ein Lepidodendron und ein
271
keilförmiges Knocheustuck von ca. 5 Zoll Länge, das sich aber
nicht näher bestimmen lässt. Schon hierdurch möchte der ma-
rine Charakter jener Schichten ziemlich ausser Zweifel sein;
ich werde suchen auch noch aufzufinden, was Herr Lupwie für
eine Cyrena erklärt hat, und was wohl auch einer anderen Gat-
tung angehören dürfte.
Herr Fern. RoEmER legte ungewöhnlich grosse Chabasit-
Krystalle aus dem Basalte von Dembio bei Oppeln in Ober-
Schlesien vor. Der leider unlängst verstorbene, um die Eisen-
hütten-Industrie Oberschlesiens sehr verdiente Bergrath WAcH-
LER in Malapane hat dieselben dem mineralogischen Museum
der Universität Breslau übergeben. Der grösste der vorliegen-
den Krystalle misst 2 Zoll in der Breite und 1: Zoll in der
Höhe. Die Krystallform ist die gewöhnliche. Herrschend ist
das Hauptrhomboeder und das erste stumpfere Rhomboeder.
Untergeordnet sind auch die Flächen des ersten spitzeren Rhom-
boeders vorhanden. Statt der Flächen des Hauptrhomboeders
selbst treten jedoch meistens die gestreiften Flächen eines sehr
stumpfkantigen gestreiften Skaleno&ders aus der Endkantenzone
des Hauptrhomboeders auf. Die fraglichen Krystalle wurden
beim Vertiefen der Sohle des Königlichen Basaltbruches bei
Dembio gefunden. Der dortige Basalt enthält in zahlreichen
Blasenräumen auch andere Zeolithe und namentlich Mesotyp.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
v. w. 0.
G. Rose. Bryrıch. Roru.
18*
272
1. Ueber das Vorkommen von Rhizodus Hibberti Owen
( Megalichthys Hibberti Agassiz et Hibbert) in den
Schieferthonen des Steinkohlengebirges von Volpersdorf
in der Grafschaft Glatz.
Von Herrn Ferv. Rormer ın Breslau.
\
Hierzu Taf. VI.
Im Laufe des verflossenen Sommers erhielt ich durch einen
Händler ein Paar Exemplare von Fischschuppen mit sehr zier-
licher Skulptur der Oberfläche, welche angeblich aus dem Stein-
kohlengebirge der Grafschaft Glatz herrühren sollten. Nach-
her wurde mir bekannt, dass der nähere Fundort dieser Schup-
pen die Kohlenschiefer der Rudolphsgrube bei Volpersdorf sei
und dass Herr Obersteiger VOLKEL auf der Rudolphsgrube die-
selben zuerst entdeckt und eine grosse Anzahl derselben ge-
sammelt habe. Da die fraglichen Schuppen ein für das schle-
sische Steinkohlengebirge ganz neues Vorkommen sind, so be-
gab ich mich nach der Rudolphsgrube bei Volpersdorf, um bei
dem genannten einsichtigen und eifrigen Beobachter und Samm-
ler sowohl die gesammelten Gegenstände zu sehen, als auch
über das Vorkommen derselben nähere Kenntniss zu erhalten.
Die von Herrn VöLKEL gesammelten Gegenstände bestan-
den in mehreren hundert Exemplaren von Schuppen, Schildern
und Zähnen. Die Lagerstätte dieser Fischreste ist eine nur
2 bis 3 Zoll dicke Schieferthonschicht im Hangenden des ach-
ten, 12 bis 14 Zoll mächtigen Kohlenflötzes auf der Rudolphs-
grube bei Volpersdorf. Das Steinkohlengebirge bei Volpers-
dorf ist übrigens das ächte flötzführende Kohlengebirge und
bildet mit der grösseren Partie von Waldenburg zusammen-
hängend einen schmalen Streifen zwischen dem Gneiss des
Eulengebirges und dem Rothliegenden der Grafschaft Glatz.
273
Da Herr VöLkEL seitdem die Gefälligkeit hatte mir seine
ganze Ausbeute zu näherer Untersuchung mitzutheilen, so bin
ich dadurch in den Stand gesetzt eine nähere Beschreibung
der neuen Funde zu geben.
Der Haupttheil dieser Ausbeute besteht in einigen hundert
Exemplaren von Schuppen. Diese Schuppen sind von ver-
schiedener Grösse und Form, aber es ist ihnen ein gewisser
Habitus der äusseren Skulptur gemeinsam, welcher sie als zu-
sammengehörig und als wahrscheinlich von derselben Art her-
rührend bezeichnet. Die Grösse der Schuppen schwankt zwi-
schen + und 1 Zoll in der Länge. Ihre Form ist subrektan-
gulär, subpentagonal und subtriangulär. Die meisten sind mehr
oder minder unsymmetrisch und der Umriss der linken Hälfte
verschieden von demjenigen der rechten. Die Skulptur der
Oberfläche betreffend so lassen alle diese Schuppen mehr oder
‘ weniger deutlich zwei Regionen unterscheiden, nämlich eine
vordere zsorherrschend concentrisch und eine hintere vorherr-
schend radial gestreifte. Die vordere concentrisch gestreifte
Region ist regelmässig die bedeutend grössere. Die radial
gestreifte hintere Region beträgt in der Regel nur etwa den
dritten Theil der ganzen Oberfläche der Schuppe.
- Die Skulptur der vorderen Region besteht aus sehr zahl-
reichen und äusserst feinen erhöhten Radiallinien, welche durch
- zahlreiche dem Rückenrande der Schuppe- parallele concentri-
sche Anwachsringe geschnitten und in lauter Körnchen getheilt
werden. Einzelne der concentrischen Anwachsringe sind ge-
wöhnlich so stark, dass sie den allgemeinen concentrischen
Charakter der Skulptur bestimmen.
Die Skulptur der hinteren Region der Schuppe, welche
durch zwei nach dem Mittelpunkte verlaufende gerade Grenz-
linien gegen die vordere ziemlich scharf abgesetzt ist, besteht
aus viel stärkeren Radiallinien und einzelnen entfernt stehen-
den concentrischen Anwachslinien, welche zuweilen als stark
vertiefte Furchen erscheinen. So ist die hintere Region der
Oberfläche der Schuppen nicht blos durch den mehr hervor-
tretenden radialen Charakter der Skulptur, sondern auch durch
die gröbere und stärkere Skulptur ausgezeichnet.
Uebrigens laufen die Radiallinien sowohl der hinteren wie
der vorderen Region in einen gemeinsamen Punkt zusammen.
Dieser Punkt ist aber gewöhnlich nicht genau der Mittelpunkt
274
der Schuppe, sondern liegt vor der Mitte der Länge. Zugleich
bildet dieser Punkt, in welchem die Radiallinien zusammen-
laufen, eine mehr oder minder stark vorragende Erhöhung, wel-
che sich zuweilen in einen mittleren Längskiel verlängert.
Die Erhaltungsart der Schuppen betreffend so sind es mei-
stens blosse Abdrücke der äusseren Oberfläche. Zuweilen ist
aber auch ein Theil der körperlichen Substanz der Schuppe
selbst als eine äusserst dünne hornartige Lage von der Dicke
sehr feinen Briefpapiers erhalten. Offenbar ist diese Lage dann
aber nicht die ganze Substanz der Schuppe, denn bei dieser
geringen Stärke würde die Schuppe durchaus nicht die genügende
Festigkeit und Widerstandsfähigkeit gehabt haben. Der grössere
Theil der Substanz der Schuppe muss vielmehr, weil von an-
derer für die Erhaltung nicht geeigneter Beschaffenheit, ver-
schwunden sein. Diese Annahme wird durch die später an-
zustellende Vergleichung mit ähnlichen Schuppen anderer Ge- °
genden ihre Bestätigung finden.
Gewöhnlich liegen die Schuppen ganz vereinzelt auf den
Flächen des Schieferthons; in einem Falle fand sich aber auch
eine grössere Anzahl derselben vereinigt. Auf der Fläche
eines handgrossen Stückes von festem Schieferthon liegen ge-
gen 30 Schuppen in unregelmässiger Zusammenhäufung; hier
war offenbar der Haupttheil des ganzen Fisches nicht fern.
Ausser den Schuppen kommen schildföormige Stücke von
verschiedenartiger Gestalt, welche wahrscheinlich der Kopf-
bedeckung angehören, ohne dass man ihre Lage auf der Fla-
che des Kopfes näher bezeichnen könnte, wenn gleich in viel
geringerer Häufigkeit vor. Das, was man von der Skulptur
der Oberfläche dieser Schilder erkennt, weist durchaus darauf
hin, dass sie zu demselben Fisch wie die Schuppen gehören.
Taf. VI. Fig. 4 stellt ein grösseres Schild dieser Art dar.
Endlich wurden auch Zähne in unvollständiger Erhaltung
beobachtet. Ein grosser verdrückter und unvollständiger Zahn
wurde bei vollständiger Erhaltung die Form wie Taf. VI. Fig. 5
gehabt haben. Der grosse Zahn zeigt am unteren Theile starke
gerundete Längsfalten oder Längsreifen. Der übrige Theil der
Oberfläche ist glatt.
‘ Sucht man nun diese Fischreste aus dem Steinkohlenge-
birge von Volpersdorf näher zu bestimmen, so wird man bald
auf die Aehnlichkeit derselben mit gewissen seit längerer Zeit
275
' aus dem Steinkohlengebirge von Burdie House bei Edinburg
bekannten Ueberresten eines grossen Fisches hingewiesen.
Hiısgert*) beschrieb gewisse Zähne und Schuppen eines
grossen Fisches aus dem Kohlengebirge von Burdie House,
welche BuckLanD später auf die Autorität von Acassız hin
Megalichthys Hibberti nannte. Auf dieselben Zähne und Schup=
pen beziehen sich die Bemerkungen, welche Acassız (Rech.
sur les poiss. foss. Tom. II. p. 87) bei der ersten Erwähnung
der Gattung Megalichthys über dieselbe macht. Später (Tom. IV.
p. 9, t. 63, 64) beschreibt Acassız als Megalichthys Hibberti
einen kleineren Fisch mit rhombischen Schuppen. OweEn**)
sah sich veranlasst die Gattung Rhizodus auf Grund der Unter-
suchung der grossen ursprünglich von HisBerr beschriebenen
Zähne von Burdie House zu errichten. Endlich hat M’Coy ***)
die Synonymie der Gattung dahin festzustellen gesucht, dass
er die Gattung Megalichthys auf den später von Agassız unter
dieser Benennung beschriebenen Fisch beschränkend Owex’s
Gattung Rhizodus auf die grossen Zähne und Schuppen von
Burdie House verwendet. Zugleich vereinigt er den Holopty-
chius Portlocki Ag.f) aus dem Kohlengebirge von Irland mit der
schottischen Art und beschreibt eine zweite Art der Gattung
(Rhizodus gracilis) aus den Kohlenschiefern von Gilmerton.
Vergleicht man nun mit diesen schottischen Resten der
Gattung Rhizodus die Fischreste von Volpersdorf, so scheinen
zwar auf den ersten Blick die Schuppen nur wenig überein-
stimmend, indem die Schuppen von Burdie House aus blätterig
übereinanderliegenden Lagen von horniger Substanz bestehen
und eine verhältnissmässig bedeutende Dicke haben, auch von
der zierlichen Skulptur der Oberfläche nichts erkennen lassen;
allein bei näherer Prüfung überzeugt.man sich, dass das nur
Folge der verschiedenen Art der Erhaltung ist. Bei den Schup-
pen von Burdie House scheint immer nur die concave Innen-
fläche der Schuppen sichtbar zu sein, während die rauhe Aussen-
fläche in dem Gesteine haftet. Wenn man jedoch, wie ich es
gethan, die blätterigen Schichten fortspaltet, so sieht man unter
*) Transaet. of the Roy. Soc. Edinb Vol. XIII. p.202 t.8, 9 (1858).
**) Odontography p. 79 (1840).
»&*) Brit. Palaeoz. foss. p. 612.
7) PortLock, Geol. Rep. p. 463, t. 13, f. 5- 11.
276
denselben die fein radiale und granulirte Skulptur hervortreten,
wie sie den Schuppen von Volpersdorf eigenthumlich ist. Das
ist genau so, wie PortLock (t. 13, f. 1a.) die Sache dar-
“ stellt, wie denn auch die äussere Form der von PorTLock ab-
gebildeten Schuppen mit derjenigen der Schuppen von Volpers-
dorf übereinstimmt.
Fast noch bestimmter, als die Schuppen erweisen sich die
mit den Schuppen bei Volpersdorf vorkommenden Zähne als
übereinstimmend mit denjenigen der Gattung Rhizodus im schot-
tischen Kohlengebirge. Namentlich erkennt man bei dem ein-
zigen etwas deutlicher erhaltenen Taf. VI. Fig. 5 abgebildeten
Zahne die für die Gattung bezeichnenden starken geraden
Längsfalten an der Basis des Zahnes. Ja selbst die sehr fei-
nen und scharfen Längsleistchen, welche man auf der convexen
Oberfläche dieser Falten an den grossen Zähnen der Kiefer
aus dem Kohlengebirge von Gilmerton, von welchen mir zwei
wohlerhaltene Exemplare vorliegen, mit der Lupe wahrnimmt,
erkenne ich an dem verdruckten Zahne von Volpersdorf wieder.
Hiernach ist das Vorkommen der Gattung Rhizodus in dem
produktiven Kohlengebirge der Grafschaft Glatz als erwiesen
anzusehen. Vollständigere Ueberreste und namentlich ganze
Kiefer, wie sie hoffentlich bald gefunden werden, müssen dar-
über entscheiden, ob, was jetzt nur wahrscheinlich ist, der
schlesische Fisch auch der Art nach mit dem Rhizodus Hibberti
von Burdie House identisch ist.
Erklärung der Abbildungen auf Tafel VI.
Figur 1 stellt eine der grösseren Schuppen in natürlicher Grösse dar.
Der Umriss ist ergänzt.
Figur 2 eine Schuppe mittlerer Grösse.
Figur 3 eine grössere Schuppe mit unregelmässig runzeliger Ober-
fläche. Nur am Umfang tritt die radiale Skulptur hervor.
Figur 4 ein ke Stück von nicht näher bestimmbarer
Stellung.
Figur 9. Ergänzte Skizze eines grossen Fangzahns mit den starken
Längsfalten am Grunde.
Figur 6. Modiola sp., welche sich mit den Fischresten zusammen
ziemlich häufig findet.
277
2. Ein Besuch der Kupfergrube Monte Catini in Toscana
und einiger Punkte ihrer Umgebung.
Von Herrn G. vom Rara ın Bonn.
Hierzu Tafel VIII und IX.
Geognostische Uebersicht.
Um die Erforschung der geognostischen Verhältnisse Tos-
cana’s hat sich durch vieljahrige Bemühungen PAoro Savı,
Professor zu Pisa, ein grosses Verdienst erworben. In dem
zusammenhängenden, bis auf wenige beschränkte Ebenen das
ganze Land einnehmenden Gebirgsnetze Toscana’s erkannte
Savı*) drei verschiedene Gebirgszuge, welche von sehr ver-
schiedenen geognostischen Verhältnissen beherrscht werden;
sie sind: das Appenninengebirge (Catena Appenninica), das
Erzgebirge (Catena metallifera) und das Serpentingebirge (Ca-
tena serpentinosa).
Der Appennin, die Wirbelsäule Italiens, tritt mit dem
Monte Molinatico nordlich von Pontremoli in Toscana ein,
streicht gegen Südosten und Sudsudosten, und bildet nicht nur
gegen Norden, Nordosten und Osten die Grenze des früheren
Grossherzogthums, sondern erfüllt auch mit’ seinen Parallel-
ketten und zahlreichen Verzweigungen einen grossen Theil des
*) Savı, Taglj geologiei delle Alpi Apuane, Monte Pisano e Cenno
sull’ Isola dell’ Elba, Nuovo Giorn. dei Lett di Pisa (1833). Sulle mi-
niere delle vicinanze di Massa marittima, ib. 1847. Sulla coslituzione
geologica delle Alpı Apuane, Nuovo Cimento, 1863.
Savı e Menechinı, Considerazioni stratigrafiche, paleoniologiche con-
cernenti la geologia Toscana, Firenze 1551. ;
Coguanp, Sur les terrains stratifies de la Toscane, Bull. soc. geol.
d. France, II. Ser. T. 2 (1845).
Icıno Coccnı, Description des roches ignees et sedimentaires de la
Toscane dans leurs succession geologique, Bull. soc. geol. d. France, IF.
Ser. T. 13 (1856).
Sıvı, Saggio sulla costituzione geologica della provincia di Pisa in
„Statistica della Provincia di Pisa, 1863.
278
Landes. Die Hohen dieses Theils des grossen Gebirges sind
gerundet, bis zu den Gipfeln mit- Wald und Alpen bedeckt.
In geognostischer Hinsicht zeichnet sich der toskanische‘ Ap-
pennin dadurch aus, dass er vorzugsweise aus Eocänbildungen
besteht, nämlich aus glimmerig-thonigem Sandstein wechselnd
mit Schieferthon und Kalkstein. An einzelnen Punkten tritt
unter diesen Schichten noch die obere Kreide hervor als ein
sandiger Kalkstein, die sogenannte Pietra forte. Das Streichen
der Schichten ist in dem centralen Theile der Kette von Nord-
westen nach Südosten gerichtet, das Fallen vorzugsweise ge-
gen Nordosten. Demgemäss ist der gegen Modena und Bo-
logna gewendete Gebirgsabhang sanft und gleichmässig, wäh-
rend das toskanische Gehänge steil und gebrochen ist.
Das Erzgebirge, so von Savı benannt wegen der wich-
tigen in demselben auftretenden Erzlagerstätten, bildet keine
zusammenhängende Kette, keinen Gebirgszug, sondern isolirte
Erhebungen mit elliptischer Basis (daher von Savı Rllissoidi
genannt), welche sich vorzugsweise in einer nordsudlichen Linie
aneinander reihen. Zu den Erhebungsgruppen des Erzgebirges
gehören die Apuanischen Alpen bei Carrara nebst den benach-
barten Bergen des Golfs von Spezzia, das Gebirge von Pisa,
dasjenige von Campiglia, von Montieri und Gerfalco und weiter
gegen Südsüdosten das Vorgebirge Argentaro. Andere Gruppen
reihen sich gegen Westen und Osten an diese Hauptlinie an.
Als solche betrachtet Savı die Montagnola Senese, die Insel
Gorgona, einen Theil von Elba, dann den Berg von Cetona
bei Chiusi. Diese Gruppen des Erzgebirges, welche sich
mehr oder weniger selbstständig, sei es aus dem Meere, sei
es aus umliegender Ebene oder flachhügeligem Lande erheben,
ziehen in höherem Grade als der Appennin das Interesse des
Geognosten auf sich. In ihrer idealen Gestalt zeigen jene
Gruppen mantelförmig gelagerte Schichten, so dass das Berg-
centrum von den ältesten Bildungen eingenommen wird. Im
Gegensatze zu den wenig mannigfaltigen jungen Schichten des
Appennins ist in den Gruppen des Erzgebirges eine vollständige
Schichtenreihe vom Mitteltertiär bis zu den paläozoischen Bil-
dungen vorhanden. Doch haben, bemerkt Savı, in den einzel-
nen Gruppen die hebenden Kräfte nicht gleich energisch ge-
wirkt. In dem Gebirge von Massa marittima verursachten sie
lediglich die Zerreissung der verschiedenen Tertiärbildungen,
279
*
der Kreide- :und der Jura-Schichten, so dass die Lias-Schichten
zu einer geschlossenen Kuppel gehoben wurden. Diese nehmen
als Cornate von Gerfalco und als Poggio von Montieri die Mitte
der Gruppe ein. In anderen Gruppen wurden auch die paläozoi-
schen Gesteine zu Tage gehoben, so im Pisanischen Gebirge
und in den Apuanischen Alpen. Doch in keinem der Systeme
des Erzgebirges erscheint eine plutonische Felsart unter sol-
chen Verhältnissen, dass man dieselbe als Ursache der Schich-
tenhebung betrachten konnte.
Als paläozoische Schichten, wahrscheinlich der Stein-
kohlenformation angehörig, sind zu deuten die Talkschiefer
mit vielen Quarzausscheidungen, welche dunne Lagen von gra-
phitischer und anthraeitischer Kohle einschliessen. Diese Schie-
fer treten auf in den Apuanischen Alpen, sie bilden die Gipfel
und den grössten Theil des Pisanischen Gebirges, das Fels-
gestade von Rio auf Elba, in welchem die Eisenglanz-Gänge
aufsetzen, und erscheinen am Üap Argentaro, sowie bei Jano,
2 d. Meilen nördlich von Volterra. Diese quarzreichen Talk-
schiefer (welchen Savı fruher nach ihrem Vorkommen am Pisa-
ner Berge den Namen Verrucano gab) gleichen vollkommen
den in den Alpen, namentlich in den Bündnerischen weit ver-
breiteten Schiefern. Während diese Schichten bei ihrer halb-
krystallinischen Beschaffenheit keine Versteinerungen einschlies-
sen, lieferten die ihnen parallel zu stellenden Thonschiefer-
und Sandsteinschichten von Jano die ausgezeichnetsten carbo-
nischen Reste, sowohl Brachiopoden (Productus, Leptaena,
Spirifer) als auch die schönsten Pflanzenreste, welche man in
der Sammlung zu Pisa bewundert. *)
Die Trias wird in den Apuanischen Alpen, zu Campi-
glia, und auf Elba vorzugsweise durch den hochgeschätzten
blaulichen Bardiglio-Marmor vertreten, während in gleichem
Niveau im Pisanischen Gebirge ein halbkrystallinischer, wachs-
glänzender Marmor auftritt, in welchem J. Coccnı Myophoria
curvirostris und Avicula socialis beobachtete. — Die grösste Be-
deutung für die Gruppen des Erzgebirges hat der
Lias, indem demselben die Hauptmasse des Marmors
angehört. In den Apuanischen Alpen bildet der Lias den
\
*) Jano ist bisher der einzige Punkt im festländischen Italien mit
deutlichen Resten der Steinkohlenformation.
280
Monte Altissimo und die anderen höchsten Berge der Gruppe,
er findet sich bei Pisa, Campiglia, auf Elba und im Gebirge
Cetona. Es ist der bekannte kleinkörnige weisse Statuen-
Marmor von Carrara und Serravezza.*) Grosskörniger, dem
Parischen gleich, ist der Marmor vom Monte Rombolo und
von Aqua viva bei Campiglia, dessen schon von den Römern
bearbeitete Brüche jetzt wieder aufgenommen wurden.
In den Apuanischen Alpen findet sich der reinste statua-
rische Marmor in grossen linsenförmigen Massen, welChe von
einer Glimmer- oder Talk-reichen Hülle umschlossen, und in
dem gewöhnlichen körnigen Kalksteine eingebettet sind. Jene
vorzugsweise aus Glimmer und Kalkspath bestehende Hülle,
welche „Madremacchia* — Muttermal — heisst, fuhrt ausser-
dem Hornblende, Dolomit, Spatheisen, Gyps, Quarz, Eisen-
glanz, Schwefelkies, zuweilen Schwefel. Je mehr die Madre-
macchia ausgebildet ist, um so reiner ist der umhüllte Marmor.
Einer verworrenen Madremacchia entspricht ein nicht tadel-
freier Marmor (nach einer Mittheilung Coccur’s). Die Vermu-
thung erscheint nicht unbegründet, dass bei der Metamorphose
des Kalksteins die demselben beigemengten fremdartigen Ele-
mente sich als Madremacchia ausgeschieden haben. Je voll-
ständiger dies geschah, desto vollkommener ist der Marmor.
Die Hauptmasse des Marmors wird überlagert durch den
rothen Ammonitenkalk. Diese an Ammoniten, Belemniten und
Encriniten-Gliedern reichen Schichten sind entwickelt am
Monte Oalvi bei Campiglia, bei Gerfalco und Montieri, bei
Cetona, in den Bergen von Pisa, Spezzia u. a. OÖ. Hierhin
scheint auch zu gehören der schöne gelbe Marmor von Siena
(Giallo di Siena), welcher zu Montarenti, etwa eine d.M. süd-
westlich von Siena, gebrochen wird. Hiermit enden den Un-
tersuchungen der toskanischen Geognosten zufolge die Lias-
schichten.
‘Zur Oolithformation werden gewisse bunte Schiefer
gestellt (‚Schisti varicolori Savr's), welche meist sehr arm an
Versteinerungen, in ihrem petrographischen Charakter schwan-
ken zwischen einem grauen, braunen oder röthlichen Thon-
schiefer und einem Glimmer- oder Talkschiefer. Diese Schich-:
ten finden sich in der Gegend von Spezzia, wo sie Versteine-
®
*) P. Savı, Sul mischio di Serravezza, Nuovo Giorn. lett. Pisa, 1830.
281
rungen einschliessen, in den Apuanischen Alpen, woselbst zu
Ripa*) bei Serravezza eine Zinnoberlagerstätte in diesen Schie-
fern sich befindet, im Pisanischen Gebirge, sowie in der Ge-
gend von Campiglia, zu Gerfalco und Montieri.
Ueber den bunten Schiefern liegt eine zweite mächtige
Kalkbildung (gebildet durch dichten, selten halbkrystullinischen
Kalkstein, häufig mit Feuersteinen), in welcher Savı und Coccht
die untere Kreide zu erkennen glauben. Diese Bildung ist
von ausserordentlicher Mächtigkeit und in mehreren der Grup-
pen des Erzgebirges sehr verbreitet, namentlich im Pisanischen
3ebirge, in den Apuanischen Alpen, in der Montagnola Senese
während sie in den Bergen von Campiglia und Massa mari-
tima nicht bekannt ist. Die in Rede stehenden Kalkschichten
sind meist versteinerungsleer, nur an zwei Stellen sind Reste
in ansehnlicher Menge gefunden worden: alla Tecchia im west-
lichen Theile und in Val Pedogna im östlichen Theile der
Apuanischen Alpen. Die Zugehörigkeit dieser Bildung zur
“untern Kreide scheint indess nicht völlig erwiesen; indem
CoLLEGNO und namentlich PArFTo dieselbe als jurassisch be-
trachten und diese Ansicht durch die neueren Arbeiten CA-
PELLINT’s über die Gebirge des Golfs von Spezzia in Bezug auf
die Kalksteine von Grotta Arpaja bewiesen worden ist. **)
Die ganze Reihe der bisher aufgeführten Bildungen ist im
toskanischen Appennin nicht vertreten, sondern auf die Erhe-
bungsgruppen des Erzgebirges beschränkt. Die jüngeren Bil-
dungen sind den beiden so verschiedenen Gebirgen gemeinsam.
Die obere Kreide ist zunächst vertreten durch einen sandi-
1
*, Professor Meneshinı zeigte mir in der Universitäts-Sammlung zu
Pisa einen Zinnober-Krystall von dieser Fundstätte von ausserordentlicher
Schönheit. Der Krystall stellt ein niederes hexagonales Prisma dar von
der herrschenden Endfläche begrenzt; die Combinationskanten zwischen
Prisma und Endfläche durch mehrere schmale Flächen abgestumpft. Die
Grösse des Krystalls beträgt etwa 7 Linien.
**) Die im Vorstehenden gegebene geognostische Uebersicht des
Toscanischen Erzgebirges stützt sıch vorzugsweise auf die (8.277) ange-
führten Arbeiten Savı’s und Coccur’s. In neuerer Zeit hat Coccnı seine
Ansichten über das Alter der in den Apuanischen Alpen auftretenden Bil-
(dungen wesentlich geändert, s. Coccnı, Sulla Geologia dell’ Italia centrale,
Firenze 1564. Um hier nur Eines anzuführen, wird von ihm die Haupt-
masse des Marmors von Carrara jetzt nicht dem Lias sondern der Stein-
_ kohlenformation zugerechnet.
282
gen, sehr harten und dichten, röthlichen oder grünlichen Kalk-
stein die Pietra forte; darüber liegen thonige Schiefer (‚Schästi
galestrini) mit zwischengeschalteten wenig mächtigen Schichten
eines dichten Thonkalks (Alberese).
Die drei Abtheilungen des Tertiärs, das Eocän *), Mio-
can und Pliocan bedecken weitaus den grössten Theil des Lan-
des. Hier möge nur erinnert werden an das Auftreten des
Nummuliten-Kalks in den Appenninen, bei Campiglia, den
Pisanischen und Apuanischen Bergen; an die Mioeänbecken,
welche den’ grösseren Theil der Flussgebiete der Cecina und
Cornia einnehmen, die miocäne Kohle von Monte Bamboli;
an die pliocänen graublauen Thone, gelben Sande
und gelben Kalktuffe, welche im Volterranischen und Sie-
nesischen so allgemein verbreitet sind.
Das Serpentingebirge bildet eine Reihe von Erhebun-
gen, welche mit dem Monte Nero bei Livorno beginnen, mit
südöstlicher Richtung uber die Cecina fortsetzen und erst an
der romisch-toskanischen Grenze am Sudfusse des trachytischen
Monte Amiata ihr Ende erreichen. Doch beschränkt sich das
* Erscheinen des Serpentins bekanntlich nicht auf diesen Zug,
vielmehr durchbrechen zahlreiche Serpentinkuppen beide Ab-
hänge des Appenninengebirges, in der Gegend von Genua an-
fangend und bis zu dem Quellgebiete der Tiber und des Me-
tauro reichend. Die eruptiven Gesteine des Serpentingebirges
stehen in Verbindung mit den Schichten der oberen Kreide
und des Eocäns. Diese beiden Bildungen sind in Toscana
schwer zu scheiden, indem gewöhnlich weder eine abweichende
Lagerung noch eine verschiedene petrographische Beschaffen-
heit beobachtet wird. Erst Murcnıson gelang es (1850), in-
dem er die Nummuliten-Etage als leitenden Horizont erkannte,
eine Trennung jener Gebilde durchzuführen. Immerhin ist es
bemerkenswerth, dass die obere Kreide und die älteste Abthei-
lung der Tertiärs in Toscana sich ohne Störung und Unter-
brechung auf dem Boden desselben Oceans ablagerten und
eine völlig scharfe Grenze zwischen den betreffenden Schichten
unmöglich ist. Sehr mannigfach sind die eruptiven Gesteine
*) Es ist das Verdienst Murcaısox’s, die Eocänbildungen von der
oberen Kreide in Toscana geschieden zu haben. S. „Ueber den Gebirgs-
bau in den Alpen, Appennninen und Karpathen‘“, deutsch von G. Leon-
Hat, 1850,
283
der Serpentinkuppen, indem ausser dem Serpentin noch meh-
rere andere Gesteine der Grünsteinfamilie erscheinen: Gabbro
(ein Gemenge von Diallag theils mit Labrador, theils mit
Saussurit oder vielleicht mit Anorthit), Euphotid oder Granitone
(ein Oligoklas- oder Labradorporphyr), feinkörniger Diorit, end-
lich ein Melaphyr-ähnliches Gestein, welches zuweilen als Man-
delstein ausgebildet ist und in Blasenräumen verschiedene Zeo-
lithe einschliesst. Diese Gesteine, welche sich in mannigfachen
Gängen durchsetzen, haben auf die durchbrochenen Schichten
der Kreide- und Eocänformation einen umändernden Einfluss
‚geübt. Es ist eine bekannte Thatsache, dass gewisse Grün-
steine indem sie thonige Schieferschichten durchbrechen und
dieselben metamorphosiren, mit denselben sich so innig ver-
binden, dass man eine scharfe Grenze zwischen dem Eruptiv-
gesteine und den veränderten Schichten kaum zu ziehen ver-
mag. So ist es gekommen, dass ein meist sphäroidisch abge-
sondertes, durch ausgeschiedenes Eisenoxyd roth verwittertes,
Melaphyr-ähnliches Gestein — der Gabbro rosso — für eine
umgewandelte Sedimentärbildung ist angesehen worden, wel-
cher Meinung ich indess, nachdem ich das Auftreten des Gab-
bro rosso „des rothen Gebirges* zu Monte Catini kennen ge-
lernt habe, nicht beipflichten kann. Ausser den älteren Grün-
steinen und dem zugehörigen Serpentin, welche durch die Bei-
mengung des Diallags charakterisirt sind, unterscheidet J.
Cocchı einen Serpentin von jüngerer Bildung, welcher jene
Gesteine in Gängen durchsetzen und keinen Diallag einschliessen
soll. Dieser jüngere Serpentin, welchem sich verschiedene
andere Gesteine der Grünsteinfamilie zugesellen, birgt häufig
Lagerstätten verschiedener Schwefelmetalle, namentlich des
Kupfers, doch auch des Bleies, Eisens und Zinks. Diese Vor-
kommnisse sind meist sehr arm und regellos, nur ausnahms-
weise reich.
Eine weite Umsicht über die Umgebungen Monte Catini’s
gewinnen wir, wenn wir unseren Standpunkt am Südthore des
hochliegenden Volterra’s 1704 P. Fuss ub. M.*) nehmen. Diese
altetruskische Stadt (Felathri) umringt mit ihren eine d. Meile
im Umfange messenden Mauern den ebenen Scheitel einer
*) Die Höhenangaben sind entnommen der topographischen Karte
von Mittelitalien (Maassstab 1:56400), ausgeführt durch den k. k. Ge-
284
mächtigen, allmälig ansteigenden, schildförmigen Höhe. Der
Grundriss der Stadt besitzt eine Halbmondform, deren con-
vexer Bogen nach Südwesten gerichtet ist. Gegen Nordosten
senkt sich das Planum der Stadt um etwa 200 Fuss. Auch
‚steigen von dieser Seite vom Era-Thale herauf mehrere tief
einschneidende Thäler bis zu den Stadtmauern empor. Die
obere Decke der Volterranischen Höhe, sowie die nach Norden
und Nordosten gerichteten Abhänge bestehen aus einem gel-
ben, sandigen, tuffähnlichen, überaus versteinerungsreichen
Kalksteine, der sogenannten Panchina, welche mit losem gel-
bem Sande wechsellagert. Dieser Stein hat die kolossalen,
ohne Mörtel aufeinander gelegten Werkstücke zu den alten
Mauern geliefert und in denselben finden sich auch die beruhmten
Todtenkammern von Volterra ausgehöhlt. Unter der Panchina
lagert, und tritt auf der Sud- und Westseite der Stadt nahe unter
den Mauern derselben ‘hervor und bildet nach diesen Seiten
die Abhänge der schildförmigen Höhe — ein graublauer Thon,
der Mattajone. Die mächtige Thonbildung, in welcher das
Flussgebiet der Era liegt, hat gegen Norden und gegen Osten
(in der Umgebung von Siena) eine ausserordentliche Verbrei-
tung. Der gelbe Sand (und die Panchina) nebst dem weit
mächtigeren Thone schliessen eine grosse Menge von organi-
schen Resten ein und gehören dem Pliocan oder der Sub-
appenninenbildung an. Begreiflicher Weise ist der lockere gelbe
Sand der Zerstörung durch die Gewässer in hohem Grade
unterworfen gewesen, so dass in den meisten Gegenden des
volterranischen und sienesischen Gebiets der sterile Thon un-
bedeckt zu Tage tritt. Mehr Widerstand leistet die obere
gelbe Etage, wenn die Panchina darin vorherrscht. Die Hö-
hen, deren Scheitel durch diese weit sichtbare gelbe Kalktuff-
Schicht gebildet werden, bilden einen landschaftlichen Horizont,
und sind vorzugsweise für die Gründung der Städte (Volterra,
Siena, Montalcino u. s. w.) gewählt worden. Zugleich bilden
die durch die Panchina zusammengesetzten Strecken dürch
ihren Pflanzenwuchs einen wohlthuenden Gegensatz im Ver-
neral-Quartiermeister-Stab. Die Sectionen sind in Wien einzeln zu er-
halten. Das Blatt D 11 umfasst Livorno, Volterra und den grössten
Theil des Cecina-Thals; das Blatt D 12 grenzt südlich an und reicht
bis Piombino, Follonica, Massa marittima.
285
gleich mit den fast gänzlich vegetationslosen Thonflächen, es
sind Oasen in und über einer Wüste. Schon im Jahre 1843
hat PArEToO und später CAPELLINI nachgewiesen. dass das tos-
kanische Pliocän der Gegend von Siena (Panchina und Thon)
einen mehrfachen Wechsel von im Meere und im süussen Wasser
gebildeten Schichten erkennen lässt. In neuester Zeit zeigte
DE MoRTILLET, dass in einem 78 Meter hohen Profile des Plio-
cans der Hügel von Siena eine neunmalige Abwechselung ma-
riner und lakustrer Bildungen stattfinde. *)
Die mehr als 800 Fuss mächtige pliocane Schichtenmasse
des volterranischen Berges streicht von Nordwesten gegen Sud-
osten und fällt etwa 10 Grad gegen Nordosten ein. Aus die-
sem Grunde ist der nordöstliche Bergabhang sanfter als der
südwestliche, welcher ein Profil der ganzen Schichtenfolge
entblösst.
Die Sterilität der pliocänen Thongehänge wird noch be-
sonders erhöht durch die eigenthümlichen Erosionsformen, wel-
che das Thonterrain unter der Einwirkung der atmosphäri-
schen Gewässer annimmt. Die Oberfläche gestaltet sich zu
lauter kleinen (20 bis etwa 60 Fuss hohen) steilen Kegeln
und Hügeln mit gerundeten Gipfeln zwischen denen tief ein-
schneidende Erdrisse verlaufen. Der Anblick dieser jede Oul-
tur verweigernden pliocänen und miocänen graublauen Thon-
flächen des volterranischen und sienesischen Gebiets gehört
zu den unerfreulichsten, welche die Erde nur darbieten kann.
Grossartigere Erosions-Erscheinungen finden sich an der nord-
westlichen Spitze der alten Stadtfläche.- Das sanft gegen
Norden geneigte Planum wird hier plötzlich durch furchtbare
mehrere hundert Fuss tiefe halbkreisförmige Abgründe unter-
brochen, welche gegen Nordwesten mit gurgelähnlichen Schluch-
ten communicirend sich gegen das Erathal hin öffnen. Jene
senkrechten Abgründe, deren Profil die mächtige Thonbildung
und darüber die wenig mächtige Bildung des sandigen gelben
Kalktuffs zeigen (Thon und Tuff wechsellagern mehrfach an
ihrer Grenze), schreiten beständig gegen Süden d. h. gegen
die Stadt vor,.es sind die „Grotte di S. Giusto“. Der verhee-
rende Einfluss dieses Erdsturzes machte sich schon seit 1590
geltend. Im Jahre 1627 wurde die 1030 erbaute Kirche S.
*) S. Neues Jahrb. v. Lroxnanp und Geisitrz 1864, S. 767.
Zeits. d.d. geol. Ges. XVII. 1. 19
286
Giusto in die Tiefe gezogen. Unaufhaltsam schreitet dieser
gähnende Abgrund vor und hat jetzt bereits die altetruskische
‚ Mauer an mehreren Stellen hinabgerissen. Kurze Zeit vor mei-
ner Anwesenheit war eine grosse Abtei, in welcher man sich,
obgleich der Erdsturz noch nicht unmittelbar ihre Mauern be-
rührte, nicht mehr sicher fühlte, von den Bewohnern gänzlich
verlassen worden. Die Ursache des Erdfalls scheint nach der
mir durch den 80jährigen Arzt und Naturforscher Dr. GasP.
AmuıpEı zu Volterra gegebenen Erklärung vorzugsweise folgende
zu sein. Durch die gegen Norden gerichtete Neigung der wasser-
durchlassenden oberen Kalktuffschicht und der unteren Thon-
masse geschieht es, dass auf der Grenze beider Bildungen am
nördlichen Berggehänge eine Reihe von Quellen hervorbrechen,
welche den sandigen Thon wegführen und dadurch das Nach-
stürzen des auflagernden lockeren Kalktuffs bewirken.
Kehren wir wieder zu unserem Aussichtspunkte am Sud-
thore Volterras zurück: gegen Süden und Südwesten erblicken
wir tief unten die Cecina, meist nur ein schmaler Wasserstrei-
fen in breitem Kiesbette. Auf eine weite Strecke ist das tief
zwischen sanften Abhängen eingesenkte Cecina-Thal sichtbar,
bis sich dasselbe durch eine Biegung gegen Norden unseren
Blicken entzieht. Doch über den dasselbe einschliessenden
Bergen wird das Meer sichtbar nebst den Inseln Capraja,
Elba, Corsica. In dem grossen Reisewerke Tarcıont’s*) heisst es:
„Ich bin von bewährten Männern hiesiger Stadt [Volterra] ver-
sichert worden, vor nicht sehr langer Zeit habe man nur einen
sehr kleinen Theil des Meeres erblicken können, und allmälig
erweitere sich diese Aussicht mehr und mehr, weil die dazwi-
schen gelegenen Berge des Marchesats Cecina sich immer
mehr erniedrigen. Eine gleiche Veränderung hat man in an-
deren Gegenden Toscanas, besonders wo die Berge aus Mergel'
und Tuff bestehen, seit Menschengedenken beobachtet.“
Gegen Sudsudosten wird der Horizont beherrscht dureh
die 2; d. Meile entfernte 3233 Fuss hohe Bergkuppe (Poggio)
von Montieri, sowie durch die benachbarten Höhen (le Cor-
nate) von Gerfalco. Der Berg von Montieri besteht vorzugs-
weise aus rothem Ammoniten-reichem Marmor, welchen man
*) Dr. Giov. Tarcıonı Tozzerrı: Relazioni d’alcuni viaggi fatti in
diverse parti della Toscana, Firenze 1770 (12 Bde.)
'e
287
in Siena als Architektur-Stein angewendet findet. In diesen
dem Lias angehörigen Schichten treten die Silbererz-führenden
Gänge auf, welche zwar jetzt verlassen, doch im Mittelalter
schwunghaft betrieben worden sind. Zuverlässige Nachrichten
über die Silbergruben reichen zurück bis zum Jahre 1180.
Gegen die Mitte des 14. Jahrhunderts scheinen sie zum Erlie-
gen gekommen zu sein. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass
bereits- die Etrusker die Silbergraben von Montieri bearbeitet
haben. In der Sammlung des Herrn Amiprı sah ich schöne,
mehrere Linien grosse Krystalle (Würfel mit Oktaeder) von
Silberglanz von Montieri. An dem südlichen Abhange (le
Carbonaje) des Berges von Montieri finden sich viele ver-
fallene Stollen, in denen in längstvergangener Zeit Kupfer
gewonnen wurde, welches in dem benachbarten Dorfe Boc-
cheggiano verschmolzen wurde.
Gegen Sudosten in einer Entfernung von fast 12 d. Mei-
len ist das grosse Gebirge di Santa Fiora oder Monte Amiata
sichtbar (5333 Fuss hoch), welches zwei getrennte Gipfel, einen
mehr spitzen westlichen und einen gewölbten, höheren, östlich
liegenden zeigt. Der Monte Amiata, der mächtigste Trachyt-
berg Italiens besteht aus interessanten Gesteinsvarietäten, einem
Trachyt mit Sanidin-Krystallen von der Grösse der Drachen-
felser, und einem eigenthümlichen Rhyolith.
In grösserer Nähe (nur 2, d. Meile fern) gegen Süden er-
blickt man aus einem kleinen, von waldiger Bergkuppe über-
ragten Thalkessel weisse Dampfwolken sich erheben: das sind
die Lagoni von Monte Cerboli, welche die nördlichst gelegene
unter den fünf Gruppen der toskanischen Borsäure-Lagonen
bilden.
Noch näher an unseren Standpunkt gegen Südwesten lie-
gen die ausgedehnten Gebäude der Saline „le Moje di S. Lo-
renzo.“ Fast in derselben Richtung, den Horizont begrenzend,
erhebt sich der Monte Rufoli an dessen südlichem gegen den
Bach Ritasso sich neigenden Abhang die „Chalcedon@-Gruben
liegen, welche vorzugsweise den Jaspis für die florentinischen
Mosaik-Arbeiten — in Pietra dura — liefern. In westlicher
Richtung, kaum mehr als eine d. Meile in gerader Linie ent-
fernt, erhebt sich eine dunkle waldbedeckte Kuppe mit zwei
Gipfeln, einem höheren dem Monte Massi (1791 Fuss) und einem
wenig niedrigeren, dem Poggio alle eroci. Am Waldessaume
1
288
liegt ‘in 1372 Fuss Höhe der Flecken Monte Catini, dessen
dichtgebaute Häuser sich auf einen kleinen Bergvorsprung um
ein altes Thurmgemäuer zusammendrängen. Darüber unmittel-
bar am Fusse des höchsten Gipfels werden die schlossähn-
lichen Gebäulichkeiten der berühmten Kupfergrube Caporciano
oder Monte Catini sichtbar. Die weite Thalmulde, welche Vol-
terra von Monte Catini trennt, ist erfullt mit jener mächtigen
Bildung von graublauem Thone, welcher theils der pliocänen,
theils der miocänen Abtheilung angehört. Die Grenze zwischen
beiden in petrographischer Hinsicht nicht unterscheidbaren Bil-
dungen geht von Nordwesten gegen Südosten durch das Thal,
so dass der dem Monte Massi zunächst liegende Theil der
Thonablagerung, in welchem sich auch die Soolbrunnen le
Moje befinden, dem Miocän angehört.
Ueber diesen Thonhügeln erhebt sich der Doppelgipfel
von Monte Catini „wie die Insel Gorgona über den Wellen des
Meeres.“
Die Volterranische Maremme, welche gegen das Meer hin,
vor uns liegt, ist ein in breiten gewaltigen Höhenrücken er-
hobenes, von einzelnen dunklen Serpentin- und Gabbro-Kuppen
überragtes Land, öde und wild, oder richtiger — verödet und
verwildert. Nicht nur im Alterthume, sondern noch im Mittel-
alter war das Volterranische Gebiet stark bevölkert und erfullt
von zahlreichen ummauerten Flecken. Von so vielen blühen-
den Orten stehen nur noch sehr wenige, alle anderen sind
verfallen oder zerstört der Art, dass man kaum ihre Stelle
wiederfindet. Die Gemeinden sind aufgelöst, undihr Gebiet, zu-
weilen von vier oder fünf, den übriggebliebenen zugelegt. Doch
auch diese sind entvolkert und verarmt, ohne Mittel ihre wei-
ten Gebiete zu.bebauen. Das Land der Natur überlassen ist
wieder Wald und Busch geworden, zwischen denen sich Ruinen
von Kirchen, Kastellen, Häusern finden und verwilderte Reben
und Oliven zuweilen die Stellen der ehemals kultivirten Fluren
bezeichnen. Kurz, auf einem Gebiete, wo ehemals 5000 bis
6000 Menschen ihren Unterhalt erwarben, vermögen jetzt mit
grosser Mühe nur 300 oder 400, oder gar nur eine einzige
Familie zu leben. Die Ursachen dieser fürchterlichen Verödung
scheinen vorzugsweise in staatlichen Vorgängen zu liegen. Das
von Menschen verlassene Land nimmt dann die Fieberluft in
Besitz (vergl. Tareıoxı III. 175).
2
289
Monte Catinı.
Ob der Bergbau der Grube Caporciano zu Monte Catini °
di Val di Cecina bis zu den Zeiten der Etrusker hinaufreiche,
ist nicht mit Sicherheit zu ermitteln, doch ist es sehr wahr-
scheinlich, da im hohen Alterthume auch schon die Gruben
von Campiglia betrieben und gerade im alten Volterra viele
Kupferarbeiten gefertigt wurden. Die erste sichere Nachricht
über die Grube Caporciano geht bis zum Jahre 1513 zurück.
In einem Berichte des Kommissars von Volterra Gıov. Ron-
DINELLI an den Grossherzog Franz I. (vom Jahre 1580) heisst
es: „das Kupfererz findet sich in den Gängen in Form von
Kernen (Noceioli) von verschiedener Grösse, nicht selten bis
zum Gewicht von 3000 Pfund“. Dem Berichte wurde auch ein
Plan der Grube beigefügt. Im Jahre 1607 wurde die Grube
durch den Grossherzog FERDINAnD Mepıcı an Vınc. GIUGNI ver-
liehen unter der Bedingung, dass der zehnte Theil des Rein-
gewinns an den Staat gezahlt würde. Der Betrieb wurde fort-.
gesetzt bis 1630 d. h. bis zur Zeit der grossen Pest, welche
in dreijährigem Wuüthen Volterra und sein Gebiet fast- gänzlich
verwüstete. Der Versuch eines Deutschen (LEONHARD) sie wie-
der aufzunehmen (1636) misslang, indem ein Einbruch erfolgte,
durch den viele Arbeiter begraben wurden. Die Grube ward
nun gänzlich verlassen; Stollen und Schächte verfielen.
In den 40er Jahren des 18. Jahrhunderts wurde von meh-
reren Volterranischen Herren ein neuer Versuch gemacht die
Grube zu öffnen. In einem der alten sehr ausgedehnten Stol-
len, welcher in einer Art von Oonglomerat weichen talkähn-
lichen Gesteins stand, fand man Erz, „nicht gangformig, sondern -
in mehr oder weniger grossen Kugeln.“ Aus einer 7 Pfund
schweren Erzmasse wurden 22 Unzen des besten Kupfers aus-
geschmolzen, aus einer 180 Pfund schweren Masse 65 Pfund
Metall. Dieser Versuch hatte indess keinen weiteren Erfolg.
Das Erz von Caporciano wurde in alter Zeit zu Miemmo ver-
schmolzen, welches früher ein bedeutender Flecken war.
Als Frıepr. Hormann im März 1830 Monte Catini be-
suchte, war man mit Versuchen zur Wiederaufnahme des Gru-
benbaus beschäftigt. Aus dem Jahre 1839 besitzen wir einen
kurzen Bericht über die Grube durch RusszsgEer. Damals er-
reichten die Baue eine Tiefe von 75 Meter. Die Erze, in
290
Fässer verpackt, wurden zur Verschmelzung nach England
transportirt. Das Werk beschäftigte etwa 100 Menschen und
soll einen jährlichen Ertrag von 10000 Thalern abgeworfen
haben. Der neue Aufschwung der Grube ist besonders einem
Deutschen, dem Director Herrn Aus. ScHNEIDER zu danken,
welcher seit 1823 an derselben thätig ist, zuerst in Diensten
der Gesellschaft Klaiber, le Blanc und Luigi Porte, dann nach
Auflösung derselben, unter der.Gesellschaft Hall, Sloane und
Coppi.
Der Weg von Volterra nach Monte Catini führt stets auf
der Wasserscheide zwischen der Cecina-und der Era hin. Nahe
dem Punkte, wo die Strasse nach Ponte d’Era und ins Arno-
thal sich rechts abzweigt, überschreitet man die Grenze zwi-
schen der pliocanen und der miocänen Thonbildung. Beide
sind hier dem äusseren Ansehen nach nicht zu unterscheiden,
es ist dieselbe graublaue sterile Thonmasse, auch findet keine
abweichende Lagerung statt. Bald indess, wo man den Fuss
der eigentlichen Bergkuppe erreicht, zeigt‘sich eine scharfe
Grenze, indem der miocäane Thon verschwindet und ein dünn-
geschichteter rother Kalkschiefer, zuweilen wechselnd mit grauen
Schieferthonschichten auftritt. Diese nach Savı dem Eocän
angehörige Bildung bildet einen breiten Ring um die „Gabbro*-
Kuppen des Berges. Sie zeigt eine vielfach gestörte und ge-
wundene Schichtenlage, so dass das Pliocän hier mit abwei-
chender Lagerung auf dem Eocän ruht, dessen Schichtenstö-
rung an diesem Punkte am natürlichsten durch das Eruptiv-
gestein zu erklären sein möchte, Nordöstlich des Poggio alle
croeci, zur Rechten unseres Weges ist die Stelle, wo ehemals
der blühende Flecken Gabbretto lag. Das alte enggebaute
Städtehen Monte Catini steht zum Theil auf einer kleinen
Trachytkuppe, welche östlich vom Monte Massi auf der Grenze
Menscuin!s zwischen den eocänen und miocänen Schichten
emporgestiegen ist. Auf dem Gipfel erhebt sich ein mächtiger
alter Thurm, theils aus Trachyt, theils aus Kalkstein (Alberese)
erbaut. Die nordöstliche der vier Kanten des Thurms ist zer-
brochen und zerstört, indem gerade hierhin stets die Blitze.
treffen. — Das vulkanische Gestein hat (einer Mittheilung ME-
NEGHINT’S zufolge) die unmittelbar angrenzenden miocanen Thon-
mergel gehärtet. Der Trachyt zeigt eine unförmliche Pfeiler-
Zerklüftung und ebenso sondert sich der veränderte T'honmergel
291
‚ab. Es zeichnet sich aus durch den ausserordentlichen Reichthum
an schwärzlichbraunem Glimmer, indem 'es sich als ein schuppi-
ges Aggregat von Glimmer darstellt, ähnlich gewissen wesent-
lich aus schwärzlichem Glimmer bestehenden Einschlussen des
Laacher Tuffs. Ein Feldspath-ähnlicher Gemengtheil ist im
Gestein von M. Catini selten deutlich zu erkennen und scheint
dann Oligoklas zu sein, wie auch der ganze Habitus des Ge-
steins dasselbe zum Oligoklas-Trachyt stellt. Eigenthumlich
sind die zahlreichen, wellenformig gewundenen, lichten Adern,
welche den dunklen Trachyt durchsetzen und aus der verwit-
ternden Oberfläche als erhabene Linien hervortreten. Diese
Streifen bestehen aus einem feinkörnigen Aggregat des Feld-
spath-ähnlichen Minerals. Hohlräume, welche sich in densel-
ben finden, sind mit blätterigem Kalkspath angefullt. Ein
dem Trachyt von Monte Oatini (welcher von P. Savı mit dem
Namen Selagit bezeichnet wird) ganz ähnliches Gestein tritt
in einer kleinen Kuppe + Stunde gegen Nordwesten auf, wo
ehemals der ummauerte Flecken Agnano lag, nahe Orciatico.
Dieser Punkt ist der nördlichste des mittelitalienischen Vulkan-
gebiets bis zu den Euganäen hin. Wegen seines grossen
Glimmerreichthums ist der Trachyt von Monte Catini nicht
besonders zu architektonischen Zwecken geeignet. Indess be-
nutzten ihn schon die Etrusker, wie die drei berühmten Köpfe
beweisen, welche die Porta del Arco zu Volterra zieren. Nicht
ohne Interesse ist es zu bemerken, wie die Verwitterung im
Laufe von etwa 25 Jahrhunderten die Zuge der drei Fuss ho-
hen Häupter verwischt hat.
Von Monte Catini ist die Grube noch 10 Minuten entfernt.
Die Strasse dorthin entblösst die oben erwähnten, vorzugsweise
rothen Eocän-Schichten. Eine erfreuliche Vegetation von Kasta-
nien, Oelbäumen, Eichen bedeckt dies Terrain. Nach Sayr's
Carta geolog. della Provincia Pisana*“) lagert zwischen dem
Eocän und dem Eruptivgestein noch eine Kalkbildung (soge-
nannter Alberese), der oberen Kreide angehörig.
Das Gestein, in welchem die berühmte Kupfererz-Lager-
stätte auftritt, wird in Toscana mit dem Namen Gabbro oder
Gabbro rosso bezeichnet. Es ist aber durchaus nicht das-
jenige Gestein, welches v. Buch unter dem Namen Gabbro in
*) Diese Karte ist der Statistica der Provinz Pisa beigefügt.
292
die Wissenschaft eingeführt hat. Wir haben es zu Caporciano
mit einem wegen vorgeschrittener Zersetzung schwierig zu be-
stimmenden Gesteine zu thun. Es ist bräunlichroth, zuweilen
ganz dicht, ohne ausgeschiedene Gemengtheile; stark zerklüftet,
zuweilen kugelig abgesondert, hat es nicht selten das Ansehen
eines Conglomerats. Meist scheiden sich aus der dichten rothen
Grundmasse Krystalle eines triklinen Feldspaths aus (Oligo-
klas oder Labrador?), zum Theil bis 1 Zoll gross mit sehr
deutlicher Zwillingsstreifung. Dann ähnelt das Gestein einem
Phorphyrit oder gewissen Abänderungen des Melaphyrs. Nicht
selten herrscht eine Mandelstein-Struktur; die Poren sind theils
mit einer grünen Delessit-ähnlichen Substanz, theils mit Kalk-
spath - ausgefüllt. Schmale Kalkspath- Adern durchziehen in
allen Richtungen das zersetzte Gestein. In den Mandeln, wel-
che in seltenen Fällen Faust- bis Kopfgrösse erreichen, findet
sich in Begleitung von Kalkspath Laumontit in deutlichen Kry-
stallen und in strahligen Massen. Die Bezeichnungen Capor-
cianit, Schneiderit u. s. w. beziehen sich auf mehr oder weni-
ger zersetzten Laumontit.
Die Lagerstätte der Kupfererze (s. Fig. 1 Taf. IX.) *)
. stellt sich in den oberen Teufen als eine gangähnliche Masse dar,
an der Erdoberfläche etwa 20 Meter mächtig, von Osten nach
Westen streichend und mit ungefähr 50 Grad gegen Norden
einfallend. In grösserer Teufe wird das Fallen steiler (s. Fig. 2)
und geht endlich in das entgegengesetzte über, indem sich zu-
“gleich ein mächtiges Trum abzweigt und als ein lagerähnlicher
Gang gegen Norden fortsetzt. Das Ganggestein ist theils Ser-
pentin und Steatit, theils ein Conglomerat von gerundeten und
zersetzten Melaphyr- und Serpentin-Stücken durch ein talkiges
Bindemittel verbunden. Vom Nebengesteine ist die Gangmasse
durch Rutschflächen ünd Gesteinsablösungen geschieden.. Wie
Fig. 1, der Hauptdurchschnitt durch den Förderschacht in nord-
südlicher Richtung, zeigt, tritt in dem Gangraume in oberer
Teufe der Serpentin in zwei Gängen auf, deren südlicher Fer-
dinando, der nördliche (welcher sich wach oben in zwei Trü-
mer spaltet) Leopoldo heisst; zwischen ihnen lagert eine mäch-
tige Conglomeratmasse. Die Mächtigkeit dieser Serpentingänge
*) Herr Aus. Scaxeiser gestattete mir, die von ihm entworfenen
Grubenbilder zu kopiren.
293
ist an der Oberfläche nur gering, 0,4 bis 0,5, höchstens 1 Me- -
ter; zuweilen verdrücken sich dieselben auch zu einer blossen
Kluft. Sie sind an der Oberfläche nur wenig verfolgt. Fig. 1
zeigt, wie beide Gänge mächtiger werden und sich zwischen
der dritten und vierten Gezeugstrecke mit einander verbinden.
Die Betrachtung der vier Vertikalschnitte Fig. 1 bis 4 (von
denen Fig. 2 50 Meter gegen Osten, Fig. 3 100 Meter gegen
Osten, Fig. 4 100 Meter gegen Westen vom Hauptdurchschnitt
Fig. 1 genommen sind) lehrt die gegenseitige Vertheilung des
Serpentins und des Conglomerats kennen. Zwischen der 4.
und 5. Strecke (Fig. 1) löst sich vom Gang ein lagerartiges
Trum ab, welches durch den grossen Stollen bis in eine Ent-
fernung von etwa 600 Meter verfolgt wurde, übrigens sich, mit
Ausnahme der Abzweigungsstelle, erzleer erwies. In hohem
Grade merkwürdig sind die Ergebnisse der neueren Tiefbaue,
welche unter dem Ganggestein Alberese-Kalk und nach dessen
Durchbrechung wieder Melaphyr auffinden liessen. Es ist der-
selbe Kalkstein der oberen Kreide, welcher nach Savı's Karte
einen Halbkreis um das Eruptivgestein bildet. Diese Kalk-
schicht, welche demnach in grösserer Teufe das Liegende des
Ganges bildet, hebt sich gegen Westen empor und sinkt gegen
Osten ein, so dass sie im Hauptdurchschnitt (Fig. 1) in einer
Teufe von 140 Meter, 100 Meter weiter gegen Westen, Fig. 4,
bis in eine Teufe von 105 Meter gefunden worden ist. In den
östlichen Querschnitten hat sich der Kalk selbst in der gröss-
ten bisher erreichten Teufe (190 Meter) noch nicht gefunden.
Diese Gangverhältnisse haben gewiss noch viel Räthselhaftes.
Doch habe ich selbst den Kalk im Liegenden des Ganges ge-
sehen.
Die Gangmasse enthält nicht durchweg Erz, dies ist viel-
mehr auf einzelne Theile des Gangraums beschränkt vorzugs-
weise im Liegenden desselben s. Fig. 2; doch wo der Gang sein
Fallen ändert, auch im Hangenden. Die erzführenden Massen sind
zuweilen von ellipsoidischer, doch auch von ganz unregelmässi-
ger Gestalt, mit einander durch Arme verbunden, oder isolirt.
Von diesen erzführenden Massen, zeigt der Durchschnitt Fig. 1
drei, nämlich eine in der mittleren Teufe von 40 Meter, die
zweite bei etwa 90 Meter, die dritte bei 145 Meter.
Der Durchschnitt Fig. 2, 50 Meter gegen Osten, hat bei
einer Teufe von 175 Meter weder die Kalkschicht noch den
294
Punkt erreicht, wo sich gegen Norden das obenerwähnte Trum
ablöst. Es stellt sich hier ein ungemein erzreiches Gebiet dar,
indem im Liegenden resp. im Hangenden des Ganges eine durch-
eine Teufe von gegen 140 Meter zusammenhangende, abbau-
würdige erzhaltige Masse vorhanden ist.
In dem Durchschnitt Fig. 5 (100 Meter gegen Osten vom
Förderschacht) ist gleichfalls eine zusammenhängende erzfüh-
rende Masse vorhanden, welche eine erzleere Serpentinmasse
umschliesst. Endlich zeigt der Durchschnitt Fig. 4 (100 Meter
gegen Westen) zwei grosse, getrennte Erzräume, den einen
im Hangenden des Gangtheils mit südlichem Fallen, den an-
dern nahe dem Liegenden an dem Punkte, wo das Trunı sich
abzweigt. Die erzführenden Theile des Ganges unterscheiden
sich von der Hauptgangmasse dadurch, dass ausser den Serpentin-
massen auch Erzsphäroide (Noccioli) zu einem Conglomerate
mit steatitischem Bindemittel verbunden sind. Die Grösse der
Erzkugeln ist sehr verschieden und schwankt zwischen äusser-
ster Kleinheit und vielen Cubikmetern. Das häufigste Erz ist
Kupferkies, dann folgt Buntkupfererz, endlich Kupferglanz.
Der Kupferkies findet sich in reinen Massen von 6 bis 10 Cu-
bikmeter Grösse, reiner Kupferglanz in Kugeln von Kopfgrösse.
Die grossen Erzkugeln bestehen gewöhnlich im Innern aus
Kupferkies, an der Oberfläche aus Buntkupfererz. Ich be-
sitze ein Stuck, welches einen Kern von Kupferkies, dann eine
Zone von Buntkupfererz, endlich eine solche von Kupferglanz
zeigt.”) Gediegen Kupfer findet sich gleichfalls, doch nur als
Seltenheit, zuweilen auf der Oberfläche der Kupferglanzmassen,
wie es scheint, durch Reduktion aus diesen entstanden. Vom
Gange ziehen sich in das Nebengestein zuweilen Verzweigun-
gen, welche besonders reich an Kupferglanz sind, es sind zum
Theil förmliche Taschen im Melaphyr mit Buntkupfererz und
Kupferglanz gefüllt. Die Erzkugeln liegen häufig gleich eigent-
lichen Kernen in der Serpentin- und Talkmasse und hinterlassen
*) Die Sammlung zu Pisa besitzt ausgezeichnete Stein- und Erz-
kugeln, mit geglätteter und zum Theil gestreifter Oberfläche, welche auf
das Deutlichste eine Reibung der Gangmasse Jdocumentiren. Eine jener
Erzkugeln zeigte concentrische Zonen von gediegen Kupfer (aussen),
Kupferglanz, Buntkupfererz um einen Kern von Kupferkies. Im Innern
einer andern Erzconcretion bemerkt man einen mit Kalkspath-Krystallen
bekleideten Hohlraum.
295
beim Zerschlagen derselben glatte Höhlungen. Nicht gleich-
mässig sind sie in der erzführenden Gangmasse vertheilt, bald
dicht gedrängt, bald mehr vereinzelt, so dass aus der Grösse
der erzführenden Räume noch nicht unmittelbar auf den Erz-
reichthum geschlossen werden kann. Man zeigte mir in der
Grube eine im erzführenden Mittel ausgehauene Kapelle, deren
Raum durch eine fast reine Erzmasse erfüllt gewesen war.
Das Hangende des eigentlichen Ganges ist im Allgemeinen erz-
leer oder führt nur Spuren von Erz. Die erzführenden Räume
werden ganz abgebaut, da die Serpentinmasse in der Nähe der
grösseren und sichtbaren Erzsphäroide mit feinsten Metalltheil-
chen imprägnirt ist, so dass sie nach dem Pochen und Waschen
einen reichen Schlich geben. Zu diesem Zwecke richtete der
Neffe des Directors, Herr WILHELM SCHNEIDER, vor etwa sechs
Jahren vier Freiberger Stossheerde ein. Mit Hülfe derselben
wurden aus einer alten Halde 7 Millionen Pfund Erz verwa-
schen. Eine Dampfmaschine bewirkt die Förderung und setzt
die Stossheerde in Bewegung. Um auch in der trockenen
Jahreszeit das nöthige Wasser zu besitzen, sind in der kleinen
Schlucht, welche von den Grubengebäuden zum Monte Massi
hinaufzieht, drei übereinander liegende grosse Reservoirs ange-
legt worden. }
In den letzten Jahren ist die jährliche Ausbeute der Grube
von Monte Cantini 1500 Tonnen oder 30 Tausend Centner
Erze gewesen mit einem mittleren Kupfergehalt von 30 pCt.
Die Verhüttung derselben geschieht in Prato.
Nicht auf Monte Catini beschränkt ist das Vorkommen der
Schwefelkupfer-Verbindungen als Sphäroide in Serpentingän-
gen, vielmehr findet sich dieselbe Lagerung an mehreren an-
deren Punkten des Serpentin-Gebirges, bei M. Oastelli nahe
Pomarance*), Riparbella, Terriecio, Castellina marittima, am
*) Herr Wırn. Sckxeiper, Direktor der Grube M. Castelli, hatte die
Güte, mir einen Bericht über dieselbe zu senden, (d. d. M. Castelli
30. Juni 1865) dem ich Folgendes entnehme: Der Bach Pavone zer-
theilt in einer von jähen Felswänden eingeschlossenen Schlucht jenes
Serpentingebiet (östlich von Pomarance), dessen zwei Gipfel die Rocca
Sillana (mit den Trümmern einer Burg) und der M. Castelli (mit dem
Dorfe gleichen Namens) sind. Die in Rede stehende Serpentinpartie ist
gegen Süden umgeben von pliocäuen Schichten, gegen Norden von Mio-
cän. Das Gebirge ist reich an Gängen, deren Ausfüllungsmasse theils
; 296
Monte Vaso (zwischen Livorno und Monte Catini gelegen),
welche indess bei Weitem nicht die günstigen Resultate erzielt
haben wie Monte Oatini. Aber auch diese letztere Grube, trotz
ihrer ausserordentlich reichen Anbrüche (es wurden einst an
‘einem Punkte 300 Cubikmeter Erz gefunden), leidet unter den
ein zersetzter Serpentin, theils eine specksteinähnliche Masse oder ein
Letten ist. Nicht selten fanden Bauern und Hirten lose Stücke von
Kupfererzen und sogar gediegenes Kupfer. Im Besitze des H. Sloane .
befindet sich ein hier gefundenes Stück gediegen Kupfer von 14 Kilo
Gew. — Der Bau ging bisher auf zwei Gängen um. Der eine streicht
von Norden nach Süden, ist mächtiger und ausdauernder, da er sich
über 3 Kilometer verfolgen liess. Er streicht am schroffen westlichen
Abhange des M. Castelli, und zeigte namentlich an einer etwa 20 Meter
über dem Flusse liegenden Stelle viele Nester von Kupferkies. Das
Ganggestein ist durch Gesteinsablösungen oft nur undeutlich von der
Nebenmasse gesondert, und ähnelt sehr dem Gange von Mte. Catini.
Wie hier, so finden sich auch zu M. Castelli in der Gangmasse zahlreiche
Blöcke mit gerundeter (zuweilen geglätteter und polirter) Oberfläche; es,
sind theils Stein-, theils Erzkugeln. Während zu M. Catini letztere über-
wiegen, sind sie zu M. Castelli seltener, und die Steinkugeln sind die
gewöhnlichen Vorkommnisse. Während aber unter den Erzkugeln M.
Catini's Kupferkies und Buntkupfererz vorherrschen, findet sich zu M.
Castelli auf diesem Gange fast nur Kupferglanz. Es wurde hier eine
Kugel dieses Erzes im Gewichte von etwa 1500 Kilo gefunden. — Der
zweite Gang streicht von Westen nach Osten, schneidet demnach den
ersteren unter rechtem Winkel, seine Mächtigkeit übersteigt nicht 2 Me-
ter; er ist deutlich gegen das Nebengestein (ein fester sehwärzlicher
Serpentin) abgesetzt. Schon zu Tage führte er schönes Buntkupfererz,
seltener Kupferglanz. Dieser Gang wurde mittelst eines vom Pavonethal
gegen Osten getriebenen Stollens etwa 100 Meter verfolgt; hier zer-
schlägt er sich in mehrere Trümer, bevor er jenen ersten Gang er-
reicht. Der von Norden nach Süden streichende Gang wurde durch
einen Schacht bis zu einer Teufe von 145 Meter unter der Thalsohle
verfolgt. Die Gangmasse blieb beständig dieselbe: zersetzter Serpentin,
Steatit und Letten mit vielen Steinblöcken, doch ohne Erzkugeln. In
einer Teufe von 58 Meter wurde der Gang in einer Mächtigkeit von
40 Meter durchquert. Zu M. Castelli wurden in den Jahren 1542 bis
1855 27000 Kilo Kupferglanz und Buntkupfererz gefördert, doch da-
durch noch nicht ein Viertel der Kosten gedeckt Auch seitdem haben .
die Arbeiten den Erwartungen wenig entsprochen, und in ähnlicher Weise
ist es mit andern Kupfererzlagerstätten Toscanas ergangen. Durch den
Reichthum M. Catinis verlockt, haben sich viele Gesellschaften gebildet
zur Ausbeutung der zahlreichen Kupfererziagerstätten im Serpentin, Gabbro
und Melaphyr. Von diesen hat keine einzige die aufgewendeten Kosten
gedeckt.. M. Catini ist in Bezug auf seinen Reichthum ein in Italien _
einzig dastehendes Phänomen. ae
297
Zufälligkeiten des Vorkommens.’ Auch. scheint zufolge den
Mittheilungen des Herrn A. SCHNEIDER, welche sich auf die
neuen Tiefbaue stützen, BuraT’s Ausspruch: que le minerai
allait toujours en augmentamt de proportion 4 mesure que les tra-
vaux se sont approfondis; les rognons devenant plus frequents
et plus gros, les concentrations plus importantes, et la nature
meme dw minerai devenant plus riche,*) sich nicht ganz zu be-
wahrheiten. |
Je räthselhafter die Kupfererz-Lagerstätte von Monte Oa-
tini erscheinen mag, um so mehr fühlt man sich zu einem
Erklärungsversuche derselben angereizt. MEneEGHINı (Rapporto
sulla miniera di Rame di Bisano; vergl. Bull. soc. geol. France
T, XIII. 2 Serie) Aussert sich über die Lagerstätte von Monte
Catini und ähnliche in folgenden Worten: „Die Erz- und Ge-
steinsmassen, welche diese Gänge erfüllen, haben eine mehr
oder weniger gerundete Form, und eine glatte, polirte oder
gestreifte Oberfläche, woraus man auf eine Reibung schliessen
muss, welche sie auf ihrem vielleicht langen Wege. erlitten
haben. In der That, jene Massen sind nichts Anderes als
Bruchstücke von Gängen, welche in mehr oder weniger grosser
Tiefe vorhanden waren, oder vielmehr sie sind Bruchstücke
eines erzreichen Serpentins zertrummert und emporgeführt durch
schlammige Ströme von hydroplutonischer Entstehung.“
Dieser Auffassung stellen sich indess erhebliche Bedenken
entgegen. Zunächst erscheint keineswegs die ganze Ausful-
lungsmasse des Ganges von Monte Catini als ein Conglomerat.
Auch tragen die Erzsphäroide vielmehr das Aussehen von Con-
exetionen als von Fragmenten einer ehemals zusammenhängen-
den Erzgangmasse, indem sie zuweilen mehr oder weniger
eoncentrisch die verschiedenen Kupfererze zu einem Sphäroid
verbunden zeigen.
Eine Erklärung der in Rede stehenden Lagerstätte muss
offenbar auch die Entstehung des Serpentinganges umfassen,
welcher als solcher aus bekannten Gründen nicht wohl pluto-
nischer Entstehung sein kann. Vielleicht war dieser Serpentin-
gang ursprünglich ein wasserfreies Magnesiasilikat, Olivin, und
enthielt die Kupfer-Verbindungen in kleinsten Theilchen einge-
mengt. Bei der Umänderung in Serpentin mussten Störungen
*) Am. Burar, Geologie appliquee, 4 Ed. DENE
298
in der Lagerung der Masse, Reibungen und Zerstörungen statt-
. finden; und bei diesem allmälig fortschreitenden Processe könn-
ten sich die Erztheilchen zu grösseren Sphäroiden verbunden
haben. |
Die Salinen von Volterra.
Die am südwestlichen Fusse des volterranischen Berges,
auf der rechten Seite der Cecina befindlichen Soolbrunnen
liefern seit mehr als 800 Jahren den grösseren Theil des Salz-
bedarfs für Toscana. Die Steinsalzmassen, welche jenen, Brun-
nen ihren Salzgehalt liefern, scheinen die einzigen bekannten,
wenigstens benutzten im festländischen Italien zu sein, und es
möchte deshalb eine Schilderung der Lagerung jener Massen
nicht ganz ohne Interesse sein.
Zufolge Tareıont geht die früheste Erwähnung der Salinen
(le moje, corrumpirt aus Muria) zurück bis zum Jahre 1015.
Im Alterthume scheinen diese.Soolbrunnen noch nicht benutzt
worden zu sein, da nur der Seesalz-Gewinnung an der Cecina-
Mündung (bei Vada) Erwähnung geschieht. Die Auffindung .
des Steinsalzes geschah 1716, ‘als man zum Zwecke eines
reichlicheren Wasserzuflusses den Brunnen S. Giovanni ver-
tiefte. Als 1529 eine allgemeine Vertiefung der Brunnen vor-
genommen wurde, fand man an mehreren Stellen in mässiger
Tiefe (20 bis 30 Meter) Steinsalzbänke, Es folgte die Aus-
führung eines Bohrlochs 146,7 Meter tief, unmittelbar vor dem
Sudhause, wodurch nicht nur ein, sondern fünf Steinsalzlager,
davon eines 12,5 Meter mächtig, nachgewiesen wurden. Da-
durch schien sich die Möglichkeit einer bergbaulichen Gewin-
nung des Salzes für Toscana darzubieten. Noch günstiger
schienen sich die Verhältnisse zu gestalten, als im Jahre 1851
durch den neuen Brunnen 8. Giovanni in 15 Meter Tiefe ein
reines Steinsalzlager von 11,7 Meter Mächtigkeit gefunden
wurde, welches sich gegen einen benachbarten Hugelzug in
der Weise erhob, dass es in demselben aller Wahrscheinlich-
keit zufolge über dem Spiegel der Ceeina liegen, und demge-
mäss in leichter Weise die Gewinnung möglich sein musste,
Bei dieser Sachlage wurde PaoLo Savı von der Regierung
(1852) mit einer genauen Erforschung des volterranischen Sa-
linengebiets betraut, von deren Ergebniss es abhängen sollte,
ob auch ferner wie bisher die Salzindustrie fortzusetzen oder
299
ob eine bergmännische Gewinnung an deren Stelle zu beginnen
sei. Das Resultat der Untersuchung, welche sich auf zahlreiche
in- den Jahren 1852 bis 1857 ausgeführten Bohrungen stützte,
war, dass ein Steinsalzbergbau hier nicht statthaft sei, und man
sich nach wie vor auf das Versieden der Soole zu beschränken
habe. Trotz dieses in Bezug auf die Hauptfrag® negativen
Resultats waren die Bohrungsergebnisse doch in so hohem
Grade interessant, dass P. Savı sein der Regierung überreich-
tes Gutachten verändert und. erweitert veröffentlichte. Diese
Schrift des um die Wissenschaft und um Toscana hochverdien-
ten Mannes (Sopra i depositi di’sal gemma e sulle acque salifere
del Volterrano, Pisa 1862) liegt vorzugsweise der folgenden
Darstellung zu Grunde.
Das in Rede stehende Gebiet der Soolquellen bildet einen
Theil des Cecinathals und reicht von den Nebenbächen Possera
und i Fosei im Osten bis zu den Bächen Trossa und Cortolla
im Westen (vereinzelte Soolquellen liegen noch etwas weiter
gegen Westen, namentlich nahe dem Flecken Querceto) und
gehört der Miocänformation an. Die eigentlichen Soolbrunnen
‚befinden sich auf der rechten Seite der Cecina, in der Schlucht
des Salzbachs (Bottro delle Moje), von der Cecina geschieden
durch den Hügelrucken S. Giovanni. Die jene Schlucht um-
schliessenden Erhebungen, welche gleichsam den südlichen Fuss
des volterranischen Berges bilden, bestehen aus Mergel und
Gyps-Thon, in welchen eingeschaltet sind einzelne Schichten
von Grünstein-Geschieben, von Quarzsand, sowie viele theils
gerundete, theils plattenförmige Massen von Gyps. Diese Thon-
- bildung, welche, wie es die sparsamen Versteinerungen bewei-
sen, der miocänen Formation angehört, ähnelt dem überlagern-
den pliocäanen Thone des Berges von Volterra nicht nur in
hohem Grade, sondern geht auch an verschiedenen Orten so
allmälig in denselben über, dass man eine bestimmte Grenze
zwischen beiden Bildungen nicht ziehen kann. Das Streichen
der Schichten ist von Südosten nach Nordwesten und das Fallen
etwa 20 Grad gegen Nordosten, sodass die das Sudhaus um-
gebenden Höhen einen sanfteren nordöstlichen (mit der Schicht-
fläche übereinstimmenden) Abhang und einen steileren gegen
Südwesten gerichteten zeigen. Eine noch undeutlichere Schich-
tung als der obere zeigt der untere Theil der mächtigen mio-
eänen Thonbildung, in welchem Gypsmergel und Gyps beson-
300°
ders hervortreten. Diese Gypsmassen bilden bald unregelmässige
Bänke, bald gerundete Massen, welche letztere theils einzeln
theils mit einander verbunden in wellenförmigen Ebenen ge-
ordnet sind. Die Unterseite derselben ist meist ziemlich eben,
die Oberseite gewölbt. Der Gyps ist theils fasrig, theils grob-
oder feinkörnig oder dicht, von verschiedenen Farben; es sind
die berühmten „bunten Alabaster von Volterra.* Von weisser,
grauer, gelber, schwarzer Farbe mit fleckiger, wolkiger, strei-
figer Zeichnung liefern diese Steine noch immer das Material
zu der mehr als zweitausendjährigen 'Alabaster-Industrie Vol-
terras. Nur der schneeweisse statuarische Alabaster findet sich
nicht in der unmittelbaren Nähe dieser Stadt, sondern + Stunde
westlich von Castellina marittima zwischen den Bächen Pescerä
und Marmolajo.*) 5
Zu der trostlos öden Umgebung der Saline —- graue
nackte Thonhugel —, gesellt sich während der Hälfte des
Jahres die Fieberluft, sodass während der Monate Juli bis
October nur die nothwendigsten Arbeiten vorgenommen werden
konnen. Auch die Bohrarbeiten, welche Savı in den Jahren
1852 bis 1857 ausführen liess, mussten stets während jener,
gefährlichen Monate unterbrochen werden.
Als Hauptresultat der zahlreichen Bohrungen stellte sich
heraus, dass das Steinsalz keineswegs zusammenhängende
Schichten bilde, :sondern vielmehr mehr oder weniger ausge-
dehnte linsenförmige Massen, weshalb eine Aussicht auf loh-
nende bergmännische Gewinnung sich nicht eröffnete.
*) In den Alabaster-Brüchen von Castellina marittima beobachtet
man von oben nach unten folgende Lagerung: 1) bituminöser, gyps-
führender Thonmergel 2 Meter mächtig, 2) eine zweite Bank von grauem
Mergel, erfüllt mit Gypskrystallen, von gleicher Mächtigkeit, 3) eine
Lage von Stinkmergel, nahe gleich mächtig, 4) eine 4 Meter mächtige
Schicht von grauem Mergel, Gypskrystalle einschliessend. Inmitten dieser
letzteren Schicht liegen gerundete 4 bis 1 Meter grosse Massen eines
Gyps von feinstem Korne, tadellosester Reinheit und grosser Durchschei-
nenheit, dies ist der wahre Alabaster, der zu den bekannten kleinen
Statuen (Uhren u. s w.) verarbeitet, nicht nur über ganz Europa, son-
dern auch in anderen Welttheilen Verbreitung gefunden hat. Fast ganz
Volterra lebt von der auf die bunten undıden statuarischen Alabaster
gegründeten Kunstindustrie. — Auch die Lagerstätte von Castellina ge-
hört nach den von Professor Menesuinı gefundenen Versteinerungen dem
Miocän an (s. Statistica della provincia de Pisa, 1803).
sul
Das erste der neuen Bohrlöcher ward angesetzt nur etwa
60 Meter südwestlich von jenem neuen Brunnen S. Giovanni,
‚welcher in nur 15,2 Meter Tiefe ein 11,7 Meter mächtiges
Steinsalzlager aufgeschlossen hatte. Das Bohrloch lag unmittel-
bar am Fusse des oben erwähnten Hügelzuges (welcher den
Salzbach von der Cecina scheidet), und musste, da jenes Stein-
salzlager sich gegen Südwesten emporhob, in einer noch ge-
ringeren Tiefe das Salz erreichen, vorausgesetzt, dass dasselbe
überhaupt ein zusammenhängendes Lager bildete. Man fand
indess bis zu einer Tiefe von 27 Meter nur verhärtete gyps-
führende Thone und keine Spur von Steinsalz.
Ein zweites Bohrloch wurde 400 Meter vom ersten gegen
Nordwesten entfernt auf der rechten Seite des Salzbachs an-
gesetzt und bis zu einer Tiefe von 65 Meter niedergebracht.
Es wurden durchsunken bis zu 37,7 Meter Tiefe Bänke von
Thon und Gyps, dann Steinsalz in einer Mächtigkeit von 3,2
Meter. durch dunne Thonlagen in drei Bänke getheilt. Es folg-
ten 7,7 Meter Gyps und Mergel, dann ein mächtiges, nicht
durchsunkenes Lager von bituminösem, grauschwarzem Thone.
Ohne Erfolg erwiesen sich zwei Bohrversuche, von denen
der eine 1100 Meter westlich, der andere 700 Meter östlich
vom Sudhause stattfand. Bis zu Tiefen von 34 resp. 45 Meter
bestand der Boden lediglich aus gypsfüuhrenden Thonmergeln,
Die mächtigste Steinsalzbildung fand sich in dem 64 Meter
tiefen Bohrloche S. Maria, welches 2 Kilometer gegen Osten
vom Sudhause am linken Ufer des Salzbachs angelegt wurde.
Es wurden damit durchsunken: 29 Meter gypsführender Thon,
dann ein 0,7 Meter mächtiges Steinsalzlager, dann wieder
Gypsthon 5,6 Meter; endlich eine 17,4 Meter mächtige, fast
vollkommen reine Salzmasse unterteuft von Thon.
Auch an der Südseite des Hügels, nahe am Bette der Ce-
cina wurde gebohrt, zur Seite des Soolbrunnens S. Lorenzo;
bis zu einer Tiefe von 5l Meter. In 30 Meter Tiefe fand sich
ein 8 Meter mächtiges Steinsalzlager.
Die hier aufgeführten, sowie andere Bohrungen ergaben
sammtlich, wenn sie bis zu gehöriger Tiefe niedergebracht
wurden, das Resultat, dass der durchsunkene Boden wesentlich
aus folgenden zwei Etagen besteht (abgesehen von einer we-
nige Meter mächtigen Schutt- und Geröllschicht):
oben, thonige Mergel oder mehr oder weniger verhärte-
Zeits.d.d.geol. Ges. XVII. z. 20
302
ter Thon, vielfach welchselnd mit Bänken von Gyps und (in
der untern Hälfte) auch. mit Steinsalzmassen;
unten, eine Bildung von grauschwarzem, bituminösem,
gleichartigem Thone, ohne eingeschaltete Bänke von Gyps oder
Steinsalz, von unbekannter Mächtigkeit.
Das Auftreten des Steinsalzes zeigte sich demnach gebun-
den an die thonigen Mergel und zwar an deren untere Ab-
theilung; niemals wurde Salz gefunden in dem grauschwarzen
bituminösen Thone.
Durch ein genaues Studium der durch die verschißächen
Soolbrunnen und die zahlreichen Bohrlöcher erhaltenen Profile,
unter Berücksichtigung der relativen Höhe der Ansatzpunkte
zu einander, kam SAavı zu dem Ergebnisse, dass zwar im All-
gemeinen die Schichten’ des durchbohrten Terrains (in gleicher
Weise wie die die umliegenden Hügel constituirenden Straten)
mit etwa 20 Grad gegen Nordosten einfallen, — dass indess
die zuerst durchsunkene Bildung (thonige Mergel und verhär-
teter Thon mit Gyps- und Steinsalzmassen) niemals regel-
mässige, fortsetzende Schichten bildet, sondern vielmehr unter-
brochene Massen von vorzugsweise linsenförmiger Gestalt, be-
schränkter Ausdehnung und sehr verschiedener Mächtigkeit.
Diese Beschaffenheit der Steinsalzmassen macht es begreif-
licher Weise unthunlich, einen Bergbau darauf zu gründen,
Denn weder besitzen dieselben eine genügende Ausdehnung,
noch ist das erbohrte Salz im Allgemeinen von der Reinheit,
dass man dasselbe zu häuslichen Zwecken unmittelbar verwen-
den könnte. Man wird demnach bei der seit einer langen
Reihe von Jahrhunderten eingeführten Weise der Salzgewinnung
stehen bleiben. Zu diesem Zwecke dienen jetzt etwa zehn Brun-
nen, welche sammtlich oberhalb des Sudhauses und im Thale
des Salzbachs gelegen sind. Jeder Brunnen besitzt eine Schöpf- .
Vorrichtung, welche die Soole hebt. Eine Röhrenleitung führt
dann die Salzlösungen, welche fast gesättigt sind, ins Sud-
haus, in welchem vier grosse bleierne Siedepfannen das Ab-
dampfen bewirken. Die Salz-Produktion dieses dem Staate
gehörigen Werkes ist sehr bedeutend, nämlich acht Millionen
Kilo im letzten Jahre. Die Feuerung geschieht durch Holz,
und zwar bedarf man zur Produktion des Salzes ein gleiches
Gewicht Holz. |
Nicht beständig können dieselben Brunnen zur Se
303
duktion dienen; man ist von Zeit zu Zeit genöthigt, neue zu
graben, indem die älteren nach mehr oder weniger langem
Gebrauche nicht mehr hinreichend concentrirte Soole liefern.
Gegen einen erheblichen Uebelstand hat die Saline zu kämpfen,
Mangel an Wasser um die Brunnen zu speisen. Das Bedürf-
niss nach Wasser war die Veranlassung zur Anlage des bereits
oben erwähnten tiefen Bohrlochs im Hofe des Sudhauses.
Man erhielt indess durch dasselbe kein Wasser. Um dasselbe
auch in der trockenen Jahreszeit in hinreichender Menge zu
gewinnen, schlägt Savı vor, Wasser aus der Cecina in das
Thal des Salzbachs zu leiten. Da indess die Brunnen in einem
höheren Niveau liegen, als der zunächst liegende Theil der
Cecina, so würde es nöthig sein, das Wasser derselben schon
eine erhebliche Strecke aufwärts abzuzweigen, dann mittelst
eines Stollens durch den Hügelzug S. Giovanni zu leiten, wel-
cher das Salzthal von der Oecina scheidet, ein Unternehmen,
vor dessen Kosten die Regierung bisher noch zurückschreckte.
Die Lagoni von Monte Cerboli
sind nur 3 Wegestunden gegen Südosten von den Salinen ent-
fernt. Die Strasse läuft zunächst über den Hügel S. Giovanni,
dann längs der Cecina, welche sie mittelst einer Kettenbrücke
überschreitet, um dann in einem weiten Bogen emporsteigend
den Flecken Pomarance (1194 Fuss hoch) zu erreichen. Die
Gehänge, welche das Cecina-Thal einschliessen, bestehen aus
denselben Schiehten, welche wir im Salzthale kennen gelernt
haben. Zahlreiche Bänke von Gyps treten hervor. Doch die
Höhe des Berges, auf welcher Pomarance steht, wird durch
eine Muschelbrececie von gelber Farbe gebildet, welche zwar der
Panchina von Volterra sehr ähnlich ist, nichtsdestoweniger aber
dem Miocän angehört. Das einem Kalktuffe ähnliche Gestein
hat eine weite Verbreitung und so weit reicht auch die frucht-
bare Umgebung von Pomarance, welche diesen Flecken zum
wohihabendsten des volterranischen Gebiets gemacht hat. Ge-
gen Nordosten auf dem rechten Ufer der Ceeina liegen auf
waldiger Höhe die Ruinen des ummauerten Fleckens Berignone,
woselbst im 12. und 13. Jahrhundert die Bischöfe von Volterra
aus dem Silber ihres Bergwerks von Montieri Münzen prägen
liessen. Eine halbe Stunde gegen Westen von Pomarance, am
Abhange gegen die Trossa, liegen die früher wichtigen, jetzt
20 *
304
verlassenen Schwefelgruben von Fonte ai bagni. Zu Tuarcıo-
xt’s Zeit waren fünfzig in Betrieb. „In einer Tiefe von 7 bis
8 Ellen lagert zwischen mächtigen Alabaster- Schichten ein
aschfarbiger harter Thon, welcher in Stucke zerschlagen, der
Sublimation unterworfen wurde.“ Während diese Schwefelge-
winnung zum Erliegen gekommen ist, wird aus mehreren be-
nachbarten Salfataren (bei Libbiano und Miceiano auf der lin-
ken Seite der Trossa) noch immer zeitweise Schwefel gewon-
nen. Nach Tarcıonr's Bericht sind es kalte, Schwefelwasserstoff-
und Kohlensäure-haltige, wallende Quellen, welche zwischen
vielen Steingeschieben herverbrechend, diese mit einer Schwefel-
kruste überziehen. Wenn die Krusten eine Dicke von + bis
l Zoll erreicht haben, wozu ein zehnjähriger Zeitraum er-
forderlich, werden sie abgebrochen und zusammengeschmolzen.
So gewinnt man hier alle 10 Jahre eine Schwefelerndte,
Von Pomarance läuft der Weg in vielen Windungen der
Wasserscheide zwischen der Trossa und Possera folgend, an
den Serpentin-Kuppen von S. Michele und von Monte Cerboli
vorbei und senkt sich dann ins Thal der Possera hinab, an
deren rechtem östlichen Gehänge die Lagoni liegen. S. Michele
besitzt eine warme Quelle, welche früher als Bad viel benutzt
wurde. Die Serpentinkuppe von M. Cerboli nöthigt die Strasse,
hoch emporzusteigen. Auf einem isolirt aus dem Posserathale
aufsteigenden Felsen liegt die Kirche und das Kastell von
Cerboli. Hier wurde in dem Schillerspath-führenden Serpentin
in früherer Zeit Kupfer gegraben. Von hier erblickt man nun
in grosser Nähe die umfangreichen Gebäulichkeiten des Fabrik-
orts Larderello hinter denen auf dem terrassenformig anstei-
genden Abhange die in dichte weisse Dämpfe gehüllten Lagoni
sich befinden. Diese Lagoni bilden bekanntlich die nördlichste
der fünf Gruppen von Borsäure-Exhalationen, welche unserem
Gebiete ein so hohes Interesse verleihen (Monte Rotondo be-
sitzt, in unmittelbarer Nähe gegen Norden gelegen, Lagoni,
und eine kleine Stunde gegen Westen den warmen Borsäure-
haltigen Lago zulfureo; Lustignano, die Lagoni rossi, eine
halbe Stunde gegen Sudsüdwesten auf dem rechten Ufer der
Cornia; Serrazzano; Sasso und Larderello oder Monte Cerboli).
Ueber den früheren Zustand der Lagoni von Monte Cerboli,
der bedeutendsten von allen, sei mir gestattet, aus dem Werke
Tareıoxt’s einige Thatsachen zusammenzustellen. TArGıont ist
305
der Ansicht, dass diese Lagoni neuerer Entstehung seien. Der
Chronist Ucorıno da Monte Catini nämlich, welcher sehr aus-
führlich die Lagoni von Castelnuovo beschreibt, erwähnt der-
jenigen von Monte Cerboli mit keinem Worte, und doch hätte
er:sie, wenn sie damals vorhanden gewesen, kennen mussen,
da er sich längere Zeit in dem ‚unmittelbar anliegenden Bagno
a morbo aufhielt. In einer alten, der Bibliotheca Gadiana an-
gehörigen Handschrift findet sich folgende bemerkenswerthe
Stelle: „Bei dem Orte Veliene, nahe der Stadt Volterra, stürzte
im Jahre 1320 bei einem Erdbeben eine grosse Masse Erde
herab: bald brach eine gewaltige Hitze hervor, endlich wurde
Wasser mehr als 40 Ellen hoch hervorgestossen mit solcher
Gewalt, dass während zweier Tage auch Steine fortgeschleudert
wurden. ‚, Die Umwoehnenden flohen. Auch warf jene unter-
irdische Blähung einen rothen Staub aus, welcher viele Miglien
entfernt niederfallend, zu dem Glauben veranlasste, es regne
Erde.* Wenngleich der Autor in einigen hier unterdruckten
Stellen sich arger Uebertreibung schuldig macht und es auch
Targıonı nicht gelang, den Ort Veliene zu ermitteln, so wird
uns nichts destoweniger ein in der Nähe von Volterra einge-
tretenes Naturereigniss mit so bezeichnenden Zügen geschildert,
dass wir dasselbe mit grosser Wahrscheinlichkeit auf das Her-
vorbrechen eines Lagone beziehen können. Wie bedeutende
Veränderungen die in Rede stehenden Lagoni erfahren haben
und wie sie sich fortwährend verändern, geht deutlich aus
Tarcıonr’s Beschreibung hervor. „Die Lagoni beginnen fast
am Ufer der Possera und erstrecken sich aufwärts uber einen
grossen Theil des Bergabhangs. Sie sind sehr zahlreich und
verursachen einen bedeutenden Lärm gleich dem von hundert
Walkmühlen. Der Lärm ist stärker vor dem Regen. Die La-
goni sind runde Löcher mit steilen Rändern und einem Durch-
messer zwischen 8 und 60 Ellen. Die Tiefe ist verschieden
bis zu 15 Ellen. Am Grunde fast aller dieser Löcher war an
jenem Tage grauschwarzes Wasser, welches uber alle Beschrei-
bung wallte und siedete. Einer unter den Lagoni war beson-
ders merkwürdig: kreisförmig, umfangreich, mit einer runden
Insel in der Mitte. In diesem See kochte das Wasser ge-
waltis und warf Wellen. An sieben oder acht Punkten (denen
wohl die Hauptöffnungen entsprachen) sah man das Wasser
3 Ellen hoch emporsteigen.* Als Tarcıonı 20 Jahre nach
.
306
vorstehender Beobachtung die zweite Ausgabe seiner Reisen
herausgab, war dieser grösste und schönste Lagone gänzlich
erloschen. „Einer der Lagoni zeigte kein Wasser an seinem
Grunde, sondern nur schwärzlichgrauen Schlamm, welcher
gleichfalls in kochender Bewegung war. Am Grunde eines
anderen fährt ein Wind heraus wie von hundert Blasebälgen ;
hier soll man an sehr heissen Tagen, wie mir erzählt wurde,
bei Nacht eine Feuersgluth wahrnehmen [?]. Das Wasser in
den Lagoni hält sich in demselben Niveau; nur nach heftigem
Regen tritt es aus und fliesst in die Possera, woselbst es auf
eine weite Strecke die Fische tödtet. Die Lagoni von Monte
Cerboli schreiten fort am Bergabhang hinauf, indem sich stets
neue öffnen.“
Im Jahre 1778 veröffentlichte Hus. Franz Horrer*) (geb.
zu Köln), Direktor der grossherzoglichen Apotheke zu Florenz,
die von ihm gemachte Auffindung der Borsäure in den Lagoni:
Memoria sopra il sale sedativo naturale della Toscana, e del
Borace che con quello si compone, Firenze.
Diese Untersuchung wurde fortgesetzt durch PaoLo Mas-
CAGNI, Professor der Anatomie zu Siena: Sopra ü sale sedativo
d’Hombergio ossia acido boracico che si trova ai lagoni del Vol-
terrano e del Senese, e sopra diversi borati che pur wi si trovano
(Mem. Soc. It. VIII. 1799).
Die ersten erfolgreichen Versuche, die geringen im Wasser
der Lagoni enthaltenen Mengen von Borsäure zu gewinnen,
geschahen 1818 durch ps LARDEREL, zunächst zu Monte Cer-
boli (welche Anlage später den Namen Larderello erhielt),
dann noch an neun andern Punkten. Während des ersten Jahr-
zehnts betrug die mittlere Jahresproduktion an Borsäure nur
50000 Kilo, man arbeitete fast ohne Gewinn wegen der be-
deutenden Consumtion von Brenhmaterial. Erst 1828 verfiel
man auf den Gedanken die Wärme der Lagoni selbst zum Con-
centriren der Lösungen zu verwenden. Dadurch nahm die Fa-
brikation einen früher ungeahnten Aufschwung, sodass sie sich
in dem zweiten Jahrzehnt 1829 bis 1838 fast verzehnfachte.
Die in den verschiedenen LArDEREL’schen Etablissements im
N
*) De Larperer nennt in seiner Notice sur la production de l’acide
boracique en Toscane, Comptes rendus T. XXIII. p. 351 (1846), den Ent-
decker der Borsäure in den Lagoni PETER Hörer, was wohl iırig.
307
Jahre 1846 produeirte Borsäure betrug bereits 1 Million Kilo
und soll im Jahre 1864 auf 2 Millionen Kilo gestiegen sein.
Die erste genaue Untersuchung der durch die Exhalationen
ausgehauchten und den Lagoni mitgetheilten Stoffe führte 1841,
indem er sich nicht geringer persönlicher Gefahr aussetzte,
Payen®) aus. Es wurden durch ihn die aus einem trockenen
Lagone ausströmenden Gase gesammelt und der Hauptsache
nach als Kohlensäure und Stickstoff nebst Sauerstoff und einer
geringen Menge von Schwefelsäure bestimmt. So wichtig diese
Untersuchung PaıyEn’s auch war, so liess sie doch über das
Vorhandensein der Borsäure in den Dämpfen einen Zweifel
bestehen. Es gelang PayEn nicht, sie unter den ausstromenden
Gasen nachzuweisen und er glaubte: „dass die Erzeugung oder
wenigstens die Herauffuhrung der Borsäure an die Erdober-
fläche durch das Hineindringen des Wassers in die Suffioni-
Kanäle bedingt würde.“
DE LARDEREL**) breitet ein fast mystisches Dunkel über diese
Frage: ‚das Wasser, welches durch Condensation der Dampf-
strahlen der Suffioni entsteht, liefert nach der Verflüchtigung
nicht eine Spur von Borsäure.. Man mag die Dämpfe in jeder
möglichen Weise behandeln, man erhält keine Borsäure, wenn
nicht Wasser in den Kanal des Gasstroms geleitet wird u. s. w.““
Dies Dunkel wurde durch Professor C. Schumwr ***) aus Dorpat
aufgehelli. Die Untersuchung eines wenige Schritte vom Haupt-
gebäude der Fabrik hervorbrechenden technisch unbenutzten
Dampfstrahls lieferte namlich das Resultat, dass die unmittelbar
ohne Wasserzutritt verdichteten Fumarolen-Dämpfe präformirte
Borsäure neben Kohlensäure und Ammoniak in bedeutender,
Schwefelwasserstoff in geringerer Menge enthalten. Auf einen
„merkwürdigen Umstand macht PayEs aufmerksam, dass näm-
lich die Unreinheit der Säure von Jahr zu Jahr wächst, indem
die ersten Produkte 90 bis 92 pCt. reiner krystallisirter Säure
B-+3H) enthalten, die gegenwärtigen nur 75 bis 82 pCt.
„Vielleicht rührt dies von einer fortschreitenden Veränderung
des durch die Dampfstromung zerrütteten Bodens her.‘‘ Das
*) Ann. chim. phys. [3] I. 247 — 255 (1841); Daraus PossEnDoRFF
Ann. Phys. u. Chem. Bd. 57, S. 601.
=“) Comptes rendus T. XXIII. p. 351.
***, Ann. d. Chemie und Pharm. Bd. 98, S. 273—28S6.
308
ganze die Lagoni zunächst umgebende Terrain ‚‚ist durch und
durch zerfressen, von Sublimationen und Inkrustationen gebildet,
hier schöne Schwefelkrystalle in lockeren Drusen, dort schnee-
weisses schwefelsaures Ammoniak als Sublimation, hier bor-
saurer Kalk (Larderellit), dort borsaure Talkerde und Eisen-
oxyd;‘“ (C. Schupr a. a. O.). Wo die -Lagoni- Dämpfe mit
den sie umgebenden Kalkschichten des Eocäns in Berührung
kommen, werden diese in Gyps umgeändert. An den Gebäu-
lichkeiten des Fabrikorts Larderello, woselbst inmitten einer
Einöde sich eine so rege industrielle Thätigkeit entwickelt, er-
kennt man, dass sie auf einem unterwühlten, beweglichen Bo-
den sich erheben. Allenthalben entstehen Risse; das Gewölbe
der Kirche musste innerhalb kurzer Zeit zweimal hergestellt
werden. Dichte Dampfwolken hüllen beständig das Gebiet der
Lagoni ein und erschweren es, einen Ueberblick über dieselben
zu gewinnen. Die Luft zu Larderello, reichlich mit Schwefel-
wasserstoff geschwängert (das dort kursirende Silbergeld ist
schwarz), scheint trotzdem nicht ungesund zu sein. Dies be-
zeugt von dem benachbarten Castelnuovo bereits TARGIoNI:
„Die Luft von Castelnuovo ist die beste in der Maremme; ja
es soll zur Zeit der schrecklichen Pest des 17. Jahrhunderts,
welche die umliegenden Gegenden entvölkerte, an der Krank-
heit hier Niemand gestorben sein. Den Grund davon schrei-
ben die Bewohner (doppo la grazia speciale del Signore Iddio)
den schwefeligen Exhalationen der Lagoni zu, welche die Luft
rein erhalten.‘ |
Der gegenwärtige Zustand der Lagoni, sowie die auf die-
selben gegründete Borsäure - Industrie, eine der grossartigsten
und einfachsten zugleich, kann aus vielfach wiederholten Schil-
derungen als bekannt vorausgesetzt werden. Es geht bei dem ,
jetzigen Verfahren noch immer eine gewiss sehr grosse Menge
von Borsäure durch Verflüchtigung mit den Wasserdämpfen
verloren.: In dieser Weise erklärt sich die Angabe pe Lar-
DERELS, „dass das Lagonen-Wasser bei einem Gehalte von
1 bis 15 pCt. Borsäure gesättigt sei und nur selten 2 pCt. er-
reiche; und die Lagoni alle 24 Stunden entleert werden, indem
. (wie wiederholte Versuche bewiesen haben) auch bei längerem
Verbleiben des Wassers in den Bassins der Gehalt an Bor-
säure nicht steigt.‘ |
309
Da das Wasser bei 50 Grad C. 8,5 pCt. Borsäure (B-1 3H)
5, 1705» »
100 ” 25,2 „ )
lösen kann und die Dämpfe stets neue Borsäure in die Lagoni
einführen, so muss offenbar durch Verdampfung ein sehr be-
deutender Verlust stattfinden. Diesem vorzubeugen hat man
einzelne der Lagoni mit einem schliessenden Dache bedeckt.
Auch ist man jetzt bestrebt durch Bohrungen eine grössere
Menge von Wasser und vielleicht mit höherem Borsäure-Gehalt
zu erlangen. Mit vielem Erfolge gekrönt waren die Bohrungen
am Borsäure-haltigen, 30 Grad C. warmen Lago zulfureo un-
fen Monte Rotondo. Es wurden dadurch die Ausströmungen
vermehrt und ihr Borsäure-Gehalt angereichert. Der neue
70 Meter tiefe artesische Brunnen zu Monte Cerboli liefert sie-
dendes Wasser, dessen Borsäure-Gehalt indess auch nur 1 pCt.
beträgt. Leider konnte ich, da der Direktor des Etablissements
abwesend war, über die Beschaffenheit der durchbohrten Schich-
ten nichts erfahren.
„Der Ursprung der Borsäure‘‘, sagt DE LARDEREL, „‚ist ein
Geheimniss; mehr oder weniger sinnreiche Hypothesen lassen
sich zwar in dieser Hinsicht ausdenken, aber keine kann
ausser Zweifel gestellt werden.‘ Nichtsdestoweniger lässt sich
das Unwahrscheinliche von dem Wahrscheinlichen sondern.
Schwefelbor oder Borsäure als Quelle für den Rorsäure-Gehalt
“der Lagoni-Dämpfe anzunehmen, möchte sich wohl nicht em-
pfehlen. Das so häufige Auftreten Borsäure-haltiger Mineralien
(des Datoliths und des Axinits) im Hypersthenfels, Gabbro und
Serpentin, sowie der nachgewiesene geringe Gehalt an Borsäure
in den toskanischen Grünsteinen könnte wohl die Ansicht zu
unterstützen scheinen, dass Wasserdämpfe durch Grünsteine
streichend, von diesen ihren Borsäure-Gehalt entnähmen. Zwei
Bedenken erheben sich indess gegen diese Ansicht: zunächst
bricht keine der zahlreichen Borsäure-Exhalationen aus Grün-
stein hervor oder in unmittelbarer Nähe desselben. Die La-
goni von Sasso sind etwas über eine deutsche Meile von der
nächsten Grünsteinkuppe entfernt. Dann würde, wenn die
obige Ansicht das Richtige träfe für die Ammoniak-Verbindun-
*) s. Handwörterbuch d. reinen und angewandten Chemie von Liege,
Po6GenporFF und WöRLer, II. Aufl.
310
gen und den Schwefelwasserstoff der Lagoni eine andere Quelle
zu suchen sein, es würde das Zusammenvorkommen dieser
Verbindungen mit der Borsäure nur ein zufälliges sein. Des-
halb möchte es gerechtfertigt sein, die Quelle aller durch diese
Exhalationen an die Oberfläche geführter Verbindungen in den
sedimentären Schichten (Eocän), aus denen sie emporsteigen,
zu suchen. Durch die Annahme, dass eine Ablagerung von
Borazit oder von Stassfurtit in jenen Eocän-Schichten sich
befinde und heisse Wasserdämpfe auf jene einwirken, wurde
sich die Gegenwart der Borsäure neben Schwefelwasserstoff,
schwefelsaurem Ammoniak u. s. w. in den Exhalationen wohl
erklären lassen. -
‚311
3, Die losen Versteinerungen im Diluvium von Tempel-
hof bei Berlin.
Von Herrn A. Kunta ın Beriın.
Hierzu Tafel VII,
Nachdem F. Rosumer in seiner Arbeit über die Diluvial-
Geschiebe (diese Zeitschrift 1862 S. 575 ff.) für die verschie-
denen Sedimentär-Gesteine, die sich im norddeutschen Diluvium
finden, das Alter und meist auch die Herkunft bestimmt hat,
werden speciellere Nachweisungen von Interesse; denn einer-
seits liefern dahin gehörige Aufzählungen und Beschreibungen
von Petrefakten Beiträge zur Kenntniss von (Gebirgsschichten,
die während der Diluvialzeit verschwunden sind und die man
also ledielich aus dem Diluvium kennen lernen kann, anderer-
seits erlaubt der Zustand der Petrefakten im Diluvium oft eine
weit genauere Untersuchung der Organisation der fossilen Reste
und endlich wird es nur durch eine hinreichende Menge von
Lokalbeschreibungen gelingen, genauere Kenntnisse uber die
Natur des Diluvialmeeres und über die Ausdehnung der ver-
schiedenen Formationen zu seiner Zeit zu erlangen.
Da nun, wie RoEMER bemerkt, das Kıöpzv’sche Werk:
„die Versteinerungen der Mark Brandenburg‘, soweit es Dilu-
vialgeschiebe betrifft, den jetzigen Anforderungen nicht ent-
spricht, so schien es von Interesse eine sehr reiche’ märkische
Lokalität monographisch zu behandeln.
Der altberühmte Fundort, der Kreuzberg bei Berlin, liefert
wegen Einstellung der Arbeit in den Kiesgruben nur sehr we-
nig; dagegen sind 1 Meile südlich von Berlin bei Tempelhof
Kiesgruben eröffnet, in welchen zahlreiche Versteinerungen vor-
kommen. Der Kies liegt unter einer etwa 4 Fuss mächtigen
Lehmschicht, die in der Gegend zu den jüngsten Diluvialbil-
dungen gehört; er wird mittelst Siebens je nach der Stärke
der Körner in mehrere Sorten getheilt und dabei kommen
selbst die kleinsten und zierlichsten Organismen zum Vorschein.
312
Dieselben sind meist ganz frei von Gestein wie am Schanzen-
berge bei Meseritz (Kane, Schulprogramm 1852): ein Beweis
dafür, dass diese Art des Vorkommens wohl weit . verbreitet
und nur bisher wegen der Ungunst der Verhältnisse den Beob-
achtern meist entgangen ist. Seltener hängen noch kleine Par-
tien von Muttergestein daran und dies erleichtert mitunter die
Altersbestimmung wesentlich.
Das benutzte Material hat theils Herr Professor BEYRICH,
dem ich für vielfache Belehrung bei der Arbeit verpflichtet
bin, für das mineralogische Museum gesammelt, theils habe
ich es selbst seit drei Jahren zusammengebracht, so dass nicht
unbeträchtliche Mengen zur Bearbeitung vorliegen.
In Bezug auf die Litteratur verweise ich auf F. RoEmer’s
Aufsatz S. 578.
Silurische Formation.
Die meisten hierher gehörigen Fossilien stammen aus dem
gothländischen "Ohonetenkalk her; der Process, durch welchen
dieselben so rein aus dem Gesteine herausgeschält wurden, ist
nicht hinreichend untersucht. Vermuthlich führen Kohlensäure-
haltende Wasser aus dem etwas dolomitischen Gestein fein ver-
theilte Kalktheilchen weg, dadurch wird die Festigkeit aufge-
hoben und die Masse zerfällt, während nur die durch eine
schwerer angreifbare Kalkspathhülle geschützten Versteinerun-
gen erhalten bleiben:
Calymene Blumenbachii BRoNGN.
Phacops cf. Downingiae Emmrich.
Orthoceras bacillum EıcHaw.
— gregarium MURcH.
— cf. regulare ScHL.
— annulatum Sow.
— imbricatum WAHL.
Euomphalus qualteriatus SCHL.
cf. Turritella cingulata WAHL.
Terebratula marginalis Dan.
— sp. nahe verwandt mit imbricata Murch. 8.8. 1.12 f.12.
Spirifer sulcatus Hıs. sp.
— crispus L. sp.
Athyris didyma Dar. sp.
Retzia Salteri Dav.
313
Rhynchonella nucula Sow.; F. Rorm.
— plicatella Dan.
— Wilsoni Sow.
— borealis Schu., Buch; sehr wahrscheinlich dasselbe wie
Atrypa dorsata Hıs., aber nicht lacunosa L. bei
MvrcnH.
— sp. nahe verwandt mit Rh. crispata Murcn. 8. 8.t.12
f. 11, aber mit breiteren Flügeln.
Pentamerus conchidium Dar.
Atrypa reticularis Dar.
— prunum Dar.
— laevigatan. sp. f. 1. Durchbohrte Klappe stark ge-
wölbt, undurchbohrte flach; Hohe und Breite der Schale gleich;
in der durchbohrten Klappe gegen den Rand zu ein schwacher
Sinus. Das Loch in der grösseren Klappe klein, ein Deltidium
wurde nicht beobachtet. Beide Schalen ohne Ornamente, glatt.
Mit Salzsäure präparirte Exemplare zeigen das Spiralgerüst,
welches aus 5 bis 6 Ringen jederseits besteht. Nach Herrn
Bevrıon’s Mittheilung stammt die Art aus dem Graptolithen-
gestein. (f. 1e das Spiralgerust).
Orthisina dichotoma n. sp. f. 2. Deorsalschale mässig
gewölbt, Ventralschale lach; Umriss halbkreisförmig; die Areen
der beiden Klappen stehen rechtwinklig aufeinander, die der
Dorsalschale ist vertikal, die der Ventralschale horizontal; die
Dorsalschale ist von einem runden Loch durchbohrt, welches
mit einer dreieckigen Oeffnung darunter zusammenhängt; neben
der letzteren findet sich ein falsches Deltidium, d. i. ein drei-
eckiges Feld der Area, welches ein wenig tiefer eingesenkt ist.
In die dreieckige Oeffnung greift ein massiver dreieckiger Fort-
satz der Ventralklappe ein. Von dem Wirbel jeder Klappe
strahlen 9 bis 10 dicke- Rippen aus, welche sich gegen den
‚Rand hin durch Dichotomie etwa verdoppeln; die Rippen wer-
den durch Anwachslinien sekreuzt, welche mitunter etwas
schuppig und lamellös werden. Dem Gestein nach aus Cho-
netenkalk.
Orthis calligramma Dan.
— elegantula Dar.
Leptaena transversalis Dar.
Chonetes striatella Daı.
Oyathocrinus rugosus ÜOLDF.
314
Cyathocrinus ef. pentagonus GoLDF.
Calamopora spongites GOLDF. ;
— polymorpha GoLpr.
— gothlandica GoLDF.
Syringopora reticulata GoLDr.
cf. Millepora repens Wann.
‚Coenites Linnaei EiıcHw.
Halysites escharoides GoLDF.
Cyathophyllum articulatum WAHL.
Turbinolia mitrata und turbinata ScHL., Hıs.
Jura.
Die beschriebenen Versteinerungen stammen fast saämmtlich
aus dem braunen Jura und speciell aus der Kelloway-Gruppe.
Sie finden sich zum nicht geringen Theil in den Schichten
von Popilani an der Windau, aus denen sie GREWINGK (Geologie
von Liv- und Kurland) erwähnt. Mehrere derselben kommen
auch in dem anstehenden Gestein von Nemitz bei Cammin in
Pommern vor.
Sehr auffallend ist es; dass die Versteinerungen völlig aus
dem sonst festen Gestein herauswittern. Welche chemischen
Vorgänge dabei stattfinden, ist nicht sicher bekannt; man könnte
glauben, dass das Wasser die feinen im Gestein liegenden
Kalktheilchen auflöse, während 'es die compacteren Massen der
Versteinerungen selbst nur wenig angreife, dass dadurch eine
Auflockerung des Gesteins und schliesslich ein völliges Zerfal-
len desselben bewirkt werde. Manche der Versteinerungen
mögen wohl auch aus thonigen Bildungen herrühren, wie sie
nach GREwInGK bei Nigrauden vorkommen. |
Ammonites Jason Rein.
Ein kleines nur die inneren Windungen zeigendes Exemplar.
Rostellaria trochiformis QUENST.
Wenig höher als die abgebildete Form, sonst völlig glei-
chend. An einem Stück ist der nach oben gehende Finger
des Flügels vorhanden.
Rostellaria sp. QuEnst. Jura 489 t. 69 f. 26.
Purpurina serrata QUEnST. sp. = Turbo serratus QUENST.
Die oberen Windungen 'einer Cuncellaria sehr ähnlich. Im
Universitätsmuseum befindet sich auch ein Exemplar aus einem
Jurageschiebe.
315
Natica sp.
Das Gewinde ist viel niedriger als bei Natica crithea D’ORe.
und Natica Calypso D’OrB. Der Nabel ist fast ganz von dem
Spindelrande der Mündung bedeckt. Die Art gehört sicher in
den Jura, da sie mit Exemplaren aus den Jurageschieben völlig
übereinstimmt. |
Chemnitzia Sp.
Ein Bruchstuck einer hierher gehörigen Art.
Eulima multispirata n. sp. f. 3.
Gehäuse lang thurmförmig. 8 Mm. hoch, der letzte Um-
gang 3 Mm. breit. Acht Umgänge; diese sehr wenig gewölbt;
die Naht vertieft. Mündung eiförmig, oben spitzwinklig, ihr
Aussenrand wenig verdickt; wahrscheinlich unter Rissoa rimata
Priwe. bei Kane 1. c. S. 18 mitenthalten. Es finden sich in
Jurageschieben Exemplare derselben Art, die das Alter un-
zweifelhaft machen.
Cerithium muricatum Sow. Sp.
= armatum (GOLDF.
— granulato-costatum GOLDF.
— muricato-costatum GOLDF.
— flexuosum GOoLDF. teste QUENST.
= tuberculatum VOLTZ
— abbreviatum LEcKEngyY Quart. Journ. 1859 p. 13
— (Culleni Leckengy Quart. Journ. 1859 p. 13
= echinatum BucH
= russiense D’ORB.
Eine im braunen Jura weit verbreitete und häufige Art,
deren zahlreiche Varietäten mit vielen Namen bedacht worden
sind. Im unteren braunen Jura a erscheint die Varietät mit
zwei besonders deutlichen Spiralrippen (tuberculatum Voutz),
zugleich kommen Exemplare vor, bei denen sich auf den ersten
Windungen eine dritte Rippe vorfindet; verschwindet diese im
Laufe des Wachsthums, so heissen diese Varietäten armatum -
GoLDF., ist sie auf dem letzten Umgange noch vorhanden
echinatum Buch und diese zeigen sich dann in ö häufig. Zu
den drei Rippen gesellt sich in e auf den unteren Umgängen
noch eine vierte und verbindet so die dreirippige Art mit der
vierrippigen; diese letztere ist ebenso mit einer fünfrippigen
verbunden. Der allgemeine Habitus ist bei diesen Varietäten
durchaus derselbe; die schwäbischen Arten haben, wenn man
‚316
Unterschiede suchen will, ein etwas dornigeres Aussehen, und
die unsrigen stimmen in Folge dessen mehr mit den englischen.
An diese schliesst sich ein Cerithium an, welches ich für noch
nicht beschrieben halte. Ohne zu behaupten, dass keine Zwi-
schenformen zwischen diesem und der fünfrippigen Varietät
vorhanden wären, weicht diese Art doch sehr. augenfällig im
Habitus von der letzteren ab. Die Art hat meist sechs Spiral-
streifen, die ganz dicht gedrängt auf den Windungen stehen.
Die durch die Knoten gebildeten Querrippen (und dies scheint
mir wesentlich) zeigen keine Spur von dem dornigen Aussehen
der vorigen Art; sie sind leicht gebogen, während sie. bei allen
Varietäten der vorigen Art ganz gerade sind. Ausserdem sind
die Knötchen auf den unteren Spiralrippen meist schwächer als
auf den oberen, so dass die Querrippen wie ein Komma aus-
sehen, welches von dem oberen dicken Ende in leichtem Bo-
gen gekrümmt, nach dem unteren Ende zu sich verjüngt. Die-
ses Aussehen erreicht sein Extrem in gewissen Formen, deren
untere Spiralrippen in der That ganz glatt sind und keine Spur
von Knötchen zeigen.
Vergleicht man freilich die beiden Extreme dieser Reihe,
tuberculatum Voutz und die letztbeschriebene glattrippige Va-
rietät, so wird jeder meinen ganz verschiedene Arten vor sich
zu sehen, aber bei einem Material von mehreren Hundert Stücken,
wie es mir zu Gebote steht, hält es nicht schwer Uebergänge
zu finden. - Am schwersten ist dies zwischen der fünfrippigen
und sechsrippigen Varietät möglich und ich besitze nur etwa
zehn Exemplare, welche die Lücke füllen. Da hier zugleich
mit der Abänderung im der Zahl der Spiralrippen eine zweite
Aenderung in der Gestalt der Querrippen Hand in Hand geht
und dadurch ‚der Habitus völlig verwandelt wird, so möchte
ich die letztbeschriebenen Stucke für eine selbstständige Species
halten und die Zwischenformen für Bastardbildungen.
Cerithiumpolitum n.sp. f.4. (ce Mündung von unten vergr.)
Lang thurmförmig 12 Mm. hoch, 4 Mm. breit am letzten Um-
gang. Zehn Umgänge. Auf denselben laufen mehrere nur mit der
Lupe erkennbare vertiefte Spirallinien hin, von denen eine im
oberen Drittel des Umganges zuweilen etwas deutlicher wird
und dann mit blossem Auge erkannt werden kann; die Um-
gänge kaum gewölbt (am Embryonalende etwas stärker), die
Naht sehr wenig vertieft, so dass das Profil das Gehäuses
317
zwei fast gerade Linien sind. Die Mündung gerundet vier-
seitig, an der oberen Ecke rechtwinklig; der Spindelrand dick,
an der unteren Ecke durch eine schwache Einbiegung den Ka-
nal anzeigend. Das beinahe ganz glatte Aussehen der Art
unterscheidet dieselbe von fast allen bekannten Arten. Das
Alter ist nicht ganz zweifellos, da die Art in Blöcken noch
nicht gefunden wurde; da aber in den nordischen Tertiar- und
Kreidegesteinen keine derartige Form bekannt ist, so giebt
dies einen negativen Beweis für jurassisches Alter.
Nerinea sp.
Das vorliegende Bruchstück stimmt nicht recht mit einer
bekannten Art. Das Exemplar war sehr lang thurmformig mit
nicht gewölbten Umgängen. Auf den letzteren sieht man unten
zwei durch Knötchen gebildete Spiralrippen, welche durch eine
glatte Rippe getrennt sind. Ueber diesen drei Rippen folgen
noch sechs andere, deren oberste gerade die Naht deckt. Die
dieser benachbarte zeigt eine Andeutung von Perlenbildung,
während die übrigen glatt bleiben.
Turbo Davoustii D’Ore. t. 381 f. 7”— 10.
Ein Exemplar, welches deutlich genau dieselbe Skulptur
zeigt und nur unbedeutend niedriger ist als die angeführte
Abbildung. In die nächste Verwandtschaft gehört Turbo Buchi
Kıpe S. 18 doch hat derselbe keinen Nabel.
Trochus biarmatus GoLpF. cf. monilitectus Pin. bei
QUENSTEDT; biarmatus Kane 8. 18.
Von völlig typischer Form.
Trochus sp.
Steht in der Bokm. dem oh Zetes D’ORB. sehr nahe,
aber er ist nicht genabelt; verwandt auch mit bijugatus QUENST.;
durch das in der Mündung sitzende Gestein ist das Alter sicher.
Trochus sp. ;
Eine kleine kreiselförmige Gestalt. Der letzte Umgang
trägt eine deutliche Kante und darüber fünf gekörnte Spiral-
rippchen; darunter eine_Menge a glatter Spiral-
rippen; Mündung zerbrochen.
Dentalium filicauda Quansı. Petref. 443.
In ungeheurer Menge und oft mehr als 1 Zoll lang.
Tornatella Parkinsoni Quzxst. Petref. 425.
Melania Beyrichi n. sp. f. 5. (d vergrössert.)
Ich schliesse diesen jnrassischen Schnecken noch eine in-
Zeits.d.d.geul.Ges.XVIL 2. 21
318
teressante Art an, für deren richtige Altersbestimmung auch
nieht viel mehr als bei obigem Cerithium gesagt werden kann.
Es gehört dieses Thier unzweifelhaft zu den Melanien. Das
(sehäuse ist kurz thurmförmig, erreicht eine Länge von 12,5 Mm.,
eine Breite von 7,5 Mm. an der letzten Windung bei sechs Um-
gängen. Jeder Umgang hat etwas unter der Mitte eine dicke
glatte Spiralrippe; der darunter liegende Theil fällt senkrecht
ab, der darüber befindliche steigt schief nach oben an bis zu
einer schwächeren Rippe dicht neben der Naht, und zwischen
dieser Rippe und der Naht ist noch eine schmale horizontale
Zone. Ausser den beiden Rippen sind die Umgänge mit vielen
glatten Spirallinien bedeckt. Das selten erhaltene Embryonal-
ende ist glatt, auf dem zweiten Umfang erscheint die mittlere
starke Rippe und auf dem dritten die kleine an der Naht.
Der letzte Umgang zeigt unter der Hauptrippe noch zwei oder
drei stärkere und viele schwächere glatte Spirallinien. Auf der
ganzen Schale werden die Spirallinien durch sehr feine An-
wachslinien gekreuzt. Diese verlaufen von der Naht gerade
herab bis an die Hauptrippe und, wie man auf der- letzten
Windung sieht, von da mit einer leichten Biegung nach vorn
bis zum Rande. Die Mündung ist eirund, oben spitzwinklig,
ganzrandig. Der Aussenrand, welcher nie ganz vollständig
erhalten ist, hat, wie man aus den Anwachslinien sieht, unten
eine Biegung nach vorn. Der Spindelrand liegt auf der Spindel
auf und ist unten in einer kurzen kanalartigen Biegung umge-
bogen. Diese Charaktere weisen der Art einen Platz in der
Untergattung Vibex an und es ist in der "That eine grosse
Aehnlichkeit mit dem bei WoopwAarp Man. of the Moll. t. 8
f. 29 abgebildeten Vibex fuscatus Gum. sp. vorhanden. Ihr Alter
anlangend, so gehört sie höchst wahrscheinlich den brakischen
-Bildungen an, die Rosmer (diese Zeitschrift Bd. XIV. 8. 627)
beschrieben hat, und die er für Wealden nimmt, während BeEr-
RICH sie für jurassisch zu halten geneigt ist. Die dort S. 628
erwähnte Melania sp. gehört in die Verwandtschaft unserer Art.
Exogyra virgula GoLDF.
Monotis echinata Sow. Sp.
Monotis Münsteri GoLDF. Sp.
Gervillia pernoides DESLoNG.
Cucullaea cucullata GoLDF.
Cucullaea cf. Parkinsoni-QUENST.
319
Macrodon elongatus GOoLDF. Sp.
Es finden sich noch einige Cucullaeen und ächte Arcas-
Arten, die indessen wegen schlechter Erhaltung vorläufig zurück-
gelegt wurden.
Nucula Hammeri Derr.
Einige Exemplare sind vorn wenig länger als die typi-
schen Formen.
Leda lacryma Sow. sp.
Trigonia clavellata Sow.
Nur in Bruchstücken, aber sehr häufig. _
Hieran schliesst sich eine nicht unbedeutende Zahl von
Arten der Gattung Astarte, aber es ist sehr schwierig, diesel-
ben genau zu bestimmen, da sich eine nicht geringe Verwir-
rung der Namen in der Litteratur eingeschlichen hat. Jeder
Beobachter der Gattung wird mit QuENsSTEDT übereinstimmen,
wenn er sagt: die Form der Astarten ist variabel und man
kommt ohne den sicheren Anhalt einer Schicht zu keiner siche-
ren Entscheidung. Wegen ihrer Häufigkeit steht eine Art
voran, die ich nach F. RoEmer (diese Zeitschr. Bd. XIV. S. 620)
Astarte pulla A. Rom. Ool. t. 6 f. 27 Astarte vulgaris
Hac. bei Kınz S. 20 nenne, obwohl die Beschreibung nicht
mit unserer Art stimmt. Es sind Formen, bei denen Höhe
und Länge ungefähr gleich sind; die Breite der geschlossenen
Schale erreicht höchstens Z der Länge, die Klappen sind also
nicht sehr stark gewolbt. Sie finden sich in allen Grössen bis
zu 13 Mm. Länge und 12 Mm. Höhe. Die Wirbel liegen we-
nig vor der Mitte und sind stark übergebogen. Die Lunula
ist eiförmig scharf begrenzt, tief eingesenkt, glatt; der auf der
linken Klappe gelegene Theil derselben, ist grösser als der
auf der rechten. Das Ligamentfeld ist lanzettlich, scharf be-
grenzt, eingesenkt, glatt; der auf der rechten Klappe gelegene
Theil desselben ist grösser als der auf der linken. Das Liga-
ment selbst war klein, nahm nur etwa ! bis 4 des Ligament-
feldes ein; seine Länge ist auf jeder Klappe durch eine mar-
kirte Linie hinter dem Wirbel angedeutet. In der rechten Klappe
ein starker dreieckiger Zahn und vor diesem unter der Lunula
eine Schlossleiste; in der linken zwei Schlosszähne, welche
den der rechten Klappe umfassen und eine Schlossleiste unter
dem Ligamentfelde. Die Muskeleindrucke deutlich nahezu kreis-
förmig. Der Innenrand stark gekerbt. Die Oberfläche ist mit
21*
320
regelmässigen, concentrischen, glatten Rippen bedeckt, die.
durch wenig breitere fein concentrisch liniirte Zwischenräume
getrennt ‘sind. «Die Rippen sind gleich vom Wirbel an sehr
deutlich und man zählt an dem grössten vorliegenden Exem-
plare, welches die obigen Maasse hat, 21; die kleinsten von
4 Mm. Länge, haben 11 bis 12.
Was die Art noch sehr von nahe verwandten auszeichnet,
ist ein gewisses auch bei anderen Astarten beobachtetes Inter-
mittiren im Wachsthum. Das Thier pausirte schon in früher
Jugend zeitweise mit der Bildung der Schale und daher er-
scheinen zwischen den concentrischen Rippen fast bei allen
grösseren Schalen hin und wieder die kleinen Zähnchen des
gekerbten Randes (bei einem Exemplar 4 Mal). Diese nach
einem Material von mehreren Hundert Exemplaren gemachte
Beschreibung, stimmt besonders in der Angabe der Rippen
nicht mit den Beschreibungen von A. RoEMER, F. RoEMER und
GoLpruss, die 6 bis 10 Rippen angeben; da die Identität der
Art mit der von A. RoEneEr aber durch F. Rormer’s Angabe
hinreichend verbürgt ist, so bleibt zur Ausgleichung der Diffe-
renz nur die Annahme, dass die fruheren -Beobachter nicht
sehr gutes Material hatten und dass ihnen besonders die dich-
ter stehenden Rippen am Wirbel entgingen. — Die beste Ab-
bildung ist noch bei Quexnsteptr Handb. d. Petr. t. 46 f. 4
und 5. An Häufigkeit steht am nächsten |
Astarte Parkinsonii Quessrt. Petr. t. 46 f. 6 (nicht sehr
gut). Formen, welche deutlich länger als hoch sind und bei denen
die Breite der geschlossenen Schale die Höhe erreicht, zuwei-
len wenig übertrifft, also stark gewölbte Formen. In allen
Grössen bis etwa 10 Mm. Länge und 8 Mm. Höhe. Die
Wirbel liegen bedeutend vor der Mitte, wenig vom vordersten
Drittel entfernt und sind nicht übergebogen, so dass ein Quer-
schnitt durch die Wirbel nahezu ein Kreis ist. Die Lunula
ist fast so breit als lang, deutlich begrenzt, nicht sehr tief ein-
gesenkt, glatt; der auf der linken Klappe gelegene Theil der-
selben ist grösser als der auf der rechten. Das Ligamentfeld
ist lanzettlich, scharf begrenzt, tief eingesenkt, glatt; der auf
der rechten Klappe gelegene Theil desselben ist grösser, als
der auf der linken. .Das Ligament selbst war klein, nahm
höchstens + der Länge des Ligamentfeldes ein; seine Länge
ist auf jeder Klappe durch eine markirte Linie hinter den
321
Wirbeln angedeutet. Der Schlossapparat wie bei pulla, nur in
allen Theilen kräftiger. Die Muskeleindrücke deutlich, der vor-
dere etwas länglich, der hintere nahezu kreisförmig. Der Innen-
rand stark gekerbt. Die einzelnen Zähnchen sind stärker als
bei pulla. Die Berippung ist auch ähnlich wie bei Astarte
pulla, nur stehen die Rippen mehr aus einander, sind deshalb
geringer an Zahl und anch im ganzen schwächer. Charakte-
ristisch sind die Rippen in der Nähe des Wirbels; diese sind
nämlich terrassenförmig (etwa im Winkel von 120 Grad) ge-
baut, während sie bei pulla wulstförmig erscheinen. Ein Vor-
treten der Zähne zwischen den Rippen ist bei einem Material
von mehr als hundert Exemplaren nie beobachtet worden.
Die Hauptunterschiede von pulla sind: die aufgeblähte
längliche Gestalt, Lage und Form der Wirbel, Berippung am
Wirbel, und negativ das nie beobachtete Hervortreten der Zähn-
chen zwischen den Rippen. Bei keinem einzigen Exemplare
ist mir die Stellung ob zu pulla oder zu Parkinsonü zweifelhaft
gewesen.
Wahrscheinlich hat GREwInck, Geologie von Liv- und Kur-
land S. 224 Astarte cordata das genannt, was hier pulla hiess,
und die schwächer gerunzelte Form ist vermuthlich Parkinsonü.
Hieran schliesst sich eine nahe verwandte seltnere Art, die ich
Astarte ef. Voltzii GoLpr. nennen will. Der Wirbel
liegt noch mehr nach vorn, die Schale bekommt einen gerundet
viereckigen Umriss, dessen eine Seite das Ligamentfeld bildet.
Astarte polita F. Rosm. Eine gut charakterisirte Art.
Ein Exemplar. |
Astarte cf. maxima Quesst. Ein Exemplar.
Hieran schliessen sich noch zwei gut unterscheidbare For-
men, die eine grosse Flachheit der Schalen gemein haben.
Astartenummulina F.Rorm. Ueber die Astarten u. s. w.
#6 2und
Astarte depressa Goupr. t. 134 f. 14.
Sie unterscheiden sich besonders durch ihre Berippung;
nummulina hat terrassenförmige Rippen, deren Winkel freilich
sehr gross (150 Grad) ist; diese stehen einander nicht nahe
und verschwinden gegen den Rand hin. Depressa hat dagegen
gerundete wulstförmige uber die ganze Schale hin ziemlich
. dieht gedrängt stehende Rippen. Der Innenrand ist bei beiden
gekerbt, aber bei depressa nur sehr schwach. Schloss, Muskel-
4
322
eindrucke, Ligamentfeld und Lunula zeigen keine Verschieden-
heiten. £
Luecina zonaria Quasst. Jura t. 68 f. 1—A.
Tancredia sp. Ein den Schlossapparat deutlich zeigen-
des Bruchstuück.
Von Brachiopoden findet sich schliesslich noch eine Art,
die den Namen | |
Rhynchonella varians SCHLOTH. haben mag.
Kreide.
Bei der Schwierigkeit, die die Bestimmung der diluvialen
Petrefakten hat, da man oft uber ihr Alter völlig im Dunkelen
ist, ist es von besonderem Vortheile, dass die baltische Kreide
durch NıLsson, v. HAGENow, FORCHHAMMER u. A. in so voll-
ständiger Weise bearbeitet ist, und es erleichtert dies die Be-
stimmung der Kreideversteinerungen in hohem Grade.
‚Nach Roruer 1. ec. S. 629#f. sind es fünf verschiedene
Gesteine: Feuerstein, Kreidemergel, Kreide, Faxoekalk und
Saltholmskalk, welche die zur Kreideformation gehörigen Ver-
steinerungen führen. In hiesiger Gegend gesellt sich denselben
noch ein sechstes hinzu, welches schon von KLöpeEn (Beiträge
1833, 6. Stück S. 74 No. 9) in der Reihe der unbestimmten
-Sandsteine so beschrieben wurde, dass man es aus der Be-
schreibung wiedererkennen kann. Es ist dies ein Sandstein,
welcher frisch eine graue Farbe hat, angewittert aber heller
wird. In einer grauen kalkig-thonigen Grundmasse, die mit
Säuren stark braust, liegen dicht gedrängt gerundete Quarz-
körner, die theils durchsichtig und glasglänzend, theils (aber
viel seltener) schwarz sind. Die Masse ist so compact, dass
beim Zerschlagen auch die Quarzkörner zerspringen ünd es:
haben solche frische Bruchflächen einige Aehnlichkeit mit denen
gewisser Quarzporphyre. Ausser diesen Quarzen finden sich
noch viele kleine Körner von lebhaft grüner Farbe. Die Grösse
der grünen sowie der Quarzkörner schwankt zwischen der eines
Stecknadelknopfes und der einer Erbse. Seltene Gemengtheile
sind kleine weisse Glimmerblättchen und Kalkspathpartikeln.
Bei der Verwitterung wird das Gestein porös,' die kalkige
Grundmasse verschwindet zum Theil, das Uebrigbleibende wird
weisslich, während die grunen Körner dunkeler werden. Auf
der Oberfläche der Geschiebe erscheinen dann die hellen Quarz-
323
körner dieht an einander gedrängt fast ohne Bindemittel und
bieten ganz das Ansehen eines gewöhnlichen grobkörnigen Sand-
steines dar.
Hierher gehörige Stücke sind nicht häufig in der Gegend;
in einem derselben fand ich Belemnitella subventricosa W AHL.
sp. Das Museum bewahrt ein Stuck, welches Herr Professor
Beyrıc# bei Gahlkow unweit Greifswald geschlagen hat; letz-
terem verdanke ich auch die Mittheilung, dass auf Bornholın
Schichten von ähnlichem petrographischen Charakter vorkommen.
Haifisehzähne kommen sehr häufig vor; sie stimmen mit
Abbildungen von Zähnen, die zu den Gattungen Corax, Lamna,
Otodus, Oxyrhina gezählt werden, und gehören demnach zur
Kreideformation oder ins Tertiäar. Da indessen die Zähne allein
“fast gar keinen Einblick in die Organisation der Thiere, von
denen sie abstammen, gewähren und da sie bei allgemeinen
Sehlüssen meist ausser Betracht fallen, so genügt es ihr Vor-
kommen angeführt zu haben; Speciesbenennungen scheinen
hier nicht am Platze zu sein.
Eine abgeriebene Schale von einem Pollieipes.
Serpula conica Hac. Jahrb. 1840 t. 9 f. 15. Kaps
S. 13. Weisse Kreide. r
- Serpula trochiformis Haec. l. c. t. 4 f. 14. Weisse
Kreide.
Serpula Bardensis Hae. |. c. t. 9 f. 16. Kane 8.13.
. Diese Serpula ist nach diluvialen Exemplaren benannt;
das eine der hiesigen Exemplare zeigt in der Kreide, welche
die Röhre fullt, viele glaukonitische Körnchen, die der Kreide
von Rügen nicht eigen sind, die anderen sind aus glaukoniti-
schem Sandstein.
Serpula canteriata Hae. l. ec. t. 9 f. 18. Kape 8.13.
—= quadrangularis Roem. Kreideg. t. 16 f. 4 (1841). Weisse
Kreide.
Serpula fluetuata Sow. — undulata Hac. 1. c. S. 668.
Kıpe S. 14, die Synonyme bei Gemıtz Quadergeb. S. 102.
Weisse Kreide.
Serpula subtorguata GoLDF. HagEnowl. c. Kane S. 14.
Weisse Kreide. |
Serpula sexangularis GoLDF. = Serpula sp. Kane S. 14.
Da mir Kape’sche Originale vorliegen, so bin ich im Stande
auch diese zu bestimmen. Sie gehören, wie Kane richtig ver-
324
muthete, dem glaukonitischen Sandsteine an, und stimmen in
allen Einzelheiten mit der Goupruss’schen Beschreibung.
Serpula Plexus Sow. — implicata Hac. 1. ce. t. 9 £. 17.
Kane 8.14. Die übrigen Synonyma. bei Grm. Quad. S. 104.
Weisse Kreide und Kreidemergel.
Serpula heptagona Hae. 1. c. 8. 669. Kane 8. 14.
Weisse Kreide.
Serpula Amphisbaena Goupr. Kane S. 14. Die meisten.
Exemplare ein wenig dickwandiger als bei GoLpruss. Kreide-
mergel. |
Belemnitella mucronata ScauorH. Kane S. 15. Weisse
Kreide.
Belemnitella subventricosa WAHLENB. = mammillata
Nıts. sp. Grünsandstein. |
Da nur die Alveole ein gutes Unterscheidungsmerkmal
unserer meist geriebenen und noch jungen Exemplare liefert, -
so muss der bei weitem grösste Theil der Stücke ohne Spe-
ciesbestimmung bleiben, denn Stucke mit erhaltener Alveole
sind selten. Doch sind beide Arten mit Sicherheit erkannt,
wenn auch die Angabe Kıöpev’s (Verst. S. 141), dass Belem-
nitella subventricosa am häufigsten vorkomme, falsch ist, wie
sich schon aus dem Zusatze, dass sie häufig im Feuerstein
sitze, ergiebt. |
Zur Kreideformation gehörige Gastropoden sind bisher
hier ebensowenig, wie bei Meseritz gefunden worden; eine Er-
scheinung, die sich durch das Zurücktreten dieser Thierklasse
in der ganzen baltischen Kreide hinlänglich erklärt. und zu er-
warten war.
Gryphaea vesicularis Lam. sp. Kane S. 21. Das Ver-
steinerungsmaterial ist Kalk oder Quarz. Weisse Kreide. Grun-
sandstein.
Exogyra lateralis Nıus. sp. Kane S. 21. Mutterge-
stein? Die Art ist nach der Nıusson’schen Abbildung an den
Anwachslamellen gut erkennbar. Selten.
Exogyra haliotoidea Sow. sp. Kane 8. 21. Kreide-
mergel. Die Art ist ausgezeichnet durch ihre Form und be-
sonders durch die feinen Fältchen, welche am äusseren Rande
der flachen Klappe die Anwachslamellen kreuzen. Bei guten
Exemplaren sieht man diese Fältchen auch an dem inneren
Rande derselben Klappe.
325
Exogyra conica Sow. sp. Kape S. 21. Kreidemergel
und Grünsandstein. Die Art ist ausgezeichnet durch die fast
gekielte Form der grossen Klappe und die Reihe von Zähn-
chen am äusseren Rande des Schlosses.
Ostirea sp. gefaltet (carinata?)
Terebratula carnea Sow. Kane S. 22. Kreide und
Kreidemergel. Oft sind nur die Theile um den starken Schloss-
apparat der undurchbohrten Klappe erhalten und es nehmen
solche Stücke sehr abnorme Formen an.
Rhynchonella plicatilis Sow. sp. Die Synonyme
siehe diese Zeitschrift 1863 S. 732. Weisse Kreide.
Magas pumilus Sow. Kane S. 22. Weisse Kreide.
In vielen ausgezeichneten Stucken gefunden, die den äusserst
zierlichen inneren Apparat meist sehr deutlich zeigen.
Terebratulina striata WAHLENB. sp. Die Synonyme
bei Davıpsox Cret. foss. Brach. p. 35 t. II. f.18-—-28. Kaps,
Terebratulina chrysalis S. 22. Weisse Kreide. Nur in einem
aber ausgezeichneten Exemplare.
Terebratulina gracilis ScHLoTH. sp. Bei Dar. |. c.
p- 88 t. II. f. 15—17. Kane S. 22. Nicht selten, meist nur
die durchbohrte Klappe erhalten. Weisse Kreide.
Trigonosemus pulchellus Nizs. sp. p. 36 t. III. f. 14.
Weisse Kreide, nur zwei Exemplare.
Trigonosemus Humboldtii Hac. sp. LEoNH. u. Br.
Jahrb. p. 539 t. IX. f. 5. Da mir Haczenow’sche Originale
vorliegen (Modelle), so war es möglich hier vorgekommene
durchbohrte Klappen zu bestimmen, was vermöge der blossen
Abbildung und Beschreibung bei v. Haczxnow nicht möglich
gewesen wäre. Umriss gerundet funfseitig. Die durchbohrte
Klappe stark gewölbt mit einer von der Spitze nach dem un-
teren Rande verlaufenden stark markirten Depression. Die
undurchbohrte Klappe flacher; eine schwache Längserhebung
entspricht dem Sinus der anderen Schale; dieselbe ist von zwei.
flachen Furchen begrenzt, welche mit den Kanten correspon-
diren, die den Sinus der durchbohrten Klappe einschliessen.
Schlosslinie fast gerade. Die Area fast eben, nur an der oberen
Spitze mit dem wenig gekrümmten Schnabel etwas gebogen.
Areakanten scharf. Das Deltidium nimmt den dritten Theil
der Area ein. Es reicht bis zu dem unteren Theil der kleinen
kreisrunden Oefinung hinauf und begrenzt dieselbe etwa zur
326
Hälfte. Die Areakanten bilden einen rechten Winkel. — Die
. Schale ist mit glatten Rippen bedeckt, welche dichotomiren
und zwischen denen sich häufig kleine einschieben. Ihre An-
zahl am Rande ist etwa 30. Ausserdem finden sich noch
einige Anwachslinien.
Der Schlossapparat der durchborten Klappe ist äusserst
massiv; der ganze Raum unter der Area, ist von Schalsubstanz
erfüllt mit Ausnahme eines Kanals von der Oeffnung unter
dem Deltidium her nach dem Inneren. Dieser massive Körper
fallt schief nach hinten ab und springt an den Ecken des
Deltidiums in 2 Zähnen vor. In der Mitte der Schale, in
der Verlängerung des Kanals, erhebt sich eine sehr starke
Leiste, die von der Mitte der Schalenlänge an allmälig ab-
fallt. Zwischen dieser Leiste und den seitlichen Theilen des
massiven Schlossapparates liegen 2 scharf und tief einge-
drückte Muskelmale. Die undurchbohrte Klappe drang ein
Stück in den Kanal unter das Deltidium vor, im Uebrigen ist
der innere Apparat derselben unbekannt, die Organisation der
durchbohrten Klappe und das Aeussere der Schalen stellen die
Exemplare in die Gattung Trigonosemus. Weisse Kreide
(häufig noch in dem Kanal vorhanden). |
Crania Egnabergensis Retz. Daviosox I. e. p. 11,
t. I. f. 8—14. Beide Klappen sind vorgekommen.
Crania antigua Derr. Goupr. t. 162 f. 6. Nur ein
deutliches Exemplar. _
Oranias tuber culata« Nins:»l. & prBT BER:
Kane p. 23. Ein Exemplar.
Crania nummulus (?) Lau. Goupr. t. 162 f. 5. Ein
fragliches Exemplar.
Crania Parisiensis Derr. Mehrere Exemplare, die auf
einer Gryphaea vesicularis festgewachsen sind.
Crania strixz n. sp. f. 6. (d vergr.) Eine Bauchklappe
(Woopwarn). Sie gehört in die Gruppe der Cranien, die erstin der
oberen Kreide erscheinen und deren Typen Crania costata Sow.
und Crania Egnabergensis sind. Kreisförmig, hinten gerade ab-
geschnitten. Der Rand fein gekörnelt, die hinteren Muskel-
male rundlich, die vorderen gerundet dreieckig; zwischen den
letzteren ein kleineres in einer Ecke hervorspringendes Muskel-
mal. Die Gefässeindrücke gekerbt, 4 oder 5 gerundete Lappen
bildend, die in der Mitte fast zusammenstossen. Der Apex kaum
327
hervortretend,, ein Viertel der Länge vom Rande entfernt, der
Hinterrand schräg nach innen abgestumpft. Vom Apex strahlen
20 starke Rippen aus, zwischen denen sich in der Hälfte
ihrer Länge neue einschieben, so dass am Rande etwa 40 er-
scheinen; die Rippen sind von kreisförmigen Anwachslinien ge-
kreuzt, die gegen den Rand hin schuppig werden. Von Crania
costata unterscheidet sie sich durch die grössere Anzahl der
Rippen, durch die Form der Gefässeindrücke und des hinteren
Schalenrandes. — Von Crania Egnabergensis durch die geringere
Anzahl von Rippen und die vorigen Unterschiede. Ihre Form
beweist, dass sie in die obere Kreide gehört. Höhe und Breite
11 Mm.
Oidaris sceptrifera Könıe — vesiculosa GoLDF. Kape
p- 24 Täfelchen, Stacheln und Zähne.
Cidaris clavigera Könıg, ein gut übereinstimmender
Stachel.
Salenia pygmaea Hac. 1. c. 1840 p. 650 t.9 f.4 Uns.
Taf. f. 7. Obgleich die Abbildung bei v. Hac. viel zu wunschen
übrig lässt und die Beschreibung manche Unrichtigkeiten enthält,
war es doch möglich das einzige vorliegende Exemplar zu be-
stimmen. Es besitzt einige Merkwürdigkeiten, die eine nähere
Erwähnung verdienen. Vermöge der erenelirten, undurchbohrten
Stachelwarzen in den Interambulakren und der Zusammensetzung
des Scheitelapparates gehört diese Art zur Gattung Salenia Ag.
(Dzsor Syn. p. 148).
: Halbkugelige Form, 3 Mm. hoch, 5 Mm. lang und breit.
Der Scheitelapparat tritt scbarf hervor (man könnte ihn mit
einer aufsitzenden Bryozoe verwechseln). Die Scheitelplatte
(suranal, Desor) bildet ein Fünfeck in dessen einer Ecke der
After sich befindet; die anderen Ecken werden von Gruben
eingenommen, welche etwa + der Grösse des Afters haben; in
der Mitte der Scheitelplatte befinden sich 3 kleine Grübchen
etwa den sechsten Theil der Grösse der Gruben. erreichend. Ueber
den Seiten des Fünfeckes stehen die 5 sechseckigen Genital-
platten, deren Ecken von Gruben, die ebenso gross sind wie die
obigen, gebildet werden. Was die Art nun vor allen bekannten
auszeichnet, ist das Vorhandensein von 4 oder 5 Gruben auf
jeder der Genitalplatten, deren je eine der Genitalöffnung ent-
sprechen muss; sie haben die Grösse der 3 Grubchen auf der
Scheitelplatte. Die Augenplatten sind von rhombischem Aus-
!
L)
328
sehen und tragen an der äusseren Ecke eine Grube die etwa
doppelt so gross ist als die Genitalgrubchen. — Die Zu-
sammensetzung des Apparates ist bei der Dicke der Schale
nicht leicht zu beobachten, was v. Hagenow verleitete, denselben
als aus einem Stücke bestehend anzusehen; mit Säuren wenig
'geätzt kommen die Nähte zum Vorschein. Die Mundöffnung
ist gerundet fünfseitig an den Ambulakren sehr wenig ein-
geschnitten. Auf jedem Interambulakrum stehen „in 2 Reihen
alternirend 6 Stachelwarzen, (die crenelirt und nicht durchbohrt
sind) und zwar in jeder Reihe 3* (v. Has.). Zwischen den-
selben finden sich viele kleine Körnchen. Die Ambulakren
sind gerade und tragen 2 Reihen alternirende Köruchen. Die
Poren stehen in einfachen Paaren; ihre Anzahl ist gleich der
Zahl der Körnchen, 8—9 in jeder Reihe. Weisse Kreide.
@alerites abbreviatus Lam. Mehrere mit Kalkspath-
schalen und einige als Feuersteinkerne erhaltene Exemplare
sind vorgekommen. Weisse Kreide.
Galerites albogalerus Lam. Weisse Kreide.
Ananchytes ovatus Lam. Weisse Kreide.
Pentacrinus Bronni Ha. = Buchi A. Rorm. Kape
S. 25. In langen Säulenstucken. Weisse Kreide.
Pentacrinus Agassizii Hac. Kaps 8.25. Pentacrinites
subsulcatus Münst. bei Kıöpen. Verst. t. III. f. 14. Weisse
Kreide.
Ob P. bicoronatus und Klödeni selbstständige Arten sind,
scheint noch fraglich. |
Eugeniacrinites Hagenowii Hac. Ein gutes und
deutliches Stuck. Weisse Kreide.
Bourgweticrinus ellipticus Mınu. Weisse Kreide.
Fungia clathrata Hac. 1. c. 1840 pag. 648. Kuape
p- 27. Weisse Kreide.
Fungia coronula GoLpr. = Stephanophyllia elegans Sp.
bei Kıpr p. 26.- Grünsandstein (?).
Turbinolia centralis Maut. = excavata Hac. 1839
p. 289. Ueberaus häufigin wohlerhaltenen Exemplaren. Weisse
Kreide. :
Moltkia Isis Forcmn. u. Smeenst. Kae p. 26.
Lunulites mitra Has. 1839. Kape p. 27. Gute Art.
Weisse Kreide.
329
Lunulites G@oldfussi Hae. = Münsteri Hac?) KapE
. 27. Weisse Kreide.
Lunulites propinquus Hase. = radiata bei Hac.) Kane
27. Weisse Kreide.
Orbitulites Creplinii Hae. ]. c. 1839. p. 289.
Ceriopora annulata Hac. l.c. 1839. p. 284. Weisse
Kreide.
Ceriopora milleporacea Goupr. bei Hac. 1. c. 1839.
p. 282. Weisse Kreide. |
Ceriopora Roemeri Hac.l.c. 1839. p. 285. Weisse
Kreide.
Ceriopora nuciformis Hac.l.c. 1839. p. 286. Weisse
Kreide.
Ceriopora ET bei Hac. 1. c. 1839. p. 282.
Weisse Kreide.
Escharairregularis Hac. ]l. c. 1839. p. 264. Kıapk
p- 28. Weisse Kreide.
Eschara cerioporacea Hac.].c. 1840. p. 643. Weisse
Kreide.
Eschara elegans Hac.].c. 1839. p.265. Weisse Kreide.
Eschara dichotoma Goupr. bei Hac. 1.c. 1839. p. 263.
Weisse Kreide.
Retepora truncata Goupr. bei Hac. 1. c. 1839. p. 281.
Weisse Kreide.
Retepora disticha Goupr. bei Haec. 1. c. 1839. p. 281.
Weisse Kreide.
Retepora Langethalii Hac. 1. c. 1839. p. 281. Kape
p. 30. Weisse Kreide. |
Glauconome pyriformis Hac. 1. c. 1839. p. 292.
Weisse Kreide.
Achilleum parasiticum Hac. 1. c. 1839. p. 260.
Weisse Kreide. :
Tertiär.
Cancellaria evulsa Sow. Kane p. 17.
Fusus multisulcatus Nyst. Kape p. 17.
Fusus elongatus Nyst.
Fusus cf. elatior BEYR.
Pleurotoma Selysii oe Kos. Kane p. 17.
Pleurotoma Volgeri Pair. Kane p. 17.
Pleurotoma turbida SoL. = subdenticulata GoLDF.
Kıpe p. 17.
Pleurotoma flexuosa GoLr. Kane p. 17.
Pleurotoma regularis pE Kon.
Tritonium flandricum vE Kon.
Aporrhais speciosqa SCHLOTH.
Voluta.cef..Siemsseni BoLt.
Natica glaucinoides Sow. Kape p. 18.
Dentalium Kickaii Nyst. Kape p. 19.
Leda Deshayesiana NYST sp.
Nassa sp. Nahe verwandt mit gegitterten Arten aus dem
holsteiner Gestein. |
An diese sicher bestimmten Tertiärfossilien reihen sich
noch ein Paar Formen an, über deren Alter ob tertiär ob ju-
rassisch freilich keine absolute Sicherheit herrscht, die ich
aber wegen ihrer nahen Verwandschaft zu sicher tertiären
hierher stellen will. Zunächst eine völlig glatte.
Turritella sp. mit sehr langem Gewinde; die Umgänge ,
sind nicht gewölbt, die Nähte wenig eingesenkt; dus Profil
also 2 fast gerade Linien.
Turritella sp. Eine lang thurmförmige Art. Die Win-
dungen nicht gewölbt, die Naht tief eingeschnitten; gerade
über der Naht befindet sich unten auf der Windung eine
scharfe, glatte Spiralrippe; auf der oberen Hälfte des Um-
ganges laufen 3 schwächere, glatte Spiralrippen; die mittelste
von ihnen wird zuweilen undeutlich, die oberste ist meist die
stärkste und bildet mit der scharfen Rippe des vorhergehen-
den Umganges die Begrenzung der Furche, in der die Naht
liegt. Sehr zarte dichtgedrängte Querlinien, die wenig nach
hinten gebogen sind, kreuzen die Spiralrippen.
Fusus sp. : Nahe verwandt mit F. crassisculptus BEYRr.
Die Form wie bei diesem, nur der Kanal kurzer. Auf der
inneren Seite der Aussenlippe ist er glatt, während bei crassi-
sculptus innere Spirallinien sich zeigen. Die Skulptur ist ähn-
lich, nur sind die Spiralrippen nicht so dicht gedrängt, und
in Folge dessen geringer an Zahl. —
Diluvium.
Herr Professor Bryrich hat zuerst (diese Zeitsch. 1855.
p. 450) auf das Vorkommen einer Paludina im Diluvium hin-
331
gewiesen. Dieselbe findet sich auch in grosser Häufigkeit bei
Tempelhof. Sie möge
Paludina diluviana, fig. 8, heissen.
Das Gehäuse bedeckt genabelt, ziemlich hoch thurmförmig
für eine Paludina. Die Umgänge, deren bei ausgewachsenen
Stücken 5—6 vorhanden sind, sehr wenig gewölbt, die Naht
in Folge dessen sehr wenig eingesenkt. Am Embryonalende
ist die Naht fast gar nicht eingesenkt; die Spitze ganz stumpf,
die ersten 2 bis 2; Umgänge bilden daher nahezu eine Halb-
kugel. Die Mündung eiförmig, oben spitzwinkelig. Die Schale
sehr dick (1 Mm.). |
- In allen Grössen bis 27 Mm. Höhe, und 18 Mm. grösstem
Durchmesser an der letzten Windung. “ Höhe der Mündung
14, Mm. Breite 10 Mm. Nahe verwandt ist die Art mit ?.
achatina BRUG; sie unterscheidet sich von ihr durch die
höhere Gestalt, die wenig gewölbten Umgänge, die stumpfe
Spitze, und die Dicke der Schale. (a und b von Tempelhof,
e und d von Westeregeln.)
Diese Paludine ist mir durch v. Könen auch von We
egeln bei Magdeburg „aus Geschiebethon über der Braun-
kohle in dem neuen Tagebau“ Latdorf, zugekommen. Sie ist
also bis jetzt von folgenden Lokalitäten bekannt: Westeregeln,
Magdeburg, und „aus Geschiebemergel über dem Braunkohlen-
gebirge* bei Latdorf, Umgegend von Potsdam, Sperenberg
(Kreis Teltow), Tempelhof und Rixdorf bei Berlin. |
Valvata piscinalis MvwL. — contorta MüLn. Zahl-
reich in schönen und grossen Stücken.
Pisidium amnicum Min. Eine sicher bestimmbare
rechte Klappe. |
Diesen Süsswassereonchylien schliesst sich nun merk-
würdiger Weise eine Mactra an, die die grösste Ueber-
einstimmung mit M. solida. L. zeig. Aus nordischem
Tertiärgebirge scheint keine Mactra bekannt zu sein und es
ist daher kaum zweifelhaft, dass wir es mit einer Diluvial-
muschel zu thun haben. Da nur ein einziges Stück vor-
gekommen ist nnd die Anzahl von Beobachtungen über Dilu-
vialfossilien bis jetzt noch so gering, so kann man vorläufig
weitere Schlüsse hieran nicht anknüpfen. Endlich sind noch
nicht selten vorkommende Knochenfragmente von Säugethieren
zu nennen.
suchung nicht.
332
Anhangsweise erwähne ich noch einer Koralle von Astraea-
ähnlichem Habitus; nach Herrn Bryrıc#’s Mittheilung kommt
dieselbe nicht selten im Diluvium vor; über ihr Alter ist vor-
läufig gar nichts bekannt; ihr Aussehen und ihre Erhaltungs-
weise scheinen darauf hinzudeuten, dass sie eine sehr recente
Form sei. Das Material genügt zu einer genaueren Unter-
ty
x
Erklärung der Figuren.
Tafel VI
Atrypa laevigata. a Rücken-, 5 Bauch-, e Seiten-, d Stirn-
Ansicht, e das Spiralgerüst. Natürliche Grösse.
Orthisina dichotoma. a Bauch-, 5b Rücken-, ce Stirn-, d Seiten-
Ansicht. Natürliche Grösse,
Eutima multispirata. Natürliche Grösse.
Cerithium politum. a und 5b natürliche Grösse; e Mündung von
unten, doppelte Grösse.
Melania Beyrichi. a und 5 Seitenansichten, ce untere Ansicht,
natürliche Grösse; d doppelte Grösse.
Crania strix. a von innen, b von aussen, c von der Seite,
natürliche Grösse, d doppelte Grösse.
Salenia pygmaea Has. sp. a von oben, 5 von unten, e von der
Seite, sechsmal vergrössert, d natürliche Grösse.
Paludina dilwiana. a und 5b von Tempelhof, ce und d von .
Westeregeln, natürliche Grösse.
=
333
4. Tertiärconglomerat im Trachyte zu Nagyag.
Von Herrn H. Hörer ın Wien.
Die neueren Forschungen auf dem ebenso interessanten
als lehrreichen Gebiete des Gangstudiums beweisen, dass es
vorwiegend der Einfluss des Nebengesteins ist, der eine Aen-
derung in dem Verhalten der Gänge einer Erzniederlage be-
wirkt. Durch die wichtigen Mittheilungen im Jahrbuche der
k. k. geologischen Reichsanstalt 1857 von den Herren Ober-
Bergräthen Freiherrn v. Hıngexau und später JOHANN GRIMM
wurde ein diessbezüglicher Einfluss bei den Gängen Nagyägs
als sehr ausgesprochen bekannt, welche Notiz bald in ver-
schiedene andere fachmännische Arbeiten überging.
Diese theilt mit, dass im mittelfesten Grünsteintrachyte
gewöhnlich die Tellur-Goldmineralien (Reicherze genannt) ein-
brechen, während der Gang im festen Gesteine verdrückt, im
milden zertrümert wird, und selten in den letzteren zwei
Fällen Reicherze fuhrt.
Bei meinen mehr als halbjährigen Studien an Ort und
Stelle fand ich diese Erfahrung fast immer bestättigt; ich werde
mir an anderen Orten über das Verhalten der Gänge im Grün-
steintrachyte einige ergänzende und erläuternde Beobachtungen
mitzutheilen erlauben; doch hier sei ein durch den Gruben-
betrieb der neuesten Zeit bekannt gewordenes Beispiel eines
Einflusses des Nebengesteins der Oeffentlichkeit mitgetheilt,
das noch ausgesprochener und vielleicht auch geologisch noch
interessanter ist, als das oben erwähnte; ich fühlte mich zu
‚dieser Notiz umsomehr gedrängt, da ich aus den Reiseskizzen
verschiedener Geologen und Bergleute entnahm, dass man sie
bei ihrem Besuche in Nagyäg nicht genügend unterrichtete.
Das Conglomerat mit verschiedenen Uebergängen in
den grosskörnigen nnd mergeligen Sandstein ist in mehrere»
hundert Kubikklafter umfassenden Schollen unregelmässig in
den Trachyt eingelagert, welche bei der Eruption des letzteren
Zeits, d d. geol. Ges. XVII. 1. 22
mit empor gehoben wurden und auch zu Tage sichtbar sind.
Bisher hielt man diese Schollen nur für aufgelagert, bis sie in
neuester Zeit im nördlichsten Theile der Grube, dem sogenannten
Longinterraine, angefahren wurden; auch konnte ich unter ähn-
lichen Verhältnissen kubikschuhgrosse Sandsteineinschlusse —
Lithophysen von RıcHTHOrEens — im Trachyte beobachten.
Das Conglomerat sowohl wie der Sandstein entspricht petro-
graphisch jenen in unmittelbarer Nähe des Bergortes entwickel-
ten Gebilden, welche vom Herrn Bergrathe Franz v. Haver *)
zu den tertiären Cerithienschichten gerechnet. werden; e.
ich bekenne mich zu dieser Ansicht.
Das Conglomerat besteht aus bis faustgrossen Quarz-
geröllen, welche durch ein graues Biodenstent oft sehr fest
verkittet sind.
Die Quarzgerölle zeigen einen gleichartigen derben Bruch,
sind undurchsichtig, weiss bis grau, selten mit einigen schwarzen
Streifen durchzogen. Das spezifische Gewicht dieses unzer-
setzten Quarzes bestimmte ich von 2,610 — 2,638, im Durch-
schnitte mit 2,629; in der Nähe der Gänge zeigen sich die
Quarzgerölle sehr oft zersetzt, wo man sodann in den dadurch
entstandenen Hohlräumen eine weisse, sandige, in Säuren nicht
brausende Masse findet. Oft ging diese Umwandlung noch
weiter und die Hohlräume sind mit sehr festem Pyrite aus-
gefüllt, welcher jedoch in der Mitte immer noch etwas von
diesem zersetzten Quarze enthält. Diese Pyritmugeln sind da-
. bei von einer ungewöhnlichen Zähigkeit und zeigen eine un-
deutlich radiale Anordnung und in der Mitte öfters kleine
Krystalle. Sehr selten sind auch schwärzliche, Zoll grosse,
schiefrige Einschlüusse (wahrscheinlich Thonschiefer) von eekigen
Formen als Gemengtheil des Conglomerates zu beobachten.
Das Bindemittel ist gewöhnlich grau und thonig, und
braust höchst selten und dann nur sehr wenig mit Säuren.
Wir müssen hiermit das Conglomerat bei dem Vorherrschen
der Quarzgerölle als ein sehr kieselreiches Gestein auffassen,
in etwas schwächerem Grade auch den Sandstein, in welchen
das Conglomerat durch Kleinerwerden der Quarzgerölle und
Hervortreten des Bindemittels übergeht. _ Wird letzteres sehr
vorwiegend, so übergeht der Sandstein in die mergelige Va-
*) Siehe dessen höchst werthvolles Werk: „Geologie Siebenbürgens“*
y 335
-rietät, welche mild und an manchen Stellen reich an feinen
- Eisenkiesschnürchen ist.
Diese Tertiärschollen zeigen keinen besonderen Unter-
schied an der Grenze gegen den Trachyt, die immer ganz
scharf ist, gegenüber dem Inneren; es wäre mithin eine Me-
tamorphose der älteren Tertiärgebilde durch das Eruptivgestein
nieht zu bemerken,
Der Grünsteintrachyt (hierorts Porphyr genannt)
zeist im Allgemeinen eine licht bis dunkelgrune Farbe,
nur die zersetzteren Varietäten sind weiss. Er ist fast über-
all verwittert und zeigt in gleichartig grünlicher Grundmasse
weissen Feldspath, schwarzen Glimmer, und seltener weissen
und grauen Quarz eingestreut.
An stark zersetzten Stücken waren die Conturen der Feld-
spathausscheidungen etwas verschwommen, der Glimmer grau
bis braun, jedoch noch in deutlichen Krystallen, und an einigen
waren grüne Nadeln (von zersetzter Hornblende) zu erkennen,
Es ist dieses mithin der Grünsteintrachyt vos RicHTHorEn’s,
bekanntermaassen der vorherrschende Träger der edlen Erz-
gänge in Ungarn und Siebenbürgen. Dieser Grünsteintrachyt
umhüllt die Conglomeratmassen und zeigt an der Grenze in
petrographischer Hinsicht keine besondere Veränderung; nur
eine grössere Zerkluftung ist auffallend.
Dass unsere Erzlagerstätten wirkliche Gänge sowohl
im 'Trachyte als im Conglomerate sind, dürfte ein flüchtiger
Durchblick der folgenden Zeilen beweisen.
Die Erzgänge treten im Conglomerate als sogenannte Oon-
tactklüfte an der Grenze gegen. den Grünsteintrachyt auf, oder sie
durchsetzen ohne Störung von dem einen Gesteine in. das
andere, oder beide Fälle combiniren sich, wo sich dann der
Gang beim Uebertritte in das andere Gestein einige Zeit an
der Steinscheide schleppt, und dann mit dem früheren Ver-
flächen in das andere Gestein fortsetzt; es wird hiemit eine
scheinbare Verwerfung gebildet.
Bezüglich der Mächtigkeit der Gänge wäre zu bemerken,
dass diese im Conglomerate selten unter 2 Zoll heruntersinkt,
während im Grünsteintrachyte oft nur eine Steinscheide sicht-
bar ist.
| Die grösste Erweiterung der Gänge im Conglomerate
beobachtete ich mit eirca zwei Fuss. Im Allgemeinen sind
22
letztere auch inniger mit dem Nebengestein verwachsen als im
Grünsteintrachyte und haben im ersteren auch u rauhere,
unregelmässigere Saalbänder.
Es sind die bisher erwähnten Verhältnisse dadurch er-
klärt, dass man sich durch das ungleichförmige Zusammen-
ziehen beim Abkühlen der Eruptivmasse die Gänge sowohl
im Grünsteintrachyte (also hier Contractionsspalten) entstanden
denkt, als der dadurch ungleich vertheilte Druck auf die Con-
glomeratlinsen dieselben knickte (Knickungsspalten). Jedoch
die wesentlichste Veränderung, welche die Gänge im Con-
glomerat - Sandsteine erleiden, ist die Aenderung der Gang-
formation. Während diese im Grünsteintrachyte vorwiegend der
Tellurformation (Manganblende und Manganspath mit Nagyägit)
und untergeordnet der klinoedritischen Blei-Zinkformation (Blei-
glanz, Zinkblende, silberhaltige lichte Fahlerze und weisser
krystallisirter Quarz) angehören, so tritt im Conglomerate die
edle Quarzformation (hier vorwiegend grauer Quarz mit Kupfer-
fahlerz und Sylvanit) auf. Am besten lässt sich der For-
mationsubergang dann studiren, wenn ein Gang unbeirrt
durch die beiden Gesteine setzt; die Manganverbindungen
treten schon auf grösserer Entfernung vom Sandsteine zurück,
um dem Kupferfahlerze und dem grauen mikrokrystallinischen
Quarze Platz zu machen.
Ein solcher ausgesprochener Einfluss dürfte jedenfalls
- geologisch wie bergmännisch von hohem Interesse sein; denn
während im Grünsteintrachyte in nur höchst untergeordneten
Partien sehr selten Sylvanite (die goldreicheren Erze) ein-
brechen, sondern nur Nagyägite (die goldärmeren Erze), so ist
dies im Conglomerate total verkehrt. Man fand ferner:
dass sich der Adel vorwiegend dort anhäufe, wo der
Gang innig mit dem Conglomerate verwachsen ist,
vorwiegend dort, wo dasselbe grössere Quarzgerölle führt,
vorwiegend dann, wenn der graue Gangquarz drusig wird,
oder dann, wenn Glauch *) oder Eisenkiesschnürchen zu-
schaaren,
und dass sehr selten ein ergiebiger Anbruch im merge-
ligen Sandsteine vorkam.
Ds
*) Mit dem ne Glauch bezeichnen die hiesigen Bergleute ke,
den Grünsteintrachyt durchsetzende Trachytgänge.
{ 33
Sehon früher wurde erwähnt, dass die Quarzgerölle in der
Nähe des Ganges oft zersetzt und manchmal pyritisirt sind;
diesen Einfluss konnte ich auf manchen Stellen auf zwei bis
drei Fuss Entfernung vom Gange nachweisen. Jedermann wird
diese Veränderung als Wirkung der Gangbildung erkennen und
mit mir annehmen, dass die in den Spalten eireulirenden So-
lutionen den Quarz des Conglomerates und Sandsteines auf-
lösten und ihn als grauen Quarz an den unmittelbar nahe
liegenden Saalbandern absetzten; dass durch diesen Process
auch eine Präecipitirung der Metallbestandtheile erfolgt ist,
wäre mit grosser Wahrscheinlichkeit vorauszusetzen. Es würde
dadurch auch die Erfahrung, dass die Sylvanite in der Nähe
des grosskörnigen Conglomerates einbrechen , erklärt werden,
da die chemischen ‘Wirkungen daselbst am lebhaftesten vor
sich gingen. Die vielen mitgetheilten Beobachtungen geben
mithin betreffs der Bildung des grauen Gangquarzes und der
Pyritmugel im Conglomerate ein sehr lehrreiches Beispiel einer
Art Lateral-Secretion, einen sprechenden Beweis für den
chemischen Einfluss des Nebengesteins bei der Bildung der
Gangmineralien.
9, Beiträge zur Geologie der Insel Bornholm.
Von Herrn K. v. Sessacn ın Göltıngen.
(Aus einem Brief an Herrn Bkyrich.)
Hierzu Tafel VII.
‚Im Sommer 1863 bin ich in Bornholm ‚gewesen. Das
sanft ansteigende Terrain, die mächtige Diluvialbedeckung, die
selbst von den grösseren Bächen nur selten durchschnitten
wird, und die weiten Heideflächen überzeugten mich aber bald,
dass eine genauere geognostische Kartirung hier ohne zu
diesem Zweck besonders bewirkte Aufschlusse nicht ausführ-
bar sei. Einige wenige interessante Punkte ausgenommen
bietet die von Sedimentärformationen gebildete Südwesthälfte
der Insel keine brauchbaren Entblössungen dar. Der Geolog
ist hier fast ausschliesslich auf die Küste angewiesen. Aber
selbst an dieser sind lange Strecken durch das herabgestürzte
Diluvium, den treibenden Flugsand und die zum Schutz gegen
den letzteren angelegten Anpflanzungen bedeckt.
So ist es gekommen, dass ich wesentlich neue Beobach-
tungen nicht gemacht, sondern mich damit habe begnügen
müssen, frühere Wahrnehmungen zu controliren und mir ein
allgemeines Bild von der geognostischen Configuration Born-
holms zu verschaffen. |
Die von mir gewonnenen Resultate durften indess dadurch
einiges Interesse haben „ dass wir bei der ausserordentlich in
Anspruch genommenen Zeit von Prof. FORCHHAMMER auf die
Hoffnung verzichten müssen, in der nahen Zukunft eine neue
dem gegenwärtigen Stande der Wissenschaft entsprechende
Darstellung der geologischen Verhältnisse Bornholms von
diesem Meister der dänischen Geologie zu erhalten.
Zu besonderem Danke bin ich noch verpflichtet dem
Herrn M. JESPERSEN, Adjunkt an der Realschule zu Rönne,
in dem ich für die meisten meiner Excursionen einen ebenso
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339
liebenswürdigen als sach- und ortskundigen Führer gefunden
hatte. |
Die krystallinischen Gesteine, welche bekanntlich den
grösseren nordöstlichen Theil der Insel ausmachen und im
Rytterknaegten 496 Fuss Seehöhe erreichen, mussten in Folge
der beschränkten Zeit unberücksichtigt bleiben und der einzige
Ausflug, den ich nach der Nordspitze des Insel unternahm,
galt der pittoresken Schönheit der mächtigen Granitklippen im
Kirchspiel Rö an der Hammershuus Ruine nnd bei Johns
Capelle.
Die Grenze dieses krystallinischen Kerns gegen West und
Sud ist schon auf der Karte von RawERT und GaRLIEB und bei
OERSTEDT, Esmarc# und FORCHHAMNER (1819) ziemlich richtig
angegeben. Die Grenzlinien von Ravnebaeck nördlich von
Hasle bis zu dem Hügel südlich von Blycoppeaae, auf
dem Knuds Kirche steht, ist jedoch noch sehr fraglich und
hypothetisch, da in dieser ganzen Erstreckung die Reliefverhält-
nisse der Oberfläche keinerlei Anhalt bieten und nur östlich
von Nykirche das Zurücktreten des Granits nach ForchH-
HAMMER’s Karte in den kongel. Vidensk. Selsk. Naturvidensk.
og. math. Afhandl. 1838. Bd. 7 Taf. 1 ein Zurückweichen des
Granits von der Küste wirklich beobachtet worden ist. Ziem-
lieh genau lässt sich die Grenze westlich von Knudskirche
bestimmen, wo in vielen Steinbrüchen ein herrlicher Syenit-
Granit gewonnen wird. Nach einer kurzen Unterbrechung
durch Blemme Lyng scheint dann der Abfall des centralen
Plateaus und die südliche Grenze von Hoc-Lyngen an-
nähernd auch die Grenze zwischen den krystallinischen Ge-
steinen und den Sedimentärformationen zu bezeichnen. Die-
selbe verläuft in dieser ganzen Erstreckung, wenn man absieht
von- einigen wenigen Undulationen und einer, wie es scheint,
isolirten Granitinsel, auf welcher Aakirkeby liegt, nahezu west-
östlich und erreicht unweit Friedrichs Steinbruch nördlich von
Nexö die östliche Küste.
An diesen krystallinischen Kern legt sich nach Suden,
wie wir schon seit 1819 aus den gleichzeitigen und ganz
üubereinstimmenden Berichten von RAWERT und GARLIEB, von
VARGAS, BEDEMAR und von ÜERSTEDT, EsMmArcH und FORCH-
HAMMER wissen, ein röthlich-grauer Sandstein. Nur eine petro-
graphische Varietät dieser Formation sind die in der letzt
340
eitirten Arbeitunterschiedenen sogenannten grünen Grauwacken
und Schiefer. Dass dieser Sandstein wirklich den Untergrund
‚der ganzen Fläche von Nylarskirche bis Paulskirche und Nexö
bildet, haben nach den Mittheilungen von Herrn JESPERSEN
neuere Brunnenausgrabungen durchaus bestätigt. Das Streichen
dieses Sandsteins ist parallel der Südgrenze der krystallini-
schen Gesteine nahezu ostwestlich; das Fallen ist südlich von
0—30 Grad. Dieser Sandstein wird überlagert von Alaun-
schiefer, welcher Versteinerungen aus der sogenannten Primor-
dialfauna umschliesst. Hierdurch wird der Sandstein als
ein Aequivalent des schwedischen Fucoiden-Sandsteins und des
cambrischen Sandsteins bei Christiania characterisirt.
Der Alaunschiefer ist bei Borregaard an der Oleaae und
bei Limensgade an der Laesaae zu beobachten. Ob die ost-
liche Alaunschieferpartie am Rispebjerg mit der an der Lae-
saae zusammenhängt, wie man erwarten sollte, oder ob sie in
der That zwei derartig getrennte Abschnitte bilden, wie sie
auf den vorhandenen Karten dargestellt werden, konnte nicht
ermittelt werden. An der ersteren Stelle bedeckt der Alaun-
schiefer den Sandstein in concordanter Lagerung; bei Limens-
gade jedoch schien er ihm ubergreifend aufgelagert, doch
konnte hierüber keine Sicherheit gewonnen werden. Der
Schiefer selbst ist an beiden Orten bei fast rein ostwestlichem
Streichen nur wenig gegen Süd geneigt.
Bei Limensgade ist derselbe ungefähr 25 Fuss mächtig
und enthielt Dietyonema Hisingeri und undeutliche Graptolithen.
Am Rispebjerg findet sich in den Alaunschiefer eingelagert
fester späthiger z. Th. anthraconitartiger Kalkstein, der stellen-
weise ganz, erfüllt ist von Petrefaeten. Es ist dies AnGELın’s
von ihm selbst schon von Bornholm eitirte regio Conocory-
pharum, die ich aber weder hier, noch, soweit meine Beobach-
tungen reichen, bei Andrarum für einen im Alter wesentlich
von der regio Olenorum verschiedenen Horizont halten kann.
Von den 4 von ANngELIN in den beiden ersten Lieferungen
seiner Palaeontologia Suecica von Bornholm angegebenen Arten
Anomocare excavatum, A. difforme, Solenopleura holometopa und
S. brachymetopa fand ich nur Cephalothorax - Fragmente der
Anomocare diforme; ausserdem aber wurden noch gefunden
sehr zahlreiche aber leider nicht näher bestimmbare Bruch-
stücke von Segmenten und Kopfschildhörneru von Paradoxides,
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sowie Agnostus pisiformis, A. bituberculatus und A.? punctuosus.
Ausser den Trilobiten konnte ich nur noch eine kleine Acro-
treta- Art wahrnehmen, die, gesellig vorkommend, nicht eben
selten zu sein scheint, und die ich daher Acrotreta socialis ge-
nannt habe. Dieselbe steht in der Mitte zwischen Aer. sub-
conica Kurorca (Verh. d. min. Ges. z. St. Petersburg 1847
S. 275 Taf. 7 Fig. 7) und sSipkonotreta conoides Kur. (ib.
S. 269 Taf. 7 Fig 2). Der allgemeine Habitus stimmt durch
die conische Form und den abstehenden Wirbel der grösseren
Klappe mit Acrotreta, wogegen die feinen Wärzchen dieser
Gattung nach KurorcA fehlen sollen und somit an Siphono-
treta erinnern wurden. Was die Reste des inneren Apparats
anlangt, so finden sich in der grösseren Klappe die eingesenkte
Röhre und die 3 Knötchen an beiden Seiten und vor dieser
in ganz ähnlicher Weise wie bei den Siphonotreten, der Bau
der inneren Seite der kleineren Klappe ist dagegen ziemlich
abweichend. Man unterscheidet ein mittleres Dorsalsystem mit
einer kleinen Schlossplatte und einen Muskelansatz hinter sich,
sowie zwei divergirende Leisten, die von dem Vorderende
des Septums auszugehen scheinen. Besonders auffällig sind
aber zwei seitlich am Schlossrande gelegene Höcker, die un-
willkürlich an die Schlosszähne der Terebratuliden ete. er-
innern, über deren Wesen ich mir aber kein Urtheil erlaube.
Vorzüglich durch diese Höcker scheint sich mir die vorliegende
Form von Siphonotreta zu ünterscheiden und darauf hinzudeuten,
dass Acrotreta KuroreA wirklich eine von Siphonotreta ver-
schiedene, wenn auch unmittelbar neben dies Genus gehörige
Gattung sei. Die Aehnlichkeit mit Cyrtia muss ich mit Davıp-
SON für eine rein äusserliche halten. Dagegen erinnern die
verdrückten Exemplare der kleineren Klappe von A. socialis
in dem Graptolithenschiefer dermaassen an M’CovY’s Spondylo-
bolus, dass ich an die Identität beider Formen glauben muss.*)
Durch das Vorkommen dieser kleinen Acroteta werden in
das gleiche Niveau auch die Alaunschiefergeschiebe gestellt,
die man von Stampen an längs der ganzen Sudwestküste am
Auf Taf. VIII. ist Acrotreta socialis in 10maliger Vergrösserung
dargestellt, Fig. 1 ist die Schlossansicht, Fig. 2 die Seitenansicht, Fig. 3
die innere Ansicht der grösseren Klappe; Fig. 4 zeigt die innerste
Schalenschicht der kleineren Klappe von aussen gesehen.
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Strande des Meeres findet. Sie umschliessen ansser der Acro-
treta socialis die von SCHARENBERG beschriebenen GeaBepEr
in zahlreichen Exemplaren. ER
Auf dem Alaunschiefer von Limensgade und dem südlich
hiervon gelegenen Riseskowgaard liegt. unmittelbar auf der Va-
ginatenkalk, auch petrographisch in ganz gleicher Weise ent-
wickelt, wie ich ihn in Russland kennen gelernt. . Von Petre-
facten wurden nur gefunden Pygidien von :Asaphus expansus,
Illaenus crassicauda und einer Megalaspis-Art, sowie Orthoceras
simplew.
Da der Vaginatenkalk ebenso wie der Anthraconit vom
Rispebjerg zum Cementbrennen benutzt wird, so werden: beide
wie früher in den Beschreibungen so noch heute von den
Anwohnern als „ÜOementstein“ mit einander zusammenge-
worfen.
Mit dem Vaginatenkalk schliesst auf Bornholm die Reihe
palaeozoischer Gebilde, die bei der allgemeinen ostwestlichen
Streichlinie mit sudlichem Einfallen die grösste Verwandtschaft
mit. Scandinavien und speciell, wie bekannt, mit dem südlichen
Schweden besitzen.
Die nächst jüngern Schichten sind: nach FORCHHANMER
der Vellingsaae- oder Laesaae-Sandstein, der von ihm mit den
Schichten von Noer und Vidseröd in Schonen parallelisirt und
als oberer ‚Keuper: bezeichnet wird. Diese Deutung muss ich
jedoch — soweit sie sich auf das “Vorkommen in Bornholm
bezieht — für noch nicht sicher erwiesen halten und habe mich
an den wenigen und ungenügenden Aufschlusspunkten: des
festen grauen versteinerungsleeren Sandsteins nicht einmal von
seiner Verschiedenheit von dem cambrischen Sandstein sicher
überzeugen können. |
Die jüngeren Glieder der sogenannten Bornholmschen
Kohlenformation fand. ich längs ‚der Küste in ganz ähnlicher
Weise gegliedert, wie dies FORCHHAMMER in seiner Monographie
dieser Schichten (Vid. Sel. naturwid. og mathem. Afh. VII
deel 1838) angegeben, indem sich von Leuka bis nördlieh von
Hvidodde ebenso wie an der Mündung von Vellingsaae eine
durch die Lagerung als junger bezeichnete Abtheilung von
mildem grauem Sandstein und Thon auf die harten mit Eisen-
oxydhydrat durchzogenen vielfach variirenden unterliegenden
343
Schichten auflegt. Ueber die Begrenzung und Anordnung dieser
Schiehten im Innern lässt sich nichts Bestimmtes aussagen,
doch deuten die zahlreichen Beobachtungen uber das Streichen
und Fallen dieser Formation, die ich langs der Küste anstellte,
übereinstimmend auf eine einfache Muldenbildung hin. Die
Streichlinie ist nordwest - sudöstlich und schwankt zwischen
‚Stunde 8 und 10+. Oestlich'von Arnager fallen die Schichten
mit 10---15 Grad gegen Südwest zwischen Stampen und Or-
mebaeken, aber gegen Nordost mit 23—50 Grad. Bedeutende
Abweichungen von der allgemeinen Streichlinie, wie sie sich
auf, dem zweiten Kartenblatt bei Oerstedt und Esmarch auf-
gezeichnet finden, konnte ich weder hier noch bei Leuka auf-
finden und auch H. JESPERSEN bezweifelte ihre Existenz.
Zwischen Ormebaeken und Hvidodde ist die untere Abtheilung
der Kohlenformation entwickelt; sie erscheint von der See aus
horizontal gelagert und besitzt nur eine geringe Neigung gegen
NO. Dies Fallen erhält sich auch in der oberen Abtheilung
bis an die Blykoppeaae, in deren Nähe die Flötze vom Sor-
that- Kohlwerk senkrecht stehen. Weiter nördlich bei Hasle
hebt sich die untere Abtheilung wieder heraus mit einem ge-
ringen Fallen gegen SW. Das weit westliche : Hervortreten
der krystallinischen. Gesteine bei Knudskirche und das, wie es
scheint, noch beträchtlichere bei der Blykoppeaae wurde sich
leicht durch die Annahme einer nach dem :Absatz der Born-
holmschen :Sedimentärformationen erfolgten localen und ver-
hältnissmässig plötzlichen Hebung der krystallinischen Massen
(oder Senkung jener) und einer hierdurch veranlassten Denu-
dation des östlichen Muldenflugels. bei Knudskirche und an
der Blykoppeaae erklären lassen.
Petrefacten sind in den Schichten der Bornholmschen
.Kohlenformation ausserordentlich selten. FORCHHAMMER eitirt
die Pflanzen- (meist Cycadeen-) Reste von Nebeodde nördlich von
Rönne, einige nicht ganz sicher bestimmbare Zweischaler von
Hvidodde ‚und einige andere Conchylien von Ormebaeken.
Leider sind auch die letzteren nur wenig characteristisch und
allein Avicula inaequivalvis Sow. giebt einen Anhalt. Aber da
die verticale Verbreitung dieser Muschel, .die Speeies in ihrer
früheren Ausdehnung aufgefasst, vom unteren Lias bis in die
untere Kreide reicht, so bleibt hier immer noch. ein, weiter
Spielraum für die Stellung dieser Schichten übrig. Es war
daher mein Bemühen durch weitere Funde den geognostischen
Horizont der Schichten von Ormebaeken zu bestimmen. Das.
ist jedoch nur unvollständig gelungen, weil auch ich keine
| characteristische zweifellos sicher bestimmbare Formen habe
finden können. Das versteinerungsführende Gestein ist ein
eisenschüssiger Sandstein, den das Meer zwischen den grossen
Granitblöcken im flachen Wasser losschwemmt. Die Ausbeute
ist daher sehr vom Zufall und besonders von dem Winde und
der von diesem bedingten Höhe des Wasserstandes abhängig.
Ausser einem leider nicht mehr bestimmbaren Belemniten und
dem sehr unvollkommenen Fragmente einer glatten Terebratel
fand ich nur Conchiferen und einige Gastropoden. Ich glaube
dieselben folgendermaassen bestimmen zu können:
Leda cf. aequilateralis A. ROEMER.
Nur durch bedeutendere Grösse von dem Vorkommen am
Mehler Dreisch unterscheidbar.
Leda Bornholmensis sp. nov. Diese Species steht der
elliptica am nächsten, doch ist der Wirbel mehr hervorragend,
die Ecke zwischen dem Schlossrand schärfer und ein zwar nur
kurzer aber deutlicher Hinterrand vorhanden. Die Kerbzähne
des Schlossrandes beweisen die Zugehörigkeit zu den Acraceen;
der Mantelrand konnte nicht beobachtet werden; der Habitus
lasst eine Leda vermuthen; nicht selten.
Arca cf, cucullata Münster (GoLpruss Petref. Germ.
Taf. 123 Fig 7; Anpree in Zeitschr. d. D. geol. Gesellschaft
1860 Bd. XII. Taf. 14 Fig. 8). Der Habitus passt gut zu
AnDRER’s Figur, die centrischen Zuwachsstreifen zu GoLp-
russ’s Darstellung, doch konnten die von beiden angegebenen
Radialstreifen noch nicht beobachtet werden; nicht selten.
Cardium ef. coneinnum Lxc. und Morrıs (Moll. of the
Great Ool. Taf. 7 Fig. 7).. Der Umriss nicht eckig und keine
hintere Kante, wodurch eine Annäherung an das nahe ver-
wandte aber bloss auf der hinteren Fläche radialgestreifte
Protocardium striatulum Sow. sp. (= Card. concinnum striatulum
bei L. v. Buch = C. concinnum bei TRAUTSCHOLD) stattfindet.
Doch unterscheidet sich dies letztere, das ich selbst im Kim-
meridge bci Weymouth gesammelt habe, auch noch durch
grössere Breite von der Bornholmer Form.
Astarte pulla A. RoEMER (cf. GoLpr. Petr. Germ. Taf. 154
345
‚Fig. 10; nicht ganz so gut stimmt Auprer’s Abbildung a.a. O.
Taf. 14 Fig. 4). Vollkommen mit dem nordwestdeutschen
Vorkommen übereinstimmend; häufig. |
Astarte suplana D’OrB. bei AnDREE (a.a. ©. Taf. 14 Fig. 6
non A. plana Roeu.). Auf diese Form scheinen einige flache
nach hinten erweiterte Steinkerne zu deuten.
Anatina undulata« Sow. sp. (cf. Prmızu Yorksh. Taf. 5
Fig.1 = Cercom. pinguis Ac. etud. Taf. 11 Fig. 19 und besonders
lla Fig. 17 und 18). Der weitausspringende Vordertheil
stimmt durchaus, die hintere Spitze aber viel länger ausgezogen
als in allen vorhandenen Abbildungen. Die feinen Punkt-
streifen der Anatinen deutlich erkennbar. 2 Exemplare.
Dentalium sp.ind. (D. eylindricum Sow. bei FORCHHAMMER).
Erinnert vielfältig an D. entaloides DesLone. ist aber nicht mit
Sicherheit zu bestimmen. Sehr häufig.
Pleurotomaria cf. granulata Dest. Der allgemeine Habitus
stimmt vorzüglich, aber es ist leider keine Spur der Sculptur
erhalten und somit jede genaue Bestimmung unmöglich. 2 Exem-
plare.
Ausserdem fand ich noch Bruchstücke, die sich mit Be-
nutzung von FORCHHAMMER’s Angaben als zu einer duplicaten
Lima - Art gehörig erkennen lassen und Herr JESPERSEN eben-
daher ein vortrefflich erhaltenes Exemplar eines glatten /no-
ceramus vom Habitus des /. concentricus PArRk., den ich jedoch
nicht genau zu bestimmen vermochte. An den beiden anderen
ausser Ormebacken durch FoRCHHAMMER noch bekannt ge-
wordenen Fundpunkten von Petrefacten, an der Nebbeodde und
an der Hvidodde konnte ich nichts Neues auffinden. Zuihnen
kommen aber noch zwei neue Fundorte, auf die mich Herr
JESPERSEN aufmerksam machte. Es ist das Kolbergs Lehm-
grube dicht bei Rönne, wo in einem grauen Thon zahlreiche
Pflanzenreste meist von Cycadeen vorkommen, und dann die
Küste unterhalb des Exercierplatzes von Hasle. Hier finden
sich in einem braunen, im frischen Zustande grünlichen Sand-
steine mit einzelnen Glimmerblättchen und grösseren Quarz-
körnern : zahlreiche , aber leider nur ungenügend erhaltene
Muschelversteinerungen. Ich fand:
Avicula inaequivalvis Sow. 2 Exemplare.
Avicula sp. ind. klein, bauchig (könnte A. echinata Sow.
sein) ziemlich selten.
“
Leda Bornholmensis sp. nov. selten.
- Tancredia courtansata Pr. sp. (ef. Lvc. u. Moan. Moll.
af the Great. Ool. Taf. 13 Fig. 7). Es ist dies eine Muschel
vom allgemeinen :Habitus der Tancredien, besonders der 7.
awiniformis, aber etwas kürzer und bauchiger als diese Speeies.
Volle Sicherheit in der Bestimmung konnte nicht erreicht
werden, und da der Schlossbau nicht beobachtet werden konnte,
so ist nicht einmal die generische Stellung zweifellos; häufig.
Myoconcha sp. ind. Nur ein unvollständiges Exemplar,
das Morrıs und Lyortr’s Darstellung der M. erassa Sow. am
nächsten steht.
Astarta pulla A. Roru. selten.
Dentalium sp. ind. wie bei Ormebaeken.
Die eben angeführten Petrefacten von Ormebaeken und
Hasle machen es offenbar wahrscheinlich, dass die Born-
holmsche Kohlenformation in die Zeit des Bathooliths gehört.
Bei der allmäligen Senkung der baltischen Länder und dem
Fortschreiten des Jurameeres nach Osten fand ähnlich wie im
nördlichen Gross-Britannien auch in den Buchten des damaligen
skandinavischen Festlandes eine Kohlenbildung statt, ‚die gleich-
alterig ist mit den pelagischen Bildungen, welche die Jura-Ge-
rölle der norddeutschen Tiefebene mit Avicula echinata darstellen,
mit dem Oornbrash des nordwestlichen Deutschlands und mit
dem classischen Vorkommen bei Bath und Minchinhampton.
Die Glieder der Kreideformation sind in Bornholm auf
die Küste zwischen Stampen und Arnager beschränkt. Ob der
von FORCHHAMMER an der Blykoppeaae angegebene Grunsand
wirklich hierhin zu rechnen sei, ist mir sehr zweifelhaft
und wird bloss durch die Auffindung von Petrefacten, die meines
Wissens hier noch nicht vorgekommen, zu erweisen sein. Auch
die Kreideformation zeigt auf der Südküste auf eine Mulden-
bildung hin.
Das unterste Glied der Bornholmer Kreide ist der sogenannte
Grunsand. Derselbe ist von der bekannten glaukonitischen
Färbung, meist mürbe und reich an Wasser, nur selten, wie
z. B. bei Stampen, von festen Bänken eines ausserordentlich
harten Quarzits durchzogen. Dass dieser scandinavische Grün-
sand weder mit dem Neocom noch mit der Tourtia etwas zu
thun hat, machen schon die von NıLsson aus ihm beschriebenen
Petrefacten wahrscheinlich. Ganz neuerdings hat aber FoRcH-
\
“
»
HAMMER in seiner interessanten Abhandlung über die jüngere
Kreide in Dänemark*) aus den Lagerungsverhältnissen bei
Thune unweit Röskilde bewiesen, dass der seeländische Grün-
sand die Schreibkreide überlagert, und wenn die von ihm ge-
gebene Deutung der zwischen beiden vorkommenden Schichten
richtig ist, wie ich nicht bezweifele, sogar noch jünger ist als
der Faxö- und Saltholmkalk. Da nun die Identität des see-
ländischen und bornholmschen Grünsandes zweifellos sein
dürfte, so- würde auch dieser, wie der scandinavische Grünsand
überhaupt gleich alt oder vielmehr gleich jung sein. Von Pe-
trefacten fand ich besonders an der Baunodde: Belemnites
mucronatus, nur in jungen Exemplaren, aber häufig Ostrea di-
luviana, Pecten serratus NıLs., nicht selten, Terebratula carnea
Sow. nur ein Exemplar und einen Cidaritenstachel.
Der Grünsand schliesst nach oben mit einer eonglomera-
tischen Schicht, die von Brocken von grauen Kalksteinen ge-
bildet wird und die den Uebergang bildet zu dem Arnagerkalk.
Der Arnagerkalk ist an der Küste westlich von Arnager bis
zur Horsemyrodde zu erkennen; er ist frisch von aschgrauer
spater von weisser Farbe und von unserem norddeutschen
Pläner mit /noceramus Brongniarti nicht zu unterscheiden. Da
er den Grünsand bedeckt, so ist er das jüngste Glied der
scandinavischen und somit wohl der europäischen Kreide über-
haupt. Die genauere Untersuchung seiner Fauna musste unter
diesen Verhältnissen von besonderem Interesse sein, ich ver-
mochte aber nnr folgende Arten zu finden: Terebratula carnea
häufig, Lima Hoperi Sow. nicht selten, ‚Spondylus striatus nicht
selten. |
Nicht ohne Interesse sind endlich die Anschwemmungen
von Braunkohle und Bernstein an der Südküste, indem sie auf
eine unterseeische Fortsetzung der Bernsteinformation Preussens
bis in die Nähe Bornholms schliessen lassen. |
=) Om Leiringsforholdene og Sammensaetning af det nyere Kridt
i Danmark.
6. Ueber Quarz-Krystalle von Striegau in Schlesien.
Von Herrn Wessky ın Breslau.
(Hierzu Tafel IX.)
Die in den Drusenräumen des Granites aus der Gegend
von Striegau in Schlesien vorkommenden, in der Regel ziem-
lich dunkelbraunsgefärbien Krystalle des Quarzes sind von
G. Rose in der im Jahre 1844 in der Königlichen Academie
der Wissenschaften gehaltenen, im Jahre 1846 gedruckten
Vorlesung: „Ueber das Krystallisationssystem des Quarzes,“
- p- 38 beschrieben worden; es sind Combinationen
der Rhomboeder R, 2r, 3r erster, r', Tr’ zweiter Ord-
nung. |
des Trigono&ders s (Rhombenfläche),
des Trapezoederss x = (a: !a:ta:c) erster, und 0 —
(@:40a:+a :c) zweiter Ordnung, und
der Säulen g und k= (a: ta: +a.: co c); die letztere
schärft zu je zwei Flächen gruppirt, diejenigen Kanten von
9 zu, auf welche p nicht aufgesetzt ist; die Krystalle werden
als Penetrations-Zwillinge bezeichnet, wie sie zuerst HAIDINGER
(BREWSTER, Journal of science, Vol. I. p. 322) an Krystallen
des Dauphine, dann G. Rose von vielen Fundorten be-
schrieben.
In neuster Zeit sind von dem Lehrer ZIMMERMANN in
Striegau einige Krystalle des dasigen Quarz-Vorkommens ge-
sammelt und dem Verfasser zur Verfügung gestellt worden,
die in mehrfacher Beziehung merkwürdig sind und Gegenstand
dieser Mittheilung sein sollen.
Die Endigungen dieser Krystalle haben mehr oder minder
durch das Vorherrschen dreier Flächen des Dihexa@ders an
der Spitze rhombo&@drische Conturen ; an Stelle der Rhomboeder-
Kanten treten aber mehrere kleine Flächen, welche im Grossen
und Ganzen diese Kanten schief abstumpfen, indern drei dieser
349
Flächen, je einer Rhombo&der-Kante entsprechend, vorherrschen ;.
die Richtung der Neigung dieser Flächen erweist sich ver-
| schieden, ebenso die Streifung, welche theils parallel der ab-
gestumpften Kante, theils schräg gegen diese und parallel der
Combinations-Kante mit dem zurücktretenden Rhomboäder ge-
richtet ist. &
Da die Krystalle durchweg, wie schon G. RosE an-
gegeben, Penetrations-Zwillinge sind, so gehören die durch
die Kanten-Conturen gebildeten Flächen der Endigung stück-
weise beiden Rhombo&dern R und r’ an und sind die Theile
der letzteren durch feine Nähte von einander getrennt und
durch Oberflächen - Beschaffenheit unterschieden; geht eine
solere Grenznaht uber eine, die Rhombo&der - Kante ab-
"'stumpfende Fläche weg, so tritt ein Wechsel in der Neigungs-
Richtung derselben und sleichzeituz ein Wechsel der Strei-
fung ein.
Da an diesen Krystallen die Teäperoederäche x mit
grosser Schärfe und Glanz und die Trapezo@derfläche o’ sehr
stark, aber fein und äusserst sauber gestreift auftreten, so orien-
tirt man sich sehr leicht über die Lage jedes Theiles eines
Krystalles und ergiebt die Beobachtung, dass die Hauptfläche
m des die Polkanten des Hhembätas:, abstumpfenden ‘Com-
plexes:
1) immer auf diejenige Dihexa&der - Kante aufgesetzt ist,
an der sich die Rhombenfläche s aufgesetzt befindet, dass
2) diese Fläche m parallel mit der abgestumpften Kante
gestreift erscheint, wenn diese Kante dem Gegenrhomboeder,
unter dem die Trapezoöderfläche o’ liegt, angehört, dass sie
3) dagegen schräg gegen die abgestumpfte Kante ge-
streift erscheint, wenn sie die Kante des Hauptrhomboäders
R abstumpft, in welchem Falle sich dann in der Nähe der
Spitze eine Anhäufung kleiner Flächen bildet.
Von den neun mir zur Verfügung stehenden Exemplaren
zeigen fünf derselben die Trapezoäderflächen x auf der rechten
Seite unter R, bestehen also — wie mir zu sprechen erlaubt
sein möge — aus Rechts - Quarz, vier Exemplare dagegen in
diesem Sinne aus Links-Quarz.
Diese letzteren, also die Links-Quarz-Krystalle, zeigen m
„rechts geneigt bei schräger Streifung, links geneigt bei einer
Zeits. d.d.geol Ges. XVI:>; 23
Streifung parallel der abreeae Polkante; umgekehrt die
aus Rechts-Quarz bestehenden Krystalle.
An einem Krystalle, welcher die Fläche m linke Babe
und parallel der abgestumpften Kante gestreift zeigt, ist der
Glanz der Fläche m und der sie begleitenden hinreichend, um
die Neigung derselben zu r’ mittelst des Reflexions- Gonio-
meters bestimmen zu können; es gelang dies jedoch nur unter
Benutzung eines erleuchteten Spaltes als Objeet und. starker
Verkleinerungen des reflectirten Bildes.
Die Abmessung ergab zwischen r’/r’ vier Flächen m,,
m, m, und m,, wie folgende Tabelle nachweist:
Tan- Berech-
genten- Ausdruck nach nete
re Verhältniss Nei-
“ISUNS: t9.4797° gung -
— 4,009, Weiss. Naumann.| Levy. zu r'.
r'/m,=159°34 | 22485 4m, = $a:18a:'$a:c— AR = (drs dı b°)1159° 33"
=4 —= %d: 34: Zd:c— HR S(d,yd+ 5’)158° 48°
r/u2 1939058. .3,066= Sn —= 3a: Basause : ZB 26° 154° 19°
ne —109239.12.4.005- Am, =. @u: Inu: Ba.c 2" Sl 54 5°)150° 11°
r'/m,= 127057 —5,795 6m, = ba:Pa:Za:c| #+R 1(bı b} 5°)1128° ı9
— 7a: Zar: Za:c| 2R 26,642 51)1290 34
Sn
Die beobachteten Flächen sind sämmtlich neu; in der
Endkanten - Zone des Gegenrhomboäders r’ sind bisher nur
das zweite Prisma a = (a:+a:a:®c) und die an den Kıy-
ll von Striegau auftretende Trapezo&äder -Fläche 0’ =
(@:+4:%&:c), welche im Kreuzpunkte mit der Zone g, 0, s
und 5 be, bekannt.
Die Symmetrie - Verhältnisse anlangend, so ergiebt. schon
die Folge der Abmessungswerthe, dass die genannten Flächen
Mm,» m, m, und m, nur in der Zahl drei um das eine Ende
der Hauptaxe zum Vorschein kommen; es sind also Viertel-
flächner von Didodecaödern, die Fläche m ausgenommen, welche
der Halbflächner eines Dihexaäders zweiter Ordnung ist.
Betrachten wir die letzte zunächst, so ergiebt ihre Lage
als aufgesetzt auf dieselbe Dihexaöderkante des gewöhnlichen
Dihexaeders, an der s liegt, dass m und s in derselben Ver-
‚ tical-Zone liegen, und dass mit Zuhülfenahme des Abmessungs-
werthes m die dreifach stumpfere Form von s ist und auch
+s geschritben werden kann.
351
Die Flächen m,, m, und m, anlangend, so lässt sich zwar
bei dem Fehlen von Kayslalfen, welche an beiden Enden aus-
gebildet sind und sie zeigen, direct nicht bestimmen, ob sie
Trapezoädern oder gewendeten Rhombo&dern angehören, es
unterliegt aber wohl keinem Bedenken, auch für dieselben die
trapezo@drische Tetartoädrie anzunehmen, da diese zu den
characteristischen Merkmalen des Quarzes gehört; unter der-
selben Voraussetzung ist daher m als ein stumpferes Trigo-
no@der zu betrachten. Die Fläche m, gehört einem Skale-
noeder der zweiten Ordnung an, m, und m, solchen der ersten
Ordnung, die Fläche m, unterscheidet sich aber von der Fläche
m, darin, dass während m, der an s anliegenden Hälfte des
vervollständigten Skalenoöders angehört, m, die entgegengesetzt
liegende Seite des aus ihm gebildeten. Skalenoäders bildet; die
von beiden Skaleno@dern vertretenen Hälften liegen also auf
entgegengesetzten Seiten des Hauptschnittes durch die End-
kante des Rhomboöäders R.
Die gefundenen Winkelwerthe der Abmessungen anlangend,
so sind die von m und m, ziemlich sicher, weniger die von
m, und m,; die vorgeschlagenen Correcturen geben einfachere
Coordinaten für die Zonenpunkte mit den Rhomboödern R und r".
In Fig. 1 und 2, Tafel IX. ist die Anordnung der Flächen
M,, mM, m, und m, grundrisslich für beide Fälle ihrer Con-
figuration dargestellt, und zwar in Fig. 1. der Fall des Vor-
herrschens des Gegenrhombo&ders r’, in Fig. 2 der des Vor-
herrschens des Hauptrhombo&ders R,
Wie aus der Lage von s, 0 und x ersehen werden kann,
beziehen sich beide Darstellungen auf Links-Quarz; in Fig. 2
ist eine Zone zwischen R, m, und m, im anliegenden Sextanten
über die Endkante von R hinweg zu erkennen, welche ich
beobachtet zu haben glaube; aus Fig. 2a, welches die grund-
'rissliche Copie eines Krystalles ist, sind die Dimensionen des
wirklichen Vorkommens der beschriebenen Flächen zu ersehen.
Untersucht man die Endkanten des Dihexaöders, also die
Combinationskanten R’r' genauer, so unterscheiden sich die-
jenigen, welche s und m nicht verbinden, von denen, die dies
thun, durch einen Lichtreflex, welcher von einem äusserst
Sek islen Bündel von Trapezo&derflächen der oberen Abtheilung
aus der Zone von g, s herrührt.
25 *
352
Die goniometrische Prüfung dieses Reflexes an einem der.
Krystalle gestattete von R nach r gemessen sechs einzelne
Reflexe zu unterscheiden, von denen der dritte und: sechste
eine vorherrschende Lichtstärke zeigten; in dem sechsten wurde
die von A. DES ÜLOIZEAUx mit x, (Memoire ete. du Quartz
p. 62) bezeichnete Fläche, in dem dritten eine neue zwischen
x, und £ liegende, die ich daher y, zu nennen vorschlage, er-.
kannt; der Winkelwerth des zweiten Reflexes ist sehr nahe
dem von £; die Fläche des ersten Reflexes wurde in die erste
Ordnung der Skalenoöder gehören, wogegen y, und y, der
zweiten Ordnung angehören, © steht auf der Grenze beider
(Memoire etc. du Quartz p. 91); ich habe nur 7, und y, in
nähere Erwägung genommen und in die Grundrisse Fig 1
und Fig 2. Taf. IX. eingetragen, da nur das Phänomen des
Auftretens dieser Flächen-Gattung an diesem Platze, bei der
geringen Ausdehnung der Flächen, von Bedeutung ist; das
Nähere ergiebt die folgende Tabelle.
ı Tangenten- Berech-
gefundene Verhältniss Ausdruck nach nete
Neigung. tg. 66° 52° Neigung
— 1,000. A. Nau- ee, zu R.
MANN.
BR] =159°56 +7,975
R/,—156° 29|—63,6 =w |E —=2a:a:2a:c| P, (did
R/,=154° 9|—-8,78—= — 9y,=%d:a:2a:c|—IRAldidS IN: 154.9
R/,—149° 45| 3,422
R),—149° 1%| 3.224
R/—148° 28|- 2,891 = —3ly, =3a:a:3d:e|—A Rälldt de b’)|1480 46°
f
Verfolgt man die durch die Trapezoöder der,oberen Ab-
theilung zugeschärfte Dihexaöder-Karte abwärts, so gelangt
man immer auf diejenige Säulenkante des Prisma g, welche
durch fe zwei Flächen der Säule k zugeschärft wird; die Ober-
flächen - Beschaffenheit dieser letzteren lasst zwar hin und
wieder eine goniometrische Bestimmung der Säulenwinkel zu,
an den meisten Stellen der Kanten treten aber in verschiedenen
Richtungen auseinandergehende Reflexe auf, welche von dem
wiederholten Einsetzen der Flächen des Rhombo&ders r’, ferner
der Flächen s und o’, der Trapezo@der , und y, und einer
unten mit ? bezeichneten Fläche herrühren.
Da wo die Flächen k mit den Rhombo&dern R und r zu-
#
393
sammenstossen, erweitern sich erstere und gehen in steile
Trapezoederflächen uber, die man für die gegenüberliegenden
Ergänzungswerthe der Flächen x, 0’ und s halten könnte,
welche diese Flächen aus trigonalen Trapezo&dern in hexagonale
ergänzen; man könnte zu dieser Auffassung sich durch den
Umstand berechtigt glauben, dass diese Flächen eine von ihren
bekannten Aequivalenten verschiedene Oberflächen-Beschaffenheit
haben, nicht glänzend oder gestreift, wie , 0’ und s, sondern
gebogen, warzig und schimmernd ausgebildet sind, also durch
diese Eigenschaften den trigonalen Gegensatz der Dihexa£der-
ecken aufrecht erhalten; obgleich sie keine goniometrischen
Messungen gestatten, könnte man ihre Lage doch durch den
Umstand constatiren, dass sie durch die Zwillings-Verwachsung
in eine congruente Lage mit x, 0’ und s gebracht würden.
Gerade aber dieser Umstand klärt den wahren Sachverhalt
auf: es sind nämlich diese Flächen, wenn sie auch innerhalb
der Grenzen desjenigen Individuums erscheinen, das an diesem
Platze die Gruppe x, o’ und s nicht zeigen kann, doch nichts
anderes als die Flächen x, o’ und s des anderen Individuums,
nur verschleiert durch die beginnende Ueberkrustung des
ersteren; man darf sich nämlich die durch die Nähte aus-
gesprochenen Grenzen der beiden Individuen des Penetrations-
Zwillings nur als für eine dünne Schicht der Oberfläche geltend,
nicht als radial in die Masse des Krystalls bis in die Mitte
eindringend denken; gerade, wie in den Amethyst -Krystallen
Rechts- und Links-Quarz lamellenartig übereinander geschichtet
durch die Erscheinungen des polarisirten Lichtes nachgewiesen
sind, durchdringen sich die Individuen des Penetrations-Zwillinges
aus gleichartigem Quarz in mit der Oberfläche mehr oder
minderparallelen Lagen; die Conturen der Oberfläche bezeichnen
die bei weitem vorherrschende Ausdehnung der einzelnen den
verschiedenen Individuen angehörenden Partien. Ich werde
diese verschleierten Flächen weiter unten, wo ich sie noch-
mals berühre, mit (x), (0) und (8) bezeichnen.
Es ist nicht zu leugnen, dass das Auftreten soleher von
mir verschleiert genannten Flächen des einen Individuums
innerhalb der Grenzen des anderen, Material darbieten könnte,
um die Auffassung der damascirten Quarz-Krystalle als Pene-
trations- Zwillinge in Frage’ zu stellen, es’ gewährt aber das
Verhalten der Flächen m und ihrer Begleiter an der Grenze
354
der Individuen einen neuen Beweis für die Existenz zweier
Individuen in demselben Krystallraume, und zwar sind die Er-
scheinungen, Dank der beschränkten Ausbildung dieser Flächen,
weniger dem Einfluss der lamellenartigen Construction der
Krystalle ausgesetzt.
Im Interesse des Beweises, dass die damascirten Quarze
wirklich Zwillinge sind, will ich die von mir an den Krystallen
von Striegau beobachteten Zwillings - Erscheinungen näher er-
ortern und wird sich die Uebereinstimmung derselben mit der
Zwillingstheorie mit Evidenz herausstellen.
Die neun beobachteten Exemplare bestehen, wie schon
gesagt, sowohl aus Rechts-Quarz als aus Links-Quarz, jedoch
getrennt; beide Arten von Quarz vereinigen sich in keinem
Krystalle.
An zwei Exemplaren sind aber zwei Penetrations-Zwillinge
wiederum mit einer Säulenfläche aneinander gewachsen, so
dass die vom m abgestumpften Rhombo&@derkanten desselben
Hauptschnittes in dem einen Penetrationtzwillinge die entgegen-
gesetzte Neigung gegen die entsprechenden Kanten im anderen
haben; jeder der so gebildeten Vierlinge ist aus derselben Art
des Quarzes, der eine aus Rechts-Quarz, der andere aus Links-
Quarz construirt.
In. Fig. 5—8, Taf. IX. ist das Schema des letzteren dar-
gestellt, und zwar sind Fig. 3—6 grundrissliche Bilder ein-
facher Krystalle von Links-Quarz, in denen ausser R, r' und
s in der Mitte noch m angegeben ist; die Schraffur von m be-
deutet die Richtung der Kanten zwischen m,, m, m, und m;,
die Schraffur in s die Streifung dieser Fläche, der Pfeil an
der Seite von m die Richtung der Neigung dieser Fläche.
In Fig. 3 herrscht r’ und ist R nach vorn gerichtet, in
Fig. 4. herrscht r’ gleichfalls, ist aber gleichzeitig nach vorn
gerichtet; in Fig. 5. herrscht R und ist nach vorn gerichtet,
während in Fig. 6 dasselbe bei gleieher Ausdehnung sich nach
hinten wendet; es haben also Fig. 3 und 5 dieselbe Stellung,
aber verschiedene Grundformen und entsprechen den aus-
führlichen Darstellungen in Fig. 1 und 2; ebenso besitzt Fig. 4
dieselbe Stellung wie Fig. 6, aber gleichfalls verschiedene
Grundform; sowohl Fig. 4 als 6 haben eine um 180° um die
Hauptaxe gedrehte Stellung einerseits zu Pie: 3, anderseits
zu Fig. 5.
359
Es vereinigen sich nun Fig. 5 und 4 zu dem in Fig. 7
dargestellten Penetrations-Zwillinge, und Fig. 6 und 3 zu dem
in Fig. 8 dargestellten; nur diese Vereinigung zu Zwillingen
vermag das am Eingange vorgetragene Phänomen zu erklären,
dass auf der bezeichneten Grenze die eine Fläche m sich mit
. veränderter Neigung und Streifung an die andere anlegt; eben-
so ist nicht selten, wie in Fig. 7 und 3 angedeutet, auf der
Zwillings-Grenze das Aussetzen des feinen Reflexes von 7, und.
y, zu beobachten, wie dies auf den Seitenkanten des Dihexa-
eders die Rhomboeder 2r und 3r, und auf den Säulenkanten
die Flächen von k thun.
Die Eigenschaft der damascirten Quarze als Penetrations-
Zwillinge ist daher ausser allen Zweifel gestellt.
Uebrigens bieten die beiden in Fig. 7 und 8 dargestellten
Penetrations-Zwillinge an sich noch denselben Gegensatz dar
wie Fig. 3 zu Fig. 4 und Fig. 5 zu Fig. 6; und so erklärt
sieh dann die eben angeführte Vereinigung zu Vierlingen in der
Ausgleichung dieses Gegensatzes.
Es ist eine bekannte Thatsache, dass auf der Grenze zu
Zwillingen verbundener Individuen eigenthümliche Flächen -
auftreten, die. man gar nicht oder doch selten an einfachen Kry-
stallen beobachtet; man kann dieselben nicht lediglich als
Störungen betrachten; sie sind in vielen Fällen eine stereome-
trische Nothwendigkeit und unterliegen bestimmten Gesetzen;
(vergleiche meinen Aufsatz: Ueber die Streifung der Säulen-
flächen des Adulars. Zeitschr. d. d. geol. Ges. Bd. XV.
p- 677). Auch die Penetrations - Zwillinge des Quarzes von
Striegau bieten einiges Material für diesen Gegenstand.
Eine Compensation durch besondere Flächen ist zunächst
beim Durchgange einer Zwillingsgrenze durch m nothwendig,
wie aus den Bildern Fig. 7, 8 und 9 ersichtlich ist; dieselbe
geschieht durch zwei kleine Flächen, welche mit einspringen-
den Winkeln aus den beiden Theilen von m aufsetzen, in der
Mitte ein flaches Dach bilden, in dessen Kante die Zwillings-
Grenze hindurchgeht; in einem Fig. 7 und 9 entsprechenden
Falle konnte nachgewiesen werden, das die innere Compen-
sationsfläche gleichzeitig mit m, reflectirt, also mit dieser zu
identificiren ist. I
Ausgiebiger sind die Erscheinungen an den Stellen, wo
die Fläche s von einer Zwillings-Grenze passirt wird,
SaBE
AR
356
In Fig. 9 Taf. IX. ist die Gegend des einspringenden
Winkels zweier Säulenflächen auf der Grenze zweier zum
Vierlinge verbundener Penetrations-Zwillinge, links « und rechts
b dargestellt, beide aus Links -Quarz bestehend; die in der
Figur verkehrt geschriebenen Buchstaben beziehen sich auf das
zweite Individuum, dessen Flächen ich den Index 7, im Text
geben werde, wogegen der Index , sich auf das erste Indivi-
duum jedes Zwillinges bezieht und mit den aufrecht geschriebenen
Buchstaben correspondirt.
An einer kurzen Säulenkante der Vierlingshälfte a, welche
Kante bis auf den mittleren, durch k,, „ kenntlichen Theil demIn-
dividuum I,„ angehört, erscheinen oben und unten die Flächen
s ausgebildet und zwar begleitet von 0,..;, welche Fläche aber
mit einspringendem Winkel einsetzt und die Combinations-
kante zwischen 7‘; „ und 9, „ wieder in den Zustand zurück-
fuhrt, d. h. ihre Abstumpfung beseitigt, so dass sie fähig wird
in das Individuum II uherzugehen, welches an dieser Stelle s
und Trapezflächen nicht zeigen kann. In der That setzt auch
an der Stelle, wo 0’, „ sich schliesst, die Zwillingsgrenze hin-
durch; es folgt dahinter in dem Individuum II. ein dreieckiges
Segment eines glänzenden Cylinders, der, an der Kante mit
Rır a, zusammen mit Y,ır a, am der Kante mit gyr a, ZUu-
sammen mit r'7,. „ reflectirt, also von dieser Rhomboederfläche
und den oberen Trapezoödern gebildet ist; sodann folgt eine
ziemlich breite, die Kante R,,./9ır a schief abstumpfende
Fläche, welche walzenförmig gebogen und mit Warzen bedeckt
ist; an der Kante mit Ryru spiegelt der zwischen den Warzen
durchschimmernde Boden gemeinsam mit s,„ und ist daher
(s) 1a, die verschleierte Fläche s, „, da sie in das System des
Individuums II. nicht passt. In der Vierlingshälfte 5 ist s; ,„,
gemeinschaftlich mit s , „ spiegelnd, gleichfalls ausgebildet, aber
begleitet von «, ,; es spiegelt nun mit x, , die andere Hälfte
der gebogenen Fläche in der Hälfte « in ihrem an g77,„. angren-
zenden Theile und ist daher (%), „, ein verschleiertes Auf-
treten von &; „. Nun geht aber auch durch s, ‚eine Zwillings-
Grenze hindurch, und liegt auf R,, , zu jenseits: der Grenze
zunächst ein Segment eines Hohl-Cylinders, dessen an der
Zwillings - Grenze liegender Theil mit R ,,, spiegelt, dann
durch die Richtung gewisser trapezo@drischer Flächen aus der
Dihexa&der-Endkanten-Zone hindurch, wiederum zu einer Fläche
397
abstsidie- mit s;’,:und. sy, , gemeinschaftlich reflectirt und
daher (s), , sein muss, da sie nicht in das System des Indi-
viduum IIb passt; schliesslich erkennt man noch darunter eine
kleine in der Zeichnung nicht darstellbare Fläche, welche
mit 0’, . spiegelt und daher (0), , ist; zwischen ihr und g 7;
liegt dann noch eine zweite glänzende Fläche, welche bei der
Erörterung der Fig. 10 in nähere Beleuchtung kommt; dort
"mit ?;r „ schliesslich bezeichnet wird und hier nur zum Zwecke
des Nachweises der Mehrfachheit ihrer Existenz zu erwähnen ist,
In Fig. 10 ist ein kleiner zwischen anderen Krystallen
eingekeilter Krystall, aus Rechts-Quarz bestehend, dargestellt.
In dem culminirenden Theile ist R, entwickelt, dem für
Rechtsquarz umgestalteten Schema von Fig. 6 entsprechend
und in den Polkanten durch m, m, m, und m, abgestumpft;
auf der rechten Seite von R, treten mit grosser Klarheit und
erheblicher Ausdehnung s;, £; und o',, und neben der letzteren
Fläche 7r';, ferner unter r'; an der rechten Ecke k,, nach
kurzem Verlauf an einer Zwillings-Grenze absetzend und oben
sich zu (x) ı erweiternd, auf.
Geht man von s; über x; nach links abwärts weiter, so
gelangt man über einen schmalen Streifen von 9, hinweg zu
einem einspringenden Winkel, an dem nochmals r, ganz
schmal einsetzt und nach Ueberschreitung der Zwillings-
grenze in R,; übergeht; es tritt nun, um alle Zweifel
zu behellen, rechts von R,,; ganz deutlich s,, und z;r
und als schmaler Reflex unter R,, #rı auf, während links
sich eine lange durch drei Flächen zugeschärfte Kante zwischen
rjr und 97, entwickelt; von diesen drei Flächen sind die beiden
oberen warzig, aber mit schimmerndem Boden, die untere
glänzend, jedoch ausserordentlich wellig; die oberste reflectirt
gemeinschaftlich mit s;, ist also (s),, die zweite mit o’,, ist
also (0). Schon aus der Constellation dieser zwei Flächen
ist ersichtlich, dass dieser Theil des Krystalles eine vollständige
Analogie des Verhaltens der in Fig. 9 beschriebenenen hinter
der Zwillingsgrenze liegenden Partie der Fläche (s), , ist;
noch mehr aber wird die Gleichheit durch das entwickelte
Auftreten der dritten glänzenden Fläche dargethan, für welche
wir in dem Individuum I. kein Analogon besitzen.
Erwägen wir nun, dass diese Fläche sich schon durch
das Auftreten von Glanz im Gegensatz zu der Oberflächen-
358
Beschaffenheit von (0); und (8), wesentlich untertcheidet und
dass wir schliesslich doch ein Aequivalent für die körperliche
Dieke der sich auflagernden Lamellen des Individuums II.
nachweisen müssen, so wird die Annahme gerechtfertigt er-
scheinen, in ihr die zu.dem Individuum II. gehörende Compen-
sationsfläche anzusehen und sie ?,; zu schreiben, wofür in der
Zeichnung sie durch ein verkehrtes Fragezeichen notirt ist.
Die beschriebene lange, durch (8) ,, (0) ı und ?,, zugeschärfte
Kante zwischen r’, und grist an einer Stelle durch einen Absatz
‚unterbrochen, der durch das Einsetzen einer ungefähr auf Try zu
schätzenden Rhomboäderfläche zwischen getrennten Theilen von
r gebildet wird; die Unterbrechung der Flächen (8) 7, (0); und ? 7
geschieht durch ein Stuck von kr und einer Fläche (w7), genau
zu controlliren, weil am Ende der langen Kante nochmals das In-
dividuum I. mit den Flächen R 7, g,; und, zum Vorschein kommt.
Ich bemerke noch, dass die beiden hier beschriebenen
Krystall-Partien, Fig. 9 und Fig. 10 nicht vereinzelte Erschei-
nungen bilden, sondern trotz der beschränkten Anzahl der mir
‚zur Verfügung stehenden Krystalle ohne Schwierigkeit ‘hätten
vermehrt werden können und typische Beispiele eines vielfach
auftretenden Phänomens sind; die verschleierten Flächen,
namentlich (=), erscheinen ferner auch ohne unmittelbare Nach-
barschaft einer durchsetzenden Zwillings-Grenze.
Als nächstes Resultat vorstehender Betrachtung und der
' weiteren Erwägung, dass auf der Ecke, welche den verschleier-
ten Flächen des ersten Individuums folgt, die Trapezoeder x
und o sammt s klar und beziehungsweise ausgedehnt entwickelt
sind, gewinnen wir die Ueberzeugung, dass die auflagernde
Lamelle des um 180° gewendeten Individuums in der Gegend
der Fläche x, 0’ und s die stärkste körperliche Ausdehnung
hat, während im Bereiche der verschleierten Flächen die Masse
des zweiten Individuums dünn, in Warzen zertheilt oder in
cylindrischen Formen abfallend erscheint; der Auflagerung der
krystallisirenden Materie auf die Flächen x, 0” und s muss ‘sich
bei der Bildung des zweiten Individums eine Art Widerstand
entgegengestellt und jene Gestaltungen herbeigeführt haben,
welche im Gegensatz zu der Schärfe der Ausbildung in der
Nähe von x, 0’ und s an die Formbildung amorpher Substanz
erinnert, in der nur noch einzelne Richtungen, wie die der
Endkante des Dihexaäders, wirken, während in der Richtung
359
senkrecht darauf die Krystalloberfläche die Form von coucaven
und convexen Abrundungen annimmt.
Es ist ferner hervorzuheben, dass die Zwillings - Grenzen
bei dem Uebergange über eine Fläche der Trigonoeder, s so-
wohl wie m, die Wiederherstellung der von diesen abgestumpften
Kante durch das Einsetzen einer Trapezoederfläche mit ein-
springendem Winkel 0” und m, , beide aus derselben Zone,
bedingen kann; der Unterschied in den Grenzerscheinungen
der Vierlingshälfte « und 5 Fig. 9 scheint mit dem Umstande
in- Verbindung zu stehen, dass der Uebergang der Grenze in
a in der Kantenrichtung os, bei 5 in der Kantenrichtung von
x/s erfolgt.”
Gegenüber von o übernehmen die oberen T'rapezo&der,
darunter y, and y, die Oompensation; dass sie auf der Naht
der Zwillings -Grenzen im Bereiche der Rhomboäderflächen
einsetzen, beschrieb ich schon in dem Aufsatze: Ueber einige
Flächen am Quarz (PoGGENDORFF, Annalen Bd. XCIX. p. 299),
woselbst ich auch gleichzeitig schon aus der Form der drei-
eckigen Hervorragungen auf den Rhomboöder-Flächen auf die
hier nachgewiesene Existenz von Trapezo&der-Flächen ihrer End-
kanten-Zone schloss.
Es is nun noch endlich auf die Verhältnisse der Fläche
?,r in Fig. 10 zurüuckzukommen; wir fanden bereits Motive, sie
dem Individuum Il. zu vindiciren; zu einer directen Messung
ihrer Combinationskante mit r’,; oder gır fehlt es mir zur Zeit
an einem geeigneten Exemplar, zur Messung der Neigung
unter Benutzung eines Abdruckes ist das in Fig. 10 dargestellte
Exemplar zu klein; die angestellten Versuche deuten auf eine
Differenz von etwa 4° mit der Lage von gır, die Fläche hat
also eine steilere Neigung als x; die wichtigste Schwierigkeit
liegt aber in dem Umstande, dass unter der Voraussetzung
ihrer Zugehörigkeit zum Individuum II. sie in der That ein
Trapezo@der sein müsste an derjenigen Dihexaöderecke, für
welche wir die Existenz von Trapezo@ädern überhaupt negirt
haben; dasselbe gilt indessen auch fur die Trapezoeder des
concaven Oylinder-Segmentes in Fig. 9 zwischen (8), , und der
Zwillings-Grenge, nur gehören diese einer mittleren Gruppe an.
Das vorhandene Material reicht zu einer näheren Be-
stimmung des Sachverhaltes. nicht aus.
St Dr Vorstehenden Ds ich,
anpiresulite meines Veen z
a en zweier zn in den ee Qua
| stallen liefert; zur Beseitigung einiger an dem ı orli nden
Vorkommen scheinbar begrundeten Einwürfe musste auf, inzelne 5
en eingegangen werden, mehr als es das Brdeinie:
sonst, erheischt hätte. ee 3:
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361
7. Aus dem thüringischen Schiefergebirge.
Von Herrn R. Rıcarer ın Saalfeld.
Hierzu Taf. X. und XI.
11.
In einem vorausgegangenen Aufsatze (vgl. diese Zeitschr.,
Jahrg. 1863, S. 659 ff.) ist die Erörterung der Frage nach dem
relativen Alter desjenigen Schichtencomplexes begonnen worden,
der im thüringischen Schiefergebirge zwischen den Graptolithen
führenden Alaunschiefern und den devonischen Dachschiefern
sich abgelagert hat und von unten nach oben sich in buntfar-
bigen Kalken (GümgEL nennt sie neuerlich Ocker- oder Kri-
noidenkalke), Tentakulitenschichten (Gemitz) mit Kalkeonere-
tionen, Nereitenschichten mit Konglomeraten und Tentakuliten-
schiefer aufbaut. Diese Erörterung, welche dort ihren Aus-
gangspunkt einestheils von der Aufeinanderfolge der Schichten,
anderntheils von den in den besprochenen Schichten aufgefun -
denen Krustaceen genommen hatte, soll hier auf Grund der
vorkommenden einschaligen Mollusken weiter geführt werden,
nachdem ein kurzer Nachtrag zu den Krustaceen vorausge-
gangen sein wird.
\ 3. Krustaeceen.
A. Trilobiten.
l. Proetus expansus n. sp.
Tal >xX:aRier>i 2,
Zu den im XV. Bande dieser Zeitschr. S. 664 beschrie-
benen und Taf. XVIII. Fig. 9 abgebildeten Fragmenten haben
sich nunmehr vollständige Exemplare gefunden. Hiernach ist
die Form sehr breitoval, verschmälert sich aber ziemlich rasch
nach hinten. Mit Ausnahme einer feinen concentri-
schen Streifung der Randwulst, die auch auf der
Aussenseite der Hörner sichtbar bleibt, zeigt der
362 ee ee
sonst vollkommen glatte und allem Anschein nach.
sehr dünne Panzer keinerlei Skulptur. Der Kopf,
der weit mehr als ein Drittheil des Körpers ein-
nimmt, ist flach gewölbt und von fast halbkreisformigem
äusseren Umrisse. Die ziemlich breite und flache Randwulst
ist an der Wangenecke in ein gerades und in der Tangente
des Kopfumrisses abstehendes Horn verlängert, das
bis zur letzten Pleura reicht. Die Randfurche ist schmal und
scharf eingeschnitten. Der innere oder hintere Umriss des
Kopfes ist etwas concav mit deutlichem Oceipitalring und deut-
lichem Hinterrand der Wangen.
Die Glabelle ist halbkreisförmig, flach gewölbt und
bleibt um die doppelte Breite der Randwulst von
dieser entfernt. Furchen und Loben sind nicht vorhanden,
aber die Dorsalfurchen sind deutlich. Die Gesichtslinie über-
schreitet den Hinterrand der Wangen fast in der Mitte, nähert
sich hierauf der Glabelle und wendet sich noch hinter
der Mitte derselben nach aussen und vorn, ohne einen
deutlichen Palpebralflugel zu bilden, und überschreitet die Rand-
furche und den Randsaum soweit seitlich, dass der Mittel-
schild vorn schaufelförmig verbreitert wird. Die
meisten Exemplare sind verdrückt und zwar so, dass wie bei
P. dormitans die Glabelle mit den festverbundenen Seitenflugeln
des Mittelschildes aus den Wangen heraus und über die Rand-
wulst hinweggeschoben ist. Die Augen haben sich noch nicht
auffinden lassen. Bei den jüngsten Exemplaren fehlt noch die
hornförmige Verlängerung der Wangenecken und auch die Ge-
sichtslinie lässt sich nicht verfolgen (Fig. 2). Der Thorax hat
bei den kleinsten Exemplaren vier (Fig. 2), bei den grössten
sieben Ringe. Die hochgewölbte Axe ist etwas breiter als die
Pleuren und allmälig nach hinten verjüngt. Die Pleuren,
durch tiefe Dorsalfurchen von der Spindel unterschieden, sind
sewölbt mit etwas nach hinten gewendeter Spitze und schiefer,
nach der Spitze verbreiterter und vertiefter Längsfurche.
Das Pygidium, welches nicht ganz ein Drittheil der Kör-
" perlänge einnimmt, hat dieselbe Wölbung wie der Thorax und
ist nicht mit einer Randwulst versehen. Die Axe, die nicht
bis an den Hinterrand reicht, ist glatt, wie auch die Pleuren;
nach Hinwegnahme des Panzers erscheinen sechs Ringe.
In den Tentakulitenschiefern.
33
2. Phacops plagiophthalmus.n. sp.
Fatl..X Rie, 9,4
Der Kopf dieser fast parallelepipedischen Form nimmt
ein Drittheil des Körpers ein und ist von parabolischem äusse-
ren und fast geradlinigem inneren Umrisse. Die Randwulst
ist dieht neben der Glabelle sehr schmal, ver-
breitert-sich bis zur Wangenecke und geht von da
in den schmalen, aber deutlichen Hinterrand der
Wangen mit etwas breiterem Ocecipitalringe über. Die Rand-
furche ist überall gleich breit und tief.
Die Glabelle greift über die Randwulst hinaus und ist von
keulenförmiger Gestalt. Die tiefen Dorsalfurchen ha-
ben die Breite der Randfurche. Jederseits finden sich
drei unverbundene Seitenfurchen, vor denen noch
eine vierte, den Dorsalfurchen parallele Seiten-
furche wahrnehmbar ist. An einem Exemplare (Fig. 4.)
kommt unter den weggesprengten hinteren Seitenloben jeder-
seits ein zitzenförmiges Knötchen, welches von einem etwas
niedrigeren ringförmigen Wulste umgeben ist, zum Vorschein.
Die Gesichtslinie lauft (Fig.4) vom Stirnrande etwas nach
aussen, bildet plötzlich gegen die Glabelle umbiegend eine
kleine Ecke und geht von der Glabelle ab hinter dem Auge in
schiefer Richtung über die seitliche Randwulst, unter der sie
noch vor der Wangenecke verschwindet, so dass nur eine sehr
kleine bewegliche Wange abgeschnitten wird.
Die kleinen, nur wenige Ocellen tragenden Au-
gen sind ame und liegen quer vor der Vorder-
ecke des Wangentheils des Mittelschilds, von dem
sie durch eine Furche, welche der Randfurche an
Breite und Tiefe gleichkommt, getrennt werden, was
am deutlichsten an dem etwas plattgedrückten Kopfe, den Fig. 4
darstellt, sichtbar wird.
Der Thorax hat acht Ringe. Die Axe ist von mittlerer
Wölbung, fast so breit als die Pleuren und sehr allmälig
nach hinten verjüungt. Die einzelnen Ringe sind in der Mitte
gehohlkehlt und haben einen hohen wulstigen Hinterrand, der
in die tiefen Dorsalfurchen niedersteigt und daselbst sich nach
vorn wendend, die den meisten Phacopen eigenthümlichen seit-
lichen Anschwellungen der Thoraxringe bildet. Die Pleuren
364
sind flach, mit kurzer nach unten und hinten gewendeter Spitze
und gerader, an der Biegung vertiefter Längsfurche.
Das Pygidium nimmt ein Sechstheil der Körperlänge ein
und ist halbkreisförmig. Die nicht auslaufende Spindel hat
‚sechs durch seichte Querfurchen angedeutete Ringe, die auch
auf den Pleurentheilen unterscheidbar bleiben.
Der ganze Panzer ist mit zerstreuten grösseren und klei-
neren Körnchen bedeckt. An einem Exemplare ist in der Gla-
belle und im Pygidium der Nahrungskanal, wie BryricH und
BARRANDE denselben an Trinucleus Goldfussi BARR. beschreiben,
aufgebrochen.
In den Konglomeraten der Nereitenschichten und in den
Tentakulitenschiefern. |
8. ?Cheirurus Sp.
Taf. X. Fig. 5.
Blos ein ungleichmässig granulirtes Pygidium von verhält-
nissmässig ansehnlicher Länge. Die Axe hat vier am Hinterrande
wulstig aufgetriebene Glieder, deren letztes nur noch ein Knöt-
chen darstellt. Der verbundene Pleurentheil ist schmal und die
je vier langen freien Pleurenspitzen von fast gleicher Grösse
sind nach hinten gewendet. Zwischen den beiden letzten ist
der Rand des Pygidiums zu einer kurzen Spitze ausgezogen.
In den Konglomeraten.
B. Entomostraceen.
4. Beyrichia Klödeni M’Coy.
Taf. X. Fig. 6.
Neben der im XV. Bande dieser Zeitschr. S. 671 Taf. XIX.
Fig. 7— 11 ‚beschriebenen und abgebildeten typischen Form
dieser Beyrichia finden sich einzelne Exemplare, deren Schale
hinter der grossen hinteren Wulst noch eine flachgewölbte
Verlängerung zeigt. Eine ähnliche Verlängerung beschreibt
Jones (Annals und Magazine of Natural History, Aug. 1855,
Ss. 89, Taf. V. Fig. 18 und 20) an seiner D. Wilckensiana.
Die Vergleichung der vorliegenden wie der typischen Form
des hiesigen Petrefakts mit: den von Jonzs (a. a. OÖ. und ib.
Sept. 1855) beschriebenen und abgebildeten Beyrichien ergiebt,
dass allerdings eine vollkommene Uebereinstimmung mit B.
n
365
Klödeni M’Coy (a. a. O. Taf. VI. Fig. 7—11), selbst mit der
glatten Form (Fig. 7) nicht stattfindet; aber die Aehnlichkeit
ist immer noch bei weitem grösser, als jene mit der obersi-
lurischen B. tuberculata KLöpen (Taf. V. Fig. 6—15) und mit
der untersilurischen B. affinis Jon®s (Taf. VI. Fig. 16); auch
hat Jon&s selbst die hiesige Form als B. Klödeni M’Coy eti-
quettirt. Der Mangel an Granulation bei dem hiesigen Petre-
fakt ist wohl nicht maassgebend. da einestheils das äusserst
zarte Schälchen sich noch nie aus der Matrix hat herauslösen
lassen, daher alle hier gesammelten Exemplare Steinkerne sind,
anderntheils die auf fast allen Steinkernen sitzenden und eine
Granulation nachahmenden Körnchen sich sofort als mechanisch
anhaftende Koagulationen des eisenschüssigen Versteinerungs-
mittels erkennen lassen.
5. Beyrichia subcylindria.
Taf. X. Fig. 7.
Von dieser kleinen Species wurde schon im XV. Bande
dieser Zeitschr. S. 672 erwähnt, dass manche Exemplare eine
Körnelung zeigten, welche sich zu kleinen Stacheln zu ver-
längern scheine. Neuere Funde erweisen das wirkliche Vor-
handensein solcher Dörnchen, die eine Länge von 0,1 des
Querdurchmessers der Schälchen erreichen und in Reihen,
welche der Längsaxe parallel laufen, geordnet sind. Eigen-
thumlicher Weise bilden die Abdrücke auf dem dornigen Exemplare
vollkommen glatte Hohlräume, deren Innenfläche keine Spur
von Eindrücken der Dörnchen wahrnehmen lässt. Es scheint
dieses Verhalten nur durch die Annahme erklärt werden zu
können, dass bei der Verwesung der abgestorbenen Thierchen
eine hinreichende Menge von Gasen sich entwickelte, um das
Eindringen des zäheren Thonschieferschlammes zwischen die
Dörnchen entweder ganz oder doch wenigstens auf der einen
(Ober-) Seite zu verhindern, während der sandige Schlamm,
‘ aus dem die Konglomerate erhärteten, den Durchgang der
Gase gestattete und den feinen Sandkörnchen die Umhüllung
auch der Dörnchen erlaubte. An eine Lufthülle, wie die der
jetztlebenden Argyroneten ete., wodurch der glatte Abdruck
lebend vom Schlamm umhüllter Thierchen bewirkt worden
wäre, ist wohl nicht zu denken. r
Zeits. d.d, geol. Ges. XVII. 2. 24
En.
a
I. Annulaten.
A. Tubikolen.
5. Serpula decipiens n. sp.
Taf. X. Fig. 8.
Die hinundhergebogenen, immer an der Spitze leicht ge-
krümmten Röhren sind drehrund und am Jugendende scharf
und eng, aber ungleichmässig geringelt. Je mehr die Röhre
sich verlängert und erweitert, desto undeutlicher werden die
Querrunzeln und: verschwinden nach dem Kopfende zu gänz-
lich, wodurch eine gewisse Aehnlichkeit des me mit
Klemme Orthoceratiten bewirkt wird.
Abgesehen von diesen Querrunzeln ist die Innenfläche der
Röhre vollkommen glatt; die Aussenfläche hat‘ sich nicht be-
obachten lassen, da es noch nicht gelungen ı ist, ein Exemplar
aus der Matrix zu lösen.
In den Konglomeraten der Nereitenschichten und in den
Tentakulitenschiefern.
EIE. Mollusken.
Neben den Nereiten,, welche vermöge ihrer Dimensionen
unter den Fossilresten des in Rede stehenden Schichtencom-
plexes am meisten ins Auge fallen und in räumlicher Beziehung
unbestritten das Uebergewicht behaupten, bilden die Mollusken
nach der Zahl der Gattungen und Arten, wie der Individuen
die Hauptmasse der Fauna unserer Formation. Voran gehen
die Pteropoden mit den Tentakuliten, welche in den Tenta-
'kulitenschichten die Schiefer und die Kalkkoncretionen gleich-
mässig erfüllen, in den Nereitenschichten überall, wo die Ne-
reiten zurücktreten, in reichlicher Menge erscheinen und schon
ganze Bänke so vollständig zusammensetzen, dass bei eintre-
tender Verwitterung der Kerne der im VI. Bande dieser Zeit-
schrift S. 275 beschriebene mud-stone entsteht, endlich in. den
oberen Tentakulitenschiefern nicht blos alle Schieferflächen, welche
‚wie bei den Nereitenschichten mit den Schichtflächen zusam-
menfallen, bedecken, sondern auch die gesammte Masse des
Schiefers in dem Maasse durchdringen oder vielmehr constitui-
ren, dass derselbe unter dem Einflusse der Atmosphärilien,
welche die Kalkkerne der: Tentakuliten zersetzen, erdig und
zerreiblich, also für technische Zwecke unbrauchbar wird.
367
Den zweiten Rang nehmen die Brachiopoden ein. Die-
selben treten zuerst in den Kalklagern und in den Tentaku-
litenschichten, aber nur vereinzelt auf, scheinen in den Ne-
reitenschichten ganz auf die eingebetteten Konglomeratpartieen
beschränkt zu sein und gewinnen erst in den Tentakuliten-
schiefern allgemeine Verbreitung und grössere Häufigkeit. Die
Gattungen Spirifer und: Chonetes stellen die grösste Indi-
viduenzahl.
In weit geringerer Anzahl erscheinen die Cephalopo-
den, welche in den Kalklagern und in den Tentakuliten-
schichten am häufigsten sind und die ansehnlichsten Dimensio-
nen erreichen, während sie in den Nereitenschichten und in
den Tentakulitenschiefern immer seltener und kleiner werden.
Noch kleiner ist die Zahl der Pelecypoden, die ver-
einzelt in den Kalklagern und in den Nereitenschichten, etwas
häufiger in den Tentakulitenschiefern vorkommen.
Am seltensten finden sich die Gastropoden, die zwar
- von denKalken bis herauf in die Tentakulitenschiefer sich ver-
theilen, aber bis jetzt kaum mehr Individuen, als Species haben
auffinden lassen.
A. Cephalopoden.
6. Orthoceras sp.
Taf. X. Fig. 9.
Die Aehnlichheit dieser Form mit Öriginalexemplaren
(Steinkernen) von OÖ. bohemicum BARRANDE aus Etage E ist so
gross, dass einzig der Umstand, dass der beruhmte Autor eine
authentische Beschreibung der von ihm entdeckten und be-
nannten Species noch nicht veröffentlicht hat, der völligen
"Identifieirung des hiesigen Fassils mit dem böhmischen ent-
‚gegensteht.
Die Dicke (Höhendurchmesser von der Dorsal- zur Ven-
tralfläche: Querdurchmesser von Seiten- zu Seitenfläche) des
unter einem Winkel von 30 Grad zur Längsaxe geringelten
Petrefakts lässt sich nicht füglich bestimmen, da dasselbe bald
seitlich zusammengedrückt, bald von oben nach unten nieder-
gedrückt ist. Auch die Zunahme (Querdurchmesser der vor-
letzten Kammer: Querdurchmesser der vorhergehenden Kam-
mer) lässt sich in Ermangelung unterscheidbarer Septenränder
24°
Ni
Ey
X
368
nur vermittelst Substituirung der abgerundeten Querringe oder
Runzeln, welche vom Rücken mit einer kleinen nach der
Mundöffnung gewendeten Konvexität auf der Mitte der Seite
nach unten und vorn laufen, zu 1,06 berechnen, während
die letzte Dimension, die Kammerhöhe (Höhe der Kammer:
Querdurchmesser) sich der Berechnung ganz entzieht. Auch
der Sipho, so viele Exemplare deshalb angeschliffen wurden,
hat sich nicht finden lassen. Dagegen zeigt ein Exemplar
einen dunnen Schalenrest, dessen äusserst feine Längsstreifung
von einer eben so feinen Querstreifung, welche den Quer-
runzeln parallel läuft, gekreuzt wird (a.).
In den Kalklagern, welche die Alaunschiefer zum Liegen-
den, die Tentakulitenschichten zum Hangenden haben.
1. Orthoceras sp.
Tai. X. Fıe. 10.
Auch diese Form stimmt völlig mit Originalexemplaren
einer Species aus BArRAnDES Etage E., namlich mit O. styloi-
deum BArR., überein. Dicke = 1,00, Zunahme = 1,11, Kam-
merhöhe = 0,15. Das Petrefakt erscheint fast durchgängig
als mehr oder minder zusammengedrückter Steinkern mit cen-
tralem engen Sipho. Nur selten findet sich der Rest einer
ziemlich dicken Schale, welche mit meist verwischten recht-
winkelig auf der Längenaxe stehenden Querleistchen versehen
ist. An einem Exemplare erheben sich einzelne dieser Quer-
leistchen zu schärferen Ringen, in deren Vertheilung jedoch
eine bestimmte Ordnung nicht zu erkennen ist.
In den Kalklagern und zwar meist in Gruppen.
8. Orthoceras corneum n. Sp.
Tab. X. Fig. 11—12.
Dicke = 1,00, Zunahme = 1,04 bis 1,07, Kammerhöhe
1,00 bis 1,66. Diese sehr kleine Species von drehrunder Form
und sehr langsamer Zunahme zeichnet sich aus durch das voll-
kommen glatte und lebhaft glänzende Schälchen, welches wie
polirtes Horn aussieht und trotz seiner Zartheit sich in mehrere
Blättchen spalten lässt. Die entfernt stehenden Septenränder
sind zur Längenaxe rechtwinkelig, die Kammerwände etwas
vertieft. Der Sipho hat sich noch nicht erkennen lassen.
369
Manche Exemplare sind etwas gekrummt, aber so unregel-
mässig, dass die Krümmung nur äusseren Einwirkungen zu-
geschrieben werden muss. ’
In den Konglomeraten, selten in den Kontälutiiinsckiefänn,
Ausserdem finden sich noch Stücke, die jedoch so frag-
mentarisch oder so schlecht erhalten sind, dass eine Bestimmung
unmöglich ist, z. B. drehrunde, langsam zunehmende Wohn-
kammerkerne bis 50 Mm. Durchmesser in den Kalken, dunn-
eylindrische oder rosenkranzförmige Bruchstücke in den Ten-
takulitensschichten, ganz plattgedrückte Stucke mit verwischten
Septenränden in den Nereitenschichten, einzelne Kammern mit
centralem Sipho in den Konglomeraten, endlich sehr selten Ab-
drucke von Wohnkammern in den Tentakulitenschiefern.
B. Pteropoden.
9. Conularia quercifolia n. sp.
Kafl XI. Fig: ‚I. 2,
Das ziemlich grosse, rasch zunehmende pyramidale Ge-
häuse hat einen rundlich vierseitigen Querschnitt mit einge-
zogenen Ecken und in der Mitte hochgewölbten Seitenflächen.
Die Skulptur besteht aus vierfachen, siebenlappigen, eichen-
blattartigen Zeichnungen, deren nach dem Jugendende des Ge-
häuses gewendete Spitzen auf dem Rücken der gewölbten
Leisten etwas mehr, als um die Breite der jedesmaligen Zeich-
nung von einander abstehen, während auf den Seiten der
Hauptseitenwölbungen,, bevor sich dieselben zur Nuth herab-
senken, sämmtliche Skulpturlinien sich eng aneinanderschieben,
was auf den Doppelleisten, welche die Nuth der eingezogenen
Ecken einschliessen, nicht der Fall ist.
In den Kalklagern.
10. Conularia reticulata n. sp.
Taf. XI. Fig. 3.
Das einzige Bruchstück lässt auf einen vierseitigen Quer-
schnitt mit eingezogenen Ecken und flachen Hauptseiten
schliessen. Das pyramidale Gehäuse scheint durchbrochen ge-
wesen zu sein, indem es aus nahe aneinander gerückten Quer-
leisten besteht, die durch dünne unter einem Winkel von 25°
370
. gegen die Hauptaxe geneigte Stäbchen verbunden und befestigt
werden. Diese Stäbchen, welche ungefähr eben so weit von
einander abstehen, als die Querleisten, verbinden auf den
Hauptseiten des Gehäuses die Aussenkanten, in den durch
Einziehung der Ecken entstandenen einspringenden Nuthen
die Innenkanten der Querleisten, so dass das Maschenwerk des
Gehäuses an diesen verschiedenen Theilen ein verschiedenes
Aussehn hat.
In den Konglomeraten.
ll: Cleodora rugulosa n. Sp.
Taf. XI Fig. 4. 5.
Da diese und die folgende Form des Deckels entbehren,
so sind dieselben nach Lupwie’s (Palaeontogr. XI. 6. S. 317)
Vorgange zu Oleodora und nicht zu Theca gestellt worden.
Dreiseitig-pyramidal, mit einer etwas umgebogenen Kante,
was ebenso, wie die leichte Doppelkrummung möglicher Weise
Folge äusseren Druckes ist. Die Oberfläche des Schälchens
ist mit flachen Querrunzeln bedeckt. Die Septenrändern ähn-
lichen, in der Abbildung dunkel gehaltenen Linien sind Aus-
füllungen von Querklüften im Versteinerungsmittel, was schon
daraus hervorgeht, dass sie einestheils nicht das ganze Petre-
fakt durchsetzen, anderntheils auch in ihrer Richtung von jener
der Querrunzeln abweichen.
In den Konglomeraten.
12. Cleodora lineata n. Sp.
Taf. XI. Fig: 6.
Jugendende stumpf und abgerundet, das fast völlig glatte
Schälchen mit ausserordentlich feinen Längsfurchen, die mit
der Erweiterung des Gehäuses auch weiter auseinandertreten,
ohne dabei dichotom zu werden, bedeckt.
In den Nereitenschichten undin den T entakulitenschiefern.
13. Styliola laevis.
Tentaculites laevis, cf, diese Zeitschr., VI. 284. Tab. II.
Fig. de 2.
Taf. XI. Fig. 7.
Ebenfalls nach Lupwıe’s (a. a. ©.) Vorgange zu Styliola
gezogen. Das zuerst im VI. Bande dieser Zeitschrift nach
371
mangelhaften Exemplaren beschriebene und abgebildete Petre-
fakt stellt einen sehr schlanken Kegel von vollig gleichmässiger Zu-
nahme dar, dessen Mundbreite zur Länge sich wie 1,0:6,2 verhält.
Das Schälchen, dessen Jugendende innen abgestumpft erscheint,
hat eine Dicke von 0,06 der Mundbreite und ist, wie auch
der Kern, vollkommen glatt. In der Regel erreicht das Petre-
fact nur eine Länge von 2—3 Mm. Das im VI, Band dieser
Zeitschrift abgebildete grössere Exemplar ist eine Seltenheit.
In den Konglomeraten.
14. Tentaculites acuarius,
15. T. Geinitzianus,
16, T. infundibulum,
17. T. subeonicus Gem.
ef. diese Zeitschrift, VI. 285 f. Taf. IIL. Fig, 3—9 und
17—27.
18. T. cancellatus sp.
ef. diese Zeitschrift, VI. 285, Taf. III. Fig 10—13.
T. pupa ib. Fig. 14—16.
Taf. XI. Fig. 8—10.
Die a. a. O. ausgesprochene Vermuthung, dass 7. pupa
der Jugendzustand von T, cancellatus sein möge, hat sich völlig
bestätigt. Die Länge des kegelförmigen Schälchens schwankt
zwischen 2,5 und 5,0 Mm. Das etwas verdickte Jugendende
ist wie bei den Gastropodenschalen glatt und ohne alle Skulp-
‚tur. Die Zunahme geschieht gleichmässig und die Mundbreite
verhält sich zur Länge wie 1,0:4,5. Die Mundsäume der ein-
zelnen Wachsthumsperioden bilden rechtwinklig auf der Längen-
axe stehende Querwuülste oder Ringe, die um das Doppelte
ihrer Breite von einander entfernt sind. Ueber diese Quer-
wülste hinweg laufen 12 bis 14 Längsrippen, wodurch auf der
Höhe der Querwülste ebenso viele mehr oder weniger spitze
Knötchen entstehen, die in den Abdrücken ziemlich tief ein-
gestochene, etwas rhombische Punkte hinterlassen. Gute Ab-
drücke zeigen zwischen den Längsrippen noch eine sehr feine
Längsstreifung.
In den Konglomeraten gruppenweise, in den Tentakuliten-
schiefern Alles erfüllend. , Die ganz regellose Ablagerung
dieser kleinen Thierreste, welche die Nereiten meiden, während
'372
die Triboliten gern im dichtesten Gewimmel der Teutakuliten
sich finden, spricht dafür, dass das Sediment in ganz ruhigem,
durch keine Strömung gestörten Gewässer sich bildete.
19. Bellerophon cinctus n. Sp.
Pal. XT2 Fig. 11.312
Die drehrunde Spira ist mit eng aneinander geschobenen
Querfalten bedeckt, welche dem Mundsaum parallel laufen und
auf dem Rücken einen engen und seichten, nach hinten ge-
wendeten Busen bilden.
In den Tentakulitenschiefern.
20. Bellerophon costatus n. sp.
Taf. XI. Fig. 13. 14.
Das seitlich zusammengedruckte Gehäuse hat einen deut-
lichen Rückenkiel und ist glatt bis auf die Bogenfurchen, welche
von der Naht, wo sie am tiefsten sind, aufsteigend sich immer
mehr verflachen, je weiter sie sich nach aufwärts wenden und
endlich, bevor sie den Rückenkiel erreichen, ganz verschwinden.
In den Konglomeraten.
C. Gastropoden.
Da-immer noch die Nereiten als Spuren von Gastropoden
angesprochen werden, so scheint es geboten, hier darauf hin-
zuweisen, dass in unserer Formation, in welcher die Nereiten.
oft auf weite Erstreckungen hin alle Flächen auch der dünnsten,
hundertfach aufeinander gebauten Schichten bedecken, die
Gastropodenreste zu den grössten Seltenheiten gehören. Oder
haben in den Nereiten nackte Schnecken die Serpentinen der
von ihnen eingeschlagenen Wege hinterlassen ?
21. Euomphalus Thraso n. sp.
Taf. XI. Fig. 15—17.
Eine weitnabelige Form mit ganz flacher Spira. Die inneren
dunnwandigen und drehrunden Umgänge zeigen eine äusserst
langsame Zunahme, während kurz vor Vollendung des Wachs-
thums, welches ein sehr bedeutendes sein kann (Fig. 16.), die
Röhre plötzlich viel weiter und namentlich höher wird, wobei
373
sich zugleich die Schale, die eine parallel-faserige Struktur
(oder ist es die Struktur des Versteinerungsmittels?) besitzt,
wesentlich verdickt. Zwischen den Anwachsstreifen, die von
der Naht aufwärts einen sanften Bogen nach hinten beschreiben
und sich dann vorwärts wenden, bis sie den Rücken erreichen,
findet sich noch eine enge und feine Streifung, die den An-
wachsstreifen parallel lauft. Ein in der Ventrodorsalebene ge-
spaltenes Exemplar (Fig. 17.) zeigt in den inneren Umgängen
einige unregelmässig vertheilte bald ganz ebene, bald unmerk-
lich nach hinten vertiefte Scheidewände, wie sie auch bei
anderen Arten dieses Geschlechts manchmal beobachtet worden.
Die einzige und höchst seltene Schnecke der Nereiten-
schichten.
22. Neritopsis rugosa n. sp.
Taf. XI. Fig. 18.
‘Nur nach dem Habitus der Gattung Neritopsis zugewiesen,
da die Mündung des einzigen und augenscheinlich etwas ver-
drüuckten Exemplars im Gestein verborgen ist. Die ausser-
ordentlich schnell zunehmende Röhre ist mit Querrunzeln, die
auf dem Rucken am stärksten hervortreten, bedeckt. Nach
der Mündung zu verdicken sich diese Querrunzeln zu ziemlich
starken Leisten.
In den Kalklagern.
23. Capulus neritoides n. sp.
Taf. X1.Pi8.:19: |
Die rasch zunehmende glatte Röhre zeigt nicht ganz drei
Umgänge, deren letzter in seiner letzten Hälfte durch eine
etwas über der Naht befindliche konkave Furche ausge-
zeichnet ist. {
Einmal in den Konglomeraten.
24. Acmaea cristatan. sp.
Taf. XI. Fig. 20. 21.
Das ganz geschlossene, rundlich - sechsseitige Schälchen
ist an dem breiteren Vorderende und an dem viel schmäleren
Hinterende ausgerandet und von diesen beiden Punkten und
bis zum Wirbel durch eine seichte Furche in zwei gleiche
Hälften unterschieden. Der Wirbel liegt im schmäleren hin-
ER Mob
teren Drittheil des Schälchens, ist ziemlich spitz und beider-
seits mit einer kammartigen Leiste versehen, die sich schief
vorwärts wendet und gegen den Rand hin verschwindet. Am
Rande lassen sich mehrere koncentrische Anwachsstreifen unter-
scheiden.
In den Tentakulitenschiefern.
Die Ergebnisse, welche dem Vorstehenden entnommen
werden können, sind noch keineswegs dazu angethan,. die be-
sonnene Erörterung der Altersverhältnisse des Schichten-
komplexes, welchem die beschriebenen Petrefakten angehören,
zum Abschlusse zu bringen. Denn wenn auch zwei unzweifelhaft
obersilurische Cephalopoden mitaufgefuhrt werden konnten, so
fehlt doch einstweilen noch. der sichere Nachweis, dass die
Kalklager, denen sie entstammen, wirklich ein Glied der For-
mation seien, die wesentlich aus den Tentakulitenschichten,
den Nereitenschichten und den Tentakulitenschiefern besteht,
Unter den Pteropoden spricht für obersilurisches Alter
Tentaculites acuarius, indem diese Art ident ist mit einer in
Böhmen in den zur Etage E gehörigen Kalken von Dworetz
und Branik vorkommenden Art, die ich vor Kurzem in einer
Sendung böhmischer Petrefakten unter dem Namen Tentaculites
subornatus (ohne Autor) erhielt.
Die übrigen Petrefakten sind bis auf Phacops Roemeri GE.
und Beyrichia Klödeni M'Coy sämmtlich neu und vermögen
deshalb für sich die Altersfrage nicht zu entscheiden.
Aber trotzdem und obgleich bis auf Beyrichia alle Gattun-
gen, aus denen hier und im XV. Bande dieser Zeitschrift Re-
präsentanten. beschrieben worden sind, auch im devonischen
Systeme ihre Vertreter haben, so hat sich doch bis jetzt noch
kein einziges Fossil aus dem in Rede stehenden Schichten-
systeme mit einem devonischen Petrefakt identifieiren lassen;
so steht doch die Menge und Mannigfaltigkeit der Trilobiten,
das sparsame Vorkommen der Cephalopoden und die Seltenheit
der Gastropoden und Peleeypoden durchaus nicht im Einklang
mit den Eigenthümlichkeiten, welche die bisher bekannte devo-
5 375
nische Fauna charakterisiren. Neben diesen negativen Zeug-
nissen werden im Verlaufe der weiteren Aufzählung der in
unserer Formation aufgefundenen Fossilreste sich auch noch
positive Beweise für deren vordevonisches Alter gewinnen
lassen.
Frklärung der Tafeln.
Tafeln X.
Figur 1. Proetus expansus n. sp., vollwüchsiges Exemplar. ?/, natürl.
Grösse.
Derselbe, jung. ?/, natürl. Grösse.
Phacops plagiophthalmus n. sp. ?/, natürl. Grösse. '
Derselbe, Kopf, etwas plattgedrückt. ?/, natürl. Grösse.
Cheirurus sp., Pygidium. 3/, natürl. Grösse.
Beyrichia Kloedeni M’Coy, linke Klappe. */, natürl. Grösse.
Beyrichia subcylindrica n. sp., linke Klappe. */, natürl.
Grösse.
„8 Serpula deeipiens n. sp. ?/, natürl. Grösse.
9. Orthoceras bohemicum Barr. von der Seite. a Schalenrest.
natürl. Grösse.
„ 410. Orthoceras styloideum Barr. Natürl. Grösse.
„ 11. Orthoceras corneum n. sp. ?/, natürl Grösse.
„ 12. Derselbe, Abdruck. ?/, natürl. Grösse.
„ 193. -Derselbe in der Medianebene gespalten. */, natürl. Grösse.
Says ww
Tafel XI.
Conularia quereifolia n. sp. Natürl Grösse
Dieselbe, Querschnitt. Natürl. Grösse.
Conularia reticulata n. sp. */, natürl. Grösse.
Cleodora rugulosa n. sp. Natürl. Grösse.
Dieselbe, Querschnitt. Natürl. Grösse.
Cleodora lineata n. sp. Natürl. Grösse.
Styliola laevis sp. ®/, natürl. Grösse.
Tentaculites cancellatus sp. °/, natürl. Grösse.
Derselbe, Abdruck. 16/, natürl. Grösse.
Derselbe, Mundende. !$%/, natürl. Grösse.
Bellerophon cinctus n. sp., von der Seite. ?/, natürliche
Grösse.
Derselbe, vom Rücken. ?/, natürl. Grösse.
PSeonnsnsuvge
_
=
By
-
N
BL ee Fol =
erdkups: rugosa n. sp _ Natürl.
Capulus neritoides n. sp.
20. Acmaea eristala n. sp. von oben.
7a aa Dieselbe im Profil. Natürl. Grösse.
377
8. Darstellung der geognostischen Verhältnisse der
Braunkohlen-Ablagerung bei Latdorf in Anhalt.
Von Herrn ©. von Auserr ın Bernburg.
Hierzu Taf. XII.
Das Saalthal zeichnet sich bei Bernburg und nördlich die-
ser Stadt aus durch seine in bedeutender Breite sich erstrecken-
den 'Thal-Ebenen, welche scharf begrenzt sind durch die steil
abfallenden Ränder der links und rechts sich erhebenden Pla-
teaus. Auf der nördlichen Seite, wo die Muschelkalkhöhe
von Altenburg begrenzend auftritt, zieht sich der Thalrand von
dem Flussbette meist weit zuruck, und lässt zwischen sich und
dem Abhange des bunten Sandsteinsplateaus der Südseite die
mit Alluvialgebilden erfüllte Ebene, deren Grund, wie aus
frühern Bohrversuchen hervorgegangen ist, der Muschelkalkstein
bildet. Das jetzige Saalbett legt sich in fast allen seinen Win-
dungen an das steil abfallende bunte Sandsteingebirge der Süd-
seite an, derart, dass die Thalebenen zwischen Gröna, Bernburg
und Nienburg sich auf der linken Seite des Flusses ausdehnen und
den Muschelkalk als weggewaschen erscheinen lassen, während
auf der rechten Seite die Schichten des bunten Sandsteins dicht
am Saalufer von den untern Rogensteinen bis zu den obersten
Thonen sich in schönen Profilen erkennen lassen.
Für die gegenwärtige Betrachtung sind nur die Lagerungs-
verhältnisse der Schichten von Wichtigkeit, welche das Braun-
kohlengebirge von Latdorf begrenzen, und ist es daher zu-
nächst von Interesse, den bunten Sandstein, welcher dasselbe
auf der Sud- und Ostseite umgiebt, im Einzelnen zu ver-
folgen.
A. Bunter Sandstein.
Derselbe tritt zwischen Dröbel und Latdorf in seinen ober-
sten Schichten auf. Bei dem Orte Dröbel selbst zeigen sich
in dem Einschnitte des Saalthals kieselig kalkige Gesteine mit
378
geringen Schnüren von schwarzem Hornstein, welche mit flachem
westsüdwestlichen Einfallen unter ©. h. 8—9 streichen. Die-
selben sind versteinerungsleer. Geht maıf in dem Bogen ent-
lang, mit welchem die Saale nach Norden sich wendet, so fin-
den sich in geringer Entfernung zu demselben. Niveau gehö-
rige Schichten, in denen eine schnelle Abnahme des Kalkge-
haltsnach unten bemerkbar wird. Die obern Lagen sind sandig
kalkig, wiederum mit den schwarzen Hornsteinschnuren, die.
in regelmässigen Schichten auf eine Strecke von 200 Schritt
sichtbar sind, und wechseln nach unten mit reinen, weissen
Sandsteinen von weicher, etwas thoniger Beschaffenheit und
farbigen Thonen, die kalkige Knollen einschliessen. Der er-
wähbnte Kalkgehalt, sowie die kieseligen Abscheidungen inner-
halb des Gesteins charakterisiren dasselbe als Grenzgestein des
bunten Sandsteins gegen den Muschelkalk. 4
Die Saale behält von hier ab bis über Latdorf hinaus
ihren Lauf nach Norden bei, begleitet von der oberen Thon-
formation des bunten Sandsteins, welche bereits feste Bänke
von Sandstein enthält. Es sind auf der Strecke bis Latdorf
hin drei Steinbruche dicht am Saalufer im Betriebe, welche
eine genaue Abnahme des Streichens und Fallens der Schich-
ten gestatten. Ersteres ist constant in O. h. 8, letzteres er-
hebt sich nicht über 25 Grad. Organische Reste. war es mir
möglich in sandigen Lagen desjenigen Steinbruches zu finden,
der ca. 400 Schritt von der Grube Carl bei Latdorf entfernt
liest. Es fehlen in diesem Bruche die rothen Thone, welche
in den höhern Lagen mehr entwickelt sind. Die Sandsteine
sind theilweise locker, eisenschussig, sehr glimmerreich, und
- wechseln mit wenig mächtigen Lagen von verschieden gefärb-
ten, thonig sandigen und sandig thonigen, glimmerreichen
Schichten. In diesen traten vielfache, nicht bestimmbare Pflan-
zenreste und eine Posidonie auf, ein Vorkommen, welches in
gleichaltrigen Schichten wohl noch nicht beobachtet worden
ist. Petrefakten indess, welche die obern Thone etwa dem
Röth kennzeichnend äquivalent stellen könnten, fehlen gänzlich.
Die Lagen des bunten Sandsteins sind noch bis etwa
300 Schritt vor der Grube Carl zu verfolgen, wo sie alsdann
von Dammerde überdeckt und weitere Aufschlüsse verhindert
werden. _Oestlich von dem bisher, verfolgten Theile des Saal-
ufers ist: bis über Latdorf hinaus der bunte Sandstein als an-
—
379
stehend bekannt, und zeigt die- Oberflächenbeschaffenheit der
Gegend keine wesentlichen Störungen der Ablagerung dessel-
ben an.“ Das angegebene Streichen der Schichten ist der Längs-
Erstreckung des bei dem Dorfe Latdorf nun folgenden Braun-
kohlengebirges parallel, und erscheint daher die Folgerung ge-
rechtfertigt, dass die Ablagerung des letzteren auf den Schich-
: tenköpfen der oberen Partie des bunten Sandsteins statt ge-
funden hat.
B. Keuper und Muschelkalk.
Nördlich des der bunten Sandsteinformation hier sich
plötzlich auflagernden tertiären Gebirges wird in nächster Nähe
das anstehende Gestein durch Dammerde verdeckt. Etwa 500
Schritte von dem Wasserhaltungs-Maschinengebäude wurde in-
dess, bei Gelegenheit von Kirschbaumpflanzungen ein Gestein
mit zu Tage gebracht, welches dem Keuper angehört. Letztere
Formation bildet saalabwärts von Latdorf bis Grimschleben die
steilen Uferränder des Saalbettes und liefert weit sichtbare
bunte Profile. Bei Grimschleben selbst tritt, mit eigenthumlich
geknickter Schichtenlagerung Muschelkalk auf, in dem früher
Steinbruche getrieben sind. Derselbe gehört der deutlich er-
sichtlichen Lagerung sowie den Versteinerungen, wie Myophoria
pes anseris, Ammonites enodis nach zu der obersten Abtheilung der
Formation, und ist sein Uebergang selbst zum Keuper gut zu
beobachten. In der Nähe des Keupers wird der Muschelkalk
porös, thonige Schichten treten neben der Hauptmasse von
Kalkgesteinen auf, und über diesen folgt endlich eine Lage
von kalkigen, glimmerreichen Schichten mit Petrefakten, denen
sich thonig sandige Schichten mit Pflanzenresten auflagern. Im
Verfolg werden diese schiefrig sandigen und thonigen Gesteine
vorherrschend und enthalten in grosser Anzahl die Myoph.
pes anseris neben anderen Oonchylien, Pflanzenresten und koh-
ligen Spuren. Das erste wirkliche Lettenkohlenflötz von 1+
Fuss Mächtigkeit und einer mulmigen unreinen Beschaffenheit
tritt etwa 250 Fuss von der Basis der Formation zwischen
schiefrigen Sandsteinen mit: Pflanzen und Conchylien-Resten
auf. Ein zweites und drittes findet sich noch in ziemlicher
Entfernung von dem ersteren, und haben diese kohligen Schie-
ferletten in früherer Zeit Veranlassung zu Versuchsbauen auf
Steinkohlen gegeben, deren Reste noch jetzt sichtbar sind.
380
Ueber diesen -kennzeichnenden Lagen folgen rothe und
blaue Thone mit einer viele Steinkerne von Conchylien enthal-
tenden Kalksteinbildung. Dieselbe ist von den darüber lagern-
den bunten Schieferletten und höchst festen und dichten dolo-
mitischen Kalksteinen, deren einige, nahe bei Latdorf, hydrau-
lische Eigenschaften besitzen, nicht scharf getrennt, und lässt,
da ein Vergleich mit anderen Localitäten schwierig zu ziehen
ist, eine genaue Klassifieirung um so weniger zu, als der
oberste Theil der Formation mit dem oben erwähnten Kalkge-
steine in der Nähe der Braunkohlengrube Carl unter Damm-
erde verdeckt ist und keine Aufschlusse giebt. Auf Grund der
überhaupt geringen Mächtigkeit des Keupers in andern Gegen-
den kann man mit Wahrscheinlichkeit annehmen, dass die der
Grube Carl zunächst liegenden Schichten der oberen Abthei-
lung der Formation zugehören. Die Lagerung der letzten zu
Tage gehenden Schichten ist ungestört und regelmässig, bei
einem Streichen in OÖ. h. 7,6 und einem südlichen Fallen von
10 Grad, also mit denselben Verhältnissen, welche der bunte
Sandstein auf der Südseite der Braunkohlenablagerung zeigt.
Nach Osten hin steht nirgends festes Gestein an, welches ge-
stattete einen Schluss auf die Lagerungs-Verhältnisse zu ma-
chen, und lässt nur die gleichmässige Beschaffenheit der Erd-
oberfläche vermuthen, dass die regelmässige Lagerung der Keu-
performation, wie sie sich in der Nähe der Grube Carl im
Saalthale bemerklich macht, auch nach Osten hin fortsetzt.
Demgemäss würde die Braunkohlenablagerung bei Latdorf auf
ihrer Nordseite vom Keuper mit dessen obersten Lagen unter-
teuft werden.
Das auffallende Verhältniss, dass bei so gleichmässiger
und ungestörter Lagerung, welche die Annahme von bedeuten-
den Erhebungen und Senkungen durch vulkanische Kräfte für
die Zeit des Keupers ausschliesst, die obersten Schichten des
letzteren den bunten Sandstein gleichsam zu unterteufen schei-
nen, durfte in Folgendem seine Erklärung finden.
Es lässt sich bei Latdorf selbst zwar eine direkte Be-
ziehung beider Gesteine zu einander nicht auffinden, da beide
durch die Tertiärbildungen oberflächlich getrennt sind. Beide
sind, soweit ihr Hervortreten ersichtlich, durch eine eirca 400
Lachter breite Schlucht von einander geschieden und besitzen
ein fast gleiches Streichen, sowie ein nur um wenige Grade
381
verschiedenes Fallen nach gleicher Richtung. Zieht man aber
in Betracht, dass hier bei Latdorf die nördliche Grenzlinie des
grossen Buntsandsteinplateaus von Bernburg zu suchen wäre,
so lassen die Erscheinungen der beiderseitigen Lagerung eine
Deutung zu. Der Keuperzug, der von Latdorf über Altenburg
geht, liegt eingekeilt zwischen einerseits dem hohen Plateau
von Bernburg und dem von Altenburg, andererseits dem Mu-
schelkalkzuge von Grimschleben und Nienburg. Das Fallen
des Keupers entspricht bei Grimschleben der Auflagerung auf
den letztgenannten Gebirgszug und ist unabhängig von den
südlichen, hoch erhobenen Gesteinsschichten. Das spät trias-
sische Meer bedeckte daher nicht mehr die hohen Plateaus
von Bernburg und Altenburg, sonderu fand seinen begrenzen-
den Uferrand an der steil abfallenden Nordseite derselben. Der
Keuper ist daher den bei Latdorf auftretenden Schichten des
bunten Sandsteins nicht auf- sondern angelagert. Er bildet
daher die Basis der im Folgenden zu erwähnenden Tertiärbil-
dungen bei Latdorf.
C. Braunkohlengebirge bei Latdorf.
Zwischen dem oberen Keuper als nördlicher und dem .
oberen bunten Sandstein als südlicher Grenze findet sich in
einer im Verhältniss zur Breite sehr lang gestreckten Mulde
eine local sehr mächtige Braunkohlenbildung mit überliegenden
tertiären und diluvialen Gebirgsschiehten. Die Längs-Erstreck-
ung der Mulde geht nach S.O. und ist durch die Baue der
Grube Carl und Gottes-Segen auf eine Länge von etwa 800
Lachter erwiesen. Ihr südöstliches Ende ist nicht festgestellt
und kann nur schwierig vermuthet: werden, da einestheils die
' letztgenannte Grube, die auf dem südöstlichen Flügel stand,
_ nur nesterartige und deshalb unbauwürdige Kohlenablagerungen
fand, anderntheils Aufschlusse in dieser Richtung, die die
geognostische Aufnahme der Gegend gestatteten, gänzlich feh-
len. Die Bohrlochsprofile auf Gottes-Segen ergaben allerdings
ein nordwestliches Einfallen der Kohle; jedoch kann dies wegen
der nesterartigen Lagerung und wegen der Unstimmigkeit der
Schichtenfolge in Beziehung auf die Erfunde der Grube Carl
“nicht mit Sicherheit auf einen südöstlichen Schluss der Mulde
- gedeutet werden. Das Deckgebirge des südöstlichen Theils,
bestehend aus Dammerde, Sand, Thon, variirtein der Mächtig-
Zeits.d.d.geol. Ges, XVII. 2. 25
382
keit zwischen 11 und 19 Lachter in kurzen Entfernungen und
ebenso die Kohle von O bis 34 Lachter. Als Liegendes hatte
man in einigen Bohrlöchern einige Achtel grauen sandigen
Thon oder weissen Sand, alles abweichend von den Verhält-
nissen des westlichen Flügels. Es sind leider die bergmänni-
schen Arbeiten auf Gottes-Segen unter diesen ungünstigen Um-
standen nicht weit genug fortgesetzt, um einen nähern Einblick
in die Verbreitung der Kohle auf diesem Flügel zu liefern.
Ueberhaupt ‚wurden von der Gewerkschaft nur zwei Strecken
ins Feld getrieben, mit denen man das Hangende nordöstlich
bei 8 Lachter, südöstlich bei 3 Lachter vom Schachte erreichte,
ein Zeugniss, dass man es an diesem Punkte mit einem nester-
artigen Vorkommen zu thun hatte. Zur Kenntniss der Lage-
rung südlich von diesen Punkten sind gar keine Versuchsarbei-
ten unternommen.
Der nordwestliche, der Saale angelegene Theil der Mulde
ist durch die Baue der Grube Carl näher bekannt und es erge-
ben sich hier folgende Verhältnisse: |
Die Breite der Mulde an der Saale von etwa 200 Lach-
ter wird auf eine Längserstreckung von circa 400 Lachter un-
ter OÖ. h. 8 allmälig geringer. Die Längsränder zeigen ein
regelmässiges Ausgehendes des Flötzes unter einem Winkel
von 45 Grad, während die nach der Saale zu gelegenen Par-
tien in Folge der Zwischenlagerungen von Sandschichten einen
weniger deutlichen Schluss erkennen lassen. In südöstlicher
Richtung nach dem Dorfe Latdorf zu verflächt sich die Mulde
bedeutend, und scheint die Kohle bei 400 Lachter Entfernung
von dem westlichen Rande gänzlich abzusetzen. Eine wenn
auch öfter unterbrochene Verbindung mit dem auf der Ostseite
Latdorfs belegenen Felde der früheren Grube Gottes-Segen darf
indess, als in der Natur der Ablagerung begründet, angenom-
men werden.
Die Ablagerung besteht aus folgenden Schichten:
1) Im Liegenden der Kohle befindet sich ein leberfarbiger
magerer Thon, dessen Oberfläche stark wellenförmig ist. Seine
Mächtigkeit, so wie der Charakter der. ihn unterlagernden
Schichten ist nicht bekannt, und daher eine sichere Classifiei-
rung des Liegenden, ob zum Keuper gehörig, ob tertiär mit
Schwierigkeiten verknüpft. Der unmittelbar unter der Kohle
383
befindliche Thon, welcher selbst eine starke Imprägnation mit
Kohle zeigt, würde mit Sicherheit zum Braunkohlengebirge
zu stellen sein, wenn auch seine Verbindung mit den
500 Schritt entfernten kalkigen Gesteinen des oberen Keupers
unbestimmt bleiben muss.‘ Letzterer bildet ersichtlich seiner
vorbeschriebenen Lagerung gemäss ’die endliche Basis des
Ganzen. :
2. Das dem Thon aufgelagerte Kohlenflötz mit einer
grössten Kohlenmächtigkeit von 18 Lachter im Tiefsten der Mulde
lässt am Liegenden und Hangenden eine äusserst wellenföormige
Lagerung erkenen. Die Kohle selbst ist ausser am Liegenden,
wo eine wenig mächtige Lage von wenig tüchtiger Beschaffen-
heit vorkommt, erdig, schwefelkiesfrei, von hellbrauner Farbe
und enthält vielfach Retinit, in Stücken bis 18 Zoll Grösse,
und Krantzit, beide Harze theils nesterweis, theils eingesprengt
in der ganzen Mächtigkeit des Flötzes vertheilt.
3. Die Gesammt- Mächtigkeit des Hangenden beträgt
6 bis 9 Lachter und wird aus folgenden Schichten zusammen-
gesetzt:
Am nördlichen und südlichen Rande des Lagers ruht un-
mittelbar auf der Kohle ein 3 bis 4 Lachter mächtiger, weisser
scharfer Quarzsand von lockerem Gefüge, welcher Sand-Con-
eretionen enthält. Derselbe verschwindet im Innern der Mulde.
Seine Stelle nimmt dort ein glauconitischer, grobkörniger, an
unteroligocänen Conchylien überaus reicher Meeressand von
etwa 2 Lachter Mächtigkeit ein. Er wird durch eine 6 Zoll starke
Lage von erbsen- bis nussgrossen weissen Quarzkörnern ge-
theilt und enthält neben wenig festen Concretionen von glau-
conitischem Sande mit kalkigem Bindemittel eine grosse Anzahl
der in den Braunkohlen-Revieren bekannten Knollensteine von
verschiedenem oft sehr bedeutendem Durchmesser. Letztere
enthalten indess nicht Pflanzenreste, wie sie z.B. bei Preuss-
litz vorhanden sind. Wie aus der Zeichnung zu ersehen, folgt
der Sand nicht genau der wellenförmigen Gestaltung der
Kohlenoberfläche, welche im Querprofile angesehn zwei Haupt-
Einsenkungen bildet. Die höchste Erhebung der Kohle wird
vielmehr durch die nächst obere Lage eines feinen 1 bis
3 Lachter mächtigen, schwarzen Sandes bedeckt, welcher von
2 Fuss Höhe über dem Niveau des grünen Sandes einzelne
25*
384
Conchylien führt. Fusus multisulcatus, welcher in der grünen
Sandschicht fehlt, findet sich. neben wenigen anderen, wie
Cassidaria depressa vorzugsweise darin, und stellt ebenso, wie
die sparsam vorhandenen echten Septarien den a ne. Sand
entschieden zum Mitteloligocän.
Ueber diesen Sanden liegt eine diluviale Lehmablagerung,
deren Mächtigkeit zwischen 1 bis 3 Lachter variürt. Sie wird
überdeckt von 1 bis ö Fuss Dammerde. |
Aus der vorgehenden Betrachtung erhellt, dass das Vor-
kommen des Braunkohlengebirges. bei Latdorf auf der Nord.
Sud- und wahrscheinlich auch auf der Ostseite vom Keuper
und bunten Sandstein umschlossen ist. Da ferner der west-
liche Muldenabschluss durch das’ Saalthal und in weiterer Er-
streckung durch Muschelkalk gebildet wird, so wird es nicht möglich
die Latdorfer Braunkohle irgend einem der bekannten Mulden-
complexe zuzutheilen. Die Latdorfer Bildung muss entschieden
als local, gleichsam in einem breiten sumpfigen Thale ent-
standen gedacht werden, in welchem später durch auslaufende
Arme des Tertiärmeers, das durch ein vorzugsweises Auftreten
von Conchylien, wie Fusus, Pleurotoma, Murex , Fasciolaria
als ziemlich tief charakterisirt wird, die oligocänen Schichten
mit ihren mannichfachen Versteinerungen abgesetzt wurden.
Die Mulde erscheint gänzlich isolirt. Auch lässt sich in Be-
treff der marinen Schichten eine Verbindung mit den übrigen
Tertiärlagern des Herzogthums Anhalt und der Provinz Sachsen
nicht mit Sicherheit erweisen, obgleich in dieser Hinsicht die’
' Existenz eines Zusammenhanges ausser Frage gestellt werden
kann. Zur Ermittelung eines solchen bieten Anhaltspunkte die
Lagerung des Keupers sowie der Charakter der tertiären
Schichten. Es ist, wie vorher erwähnt, anzunehmen, dass die
bei Latdorf auftretenden Keupergebilde im Zusammenhange
mit den bei Altenburg und Hohendorf auftretenden Gesteinen
derselben Formation stehen, und dass nur die Auswaschungen
des Saalthals die direkte Verbindnng gegenwärtig unterbrechen.
Bei Hohendorf und Neugatersleben unterteuft derselbe Keuper-
zug die dortigen Braunkohlenmulden, deren Liegendes er ähn-
lich wie bei Latdorf bildet. Die daselbst überlagernden unter-
und mitteloligocänen Schichten zeigen vollkommene Analogie
mit den Latdorfer Vorkommnissen, und es möchte daher, mit
385
Rücksicht auf die Wegwaschungen der Keupergesteine im Saal-
thale, die Annahme Wahrscheinlichkeit besitzen, dass die er-
wähnten Braunkohlenlager eine vielleicht ähnliche und gleich-
zeitige Entstehungsweise haben. Beide Vorkommen sind in-
dess in sich abgeschlossene Mulden und dürften nicht ohne
Zwang. bei der jetzigen Kenntniss der Tertiärlager in weitere
Beziehung zu den noch nördlicher gelegenen Mulden von
Biere und Calbe gebracht werden können.
3856
9, Bemerkungen über die geognostische Colorirung der
Karte des westlichen Harzgebirges, gezeichnet in
1:50,000 von €. Prediger.
Von Herrn F. A. Rormer ın Clausthal.
Ich habe in den letzten Wochen das zweite Blatt der so-
genannten Prediger’schen Karte des westlichen Harzes, das
Brockengebirge, Ilsenburg, Wernigerode, Elbingerode und die
Marmormühle umfassend, geognostisch colorirt und erlaube mir
zu dieser Arbeit einige reservirende Bemerkungen:
Das plutonische Gebirge wird ziemlich richtig begrenzt
sein, nur werden die Diabase sudlich von der Lindla sich wohl .
im Zusammenhange wenigstens bis zur Bode bei Neuwerk
erstrecken; sie bilden den südlichen Flügel des von Hasserode
bis Blankenburg sich erstreckenden Lagers.
Die alluvialen und diluvialen Bildungen sind, wie die des
Flötzgebirges, nach älteren Beobachtungen aufgetragen.
Die Kulmgrauwacke begrenzt, wie auf dem ersten Blatte
der Karte bei Riechenberg, nördlich, das devonische Gebirge;
bei Ilsenburg führt sie am Kammerberge die Bornia scrobicu-
lata und dürfte daher den älteren Kohlengrauwacken angehören;
Pflanzen sind darin namentlich nahe am Schlossberge bei Wer-
nigerode und oberhalb Benzingerode aufgefunden. Der Kulm
bildet die nördliche Harzgrenze bis nahe Ballenstedt hin.
Die Schalsteine, das obere Devon, die mittlere devonische
Grauwacke und die Stringocephalenkalke werden ziemlich rich-
tig bestimmt und begrenzt sein; zweifelhafter wird dies aber
bei den drei älteren Bildungen.
Aus den Wissenbacher Schiefern habe ich früher 'nur das
Orthoceras triangulare am Büchenberge gefunden, beschrieben;
sie scheinen indessen namentlich in nordöstlicher Richtung von
Neuwerk die falsche Schieferung zu zeigen, sind frei von Grau-
wacken, begrenzen den Be und durften daher
wohl richtig begrenzt sein.
Wahrscheinlich gehören zu ihnen auch die von mir als
387
Silur bezeichneten Schichten; die im Klosterholze bei Ilsenburg
gefundenen Versteinerungen habe ich als silurische beschrie-
ben und sind sie für solche auch von Morris, in Vertretung
von MurcHIsos, erklärt; Freund JascHE will Cardiola inter-
rupta bei Oehrenfelde gefunden haben (?), hat mir aber letzthin
aus den Kalken des Thonmühlenkopfes im Tännenthale Go-
niatites lateseptatus und subnautilinus, Orthoceras regulare and
Bronteus minor mitgetheilt; danach entsprechen diese Kalke
vollständig denen, welche sich von Zorge über Hasselfelde nach
Treseburg hin erstrecken und die Wissenbacher Etage charak-
terisiren; am nördlichen Harzrande lassen sie sich durch das
Thor auf dem Blankenburger Schlosse bis an den von Thale.
nach der Rosstrappe hinauf führenden Weg verfolgen, so dass
beide Lager nur durch den Granit der Rosstrappe getrennt
werden.
Den Spiriferensandstein, durch Chonetes sarcinulata, Spiri-
fer macropterus u. s. w. charakterisirt, habe ich vor Jahren als
einen glimmerreichen Schiefer im Drängethale oberhalb Hasse-
rode, am Fusse des Hasselkopfes, an einem Stollenmundloche
entdeckt; er lasst sich bis in die Nähe der Drei Annen und
auch nach dem Hakenstiege hinauf verfolgen; ich habe mit
seiner Farbe die ganzen Hornfelse belegt, welche den Brocken-
granit östlich begränzen. Zu beiden Seiten der Rappbode fin-
det sich dieselbe Farbe nur deshalb wieder, weil in dieser
Zone sandige und grauwackenartige Gesteine, im Gegensatze
zu der Zone der Wissenbacher Schiefer, häufiger sind und(!)
weil sich in ihnen der Abdruck eines Stielgliedes eines Krinoi-
den gefunden hat.
Die ungeschlachteten drei grossen Kieselschiefermassen in
der Mitte der Karte werden ihre Umrisse vermuthlich später
noch ändern; sie liegen in zu unwirthlichen Gegenden.
Die Hornfelse des Rehberges, der Achtermannshöhe u. s. w.
habe ich dunkelgelb angelegt, nur weil sie ungefähr im Strei-
chen des Bruchberger Sandsteins liegen.
Auf das dritte, bald vollendete Blatt dieser Karte kommt
die Ilefelder Gegend; auf das vierte und letzte Andreasberg
und Lauterberg.
Ich habe schliesslich nur den Wunsch noch auszusprechen,
dass die Karte doch auch wieder einen Schritt vorwärts in der
geognostischen Kenntniss des Harzes bekunden möge.
Be
‚10. Geognostische Skizze der Umgegend von
: New - York.
Von Herrn Herm. Crepner aus Hannover.
Hierzu Tafel XII.
Die Stadt New-York bedeckt eine schmale, langgestreckte,
15 Miles lange und an ihrer breitesten Stelle 24 Mile breite
Insel, welche vom Hudson und einem Arm desselben dem
East-River umströmt wird und deren Längenaxe in der Rich-
tung von Norden nach Süden liegt, während sich Brooklyn
jenseits des letzteren Stroms an dessen östlichen Ufern, welche
von dem westlichen Theile Long-Island’s gebildet werden, da-
gegen Hoboken und Jerseycity auf der rechten Seite. des
Hudson sich ausdehnen. Unterhalb der Vereinigung beider Fluss-
arme in südlicher Richtung von New-York erhebt sich das
bergige, mit Sommerresidenzen bedeckte-Staten Island über
den Wasserspiegel. |
Der grösste Theil des Untergrundes der Stadt-New-York
und deren Umgegend ist von Diluvium bedeckt. Die Arbeiten
zur Ausgleichung des hügeligen Terrains behufs Anlage von
Strassen und Eisenbahnen bieten jedoch genugsam Gelegen-
heit zum Studium der dortigen geognostischen Verhältnisse.
Die ausgedehnten Diluvialbildungen jener Gegend bleiben sich
in ihrem Charakter ziemlich gleich. Ihre Mächtigkeit wechselt
je nach der Oberflächen - Beschaffenheit des anstehenden Ge-
birges zwischen wenigen und 30—35 Fuss. Die bedeutendsten
Diluvialanschwemmungen bedecken die Küste von Long-Island
in Brooklyn und dessen Umgegend, während die Abhänge des
Gebirgszuges westlich von Hoboken, sowie der nöordlichste
Theil der Insel, auf der New-York gebaut ist, fast vollständig
von jenen frei, so wie oft von jedem Humus und jeder Vege-
tation entblösst sind... Das Diluvium jener Gegend besteht
aus einem rothen oder braunen, oft etwas lehmigen Sande,
welcher Rollstucke hauptsächlich von Diorit, sowie von rothem
N re Se 5
Fa
389
Sandstein und granitischen Gesteinen umfasst, welche in ihrer
Grösse zwischen geringeren und bedeutenderen Dimensionen
schwanken, in ihrer Beschaffenheit den unmittelbar im Norden
von jenem Distrikte anstehenden Felsarten entsprechend und
von Eisbergen an den Ort ihrer jetzigen Lagerung zur Zeit,
als dieser noch von einem flachen Meere bedeckt war, ge-
tragen worden sein mögen. Eine fast horizontale oder flach
gefaltete Schichtung des Diluviums ist an verschiedenen Punkten
zu beobachten.
Der Untergrund der Insel, auf welcher New-York liegt,
sowie die westliche Küste von Long-Island besteht aus Gneiss.
Dieser formirt auf ersterer, wo das Diluvium eine weniger
zusammenhängende Decke bidet, ein wellenförmiges, nach N.
zu sanft ansteigendes Plateau, welches am Nordrande der
Insel steil’ gegen den Arm des Hudson absturzt. In diesem
oberen Theile der Insel sind die ausgezeichnet glockenförmigen
Gneisshügel grösstentheils vollständig nackt, während die Thal-
einsenkungen und Flussufer von Diluvialbildungen bedeckt
sind. Der Gneiss von New - York zeigt eine ausgezeichnete
Parallelstruetur conform den Absonderüungsflächen, welche nur
zuweilen von einer knotig-flaserigen verdrängt wird. Der’
Kern solcher Flasern wird entweder von einem grobkörnigen
Granit, oder einem fast homogenen Gemenge von Feldspath
und Quarz, oder auch von einem dieser beiden Mineralien
allein gebildet. Der hiesige Gneiss besteht aus einem grünlich
weissen Orthoklas, einem durchsichtigen Quarz und schwarzem,
dunkelgrünem oder weissem Glimmer, welcher letztere Bestand-
theil jedoch zonenweise so zurücktritt, dass eine bandartige
Abwechselung von typischem dunklerem Gneiss und einem
helleren Gemenge von Feldspath und Quarz entsteht. Fur
beide bezeichnend ist die ausserordentliche Menge von Gra-
naten, während Turmalin und Schwefelkies nur als accessorische
Bestandtheile von geringerer Bedeutung auftreten. Gangförmige
Einlagerungen und Nester von Quarz oder Feldspath, Ueber-
gänge in einen porphyrartigen oder äusserst grobkörnigen
Granit, der dann aus kopfgrossen Partieen von fleischrothem
Orthoklas, handgrossen Platten von Glimmer und kleinen
-Quarzkörnern besteht, Nester und Stöcke von einem dichten,
fast homogenen Gemenge von Feldspath und Quarz, welche
entweder innig mit dem Gneiss durch Uebergänge verbunden
390
oder scharf von ihm getrennt sind und zuweilen hirsengrosse,
braunrothe, dicht aneinandergedrängte Granatkörner umfassen,
an manchen Punkten, z. B. dem Central-Park und der High-
bridge auftretende, vielfach gewundene Biegungen oder zick-
zackartige Knickungen der Parallelstruktur bringen interessante
Abwechselungen in das sonst einförmige Gneissgebirge. Die-
selben charakterisistischen Eigenschaften hat der Gneiss an
der Küste von Long-Island; ebenso bestehen die Inseln (Black-
wells, Wards und Randalls Island), welche im East - river
zwischen Long-Island und New-York liegen, ferner die sud-
liche Küste des Festlandes gegenüber den steil abstüurzenden
Ufern der Insel, auf welcher New-York gebaut ist, aus dem-
selben Gestein. Interessant sind die in letzterer Gegend, z.
B. bei Melrose in dem Gmeiss auftretenden Einlagerungen von
krystallinischem Kalkstein. Dieser bildet an letzte@genannter
Oertlichkeit einen flachen Höhenzug, dessen Längserstreckung
parallel dem Streichen des Gneisses ist und ist grobkrystalli-
nisch, vorherrschend weiss und bandartig von einzelnen dunkleren
mit einander gleichlaufenden Streifen eines glimmerreichen
Kalksteins unterbrochen, während Epidot auf den Spaltungs-
flächen in dendritischen strahligen Partieen vorkommt. Seine
Parallelstructur ist der Schichtung des Gneisses conform und
lässt faltenartige Biegungen erkennen, denen die Beschaffen-
heit der Erdoberfläche entspricht. — Noch einige Meilen nörd-
lich wird der Gneiss sehr reich an Hornblende, bis diese den
Glimmer nach und nach verdrängt, wodurch ein ausgezeichneter
Hornblendeschiefer entsteht, welcher allmälig sein schiefriges
Gefüge verliert und zu einem porphyrartigen Syenit wird, in
dessen weisser Grundmasse grosse blätterige Hornblende-
individuen ausgeschieden liegen. Von diesem Gestein sollen
wiederum Uebergangsstufen nach dem Hypersthenfels nachzu-
weisen sein, welcher das hügelige aus steilen Bergkuppen be-
‚stehende Plateau bildet, das sich ‚am linken Ufer des Hudson
in östlicher Richtung von Peekskill, einer etwa 40 Miles von
New-York gelegenen Stadt ausdehnt. Ich war verhindert diese
Uebergänge genau zu verfolgen, habe aber ein feinkörnig-sy-
enitisches Gestein beobachtet, welches grosse Partieen von
grüner Hornblende umfasste, in welcher kupferglänzende scharf-
begrenzte Hypersthen -Individuen lagen. Diese Gesteinsart
scheint die Mitte der Uebergangsstufen zwischen Hypersthenit
391
und Syenit einzunehmen, aus welcher auf der einen Seite
durch Verdrängung der Hornblende der Hypersthenit und durch
das Verschwinden des Hypersthens der typische Syenit ent-
stehen würde. Der Hypersthenit von Peekskill geht von einem
feinkörnigen fast aphanitischen Gemenge seiner Bestandtheile
bis in ein grobkörniges gabbroartiges Gestein über, in welchem
letzteren Falle der auf seinen Spaltungsflächen metallglänzende
Hypersthen vor dem dunkelgrunen dichten Labrador vor-
waltet, Das erst genannte Mineral widersteht der Verwitterung
besser als letzteres und bildet dann einen knotigen Ueberzug
der den Atmosphärilien ausgesetzten Gesteinsflächen, welcher aus
einzelnen scharfkantigen Brocken zusammengesetzt ist. Der
dortige Hypersthenit zeigt keine Parallelstruktur und bildet
sterile isolirte Kuppen und steile Felsabhänge, welche jener
Gegend einen eigenthümlichen Reiz verleihen. Im Hyper-
sthenit von Peekskill tritt als constanter accessorischer Be-
standtheil besonders der feinkörnigen Varietäten ein fein-
eingesprengter Magneteisenstein auf, welcher sich stellenweise
zu gangartigen Lagerstätten concentrirt hat. In einer der
dortigen Hypersthenkuppen, welche ich genauer zu untersuchen
Gelegenheit hatte, setzen in einem Bezirke von 300 Acres,
‚abgesehen von einer Reihe kleinerer Trümer, 12 solcher
Gänge auf, welche sämmtlich in der Richtung von NNO. nach
SSW. streichen und mit 60—70 Grad gegen W. einfallen.
Drei von diesen erreichten eine”Mächtigkeit von 15 Fuss und
ragten an manchen Stellen mauerartig aus den Abhängen des
Berges hervor. Der sie bildende Magneteisenstein war zum Theil,
und zwar bei kleineren Trümern stets, grobkörnig und rein,
zonenweise aber auch durch Magnetkies verunreinigt. Nach
den Resultaten der auf diesen Gängen betriebenen Schurf-
‚arbeiten und der Analogie der benachbarten Gruben mehrte
sich diese für die technische Verwendung so unangenehme
Beimengung des Erzes mit der Tiefe, ausserdem treten noch
andere Schwefelmetalle hinzu, welche zuweilen den Magnet-
eisenstein in der Weise verdrängen, dass verschiedene frühere
Eisensteingruben jetzt auf Kupferkies betrieben werden. Die
betreffenden Gänge sind scharf von dem Nebengestein getrennt
und einige derselben von bis zu 3 Fuss mächtigen Quarz-
trumern begleitet. Nördlich von. Peekskill geht der Hyper-
_ sthenfels wieder in Syenit über. Das zwischen beiden liegende
392
Gestein, welches Hornblende und Hypersthen zugleich enthält,
habe ich auch hier beobachtet. Der wiederauftretende Syenit
zeichnet sich durch die Mannichfaltigkeit seiner Varietäten aus.
Er ist bald ein feinkörniges, bald ein porphyrartiges Gemenge
seiner Bestandtheile und umfasst in letzterem Falle faust-,
bis kopfgrosse Partieen einer ausgezeichnet blätterigen, grünen
Hornblende, während er auf der anderen Seite vollständig.
aphanitisch werden kann und dann Graphitschuppen und Gra-
naten eingesprengt enthält. An manchen Stellen tritt, ver-
ursacht durch das plötzliche Verschwinden und Wiederauftreten
der schwarzen Hornblende, eine bandartig abwechselnde weisse
und schwarze Färbung besonders des feinkörnigen Gesteins
ein. In grobkörnigen Varietäten waltet die grüne Hornblende
vor, zu welcher dann stellenweise Pistazit in schmalen Schnüren
oder, als förmlicher Gemengtheil tritt. Zu ihnen gesellt sich
häufig Magneteisenstein in solcher Menge, dass er in der ent-
stehenden Gesteinsvarietät vorwaltet und selbst zuweilen die
Hornblende vollständig verdrängt, Nester und und gangförmige
Einlagerungen bildet und in diesen Fällen oft abbauwürdig ist.
Ein ähnliches Verhältniss tritt zuweilen mit Schwefelkies und
Magnetkies ein, welche Erze an einem Punkte 3 Miles nörd-
lich von Peekskill durch Tagebau gewonnen werden. Das
ausgezeichnetste Beispiel derartiger Magneteisensteinvorkommen
findet sich auf der entgegengesetzten Seite des Hudson,
5 Miles von Fort Montgomery, wo eine linsenformige Ein-
lagerung dieses Erzes in einer Mächtigkeit von 60 Fuss und
einer Längenerstreckung von 250 Schritt durch Grubenbaue
aufgeschlossen ist.
Kehren wir in die direkte Umgebung von New-York und
zwar zur Betrachtung der geognostischen Verhältnisse des
rechten Hudson-Ufers zuruck.
Zwischen dem Hudson-River und der westlich von ihm
gelegenen Bai von Newark erstreckt sich als Scheidewand
zwischen beiden eine lange schmale. Landzunge, deren süd-
lichstes Ende die Stadt Bergen einnimmt, während sich Ho-
boken und New-Jersey-City an ihrer östlichen Küste gegen-
über der Stadt New-York ausdehnen. Dieses Riff besteht zum
grossen Theil aus diluvialem und alluvialem Sande, welcher
Diorit- Rollstucke der verschiedensten Grösse umfasst. Das
Skelett dieses angeschwemmten Landes, welches zugleich den
393
ersten Anlass zu dessen an jener Stelle erfolgtem Absatz ge-
geben 'haben mag, ist ein schmaler hoher Dioritzug, welcher
21 Miles weit in grader Richtung gegen N. fortsetzt , sich
grösstentheils steil fast senkrecht aus dem sumpfigen, mit
Diluvium bedeckten Boden erhebt und dem rechten Ufer des
Hudson, welchen er bis Piermont begleitet, seine wilde Schön-
heit verleiht. Die Mächtigkeit dieses Dioritganges beträgt
durchschnittlich eine Mile. Der südliche Theil seines Kam-
mes ist von der Stadt Hudson City gekrönt. Von den
Besandtheilen des Diorites jener Felsbildungen waltet die
grünlich-schwarze Hornblende im Verhältniss zu der Menge
des rein-weissen bis grünlich-weissen Albites bedeutend vor,
während Chlorit vollständig fehlt. Die Korngrösse der Ge-
. mengtheile variirt sehr und scheint nur in soweit gebunden zu
sein, als die grobkörnigen Gemenge mehr auf die mittlere Mäch-
tigkeit des Zuges beschränkt sind, während die oft äusserst
feinkörnigen Abänderungen mehr nach seinen beiderseitigen
Grenzen zu auftreten und häufig eine plattenformige Absonde-
rung des Gesteins bedingen. So geht etwas nördlich von
Hoboken der massige Diorit in einen aphanitischen, aus-
gezeichnet dünnschiefrigen Dioritschiefer über, ‚welcher. als
schmaler kaum 30 Schritte breiter Saum des Dioritzuges über
eine halbe Stunde weit längs des Ufers des Hudson zu ver-
folgen ist. Die Schichten dieses Schiefers streichen äusserst
regelmässig mit der Erstreckung des Dioritzuges von Norden
nach Süden und fallen nach Westen, also gegen jenen ein.
Einige Miles weiter stromaufwärts sondert sich das Gestein in
verticalstehende, 50—60 Fuss hohe Säulen, welche einen senk-
rechten Absturz nach dem Fluss zu bilden, letzteren mehrere
Stunden weit begleiten und den bezeichnenden Namen Palli-
saden führen. Die emporbrechende Dioritmasse scheint sich
in der Tiefe verzweigt und einzelne Ausläufer abgesendet zu
haben, welche verschiedene kleine Kuppen z. B. die Snakhills
bilden, die sich auf der Westseite des Dioritzuges in geringer
Entfernung von diesem steil aus dem sumpfigen Flachland er-
heben. Den Fuss der westlichen grösseren Dioritkuppe der
ebenerwähnten Snakhills bildet theilweise ein schmaler, nur
4—-10 Fuss aus dem Sumpfe hervorragender Saum von rothem,
dünngeschichtetem, versteinerungsleerem Sandstein, welcher von
dem ihn emporhebenden eruptiven Gesteine flach abfällt und
an. BO
im Contacte weder verglast ist, noch seine Farbe Verlnklene hat.
Der Diorit zeigt auch an dieser Stelle eine äusserst regelmäs-
sige Parallelstructur und bildet verticalstehkende 2—3 Zoll
starke, plattenformige Absonderungen, welche sich nach und
nach nur noch in grösseren Abständen wiederholen und all-
mälig verschwinden. Der durch den Diorit aufgerichtete
Sandstein gehört, wie ähnliche Bildungen weiter im Sud-Westen
von New-Jersey dem New-Red-Sandstone an. Bei Bergenhill,
nahe seinem südlichen Ende, ist der Dioritzug durch einen fast
eine Mile langen Eisenbahntunnel durchbrochen worden, bei
dessen Anlage man eine Reihe von Trümern überfuhr, welche
durch ihren Mineralreichthum Interesse erhielten. Sie variiren
in ihrer Mächtigkeit zwischen einigen Linien und mehreren
Zollen, sind von einer grossen Menge von Nebentrüumern be-
gleitet und entweder vollständig ausgefüllt von derbem Prehnit,
Datolith, Apophyllit, Kalkspath und weissem, excentrisch-strah-
ligem bis asbestartig faserigem Tremolith oder lassen spalten-
artige Drusenräume offen, in denen diese Mineralien und ausser
ihnen noch Analcim, Mesotyp und Stilbit in der seltenen
Schönheit auskrystallisirten, welche jenes Vorkommen auch in
Deutschland bekannt gemacht hat.
Der Landstrich, welcher sich östlich von dem eben be-
'schriebenen Dioritzug an seiner breitesten Stelle ungefähr 2
Miles breit bis an den Hudson ausdehnt, besteht aus hohen
Anschwemmungen von Diluvium und Alluvium, aus dem sich
nur in dem nördlichen Theile von Hoboken ein ungefähr eine
Mile langer Höhenzug erhebt, dessen östlicher Abhang ziem-
lich schroff gegen den Hudson abfällt, während er sich nach
der anderen Seite hin langsamer verflacht. Diese Höhe be-
steht aus Serpentin und muss früher inselförmig über den Spie-
gel des Hudson emporgeragt haben, so dass sich ein heutzu-
tage trocken gelegter Arm dieses Flusses zwischen dem Diorit-
zuge und dem Serpentinhügel ausgebreitet haben wird. Dafür
spricht ausser dem geringen Niveauunterschied des jetzigen
Wasserstandes des Hudson und des fraglichen alten Fluss-
bettes die sumpfige Beschaffenheit des letzteren, die dort be-
findlichen Sandanschwemmungen, welche Rollsteine umfassen,
die ihrer Beschaffenheit nach von den etwas nördlicheren Ufern
des Hudson abstammen, und der Umstand, dass die Stellen
der früheren Trennung und Wiedervereinigung der beiden Fluss-
\
395
arme durch tiefe Einbuchtungen bezeichnet sind. Es ist wahr-
scheinlich, dass die Versandung des betreffenden Armes noch
vor nicht zu langen Zeiträumen stattgefunden hat, — gewinnt
man doch jetzt noch jährlich dem Hudson eine bedeutende
Masse Baugrund dadurch ab, dass man der Anschwemmung
des Sandes durch Einsenkung von unbrauchbar gewordenen
Schiffskörpern zu Hülfe kommt. Aus diesen alluvialen Gebil-
den erhebt sich, wie gesagt, der Serpentin gangartig zu einem
langgezogenen Hügel. Er ist dicht oder undeutlich feinkörnig
von fleckig dunkelgrüner Farbe, mit besonders nach seiner
östlichen Grenze hin ausgezeichnet plattenförmiger Absonderung,
meist aber mit unregelmässiger Zerklüuftung, und ist durchsetzt
von einzelnen Trumern von kurzfaserigem Asbest, von weis-
sem erdigen Magmnesit, sehr selten von Chromeisenerz. Die
äusseren Partieen dieses Gesteines sind verwittert und haben
eine lichtgrüne Färbung und eine dünnblätterige Textur ange-
nommen. Eine westliche, scharfe Begrenzung erhält dieser
‚Serpentinzug durch einen in einer Mächtigkeit von circa 15 Fuss
aufgeschlossenen, wie es scheint senkrecht stehenden Gang
eines eisenschüssigen feincavernösen Quarzgesteines.
Staten-Island liegt in der Richtung der Längenaxe der
eben beschriebenen Landzunge von Hoboken und Bergen, von
welcher es nur durch einen schmalen Meeresarm getrennt
wird und ist in Hinsicht auf seinen geognostischen Bau
nur als eine Fortsetzung jener Halbinsel zu betrachten. Seine
' Umrisse bilden eine unregelmässig birnförmige Gestalt, deren
stumpferes Ende nach Norden gewendet ist und deren Längen-
axe 10, deren kürzere Axe 6 Miles misst. Seiner Oberflächen-
beschaffenheit nach zerfällt es in einen flachen aus Diluvial-
und Alluvialanschwemmungen bestehenden, südlichen und einen
nördlichen Theil, welcher von ungefähr 150 Fuss hohen, glocken-
förmigen Hügeln bedeckt ist, die isolirt neben einander liegen,
ohne zusammenhängende Zuge zu bilden. Das Diluvium, wel-
ches den südlichen Theil der Insel zusammensetzt und auch
die nördliche Hälfte derselben zum grossen Theile bedeckt,
erreicht eine grosse Mächtigkeit, welche oft 30 Fuss noch über-
schreitet, und umfasst Dioritblöcke von bedeutenden Dimen-
sionen. An manchen Aufschlusspunkten zeigt es eine sanft
nach Süden geneigte, zuweilen gefältete Schichtung, welche
durch die verschiedene Schattirung des rothen Sandes und die
396 ee ..:%
mehr kiesige oder mehr blockartige ‚Beschaffenheit der um-
schlossenen Rollstucke angedeutet wird. Das Diluvium von
Staten- Island enthält stellenweise z. B. auf der Höhe eines
Hügels im nordwestlichen Theile der Insel Einlagerungen eines
reichen Brauneisensteins, der entweder in derben oder blasigen
Knollen vorkommt, oder concentrisch schaalige erbsengrosse
Bohnerze bildet, welche durch derbe Massen zu kopfgrossen
Partieen conglomeratartig verbunden sind. Dieseliegen in einem
eisenschüssigen, ockerigen Sande und sind selbst von einem
Oker überzogen und durchsetzt. Der Natur ihres Vorkommens
‚nach, sind diese Brauneisensteine Sumpferze, obwohl es auf-
fällig ist, dass selbst grössere Erzstücke vollkommen derb und
nicht im geringsten durch Sand verunreinigt sind. Auch an
den südlichen Abhängen des gebirgigen Theiles der Insel tre-
ten solche Brauneisensteinbildungen auf und bedecken daselbst,
ohne im Diluvium eingelagert zu sein, direkt den Serpentin in
einer wechselnden Mächtigkeit von einem bis drei Fuss. Durch
Wasserrisse ist diese Decke stellenweise unterbrochen, so dass
die Abhänge jenes Hügels abwechselnd dunkelroth und Balb-
lichgrun gestreift erscheinen.
Wie oben bemerkt verschwindet der Dioritzug der Palli-
saden bei Bergen unter dem Diluvium, aus welchem er in dem
westlichen Theile von Staten-Island wieder auftaucht, ohne
jedoch nie weiter nach Norden einen schroff abfallenden Höhen-
zug zu bilden. Der Aufschlüsse in dieses Gestein sind der
mächtigen Diluvialdecke wegen nur wenige und diese selbst
unbedeutend, aber genügend, um an ihm dieselben Eigenschaf-
ten wie an seiner nördlichen Fortsetzung zu bemerken. An
diesen Diorit lehnt sich analog den Verhältnissen in Hoboken,
jedoch in seinem ganzen Auftreten interessanter, Serpentinge-
stein an, welches die oben erwähnten isolirten Kuppen und
somit den nördlichen Theil der Insel bildet. Der unzersetzte
frische Serpentin ist dicht von lauch- bis dunkelgrüner, wol-
kiger und geflammter Färbung, unregelmässig zerkluftet und
von einer grossen Menge von Schnüuren und Adern eines apfel-
grünen edlen Serpentins und eines grünlich weissen, durch-
scheinenden, leicht schneidbaren, in seinem Aussehen opalähn-
lichen Kerolithes durchsetzt. . Diese Kluftausfüllungen, welche
zuweilen auch filzigen , kurzfaserigen Asbest enthalten, zeigen
an manchen Punkten eine grosse Regelmässigkeit, verlaufen
vollständig parallel miteinander und wiederholen sich in glei-
chen Abständen, so dass das Gestein aus einiger Entfernung
einem geschichteten täuschend ähnlich sieht. An anderen
‚Stellen kreuzen sich diese Schnüre unter einem rechten Win-
kel und bilden so eiu körperliches Netz, dessen Zwischen-
raume die Serpentinmasse ausfullt. Ebenso wie im Serpentin °
von Hoboken ist auch im Staten-Islander Serpentin Chrom-
eisenstein in schnürenförmigen Trümern vorgekommen. Das
dichte dunkelgrüne Gestein geht häufig in eine körnige, zuwei-
len etwas poröse, gelblichgrüne bis grünlichweisse Abänderung
über, welche öfters erbsengrosse Partieen eines excentrisch
strahligen Magnesites umschliesst und in derselben Weise wie
der zuerst beschriebene Serpentin von Asbestadern und edlem
Serpentin durchsetzt wird. In diesen beiden Varietäten des
Serpentins treten an manchen Punkten gangartige Einlagerun-
gen von Soapstone auf, welche zuweilen ziemlich flach einfallen,
in ihrer Mächtigkeit zwischen 5 und 8 Fuss schwanken und
_ von parallelen Saalbändern begrenzt werden, wodurch sie ein
flötzartiges Aussehen erhalten. Der dortige Soapstone ist ein
verworrenes Gemenge von kurzen Asbestfasern und Talkschup-
pen, lässt sich mit dem Messer schneiden, fuhlt sich fettig an,
ist dünnschieferig und zwar parallel den Saalbändern und be-
steht stellenweise aus einem filzigen Gewebe von reinem As-
best, welches dann zuweilen Partieen von fusslangen seiden-
weichen Fasern umfasst.
Die südliche Hälfte der Insel bietet in geognostischer Be-
ziehung wenig Interesse, da sie, wie oben erwähnt, allein aus
flachhügeligen Ablagerungen von Diluvium besteht.
Die oben angeführten Beobachtungen ergeben in kurzen
Worten folgende Resultate:
1) Die Insel, auf der New-York liegt, der östliche Theil
von Long-Island und die Süudspitze des Festlandes, von erst-
genannter Insel nur durch einen schmalen Flussarm getrennt,
bestehen aus Gneiss, welcher weiter nach Norden zu durch eine
Reihe von Zwischenstufen in Hornblende-Gneiss, Hornblende-
schiefer, Syenit und Hypersthenit übergeht. In letzteren bei-
den Gebirgsarten tritt Magneteisenstein als ein die anderen
Bestandtheile zuweilen ae und dann abbauwürdiger
Gemengtheil auf.
2) Das rechte Ufer des Hudesn wird grösstentheils von
Zeits. d. di geol. Ges. XV11.2. 26
N
einem steilabfallenden Dioritzug gebildet. Bei Hoboken lehnt
sich an diesen ein kurzer Serpentingang, in welchem wiederum
‚ein mächtiger Gang von Quarzfels aufsetzt.
3) Die nördliche bergige Hälfte von Staten-Island besteht
aus dem sich verflachenden Ende des erwähnten Dioritzuges,
vorzugsweise aber aus Serpentin, letzterer mit Einlagerungen
von Soapstone, — der südliche Theil jener Insel hingegen
allein aus Diluvial-Ablagerungen. \
4) Eine mächtige Diluvial- und Alluvialdecke bedeckt den
grössten Theil der Umgebung von New-York, erreicht stellen-
weise eine Mächtigkeit von 30—40 Fuss und umfasst an ver-
schiedenen Punkten abbauwürdige Einlagerungen von Braun-
eisenstein. ?
en 399
11. Ein Besuch Radicofani’s und des Monte Amiata
in Toscana.
Von Herrn G. vom Rara ın Bonn.
Hierzu Taf. XIV.
- Von Siena aus, gegen Rom gewendet, erblickt man ein
mächtiges, dunkelbewaldetes, zweigipfeliges Gebirge und von
diesem zur Linken eine mit scharfen Umrissen gezeichnete
schwarze Kuppe; jenes ist das Trachytgebirge Amiata, auch
Montagna di Santa Fiora genannt, letzteres der erloschene
Vulkan von Radicofani.
Zwischen diesen beiden, aus weitester Ferne sichtbaren
Wegezeichen hindurch führt die gerade Strasse nach Rom,
welche bei Radicofani ihren höchsten Punkt, etwa 2500 Fuss
erreicht. Hier trifft man von Nord kommend die erste Spur der
vulkanischen Thätigkeit Mittelitaliens. Amiata und Radicofani,
welche an einer Weltstrasse gelegen sich über welligen Hoch-
ebenen von ermüdender Einförmigkeit (gegen Nord tertiäre,
gegen Süd vulkanische Bildungen) erheben, mussten schon früh
dı® Aufmerksamkeit der Naturforscher auf sich ziehen.
Die erste wissenschaftliche Bereisung dieses Gebirges un-
_ ternahm 1733 Pıer. Antonio MicHELı, dessen Andenken noch
- jetzt in Toscana hochverehrt ist. Er begab sich von Gros-
seto nach S. Fiora, bestieg den Berg und setzte seine Reise
über Radicofani fort. Der Zweck derselben war zwar vor-
zugsweise ein botanischer, doch sammelte er auch eine grosse
Menge von Gesteinen, welche von seinem Schuler Gıov. TAr-
Gıonı Tozzertı im 9. und 10. Bande seiner Reisen beschrieben
wurden. MicHkLı ist wohl der erste, welcher die vulkanische
Natur der.in Rede stehenden Berge erkannte. Von dem, Pe-
perino genannten Trachyte des Gebirges Amiata sagt MIcHELI
„er. ist ähnlich einem Granite, denn er ist zusammengesetzt
aus weissen glasglänzenden und aus schwarzen Theilchen. Die
n 26 *
we
weissen sind entweder hart oder zerreiblich; jene sind durch-
sichtig und scheinen Krystall zu sein. Die schwarzen Theil-
chen spalten sich in Blättchen von meist sechseckigem Umrisse,
doch mit verschieden langen Seiten.“ Man erkennt hier deutlich
die Schilderung eines vermeintlich quarzführenden vulkanischen |
Gesteins, dessen Aehnlichkeit mit dem Granit von Elba noch
jetzt jeden überrascht. Tarcıonı hebt MicHkLi’s Verdienst mit
den Worten hervor: „Es gereicht ihm zum beständigen Ruhme,
entdeckt zu haben, dass der Berg von Radicofani in uralten
Zeiten ein Vulkan war.“
Eine ausführliche Beschreibung des Monte Amiata gibt
GIORGIO Santı, weiland Professor der Naturgeschichte zu Pisa, in
„Viaggio al Montamiata“, Pisa 1795. Es wird nicht ohne Interesse
sein, eine Stelle aus dem Werke Santı’s, welcher seine Wan-
derung 1789 machte, hier mitzutheilen. „Majestätisch, isolirt
und zu bedeutender Höhe erhebt sich der Berg Amiata. Sei-
nen Fuss umgeben Meeresbildungen, theils Massen von weis-
sem oder blaugrauem Mergel theils Schichten von Kalkstein
und mehr oder weniger feinkörnigem Sandstein. Es folst
alsdann auf das im Wasser gebildete Gestein ein anderes durch
Feuer entstandenes und setzt den ganzen Berg bis zu seinem
Gipfel ohne jegliche Unterbrechung zusammen. Dort oben an
jenen Gehängen trifft man nur Felsen von Peperin (Trachyt),
bald fest und unzersetzt, bald verwittert und zerfallen, ohne
eine Spur von Schichtung. Der Peperin beherbergt zuweilen
die schönsten Kiesel-Stalaktiten und -Inkrustationen, welghe
durch Zersetzung des Gesteins und zwar vorzugsweise des Feld-
spaths entstanden sind. Die Feldspathe sind nur selten voll-
kommen durchsichtig, meist zersetzt, leicht zerbrechlich. Nach
der Zerstörung des Peperin’s bleiben sie indess oft noch mit
ihrer erkennbaren rhomboidischen Gestalt zurück, oder sie wer-
den durch das Wasser fortgeführt und zertrümmert. Auch Blätt-
chen von Glimmer überdauern das Zerfallen des Gesteins.
Vulkanische Sande, der Puzzolana ähnlich, sind entweder durch
den alten Vulkan ausgeworfen worden, oder durch Zersetzung
der vulkanischen Gesteine entstanden. Häufig sind im Peperin
dunkle Einschlüsse, bald losgelöst, bald noch von der Grund-
masse umschlossen; es sind vielleicht Bruchstücke älterer Ge-
steine. Magneteisen als schwarzer feiner Sand, ist namentlich
häufig längs des Rinnsals der Bäche, und scheint vorzugsweise
401
durch die Zerstörung jener Einschlüsse entstanden zu sein,
Schichten von Bergmehl, gleichfalls entstanden aus zerfallendem
Peperin [?], wurden durch Wasser zusammengeschwemmt. Auch
ockrige Erden, theils gelber, theils dunkler Bol, theils Umbra-
Erde wurden durch die Gewässer in mächtigen Bänken abge-
lagert. Schliesslich überall Verwitterung und Zerstörung.“
„Am Fusse dieses Gebirges, welches die Spuren ehemaliger
Entzündung darbietet, brechen an verschiedenen Punkten warme
Quellen hervor, welche uns lehren, dass mit dem Erlöschen
des Vulkans das innere Feuer nicht völlig erloschen ist. Ver-
geblich würden wir an diesem alten Vulkane Schlacken, Bims-
steine, Obsidiane und Sublimationsprodukte suchen, welche
man so gewöhnlich an thätigen und auch an erloschenen
Feuerbergen findet. Unser Vulkan hat entweder niemals solche
Stoffe ausgeworfen, oder sie sind im Laufe der Zeit zerstört
und fortgeführt worden. Gewiss ist, dass man jetzt nichts der
Art mehr wahrnimmt.“
„Es scheint mir demnach, dass die Kraft des unterirdischen
Feuers einwirkend auf die Granit- und Porphyrmasse, welche
den innersten Kern dieses Theils der Erde bildeten, den Zu-
sammenhalt und die Festigkeit jener Gesteine aufheben, sie er-
weichen und ihre Eruption bewirken musste. Die Massen er-
starrten zu Peperin und zwar wahrscheinlich unter einer
schlackigen Decke, welche im Laufe der Zeit vollständig fort-
geführt wurde.“
Auch glaubte Sanrı in den Gipfelfelsen des Monte Amiata
die Reste des ehemaligen Kraters, sowie an den Abhängen
mehrere Nebenkyater zu erkennen.
Frıepr. Horrmann hielt sich im Anfange des Mai 1830
einige Tage in den Bädern von S. Filippo sowie in Abbadia
di S. Salvadore auf, um den Monte Amiata, dessen damals
noch schneebedeckten Gipfel er erstieg, kennen zu lernen.
Durch Horrwanx wurde die Ansicht Santr’s, dass dieser Berg
ein erloschener Vulkan sei, berichtigt: „Der ganze Berg ist
eine einformige auf Seinem Gipfel geschlossene Trachytmasse,
- ohne sichtbaren Krater, welche wahrscheinlich im Ganzen,
ohne dass aus ihr Lavastrome ausbrachen, aus den sie um-
gebenden, oft steil aufgerichteten Schichten des Flötzgebirges
hervorgetreten ist.“
Einige Bemerkungen über das Amiata-Gebirge und Radi-
402
cofani finden sich in des Marchese Lorknzo PARrETo’s werth-
vollem Aufsatze: Össervazioni ‚geologiche dal monte Amiata a
Roma, Gionale arcadico, T. ©. p. 1—53 (Roma 1844), nebst
einer Karte und Profilen.
Schon früher, auf der Naturforscher- „Versammlung zu Flo-
renz sprach PARETO über die Abänderungen des Amiata-Trachyt’s.
Wahrscheinlich auf diese letzteren Mittheilungen PArrro’ s (welche
mir nicht zugänglich sind) stützt Coccaı die, wie im Folgenden
nachgewiesen wird, irrige Angabe, dass der Trachyt des
Monte Amiata häufig krystallisirten Quarz einschliesse. (Ie.
CoccHı, Deseription des ruches ignees et sedimentaires de la
Toscane dans leur succession geologique. Bull. soc. geol. France
IIS. T.13)
Eine petrographische Sammlung aus unserem Gebirge bei
findet sich in der Universität zu Siena; sie wurde von CAMPANI,
Professor an der Universität daselbst, einem der wenigen Geo-
logen, welche das Gebirge besuchten, zusammengebracht.
Radicofanıi.
Die vulkanische Kuppe von Radicofani (2805 Fuss) erhebt
sich isolirt inmitten eines aus tertiären Schichten bestehenden
Plateaus. Es sind die im sienesischen Gebiete so verbreiteten
graublauen Thone, welche dem Pliocän angehören, und in
denen bei Radicofani Banke von Geschieben (nach PARETO vor-
zugsweise von Kalkstein) sich eingelagert finden. Diese plio-
canen Thone ruhen gegen Westen wie gegen Osten auf Kalk-
steinschichten der Kreideformation, welche steil aufgerichtet,
dort den Trachyt des Monte Amiata umgeben, hier zu-
sammen mit Schichten der Juraformation das versteinerungs-
reiche Gebirge von Cetona wesentlich zusammensetzen. Gegen
Süd begleiten die Thone den Lauf der Paglia (welche sich
bei Orvieto in die Tiber ergiesst) bis Aquapendente, wo mit
einem von Ost nach West gerichteten Steilrande das vulkanische
Plateau Mittelitaliens beginnt. Hier werden die Schichten von
Thon und Geröll durch Decken von leueitischer und basalti-
scher Lava, sowie durch die weitverbreiteten vulkanischen Tuffe
überlagert. Die graublauen Thone verleugnen bei Radicofani‘
ihren (uns schon aus dem vorigen Aufsatze bekannten) Charakter
nicht; vielmehr tritt bei der bedeutenden Erhebung die Steri-
lität des in tiefen Schluchten zerrissenen Terrains besonders
403
hervor. Die Strasse, welche von Radicofani gegen Nord-Ost
nach der nächstliegenden Eisenbahnstation Chiusi führt, läuft
längs der Wasserscheide zwischen der Orcia (welche sich
mit dem Ombrone vereinigt) und der Paglia. Die Grenze der
pliocänen Thonflächen erreicht man im Monte di Cetona, dessen
aus Kreide-Kalkstein bestehende Abhänge ausgedehnte Eichen-
waldungen bedecken. Weiterhin, bei Sarteano und dem alten
Clusium tritt der lockere Kalktuff, die Panchina, auf und ver-
leiht dem Lande grosse Fruchtbarkeit.
Am Sudfusse des vulkanischen Kegels zieht sich der aus
vulkanischem Gesteine erbaute Flecken Radicofani hin, welcher
auf unwirthlicher Höhe liegend, seine Haupterwerbsquelle ver-
loren hat, seitdem der Verkehr von dieser Strasse gänzlich
verschwunden und auf die Eisenbahnlinien übergegangen ist.
Der den Ort überragende Kegel ist nur klein, nur eine
bis 1 Miglie im Umfang messend, seine relative Höhe über-
steigt nicht drei- bis vierhundert Fuss. "Ausser seiner hohen
Lage auf dem Wassertheiler zwischen den Thälern der Paglia
und Orcia verdankt es der Berg seiner scharfgeschnittenen Form,
dass er als der ausgezeichnetste Punkt der Landschaft in
weitem Umkreise die Blicke auf sich zieht. ;
Den Gipfel bedeckt ein gewaltiges Kastell, dessen zer-
brochene Mauern sich unmittelbar über den durch Kunst noch
steiler abgeschrägten Felsen erheben. Das Kastell, welches
ehemals die Strasse nach Rom beherrschte, litt vielfach durch
heftige Erdbeben und wurde vor etwa einem Jahrhundert durch
Feuer zerstört. ;
Die Grenze des vulkanischen Gesteins, gegen die Thon-
schichten ist nirgendwo wahrzunehmen. Eine ungeheure Menge
loser Blöcke, ein wahres Felsenmeer, umgiebt namentlich auf
seiner östlichen und südlichen Seite den Fuss des Berges, in
welchen PAREToO einen zertrummerten Lavastrom erkennen
möchte. Nach demselben Forscher befindet sich nördlich von
der Hauptkuppe in geringer Entfernung eine andere aus dem-
selben Gestein gebildete kleine Erhebung. An den Abhängen
und auf dem grössten Theile des Gipfels des Berges von Ra-
dicofani herrscht ein graues, seltener schwarzes, feinkörniges,
oder scheinbar dichtes Gestein, welches man wohl basaltische
Lava nennen muss, wenn es auch weder den typischen Abände-
rungen des Basalt’s noch demjenigen des Dolerits völlig gleich ist.
ae Re a Bu ar
Den 4
|
i
404
Dies Gestein erinnert nicht leicht an neu-vulkanische Erscheinun-
gen; um so mehr wird man überrascht auf einem Theile des
Gipfels Massen von rothen Schlacken zu finden. In unserem
rheinischen Vülkangebiete sind stets räumlich gesondert und
der Entstehung nach durch einen langen Zeitraum geschieden die
Kuppen von Basalt und Dolerit und diejenigen, welche aus vul-
kanischen Schlacken bestehen. Am Fels von Radicofani
indess steht das dichte oder feinkörnige basaltische Gestein
in unmittelbarer Beziehung zur echtvulkanischen Thätigkeit.
Am Wege, der von Radicofani zum Gipfel fuhrt, zeigt sich das
basaltische Gestein theils in ganz unregelmässige Massen, theils
in unvollkommene, steil stehende Säulen abgesondert. Die
geebnete Gipfelfläche, welche fast ganz von den Gewölben und
Mauern der Festung eingenommen wird, lässt die ursprüngliche
Form des Gipfels nicht mehr erkennen, so dass man auch
über einen ehemals vielleicht vorhandenen Krater sich keine
Gewissheit mehr verschaffen kann. - Man bemerkt jetzt nur
an mehreren Stellen, wo die die weniger festen Abhänge be-
deckenden Mauern herabgestüurzt sind, dass hier der Berg aus
rollenden Schlacken besteht, zwischen denen sich ganz wie
bei unseren Schlackenkegeln Bänder und Schichten von fester
Lava hinziehen.
Der Basalt von Radicofani ist ein feinkorniges bis dichtes
Gemenge, als dessen Bestandtheile man deutlich Olivin und
einen triklinen Feldspath wahrnimmt. .Augit ist nur selten
deutlich zu erkennen und Magneteisen fehlt entweder ganz oder
ist nur in äusserst geringer Menge vorhanden. Kleine Poren
sind zuweilen mit Hyalith erfüllt, auch umschliesst das Gestein
zuweilen Quarzstücke.*) Andere Poren sind hohl und ihre Wan-
dungen mit glasartigem Schmelz bedeckt. Die graue Gesteins-
farbe ist auffallend licht für Basalt, sie geht zuweilen in licht-
graue Töne über, dann erweist sich das Gestein unter der
Lupe nur als ein Gemenge von Olivin und dem triklinen
Feldspath. Ich fand das specifische Gewicht für die graue
Varietät (die am meisten verbreitete), deren Zusammensetzung
alsbald mitgetheilt wird, |
*) In der Sammlung zu Pisa zeigte mir Prof. Menesninı einen
grossen gefritteten Quarz-Einschluss in einem Stücke der Lava von Ra-
dieofani. ö
405
2,808 bei (15 Grad C.)
für die schwarze 2,817 bei (15 Grad C.)
Die Abwesenheit des Magneteisens, die geringe Menge
des Augits bedingen unzweifelhaft die lichte Farbe und das
geringe Gewicht, die in grosser Menge ausgeschiedenen kleinen
Olivine trennen das Gestein von Radicofani von den typischen
Doleriten.
Graue feinkörnige Varietät der Lava von Radicofani.
Kieselsäure 55,00 O0. = 29,33
Thonerde 14,38 6,73
Eisenoxydul 9,29 2,06
Kalkerde 501 2,43 15,32
Magnesia 7,12 3,09
Kali 2.52 0,43
Natron 2.25 0,58
Wasser 0,48
100,15
Sauerstoff-Quotient 0,5223.
In seiner chemischen Zusammensetzung ähnelt das vor-
stehende Gestein dem Dolerit von Teolo (s. diese Zeitschr.
Bd. XVI. S. 498) namentlich in Bezug auf den Kieselsäure-
Gehalt. Der Sauerstoff-Quotient beider Gesteine ist fast der-
selbe. Die Analyse des Gesteins von Radicofani lässt ver-
muthen, dass im Gemenge ein dem Oligoklas ähnlicher Feld-
spath vorhanden sei; denn es ist unmöglich, dass ein Gemenge
von Labrador, Olivin nebst den andern etwa im Gesteine vor-
auszusetzenden Mineralien einen Gehalt an Kieselsäure = 55 pCt.
besitzen konne.,
Die mikroskopische Untersuchung unserer Lava unternahm
in dankenswerther Weise Herr Dr. Ernst Weıss, welcher die
Güte hatte mir Folgendes zu berichten: „Die Untersuchung
dunner Schliffe mit polarisirtem Lichte und ohne dasselbe er-
gab insofern eine mehr doleritische als basaltische Natur,
als jede Spur einer homogenen, einfach brechenden Grund-
masse fehlt, vielmehr das ganze Gestein sich in ein Aggregat
krystallinischer Theile auflöst, welche stark doppelt brechen
und sehr schöne Farben zeigen, wenn man mit polarisirtem
Lichte beobachtet. “Es herrscht im Gemenge farbloser, tri-
kliner Feldspath vor. Dazu kommen zahlreiche meist
grössere gelbliche Olivinkörner, deren Umriss theils sym-
406
metrisch sechsseitig, theils achtseitig, meist aber rundlich und
unbestimmt erscheint. Diese Körner sind von Sprüngen stark
_ durchsetzt. Ferner erscheinen nicht selten schwarze opake
Körner, aus Aggregaten gebildet, welche Zwischenräume
zwischen den andern Krystallkörnern ausfüllen, und daher sehr
verschiedenartige Umrisse zeigen. Dieser Bestandtheil ist mit
Wahrscheinlichkeit für Augit zu halten, wenngleich dieser sonst
in recht dunn geschliffenen Platten braun oder grün durch-
scheinend zu sein pflegt, wovon hier kaum Spuren. Magnet-
eisen kann, wie oben angegeben nur in sehr geringer Menge
vorhanden sein. Endlich sind dünne, lange, farblose Nadeln
vorhanden, welche alle Gemengtheile durchsetzen und also
unter allen zuerst ausgeschieden und erstarrt sein dürften. Sie
liegen entweder einzeln oder in strahlenförmigen Gruppen und
können wohl als Apatit angesehen werden.*
Die schlackigen Abänderungen der Lava von Radieo-
fanisind verschiedener Art, theils schwarz, schwer, dem äusseren
Ansehen nach kaum zu unterscheiden von dem Gestein der
Mayener Lavaströme, theils roth, zuweilen von fast bimstein-
ähnlicher Beschaffenheit. Kleine Olivinkörner in grosser Menge
sind stets vorhanden. Die rothen Schlacken des Gipfels sind
im äusseren Ansehen so verschieden von der feinkörnigen
Lava, welche die Hauptmasse des Berges bildet, dass der
Nachweis der chemischen Identität beider Felsabänderungen
geboten schien. Ich bestimmte den Kieselsäure-Gehalt einer
rothen Schlacke vom Gipfel = 55.19 pCt., also fast genau
wie oben denjenigen der körnigen Varietät.
Es
Monte Amiata.
Von Radicofani gehen West sechs und eine halbe Miglie ent-
fernt, erhebt sich der höchste Gipfel des Amiata-Gebirges bis
zu einer Höhe von 5333 Fuss. Diese Höhe ist bedeutender
als diejenige irgend einer vulkanischen Erhebung in dem Gebirgs-
lande westlich vom Appennin. Das Albaner-Gebirge, der Vesuv
bleiben weitzurück. Nurdie Marmorberge von Carrara sind höher.
Unser Trachyt-Gebirge erhebt sich über einer fast kreisformigen
Basis, deren Peripherie ungefähr durch die Dörfer Abbadia S.
Salvadore (2617 Fuss), Pian Castagnajo (2414 Fuss), S. Fiora
(2171 Fuss), Arcidosso, Castel del piano (2056 Fuss), Seggi-
ano, Campiglia d’Orcia (2518 Fuss) und das Bad von 8. Filippo
407
bezeichnet wird. Ueber dieser zwischen 2000 und 2500 Fuss
hohen Kreisfläche steigt die trachytische Bergwölbung im All-
gemeinen zunächst sehr allmälich an, steiler an den mittleren
Gehängen und culminirt in zwei von Nord-Ost nach Süd-West
gereihten Gipfeln. Der oben bezeichnete Umfang des Berges
beträgt etwa 20 Miglien. An die trachytischen Massen lehnen
sich die theils aus secundären, theils aus tertiären Schichten
bestehenden Gehänge, welche sich zum Theil wieder zu selbst-
ständigen Gebirgen erheben. Die nähere Umgebung des
Trachyts wird gebildet durch mehr oder weniger steil auf-
gerichtete Schichten von dichtem compaktem Kalksteine und
von glimmerigem Sandstein und kalkigem Schieferthone, welche
Bildungen von PArero der Kreideformation zugerechnet werden.*)
Darauf ruhen in "weiterer Entfernung vom Gebirge die im
Sienesischen Gebiete weitverbreiteten grauen pliocänen 'Thone,
zuweilen von der Panchina überlagert.
Gegen Nord bildet den Fuss des Trachytgebirges ein sich
allmälig senkendes Hügelland, welches durch den halbkreis-
förmigen Lauf der Orcia von den übrigen Sienesischen Hügeln
abgesondert und dadurch als äussere Umwallung des Amiata
bezeichnet wird. Dies breite nördliche Gehänge besteht vor-
zugsweise aus Kalkstein und ist wenig fruchtbar, zum Theil
Wildniss. Eine um so erfreulichere Fruchtbarkeit bietet indess
der breite Thalboden der Orcia oberhalb Poderina dar. An
letzterem Orte endet die Thalweitung und der Fluss tritt in
eine enge Erosionsschlucht ein. Der Orcia fliessen alle Bäche
des nördlichen und westlichen Abhangs unseres Gebirges zu,
zum Theil unmittelbar, zum Theil durch den Fluss Lente. Dieser
letztere entsteht bei Arcidosso durch die Vereinigung der.beiden
Bäche delle Melacce und der Aqua da alto, und ergiesst sich
nach einem gegen Nord gerichteten, 7 Miglien langen Laufe
in die Orcia. Einer der wasserreichsten Zuflüsse des Lente
ist der Vivo, welcher. bei dem Orte gleichen Namens unter
dem höchsten Amiata - Gipfel entspringend, einen dem bogen-
förmigen Laufe der Orcia parallelen engern Halbkreis um den
Fuss des Gebirges beschreibt.
“) Diese Ansicht fand eine Bestätigung durch die Herrn T. Narpı
gelungene Auffindung eines Ammonites varians in den betreffenden
=
Schichten unfern S. Filippo. Das zwei Zoll grosse, übrigens stark ver-
. drückte Exemplar sah ich zu Pisa
408°
Gegen Süd-West steht der Amiata- in Verbindung mit dem
aus Kalkstein gebildeten Monte Labbro 3698 Fuss hoch,
gegen Süd mit dem gleichfalls aus Kalkstein gebildeten Ge-
birge von Castellazzara (3401 Fuss). Zwischen ‚den beiden
genannten Bergen am Sud-Abhange des Amiata nimmt der
Fiora-Fluss seinen Ursprung, richtet gegen Mittag seinen Lauf,
und strömt bei Montalto in der päbstlichen Maremme ins
Meer. Gegen Ost läuft von unserem Gebirge ein hoher und
kahler Rücken (über welchen sich der Fels von Radicofani
erhebt) gegen den Monte di Cetona (3516 Fuss) hin. Die
Bäche der östlichen und südöstlichen Gebirgsseite fallen der
Paglia zu. |
Die tiefeingesenkten Thäler der Paglia und Indovina be-
stehen aus den mehrerwähnten graublauen Thonmassen mit
undeutlicher schwebender Schichtung. Steigt man aus diesen
Thälern gegen Abbadia oder Piano (Castagnajo) empor, so
folgt eine schmale Zone aufgerichteter Schichten von Kalk-
stein und thonig-glimmerigem Sandstein. Dann erhebt sich
von Nord nach Sud streichend eine Wand von Trachyt. Diese
Wand bezeichnet hier den östlichen Rand des Trachytplateaus,
welches namentlich auf der südlichen und südöstlichen Seite
der hohen Gipfel sich ausbreitet und hier nur sehr allmälich
gegen das Gebirgscentrum ansteigt. Am oberen Rande
dieser Felsen führt die Strasse von Piano nach Abbadia hin.
Die Grenze des Trachyts verläuft ungefähr in folgender Weise:
Pian Castagnajo liegt auf ‚einem gen Sud-Ost gerichteten
Vorsprung des Trachyt-Plateaus. Weiter gegen West ist die
Grenze bestimmt bezeichnet durch eine Reihe hoher Felsen,
oberhalb deren gegen Nord sich die Hochebene ausbreitet,
während am südlichen Fusse derselben Schichten von Sand-
stein und Kalkstein beginnen. Inmitten zwischen: Piano und
S. Fiora hebt sich über der waldbedeckten Hochebene ein
breiter kahler Rücken empor, welcher in seiner südlichen Fort-
setzung la Roccaccia heisst und den Amiata mit dem Kalk-
gebirge von Castellazzara verbindet. Auf jenem Rücken zieht
sich die Grenze etwas gegen Nord zurück, so dass man auf
dem Richtwege zwischen Abbadia und $. Fiora dort über steil
aufgerichtete Sandsteinschichten wandert. S. Fiora liegt am
Rande des trachytischen Plateaus hoch über der tiefen Thal-
schlucht, in welcher die Fiora ihre Quellbache sammelt. Auch
ee :
hier ist die Grenze durch eine senkrechte Felswand ebenso
scharf bezeichnet wie in der Gegend von Piano. Von $. Fiora
läuft die Grenze gegen Nord-West, sie liegt genau da, wo die
Strasse nach Arcidosso die kleine Schlucht delle Melacce uber-
schreitet. Auf der westlichen Seite derselben steht thoniger
Sandstein in steil gegen Süd-West fallenden Schichten an.
Areidosso liegt auf Sandstein, Castel del Piano auf Trachyt.
Auf der Strasse von letzterem Dorfe nach Seggiano bleibt
man auf Trachyt bis zum Bache- Bugnano, einem Zuflusse des
Vivo. Nördlich dieses Bachs betritt man Sand- und Kalkstein,
welche nun die Strasse über Seggiano, nach Castiglione
d’Orcia nicht mehr verlässt. Von dem Punkte, wo die
Strasse den Bugnano überschreitet, läuft die Grenze in ost-
nordöstlicher Richtung gegen Vivo, sodass das Thal des Vetra-
„Bachs mit Ausnahme seines obersten Theils in Kalkstein ein-
geschnitten ist. Bei dem Dorfe Vivo zweigt sich von der
Hauptmasse des Trachyts eine zungenförmige Partie gegen
Nord ab (zwischen dem Bache Vivo und einem diesem gegen
Ost parallel laufenden Zufluss). Der Höhenzug zwischen
diesen beiden Bächen besteht nämlich aus mächtigen Felsen
von Trachyt, welcher vom hohen Gipfel des Gebirges weit über
das Dorf hinaus gegen Nord fortsetzt, während rechts und links
Kalkstein herrscht. „Ich glaubte hier, sagt Santı, einen jener
alten Lavaströme zu sehen, welcher vom hohen vulkanischen
Berge herabgeflossen ist und isolirt uber dem Kalkterrain stehen
blieb.*
Es wendet sich dann die Grenze gegen Sud-Ost und Sud, und
geht westlich vom Berge Zoccolino*) vorbei, sodass dieser aus
Kalkstein besteht. Südlich von letzterem Berge ist das Trachyt-
Plateau scharf ausgeprägt. Steigt man in der Schlucht zu dem
Bade S. Filippo hinab, so trifft man sehr bald die Kalk- und
Schieferthonschichten. der Kreideformation. Der Flecken Abba-
dia bezeichnet wieder den Saum des Trachyts.
Der höchste Gipfel bildet einen schmalen von Nord-Nord-
Ost nach Sud - Süd-West streichenden Kamm, dessen Länge
*”). Die Sammlung zu Pisa bewahrt vom Berge Zoccolino schöne
Cölestin-Kıystalle; sie zeigen die beim Schwerspath gewöhnliche Form
einer rhombischen Tafel, deren Seiten M den Winkel von 104 Grad
bilden. Nach einer gütigen Mittheilung Meneenıy!’s ist dies das einzige
Vorkommen von Cölestin in Toscana.
410
ungefähr eine Miglie beträgt. Von Süd-Ost und Nord-West
betrachtet, stellt sich der Gipfel als eine schön gerundete
Kuppe dar. Etwas gegen Sud-West erhebt sich ein zweiter.
weniger hoher Gipfel. Beide Culminationspunkte sind auf
eine schildförmige Höhe aufgesetzt,- welche sich gegen Ost
und Sud’ zu einer wenig gegen die Peripherie abfallenden
Hochebene gestaltet, gegen West indess in mehreren mächtigen
Felskuppen (darunter der Poggio Pinzi 3565 Fuss) steil
gegen Arcidosso abstürzt. Auch gegen Nord ist der Abhang
steil. | |
Ä Ein ausgezeichnetes Gepräge bietet der untere Gebirgs-
abhang namentlich auf der südlichen und östlichen Seite dar;
stundenweit wandert man in einer Meereshöhe von 2200 bis
2700 Fuss durch den herrlichsten Kastanienwald. Die Bäume
mit ihrem wunderbar schönen Wuchse und dem lichten Grün
erreichen auf den tief verwitterten Trachytflächen eine in un-
serem Norden unbekannte Grösse. Sanrı erwähnt schon den
Baum üÜerro della Tasca, zwei Miglien von Piano, welcher
wie die meisten der alten Bäume im Innern bereits‘ erstorben
eine Höhlung von 9% Ellen horizontaler Länge umschloss bei
einem äusseren Umfange von 39 Ellen.- Die Frucht dieser
Bäume bietet die hauptsächliche Nahrung für die Bewohner
der Amiata-Dörfer dar. welche in hoher Lage am Abhange ihres
waldbedeckten Gebirges wesentlich andere natürliche Bedin-
gungen darbieten als die tief unten liegenden Orte der Um-
gegend. Die Kastanienbäume reichen bis in eine Höhe von
etwa 3000 Fuss. Darüber folgt meist eine schmale waldlose
Zone, welche vorzugsweise zur Viehweide dient, doch auch
zum Anbau von Kartoffeln und Roggen verwendet wird. Höher
hinauf auf jener schildformigen Höhe, welche die Gipfel trägt,
bildet die Buche stattliche Wälder; in niedrigen knorrigen
Stämmen steigt sie bis auf die Gipfel. Es ist nicht ohne In-
teresse wahrzunehmen, dass die Amiata-Dörfer zum grösseren
Theile auf Trachyt, fast genau an dessen (irenze, liegen.
S. Fiora, Piano, Abbadia und Vivo liegen auf der Grenze,
Areidosso und Castell del piano derselben nahe. Diese
Lage der Dörfer erklärt sich aus der grossen Zahl starker
Quellen, welche auf der Gesteinsgrenze hervorbrechen, während
das Gebirge selbst arm an Wasser ist. So entspringt die
Quelle der Fiora unmittelbar unter der Trachytwand im Garten
411
des Duca Sforza Cesarini zu S. Fiora. Ebenso besitzt Piano herr-
liche Quellen, welche in einer Reihe am Fusse jener Trachytfelsen
auf der westlichen Seite des Dorfs hervorquellen. Auch die
warmen Quellen von S$. Filippo, welche jetzt allerdings etwa
eine Miglie ferne der Grenze, aus Kalktuff im Gebiete der
sedimentären Schichten hervorbrechen, stehen gewiss mit jener
Grenze in Beziehung. Wie nämlich die mächtige, gegen West
thalaufwärts fortsetzende Kalkiufibildung beweist, brachen
jene Thermen ehemals weiter gegen West hervor. z
Der physiognomische Charakter des Amiata-Trachyts ist
in hohem Grade demjenigen des Granits ähnlich, und weicht
von dem: Gepräge der meisten Trachytgebiete ab. Während
im Siebengebirge, wie in den Euganäen, vielgipfelige Hügel-
gruppen erscheinen, in denen fast jede Kuppe eine besondere
Gesteinsvarietät darbietet, so stellt der Amiata ein einziges
ausgedehntes Berggewölbe dar, in welchem eine ausserordent-
liche Gleichartigkeit des Gesteins herrscht. An.den sanft sich
erhebenden Gehängen treten zuweilen gewaltige mauerähnliche
Felsen hervor, welche aus matrazzenförmigen Steinen zu-
sammengefugt sind. Die Bergoberfläche besteht, namentlich an den
tieferen Gehängen, aus zerfallenem Trachyt-Sand, aus welchem
man an manchen Punkten eine grosse Menge wohlgebildeter
Sanidin-Krystalle in kurzer Zeit, zusammenlesen kann. . Aus
dem aufgelockerten zersetzten Trachyt losen sich gewaltige
Sphäroide festeren noch unzersetzten Gesteins: eine Erschei-
nung, die bei dem Granit (z. B. an der Luisenburg bei Wun-
siedel) so gewöhnlich ist. . Der Amiatatrachyt umschliesst
Millionen fremdartiger dunkler Einschlüsse (vom Volke bezeichnend
Anime di sasso genannt), welche gleichfalls an jene dunklen Oon-
eretionen mancher Granitgebirge erinnern (Cima d’Asta, Ada-
mello). Da ich kurz vorher Elba besucht, so lag mir eine
Vergleichung des granitischen westlichen Inseltheils, welcher
den Monte Capanne trägt, mit dem Amiata nahe. Der Um-
fang beider Gebirge, ihre relative Höhe, dort uber der Meeres-
fläche, hier über den umgebenden sedimentären Schichten, sind
fast dieselben. Kommt nun hinzu, dass die mineralogische
Zusammensetzung beider Gesteine bei erstem Anblick überaus
ähnlich ist, dass ferner nach dem übereinstimmenden Urtheile
der italienischen Geologen granitische Gesteine von sehr jugend-
‘ lichem Alter sich in Toscana finden, dass an der Rocca Tede-
412 -
righi und an der Rocca Strada u. a. O. Gesteine vorkommen,
deren Handstücke selbst einen erfahrenen Petrographen in
Zweifel lassen können, ob sie zu den granitisch-porphyrischen
oder zu den trachytischen Gesteinen zu ordnen sind, so ist
einleuchtend, dass es für. den Geognosten eine interessante
Aufgabe sein muss, die Geltung unserer petrographischen
Systeme auch für Toscana zu erweisen.
Der Trachyt des Monte Amiata lässt sich in zwei Ab-
theilungen sondern: Rhyolith und Sanidin-Oligoklas-Trachyt.
. Der Rhyolith ist ein mittel- bis kleinkörniges granit-
ähnliches Gemenge von Sanidin, grauen unkrystallinischen
Körnern, Magnesiaglimmer, Oligoklas, und (in sehr untergeord-
neter Menge) von Augit. ; a
Der Sanidin-Oligoklas-Trachyt besitzt vorzugs-
weise ein porphyrartiges Gefüge; in einem Gemenge von
Sanidin, Oligoklas, Magnesiaglimmer und sehr wenig Augit
liegen meist sehr grosse Sanidin-Krystalle ausgeschieden.
Der rhyolithische Trachyt des Monte Amiata ist ein
höchst ausgezeichnetes Gestein, wie ich ein solches weder an-
stehend noch in Sammlungen gesehen. Ganz oberflächlich be-
trachtet ähnelt es durch seine vollkommen körnige Struktur
und das Fehlen einer dichten Grundmasse gewissen Trachyt-
Auswürfigen von Laach oder ähnlichen des Vesuvs.
Der Sanidin ist in grösster Menge vorhanden, farblos oder
weiss in kleineren oder grösseren Krystallen (bis einen Zoll
gross), welche theils einfach, theils Zwillinge sind. Das specifische
Gewicht reiner farbloser Stückchen beträgt 2,564 (bei 20 Grad
C.). Dieser Sanidin zerbricht sehr leicht in Lamellen, deren
breite Flächen ungefähr der Querfläche parallel gehn, indess
mehr oder weniger wellenförmig gebogen sind. Wenn man das
Gestein grob zu pulvern versucht, so erhält man eine Menge
solcher Sanidin-Täfelchen, welche man leicht für tafelformige
Krystalle, parallel M ausgedehnt, halten könnte; es sind indess
lediglich Zusammenwachsungslamellen parallel der Querfläche.
Die unkrystallinischen Körner sind meist von lichtgrauer
Farbe, haben einen völlig muschligen Bruch, zeigen keine
Spur einer Krystallfläche, sind härter als Feldspath, kaum
weniger hart als Quarz, welch letzterem Mineral sie in so
hohem Grade gleichen, dass nicht nur ich selbst sie lange
Zeit für Quarz hielt, sondern auch alle verehrten Fachgenossen,
413
denen ich diesen merkwürdigen Trachyt zeigte, meiner Ansicht
zustimmten. An einzelnen Gesteinsstücken zeigen jene grauen
Körner ein prächtig schönes Farbenspiel, indem die rund-
liche Oberfläche sowohl, als auch der muschlige Bruch der
kleinen Körner in den schönsten und lebhaftesten grünen, blauen
und rothen Farben schillert. Diese Erscheinung, welche ich
niemals am Quarz gesehen, welche aber eine gewisse Aehn-
lichkeit mit der Farbenwandlung des edlen Opals besitzt, ver-
anlasste mich, jene Körner, deren Grösse gewöhnlich weniger
als * Linie beträgt, genauer zu untersuchen. Das specifische
Gewicht möglichst rein ausgesuchter Körner, welche häufig
kleine Glimmer - Schüppchen sowie Augit-Krystallchen um-
schliessen, wurde bestimmt = 2,369 (bei 22 Grad C.) und bei
einer zweiten Partie = 2.351 (bei 16 Grad C.). Es ergab
sich folgende Zusammensetzung:
Angewandte Menge 0,625
Kieselsäure 716,82
Thonerde 14,01
Kalkerde 1,76
Wasser 0,40
Alkalien aus dem Verluste 7,01
100,00.
Das specifische Gewicht und diese Analyse liefern den
Beweis, dass die untersuchten Körner weder Quarz noch Opal
sind. Die Zusammensetzung weist darauf hin, dass wir es
überhaupt nicht mit einem Mineral, sondern mit einem den
vulkanischen Gläsern ähnlichen Körper zu thun haben. Bei
dem optischen Nachweis dieser Ansicht unterstützten mich in
dankenswerther Weise die HH. Dr. E. Weiss und Prof. M.
SCHULTZE. Der zum mikroskopischen Studium bestimmte Schliff
eines quarzführenden Trachyts, Rhyoliths von Königsberg in
Ungarn, zeigte bei Anwendung von polarisirtem Lichte, dass
der darin eingeschlossene Quarz den Farbenwechsel doppel-
brechender Körper beim Drehen der Nicols besitzt, während
die quarzähnlichen Körner des Amiatatrachyts sich vollkommen
wie eine amorphe Substanz verhalten. Ein Blick durch das
Mikroskop zeigt, dass es unmöglich ist, mit Hülfe der chemi-
schen Analyse die genaue Zusammensetzung der unkrystallini-
sehen Körner zu ermitteln, indem dieselben eine Unzahl kleiner
Krystallprismen umschliessen, welche in den verschiedensten
Zeits. d.d. geol. Ges. XVII. 2. 27
414
Richtungen liegen und nicht selten zu drei oder vierstrahligen
Sternchen gruppirt sind. Obgleich man Zuspitzungsflächen so-
wie eine scheinbar gerade Endfläche an den Prismen bemerkt,
so ist es doch nicht möglich über deren Krystallsystem etwas
Bestimmtes zu ermitteln. Wenngleich der Masse nach diese
Einschlusse gegen das Obsidiankorn sehr zurücktreten, so
können dieselben doch nicht ohne Einfluss auf das Resultat
‘der chemischen Analyse sein. Bei Anwendung einer starken,
etwa 400 maligen Vergrösserung bemerkt man in der amorphen
Masse eine andere höchst merkwürdige Erscheimung: zahllose
wurmförmig gekrummte Linien, welche wahrscheinlich hohle
Röhren sind. Etwas Aehnliches habe ich niemals an Mineral-
Schliffen wahrgenommen und ich muss deshalb auf eine Er-
kläarung der erwähnten Körper verzichten.
Der schwärzliche Magnesiaglimmer ist ziemlich häufig,
theils in hexagonalen, theils in einseitig verlängerten sechs--
seitigen Blättchen und lässt oft recht deutlich die am Magnesia-
glimmer von Laach von mir (d. Zeitschr. Bd. XVI. S. 83)
beschriebene Form. erkennen. f
Der Oligoklas ist von gleicher Farbe wie der Feld-
spath und nicht immer deutlich zu erkennen. Zuweilen ist
aber die gestreifte Spaltungsfläche sehr gut wahrzunehmen.
Der Augit ist von lauchgrüner Farbe, nur in sehr kleinen
(bis + Linie grossen) Krystallen, fehlt wie es scheint niemals,
ist aber in einzelnen Partieen der Trachytstücke häufiger als in
anderen. Die Flächen des vertikalen rhombischen Prismas
sind glänzend, Quer- und Längsfläche matt. Selten ist das
schiefe rhombische Prisma des Endes deutlich. Das Vor-
kommen des Augits ist nicht ohne Interesse, da derselbe in
Sanidin-führenden Trachyten nicht gewöhnlich ist. Doch ent-
halten auch die sogenannten Laacher Trachytblöcke neben
Sanidin Augit, oft zusammen mit Hornblende.
Magneteisen-Oktaeder fand ich nur wenige und in äusser-
ster Kleinheit auf den Augit-Kryställchen aufgewachsen.
Der Kieselsäure-Gehalt des geschilderten Khyoliths und
zwar eines an den „le .mure del Terrajo* genannten Felsen
wenig nördlich von S. Fiora geschlagenen Handstücks be-
trägt 67,06 pCt. |
Dieser Gehalt steht weit zurück hinter demjenigen der
quarzführenden Trachyte der Euganäen. Eine solche Vereini-
415
gung von krystallinischen und amorphen Gemengtheilen zu
einem Gesteine, wie dieselbe in dem Amiata-Rhyolithe vor-
liegt, ist vielleicht noch nicht beobachtet worden. Häufig
bemerkt man wohl krystallinische Ausscheidungen in einer
glasigen Grundmasse, aber nicht umgekehrt in einem Kkrystal-
linisch-körnigen Gemenge unkrystallinische Glaskörner.
Diesen Rhyolith fand ich an vielen Punkten auf dem
Wege von Abbadia nach S. Fiora, an jenen Felsen del Terrajo,
am Pian della Moja auf der halben Höhe des Berges zwischen
S. Fiora und dem Gipfel, auch am Wege zwischen Pian di
Castello und Seggiano. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass
diese Trachyt-Varietät vorzugsweise an den unteren nnd einem
Theile der mittleren Berggehänge verbreitet ist. Das Gestein
ist sehr locker und zerfällt zu sandähnlichen Massen; oft sieht
man an den durch die Strasse entblössten Einschnitten das-
selbe bis zu bedeutenden Tiefen zersetzt. Bemerkenswerth
muss das Verhalten des kieselsäurereichen Trachyts, des
Rhyoliths, im Monte Amiata erscheinen im Vergleiche zu den
entsprechenden Gesteinen in den Euganäen oder in Ungarn. An
beiden letzteren Orten unterliegt der petrographische Charakter
der Rhyolithe einem vielfachen Wechsel, von welchem im
Amiata- Gebiete nichts zu bemerken ist, hier giebt es keine
Pechsteine, Perlsteine, Obsidiane, Bimssteine, keine schiefrigen
oder Hornstein-ähnlichen Trachyte; es herrscht ein einförmiges
Gestein über weite Strecken hin.
Der Sanidin-Oligoklas-Trachyt besitzt eine rauhe,
oft feinporöse Grundmasse. Die darin ausgeschiedenen Sani-
dine erreichen zuweilen 2 Zoll Grösse, sodass in dieser Hin-
sicht das Amiata-Gestein dem Drachenfelser ebenbürtig zur
Seite steht. Die Krystalle sind meist Zwillinge (nach dem
Carlsbader Gesetze), theils rechte, theils linke, selten scheinen
die einfachen rectangulären Prismen, welche letzteren im Drachen-
fels-Trachyt etwa gleich haufig wie die Zwillinge auftreten.
Die Amiata- Sanidine besitzen auf der Fläche M die gleiche
feinflammige Streifung wie die Drachenfelser. Fast immer sind
die Flächen M, TI, ze’, P, y, oo’, nn’ deutlich zu erkennen.
Wo dieser durch die ausgeschiedenen Sanidine porphyrartige
Trachyt verwittert, kann man jene Krystalle mit leichter
Mühe in grösster Menge mehr oder weniger unversehrt auf-
lesen.
27*
416 | 2
Der Oligoklas ist meist weiss, verwittert; zuweilen ist
die Zwillingsstreifung indess recht deutlich. Die Krystalle
ähneln in ihrer Kleinheit und der meist vorgeschrittenen
Zersetzung durchaus denen des betreffenden Siebengebirgs-Ge-
steins.
Magnesiaglimmer fehlt nicht; Hornblende ist im Allge-
meinen nicht vorhanden, sondern ist nur ein seltener unwesent-
licher Gemengtheil.
Augit in dem blossen Auge kaum wahrnehmbaren Prismen
tritt in den mir vorliegenden Stücken in geringerer Menge auf
als im Rhyolith.
Aus dieser Trachyt-Abtheilung bestehen die beiden hohen
Gipfel, dann der Poggio Pinzi, also die ganze höhere Region
des Gebirges, sie tritt indess auch vielfach an den unteren Ge-
hängen, so an den Felsen von S. Fiora, bei Abbadia und a.
a. O. auf.
Bei dieser Varietät herrscht nicht selten eine röthliche
Farbe der Grundmasse, wodurch sehr wohlgefällige Gesteine
entstehen. — Der Sanidin-Oligoklas-Trachyt hat zuweilen ein
fast schlackenartiges Aussehen, indem zahlreiche breit- oder
langgezogene Hohlräume darin auftreten. In der Universitäts-
Sammlung zu Siena sah ich schwarzen Trachyt mit poröser
Grundmasse und zollgrossen Sanidin-Krystallen von le Mar-
zarelle bei Castel del Piano. Merkwürdig sind die Felsen
unterhalb S. Fiora, an deren Fuss die Fiora hervorsprudelt.
Beim ersten Anblick könnte man wähnen „die Wand eines
Lavastroms“ vor sich zu haben. An der etwa 80 Fuss hohen
Felswand stellen sich zahlreiche vertikale Bänke dar, welche
sich theils durch Spalten, theils durch verschiedene Farben-
streifen bemerkbar machen. Diese stromartig gelagerten Massen
sind zum Theil in eigenthümlicher Weise hin und her gewun-
den. Es soll diese Klippe etwa eine Miglie weit gegen West
zu verfolgen sein.
Vorzugsweise in dem Sanidin-Oligoklas-Trachyte finden
sich jene meist dunklen Einschlüsse, deren bereits MıcHELı und
Santı erwähnen. Bei der Verwitterung des Trachyts bleiben
sie unzerstöorbar zurück der (Anime di sasso); es sind
echte Einschlusse , nicht etwa Concretionen, sie fallen leicht
aus dem sie umhüllenden Gesteine heraus und zeigen eine
eigenthumlich unebene oft löcherige Oberfläche, genau wie die
47
sogenannten Laacher Auswurflinge. Zuweilen liegt die um-
hüllende Masse nicht dem Einschlusse an, sondern es finden
sich Höhlungen zwischen beiden. Santı beschreibt einen Ein-
schluss, der gleichsam nur durch einzelne Arme dem um-
schliessenden Trachyte anhaftet. Die Masse dieser Einschlüsse
ist verschieden ,„ theils bestehen sie wesentlich aus einem
Aggregat von Magnesiaglimmer, theils ist es dunkler poröser
Trachyt mit einzelnen ausgeschiedenen Sanidinen,, theils ist
es ein Trachyt, dessen schwarze Grundmasse ein Perlstein-ähn-
liches Ansehen hat. |
Ueber das relative Alter der beiden im Amiata-Gebirge
auftretenden Trachyt-Arten habe ich leider keine entscheiden-
den Beobachtungen machen können.
Die Besteigung des höchsten Gipfels, welcher den Namen
Sasso della Maremma führt, unternahm ich von 8. Fiora aus,
sie nimmt etwa vier Stunden in Anspruch. Die Höhen-Diffe-
renz beträgt 3162 Fuss. Unmittelbar nachdem man das finstere
S. Fiora verlassen, betritt man den herrlichen Kastanienwald.
Etwa ; Stunde folgte ich der Strasse nach Piano; am Wege
‚herrscht Sanidin-Oligoklas-Trachyt in schichtähnlichen Bänken ;
Lagen von dunkler, grauer und röthlicher Farbe wechseln
schnell mit einander ab. Da mir von schönen Felsen er-
zählt wurde, welche links ab vom Wege lägen, so wandte ich
mich dorthin und betrat das Thal dello Sprofondato (von dem
Versinken eines Bachs unter Felsen so genannt). Diese Thal-
senkung, durch welche ein Richtweg von Arcidosso nach
Piano führt, wird an ihrer Südseite begrenzt von einer ost-
westlich streichenden, vertikal aufspringenden, in horizontale
Bänke abgesonderten Felsmauer (le Mure del Terrajo). Diese
besteht aus jenem Rhyolith, der vorzugsweise das Material zu
obiger Beschreibung geliefert hat. Wenige hundert Schritte
nördlich erhebt sich eine ähnliche, gleichfalls bankförmig ab-
gesonderte Felsmasse (la Fontaccia), über welche zu Zeiten
ein Wasser herabstüurzt. Diese besteht aus röthlichem Sanidin-
Oligoklas-Trachyt. — An der westlichen Seite einer breiten
Schlucht stieg ich empor, welche an ihrer oberen waldlosen
Kante eine horizontale bankförmige Absonderung des Sanidin-
Oligoklas-Trachyts deutlich entblösst. Bald war die obere
Grenze des Kastanienwaldes erreicht, ich betrat den Prato
della Oontessa, eine Weidefläche, welche sich zwischen der
418
Region der Kastanien und derjenigen der Buchen ausdehnt.
Auf steilem klippenreichem Pfade emporsteigend, wo sich noch-
mals (am Pian della Moja, hier eine jener seltenen und spär-
. lichen Quellen der höheren Berggehänge) Rhyolith darstellt, er-
reichte ich die obere Bergfläche, über deren schildformige
Wölbung sich die beiden Gipfel erheben. In dieser Höhe von
3500 bis 4500 Fuss. gedeihen hohe Buchen bis zu einer Dicke
. von vier Fuss. Verkrüppelte, in ihrem Wachsthum durch den _
felsigen Boden und die hier herrschenden Stürme gehemmte
: Buchen steigen bis zu den Gipfeln hinauf.
Der Horizont des Maremmer Felsens wird begrenzt durch die
Apuanischen Alpen, den langen Zug des Appennins gegen Nord
und Ost; gegen Süd liegt das Vulkangebiet Roms vor uns
ausgebreitet, gegen West das durch Vorgebirge (Monte Argen-
taro) und Inseln (Giglio, Monte Cristo, Pianosa, Elba, Ca-
praja) unterbrochene und belebte Meer, welches eine schein-
bare Schranke an Corsicas Felsenmauer findet.
Von besonderem Interesse ist die Aussicht gegen Sud-Ost
über die vorzugsweise aus vulkanischen Tuffen bestehende
Hochebene des Patrimoniums. Die pliocänen Thone von Ra-
dicofani senken sich dem Laufe der Paglia folgend gegen
Süd. Bei Aquapendente springt von West nach Ost gerichtet
der Steilrand des vulkanischen Plateaus empor, an dessen
Fuss der Fluss nach Orvieto strömt. Von unserer Höhe er-
scheint jene Tufffläche als eine nur wenig unterbrochene huge-
lige Ebene, doch ist dieselbe durchfurcht von vielen tiefen
Erosions - Schluchten ,„ in denen die Zuflüsse der Fiora, der
Marta und der Tiber ihren Lauf nehmen. So ist die Gegend
von Pitigliano*) von Schluchten (burroni) vielfach zerschnitten.
Gegen Sud-Ost zieht der in die weite Tufffläche ein-
gesenkte Bolsener- See unsere Aufmerksamkeit auf sich, Aus
seiner fast kreisrunden' 6 bis 7 Miglien im Durchmesser halten-
den Wasserfläche tauchen zwei niedliche Inselchen (Bisentina
und Martana) hervor. Jenseits des Bolsener Sees erhebt sich
ein Gebirge von offenbar vulkanischem Ursprunge. - Ein mitt-
lerer Gebirgsrücken wird rechts und links von zwei, wie hohe
=) Zu Pitigliano finden sich im vulcanischen Tuffe prächtige Krystalle und
körnige Stücke von Vesuvian und gelbem Granat, auch Auswürflinge von
körnigen Kalke und Dolomit. Diese den Vesuvischen Auswürflingen ähnlichen
Vorkommnisse sind im mittel-italiänischen Vulkangebiet sehr verbreitet.
419
Kraterränder gestalteten Höhen überragt: das ist das merk-
würdige Kraterbecken di Vico, welches noch zum Theil mit
einem See erfullt ist, und dessen kreisförmiger Wall einen
innern, doch etwas aus der Mitte gerückten, spitzen Kegel,
den Monte Venere, umschliesst. Etwas weiter zur Linken von
dieser Kraterbildung erblickt man in grösserer Ferne einen
beiderseits steil abstürzenden Berg, es ist der Monte S. Oreste,
der alte Soracte. Dieser bildet einen hohen und schmalen
von Süd-Sud-Ost nach Nord-Nord-West gerichteten Rücken
und besteht aus vertikalen oder steil gegen West fallenden Kalk-
steinschichten. In den Spalten dieser Felsen finden sich wie
in den Kluften der aus Kreide- und Jurakalk gebildeten Mittel-
meer -Küsten, Knochenbreccien, vorzugsweise von Thieren
aus der Familie der Ruminanti (Pırero). Wie der Berg So-
racte sich darstellt als eine Insel von Appenninen-Kalk, rings
an ihrem. Fusse umgeben von 'vulkanischen Tuffen, so auch
gerade gegen Süden von unserem Standpunkte der dreigipfelige
Monte di Canino. Dahinter werden die Höhen von Tolfa und die-
jenigen um den Braccianer See sichtbar, und an der fernen Grenze
des Gesichtskreises die Gipfel des Albaner- Gebirgs jenseits
der ewigen Stadt. Ä |
Unter den Quellen, welche im Umkreise des Monte Amiata
entspringen, verdienen die Thermen von $. Filippo eine
besondere Erwähnung. Der kleine Badeort liegt eine Viertel-
stunde gegen West von der nach Rom führenden Strasse ent-
fernt, am östlichen Fusse des Monte Zoccolino, in dem kleinen
Thale des Baches Rondinajo, welcher mittelst des Formone
sich in die Orcia ergiesst. Die Sohle der oberen Thalhälfte
ist mit einer mächtigen Kalktuffbildung bedeckt, deren Längen-
ausdehnung etwa eine Miglie beträgt. Am untern Ende dieser
allmalig thalabwärts vorrückenden Tuffmasse brechen die
Quellen hervor, und dort hat sich das ärmliche Bad angesiedelt.
Santı gibt die Temperatur einer Quelle = 37,5, einer andern
— 39,5 GradR. an. Aeltere Analysen dieser Thermen wurden
vom Prof. GivLı ausgeführt; eine neue Untersuchung der
Hauptquelle verdankt man dem Prof. Ant. Tarcıonı- TozzErti
zu Florenz; dieselbe ergab (Drevi cenni intorno alle acque ter-
mali e minerali dei Bagni di S. Filippo, ‚Siena 1863)
420
Kohlensäure 0,0967 \
Schwefelwasserstoff 0,0212.
Kieselsäure | 151269
Chlornatrium 2,8373
Schwefelsaure Magnesia 6,8712
- Schwefelsaurer Kalk 2,4307
Schwefelsaures Natron 2,1691 93,86252
Kohlensaurer Kalk 17,5414
Kohlensaurer Strontian 0,2538
Thonerde 0,4231
Eisenoxydul - Spur
Organische Substanz 0,2538
Wasser 966,1748
1000,0000.
Es ist begreiflich, dass dieses Wasser auf seinem Laufe
‚alle Gegenstände, worüber es fliesst, Steine, Pflanzen ete. mit
einer dicken schneeweissen Kalkkruste uberzieht. In dem
durch die Quelle gebildeten blendend weissen Tuffhügel,
welcher beständig von Wasser und den Exhalationen’ derselben
durchströmt wird, findet eine Gypsbildung statt. Zierliche
Gypskrystalle von diesem Orte sah ich in Siena. Der Tuff
umschliesst zuweilen auch Schwefel. Der Besitzer des Bades
Dom. Rempicci hat die versteinernde Kraft der Quelle be-
nutzt beim Bau eines Hauses. Aus Blöcken des Kalktuffs
wurden die Mauern trocken aufgeführt bis zu Dachhöhe, dann
das Wasser der höchstliegenden Quelle mit einer Leitung von
dem nahen Tuffhügel auf den Mauerkranz geführt. So ver-
kittete das Wasser, zwischen alle Fugen des Mauerwerks ein-
dringend, die Steine auf das festeste und überzog die Mauern
mit einer zusammenhängenden Kalkdecke. Leider erlitt das
Werk eine Unterbrechung, indem die "benutzte Quelle ihren
Lauf veränderte und an einer tieferen Stelle hervorbrach.
Doch glaubte der Besitzer, dass sie bei einem neuen Wechsel
ihres Hervorbrechens wieder einen höheren Punkt suchen und
die Fortsetzung des eigenthumlichen Baues möglich machen
würde. — Weit verbreitet sind in den Sammlungen die Kalk-
tuffmedaglien von S. Filippo. Der Begründer dieser kleinen
Industrie, welche seitdem an vielen anderen Orten (z. B. zu
St. Nazaire bei Clermont-Ferrand) Nachahmung gefunden, war Dr.
VEGNI, zu Ende des vorigen Jahrhunderts Badearzt zu S. Fi-
421
lippo. Er beobachtete, dass dort wo das Wasser in feinsten
Staub zertheilt seine Absätze bildet, diese höchst dicht und
homogen sind, und benutzte dies in der Weise, dass er einen
Wasserstrahl auf horizontale Stäbe fallen und dadurch in
feinsten Staub sich zertheilen liess. Diesem zerstäubten
Wasser werden die aus Schwefel gebildeten Hohlformen aus-
gesetz. So bilden sich in Zeit weniger Tage diese kleinen
Kunstwerke, welche ehemals. bei Radicofani allen auf der Rö-
mischen Strasse (welche jetzt verlassen ist) Reisenden ae
boten wurden.
Santı beschreibt mehrere am Fusse des M. Zoccolino
liegende Grotten (le Zolfiere) aus denen ehemals Schwefel
gewonnen wurde. Es sind Exhalationen von Kohlensäure und
Schwefelwasserstoff, wodurch sich an den Wänden jener
Grotten, namentlich an deren Eingängen, Schwefel-Efflorescenzen
bilden.
Die vorstehenden Beobachtungen über das Gebirge Amiata
erlaube ich mir zu ergänzen durch Mittheilung der Angaben
Sanmrs über den hier vorkommenden Hyalith, über das Kiesel-
mehl und endlich uber den Eisenocker.
Der ausgezeichnete Hyalith, von Sanrı Kieselperlen, Perle
silicee del Montamiata, genannt, der sogenannte Fiorit (Ss.
Durstsoy Min. II Ed. T. 2. p. 155) findet sich theils als
Ueberzug, theils in kugeligen, theils in kleinen tropfstein-
artigen Bildungen. Sanrtı entdeckte dieselben in der Valle
grande, der unteren Seite sehr zersetzter Trachytmassen an-
haftend; bei der leisesten Berührung löste sich die Hyalith-
kruste ab. Ein zweites Vorkommen ist nahe der Quelle della
Verna, theils in losen Perlen , theils als tropfsteinartige Ge-
bilde, horizontale Spalten des Trachyts zierend. Sanrı ver-
gleicht ein Trachytstuck , an welchem die herabhängenden
Kieselstalaktiten den aufsteigenden Stalagmiten gegenüberstanden,
einem zahnbewaffneten Gebisse. Der Hyalith ist halb durch-
sichtig bis durchscheinend, von schönem Perlmutterglanz; das
specifische Gewicht bestimmte Santmı = 1,917 und leitete be-
reits ihre Entstehung auf nassem Wege her. „Die Kiesel-
theile des Peperins wurden durch heisses Wasser gelöst und
beim Erkalten und Verdunsten desselben wieder abgeschieden.“
Schon seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts wird etwas
‚südlich von Castel del piano auf der Grenze der Wiesen und
D
des Kastanienwaldes eine weisse, zwischen den Zähnen knir-
schende Erde gegraben. Diese Substanz, welche von der Be-
völkerung „latte di luna* genannt wird, liegt unmittelbar unter
einer Schicht Pflanzenerde und stellt eine leichte, meist sehr
weisse Erde dar. Zuweilen ist sie durch, von oben eindringende
Pflanzensäfte gelb und braun gefärbt. Solche gebräunte Erde
nimmt, der freien Luft und dem Sonnenlichte ausgesetzt, beim
Austrocknen eine schneeweisse Farbe an. Es ist dies das
Bergmehl,, farina fossile, woraus Giovannı VAL. M. FABBRONI
(Münzdireetor und Director des Berg- und Hüttenwesens in
Toscana f 1822) feste und auf dem Wasser schwimmende
Ziegel herstellen lehrte. Auch als Polirmittel für metallische
Gegenstände kommt dies Bergmehl in den Handel.
Ja. CoccHt sagt in seiner Arbeit (Roches ignees et se-
dimentaires de la Toscane, Bull. soe. g. Fr. t. II. Ser.
T. 13), dass das DBergmehl des Monte Amiata kleine
Recken im dortigen Trachyt erfülle. MexrecHinı (sur Vanimali-
sation des Diatomees) gab eine Beschreibung der Gattungen
der Diatomeen, deren Kieselpanzer jene Kieselguhr bilden.
Castel del piano besitzt ein zweites Mineralprodukt in der
Bol- und der Umbra-Erde. An verschiedenen Punkten seiner
Umgebung, namentlich an dem „le Mazarelle* genannten Orte
westlich vom Dorfe am Bergabhange gegen den Bach Lente,
findet man unter der Pflanzenerde eine mehr oder weniger
‚mächtige Schicht einer, im frischen Zustande etwas zähen,
schön gelben Erde. Unter dieser ruht ein noch zäherer Thon
von leberbrauner Farbe, und die ganze Bildung auf Trachyt.
Die obere Schicht heisst gelbe Bolerde (Terra bolare gialla),
die untere Umbra (Terra d’Ombra). Beide nehmen durch
Gluhen eine saffranrothe Farbe an; besonders sehön und dauer-
haft ist die Farbe der Umbra. Beide werden als Malerfarben
angewendet, sehr geschätzt, und namentlich nach Holland und
England in vielen Tausend Pfunden jährlich ausgeführt.
Durck von J. F. Stareke in Berlin.
A: Aa ly .
348; Avg a Ad ’
ne EN Een
Zeitschrift
| der
Deutschen geologischen Gesellschaft.
3. Heft (Mai, Juni, Juli 1865).
A, Verhandlungen der Gesellschaft.
l. Protokoll der Maı -Sitzung.
Verhandelt Berlin, den 3. Mai 1865.
Vorsitzender: Herr G. Rose. .
Das Protokoll der Aprilsitzung wird verlesen und an-
genommen.
Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten:
Herr v. Rüpıser in Gotha,
vorgeschlagen durch dieHerren LOTTNER, v. BENNIGSEN-
FÖRDER, Rora;
Herr Bergreferendarius GIEBELHAUSEN in Halle a. S.,
vorgeschlagen durch die Herren Lortser, Bryrich,
Eck.
Für die Bibliothek sind eingegangen:
A. Als Geschenke.
T. Kurrer: Ueber das Auftreten der Foraminiferen in
den Mergeln der marinen Uferbildungen des Wiener Beckens. —
‚Sep. i
.
E. Suess: Bericht über den Stand der Thätigkeit im Ge-
biete der Palaeontologie in Oesterreich; Ueber die frühesten
Spuren des organischen Lebens; die Baumaterialien Wiens.
Wien 1863. |
G. v. Hrımersen: Der artesische Brunnen zu St Peters-
burg. (Schlussbericht.) — Sep.
G. v. Hewmersen: Geologische Karte von Russland mit
erläuterndem Text (in russischer Sprache) Petersburg 1869.
A. PerreyY: Note sur les tremblements de terre en 1861,
Zeits.d. d.geol. Ges. XVII 3. 28
Aa
en 1862 und Documents sur les tremblements de terre et les
phenomenes volcaniques dans Varchipel des Kouriles et au Kam-
tschatka. — Sep.
Carı Freiherr v. Schauror#: Verzeichniss der Versteine-
rungen im Herzogl. Naturaliencabinet zu Coburg. Nr. 1—-4328.
Coburg 1869.
A. Deresse: Extraits de geoloyie pour les anndes 1862 et
.1863. — Sep. |
S. HıucHuton: Experimental researches on the granites ”
Ireland. Part III, part IV. — Sep.
A. Favee: Preeis d’une histoire du terrain houiller des
Alpes — Observations geologiques et paleontologiques sur quel-
ques parties des Alpes, de la Savoie et du Canton de Schwytz. —
Sep.
A. Im Austausch.
Zeitschrift des Architecten- und Ingenieur-Vereins für das
Königreich Hannover. Bd. XI. Heft 1. 1865.
Mittheilungen der k. k. ERABIGRNINChEN Gesellschaft. VII.
1863. Wien.
Mittheilungen aus J. PERTHES’ geographischer Anstalt. 1864
12. 1865. 2. 3. und Ergänzungsheft 14. Ä
Memoires de l’Academie Imperiale de Dijon. Ser. II.
Tom. 11. 1863.
Memoires de la SocietE Linndenne de Normandie. Vol. 14.
und Bulletin. Vol. 9. Caen. 1865.
The Canadian naturalist. New series. Vol. I. Nr. 4. 5. 6.
Atti della Societa Italiana di scienze naturali. Vol. VII.
1864. Milano. |
Herr v. MÖLLER aus St. "Petersburg, legte eine von Herrn
v. HELMERSEN zusammengestellte und der Gesellschaft als Ge-
. schenk zugeschickte, neue geologische Karte vom europäischen
Russland vor und theilte bei dieser Gelegenheit einige Resul-
tate seiner in Russland vor Kurzem ausgeführten gRognDalischen
Untersuchungen mit.
Der obere Kohlenkalk oder der sogenannte Fusulinenkalk
hat nach den Beobachtungen des Herrn. v. MÖLLER in einigen
centralrussischen Provinzen, namentlich im nordöstlichen
Theile des Gouvernement Tambow und im südlichen des Gou-
vernement Nijni-Novgorod eine weit grössere Verbreitung, als
es bis jetzt vermuthet ‚wurde. Im letzteren Gouvernement
425
wurde von ihm der Fusulinenkalk in einem schmalen Streifen
bis zum Kirchdorfe Schutilowo am Flusse Alatyr verfolgt; er
setzt von hier aus auch noch weiter nach Osten fort, und
kann leicht mit dem auf der Halbinsel Samara anstehenden
Kohlenkalke in unmittelbarer Verbindung stehen. Interessant
ist es, dass bei Schutilowo einige seiner Schichten ganz er-
füllt sind mit Schalen einer kleinen Foraminifere, die Herr
EHRENBERG als Borelis sphaeoridea in der Mikrogeologie ab-
gebildet hat.
Ferner sprach Herr v. MÖLLER über die von R. Lupwic
in GeEinıtz’s -„Dyas“ gegebene Schilderung des permischen
Systems in Russland. Aus seinen im letzten Sommer ausge-
führten Untersuchungen ergiebt sich, dass die nach R. Lupwie
am westlichen Fusse des Urals ausgebreiteten Susswasser-
bildungen durchaus nicht als solche angesehen werden können,
da in den Kalksteinen bei Kungur, wo Lupwig angeblich seine
in den Palaeontographica beschriebenen Unio, Cyclas und Pa-
ludina neben Conferva Renardi und Pinus Auerbachü sammelte,
vom Redner in Gesellschaft der letztgenannten Pflanzen nur
Reste von unzweifelhaften Meeresbewohnern aufgefunden wur-
den, namentlich Schalen einer kleinen Terebratula, von Schizo-
dus truncatus und Clidophorus Pallasü. Die letztere Art wurde
der Gesellschaft vorgelegt; sie zeichnet sich durch ihre schöne
Erhaltung besonders aus. Im Ganzen stimmen diese Resultate
mit den von MURCHISON, DE VERNEUIL und Graf. v. KEYSERLING
erzielten vollkommen uberein. Die Funde in den Kalksteinen
bei Kungur erläutern das bekannte Vorkommen von Clidopho-
rus Pallasü und Terebratula elongata im Zechstein von Tschalpaa,
einem ebenfalls von Herrn v. MÖLLER besuchten Orte, der un-
gefähr 30 Werst nördlich von der Stadt Kungur gelegen ist.
Es geht hieraus also hervor, dass die mittlere Gruppe von
Lupwie’s Rothliegendem in Russland, d. i. der vermeintliche
Süsswasserkalk, genau.dem oberen Zechstein entspricht, seine
obere Sandstein- und Mergelgruppe aber nichts Anderes ist,
als eine unmittelbare östliche Fortsetzuug der Bunten-Mergel-
und Sandstein-Etage, welche längs der Wolga etwa von Ust-
| jujua angefangen bis Tetjuschi und längs der Kama bis Piany-
Bor ununterbrochen verfolgt werden kann, überall dem oberen
Zechsteine mit Ostrea (?) matercula, Clidophorus Pallasü, Avi-
cula Kasanensis, Schizodus truncatus ete. aufliegend. Lupwie
28 *
26
wurde wahrscheinlich irregeführt durch die falsche Annahme,
dass die unter dem oberen Zechstein bei Elabuga auftreteuden
Sandstein- und Mergelschichten mit den oberhalb der genannten
Stadt an der Kama anstehenden zusammenhängen. Herr y.
MÖLLER sah dagegen, dass die Zechsteinschichten von Elabuga,
je mehr man sich von der Stadt flussaufwärts entfernt, allmälig
zum Niveau des Kama -Flusses herabsanken; sie sind z. B.
bei Tschelny noch hart uber dem Wasser sichtbar, verlieren
sich aber weiterhin bei Piany-Bor gänzlich unter dem Flusse,
so dass oberhalb des letztgenannten Punktes die Flussgehänge
nur aus den oberen Mergeln und Sandsteinen gebildet werden.
Näher der Stadt Perm treten die Mergel allmälig zurück, die
Sandsteinschichten aber nehmen verhältnissmässig an Zahl und
Mächtigkeit zu und werden kupfererzführend.
Oestlich von Perm tritt der Zechstein wiederum zu Tage
und ist in den Uferentblössungen des Flusses Babka bei Kry-
lassowa noch von den oberen Mergeln und Sandsteinen be-
deckt; von hier breitet er sich östlicher bis zum Meridiane des
Hüttenwerkes Suksunsk aus, setzt sodann mit dem ihm untergeord-
neten Gypse nördlicher fort, wo er an der Tschussowaja unter-
halb Gorodock in mächtiger Entwickelung erscheint. An dem
letztgenannten Flusse wird von LupwısG das Vorhandensein
der Kalksteine und des Gypses, ungeachtet der früheren An-
gaben von GEOoRGI, PLATONOFF und anderen russischen Geo-
logen, geläugnet, aber sehr mit Unrecht, wie sich Herr v.
MOLLER überzeugte auf einer Fahrt von Gorodock die Tschusso-
waja hinab bis zur Ausmüundung dieses Flusses in die Kama.
Es zeigt sich hierbei, dass die Kalksteinschichten an der
Tschussowaja ziemlich stark gebogen sind, wodurch sich das
plötzliche Wiedererscheinen des Zechsteins östlich von Perm
zu erklären scheint.
Im Ganzen können im grossen ostrussischen permischen‘
Felde zwei parallele Bildungen unterschieden werden, eine
kalkige nnd eine sandigmergelige, beide zugleich dem eigent-
lichen Zechsteine und dem Rothliegenden entsprechend. In der
ersteren sind, wie Lupwic richtig bemerkt, zwei ihrem Alter
nach verschiedene Gruppen zu unterscheiden. Die obere Gruppe
wird durch das Auftreten von ÖOstrea (?) matercula \VERN.,
Avicula speluncaria SCHLOTH. sp. (kommt bei Samara vor),
‚Schizodus truncatus Kına, Clidophorus Pallasi VERN., Arca
a 427
#
Kingeana Vern., Turbonilla Altenburgensis GEIN, etc. bezeichnet,
nnd ist an der Wolga (von Barmins an bis Tetjuschi, auch
bei Samara), im Gouvernement Nijni-Novgorod (bei Itschalki,
Knjas-pawlowo und Barnukowo), an der Kama (von der Mün-
dung an bis zum Piany-Bor), bei Kungur u. s. w. entwickelt.
Die untere, dem Fusulinenkalke vermuthlich unmittelbar auf-
liegende Kalksteingruppe wird durch Strophalosia horrescens
VeERN. sp., Spirifer rugulatus (?) Kur., Orthis pelargonata
SCHLOTH. sp., Allorisma elegans Kına, Pecten sericeus VERN.,
Pecten Kokscharofi VERN., Conularia Hollebeniü Gsin., Nautilus
Freieslebeni etc. charakterisirt und hat ihre Verbreitung von
der Uchta, einem Zuflusse des Wymm, bei Kischerma an dem
Flusse Wel, bei Kiriloff, in dem sudlichen Theile des Gouver-
nement Nijni-Novgorod, (Krewenki, Koschelicha, Balykowo),
und in einigen Gegenden der Provinzen Samara, Orenburg
u. 8. w.
Was nun die sandigmergelige Bildung anbetrifft, so ist sie
hauptsächlich am westlichen Fusse des Urals, in den Gouver-
nements von Perm und Orenburg, verbreitet und stellt eine
den obenangeführten Kalksteinen gleichzeitige und ebenfalls
marine Bildung dar, da in ihren verschiedenen Schichten haufig
Ueberreste unzweifelhafter Meeresbewohner zu finden sind, wie
es bekanntlich bei Perm (Fischreste), Artinsk (Goniatiten,
Producten ete.) und in ‚vielen Gegenden des Belebeischen
Kreises im Gouvernement Orenburg (Spirifer rugulatus, Pro-
ductus Cancrini, Fische ete.) der Fall ist. Nun bleibt aber
noch die Parallelisirung der in Rede stehenden Sandsteine mit
den ihnen entsprechenden Kalksteinschichten fraglich. Sie ist
wohl für einige Fälle nicht ganz unmöglich, indem z. B. die
mit Spirifer rugulatus auftretenden Sandsteine vom Belebeischen
Kreise der unteren Kalksteingruppe einzureihen sind; eine voll-
ständigere Vergleichung aber kann augenblicklich wegen Man-
gels an Versteinerungen noch nicht stattfinden. Uebrigens
zweifelt Herr v. MÖLLER nicht, dass auch unmittelbare Ueber-
gänge in horizontaler Richtung zwischen verschiedenen Sand-
stein- und Kalksteinschichten im russischen permischen Bassin
existiren, da er solche an der Tschussowaja unterhalb Goro-
dock an einigen Schichten selbst beobachtet hat, wobei das
allmälige Ueberwiegendwerden des kalkigen Cements über die
De .,
Trümmer von Quarz und krystallinischen Gesteinen den voll-
ständigen Uebergang der Sandsteine in Kalksteine verursachte,
Was die Ablagerung der bunten Mergel betrifft, welche
die oberen Schichten des eigentlichen permischen Systems in
Russland bedecken, so ist Herr v. MÖLLER geneigt, wenigstens
deren oberste Schichten als Aequivalent der Trias zu be-
trachten. Dafür scheinen auch die von den Verfassern der
„Geology of Russia“ an dem Flusse Wjatka und von NöscHEL
an den beiden Grebeni- Bergen und einigen anderen Stellen
beobachteten Fälle von discordanter. Lagerung der in Rede
stehenden bunten Mergel und der stark aufgerichteten Schichten
der eigentlichen permischen Formation zu sprechen.
Schliesslich fügte Herr v. MÖLLER hinzu, dass das gemein-
schaftliche Vorkommen von Landpflanzen und Ueberresten von
Süsswasserbewohnern mit unzweifelhaften Meeresgeschöpfen in
einigen permischen Schichten Russlands, so z. B. in den Kalk-
steinen von Kungur, in den Sandsteinen und Mergeln von Ar-
tinsk, Belebei u. s. w. nichts Auffallendes an sich trage, da
diese Schichten im permischen Meere in der Nähe eines Con-
tinentes (des Urals) und vieler Inseln (der jetzt von stark auf-
gerichteten Kohlenkalkschichten gebildeten Hügel) abgesetzt
wurden.
Herr v. KoEnen legte eine Anzahl Versteinerungen aus
dem produktiven Steinkohlengebirge von der Grube Carl bei
Essen vor, anknüpfend an seinen in der letzten Sitzung ge-
haltenen Vortrag, in welchem er aus den Versteinerungen der
Grube Hannibal bei Bochum nachwies, dass jene Schichten
nicht Süsswasser-, sondern Meeres-Ablagerungen sind. Da das
von Herrn Lvpwie zu seiner Arbeit über die Najaden der
westphälischen Steinkohlenformation benutzte Material haupt-
sachlich von Zeche Carl bei Essen stammte, so verschaffte
sich Redner dergleichen auch von hier und gelangte wieder zu
demselben Resultat, dass sich ausser den Anthracosien einige
Avicula-Arten und eine Spirorbis finden, die Herr Lupwıe als
Anodonta, Dreissena und Planorbis gedeutet hat. Daneben
finden sich zahlreiche Cypridinen und auch eine Bivalye, die
vermuthlich die Cyrena Lupwıg’s vorstellt; da das Schloss aber
nicht blossgelegt werden kann, so liess sich hierüber weiter
nichts fesststellen.
Ferner legte Redner ein Exemplar von Cardium edule
429
vor, welches von Herrn Görser im Diluvium bei Bünde in
Westphalen gefunden ist. Das von Herrn F. Rormer kürzlich
beschriebene Vorkommen dieser Art und der Nassa reticulata
im Diluvium bei Bromberg steht somit nicht ‚mehr vereinzelt
da. Zugleich erwähnt er, dass er in einem grauen Diluvial-
thon bei Westeregeln neben der gewöhnlichen Paludina und
einigen unteroligocanen Pleurotomen, sowie dem im Miocän bei
Lüneburg gewöhnlichen grossen Dentalium noch ein Exemplar
von Pleurotoma turricula‘ Broc. gefunden hat, welches voll-
kommen mit solchen aus dem belgischen Pliocän, weniger mit
den norddeutschen miocänen Varietäten übereinstimmt.
Endlich zeigte er noch ein Paar schön erhaltene Stücke
einer Spirulirostra aus dem Miocän von Dingden vor, welche
sich von der einzigen bis jetzt bekannten Art dieser Gattung,
Spirulirostra Bellardii D’OrpB. durch die weit kürzere, stumpfere
Spitze, und die weit mehr hervortretende spirale Alveole unter-
scheidet. Die Stücke zerfallen sehr scharf in zwei Theile,
_ erstens in einen äusseren, der, ähnlich wie die Sepienschulpen
eine warzige Skulptur hat, ebenso wie die Belemniten
und jene immer noch nicht näher bekannten Röhrenfragmente
aus dem Ober-Oligocän von Crefeld eine radiale Struktur be-
sitzt, und zweitens in einen inneren faserigen, sehr zerbrech-
lichen Theil , welcher die Alveole, sowohl den spiralen als
auch den gestreckten Theil derselben, bildet und enthält.
Durch ihre Vollständigkeit werden die Stücke bedeutend zur
näheren Kenntniss der Gattung beitragen. Redner wird die-
selben gelegentlich abbilden lassen und als sSpirulirostra
Hörnesi näher beschreiben. Bruchstücke, anscheinend der-
selben Art hat er übrigens auch bei Bersenbrück ‚gefunden.
Herr Wenpine legte einige eigenthumliche Produkte des
auf Königshütte in Oberschlesien jetzt in Ausübung stehenden
Processes der Stahldarstellung nach BEssemEr vor; nämlich
erstens Schlackenauswürfe, welche in der sogenannten Erup-
tionsperiode aus dem Gefässe geschleudert werden. Sie haben
Kugelgestalt und bestehen aus einem Kern von der feuerfesten
Substanz der Wandungen, welcher von mehreren concentrischen
Schlackenschichten umgeben ist, und erinnern im Kleinen an
die sogenannten vulkanischen Bomben. Ferner Stahlstücke,
welche wahrscheinlich von Kohlenoxyd gebildete Blasenräume
enthalten. Diese letzteren sind regelmässig vertical gestreift,
nn
so dass die Streifen sich in dem tiefsten und höchsten Punkte
treffen. | |
Herr Lortser legte Mineralien aus den Steinsalzwerken
bei Stassfurt vor, welche von Herrn BiscHor daselbst ge-
sammelt und untersucht worden sind: nämlich Polyhalit,
welcher‘ in den oberen Partieen des Steinsalzes ähnliche Schnüre
bildet wie Anhydrit in den mittleren und unteren; gediegenen
Schwefel, auf einer Schnur von Anhydrit aufsitzend, dessen
Vorkommen schon früher von REICHHARDT angegeben, bisher
aber von Herrn Bıscnor selbst noch nicht beobachtet und
daher auch in der über Stassfurt veröffentlichten Schrift des
Letzteren bezweifelt worden war; ferner ein neuesMineral,
welches sich auf den Anhydritschnüuren nach Auflösung des
Steinsalzes mitunter in Gestalt dünner krystallinischer Krusten
und kugeliger Bildungen findet. Im Spectral-Apparat zeigt das
Mineral, dessen Menge für die gewöhnliche analytische Unter-
suchung nicht hinreicht, die Linien des Kali, der Strontianerde
und des Kalkes; alle diese Basen sind an Schwefelsäure ge-
bunden. Indessen scheint nach Herrn BiscHor die schwefel-
saure Strontianerde hier nicht als solche — der Substanz des
Cölestins entsprechend — vorzukommen, sondern mit Kali und
Kalk zu einem Tripelsalz verbunden zu sein; man hätte dann
ein Analogon des Polyhalits, indem die Magnesia durch Stron-
tianerde ersetzt wäre. Ein anderes, erst neuerdings in dem
oberen Theil des Steinsalzlagers aufgefundenes Mineral be-
steht aus borsaurer Kalkerde und Magnesia nebst Wasser und
entspricht in der Zusammensetzung sowie hinsichtlich der phy-
sikalischen Eigenschaften dem Hydroboracit. — Der Redner
zeigte sodann aus einer Kluft der hangenden Mergel des Stass-
furter Lagers wuürfelformige wasserhelle Steinsalzkrystalle bis
zu + Zoll Seite, welche einen milchweissen Kern enthalten,
der unter der Lupe die Gestalt einer hohlen an den Seiten-
wänden treppenformig abgestuften vierseitigen Pyramide er-
kennen lässt, ähnlich den Formen, welche das Siedesalz bei
der Verarbeitung der Soolen in mässiger Hitze anzunehmen
pflegt; die Kanten der Basis der Pyramide liegen parallel zu
den Kanten des umschliessenden Wüurfels. — Erwähnt wurde
ferner, dass Herr BıscHor in den hangenden Mergeln und den
aus ihnen herabtröpfelnden Wassern Lithion nachgewiesen
hat, welches sich bekanntlich auch im Meerwasser findet.
431
Herr G. Rose gab die nachstehenden Erläuterungen zu
mikroskopischen Präparaten, welche ebenfalls von Herrn BıscHor
in Stassfurt herstammen: |
1) „Brauner Carnallit von Stassfurt,* ein dünner Schliff.
In dem Carnallit sind in grosser Menge tafelartige Krystalle
eingemengt, die unter einander eine parallele — wie dies ge-
wöhnlich der Fall ist — also auch wahrscheinlich hier zu dem
Carnallit-Krystall, in dem sie liegen, eine regelmässige Lage
haben. DieKrystalle sind dreierlei Art: a. Sechsseitige Tafeln
in dreierlei Lagen; b. rothe, platte prismatische Krystalle, oft
so lang, dass sie über das ganze Gesichtsfeld hinstreichen.
Sie haben ebenfalls dreierlei Lage, parallel den Seiten eines
wenig geschobenen Rhomboids und seiner längeren Diagonale.
ce. weisse wasserhelle sechsseitige Tafeln. Die ersteren sind
offenbar Eisenglimmer, die zweiten wahrscheinlich auch nur
solcher, dessen Krystalle nach einer Richtung ausserordentlich
verlängert sind. Indessen sieht man keinen eigentlichen Ueber-
gang hinsichtlich der Grösse zwischen den sechsseitigen Tafeln
des Eisenglimmers und den prismatischen Krystallen, und die
Seiten der ersteren scheinen nicht denen der letzteren parallel
zu sein — was aber auf Täuschung beruhen kann. Oft haben
die breiten Flächen der prismatischen Krystalle eine parallele
Lage zu den Hauptflächen des Eisenglimmers, und im reflec-
tirten Lichte glänzen jene oft ebenso metallisch wie diese,
wobei mitunter zwei verschieden gelegene schmale Seiten der
prismatischen Krystalle zu gleicher Zeit glänzen. Die dritte
Art von Kystallen besteht vielleicht nur aus wieder neu ge-
bildetem Carnallit.
2) „Aus braunem Carnallit*, erhalten durch Auflösen in
Wasser, sechsseitige Tafeln von Eisenglimmer und die er-
wähnten langgezogenen prismatischen Krystalle.
3) „Bergkrystalle und gelblich- grüner Krystall aus Car-
. nallit*, erhalten durch Behandeln des beim Auflösen in Wasser
_ verbliebenen Rückstandes mit Chlorwasserstoffsäure. Die Berg-.
krystalle sind sehr nett und deutlich; neben ihnen einige
ae Hr RT,
DL 16.425
r ?
Tafeln von Eisenglimmer. Der grüne tafelartige Körper ist
nicht regelmässig begrenzt und vielleicht organischen Ursprungs.
4) „Vegetabilische Flocken aus Carnallit.* Schwarze
floekige Masse und weisse bandartige Körper; darin einzelne
Krystalle von rothem Eisenglimmer in sechsseitigen und rhom-
bischen Tafeln. | E
5, Schliff von weissem Steinsalz.. In dem Salze zeigen
sich regelmässige Höhlungen (wie sie in vielen Krystallen vor-
kommen), deren Wände den Spaltungsflächen des Steinsalzes
parallel gehen und die daher unter einander parallel sind.
Einige derselben enthalten kleine fremde Krystalle einge-
schlossen, wie man bei Anwendung von polarisirtem Licht er-
kannt; andere eine kleine Luftblase, mithin auch eine Flüssig-
keit. —
Hieran anknüpfend bemerkte Herr LoTTxer, dass die von
dem Herrn Vorredner erwähnte vegetabilische Substanz aus
dem Carnallit nach der Untersuchung von Herrn Karsten theils
aus deutlichen Zellen von Sphagnum, theils aus nicht sicher
bestimmbaren Zellen einer holzartigen Pflanze, vielleicht einer
Cycadee, besteht.
Herr Eck legte die Bohrproben aus dem Bohrloche vor,
' welches von dem Konigl. Kriegsministerium bei Heppens am
Jahdebusen nach Trinkwasser gestossen worden ist. Die vor-
geschlagenen Ansatzpunkte für dasselbe waren von dem Königl.
Ministerialdirector der Abtheilung für das Berg-, Hütten- und
Salinenwesen Herrn v. Krug begutachtet worden, und bei der
Ausführung haben die Königl. Beamten und Arbeiter der Saline
Schönebeck wesentlich mitgewirkt. Dasselbe hat eine Tiefe
von 636+ Fuss erreicht und 37 Fuss Alluvium, 121 Fuss Dilu-
vium und 478 Fuss wahrscheinlich tertiäre Sande und Thone
durchteuft. Das Alluvium besteht aus 27 Fuss grauem, san-
digem Thon (mit einer 24 Fuss starken Torflage), zuunterst
aus 10 Fuss grauem Sande mit Tellina balticao L. Dem Dilu-
vium gehört der darunter liegende Sand an, welcher haupt-
sächlich gelbliche oder weisse’ Quarzkörner und wenig Körner
von rothem Feldspath, aber fast gar keinen Glimmer enthält
und in verschiedenen Tiefen Feuersteine, Granit-, Porphyr-
stüuckchen, Bruchstücke von Conchylienschalen und in 152 Fuss
ein Stück grauen Sandsteins mit einem dCidarisstachel ein-
schliesst. Unter demselben folgen in einer Mächtigkeit von
92 Fuss theils fein-, theils sehr grobkörnige Sande, aus Quarz-
körnern mit wenig weissem Glimmer bestehend, ohne nordische
Geschiebe, höchstens mit grösseren weissen Quarzkieseln;
endlich in einer Mächtigkeit von 3861 Fuss ein Schichten-
433
wechsel von grauem, feinkörnigem, thonigem Sande mit viel
weissem Glimmer und von schwarzem glimmerführendem Thon,
dessen Lagen mit der Tiefe an Häufigkeit und Mächtigkeit zu-
nehmen; einige Bohrproben enthalten ausserdem Knollen von
grauem glimmerreichem Sandstein. Die letzteren beiden
Schichtengruppen durften bereits dem Tertiärgebirge angehören;
Conchylien wurden mit den Bohrproben nicht heraufgebracht.
Das bei 636 Fuss Tiefe erbohrte Wasser fliesst seitdem un-
unterbrochen aus dem Bohrloch aus, und es enthielten anfangs
nach einer in dem Laboratorium der Königl. Berg - Academie
von Herrn Dr. Finkener ausgeführten Analyse 100 Cub. Cm.
desselben (bei 20 Grad C. gemessen):
0,248 gr. Na Cl
0,007 gr. K Cl
0,070 gr. Mg Cl
0,041 gr. Ca Cl
0,036 gr. Ca S
0,438.
Seitdem ist der Salzgehalt des Wassers nach Angabe der
Localbeamten bis auf 0,1 pCt. gesunken und das Wasser be-
reits trinkbar geworden.
Ebbe und Fluth der benachbarten Nordsee üben auf den
Ausfluss keinerlei Wirkung.
Hierauf ward die Sitzung geschlossen.
V. w. 0.
G. Rose. Beyrich. Rorn.
2. Protokoll der Junı -- Sıtzung.
Verhandelt Berlin, den 31. Mai 1869.
Vorsitzender: Herr G. Rose.
Das Protocoll der Mai-Sitzung wird verlesen und ange-
nommen.
Der Gesellschaft ist als Mitglied beigetreten:
Herr VALERIAN v. MÖLLER, Stabs- Capitain im Kaiser!l.
Russ. Berg-Ingenieur-Corps
434 | es
vorgeschlagen durch die Herren Berkıcn, RorH
und G. Rose. Les =
Für die Bibliothek sind eingegangen:
A. Als Geschenke:
G. C. LausE : Die Fauna der Schichten von St. Cassian. —
Sep.
E. Suzss: Ueber die Nachweisung zahlreicher Nieder-
lassungen einer vorchristlichen Völkerschaft in Niederöster-
reich. — Sep.
Aıpn. Favre: Sur Vorigine des lacs alpins et des Vallees.
Lettre adressce a Sir Roderick J. Murchison. — Sep.
Vierzehnter Bericht der Gesellschaft Philomatie in Neisse,
vom März 1863 bis zum März 1865. Neisse 1865.
Zeitschrift für das Berg-, Huütten- und Salinen-Wesen in
dem Preuss. Staate. Bd. XII. Liefr. 3 u. 4.
B. Im Austausch:
The Journal of the Royal Dublin Society. XXI u. XXIU.
Octob. 1864 bis Jan. 1865. — 2 Exempl.
Memoires de la Societe des Sciences naturelles de Cherbourg.
Tome X. 1864.
Bulletin de la SocietE Vaudoise des Sciences naturelles.
T. VIII. No. 52. Lausanne, Mars 1865.
Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften. Jahrg.
1864. Bd. 24.
Mittheilungen aus Justus PERTHES’s geopraphischer Anstalt
von A. Prrerwans. 1864. Heft X. 1865. Heft I. Ergänzungs-
heft Nr. 15. -—- Inhaltsverzeichniss von 1855—1864.
Herr G Rose sprach über die Albitkrystalle, die an
mehreren Stellen der westlichen Alpen in dem Dolomit ein-
gewachsen vorkommen, und durch ihre Lagerung wie durch
ihre Form gleich merkwürdig sind. Der Dolomit, worin sie
enthalten sind, findet sich in mächtigen Schichten auf Quarzit
in einem kalkigen Talkschiefer gelagert, er gehört seinen
wenn auch nur sparsam und undeutlich vorkommenden Ver-
steinerungen nach zur Triasformation. Der Albit ist darin in
grosser Menge, in 1—3 Linien grossen Krystallen enthalten,
am ausgezeichnetsten in einem freistehenden Fels, der roche
tournee bei Bourguet in der Nähe des Mont Ceni. Die Kry-
- stalle, fast farblos und durchsichtig, sind durch Vorherrschen
der Längsfläche tafelartig, und wohl im Allgemeinen die ge-
435
wöhnlichen, mit der Längsfläche (M) verbundenen Zwillings-
krystalle, aber durch eine grosse Längsfurche ausgezeichnet,
die sich auf der Längsfläche von oben bis unten herunterzieht.
Wegen dieser hat man sie für Doppelzwillinge gehalten, aber.
die sehiefen Endflächen bilden an dem oberen Ende von dieser
Längsfurche einen einspringenden und hinter derselben einen
ausspringenden Winkel, und dieselben Flächen verhalten sich
an dem unteren Ende ganz ebenso; zerbricht man ferner die
Krystalle parallel den deutlichsten Spaltungsflächen P, so bilden
diese diesseits der Längsfurche einen einspringenden, jenseits
einen ausspringenden Winkel, und die linke Fläche der ein-
springenden Kante ist parallel der rechten der ausspringenden,
und die rechte der ersteren parallel der linken der letztern.
Die gleichen Flächen haben also auf der vordern und hintern
Seite dieselbe parallele Lage, die Krystalle sind daher keine
Doppelzwillinge, sondern einfache Zwillinge mit durcheinander-
gewachsenen Individuen.
Die Flächen P bilden an diesen Krystallen stets ein-
springende, und die hinteren schiefen Endflächen (y) aus-
springende Winkel, die beiden Krystalle des Zwillings sind
also stets mit ihren linken Flächen verwachsen. Sie sind in-
dessen doch nicht uberall gleicher Art, denn diese so be-
schaffenen Zwillinge kommen öfter ganz nach Art der Carls-
bader Feldspathzwillinge zu Doppelzwillingen verwachsen vor,
und diese sind wie die Feldspathkrystalle bald mit den rechten
bald mit den linken Seiten verwachsen, wobei nur der eigen-
thümliche Umstand eintritt, dass bei den beiden Zwillings-
krystallen des Doppelzwillings die nach innen gelegenen Sei-
ten verkümmern oder ganz fortfallen, und der ganze Doppel-
zwilling wohl noch aus 4 Individuen, aber nur noch aus ihren
äussern Hälften besteht.
Herr Weiss aus Saarbrücken theilte einige Resultate seiner
Untersuchungen über die Bildung des Feldspaths mit,
welche auf optischem Wege erhalten worden sind.
Seit 2 Jahren hat DsscLoizsaux ein neues Mittel an die
Hand gegeben, um die Bedingungen der Feldspathbildung zu
beleuchten, ein Mittel, welches für den Geologen bedeutungs-
voll zu werden verspricht und den noch ungeschlichteten Streit
über die Entstehung der krystallinischen Gesteine, welcher die
a.
Gemüther der Geologen so häufig bewegt hat, in eine neue
Phase bringt.
Schleift man sich von einem hinreichend durchsichtigen
zwei- und eingliedrigen, Feldspathe eine Platte senkrecht gegen
die beiden Blätterbrüche P und M, so sieht man im Polari-
sationsapparat die Bilder seiner optischen Axen, deren Winkel
und Lage auffallender Weise sehr verschieden sein kann, so
jedoch, dass stets die erste Mittellinie nahe parallel der Kante
P M geht. Wir wissen durch DescLoizeAux. dass eine solche
Platte beim Erwärmen veränderte Bilder giebt. Geht man von
gewissen Krystallen aus, welche alle Erscheinungen besonders
sehon und vollständig zeigen, so hat man folgendes Gesetz.
Bei gewöhnlicher Temperatur steht die Ebene der optischen
Axen senkrecht auf M, nahezu parallel P, der (scheinbare)
Axenwinkel ist ein sehr bedeutender. Erhitzt man die Platte,
so verringert sich, je höher die Temperatur steigt, um so mehr
der Winkel der Axen, er wird bei einem gewissen Punkte und
für gewisse Farben Null; von da an gehen die Axen wieder
auseinander, aber jetzt in einer Ebene senkrecht zur vorigen, .
parallel M. Der Winkel wächst bei weiterem Erhitzen, bis
endlich die Beobachtungsgrenze erreicht ist. Beim Erkalten
findet das Umgekehrte statt, der Krystall zeigt, nachdem. die
ursprüngliche Temperatur wieder zurückgekehrt ist, denselben
Axenwinkel mit derselben Lage — senkrecht M —- wie vor
dem Versuche. Solche „temporäre Modificationen,* wie Des-
CLOIZAUX sie nennt, finden jedoch nicht statt, wenn der Krystall
über eine gewisse, Grenze hinaus erhitzt wurde; erleidet er
längere Zeit Rothgluth oder kürzer dauernde Weissgluth, so
bleibt der Krystall nach dem Erkalten auf einer vorgerückten
Stufe stehen; nach schwächerem Gluhen fallen seine Axen
noch in die Ebene senkrecht M, aber der Winkel ist kleiner
geworden, bei stärkerem wird der Winkel vielleicht Null, bei
noch stärkerem findet man die Axen jetzt parallel M und mit
mehr oder weniger ansehnlichem Winkel. Der Kürze und
Bequemlichkeit wegen sollen im Folgenden zwei Ausdrücke zur
Bezeichnung des Verhaltens und der Lage der optischen Axen
dienen: es ist, ein antiloges Verhalten, wenn die Axen-
winkel beim Steigern der Temperatur kleiner, beim Erkalten
grösser . wird; es ist wiederum ein analoges zu nennen,
wenn jener Winkel mit der Temperatur wächst und abnimmt.
457
Allgemein gilt, dass die Axen irgend einer Farbe, so lange sie
antilog sind, in eine Ebene senkrecht M, sobald sie analog
werden, in eine Ebene parallel M fallen.
Es leuchter von selbst ein, welchen Einfluss diese Er-
scheinungen auf die Vorstellung über die Entstehungsweise
des Feldspaths haben muss. Denn wenn wirklich jene Ver-
änderungen, welche das Mineral in seinen optischen Verhält-
nissen durch Glühen erleidet, „permanente“ sind, so müssen
überhaupt alle Feldspäthe, welche in ihrem Entstehungs-
momente oder seit ihrem Festwerden geglüuht haben, solche
Glühungswirkungen zeigen, ja sie müssen dem obigen Gesetze
nach sämmtlich analog sein und beträchtlichen Axenwinkel er-
warten lassen. Es ist daher von besonderem Interesse, aus-
führlicher als es DEscLoizEAux gethan hat, die Eigenschaften
der Feldspathvarietäten in den verschiedensten natürlichen
Vorkommen zu verfolgen. Die Resultate dieser Untersuchungen
in einigen Hauptstrichen anzudeuten, bildet den Gegenstand
und Zweck nachfolgender Mittheilungen.
1) Zunächst war es der künstliche Feldspath von
Sangerhausen, welcher in Bezug auf seine optischen Eigen-
schaften untersucht wurde und er findet sich in der That —
der obigen Theorie gemäss — stark analog und zeigt einen
grossen Axenwinkel, den grössten, welchen ich überhaupt
unter den analogen Krystallen gefunden habe. — Dieses Bei-
spiel könnte erwarten lassen, dass man auch wenigstens in
allen vulkanischen Gesteinen enthaltene Feldspathe analog
finden werde; indessen ist dies nur selten der Fall, wie wir
sogleich sehen werden.
2) Eingewachsener Feldspath in Granit, Gneis,
Syenit, war stets antilog mit grossem, meist sehr grossem
Axenwinkel. Der kleinste Winkel unter ihnen fand sich beim
Elbaer Ganggranit.
3) Auf Klüften aufgewachsene Feldspathkrystalle des-
selben Gebirges (Adular) sind meist wie vorige; zum Theil
jedoch (im Protogyn vom Maderanerthal) haben sie analoge
‚Stellen neben antilogen, die ersteren zeigen dann nur
kleinen Axenwinkel, die letzteren grossen. Die Krystalle
sind — man möchte sagen, um das Räthsel zn vermehren —
zum Theil auf Kalkspath frei gebildet. Der Feldspath von
Cuba zeigt ähnliche Eigenschaften.
438
4) Feldspath aus Porphyr konnte nur einmal (Eilen-
‘ burg) untersucht werden und zeigt antiloges Verhalten bei
noch kleinerem Axenwinkel, als der von Elba ergab. Die
zugleich eingewachsenen Quarze schliessen Wasserporen ein.
9) Glasigen Feldspath mit grossem Axenwinkel und
antilogem Charakter findet man in den meisten (nicht allen)
Trachyten, in Phonolithen, in Dolerit, Trachyt-Conglomerat,
Lehmsteine des Laacher Sees. Die Winkel gehen von den
grössten Werthen bis unter jene beim Porphyr.
6) Ebenso verhalten sich auffallender Weise Sanidine
in geflossenen Gesteinen, wie von Bertrich, Island, Azoren,
Arso auf Ischia; alle antilog und Winkel sehr gross bis mässig.
7) Gluthspuren, jedoch noch mässiger, finden sich
zunächst in den Sanidinen folgender Gesteine: Pechstein von
Meissen, Quarztrachyt aus Ungarn und Toskana, Trachyt von
Toscana, Lehnsteine vom Vesuv, Leueitophyr von Olbrück und
Rieden am Rhein, dazu manche lose Stücke der Eifel. Diese
Krystalle verhalten sich antilog mit sehr kleinem Winkel,
bis schon analog mit ebenfalls sehr kleinem Winkel,
8) Die Sanidine, welche lose in vulkanischen Tuffen
und Sanden gefunden werden, haben sehr verschiedene
optische Eigenschaften, entsprechen also auch sehr verschie-
denen Stufen geglühter Krystalle.
9) Sanidine mancher vulkanischen Gesteine sind an ge-
wissen Stellen antilog, an andern analog mit kleinem
Winkel, so von Rieden, Solfatara, Amiata-Gebirge. Sie bilden
ein Gegenstück zu den unter Nr. 3 erwähnten Adularen.
10) Nur wenige Sanidine endlich aus vulkanischen Ge-
steinen sind wirklich analog mit bedeutenderem Axen-
winkel, d. h. mit stärkeren Glutbspuren behaftet, so verschie-
dene Beispiele vom Rhein und der Eifel, dies sind lauter
fremde Einschlüsse in Laven oder Schlacken. — In
einem Falle ist sogar ein solcher Einschluss antilog ge-
blieben. |
Für die Erklärung dieser sehr auffallenden Erscheinungen
ist zunächst festzuhalten, dass die optischen Modificationen,
welche dem Feldspathe durch Glühen mitgetheilt werden, per-
manente sind, sich nicht — wie man zu glauben geneigt sein
könnte — im Laufe der Zeiten, sei es ohne Einwirkung eines
andern Faktors oder durch gewisse Agentien, wieder verloren
439
haben und dem rückgekehrten fruhern Zustande gewichen sind.
Denn dafür spricht unter andern Gründen die Thatsache, dass
jene Sanidineinschlüsse aus den tertiären Laven des Rheins
noch starke Gluthspuren tragen, während jene aus dem erst im
Jahre 1302 geflossenen Strome des Arso auf Ischia nichts da-
von wahrnehmen lassen. Ueberhaupt muss es auffallen, so
sehr selten wirklich analoge Feldspäthe zu finden, vorzüglich
als Gemengtheile von Gesteinen, während die grosse Mehrzahl
antilog ist. Dies ist so unläugbar, dass man von dem Stand-
punkte der reinen Thatsache aus fragen muss: wie kommt es,
dass wir überhanpt noch in manchen Gesteinen solche Gluth-
spuren beobachten? Während sich uns vorher wohl die Frage
aufdrängte: warum sind nicht die eingewachsenen Feldspäthe,
besonders der vulkanischen Gebirgsarten durchweg analog, wie
es nach dem obigen Gesetze vermuthet werden müsste? —
Schon andere Forscher sind darauf geführt worden anzunehmen,
dass der Erstarrungspunkt für die Gemengtheile der sogenannten
plutonischen Gebirgsarten weit tiefer läge als der Schmelz-
punkt. Man wird auch durch die optischen Versuche dahin
geführt, dies zu bestätigen, obwohl bei manchen Krystallen
Gluthspuren noch nachweisbar sind; bei den übrigen möchte
man den Punkt des Fest- und Krystallinischwerdens noch
tiefer herabdrucken als bisher.
Noch ist aber ein Punkt im Auge zu behalten, der bei
manchen scheinbar widersprechenden Erscheinungen Auf-
klärung zu geben geeignet sein dürfte: die verschiedene Fähig-
keit namlich verschiedener Krystalle und Varietäten des 2 und 1
gliedrigen Feldspaths, Modificationen durch Gluhen anzunehmen.
Es geht schon aus Descnoizeaux’s Versuchen hervor, dass es
Krystalle giebt, welche sehr empfindlich, andere welche sehr
unempfindlich gegen Wärmeeindrücke sind. Offenbar können
diese, wenn sie auch dieselbe Gluhung erlitten haben, nicht
gleiche Eigenschaften zeigen, sondern der empfindlichere Kry-
stall muss stärkere Gluthspuren tragen als der unempfindlichere,
Die Stärke der Glühung ist also nicht proportional der Grösse
und Lage des optischen Axenwinkels bei verschiedenen Vor-
kommen. |
Endlich erklärt sich durch Beachtung der Empfindlichkeit
eines Krystalls gegen Modificationen durch Wärme die sehr
merkwürdige Erscheinung, dass ein und derselbe Krystall mit-
Zeits. d. d. geol.Ges. XVII. 3. 29
440
- unter antiloge und analoge Stellen zugleich besitzt. Denn so
gut es unempfindliche und empfindliche, antiloge und analoge
einzelne Krystalle giebt, kann auch leicht ein Individuum an
einer Stelle von jener, an einer andern von dieser Beschaffen-
heit sein, ohne ungleichmässig geglüht zu haben.
Das Detail und vollständigere Mittheilung aller noch übrigen
Beobachtungen behält sich der Vortragende für eine andere
Gelegenheit vor. |
Herr Kuntu sprach über einen merkwürdigen Echiniden
aus dem Kohlenkalke der Vogelkippe bei Altwasser in Nieder-
Schlesien. Derselbe besitzt Täfelchen, welche völlig mit Pa-
laechinus ellipticus und sphaericus M’Coy p. 172 T. XXIV
Fig. 3ce und 5 b stimmen, ausserdem solche von der Form der
Archaeocidaris, wie sie Desor Syn. T. I. Fig. 6 abbildet. Die
Ambulacraltäfelchen, die sich gleichfalls fanden, besitzen aber
nicht die Form derer von Palaechinus oder Archaeocidaris
sondern stimmen mit denen von Melonites. Sie sind ungefähr
regulär sechseckig und die Fussporen gehen divergirend von
aussen nach innen durch sie hindurch. Zugleich finden sich
zweierlei Sorten von Stacheln: erstens kürzere mit kleinen
Gelenkgruben, darüber wenig angeschwollen, mit feinen Quer-
linien, ohne alle Zacken, daher Cidaris grandaevus (bei DESoR
l. e. T. XXI. Fig. 9) sehr ähnlich; zweitens längere mit
grosser Gelenkgrube, darüber etwas angeschwollen (wie bei
pe Konisck Tf. E. Fig. le), fein längsgestreift und oben mit
Zacken und Spitzen versehen (wie bei Desor l. ec. Tf. XXI.
Fig. 11.).. Vermöge ihrer Gelenkgruben können die ersteren
nur zu den mit kleinen Warzen bedeckten Palaechinus - Tafeln
gehören, die zweiten zu den grossen Stachelwarzen der
Archaeocidaris-Platten.
Breite und Höhe der Palaechinusartigen Tafeln 4—5 Mm.
Dicke derselben 2—3 Mm. Fig. 3.
Breite und Höhe der Archaeocidarisartigen Tafeln 6— 8Mm.
Dicke derselben „—1l Mm. Fig. 4.
Breite und Höhe der Ambulacral-Tafeln 2—3 Mm. Dicke der-
selben 1 Mm. Fig.5. a von innen, b von aussen, cim Durchschnitt.
Länge der zu den Palaechinus-Tafeln gehörigen Stacheln
10 Mm. Fig. 1. !
| Länge der zu den Archaeocidaris-Tafeln gehörigen Stacheln
16 Mm. Fig. 2. |
441
Die Erhaltungsweise erlaubt nicht, genauere Kenntniss der
Form und Zusammensetzung des Thieres zu erlangen.
r
| i SD oO:
1 2 3 En:
5
Ausserdem legte Redner aus dem Diluvium von Tempel-
hof vor: Mactra solida, Valvata piscinalis, Pisidium amnicum
und die bekannte diluviale Paludina; er machte darauf auf-
merksam, dass also hier See- und Suss-Wasser-Mollusken ge-
mischt im Diluvialkies vorkommen.
Herr LoTTser legte aus der Sammlung”der Bergakademie
zwei sehr schone, dem bekannten Vorkommen von Fontaine-
bleau ähnliche Stufen sogenannten krystallisirten Sandsteins
vor, welche vor Kurzem mit einem Betriebe der Friedrichs-
Bleierz-Grube bei Tarnowitz in einer mit tertiärem Sande er-
füllten Kluft des dortigen Muschelkalkes angetroffen worden sind;
das eine Stuck zeichnet sich durch eigenthüumliche, anscheinend
gesetzmässige Gruppirungen mehrerer Rhomboeder aus, über
deren Gesetz weitere Mittheilung vorbehalten wurde. Ferner
Hatchettin aus den Steinkohlengruben von Wettin, über
dessen Vorkommen WAGNER im vorigen Jahrgange des Neuen
Jahrbuchs für Mineralogie ausführlich Nachricht gegeben hat —
nebst einer Probe des in den dortigen Abbauen vorkommen-
den Erdöls. Redner bemerkte mit Bezug auf den WAGnER’-
schen Aufsatz, dass nach einem in der Sammlung der Berg-
Akadmie befindlichen Stucke das im 23. Bande von KARSTEN
und v. DECHEN’s Archiv für Mineralogie u. s. w. durch BRESLAU
von den genannten Gruben beschriebene Mineral nicht Ozokerit,
sondern ebenfalls Hatchettin gewesen, und daher dieser Fund-
ort des Ozokerits zu streichen sei. — Derselbe zeigte ferner
aus Steinkohlengruben des Reviers Nicolai in Oberschlesien
Middletonit, welcher dünne Ueberzüuge auf den Kluftflächen
der Kohle bildet, und ein Exemplar der sogenannten Augen-
kohle eben daher.
Herr RAmMELSBERG sprach über die Zusammensetzung der
=»
442
Feldspathe mit besonderer Beziehung auf die kürzlich er-
schienene Arbeit von TscHERMAK. Die Annahme, dass die als
Oligoklas, Andesin und Labrador bezeichneten kalk- und
natronhaltigen Glieder isomorphe Mischungen von Albit und
Anorthit seien, hat sich bei einer Berechnung der vorhandenen
Analysen, welche der Vortragende für diesen Zweck unter-
nommen hat, unzweifelhaft als zulässig ergeben, insofern in
diesen Feldspathen mit der Zunahme des Natrons eine ent-
sprechende der Kieselsäure stattfindet, die bisherige Annahme
also, dass im Oligoklas und Labrador nur ganz bestimmte
Säuremengen enthalten sind, nicht mehr statthaft ist, was
jedoch nicht hindert, die bisher gebräuchlichen Namen für
solche Zwischenglieder beizubehalten. Redner wies nach, wie
TscHermaR’s Ansicht, welche in Resultaten zahlreicher Ver-
suche ihre Stutze findet, wesentlich verschieden sei von früheren
hypothetischen Ansichten ähnlicher Art, zugleich aber suchte
er die Annahme TscHernar’s zu widerlegen, dass jeder Na-
trongehalt im Orthoklas Folge einer Verwachsung mit Albit,
jeder Kaligehalt im Albit, Anorthit u. s. w. Folge einer Ver-
wachsung mit Orthoklas sei.
Hierauf ward die Sitzung geschlossen.
v. w. 0.
G. Rose. Berkich. Rorn.
3. Protokoll der Juli-Sitzung.
Verhandelt Berlin, den 5. Juli 1865.
Vorsitzender: Herr G. Rose.
Das Protocoll der Juni-Sitzung wird verlesen und ange-
genommen. x
Der Gesellschaft ist als Mitglied beigetreten:
Herr Max von nem Borne, Rittergutsbesitzer zu Ber-
neuchen bei Neudamm
vorgeschlagen durch die Herren G. Rose, BEYRICH
und LoTTneEr.
Für die Bibliothek sind eingegangen:
A. Als Geschenk.
443
Address at the Anniversary Meeting of the Royal Geogra-
phical Society, 22. May 1865.
Reuss: Zur Fauna des deutschen Oberoligocäns. Erste
Abtheilung (Abdr. aus Bd. L. Sitzgb. Akad. in Wien).
Reuss.. Desgl. zweite Abtheilung.
Trautscuorn: Der Inoceramen-Thon von Ssimbirsk. Moskau
. 1865. (Nebst gedruckter Correspondenz aus dem Waldai, ge-
‚ richtet an Dr. AUERBACH.)
Sracun: Geologisches Landschaftsbild des istrischen Küsten-
landes.
StAarıng. Opmerkingen over het zanddiluvium van Noord-
Duitschland, Nederland en Belgie. Amsterdam 1865. — Sep.
An6enLo Oontı DI FERRARA: Il Monte Mario ed i suoi
Jossili subapennini. Roma 1864.
Bous : Bibliographie der künstlichen Mineralien-Erzeugung
(Sep. aus LI. Bd. Sitzgb. Akad. zu Wien.) "
Bou&: Ueber den wahrscheinlichen Ursprung des mensch-
lichen Geschlechtes, nach den jetzigen naturhistorischen Kennt-
nissen, sowie auch über den paläontologischen Menschen.
(Desgl.)
Bovs: Einige Bemerkungen über die Physiognomik der
Gebirgsketten, der Gebirge, der Berge, der Hügel, der
Thaler, der Ebenen, sowie der verschiedenen Felsarten —
ibid. Bd. L. |
Bou£: Ueber die säulenförmigen Gesteine, einige Porphyr-
distriete Schottlands, sowie über die vier Basaltgruppen des
nördlichen Irlands und der Hebriden. — Ibid. Bd. XLIX.
Bovs: Ueber die neuen Karten der zwei serbischen Kreise
von Uschitze (Ujitze) von STEPHAN ÖOBRADOVITSCH und von
Knjesevatz (ehemals Gorguschowatz) von R. Kıro. — Ibid.
Bov&: Der albanesische Dein und die Geologie Albaniens,
besonders seines tertiaren Beckens. — Ibid.
GumgeL: Die Nummuliten-führenden Schichten des Kressen-
berges in Bezug auf ihre Darstellung-in der Lethaea geognostica
von Südbaiern. | 2
GumßeEL: Die geognostischen Verhältnisse des frankischen
Triasgebietes. — Sep. Abdr. aus Bavaria, IV. Bd.
T. C. WikLer: Musee Teyler. Catalogue systematique
de la collection paleontologique. 3eme Livr,
444
Erläuterung zur Flötzkarte des Saarbrücker Steinkohlen-
Distrietes.
Ein Blatt Profile zu der Flötzkarte des Saarbrücker Stein-
kohlen-Districtes. ;
GıuseppE Ponzı: Sopra i diversi periodi eruttivi determinati
nell’ Italia Centrale. Roma 1864.
Gıuseppr Ponzı: Il periodo glaciale e Vantichita. del l’uomo
ultimo brano di storia naturale. Roma 1865.
GıuseppE PonzI: Dell’ Aniene e dei suoi relitti. Roma 1862.
B. Im Austausch.
Vierzehnter Jahresbericht der naturhistorischen Gesellschaft
zu Hannover, von Michaelis 1863 bis dahin 1864. Hannover 1865.
. The Canadian Naturalist and Geologist. New Series Vol. II. No.2.
Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der preussi-
schen Rheinlande und Westfalens. Jahrg. 21. Dritte Folge.
Bd. 1. Erste und zweite Hälfte. Bonn 1864.
Jahrbuch der K. K. Geolog. Reichsanstalt. 1865. XV. Bd.
Nrl# |
The Quarterly Journal of the Geological Society. Vol. XX1.
Part 2. No. 82.
Bulletin de la sSociete Geologique de France. Deuxieme
Serie. T. 21. Fig. 24—28. T. 22. Fig. 1—17.
Anmales des Mines 6. ser. VI. 6. V11.].
Mittheilungen aus Justus Perrazs’ Geographischer An-
stalt. 1865. V.
ErMAN: Archiv für die wissenschaftliche Kunde von Russ-
land. Bd. 24. Heft 1.
Verhandlungen und Mittheilungen des siebenbürgischen
Vereins für Naturwissenschaften zu Hermannstadt. Jahrg. XIV.
(1863) Nr. 7—12. — Jahrg. XV. (1864).
Correspondenzblatt des Vereins fur Naturkunde zu Pres-
burg. II. Jahrg. 1863.
Würtembergische naturwissenschaftliche Jahreshefte. Zwan-
zigster Jahrg. 2. und 3. Heft. — 21 Jahrg. 1. Heft.
.K. K. Geograph. Gesellschaft. Sitzung vom 9. Mai 1865
(in Duplo).
. Verhandlungen der K. K. Geolog. Reichsanstalt. Sitzung
vom 13. Juni 1865.
Aus der Correspondenz der Gesellschaft wurde zum Vor-
trage gebracht: ’
445
Ein Schreiben von Herrn SEnoNER in Wien, worin der-
selbe mittheilt, dass Herr Rıcaccı in Rom sich im Besitz eines
grossen Theiles der am Monte Mario aufgefundenen Fossilien
befindet, und auf einen Austausch einzugehen Willens ist;
Ein Schreiben des Herrn Bergrath BıscHor Ill. zu Dessau
mit der Anzeige, dass zu Dessau eine geologische Sammlung
für die Anhaltinischen Herzogthumer, nebst einer reichen
Sammlung künstlicher Mineralien aufgestellt worden ist, zu
deren Besichtigung eingeladen wird.
Herr Bryrich sprach über die Zusammensetzung des Roth-
liegenden am südlich Harzrande und im Kyffhäusergebirge und
über die Zusammensetzung der Zechsteinformation mit beson-
derer Rücksicht auf die Lagerung des Gypses in derselben.
Der Umstand, dass Gyps und Anhydrit mit den zugehörenden
Ablagerungen am südlichen Harzrande in grosser Erstreckung
und in ungestörter Lagerung durch die Erosion der Thäler
blossgelegt wurden, macht es möglich die Zusammensetzung.
der oberen, den Gyps einschliessenden Abtheilung der For-
mation in dieser Gegend schärfer zu bestimmen, als es in der
Mansfelder Flötzmulde möglich war, auf welche sich grossen-
theils die älteren Beobachtungen FREIESLEBEN’s beschränkten.
Die untere Abtheilung der Formation besteht aus den überall
regelmässig einander folgenden Gliedern des Weissliegenden,
des Kupferschiefers und des Zechsteins, welchem letztern zum
Theil der sogenannte Rauhstein zuzurechnen ist, soweit der-
seibe nämlich ein regelmässig geschichtetes, dem Zechstein
unmittelbar folgendes Gestein ist und nicht zu den mannich-
faltigen und überall unregelmässig gelagerten Zersetzungs- und
Umwandlungsprodukten gehört, welche der Veränderung des
Anhydrites in Gyps und der späteren Auswaschung des Gypses
ihre Entstehung verdanken. Dies Weissliegende hat von Sanger-
hausen bis Lauterberg und ebenso am Kyffhäusergebirge die
gleiche conglomeratische Beschaffenheit, in welcher dieses For-
mationsglied am Rande des Thüringer Waldes wieder auftritt.
Die obere Abtheilung der Formation lässt sich in 2 Stufen
‘ theilen, eine untere, zu welcher die Mehrzahl der mächtigen
Anhydrit- und Gypsmassen des südlichen Harzrandes gehört,
und eine obere Stufe, welche wesentlich aus braunen und
blauen Letten zusammengesetzt ist. Für die untere Stufe sind
zwei Distrikte zu unterscheiden, ein östlicher und ein westlicher,
446
für welche ein verschiedenes, innerhalb des Distriktes aber
constantes Gesetz der Zusammensetzung gültig ist. Das Zorge-
Thal bildet am Harzrande die Grenze zwischen dem östlichen
und westlichen Distrikt; das Kyffhäusergebirge gehört in seiner
Hauptmasse dem östlichen Distrikt an. Für den östlichen Distrikt
ist die Erscheinung des im Westen ganz fehlenden Stinksteins be-
zeichnend, d. i. das von FREIESLEBEN als „lagerartiger Stinkstein*
beschriebene, regelmässig geschichtete, dunnschiefrige, versteine-
rungsleere Gestein, welches zur Unterscheidung anderer eben so
genannter Gesteine besser Stinkschiefer genannt werden könnte.
Dieser Stinkschiefer bildet ein Lager mitten im Gypsund erscheint
nur da entweder aufliegend auf Gyps, ohne von Gyps bedeckt
zu sein, oder von Gyps bedeckt und unmittelbar auf Zechstein
liegend, oder ganz ohne Gyps, wo entweder nur der obere
Gyps oder nur der untere Gyps oder sowohl der untere wie
der obere Gyps vollständig fortgewaschen wurden. Die ursprüng-
liche gesetzmässige Einlagerung des Stinkschiefers im Gyps
ist vielfach westlich des Thyra-Thales ebenso wie an der Sud-
seite des Kyffhäusergebirges nachweisbar. Westlich des Zorge-
Thales, wo der Stinkschiefer fehlt, liegt über der ungetheilten
mächtigen Gypsmasse als Decke ein ausgezeichneter Dolomit,
welcher an vielen Punkten von Versteinerungen erfullt ist und
welchem auch die zuerst von v. MIELECKI aufgefundenen Fund-
orte am Kohnstein bei Nordhausen und am Mühlberge bei
Nieder-Sachswerfen angehören. Im westlichen Distrikt besteht
demnach die Formationsstufe nur aus einem unteren mächtigen
Anhydrit oder Gyps und darauf liegendem Dolomit, im öst-
lichen aus unterem Gyps, Stinkschiefer und oberem Gyps.
Nur in einer schmalen Zone, wo die beiden Distrikte aneinander-
stossen, so bei Grimderode nahe Nordhausen und westlich
des Kyffhäusergebirges am Stöckei kommen Stellen vor, wo
man gleichzeitig Stinkschiefer und muschelführenden Dolomit
antrifft; der westwärts den Gyps bedeckende Dolomit schiebt
sich hier über den dem Gyps eingelagerten Stinkschiefer ein;
so dass eine eigenthüumliche lokale Complicirung der Profile
entsteht, wie Aehnliches anderwärts vorkommt, wo zweierlei
Entwickelungsformen einer und derselben Formationsstufe in-
einandergreifen. Die oberste, wesentlich aus Letten zusammen-
gesetzte Formationsstufe ist längs des ganzen südlichen Harzrandes,
wie am Kyffhäusergebirge gleichmässig entwickelt und ver-
447
breitet; den Letten eingelagert zeigen sich’ dunne Kalkstein-
banke von eigenthüumlicher petrographischer Beschaffenheit,
hier und da Dolomitlager und sehr unregelmässig Gyps theils
lagerartig, theils stockförmig.
Herr v. Könen sprach über eine Arbeit über Versteine-
rungen des asiatischen Russlands, welche von H. Asıch 1858
in den Memoires der Petersburger Akademie veröffentlicht
worden ist; es befinden sich darin Pflanzenreste, Kreideverstei-
nerungen und Tertiärconchylien, und vorzüglich diese erregen
besonderes Interesse. Sie stammen sämmtlich, 35 an der Zahl,
aus thonigen und mergelisen Schichten, welche am Aralsee
über den Nummulitenkalken liegen, und sind theils typisch
unteroligocäne Formen, wie /socardia multicostata NYsT., Voluta
suturalis NYsT., (V. suspensa ABıcH non Cor.) Ostrea ventila-
brum GoLDpF., theils solche, die auch im Unteroligocän vor-
kommen, nur 2 oder 3 Arten erscheinen fremd. Jedenfalls
gewinnt es hiernach den Anschein, als ob diese Schichten
dem englischen, belgischen und norddeutschen Unter -Oligocän
gleich zu stellen wären, und ist es dabei einigermaassen
auffallend, dass wir zur Zeit des Unter- Oligocäns über eine
so grosse Erdoberfläche, wie die angeführte, so wenige Unter-
schiede in der Fauna finden.
448
ß. Briefliche Mittheilungen.
1. Herr H. Traurscnoıw an Herrn Rorn.
Moskau, den 16. Juli 1869.
In der ersten Arbeit, welche ich in diesen Blättern über
die jurassischen Ablagerungen in der Umgegend von Moskau
veröffentlicht hatte (der Moskauer Jura, Jahrgang 1861), war
von mir die Ansicht p’OrBıenY’s angegriffen, dass dieselben
nur das französische Terrain oxfordien vepräsentiren. Ich hatte
es ausgesprochen, dass der Moskauer Jura sowohl Fossilien
tieferer westeuropäischer Schichten als auch Fossilien höherer
zu enthalten scheine. Es sind seitdem Jahre verflossen, und
ich habe nicht aufgehört, die mir zugezählten Mussestunden
dem weiteren Studium dieser interessanten Gebilde zu widmen.
Im Ganzen hat sich mit Sicherheit herausgestellt, wie ich auch
früher schon angedeutet, dass der Russische Jura eine strengere,
ins Einzelne gehende Parallelisirung nicht verträgt, und dass
seine charakteristischen Thiere kaum eine ungefähre Einreihung
in das Westeuropäische System gestatten. Aber im Laufe der
Untersuchung hat sich auch erwiesen, dass der Russische Jura
sich nach oben an Kreideschichten anschliesst, und dass er
selbst einen ununterbrochenen Complex von Schichten dar-
stellt, die durch gemeinsame Species miteinander verbunden
sind. Aus der Mächtigkeit dieses Complexes lässt sich anderer-
seits der Schluss ziehen, dass seine Ablagerung nicht während
der ganzen jurassischen Zeit stattgefunden hat. Diese Um-
stände zusammengenommen, weisen auf den oberen Theil der
Juraformation. Nichtsdestoweniger _bleibt die Thatsache be-
stehen, dass es -gewisse Formen von Seethieren in unseren
Schichten giebt, welche sich in Westeuropa nur in den tieferen
Lagern befinden: eine Anomalie, die ihre Lösung nur in der
Annahme findet, dass gewisse Organismen eine längere Lebens-
dauer haben, als die Gelehrten bisher gewöhnlich zugelassen.
In jeder unserer Schichten erscheint die Gesammtheit der Arten
449
wie eine Mischung verschiedener Westeuropäischer Faunen
nnd diese scheinbare Mischung dürfte wohl nicht anders er-
klärt werden können, als dass durch günstige Umstände das
Leben der Art verlängert ist. Meine Untersuchungen konnten
überhaupt nur zweierlei Resultat haben: sie mussten entweder
zu dem Beweise der Identität mit den Westeuropäischen
Schichten führen, oder sie mussten den Beweis liefern, dass
die Annahme der Beschränkung der Species auf bestimmte
Ablagerungen, dass die Annahme von Leitfossilien (Leitarten)
für bestimmte Schichten (in der Zeit) ein falsches Axiom ist.
Das Axiom mag seine volle Geltung haben auf beschränkten
Räumen, über die ganze Erde gewiss nicht. Für die ganze Erd-
oberfläche ist nur dem generellen Charakter der Faunen oder
Floren zeitbestimmende Kraft zu vindieiren. Nach ihrem Cha-
rakter aber weisen die Russischen in Rede stehenden Schichten
auf den eigentlichen Jura mit Ausschluss des Lias, auf wenig
mehr.
Lässt man die neuen Species und die liassischen und
unteroolithischen und die mit ihnen verwandten Arten , wie
Rhynchonella furcillata, Terebratula vicinalis, Bhynchonella variabilis
und Ammonites Amaltheus aus dem Spiele, und erhebt man die
Ammoniten zu maassgebenden Leitfossilien, so würde der ganze
Moskauer Jura nebst der Inoceramenschicht von Ssimbirsk die
Periode des deutschen weissen Jura darstellen. Denn A.
alternans, der häufigste Ammonit der unteren Schicht in Moskau,
A. virgatus (A. polyplocus) und A. bifurcatus, Leitfossilien der
mittleren Schicht sind in Deutschland Repräsentanten des
weissen Jura. Auch ist Prof. OrpeL, der gründliche Kenner
und Bearbeiter der Juraformation, der Meinung, dass der
Russische Jura im Ganzen dem oberen Oxford und Kimme-
ridge bis zum Purbeck correspondire. Aber Herr OrrpeEu hat
noch nicht die Fossilien der tiefsten Schichten und nicht die
des Inoceramenthones gesehen. Schon die Schichten des glanz-
körnigen Sandsteins von der Oka mit Ostrea Marshü und
Gryphaea dilatata var. lucerna tragen im Allgemeinen das Ge-
präge des Oxford, und der A. Lamberti, den ich vor zwei
Jahren in tieferen Lagen bei Kineschma gesammelt, so wie
der von Herrn SABAarTıER an der Oka gefundene A. lunula
weisen sogar auf Kelloway. Die unterste Schicht der Jura-
formation in Russland ist von bedeutender Mächtigkeit, und ihr
450
Gestein ist an den meisten Orten von oben bis unten homogen.
Es scheint, dass in den oberen Lagen A. alternans vorherrscht,
in den mittleren A. cordatus, in den tiefsten A. Tschefkini mit
A. Lamberti und A. lunula. Willich auf diese Individuen fussen,
so wurde ich sagen müssen, dass die tiefsten Lagen des Russi-
schen Jura dem Kelloway parallel sind, die mittleren und
oberen Lagen der Gryphäenschicht (der untereh Schicht) dem
Oxford entsprechen würden, dass die Virgatus- und Aucellen-
schicht ungefähr dem Kimmeridge, und die Inoceramenschicht
annähernd dem Portland gleichzeitig sein würde. In Bezug
auf den deutschen Jura dürfte annähernd richtig sein, wenn
wir den Anfang unserer Jurazeit in die Mitte des braunen Jura
stellen. Immerhin ist diese Coordination nicht bestimmt aus-
geprägt; für sich allein genommen, hat unsere Aucellenschicht
nicht den Charakter des Kimmeridge; die Ammoniten lassen
uns hier im Stich, denn es hat sich erwiesen, dass unser A.
Koenigüü D’ORB. nicht identisch ist mit dem A. Koenigü Sow.
(nach Morrıs synonym mit A. mutabilis) des englischen Kello-
way, nnd die Formen der Terebratula verweisen mindestens
auf Kelloway und Oxford, denn zu ihnen gehören T. ornithoce-
phala, umbonella und vicinalis. Es ist also hier mehr die
Stellung der Schicht, als die Fauna derselben, welche ent-
scheidet, und ähnlich verhält es sich mit der Inoceramenschicht,
in welcher A. coronatus, A. striolaris und A. polyplocus vor-
kommen. Es geht hieraus auf das Augenfälligste hervor, wie
unthunlich es ist, die einzelnen Schichten unseres Jura den
Unterabtheilungen des deutschen, französischen und englischen
Jura anzupassen. Die Bedingungen, unter welchen sich in
Russland die Meeressedimente abgesetzt haben, waren andere
als in Westeuropa, und schon der Umstand allein, dass fast
während der ganzen Jurazeit und fast im ganzen Bereiche des
Russischen Jurameeres sich Thonschlamm niedergeschlagen
hat, nnd dass Kalkniederschläge und Sandanschwemmungen
sich nur während verhältnissmässig kurzer Zeiträume gebildet
haben, ist von grossem Belang. Von wie grossem Einfluss
die Bestandtheile, welche dem Russischen Jurameere zugeführt
wurden, für die damaligen Meeresbewohner waren, geht daraus
hervor, dass Muscheln und Cephalopoden zwei heterogene
Absätze, ein Kalk- und ein Pflanzensediment, überdauert haben,
um in dem Thonschlamm des spätesten Absatzes wieder zu
451
erscheinen. Unsere Gryphäenschicht, die weitverbreitetste aller
Russischen Jurasedimente, und die Inoceramenschicht von
Ssimbirsk bestehen der Hauptsache nach ganz aus Thon, und
in ihnen ist wesentlich die ganze Jurazeit repräsentirt. In
diesem regelmässigen, allmäligen Absetzen von Thonschlamm
trat nur eine kleine Pause ein, gleichsam ein Zwischenspiel
neuer Faunen, hervorgerufen durch neue Bestandtheile, die
dem Meerwasser zugeführt wurden. Es ist in der That höchst
merkwürdig, wie plötzlich, sobald das Wasser reicher an Kalk
wurde, sich das uppigste Thierleben entfaltete, eine Fauna,
so reich an Individuen, dass die Bewohnerschaft des Schlamm-
meeres sich höchst dürftig daneben ausnimmt. Es ist, als
wäre damals die producirende Kraft der Natur lange Zeit zu-
‚rückgehalten und hätte bloss des neuen Nahrungsmittels ge-
wartet, um das Vielfache des fruher Existirenden zu erzeugen.
Und diese verstärkte Produktion fand nicht nur im flachen
Meere und am Gestade statt, wie bei Moskau, sondern auch
an tieferen Stellen, wie bei Ssimbirsk und Kaschpur; auch
dort ist der ganze Kalk oder Mergel mit Aucellen- und Ammo-
nitenschalen angefüll. Freilich bleibt noch die andere Er-
klärung, dass Kalk und Pflanzen längere Zeiträume zum Ab-
satz gebraucht haben als der Thon. Denn die Periode der
Virgatusschicht ist auch erstaunlich reich an Orbicula und an-
deren Muscheln, die, flach gedrückt, sich jetzt auf den Ab-
sonderungsflächen des lignitartigen Gebildes am Ufer der Wolga
bei Ssimbirsk finden. Aber auf diese kurzen Zwischenspiele
mit reicherer Ausstattung, mannichfaltigerer Scenerie und über-
aus zahlreichem Personale folgt dann wieder ein Thonmeer,
dessen Bevölkerung wieder an Individuenzahl bedeutend ab-
nimmt. Es genügt auf diese Vorgänge hinzudeuten, um zu
beweisen, dass verschiedene Ursachen verschiedene Effeete
haben müssen, oder dass wir nicht Gleichheit mit Westeuropa
verlangen können, wenn Ungleichheit der Bedingungen des
Werdens vorhanden war. Die Einflüsse, welche sich in West-
europa auf das Thierleben geltend machten, waren mannich-
faltiger, daher die grössere Zahl verschiedener Faunen und
die grössere Mannichfaltigkeit innerhalb dieser Faunen. Wenn
aber die Einförmigkeit der äusseren Einflüsse im Russischen
Jurameere und die lange Dauer derselben Ursache der Ein-
formigkeit und der Armuth an Arten gewesen ist, so haben
452
sie doch nicht verhindert, dass im Laufe der Zeit selbst unter
unveränderten Lebensbedingungen eine Art an die Stelle der
anderen getreten, eine neue Art einer aussterbenden gefolgt
ist. Aber dieser Wechsel der Arten ist ein sehr allmäliger
gewesen, hat sich nicht auf alle Arten erstreckt und ist nicht
im Entferntesten mit einem Faunenwechsel zu vergleichen.
Nach dem Gesagten scheint es denn, dass ich keinen
grossen Irrthum begehen werde, wenn ich annehme, dass die
bis jetzt bekannt gewordenen jurassischen Sedimente Gross-
russlands der oberen Hälfte des braunen und dem ganzen
weissen Jura Deutschlands der Zeit nach entsprechen. Zwar
sind die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen und es
wird noch Manches zu erforschen, Manches zu beschreiben
geben, bis unsere Kenntnisse so weit vorgerückt sind wie die
über den deutschen, französischen und englischen Jura, aber
da meine Freunde iu der Wissenschaft mir schon wiederholt
ihre Verwunderung darüber ausgedrückt haben, dass ich nach
so mancherlei Arbeiten noch zu keinem bestimmteren Resultate
gekommen sei, habe ich mich entschlossen, vorläufig ‚obige
Formel meiner Erkenntniss zu geben.
Ich habe schon erwähnt, dass Herrn Professor OPPp&w's
Ansicht über den Russischen Jura ein wenig von der meinigen _
abweicht, indem er annimmt, dass derselbe nicht bis zum
unteren Oxford und Kelloway hinabreicht; ich habe oben diese
Meinungsverschiedenheit zu erklären gesucht. Ein anderer Ge-
lehrter indessen hat nicht ohne Frohlocken verkündigt, dass
er meine Ansichten über den Russischen Jura für gänzlich
irrig halte, und dass die Virgatus- und Aucellenschicht gar
nicht zum Jura gehörten, sondern dass es Schichten der Kreide-
formation seien. Herrn v. EicHwALD, so heisst dieser Gelehrte,
gilt als Hauptstütze seiner Meinung, dass in den beiden an-
geführten Schichten das Gestein zum Theil ein Grünsand-ähn-
ches Gebilde ist, ferner, dass in der Virgatusschicht sich ein
Rudist findet. Aber Grünsand ist nicht allein schon in den
silurischen, sondern auch in den tertiären Schichten und selbst im
englischen Jura nachgewiesen. Es hat demnach durchaus nichts
Auffallendes, dass er sich auch im Russischen Jura findet,
Was aber den angeblichen Rudisten, nach Herrn v. EıcHwaup
einen Radiolites, angeht, so ist der Urheber der neuen Art
nicht im Stande gewesen, nachzuweisen, dass die Schale zwei-
453
klappig ist; der vermeintliche Deckel war vom Gestein ver-
deckt. Da an meinen Exemplaren nichts vom Gesteine ver-
hüllt war, so ist es mir möglich gewesen zu sehen, dass der
organische Körper nicht aus zwei Stücken, sondern aus einem
besteht, und dass er die Structur einer Koralle hatte. Ich
meinerseits fand nichts Auffallendes in der Anwesenheit einer
Koralle, aber der Phantasie des Herrn v. EICHwALD wuchs aus
dem von Grünsand umgebenen Rudisten eine üppige Kreide-
fauna entgegen.
In meiner Antwort auf diese sonderbaren Behauptungen
des Herrn von EıcHwALp hatte ich gesagt (Bullet. de Moscou
1861. IV), dass ich 20 Fossilien der Charaschower Aucellen-
schicht für identisch mit westeuropäischen Juraspecies halte,
und wenn Herr v. EıcHwALp mir in derselben Schicht 21
Kreidethiere nachweisen könne, wollte ich gern glauben, dass
unsere Aucellenschicht Kreide sei. Herr v. EicHwALp hat nun
in der That diesen Nachweis gegeben (die vorweltliche Fauna
und Flora der Umgegend von Moskwa. Bull. de Moscou 1862
I.), doch in einer Weise, die an die natürliche Magie ge-
wisser Künstler erinnert. Sein Verfahren bei der Umwand-
lung von jurassischen Fossilien in Kreidefossilien wird dem
Leser aus Folgendem sogleich klar werden.
Zu meinen zwanzig jurassischen Species aus der Aucellen-
schicht gehört Terebratula ornithocephala. In Bezug auf sie
sagt Herr von EıcahwALn, dass sie zwar von einigen Autoren
auch aus der Kreide aufgeführt sei, dass sie aber wahrschein-
lich eine neue Art darstelle. Wahrscheinlich!
In der mittleren Schicht hatte FAHRENKOHL eine grosse
Terebratel gefunden, die er einem Freunde zu Ehren 7. Michal-
novi nannte; RouıLter hatte sie 7. perovalis genannt, und ich
war dem Beispiele RovitLer’s gefolgt. Herr v. EicHwALp,
nachdem er ausdrücklich gesagt, dass diese Terebratel in der
mittleren (Virgatus-) Schicht gefunden, fuhrt sie nichtsdesto-
weniger als T. sella, eine Kreidespecies, unter seinen 21 Kreide-
fossilien aus der Aucellenschicht auf.
Was ich als Pecten demissus major aus der Aucellenschicht
beschrieben habe, erklärt Herr v. EıcHwALn für P. crassitesta.
Schon der Name spricht gegen die Richtigkeit dieser Behaup-
tung, denn die Schale des P. demissus major ist sehr dünn.
Ausserdem habe ich in meiner Beschreibung betont, dass die
454
Schale ganz glatt sei; bei P. crassitesta ist sie regelmässig und
tief concentrisch gestreift; endlich erreicht unser P. demissus
nie die Dimensionen von P. crassitesta.
Pecten nummularis der Aucellenschicht soll nach Herrn
v. EıchwALn P. orbicularis sein. . Aber die Diagnose des P.
orbicularis aus der Kreide lautet nach SowersyY (Mineral con-
chology franz. Ausgabe) stries concentriques saillantes, und bei
P. nummularis sind die concentrischen Streifen im Gegentheil
Furchen, Vertiefungen der Schale.
Ferner führt Herr v. EıcHwALp unter seinen 21 Kleias-
fossilien /noceramus sulcatus auf, indem er sich auf die Auto-
rität MURCHISON’s stützt, der in der Geology of Russia sagt,
dass er Formen bei Charaschowo gefunden habe, welche dieser
Kreidespecies ähnlich sehen. Aehnlichkeit ist noch nicht Iden-
tität, und die Moskauer Geologen und Liebhaber, die hundert-
mal Charaschowo besucht, haben niemals einen Inoceramus
sulcatus gefunden; Tausende von Fossilien sind durch ihre
Hände gegangen, und Niemand hat das für die Kreide so
wichtige Petrefact entdeckt. Ich selbst, der ich mich sehr ein-
gehend mit den COharaschower Fossilien beschäftigt und viel
gesammelt habe, bin gezwungen anzunehmen, dass Sir R.
Murcnison durch das Bruchstück irgend eines anderen Fossils,
vielleicht einer unserer grossen Rhynonellen an Inoceramus
sulcatus erinnert worden ist. In den Kram des Herrn v. EıcH-
WALD passt natürlich diese Kreidemuschel ausgezeichnet.
; Lima Phillippsii giebt Herr v. EıcHwALp für Lima Hoperi,
weil ihre Oberfläche fein und dicht gestreift ist und die Streifen
nicht punktirt, aber bei unserer L. Phillipsü sind die Streifen
punktirt.
Lima consobrina D’OrB. hält Herr v. EıcHwALp nicht für
identisch mit der Species gleichen Namens von Trouville; sie
ist zwar nach ihm nicht zu identificiren mit ZL. Royeriana der
Kreide, aber doch findet es Herr v. EıcHwALD für gut, sie
ohne Angabe der Gründe für eine Abart von L. Royeriana zu
erklären. .
S. 381 seiner Schrift rügt Herr v. EıcmwaLp, dass ich
in meinem Verzeichnisse nicht Astarte mosquensis aufgeführt.
Diese Art konnte aber in jenem Verzeichnisse nicht mit auf-
gezählt sein, da dasselbe nur Westeuropäische Arten enthielt,
welche in Russland vertreten waren. A. a. OÖ. hatte ich
!
£ Pr
455
übrigens schon bemerkt, dass wahrscheinlich diese Astarte
D’ORBIGNY’s eine Cyprina sein dürfte. Herr v. EichwaLp macht
zwei Arten Venus daraus, Venus faba und V. obesa. Ich muss
gestehen, dass es mir noch nicht möglich gewesen ist, ‚ein
Venusschloss an dieser Muschel zu entdecken. \
Cardium concinnum v. Buch erklärt Herr v. EıchwALn für
Cardium oder Protocardium Hillanum Sow. In der Mineral
Conchology von SOWERBY heisst es aber: „coquille couverte d’un
grand nombre de stries concentriques“; bei dem Cardium unserer
Aucellenschicht sind jedoch gar keine concentrischen Streifen
vorhanden.
Ammonites fulgens aus der Aucellenschicht ist nach Herrn
v. EıicHhwaLp A. Beudanti. Der letztere Ammonit aber, so
charakteristisch für den Grünsand, ist viel involuter als A.
Julgens, er hat viel verästeltere Lobenzeichnung, die Windungen
sind breiter und fallen steil am Nabelrande ab, auch wird er
viel grösser. Ammonites fulgens hat eine sehr dünne Schale,
die Windungen sind weniger involut, flach und am Nabelrande
zugeschärft, die Lobenzeichnung sehr wenig verästelt. Diese
gewaltsame Metamorphose ist veranlasst durch die Annahme des
Herrn v. EiCHWwALD, dass der Grünsand von Talizi und Stepanowo
identisch mit dem Aucellenlager von Charaschowo sei. Aus
welchem Grunde Herr v. EiICHwALD diese Identität annimmt, ist mir
noch unergrundetes Geheimniss, denn Fossilien, die beiden
Gebilden gemeinsam wären, sind noch von Niemand gefunden
worden, und die Gesteine von Talizi und Stepanowo sind
ganz und gar verschieden von der ÜCharaschower Aucellen-
schicht. Aber weil Herr v. EıchwaLn will, dass Verschiedenes
gleich sei, so wird auch /noceramus concentricus aus dem grünen
Thone von Talizi unter die 21 der Kreidegarde von Chara-
schowo gestellt, obgleich dort niemals ein Fossil gefunden ist,
was jenem Inoceramus ähnlich sähe.
So hat denn Herr v. EıcHwALD nicht bloss den einzelnen
Species Gewalt angethan, und willkührlich an ihre Stelle andere
gesetzt, sondern er hat sogar verschiedene Formationen, die
nichts Gemeinsames miteinander haben, zusammengeworfen.
Herr v. EıcmwaAALp hat sich indessen nicht damit be-
gnügt, die Charaschower Aucellenschicht der Juraformation zu
entreissen, er versucht dasselbe auch mit.der Virgatus-Schicht.
In der mittleren Moskauer Schicht ist ja eben die Heimath
Zeits. d. d.geol. Ges. XVII. 3, 30
A. ;
jenes merkwürdigen Rudisten ohne Deckel, der in grünem
Sande eingebettet ist, wie sollte denn das nicht Kreide sein!
Herr v. Eic#wALp nimmt demzufolge auch alle Arten der Vir-
'gatusschicht in seiner oben erwähnten Schrift durch, hängt
an jede „vielleicht“, „wahrscheinlich“, „möglicher Weise,
„möchte*, „könnte“, bekrittelt jede Bestimmung und bezweifelt
Alles, und kommt natürlich zu dem gewünschten Resultat, dass
die Virgatusschicht auch zur Kreideformation gehöre. Ja, wenn
tönende Worte vom hohen Olymp der Autorität herab gesprochen
die Wahrheit überwinden könnten!
Zum Schluss noch einige Worte zur Charakteristik des
Verfahrens des Herrn v. EıchwaLp im Verkehr mit Anderen.
Herr v. Eıcmwarp hat es mir in seiner mehrfach erwähnten
Schrift zum Vorwurf gemacht, dass ich Austausch der Meinungen
in brieflichen Besprechungen abgelehnt hätte (1. c. p. 357); hier-
auf habe ich Folgendes zu erwidern. Im Frühjahr 1862
wendet sich der gelehrte Professor mit der Bitte am mich,
ihm meine Sammlung von Fossilien aus der Aucellenschicht
von Charaschowo nach Petersburg zu senden. Dem Zuge mei-
ner deutschen Gutmüthigkeit folgend, schicke ich, was ich be-
sass. Hierauf Triumphgeschrei des Herrn v. EıcHwALD im
Bulletin der Moskauer Naturforscher - Gesellschaft, dass alle
meine Bestimmungen der’Species jener Schicht und die meiner
Vorgänger falsch seien. Nicht genug, ermuthigt durch meine
Willfährigkeit, macht mir Herr v. EıcmwarLp den Vorschlag,
nachdem er seine höchst eigenthumlichen Anschauungen über
die Moskauer Sedimente bereits veröffentlicht, die streitigen
Fragen mit ihm privatim zu erledigen. Ich fand diese Forde-
rung doch etwas zu naiv von der Seite eines Mannes, der ein-
gestandenermaassen nie eigene Beobachtungen im: Gouverne-
ment Moskau gemacht hatte, und ich glaube, dass ich in: wollem
Rechte war, dergleichen Anträge abzulehnen. Gedruckten fal-
schen: Behauptungen, die indirecete Anklagen gegen mich waren,
private Belehrung entgegenzusetzen, wäre doch etwas Schlim-
meres als Simplieität gewesen einem Manne, wie Herrn von
EıcHwALp, gegenüber:
Die. Wissenschaft ist der Weg, der zur Wahrheit fuhrt.
Wenn: man Leute, wie Herrn v.. EichwALp sprechen hört, sollte
man da nicht meinen, dass; sie auch zu anderen Zielen führt?
457
2. Herr Zeuscuner an Herrn Beyricn.
Warschau, den 15. Februar 1865.
In meinem Aufsatze über die Glieder des weissen Jura im
westlichen Polen hatte ich Zweifel gehabt, ob eigentlich das
unterste Glied « QUENSTEDT’s vertreten ist; paläontologische
Beweise waren dafür nicht vorhanden. Im verflossenen Som-
mer habe ich diese Gegenden speciell untersucht, und fand
meine Vermuthung vollständig gerechtfertigt. Die mergelige
Schicht des weissen Jura g ist nachzuweisen auf einer Strecke
von 4 Meilen, angefangen von Pomorzany bei Olkucz; sie zieht
sich im Halbkreis um den Muschelkalk und rothen Thon, den
Rorıer als Keuper bestimmt, und steht zu Tage an bei Ro-
daki, Grabowa, Miegowoniezki und Niegowonice. Ueber den
Mergel sind die geschichteten Kalksteine B abgesetzt und hier
und da das jungere Glied / und 5, welche ich nicht trennen kann.
Die weissgrauen Mergel von Rodaki sind mächtig entwickelt,
enthalten einige bestimmbare Formen, die aber nicht eigentlich
dieser Schicht angehören, söndern dem nächst darunter fol-
senden Kelloway-Gliede. Es sind Belemnites Calloviensis OPP.,
die flache Form mit einer tiefen mittleren Rinne und Ammo-
nites Herveyi mit sehr äusgeprägten Rippen, die sich in der
Nähe der Nabelkante spalten; bei Hutka Kanki, einem bei
Rodaki angrenzenden Orte, findet sich Ammonites biplex impressae
mit flachen Seiten. Aber die charakteristische in Schwaben
so häufige Terebretula impressa findet sich in der mergeligen
Schicht niemäls. Diese Terebratel findet sich zwar auch in
Polen, aber in der braunen Schicht zu Pomorzani, Rudniki,
Blanowice, Wlodowice, wo sie vereinzelt ist und gewöhnlich
grösser als die schwäbische und ganz ähnlich der von DAvı-
son abgebildeten. Weiter gegen Norden nehmen die Mergel
eine andere Physiognomie an, der kalkige Theil verdrängt den
thonigen und dieses Glied ist durch mergeligen Kalkstein mit
Mergel abwechselnd vertreten; hauptsächlich ist hier bezeich-
nend Ammonites Witteanus OrP., der niemals fehlt zu Bröw,
Blanowice, Rudniki, Wlodowice. Noch weiter nördlich verliert
sich ganz die mergelige Schicht «, oder sie lässt sich nicht
nachweisen; bei Czenstochawa, Klobucko kann keine Spur davon
beobachtet werden.
30 *
458
3. Herr K. V. SEEBACH An, Herrn Rorn.
S. Jose de Costa rica den 25. Februar 1865.
Hier hat seit drei Wochen der Vulkan Turrialba sich wie-
der geregt und diese ganze Zeit lang fast täglich Asche aus-
geworfen, die von dem Nordost getragen sich weit über das
Thal von S. Jos& verbreitete. Mehrere Erdbeben, von denen
nur dasjenige am ... einigermaassen bedeutend zu nennen
war, begleiteten diese Eruptionen. Jetzt scheint er sich wieder
etwas beruhigt zu haben, da wenigstens der Aschenregen auf-
gehört hat, und ich werde daher morgen nach Carthago reiten
und eine Besteigung versuchen.
Von meiner Reise durch Guanacaste und Nicaragua am
Südabhange der Vulkanreihe werde ich demnächst berichten.
Für heute bloss, dass ich in den Seen von Apoya bei Granada
und von Tiscape bei Managua Explosionskratere, Maare, ge-
funden habe. Die ganze Gegend besteht aus einem eigenthum-
lichen deutlich geschichteten trachytischen Tuff, der hier Oas-
£ajo genannt wird. In diesen sind dann die beiden Seen ein-
gesenkt; der grössere Apoya ist elliptisch, die grössere Axe
parallel der Richtung der Vulkanreihe, etwa 1- Seemeile lang,
die kürzere etwa 1 Seemeile; die Tiefe des Wasserspiegels
über den fast horizontalen Rand schätzte ich auf 500 Fuss; der.
Abfall ist sehr steil, zuweilen fast senkrecht. Der kleinere
Tiscapa ist fast kreisrund, über ihn hat Oapitain Pimm auf
dem Report of the Bath-meeting der brittischen Gesellschaft zur
Beförderung der Wissenschaften ausführlichere Mittheilung, ge-
macht. Ich kann diese Beobachtungen nur bestätigen. Das
gelegentliche Auftreten von Spuren fortdauernder aber sehr
schwacher vulkanischer Thätigkeiten wird in ganz ähnlicher
Weise auch von dem Apoya behauptet. Die Auswuürflinge der
Explosion dieser beiden Kratere lassen sich wegen der dich-
ten Vegetation und wegen der «a priori zu erwartenden Iden-
tität derselben mit dem Cascajo. und seiner verschiedenartigen
Einschlüsse nicht mehr erkennen. Die Ränder der Seen sind
entweder gar nicht oder doch nur unmerklich aufgehöht.
Ueber meine Besteigung des Vulkans von Massaya und
des Felica, sowie über einen vergeblichen Versuch die Spitze
des Momotombo zu erreichen, hoffe ich mit der nächsten Post
berichten zu können.
a ae!
6. Aufsätze.
I. Die Fauna der unter-oligocänen Tertiärschichten von
Helmstädt bei Braunschweig.
Von Herrn v. Koenen.
Hierzu Tafel XV. und XVI.
Einleitung.
Nachdem zuerst Graf Musster und GoLpruss und dem-
nächst Nyst die norddeutschen und belgischen Tertiärversteine-
rungen durch Beschreibung und Abbildung einigermaassen
bekannt gemacht hatten, folgten zwei Arbeiten PmiLippr’s,
„Beiträge zur Kenntniss der Tertiärversteinerungen des nord-
‚ westlichen Deutschlands“, (Cassel 1843) und „Verzeichniss der
in der Magdeburger Gegend aufgefundenen Tertiärversteinerun-
gen“ (Palaeontographica I. 1851), welche zugleich den, wenn
auch wenig erfolgreichen Versuch enthielten, das Alter der
"betreffenden Schichten festzustellen. Inzwischen hatte Dumont
die belgischen Tertiärschichten untersucht und durch sorgfältige
Beobachtungen der Ueberlagerungen das relative Alter dersel-
ben festgestellt, sowie sie in l1O verschiedene „Systeme“ ein-
getheil. Das Ergebniss. der Dumont’schen Arbeiten stellte
demnächst Sir CH. LYELL in seiner Arbeit „On the tertiary
strata of Belgium and French Flanders“ (Quarterly Journ. 1852
p. 277) sehr klar und übersichtlich zusammen mit Hinzufü-
gung von Beiträgen von NysT, DE WıasrL und vorzüglich von
Bosquet, welche besonders einen Ueberblick über die Faunen
der einzelnen Schichten gewährten.
Auf diese Arbeiten gestützt, wies Herr BEyrRIcH in einigen
ausgezeichnet klaren und präcisen Aufsätzen*) den norddeut-
*) 1) Einleitung zu: Die Conchylien d. norddeutschen Tertiärgeb.
(d. geol. Zeitschr. Bd. V. S. 273). 2) Ueber d, Stellung der Hess.
\
schen Tertiärschichten ihren Platz in dem belgischen Schichten-
system an, und stellte dabei sehr zweckmässig zwischen das
Lyeır’sche Eocän und Miocän noch einen Abschnitt, das
„Oligocän“*, für Schichten, welche nur in Norddeutschland alle
vorhanden und dabei rein marin sind, und deshalb nur in
Norddeutschland studirt und beurtheilt werden können.
Auf eine Auseinandersetzung der Ansichten besonders der
französichen Geologen näher einzugehen, würde zu weit führen,
und scheint um so mehr überflüssig, als dieselben von Herrn
Beyrıcn, und kürzlich wieder in der neuesten Auflage von
Lysır’s Elements of Geology zur Genuge erörtert sind.. Wenn
aber LverL selbst jetzt noch nicht Herrn Brykıcm’s Eintheilung
annimmt, so kommt dies wohl daher, dass er die oligocänen
Faunen nicht nach Verdienst hat würdigen können, da sie nur
sehr unvollständig und meist ungenügend in der Litteratur be-
kannt sind. Uebrigens stellt er die Headon- und Bembridge-,
Schichten noch in das Eocän, unser Unter-Oligocan dagegen
ins Miocan, während nach einem von mir im Quarterly Jour-
nal 1864 p. 98 veröffentlichten, und von ihm auch erwähnten
Aufsatze doch wohl kein Zweifel bleibt, dass die Headon-series
genau das Aequivalent des Unter-Oligocäns ist, da von 56
marinen Arten darin 6 demselben eigenthumlich, von den übri-
gen 50 aber 43 auch im Unter-Oligocän und 23 sonst nur in
‘diesem vorhanden sind, im Ober-Eocän (Barton) aber nur
21 Species. Nun sagt ferner LyELL, dass wenn die Identität
dieser Schichten sich herausstellen sollte, er das Unter-Oligocan
auch seinem Eocän einverleiben würde; dieser Ansicht kann
ich durchaus nicht beistimmen, und folge lieber dem Urtheile
bewährter Geologen, wie Forers, welcher ausdrücklich aus-
spricht, dass die fluvio-marinen Schichten der’ Insel Wisht eine
ununterbrochene, nirgends die Annahme eines schärferen Ab-
schnittes gestattende Reihe von Absätzen darstellen, Wollte
man übrigens das Oligocän, das ja denselben Umfang hat, wie
das englische Eocän, ganz oder theilweise dem Miocän zurech-
nen, so würde dies denn doch ganz unverhältnissmässig um-
Tertiärbildungen (Berichte d. Königl. Akad. 1854 8. 640), 3) Ueber
d. Zusammenhang d. norddeutschen Tertiärbildungen (Abhand. d. Königl.
Akad. 1856). 4) Ueber d. Abgrenzung der oligocänen Tertiärzeit (Be-
richte der Königl. Akad. 1858 S. 51).
461
fangreich werden, und wäre dann die Eintheilung von Horxzs
bei weitem vorzuziehen, welcher das Oligocan mit dem Eocän
_ verbindet, und das Miocan mit dem Pliocän zusammen Neogen
nennt. Vor dieser Eintheilung hat aber Herrn Beyrkıcn’s Trennung
in vier Abschnitte schon den grossen Vorzug, dass die einzelnen
Abschnitte kleiner sind, und deshalb die einzelnen Stufen in
ihnen, ohne Anwendung besonderer Namen, durch Hinzusetzung
von Unter, Mittel und Ober bezeichnet werden können.
Von sonstigen Irrthümern LyELt’s möchte ich noch er-
wähnen, dass er auch heute noch aus dem Sable noir (S, ysteme
diestien Dumont’s) bei Antwerpen nur 65 verschiedene Arten
kennt, und ihn in Folge dessen von den Schichten von Edeghem
trennt, resp. zum Pliocan stellt, während in dem von ihm
selbst p. 232 angeführten Aufsatze von Nysr durch Kreuze in
' der betreffenden Kolumne gezeigt ist, dass die 152 Arten von
Edeghem sich sammtlich auch im Sable noir gefunden haben.
Ferner enthalten die eisenschussigen Sandsteine in Kent, wel-
che LYEut als Miocän anfuhrt, keine einzige typisch miocäne Art,
wohl aber verschiedene dem oberen Orag eigenthumliche Arten,
wovon ich mich durch Ansicht der betreffenden Stücke in der
Sammlung des Herrn PresrwicH und der Geological Survey in
London überzeugt habe; jene Schichten müssen daher wohl als
Pliocan gedeutet werden.
Die Kenntniss der oligocänen Faunen beschränkt sich
ausser blossen Verzeichnissen von Namen in dem Handbuche
der Geologie von Omauıus pD’HaLLoY zur Zeit hauptsächlich
auf die vorzügliche Arbeit Herrn Bryrıcm’s über die Conchy-
lien des norddeutschen Tertiärgebirges, die er aber leider nur
angefangen, und jetzt schon so lange hat liegen lassen. Zu
dem ihm seiner Zeit bekannten Material ist seidem ausser-
ordentlich viel Neues und Besseres, besonders aus dem Mittel-
Oligocän von Söllingen und aus dem Unter-Oligocän hinzugekom-
men, da die zahlreichen Braunkohlengruben der Magdeburger
Gegend viele neue Aufschlusse und Fundpunkte für Versteine-
rungen gewährt haben. Die Litteratur ist inzwischen noch
durch die werthvolle Arbeit SAnDBERGER’s über die Conchylien
des Mainzer Beckens, sowie einige kleinere Aufsätze der Her-
ren BosquET, SEMPER, BoLL, KocH, und die paläontologischen
Untersuchungen Herrn Spzver’s über Söllingen und das Kasseler
Becken bereichert worden. Ganz kürzlich hat letzterer noch
eine zweite Arbeit über Söllingen veröffentlicht, in der die
meisten Irrthümer, an welchen die erste litt, corrigirt worden
sind, so dass sie ganz geeignet ist, eine richtige Anschauung
jener Fauna zu geben. Ueber die Verbreitung der Petrefakten-
führenden Schichten habe ich in einem früheren Aufsatze
(Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1863 8. 612) eine Uebersicht
gegeben, und ist nur etwa. hinzuzufügen, dass nach einer guüti-
gen Mittheilung von Herrn Professor Reuss, dem ich eine
Probe zusandte, der schwärzliche Thon von Wiepke seiner
Foraminiferen-Fauna nach allerdings mittel-oligocän’ ist,*) und
dass bei Buckow über dem Thone etwa 6 Fuss grüner Sand
mit Fischzähnen und zahlreichen Abdrücken von Bivalven lie-
gen, von denen allerdings nur Pecten bifidus GoLDF. bestimm-
bar war; wir haben hier also etwas Aehnliches wie die Sande
von Söllingen und Stettin. Ausserdem sind ganz kürzlich bei
Beidersee, 14 Meile nördlich von Halle, bei einem Schacht-
Abteufen mittel-oligocane Thone und Saude mit den charakte-
ristischen Versteinerungen aufgefunden und durch Herrn HrckER
zur allgemeinen Kenntniss gebracht worden. Bei den ober-
oligocänen Fundpunkten wäre noch anzuführen der schon dem
Grafen Munster bekannte eisenschüssige Sandstein vom Gra-
fenberge bei Düsseldorf und Elsloo bei Maestricht (siehe Zeits.
d. deutsch. geol. Ges. 1863 S. 653). Ä
Ich erklärte damals die grünen Sande und die gelben
Thone von Helmstädt für unter-oligocän; ziemlich zu gleicher
Zeit aber veröffentlichte Herr F. A. RoermEr (im N. Jahrbuche
1863 8. 451) einen Aufsatz, ein Verzeichniss der Versteine-
rungen von dort enthaltend, auf welches er die Ansicht grün-
dete, dass jene Schichten ober-eocän (Barton-Thon) seien.
Herrn Roruer’s Vergleichsmaterial an Versteinerungen aus dem
Barton-Thon sowohl, als auch aus dem Unter-Oligocan war
*) In seiner Anfang d. J, erschienenen Arbeit über die Bryozoen
und Anthozoen des norddeutschen Ober-Oligocäns meint Herr Reuss, es
sei wohl ein Irrthum, wenn A. Rosmer den typisch ober - oligocänen
Ceratotrochus alternans von Wiepke anführt, da er nichts Ober-Oligoeä-
nes von dort kenne. Rormer hat aber Recht, und es bleibt mir kaum
ein Zweifel, dass die petrographisch ganz gleichen Mergel von Bünde
und von Wiepke, die ich in einer Kiste an Reuss geschickt hatte, von
seinen Leuten vermengt, und zusammen als von Bünde stammend ange-
sehen worden sind.
8
463
aber höchst unbedeutend, und andrerseits genügt die vorhan-
dene Litteratur nür zum Theil zu einer sicheren Bestimmung
von Sachen, und es war daher nicht anders möglich, als dass
verschiedene seiner Bestimmungen irrig waren, und von ande-
ren Arten ihm unbekannt war und blieb, dass sie auch sonst
unter-oligocan vorkommen; aus jenem Aufsatze lässt sich daher
kein Urtheil über das Alter der Helmstädter Schichten schöpfen.
Etwa ein halbes Jahr später gab Herr v. STROMBECK in
einem Briefe an Herrn Professor Gemitz (Neues Jahrbuch
1864) eine genaue Beschreibung des Vorkommens und der
Lagerungsverhältnisse jener Schichten, und gelangte vorzüglich
durch letztere zu der Ueberzeugung, dass wir auch hier Unter-
Oligocän vor uns hätten. Um indessen auch durch die Paläon-
tologie ein sicheres Urtheil über das Alter zu erhalten, forderte
er mich auf, eine Bearbeitung der Helmstädter Fauna zu unter-
nehmen. Die Sachen lassen nun zwar in ihrer Erhaltung meist
sehr viel zu wünschen übrig, so dass es ohne Vergleichung mit
den identen oder verwandten norddeutschen, belgischen und
englischen Arten oft ganz unmöglich wäre, sie auch nur mit
einiger Sicherheit zu bestimmen, dennoch übernahm ich die
Arbeit, da ich ausser an französischen Originalen sonst ziem-
lich genügendes Vergleichsmaterial besitze, und Herr BryricH
mir versprach durch Eröffnung der hiesigen Königlichen Samm-
lungen, resp. seiner Originale, sowie auch besonders durch
Mittheilung seiner Ansichten beizustehen. Die Herren v. StRon-
BECK, GROTRIAN und F. A. RoEMER stellten mir demnächst mit
grosser Güte ihre Sachen von Helmstädt zu, so dass ich, meine
eigene Sammlung hinzugerechnet, ziemlich Alles in Händen
gehabt habe, was sich dort gefunden hät. Die Arbeit wird mir
dadurch noch bedeutend erleichtert, dass ich im vorletzten
Jahre meine Sammlung von Helmstädt, Lattorf, Unseburg,
Wolmirsleben u. s. w. in Maestricht, Brussel und London, Dank
der ausgezeichneten Freundlichkeit der Herren Bosquer, Nysr
und Frep. E. Epwarns, mit den betreffenden Originalen in
ihren reichen Sammlungen vergleichen, und mir so über man-
chen zweifelhaften Punkt Gewissheit verschaffen konnte. Es
war dies besonders von Herrn EDwARDS ein um so grösseres,
der Wissenschaft zu Liebe gebrachtes Opfer, als es mir durch
den directen Vergleich deutscher, belgischer und englischer
Stucke mehrfach möglich wurde, von ihm begangene, aber bei
der ungenügenden Litteratur und dem fehlenden Vesglbiehs, |
material kaum vermeidbare Irrthümer genau *zu erkennen, und
theils in dieser Arbeit, theils vielleicht in späteren aufzuklären.
Aus dem erwähnten Aufsatze Herrn v. STROMBECK’s ent-
nehmen wir nun über die Lagerungsverhältnisse folgendes:
Etwa eine Viertelstunde westlich von Helmstädt wurden im
Anfange des Jahres 1863 behufs Eröffnung einer neuen Braun-
kohlengrube, Anna Alwina Elsbeth, zwei Schächte abgeteuft,
welche folgendes Profil ergaben:
a); Dammerde. 0. a0 2 ei serien Ze
DEScHUee E
e) grüner Sand . . . til
d) grüner Thon mit Sand a a el
e) grauer kalkiger Sandstein . . 2... 4. 2.
f) ‚grüner theniger. Sand. una nd ae
g) grauer thoniger Sand mit Schwefelkies 10 „10 „,
Kahl ne ee
79
Ueber der Kohle im Ganzen 95 Fuss 2 Zol
Versteinerungen fanden sich ausser in e nur in der
Schicht f, die durch ihren Gehalt an Quarzstüucken, an ihrer
unteren Grenze bis haselnussgross, ausgezeichnet ist. Dieselbe
petrographisch oder den Versteinerungen nach in zwei Hori-
zonte zu zerlegen, erklärt Herr v. SrrOMBECK für unmöglich,
und können wir einem so scharfen und genauen Beobachter
unbedingtes Vertrauen schenken. Das feste Gestein e enthält
auch vereinzelte Versteinerungen, die mit denen aus f ident
zu sein scheinen. Es gleicht petrographisch vollkommen dem,
welches sich bald in einzelnen Blöcken, bald in etwas mehr:
zusammenhängenden Schichten vielfach (bei Lattorf, Calbe,
Eggersdorf, Neu-Gaitersleben, Aschersleben, Wolmirsleben
u. Ss. w.) mit typisch unter-oligocänen Versteinerungen ge-
funden hat.
Die Braunkohlenflötze von Helmstädt lassen sich über
Harpke, Völpke, Warsleben und Hornhausen bis vor Oschers-
leben verfolgen; dort zieht sich eine sumpfige Niederung quer
durch, in welcher natürlich keine Beobachtungen gemacht wor-
den sind. Gegenüber aber sind dieselben Flötze bis Wester-
egeln, Wolmirsleben, Unseburg u. s. w. zu verfolgen. Auf die
petrographische Beschaffenheit der Schicht f kann: ich gar
kein Gewicht legen, da sie nicht nur mit der des Unter-Oligo-
465
cäns von Westeregeln, sondern auch mit der des englischen
"Mittel-Bocäns von Brook, Bramshaw und Hunting-bridge voll-
kommen übereinstimmt. Ausserdem finden sich südlich von
Helmstädt graugelbe Thone, welehe besonders in der „Salo-
monschen Thongrube* am Schnitzkuhlenberge Versteinerungen
enthalten; ich kenne daraus: Cassis coronata Desn. (C. Ger-
mari Pu.) Crassatella Woodii v. KoENEN, Pecten "corneus Sow.,
Isocardia multicostata NysT*), Cardita latisulca NysT, die sammt-
lich mittel-oligocan mir nicht bekannt sind; diese 'Thone sind
daher ebenso wie die von Wolmirsleben, welche noch ausser-
dem Ostrea Queteletü Nyst und Ostrea ventilabrum GoLDF. ent-
halten, für unter-oligocän anzusprechen,
Solche Exemplare aus dem grünen Sande von der Grube
' Anna Alwine Elsbeth, welche weder mit einer sonst bekann-
ten Art übereinzustimmen scheinen, noch auch ihrer schlechten
Beschaffenheit halber sich zur Aufstellung von neuen Species
eignen, werde ich in der Regel gar nicht erwähnen, da ein
blosses Anfuhren der Gattung ohne ganz genaue Beschreibung
mir nur Zeitverschwendung zu sein scheint. Bei mehreren
neuen Arten eignen sich die Helmstädter Stucke vermöge ihrer
Erhaltung nicht zum Abbilden; hierzu werde ich, indem ich
dies dann besonders erwähne, bessere Exemplare von anderen
norddeutschen Lokalitäten nehmen.
Bei den von Herrn Bryrıch schon beschriebenen und
abgebildeten Arten erlaubt mir dessen Genauigkeit und Gründ-
lichkeit meistens, mich auf wenige Worte zu beschränken; nur
in den wenigen Fällen, wo mich mein besseres Material zu
einer abweichenden Ansicht brachte, werde ich auf eine ge-
nauere Erörterung eingehen.
Während ich noch mit der gegenwärtigen Arbeit beschäf-
tigt war, ging mir Herrn Gieper’s „Fauna der Braunkohlen-
formation von Lattorf* zu; ich vermisse darin zunächst eine
geognostische Erläuterung, sowie bei den einzelnen Arten die
Angabe, ob sie aus dem unter-oligocänen graugrünen, oder aus
dem mittel-oligocänen schwarzen Sande stammen. Ausserdem
aber hat dem Herrn Verfasser gar kein Vergleichsmaterial an
englischen, belgischen u. s. w. Originalen vorgelegen, und die
*) Diese ist in dieser Zeitschrift Jahrg. 1863 S. 618 durch ein Ver-
sehen als Isocardia maltilamellosa Nyst eitirt.
0.
von ihm bearbeitete Sammlung von Lattorfer Versteinerungen
ist wohl ebenso unbedeutend an Anzahl der Exemplare, als
sie es an Anzahl der Arten ist. (Dieselbe umfasst nur ca.
180 Arten Mollusken, während ich mehr als das dreifache von
dort habe.) Daher mag es denn wohl kommen, dass ziemlich
viele seiner Bestimmungen unrichtig sind, und zwar ist dies
um so mehr zu bedauern, als sich aus den Abbildungen die
betreffenden Arten meistens sehr gut erkennen lassen.
Um nun solchen, welche die Irrthüumer nicht selbst be-
richtigen können, weil ihnen das Vergleichsmaterial, oder auch
die Litteratur fehlt, eine sichere Benutzung der Arbeit Herrn
Gıeger’s möglich zu machen, lasse ich eine Erklärung seiner
Tafeln folgen, insoweit als ich die Namen für richtig halte,
oder mit Sicherheit rectificiren zu können glaube, und stelle
. der Bequemlichkeit halber seine Namen daneben. Durch die
Buchstaben U. OÖ. undM. O. bezeichne das unter- so, mittel-
oligocane Vorkommen der einzelnen Arten.
Die Namen der Anthozoen, welche ich nicht selbst unter-
sucht habe, nehme ich auf Herrn A. Rormer’s Autorität hin
an, der sie ja kürzlich in seiner Arbeit ‚uber die Polyparien
des norddeutschen Tertiärgebirges‘‘ abgebildet und beschrie-
ben hat.
Tafel I. (Giessı, Lattorf.)
Fig. | Namen nach Herrn Gissert. | Namen bei mir. Alter
1. |Buccinum bullatum Pair. Strepsidura deserta SoL. TL: O,;
2. |Pleurotoma Selysii Kox. Pleur. Selysit Kon. U, .&
3. IVoluta anhaltına Gixs. I\Voluta decora Bzye. U.;:@;
4. |Fasciolaria multicostata Guee.|Fasciolaria multicostata GıieB.|Ü. OÖ.
5. |Balanophyllia subeylindrica |Bal. subeylindrica RorM. 0,0,
Roenm.
6. |Trochoseris helianthoides Roen.|Troch. helianthordes Rorm. 1..@%
7. |Fasciolaria tuberculata Gies. |Edwardsia Bettina SEMPER. A:
8. IFasciolaria nodosa GiEB. Borsomia Delucuü Nyst. U.O©.
9. |\Trochoseris helianthosdes Rorm.|Troch. helianthoides Rom. 1..,0.
10. |Pleurotoma Morreni Kon. Pleur. intorta Broc. M.O.
11. ‚Pleur. pseudocolon GikB. Pleur. pseudocolon Gize. 0.0.
12. |Mitra longissima Guck». Mitra longissima GikEB. u Oo.
13. |Mitra Metter GiEB. Mitra Metter GiEB. U..9;
Tafel II,
1. |Arca lactea L. Arca appendiculata Sow. UV. ©.
2. |Cardium cingulatum GoLpr. |Cardium Hausmanni Pnaıt. v. 07
3. |Astarte Bosqueti Nxst. Crassatella Woodi v. Koexen.|U. O.
4. |Delphinula Bronniüt Pair. Delphinula Bronniü Pur. U...
Namen nach Herrn Girert. Namen bei mir. Alter.
3. |Nucula lunulata Nxst. Nucula similis So. var. postera
v. Koesen. U. 0.
6. |Corbula gibba Or. Corbula subpisum n»’OR». U,0.
7. |Astarte dilatata Pnır. Astarte dilatata Paıu.? U. O0.
8. |Pleurotoma terebralis Lan. |Pleur. terebralis Lan. var. per-
spirata v. Koxnen. U. O0.
9. |Oypricardia pectinifera Sow. |Cypr. pectinifera Sow. var.
postera v. Ko&nen. 02:
10. |Emerginula fissura L. Emarginula Nysti Bosquer. |U. O.
11. |Ostrea paradoxa Nyst. Vulsella Martensi v. Koenen. |U. O.
12. x Delphinula Bronnü Pair. Ü. ©,
3,14. Chama monsirosa Phi. Chama monstrosa Pa. UV. ©.
15. |Paracyathus asperulus Rorm. |Paracyathus asperulus Rorn. |U. O.
16. |Terebratula lattorfensis GEB. |Terebratulina lattorfensis GıeB.|U. OÖ,
17. |Rostellaria plana Beyr. Strombus canalıs Lan. U. Oo,
18. |Isocardia carinata Nxst. Cypricardia carınata Nxst.*) U. O.
Tafel II. :
1. |Fusus plicatulus Desn. Fusus scalariformis Nyst. 00:
2. |Oypraea anhaltina GieB. Cypraea anhaltiına GiEB. U::0.
3. |Tritonium flandricum Kon. Tritonium expansum Sow. var.
postera. [E07
4. |Cypraea costulata Gixs. Trivia costulata GiEB. U. oO.
5. |Solarıum Dumontu Nyst. Solarium Dumontüw Nyst. U.O0.
6. |Pleurotoma Zinkeni Gies. Pleurotoma Konincku Nyst. |U. ©.
7. |\Tiphys Schlotheimit Bey. Figur verfehlt.
8. |Pleurotoma denticula Basv. |Pleurotoma Bosqueti Nvst. 10187
9. |Pleuroioma flexuosum Goupr. |Pleurotoma Selysii Kon. M.O,.
10. |Murex lignitum Giss. Murex bispinosus Sow. 00.
11. |Voluta semigranosa Nysr. Edwardsia semigranosa Nyst. U. ©.
12, |Ancillaria canalifera Lan. Aneillaria subcanalifera D’OrB.|U, O.
13. |Solarium lens Gies. Solarium lens GikB. ıU.20.
14. |Cerithium multispiratum Desn.|Cerithium Genei Mich. U. ©.
Tatel IV.
? ? ?
2. |Rostellaria excelsa GixB. IRostellaria excelsa GEB. U. ©.
3. [Pleurotoma difficile Gi». Pleurotoma Selysü Kon. UV. ©.
4. |Pleurotoma planum Giks. Pleurotoma plana GiEB. D. 0.
d. |Borsonia turris GieB. Borsonia iberica RouauLr? Ü. ©.
6. |Pleurotoma flexicostatum Gıse.|Pleur. flezicostata GikB. V. ©.
7. |Scalaria mutala Gi. Figur verfehlt. Scalaria?
5. |Capulus cancellatus GieB. Capulus cancellatus Gi». U: 9.
9. |Patella Poseidonis Giz». Par, Posen € 10009)
10. |Patella pentagona Giss. _ u x:
11. |Calyptraea laevigata Desn.? |Calypiraea striatella Nyst. |U. O.
12. |Cypricardia praelonga GieB. |Cypricardia praelonga Gıizs. |U. O.
13. Arca monstrosa GiEß. Arca biangula Lam.? _ U. ©.
14. |Argiope plana Gie». Argiope multicostata Bosquzr|U. O.
467
*, Nach der Abbildung und Beschreibung von Drsuayes (Suppl. I.
p- 934 t. 57 f£. 6-9) zu urtheilen ist mit dieser Art auch Cypricardia
isocardioides Desnu. zu vereinigen, sowie auch ©. Sacki Pnır.
Fig. | Namen nach Herrn Gikse£t. | Namen bei mir. |Alter.
15. |Arca anhaltina Ge». Figur verfehlt.
16. |Cyprina subtumida Gie». Cyprina subtumida Gie». 020.
17. |Lima eximia Gie®. Lima ezimia Gıke. V. ©.
18. |Spondylus limaeformis Gies. |Spondylus Buchun Puir. 15.0.
19. |Thecidea oblonga GiEB. Thecidium mediterraneum L.
ei f var. lattorfense Davınson U. O.
20. |Cidaris anhaltina Gıze. Cidaris ? anhaltina Gixe. V. O0.
21. |Asterias sp. Asterias sp. D. ©:
Die Gıeger’schen Namen nicht abgebildeter Arten möchten
noch ungleich schwerer zu berichtigen sein, doch werde ich
mitunter auf dieselben eingehen bei den betreffenden Arten.
Die Gründe, aus welchen ich in vorstehender Liste die Namen
verändert habe, sind meistens im Verlaufe dieser Arbeit aus-
einandergesetzt. Bei einzelnen Arten, die ganz einfach zu schon
beschriebenen Species zu stellen sind, resp. zu anderen, ist
weiter keine Erörterung nöthig, so bei Emarginula Nystiana
Bosg- (Palaeontographica I. p. 327 t.41 f.4—7), Murex bispinosus
Sow., Borsonia iberica RoUAULT, Calyptraea striatella NysT, Ar-
giope multicostata BosQ. (Notice sur une nouvelle Argiope) u.s. w.
Bei drei Arten möchte ich noch einige Worte hinzufügen.
Taf. II. Fig. 5, Nucula; auf der Abbildung ist eine
Ligamentgrube nicht vorhanden. Die Exemplare von Lattorf
stimmen in Gestalt, Grösse und Skulptur vollständig mit der
N. similis SoL. von Barton überein, haben aber schwächere und
zahlreichere, und vorn und hinten weiter herabgehende Schloss-
zähne als jene, zu der ich sie als var. postera stelle.
Taf. U. Fig. 11, Ostrea paradoxa Nyst hat mit unserer
Art nichts gemein; diese ist vermöge ihrer steil aufgerichteten,
und oft auch ziemlich weit nach innen verlängerten Schloss-
fläche eine Vulsella, die ich Vulsella Martensü benenne. Die
Abbildung ist übrigens gut zutreffend.
Taf. III. Fig. 3. das abgebildete Exemplar gehört. nicht
dem bei Lattorf nicht seltenen Tritonium flandriecum Kos. an,
sondern einer anderen, mir von Lattorf, Neu - Gattersleben,
Vliermael und Lethen (in Herrn Bosguer’s Sammlung) be-
kannten Art, die sich von dem Tritonium espansum Sow. nur
durch zahlreichere Höcker besonders auf der Schlusswindung
unterscheidet. Zu diesem stelle ich es daher als var. postera.
Was ferner den Namen Pleurotoma betrifft, so gebraucht ihn
Herr GieseL, wohl PnıLipri folgend, als Neutrum; dass hierfür .
469
aber weder -etymologisch, noch sonst, ein Grund vorhanden ist,
ist ja schon längst von allen Seiten anerkannt worden.
Aus allem Diesem ergiebt sich, mit wie grosser Vorsicht
Herrn GisszeL’s Namen aufzunehmen sind, und möchte ich
vorschlagen, aus seiner Arbeit nur die von mir als vermuthlich
riehtig angeführten oder corrigirten Namen zu eitiren, da es
eben für den, der nicht eine sehr gute Sammlung Lattorfer
Sachen vor Augen hat, unmöglich sein durfte, über die
nicht abgebildeten Arten irgendwie klar zu werden; ist
es doch selbst mir, der ich die Vorkommnisse von Lat-
torf sehr genau kenne, sehr oft nicht möglich gewesen,
ein Urtheil zu gewinnen, welche Art mit einem Namen ge-
meint ist. Was schliesslich die ungemessenen Ausdrücke und
Angriffe betrifft, mit welchen Herr GieBeL (Seite 50) auf die
französischen und englischen Gelehrten im Allgemeinen und
auf meinen Freund F. E. Epwarns im Besonderen loszieht,
so ist dergleichen an und für sich, selbst wenn es mit Recht
geschähe, wenig nachahmungswürdig, noch mehr aber muss
man erstaunen, solche Ausdrücke in einem Werke zu finden,
das selbst an so ausserordentlich vielen Mängeln leidet. Uebrigens
hat EpwArnos in dem betreffenden Falle Recht, und kann ich
nur auf die vorzugliche Genauigkeit hinweisen, mit welcher
er unter anderen die Unterschiede der Marginella eburnea und
ovulata von den norddeutschen hierzu gerechneten Arten er-
kannt und beschrieben hat.
Cephalopoden.
l. Nautilus cf. imperialis Sow.
Ein junges Exemplar von Helmstädt von einigen 20 Mm.
Durchmesser in meiner Sammlung ist theilweise verdrückt und
vorläufig so gut wie unbestimmbar; ich führe es indessen an,
weil es ausser den Anwachsstreifen noch eine ziemlich starke
Spiralskulptur fuhrt, so dass die Schale gegittert erscheint,
stärker als mir dies bei dieser Gattung sonst bekannt ist.
Der Nabel war klein, und durch die Lippe anscheinend
ausgefüllt. Die ganze Form ist kugelig, etwa wie bei N.
imperialis Sow., nur vielleicht die Seiten etwas mehr einge-
drückt.
Ich habe übrigens daneben Schalfragmente gefunden, die
vermöge ihrer Struktur und ihres Perlmutterglanzes jedenfalls
\
10
von einem Nautilus herrühren, welcher, da sie bis 6 Mm. dick
sind, sehr bedeutende Dimensionen gehabt haben muss. Leider
sind die norddeutschen Nautilus meist nur mit Thon und Sand
ausgefüllt, und in Folge dessen verdruckt und unbestimm-
bar, so dass bis jetzt noch keine Art mit Sicherheit nachge-
wiesen ist.
- (Inzwischen habe ich durch Herrn GOöPnER eine gut er-
haltene Aturia (Nautilus) zic-zac Sow. vom Doberge bei Bünde
erhalten.)
Gastropoden,
2. Strombus ? canalis Lam. (Desn. tome II. p. 629
t. 84 f. 9—11.)
Rostellaria plana Beyr. t. 11 f. 9.
Die sehr mangelhaften Exemplare von Unseburg, welche
Herr Beyrıcn bei Aufstellung seiner Art besass, lassen bei
genauer Betrachtung erkennen, dass sie ebenso wie viele
bessere Stucke von Lattorf, Atzendorf, Unseburg ete. in meiner
Sammlung, unten an der Aussenlippe noch eine zweite Spitze,
und zwischen beiden eine Ausbuchtung gehabt hat, welche ge-
rade diese Art von sonstigen Rostellarien unterscheidet. Unsere
Stucke stimmen mit dem ächten Strombus canalis Lam. bis auf
dessen meist wohl etwas geringere Grösse vollständig überein.
Diese Art findet sich ausser im Unter-Oligocän und Mittel-
Eocän auch noch bei Barton im Ober-Eocän.
3. Murezx brevicauda HäBerr.
Murex tricarinatus Nyst non Lam. (Nyst p. 546 t. 42 f. 12.)
Murex plicatocarinatus GiebeL. (Bevs. t. 18 f. 1.)
Ein Fragment von Helmstädt gehört wohl dieser Art an.
Das von Herrn GieseL und Herrn Berrıch abgebildete Exem-
plar stammt angeblich aus dem ‚Septarienthon von Calbe; aber
Herr GiEBEL gab früher, wohl auf Görzig bauend, alle Schichten
über den Braunkohlen für Septarienthon aus, und ausserdem
finden sich bei Calbe über der Kohle mittel- und unter-oligo-
cane Schichten, so dass schon die Altersbestimmung des
Stückes sehr zweifelhaft ist. Ich möchte aber eher glauben,
dass es aus dem Unter-Oligocän von .Lattorf stammt, da es
471
dieselbe Erhaltung zeigt wie andere Stücke derselben Art, die
dort vorgekommen sind. Dieselben stimmen nun ganz mit
belgischen unter - oligocänen und auch mit dem von Nysr
(t. 41 f. 12) abgebildeten Exemplare überein bis auf
den Umstand, dass bei diesen die äusserste Schale nicht er-
halten ist,
4. Typhis fistulosus Broc.
Findet sich allgemein im ganzen Unter-Oligocän und in
jüngeren Schichten.
5. Tritonium flandricum vn Kon. (Beyr. t. 12
Fig. 1 f. 3—5.)
‘Herr Bryrıcn hat diese Art in ziemlich weiten Grenzen
aufgefasst, und möchten wohl alle Tritonium von Helmstädt
zu dieser im Oligocän allgemein verbreiteten Art gehören, ob-
wohl einige Exemplare durch die wenigen Höcker auf der
Schlusswindung sich einigermaassen an Tritonium semilaeve BEyR.
anschliessen; doch lässt sich hierüber nichts Bestimmtes sagen,
da fast sammtliche Stücke von Helmstädt sehr stark verdrückt
sind.
6. Cancellaria tenuistriata v. Kornen (Taf. XV.
Fig.1a, b).
Obwohl ich nur zwei Exemplare dieser Art habe, deren
eins noch dazu an der Aussenlippe beschädigt ist, so wage ich
doch sie aufzustellen, weil ich nichts auch nur einigermaassen
Aehnliches kenne.
Die Schale ist 10 Mm. dick und 17 Mm. lang, wovon
auf die Mundöffnung beinahe die Hälfte kommt.
Auf anderthalb glatte Embryonalwindungen folgen fünf
wenig gewölbte, unter der Naht etwas mehr hervortretende
Mittelwindungen, welche mit etwa funfzehn feinen, dicht ge-
drängten Spiralen bedeckt sind. Es befinden sich ferner auf
jeder Windung elf bis dreizehn scharfe, mit den Anwachs-
Streifen etwas zurückgebogene regelmässige Längsfalten, welche
unserer Art eine Scalaria-ähnliche Skulptur geben. Der Kanal
tritt stark hervor, so dass die Mundöffnung rhombisch erscheint.
Die Aussenlippe ist mässig verdickt; die Innenlippe ist etwa
- so gross wie bei Cancellaria evulsa, und trägt unten zwei
Zeits.d.d.geol. Ges. XV. 3. dl
Da.
scharfe, mässig starke Falten, die sich zuletzt plötzlich nach
unten biegen.
7. Cancellaria elongata Nysr. (Bere. t. 26 f. 1.)
Es liegt ein unausgewachsenes Stuck dieser fur das Unter-
Oligocan charakterischen Art vor.
8. Cancellaria laevigata v. KoEneEn.
C. laeviuscula Beyr. non Sow. (Beyr. t. 25 f. 7—9.)
Die ächte ©. laeviuscula aus dem London-clay von High-
gate unterscheidet sich schon durch ihre Gestalt, welche ganz
der C. evulsa Sor. gleicht, von nnserer typisch unter-oligocänen
Art. Ausserdem sind bei jener die Spiralen durchaus nicht
so breit und abgerundet, so wie auch die Längsfalten schärfer
hervortretend und weniger gedrängt als bei dieser; endlich ist
auch von einem Nabel keine Spur zu sehen, so dass ich die
©. laeviuscula Sow. fast für eine blosse Varietät der (©. evulsa
SoL. halten möchte, von der sie sich auch in der Jugend gar
nicht unterscheiden lässt. Ein Stück von Helmstädt in Herrn
Grorrian’s Sammlung stimmt vollständig mit solchen von
Westeregeln, Unseburg, Lattorf, Lethen u.:s. w. überein, so-
wie auch mit Herrn Beyrıcm’s Abbildung (t. 25 f. 5).
9. Cancellaria evulsa SoL. (BErr. t. 26 f. 2—5).
Es findet sich bei Helmstädt sowohl die Var. «a. als auch
die Var. ß. Herrn Bryrıcn’s, ausserdem aber auch noch, eben-
so wie bei Lattorf, Exemplare, die einen Uebergang zu C.
nitens BEYR. anbahnen. Uebrigens bin ich derselben Ansicht
wie Herr Beyrıc#, und halte die ©. Bellardü Mıc#. höchstens
fur eine blosse Varietät der C. evulsa Son., welche dem-
nach ebenfalls eine durch alle Tertiärschichten durchgehende
Form ist.
10. Cancellaria nitens BEyR. t. 27. £. 1.
‘Die Helmstädter Stücke gleichen mehr denen von Lattorf,
Unseburg, Vliermael, Lethen u. s. w. und von Barton als den
typischen Exemplaren von Wolmirsleben und Westeregeln.
Die Windungen sind weniger gewölbt, und das ganze Gewinde
ist kurzer, so dass sie der (\ evulsa etwas näher stehen als
diese.
473
11. Canvellaria granulata Nrsr. . (Bere. 14426
f. 7—9).
Cancellarıia minuta NystT.
Ein Exemplar in Herrn GRoTRIAnS Sammlung gehört dieser
Art an, die sich im ganzen Oligocän, sowie auch im Barton-
Thon findet. C. minuta Nyst ist ein junges Exemplar
dieser Art.
12. Cancellaria subangulosa S. Woon. (Univalves
of-the Crag p.- 66-1. 7 f. 20). men.
©. pusilla Pain. non Sow. (Beyer. t. 27 £. 9 u. t. 28 f. 1-2).
C. minuta. A. Braun (Sannperger p. 259 t 15 f. 9).
C. Nysti Hönnes p. 805 t. 31 £.1,
C moguntina Crosse.
C. exilis Nyst.
Ein leidlich erhaltenes Exemplar liegt vor; dasselbe unter-
scheidet sich von Stücken von Westeregeln und Lattorf nur
dadurch, dass sich zwischen die bei diesem noch etwas groberen
Spiralen keine feineren einschieben, und dass die Längsrippen
dicker, rundlicher sind, sowie durch den ein wenig grösseren
Nabel. Dasselbe stimmt noch besser mit ein Paar Stücken
aus dem Mittel-Eocan von Huntingbridge überein, welche nur
etwas stärkere Falten haben. Behufs endlicher Feststellung dieser
unter so vielen verschiedenen Namen angeführten Art liessen
mir Herr S. Woop, Herr SEMPER und WEINKAUFF gütigst Ver-
gleichsmaterial zukommen, so dass ich folgende Vorkommnisse
vor Augen gehabt habe: Pliocan: Sutton und Coroncina; Miocän:
Antwerpen, Dingden, Lapugy; Ober-Oligocän: Cassel und
Sternberger Gestein; Mittel-Oligocän: Mainzer Becken, Söl-
lingen, Hermsdorf; Unter-Oligocän: Westeregeln, Lattorf; ferner
Helmstädt und Hunting-bridge.
Die Stücke von Hermsdorf und aus dem Mainzer Becken
sind sich ganz gleich, und unterscheiden sich von den grösseren
unter-oligocänen und Söllinger Exemplaren durch den nur schwach
angedeuteten Nabel (an Herrn Brrricm’s Abbildung t. 28 f. 1
seines Stückes von Westeregeln ist freilich von einem Nabel
nicht viel zu sehen, denn da dieser halb von der Spindelplatte
verdeckt ist, war er in der gewählten Stellung so gut wie
unsichtbar, auch ist das Stuck noch nicht ganz ausgewachsen),
und von allen übrigen durch das kürzere Gewinde, so dass ich
31*
sie als var. minute unterscheiden will. Die Stücke von Wester-
egeln und Lattorf unterscheide ich als var. umbilicata, und die
von Helmstädt und Hunting-bridge als var. rotundata. Die
typischen Stücke von Sutton gleichen den ober-oligocänen und
norddeutschen miocänen bis auf die geringere Grösse auf das
Genaueste; nnr ein Stück von Antwerpen hat bei 9 Mm. Länge
die verhältnissmässig bedeutende Dicke von 4 Mm. Wir müssen
den Namen C. subangulosa Woon als den ältesten annehmen,
und C. minuta BRAUN sowie C. pusilla Phuın. non Sow. zu den
Synonymen stellen; ebenso auch C. moguntina ORoSSE und (.
exilis Nyst; Namen, welche in der Voraussetzung gegeben
wurden, dass unsere Art keinen Namen hätte, der ihr bleiben
könnte.
Ein Stück von Lapugy, von Hörnes’s Abbildung und Be-
schreibung der C. Nyvstı (p. 306 t. 34 f. 1) durch ein wenig
dickere Längsfalten verschieden, gleicht durch die ganze
Skulptur und Gestalt auf das Vollständigste manchen meiner
ober-oligocänen Stucke, die in der Stärke der Längsrippen
sehr variiren; ich zögere daher nicht, die C. Nysti HOöRNES,
wie dies auch schon Herr BerricH gethan hat, mit unserer
Art zu vereinigen. Die Stücke von Coroncina in Toscana ge-
hören zwei verschiedenen Varietäten an, von denen die eine
durch die Gestalt der Schlusswindung und des Nabels zu der
var. umbilicata gehört, während die etwas mehr kantigen Win-
dungen und die etwas gröbere Skulptur mehr auf die ober-oligo-
canen Formen passen (und miocänen). Die andere Varietät
schliesst sich durch den grösseren Nabel, die stärkeren Spindel-
falten, das etwas kürzere Gewinde, die mehr gerundeten Win-
dungen und die gröbere Skulptur zunächst an die var. rotundata
an, erreicht aber grössere Dimensionen (11 Mm. Länge und
4 Mm. Dicke) und hat etwas schärfere Längsrippen. Ausser-
dem hat mir SEMPER noch ein Stuck von Üoroneina mitge-
schickt, welches sich von der ©. Nysti Hörnes von Lapugy
nur durch etwas gröbere Längsrippen und den etwas stärker
angedeuteten Nabel unterscheidet, Charaktere, in denen unsere
Art ja sehr schwankt. Für diese subapennine, die miocäne
und die ober-oligocäne mag der Name C. Nysti als Varietäts-
name bleiben.
132 PYyralazn exitisSon*Bre)t! I oz
Die vorliegenden Exemplare sind zwar ganz platt gedrückt,
475
aber doch mit ziemlicher Sicherheit zu bestimmen, da die
Schalskulptur gut erhalten ist. Diese Art findet sich bei Bar-
ton und im ganzen Unter-Oligocän.
14. Pyrula concinna Bexr. t. 15 f. 7—8.
Ein, wenn auch ganz breit gedrücktes Stück von Helm-
städt in Herrn v. STROMBEcK’s Sammlung zeigt deutlich die
eigenthümliche Skulptur und das mehr hervortretende Gewinde
dieser sonst mittel- und ober-oligocänen Art, zu welcher ich
aber auch noch eine Pyrula von Barton rechnen möchte.”
15. Fusus scalariformis Nyst p. 504 t. 40 £. 5.
Fusus brevicauda PaıL. (Beyr. t. 17 £. 1.)
Fusus Iyra Bevrich t. 16 f. 10—11. |
Die Unterschiede, welche nach Herrn Bryrıc#’s Angabe
zwischen F. brevicauda und F. lyra sich constant finden sollen,
lassen sich bei meinem grossen Material nicht durchführen, so
dass ich beide Arten vereinigen muss. Fusus brevicauda Pin.
ist aber durchaus ident mit dem F, scalariformis NystT aus
dem belgischen Unter-Oligocan, von dem ich eine schöne Suite
in der Sammlung des Herrn BosQuEr mit meinen Stücken von
Lattorf und Westeregeln vergleichen konnte. Die zahlreichen
Exemplare von Helmstädt behalten ebenso wie die von Wester-
egeln und Wolmirsleben die ziemlich starke Spiralstreifung der
ersten Mittelwindungen auch später noch bei, während dieselbe
gewöhnlich auf den letzten Windungen sehr viel schwächer
wird. Sie gleichen in dieser Beziehung ein Paar Stücken von
Hunting-bridge aus dem englischen Mittel-Eocän, welche man
ihres Alters wegen zu F. scalarinus Lam. rechnen sollte; sie
haben aber nicht das „blasig geschwollene* Embryonalende der
französischen Art, sondern einfach glattes, so dass ich vorläufig
sie zu unserem F“ scalariformis stelle. An ganz ausgewäachsenen
Exemplaren habe ich nun bis zu fünf Varices gefunden, und
scheint mir dies die Stellung dieser Art zu der Gattung Fusus
noch unpassender zu machen; ich lasse sie indessen vorläufig
hier, weil die älteren verwandten Arten noch als Fusus auf-
geführt werden. Sonst wäre sie, sowie die folgende*), wohl
*) Der nächste jüngere Verwandte, Tritonium varians Mıcu., wird von
Hörnes ‚nur mit Zweifel zu dieser Gattung gestellt, und bietet allerdings
E 88 8
grosse Analogie mit einzelnen Columbella-Arten dar.
\ 6
auch zu Tritonium zu stellen, und zwar in die Untergattung
_ Nassaria Linx (Hindsia Apans).
16. Fusus flezicosta v. Komnen t. 16. f. Sabed.
Eine Anzahl Exemplare von Helmstädt scheinen sich von
dem Fusus scalaroides Lam. vorzuglich durch die an der oberen
Naht mit den Anwachsstreifen gebogenen Längsfalten, den mehr
zurückgebogenen Kanal, und durch die innen mit ca. 13 mehr
gleichmässigen Zähnchen besetzte Aussenlippe zu unterscheiden.
Nach "zwei französischen Stücken im hiesigen Museum würde
hieruber gar kein Zweifel sein, doch sagt DesHAavszs selbst
. (tome II. p. 545) dass die Lamarck' sche Art sehr bedeutend
_ varlirt. Ich nenne die Art von Helmstädt F. flexicosta, um sie
vorläufig zu unterscheiden. Das grösste Stück, in der Claus-
thaler Sammlung, besteht aus 7 Windungen, und hat 4 Mm.
Dicke, sowie 13 Mm. Länge, wovon 5 Mm. auf die Mund-
öffnung kommen. Es befinden sich 18 gebogene Längsfalten
auf jeder Windung, sowie ca. 16 feine runde Spiralen. Der
Rest der Schlusswindung bis zum Kanal ist dann mit be-
deutend stärkeren Spiralen bedeckt.
17. Fusus regularis Sow.
Einige Exemplare von Helmstädt stimmen, soweit sich *
dies bei ihrer mangelhaften Erhaltung mit Sicherheit sagen
lasst, gut mit einzelnen von Barton und einem von Lattorf
überein.
18. Fusus Sandbergeri Bkyr. 18 8.1.
Diese Art findet sich im ganzen deutschen, belgischen und
englischen Unter - Oligocän, bei Helmstädt ist sie ziemlich
häufig, doch ist zu bemerken, dass einzelne Exemplare, beson-
ders in Herrn v. STROMBECK’s Sammlung zwischen dem Kiel
und der unteren Naht nur halb so viel Spiralen haben als
die übrigen, resp. die typischen Stücke.
19. Fusus errans Son. f. 2.
Einige breitgedrüuckte defecte Stucke, meist in Herrn
GROTRIAN s Sammlung, haben zwar etwas stärkere, aber ebenso
angeordnete Spiralstreifen wie die englischen mittel- und ober-
eocänen Exemplare des F. errans SoL., so dass sie wohl
hierzu zu rechnen sind. Br:
477
20. Fusus elongatus Nyst (Bere. t. 24 f. 3-6.)
Fusus robustus Bey. t. 24 £. 9.
Das Original von F. robustus BEYR. ist vollständig ident
mit belgischen unter-oligocänen Stücken von F. elongatus NYsrt.
Von diesen unterscheiden sich die meist nur zur Vergleichung
vorliegenden mittel-oligocänen durch ein mehr höckeriges un-
regelmässiges Aussehen, doch sind Uebergänge genug vor-
handen. |
21. Fusus septenarius Beyer. Taf. XV. Fig. 2.
(Beyr. t. 24 f. 7—B8).
Dieser oder der verwandten vorigen Art gehört vermuth-
lich an, was Herr GiEBEL als F. Rothi BeyR. von Lattorf an-
führt; der ächte miocane F. Rothi Beyr. ist übrigens voll-
kommen ident mit F. crispus Bors. und hat dieser Name Prio-
rität. Ein sehr defectes Stück von Helmstädt möchte wohl
dieser Art angehören. Um dieselbe übrigens kenntlicher zu
machen, lasse ich ein gutes Exemplar von Lattorf Taf. XV.
Fig. 2 abbilden.
22. Fusus scabrellusv. Korxes. Taf. XV. Fig. 4a, b.
Das Embryonalende sowie die sechs bis sieben Mittelwin:
dungen sind ganz ebenso wie bei F. septenarius BEYR., nur die
Längsrippen vielleicht etwas mehr höckerig; dann aber fängt
die zweite oder dritte Spirale (von unten an gezählt, die erste
ist mitunter noch von der Naht verdeckt) an mehr hervorzutre-
treten, und besonders auf den Längsrippen, die immer mehr
höckerartig werden, eine breite Spitze zu bilden. Zwischen
die stärkeren Spiralen schieben sich eine bis drei schwächere
ein; die Anwachslinien erheben sich unter der Naht etwas, so
dass die Spiralen” mitunter förmlich granulirt sind. Diese Art
liegt von Helmstädt nur in einigen sehr schlechten Bruchstücken
vor, die eben nur durch Vergleichung mit meinen guten Stücken
von Unseburg, Lattorf u. s. w. sich einigermaassen bestimmen
liessen. Wegen der Uebereinstimmung des Jugendzustandes
mit F. septenarius zögerte ich lange, beide zu trennen, aber
die älteren Windungen sind bei meinen zahlreichen Stücken
durchaus constant verschieden; dabei ist F. septenarius bedeu-
tend schlanker und scheint als Regel zwei Falten (d. i. nur
Spuren von solchen) auf der Spindel zu haben, während F.
478
scabrellus deren höchstens eine besitzt, und dabei einen kürze-
ren, mehr zurückgebogenen Kanal hat. Das abgebildete Stück
ist von Lattorf. N
23. Fusus crassisculptus Beyr. t. 21 £. 1.
Ein defectes Stück in der Clausthaler Sammlung gleicht
ganz dem Originale dieser unter-oligocän verbreiteten Art, wel-
che übrigens sehr variabel und deshalb in weiteren Grenzen
aufzufassen ist, als Herr BeyrıcHn dies damals mit seinem
schlechten Material that.
24. Fusus interruptus Sow.
Die Art der Mineral Conchology von Highgate ist sowohl
in ihrer ganzen Gestalt, als auch in der Skulptur ziemlich
variabel. In der Gestalt wurden die nahe verwandten F\ se-
miaratus BEyR. und F. nudus BEYR. etwa zwei extreme Varie-
täten von f. interruptus Sow. vorstellen können. Dieser unter-
scheidet sich überhaupt von F\. semiaratus BEYR. nur dadurch,
dass er mindestens eine Spirale mehr zwischen der oberen
Naht und dem glatten Bande auf der Mitte der Windungen hat.
Es befinden sich in Herrn Grorrıan’s Sammlung vier
Exemplare von Helmstädt, welche sämmtlich in der Gestalt
den schlanken Formen des F. interruptus mit flachem Gewinde
gleichen, und von denen eins besonders, mit drei Spiralen unter
der Naht, vollständig mit einem meiner Stücke von Highgate
übereinstimmt. Bei dem zweiten Exemplar von Helmstädt
fehlt die mittelste dieser drei Spiralen, und bei den übrigen
"ist nur die oberste vorhanden. Da diese Unterschiede unter
den Stücken von Helmstädt denn doch sehr gering sind, stelle
ich sie ohne Bedenken sämmtlich zu F. interruptus Sow. Hier-
her ist vielleicht auch F. semiaratus BEyR. zu stellen, da die
Exemplare von Helmstädt einen Uebergang anzubahnen scheinen.
25. Fusus Edwardsii v. Kornen. Taf. XV. Fie.3 a,b.
Diese, mir nur von Helmstädt bekannte Art ist nahe ver-
wandt mit F\ interruptus Sow., besonders mit den englischen
mittel- und ober-eocänen Stucken mit den breiten furchenarti-
gen Spiralen, hat jedoch mehr eingesenkte Nähte, resp. stärker
sewölbte Windungen, und in der Jugend starke Längsrippen,
ca. 12 bis 15 auf jeder Windung, welche mit den Anwachs-
streifen gebogen sind, und von der fünften Mittelwindung an
“
479
sich allmälig verlieren. Die Windungen, welche bis hier
' gleichmässig gewölbt und mit ca. 8 Spiralen bedeckt waren,
bekommen eine immer stärker werdende Depression unter der
Naht, die Spiralen auf der Mitte der Windungen werden immer
undeutlicher, und sind auf den letzten Windungen deren unter
der Naht nur etwa vier sichtbar; dann folgt eine glatte Fläche,
auf der die Spiralen nur eben angedeutet sind, welche ziem-
lich bis zur unteren Naht reicht. Der Rest der Windungen,
sowie auch der Schlusswindung, ist von da an wieder mit
breiten, runden Spiralen bedeckt. Mein grösstes Stück besteht
aus zehn Windungen und hat 17 Mm. Durchmesser und 45 Mm.
Länge, wovon 23 auf die Mundöffnung kommen. Der Kanal
ist schwach zurückgebogen.
26. Fusus (Clavella) longaevus SoL.
var. egregius BEYR. t. 22 f. 1—5.
‚Eine ziemliche Anzahl Stücke von Helmstädt stimmen
ganz mit solchen von Westeregeln, Unseburg, Lattorf, Brocken-
hurst u.s. w. überein. Bei Brockenhurst finden sich nun aber
neben dem ächten F. egregius BEYR., welcher durchaus keine
Längsskulptur führt, auch häufig Stücke, die auf den ersten
Mittelwindungen starke, runzelige Längsrippen tragen, und
dem ächten F. longaevus SorL. in jeder Beziehung gleichen;
ich halte es daher für nöthig, zu diesem den F. egregius Beyr.
als Varietät zu stellen.
27. Fusus restans v. KoExen.
Es liegt aus Herrn v. Stromseck’s Sammlung nur ein
Exemplar von Helmstädt vor, welchem ein Theil der Schluss-
windung fehlt. Dasselbe ist 22 Mm. breit und über 40 Mm.
lang gewesen, besteht aus fünf Windungen, deren es im Gan-
zen sieben gehabt haben mag (die Spitze des Gewindes fehlt)
-und schliesst sich in Gestalt und Skulptur eng an den unter-
eocänen F\. planicostatus MeLLev. (DESHAYES, Suppl. tome III.
p. 279 t. 83 f. 19— 20) an. Von diesem unterscheidet sich
unsere Art indessen durch eine weit schwächere Innenlippe,
zahlreichere Längsrippen (20 auf der Schlusswindung), schär-
fere Spiralen, zwischen die sich feinere einschieben, sowie da-
durch, dass die Windungen über dem Kiel noch mehr concav
sind, und weiter an den vorhergehenden heraufgehen, so dass
480
auf den Mittelwindungen dieser Theil der Schale etwa zwei
Drittel der Höhe einnimmt, während er bei der französischen
Art nur etwa ein Drittel beträgt. Ausserdem treten die An-
wachsstreifen unter der Naht ziemlich stark hervor. Ich führe
das Stück überhaupt nur an, weil das Vorhandensein einer
solchen Form, die in allen Schichten von gleichem oder nahe
stehendem Alter fehlt, doch bei Beschreibung einer Fauna nicht
gut mit Stillschweigen übergangen werden darf, und gebe zur
Unterscheidung denn auch den Namen F. restans, so gewagt
es auch sonst ist, auf ein einziges noch dazu defectes Stuck
eine neue Art zu gründen.
28. Fasciolaria funiculosa Lau: (Desa. t. I. p. 516
t. 72 £.5— 7.) ;
Fasciolaria fusiformis Pair. (Palaeont. I. p. 70 t. 10 £. 1.)
Fusus cognatus Beyr. 1. 25 f. 1-2.
Die von Herrn Beyricn angegebenen Unterschiede zwi-
schen der deutschen unter-oligocänen, und der französischen,
resp. englischen mittel-eocänen Art finden sich nur an einzel-
nen meiner Stücke, während andere sich vollkommen gleichen;
ich vereinige daher beide Arten. Von Helmstädt liegen meh-
rere gute Stücke vor.
Edwardsia nov. gen.
Testa ovata, plicis antrorsum concavis et lineis elevatis spi-
ralibus ornata, apice acuto; apertura oblongo-ovali columella bi-
plicata, recta, margine externo incrassato, intus costato, margine
columellari angustissimo, canali brevissimo.
Es finden sich im norddeutschen und belgischen Oligocan
5 Arten, welche zu ganz verschiedenen Gattungen gestellt sind,
aber zu keiner derselben ganz passen, und jedenfalls eine
eigene Gruppe bilden. Es sind dies Cuma Bettina SEMPER,
Voluta semigranosa Nyst, Voluta subgranulata SCHLOTH. (V. se-
miplicata N.), Turbinella pyruliformis Nyst und Cancellaria
Strombecki SPEYER.*) Cuma Bettina oder Fasciolaria tubercu-
*) Hierher gehört jedenfalls auch Turbinella pulcherrima Desn.
Suppl. t. II. p. 298 1.83 f. 19—14, welche sich von der in der Skulptur
einigermaassen variirenden Voluta semigranosa Nyst höchstens durch
Aa >
lata GıeB. würde zu Cuma passen, wenn nicht zwei Falten auf
der Spindel vorhanden, und der Kanal eben ganz kurz wäre;
_ freilich erscheint derselbe bedeutend länger, wenn von der
Aussenlippe mehr oder weniger abgebrochen ist, ebenso wie
dies bei den andern Arten der Fall ist. die dann zu Turbi-
nella und Oancellaria gestellt worden sind. Nach Ansicht des
Herrn v. Martens, der ich nur beipflichten kann, sind die er-
wähnten Arten als Untergattung zu Pisania Bıvon zu stellen,
„ wie Borsonia zu Pleurotoma und Fasciolaria zu Fusus; diese
neue Gattung widme ich Herrn F. E. Epwarps, dem wir die
Kenntniss der älteren englischen Tertiäar-Fauna verdanken,
Sammtliche fünf Arten haben zwei starke Falten auf der Spindel,
eine dünne Spindelplatte, eine meistens verdickte und gezähnte
Aussenlippe die keine Depression am Kanal zeigt, sondern in
einem einfachen Bogen verläuft. Die Schale ist mit erhabenen
Spiralen bedeckt, welche über die schwachen, nach vorn ge-
bogenen Längsfalten hinweglaufen.
29. Edwardsia Bettina SEMPER.
Cuma Bettina Semper. Bort, Mekl. Archiv 1862.
Fasciolaria tuberculata GEB. (p. 33 t. 1. f. 7.).
Es liegen von Helmstädt nur einige schlechte, noch junge
Exemplare von etwa 20 Mm. Länge vor, die aber mit jüngeren
Stücken von Lattorf ganz übereinstimmen. Ich nehme SEn-
pEr’s Namen an, obwohl der Gizser’sche Namen schon 1861
in dem Verzeichnisse (GIEBEL und Hxzıyrz Jahrb.) publicirt ist,
da aus der Beschreibung die Art nicht im Mindesten zu erken-
nen war, um so mehr als sie eben zu Fasciolaria gestellt war
und noch dazu mit Borsonia Delucü Nyst (Fasciolaria nodosa
GiEB.) und Fasciolaria fimbriata Broc. verglichen wurde.
80. Edwardsia pyruliformis Nxsr.
Turbinella pyruliformis Nyst p. 486 t. 38 £. 26.
Es liegen von Helmstädt mehrere defeete Exemplare dieser
für das belgische und norddeutsche Unter-Oligocän charakte-:
ristischen Art vor, von welcher ich nur ein vollständiges aus-
gewachsenes Exemplar von Lattorf kenne; dieses hat eine
geringere Dimensionen und ein stumpferes Gewinde unterscheidet; doch
kann dies möglicherweise daher kommen, dass die zwei einzigen bekann-
ten französischen ober-eocänen Stücke noch nicht ausgewachsen sind.
+
182
stark verdickte, innen gezähnte Aussenlippe, einen ganz kur-
zen Kanal, und keine Depression an demselben, so dass diese
Art auf keinen Fall mehr zu Turbinella passt. Fam /
3l. Edwardsia semigranosa Nysr. (Beyr.t.4f.8).
Voluta semigranosa Nsst p. 599 t. 44 f. 11.
Ein schlechtes Exemplar von Helmstädt gehört wohl dieser
: im ganzen belgischen und norddeutschen Unter-Oligoeän ver-
breiteten Art an, und gleicht besonders solchen Stücken, bei
denen durch stärkeres Hervortreten der Längs- und der Spiral-
Skulptur die letzten Mittelwindungen und der obere Theil der
Schlusswindung stark und dicht granulirt erscheinen.
32. Purpura nodulosa BeyR. t. 8 £. 7.
Ein Stück von Helmstädt stimmt ganz mit solchen von
den sonstigen unter-oligocänen Lokalitäten überein.
33. Cassis ambigua SoL.
Cassis affinis Psır. (Bey. t. 10 £. 3.)
Zwei defecte Stücke in Herrn GRoTRIAN’s Sammlung ge-
hören ohne Zweifel dieser im ganzen Unter-Oligocan und bei
Barton vorkommenden Art an.
Herr Beyricn hat wohl diese beiden Arten nur getrennt
gelassen, weil er ihre Identität bei seinem dürftigen Material
besonders an englischen Stücken nicht beweisen konnte. Ich
finde, dass die Leisten auf dem Spindelrande bei meinen eng-
lischen und deutschen Exemplaren meistens dieselben sind,
während allerdings die Zähne des Aussenrandes bei den vor-
liegenden Stücken von Barton, die leider sämmtlich nur eine
mittlere Grösse haben, viel regelmässiger und zahlreicher sind,
doch möchte dieser Unterschied im Alter wohl verschwinden,
da die jüngeren Stücke von Lattorf u. s. w. mitunter den eng-
lischen in dieser Beziehung ebenfalls sehr nahe kommen.
34. Cassis coronata DesH. tome U. p. 35 t. 85
f. 11— 13.
€. Germari Pair. (Bevr. t. 10 f. 1.)
C. Quenstedti Bey. t. 10 £. 2.
Herr Beyrich stellte seine ©, Quenstedti nur nach einem
einzigen Exemplare auf; seitdem haben sich deren aber mehr
gefunden, welche alle Uebergänge zu C. Germari PuıL. bilden,
483
so dass der Name (. ‘Quenstedti höchstens als Varietätsname
beizubehalten wäre. €. Germari PhıL. und €. coronata Desn.
_ unterscheiden sich nun besonders dadurch, dass bei ersterer
die Höcker auf dem oberen Theile der Schlusswindung schwä-
cher und zahlreicher sind, und die Skulptur eigenthümlich wellig
ist. Unter den zum Theil verhältnissmässig guten Stücken von
Helmstädt finden sich aber sowohl solche, die mit der ächten
©. Germari Puı.., als auch solche, die mit meinen englischen
Stücken von (. coronata DrsH. auf das Genaueste übereinstim-
men, und ausserdem noch verschiedene, zwischen beiden Arten
stehende, so dass ich nicht umhin kann, diese zu vereinigen.
Diese Art findet sich demnach im Mittel- Eocän und im
Unter-Oligocän.
35. Cassidaria nodosa SoL.
C. carinata Law. (Desn. tome DI. p. 033 t.86 f. 7, 1.85 f.1,2,8,9.)
C. depressa Bucu (Bere. t 9 f. 1.)
C. Buchü Bor Bars. t. 9 f. 2-9.
Ein Paar verdrüuckte Stücke von Helmstädt stimmen, so
weit sich dies mit Sicherheit bestimmen lässt, mit solchen von
Lattorf und Wolmirsleben überein. Englische Originale der
C. nodosa SoL. von Barton unterscheiden sich von den meisten
unter-oligocänen Exemplaren in etwas dadurch, dass sie nicht
wie diese zwischen der Naht und der obersten Hockerreihe
eine stärker hervortretende Spirale führen, und von den mittel-
oligocänen unterscheiden sie sich dadurch, dass sie weniger,
nur vier Höckerreihen und feinere Spiralen besitzen. Diese
Merkmale sind indessen nicht constant, und es finden sich
selbst an ein und derselben Lokalität kaum zwei Exemplare,
die sich nicht durch Anzahl und Gestalt der Höckerreihen und
Spiralstreifen irgendwie unterschieden, so dass ich nicht zögere,
sie zu vereinigen.
Desnayzs hat die ©. nodosa mit der Lamarcr’schen (. ca-
rinata vereinigt, welche von unseren Formen im Allgemeinen
indessen ziemlich verschieden ist, doch wird sein Material ihn
wohl dazu berechtigen; ein Paar Fragmente von Helmstädt
haben in der Skulptur die auffallendste Aehnlichkeit mit eng-
lischen unter- und mittel-eocänen Stücken der C. carinata Lam.
Die ober-oligocäne ©. Buchü BoLL ziehe ich unbedenk-
lich mit hierzu, da die von Herrn SPEYER richtig angeführten
ER >
ee
484
Unterschiede sich immerhin nur bei einzelnen Stücken wirklich
finden. = \ n
36. Ancillaria unguiculata BzyR. t. 2 f. 3.
Diese im ganzen Unter-Oligocän verbreitete Art findet sich
ze häufig bei Helmstädt.
37. Ancillaria subcanalifera D’ORB. (Hönnust t. 6
f. 3.)
Anc. canalıfera GirB. u. Ss. w,
Die Exemplare dieser Art von Helmstädt sind ganz ident
mit solchen von Lattorf, Unseburg, Vliermael, sowie mit den
miocanen aus den Becken von Wien und Bordeaux, aber durch
die bis zum Bande hinabgehende Schmelzlage, von sammtlichen
eocäanen Vorkommnissen constant verschieden, wie dies auch
Hoörses im Nachtrage zum ersten Bande seiner Arbeit (S. 665)
ausführlicher beschreibt.
38. Conus Beyrichii v. Korxen. Taf. XV. Fig.7a,b.
C. concinnus Beys. non Sow. (Beyr. t. 1 f. 2.)
C. Lamarckuü Epw pars.
Ein Stuck in der Clausthaler Sammlung gleicht vollstän-
dig, selbst in der Erhaltung, solchen von Lattorf, so dass ich
fast an eine Verwechselung des Fundortes glauben möchte.
Der ächte C. concinnus Sow. aus dem London-clay unterscheidet
sich von unserer Art durch das etwas spitzere Gewinde, sowie
dadurch, dass er auf der Schlusswindung überall, doch nach
oben zu immer wenicer hervortretende Spiralen, und auf dem
Dache stets drei granulirte Spiralen trägt, welche im Alter
immer stärker werden. Diese Unterschiede konnte Herr BeEY-
RICH aus Sowerey’s Abbildung und Beschreibung nicht heraus-
finden, dagegen erkannte sie F. E. Enwarns aus Herrn Bey-
RicH’s Arbeit, und stellte unsere Art zu seinem C. Lamarckü.
Dieser hat jedoch viel feinere, oft kaum sichtbare Knoten auf
den Kanten, welche auch schon auf der dritten Mittelwindung
etwa ganz glatt werden; ausserdem zieht sich das Dach mehr
an den vorhergehenden Windungen herauf, zuletzt noch etwas
mehr anschwellend, so dass die Naht weniger scharf und regel-
mässig erscheint. Von dem C. antedilwianus Bruc. aus dem
Miocän und Pliocän unterscheidet sich der C. Beyrichü sehr
constant durch eine bedeutend kürzere, weniger spitze Schluss-
485
windung. Von dem französischen C. antediluvianus (DESHAYES
erste Arbeit tome II. p. 749 t. 98 f. 15, 14), welcher sich
vollkommen ident auch bei Lattorf findet, unterscheidet er sich
durch viel schwächere und etwas zahlreiche Knoten auf der
Kante des Daches (17—21; jener hat deren etwa 14), welche
sich auf der sechsten oder siebenten Mittelwindung allmälig
verlieren. Zu besserer Fixirung der Art lasse ich ein Paar
gute Stücke von Calbe a. d. S. (Taf. XV. Fig. 7a) und von
Lattorf (Fig. 7 b) abbilden.
39. Conus deperditus BRuc.
C. Allioni Beyr. non Micn. pars. (Bey. t. 1 f. 6.)
Unter den zahlreichen von Helmstädt vorliegenden Stucken
befinden: sich mehrere recht gut erhaltene, welche sich von
solchen von Westeregeln nur dadurch unterscheiden, dass
die 3—4 Spiralen auf dem Dache noch etwas mehr hervor-
treten und mit den Anwachsstreifen eine zierliche Gitterung
hervorbringen, ganz ebenso, wie sie sich an meinen Exempla-
ren aus dem englischen Mittel-Eocän findet. Von diesen unter-
scheiden sie sich überhaupt nur dadurch, dass die Anwachs-
linien, resp. der Aussenrand, besonders oben nicht so stark
gebogen sind, dass die Spirallinien unten am Kanal gröber,
mehr furchenartig sind, und nicht so weit hinaufgehen,” sowie
auch durch ihre geringere Grösse. Da aber grosse englische
Stücke von 75 Mm. Länge von den kleineren in den erwähn-
ten Punkten abweichen und sich unseren Exemplaren nähern,
so stelle ich diese unbedenklich mit zu jener Art.
Von dem Conus Semperi SPEYER (C. Allioni BEYR. pars)
von Hermsdorf u. s. w. unterscheidet sich unsere Art durch das
kürzere Gewinde im Alter, die viel schärfere Kante am Dache,
auf welchem auch die Anwachsstreifen weit weniger gebogen
sind. ‚Die Spiralen fehlen ganz. Ausserdem sind auch die
Spiralen am Kanal weit feiner und zahlreicher bei dem C.
Semperi SPEYER.
40. Conus procerus Bay. t. 1 f. 7.
€. alatus Eow. var. hemilissa (Evw. t. 25 f. 1a, b.)
Diese Art ist sehr variabel in der Länge des Gewindes,
in der Tiefe der Depression unter der Naht, sowie auch in der
Zahl und Stärke der Spiralen am Kanal. Was diese letzteren
486
anbetrifft, so stehen die meisten norddeutschen Stücke dem
Originale Herrn BryrıcH’s (t. 1 f. 7) ziemlich nahe, während
die englischen unter - oligocänen Exemplare von Brockenhurst
fast ganz bis zu dem mittel-eocänen typischen C. alatus Epw.
hinuber variiren; übrigens kommt diesem ein Stück, welches
ich bei Unseburg gefunden habe, in jeder Beziehung gleich.
Ich behalte daher nur den Namen C. alatus Epw. als Varietäts-
namen bei. Ein Paar defecte Stücke von Helmstädt aus Herrn
GROoTRIANs und Herrn A. Rormer’s Sammlung liegen vor und
sind ganz ident mit solchen von Lattorf, Calbe a. d. $., Unse-
burg u. s. w. und einzelnen von Brockenhurst.
41. Conus Grotriani v. Korxen. Taf. XV.Fig.5a, b.
Wie die vorige Art zu der Untergattung Conorbis gehörig
unterscheidet sich diese Art von ihr durch das bei sämmtlichen
vorliegenden Stucken gleich lange, kürzere Gewinde, die breite,
gerade das Knie der Anwachsstreifen enthaltende Depression
auf dem Dache, und die gleichmässigen, furchenartigen Spira-
len auf der Schlusswindung. Bei ausgewachsenen Stücken von
32 Mm. Länge zählt man 16 solcher Spiralen, welche von der
Kante oben bis dicht an den Kanal hinuntergehen, welcher
von da an mit viel feineren, immer schräger werdenden Spiral-
linien “"edeckt ist. Das abgebildete, nur wenig verdrückte
Exemplar dieser bis jetzt nur von Helmstädt bekannten Art
wurde bei 32 Mm. Länge unverdrückt etwa 15 Mm. Durch-
messer haben.
Pleurotoma.
A. Der Sinus liegt auf dem Kiel.
42. Pleurotoma turbida Son. f. 31.
Pl, subdenticulata Gowpr. (Pl. erenata Nysr.)
Pl. cataphracta Baoc. (t. 8 f. 16.)
Ich kann nicht umhin diese drei Typen zunächst zu ver-
einigen, welche sich in allen Tertiärschichten in so zahllosen
Varietäten finden, dass auf alle nur etwa folgende Beschrei-
bung passen würde. Der Sinus liegt auf dem Kiel, Kanal
kurz, auf der Spindel eine mehr öder weniger starke Falte;
das Knie der Anwachsstreifen erhebt sich auf dem Kiel meist
zu kleinen Knötchen, doch kann der Kiel, besonders im Alter
auch glatt sein, wie bei Pl. parilis Epw,, rotundata Epw., he-
487
mileia Enw., Goldfussi Prit., Jugleri PHıL. u. Ss. w. Aus sol-
chen Varietäten sind denn sehr zahlreiche neue Arten gemacht
worden, welche sich häufig an einer Lokalität deutlich geson-
dert halten, an einer anderen aber wieder durch einander va-
riiren. Herr Professor SANDBERGER trennt zwar die Pl. sub-
dentieulata GouLpr. (Pl. crenata NystT, hantoniensis Epw.) von
der Pl. turbida Son. und der cataphracta Broc., da er bei sei-
nen Exemplaren Unterschiede gefunden hat; ich finde aber bei
ca. 5000 Stücken von einigen 40 verschiedenen Fundpunkten
alle Uebergänge, namentlich habe ich solche aus dem Miocän
(Systeme diestien) von Antwerpen, welche denen von Barton
vollkommen gleichen. Herr BeyricH ist der Ansicht, dass,
weil die mittel- und ober-oligocäne Pl. subdenticulata meist eine
schwächere Falte hat als Pl. turbida und cataphracta, diese
beiden Arten als geognostisch getrennt anzusehen seien; ich
habe aber viele Exemplare von Hermsdorf, welche sogar eine
stärkere Falte auf der Spindel tragen als die Pl. turbida SoL.
von Barton.
Bei Helmstädt findet sich zunächst die ächte Pl. turbida,
wie sie sich bei Barton und im ganzen belgischen und nord-
deutschen Unter-Oligocan findet, und dann besonders häufig
eine Varietät mit gröberen und selteneren Spiralen, welche bis
auf das ein wenig kürzere Gewinde der Pl. ligata Epw. aus
dem englischen Mittel-Eocän vollkommen gleicht. Hierher ge-
hören vermuthlich Pleurotoma turbida und Borsonia turbida in
GIEBEL „Fauna von Lattorf*. "
43. Pleurotoma Roemeri v. Koznen. Taf. XV.
Fig. 6a, b.
Die Schale dieser nur von Helmstädt bekannten Art be-
steht aus 9 Windungen, worunter 2 glatte Embryonalwindun-
gen, und hat ca. 9Mm. Durchmesser und 25 Mm. Länge, wo-
von 1] Mm. auf die Mundöffnung kommen. Die ersten Mittel-
windungen sind mässig gewölbt und mit ca. 14 Längsrippen
besetzt. Dann bildet sich auf der unteren Hälfte ein Kiel aus,
auf welchem drei Spiralen entlang laufen, die durch etwas
gebogene Längsrippchen (etwa 20— 25 auf jeder Windung)
unterbrochen werden. Mit diesen korrespondirend finden sich
auf einer Anschwellung der Schale, dicht unter der Naht, kleine
Höcker, über welche drei Spiralen hinweglaufen, Zwischen
Zeits. d.d. geol. Ges. XVII, 3. 32
488
beiden Knotenreihen liegt, ebenso breit als jede derselben, eine
Depression , auf welcher meist vier feine Spiralen befindlich
sind. Unter dem Kiel folgen auf der Schlusswindung auf dem
convexen Theile der Schale noch 3—4 Spiralen, von denen
nur die oberste auf den jüngeren Windungen sichtbar ist, und
zwischen welche sich meist noch feinere dergleichen einschie-
ben. Darunter folgen bis an das Ende des mässig langen,
geraden Kanals immer schwächer und schräger werdende Spi-
ralen. Diese Art ist der Pl. denticula Bast. nahe verwandt,
unterscheidet sich aber davon durch die starke Biegung der
Höcker, durch die Knoten unter der Naht und den längeren
-
Kanal.
44. Pleurotoma denticula Basr. (Epw. Eoc. Moll.
p. 286 t. 30 £. 7.)
Die Exemplare von Helmstädt gleichen ganz denen von
Lattorf, Westeregeln, sowie auch von Barton (Epw. t. 30 f. Te)
doch treten die 3—4 gröberen Spiralen unter dem Kiel auf
der Schlusswindung etwas weniger hervor als bei letzteren.
45. Pleurotoma Bosqueti Nyst p. 514 t. 40 £. 9.
Pl. denticula Gıies. non Bast. (Gisseı t. 3 f. 6.)
Die belgischen und deutschen typisch unter-oligocänen
Exemplare dieser Art haben gewöhnlich, wie dies auch auf den
Abbildungen Nysrt’s und GIEBEL’s zu sehen ist, sehr zahlreiche,
von zwei Spiralen getragene Längsleisten auf dem Kiel, welche
etwa von der sechsten Windung ab verschwinden, und unter-
scheiden sich hierdurch, sowie durch den weniger hervortretenden
Kiel und die schwächere Depression unter demselben von der
ober-eocänen Pl. monerma Epw. und der mittel- und ober-
oligocänen Pl. laticlavia BEyR., doch besitze ich viele Ueber-
gänge wenigstens zu der Pl. laticlavia, und von dieser unter-
scheidet sich Pl. monerma nur durch das meist kürzere Ge-
winde. Die Pl. Bosqueti hat somit mitunter auch stärkere,
weniger zahlreiche Leisten auf dem Kiel, und, wenn auch sehr
selten, werden die abwechselnd gröberen und feineren Spiralen
auf der Wölbung der Schlusswindung gleichwerthig; mit sol-
chen Formen stimmen die Stücke von Helmstädt ganz überein.
Zu Pl. laticlavia BEYR. gehört vermuthlich, was Herr SPEYER
(in dieser Zeitschrift 1862 8.485) als Pl. turricula Broc. von
489
Söllingen anführt, die allerdings sowohl in der glatten, flachen
Form mit manchen unter-oligocänen, als auch in der Pl. Stoffelsü
Nyst genannten mit den mittel- und ober-oligocänen sehr gut
übereinstimmt, mit dem einzigen Unterschiede, dass die mio-
cänen und pliocänen Formen auf den Mittelwindungen stets
noch eine stärkere Spirale unter dem Kiel zeigen, die älteren
Formen nicht; doch wird auch dies wohl nicht konstant sein,
so dass später vielleicht alle diese Arten werden vereinigt
werden müssen.
46. Pleurotoma nudiclavia BryR. t. 30 f. 4.
Ein Exemplar in der Clausthaler Sammlung, bis auf den
Kanal gut erhalten, gleicht ganz denen von Lattorf, Wester-
egeln u. s. w., resp. dem von Herrn Bryrıc# t. 30 f. 4 ab-
gebildeten.
Auf 3 glatte Embryonalwindungen folgt eine Windung
mit Längsrippen, welche: auf den folgenden Windungen kürzer
und schneidenformig werden, auf der vierten bis siebenten
Mittelwindung allmälig ganz verschwinden, und wie auf ihnen
jede Spiralskulptur fehlt, so bildet sich dann ‘ein glänzend
glattes, etwas erhabenes Band aus, auf welchem der Sinus
liegt. Zwischen diesem und der oberen Naht ist eine De-
pression mit 2 bis 3 Spiralen befindlich; unter ihm folgen bis
zur unteren Naht noch zwei feine Spiralen. Unter diesen, auf
dem konkaven Theil der Schlusswindung befinden sich bis zum
Kanal noch lauter feine gleichmässige Spiralen. Diese Art
ist übrigens der vorigen nahe verwandt. Meine grössten Stücke
von Lattorf haben 12 Windungen und 7 bis 8 Mm. Durch-
messer, sowie 25 Mm. Länge, wovon 10 Mm. auf die Mund-
öffnung kommen.
47. Pleurotoma Koninckii Nyst p. 517 t. 41 f. 3.
Pl. Waterkeynii Nxst. p. 518 t. 41 £. 4.
Pl. Zinkeni GueBer t. 3 f. 6.
Nach meinen Exemplaren von Rupelmonde sind die beiden
Nyst’schen Arten zu vereinigen, und ziehe ich den Namen
Pl. Koninckü Nyst, als den besseren vor, um so mehr, als
er einem mehr ausgewachsenen Exemplare gegeben worden
ist. Wie sich hieraus schon ergiebt, wird der Kiel im Alter
schwächer, und die Windungen strecken sich mehr, als dies
32°
490
bei den im Mainzer Becken und bei Hermsdorf nur unausge-
wachsen vorkommenden Exemplaren der Fall ist. Herr Saxp-
BERGER hält zwar die unter - oligocäne Art für verschieden von
der Pl. Waterkeyni , weil der Kiel bei ersterer erst im Alter
deutlicher hervortrete; vermuthlich werden bei seinen Stucken,
wie dies gewöhnlich der Fall ist, die jungeren Windungen
stark abgerieben sein; ‘ich finde an zahlreichen guten Exem-
plaren gerade das Gegentheil, und stelle die unteroligocänen
Stücke mit den mittel- und ober-oligocänen zu Pl. Koninckü
Nyst. Die grössten Exemplare von Helmstädt sind wie die
von Rupelmonde u. s. w. etwa 40 Mm. lang; bei Lattorf,
Unseburg u. s. w. erreichen sie indessen 65 Mm.*)
48. Pleurotoma conifera Epw. p. 274 t. 31. 3.
Ein Exemplar in Herrn GroTIAan’s, und zwei in Herrn A.
Rormer’s Sammlung gehören zn einer im belgischen und
deutschen Unter-Oligocan verbreiteten Art, welche in der Ge-
stalt und Skulptur, der Zahl, Stärke und Anordnung der Spi-
ralen der Pl. conifera Epw. aus dem englischen Mittel-Eocän
auf das Genaueste gleicht... Zwar wird die unter -oligocäne
Art etwas grösser, und dieHöcker verlieren sich etwas später,
mitunter erst auf der Schlusswindung, doch glaube ich bei der
sonstigen genauen Uebereinstimmung beide nicht trennen zu
können. | ’
49. Pleurotoma Selysii Konisck (Nvst p. 515 t.40
£,.41):
Pl. flewxuosa GieBEL non GoLdr. GIER. t. 3. f. 9).
Pl. diffieilis Giesen (Gier. t. 4. f. 3).
Pl. Prestwichü Eow. (t. 30 f. 3).
Pl. simillima Eow. (t. 30 f. 4).
Pl. Wetherellü Eow. (t. 29 f. 16).
Die Pl. flewuosa Herrn GiEBEr’s ist eine mittel-oligocan bei
Lattorf, Hermsdorf, Rupelmonde etc. vorkommende Varietät der
*) Pl. Waterkeyniüi Nyst bei Epwarps (Eoe. Moll. t. 30 f.8) ist schon
durch die Höcker.auf dem Kiel ganz verschieden, und mag Pl. Edwardsü
heissen. Ebenso hat Pl. Koninckiü Nyst Enwarns (p. 279 t 29 f. 15)
mit unserer Art nichts zu thun, möchte vielmehr eher zu Pl. Selysü zu
stellen sein. Pl. crebrilines Eow. von Stubbington (t. 30 f. 6) ist da-
gegen möglicherweise mit hierher zu ziehen.
491
Pl. Selysiü, und unterscheidet sich von der ächten Pl. flexuosa
durch den längeren Kanal, die weniger zahlreiche Rippen, und
die schwächere Biegung derselben. Pleurotoma diffieilis ist eine
im Unter-Oligocän häufige Form von Pl. Selysi, deren sich bei
Lattorf, Westeregeln u. s. w. noch mehrere finden. Hierher ge-
hören denn auch noch Pl. Prestwichi Epw. (t. 30 f. 3), Pl.
simillima Epw. (t. 30 f. 4), Pl. Wetherellü Evw. (t. 29 f. 16)
und vermuthlich auch Pl. Koninckü Epw. non Nyst (Epw. t. 29
f. 15), die sich von der ächten Pl. Selysi, die ja auch mit-ihnen
zusammen vorkommt, nicht konstant unterscheiden, sobald man
eine grössere Anzahl von Exemplaren vergleicht. Die Exem-
plare ven Helmstädt sind zwar sämmtlich sehr defekt, genügen
aber doch, besonders da sie dieser wohlbekannten Art ange-
hören, um sich mit Sicherheit bestimmen zu lassen, und zwar
stehen sie sämmtlich zwischen den Formen, die Herr GIEBEL
t. 1. f. 2 und t. 4. f. 2 abbildet.
50. Pleurotoma plana GIEBEL (t. 4. f. 4).
Ein Exemplar in der Clausthaler Sammlung stiumt ganz
mit solehen von Lattorf u. s. w. überein. Diese Art steht der
Pl. Selysii sehr nahe, lässt sich aber in jedem Alters-Stadium
schon durch die geringe Wölbung der Windungen unterscheiden;
diese ist übrigens bei der Abbildung Herrn GiIEBEL’s auf der
rechten Seite viel zu stark gezeichnet, auch sind wohl die Spi-
ralen etwas zu grob.
B. Der Sinus liegt über dem Kiel.
51. Pleurotoma rostrata Soı. f. 34.
Unter den von mir selbst bei Barton gesammmelten Exem-
plaren der Pleurotoma rostrata Sou. finden sich auch
extreme Formen, wie EpwArDs sie gar nicht erwähnt. Die-
selben haben nur in der Jugend schwache Längsrippen, im
Alter gar keine, und stehen somit den mittel-eocänen Arten
Pl. inarata Sow. und Pl. planetica Evw. äusserst nahe. Diesen
Formen gleichen einige Stücke von Helmstädt durchaus, welche
vollständig über 70 Mm. lang gewesen sein müssen.
Hieran reihen sich dann noch die zahlreichen, von EDWARDS
aufgestellten Arten aus dem London-clay, welche einen Ueber-
gang zu Pl. transversaria Lam. und Pl. belgica GoLpF. an-
bahnen; so stimmen z. B. einzelne Exemplare der Pl. teretrium
492
Epw. var. cerebrilinea auf das Genaueste mit solchen von Pl.
belgica: GoLpr. von Hermsdorf. |
Diese letztere trennt zwar Herr SANDBERGER von der Pl.
regularis Kox., weil diese keine Längsfalten habe, dieselben
fehlen aber ganz nur bei abgeriebenen Exemplaren. Die Wöl-
bung der Windungen ist besonders stark variirend, und scheint
es mir sehr viel darauf anzukommen, welche Grösse die Art
an einzelnen Lokalitäten erreicht. So finden sich im Mainzer
Becken Stücke bis zu 80 Mm. Länge, während ein leider
defektes Stuck von Hermsdorf über 150 Mm. lang gewesen
sein muss. |
Eine definitive Entscheidung wage ich nicht abzugeben,
wie ‚sich Pl. transversaria Lam. zu unseren Arten verhält, da
mir mein Material nicht genügt. | ‘
Besonders häufig finden sich bei Helmstädt Stücke, die
ich als var. multicostata hierzu stelle. Sie unterscheiden sich
von der ächten Pl. rostrata durch die im Alter viel zahlreicheren,
schmaleren und stumpferen Längsrippen, und das stärkere Her-
vortreten der Anwachsstreifen unter der Naht, sowie durch die
schwächere Wölbung der Windungen und die noch breiteren
gekörnelten Spiralen; ferner hat Pl. rostrata auf den letzten
Mittelwindungen zwischen dem Sinus und der oberen Naht 4—5
feine Spiralen, unsere Stucke deren nur 2—3 etwas stärkere;
das Embryonalende und die ersten Mittelwindungen sind bei
beiden gleich. Als eine zweite Varietät „multistriata“ stelle ich
hierzu noch einige Exemplare, welche zwischen der oberen
Naht und der Wölbung der Windungen meist genau dieselben
Spiralen haben wie die ächte Pl. rostrata, darunter aber noch
einmal so viel, indem sich zwischen die ubrigens nicht granu-
lirten Haupt - Spiralen’ feinere einsehieben. Auf der Schluss-
windung gehen ca. 20 Anschwellungen, den Anwachsstreifen
folgend, über die Wolbung hinweg. An diese Varietät schliessen
sich Pl. fusiformis Sow. und die meisten Varietäten von Pl.
teretrium Epw. sehr nahe an.
52. Pleurotoma Beyrichii PuıL. (Palaeontogr. 1.
DB: 68,1: 10.62):
Ein Exemplar von Helmstädt aus Herrn GRoTRIAN’s Samm-
lung rechne ich dieser unter- oligocän allgemein verbreiteten
Art zu, obwohl es ein ungewöhnlich schlankes Gewinde hat,
493
und die den Anwachstreifen folgenden Längsfalten etwas stärker
hervortreten, als dies sonst der Fall ist, so dass der Sinus
etwas mehr vertieft liegt. Das Stück bildet somit‘ eine Art
Uebergang zu der mittel- und ober-oligocänen Pl. belgica
GotprF., die sich ja hauptsächlich nur durch die tiefere Depres-
sion unter der Naht und die stärkere Wölbung der Windungen
von unserer Art unterscheidet.
53. Pleurotoma attenuata Sow. Epw. p. 237
22 7.1:46,
Einige, zum Theil ganz vollständige Exemplare von Helm-
stadt gleichen solchen aus dem englischen Mitteleocan (Brack-
lesham, Brook u. s. w.) auf das Genaueste, und haben etwa
die mittlere Grösse jener mit 70 Mm.
54. Pleurotoma pseudocolon GiesB. (GIEBEL 't. 1.
f. 11).
Ein Paar Stücke von Helmstädt stimmen mit solchen von
Lattorf vollständig überein mit dem einzigen Unterschiede, dass
die Längsrippen etwas stärker hervortreten und erst auf den
letzten Mittelwindungen verschwinden; ich möchte übrigens
noch bemerken, dass diese Art im Verhältniss der Länge zur
Dicke bei Lattorf noch mehr varlirt, als dies gewöhnlich bei
Pleurotomen der Fall ist.
55. Pleurotoma ramosa Basr. var. praecedens KoENEN.
Es liegt ein zerbrochenes Exemplar von ca. 50 Mm. Länge
vor, von welchem sich die zwei letzten Windungen in meiner,
der Rest des Gewindes in Herrn v. STRomBEcK’s Samm-
lung befinden. Ich stelle dasselbe als var. praecedens zu Pl.
ramosa BasT., obwohl es sich in der Skulptur von allen
bekannten Varietäten derselben einigermassen unterscheidet.
Während nämlich diese auf der Wölbung der Schlusswindung
20—30 breite Spiralen trägt, hat das Stück von Helmstädt
zwischen Kiel und Kanal ca. 24 grobe granulirte Spiralen
(von denen 4 auf den Mittelwindungen sichtbar sind), zwischen
welche sich eine gleiche Anzahl feinerer einschiebt; zwischen
diese und die gröberen tritt dann noch eine dritte Serie noch
feinerer, und auf dem oberen Theile der Wölbung sieht man
noch eine vierte Serie ganz feiner Spiralen sich zwischen je
*
494
zwei der anderen einschieben. Ein anderer Unterschied möchte
darin liegen, dass die von den Knoten auf dem Kiel nach
unten laufenden Längsrippen, (12—14 pro Windung), welche
sich nicht theilen, auf der vorletzten Windung, ehe sie sich
ganz verlieren, ziemlich breit nnd rund werden. Die Form
der Aussenlippe und die schwachen, etwas schrägen Höcker
sind ganz wie bei der Abbildung von Hörnss (t. 36 f. 13a);
die Gestalt der Windungen nähert sich dagegen mehr der von
subappenninen Stücken (BeErLLArDı, Pleurotome t. 1. f.3) durch
die schwächere Depression zwischen der Naht und dem Kiel,
welche ganz mit feinen Spiralen bedeckt ist, und durch das
Hervortreten einer Anschwellung dicht unter der.Nath, welche
drei etwas stärkere Spiralen trägt und ebenso wie die ganze
Depression durch die Anwachsstreifen fein gegittert ist. Auf
alle Fälle will ich das einzige vorhandene Stück von der mio-
canen und pliocänen Art vorläufig nicht trennen.
56. Pleurotoma Strombecki,v. KoEnen Taf. XV.
Fig. Y9ab.
Nicht selten finden sich bei Helmstädt Exemplare einer
Art, welche verwandt mit Pl. mikrocheila Enw. (p. 245
t.28 f.8) von dieser durch das Zurücktreten der Längsskulptur,
den höher liegenden Sinus der Anwachsstreifen und den weit
längeren Kanal sich hinreichend unterscheidet. Die grössten
Stücke haben 8 Mm. Durchmesser und 25 Mm. Länge, wovon
die Mundöffnung 12 einnimmt; doch habe ich auch ein Stück,
welches bei 81 Mm. Durchmesser nur 19 Mm. lang ist. Auf
zwei glatte Embryonalwindungen folgen fünf Mittelwindungen,
von denen die beiden ersten schwache Längsrippen tragen;
später werden diese durch eine glatte Depression etwas über
der Mitte der Windungen in zwei Theile getheilt, so dass
eine Doppelreihe grober Knoten entsteht, von welchen die
untere am meisten hervortritt, und auf der Schlusswindung
etwa eben so breit ist als die obere und als die Depression,
auf den letzten Mittelwindungen aber etwas breiter. Die An-
zahl der Knoten beträgt 15 bis 20 pro Windung. Der übrige
Theil der Wölbung der Schlusswindung ist mit vier breiten
Spiralen bedeckt, die mitunter durch die Anwachslinien schwach
granulirt sind. Darunter folgen bis zum Kanal etwas feinere
Spiralen, zwischen die sich noch feinere einschieben. Der
495
Sinus der verhältnissmässig schwach gebogenen Anwachslinien
liegt gerade in der Depression. Das Fig. 9a abgebildete Stück
ist auf der linken Seite der Schlusswindung verdrückt.
Ich rechne hierher noch ein Paar Stücke von Wester-
egeln, welche sich in der von mir erworbenen DAnNEBERG’schen
Sammlung finden und sich besonders durch geringöre Dimen-
sionen von denen von Helmstädt in etwas unterscheiden; das
bessere davon hat bei 8 Windungen 34 Mm. Durchmesser und
8—9 Mm. Länge (die Spitze des Kanals fehlt). Ansserdem
sind die Spiralen auf der Wölbung der Schluss-Windung etwas
schärfer.
57. Pleurotoma innexa SoL. var. postera v. KOENEN.
(Epw. p. 241 t. 28 £. 1.)
' Ein Exemplar von Helmstädt von 4 Mm. Länge befindet
sich in Herrn GrorrIan’s Sammlung. Dasselbe gleicht mehr
der Pl. inflexa Lan. durch die Gestalt seiner mitunter gespal-
tenen und durch eine ziemlich breite Furche unterbrochenen
Längsrippen, welche übrigens auf der Schlusswindung immer
schwächer werden; mit der, dieser nahe verwandten Pl. innexa
SoL. stimmt es aber vollständig in der Spiralskulptur überein,
zu welcher ich es denn als var. postera stelle. Vielleicht macht
es grösseres Material später möglich, jene beiden Arten zu
vereinigen.
58. Pleurotoma semilaevis Pmir. (Palaeontogra-
pbiea I. p:,66. t. 9 f. 15,
Diese bei Westeregeln nicht seltene Art findet sich auch
häufig bei Helmstädt, und zwar ausser in ganz identen Stücken
noch ganz besonders häufig in einer Varietät, die tenuistria
heissen mag. Dieselbe unterscheidet sich von der typischen
Form durch feinere Spiralen auf der Wölbung der Schluss-
windung, sowie auch dadurch, dass sie nur selten ganz schwache
Höcker an der Naht bekommt, welche bei jener stets vor-
handen sind, mitunter jedoch auch sehr schwach werden.
59) Pleurotoma prisca SoL. (Epw. p. 320 t. 31
RL.)
Es liegen von Helmstädt nur wenige, schlecht erhaltene
Exemplare vor, die theils gleich denen von Westeregeln der
496
typischen Form (Epw. t. 33 f. 1a) theils der schlankeren Va-
rietät (f. 1 d) angehören. Im Allgemeinen unterscheiden sich
unsere unter-oligocänen Exemplare von den ober-eocänen in
etwas dadurch, dass die furchenartigen Spiralen dieser bei ihnen
nur schwach angedeutet sind, und die Spiralen am Kanal nicht
so weit heraufgehen; von der mittel- eocänen Form unter-
scheiden sie sich dadurch, dass die Windungen nie, wie bei
dieser, in der Mitte eine rundliche Anschwellung bekommen.
60. Pleurotomaterebralis Lam. var. perspirata v.
KoEnNEN.
Ein Paar Exemplare von Helmstädt gleichen ganz den
unter-oligocänen Formen aller Lokalitäten, und unterscheiden
sich von der mittel-oligocänen Pl. Volgeri PHıL., mit der Herr
GIEBEL sie ohne Weiteres identifieirt, dadurch, dass der scharfe
Kiel weit feiner granulirt ist, oben und unten nahe der eigent-
lichen Windung eine Anschwellung zeigt, und dass die Spiralen
unter dem Kiel schärfer hervortreten, so dass die oberste der-
selben, an die sich die Naht anlegt, scharf über diese hervor-
ragt. Die verschiedenen Varietäten aus dem London-clay,
welche F. E. Epwarps unterschieden hat, haben ebenfalls, bis
auf seine var. revoluta (t. 27 £. 10 f.) weit gröbere Körnelung
des Kieles, und diese Form hat wiederum feinere und zahl-
reichere Spiralen unter demselben. Die mittel-oligocäne Pi.
Volgeri PmıL. stelle ich ebenfalls als Varietät hierher. Die Pl.
Volgeri bei Evwarns (t. 30 f. 15) ist von unserer Art schon durch
den niedrigen, dicken Kiel ganz verschieden, und schlage ich
für diese den Namen Pl. Woodwardi vor.
6l. Pleurotoma bellula Puın. (Palaeontographica I.
p- 674.9 £ 12). ä
Mit der Abbildung und Beschreibung PmıLippr’s stimmen
einige Stücke von Helmstädt bis auf die grösseren Dimen-
sionen (18 Mm. Länge auf 7 Mm. Durchmesser) gut
überein; nur ist zu bemerken, dass die erhabenen An-
wachsstreifen auf der Depression unter der Naht gerade
auf dem Sinus, und an der Naht am stärksten hervortreten,
so dass diese gekerbt, mitunter sogar knotig wird. Die Stärke
und Anzahl der Längsrippen, 15--23 auf der Schlusswindung,
ist sehr verschieden, mitunter spalten sie sich gabelförmig,
4’
497
mitunter auch nicht; an einem Stücke bleiben sie bis an den
Kanal deutlich, an einem anderen verlieren sie sich als falten-
artige Anschwellungen noch auf der Wölbung der Schluss-
windung, ähnlich wie bei Pl. pyrgota Enw. (p. 257 t. 28 £.6);
diese unterscheidet sich aber durch die ganz glatte Depression,
und die feineren, zahlreicheren Längsrippen. Unsere Art hat
ferner auf der Schlusswindung unter dem Kiel 15 Spiralen,
von denen die obersten die flachsten und breitesten sind, und
von denen auf den Mittelwindungen 2—4 sichtbar sind.
Ich habe in einer früheren Arbeit (Quarterly Journ. 1864
p- 100) mit der Pl. bellula eine andere, Pl. conoides NysT
(p. 515 t. 40 f. 10), Pl. subconoides D’Or»., Pl. pyrgota Epw.
var. a aus dem Unter- Oligocän von Brockenhurst, Lattorf,
Lethen u. s. w. fur ident erklärt; wie sich mir aber jetzt er-
giebt, unterscheidet sich letztere durch die ganz glatte De-
pression unter der Naht und das Zurücktreten, mitunter ganz
Undeutlichwerden der Spiralen auf der Wölbung der Win-
dungen.
Die ächte Pl. conoides Son. unterscheidet sich von allen
diesen Arten dadurch, dass die etwas weniger zahlreichen Spi-
ralen zwischen Kiel und Kanal überall gleich scharf sind, und
durch die etwa ebenso starken, nur selten einmal gespaltenen
Längsrippen gleichmässig gekörnelt werden.
Die ganz verschiedene P/. subconoidea Sanns. mag Pl.
.Sandbergeri heissen. }
62. Pleurotoma tricincta Epw. (p. 252 t. 28 f. 6.)
Mit den zwei einzigen Exemplaren aus dem London-elay
sind die vorliegenden Stücke von Helmstädt zum Theil ganz
ident, sowie auch solche von Lattorf, Lethen u. s. w.; nur
‚sind die norddeutschen Exemplare vielleicht ein wenig grösser
und schlanker, doch so wenig, dass es bei Vergleichung der
Abbildung wohl unbemerkt bleiben dürfte. An diese schliesse
ich die übrigen Stücke von Helmstädt in zwei Varietäten,
welche dieselbe Grösse erreichen, wie jene, etwa 10 Mm.
Länge auf 4 Mm. Dicke, und ausgewachsen dieselbe Gestalt
und Skulptur haben. Auf den jüngeren Mittelwindungen aber
hat die eine derselben, var. a, auf dem Kiel je ca. 12 höcker-
artige Anschwellungen , welche denselben stärker hervortreten
lassen als den darunter liegenden Theil der Windung. Bei
498
var. 3 erheben sich unter der Depression auf den Mittel-
windungen je 10—12 runde Längsrippen, welche gerade nach
unten bis an die Naht gehen, auf der vorletzten Windung in-
dessen verschwinden. |
63. Pleurotoma Semperi v. Kozxen Taf. XV.
Fig. 10 abe.
Auf zwei glatte Embryonal-Windungen folgen sechs Mittel-
windungen, die in der Mitte etwa eine scharfe Kante erhalten,
über welcher eine glatte, ziemlich tiefe Depression liegt, auf
welcher die Anwachsstreifen mitunter etwas hervortreten. Auf
dem Kiel befinden sich mehr oder weniger rundliche Hocker
(9—12 auf jeder Windung), welche etwas schräg nach unten
bis an die Naht verlaufen, auf der Schlusswindung sich aber
zuletzt ganz verlieren. An der oberen Naht schwillt dann die
Windung meist noch etwas an, und ist mitunter noch durch
die Längsrippen der vorhergehenden Windung etwas höckerig.
Die Wölbung der Schlusswindung ist mit etwa 7 feinen Spi-
ralen bedeckt, von denen auf den Mittelwindungen 4—5 sicht-
bar sind, und die beiden obersten, welche über die Hocker
hinweggehen, häufig am meisten hervortreten. Der Kanal ist
ganz kurz, von einer tiefen Depression begrenzt, die eben-
falls mit feinen Spiralen bedeckt ist. Mein grösstes Exem-
plar ist 5 Mm. dick und 13 Mm. lang, wovon etwa 5 auf die
Mundöffnung kommen.
Hierzu gehören auch eine Anzahl Stücke von Lattorf,
welche sich freilich von denen von Helmstädt durch etwas
weniger starke und zahlreiche Höcker (15—17 auf jeder Win-
dung) sowie etwas weniger schlanke Form unterscheiden; die
meisten derselben sind ca. 12 Mm. lang, reichlich 5 Mm. dick und
bestehen aus etwa 9 Windungen, doch habe ich ein Stuck, das
noch eine Windung mehr hat, auf welcher die Höcker ganz fehlen.
Hieran schliesst sich zunächst eine ziemlich seltene Art
von Hermsdorf und Neustadt-Magdeburg an, welche sich durch
spitzere und etwas zahlreichere Höcker (12—14 pro Windung)
feinere Spiralen und kürzeres Gewinde (6 Mm. Dicke bei
13 Mm. Länge) in etwas unterscheidet; ausserdem hat sie auch
auf der Depression unter der Naht ganz feine, schwache Spi-
ralen, während jene dort ganz glatt ist. (Pleurotoma Hörnesi
Sprysr von Söllingen unterscheidet sich hiervon wohl nur
499
durch kleine Höcker unter der Naht.) Ich unterscheide diese
als Pl, peracuta (Taf. XV. Fig. 10 de); dieselbe kommt nach
einer Miutheilung Herın Seurer’s auch ober- oligocän bei Cre-
feld vor. Ich habe ein Stück von Wiepke bei Gardelegen,
welches ebenfalls sehr nahe steht, jedoch durch seine mehr
gleichmässigen Längsrippen und schlankere Gestalt (4 Mm.
Dicke bei 11 Mm. Länge) etwas mehr an die pliocän, miocan
und auch ober-oligocan vorkommende Pl. obeliscus Des Moutn.
erinnert.
Zu erwähnen sind noch ein Paar Stücke aus dem Miocän
von Berssenbrück, die sich durch ihre ganze Gestalt, die Höcker
und die gröberen Spiralen zunächst an die Form von Lattorf
anschliessen. Zwischen die Hauptspiralen schieben sich aber
feinere dergl. ein, und auf der Depression. finden sich 3 feine
Spiralen. Einige Exemplare aus dem Miocän von Edeghem*)
bei Antwerpen haben zum Theil wieder die scharfen Hocker
der Hermsdorfer Art, aber die schlankere Gestalt der unter-
oligocänen, während andere in der Skulptur, den schwachen
nach vorn gebogenen Rippen und dem weniger hervortretenden
Kiel sich eng an die Pl. obtusangula BroccHı, besonders an
Stucke aus dem Wiener Becken anschliessen, von denen sie
sich jedoch durch den stets kürzeren Kanal unterscheiden.
Mit den angeführten Vorkommnissen ist die P/. brevirostrum
Sow. jedenfalls nahe verwandt, und Hörnes hat sehr Recht,
wenn er sie von Pl. dubia Jan. trennt, zu der sie BELLARDI
gestellt hatte. Diese sowohl als die Pl. obeliscus, mit der sie
Nyst verwechselt hatte, haben eine schwächere Depression
an der Naht und am Kanal.
64. Borsonia Delueii Nyst (p. 532 t. 41 f. 10).
Mitra biplicata Puir. (Palaeontogr. I t. 10a f. 16).
Fascioleria nodosa Gıieser (Lattorf t. I. f. 8).
Cordieria biarritzana RousuLr (Epwanns p. 327 t. 38 £. 11).
Mehrere Stücke von Helmstädt liegen vor, welche solchen
aus dem englischen Mitteleocan in jeder Beziehung zum Ver-
wechseln gleichen. Dieselben unterscheiden sich von den bei
Lethen, Vliermael, Westeregeln, Lattorf u. s. w. vorkommenden
Stücken der Borsonia Delucü Nyst (welche übrigens zwei
Falten hat, von welchen an Nysr’s sehr mangelhaftem Original
*) Dies ist vermuthlich Pl. Uytterhovi Nxst (Extr. d. Bull. de P’Ac.,
roy. de Belg. tome 12 No, 7).
500
nnr eine zu sehen war), höchstens durch die etwas mehr her-
vortretenden Hocker; ausserdem ist noch anzuführen, dass die
englische Art 9—10 Längsrippen, die norddeutsche und bel-
gische deren 9— 12 auf der Schlusswindung hat. Diese Art
variirt bei Lattorf, Calbe, Unseburg, Atzendorf, Muühlingen,
Wolmirsleben u. s. w. sehr stark in der Stärke der Spiral-
skulptur, welche auf den Höckern mitunter ganz fehlt, und vor
allem auch in dem Verhältniss der Länge zur Dicke. So
haben z. B. zwei Stücke von 15 Mm. Durchmesser eine Länge
von 86 resp. 48 Mm.. Diese Art findet sich ausser im Mittel-
eocan und Unter-Oligocän auch im Ober-Oligocän bei Hohen-
kirchen, von wo ich Stücke bis zu 25 Mm. Länge von Herrn
Prerrer erhalten habe.
65. Borsonia coarctata v. Kommen Taf. XV.
Fig. 8 a, b.
Das grösste vorliegende Exemplar von Helmstädt hat 7 Mm.
Dicke und 16 Mm. Länge, von denen die Hälfte auf die
Schlusswindung kommt, und besteht aus 6 Windungen. Auf der
Schlusswindung befinden sich 8—9 dicke, rundliche Längs-
rippen, welche dicht unter der Naht anfangen, und fast gerade
nach unten verlaufend, am Kanal verschwinden, welcher ganz
kurz ist. Anf den jüngeren Windungen befinden sich 1 bis
2 Rippen weniger. Die Spiralskulptur besteht aus ganz feinen,
dichtgedrängten Linien, ‘verschwindet aber mitunter fast ganz.
Die Aussenlippe fällt mit einer Längsrippe zusammen und ist
somit verdickt. Die Spindelplatte ist dünn, und trägt zwei
schwache, gleiche, erst mehr nach innen sichtbare und verhält-
nissmässig weit von einander entfernte Falten, und zwar unter-
scheidet sich hierdurch hesonders unsere Art von den ver-
wandten Bors. gracilis Sanps@., Bors. sulcata Epw. und Bors.
semicostata Epw. Ausserdem ist auch die Depression unter
der Wölbung der Schlusswindung bedeutend stärker bei der
Helmstädter Art.
66. Voluta suturalis Nzsr (p. 592 t. 45 f. 6).
Voluta eingulata Nvst. (p. 593 t. 45 £. 7)
Vol. Dunkeri Spever (Palaeontographica 1862).
Mehrere leidlich erhaltene Stücke von Helmstädt gleichen
vollständig einzelnen sonstigen Exemplaren dieser im gesammten
englischen, belgischen und nord-deutschen Unter-Oligocan ver-
501
breiteten Art, welche übrigens an allen Lokalitäten in etwas
anderen Grenzen varürt. Herr BeyrıcH hat die beiden Nysr’-
schen Arten seiner Zeit getrennt gelassen; ich finde aber, dass,
wenn’auch die Vorkommnisse der meisten Fundpunkte sich in
zwei Formen deutlich trennen, doch der einzige Unterschied
der bleibt, dass einzelne Stücke auch im Alter die Längsfalten
behalten, andere dagegen früher oder später glatt werden, und
möchte daher nur den Namen Vol. suturalis Nyst. beibehalten.
Die englische V. contabulata Epw. ist eine schon früh glatt
werdende Form dieser Art, wie sie sich ganz ident auch bei
Laitorf findet. Zu erwähnen wäre noch, dass sich im hiesigen
Museum ein Exemplar aus dem OÖber-Oligocän vom Doberge
bei Bünde befindet, welches der Form mit den stärkeren Längs;
falten (Vol. cingulata Nyst) angehört, so weit sich dies bei
der etwas mangelhaften Erhaltung mit Sicherheit sagen lässt. *)
67. Voluta nodosa Sow. (Epow. Eoc. Moll. p. 148
rolf. deia, D).
Vol devexa Bir. (t. 3 f. 6 8).
Einige wenig defekte Stücke von Helmstädt, besonders in
der Clausthaler Sammlung, gleichen ganz den Originalen der
Vol. devexa BEyR. von Westeregeln und Wolmirsleben, und
auch englischen Exemplaren der Vol. nodosa Sow. besonders
solchen aus dem Unter-Eocän von Highgate, und, wie dies
auch schon F. E. EpwArps vermuthet, ist daher für unsere
Art ebenfalls der Name V. nodosa Sow. anzunehmen.
68. Voluta labrosa Pau. (Beyr. t. 3 f. 1—5).
Zahlreiche Stücke von Helmstädt stimmen vollständig mit
solchen von Wolmirsleben, Westeregeln und Österweddingen
überein, von wo diese Art bisher allein bekannt war. Herr
K, Mayer führt sie übrigens auch von Klein-Kuhren an (Viertel-
jahrsschrift d. naturforsch. Ges. in Zürich 1861 p. 119).
69. Voluta decora Bkyr. (t. 4 f. 5).
Vol. Maga Eow. (p. 172 t. 22 f 2).
Vol. anhaltina Giesen (t. 1 £. 3).
Es liegt nur ein stark beschädigtes Exemplar von Helm-
städt vor, welches aber ohne Zweifel dieser im Barton-Thon,
*) Hierzu möchte auch die Vol. suspensa vom Aralsee bei Asıch
(Beitr. zur Palaeont. d. asiat. Russlands) gehören, und scheinen jene
Schichten überhaupt dem Unter-Oligocän anzugehören.
\
502
sowie im gesammten englischen, belgischen und norddeutschen
Unter-Oligocan vorkommenden Art angehört. EpwaArns ver-
muthete schon die Identität seiner V. maga mit der V. decora
Beyr., und hat sich diese bei Vergleichung einer grösseren
Anzahl Exemplare auch herausgestellt; doch ist zu bemerken,
dass die Stücke von Lattorf meist schlanker sind als alle
übrigen. An eine Trennung derselben als besondere Art, wie
sie Herr GIEBEL festhalten will, ist jedoch gar nicht zu denken,
da alle Uebergänge vorhanden sind,
70. Voluta (Scapha) obtusa v. Korxen Taf. XVI.
Eis, 2;
ö Mehrere ganz platt gedruckte, aber sonst vollständig er-
haltene Exemplare, besonders in Herrn v. STRONBEcK’s Samm-
lung stimmen vollständig. mit solchen von Wolmirsleben, Lat-
torf, und dem schönen, abgebildeten Exemplare von Unseburg
überein. Vermuthlich gehört hierher, was Herr Bryrıcn als
Vol. Siemssenii BouL von Welsleben und Osterweddingen an-_
führt, und möglicherweise auch das von Herrn SPEYER Vol.
ovalis benannte Stuck von Wolmirsleben, welches mir Herr
SEMPER guütigst zur Ansicht zuschickte; dasselbe ist jedoch
wenig besser als ein Steinkern, und wäre am besten gar nicht
benannt worden, da es viel zu schlecht ist, als dass man
irgend etwas damit identificiren Könnte.
Die Embryonalwindung ist knopfförmig hat ca. 5 Mm.
Durchmesser, und tritt wenig über die nächste Windung her-
vor; die beiden 'nachsten Windungen sind ganz flach und nur
etwas über 1 Mm. hoch. Die beiden letzten Windungen be-
kommen dagegen unter der Naht eine flache ‚Depression, auf
welche darunter eine. schwache Wolbung folgt. Die vorletzte
Windung ist zu Anfang ca. 12 Mm. hoch, zuletzt 7 Mm. Die
ganze Schale erreicht etwa eine Dicke von 27 Mm. und eine
Länge von 60 Mm. wovon ca. 45 Mm. auf die Mundöffnung
kommen. Die Aussenlippe ist bei ausgewachsenen Stücken
stark nach innen verdickt und glatt. Der Kanal ist weit offen,
geht nach unten spitz zu, und ist ziemlich stark zurüuckgedreht.
Die Innenlippe zerfällt in zwei Theile, von denen der äussere,
ganz dünne etwa die Hälfte der Vorderseite der Schale ein-
nimmt, während der innere, ziemlich dicke, nicht sehr weit
hervortritt, und gerade da, wo unter der Wölbung die Depres-
503
sion zum Kanal beginnt, 4 starke Falten trägt, welche von
oben nach unten gerechnet schwächer und schräger werden;
dabei scheint es nach meinen Stucken, als ob die Falten
plötzlich noch stärker wurden, sobald sich die Aussenlippe
verdickt. Die Schale ist ziemlich dünn und mit schwachen
Anwachslinien bedeckt; nur mit einer scharfen Lupe kann
man auch einzelne feine Spiralen wahrnehmen, doch finden
sich bei ganz jungen Exemplaren etwas stärkere Spiralen unten
am Kanal.
Unsere Art gehört ebenso wie Vol/uta fusus PmıL. der
Untergattung Scapha an, unterscheidet sich von jener aber
durch das kurze Gewinde und die verdickte Aussenlippe sehr
konstant. Die Voluta (Fasciolaria) fusus PHıLippı (Beiträge
p. 25 t. 4 f. 14) ist übrigens nach meiner Ansicht nicht zu
trennen von Vol. Siemsseni Born (Beyr. t. 5 f. 2—5) und den
verschiedenen Arten, die Herr SpEYER aus dem Oasseler Becken
beschrieben hat (V. alata Sp. .V. emersa Sp. V. multilineata SP.
V. rectirostrata Sp. V. Roemeri Sp.), da die von ihm angegebenen
Unterschiede nicht als Speciesmerkmale brauchbar sind. Ob
nämlich einerseits das stets später mit Schalmasse ausgefüllte
Embryonalende nicht etwas abgerieben ist, möchte sich bei
den meisten Stücken gar nicht entscheiden lassen, und anderer-
seits ist wohl die Grösse desselben bei Individuen, welche
nicht einer Brut angehören, meistens verschieden. Die Anzahl
der Spindelfalten kann auch nicht als Unterscheidungsmerkmal
dienen, da ich Stucke der nahe verwandten miocänen Art
habe, welche auf den Mittelwindungen plötzlich neue Spindel-
falten zwischen die alten einschieben. Ferner haben alle ver-
wandten Arten besonders in der Jugend eine, wenn auch
feine, doch deutliche Spiralskulptur, die im Alter mehr oder
weniger verschwindet und vielleicht kaum bei zwei ausge-
wachsenen Exemplaren ganz dieselbe ist; ausserdem muss die-
selbe ganz verloren gehen, sobald ein Stück irgendwie gerollt
oder angewittert ist. Schliesslich sind ja Unterschiede in der
Länge des Gewindes, in der Gestalt desselben, sowie der
Schlusswindung stets nicht unbedeutend von dem physischen
Zustande und von dem Geschlechte des betreffenden Indivi-
duums abhängig. Ich stelle zu Voluta fusus Pu. die sämmt-
lichen mittel- und ober -oligocänen Formen und bemerke da-
bei, dass ich Stücke habe: von Hermsdorf mit 3 und 4 Falten,
Zeits. d.d. geol. Ges. XVII, 3. 33
504
von Neustadt-Magdeburg mit 2 und 3 Falten und von Wiepke
mit 2, 3 und 4 Falten; bei den meisten mittel-oligocänen von
Hermsdorf, Neustadt-Magdeburg und von Mallis (in Herrn
Koc#’s Sammlung), etwas weniger bei den ober-oligocänen
Exemplaren zeigt sich dicht unter der Naht eine Anhäufung
von etwas gröberen Spiralen, die aber leicht abgerieben werden
und der Verwitterung besonders zugänglich gewesen zu sein
scheinen.
Die miocäne Art hat Herr Speyer V. Syltica benannt,
doch müsste dieser Name wohl dem Namen V. Bolli Kock
(Mecklenburger Archiv von BoLu 1861) weichen. Es ist dies
die im ganzen belgischen (Systeme diestien und bolderien) und
norddeutschen Miocän verbreitete V. Lambertü var. triplicata
Nyst, von welcher ich von Antwerpen, sowie auch von Bers-
senbrück eine grössere Anzahl guter Exemplare besitze. Die-
selbe hat gewöhnlich 3 Falten auf der Spindel, doch finden
sich deren auch 4, ja selbst 5 und 6, und auf der anderen
Seite mitunter auch nur 2. Das Gewinde ist meist weit schlan-
ker als bei den erwähnten Arten; so hat mein grösstes Stuck
von Antwerpen eine Dicke von 35 Mm. und eine Länge von
ca. 100 Mm., wovon die 4 Mittelwindungen etwa die Hälfte
ausmachen. Unter der Naht liegt, ebenso wie bei V. parca
BEYR. eine.ganz schwache Depression. Die Spiralen sind etwas
breiter und weiter von einander entfernt. Die Depression
am Kanal ist weit schwächer und die Mundöffnung daher viel
weiter nach unten verlängert.
Die V. Lamberti Sow. aus dem englischen und belgischen
Pliocän hat wieder ein weit kürzeres Gewinde und als Regel
4 Falten auf der Spindel (als grösste Seltenheit deren nur 5).
Die Spiralen sind äusserst fein und ziemlich regelmässig, wäh-
rend sie bei V. /usus PHıL., und noch mehr bei V. Boll Koch
durch die Anwachsstreifen gezackt erscheinen.
Dies sind die Resultate einer Vergleichung meines Mate-
rials, welches wenigstens bedeutend besser ist, als das von
Herrn Beyrıch und Herrn SpEYER benutzte. Die Arten von
Bordeaux habe ich unberücksichtigt lassen müssen, da mir kein
Vergleichsmaterial von dort vorlag und die vorhandenen Ab-
bildungen durchaus nicht genügen.
71. Mitra tenuis Beyr. (t. 6 f. 3.)
Ein Exemplar von Helmstädt in Herrn GroTrıAn’s Samm-
lung gleicht dem Originale von Mitra tenwis Beyr. vollständig
mit dem einzigen Unterschiede, dass die unterste, schwächste
Falte auf der Spindel noch mehr zurücktritt und kaum noch
sichtbar ist, doch mag, dies auch mit daher kommen, dass es
noch etwas kleiner ist.
72. Marginella intumescens v. Kornen. Taf. XVI,
Arie. 3’a, D.
Marg. eburnea Bzyr. non Lam. (Bevrıen t. 2 f. 9)
Herr Bryrıcn besass seiner Zeit nur das einzige, etwas
beschädigte und noch nicht ganz ausgewachsene Exemplar von
Osterweddingen. Ich habe deren eine grössere Anzahl, beson-
ders bei Unseburg gesammelt, woher auch das Taf. XVI. Fig. 5
abgebildete Stuck stammt. Mit diesen sind einige Stücke von
Helmstädt in Herrn v. Stromszor’s und Herrn GrorrIan’s
Sammlung ganz ident. Herrn F. E. Epwarps’s Angaben, wel-
che blos auf einer Vergleichung mit Herrn Beyrıc#'s Abbil-
dung und Beschreibung beruhten, habe ich bei der Verglei-
chung meiner Exemplare und Herrn Beyrica’s Original mit
französischen Stucken der Marg. eburnea bestätigt gefunden;
das Gewinde ist kürzer, das Embryonalende mehr kugelig, die
Mundöffnung ist kürzer, und, besonders unten, weit schmaler
bei unserer Art; dagegen sind bei ganz ausgewachsenen Stücken
die Falten auf der Spindel nicht schräger, indem sie sich ganz
zuletzt etwas nach oben verdieken und in der Mitte eine
schwache Depression bekommen, welche möglicherweise bei
sehr alten Stücken zu einer Gabelung ähnlich wie bei Marg.
bifidoplicata CHARLESw. (Epw. p. 139 t.18 f.2) führen könnte.
Die Einbuchtung oben an der Aussenlippe ist ebenfalls vor-
handen. Zu Herrn Beryrıc#’s Beschreibung muss ich noch be-
merken, dass die Windungen bei den meisten Stucken doch
nicht ganz flach sind, sondern etwa so wie bei dem von mir
abgebildeten. Ich habe ganz ausgewachsene Stücke von 8 bis
10 Mm. Länge und 41—6 Mm. Dicke; die Mundöffnung ist
4,—6 Mm. lang. Von den sonstigen französischen Arten, auf
die Epwarps dabei hinweist, ist unsere Art nach einer Mitthei-
lung von DasuAyYzs verschieden; wodurch, kann ich nicht sa-
'gen, da ich kein Material weiter von dort zur Disposition habe.
39*
306
73. Marginella perovalis v. KoEnen.
Marg. ovulata Beyr. non Lam. (Beykica t. 2 f. 10.)
Ein Paar Stücke von Helmstädt in der Clausthaler und in
Herrn GrorTrIan’s Sammlung sind zwar etwas verdrückt, schei-
nen aber vollständig mit meinen Stücken von Westeregeln über-
einzustimmen. Herr Bryrıcn hatte bei seinem geringen Ma-
terial diese Art zu Marg. ovulata Lau. gestellt, aber zugleich
so gut beschrieben und abbilden lassen, dass F. E. Epwarns
sehr richtig ihre Verschiedenheit erkannte (p. 142) und habe
ich die von ihm angegebenen Unterschiede vollkommen bestä-
tigt gefunden. Das Gewinde ragt mehr hervor; in Folge dessen
ist die Mundöffnung kürzer; dieselbe ist unten weiter als bei
der ächten Marg. ovulata. Die Spindelfalten, von denen die
unterste durch die umgebogene Innenlippe gebildet wird, sind,
besonders die unteren, schräger und weiter von einander ent-
fernt. Ausserdem biegt sich die Aussenlippe unten nicht so
weit nach vorn, sondern geht ziemlich gerade herunter.
74. Natica hantoniensis PILKINGTON.
Ein leidlich erhaltenes Exemplar von Helmstädt stimmt
gut mit solchen von Westeregeln, Lattorf, und vor Allem mit
englischen Originalen von Barton überein, weniger mit dem,
was DesuayEs (Supplement tome II. t. 68 f. 1—5) als Natica
hantoniensis PıLk. abbildet. Bei unserer Art sind die Mittel-
windungen nur ganz schwach gewölbt, und die Mundöffnung
ist bedeutend grösser. Vielleicht sind jedoch nech einige an-
dere Formen aus dem Unter-Oligocan mit hierher zu stellen
(so z. B. Natica obovata Sow.), bei welchen die Depression
unter der Naht stärker wird, so dass das Gewinde mehr her-
vortritt und die Mundöffnung verhältnissmässig kleiner wird.
75. Natica labellata Lam.
N. glaucinoides Sow.
Von englischen und französischen Paläontologen ist schon
sehr lange die Identität dieser beiden Arten hervorgehoben
worden und so auch neuerdings von DesuayYss. Bei Helm-
städt ist diese Art, wie fast überall, ziemlich häufig, besonders
in kleineren Exemplaren, und ganz ident mit solchen aus dem
englischen und deutschen Unter-Oligocän, sowie dem englischen
Eoeän.
507
76. Sigaretus canaliculatus Sow.
Ein Paar Stücke von Helmstädt in der Clausthaler und
Herrn Grorrıan’s Sammlung stimmen mit Exemplaren von
Unseburg sowie mit ober-oligocanen aus dem Kasseler Becken.
Meine englischen Exemplare von Barton haben dieselbe Gestalt
und Skulptur, und nur eine etwas schwächere Innenlippe, doch
liegt dies wohl daran, dass sie sämmtlich noch nicht ganz aus-
gewachsen sind.
77. Odontostoma fraternum SEuPER. Taf. XVI. Fig.9.
Ein gut erhaltenes Stück- von 22 Mm. Länge wagte ich
nicht nach den blossen Beschreibungen Herrn SEMPER’s im
Mecklenburger Archiv 1861 p. 181 zu bestimmen, und hat er
mir auf meine Bitte dasselbe mit seinen Originalen verglichen,
und erklärt es für sein Odontostoma fraternum. Ich lasse das-
selbe abbilden um die Art kenntlicher zu machen, da derglei-
chen kleine skulpturlose Dinge sich nach blossen Beschreibun-
gen wohl kaum mit Sicherheit bestimmen lassen.
78. Eulima complanata v. Kornen. Taf. XV]. Fig. 10.
Eine Anzahl Stücke von Helmstädt sind sämmtlich mehr
oder weniger verdrückt und zerbrochen, scheinen aber mit dem
abgebildeten Exemplare von Westeregeln ganz ubereinzustim-
men, welchem leider auch die Spitze fehlt. Es besteht aus
sieben ganz flachen Windungen, ist 7- Mm. lang und 22 Mm.
dick. Durch die Form der Mundöffnung schliesst sich diese
Art wohl zunächst an Eulima polita L. an, (Hörnzs t.49 f. 22)
hat aber vollständig jedenfalls weit mehr Windungen gehabt.
73. Niso turris v. Kornen. Taf. XVI. Fig. 4.
Niso eburnea Giesen non Rısso.
Niso terebellum PuiL. non Chen.
Ein Exemplar von Helmstädt in Herrn Grorrıan’s Samm-
lung ist zwar sehr defekt, indem nur die ersten 10 Windungen
vorhanden sind, doch glaube ich es mit einiger Sicherheit mit
der Art von Lattorf, Unseburg, Osterweddingen u. s. w. iden-
tifieiren zu können. Die grössten Stücke von Lattorf, woher
auch das abgebildete stammt, bestehen aus 15 Windungen,
welche nach unten zu schwach gewölbt sind. Die Länge be-
trägt ca. 14 Mm., wovon drei auf die Mundöffnung kommen,
508
Nach innen sind die Windungen nicht unbedeutend gewölbt,
so dass der Nabel an der Naht am breitesten ist. Die Schluss-
windung hat 6 Mm. Dicke, und der grösste Durchmesser des
Nabels beträgt 2 Mm. Der Unterschied dieser Art von den
verwandten liegt wiederum in der Form der Mundöffnung und
des Nabels, und lässt sich besser durch eine gute Abbildung
als durch Beschreibung, geben,
80. Cerithium Strombecki v. Kornen. Taf. XVI.
Fig. 1.
Es liegen die beiden grossen abgebildeten Stucke aus
Herrn v. STROMBECcK’s Sammlung und ein Paar kleine Frag-
mente von Helmstädt vor; das grössere Stück, Taf. XVI. Fig.1a,
hat einen grössten Durchmesser von 15 Mm. und würde ganz
voNständig einige 20 Windungen und über 90 Mm. Länge
haben.
Es befinden sich auf jeder Windung vier gleich weit von
einander entfernte, breite, erhabene Spiralen, von deneh die
unterste bei weitem die stärkste ist und am meisten hervor-
tritt, so dass das Gewinde umgekehrt treppenförmig, erscheint.
Von den Nähten bleiben die oberste resp. die unterste Spirale
etwa halb so weit entfernt als die einzelnen Spiralen von ein-
ander. Ausserdem finden sich auf jeder Windung ca. 16—17
zuruckgebogene rundliche Längsrippen, über welche die Spira-
len hinweggehen, die aber auf der untersten Spirale in ziem-
lich starken Knoten endigen. Auf den letzten Windungen wird
die Skulptur viel schwächer, die beiden obersten Spiralen bil-
den nur schwache Linien, die dritte verschwindet ganz, die
Längsrippen werden zu undeutlichen Anschwellungen, und nur
die unterste Spirale bleibt gleich stark, und gleich stark mit
Knoten besetzt. Die Mundöffnung ist vierkantig; auf dem un-
teren Theile der Schlusswindung sieht man noch’ zwei starke
Spiralen; an die äussere derselben legt sich die Naht an. Die
Spindel ist bei dem kleineren Exemplar mit einigen feinen
schrägen Spiralen bedeckt. Sehr nahe steht eine Art aus dem
London-clay, die ich unter dem Namen Cer. Charlesworthi Epw.
erhalten habe. Dieselbe unterscheidet sich von unserer Art,
so viel sich an meinen Stucken sehen lässt, nur durch die im
Allgemeinen schwächere Skulptur, sowie besonders dadurch,
dass die unterste Spirale nicht bedeutend stärker ist als die
w
509
anderen, und nur deshalb mehr hervortritt, weil die daruber
etwas schwächer ist. Ausserdem schieben sich auch zwischen
je 2 der Hauptspiralen je bis 4 feine dergleichen ein.
Hieran schliesst sich zunächst noch eine im belgischen
und norddeutschen Unter- Oligocän verbreitete Form, welche
Herr Gegen t. 3 f. 14 als Cer. multispiratum Dust. abbildet
mit der Behauptung, sie stimme mit den Angaben von Des-
HAYES vollkommen überein. DESHAYES giebt aber bei Beschrei-
bung seiner Art (tome II. p. 391) an, dass die Längsfalten von
Naht zu Naht gehen, und nur durch die untere Kante der
Windungen und eine oder mitunter auch zwei Spiralen, die
man etwas unter der Naht bemerkt, unterbrochen werden. Die
unter -oligocäne Art dagegen hat drei breite, erhabene, ziem-
lich gleich weit von einander entfernte Spiralen, von denen die
oberste und noch mehr die unterste von den Nähten etwas
entfernt bleiben. Auf Herrn Gisger’s Abbildung sind dieselben
theilweise viel zu scharf und tritt die unterste zu wenig, die
oberste zu sehr hervor. Die Längsrippen, 16—40 pro Win-
dung, sind meist mit den Anwachsstreifen etwas zurückgebo-
gen, sind etwa ebenso stark wie die Spiralen, und gehen von
Naht zu Naht unter diesen fort. Die Gestalt ist, besonders
bei den Stücken von Unseburg sehr variabel. Es finden sich :
solche, bei denen die Windungen fast ganz flach sind, und
andrerseits als Extrem solche, bei denen die umgekehrt treppen-
formige Gestalt ebenso stark hervortritt als bei Cer. Genei
Mıcon. (Deser. d. f. de ’Italie septent. p. 194 t. 7 £. 14). Mit
diesem hat Herr Bosquer unsere Art für ident gehalten, und stelle
auch ich sie vorläufig hierher, da ich kein italienisches Exem-
plar vergleichen kann, doch bemerke ich dabei, dass die Spi-
ralen bei den unsrigen nicht eigentlich schuppig zu nennen
sind, wie MICHELOTTI sie bei seiner Art nennt, und dass bei
dieser die oberste Spirale dicht an der Naht zu liegen scheint. *)
Meine grössten Exemplare von Unseburg erreichen einen Durch-
messer von 12 Mm. und würden vollständig etwa 30 Windun-
gen und eine Länge von einigen 60 Mm. gehabt haben.
*) Herr Dr. Hörnes hat inzwischen eines meiner Stücke von Unse-
burg mit solchen von Tortona im Wiener Museum auf meine Bitte ver-
glichen und erklärt sie für durchaus ident.
910
81. Cerithiopsis tripartita v. Kornen. Taf. XV.
Fig. 3d,e,f.
Es liegen von Helmstädt eine Anzahl Bruchstücke vor,
welche sich untereinander ergänzen und zur Beschreibung um
so mehr genügen, als ich eine äusserst nahe stehende Form
(Taf.:XVI. Fig. 3a,b,c) in zahlreichen und guten Exemplaren
von Unseburg, Lattorf u. s. w. besitze, von welcher ich eben
auch das hornförmig aufgebogene glatte Embryonalende kenne,
das unsere Arten als Cerithiopsis charakterisirt.
- Diese letztere Art, welche SEMmPER inzwischen als Ma-
thilda scabrella nov. gen. et sp. im Journal de Conchelogie
beschrieben hat, wird 19 Mm. lang, 7 Mm. dick, und besteht
aus ca. 12 Windungen ausser dem Embryonalende.
Die Helmstädter Art erreicht denselben Durchmesser,
scheint aber etwas schlanker gewesen zu sein. Auf den ersten
Mittelwindungen sieht man zwei stark erhabene Spiralen, die
eigentlich nur aus neben einander fortlaufenden, regelmässigen,
runden Höckern bestehen. Später schieben sich zwischen diese
und die Nähte drei weitere, schwächere, ebenfalls regelmässig
granulirte Spiralen ein, und zwischen diese und die Haupt-
spiralen demnächst eine dritte Serie noch feinerer. Auf der
Schlusswindung ist auch noch eine vierte Serie, ja sogar unter
der Lupe eine ganz feine fünfte sichtbar. Der Theil der
Schlusswindung, der auf den jüngeren Windungen verdeckt ist,
trägt ca. 6 gröbere, und mit diesen abwechselnd ebensoviel
feinere Spiralen, die durch die Anwachsstreifen gekörnelt sind;
dasselbe findet auch bei Cerithiopsis scabrella statt. Bei
beiden Arten beträgt die Zahl der Höcker auf den Spiralen
auf der Schlusswindung ca. 90 — 100, auf den ersten Mittel-
windungen noch nicht halb so viel, auf allen Spiralen einer
Windung aber gleich viel, indem die etwas ovalen Höcker der
einzelnen Spiralen, wenn auch für sich scharf abgegrenzt, doch
durch schmale Leisten in den Zwischenräumen znsammenhän-
gen, und somit eine Art Längsrippen bilden, die mit den An-
wachsstreifen gerade von oben nach unten verlaufen. Die
Mundöffnung ist oval, die Spindel ist schwach gedreht. Bei
der Form von Lattorf, Unseburg u. s. w., Üerithlopsis sca-
brella, ist die Anordnung der Skulptur folgende: auf den
ersten drei Mittelwindungen befinden sich drei stark gekörnelte
511
Spiralen, von denen die mittelste bei weitem am meisten her-
vortritt; dann findet sich unter der oberen Naht noch eine
vierte Spirale ein, welche bald ebenso stark wird als die
oberste und unterste der drei ersten, während die mittelste
derselben die stärkste von allen bleibt und erst auf der Schluss-
windung den anderen einigermaassen gleich kommt. Zwischen
diese Hauptspiralen schiebt sich dann eine zweite Serie feinerer
ein, und auf der Schlusswindung ist noch eine dritte sichtbar.
Ebenso wie bei Cerithiopsis tripartita liegt gerade in der Naht
noch eine Hauptspirale, so dass die Schlusswindung hier ganz
symmetrisch ist; über und unter dem Kiel liegen je zwei gleich-
mässige Spiralen. Ich war zuerst geneigt, die Cerithiopsis tri- _
partita als Varietät zu Ü. scabrella zu stellen, da beide
in der Skulptur so nahe verwandt sind; da ich indessen keine
Uebergänge kenne, vielmehr die eine stets einfach, die andere
stets doppelt gekielt ist, lasse ich sie vorläufig getrennt.
82. Turritella crenulata Nyst (p. 399 t. 37 f. 6.)
Es finden sich haufig bei Helmstädt bis zu 15 Mm. lange
Exemplare einer Turritella, welche mit Stucken von Lattorf,
Westeregeln, Osterweddingen bis auf das etwas stumpfere Ge-
winde übereinstimmen. Letztere hat PrrLppi seiner Zeit (Pa-
laeontographica I. p. 65) als Turritella communis Rısso var.
triplicata Broc. angeführt. Ob er darin Recht hatte, kann ich
nicht entscheiden, da an meinen sämmtlichen norddeutschen
Exemplaren die ersten Windungen abgerieben sind und die
Schlusswindung fehlt; auch ist mein Vergleichsmaterial unge-
nügend, besonders für eine so schwierige Gruppe wie diese.
83. Scalaria acuta Sow. (Dixox t. 7 f. 15.)
Ein gutes Exemplar von 20 Mm. Länge und 5 Mm. Dicke
in meiner Sammlung und ein verdrücktes in der Clausthaler
Sammlung gleichen bis auf das etwas schlankere Gewinde ganz
einem Stücke von Lattorf. Dieselben haben zwar etwas zahl-
reichere Lamellen (18—20) auf jeder Windung und sind etwas
schlanker als meine guten Exemplare von Barton, doch scheint
mir dies kein genügender Grund, sie von der englischen Art
zu trennen, um so mehr als sie in diesen Punkten der engli-
schen mittel-eocänen Art ziemlich gleich kommen. Diese hält
512
zwar DESHAYES für verschieden von der Art aus dem Barton-
clay, doch kann ich nach meinem Material seine Ansicht nicht
theilen; ich finde vielmehr, dass seine Beschreibung und Ab-
bildung der französischen Art (Suppl. tome II. p. 340 t. 23
f. 7—9) sich von der der Min. Oonch. nicht unwesentlich da-
durch unterscheidet, dass die Lamellen sehr senkrecht stehen,
oben (d. i. was wir oben nennen) nur ganz kurze, stumpfe
' Spitzen haben, und unten auf der Schlusswindung nur ganz
schwach hervortreten, während bei den typischen Stücken von
Barton die Lamellen ziemlich schräg stehen, oben bis über die
Naht verlängerte, nach aussen gebogene Spitzen haben, und
auf der Schlusswindung ganz scharf und deutlich bis an die
Mundöffnung laufen. Ausser den erwähnten befindet sich noch
in der Clausthaler Sammlung ein Exemplar von Helmstädt, wel-
ches ich mit einigem Zweifel ebenfalls hierher stelle; dasselbe
ist 30 Mm. lang und 14 Mm. dick, hat also ziemlich die Pro-
“ portionen der Vorkommnisse von Barton, nur etwa eine Win-
dung mehr; aber während diese 12—16 Lamellen auf der
Schlusswindung tragen, hat jenes deren nur 10 darauf, welche
ausserdem dicker sind und nicht so aufrecht stehen, sondern
etwas nach hinten niedergelegt sind; auch sind die Spiralen
weit feiner und zahlreicher. Die Form der Spitzen der La-
mellen stimmt dagegen überein.
84. Solarium (Torinia) canaliculatum Lam.
Zwei Stücke von Helmstädt in Herrn v. STROMBECK’s und
in meiner Sammlung stimmen vollkommen mit solchen von
Westeregeln, Unseburg, Lattorf, Lethen u. s. w. überein, und -
unterscheiden sich ebenso wie diese von den ober-eocänen
englischen durch einen weit stärker hervortretenden Kiel, wei-
teren Nabel, flachere Gestalt und schwächere, aber sonst glei-
che Skulptur. Von den englischen mittel-eocänen von Brams-
haw, Brook u. s. w. unterscheiden sie sich meist, aber nicht
immer, durch viel gröbere Granulirung der Spiralen; am besten
stimmen sie mit englischen Stücken von Alum-bay und mit sol-
chen von Grignon überein. Zwei kleine Stücke von 1—2 Mm.
Durchmesser in Herrn Grorrıan’s Sammlung stimmen auf der
oberen Seite in der Skulptur mit den ersten Windungen sol-
cher von Lattorf überein, weshalb ich sie mit hierher stelle;
auf der Nabel-Seite aber erinnert die vorherrschende Radial-
513
skulptur mehr an das im ganzen Unter-Oligocän sowie im
Barton-clay vorkommende Sol. Dumontü Nvst, doch habe ich
kein so kleines Stuck von Sol. canaliculatum und kenne die
Skulptur der Unterseite in der Jugend nicht, kann dies also
blos anführen.
85. Solarium pulchrum. Sow. (Dixos p. 179 t. 6
f. 3b.)
Es liegt ein etwas verdrücktes Exemplar von 19 Mm.
Durchmesser aus meiner und ein etwas kleineres aus Herrn
v. STROMBECK’s Sammlung von Helmstädt vor. Dieselben stim-
men in jeder Beziehung mit meinen englischen Originalen über-
ein, soweit sich dies bei der nicht ganz vollkommenen Erhal-
tung mit Sicherheit sagen lässt; diese Art kenne ich sonst nur
aus dem englischen Mittel- und Unter-Eocän.
86. Delphinula Bronnii PuıL. (Palaeontographica 1.
p- 611.9 £. 1; Gmser t. 2 f. 4 und 12.)
Einige Stücke von Helmstädt in Herrn v. STROMBECK’sS
‘und Herrn Grorrıan’s Sammlungen sind zum Theil selbst noch
etwas schlanker als die schlanksten Stucke von Lattorf; die
grösseren, besseren derselben haben zwar auf dem unteren
Theile der Schlusswindung eine Spirale mehr als die typische
Delph. Bronnü, ich möchte sie deshalb aber nicht als beson-
dere Art unterscheiden. Uebrigens zeigen sie ebenfalls, dass
der Nabel im Alter sehr viel kleiner wird (GiEBEL t. 2 f. 12),
als dies in der Jugend der Fall ist (Pmur. t. 9 f. 1 und Gier.
|
87. Rissoina cochlearella Lam.
Mehrere gut erhaltene Stücke von Helmstädt stimmen so-
wohl in der Gestalt und Grösse als auch in der fein gegitter-
ten Skulptur mit Exemplaren von Lattorf sowie auch mit
solchen aus dem englischen Mittel-Eocan von Bramshaw voll-
ständig überein. Diese Art ist mir ausser von Helmstädt und
Lattorf nur aus dem englischen und französischen Mittel-Eocan
bekannt.
514 |
88. Dentalium acutum Hkss. (DesuH. Suppl. tome Il.
p. 205 t. 20 f. 1--3.)
Mehrere Fragmente von Helmstädt stimmen, so weit sich
dies mit Sicherheit sagen lässt, mit sonstigen Exemplaren von
Dent. acutum H£». überein. Nach Desnayzs’s Angaben erreicht
diese Art nur eine Länge von 28 Mm. im französischen Mittel-
Oligoeän; hierzu wäre noch zu bemerken, dass sie im belgi-
schen und norddeutschen Unter-Oligocan, wo sie allgemein
verbreitet und ziemlich häufig vorkommt, bis 80 Mm. lang wird.
89. Dentalium fissura Lam. (DesH. Suppl. tome II.
p. 219 201,23) |
Eine Anzahl Bruchstücke von Helmstädt von höchstens
3 Mm. Durchmesser zeigen bei ihrer glänzend glatten Ober-
fläche gar kein Unterscheidungsmerkmal als etwa ihre wenig
konische Gestalt. Ich stelle sie vorläufig dem in diesem Punkte _”
ähnlichen Dent. fissura Lam. zu, da zu dieser Art wohl anch
eine Anzahl Fragmente von Lattorf gehören, welche bis zu
2 Mm. Durchmesser haben, und von denen eins den Schlitz
zeigt, welcher der Beschreibung und Abbildung von DESHAYES
in der Länge ganz gleich kommt.
90. Actaeon simulatus Sow.
Actaeon Nysti Docn. (Desn. Suppl. tome II. p. 604 t. 38 f. 7—9?)
Zahlreiche Exemplare von Helmstädt gleichen vollständig
solchen von Westeregeln, Lattorf, Lethen, Vliermael u. s. w., und
unterscheiden sich von den englischen Originalen von Barton
nur höchstens durch das meist etwas spitzere Gewinde, doch
ist dies durchaus nicht constant, so dass ich nicht anstehe sie
‚mit jenen zu vereinigen. Nun glaubt zwar DesuAYEs, dass ‚die
belgische unter-oligocäne Art (die deutsche kennt er nicht),
sowie die mittel-oligocäne von dem ächten Actaeon simulatus
Sow. verschieden seien, und nimmt für seine Stücke den Na-
. men Actaeon Nysti Ducn. an, den Nyst schon selbst verwor-
fen hatte. Ich habe aber eine grosse Anzahl deutscher, bel-
gischer und englischer Exemplare verglichen, und kann nicht
den geringsten, auch nur einigermaassen constanten Unterschied
zwischen ihnen herausfinden, vielmehr variirt die typische Art
von Barton und High- Cliff in’ noch viel weiteren Grenzen als
die unsrige, so dass man fast versucht wäre, diese beiden
515
Vorkommnisse fur verschiedene Arten zu halten, wenn nicht
eben Uebergänge vorhanden wären. Die unter-oligocäane Form
schliesst sich an die gewöhnliche Form von Barton selbst an,
die mittel-oligocäne mehr an die von High-Chiff.
91. Actaeon elongatus Sow.
Ein Stück von Helmstädt in Herrn GrorTrıan’s Sammlung
ist zwar ein wenig verdrückt, gleicht aber so vollständig mei-
nen Originalen von Barton, dass ich es mit einiger Sicherheit
zu dieser Art stellen kann. Derselben gehört wohl auch ein
junges Exemplar von Lattorf in meiner Sammlung an.
\
92. Ringicula coarctata v. Kornen. Taf. X VI. Fig. 6.
Es liegen von Helmstädt eine Anzahl gut erhaltener Exem-
plare einer Ringieula vor, die mir sonst von keinem Fund-
punkte bekannt ist und sich besonders durch die stark ver-
engte Mundöffnung vor andern auszeichnet. Das Gewinde be-
steht aus einem stumpfen, glatten Embryonalende und 4 flach
gewölbten Mittelwindungen, und ist etwa — so lang als die
Schlusswindung. Die Mittelwindungen tragen zuerst 3, zuletzt
4—5 feine, vertiefte Spiralen. Auf der Schlusswindung befin-
den sich deren in der Regel ca. 12, mitunter auch einige mehr,
und zwar sind die mittelsten derselben am weitesten von ein-
ander entfernt. Die Aussenlippe ist sehr stark nach aussen
wie nach innen verdickt, ist ähnlich wie bei AR. striata Pin.
flügelförmig nach unten verlängert, und trägt innen eine lange
dicke leistenformige Anschwellung, die unten ziemlich plötzlich
beginnt, und dann, ebenso wie bei R. auriculata Men., allmä- ,
lig schwächer werdend über die vorhergehende Windung hin-
wegläuft, und zwar bildet sie mit der ebenfalls verdickten und
ebenso weit nach oben gehenden Innenlippe eine schmale
Rinne, wie sie bei manchen Rostellarien sich findet.
Die Innenlippe breitet sich auf der Schale etwa ebenso
weit aus als bei R. auriculata und trägt über dem schwach
umgebogenen unteren Ende einen fast horizontalen Zahn, und
biegt sich dicht über diesem mit einer plötzlichen scharfen
Anschwellung fast horizontal um bis nahe an die Aussenlippe,
mit der sie dann ziemlich parallel weiter verläuft.
| 516 | |
93. Bulla multistriata v. Koznen. Taf. XVI. Fig. 7.
Eine Anzahl mehr oder weniger verdrückter Exemplare
von Helmstädt scheinen vollständig mit einigen guten Stücken
von Lattorf, von denen ich das eine Taf. XVI. Fig. 7 abbil-
den lasse, übereinzustimmen. Hierher gehören auch vermuth-
lich die Steinkerne von Osterweddingen, die PaıLıppr als 2.
attenuata Sow. anführte. Von dieser unterscheidet sich unsere
Art durch die mehr bauchige Gestalt, die unten weniger stark
umgebogene Innenlippe, und die viel feineren, auf der ganzen
Schale ziemlich gleichmässigen Spiralen; durch diese letzteren
kommt sie der B. Verneuli DesH. (Suppl. tome II. t. 38 f. 14
bis 16) näher, doch scheint diese selbst noch etwas schlanker
zu sein als B. attenuata Sow. Mein grösstes Stück von Lat-
torf hat 15 Mm. Länge und 7 Mm. Dicke. Es kommen auf
5 Mm. der Schale ca. 30 der vertieften Spiralen.
94. Bulla elliptica Sow.
Ein Paar leidlich erhaltene Exemplare von Helmstädt in
Herrn Grorrians Sammlung stimmen mit solchen von Lattorf
und mit englischen Originalen von Barton mit dem einzigen
Unterschiede uberein, dass die feinen Spiralen auf der Mitte
der Schale meist etwas weniger deutlich sind; da ausserdem
die Stücke von Helmstädt alle etwas verdrückt sind, so kann
ich sie nur mit Zweifel zu der englischen Art stellen.
95. Bulla intermedia Puir. (Beiträge p. 18 1.3 f.4
und Palaeontographica I. p. 58.)
Ein Exemplar von Helmstädt in Herın v. STROMBECK’S
Sammlung stimmt ganz mit meinen Stücken von Lattorf uber-
ein, die ich auf die PnıLippri'sche Art beziehe. Das grösste
derselben ist 7 Mm. lang und 4 Mm. dick. Nun vergleicht
zwar Phıtippt mit D. cylindroides Desu., diese hat aber eine
sehr viel schlankere Gestalt, so dass sie eben nur durch die
ziemlich weit von einander entfernten Spiralen an jene erinnert,
Eine Anzahl anderer Bulla-Arten in den Sammlungen be-
sonders Herrn v. STROMBECK's und Herrn A. RoEMER’s muss
ich leider unberücksichtigt lassen, da die Exemplare sämmtlich
verdruckt und defekt sind, und mit keiner bekannten Art ganz
übereinzustimmen scheinen.
517
Brachiopoden.
%. Terebratula grandis BLUMENBACH.
Ein Paar Fragmente von Helmstädt gehören vermuthlich
dieser weit verbreiteten Art an, welche ich unter-oligocän von
Westeregeln, mittel-oligocan von Neustadt-Magdeburg und Söl-
lingen und ober-oligocän fast von jeder Lokalität kenne. Da-
vıpson hatte die 7. vuriabilis (der Name ist charakteristisch)
aus dem englischen und belgischen Crag halb zweifelnd mit
der 7. grandis vereinigt, ich kann ihm hierin nur beipflichten,
ja ich halte sogar mit Bronn (Index palaeont.) die T. ampulla
Broc., T. sinuosa Broc., T. pedemontana Lam., T. bisinuata
Lam. u. s. w. für ident mit unserer Art. Dieselbe variürt an
allen Lokalitäten, wo sie sich eben in einer grösseren Anzahl
von Exemplaren findet, sehr bedeutend in den Verhältnissen
der Länge, Breite und Dicke zu einander, sowie in der Stärke
der Falten am Stirnrande, welche oft, besonders bei unaus-
gewachsenen Exemplaren so gut wie ganz verschwinden.
Vermuthlich .ist auch 7. opercularis Sanoe. (p. 384 t. 34
f. 2) hier mit her zu rechnen, die ja nur unvollkommen be-
kannt ist.
97. Terebratulina Nysti Bosquer (Comptes rend.
de l’Ac. roy. Amsterd. 1862.)
T. chrysalis Puıv. (v. ScaLortueım) Palaeont. I. p. 50.
Ein defektes Stuck in Herrn Grortrıan’s Sammlung gleicht
ganz dem Originale Herrn Bosgurr’s aus dem Unter-Oligocan
von Hoesselt, sowie meinen Exemplaren von Österweddingen,
Westeregeln, Unseburg und Atzendorf. Etwas Verwandtes ist
ferner jedenfalls, was Herr GieBEL als 7. ornata aus dem Dilu-
vium von Schraplau beschrieben hat, doch sind die Originale
abhanden gekommen und die Beschreibung ungenügend; dieser
Name wäre daher ganz aufzugeben, selbst wenn er nicht schon
viel früher von RoOEMER anderweitig vergeben worden wäre.
Von der Terebratulina striatula Dav. und 7. caput serpentis L.
unterscheiden sich die angeführten Vorkommnisse, wie mir
auch Herr Davınson und S. Woopwarn besonders bestätigt
haben, sehr constant durch einen viel spitzeren, ziemlich scharf
abgesetzten Wirbel, eine gewölbtere obere und flachere untere
518
Klappe. Mein grösstes Exemplar von Unseburg hat 7 Mm.
Länge, 6 Mm. Breite und 3 Mm. Dicke.
98. Terebratulina striatula Davipson.
]
Ein mir noch nachträglich zugegangenes Stuck von Helm-
städt in Herrn Grorrian’s Sammlung schliesst sich eng an
einige sehr unvollkommene Exemplare von Unseburg, Atzen-
dorf, Calbe und Lattorf an, und gleicht der längeren Form .
von T. striatula aus dem London-clay von Hishgate, Sheppy
u. Ss. w. mit weniger divergirenden Radialrippen auf das Ge-
naueste, nur sind vielleicht die Zwischenräume zwischen den
Rippen ein wenig breiter als bei jener; dies scheint mir jeden-
falls kein genügender Grund, sie von jener zu trennen.
CTonehiferen.
99. Ostrea vectiensis ForBzEs? (Woop. Eoc. Biv.
Ba RD)
Eine untere Klappe von Helmstädt in der Clausthaler
Sammlung stelle ich mit einigem Zweifel hierher; dieselbe ist der
ganzen Länge nach aufgewachsen gewesen, vermuthlich auf
eine grosse Serpula, wie sie auch -von Helmstädt in Bruch-
stücken, natürlich unbestimmbar vorliegt. Das Exemplar unter-
scheidet sich von der englischen zunächst durch eine etwas
kleinere Ligamentgrube, durch eine schwächere Wölbung, be-
sonders am Wirbel, und durch etwas stärkere Zähnchen an der
Seite der Sohle; diese Merkmale scheinen mir keinen Anhalt
zu einer sicheren Entscheidung zu geben bei einer Art einer
Gattung, die so stark variirt und sich so sehr nach dem Gegen-
stande bildet, auf dem sie festgewachsen ist.
100. Pecten bellicostatus Woon. Eoc. Biv. p. 38
or il.
P. reconditus Nvst. (non Sor.) p. 302 t. 25 f. 2.
Ein Abdruck aus dem gelben Thone der Salomonschen
Thongrube und ein Fragment in der ÖOlausthaler Sammlung
stimmen ersteres in der Zahl der Rippen und in der ganzen
Gestalt, letzteres in der Form der dreikantigen, mit kleinen
Höckern besetzten Rippen ganz mit englischen, belgischen und
norddeutschen Exemplaren dieser typisch unter-oligocänen Art
519
überein, doch ist zu bemerken, dass es fast scheint, als hätte
das Stück in der Clausthaler Sammlung vollständig einige
Rippen weniger gehabt als die sonstigen Vorkommnisse. Die
belgische unter-oligocäne Art, P. reconditus NysT non Son. ist
mit der englischen durchaus ident.e Bei der Abbildung und
Beschreibung Woop’s sind noch die Stacheln über und unter
dem Byssus-Ohr zu ergänzen, welche, an der Nysr’schen Figur
vielleicht etwas zu stark gezeichnet, auch an meinen Originalen
von Brockenhurst nicht fehlen.
101. Pecten corneus Sow. Min. Conch t. 204; Dixon
‘ 6,4 1.-6.
P. solea Pnır. non Desn.
P. Semperi Desn.
Diese Art ist in dem gelben Thon nicht selten, doch ist
es mir in Folge ihrer schlechten Erhaltung und Zerbrechlich-
keit nicht geglückt, auch nur ein einziges vollständiges Exem-
plar daraus zu erhalten; ausserdem liegen aus Herrn GRoTRIAN’s
und Herrn v. STROMBECcK’s Sammlungen noch ein Paar ganz
Junge Exemplare von ca. 3 Mm. Durchmesser vor, an denen
allerdings nur zu sehen ist, dass sie fast kreisrund, innen und
aussen glatt sind, und breite, ziemlich gleich grosse Ohren
haben. Nur von Unseburg besitze ich ein ebenso kleines Stück,
das jenen vollständig gleicht. Pecten solea DesH. ist sicher
schon durch das tief eingeschnittene Byssusohr verschieden,
dagegen ist es mir unmöglich gewesen, zwischen meinen
englischen mittel-eocanen Originalen von Pecten corneus Sow.
und meinen zahlreichen ausgewachsenen Exemplaren von
Westeregeln, Unseburg, Lattorf, Calbe, Eggersdorf u. s. w.
irgend einen Unterschied herauszufinden. Vermuthlich hat
DesHuAyEs nur ein junges Exemplar von einer norddeutschen
Lokalität zum Vergleich mit ausgewachsenen englischen vor-
gelegen, und konnte er ein solches wohl für verschieden
halten, da halbausgewachsen diese Art verhältnissmässig viel
länger als breit, ganz ausgewachsen aber wieder fast kreis-
rund ist.
102. Modiola elegans Sow. var. elegantior S. Woop
Eoe. ‚Biv.,p. 65.1. 12-2u.8.e
Ein defektes Stück von Helmstädt in Herrn v. STROM-
BECK's Sammlung stimmt, soweit sich dies mit Bestimmtheit
Zeits, d.d. geol. Ges. XV11.3, 34
520
sagen lässt, gut mit Exemplaren von Lattorf überein; diese
unterscheiden sich von den ober-eocänen Originalen in F.
E. Epwarp’s Sammlung nur durch die meist etwas feineren
Radialrippen, stimmen aber sonst überein, so dass ich glaube,
unsere Stücke zu der englischen Art stellen zu müssen.
103. Arca decussata Nysr p. 238 t. 15 £ 11.
Ein etwas verdrücktes Exemplar von Helmstädt von 8 Mm.
Breite stimmt gut mit solchen von Lattorf überein; dieselben
sind zwar nur bis 17 Mm. breit, während die ächte Arca de-
cussata Nyst bis gegen 30 Mm. breit wird, ich stelle sie aber
doch mit zu dieser, da sie in Gestalt und Skulptur gut über-
einstimmen. Nyst’s Citat des Vorkommens dieser Art bei
Hordwell beruht wohl auf einem Irrthum, wenigstens ist in
England selbst nichts davon bekannt. Vielleicht gehört hier-
her ganz oder theilweise Herrn GiEBEL’s Arca anhaltina, doch
lässt sich dies nicht entscheiden, da seine Abbildung (t. 4.
f. 15) ganz unbrauchbar ist; in der Form passt diese eher auf
eine Art von Lattorf, welche in der Skulptur unserer Art ver-
wandt ist, aber sonst der Arca pretiosa Desu. und A. Zactea
L. nahe steht; letztere fuhrt aber Herr GIEBEL noch beson-
ders an, und zwar glücklicherweise mit einer leidlichen Ab-
bildung, die ausser Zweifel stellt, dass die von ihm gemeinte
Art die Arca appendiculata Sow. (Arca sulcicosta NxsT) ist.
104. Limopsis costulata Goupr. p. 165 t. 126
219.
L. granulata' GoLor. non Lan. p. 162 t. 126 £. 12.
L. Goldfussii Nyst pars? p. 243 t. 19 £. A.
Eine Anzahl guter Exemplare von Helmstädt stimmt ganz
mit sonstigen Stücken dieser unter-oligocän gemeinen Art über-
ein. Zu den sehr richtigen Bemerkungen von DEsHAYEs (Suppl.
t. I. p. 843) habe ich nur hinzuzufügen, dass die Abbildung
der Limopsis Goldfussü Nyst t. 19 f. 4 entschieden auch hier-
her gehört; Nyst citirt diese Art von unter- und von mittel-
oligocänen Lokalitäten, und kann ich Herrn SANDBERGER nur
beipflichten, wenn er vermuthet, dass erstere Citate sich auf
unsere Art beziehen.
521
105. Nucula Dixzoni Epw.? (Woop Eoe. Biv. p. 112
t. 18 f. 7.
Einige Exemplare von Helmstädt scheinen mit der Nucula
Dixoni Epw. aus dem englischen Mittel-Eocän übereinzustimmen, .
doch sind sie sämmtlich defekt, und lassen namentlich das
Innere nicht sehen, so dass ich zu keinem sicheren Urtheil
gelangen kann, ob sie wirklich ident sind.
106. Leda Galeottiana Nyst p. 223 t. 18 f. 3.
Zahlreiche Exempla:e von Helmstädt stimmen mit solchen
von Westeregeln, Lattorf, Lethen u. s. w. vollständig überein,
und sind schon durch die unregelmässigen, weniger scharfen,
und nur bei sehr grossen Stücken hinten schwach erhobenen
koncentrischen Rippen von der mittel- und ober-oligoeänen
Leda gracilis Desu. verschieden. Viele meiner Stücke stimmen
mit den Abbildungen und Beschreibungen Nysr’s und DesHAyzs’s
in der Gestalt, in der Skulptur und in den Schlosszähnen voll-
ständig überein, doch ist dies nur bei solchen von mittlerer
Grösse der Fall; einzelne sehr alte Exemplare erhalten eine
immer mehr spitz nach hinten verlängerte Gestalt, und werden
dann in der Form der Leda Westendorpiü ähnlicher, welche als
oligocäne Art angeführt worden ist; dieselbe ist aber ursprüng-
lich von Antwerpen, also muthmasslich aus dem Pliocän oder
doch wenigstens aus dem Miocän beschrieben worden, und
ist ihre Identität daher vorläufig noch zweifelhaft. Mit seiner
L. commutata meint vermuthlich PnıLippi ebenfalls unsere Art.
107. Leda prisca Dasn. var. B Woon.
Ein zweiklappiges Exemplar von Helmstädt in Herrn
. Grorrıan’s Sammlung und eins in meiner von nur 2 Mm. Breite
stimmt in der Gestalt mit der Leda prisca Das#. var. B
Woop Eoe. Bivalves p. 128. t. 17 f. Aa —c überein, und
scheint sich von L. pygmaea durch die hinten spitzere Gestalt
zu unterscheiden. Leider ist mein Material nicht ausreichend
zu einer Entscheidung, wie diese Art sich zu der ächten L.
Pygmaea PHiL., und den damit vereinigten miocänen, pliocänen
und lebenden Formen verhält. Einige sehr ähnliche Stücke
besitze ich sonst auch unter- oligocän von Lattorf und Calbe
und mittel- oligocän von Hermsdorf und Söllingen. PruLippi
citirt (Palaeontographica I. p. 53) Leda pygmaea aus dem
34 *
2 522
Magdeburgischen, doch kenne ich‘ sein Original nicht. Nach
einer Mittheilung Herrn WEIsKkAUFF’s findet sich etwas der-
artiges auch im Mainzer Becken.
108. Leda corbuloides v. KoENEN
Zwei zweiklappige Stücke in Herrn Grortrıan’s Sammlung
und eine rechte Klappe in der meinigen stimmen mit keiner
mir sonst bekannten Art überein. Das grösste Stuck hat
41 Mm. Breite, 3 Mm. Höhe und (zweiklappig) knapp 2 Mm.
Dicke. Die Gestalt ist verhältnissmässsig symmetrisch und
steht etwa in der Mitte zwischen Leda oblata Woon (t. 19
f. 10) und Leda propingua Woop (t. 20 f. 2). Die Wirbel
ragen sehr wenig hervor. Die hintere Seite der Schale ist im
Alter etwas länger und etwas mehr aufgebogen; bei halb aus-
gewachsenen Stücken dürfte dies jedoch kaum bemerkbar sein.
Die Oberfläche ist etwa von der Mitte an mit feinen kon-
centrischen Linien bedeckt, die sich im Alter etwas deutlicher
zeigen und einander näher rucken; ausserdem finden sich dar-
auf ein bis zwei grobe Anwachsrunzeln,, die unserer Art ein
eigenthümliches Aussehen geben. Es sind auf jeder Seite etwa
11 Schlosszähne vorhanden, von denen die äussersten bei
weitem die stärksten sind. Die Schale ist verhältnissmässig
dick.
109. Leda perovalis v. KoEnen.
L. amygdaloides PsıL. non Sow.? (Palaeontographica I. p. 53).
Eine Anzahl sehr defekter Exemplare von Helmstädt
scheint mit einigen Stücken von Westeregeln im hiesigen
Museum und einem von Unseburg in meiner Sammlung ganz
übereinzustimmen. Dieser Art gehören vermuthlich die Stein-
kerne von Osterweddingen an, die PhrpPi als L. amygda-
loides anführt; diese ist allerdings, ebenso wie L. Deshayesiana,
sehr nahe verwandt und nur durch geringe Unterschiede, be-
sonders in der Skulptur zu trennen, da auf die verschiedene
Grösse doch wohl kein entscheidendes Gewicht zu legen ist
(unsere Art wird etwa 10 Mm. breit, 6 Mm. hoch und, zwei-
klappig, 44 Mm. dick.)
Die L. Deshayesiäna unterscheidet sich von der Z. amyg-
daloides Sow. dadurch, das die Depressionen, welche auf der
“ Area vorn und hinten die Lunulen begrenzen, bedeutend breiter,
523
und die Lunulen selbst weit schmaler sind, dass ferner, fast
von den Wirbeln auslaufend eine Depression auf dem hinteren
Theile bis zum unteren Rande ‘geht, wodurch die hintere Seite
weit schärfer hervortritt, sowie schliesslich dadurch, dass die
breiten koncentrischen Streifen bei der L. Deshayesiana schon
von dieser Depression ab viel schwächer werden und am
Rande der Area nur noch als unregelmässige Anwachsstreifen
vorhanden sind.
Bei der L. perovalis fehlen die Depressionen, die auf der
Area bei jenen die Lunula begrenzen, ganz, die koncentrischen
Streifen laufen vorn und hinten gleichmässig bis an den Rand
der Area, und unter dieser befindet sich hinten eine flache,
breite Depression, auf welcher sich die Streifen viel mehr in
die Höhe biegen, als dies bei jenen beiden der Fall ist.
110. Cardium cingulatum Goupruss (HörnEs) t. 145
$...4:.d;.,e,,T.
Cardium anguliferum Sanoe. p. 318 t. 27 f. 6...
Ein Bruchstück von Helmstädt, das Schloss und den
Wirbel enthaltend, würde vollständig etwa 50 Mm. Breite ge-
habt haben, und gleicht in jeder Beziehung Exemplaren von
Lattorf und Wolmirsleben, die bis zu 90 Mm. Durchmesser
erreichen. Ich halte es für unthunlich, diese von dem (©. cin-
gulatum (C. anguliferum SAnpe.) zu trennen, welches je nach
der Grösse, die es an den einzelnen Lokalitäten erreicht,
einigermassen in der Stärke der Skulptur und in der Gestalt
varürt. Ob das C\. cingulatum Goupr. wirklich ursprünglich
aus zwei Arten besteht, wage ich ohne Vergleichung der Ori-
ginale nicht zu entscheiden. Jedenfalls behalte ich mit Hörnes
den GoLpruss’schen Namen für unsere Art bei, da kein Grund
vorliegt, denselben ganz zu verwerfen, wie Herr SANDBERGER ‚ge-
than hat. Das Cardium Hausmanni Pnın., welches Herr GIEBEL
für ident damit hält, hat in Wirklichkeit so wenig Aehnlichkeit,
dass ich die Unterschiede wohl gar nicht auseinander zu setzen
brauche, um so mehr, als von beiden Arten genügende Ab-
bildungen existiren; wirklich diese Art könnte es dagegen sein,
die Herr GiEBEL als ©. plumstedianum Sow. anfüuhrt, welchem
sie allerdings sehr ähnlich ist; ob ident, wage ich nicht zu,
entscheiden, da mein einziges englisches Exemplar etwas ab-
gerieben ist; die Beschreibung, die er dazu giebt, passt freilich
524
eben so gut auf eine andere Art von Lattorf, die mit dem C.
hantoniense Epw. ident ist und dem (. fraterculus Desn.
(Suppl. I. t. 54 f. 4—6) sehr nahe steht.
11l. Cardium semilineatum v. KOENEN.
Einige defekte und verdrückte Stücke von Helmstädt
gleichen, soweit sich dies erkennen lässt, vollständig solchen
von Unseburg und einem von Lattorf im hiesigen Museum.
Das Stück von Lattorf, das grösste von allen, hat 23 Mm.
Breite und ebensoviel Höhe, und stimmt in der Gestalt und
im Schloss ganz mit C. semistriatum DesH. überein, dem
es überhaupt nahe verwandt ist, hat aber'auf dem hinteren
Theile der Schale einige 40 feine, glatte, runde Radiallinien,
die sich etwas weiter auf den mittleren Theil erstrecken, als
dies bei jenem der Fall ist. Nach dem Rande zu werden sie
immer feiner und verschwinden zuletzt nahe dem hinteren
Seitenzahn ganz. Die Stücke von Helmstädt führen nur einige
30 Radiallinien, doch liegt dies wohl an ihrer geringeren
Grösse (sie haben etwa 13 Mm. Breite und 12 Mm, Höhe).
. Auch auf der ganzen übrigen Schale werden bei starker Ver-
grösserung feine Radiallinien sichtbar, besonders wenn die
Stücke etwas angewittert sind, doch möchte dies wohl: bei
ziemlich allen Cardium-Arten der Fall sein. Das schon bei
der vorigen Art erwähnte C. hantoniense Epw. man. n. von
Brockenhurst und Lattorf steht unserer Art ebenfalls sehr nahe;
vielleicht ist es auch mit dem Namen (, semistriatum Dasn.
von Herrn GIEBEL gemeint; von diesem unterscheidet es sich
aber durch zahlreichere (23— 33), Radiallinien (mit runden
Spitzen versehen) auf der hinteren Seite, und gleicht durch
seine mehr rundliche Form, schwächere Wölbung und ge-
ringere Grösse mehr dem (. fraterculus Dessu. (Suppl. 1.
p. 575 t. 54 f. 4— 6). C. hantoniense Enw., (, semistriatum
und vermuthlich auch C. fraterculus Drsa. zeigen übrigens,
wenn die kugeligen Spitzen auf den Radiallinien abgebrochen
sind, an deren Stelle kleine Grübchen, und sind dadurch stets
leicht von €. semilineatum zu unterscheiden.
112. Lucina gracilis Nyst. p. 132 t. 6. £. 8.
Einige gut erhaltene Exemplare von Helmstädt stimmen
vollständig mit solchen von Unseburg und Lattorf, sowie von
525
Vliermael und Lethen überein. Nysr’s Abbildung ist übrigens
ganz verfehlt, und seine Angabe, die Art wäre beinahe kugelig,
würde mich veranlassen unsere Stucke nicht zu seiner Art zu
stellen, wenn ich sie nicht mit Originalen in Herrn Bosquer’s
Sammlung verglichen hätte. Meine grösste Klappe von Lattorf
ist 7 Mm. breit, 7 Mm. hoch und, einfach, stark 2 Mm. dick.
Die koncentrischen Streifen sind etwas feiner als auf Nysr’s
Figur, und biegen sich auf beiden Seiten vollständig den An-
wachslinien folgend bedeutend mehr in die Höhe. Im Uebrigen
genügt Nyst’s Beschreibung; Unterschiede von verwandten
Arten kann ich nicht anführen, da mir genügendes Material von
solchen fehlt.
113. Astarte Henckeliusiana Nyst pP. 154
1. 9 f A.
Zwei Stücke von Helmstädt in Herrn GroTRIAN’s Samm-
lung von ca. 5 Mm. Durchmesser, das eine mit glattem, das
andere mit gekerbtem Rande gleichen ganz solchen von Wester-
egeln, Lattorf und Österweddingen, welche bis resp. 9, 11
und 14 Mm. Durchmesser erreichen, sowie jüngeren belgischen
Exemplaren. Zu Nyst’s Beschreibung muss ich aber bemerken,
dass sämmtliche angeführte Vorkommnisse, sofern sie nicht
abgerieben sind, besonders nahe den Wirbeln, auch dem blossen
Auge sehr deutliche koncentrische Runzeln zeigen.
‚114. Crassatella compressa Lam. (Des# I. p. 37
t.3 f. 8-9). 3 Ä
Eine Anzahl Fragmente von Helmstädt ergänzen sich gegen-
seitig und stimmen mit Stücken von Westeregeln vollkommen
überein. Diese gleichen der Cr. compressa Lam. vor allem
darin, dass der eingedrückte Theil der Schale, welcher zwischen
dem hinteren Schlossrande und der von den Wirbeln schräg
nach unten laufenden Kante liegt, verhältnissmässig breit ist,
und bei jungen Exemplaren von 5—10 Mm. Breite etwa ein
Drittel der ganzen Schale beträgt, während er bei den übrigen
Arten weit schmaler ist. Darin aber zeigt sich ein geringer
Unterschied, dass auf dem unteren Theile der Schale die kon-
centrischen Runzeln bei den Stücken von Westeregeln und
Helmstädt weiter von einander entfernt sind.
>
526
115. Crassatella Woodi v. KoEnen.
Astarte Bosquetit GiEBEL t. 2 f. 3.
Das von Herrn GIEBEL abgebildete Exemplar scheint der
Stellung der Schlosszähne nach zu urtheilen, nicht eine Astarte,
sondern eine ÜOrassatella zu sein, die ebenso häufig wie die
Astarte Bosqueti Nyst (A. gracilis Münst. Per.) sich bei
Lattorf findet, und ihr in Gestalt und Skulptur ähnlich ist.
Allerdings ist sie hinten nicht ganz so kurz abgestutzt,
wie die ‚Abbildung es zeigt, sondern etwas mehr nach oben
ausgebreitet, und bekommt früher oder später eine schwache
Depression, auf welcher sich die koncentrischen Rippen scharf
nach oben biegen. Von der Or. Bronniü Mir. (SanpB. p. 333
t. 25 f. 4 unterscheidet sie sich durch die dickeren Rippen,
und die schmalere, höhere, mehr ungleichseitige Gestalt. In
der Stärke der Wölbung und in der Gestalt ist unsere Art,
wie alle ubrigen dieser Gattung, ziemlich variabel. Das grösste
Stuck von Helmstädt in Herrn Gxrorrıan’s Sammlung hat
8 Mm. Breite und 7; Mm. Höhe, ebenso etwa die von Unse-
burg, Westeregeln, Vliermael , während sie bei Lattorf bis
10—12 Mm. Breite und 9—10 Mm. Höhe erreichen. Unsere
Art schliesst sich durch ihre Gestalt, Ligamentgrube und Schloss-
zähne zunächst an Cr. Jaevigata Lam. (Dese. I. p. 39 t. 5
f. 11—12) und an Cr. trigona Desn. p. 36 1. 5f. 4 5an,
unterscheidet sich aber von diesen durch die ziemlich groben
koncentrischen Lamellen und den spitzeren, etwas umgebogenen
Wirbel. Der Rand ist fein gekerbt. Die Or. Woodi habe ich
auch im gelben Thone der Salomonschen Thongrube gefunden.
116. Tsocardia multicostata Nyst p. 200 t. 15 f. 4.
Ein Paar Exemplare aus dem gelben Thone der Salo-
monschen Thongrube von über 50 Mm. Breite in Herrn von
STROMBECK’s und meiner Sammlung gleichen ganz solchen von
anderen Lokalitäten dieser im belgischen und norddeutschen
Unter-Oligocän verbreiteten Art.
117. Oypricardia pectinifera Sow. var. postera
v. KoENEN.
Ein gut erhaltenes zweiklappiges Stück von Helmstädt in
Herrn v. Stromgecrks Sammlung stimmt vollkommen mit
527
meinen zahlreichen Exemplaren von den meisten norddeutschen
und belgischen unter-oligocänen Fundpunkten überein; diese
unterscheiden sich aber durch etwas breitere Radialen, mehr
rundliche Gestalt, etwas grössere Dimensionen und stärkere
Wölbung der Schale von meinen englischen Originalen von
Barton und der zutreffenden Abbildung der Mineral Conchology.
Diese Unterschiede scheinen mir aber bei der sonstigen Ueber-
einstimmung, besonders in den eigenthumlichen Lamellen, die
ja Nysr, Pmıuppı und Speyer (Palaeontographica 1862) zu
einer Identifikation veranlasste, zu einer Trennung in zwei
Arten nicht zu genügen, und stelle ich unsere Stücke als var.
postera zu jener.
118. Venericardia latisulca Nyst. p. 209 t. 15 £. 5.
Ven. Dunkeri Puır. (Palaeont. I, p. 50 t.7 f.6u.7.)
Ven. analıs Pnır.
Ven. elegans Lan. Phir.
Ven. sulcata Lan. Pnır.
Einige noch unausgewachsene Exemplare von Helmstädt,
besonders in der Clausthaler Sammlung, stimmen ganz mit
manchen von Lattorf, Westeregeln u. s. w.; überein. Nach
meinem Material bin ich übrigens ausser Stande die von
PHıLıppı unterschiedenen Arten getrennt zu lassen, und zwar
sind sie vollständig ident mit meinen belgischen Originalen
von Ven. latisulca Nyst. Diese Art findet sich auch im gelben
Thon der Salomonschen Thongrube.
119. Venericardia suborbicularis Sınoe. (p. 339).
Eine Anzahl guter Stücke von Helmstädt gleichen ganz
solchen von Westeregeln, Lattorf u. s. w.; da SANDBERGER
diesen einen besonderen Namen gegeben hat, so nehme ich
diesen an, ohne entscheiden zu wollen, ob diese Art wirklich
nur auf das Unter-Oligocän beschränkt ist, da sich dies bei
der Veränderlichkeit dieser und der verwandten Arten nicht
ohne sehr grosses Material feststellen lässt.
120. Cytherea Solandri Sow. Index.
Venus rotundata Sor. non Lin. (Sor. f. 91.)
“ Venus lineolata Sow.M. C. t. 422 f. 2.
Cytherea striatissima Desn.? (Suppl. I. p. 458 t. 34 f. 9—6).
Einige leidlich erhaltene Stücke von Helmstädt scheinen
vollständig mit solchen von Lattorf, Brockenhurst u. s. w. über-
528
einzustimmen. Vermuthlich ist dies die Venus trigona NvsT
Herrn GisseL’s, wenigstens ist es die gewöhnlichste Art der
ganzen Familie. Nach einer gütigen Mittheilung von F. E.
EpwaArps ist die Art von Brockenhurst ident mit 'Sowersy’s
Originalen, was man freilich nach dessen Abbildung nicht ver-
muthen möchte. Dagegen stimmen meine Exemplare in jeder °
Beziehung, in der Gestalt, Skulptur und in dem Schlosse,
durchaus mit DesnAyzs’s Beschreibung und Abbildung seiner
mittel-oligocänen (. striatissima überein. Diese, wie es scheint,
nur in sehr wenigen Stücken bekannt, soll indessen nur 3 Mm.
breit und 4; Mm. hoch werden, während meine Stücke von.
Lattorf, die grössten von allen, 15 Mm. breit und 13t— 14 Mm.
hoch werden bei einer Dicke von (einklappig) 5 Mm.
121. Corbula subpisum D’ORR.
©. subpisiformis Sande. p. 288 t. 22 f. 14.
Ein Paar kleine, schlechte Exemplare von Helmstädt in
der Clausthaler Sammlung scheinen solchen von Westeregeln,
Lattorf u. s. w. ganz zu gleichen. Herr SANDBERGER ändert
den Namen p’OrBIcny’s, weil er unlateinisch sei, der seinige
ist aber auch nicht besonders schön, und ich behalte auf alle
Fälle den ersteren bei, da er wenigstens den Vorzug der
Kürze hat.
122. Corbula obovata v. KoEnen.
Es liegen von Helmstädt eine Anzahl guter ein- und zwei-
klappiger Stücke vor, welche durch ihre ganze bauchige Form
sich zunächst an die C. costata Sow. anschliessen. Sie haben
etwa 12 Mm. Breite, 9 Mm. Höhe und (zweiklappig) 8 Mm.
Dicke. Die Wirbel ragen viel weniger hervor als bei jener,
etwa ebenso stark wie bei (C. siriata Desu. Die Skulptur fehlt
auf den Wirbeln ganz; später finden sich allmäalig schwache
koncentrische Runzeln ein, die zuletzt etwa ebenso stark werden,
wie bei (©. striata, und ausserdem feine Radiallinien. Auf der
hinteren Seite ist, von einer ziemlich scharfen Kante begrenzt,
auf beiden Klappen eine Depression von derselben Breite etwa
wie bei (\ striata. In der kleineren rechten Klappe befindet
sich ein breiter stumpfer Zahn, und in der linken ein dünner
spitzer.
529
Stellen wir nun das Ergebniss dieser Untersuchungen zu-
sammen, so erhalten wir folgendes Resultat:
=
: 322343
No. Versteinerungen von Helmstädt FEIERIER:
Psfpealar
|
1.:| Nautilus imperiahs Sow. » * 2. wie rue.e 0. |
. 2. | Strombus canalıis Lam. . + Ar F
3. | Murex brevivauda His... ln.
4. | Typhis fistulosus Broc. . 7
5. | Tritonium flandricum Kon. En ; +
b. | Cancellaria tenuistriala v. oe, - }
7. | — elongata Nyst. an
8. | — laevigata v. Kosnen | ee
9.) — evulsa Soi, . or
10. | — nitens Beyn. DALE
11. | — granulata Nyst. + m: !
12. | —- subangulosa Woon var. rotundata v. "Können A - 7
13. | Pyrula nexilis Soı. el let
Ma ah oongınan. BexR, : > s0. 000. 2 ee u i Bi
19.|, Eusus scalariformis NxST .. .. : 2 +... - al: f
KON | femeösta v.. KoENEN. .\. 2... Sn i
17. | = zegularis SoL... . lt
18. | — Sandbergeri Bevn. . ee i
Nail > VERRDLISS Ne Sr Aa IE 5 + eh
20. | - elongatus Nvst m
21. | — septenarius Bev:. +
22. | — scabrellus v. Koenen . T
23. | — erassisculptus Bevyn. i E \ ;
Be 1 WienkuptussSow.. . Su WE ee eier ne |
29. | —. Edwardsü v. Koenen ; ; :
206. | — longaevus SoL. var. egregius Be T
27. | — restans v. Koznen . ß i -
28. | Fasciolaria funiculosa Lam... . an 33
29. | Edwardsia Bettina Semper ar \
30. | — pyruliformis Nyst . +
31. | — semigranosa Nvst I
32. | Purpura rodulosa Bevr. . . - a
33. | Cassis ambigua Soı.. a |
34. | — coronala Desn. ılır +
35. ! Cassidaria nodosa Sor. al er
36. | Anecillaria unguieulata Beva. + i
37. | — subeanahfera D’Ore. . +
38. | Conus Beyrichü v. Koenen . + »
39. | — deperditus Bave. ai +
40. | — procerus Buyn. . jr
41. | — Grotriani vw, Koenen . En. : i
BIrRleurstoma turbida' Sor. 2... vr. zen. ll
— — var. ligata Enw. RR : is
A) 2) hoemer v. KounEn .- nu. a me are £ A
44. | — denticula Basr. IR ae
45. | — Bosqueti Nyst - ai 0 ;
46. | — nudiclavia Biyvr. . =. + 2
47. | — Koninckü Nyst I ?
530°
| DE Re
No. Versteinerungen von Helmstädt uses
= Oase
|
48. | Pleurotoma conifera Evw.. . : +... rare +
0 a Sehjsu Kon. an au. 2 are ee + - ;
a0. — lan. GEB a N ee 3 s
31.0. 5 rasirata.SoEss ae ee er A Flle
— — var. multicostata v. KoEnEnN. . Se . - E
| — var. multistriata v. Koenen . N ie: . .
32.2 .Beyriehis Pause Sys. See Re et
59. | — attenuata Sow. ee See - : 4
BE pseudocolon GiEB. 5 7 a 8
99. | — ramosa Basr. var. praceedens a Be : :
56. | — Strombecki v. KoEnen a a al: .
57. | — innexa Soı. var, postera v. Kocnen WE : ;
58. | -— semilaevis Pair. ae 5 u Me }
— — var. tenuistria v. KoEnEN a . . A
59. | — prisca Soı. : i T leFils
60. | — iterebralis Lan. var. perspirata v. Kossen . T Alu ee
64:71 Libelisia Pa... 20205 es ee SITE .
62.4) 9 aancta EBW. "se. s as 2 Rn re T i :
— — var. a und var. 8 v. Koenen . der . .
63-1 —. Sempers.v. KoENEN- - - 2. a ae a Ä
64. | Borsonia Delucü Nyst. . Eh aa u in +
68.1.2.) enurelata, V. -KoEnEN... nr are . 3 ;
66. | Voluta suturalis Nyst .. .. .» . T . .
67. | — nodosa Sow. a a nn:
68. | — labrosa Pnıt. . Du a Til .
69: &1 decbra: Beye: ca auch Wa 2 Re a AN
70,410 gBlusa-v: KOENNEN 2. = 0.2 Sen ere a 2
71. | Mitra tenuis Bey. ER ae N :
72. | Marginella intumescens v. Ku N u i
13.2] =: merovals V.. KOENNEN .. . % 02m 2 ne + { :
74. | Natica hantoniensis Pırk.. . - ee
79. 4 siabellale Lam. 2 Auer 5 Sl ua
76. | Sigaretus canaliculatus Sow. ehe a ER
77. ı Odontostoma fraiernum SEMPER ee Eu =
78. | Eulima complanata v. KoEnen 0 :
79. | Niso turris v. KoEsen : er: 7 . i
80. | Cerithium Strombecki v. Be = ee : : A
81. | Mathilda tripartita v. KoEnEn ae f ; 2
82. | Turritella crenulata Nvst Be in > 5
83. | Scalaria acula Sow. . aeg - T."1E0T rare
84. | Solarium canaliculatum Lam. . . - er: 3 +14 +
85. | — pulchrum Sow. na Er ha Nr: . T
86. | Delphinula Bronnü Phu.. . . a .
87. | Rissoina cochlearella Lam. » » » .. ... ı + : +
88. | Dentalium acutum HiB. . . .: . . 2... - + ? E
SIM] T-. Mssunra ram „De eins > ee T. I WS
90. | Actaeon simulatus Sow. : » 2 2 220. . AR Ta
91. | — elongatus Sow. 2 Veege ur: + Jos | :
92. | Ringieula coarctata v. KoENEN . x...» - BB . .
93. | Bulla multistriata v. Kornxen . . T . | .
94.) elhplienBow...2 wear “1. Dee
531
BE
521.385
No. Versteinerungen von Helmstädt E a3 82182
j Ir Ss rAPar
pulle intermedie Pu, Saar. An vnlnes tn PR | F |
96. | Terebratula grandis Buum. » : 2 2 22 n0. Er TR On |
97. | Terebratulina Nystö Bos0. . .» : 2 ce. 20. + > : |
Bu me matila, Dave DEI RP REN 7 . > |
99.; 1, Osirea veetiensis FoRBES «u em tanionai. aus 10er eRe: .
100. | Pecten bellicostatus S. Wood . : x x 2 2... Ar . Ä
Be en own ee ea Ka ah 1 + |
102. | Modiola elegans Sow. var, elegantior S. Woon . + er i |
103. | Arca decussata Nyıst .....».. RE SE HSBN + ; } |
104. | Limopsis costulata GuLdr. . » 2.00. 7 5 |
105. | Nueula Dixoni Eow. . ..... a DEDSHEBNT, r |
1062, Eeda Galeottiana \NYSTi + samen ee en fe + + + |
Bor pmsca Des... ee nn en ai *
108. SW eorbulordes v. Koenen .». . . .. E.nı. . . |
109. | — , perovalis v. Komnen » 2 2. 2. nn. n7 A
110. | Cardium cingulatum GoLDFr. »» . 2.2.0... x |
111. | — semilineatum v. KoenEN . . .. 2.0.0 T . |
212.) Inemasgnacilısı Nast mir. wur -alod Bas + h |
113. | Astarte Henckeliusiana NYST .: . .» : 22 2 .. + $ |
114. | Crassatella compressa Lam. : : :.... u TE a
BRN = oadin KOENEN NN. ATI, + { |
116. | Isocardia multicostata. NYST. ... 10:2. 30 00a hi f \
117. | Cypricardia pectinifera Sow. var. postera v.Kosnen | 1 | + | -
118. | Venericardia latisulca NySTt ... 2.2.20. + R .
1,0, | — . suborbieularis SANDB. sa mn dee ii £ | Ä
120. | Cytherea Solandri Sow. » «2.0000. + - :
121. | Borbuin Sübpısum DORE. . -. +. nen. | lie: | {
DD — 1 0boBeta) v.Y KoEnEN io... ey Denis - i ?
| 30
An Corallen finden sich nach A. Rormer „die Polyparien
des norddeutschen Tertiärgebirges* (Palaeontographica IX.):
1) Pelagia Defrancia MicH. (Rorn. t. 3 f. 22.)
2) Flabellum alatum Rozn. (t. 4 f. 23, 25, 26). Wie Ror-
MER selbst schon vermuthet, möchte auch ich sein Fl.
ovale und Fl. cylindraceum für ident halten.
3) Cycloseris hemisphaerica Rom. (t. 4 f. 27.)
4) Eupsammia teres Rorn. (t. 5 f. 4.)
5) Balanophyllia praelonga Pain. (Roenm. t. 5 f. 9.)
Ausser diesen befindet sich noch in meiner Sammlung
6) Oculina polyphylla Rorm. (t. 4 f. 27.)
Von diesen finden sich No. 5 und 6 auch an anderen
unter-oligocänen Lokalitäten, No. 1 im französischen Mittel-
Eocan, und die übrigen drei nur bei Helmstädt.
532
Rechnen wir nun von diesen 128 Arten den zweifelhaften
Nautilus imperialis Sow. und die bisher nur von Helmstädt be-
kannten 17 Species ab, so bleiben deren 110, von welchen
mir von sonstigen unter - oligocänen Lokalitäten 100 bekannt
sind, während im Ober-Eocän deren 31, und im Mittel-Eoeän
30 vorkommen. Hiernach bleibt kein Zweifel, dass die Schich-
ten von Helmstädt auch unter-oligocän sind, um so mehr als
von jenen 100 Arten 59 sonst nur im Unter-Oligocän oder in‘jüun-
geren Schichten sich finden, nicht aber in älteren. Die Zahl der
Arten, die sonst nur im Mittel-Eoeän, nicht aber im Ober-Eocän
vorkommen, beschränkt sich auf vier: Cancellaria subangulosa
Woop. var. rotundata v. KoEnEN, Pleurotoma turbida SoL. var.
ligata Epw., Pl. attenuata Sow. und Solarium pulchrum Sow.
Diese Zahl erscheint gewiss nicht auffällig gross, wenn wir
berücksichtigen, dass die Fauna von Helmstädt nur eine Art
weniger aus dem Mittel-Eocän als aus dem Ober-Eocän ent-
hält, und daneben noch Formen wie Pl. tricineta Epw., die
nur unter-oligocän und unter-eocän, nicht aber aus den dazwi-
schenliegenden Schichten (Barton, Bracklesham u. s. w.) be-
kannt sind. Ausserdem ist ja das englische Ober-Eocän nur
von einer, wenn auch sehr grossen Lokalität, von Barton und
High-Cliff selbst in einer verhältnissmässig kleinen Fauna von
noch nicht 300 Species ordentlich bekannt, zu welchen doch bei
genugender Ausbeutung anderer Fundpunkte desselben Alters
noch eine ziemliche Anzahl hinzukommen dürfte. Schliesslich
finden sich ja an allen unseren norddeutschen Lokalitäten einige
Arten, die sonst nur aus dem englischen Mittel-Eocän bekannt
sind, so z. B. bei Lattorf Arca tesselata Epw. und ein Murex
filigrana Epw. man. n., den ich ganz ident von Hunting-bridge
besitze. (Derselbe steht in seiner ganzen Gestalt, sowie der
Mundöffnung nach dem Murex asper SoL. äusserst nahe, ist
aber durch mehrere, alternirend stärkere und schwächere
Systeme sehr zierlich geschuppter Spiralen, die die ganze
Schale bedecken, ausgezeichnet und leicht Kenntlich.) Uebri-
gens kommen ja dergleichen Sprünge auch nach der anderen
Seite hin vor; so ist Ancillaria subcanalifera D’ORB. und Ce-
rithium Genei MicH. ausser unter-oligocän nur miocan bekannt,
auch die Cassidaria echinophora L. besitze ich unter -oligocan
von Unseburg. Durch diese Thatsache, dass wir erwarten
müssen, in entfernten Gegenden in Schichten sehr verschiede-
533
nen Alters Formen unserer überaus reichen unter - oligocänen
Fauna ganz ident wiederzufinden, wird das Studium und die
Bearbeitung dieser sehr erschwert, da, um immer völlige Sicher-
heit zu erlangen, man ausserordentlich grosses und umfang-
reiches Vergleichsmaterial zur Verfügung haben müss. Dieses
besitze ich einigermaassen genügend nur an englischen Sachen,
und zweifele daher nicht, dass noch so manches in dieser Ar-
beit Aufgestellte zu ändern sein wird bei Vergleichung anderer
Faunen; jedenfalls hoffe ich, solche spätere Verbesserungen
dadurch erleichtert zu haben, dass ich genau angegeben habe,
was ich wirklich selbst verglichen habe, und welche Unter-
schiede sich dabei herausstellten.
534
Erklärung der Tafeln.
Tafel XV. (I)
Figur 1a, b. Cancellaria tenuistriata v. Kornen. Helmstädt.
» 2. FWusus septenarius Beyr. Lattorf.
„ 3a,b. Fusus Edwardsü v. Kornen. Helmstädt.
»„ .4a,b. Fusus scabrellus v. Kornen. Lattorf.
„..da,b. Conus Grotriani v. Kosnen. Helmstädt.
6a,b. Pleurotoma Roemeri v.-Kornen. Helmstädt.
» .7a,b. Conus Beyrichü v. Kornen. a Calbe, b Lattorf.
„8a. Borsonia coarctata v. Kornen. Helmstädt. b vergrössert.
9a,b. Pleurotoma Strombecki v. Kornen. Helmstädt.
„ 10a. Pleurotoma Semperi v. Kornen. Helmstädt. b, ce vergrössert,.
„ 10d. Pleurotoma peracuta v. Kornen. Hermsdorf. e vergrössert.
Tafel XVI. (U.)
Figur 1a,b. Cerithium Strombecki v. Kornen. Helmstädt.
2. Voluta obtusa v. Kosnen. Unseburg.
„ 93a. Mathilda scabrella Semper. Lattorf. b, e vergrössert.
3ec, d. Mathilda tripartita v. Korsen. Helmstädt. f vergrössert.
4a. Niso turris v. Kornen. Lattorf. b, c vergrössert.
„ da. Marginella intumescens v. Kosnen. Unseburg. b vergrössert,
». ba. Ringicula coarctata v. Kornen. Helmstädt. b, ce vergrössert.
»„ 7a,b. Bulla multistriata v. Kosnen. Lattorf.
„8a, ec. Fusus flexicosta v. Kornen. Helmstädt. b, d vergrössert.
„9a. Odontostoma fraternum Semper. Helmstädt. b. vergrössert.
10a. Eulima complanata v. Kornen. Westeregeln. b. vergrössert.
539
2, Die tithonische Etage.
Von Herrn Aısertr Orprer ın München.
Bei den zahlreichen und mannigfaltigen Aufschlussen,
welche die Erforschung der oberjurassischen und untercreta-
ceischen Grenzbildungen nach deren ausseralpinem Vorkommen
als Portland-Purbeck- und Wealden-Schichten bisher ge-
liefert hat, drängt es, auch über die Ablagerungen, welche inner-
halb der Alpen den Uebergang der jurassischen Formation in
die untersten Kreide-Stufen vermitteln, Einiges mitzutheilen. Es
geschieht dies hier durch Veröffentlichung der Resultate, welche
aus der Untersuchung der in den Grenzgliedern zwischen Jura
und Kreide vorkommenden Cephalopoden hervorgingen.
Um diese Grenzglieder nicht ohne Weiteres einer der bei-
den benachbarten Formationen zutheilen zu müssen und um zu-
gleich einen Ausdruck für ihre künftige Bezeichnung wählen zu
können, fasse ich dieselben als eine zwischen der Stufe von
Kimmeridge und den tieferen Neocom-Schichten befindliche,
besondere Formationsgruppe zusammen, welche ich titho-
nische Etage benenne, indem hierdurch die Beziehung die-
ser Schichtengruppe zu der unmittelbar darüber beginnenden
Kreideformation angedeutet werden soll.
Ohne Zweifel wird sich die tithonische Etage später
in einzelne Zonen zerlegen nnd auch mit den ausseralpinen
Meeres- und Susswasser-Bildungen in genaue Parallele stellen
lassen. Da dies aber gegenwärtig noch nicht zur Genüge aus-
führbar erscheint, so kann auch der Versuch nicht gemacht
werden, eine der bereits vorhandenen Bezeichnungen wie Pur-
beck-Strata, Solenhofer Schiefer, Portland-Kalk
u. s. w. auf den fraglichen Schichtencomplex zu übertragen,
wennschon diese Bildungen die theilweisen Aequivalente der
tithonischen Etage darstellen. Ebensowenig möchte ich wagen,
durch eine locale Bezeichnung alpinen Ursprungs (wie Stram-
berger Schichten) der Etage für ihre weitere horizontale
Zeits. d. d.geol. Ges. XV1l.3. 39
536
und vertikale Verbreitung jetzt schon eine allzu bestimmte und
einseitig fixirte Bedeutung beizumessen.
Während eine schärfere Feststellung der eigentlichen
Grenzglieder der tithonischen Etage erst das Ergebniss einge-
. henderer Vergleiche und bestimmterer Parallelen sein wird, so
wählen wir wenigstens zur vorläufigen Orientirung die Kim-
meridge-Schichten mit Ammonites Lallierianus D’ORB., Am.
longispinus Sow., Amm.. Eudoxus D’ORB., Amm. mutabilis Sow.,
Amm. Eumelus D’ORB. u. s. w. als Basis, und die unterste Neo-
com-Zone mit Amm. Grasianus D’ORB., Amm. semisulcatus D’ORB.,
Amm. verrucosus D’ORB., Amm. Roubaudianus D’'ORB., Amm. Neoco-
miensisD’ORB., Amm. asperrimusp ORB., Amm. Astierianus D'’ORR. als
unmittelbar über der tithonischen Etage folgende Abtheilung. Es ist
zu hoffen, dass diese Art der Abtrennung an günstigen Punkten eine
ziemlich genaue Unterscheidungermöglichen wird, wiezum Beispiel
in den Umgebungen vonGrenoble, woselbst„Oalcaire* und „Ci -
mentdelaPortedeFrance* über Kimmeridge-Bildungen und
unter Neocom in concordanter Lagerung anstehen und weithin
verfolgt werden können. In verticaler Richtung zusammengezogen,
dagegen mit grosser horizontaler Verbreitung findet sich die
tithonische Stufe in Sudtirol entwickelt in Form der be-
kannten rothen und weissen Ammonitenkalke von Trient und
Roveredo, deren erstmalige scharfe und eingehende Beschrei-
bung wir den gegenwärtig erscheinenden Arbeiten Dr. BENECKEr’s
verdanken. Wegen ihrer Farbe und ihres Ammonitenreichthums
wurden diese Kalke von den italienischen Geognosten gewöhn-
lich als „Calcare ammonitico rosso“ unterschieden,
mitunter aber auch tieferen Etagen gleichgestellt. Ihre Ein-
reihung in die Oxford- und sogar Kelloway- Gruppe war
die Folge unrichtiger Bestimmung einiger Ammonitenarten,
insbesondere des Amm. sSilesiacus Opp., als Amm. Zignodianus
DORB., sowie des Amm. Volanensis Orp., als Amm. athleta
Puırr.*) Hiermit verband sich der Irrthum als reiche die Te-
rebratula diphya in die Etagen von Kelloway und Oxford herab,
oder habe sogar in diesen ihr Hauptlager, während sie doch
in Wirklichkeit erst mit dem Ende der Kimmeridge-Gruppe
erscheint und nie in tieferen Bildungen gefunden wurde. In
“
*) n’Ons. Pal. fr. Terr. jur. 1..pag. 4159, 494. und Prodr. 12, No. 2,.
33. 242.
537
Gesteinsbeschaffenheit den Kalken von Roveredo zum Theil nahe
entsprechend, konnten in neuester Zeitauch in denbayerischen
Alpen einige Glieder der tithonischen Gruppe in dem soge-
nannten Haselberger Marmor und den oberjurassischen
Aptychus- Schicefern erkannt werden, welche in den Umgebun-
gen von Ruhpolting unmittelbar unter Neocom - Schichten die
jüngsten Lagen der Juraformation bilden. Da der Marmor des
Haselberges, welcher bei Ruhpolting die Amm. ptychoi-
cus, tortisulcatus, Silesiacus, sutilis, hybonotus, nebst Teerebratula
diphya (d. h. diphoros oder Rogoznicensis ZEUSCHN.) einschliesst,
sich gegen Osten und Westen noch weiter fortsetzt, so lässt
sich hieraus folgern, dass die tithonischen Meereswasser gegen
Ende der Jurazeit eine grosse Verbreitung in dem Gebiete
unserer Alpen besassen, eine Annahme, welche durch die
neuesten Mittheilungen des H. Dr. STELZXER *) über das Vor-
kommen von Terebratula diphya im’ jurassischen Kalke zu
Losenstein am rechten Ufer der Enns bestätigt wird. **)
Fimbriate Ammoniten und zahlreiche Exemplare einer dem
Amm. Calisto nahestehenden Art, welche sich in dem dunkeln
Kalke an der Strasse bei Au im Bregenzer Walde fanden,
machen es wahrscheinlich, dass die dortigen Jura- Schichten,
welche von ESCHER VON DER LintH und von GÜNBEL unter der
Bezeichnung „Auer-Kalk“ in die Literatur eingeführt wurden,
tithonisches Alter besitzen. Ohne Zweifel nimmt die Etage
im nordöstlichen Theile der Schweiz an der Bildung von
Escher’s „Hochgebirgskalk“ Theil, und es ist zu erwar-
ten, dass dieselbe sich durch bestimmbare Einschlusse noch
weiter zu erkennen geben wird. (Vergl. J. BacHmann, „Ueber
die Juraformation im Canton Glarus“ Berner Mittheilungen
November 1863 pag. 163). Amm. hybonotus aus schwarzem
Kalke in einem characteristischen Abdrucke von H. OosTEr am
Richardsberg bei Argentine unweit Ormonds gesammelt,
deutet 'neben andern bezeichnenden Ammonitenresten darauf
hin, dass auch östlich vom Genfer See die Spuren der Etage
verfolgt werden können. Ich darf hier nicht unterlassen, einige
Worte über die merkwürdige Kalkformation hinzuzufügen, welche
*) LEonuarp und Geinıtz Neues Jahrbuch 1864 pag. 694.
**) Vergl. Hauer, Gliederung der Trias, Lias und Jura-Gebilde. Se-
paratabdruck. pag. 96. — Jahrbuch der k.k. geologischen Reichsanstalt.
1853. Jahrgang 4. ;
35 *
538
sudlich von Thun am Eingange des Simmenthales blossliegt
und hier den Uebergang von Jura- zu Kreide-Schichten ver-
mittelt. Schwarze, an der Wimmis-Brücke anstehende,
10 Fuss mächtige Kalke zeichnen sich, wie schon im Jahre
1834 von Prof. Stuper *) mitgetheilt wurde, durch zahlreiche
. charakteristische Versteinerungen aus, welche mit den bekann-
ten Kimmeridge-Species aus der Zone des Pieroceras Oceani
von Porrentruy auflallende Uebereinstimmung zeigen. Eine
colossale Masse von weissem körnigem Kalkstein erhebt sich
den Untersuchungen BRUNNER’s von WArTenwyL **) zufolge
über dem schwarzen Kalke, ein dem letzteren aufgelagertes,
jungeres Schichtenglied bildend, über dessen Einreihung und
Altersbestimmung die wohlerhaltenen fossilen Reste Aufschluss
zu geben versprechen, welche in dem weissen Kalke einge-
schlossen liegen. Dieselben gehören nach den früheren An-
gaben des Herrn von FISCHER -OoSTEr ***) Kreide- Arten an,
zeigen aber den neueren Mittheilungen des Genannten zu-
folge eine nicht zu verkennende Verwandtschaft oder Identität
mit den Vorkommnissen des Stramberger Kalkes. Bestä-
tigt sich letzteres, was ich nach Besichtigung einiger im Berner
Museum befindlichen Stücke sehr wohl für möglich halte, so
wäre durch Ausbeute der weissen Kalke von Wimmis eine
weitere ‚Vermehrung der tithonischen Fauna zu erwarten.
Noch aus anderen südwestlicher gelegenen Gegenden, wie
aus den Umgebungen von Gigondas (Vaucluse), den De-
partements Basses-Alpes, Var und Alpes maritimes
existiren entweder bereits Belege fur die Vertretung der Etage,
oder es fehlen wenigstens die Andeutungen für deren Vorhan-
densein nicht und es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass die-
selbe in Begleitung: tieferer Jurazonen und überlagert von Neo-
com in den grauen .Kalken von Batna in der Provinz Cou-
stantine von Neuem auftaucht, da es dem gelehrten und
unternehmenden Forscher H. Coguanxp f) gelang, neben anderen
*) B. Stuper. 1834. Geologie der westlichen Schweizeralpen. pag. 274.
B. Stuner. 1853. Geologie der Schweiz. pag. 62.
”*) BRUNNER von WarttenwyL. Geognostische Beschreibung der Ge-
birgsmasse des Stockhorns, pag. 15. Neue Denkschr. der allgem. schweiz.
Gesellsch. für die gesammten Naturwissensch. Bd. 19.
**#=) CO. von Fiscuer-Ooster. Ebendaselbst pag. 16, 17.
7) M. H. Coovann. Geologie et Pal&ontologie de la Region Sud de
la Province de Constantine, 1862. pag. 20.
539
wichtigen Entdeckungen und Bestimmungen uber die Geognosie
Algiers sehr bezeichnende Fossilreste der obersten Malm-Schich-
ten aufzufinden. Rothe Kalke enthalten dorten die Einschlusse
verschiedener Jura-Zonen, unter Anderem zahlreiche Ammoniten
meist zu Amm. biplex und Amm. acanthicus gehörig, wovon neuer-
dings ESCHER VONDER LintEH eine interessante Serie in dem Züricher
Museum niederlegte. Getrennt von diesen, in grauem Kalke
eingeschlossen, fand sich den Berichten H. Coquanp’s zufolge
die characteristische Terebratula diphya, das höchste Niveau
der jurassischen Niederschläge in dem ununterbrochenen Pro-
file zwischen Batna und Djebel-Ohellaläh einnehmend
und offenbar tithonischen Schichten angehörend. Sandige Schie-
fer folgen als Basis der Neocomformation unmittelbar darüber,
während sich in den höheren Lagen des Neocoms die charak-
teristischen Reste des Belemnites dilatatus und des Aptychus
Didayi zu erkennen gaben. Auch für die Umgebungen von
Setif (Provinz: Constantine) ist das Vorhandensein der
Etage durch das Vorkommen eines in der Sammlung des Herrn
Coquanp befindlichen Exemplars des Amm. Angelini wenigstens
angedeutet.
Ob und wie die tithonische Etage in Spanien vertreten
ist, wird sich wie zu hoffen aus den Untersuchungen des Herrn
DE VERNEUIL ergeben. Ohne Zweifel ist diese Abtheilung dor-
ten deutlich entwickelt, was sich besonders wegen der allge-
meinen Aehnlichkeit, welche die obern Jurabildungen in Spa-
nien*) mit denen der südfranzösischen Gebirge besitzen, ver-
*) Statt die Etage nach ihrer horizontalen Verbreitung noch mehr
ins Einzelne zu verfolgen, verweise ich auf die Arbeiten von L. v. Buch,
E. Dumas, F. v. Hauer, J. Marcov, B. Stuver und E. Susss, in welchen
zahlreiche, Anhaltspunkte und Nachweise über das Auftreten des Diphyen-
Kalkes in verschiedenen Gegenden gegeben werden. Dieselben finden
sich in folgenden Schriften niedergelegt: 1) Bulletin Soc. imp. de Mose.
1846. Bd. 19, pag. 244. 2) Bulletin Soe. geol. de Fr. 1846. Sept. pag.
6053. 8) Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Jahrg. I pag. 168.
Jahrgang 10 pag. 411, pag. 415. Verhandlungen pag. 68. 4) J. Marcou
1857 — 1860. Lettres sur les roches du Jura pag. 218, huitieme lettre.
9) B. Stuper 1851 — 1853 Geologie der Schweiz. 6) E. Surss, Ueber
Terebratula diphya. 1852. Sitzungsber. der Akademie der Wissensch.
Wien VIII. pag. 553. 7) E. Surss{, die Brachiopoden der Stramberger
Schichten. 1558. Vergl. ferner: K. F, Paters über den Lias von Fünf-
kirchen, Separatabdr. pag. 42 -- 47, Sitzungsberichte der k. Akad. der
Wissensch. Wien 26. Juli 1862.
540
muthen lässt. Dass die tithonische Etage imden Dauphineer
Alpen nicht fehlt, geht ganz deutlich aus den umfassenden
Lory’schen Arbeiten *) hervor. Die Annahme des vollständi-
gen Zurücktretens der Meere aus dem weiten Alpengebiet des
Dauphine zur Zeit der Kimmeridge-Bildungen. und während der
ganzen tithonischen Periode beseitigt sich dagegen nach Fest-
“stellung des richtigen Alters von „Ciment“* und „Calcaire de
la Porte de France.* Eigenthümlich, dass sich den klaren
Anschauungen eines erfahrenen Geognosten eine solche Hypo-
these **) beigesellen konnte! Doch wenden wir uns nunmehr
zu der Entwicklung der tithonischen Etage mehr im Osten in
den als Klippenkalk und Stramberger Kalk mit Recht
beruhmt gewordenen Bildungen, welche jedoch unter sich
eine so grosse Verschiedenheit darbieten, dass eine Gleichstel-
lung beider unmöglich wird. :
Die Untersuchung der mit staunenswerthem Fleisse und
seltener Sorgfalt angelegten Sammlungen des verewigten Direc-
tors HoHENEGGER lehrt, dass die zahlreichen Versteinerungen
des Klippenkalksteinsvon Rogoznik (nördlich vom Tatra-
Gebirge, südwestlich von Neumark in Galizien) nicht einer
einzigen Zone angehören, sondern sich auf verschiedene Hori-
zonte der Malm-Formation vertheilen. Vorwaltend aus Cepha-
lopoden und Brachiopoden, bestehend, lassen sich die meist
sehr gut erhaltenen Reste nach den 3 Etagen als Arten der
Oxford-, Kimmeridge- und Tithon-Gruppe sondern,
während die Repräsentanten tieferer Etagen dem Klippenkalke
von Rogoznik fehlen. ***) Leider wurden bisher Untersuchun-
gen über die verticale Verbreitung der Versteinerungen des
Klippenkalkes nach geognostischen Horizonten , gestutzt auf
*”) Can. Lorv, 1860-1864. Description geologique du Dauphine.
**) Lory 1. e. pag. 269-270 und pag. 276 $. 150.
*«#) Ich beschränke den Ausdruck Klippenkalk oder Klippen-
kalkstein auf die marmorartigen Kalke und sehe hier ganz ab von
dem sogenannten grauen, dichten Klippen-Kalkstein Pusca’s
mit Amm. opalinus (Schuflariensis Pusch), Amm, tatrieus Pusch, Amm.
scissus BENECKE, Belemnites serpulatus Quenst. u. s. w., dessen Stellung
an der Basis des Doggers von Honenesser schon längst richtig bestimmt
wurde. Vergl. Jahrbuch der geologischen Reichsanstalt, 1855. pag. 308.
Die angeblichen Kelloway-Species des Klippenkalkes von Rogoz-
nik reduciren sich auf Arten der tithonischen Gruppe, besonders auf
Amm. adversus, Catullianus, rasilis u. s. w.
Ü
541
die Ausbeute der Schichten an Ort und Stelle, nicht unternom-
men. Dass die organischen Reste der 3 genannten Etagen
vermischt in einer und derselben Lage des Klippenkalkes ein-
gebettet wären, ist sehr unwahrscheinlich und widerlegt sich
schon durch die verschiedenartige Gesteinsbeschaffenheit, welche
die Exemplare untereinander zeigen. Es lassen sich z. B. die
Species der Oxford-Schichten sehr wohl durch ihre Farbe und
ihr Gestein von den offenbar einem höheren Niveau angehören-
den Arten unterscheiden, welche in einem mit Terebratula
diphya erfüllten, weisslichen und hellrothen Gestein eingeschlos-
sen die eigenthümliche Muschelbreccie bilden, aus der die
meisten der bekannten Fossilreste des Klippenkalkes stammen.
Eine Abtrennung dieser höheren Vorkommnisse des Klippen-
kalkes konnte desshalb bei Bestimmung der Cephalopodenreste
in den meisten Fällen gewagt werden, um so mehr als sich
viele dieser Arten auch an anderen Lokalitäten in gleichem Ni-
veau beisammen fanden.
Weisse Kalke mit Terebratula diphya, Terebratula tri-
quetra und zahlreichen weniger vollkommen erhaltenen Exem-
plaren von Ammonites und Belemnites, welche bei Maruszina
unmittelbar unter Neocom-Schichten anstehen sollen, könnten _
hier das oberste Glied der tithonischen Gruppe noch über der
versteinerungsreichen Diphyen - Breccie des Klippenkalkes dar-
stellen. Sie würden dann etwa dem oberjurassischen Aptychus-
Schiefer entsprechen, welcher sich in den Umgebungen von
Ruhpolting noch über dem Haselberger Marmor ausbreitet.
Denkbar wäre es aber auch, dass die weissen Kalke an man-
chen Stellen den obersten Theil des Klippenkalkes vertreten,
was sich aus den verwitterten Ammonitenresten nicht ermitteln
liess, während die Brachiopoden des weissen Kalkes den Arten
von Trient und Roveredo gleichen, dagegen von den häufigeren
im eigentlichen Klippenkalk einheimischen Formen (Terebratula
diphorus, Rogoznicensis, sima ZEUSCH. u. Ss. w.) wesentlich ab-
weichen. Ir
Wie eben von Rogoznik bei Neumarkt (Galizien) erwähnt
wurde, so enthalten auch die Klippenkalke von Puchow an
der Waag (Ungarn) die Reste mehrerer Etagen. Eine Mu-
schelbreccie mit Diphyen-artigen Terebrateln nimmt ohne Zweifel
die oberste Stelle ein. Zahlreiche Inflaten und Flexuosen bil-
den die Repräsentanten der, wie es scheint, wenig entwickel-
542 -
ten Kimmeridge-Fauna, während ausgezeichnete Exemplare von
Ammonites transversarius, Oegir, tortisulcatus, plicatilis, Schilli, in
rothem und wachsgelbem Kalke enthalten, das Vorhaudensein
der Zone des Ammonites transversarius ausser Zweifel stellen.
Ein einziges verwittertes Bruchstück eines Macrocephalen stimmt
mit tieferen Vorkommnissen überein.
Um nun auch für den Stramberger Kalk die wichtig-
sten Beziehungen herauszufinden, durch welche sich derselbe
den zuvor beschriebenen Bildungen. der tithonischen Gruppe
anreiht, ist es erforderlich, die paläontologischen Merkmale die-
ser Kalkzone näher ins Auge zu fassen. Bleibenden Werth
haben sich in dieser Hinsicht die fruhzeitigen Bestimmungen
Prof. BeyricH’s *) erworben, durch welche gewisse, auf Facies-
unterschiede gegründete Abweichungen zwischen Klippenkalk
und Stramberger Kalk zum ersten Male festgestellt wurden.
Weit später-erfolgte ein Versuch Hournescer’s**), das Alter
des Stramberger Kalkes durch einen Vergleich der darin auf-
gefundenen Oephalopoden zu ermitteln. Weiteres Material kam
bald darauf durch die Suzss’sche***) Abhandlung über die Bra-
chiopoden der Stramberger Schichten hinzu, und es bilden diese
Arbeiten trotz der Verschiedenheit ihrer Resultate eine sehr
dankenswerthe Grundlage für die Kenntniss der Stramberger
Schichten, welche durch die letzte Homznesger’sche+) Schrift
noch besonders vermehrt wird. Obschon nun’ die gegenwärtige
Untersuchung der Cephalopodenreste der Stramberger Kalke
von Neuem die Altersbestimmung dieser Bildungen verändert,
so ergeben sich aus ihr doch auch manche Bestätigungen für
fruhere Annahmen.
Der wichtigste Unterschied zwischen Klippenkalk und
Stramberger Kalk liegt offenbar in der Thatsache, dass
durch die erstgenannte Bildung mehrere Etagen,
d.h. eine ganze Reihe vonZonen repräsentirt wird,
*) Bryrıcn über die Entwicklung des Flötzgebirges in Schlesien 1844
in Karsten’s Archiv Bd. 18 pag. 76 und 78.
**) Honenesser Neuere Erfahrungen aus den Nordkarpathen 1855
'‘ Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt Jahrg. 6 pag. 304.
*#*) Surss Die Brachiopoden der Stramberger Schichten 1858 — 1859.
+) Hournesger Die geognostischen Verhältnisse der Nordkarpathen
1861.
»
.
543
während der Stramberger Kalk einen weit be-
schränkteren Horizont einnimmt und, soweit sich bis
jetzt ermitteln lässt, einer einzigen Etage oder. sogar einer
einzigen paläontologisch unterscheidbaren Zone angehört. Von
den Oxford- und Kimmeridge-Fossilien des Klippen-
kalkes hat sich in der Fauna der Stramberger Kalke keine
der bezeichnenderen oder ausschliesslich leitenden Formen er-
halten, und es sind nur die Einschlusse der obersten Stufe,
welche diesen beiden Bildungen gemeinsam zukommen. Man
gewahrt sogar bei einem genauen Vergleiche der Faunen, dass
mehrere der Arten, welche sich bis in die Diphyen-Kalke von
Roveredo, sowie in das Niveau des lithographischen Schiefers
von Solenhofen erheben, dem Kalke von Stramberg fehlen, wie
2. B. Ammonites tortisulcatus, Aptychus latus nebst der arten-
reichen Gruppe der Inflaten, welche ich künftig, um eine Ver-
wechslung mit Ammonites inflatus Sow. zu vermeiden, Familie
des Ammonites cyclotus nennen werde.
Ammonites hybonotus sowie Ammonites succedens, welche
in dem grauen Kalke von Raczichow in Galizien gefunden
wurden, fehlen an den versteinerungsreichsten Punkten des
typischen Stramberger Kalkes, bei Stramberg und Konia-
kau. Es wäre desshalb denkbar, dass während die Fossilreste
von Stramberg und Koniakau aus den obersten Lagen der
tithonischen Etage herrühren, die Versteinerungen von Raczi-
chow die mittleren und tieferen Schichten dieser Stufe cha- .
rakterisiren. Grössere Abweichungen, welche unter den Faunen
von Stramberg, Rogoznikund Roveredo allerdings beste-
hen, lassen sich dagegen vollständig durch die Verschiedenheit der
Faciesverhältnisse erklären. Gegenüber den Cephalopoden-
Schichten des Klippenkalkes von Rogoznik und den Di-
phyen-Kalken von Sudtirol.bieten die Kalkfelsen von Stram-
berg ein vortreffliches Beispiel für die Entstehung eines aus-
gezeichneten alpinen Corallriffes, dessen reichhaltige Fauna
auch für andere an der Grenze zwischen Jura und Kreide
entwickelte Corallen -Schichten wichtige zoologische Anhalts-
punkte zu liefern verspricht. Es dürfte besonders die Alters-
bestimmung der Schichten von Inwald, vom Plassen bei
Hallstadt, von St. Wolfgang, von Voreppe und Echail-
lon bei Grenoble, von Oyonnax eine lohnende Aufgabe
544
bilden. Aus-der Form der Diceraten*) lässt sich vermuthen,
dass auch der Oolith vom Mont Saleve in die tithonische
Stufe gehöre.
Für die Parallelen und Vergleiche der Faunen von Stram-
berg, Rogoznik und Roveredo eignen sich dagegen die Cepha-
lopoden in besonderer Weise, da dieselben den drei genannten
Bildungen in grosser Häufigkeit und zum Theil in gemeinsamen
Arten inwohnen. Auch wurde von Dr. BEnEckE**) auf Grund
einiger identischer Ammoniten - Species der erste Beweis für
den Synchronismus zwischen den Schiefern von Solenhofen
und dem Diphyen-Kalk von Roveredo geführt. Obschon zwar
die Möglichkeit vorhanden ist, dass die tiefsten Lagen der
Sölenhofer Schiefer der obersten Region des englischen
Kimmeridge-Thones entsprechen, so wird doch durch die
wichtige BEnzckeE’sche Parallele mittelst des lithographischen
Schiefers eine Verbindung zwischen den 'ttithonischen Ablage-
rungen innerhalb und ausserhalb den Alpen gezogen, welche
uns zu dem Versuche berechtigt, die ausseralpinen Grenzglie-
der des oberen Jura gegen die Kreide der Tithon-Gruppe ein-
zuverleiben. Unter diesen Voraussetzungen vereinige ich in
der nachfolgenden Liste die Cephalopoden-Arten der Tithon-
Gruppe folgender Lokalitäten: Rogoznik, Radzichow
(Galizien), Koniakau, Wilamowitz, Teschen u. s. w.
(Schlesien), Ignatziberg, Stramberg (Mähren), Trient,
. Roveredo (Südtirol), Ruhpolting (Bayerische Alpen), So-
lenhofen, Eichstädt, Neuburg (Bayerischer Jura), Nus-
plingen (Württemberg), Ormonds (Vaud), Chambery
(Savoyen), Grenoble (Isere), Boulogne (Pas de Calais),
Portland (Dorsetshire). ***)
l. Coccoteuthis hastiformis Eee sp. Vergl. bei dieser
und den folgenden Arten WAaener, 1860, die fossilen Ueberreste
von nackten Dintenfischen, bayer. Akad. der Wissensch. Abh.
Bd. 8 Abth. 3.
2. Leptoteuthis gigas MEYER.
3. Plesioteuthis prisca RÜPPEL Sp.
*) A. Favae 1843 Observations sur les Diceras.
*»*) Vergl. Bexecke Ueber den Jura in Südtirol, in Geinırz Jahrb.
- 1864 pag. 802.
»**) Die neuen Arten der nachfolgenden Liste werden gegenwärtig
abgebildet.
545
4. Plesioteuthis acuta MÜNSTER sp.
“5. Teuthopsis princeps WAGNER.
6. Celaeno scutellaris MÜNSTER.
7. Celaeno conica- WAGNER.
8. Onychites barbatus FRAAS sp.
9. Acanthoteuthis speciosa MÜNSTER.
10. Acanthoteuthis Ferussaci MÜNSTER.
ll. Zhyncholithes n. sp.
12. Belemnites acieula Münster 1830 Bemerk. zur nähern
Kenntn. der Belemn. pag. 8 tab. 1 fig. 14.
13. Belemnites Rothi Oper. Eine ohne den Alveolartheil
erhaltene Scheide von schlanker Form und gerundetem Quer-
schnitt, durch drei seichte Furchen gekennzeichnet, welche sich
in parallelem Laufe längs der Aussenseite erstrecken, jedoch
auf dem untern, in eine langgezogene Spitze auslaufenden
Ende verschwinden. Zwei dieser Furchen stehen sich gegen-
über, die dritte legt sich zwischen dieselben ziemlich genau in
die Mitte.
14. Belemnites semisulcatus Münster 1830 Remerkungen
zur nähern Kenntniss der Belemniten pag. 6 tab. 1 fig. 1—8, fig. 15.
15. . Belemnites Zeuschneri Ope. Von der Form eines
schlanken Dilataten, der Figur 9 tab. 2 in p’OrB. Terr. eret, I.
gleichend, jedoch mit längerer in einem feineren Oberende be-
findlichen Furche versehen.
16. Belemnites ensifer Orr. Steht dem Belemnites dilata-
tus noch näher als die vorhergehende Art, unterscheidet sich
jedoch durch die schlankere gleichmässigere Form, sowie die
schärfere und etwas.längere Hauptfurche.
17. Belemnites tithonius Oper. Der äussern Form nach
zwischen Belemnites polygonalis und Bel. dilatatus in der Mitte
stehend, am untern Ende erweitert und von vorn und rückwärts
mit breiten aber seichten Eindrücken versehen, zu deren beiden
Seiten die Scheide eine stumpfe Längskante bilde. Haupt-
furche entweder sehr unbedeutend oder ganz fehlend, an den
vorliegenden Stücken nicht sichtbar.
18. Belemnites strangulatus Opr. Kurze, unten zuge-
- schärfte Scheide mit derjenigen des Belemnites breviformis ver-
gleichbar, jedoch von einer deutlichen Furche durchzogen, wel-
che von dem Alveolarrande an bis. zum untern Drittheil der
Scheide hinabreicht.
346
19. Belemnites conophorus Opr. Kurzer als Belemnites
canaliculatus und wie dieser mit einer Längsfurche versehen,
welche in der Alveolargegend entspringt und sich über die
grössere Hälfte der Schale erstreckt. Obschon Bruchstücke
des Belemnites conophorus zu Verwechselungen mit der Species
‚des Doggers führen könnten, so werden beide Arten doch durch
ein sehr wesentliches Merkmal von einander getrennt, indem
bei Belemnites conophorus die Hauptfurche nicht auf der Seite
des Siphos verläuft, sondern diesem entgegengesetzt ist, ähnlich
wie dies bei Arten der Neocomformation bereits beobachtet
wurde. |
20. Belemnites Capellinii Oper. Dem Belemnites Orbignya- |
nus verwandt, jedoch von kürzerer und dickerer Form; auch
zieht sich die Hauptfurche weiter nach abwärts als dies von
D’Orzicnr Terr. erst. I. tab. 4 fig, 10—16 für die Species des
Neocoms angegeben wird. Gehört mit dem schlankeren Be-
lemmites conophorus zu der gleichen Gruppe.
21. Belemnites Bouei Orr. Länge der mit einem Theile
der Alveolarwände erhaltenen Scheide 36 Mm., Breite des Ober-
endes 19 Mm., Dicke 16.Mm. Die blättrige Scheide, welche
sich an vielen Enden lamellenartig ablöst, läuft in ein breites
stumpfes Unterende aus und wird längs ihrer obern Hälfte
von einer kräftigen Hauptfurche durchzogen.
22. Nautilus Geinitzi Orp. Rucken-, Bauch- und Seiten:
Loben in lange eckige Zacken auslaufend. Gehäuse compri-
mirt, mit engem Nabel; Sipho auf dem äussersten Viertheil der
Kammerscheidewände befindlich.
23. Nautilus Strambergensis Oper. Aehnlich der vorher-
‘gehenden Art, jedoch unterscheidbar durch den Verlauf der
Lobenlinie, welche sich seitlich rundet, während der Median-
lobus der convexen Seite in welliger Biegung nur wenig her-
vortritt. | i
24. . Nautilus Franconicus Opp. Das einzige bisher in dem
lithographischen Schiefer ‚von Solenhofen aufgefundene Exem-
plar; zu der Gruppe des Nautilus aganiticus -QUENST. (non
SCHLOTH.) gehörig.
25. Nautilus Picteti Opp. Convexseite mit einer seichten
Medianfurche versehen, zu deren beiden Seiten niedere Neben-
kiele verlaufen, ähnlich wie bei Nautilus Lallierianus Pıcr.,
jedoch eine breitere Fläche bildend. |
547
26. Nautilus asper Orr. Aehnlich dem Nautilus radiatus
‚Sow., jedoch mit stärker gekrümmter Lobenlinie.
| 27. Nautilus cyclotus Opp. Aufgeblähte, enggenabelte
Form, mit zahlreichen, wenig gebogenen Kammerscheidewän-
den. Convexseite glatt, ohne erhabenen Kiel, sonst ähnlich
dem Nautilus laevigatus D’ORB.
28. Ancyloceras Guembeli Opp. Leicht sehühehle Bruch-
stück einer Wohnkammer von quadratischem Querschnitt, kräf-
tigen Rippen, welche auf der Convexseite eine Furche zwi-
schen sich lassen, auf der Concavseite durch unregelmässige
Runzeln ersetzt werden.
29. Ancyloceras gracile Orr. Kleine Art. mit hohen, rings-
um verlaufenden, auf dem Rücken wenig oder nicht unterbro-
chenen Rippen.
30. Aptychus Beyrichih Opp. Eine in den Kalken von
Stramberg sehr häufig vorkommende Art, mit feinen Rippen,
deren Zahl bis über 30 steigt. Ein Theil dieser Rippen läuft
dem gemeinsamen Schalenrande parallel.
3l. Aptychus secundus Orr. Der vorigen Species ähnlich,
jedoch durch derbere, weniger zahlreiche Rippen charakterisirt.
32. Aptychus alpinus Gumser. 1861 Geogn. Beschreib.
pag. 514.
33. Aptychus curvatus Giesen sp. Qusxst. Ceph. tab. 22
fig. 26. Zahlreiche andere Arten von Aptychen, welche in
Schichten der tithonischen Gruppe gefunden wurden, konnten
bei den zugehörigen Ammonitengehäusen untergebracht werden.
34. Ammonites semiformis Orr. Die inneren Umgänge des
enggenabelten, 68 Mm. Durchmesser besitzenden Gehäuses sind
mit einem geknoteten Kiele versehen, welcher sich auf der
Wohnkammer in eine Furche verwandelt. Bildet mit den zu-
nächst folgenden Arten eine besondere Ammoniten-Gruppe, wel-
che ich Familie des Ammonites semiformis benenne.
39. Ammonites Fallauxi Orr. Erreicht die halbe Grösse
der vorigen Art und gleicht derselben, besitzt jedoch einen
weiteren Nabel.
36. Ammonites notogaster Orr. Kleine Art mit median
gefurchter Wohnkammer und einigen gegen aussen geknoteten
Radialrippen. |
37. Ammonites mundulus Opr. Wohnkammer median ge-
548
furcht, sonst Arieten-ähnlich, mit zahlreichen, schwach gebo-
genen Radialrippen versehen.
"38. Ammonites biruncinatus QuEnsT. Oeph, tab. 19 fig. 14.
39. Ammonites zonarius Opp. Ungeknoteter Tenuilobat
mit schmalem Band auf der Siphonalseite.
40. Ammonites Folgariacus Opp. Palaeont. Mitth. pag. 199
tab. 54 fig. 6.
Al. Ammonites steraspis Orr. Palaeont. Mitth, pag. 251
tab. 69 fig. 1—9. |
42. Ammonites Bous Orr. Palaeont. Mitth. pag- 252 tab. 70
h2:.l:
43. _Ammonites macrotelus Opp. Ausgezeichneter Dentat
mit zahlreichen Zähnchen, starker knieförmiger Biegung und
grösstem Durchmesser von 40 Mm., kleinstem Durchmesser
24 Mm. Stramberg und Koniakau. |
44. _Ammonites collegialis Orr. Aehnlich dem Ammonites
dentatus REın., jedoch etwas kleiner. Wohnkammer stark nie-
dergedrückt.
45. Ammonites lithographicuss Opp. Palaeont. Mittheil.
pag. 248 tab. 68 fig. 1—3. |
46. Ammonites Haeberleini Opp. Palaeont. Mitth. pag. 249
tab. 68 fig. 4, 5.
47. Ammonites Thoro Opp. Palaeont. Mittheil. pag. 250
tab..68 8.6.7. |
48. Ammonites microps Opp. Kleine gekielte Art. Auf
dem äussern Umgange erheben sich in der Nähe des Kieles
entfernt stehende, geknotete Anschwellungen, während der übrige
Theil des ziemlich eng genabelten Gehäuses glatt bleibt.
49. Ammonites euglyptus Orr. 1863 Palaeont. Mittheil.
pag. 253 tab. 70 fig. 2—5.
50. Ammonites succedens Orr. Weitgenabelter Flexuose
von 67 Mm. Durchmesser, einschliessiich der bis zum vorderen
Saume erhaltenen Wohnkammer. Letztere nimmt einen halben
Umgang ein und endigt mit einem nach vorn geneigten, schwach
gebogenen Rande. Während ihr vorderes Ende sich durch eine
quer über den gerundeten Rücken verlaufende Fältelung aus-
zeichnet, so erheben sich dagegen auf dem vorhergehenden
Theile längliche Knoten in grossen Entfernungen, in der Mitte
und zu jeder Seite eine Reihe bildend, welche sich auf den
Luftkammern enger schliesst.
549
51. Ammonites praecox BENECRE M. 8.
53. Ammonites rasilis Opp. Windungen eines mit einem
Theile der Wohnkammer erhaltenen Steinkernes leicht gewölbt,
an der Oberfläche glatt, ähnlich den comprimirten Varietäten
des Ammonites oolithieus D'OrB. (Ammonites psilodiscus SCHLONB.
M.S.), jedoch mit weiterem seichterem Nabel versehen. Loben-
linie sehr einfach.
53. Ammonites elimatus Orr. Dem Ammonites Erato D’ORB.
nahe verwandt, durch das raschere Anwachsen der Windungen
unterscheidbar. Erreicht mit der Wohnkammer einen Durch-
messer von 125 Mm. Ein bis in die Nähe des Mundsaums
erhaltenes Gehäuse scheint ursprünglich auf jeder Seite mit
einer breiten ohrförmigen Verlängerung geendigt zu haben.
Schale glatt oder mit feinen gebogenen Anwachsstreifen bedeckt.
54. Ammonites Staszycü ZeuscHn. 1846 Nowe lub u. s. w.
tab. 4 fig. 3. e*
55. Ammonites carachtheis ZuuscHn. ebendas. tab. 4 fig. 1.
96. Ammonites curvispira Opp. Bleibt etwas kleiner als
Ammonites carachtheis ZEUSCHN. und unterscheidet sich von die-
ser Art durch die schwache knieförmige Biegung der Wohn-
kammer. Im Uebrigen mit der vorhergehenden Species über-
einstimmend.
57. _Ammonites tithonius Oper. Hochmündige, enggena-
belte, seitlich flache Art, welche ihrer äussern Form nach dem
Ammonites cylindricus (Sow.) Haver Het. der österr. Alpen
tab. 3 fig. 5, 6 gleicht, dagegen in Beziehung auf die Loben
von dieser Species weit abweicht, und sich hierin den vorher-
gehenden Arten anschliesst. Am meisten stimmt die Art mit
den kleinen verkiesten Ammoniten des untern Neocoms, welche
unter der Bezeichnung Ammonites Grasianus in den französi-
'schen Sammlungen liegen. Deutliche Stücke dieser Species, wel-
“ che ich H. E. Rıspaıu in Gigondas und Prof. Pıcrer in Genf
verdanke, lassen übrigens durch die abgeflachtere Form ihrer
Seiten keinen Zweifel an der Verschiedenheit beider Arten,
obwohl es noch fraglich ist, ob die kleinen Kieskerne des
Neocoms einer einzigen Species angehörten.
58. Ammonites Wöhleri Opr. Exemplar einer Wohnkam-
mer mit grösstentheils erhaltenem Mundsaum, welcher seitlich
in eine breite ohrföormige Verlängerung ausläuft, während der
gewölbte Schalenrücken sich in einem gerundeten Saume
550
gleichfalls ziemlich weit nach vorn erstreckt, zuvor aber kräf-
tige Runzeln trägt, welche sich zu beiden Seiten der Schalen
in feinen Anwachsstreifen verlängern. Form der innern Um-
‚gänge nicht bekannt, ohne Zweifel denen der vorhergehenden
Species ähnlich.
"59. : Ammonites leiosomus OPP. Windungsrücken breiter,
jedoch mit ähnlichen Querfurchen versehen wie bei Ammonites
carachtheis Zuuschw. Nabel ziemlich eng, mit schräg einfallen-
der Nahtfläche. Seiten flach. ‘ Durchmesser ausgewachsener
Individuen 35» Mm.
60. Ammonites Rothi Orr. Aehnlich der vorigen Art,
jedoch durch einen erhöhten Kiel gekennzeichnet, welcher sich
auf dem letzten Drittheil der Wohnkammer in der Mittellinie
des Ruckens erhebt. Y4
61. Ammonites nepos Opp. Grösste Art, mit engem steil
einfallendem Nabel, kräftigen radialen Falten, welche zu beiden
Seiten des Gehäuses schwach beginnen, dagegen bei ihrem
Verlaufe über den .gerundeten Windungsrucken ziemlich stark
hervortreten und zugleich von feineren Linien in paralleler
Richtung bedeckt werden. Steht den von F. v. Hauvzr als
Ammonites Partschi beschriebenen Resten nahe, unterscheidet
sich aber von der liasischen Art durch dickere Windungen.
62. Ammonites ptychostoma Ben. M. S.
63. Ammonites serus Oper. Dem Ammonites Zetes D’ORB.
durch Lobenzeichnung und äussere Form sehr nahe verwandt,
jedoch durch feine Streifung der Schale von letzterem abweichend.
64. Ammonites Kochi Orr. _Heterophylle, mit Ammonites
Calypso in Beziehung auf die Form des Steinkerns, den Ver-
lauf der Furchen und die Zeichnung der Loben ziemlich nahe
übereinstimmend. Oberfläche der Schale mit niederen den Fur-
chen ‘des Steinkerns entsprechenden Erhöhungen und zahlrei-
chen feineren Linien bedeckt; auf der gerundeten Siphonalseite
granülirt.
65. Ammonites Silesiacus Orp. Dem Ammonites Zignodia-
nus DORB. sehr nahestehend, jedoch durch den Mangel der
deutlichen Zwischenrippen von dieser Species abweichend.
66. Ammonites tortisulcatus D’OrB. Pal. fr. Terr. cret. I.
tab. 51 fig. 46.
67. Ammomites Zignüi Cat. 1846 Mem. geogn. pal. sulle
alpi venete pag. 140 tab. 7 fig. 2 (non tab. 12 fig. 3).
951
68. Ammonites ptychoicus Quest. 1845 in Bronv’s Jahrb.
pag. 683 Ceph. tab. 17 fig. 12.
69. Ammonites geminus Ben. M. S.
70. Ammonites Angelini Opp. Eine mit der Wohnkammer
30 Mm. Durchmesser erreichende Species, welches sich enge
an Ammonites Zignü, ptychoicus, geminus und semisulcatus an-
schliesst und sich von den drei erstgenannten Arten nur durch
abweichende Grössenverhältnisse unterscheidet. ü
71., Ammonites fasciatus Quexst. 1845 in Bronn’s Jahrb.
pag. 683 Cephal. tab. 20 fig. 11.
72. Ammonites electus Orr. Mittelgrosse Fimbriaten - Art
von 85 Mm. Durchmesser und 30 Mm. Dicke, beinahe glatter
Oberfläche und stark eingeschnürter Mundöffnung.
73. Ammonites municipalis Oper. Der vorhergehenden Spe-
cies ähnlich, jedoch etwas grösser und dicker. Ausgezeichnet
durch eine Anzahl niederer, bei ihrem Verlaufe über den Win-
dungsrücken nach vorn geneigter Wulste.
- 74. Ammonites sutilis Opp. Mit einer neuen von Herrn
Bergrath F. v. Hauer (Cephal. aus dem Lias der nordöstlichen
Alpen tab. 22 fig. 1, 2) abgebildeten Ammoniten-Species, wel-
che ich Ammonites Francisci nenne, zu einer und derselben
Unterabtheilung Fimbriaten-artiger Ammoniten gehörig. Unter-
scheidet sich von Ammonites Francisci durch schwächere und
zahlreichere Falten und durch die geringere Höhe des Quer-
schnittes der letzten Windung. |
75. Ammonites montanus Opp. Aehnlich dem Ammonites
Eudesianus D’ORB. und nur durch geringe Abweichungen in der
Oberflächenbeschaffenheit der Schale unterscheidbar, indem bei
Ammonites Eudesianus die innern Umgänge deutlichere Rippen
oder Falten besitzen als bei der neuen Art der tithonischen
Gruppe.
16. _Ammonites Liebigi Oper. In Beziehung auf die Win-
dungszunahme dem Youxg’schen Ammonites cornucopiae ver-
gleichbar, jedoch von feineren Falten bedeckt, welche erst be-
ginnen, nachdem das Gehäuse einen Durchmesser von 30 Mm.
erreicht hat, während auf den innern Umgängen nur vereinzelte
erhabene Linien in grossen Zwischenräumen hervortreten.
77. Ammonites immanis Opp. Der vorhergehenden Spe-
cies ähnlich, jedoch durch den Verlauf der niederen feingekno-
teten Rippen charakterisirt, welche sich über den breiten Win-
Zeits.d.d.geol. Ges. XVII. 3. 36
552
dungsrücken stärker nach vorn neigen. Am vordern Ende der
Wohnkammer gehen dieselben in hohe, lamellenartige, in grösse-
ren Zwischenräumen aufeinanderfolgende Vorsprünge über.
78. Ammonites atroxe Orr. Fimbriat mit dicken Windun-
gen, auf welchen sich in Zwischenräumen hohe Wülste erhe-
ben, während die übrigen Schalentheile beinahe glatt bleiben
und nur an einzelnen Stellen die feine wellige Faltung der
Fimbriaten zeigen. Querschnitt des letzten Umgangs breiter
als hoch. {
79. Ammonites incultus Orr. Kleine Ammoniten-Art mit
gerundeten Windungen und schwach eingeschnurtem Mundsaum.
Aussenseite glatt, indem nur bei einzelnen ausgewachsenen
Individuen am Ende der Wohnkammer kleine Einschnitte be-
merkbar werden, ähnlich wie sie bei Ammonites carachtheis ge-
wöhnlich vorkommen.
80. Ammonites cyclotus Oper. Ammonites simplus ZEUSCHN.
1846 Nowe lub. tab. 4 fig. 2 (non- D’ORR.)
81. ° Ammonites Neoburgensis Opp. Pal. Mitth. tab. 58 fig. 5.
82. Ammonites latus Opr. 1863 Pal. Mitth. tab. 72 fig. 1.
83. Ammonites aporus Orr. 1863 Pal. Mittheil. tab. 73
fig. 1—3. |
84. Ammonites Pipini Orr. 1863 Pal. Mitth. tab, 72 fig. 3.
85. Ammonites hoplisus Orp. 1863 Pal. Mitth. tab. 73 fig. 4.
86. Ammonites asemus Orr. Erreicht mit der bis zum
Mundsaum erhaltenen Wohnkammer einen Durchmesser von
21 Mm., wobei die Weite des Nabels 6 Mm., die Dicke 7 Mm.
betragen. Windungen gerundet. ohne Nahtkante und Kiel, an
einzelnen mit der Schale erhaltenen Theilen von welligen Run-
zeln bedeckt, welche mit einer feinen Längsstreifung eine ge-
gitterte Zeichnung bilden. Der nicht vollständig erhaltene Mund-
saum endigte zu beiden Seiten mit ohrförmigen Vorsprüngen,
während der gewolbte Rucken der Wohnkammer gleichfalls
nach vorn in zwei feinen Ecken auslief.
87. Ammonites Rogoznicensis ZwuscHhn. 1846 Nowe lub.
tab. 4 fig. 4.
88. Ammonites Wolanensis Orr. 1863 Pal. Mitth. tab. 58
fig. 2. |
89. Ammonites hkybonotus Orr. 1865 Pal. Mitth. tab. 71
fig. 1—3. Ammonites Autharis ebendas. fig. 4—6.
90. Ammonites adversus Opp. ÜUnterscheidet sich von
[
5953
Ammonites verrucosus durch langsamere Zunahme der Umgänge
und engerstehende Knoten. Im Uebrigen mit dieser Art üuber-
einstimmend.
91. Ammonites Catullianus Orr. Kleine Art, welche ein-
schliesslich der Wohnkammer einen Durchmesser von. 16 Mm.
erreichte, vorn mit einer ohrartigen Verlängerung endigte und
seitlich mit Knoten und Rippen bedeckt war, welche.der Spe-
cies das Aussehen eines Ornaten Ammoniten verleihen. Ge-
krammte Rippen entspringen je zu zweien in einem der seit-
lichen Knoten und endigen auf dem gewölbten Rücken, den
Saum eines mittleren glatten Bandes bildend.
92. Ammonites Rafaeli Opr. 1863 Pal. Mitth. pag. 225
tb. 62 fig. 1. ;
93. . Ammonites turgescens CaruLno 1853 Intorno ad una
nuova classificazione delle calcarie rosse ammonitiche pag. 17
fig. la—c. Mem. dell’ J. R. Ist. Veneto di Scienze Vol. V.
94. Ammonites Gravesianus D’OrB. 1850 Pal. fr. Terr.
jur. I. pag. 559 tab. 219.
95. Ammonites Irius D’OrB. 1850 ebendas. pag.562 tab. 222.
96. Ammonites celsus Opp. Durchmesser eines mit der
Wohnkammer erhaltenen Exemplars 68 Mm., Weite des Nabels
26 Mm., Höhe des letzten Umgangs über der Naht 26 Mm.,
dieselbe in der Windungsebene 20 Mm., dessen Dicke 35 Mm.
Gehäuse auf jeder Seite des letzten Umgangs mit 16 kräftigen
Knoten versehen, welche sich je in 4 oder 5 feinere über den
Rücken verlaufende Rippen spalten. Zwischen denselben ver-
tiefen sich auf jedem Umgange 1] oder 2 mit einem hohen
Wulste versehene Furchen oder Einschnitte, welche besonders
dazu beitragen der Species ein charakteristisches Aussehen zu
verleihen. Mit der nachfolgenden Species dem Amm. bidichoto-
mus LEYM. verwandt.
97. Ammonites Schönbeini Oper. Erinnert seiner äussern
Form nach an Ammonites Könighi Sow. unterscheidet sich aber
von dieser Species durch zahlreichere über den Rücken der
Windungen verlaufende Rippen, welche vereinzelte tiefe Fur-
chen unter sich aufnehmen. Da die Species in Beziehung auf
die Form der seitlichen Knoten, sowie auf die ganze Art der
äussern Ornamentirung mit Ammonites celsus übereinstimmt, so
wird später bei einem grössern Material erst noch festzustellen
sein, ob Ammonites Schönbeini als hochmündigere comprimirtere
36*
554
Varietät Uebergänge zu Ammonites celsus bildet oder ob der-
selbe seine Selbstständigkeit bewahrt.
98. Ammonites pronus Opr. Kleiner Ammonit, mit brei-
ten auf dem Rücken der Windungen nach vorwärts geneigten
Rippen. Erinnert an Ammonites Lucretius D’ORB., ohne jedoch
die feinen seitlichen Knoten zu besitzen, durch welche sich
diese Art auszeichnet. Rippen zum Theil einfach, zum Theil
in 2 Aeste gespalten. Zwischen denselben zählt man auf dem
letzten Umgang drei vertiefte Furchen. {
99. Ammonites simus Opp. Durch eine Anzahl. gemein-
schaftlicher Merkmale mit Ammonites Galar Oper. Pal. Mittheil.
tab. 67 fig. 5 verbunden und ungefähr von gleichen Grössen-
verhältnissen. Unterscheidbar durch engerstehende stärker ge-
bogene Rippen, sowie durch eine schwache Abplattung, welche
der Rücken auf dem äussern Theile der knieförmig gebogenen
Wohnkammer erleidet.
100. Ammonites Moravicus Orr. Kleine Art mit weitem
Nabel, welche sich nach Form der Windungen und Verlauf der
Rippen an Ammonites curvicosta anschliesst, sich jedoch durch
flachere Seiten, langsameres Anwachsen der Umgänge und durch
eine regelmässige Unterbrechung der Rippen auf der Siphonal-
seite der innern Windungen wie auf dem Rücken der Wohn-
kammer von dieser Art unterscheidet.
101. _Ammonites Calisto D’Orz. 1849 Terr. jur. pag. 551
tab. 213 fig. 1, 2.
102. Ammonites progenitor Opp. Unterscheidet sich von
Ammonites Neocomiensis D’ORB. durch einen weiteren Nabel und
breitere weniger zahlreiche Rippen, welche in der Nahtgegend
zu länglichen Knoten anschwellen. Erster Seitenlobus an der
Basis weit schmäler als bei der genannten Species des Neo-
coms, mit welcher Ammonites progenitor zu der gleichen For-
mengruppe gehört. Diese und die nachfolgende Art könnten
ihrer äussern Form nach als die Vorläufer des Ammonites Neo-
comiensis angesehen werden.
103. Ammonites transitorius Opp. Sowohl von Ammonites
progenitor als von Ammonites Neocomiensis durch feinere enger-
stehende Rippen unterscheidbar, dem letzteren am nächsten
verwandt. Der Mangel feiner Knoten. am äussern Ende der
Rippen, sowie der gleichmässigere Verlauf der letztern gestat-
ten übrigens die Abtrennung von beiden Arten sehr wohl. Der
599
aussern Form nach dem Amm. Novo- Zelandicus HavERr sehr
nahe stehend, was für das tithonische Alter des grauen mer-
geligen Kalksteins von Takatahi (Neu-Seeland), in welchem
diese Art von F. v. HoCHSTETTER gesammelt wurde, sprechen
durfte. |
104. Ammonites symbolus Opp. Derbe seitliche Rippen,
unter Bildung eines kräftigen Knoten in mehrere bis gegen.die
Mitte des breiten Rückens reichende Aeste zerfallend, charak-
terisiren die eigenthüumliche Ammonitenspecies, welche bisher
nur in wenigen Stücken aufgefunden wurde. Querschnitt der
zahlreichen Umgänge breiter als hoch.
105. Ammonites Köllikeri Orr. Grosse Art, bei welcher
der ursprüngliche Durchmesser einschliesslich des nicht mehr
erhaltenen Theiles der Wohnkammer mindestens 220 Mm. er-
reicht haben musste. Die zahlreichen Umgänge werden von
kräftigen Rippen bedeckt, welche in radialer Richtung uber die
Seiten verlaufen und sich hier zum Theil unter knotenartigen
Anschwellungen in zwei Aeste spalten. Dieselben setzen sich
über die abgeplattete Siphonalseite fort, zu beiden Seiten der
letzteren ziemlich unregelmässige und ungleiche Anschwellun-
gen bildend. Ohne Zweifel besassen die innern Umgänge eine
deutlich begrenzte Medianfurche. |
106. Ammonites Mohli Opp. Unterscheidet sich von der
vorhergehenden Art durch das Verschwinden der kräftigen Kno-
ten auf den äussern Umgängen und durch den gerundeteren,
breiteren Querschnitt der Windungen. Erreichte ohne die
Wohnkammer einen Durchmesser von 140 Mm.
107. Ammonites microcanthus Orr. Ein mit der Wohn-
kammer erhaltenes Exemplar von 75 Mm. Durchmesser nähert
sich der vorhergehenden Art durch die Form der gerundeten
Umgänge und den Verlauf seiner innern, zum Theil in zwei
Aeste gespaltenen, zum Theil mit einem seitlichen Knoten ver-
sehenen, in der Siphonalgegend durch eine Furche getrennten
Rippen. Dagegen nimmt der letzte halbe Umgang durch Ver-
schwinden der Knoten und der medianen Furche eine bestimmte
von den innern Windungstheilen verschiedene Form an. Da
dies weit früher und bei geringeren Dimensionen geschieht als
bei der vorhergehenden Art, so könnte der Uebergang des eben-
beschriebenen Gehäuses in die grössere als Ammonites Mohli
unterschiedene Species nur nach vollständiger Resorption der
556
ganzen Wohnkammer vor sich gehen, was bisher nicht beob-
achtet werden konnte, weshalb wir hier eine Vereinigung der
beiden zu der gleichen Gruppe gehörigen Ammoniten unter-
lassen.
108. Ammonites abscissus Opp. Planulat mit Rückenfur-
che, ziemlich flachen Seiten und oblongem Querschnitt der Win-
dungen. Zahlreiche feingespaltene Rippen, welche die Species
in der Jugend besitzt, verwandeln sich auf den äussern Um-
sängen allmälig in kräftigere in der Nahtgegend geknotete
Falten, wodurch die ausgewachsenen Exemplare von Ammoni-
tes abscissus abgesehen von ihrer beträchtlicheren Grösse ein
ähnliches Aussehen bekommen wie die von D’OrgIenY Terr.
ceret. tab. 25 fig. 1 gegebene Seitenansicht des Ammonites he
liacus.
109, 110. Ammonites Richteri Orr. Durchmesser des
grössten Exemplars 70 Mm. Weite des Nabels 27 Mm. Er-
innert durch die Biegung der zahlreichen Rippen an manche
Exemplare des Ammonites Lamberti, ohne jedoch den zuge-
schärften Kiel zu besitzen. Rippen auf der äussern Hälfte
sehr regelmässig in 2 Aeste gespalten, welche sich in alter-
nirender Weise mit den Armen der entgegengesetzten Seite
vereinigen. Ich unterscheide eine Varietät mit engerstehenden
Rippen und früherer Gabelung als Ammonites longifurcatus.
111. Ammonites senex Opp. Planulat mit überaus feiner
Fältelung, indem man auf jeder Seite eines 90 Mm. Durch-
messer besitzenden Exemplars 190 Rippen zählt, welche sich
gegen die Naht hin meist zu zweien vereinigen. Wie es bei
den Planulaten Arten der tithonischen Schichten gewöhnlich
der Fall ist, so erleiden auch bei Ammonites senex die Rippen
in der Siphonallinie eine Unterbrechung, doch entsteht hier-
durch keine eigentliche Furche. Aeusserer Umgang ausgewach-
sener Exemplare glatt.
112. Ammonites contiguus CaruLLno 1846 Memoria geo-
gnostico-palaeozoica tab. 13 fig. 4. |
113. Ammonites seorsus Orr. Bei einem mit dem An-
fange der Wohnkammer erhaltenen Steinkerne von 10 Mm.
Durchmesser, welcher einem ausgewachsenen Individuum an-
zugehören scheint, beträgt die Weite des Nabels 40 Mm. Innere
Umgänge mit zahlreichen, engstehenden, scharfkantigen Rippen
bedeckt, welche sich zum Theil in der Nahtgegend spalten,
557
während auf der Wohnkammer höhere radiale Rippen erst
nach längerem Verlaufe gegen aussen in zahlreichere niedere
Falten: übergehen. Ammonites seorsus besitzt einige Aehnlich-
keit mit Ammonites virgatus Buch, doch zeichnet sich bei erste-
rem jede der letzten Windungen durch mehrere kräftige zwi-
schen den Rippen verlaufende Furchen aus, welche der Mos-
kauer Species fehlen. Innere Umgänge von comprimirterer
Form als die letzte, grösstentheils der Wohnkammer zugehörige
Windung.
114. Ammonites exornatus Carunno 1847 Memoria geogn.
pal. sulle alpi venete Appendice pag. 10 tab. 13 fie. 2.
115. Ammonites scruposus Orp. Das Bruchstück eines
grossen Planulaten- Ammoniten, dessen dicke gerundete Win-
dungen von hohen ziemlich scharfen Radialrippen bedeckt wer-
den, welche während ihres Verlaufes in 3 bis 4 schwächere
Aeste zerfallen. Obschon nur ein einziges in Stramberger
Kalkstein aufgefundenes Exemplar zur Zeit der Beschreibung
und Abbildung der Species zu Grund gelegt werden konnte, so
wäre es doch möglich, dass durch Vergleich der englischen
Portland- Ammoniten sich für diese Art ein weiterer Verbrei-
tungsbezirk ergeben würde. |
116. Ammonites suprajurensis D’Ors. 1850 Terr. jurass.
pag. 563.
117. Ammonites giganteus Sow. 1816 Min. Conch. tab. 126.
Uebergänge bezeichnender Formen aus einer grossen Schich-
tengruppe oder Formation in die daranstossende, ebenso wie
aus einer Zone in die andere, gehören bekanntlich zu den nor-
malen Erscheinungen und es dürfen diejenigen Fälle, in denen
zwei aufeinanderfolgende Faunen keine Uebereinstimmung zei-
gen, sondern total von einander abweichen, zu den Ausnahmen
gerechnet werden, bedingt durch plötzlichen Wechsel der Fa-
cies oder andere die regelmässige Entwicklung störende Ur-
sachen. Unter dieser Voraussetzung erklärt sich die grosse
Verwandtschaft, welche die Cephalopoden der tithoni-
schen Etage sowohl zu jurassischen Arten als zu
denen der Kreide zeigen. Ohne Zweifel wäre aber die
Zahl bekannter jurassischer Typen unter den Cephalopoden der
tithonischen Gruppe noch grösser, hätten bisher die ausser-
alpinen Kimmeridge- und Portland-Bildungen eine reichere Aus-
pr
558
beute an diesen fossilen Resten geliefert. Da hierin die Neo-
com-Schichten günstigere Bedingungen für den Vergleich dar-
bieten, so wird als Ergebniss eines solchen eine scheinbar
grössere Annäherung der tithonischen Arten zu Formen der
Kreide angenommen werden dürfen, als sie verhältnissmässig
existirt. Es dürfte deshalb auch bei der Frage über die Ein-
reihung der tithonischen Gruppe in Jura oder Kreide die Aehn-
lichkeit der Faunen zur Zeit keine ganz sichere Grundlage ge-
währen. Vielmehr wird bei der Abgrenzung ‘und Zutheilung
der tithonischen Gruppe zu Jura oder Kreide die Rucksicht auf
das Herkömmliche oder das Gesetz der Priorität das Bestim-
mende sein. Fallen die lithographischen Schiefer von Solen-
hofen und der Kalk von Portland und Purbeck, diese ächt
jurassischen Bildungen, als Aequivalente tithonischer Schich-
ten, wie es bis jetzt ausser Zweifel ist, dieser Etage zu, so
wird man sich verbunden erachten müssen, dieselbe der Jura-
formation einzuverleiben, da eine Vereinigung der genannten
jurassischen Bildungen mit einer Etage der Kreide ebenso un-
thunlich wäre wie die Einreihung der die rhätische Gruppe
vertretenden Keupermergel in den Lias.
Durck von J. F. Starcke in Berlin.
ar |
DE
& = In
AL
nz
Zıeitschrift
der
Deutschen geologischen Gesellschaft.
4. Heft (August, September, October 1865).
A. Verhandlungen der Gesellschaft.
1. Protokoll der August - Sitzung.
Verhandelt Berlin, den 2. August 1865.
Vorsitzender: Herr Rumeusgere.
Das Protokoll der Juli-Sitzung wird verlesen und ge-
nehmigt.
Für die Bibliothek sind eingegangen:
A. Als Geschenke. i
STRACHEY. Palaeontology of Niti in the northern Hime-
laya, being descriptions and figures of the palaeozoic and secon-
dary fossils collected by STRACHEY. Calcutta 1864.
Bulletin de la societe paleontologique de Belgique, fondee &
Anvers le 1er Mai 1858. — Tome premier, pag. 1— 208. —
Anvers 1860.
Deresse et Laugen. Revue de geologie pour les annees
1862 et 1863. III. Paris 1865.
Rıruke. Beiträge zur Kenntniss der chemischen Aehn-
lichkeit von Schwefel und Selen. (Sep. aus Journ. f. prakt.
Chemie. XCV. 1.)
Lauge. Bemerkungen über die Münster’schen Arten von
St. Cassian in der Münchener paläontologischen Sammlung.
(Aus Jahrb. der k. k. geol. Reichsanstalt Bd. 14.)
Lavge. Mittheilungen über die Erzlagerstätten von Grau-
pen in Böhmen. (ibid.) |
Lauge. Ueber eine Pseudomorphose von Chlorit nach .
Strahlstein. (ibid.) |
Lause. Petrefakten aus den Baculitenschichten von Böh-
misch-Kamnitz in der k,k. geologischen Reichsanstalt. (ibid.)
Zeits. d.d. geol.Ges. XVII.4. at
560
Lavge. Die Fauna der Schichten von St. Cassian. 1. Ab- _
theilung: Spongitarien, Goran Echiniden und Pan —
Wien 1865. 4o.
Zeitschrift für das Berg- Hütten- und Salinenwesen in dem
Preuss. Staate. Bd. XII. 1. |
B. Im Austausch.
Der zoologische Garten. Zeitschrift für Beobachtung, Pflege
und Zucht der Thiere. Herausgegeben von BrucH. VI. Jahrg.
1865. No. 1—12. Frankfurt a. M. 1865.
Memoires de l’academie imperiale des sciences, belles- lettres
et arts de Lyon. lasse des sciences. T. XIII. 1863.
Memoires de l’academie imperiale des sciences, belles-lettres
et arts de Lyon. lasse des lettres. T. II. 1862—1863.
Bulletin des seances de l’academie imperiale des sciences,
belles-lettres et arts de Lyon. 1865.
Bulletin de la societe geologique de Frrance. 2de ser. T. AXIL.
f. 8-16.
id. T. XX. f. 49—57.
Ausserdem wurde vorgelegt:
Zeitschrift der deutschen geolog. Gesellschaft Bd. XVII.
(1865) Heft 1.
Herr RAmmELsBER@ berichtete über seine Veran die
chemische Zusammensetzung des Topases betreffend. Er zeigte,
dass Berzeuıvs das Verhältniss von Kiesel und Aluminium,
FORCHHAMMER die Menge des Fluors am genauesten bestimmt
haben, und widerlegte DevınLLe’s Behauptung, dass die letztere
in den Topasen veränderlich sei. Der Topas ist einfach eine
Verbindung von 1 At. Kieselsäure und 1 At. Thonerde, welche
sich mit einem Doppelfluorür von gleicher Zusammensetzung
isomorph gemischt findet. Aus dem Gewichtsverlust, welchen
das Mineral in starker Hitze erleidet, und aus der Untersuchung
des Ruckstandes zieht er den Schluss, dass nicht blos Fluorkiesel
sondern auch Fluoraluminium und Fluorwasserstoff verflüchtigt
werden.
Hierauf ward die Sitzung geschlossen.
We w. 0.
RAMMELSBERG. . BEYRICH. LOoTTNEr.
561
2. Fünfzehnte allgemeine Versammlung der deutschen
geologischen Gesellschaft ın Hannover.
1. Sitzung vom 19, September.
Die anwesenden Mitglieder der Gesellschaft ersuchten
Herrn NOEGGERATH, den Vorsitz zu übernehmen, und beauftrag-
ten Herrn BeryricH mit der Protokollführung.
Im Auftrage des Berliner Vorstandes übergab Herr Bry-
RICH den von dem derzeitigen Schatzmeister der Gesellschaft,
Herrn Tamnav, abgefassten Rechnungsabschluss der Hauptkasse
der Gesellschaft für das ]6. Geschäftsjahr oder pro 1864 nebst
zugehörenden Anlagen. Die Herren v. STROMBECK und LASARD
übernahmen die Prüfung der Rechnungen. Eine Berathung und
Beschlussfassung über den im vergangenen Jahre zu Giessen
gestellten und unterstützten Antrag einer Statuten - Aenderung,
betreffend die Verbindung der allgemeinen Versammlung der
Gesellschaft mit den Versammlungen der Naturforscher und
Aerzte, wurde der nächsten Sitzung vorbehalten.
Als Mitglieder traten der Gesellschaft bei:
Herr E. J. OTTMER aus Braunschweig,
vorgeschlagen durch die Herren A. SCHLÖNBACH,
U. SCHLÖNBACH und v. STROMBECK;
Herr NöLDEcKE, Ober-Appellationsrath in Celle,
vorgeschlagen durch die Herren A. SCHLÖNBACH,
v. STROMBECK und v. SEEBACH.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
v. w. 0.
NOEGGERATH. BEYRICH.
2. Sitzung vom 21. September.
Die Herren v. STROMBECK und Lasarp erklärten, die ihnen
übergebenen Rechnungen genau durchgesehen und vollkommen
richtig befunden zu haben. Die Versammlung ertheilte hierauf
dem Berliner Vorstande die erforderliche Decharge und sprach
dem Schatzmeister ihren Dank aus fur die grosse Sorgfalt, mit
welcher er die Kassengeschäfte der Gesellschaft geführt hat.
‚Der Vorsitzende forderte hiernächst auf, den zu Giessen
gestellten ünd dort unterstützten Vorschlag des Herrn GIRARD
Su"
562
„die allgemeine Versammlung der Gesellschaft von den Ver-
sammlungen der deutschen Naturforscher und Aerzte zu tren-
nen“ in Berathung zu ziehen. Herr Bryrıcan bemerkte zu-
nächst, dass die Fassung, welche dem Antrage zu Giessen ge-
geben wurde, und für welche eine Motivirung dem betreffenden
Protokoll nicht beigefügt ist, nicht der Absicht zu entsprechen
scheine, welche dem Antrage -muthmaasslich zu Grunde lag.
Zweck der vorgeschlagenen, zu Giessen aber nicht formulirten
Aenderung des betreffenden. Paragraphen des Statuts der Ge-
sellschaft, welcher die allgemeinen Versammlungen an den Mo-
nat September und bis zu einem gewissen Grade an die Zeit
der Versammlung der Naturforscher und Aerzte, aber nicht
unbedingt an den Ort derselben bindet, könne wohl nur der
gewesen sein, der Gesellschaft grössere Freiheit zu verschaffen,
ihre Versammlungen in besonderen Fällen auch zu einer an-.
deren Zeit als im Monate September abzuhalten, nicht aber
der, statutenmässig das Zusammenfallen der beiderlei Ver-
sammlungen für immer zu verhindern, wie es die Folge einer
einfachen Annahme der zu Giessen beschlossenen Formulirung
des Antrages zur Folge haben würde. Da nun die. diesjährige
Versammlung der Gesellschaft bei ihrer Beschlussfassung an
den Wortlaut der Fassung gebunden sei, so läge hierin eine
unverkennbare Schwierigkeit, durch einfache Annahme des An-
trages den Zwecken desselben zu entsprechen. Herr VoLGER
bemerkte hierauf, dass ihm zweifelhaft sei, ob überhaupt zu
Giessen ein Beschluss, wie ihn das Protokoll der Versamm-
lung gegeben hat, gefasst worden sei. Dagegen erklärten die
Herren v. Dücker und LasArn, dass gegen die Fassung des
Protokolls nichts erinnert werden könne, indem dasselbe so-
wohl von ihnen selbst, als von den andern zur Zeit gegenwär-
tigen Mitgliedern unterzeichnet worden sei.
In Folge dieser Sachlage beantragte Herr CREDNER, die
Versammlung möge in diesem Jahre von dem bisher befolgten
Gebrauche, die Zeit ihrer allgemeinen Versammlung mit der-
jenigen der Naturforscher und Aerzte zusammenfallen zu las-
sen, nicht abgehen, insbesondere aus dem Grunde, weil gerade
Frankfurt ein den Zwecken der Gesellschaft besonders günstig
gelegener Ort sei; die Versammlung möge indess den Wunsch
aussprechen, dass in Zukunft mit den allgemeinen Versamm-
lungen der Gesellschaft eine ausser der Zeit derselben und
563
zwar vor ihrem Beginn auszuführende geognostische Wande-
rung verbunden werden möchte, welche zum Zweck habe, mehr,
als es die Einrichtung der Versammlungen der Naturforscher
und Aerzte während ihrer Zeitdauer gestattet, durch Anschauung
in der Natur den Nutzen, welchen die allgemeinen Versamm-
lungen der Gesellschaft haben sollten, zu erzielen. Ueber die
Art und Weise, wie eine solche Wanderung vorzubereiten sei,
wurde eine weitere Berathung zu bestimmen haben.
Bei der hierauf erfolgten Abstimmung erklärte sich die
Versammlung einstimmig dahin, den zu Giessen unterstützten
Antrag „die allgemeine Versammlung der Gesellschaft von den
Versammlungen der deutschen Naturforscher und Aerzte zu
trennen“ abzulehnen, und stimmte mit grosser Mehrheit dem
von Herrn ÜREDNER gestellten Antrag, welcher eine Aenderung
in dem Statute der Gesellschaft nicht bezweckt, bei.
Als ‚Mitglieder traten der Gesellschaft bei:
Herr Dr. Brauns in Braunschweig,
vorgeschlagen durch die Herren ÜOREDNER, LASARD
und v. STROMBECK;
Herr Dr. Herrmann CREDNER aus Hannover, zur Zeit in
New-York,
vorgeschlagen durch die Herren HEINRICH CREDNER,
-v. SEEBACH und NOEGGERATH;
Herr Dr. H. Gurtue in Hannover,
vorgeschlagen durch die Herren HrInkıcH CREDNER,
v. SEEBACH und JUGLER.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
v. w. 0.
NOEGGERATH. BEYRICH.
3. Sitzung vom 22. September.
Die Versammlung trat in Berathung über die Art und
Weise, wie der in der vorhergehenden Sitzung gemachte Vor-
schlag, mit der nächsten allgemeinen Versammlung der Gesell-
schaft zu Frankfurt a.M. eine vor Beginn derselben auszufüh-
rende geognostische Wanderung zu verbinden, am zweckmässig-
sten praktische Folge erlangen könnte. Es wurde beschlossen,
den 13. September als denjenigen Tag zu bezeichnen, an wel-
564
chem sich alle Diejenigen, die sich an der beabsichtigten Wan-
derung zu betheiligen wünschen, zu Frankfurt a. M., und
zwar im Gasthof zum Holländischen Hof, einzufinden hät--
ten, so dass die 4 Tage vom 14. bis zum 17. September fur
die Wanderung zu verwenden wären. Die Versammlung richtet
an alle Mitglieder der Gesellschaft, welche mit den geognosti-
schen Verhältnissen der näheren und ferneren Umgebung von
Frankfurt genauer vertraut sind, die Bitte, die zu dem bezeich-
neten Zwecke in Frankfurt zusammenkommenden Mitglieder der
Gesellschaft mit Vorschlägen über die nützlichste Verwendung
der vorhandenen Zeit zu unterstützen; “es könnten als von
Frankfurt aus zu betrachtende geognostische Verhältnisse ins
Auge gefasst werden: die Tertiärbildungen der Gegend von
Frankfurt und überhaupt des Mainzer Beckens und die älteren
Formationen des Taunus und des Odenwaldes. Dem Vorstande
in Berlin würde es obliegen, die bezuglichen, ihm zuzusenden-
den Vorschläge rechtzeitig in der Zeitschrift der Gesellschaft
durch eine besondere Beilage bekannt zu machen. Die Art
der Benutzung der eingehenden Vorschläge bliebe den in Frank-
furt zusammentretenden Mitgliedern überlassen.
v. w. 0.
NOEGGERATH. BEYRICH.
Tit
IM.
Il.
Cap.
565
-
Rechnungs- Abschluss der Gesellschaft für das Jahr 1564.
Einnahme.
Thl. Sg.Pf.
An Bestand aus dem Jahre 1863... .... | ss2l21l 6
An Einnahme-Resten . . La RE Eee ee
An Beiträgen der Mitglieder EB Er DES
Vom Verkauf der Zeitschrift:
Durch die Besser’sche Buchhandlung . . . ee
Von neuen Een für rückliegende Jahr-.
gänge . ee ee
Vom Verkauf von Abhandlungen ae 1
An extraordinären Einnahmen .. ...... 110 —
Summa aller Einnahmen [1483|19| 6
Ausgabe.
An Vorschüssen und Ausgabe-Resten . ....1 -— |-|—
Für Herausgabe der Schriften und Karten:
Für die Zeitschrift:
a. Druck, Papier, Heften 417 Thl. 16 Sg. 6 Pf.
b4 Kupfertafeln, . 3... AUd en Se, = 8233| 4| 6
Büursden Druck von; Abhandlungen;i}. „u nnnise hi ht
Bine die Kartesvon Deutschland, . .., un. | ee
Hiır-die allgemeine Versammlung "3.9 nee
Für Lokale in Berlin:
Für Beleuchtung und Heizung . 5 Thl. — Sg.
Hurdie Biblothek . nenne, 21% 43la1
An sonstigen Ausgaben:
Für Schreib- und Zeichnen-Arbeiten — Thl. - Sg.
Für Porto und Botenlohn . . . 61 „8, 6
An extraotdinären; Aussaben. uuyriins sl Air”
Zum Deekunesionds u. u 2 ee ee
Summa aller Ausgaben | 928 3 6
Schluss-Balance.,
Die Einnahme beträgt 1483 Thlr. 19 Sgr. 6 Pf.
Die Ausgabe dagegen 928 „, 3,6;
Bleibt Bestand 555 Thlr. 16 Sgr. - Pf.,
welcher in das Jahr 1865 übernommen worden ist.
x
Berlin, den 1. Juli 1865.
Tamnau, Schatzmeister der Gesellschaft.
Revidirt und richtig befunden,
Hannover, den 20 September 1865.
Im Auftrage der allgemeinen Versammlung.
V. STROMBECK. LAsARD.
566
B. Briefliche Mittheilungen.
Herr Wessky an Herrn G. Rose.
Breslau, den 3. October 1869.
Vielleicht ist es Ihnen erinnerlich, dass ich vor einer
Reihe von Jahren ein Mineral nach Berlin brachte, das in lan-
gen feinen Strahlen Quarz und Feldspath durchziehend, von
mir als Polykras oder etwas Aehnliches angesprochen wurde,
und von mir aus den zur Glasfabrikation bestimmten Quarzen
aufgelesen worden war; bei Gelegenheit einer Exeursion, wel-
che Herr Professor RoemErR mit mir und Herrn Dr. FIEDLER
in das Riesengebirge vor drei Jahren machte, gaben wir
oberhalb Josephinenhütte auf die Chaussee - Steinhaufen scharf
Acht, und gelang es Herrn Dr. FieDLeR, einen in Feldspath ein-
gewachsenen Krystall zu finden, den wir äusserlich als Monaeit
in Anspruch nehmen mussten.
Im Laufe dieses Sommers ist es mir gelungen, den Fund-
ort dieser Minerale aufzufinden; es ist ein Feldspathbruch, zur
Zeit verlassen, von Stockelshübel nicht weit hinter dem Zoll-
hause bei Josephinenhutte auf der Südseite der Be si 100
bis 150 Schritt seitwärts südlich.
Hier macht schwarzer Glimmer im Feldspath und Schrift-
granit handgrosse Fächer und ist besetzt mit undeutlichen Kry-
stallen von Titaneisen. In der Nähe dieses Titaneisens be-
findet sich nun ein schwarzes, pechglänzendes Mineral, das
sich bei der näheren Untersuchung als Fergusonit erwies, fer-
ner vereinzelt Krystalle von Monaeit und kleine rundliche Kör-
ner von tief braunrother Farbe, die Ytterspath sind und zu-
weilen von kleinen Zirkon- oder Malacon-artigen Krystallen
begleitet werden. |
Ferner habe ich in einem verlassenen Feldspathbruche
am Waldsaume der Kochelwiesen, etwa 10 Minuten hinter dem
Rettungshause in Schreiberhau, ein Paar bis 1 Zoll grosse
Nester von Gadolinit gefunden, an dem einen Exemplar be-
gleitet von einer derben Partie von Monacit und Ytterspath.
‚567
Die von mir gemachten Untersuchungen, bei denen ich
nur kleine Quantitäten verwendet, um das Material fur die
Analyse in den Händen eines Chemikers von Fach zu ‚scho-
nen, haben folgende Resultate gegeben:
Titaneisen. Spec. Gew. = 4,92; selbe ist verwit-
tert, löst sich ziemlich leicht in Salzsäure, wenig unreine Titan-
säure zurucklassend; bei der Prüfung ' mit Löthrohrflüssen .
muss man sich hüten, nicht Splitter von Fergusonit hineinzu-
bekommen, mit denen es zuweilen verwachsen ist.
Fergusonit erscheint in dünnen bis 3 Linien langen,
1 Linie starken, sehr spitzen, bauchigen Quadratoktaädern, oft
zu feinen Strahlen ausgezogen; der Kern ist pechschwarz, in
Splittern leberbraun durchscheinend, von gelber Kruste oder
von Xenotim bedeckt; die gelben Krusten gleichen manchem
Pyrochlor von Brevig. Spec. Gew. von nicht ganz reinem Ma--
terial — 5,47. In Flüssen reagirt er stark auf Uran; ich habe
38 pCt. von saurem schwefelsauren Kali unangreiffbare Metall-
säure und 40 pCt. Yitererde daraus bekommen; der Rest ist
Cer, Uran und Phosphorsäure, von beigemengtem Ytterspath
herrührend; beim Gluhen tritt ein Verlust an Gewicht ein;
die Metallsäure scheint wesentlich Unterniobsäure zu sein.
- Monaeit. Spec. Gew. = 4,9; in frischen Stücken ist die
Farbe gelb, in verwitterten röthlich; Löthrohrverhalten deutet
auf Cer-Verbindungen und etwas Titansäure; durch Schmelzen
mit Soda ist Phosphorsäure auszuziehen. Ich habe an einzel-
nen Splittern die Krystallform entziffern können; die Formen
nähern sich denen von Norwich. Es sind nach der Querfläche
breit gezogene Säulen, vorn in der Medianebene 93° 4° bil-
dend; eine Reflexmessung gab Säule zur Querfläche 136° 32°;
Monacit von Schreiberhau.
ferner approximativ d|k = 141° 20’
vorn, d’|%& hinten 126° — 127°, ‘
o'|d = 143° 20, daher 0’ = (a: b:e).
An ganz frischen Stücken deut-
lich blättrig parallel der Basis.
568
Der Gadolinit von den Kochelwiesen zeigt zwei ver-
schiedene Varietäten: schwarze, grün durchscheinende Kerne
und braun durchscheinende Krusten, vielleicht nur durch Oxy-
' dation des Eisenoxyduls verschieden; nur der grüne Kern zeigt
das Aufglimmen und wird dabei heller grün, in starkem Feuer
perlmutterartig; die braune Kruste schmilzt etwas zu einer
‚rissigen Schlacke; sp. Gew. schwankend = 3,96 bis 4,18. In
dem grünen Kern fand ich bei einem Versuch mit einer klei-
nen Portion
Gluhverlust 2 pCt.
Kieselerde 23 a
Yitererde 7435,
Ceru.s.w 5 „
Eisenoxydul 19 „,
| Beryllerde 8
Die Yttererde hat geglüht einen schwach röthlichgelben
Schein; die aus den Oxalaten hergestellten Ceroxydul-Mengen
haben eine graubräunliche Farbe.
Auf die weitere Trennung habe ich mich nicht eingelassen.
569
v. Aufsätze.
l. Bemerkungen über den Feldspath des Tonalit.
Von Herrn A. Kenneorr ın Zürich.
Herr G. vom Rıt# hat in dieser Zeitschrift (Jahrg. 1864,
S. 249) einen Feldspath beschrieben, welcher in dem Tonalit
genannten Gesteine des Adamello-Gebirges als wesentlicher
Gemengtheil enthalten ist, und hält es für in hohem Grade
wahrscheinlich, dass derselbe eine eigenthumliche Species sei,
weil die Analysen zu dem Sauerstoffverhältniss 1:3:7 in R,
Thonerde und Kieselsäure fuhren.
Er analysirte nämlich 2 Proben aus verschiedenen Tonalit-
Varietäten aus dem Thale San Valentino und fand
il. 2.
Kieselsäure 56,79 58,15
Thonerde . 28,48 26,55
Kalkerde . 8.56 8,66
Magnesia . — 0,06
Natron .. 6,10 6,28
Kalıı 0,34 — .
Glühverlust 0,24 0,30
100,51. 100,00.
Aus dem Sauerstoffverhältnisse
0,916: 3:: 6,815 in 1.,
0,994 : 3: 7,503 in 2.,
und aus der Vergleichung mit einigen anderen Feldspäthen
ähnlicher Zusammensetzung folgerte er nun nicht gerade den
Beweis für die eigenthümliche Feldspathspecies mit dem Sauer-
stoffverhältnisse 1:3: 7, sondern sprach sich, wie bereits er-
wähnt wurde, für die grosse Wahrscheinlichkeit aus, dass hier
eine solche vorliege.
‚Bei der bekannten Neigung aber der Feldspäthe mit ein-
ander in so innigem Wechsel zu verwachsen, dass bei gleicher
Farbe es geradezu unmöglich wird, die Verwachsung zu er-
kennen und bei den klinoklastischen, zumal in Verbindung mit
der wiederholten Zwillingsbildung die krystallographische Be-
schaffenheit ebenso wenig zur Entscheidung beiträgt, da selbst
ortho- und klinoklastische solche Verwachsung zeigen, lag mir,
und zwar ganz besonders im Hinblick auf die bis jetzt bekann-
‘ten Analysen Feldspäthe-führender Gebirgsarten, der Gedanke
nahe, dass in dem Tonalit keine neue Feldspathspeeies ent-
halten sei, sondern dass der weisse klinoklastische zwillings-
gestreifte Feldspath aus kleinen Theilen zweier zusammen-
gesetzt sei und zwar aus einem Kalk- und einem Natron-
Feldspath. Die zu diesem Zwecke angestellte Berechnung
zeigt dies unzweideutig und wie günstig sie für eine solche
Erklärung spreche, geht aus der nachfolgenden Vergleichung
hervor, wobei ich vorläufig die anderen sogenannten Andesine-
ganz ausser Acht lasse. |
Wenden wir uns zunächst zu dem aus den beiden obigen
Analysen gefolgerten Sauerstoffverhältnisse 1:3:7 in R,
Thonerde und Kieselsäure, welches dem neuen Feldspathe zu-
kommen soll, so können wir den gefundenen Basen R ent-
sprechend berechnen, wieviel Thonerde und Kieselsäure der
Feldspath enthalten musste, und so am besten sehen, in wie-
weit die beiden Analysen verschieden sind. Nach G. von RAtH-
beruht die Verschiedenheit der beiden Analysen vorzugsweise
in dem Gehalte an Kieselsäure. Die etwas grössere Menge
in 2. möchte sich leicht durch etwas beigemengten Quarz er-
klären, auf dessen Ausscheidung bei l. die grösste Sorgfalt
verwandt wurde, l. möchte daher der wahren Mischung des
Feldspaths näher kommen als 2. |
Die Berechnung nach dem Sauerstoffverhältniss 1: 3:7
ergiebt für 1.
8,56 Kalkerde 15,71 Thonerde 32,10 Kieselsäure
6,10 Natron . 10,11 5 20,66 Mr
3, Ka ae 5 0,76
26,19 | 53,42,
- gefunden wurden aber 28,48 Thonerde und 56,79 Kieselsäure,
Der Ueberschuss von 2,29 Thonerde und 3,37 Kieselsäure wird
noch ein wenig reducirt, wenn man dem Glühverlust von 0,24
entsprechend Kaolin berechnet, wonach 0,24 Wasser 0,69
Thonerde und 0,80 Kieselsäure erfordern. Hiernach ergiebt
die Analyse 1.
Be 571
94,61 Feldspath mit dem Verhältniss 1:3:7
1,73 Kaolin
1,60 Thonerde
2,57 Kieselsäure
9300,51. : | :
Nach meiner Annahme, dass Kalkfeldspath nach der For-
mel des Labradorit mit Natronfeldspath nach der Formel des
Oligoklas innig verwachsen sei, ergiebt die Analyse 1.
8,56 Kalkerde 15,71 Thonerde 27,51 Kieselsäure
6,10 Natron . 10,11 ä 26,97 “
0,34 Kali. ..50,37 " 0,97 Bug
0,24 Wasser . 0,69 5 ‚0,80 3
26,88 55,85,
oder 51,78 Kalkfeldspath, Labradorit
44,46 Natronfeldspath, Oligoklas
1,73 Kaolin
1,60 Thonerde
0,94 Kieselsäure
100,51,
also einen bedeutend geringeren Ueberschuss an Kieselsäure.
Ferner giebt die Berechnung der Analyse 2. für das
Sauerstoffverhältniss 1:3: 7
8,66 Kalkerde 15,90 Thonerde 32,47 Kieselsäure
0,06 Magnesia 0,15 1 1205323
6,28 Natron . 10,41 “ 218.21
0,30 Wasser . 0,86 = 1,00 &
. 3.32 55,06,
oder 95,52 Feldspath mit dem Verhältniss 1:3 :7
2,16 Kaolin
3.09 Kieselsäure
— 0,77 Thonerde
100,00,
also einen Verlust von 0,77 Thonerde und einen Ueberschuss
von 3,09 Kieselsäure.
Nach meiner Annahme dagegen giebt die Berechnung der
Analyse 2.
8,66 Kalkerde 15,90) Thonerde 27,84 Kieselsäure
0,06 Magnesia 0,15 4 0,27
6,28 Natron . 10,41 °, 27,35
0,30 Wasser . 0,86 4 1,00
97,32 56,46,
572
.. oder 52,88 Kalkfeldspath, Labradorit
44.04 Natronfeldspath, Oligoklas
2.16 Kaolin
1,69 Kieselsäure
— 0,77 Thonerde,
also wieder einen beträchtlich geringeren Ueberschuss an Kie-
selsäure. Der Verlust an Thonerde würde überdies gerin-
ger gewesen sein oder sich ganz ausgeglichen haben, wenn
das neben dem Natron verhandene Kali procentisch bestimmt
worden wäre, während die Annahme von Natron allein den
‚ Thonerdegehalt in der Berechnung erhöht.
Jedenfalls zeigt die Vergleichung der Berechnungen ch
beiderlei Annahmen, dass bei der Berechnung nach meiner
Annahme die Differenzen bezüglich der Kieselsäure erheblich
geringer sind.
Was die Zusammensetzung des Tonalit vom Avio-See be-
trifft, so lässt die Analyse keine genaue Berechnung zu, weil
die Kalkerde sich auf Kalkfeldspath und Amphibol, die Magne-
sia sich auf Amphibol und Magnesia-Glimmer, desgleichen das
Eisenoxydul auf diese beiden vertheilt, während das Kali in
Orthoklas und im Magnesia-Glimmer enthalten ist. Die Analyse
des Tonalit, welcher deutlich gestreifte Feldspathkörner, sehr
viel Quarz, wenig Amphibol, mehr Glimmer und eine sehr ge-
ringe Menge Orthoklas enthält, ergab im Mittel zweier Ana-
lysen ä
66,91 Kieselsäure
15,20 Thonerde
6,45 Eisenoxydul
3,73 Kalkerde
2,39 Magnesia
0,86 Kali
3,33 Natron
0,16 Wasser
98,99
Bevor ich versuche, einige Folgerungen aus der Berech-
nung der Analyse zu ziehen, bemerke ich, dass hier im Gegen-
satz zu dem Feldspathe aus dem Thale San Valentino der
Kalkfeldspath dem Natronfeldspath an Menge nachsteht, indem
dem dortigen Verhältniss entsprechend hier der Kalkerdegehalt
4,60—4,67 Procent betragen müsste, jedoch 3,73 beträgt und
573
ein Theil davon noch auf Amphibol zu rechnen ist. Dies
würde jedoch zeigen, dass der vermeintliche Feldspath bald
mehr, bald weniger Kalkerde als Natron enthält. Ueberhaupt
ist aus der Berechnung der Analyse des Tonalit kein weiterer
Beweis für die Art des oben besprochenen Feldspathes zu ent-
nehmen, sondern es soll nur der Versuch gemacht werden,
die Mengenverhältnisse der Gemengtheile insoweit zu beurthei-
len, als es eine solche Analyse ermöglicht.
Die Wassermenge 0,15 fordert nach der Formel des Kao-
lin 0,46 'Thonerde und 0,53 Kieselsäure, was 1.15 Procent
Kaolin ergiebt und
66,38 Kieselsäure
14,74 Thonerde
6,45 Eisenoxydul
3,73 Kalkerde
2,39 Magnesia
0,86 Kali
8,88 Natron übrig lässt.
Wird aus dem Natrongehalte nach meiner Annahme Oli-
goklas berechnet, so erfordern 3,33 Natron 5,52 Thonerde und
14,50 Kieselsäure, geben somit 23,35 Procent Oligoklas und
hinterlassen !
| 51,88 Kieselsäure
9,22 Thonerde
6,45 Eisenoxydul
3,73 Kalkerde
2,35 Magnesia
0,86 Kali.
Da Orthoklas angegeben ist, so kann, ohne einen erhebli-
chen Fehler zu begehen, der ganze Kaligehalt als zu Orthoklas
gehörig in Rechnung gebracht werden, was zwar schon nicht
mehr ganz gerechtfertigt ist, weil auch der Magnesiaglimmer
etwas Kali enthalten haben wird, doch erheblich ist der Fehler
nicht. Die Berechnung ergiebt auf 0,86 Kali 0,94 Thonerde
und 3,28 Kieselsäure, zusammen 5,08 Procent Orthoklas und
hinterlässt:
48,60 Kieselsäure
8,28 Thonerde
6,45 Eisenoxydul
3,73 Kalkerde
2,39 Magnesia.
574
Da das Eisenoxydul im Magnesiaglimmer und im Amphibol
als Stellvertreter der Magnesia vorkommt, so würde hier in -
beiden mehr Eisenoxydul als Magnesia enthalten sein müssen,
was nicht wahrscheinlich ist, und deshalb kann man annehmen,
dass, wie es auch von G. vom Ratu angegeben wird, Magnetit
in Rechnung zu bringen ist. Um- die Menge desselben nicht
ganz willkürlich anzunehmen, könnten wir uns an den Verlust
1,01 der Analyse, diesen als Sauerstoff annehmend, halten,
doch ergiebt dieser dann zu viel Sauerstoff. 6,45 Eisenoxydul
enthalten nämlich 1,43 Sauerstoff; dazu 1,01 ergiebt 2,44, "wäh-
rend 5,02 Eisen nur 2,23 Sauerstoff erfordern, um Eisenoxyd
zu bilden. Von hier an beginnt demnach die Unmöglichkeit,
das Resultat der Analyse zur Berechnung der Gemengtheile zu
verwenden. Wollte man jedoch, einer annähernden Beurthei-
lung wegen, die Berechnung mit einiger Wahrscheinlichkeit
fortführen, so könnte man annehmen, dass im Amphibol und
im Glimmer Magnesia und Eisenoxydul im Verhältniss 1:1
vorhanden wäre; dies. würde zu 4,23 Eisenoxydul führen, wäh-
rend 2,22 Eisenoxydul 2,39 Magnetit ergeben wurde.
Nehmen wir ferner willkürlich 1,18 Proc. Magnesia und
2,12 Eisenoxydul als zum Glimmer gehörig, so erfordern diese
nach der Formel des Magnesiaglimmer oder Biotit 2,02 Thon-
‘erde und 3,54 Kieselsäure, zusammen 8,86 Procent Glimmer.
Uebrig blieben
45,06 Kieselsäure
6,26 Thonerde
3,73 Kalkerde
1,17 Magunesia
2,11 Eiserioxydul.
6,26 Procent Thonerde ergeben nach der Formel des La-
bradorit 3,41 Kalkerde und 10,96 Kieselsäure, zusammen
20,63 Labradorit und es bleiben
34,10 Kieselsäure
0,32 Kalkerde
1,17 Magnesia
2,11 Eisenoxydul.
Die Basen erfordern nach der Amphibolformel 4,34 Kiesel-
säure, 7,94 Procent Amphibol ergebend und 29,76 Kieselsäure
als Quarz hinterlassend.
- Wenn auch die Berechnung, wie bereits angeführt wurde,
575
in den letzten Gliedern willkürliche Annahmen enthält, so zei-
gen dieselben keine unwahrscheinlichen Verhältnisse und das
Gestein wurde enthalten haben:
29.76 Quarz
N 23,35 Oligoklas
20,63 Labradorit
5.08 Orthoklas
8,86 Magnesiaglimmer
7,94 Amphibol
2,39 Magnetit
1,15 Kaolin
99077
Als Gemenge von Feldspath, Quarz und Glimmer, worin
Amphibol accessorisch hinzutritt, ist der Tonalit eine durch
höchst geringen Gehalt an Orthoklas ausgezeichnete Varietät
des Granits, welche durch den Amphibolgehalt als Diorit-Granit
eine Uebergangsform zum Diorit bildet und als solche zweck-
mässig mit dem Namen Tonalit bezeichnet wurde. :
Was die Seite 251 zur Vergleichung- mit dem Feldspath
des Tonalit beispielsweise angeführten Feldspäthe betrifft, so
lassen diese eine gewisse Aehnlichkeit nicht verkennen, doch
kann man auch hier, wie oben, aus der Berechnung folgern,
dass sie aus einem Kalk- und einem Natronfeldspath nach der
Formel des Labradorit und Oligoklas zusammengesetzt sind.
No. 1. Zwillinge aus Dioritporphyr des Esterel-Gebirges bei
Frejus, mit einer trüben Zersetzungsrinde bedeckt, ergaben
nach DEVILLE
57.01 Kieselsäure
28,05 Thonerde
1.53 Kalkerde
0,39 Magnesia
5,47 Natron
0,12 Kali
1,43 Gluhverlust.
Hier würde zunächst die Berechnung nach der Formel
1:3:7 einen ansehnlichen Ueberschuss von über 4 Proc. Thon-
erde und über 5 Proc. Kieselsäure ergeben. Wenn man jedoch
dem Glühverlust entsprechend Kaolin berechnet, so ergiebt dieser
Feldspath 10,28 Proc. Kaolin = 1,43 Wasser, 4,08 Thonerde,
Zeits. d.d. geol. Ges.X VII. 4. 38
576
4,77 Kieselsäure. Dann führt die Berechnung nach meiner
Annahme zu
1,53 Kalkerde
13,82 Thonerde | 45,55 \ |
24,20 Kieselsäure | Feldspath nach der Labra-
0,39 Magnesia | | doritformel.
1,00 Thonerde 3.15
1,75 Kieselsäure
5,47 Natron
9,07 Thonerde | 38,36 ?
23,82 Kieselsäure | Feldspath nach der Oligo-
0,12 Kali | | klasformel.
0,13 Thonerde | 0,59
0,34 Kieselsäure
Die Thonerde dieser Feldspäthe mit der des Kaolin beträgt
28,10 Procent, fast genau so viel als gefunden wurde, während
die Kieselsäure zusammen 54,88 Procent beträgt, 2 Procent
weniger als gefunden wurde. Nach der Formel 1:3:7 wurde
der Kieselsäuregehalt mit dem des Kaolin nur 53,86 betragen.
No. 2. Schneeweisse Zwillingskrystalle von Popayan ent-
halten nach Francıs
56,72 Kieselsäure
26,52 Thonerde
0,70 Eisenoxyd
9,38 Kalkerde
6,19 Natron
0,80 Kali
100,31.
Hier ergeben die Basen R 28,35 Procent Thonerde und
57,93 Kieselsäure nach der Formel 1:3:7, wenn man das
Eisenoxyd unberucksichtigt lässt, es als von eingewachsenem
Magnetit herrührend betrachtend, während sonst der Kiesel-
säuregehalt noch höher ausfallen wurde.
Berechnet man dagegen Natronfeldspath als Oligoklas
6,19 Natron 0,80 Kali
10,26 Thonerde 0,87 Thonerde
26,26 Kieselsäure 2,29 Kieselsäure
und aus dem Rest der Thonerde 15,39 Kalkfeldspath als La-
bradorit, so bleibt nur 0,52 Kieselsäure, 1,00 Kalkerde und
577
0,70 Eisenoxyd übrig, so dass auch hier nach meiner Annahme
die Berechnung günstiger ausfällt.
No. 3 von Cucurusape bei Popayan enthält nach DEvILLE
58,11 Kieselsäure
28,16 Thonerde
5,35 Kalkerde
1,52 Magnesia
5,17 Natron
0,44 Kali
1,25 Gluhverlust
100,00. Ä
Diese Analyse deutet wegen des Wassergehaltes auch auf
Zersetzung, wie bei 1., doch eignet sie sich weder nach der
einen, noch nach der anderen Berechnungsweise zur Bestim-
mung einer Species. Die Berechnung eines Feldspathes nach
der Formel 1:3:7 giebt
5.35 Kalkerde 9,45 Thonerde 20,06 Kieselsäure
1,52 Magnesia 3,91 “ 7,98 aR
5,17 Natron 8,97 = 17-91 Ep
0,44 Kali 0,48 u 0,28 iu
| 22,41 Thonerde 46,53 Kieselsäure,
und wenn nach 1,25 Wasser Kaolin mit 3,51 Thonerde und
4,17 Kieselsäure berechnet wird, so ergiebt dies 25,92 Thon-
erde (2,24 Proc. zu wenig) und 50,70 Kieselsäure (7,41 Proc.
zu wenig), während die Berechuung von Kalkfeldspath mit dem
Verhältniss 1:3:6 und von Natronfeldspath mit dem Verhält-
niss 1:3:9 mit Einschluss des Kaolin zu 51,98 Kieselsäure
führt (6,13 zu wenig).
Bei allen drei Analysen ergiebt also die letztere Annahme,
wie bei dem Feldspath des Tonalit, Zahlen, welche dem Resul-
tate der Analyse näher liegen als die Annahme eines Feld-
spathes mit dem Verhältniss 1:3:7.
Wenn man die Berechnung nach Herrn G. TscHERMAR’sS
Ansicht durchführt, so ergiebt die erste Analyse des Tonalit-
Feldspath 42,61 Anorthit, 51.63 Albit und 2,00 Orthoklas mit
59,05 Kieselsäure, zufällig gerade so viel, wie ich fand; die
zweite Analyse des Tonalit-Feldspath 43,51 Anorthit und 53,16
Albit mit 55,21 Kieselsäure, also nur 0,25 weniger als nach
meiner Annahme; die in gleicher Weise durchgeführte Berech-
nung des Tonalit |
385 *
578
28,57 Quarz
28,19 Albit
16,98 Anorthit
5,08 Orthoklas
8,86 Magnesiaglimmer
7,94 Amphibol
2,39 Magnetit
1,15 Kaolin
99,16. |
Die Zwillinge von Frejus würden 40,05 Anorthit, 46,30
Albit und 0,71 Orthoklas mit 49,53 Kieselsäure ergeben, also
mit der des Kaolin zusammen 54,30 Procent; die Drillinge
von Popayan 52,39 Albit, 4,72 Orthoklas und 41,74 Anorthit
mit 56,96 Kieselsäure; der von Cucurusape 36,25 Anorthit,
43,76 Albit und 2,60 Orthoklas mit 47,72 Kieselsaure. Auch
nach dieser Berechnung würde das Resultat durchgehends gün-
stiger ausfallen als bei der Annahme eines Feldspathes mit
dem Verhältniss 1:3: 7.
Was schliesslich die zur Keraiichue mit dem Tonalit
angeführten Gebirgsarten betrifft, so erscheint es nicht zweck-
mässig, diese einer eingehenden Berechnung zu unterwerfen,
weil sie sich durch den fehlenden Amphibol unterscheiden. Sie
würden, wie die Analysen mancher anderen Granite, ergeben,
dass sie zwei oder drei Feldspäthe enthalten, Orthoklas, Oli-
goklas und Labradorit.
r
579
2. Ueber die Auffindung devonischer Versteinerungen
auf dem Ostabhange des Altvater-Gebirges.
Von Herrn Ferv. Rormer ın Breslau.
Hierzu Tafel XVII. R
An den ÖOstabhang des den eigentlichen Kern des niede-
ren Gesenkes bildenden Gebirgsknotens des Altvaters lehnt sich
ostwärts ein gegen 30 Quadratmeilen grosses Berg- und Hu-
gelland an, welches den grösseren Theil des Kreises Troppau
im-Oesterreichischen Herzogthum Schlesien umfasst und auch
auf Preussisches Gebiet hinubergreift. Die Lage der Städte
Neustadt, Leobschütz, Troppau und Jägerndorf bezeichnet un-
gefähr die östliche Grenze dieses Berglandes. Die geognostische
Zusammensetzung dieses Gebietes ist anscheinend sehr einfor-
mig. Es ist ein Grauwackengebirge, welches in seiner ganzen
Ausdehnung aus Thonschiefer und Grauwacken-Sandsteinen in
vielfachem Wechsel besteht. Kalkige Schichten sind selten,
und nur gegen die westliche Grenze hin in der Nähe des kry-
stallinischen Urgebirges treten, wie z. B. bei Würbenthal, mäch-
tigere Lager eines anscheinend versteinerungsleeren blaugrauen
krystallinischen Kalksteines auf. Die Schichtenstellung ist bei
einem im Ganzen sehr regelmässigen und nur lokal abweichen-
den nordsüdlichen Streichen der Schichten durchgängig eine
steil aufgerichtete und vielfach gestörte, wie im Rheinischen
Schiefergebirge nnd am Harze. Wie dort sind die Schichten
durch die Hebung in eine Anzahl paralleler Falten gebogen,
welche jetzt freilich nicht mehr überall deutlich erkennbar sind,
weil die Köpfe der Falten zum Theil durch spätere Denudatio-
nen zerstört sind. Im Ganzen wird die Stellung der Schich-
ten eine steilere und mehr gestörte, wenn man von Osten ge-
gen Westen fortschreitet und sich also den die Unterlage bil-
denden krystallinischen Urgebirgen nähert. In den Grauwacke-
Steinbrüchen bei Leobschütz und Troppau sind mässige Schich-
5850
I
ten-Neigungen von 15 bis 30 Grad die Regel, während in den
Umgebungen von Zuckmantel oder Freudenthal nur steil aufge-
richtete und stark gebogene Schichten beobachtet werden. Fast
in gleichem Maasse, wie die Schichtenstellung bei dem Fort-
schreiten von Osten nach Westen nur steiler und mehr gestört
wird, ändert sich auch das petrographische Verhalten’ der
Schichten aus einem loseren und deutlich mechanischen zu
einem festen und halbkrystallinischen um. Geht man von
Leobschütz nach Zuckmantel oder von Troppau nach Freuden-
thal und Engelsberg, so sieht man anfangs einen Wechsel von
bräunlichgrauen Grauwacken - Sandsteinen von mässiger die
Bearbeitung zu Werkstücken gestattender Festigkeit und von
losem an der Luft rasch in kleine Blättchen zerfallenden
Schieferthon. Weiter gegen Westen werden die Grauwacken
fester und erhalten ein mehr kieseliges Bindemittel, und statt
des Schieferthons erscheinen eigentliche Thonschiefer, welche
zum Theil die Beschaffenheit von festen Dachschiefern anneh-
men. Nähert man sich endlich bei noch weiterem Fortschrei-
ten gegen Westen dem krystallinischen Urgebirge, wie z. B.
in der Gegend von Zuckmantel oder bei Engelsberg, so fangen
die Thonschiefer an durch mehr oder minder deutliche Aus-
scheidung von Glimmer auf den Schieferungsflächen einen
Uebergang in Glimmerschiefer zu zeigen, und zugleich lassen
sie häufig eine feine Fältelung wahrnehmen, wie sie manchem
sogenannten azoischen oder Urthonschiefer eigen ist, . Die
Grauwacken werden durch eigenthumliche Sandsteine und kie-
selige Conglomerate vertreten, in welchen neben den Quarz-
körnern und Thonschieferbrocken unregelmässige Partieen eines
zersetzten hellfarbigen feldspathartigen Minerals vorkommen,
So verschieden nun auch die petrographische Beschaffen-
heit des Grauwackengebirges an dieser seiner Westgrenze von
derjenigen der östlichen Abhänge ist, so wurde man doch
aus dieser Verschiedenheit des petrographischen Verhaltens
kaum einen Grund zu der Vermuthung, dass in dem Gebiete
auch verschiedene Glieder des älteren Gebirges vertreten seien,
annehmen können, weil die Aenderungen in dem Verhalten
des Gesteins ganz allmählige sind.
Eben so wenig boten uns auch die paläontologischen
Merkmale bisher ein Anhalten für eine nähere Gliederung die-
ses Grauwacken - Gebietes, ‘da organische Einschlüsse trotz
®
581
eifriger Nachforschungen fast ganz zu fehlen schienen. Das We-
nige, was man von Versteinerungen kannte, beschränkt sich auf
einige durch GOEPPERT*) aus den Grauwacken der Gegend von
Leobschütz beschriebene Pflanzenreste, welcheauf ein mit demjeni-
gen der nieder-schlesischen Grauwacken, namentlich derjenigen
in der Gegend von Landshut, wesentlich übereinstimmendes Alter
dieser Grauwacken hinweisen und einige wenige schlecht erhal-
tene und specifisch nicht sicher bestimmbare thierische Reste,
welche der seitdem verstorbene Dr. SCHARENBERG aus den Dach-
schieferbrüchen von Dittersdorf bei Eugelsberg erhalten hatte.
Da erfolgte vor etwa fünf Jahren die Auffindung der Po-
sidonomya Becheri in dem Schieferthone von Johannesfeld bei
Troppau**) und bald darauf die Entdeckung derselben Muschel
und anderer für die Culm-Bildung bezeichnender Arten an ver-
schiedenen Punkten, . namentlich in den Dachschieferbruchen
von Meltsch und Eckersdorf***). Dadurch wurde für den öst-
licheren Theil des Gebietes die Zugehörigkeit zu der unteren
Abtheilung des Steinkohlengebirges festgestellt. Dagegen blieb
das Alter der breiten, dem Altvater näher liegenden, westli-
chen Zone noch in tiefes Dunkel gehullt. Da jedoch die
Gesteine dieser westlichen Zone durch ganz allmälige Ueber-
gänge mit denjenigen des östlicheren Gebietes verbunden schie-
nen, und da die Versteinerungen von Dittersdorf einen Wider-
spruch nicht begründeten, so wurde von mir vorläufig das ganze
östlich vom Altvater liegende Grauwacken-Gebirge der Culm-
Bildung zugerechnet}). Inzwischen enthielt das Vorkommen
der Versteinerungen bei Dittersdorf, indem es die-Möglichkeit
der Auffindung von Versteinerungen auch in der westlicheren
Zone bewies, die dringende Aufforderung, nach anderen und
wo möglich entscheidenderen Vorkommen solcher Versteine-
rungen zu forschen. Ich empfahl namentlich auch dem bei der
geologischen Aufnahme von Oberschlesien beschäftigten König-
lichen Bergeleven Herrn A. Haurıar, dem man schon mehrere
für die geclogische Kenntniss von Oberschlesien wichtige Ent-
*) Fossile Flora des Uebergangsgebirges. Breslau und Bonn 1852,
Ss. 69 f.
**) Vergl. diese Zeitschr. Jahrg. 1860 S. 350 #.
=) Vergl. ebendaselbst S. 513 ff. und neues Jahrb. für Mineral.
1863 S. 341.
7) Neues Jahrb. für Mineral. 1863 S. 342.
582
deekungen verdankt, seine ganz besondere Aufmerksamkeit auf
diesen Punkt zu richten. In der That haben denn auch die
von Engelsberg ausgehenden und nachher über die weiteren
Umgebungen sich ausbreitenden, umsichtigen und eingehenden
Nachforschungen des- Herrn A. HaLrAr einen günstigen Erfolg
gehabt. Sie haben zu dem wichtigen Funde geführt, welcher
den Hauptgegenstand ‘dieser Mittheilung bildet, und welcher ein
. ganz neues Licht über die geognostische Zusammensetzung
des östlich vom Altvater sich ausdehnenden Grauwackenge-
birges verbreitet. Herr Harrar fand nämlich auf der Höhe
des bei dem Dorfe Einsiedel, 4 Meile nördlich von dem Städt-
chen Würbenthal gelegenen Dürr-Berges in plattenformig ab-:
gesonderten, glimmerreichen Quarziten zahlreiche, verhältniss-
mässig wohlerhaltene Versteinerungen, welche die fraglichen
Quarzite als unter-devonisch bezeichnen. ' Die fraglichen Quar-
zite treten auf dem grösstentheils kahlen und unbewaldeten
Gipfel des genannten Berges in 10 bis 20 Fuss hohen Klippen
zu Tage, und die Abhänge sind mit losen Blöcken des Gestei-
nes in wilder Unordnung uüberstreut. Grosse Zweischaler
(Acephalen) bilden den Hauptbestandtheil dieser fossilen Fauna.
Ausserdem enthält dieselbe aber auch Gastropoden, Brachiopo-
den, Pteropoden und Trilobiten. Die drei wichtigsten, weil fur
das Alter der Schichten am meisten entscheidenden Arten sind
Grammysia Hoamiltonensis, Spirifer macropterus und Homalo-
notus crassicauda. Gleich bei der ersten Ansicht der von
Hanrar eingesendeten Petrefakten bestimmten mich diese drei
Arten sofort, die Quarzite für gleichalterig mit der unteren de-
vonischen Grauwacke am Rhein, d. i. der sog. Grauwacke von
Coblenz, anzusprechen; denn die genannten drei Arten sind be-
kannte und weit verbreitete organische Formen in dem Rhei-
nischen Gebirge. Die spätere genauere Prüfung der übrigen
Arten und mein eigener Besuch der Lokalität haben mich nur
in dieser Ansicht befestigen können. Uebrigens sind die ge-
nannten drei Arten keineswegs auch alle die häufigsten der
Fauna. Vielmehr sind Spirifer macropterus und Homalonotus
crassicauda bisher nur in wenigen Exemplaren gefunden. Nur
Grammysia Hamiltonensis ist zugleich eine der häufigsten Ar-
ten der Fauna. Sie erscheint in mehreren Abänderungen der
Form, welche man leicht für selbstständige Arten zu halten
geneigt sein könnte, wenn sie nicht durch Uebergangsformen
583
verbunden wären, Unter den Acephalen der Fauna zeichnen
sich sonst noch grosse, als Steinkerne erhaltene Zweischaler
aus, welche wahrscheinlich zur Gattung Pterinea gehören. Die
Gastropoden der Fauna sind specifisch kaum bestimmbar. Eine
stets nur verdrüuckt und unvollkommen erhaltene Form mit nie-
drigem Gewinde, welche in der allgemeinen Form an Nerita
erinnert, ist das häufigste Fossil der ganzen Fauna. Von Ce-
phalopoden liegt nur ein einziges Fragment eines nicht näher
bestimmbaren Cyrtoceras vor. Dagegen ist eine Art der Gat-
tung Tentaculites, welche sich durch ihre Grösse vor allen an-
deren Arten des Geschlechts auszeichnet, sehr häufig. Manche
dunne Quarzitplatten sind ganz mit den zusammengehäuften In-
dividuen dieser Art bedeckt. Endlich sind auch’ eigenthümliche
_ wurmförmige Körper, von 4 Zoll Breite und mehr als 1 Fuss
Länge, welche vielleicht mit dem Serpulites longissimus der obe-
ren Ludlow-Schichten verwandt sind, nicht selten.
So sind also am Ostabhange des krystallinischen Altva-
tergebirges, und zwar in Schichten, welche selbst schon wegen
ihres halbkrystallinischen Aussehens von allen früheren Beobach-
tern dem krystallinischen Urgebirge zugerechnet waren*), un-
ter-devonische Versteinerungen enthalten. Es ist die untere
Abtheilung der devonischen Gruppe, welche bisher im ganzen
östlichen Deutschland unbekannt war, nun auch in den Sude-
ten und zwar in deren sudöstlichstem Abschnitte nachgewiesen.
Natürlich ist von vorn herein zu vermuthen, dass das Auftre-
ten der devonischen Schichten nicht auf jenen einzelnen Punkt
bei Würbenthal beschränkt ist, sondern denselben eine weitere
Verbreitung zusteht. In der That lassen sich die Quarzite
des Dürr-Berges sowohl nordwärts, wie sudwärts im Streichen
weiter verfolgen, und namentlich nordwärts bis in die Nähe
von Zuckmantel. Freilich sind hier die bezeichnenden Verstei-
nerungen noch nicht aufgefunden, aber das kann kaum be-
fremden, da anch am Dürr-Berge nur einzelne Lagen der Quar-
zite versteinerungsführend zu ‘sein scheinen und die Nachfor-
*) Auf allen bisher vorhandenen geognostischen Karten des Altvater-
Gebirges ist die Grenze zwischen dem Urgebirge und dem Grauwacken-
Gebirge so gezogen, dass der Dürr-Berg westlich von dieser Grenz-
linie liegt.
384
schungen an diesen anderen Punkten bisher noch nicht sehr
eingehend gewesen sind.
Die Auffindung der devonischen Versteinerungen bei Wur-
beuthal gewährt nun auch ein gewisses Anhalten für die Beur-
theilung des bisher durchaus zweifelhaften Alters des übrigen
Grauwacken-Gebirges. Das unmittelbare Liegende der Quar-
zite des Dürr-Berges ist ein entschieden krystallinisches gneiss-
artiges Gestein,, welches die österreichischen Geologen, die im
Auftrage des Werner-Vereins in Brünn die Aufnahme des Alt-
vater-Gebirges ausführten, als Phyllit-Gneiss bezeichnet haben.
Unter diesem folgen dann andere krystallinische Gesteine. Si-
lurische Gesteine sind demnach auf dem Ostabhange des Alt-
vater-Gebirges anscheinend nicht vorhanden; denn sie wären
nur westlich, d, i.im Liegenden der Quarzite des Dürr-Berges, °
zu suchen. Das Hangende der Quarzite dagegen wird durch
‚schwarze, fein gefältelte, quarzreiche und in Glimmerschiefer
übergehende Thonschiefer gebildet. Dieselben sind am Abhange
des Dürr-Berges bei dem Mundloche eines alten Stollns deut-
lich aufgeschlossen. Auch weiterhin gegen Einsiedel hin sind
diese Glimmerschiefer-ähnlichen schwarzen Thonschiefer ver-
breitet. Verschiedene schmale Zuge von Diorit setzen, dem
nord-südlichen Streichen der Schichten parallel, in diesen Thon-
schiefern auf, und mächtige Lager eines blaugrauen, vollkommen
krystallinischen, aber doch deutlich geschichteten Kalksteines,
welcher in grossen, zwischen Einsiedel und Würbenthal gele-
genen Steinbrüchen gewonnen wird, sind denselben unterge-
ordnet.
Wenn man nun annehmen darf, dass so wie im Liegenden
d. i. in westlicher Richtung von den Quarziten des Dürr-Ber-
ges ältere krystallinische Gesteine folgen, in gleicher Weise
auch im Hangenden d. i. in östlicher, von der krystallinischen
Achse des Altvaters abgewendeten Richtung jüngere Gesteine
auf dieselben folgen, so werden die soeben aufgeführten Thon-
schiefer und Kalkstein-Lager zwischen Einsiedel und Würben-
thal mit Wahrscheinlichkeit als einer jüngeren Abtheilung der
devonischen Gruppe angehörig betrachtet werden dürfen. Diese
Annahme erhält durch gewisse andere Thatsachen eine nähere
Begründung.
Seit längerer Zeit werden bei Bärn in Mähren und bei
Spachendorf und Bennisch in Oesterreichisch-Schlesien eigen-
585
thümliche Eisensteine gewonneu, welche grossentheils auf der
Wittkowitzer Eisenhütte bei Mährisch-Ostrau verhüttet wer-
den. Es ist ein dunkeles, bräunlich oder grünlichschwarzes
Gestein, welches von sehr kleinen eingesprengten Okta&dern
von Magneteisen erfüllt ist. Durch Zersetzung des Magnet-
eisens geht das Erz, namentlich in den oberen Teufen der
Lagerstätten, häufig in dichten Brauneisenstein über. Selten
besteht das Erz aus einem innigen Gemenge von Magneteisen
und Eisenglanz. Diese Erze werden von anderen, dem zwischen
dem Altvater und dem Oppa- Thale sich ausbreitenden Grau-
wacken-Gebirge übrigens fremden Gesteinen begleitet. Das
sind namentlich dünn plattenformig oder nierenförmig abgeson-
derte graue Kalksteine, Diabas -Mandelsteine und Schalsteine.
Eine Zone dieser Eisenstein-fuhrenden Schichtenreihe lässt
sich von Sternberg in Mähren in nordöstlicher Richtung über
Deutsch-Lodenitz, Bärn, Spachendorf, Bennisch bis nach Zos-
sen südlich von Jägersdorf in einer Erstreckung von beinahe
sechs Meilen fast zusammenhängend verfolgen. In den orogra-
phischen oder Relief-Verhältnissen der dortigen Gegend macht
sich diese Gesteinszone nur durch das Hervortreten eigenthum-
lich höckeriger und rauher, kleiner, schmaler Hugelzuge von 10
bis 40. Fuss Höhe, welche durch den Diabas- Mandelstein ge-
bildet werden, bemerklich. Namentlich erscheinen die Diabas-
Mandelsteine in dieser äusseren Form bei Bärn, wo noch der
dicht bei der Stadt sich. erhebende Kapellen-Berg daraus be-
steht. Ganz niedrig, nur 10 bis 20 Fuss hoch, und doch recht
auffallend sind die Diabas- Mandelstein- Rücken bei Bennisch,
wo sie „ Meile südlich von dem Städtchen, mit Laubholz be-
wachsen und durch eine Reihe von Eisenstein-Gruben bezeich-
net, auf dem flachen Plateau des Grauwacken - Gebirges sich
erheben.
Die Beschaffenheit der Diabas-Mandelsteine und die Ver-
bindung derselben mit Kalksteinen und Lagern von Eisenstein
zeist so grosse Aehnlichkeit mit dem Verhalten der Dia-
bas-Mandelsteine in Nassau, in Westphalen und im Harze,
dass ich gleich bei der ersten Ansicht derselben auch eine Al-
tersgleichheit mit jenen : anzunehmen geneigt war*). Herr
*, Vergl. Neues Jahrb. 1563 S. 342.
In der That ist fast nur der Umstand, dass Magneteisen statt Roth-
586
HaALFAR, dem ich meine Vermuthung mittheilte, hat das Ver-
dienst, die paläontologischen Beweise für diese Annahme auf-
gefunden zu haben. Die wichtigsten dieser Beweismittel wur-
den auf den Halden der südlich von Bennisch gelegenen Eisen-
stein-Gruben und namentlich auf den Feldern des Anna-Schach-
tes gewonnen. Das erzführende Gestein ist hier ein 10 Fuss
mächtiger, blauschwarzer oder braunschwarzer, mit flaserigen
Chlorir- Partieen und Thonschiefermasse durchwachsener und
ausserdem mit dünnen Schnüren von hellem, krystallinischen
Kalk und glänzendem, schwarzen Anthracit durchzogener mer-
geliger Kalkstein mit sehr kleinen eingesprengten Okta@dern
von Magneteisenstein. In eben diesen erzführenden Gesteinen
kommen Goniatiten, Orthoceren und Trilobiten vor. Die Go-
niatiten gehören einer dickscheibigen oder zusammengedrückt
kugeligen Art von 2 bis 3 Zoll im Durchmesser an, welche in
dem steil abfallenden Nabel die drei oder vier vorhergehenden
Umgänge zum Theil erkennen lässt und ausserdem durch
einen sehr einfachen Verlauf der Kammerwandsnähte, die nur
einen kleinen ungetheilten Dorsal-Lobus und keinen deutlichen
Lateral-Lobus bilden, ausgezeichnet ist*). Die Orthoceren sind
nach den vorliegenden Exemplaren bei der mangelnden Scha-
lenoberfläche kaum näher bestimmbar. Dagegen ist von den bei-
eisenstein das herrschende Erz ist, von dem Verhalten in Nassau und
Westphalen unterscheidend.
Ein anderer Umstand, nämlich die Abwesenheit ächter Diabase ne-
ben den Diabas-Mandelsteinen und Schalsteinen, könnte auch als unter-
scheidend angesehen werden. Allein nachdem ich selbst mich längere
Zeit vergeblich nach dem Eruptiv-Gesteine umgesehen hatte, von welchem
die Entstehung der Diabas-Mandelsteine abgeleitet werden könnte, fand
ich auf den Halden des Anna-Schachtes bei Bennisch fingerdicke Lagen
eines dunkelgrünen, etwas durchscheinenden Serpentins mit zahlreichen,
eingesprengten, zersetzten, weissen Krystallen von prismatischer Form.
Diesen Serpentin, welcher dünne Lagen oder Schnüre in grauem Thon-
schiefer bildet, halte ich für einen veränderten Diabas-Porphyr und sehe
in ihm das Eruptiv-Gestein, durch welches die Entstehung der Diabas-
Mandelsteine bedingt war.
*) Die Erhaltung der 5 oder 6 vorliegenden Exemplare erlaubt-eine
scharfe specifische Bestimmung nicht. Vielleicht ist es nur eine Varietät
des formenreichen @oniatites retrorsus. Sonst besteht aber auch eine
bedeutende Aehnlichkeit mit dem von Barranpe (Syst. Silur. du centre
de la Bohöme. Vol. II. Cephalop. Pl. V.) abgebildeten Goniatites plebejus
aus ober-silurischen Schichten Böhmens.
In
587
den vorliegenden Trilobiten - Arten die eine so wohl erhalten,
dass sie mit Sicherheit als Phacops latifrons, d. i. die bekannte
Art des Eifeler Kalks, bestimmt wird. Die andere gehört nach
den Dornfortsätzen am Aussenende des Kopfschildes der Gat-
tung Acidaspis (Odontopleura) an. In bläulichgrauen oder röth-
lichgrauen reineren Kalksteinlagen, welche zwischen dem erz-
führenden Lager und der Hauptmasse des Diabas-Mandelsteins
liegen, kommen ausserdem zahlreiche Korallen vor, oder richti-
ser diese Kalksteine werden wesentlich durch Korallenstöcke
gebildet. Die häufigste Art ist Zeliolites porosa. Zahlreiche
zum Theil faustgrosse Knollen des röthlichen Kalksteins er-
weisen sich bei näherer Betrachtung als Korallenstöcke dieser
Art. Auch Calamopora cervicornis und Stromatopora polymorpha,
eine Art der Gattung Cystiphyllum und eine Art der Gattung
Amplexus wurden erkannt. Gewisse Stücke eines krystallini-
schen hellgrauen Kalksteins erweisen sich. bei näherer Prüfung
fast ganz aus Crinoiden -Stielen zusammengesetzt. Auf ange-
witterten Flächen des Kalksteins wurden ausser Säulenglie-
dern, welche zu Rhodocrinus zu gehören scheinen, mit Sicher-
heit solche der Gattung Cupressocrinus erkannt. Endlich zei-
gen sich eigenthüumliche graue Thonschiefer, die in der Nähe
eines früher süd-östlich der Frobelhöfer Waldhäuser bei Zos-
sen gelegenen Kalksteinbruches anstehen und jedenfalls auch
in die Zone der durch den Diabas-Mandelstein bezeichneten
Schichtenreihe gehören, auf den Schieferungsflächen ganz be-
deckt mit den Individuen eines kleinen, nur 4 Millim. langen
Tentaculiten-ähnlichen,, stets der Länge nach in der Mitte zu-
sammengedrückten Körpers, welcher auch bei Büdesheim in
der Eifel und im Harz in ganz ähnlicher Weise gewisse ober-
devonische Schiefer erfüllt. Zwischen diesen kleinen Tentacu-
liten-ähnlichen Körpern werden auch Fragmente eines an
den Enden der Rumpf-Segmente mit langen Dornfortsätzen ver-
sehenen Trilobiten, welcher vielleicht mit der erwähnten Aci-
daspis-Art identisch ist, bemerkt.
Obgleich nun die bisher in der fraglichen Gesteinszone
beobachteten organischen Einschlüsse auch nicht sehr zahl-
reich sind, so genügen sie doch schon, um die durch den Cha-
rakter der Gesteine begründete Vermuthung, dass hier eine
ober-devonische Schichtenfolge vorliege, zu bestätigen. Die
von Sternberg in Mähren über Bärn, Spachendorf und Bennisch
588
bis nach Zossen sudlich von Jägerndorf sich fortziehende Zone
von kalkigen, zum Theil auch sandigen und thonigen Gestei-
nen, denen Züge von Diabas-Mandelstein und Schalstein und
Eisensteinlager untergeordnet sind, ist als gleichalterig mit der
ober-devonischen aus ähnlichen Gesteinen zusammengesetzten
Schieferreihe in Nassau, in Westphalen und im Harze zu be-
trachten.
Es fragt sich nun, welche weitere Schlüsse ergeben sich
aus dieser Altersbestimmung für die zu beiden Seiten dieser
ober-devonischen Gesteinszone verbreiteten Grauwacken und
Thonschiefer. Das ostwärts von dieser Zone liegende Grau-
wacken-Gebirge wird als weiter von der krystallinischen Achse
des Altvater- Gebirges entfernt liegend mit Wahrscheinlichkeit
als jünger angesehen werden müssenund kann daher nuretwa einer
noch jüngeren Abtheilung der devonischen Gruppe oder dem
Steinkohlengebirge angehören. Für den grösseren Theil dieser
zwischen der fraglichen ober-devonischen Zone und dem Oppa-
Thale verbreiteten Grauwacken und Thonschiefer ist die Zu-
gehörigkeit zu der unteren Abtheilung des Steinkohlen - Gebir-
ges, und zwar zu der durch Posidonomya Becheri vorzugsweise
bezeichneten Culm-Bildung schon früher durch die an verschie-
denen Punkten aufgefundenen thierischen und pflanzlichen
Versteinerungen erwiesen. Verbindet man nun die am meisten
gegen Westen geruckten Punkte dieser Art, nämlich die Dach-
schieferbrüche bei Altendorf*) südlich von Bautsch, diejenigen -
von Meltsch an der Mohra, diejenigen von Eckersdorf**), süd-
östlich von Bennisch und Nieder-Paulowitz***) bei der Hotzen-
*) Nach den Beobachtungen des Herrn Haırar Kommen dort ausser
der mir schon früher von dort bekannten Posidonomya Beckeri auch an-
dere bezeichnende thierische und pflanzliche Reste der Culm-Bildung vor.
**) Vergl. Neues Jahrb. 1863 S. 341. Das einzige dort gefundene,
aber völlig unzweifelhafte Exemplar der Posidonomya Becheri befindet
sich in dem Breslauer Museum.
***) In den Schiefern am Eingange des alten Stollens bei der Klapper-
Mühle in Nieder-Paulowitz sammelte Herr Hawraa verschiedene Fossilien,
unter denen sich @Gonialites sphaericeus (@. crenistria) und Posidonomya
Becheri mit Sicherheit bestimmen liessen. Die Angabe Göpperr’s (Foss.
Flora des Uebergangsgeb. 1852 S. 71) von dem Vorkommen der Cly-
menia undulata an dieser Stelle muss auf irgend einer Verwechselung
beruhen, da in der ganzen Umgebung nur Thonschiefer und Grauwacken
von dem gewöhnlichen Ansehen der Culm-Bildung anstehen
589
plotz durch eine Linie, so wird der ganze östlich von dieser
Linie liegende Theil des Grauwacken - Gebirges um so mehr
der Culm-Bildung unbedenklich zugerechnet werden können,
weil ja in diesem Gebiete verschiedene andere Fundorte der
bezeichneten Culm-Versteinerungen bekannt sind. Nur der zwi-
schen dieser Linie und der Eisenstein-führenden Schichtenzone
liegende Streifen von Grauwacken und Thonschiefern könnte
daher zweifelhaft sein. Das Ansehen dieser Gesteine ist aber
petrographisch mit demjenigen der sicher bestimmten Culm-
Gesteine so übereinstimmend, und die Breite des Streifens ist
namentlich zwischen Eckersdorf und Bennisch so gering, dass
man eine Verschiedenheit des Alters kaum anzunehmen geneigt
sein und den Grund für die anscheinende Abwesenheit fossiler
Einschlusse lediglich in der durch grösseren Druck bei der Aufrich-
tung mehr veränderten Beschaffenhit der Schichten suchen wird.
Schwieriger ist die Frage nach dem Alter des zwischen
der Eisenstein-führenden Zone von Spachendorf und Bennisch
und den versteinerungsführenden Quarziten von Würbenthal
liegenden Grauwacken-Gebietes, wie namentlich der Gegend von
Freudenthal und Engelsberg, zu beantworten. Zunächst darf
jedoch wohl angenommen werden, dass die Grauwacken und
Thonschiefer dieses Gebietes jünger sind als die Quarzite von
Würbenthal selbst, da sie weiter von der krystallinischen Achse
des Gebirges entfernt liegen und ihre Gesteinsbeschaffenheit
sich auch viel weniger Krystallinisch verändert zeigt als jene
Quarzite. Wenn sie nun junger sind als die unter-devonischen
Quarzite und älter als die ober-devonischen Gesteine der Ei-
senstein-führenden Zone von Spachendorf und Bennisch, so wird
kaum eine andere ‘Annahme übrig bleiben, als sie für mittel-
devonisch, also für wesentlich gleichalterig mit dem Kalke der
Eifel zu halten. Die petrographische Beschaffenheit der betref-
fenden Gesteine könnte dieser Annahme kaum entgegenstehen,
da bekanntlich auch in einem auf der rechten Rhein-Seite lie-
genden Theile des rheinischen Schiefer-Gebirges die mittel-de-
vonische Abtheilung vom Alter des Eifeler Kalks in der Form
von Thonschiefer und Grauwacken-Sandsteinen entwickelt ist.
Paläontologische Beweismittel zur Unterstützung dieser Alters-
bestimmung sind freilich nicht vorhanden. Bekanntlich sind
die einzigen aus dem ganzen fraglichen Grauwacken-Gebiete
bekannten organischen Reste die wenigen, schlecht erhaltenen
590
Versteinerungen, welche SCHARENBERG aus den Dachschiefer-
brüchen von Dittersdorf bei Engelsberg*) erhielt. Diese ge-
währen kein bestimmtes Anhalten für die nähere Stellung der
Schichten, aber sie sind auch der hier angenommenen Deu-
tung nicht entgegen. Das einzige einigermaassen bestimmbare
Fossil, welches ausser einigen ganz undeutlichen Crinoiden-
Stielen und einzelligen Cyathophylliden aufgefunden wurde, ist
ein etwa 3 Zoll breiter Steinkern eines gekammerten Cepha-
lopoden, welchen SCHARENBERG zur Gattung Lituites brachte,
während ich selbst früher denselben als einen weitnabeligen
Nautilus, wie dergleichen im Kohlenkalk vorkommen, anzu-
sehen geneigt war. Mit vielleicht noch mehr Recht kann man
dieses Fossil als eine Art der Gattung Gyroceras, welche in
dem Kalke der Eifel verschiedene Vertreter hat, ansehen.
Auf diese Weise wurden also alle drei Abtheilungen der
devonischen Gruppe und ausserdem die untere Abtheilung des
Steinkohlengebirges in der Form der sogenannten Oulm-Bildung
an der Zusammensetzung des zwischen dem krystallinischen
Altvater und dem Oppa-Thale sich ausbreitenden Grauwacken-
Gebietes, welches noch vor Kurzem als eine einförmige an-
scheinend ganz ungegliederte Masse sich darstellte, Theil neh-
men. Nur um das nähere Studium der inneren Zusammen-
setzung dieser Hauptglieder und um die genauere Feststellung
von deren Grenzen an der Oberfläche wird es sich in Zukunft
noch handeln.
Die allgemeinen Ergebnisse der in dem Vorstehenden mit-
getheilten Beobachtungen lassen sich in folgende Sätze zu-
sammenfassen:
1. Am Dürr-Berge bei Einsiedel unfern Würbenthal in
Oesterreich-Schlesien enthalten dunngeschichtete, glimmerreiche,
weisse Quarzite, welche Gneiss zum Liegenden und Glimmer-
schiefer-ähnliche, quarzreiche, schwarze Thonschiefer zum Han-
genden haben, eine aus Zweischalern (Acephälen), Gastropo-
den, Brachiopoden und Trilobiten bestehende fossile Fauna, °
durch welche diese Quarzite als unter-devonisch, und zwar im
Besonderen der älteren devonischen Grauwacke am Rhein
(Grauwacke von Coblenz) gleichstehend, bestimmt werden.
*) Vergl. Neues Jahrb. 1863 8. 342. i
591
2. In den Umgebungen von Loderitz und Bärn in Mähren
und von Spachendorf und Bennisch in Oesterreich - Schlesien
treten in dem Bereiche des das krystallinische Altvater-Gebirge
im Osten und Südosten umgebenden Grauwacken - Gebietes
schmale, von Kalk-Diabasen, Schalsteinen und eigenthümlichen
Magneteisen-führenden Eisenstein-Lagen begleitete Kalkstein-
lager auf, welche durch ihre organischen Einschlusse, und
namentlich durch Goniatiten, welche bei Bennisch darin auf-
gefunden worden sind, als der oberen Abtheilung der devoni-
schen Gruppe angehörig sich erweisen. _
3. Die Grauwacken und Thonschiefer des zwischen dieser
ober-devonischen Kalksteinzone und den unter-devonischen
Quarziten des Dürr-Berges bei Würbenthal liegenden Gebietes
sind, obgleich entscheidende Versteinerungen aus denselben
noch nicht bekannt sind, mit Wahrscheinlichkeit der mittleren
Abtheilung der devonischen Gruppe zuzurechnen.
Da nun 4. andererseits die ostlich an jene ober-devonische
Zone zunächst angrenzenden Grauwacken und Thonschiefer von
denjenigen des dem Oppa-Thale näher liegenden Gebietes, fur
welche die an zahlreichen Fundorten beobachtete Posidonomya
Becheri und andere thierische und pflanzliche Versteinerungen
die Zugehörigkeit zur Culm- -Bildung erweisen, sich äusserlich
nicht wesentlich unterscheiden, so werden auch sie derselben
unteren Abtheilung des Steinkohlengebirges mit Wahrschein-
lichkeit‘ zuzurechnen sein.
5. Das zwischen dem Altvater und dem Oppa-Thale sich
ausbreitende Grauwackengebiet wird demnach durch Gesteine
aus den drei Abtheilungen der devonischen Gruppe und aus
der unteren Abtheilung des Steinkohlengebirges zusammen-
gesetzt.
Erklärung der Tafel XVIL.
Figur 1. Grammysia Hamiltonensis E. ne Vernevit (vergl. Fern.
Rosrner in Leth. geogn. Th. II. p. 431). Ansicht eines Exemplars der
rechten Klappe in natürlicher Grösse. Das Exemplar passt zu der typi-
schen Form E. pe Veanevir’s.
Figur 2. Grammysia Hamiltonensis E. ve Vern. var. ohne deutliche
Rippen, sondern nur mit einzelnen Anwachsringen und mit schmalerer,
Zeits.d. d.geol. Ges. XV1.a. 39
592
mehr verlängerter Schale. Statt der jederseits von einer Furche begrenz-
ten schief über die Schale verlaufenden Rippe ist nur eine einfache Fur-
che vorhanden. Man würde geneigt sein, diese Varietät für eine selbst-
ständige Art zu halten, wenn nicht Uebergänge zu der Hauptform vor-
handen wären. Die Art zeigt überhaupt an der in Rede stehenden
Lokalität die mannigfachsten Form - Veränderungen. Auch Exemplare,
welche sonst die allgemeine Gestalt der typischen Form haben, sind oft
nur mit einer einfachen Furche versehen.
Figur 3. Pierinea sp Steinkern der rechten Klappe in natürlicher
Grösse. Obgleich die für die Gattung bezeichnenden Schlossleisten nicht
erkennbar sind, so weiset doch die allgemeine Form am meisten auf Pte-
rinea hin. Es liegen zwei Exemplare vor.
Figur 4. Edmondia ? acutangula n.sp., durch den sehr scharfkan-
tigen hinteren Kiel und durch eine gewisse Drehung der ganzen Schale
ausgezeichnet. Eine breite flache Einsenkung zieht sich von dem Wirbel
gegen den Ventralrand der Schale hinab Die Gattungsbestimmung ist
völlig unsicher. J. Hart hat gewisse einigermaassen ähnliche Zweischaler
zu Edmondia gebracht. Es liegt nur ein deutliches Exemplar vor.
Figur 5 Edmondia sp. Ein vielleicht ebenfalls zur Gattung Ed-
mondia gehörender Zweischaler, bei welchem die Wirbel viel mehr am
vorderen Ende der Schale liegen als bei der vorigen Art.
Figur 6. Spirifer macropterus GoLor. Steinkern in natürlicher
Grösse. Stimmt ganz mit Steinkernen derselben Art aus der rheinischen
Grauwacke überein. Es liegen 5 Exemplare vor. j
Figur 7. ?Naticopsis sp. Ein stets verdrückter und unvollkommen
erhaltener Gastropod, dessen Zugehörigkeit zur Gattung Naticopsis ganz
zweifelhaft ist und der hier nur seiner grossen Häufigkeit wegen abge-
bildet wird. Fast immer ist nur der letzte Umgang mit mehr oder min-
der scharfkantigem Rücken erhalten. Das Gewinde ist niemals deutlich
erkennbar, war aber jedenfalls ganz niedrig.
Figur 8. Pleurotomaria sp. Nicht näher bestimmbarer Steinkern.
Figur 9. Mwurchisonia sp. Da die Skulptur der Schale nicht erhal-
ten ist, so ist eine nähere Bestimmung kaum thunlich.
Figur 10. Tentaculites grandis n. sp. Die grösste mir bekannte
Art der Gattung, welche mehr als 14 Zoll in der Länge erreicht. Die
Zwischenräume zwischen den starken Ringwülsten haben keiue feineren,
erhabenen Linien und sind anscheinend glatt. Die braun gefärbten
Schichtflächen gewisser dünnen Platten des Quarits sind häufig ganz
bedeckt mit den Individuen dieser Art. Diese sind schwarz durch
Schwefelkies, dessen Zersetzung die braune Färbung der Schichtflächen
bewirkt. Zuweilen ist ausser dem Abdrucke der Oberfläche auch der
Steinkern der inneren Höhlung erhalten. Die Abbildung stellt ein Exem-
plar in natürlicher Grösse nach einem Gutta-Percha-Abgusse dar.
Figur 11. ?Cyrtoceras sp. Ein nicht näher bestimmbarer Steinkern.
Die Lage des Sipho ist nicht sichtbar. Nur das rasche Anwachsen und
593
eine leichte Krümmung des Gehäuses bestimmt, den Steinkern zu Cyrto-
ceras und nicht zu ÖOrthsceras zu stellen.
Figur 12. Homalonotus crassicauda SanDBERGER. Das Schwanzschild
in natürlicher Grösse. Es liegen drei mehr oder minder verdrückte Exem-
plare des Schwanzschildes und ein einzelnes Rumpf- Segment vor. Die
Uebereinstimmung des Schwanzschildes mit solchen der rheinischen Grau-
wacke und namentlich von Daun in der Eifel ist so vollständig, dass an
der Identität der Art nicht zu zweifeln ist. Bei dem einen der vorlie-
genden Exemplare des Schwanzschildes endet dasselbe anscheinend in eine
feine Spitze, wie sie die Abbildung zeigt. Uebrigens verstehe ich MH.
crassicauda nicht in dem Umfange wie die Gebrüder Sanngercer (Rhein.
Schichten-Syst. in Nassau p. 27), welche den H. Knightü der englischen
Ludlow-Schichten als ein Synonym eitiren und also die Benennung A.
crassicauda nur als eine vermeintlich nomenklatorisch passendere der
älteren englischen substituiren, sondern halte die devonische Art von der
genannten silurischen Art für specifisch verschieden. Die von SaLTER
neuerlichst gegebene genauere Beschreibung des H. Knightu ist dafür
entscheidend.
Fig. 13. Serpulites sp. Ein Bruchstück in natürlicher Grösse. Ein-
zelne der vorliegenden Exemplare sind 2 Fuss lang, ohne eine Endigung
zu zeigen. Häufig liegen mehrere Exemplare nebeneinander in demselben
Gesteinsstücke. Die Art erinnert an den Serpulites longissimus Much,
der oberen Ludlow-Schichten, welcher nach der hornig-kalkigen Beschaffen-
heit der häufig erhaltenen Schale gewiss eine Anneliden-Röhre ist. Sonst
sind ähnliche wurmförmige Körper, die in Sandsteinen verschiedener
Formationen vorkommen, ja auch häufig als pflanzliche Reste gedeutet
worden.
39*
594.
>
3. Ueber die Umwandlung des Basaltes zu Thon.
Nach Daten aus der Dissertation des Herrn PıczEıs: De Basal-
iae in argillam transmutatione.
Von Herrn Rortu ın Beriin.
In dem Nachlass des Herrn MiTscHErLicHh, welchen ich
durchzusehen veranlasst war, fand sich die folgende handschrift-
liche Notiz über Basaltberge des Erzgebirges:
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DANN
BAUR
2006 "506 zccı R.
Topographische Darstellung, aus der Dissertation des Herrn Paceıs.
123
595
„Vier Basaltberge des Erzgebirges — der Pöhlberg, Schei-
benberg und Bärenstein auf der nördlichen, die Steinhöhe auf
der südlichen Seite — liegen auf einer Schutt- und Thonbil-
dung, welche durch den Basalt vor Zerstörung geschützt wor-
den ist, Besonders der Scheibenberg hat schon in früherer
Zeit bei dem Streit über die Entstehung des Basaltes die Auf-
merksamkeit der Geologen auf sich gezogen, ist aber erst von
. Naumann, eine kleine Notiz von FREIESLEBEN abgerechnet, be-
rücksichtigt worden.
Vor einigen Jahren war am -Bärenstein, um Sand und
Kies zu gewinnen, an der Nordseite eine Stelle so weit ent-
blösst worden, dass man die Auflagerung des Basaltes auf die
Schuttbildung verfolgen konnte; diese Gelegenheit veranlasste
1
® = 2
X Pohl
B.
Br —k Ö) -
a,
1
Scheihben-
B.
%
&
1 Bärenstein
B.
;
&
5 2
® 2
_
Geognostische Darstellung, aus dem Nachlass des Herrn Mirtscrertich.
1 Glimmerschiefer. 2 Gneiss. 3 Basalt. 4 Grus, Sand.
5 Granit. 6 Porphyr. 7 Kalk und Dolomit. 8 Grünstein.
596
mich, die Verhältnisse genauer zu untersuchen. ‘Der in sehr unre-
gelmässige Säulen abgesonderte Basalt ist mit fast horizontaler *
Grenze der Schuttbildung aufgelagert. Zunächst der Auflage-
rungsgrenze ist der Basalt etwa 8 Zoll weit in Thon zersetzt,
weiter nach oben findet eine Trennung der Säulen in Scheite
statt, während sich sonst bei Zersetzung des Basaltes zuerst
kugelförmige Absonderungen bilden.
Sicher ist, dass die Thalbildung erst nach dem Hervor-
quellen der Basalte stattgefunden; sie kann durch die mit dem
Hervortreten der Basalte verbundene Hebung bedingt sein.“
Hervorgerufen durch die von MITSCHERLICH an Ort und
Stelle gesammelten Materialien entstand im Jahr 1858 die
die Dissertation des Herrn Paıczıs de Basaltae in argillam trans-
mutatione, aus welcher die folgenden, anderweitig nicht hinrei-
chend bekannt gewordenen Daten entnommen sind.
Unter den basaltischen Massen des sächsischen Erzgebir-
ses sind als besonders interressant der Bärenstein, der Pohl-
berg und der Scheibenberg zu erwähnen, von denen hier beson-
ders der erstere in Betracht gezogen ist. Der Bärenstein liegt
ungefähr eine Meile nördlich von Annaberg und erhebt sich bis
zu 2440 Fuss Meereshöhe. An seinem Fusse steht der in der
ganzen Gegend verbreitete Gneiss an, der auch die Unterlage
bildet. Am nordwestlichen Abhange tritt zwischen dem Basalte
und Gneiss eine sandig thonige, Quarzgerölle enthaltende Ab-
lagerung auf, gebildet durch einst hier vorhandene Seen. Ob-
gleich man nicht berechtigt ist, den Poöhlberg und Bärenstein
als früher zusammenhängend zu betrachten, so sind doch fast
alle hier vorkommenden Thäler durch Auswaschung entstanden,
wie man dies an den noch vorhandenen Seen dieser Gegend
nachweisen kann. Herr MirscHErtich beobachtete an einer
zur Gewinnung des Sandes abgegrabenen Stelle die Umwan-
delung des an die Quarzgeröllschichten grenzenden Basaltes zu
Thon und konnte Basalt in allen Stadien der Zersetzung sam-
meln. Dieses Material liegt den folgenden Analysen zu Grunde.
Ueber die Methode derselben ist Folgendes zu bemerken:
Der fein gepulverte Basalt, ‘dessen Wassergehalt durch
Schmelzen bestimmt war, wurde in einem zugeschmolzenen
Rohr von schwer schmelzbarem Glase durch achttägiges Er-
%
597
hitzen mit Salzsäure von 1,1972 spec. Gew. bei 80 Grad auf-
geschlossen und die Lösung zur Trockne eingedampft. Aus
dem mit Salzsäure befeuchteten Ruckstand wurden die lösli-
chen Chlormetalle mit Wasser ausgezogen und von der Kiesel-
säure abfiltrirt, sodann wurde durch bernsteinsaures- Ammoniak
Thonerde und Eisenoxyd heiss gefällt, weil man so die Thonerde
ganz frei von Magnesia erhält. Die Lösung dieses Niederschla-
ges in Salzsäure wurde mit Weinsteinsäure versetzt, mit Am-
moniak übersättigt, aus der klaren, braunrothen, alkalischen,
bis zum Kochen erhitzten Flussigkeit das Eisen mit Schwefel-
wasserstoff- Ammoniak gefällt und aus der eingedampften Lö-
sung durch Glühen die Thonerde erhalten, neben welcher fast
die ganze Menge der Titansäure sich fand; beide liessen sich
leicht durch Erhitzen mit concentrirter Schwefelsaure und nach-
heriges Aufkochen trennen. Aus der von Eisenoxyd und Thon-
erde abfiltrirten Flussigkeit wurde der Kalk mit oxalsaurem
Ammoniak bestimmt und endlich die Flussigkeit unter Zusatz
von Oxalsäure eingedampft. Von den durch Glühen entstehen-
den kohlensauren Salzen bleibt beim Auflösen in wenig Was-
ser die Magnesia zurück und kann als phosphorsaure oder
schwefelsaure Magnesia bestimmt werden. Die bei der Mag-
nesia gebliebene geringe Menge Mangan liess sich von dieser
durch verdunnte Salpetersäure trennen, der Strontian von dem
Kalk nach Stromzyer’s Verfahren. | |
Die kohlensauren Alkalien wurden in Chlormetalle verwan-
delt, als solche gewogen, dann wurde das Kali als Kaliumplatin-
chlorid und das Natron als Chlornatrium oder schwefelsaures Na-
tron bestimmt. Alle Niederschläge wurden auf die gewöhnliche
Weise auf ihre Reinheit geprüft, das Natron liess sich als
schwefelsaures Salz vollständig krystallisiren, und wenn die
Krystalle verwitterten, konnte man überzeugt sein, dass es frei
von Kali war. Bei dieser Art der Analyse fällt die Besorg-
niss weg, dass sich wegen unvollständigen Auswaschens der
Niederschläge ein Ueberschuss ergeben könne; es sind näm-
lich bis auf das Platinchlorid alle nicht flüchtigen Substanzen
vermieden. Da beim Aufschliessen durch Flusssäure Magnesia,
Kali und Natron als schwefelsaure Salze zurückbleiben und
dann die Trennung durch Oxalsäure nicht angewendet werden
kann, so geschah sie in der Kochhitze durch reinen essigsauren’
Baryt. Mit möglichst wenig Wasser wurden die kohlensauren
598
Alkalien von dem kohlensauren Baryt und der kohlensauren
Magnesia getrennt, erstere dann als Chlormetalle, wie ange-
führt, behandelt, endlich die Maguesia als schwefelsaures Salz
bestimmt. Bei Weissglüuhhitze kann man Schwefelsäure und
Magnesia trennen, und die auf diese Weise gefundene Menge
der Magnesia stimmte fast genau mit der aus dem schwefel-
sauren Salze berechneten überein, ebenso die Summe der als
schwefelsaure Salze berechneten Akalien und der schwefel-
sauren Magnesia nahezu mit dem vor der Trennung gefunde-
nen Gewichte derselben. 1
Der Basalt des Bärensteines ist von graulich-schwarzer
Farbe, ziemlich fest und lässt eine grosse Menge kleiner Au-
gitkrystalle erkennen, die besonders auf einer geschliffenen
Fläche deutlich hervortreten. Das Titaneisen verräth sich durch
seinen Glanz. Olivin ist ungemein spärlich vorhanden, dage-
gen zeigt sich die Gegenwart des Magneteisens sehr deutlich
durch die kräftige Einwirkung auf die Magnetnadel. Das Ge-
stein ist in dicke Säulen abgesondert, die fast alle senkrecht
stehen.
Die von dem obersten Felsen genommenen Stücke zeigen
anscheinend keine Zersetzung; ihr spec. Gew. beträgt 3,350.
Mit concentrirter Salzsäure eingeschlossen zerfällt dieser Basalt
ungemein leicht in einen aufschliessbaren und einen nicht auf-
schliessbaren Theil. Schmilzt man ihn in einem Patintiegel
über dem Gasgebläse, so erhält man nach schnellem Abküh-
len eine schwarze, glasartige, dichte Masse von nur 3,188 spec.
Gewicht, die sich als Pulver vollkommen durch Salzsäure auf-
schliessen lässt. Da Augit, für sich geschmolzen, durch Salz-
saure nicht aufschliessbarist, so wirken ohne Zweifel die Bestand-
theile der basaltischen Grundmasse modificirend auf die Kiesel-
säure des Augites ein.
- 8,013 Gr. Basalt verloren beim Schmelzen 0,189 Gr. oder
2,35 pCt., in naher Uebereinstimmung mit dem von GIRARD
im Mittel angegebenen Verluste von 2,5 pCt. Der vorher ge-
schmolzene Basalt vom obersten Fels gepulvert, mit Salzsäure
eingeschlossen, ergab unter Hinzufügung des Gluhverlustes fol-
gende Zusammensetzung, berechnet aus der Analyse 101,275 pCt.:
SsıO° 42,641: mit O = 22,74
110% ‚1,800 0,72
Al? O° 17,105 7,98
599
FeOFe?O° 7,674 62:12
Fe oO 2,423 0,54
Mn’ O? 0,450 0,14
CaO 14,577 | 4,17
SrO 0,068 0,01
KO 1,385 0,23
.. NaO 3,427 0
Gluhverlust 2,350
101,240.
Der Sauerstoff der Kieselsäure und Titansäure verhält sich
zu dem der Basen = 1: 0,811.
Derselbe Basalt, bei 100° getrocknet, lieferte durch Fluss-
saure aufgeschlossen
SiO?° A223 mit O6— 222
TiO? 1,500 0,60
Al? O?° 18,258 8,92
FeOFe’O°: 8,525 2539 .
FeO 2.341 0,52
Mn? O?° 0,510 0,16
Ca0O-+SrO 13,611 3,89
Mgs0O 6,184 2,47
KO ; 1,463 0,25
NaO 3,086 0,78
Glühverlust 2,350
100,000.
O von SiO° und TiO’:O der Basen = 1: 0,819.
Diese geringen Differenzen können nicht auffallen, da bei
einem so ungleichartigen Fossile wie der Basalt kleine Schwan-
kungen leicht denkbar sind. |
Dieser Basalt stimmt in seiner Zusammensetzung nahe
mit dem von Löwz (Poggend. Annal. Bd. 38 S. 151) analysir-
ten Basalte des Wickensteines bei Querbach in Niederschlesien
überein. GırArp, der denselben Basalt analysirte, berechnet,
dass er aus einem etwas kieselsäurearmen Augit, Nephelin und
Mesolith bestehe. Der Nephelingehalt eines Basaltes bedingt
eine Erniedrigung des Kieselsäuregehaltes und Erhöhung der
Sauerstoffmenge der Basen, indess ist man darauf hin wohl
nicht berechtigt einen Nephelingehalt anzunehmen, auch selbst
dann nicht, wenn der Basalt durch Behandlung mit Salzsäure
600
leicht zerlegt wird und die Alkalien vorzugsweise ausgezogen
werden.
Bei einem Versuch, durch concentrirte Salzsäure, mit wel-
cher erbsengrosse Stücke des Basaltes acht Tage lang in einem
zugeschmolzenen Rohre unter Mitwirkung von Wärme in Be-
ruhrung blieben, den gelatinirenden Theil von dem nicht gela-
tinirenden zu trennen, um so die Zusammensetzung der basal-
tischen Grundmasse zu erfahren, wurden 68,62 pCt. aufgeschlos-
sen, und diese enthielten
SiO? 39,179 mit O = 20,90
TiO? 2,012 0,80
AO ISOSA 7,49
FeOF?’O° 15,021 4,14
Mn? O° 0,556 0,17
CaO 442435 3,46
MsO 5,584 2,15
KO 2,100 0,36
NaO 5:121 1,352
Glühverlust*) 3,424
100,953.
-O von SiO? und TiO’:O der Basen =1: 0,880.
Da dieser Basalt metallisches Eisen und etwas Titaneisen
enthält, so müssen diese erst abgezogen werden, ‘ehe man uber
das Vorhandensein des einen oder andern Minerals entscheidet.
Dieses Verfahren ist bei vorliegendem Basalte deshalb nicht
so sehr tadelnswerth, weil er nur äusserst geringe Mengen Oli-
vin enthält. Nach Abzug des Titaneisens, Eisenoxydoxydules
und Mangans ist die Zusammensetzung.
SıO?° 47,560 29537
Al? O? 19,460 9:10
CaO 14,719 4,21
MgO 6,535 2,61
KO 2,549 0,43( 9°?
Nao 6,216 1,60
Glühverlust 4,156
101,195.
O von SiO? zu O der Basen = 1: 0.708.
Da das letzte Resultat der Zersetzung Thon ist, und von
*) Berechnet aus dem Glühverlust des ganzen Basaltes.
601
diesem Thone zum Basalte ein allmäliger Uebergang stattfindet,
so kann man sich auch schon beim Beginne der Zersetzung
das Zusammentreten der Elemente des Thones, zunächst
in dem durch Salzsäure ausziehbaren Theile des Basaltes, vor-
stellen. Von dieser Annahme ausgehend und den Thongehalt
nach dem Wassergehalte berechnend, würde der durch Salzsäure
ausziehbare Theil aus „ Thon und 2 unzersetzter Grundmasse
bestehen, welche man sich aus einem Thonerde-Silicate, ver-
bunden mit einem Silicate von Kalkerde, Kali und Natron zu-
sammengesetzt denken könnte, endlich aus Olivin, metallischem
Eisen und Titaneisen.
' Wollte man nach dem Gesagten für jenen von der Zer-
setzung noch nicht ergriffenen Theil eine Formel aufstellen,
so wäre diese annähernd: 3RO2SiO°?--Al?O°SiO°. Dieser
Formel entspricht jedoch kein Mineral, was jedenfalls seinen
Grund darin hat, dass das Fossil selbst in fortwährender Zer-
setzung begriffen ist.
Als derselbe Basalt auf dieselbe Weise mit Salzsaure be-
handelt, aber schon nach 48 Stunden untersucht wurde, waren
58,48 pCt. aufgeschlossen, welche enthielten:
SiO?° 33,020 mit O = 17,61
TiO? 0,624 0,25
Al? O*® 18,952 8,85
FeOFe’O? 16,691 4,60
Mn? O?° 0,952 0,29
CaoO 11,294 3.23
MeO . 5,853 2484
KO 2,886 0,49
NaO 5,385 1,39
Glühverlust 4,035
99,692.
O von SiO? und TiO° zu O der Basen = 1:1,181.
Die Grundmasse dieses Basaltes wird also sehr leicht
durch Säuren aufgeschlossen, ganz besonders lassen sich da-
durch die Alkalien vollständig ausziehen.
Der Ruckstand des ersten Aufschliessens, in welchem un-
ter dem Mikroskop zahlreiche Bruchstücke einer ungefärbten
Substanz erkennbar waren gemengt mit dunkelgrünen, oft
_ deutlich krystallisirten Augiten, ergab mit Flusssaure aufge-
schlossen:
‚602
SiO’ 48,043 mit O = 25,62
TiO®! 0,712 0,28
Al? 0°.13,079 6,11
FeO 3,777 0,84
CaO 20,705 - 5,92
MgO 13,471 5,38
Mn? 0° 0,213 0,06
100,000
0 von SiO? und TiO?:O der Basen = 1: 0,707.
Wahrscheinlich rührt die geringe Zersetzung mancher Ge-
steine daher, dass das eindringende, Kohlensäure und Luft
enthaltende Wasser stagniren kann. Begünstigen die Lage-
rungsverhältnisse ein oft erneuertes Nachdringen solchen Was-
‘ sers in das dauernd feuchte Gestein, so wird bald eine Reak-
tion eintreten, eingeleitet entweder durch die Kohlensäure,
welche sich mit dem Kalke und den Alkalien zu verbinden strebt,
oder durch den Sauerstoff, der das Eisen- und Manganoxydul
in höhere Oxydationsstufen verwandelt, oder durch beide Pro-
cesse zugleich. |
Am Bärenstein sind die Lagerungsverhältnisse einem Nach-
dringen des Wassers in das Gestein sehr günstig, da der Basalt so
stark zerklüftet ist. FREIESLEBEN (Magazin, Heft 4 S. 10) sagt
darüber: „Der hiesige Thon geht einerseits in Wacke und an-
dererseits in sandigen Thon und Sand über; denn zunächst un-
ter dem Basalte und der Wacke liegt eine Schicht gelblichen,
ockergelben Thones von +Elle Mächtigkeit, dann kommt eine
Schicht röthlichen Thones von 1 Elle Stärke und unter diesem
eine 3 Ellen mächtige Schicht feinen, ziegelrothen, thonigen
Sandes und dann Sandschichten mit Quarzbruchstucken.“ Indem
nun das Tagewasser durch den zerklüfteten Basalt bis auf die
Thonschicht sickert, wirkt es von unten nach oben zer-
setzend auf den Basalt ein, und man kann oft noch deutlich
wahrnehmen, dass sich die Absonderungsklufte in die basal-
tische Thonmasse fortsetzen, worauf schon WERNER (Bergm.
Journ. 1788, Band II S. 845), allerdings in anderem Sinne, auf-
merksam machte. : Um zu zeigen, welche Bestandtheile vor-
zugsweise die Zersetzung hier einleiten, folgt eine Analyse des
Basaltes, welcher einen Fuss über dem vollständig in Thon
umgewandelten Basalte liegt. Dem Aeussern nach ist er we-
nig verschieden von dem vorhergehenden, und kaum lässt sich.
603
eine hellere Färbung der Grundmasse erkennen. Er ist noch
hart genug, 'um sich schleifen zu lassen. Die Augite sind ganz
schwarz. Salzsäure greift ihn bedeutend leichter an, schliesst
ihn aber nicht vollkommen auf. Er wurde deshalb geschmol-
zen, die geschmolzene Masse war schwarz und porös, der Ge-
wichtsverlust betrug 5,850 pCt. Salzsäure zersetzte die erbsen-
grossen Stückchen ganz vollkommen. Die Analyse auf wasser-
haltige Substanz berechnet ergab:
Si0?° 39,324 20,97
703 1,520 0,61
5 Al? O?° 19,756 9,22
FeOFe’0O° 8,363 2,31
Fe Oo 1,520 0,34
Mn’ O?° 0,669 0,20
CaO 10,583 8,02
MgO 1,055 2,82
KO 1,034 0,18
NaO 1,855 0,48
Wasser 5,850
IN HR
O von SiO* und TiO? :O der Basen = 1: 0,861.
Man sieht, dass sich vorzugsweise die Alkalien und be-
sonders das Natron, dann aber auch die Kieselsäure und die
Kalkerde verringert haben. Wenn die Grundmasse des Basal-
tes in der Zersetzung sehr vorgeschritten ist, werden endlich
auch die Augite davon ergriffen, und, so klein sie sind, man
kann auf frischen Bruchflächen des halbzersetzten Basaltes
deutlich erkennen, wie ihr äusserer Rand heller wird, während
in der Mitte noch ein schwarzer Kern liegt. Nähert sich der
Zersetzungsgrad schon mehr dem Thone, so nehmen die Augite
eine gelblich grune Farbe an, werden weich, ihr Glanz wird
wachsartig, und so fortschreitend erkennt man in dem vollstän-
dig zu Thon umgewandelten Basalte die Augite nur noch an
der Form der Räume, die sie vorher einnahmen. Diese sind
jetzt nämlich erfüllt durch eine ganz weisse, fast zellige, lockere
Masse. Wegen der Kleinheit der Augitkrystalle war es nicht
möglich, eine Analyse der zersetzten Augite anzustellen.
Der Thon, von Werner Wacke genannt, ist von grau-
grünlicher Farbe; die vielen weissen Punkte geben ihm ein
. eigenthümliches Ansehen. Seine Festigkeit ist gering, indess
604
kann man ihn nicht leicht zwischen den Fingern zerreiben,
wahrscheinlich weil durch den Druck des überlagernden Basal-
_ tes die Cohäsion der einzelnen Theile vergrössert ist. Der
stark an der Zunge haftende Thon verbreitet, mit Wasser an-
gerieben, den eigenthümlichen Thongeruch, ist ziemlich plastisch
und erhält sich in grösserer Menge Wasser vertheilt lange
schwebend; mit Salzsäure übergossen entwickelt sich etwas
Kohlensäure. Beim Erhitzen bis zur dunkeln Rothgluth geht
die graugrüne Farbe in Braunroth über, und die Masse wird
fester. Ueber dem Gasgebläse einer kräftigen Weissgluth an-
haltend ausgesetzt schmitzt er und- verliert dabei 9,646 pCt.
Der geglühte Thon lässt sich nicht vollkommen durch Schwe-
felsaäure aufschliessen, und der geschmolzene wurde durch con-
centrirte Salzsäure selbst nach vielen Wochen kaum merklich
angegriffen. Der bei 100° getrocknete und mit Schwefelsäure
aufgeschlossene Thon ergab:
Si O° 40,352
TiO? 1.461
AI. 32.515
FeOFe’0° 9,170
Mn? O? 0,034
CaoO 3,127
MgO 1,277
KO 0,365
NaO 1,311
Gluhverlust 9,646
99,858
Zieht man das Titaneisen und Eisenoxydoxydul ab, be-
rutksichtigt die geringen Mengen der übrigen Basen als theil--
weise mit Kohlensäure verbunden nicht weiter und rechnet 3,442
pCt. Kieselsäure ab, die sich durch verdünntes kaustisches
Natron ausziehen lässt, also nicht zu der Verbindung gehört,
so erhält man
SiO® 46,68 mit O = 24,90 = 2,30
Al? O° 41,12 19,20 1447
Wasser 12,20 10,84 1
100,00
Der Sauerstoff der Thonerde, der Kieselsäure und des
Wassers verhält sich also wie 3:3, 9: 1,7, woraus man wohl
die Formel 3Al? O°4SiO°-H6HO berechnen darf. Nahe
605
Uebereinstimmung zeigt die des Vergleichs wegen angestellte
Analyse des bei Godesberg vorkommenden Thones, welche
ergab:
3.0? sA5temit 0 2483 =
Al?O° 37,507 17,50 3
Fe oO 2,031
MsO 0,541
Alkali 0,844
Wasser 12,254 10,89 49
99,724
Bei der Zersetzung des Basaltes entsteht demnach durch
allmälige Ausscheidung der Alkalien, der Magnesia, Kalkerde
und eines Theiles der Kieselsäure eine relative Anhäufung der
Thonerde, und als Endproduct der Zersetzung bleibt ein was-
serhaltiges Thonerdesilicat übrig,’ nahe von der atomistischen
- Zusammensetzung anderer Thone, wenn überhaupt für diese
Massen eine Formel aufgestellt werden darf. |
Schon Srruve leitet die im böhmischen Mittelgebirge vor-
kommenden Mergel-Ablagerungen, so wie manche andere ter-
tiäre Gebilde, zum grossen Theile von verwitterten Basalten
her. Lehmablagerungen finden sich in jedem Thale des Mittel-
gebirges, wo sie den Fuss der Basaltberge bedecken und sich
zuweilen hoch an den Gehängen hinaufziehen. Sowohl dieser
Thon als der am Scheibenberge und Bärenstein werden zu
Ziegeln und gröberen Töpferarbeiten benutzt. Dass man nach
Reuss (Teplitz und Bilin S. 271) den Thon vor der Verwen-
dung mit Sand mengt, ist charakteristisch für seine Abstam-
mung; man will durch diesen Zusatz die Schmelzbarkeit des
Basaltthones vermindern.
606 |
4, Veber den Ausbruch des Aetna vom 31. Januar 1565.
Aus einem Brief von Fovgu& an CH. SAaınTE-CLAIRE-DEVILLE.
Mitgetheilt von Herrn C. Ramnsrspere in Berlin.
- Dieser neueste Ausbruch des Aetna begann am 30. Januar
um 10 Uhr 30 Minuten Abends, nachdem Tages zuvor zwei
Erdstösse, der eine Mittags, der andere um 4 Uhr 30 Minuten
- Nachmittags stattgefunden hatten. Im Augenblick der Erup-
tion folgte ihnen ein Stoss von grösster Heftigkeit, aus vertika-
len und horizontalen Schwingungen zusammengesetzt und von
S. W. nach N. O. gerichtet. Aber er war nur an der N. O.-
Seite des Berges fühlbar, und in Lavina bei Piedimonte flüch-
teten die Bewohner ins Freie, während er in Catania nicht beach-
tet wurde. |
Unmittelbar nachher stiegen Feuergarben an der N. O.-Seite
des Aetna auf, und zwar an einem Punkte, der etwa 1700 Meter
über dem Meere und 500 Meter über dem Fuss des Monte
. Frumento, eines alten Eruptionskegels, liegt, der selbst am Fuss
des Aetna einst aufgebrochen ist. Der lange Zeitraum von
13 Jahren .seit dem letzten bedeutenden Ausbruch, das Erschei-
nen von Lava in dem Gipfelkrater des Berges seit der kleinen
Eruption von 1863 und die verhältnissmässig tiefe Lage der
neuen Ausbruchsstellen liessen eine grosse Intensität der vul-
kanischen Erscheinungen für diesmal voraussehen. Und so war _
es, Kaum hatte der Boden sich geöffnet, als die Lava in
einem raschen Strom hervorbrach, so dass sie in 2 bis 3 Ta-
gen 6 Kilometer weit geflossen war, bei einer Breite von 3
bis 4 und einer Dicke, die zwar wechselnd, doch 10 bis
20 Meter erreichte. Das Terrain hat hier im Mittel eine Nei-
gung von 4 bis 5 Grad; seine Vegetation wurde fast ganz
vernichtet; dann stiess der Strom gegen den M. Stornello, einen
alten Eruptionskegel, und theilte sich in zwei Arme, deren einer,
westwärts von jenem, äusserst langsam sich weiter bewegte,
während der andere an der Ostseite des Kegels sich in das
enge und tiefe Valle della Colla Vecchio stürzte, welches zwi-
schen dem Stornello und der Kette der Serra Buffa liegt.
Der Sturz hatte eine Höhe von 50 Metern, und die grossen
Blöcke erstarrter Lava, welche, von der flüssigen getragen,
607
mit hinabstürzten, verursachten einen gewaltigen Lärm. Nach-
dem die Lava dies ganze Thal erfüllt hatte, schritt sie noch
3 Kilometer fort und stand endlich am 6. Februar an einem
alten Strom still, la Sciarra della Scorcia Vacca genannt,
800 Meter ü. d. M. |
Der westliche Arm dagegen fuhr in der Bewegung fort,
theilte sich aber bald in zwei schmale Zweige, die zwischen
dem M. Stornello und dem M. Crisimo liegen, und zwar in
einer Meereshöhe von 1321 Meter. Der dem Stornello nächst-
liegende, als der Strom von Antonio bezeichnete Arm floss
bis zum 21. Februar und stand dann in 1039 Meter Höhe still.
Der andere, dem Orisimo nähere bewegte sich bis zum 25. in
1186 Meter Höhe. Obwohl die Hauptmasse beider erstarrt
war, traten aber doch noch täglich kleine seitliche Ergüsse aus
dem Innern hervor. %
Am 6. März erschien westlich von den Krateren ein neuer
Strom, der bis zum Abgange des Briefes (10. März) schnell
herabfloss.
Der Kratere oder Ausbruchsstellen zählte man sieben;
fünf derselben bilden den Umkreis einer Ellipse, deren grösster
Durchmesser eine Linie O. 26 Grad N. ist, deren gerade Ver-
längerung den Gipfelkrater des Aetna trifft. Es sind 5 Schlacken-
kegel, an deren Fuss die Lava ausfloss, und die beiden gröss-
ten und höchsten liegen an den beiden Endpunkten jener Li-
nie; sie sind 50 bis 60 Meter hoch, und in ihrer Nähe ist der
Boden überall geborsten und zerrissen. An der Westseite, wo
der durch die Reihe der Kegel gebildete Wall geöffnet ist,
sind die Ströme ausgeflossen, so dass der ganze innere Raum,
400 Meter lang, 100 breit, einen gemeinsamen Kessel darstellt.
In der Richtung des grössten Durchmessers ist auf 500 Meter
Länge bis zum M. Frumento eine Spalte entstanden, mehr als
10 Meter breit und meist sehr tief; sie fand sich mit erstarr-
ten Lavablöcken zum Theil erfüllt, die im flüssigen Zustande
sehr schnell und heiss vom Frumento herabgekommen sein
müssen; denn die grossen Pinien sind in einer Entfernung von
20 Metern auf beiden Seiten ganz verkohlt. Auf ihrer Verlän-
gerung müssen die Eruptionskegel sich erhoben haben.
CH. S. Cr. DeviLLe hat bekanntlich in früheren Untersu-
chungen die vulkanischen Fumarolen in 4 Klassen gebracht:
1) Trockne, Chlornatriumdämpfe enthaltend, bezeichnen
Zeits. d. d. geol. Ges. XVII... 40
-_ x . x
das Maximum der vulkanischen Intensität. Sie treten aus glü-
hender Lava hervor. ib |
2) Saure, welche schweflige Scuet Chlorwasserstoft, en
chlorid und viel Wasserdampf enthalten.
3) Alkalische, Salmiak und kohlensaures Ammoniak füh-
rend.
4) Fumarolen mit Schwefelwasserstoff, Kohlensäure, ht
Grubengas. Sie entsprechen dem Minimum vulkanischer Thä-
tigkeit.
Fovgus fand nach dem erwähnten Ausbruche dort alle vier
Fumarolenarten; die sauren traten bei einer Temperatur über
400 Grad, die alkalischen zwischen dieser und 100 Grad her-
vor. Ja, er konnte die drei ersten Arten an dem nämlichen
Strome in seinem Verlaufe verfolgen, in Entfernungen von we-
nigstens 50 Meter von einander. Die Untersuchung lehrte,
dass die begleitende atmosphärische Luft höchstens nur 18 bis
19 pCt. Sauerstoff enthält. Schwefel und Schwefelverbindun-
gen fehlten gänzlich, während Chloride von Natrium, Kupfer,
Eisen, Ammonium reichlich vorhanden waren. *) |
Fovgus& bespricht bei dieser Gelegenheit die vielfach dis-
eutirte Bildungsweise des Salmiaks. Nach Devirıe fände sich
dieses Salz blos in den alkalischen Fumarolen. Es kommt
jedoch auch in den sauren, selbst in den trocknen vor.
Zur Zeit seines dortigen Aufenthalts (bis 10. März) hatte
sich die „ulkanische Thätigkeit in dem erwähnten Gebiete mehr
nach unten gezogen, indem die drei dem Frumento näheren Kegel
minder thätig waren als die vier tiefer liegenden. Letztere war-
fen flüssige glühende Lava aus und entwickelten farblose Dämpfe,
Jene schleuderten feste Massen und stiessen dicke, braungefärbte
Wasserdampfwolken aus. Die unteren hatten in einer Minute
2 bis 3 starke Detonationen, die oberen fortwährende, gleich
dem beständigen Schlägen ‘eines Hammers auf einen Amboss.
Die Lava ist schwarz, reich an Augit, stark magnetisch.
Seit dem Beginne des Ausbruchs hatte der Centralkrater
des Aetna stets dieke weisse Dämpfe entwickelt.
*) Devıcıe bemerkt, dass er die dritte Klasse von Fumarolen nicht
alkalische genannt habe, und dass sie auch Chlorwasserstoffsäure führen
könne, weil dieselbe aus der Einwirkung von Wasserdämpfen und Chlor-
natrium auf glühende Gesteine sich bilde.
_—
609
x
5. Die hohlen Kalkstein - Geschiebe im Rothliegenden
nördlich von Kreuznach an der Nahe,
Von Herrn H. Laspeyres ın Berlin.
Wenn Herr v. Haıınger im Eingange seines bekannten
Vortrages: „Die hohlen Geschiebe aus dem Leithagebirge* in
der Sitzung der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften am
17. Juli 1856 (Sitzungsberichte XXI.) sagt, dass gar manche
höchst merkwürdigen Thatsachen übersehen und bezweifelt wer-
den, weil man sie nicht zuerst, so lange sie noch den Reiz
der Neuheit besassen, für sich in abgesonderten Mittheilungen
behandelte, so hat er sehr Recht gerade in Bezug auf den Ge-
genstand, welchen er durch den genannten Vortrag in der
wissenschaftlichen Literatur mehr zur Würdigung zu bringen
beabsichtigt.
Denn nicht nur hatte Herr v. Haımineer die hohlen Ge-
schiebe aus dem Leithagebirge schon im Jahre 1843 und sein
Freund Czyzek im Jahre 1852 in der Literatur erwähnt, son-
dern ganz ähnliche Hohlgeschiebe aus dem Rothliegenden um
Kreuznach hatte auch schon Herr Burkart im Jahre 1826 in
seiner Arbeit „Geognostische Skizze der Gebirgsbildungen des
Kreises Kreuznach _und einiger angrenzenden Gegenden der
ehemaligen Pfalz“ (das Gebirge in Rheinland-Westphalen von
J. NösgErAtH Bd. IV. S. 142 ff.) beschrieben. !
Herr Burkart sagt (l. c. S. 157): „bei Winterburg ent-
hält dies Conglomerat hohle concentrisch-schalige Kugeln von
mehreren Zoll bis zu einem Fuss Durchmesser; die äussere
Rinde derselben besteht gewöhnlich aus einem gelblichbraunen
Eisenocker, auf welchem eine Rinde von dem Spatheisenstein
schon nahekommendem Braunspath folgt, der nach innen aus-
krystallisirt ist; auf die Krystalle des letzteren finden sich
häufig noch Krystalle von Arragon aufgewachsen. Oft ist die
aus Eisenocker bestehende Schale nach aussen hin noch ein-
mal von Braunspath und dieser wieder von Kalkspath umge-
ben. — Auch bei Heddesheim und Laubenheim zeigen sich
40*
2
5 | 610 |
ähnliche Kugeln in diesem Conglomerate; hier besteht indessen
die äussere Rinde in einem grauen thonigen Sande, der an
letzterem Orte nur mit Letten, an ersterem Orte aber. mit
krystallisirtem Braunspath. überzogen ist. Auf letzterem sitzt
in den Kugeln von Heddesheim Schwerspath in grossen: Kıy-
stallen und Arragonit in nierenförmiger und traubiger Gestalt.“
So weit Herr Burkart!
Bei meinen geognostischen Untersuchungen der Ablage-
' rungen des Rothliegenden mit den eingelagerten Eruptivgestei-
nen in der ehemaligen Pfalz zwischen dem Rheine und der -
Saar sudlich am Hunsrück konnten mir diese Schichten des
Rothliegenden mit den merkwürdigen, in allen Stadien der
Aushöhlung befindlichen, hohlen Kalksteingeschieben nieht ent-
gehen. Die folgenden Zeilen sollen diese Geschiebe, soweit
sie mir bekannt geworden sind, beschreiben, ferner, da sie in
vielen Punkten mit den Hohlgeschieben aus dem Leithakalke
grosse Analogien bieten, in vielen andern Punkten aber durch
ihr Abweichen von diesen ein Licht auf die Entstehung, der-
artiger Gebilde zu werfen versprechen, mit -den eigentlichen
'Lauretta-Geschieben aus dem Leithakalke vergleichen und
genetisch besprechen.
Südlich vom Hunsrück lagert sich auf und an dessen steil
aufgerichtete devonische Thonschiefer und Grauwackenschich-
ten mit den dazwischen liegenden Quarzit-, Gneiss- und Granit-
zugen der Nordflügel einer grossen Mulde des Unter- und
Oberrothliegenden, zuerst mit steilerem, weiter entfernt mit
flacherem Einfallen nach Mittag. Der Südflügel dieser Mulde,
die sich nach SW. noch weit uber Oberstein, nach NO. bis an
‚die Nahe bei Sarmsheim verfolgen lässt, wird in der Umge-
gend von Kreuznach meist durch tertiäre, diluviale und allu-
viale Ablagerungen bedeckt. Die Muldenlinie zieht sich etwas
nördlich der Orte Nusbaum, Bockenau, Sponheim, Roxheim,
Winzenheim, Langenlonsheim entlang. .
Die untere Abtheilung des Rothliegenden, auf der geo-
gnostischen Karte von Rheinland und Westphalen des Herrn
v. DecHEn noch als obere flötzarme Schichten des Steinkohlen-
gebirges bezeichnet, tritt am südlichen Fusse des Hunsrücks be-
sonders in der Gegend von Kreuznach zwischen dem Devon des
Hunsrücks und der oberen Abtheilung des Rothliegenden nur
als eine schmale Zone, welche nach O. immer schwächer wird,
Bin
611
zu Tage, während das Unterrothliegende in den übrigen Thei-
len der ehemaligen Pfalz sehr ausgedehnte Flächenräume ein-
nimmt. Dieses Unterrothliegende besteht wie in der ganzen
Pfalz, so auch in dem genannten Muldenflügel abwechselnd aus
Schichten von mehr oder weniger eisenschüssigem Schieferthon
und Lagen eines bald groben, bald feinkörnigen Sandsteines,
der oft in Conglomerate übergeht, und den WARMHOLZ sehr
treffend Feldspathsandstein genannt hat. Derselbe besteht näm-
lich zum grössten Theile aus wohl verbundenen Körnern und °
Stückchen eines röthlichen oder gelben Orthoklases neben sol-
chen von meist farblosem Quarze und Blättchen der beiden
Glimmervarietäten. Während dieser Sandstein, sowie das
Bindemittel der Oonglomerate des Unterrothliegenden petro-
graphisch auf Wasserströmungen von Süden, d.h. von den Granit-
und Gneissmassen des jetzigen Schwarzwaldes und der heuti-
gen Vogesen zur Zeit ihres Absatzes deuten, kann man die,
Geschiebe in diesen Ablagerungen mit wenigen Ausnahmen
petrographisch nur auf die im Hunsrück noch jetzt anstehen-
‚den Devongesteine (Grauwacke, Quarzit, Quarz) beziehen. Das
gilt ganz besonders für die hier zur Sprache kommenden Con-
glomerate nordwestlich, nördlich und nordöstlich von Kreuznach,
worauf ich gleich näher eingehen werde.
Das vollkommen concordant darüber gelagerte Oberroth-
liegende contrastirt gegen das Unterrothliegende petrographisch
(Versteinerungen fehlen im ersteren gänzlich mit Ausnahme von
einem nicht mehr sichtbaren Fundpunkte ; sehr, nicht nur durch
das fast ausschliessliche Vorwalten der Conglomeratbildungen
sondern auch durch die meist dunkelbraunrothe Farbe der
Schichten. Das färbende Princip des Unterrothliegenden ist
in der Regel Eisenoxydhydrat oder kieselsaures Eisenoxydul,
im Oberrothliegenden Eisenoxyd.
Im Oberrothliegenden der ganzen Pfalz und ganz beson-
ders deutlich gerade in der Umgegend von Kreuznach kann man
3 Etagen abgrenzen, wenn sie auch unter sich durch Zwischen-
glieder verbunden sind. |
Die erste oder tiefste Etage bilden plumpe, schwere, oft
noch sehr breccienartige Conglomerate mit schlecht gerundeten
Geschieben aus Gesteinen, die der unmittelbaren Nachbarschaft
entnommen worden sind. In der Nähe der Porphyre sind sie
Porphyrconglomerate, in der Gegend von Melaphyren Melaphyr-
612 R
conglomerate, in der Umgegend vom Devon des Hunsrücks
Kiesel- und Quarzitconglomerate. Letztere herrschen nördlich und
nordwestlich von Kreuznach fast ausschliesslich; sie enthalten
selten Porphyr- und Melaphyrgeschiebe, weil diese Gesteine zur
Zeit der Conglomeratbildung in der dortigen Nähe nicht entstanden
oder doch nur in entgegengesetzter Richtung von der Geschiebe-
ströomung aus dem nördlich vorliegenden Devon-Gebirge (es
sei mir für dasselbe der Name „permischer Hunsrück“ er-
laubt) sich befanden. Das thonig-sandige oder fein conglo-
meratische Bindemittel, aus demselben Materiale wie die Ge-
schiebe gebildet, tritt sehr gegen die Menge der letzteren zurück.
Die zweite Etage besteht aus feineren und gröberen, wohl-
geschichteten, mit sandig-thonigem Bindemittel reichlich ver-
sorgten Conglomeraten mit meist flachen, aber wohlabgerunde-
ten oder geschliffenen Geschieben des Hunsruck-Devons (Quarz,
Quarzit, Grauwacke, Thonschiefer, Gneiss, Kalkstein u. s. w.),
die nur äusserlich die Farbe des Bindemittels angenommen
haben. Porphyr- und Melaphyrgeschiebe sind darin meist sel-
ten, weil diese Gesteine zur Bildungszeit der zweiten Etage
schon meist von den Schichten der ersten bedeckt waren; doch
sind sie fast überall nachzuweisen, allerdings mehr im Teige
als unter den Geschieben, weil sie leichter verwittern und zer-
fallen als die Devon-Gesteine, und weil sie einen weiteren
Transport auszuhalten hatten bis zur Ablagerungsstelle.
Wie diese Conglomerate in das Liegende immer gröber
werden, gestalten sie sich in’s Hangende manierlicher und wer-
. den reicher an Bindemittel, das schon für sich Schichten gro-
ben Sandsteins und sogar von Schieferthon zwischen den Con-
glomeratbäanken zu bilden versucht, um so den Uebergang in
die dritte Etage anzubahnen. Hier bilden feinere und grö-
bere, meist dunkelbraunrothe, thonige Sandsteine mit Thongallen
regelmässige oft in sich transversal oder federartig geschichtete
Bänke, die bei Kreuznach an der Nahe an bunten Sandstein,
für den sie Herr BuRrKART noch gehalten hat, in vielen Bezie-
hungen erinnern. Diese Sandsteine werden nach dem Han-
genden zu immer feiner und thoniger und wechseln mit rothen
Schieferthonlagen; nach dem Liegenden gehen sie durch Auf-
nahme kleiner, einzelner, wohlgerundeter Geschiebe in die
Conglomerate der mittleren Etage über. Zu der dritten Etage
gehören die Ablagerungen in der Muldung des Oberrothliegen-
615
den, etwa die Ablagerungen von Rüddesheim, Hargesheim,
Kreuznach, Winzenheim, Bretzenheim, Langenlonsheim und
z. Th. von Heddesheim und Laubenheim. In’die mittlere Etage
stelle ich die Conglomerate von der Trollmüuhle südlich von Sarms-
heim, von Dohrsheim, Laubenheim, Heddesheim (z. Th.), Wald-
hilbersheim, im südlichen Theile des Kreuznacher Stadtwaldes
u. s. w. Das Oberrothliegende etwas nördlich von dieser Linie
bis zur Grenze mit dem Unterrothliegenden ist in die erste Etage
zu verweisen, die sich im Winterbachthale (weiter abwärts
Fischbachthal genannt) zwischen Winterburg und Bockenau
sehr schön, theilweise schon als Melaphyr-Breecien und Con-
glomerate, entwickelt findet.
In dem Gebiete, des Rothliegenden, dem sich diese Mit-
theilung speeiell zuwendet, d. h. in dem bei der Stadt Kreuz-
nach sehr stumpfwinkeligen Dreiecke, das durch den Hunsrück,
durch den von dort nach O. eilenden und bei Kreuznach in
die Nahe mündenden Fischbach und durch die Nahe von Kreuz-
nach bis zu ihrer Mündung in den Rhein bei Bingerbrück
gebildet wird, in diesem Gebiete, sage ich, sind nicht nur, wie
sonst überall, die Geschiebe des Unterrothliegenden, sondern
auch die des Oberrothliegenden mit ganz vereinzelten Ausnah-
men devonischen Ursprunges vom Hunsrück. Wer die mannig-
fachen Gesteine des nördlich vorliegenden Devongebirges kennt,
wird in fast allen Geschieben alte Bekannte wiedererkennen.
Dass die Geschiebe nicht aus anderen, noch jetzt zu Tage be-
kannteı? oder durch jüngere Gebirgsglieder bedeckten, devoni-
schen Ablagerungen, etwa des Taunus, sondern vom alten
Hunsrück durch meist südöstliche Strömungen herangeflösst
sind, dafür findet man in dem Gebiete, das dieser Mittheilung
zu Grunde liegt, einen schlagenden Beweis.
Während in- dem viele Quadratmeilen der ehemaligen Pfalz
bedeckenden Rothliegenden, sowohl an dessen oberer als un-
terer Abtheilung, die Geschiebe der Conglomerate ausschliess-
lich aus Kieselmassen und Silikaten bestehen, welche den gan-
- zen Hunsrück mit dem Soon-, Hoch- und Idar-Walde zusam-
mensetzen, führen die nordöstlichsten Ablagerungen dieses Roth-
liegenden, besonders die nördlich und nordwestlich von Kreuznach,
in beiden Abtheilungen zahlreiche, ja manchmal fast ausschliess-
lich prädominirende Geschiebe eines fein- bis grobkrystallini-
schen, graulich-, bläulich- und röthlichweissen, dolomitischen
u
Kalksteins. Dieser gleicht dem einzigen im Hunsrück bei
Stromberg nordwestlich von Kreuznach und bei Bingerbrück
befindlichen , Swariechemn dolomitischen Kalksteine wie ein
Ei dem andern.
Diese dolomitischen Kalksteingeschiebe sind mir nur ei
kannt geworden am Südfusse des Hunsrücks von Auen oder
Monzingen bis an die Nahe, eine halbe Meile südlich von Bingen,
welchen Fluss -das Rothliegende zu Tage anstehend nicht über-
schreitet. Südöstlich von dieser Linie lassen sich die Kalkstein-
geschiebe im Rothliegenden etwa bis in das untere Alsenz-Thal,
das bei Münster a./St. in die Nahe sich öffnet, verfolgen; doch
sind sie ausserhalb des in früheren Zeilen abgesteckten Drei-
ecks (Auen, Sarmsheim, Kreuznach) ebenso selten als inner-
halb desselben häufig. Bei diesem kurz skizzirten Verbrei-
tungsgebiete der dolomitischen Kalksteingeschiebe im Rothlie--
genden und bei der petrographischen Identität des Geschiebe- .
dolomites mit dem des Stromberger Lagers kann wohl kein
Zweifel mehr obwalten, dass nicht nur diese Geschiebe aus
‘Nordwesten, vom Hunsrück stammen, sondern dass auch alle
andern Geschiebe devonischen Materials in beiden Abtheilungen
des Rothliegenden der Pfalz durch Strömungen, die nach S. und
SO. vom Hunsrück gerichtet waren, zur Zeit der Dyas dieser
Formation zur Bildung zugeführt worden sind.. In dem Unter-
rothliegenden erfolgte diese Zuführung vermuthlich durch
Meeres- oder Seeströmungen; denn die Geschiebe sind kugelig
und von grösster äusserer Vollkommenheit. Im Obefrothlie-
genden waren es hauptsächlich wohl Bach- und Flussströmun-
gen; denn hier sind die Geschiebe meist glatt und flach, aber
sonst wohl gerundet und geschliffen, und zwar um so mehr,
je weiter sie vom jetzigen Hunsrück entfernt liegen.
‚Obgleich, wie gesagt, in beiden Conglomeratbildungen um
Kreuznach dolomitische Kalksteingeschiebe so häufige Erschei-
nungen sind, habe ich nur folgende 4 Punkte in Erfahrung
gebracht oder gesehen, an welchen sich diese Geschiebe ge-
höhlt befinden.
]l) Im Winterbach - Thale gleich Enierbull des Dorfes
Winterburg besteht das Unterrothliegende aus einem ausnahms-
weise rothen, bindemittelreichen Conglomerate mit sehr vielen
Geschieben dolomitischen Devon-Kalksteins bis zu Kopfgrösse,
von denen einzelne, wie Herr BurkaArr beschreibt, im Innern
615
"hohl und mit Braunspath bewandet sind, auf dem sich ausser
Krystallen von Arragonit nach Angabe ‘des Herrn ©. Lossen
in Kreuznach Kügelchen von Asphalt befinden. Wegen der
abnormen rothen Farbe könnte man diese Conglomerate leicht
für Oberrothliegendes ansehen, allein über denselben folgt
ein feinkörniger typischer Feldspathsandstein und diesem ein
Kalksteinflötz, das zum grössten Theile aus Geschieben von
Devon-Kalkstein, die perlschnurartig an einander gereihet sind,
besteht, das aber in seiner röthlichgrauen Schieferthonmasse auch
einzelne Quarz- und Quarzit- Geschiebe enthält. Darüber fol-
gen nach den noch nicht veröffentlichten Beobachtungen des
Herrn v. DecHen auf der linken Thalseite zwischen Winter-
burg und Bockenau anstehend, zwei schmale Kohlenflötze in
Schieferthon und zwischen beiden thonige Sphärosideritnieren
mit Abdrücken der für das Unterrothliegende (Walchien-Sand-
steine) charakteristischen Fische. 150 Lachter rechtwinkelig
in das Hangende dieser Flötze kommen an derselben Thalseite
2 Lagen von kalkigem schwarzem Schieferthon, das obere
3 Zoll, das untere 6 Zoll mächtig, ebenfalls mit den Fisch-
abdrücken vor. Etwas weiter in das Hangende folgt jetzt das
Grenzmelaphyrlager zwischen beiden Abtheilungen des Roth-
liegenden. Dieses Lager, das weiter nach SW. an manchen
Orten 800 bis 1000 Fuss mächtig sein muss, ist hier nur noch
etwa 100 bis 125 Fuss stark und keilt sich 4 Meile nordöstlich
von hier zu Tage ganz aus, so dass von da ab bis an die
Nahe ‘das Oberrothliegende unmittelbar auf der unteren Ab-
theilung aufliegt.
Dieser Fundpunkt von Hohlgeschieben ist der einzig be-
kannte im Unterrothliegenden, die drei anderen liegen in der
oberen Abtheilung. i
2) Den von Herrn Burkart bei Laubenheim an der Nahe
angegebenen Fundpunkt habe ich nicht zu ermitteln vermocht.
In den vielen Brüchen und Aufschlusspunkten in der typischen,
mittleren Etage des Oberrothliegenden um dieses Dorf herum
findet man devonische Kalksteingeschiebe in Hülle und Fülle;
aber selbst langes Suchen führte mir kein Hohlgeschiebe in
. die Hände.
- An den beiden folgenden Punkten braucht man nicht erst,
lange nach ‘diesen _ zu suchen; die grössten Taschen sind im
Umsehen gefüllt; ja gerade die schönsten und grössten Hohl-
ce. A
geschiebe muss man mit Bedauern liegen lassen, weil sie ent-
weder zu gross für Touristentaschen sind oder zu fest und tief
in dem Steinbruchsstosse stecken, um sie mit dem gewöhn-
lichen Handwerkszeuge wandernder Geologen herausheben zu -
können, oder wohl gar weil sie wegen ihrer prachtvollen weit
vorgeschrittenen Aushöhlung den Transport nicht vertragen.
3) Von Heddesheim im Güldenbach-Thale führt in nordöstli-
. eher Richtung ein Communalweg durch eine linke Nebenschlucht
nach Dohrsheim. Wo derselbe das Gehänge erreicht und zu
steigen beginnt, liegt an seiner linken Seite ein Steinbruch für
die Gemeide Heddesheim in den oberen Schichten der mittleren
Etage des Oberrothliegenden. Dem Streichen dieser flach gegen
Süudsudosten einfallenden Schichten nach sind es dieselben Con-
glomeratbänke wie die, welche bei Laubenheim ausgehen. Die
wohlgeschichteten Bänke bestehen vorwaltend aus rothem, eisen-
reichen, thonigen Saudsteine feineren und gröberen Kornes mit
einzelnen, theilweise auch gehäuften "und selbst zahllosen,
grossen und kleinen Geschieben aller Devon - Gesteine des
Hunsrücks, aber auch von Melaphyr; ein Beweis, dass dieser
wohl mit dem Porphyre zugleich zu der Bildung. dieser Schich-
ten beigetragen hat, mag es auch mehr zur Bildung des
Bindemittels als zu der der Geschiebe sein. Die ungefähr 6 Fuss
mächtige Hauptbank, auf die vorzugsweise der Steinbruchs-
betrieb eröffnet ist, enthält vorwaltend Geschiebe dolomitischen
Kalksteins, von denen die grössere Menge hohl ist oder sich
in einem Stadium der Höhlung befindet. Das Gestein aller
Geschiebe ist dasselbe, nur manchmal grober, manchmal feiner
krystallinisch oder körnig; ein Wechsel, der sich auch vielfach
in einem Geschiebe wiederholen kann. Im grossen Ganzen
ist das Gestein ein mittel- und scharfkörniger, graulichweisser,
selten durch Eisenoxyd sporadisch röthlich gefärbter dolomitischer
Kalkstein, den man von Handstücken des Stromberger Kalk-
steines in keiner Weise unterscheiden kann. Bemerkt sei hier,
dass das Guldenbachthal dieses Stromberger Kalksteinlager,
sowie die vorliegenden Schichten des Oberrothliegenden senk-
recht durchschneidet, und dass man unter den Bachgeschieben
die alluvialen Stromberger Kalksteingeschiebe nicht von den
permischen unterscheiden kann, welche der Güldenbach sich
aus dem Rothliegenden zum Spielen herausgewaschen hat.
Nach einer von mir im Laboratorium der Königlichen
617
Bergakademie in Berlin ausgeführten Analyse besteht das Ge-
stein eines Geschiebes, bei dem die Aushöhlung kaum begon-
nen hat, aus:
In Salzsäure unlöslicher Ruckstand = 2,68 pCt.
630169, 5=:115389 «5;
-Ms0C0, = 22,94 ,„
Verlust: =: 279:
100,00.
Der in Salzsäure unlösliche Ruckstand besteht zum grössten
Theile aus Thon (Kaolin); der Verlust umfasst das Wasser des-
selben und hygroskopisches Wasser sowie lösliche Bestand-
theile, welche weder durch oxalsaures Ammoniak noch phos-
phorsaures Natron gefällt werden, und welche vor der Lösung
des Gesteins in Salzsäure mit dem unlöslichen Ruckstande ver-
bunden waren. Das reine kohlensaure Salz besteht mithin aus:
0a0C0, = 75,13 pCt.
MgsOCO, = 2427 „
also ungefähr aus 2 Atomen kohlensaurem Kalk und einem Atom
kohlensaurer Magnesia. Mit Ausnahme des unlöslichen Ruckstan-
des, der als Verunreinigung anzusehen ist, lösen sich Stucke dieses
dolomitischen Kalksteins leicht und vollständig in kalter sehr
verdünnter Salzsäure, während ziemlich starke, aber kalte Essig-
säure aus Stücken nur wenig kohlensauren Kalk löst. Eine
Thatsache, die mit den Ansichten des Herrn FORCHHAMMER über
die Zusammensetzung dolomitischer Kalksteine harmonirt.
Die bis kopfgrossen Geschiebe in diesem Rothliegenden
sind meist abgeplattet eiförmig wie Fluss- oder Bachgeschiebe,
oft auch ganz unregelmässig, aber stets kantengerundet, schälen
sich z. Th. leicht aus dem thonig-sandigen, rothen, auch durch
eingedrungene reducirende Tagewasser grünlichgrau gebleichten
Bindemittel heraus und liegen deshalb, vom Regen sauber aus-
gewaschen, massenweise in dem zerfallenen Steinbruchsschotter.
Aus den noch festen Steinbruchswänden, in denen sie ganz
oder im Querschnitte dem Geognosten gleichsam zur Ansicht
ausgestellt sind, bekommt man die oft zarten Gebilde nicht,
wenigstens nicht ganz erhalten, heraus. |
Die Oberfläche der herausgewaschenen Geschiebe ist, wie
eine Schlangen- oder Fischhaut gegen den Strich, rauh anzu-
fühlen; man merkt, dass die Finger über mikroskopisch kleine
Krystalle, die man im Lichte auch spiegeln sieht, gleiten.
Diese Oberfläche ist nicht die frühere der Geschiebe, sondern
entweder eine durch kohlensäurehaltige Tagewasser gleichsam ge-
ätzte, oder durch Wasser, welchedoppeltkohlensauren Kalk gelöst
halten, vergleichsweise „candirte*, neu gebildete Oberfläche.
Diese Art von Oberfläche (es lässt sich durch Beobachtung nicht
‚entscheiden, auf welchem der beiden genannten Wege sie ent-
standen sein mag, ist eine sehr gewöhnliche Erscheinung bei
allen Geschieben in Conglomeraten; sie findet sich z. B. ganz
überraschend schön in den Quarz- oder Silikatgeschieben im
Unterrothliegenden und Buntensandstein der Pfalz; selbstver-
ständlich bestehen in diesen Fällen die Krystalle, welche die
Rauheit hervorrufen, nicht aus kohlensaurem Kalk, sondern
aus Kieselsäure.
Die Oberflächenveränderung hat die Geschiebe von aussen
nie tief ergriffen; denn dieselben schliessen gerade durch erstere
um so dichter an die Grundmasse an, so dass man in den
seltensten Fällen die Geschiebe von der Grundmasse entblössen
kann, falls die Verwitterung die letztere nicht schon nachgiebig
genug dazu gemacht hat. |
Die Mehrzahl dieser Kalksteingeschiebe ist nur von innen
her ausgehöhlt worden, bald wenig, bald viel, bald ganz, so
dass von dem ursprünglichen Gesteine verschieden viel erhal-
ten ist.. Die Aushöhlung ist wie bei den von Herrn v. HAmInGER
aus dem Leithakalke beschriebenen Hohlgeschieben vom Kerne
aus nicht parallel mit der Oberfläche der Geschiebe erfolgt,
sondern, ganz regellos bald mehr nach dieser, bald mehr
nach jener Richtung, so dass die Kalksteinrinde an einer Stelle
schon ganz entfernt sein kann, während sie an der benach-
barten oder entgegengesetzten noch die frühere Dicke bewahrt
hat. Es haben dadurch die Hohlräume die wunderbarsten
Gestalten, die dadurch noch bizarrer werden, dass alle Hohl-
räume nach innen zu bald dünn bald dick bewandet sind mit
grossen und kleinen Krystallen jenes Bitterkalkes, der wegen
eines Gehaltes an Eisen und Mangan den Uebergang zum
Spatheisensteine bildet, und dessen selten glattflächige, sondern
meist sattelförmig gekrümmte Rhomboeder in der oxydirenden
Luft oder solchem Wasser leicht braun und schwarz werden.
Die oft ziemlich lose übereinander gehäuften Rhombo&der er-
füllen manchmal das ganze mühsam geleerte Geschiebe.
Ging die Höhlung der Geschiebe von zwei oder mehreren
Centralpunkten aus, so entstanden mit ganz gleicher Bewan-
ae A.
dungsart ein- oder mehrfach gekammerte Hohlgeschiebe. Die
Kammern communiciren entweder mit einander, oder sind ganz
_ von einander getrennt. Ausser dem Braunspathe befinden sich
in den Hohlräumen noch Kalkspath, Schwerspath, Arragonit,
Schwefelmetalle u. s. w.
Bei manchen Hohlgeschieben könnte man zu der Meinung
gedrängt werden, -jene Braunspathrhomboäder seien nicht jün-
gere Bildungen als die Aushöhlung, sondern gleichzeitige, d. h.
durch die partielle Auflösung des-dolomitischen Kalksteins aus
diesem entstandene, gleichsam herausgeätzte Krystalle, ähnlich
denen auf der äussern Oberfläche der Geschiebe; denn die
Braunspathrhombo&@der gehen oft allmälig in den Geschiebe-
kalkstein uber. Den Beweis fur das jüngere Alter ‘der’ Braun-
spathe liefern die unzweifelhaft nach. der Aushöhlung in den
Geschieben abgesetzten Schwerspathkryställe, welche an der
inneren Oberfläche der Kalksteinrinde aufsitzen, weit in die
Höhlung, hineinragen und oft ganz mit Braunspathrhomboedern
bedeckt sind. Die Schwerspäthe, im ÖOberrothliegenden der
Pfalz in der Nähe der barythaltigen Melaphyre keine seltene
Erscheinung, sind tafelartig ausgebildete, farblose, durchsich-
tige, flächenreiche Krystalle und, so weit meine Beobachtungen
an Funden allein maassgebend sein können, stets älter als die
Braunspathabsätze. =
Die Kalkspathausfüllungen scheinen alle jünger zu sein
als die Braunspathauskleidungen. Die farblosen, durchschei-
nenden bis durchsichtigen Kalkspäthe sind entweder einzelne
Krystalle und dann in der Regel jene bekannten Combinationen
von spitzen und stumpferen Rhomboedern beiderlei Ordnung,
auch wohl mit Skalenoädern, aber ohne Säulen, oder sie sind
unter sich parallel an einander und in einander gelagerte Kry-
stalle mit vorherrschender Säule und stumpfen, auf die Säulen-
Hächen aufgesetzten Rhomboädern, welche die innere Wand der
Höhlung ganz oder theilweise bekleiden, aber im Innern einen
Hohlraum lassen, in welchen einzelne Krystalle oft bis zur
gegenüberliegenden Wand hineinragen, gleichsam wie die Sta-
laktiten und Stalagmiten in eine Tropfsteinhöhle. Erfüllen
diese unter sich parallelen Krystalle den ganzen Hohlraum, so
erscheint derselbe mit derbem Kalkspathe erfüllt. Die Aus-
füllung dieser Hohlgeschiebe gleicht oft so vollkommen der der
Kalkspathmandeln in den benachbarten Mandelsteinen, dass
620
die Geologen, welche die Mandeln in den Melaphyren für Ge-
' schiebe erklären, ohne Zweifel beim Anblick solcher Hohlge-
schiebe ausrufen wurden: Da haben wir den Beweis, dass die
Mandeln ‘in den Mandelsteinen nichts Anderes sind als volle
oder gehöhlte Geschiebe! Ä
Von anderen Mineralabsätzen als die genannten habe ich
in den Hohlgeschieben von Heddesheim nur Eisenrahm beobach-
tet, Herr C. Lossen in Kreuznach noch Arragonit und Schwefel-
metalle; alle drei Mineralien finden sich auch in den Mandeln und
Drusen der benachbarten Melaphyre; die in diesen sonst so häu-
figen Kieselsäureabsätze scheinen dem Rothliegenden fremd zu
sein, in der Umgegend von Kreuznach wenigstens. Die trotz
dieser Absätze noch hohlen Geschiebe enthalten vielfach im In-
nern lose Braunspathrhomboeder, die sich vermuthlich beim An-
und Aufschlagen der Geschiebe von den Wänden, an denen sie
nur lose sich angesetzt hatten, abgelöst haben. Ausserdem sind
die Geschiebe mit einem scharfkörnigen Dolomitsande, mit tho-
nigen Massen und mit zerreiblichen, ganz porösen oder bim-
steinartigen Gebilden erfüllt. Da dieselben lose den Hohlraum
erfüllen, fallen sie beim Aufschlagen der Geschiebe heraus.
'» Dass diese in vielen Beziehungen merkwürdigen Hohlge-
schiebe keine den Mandeln in den Mandelsteinen analogen
Gebilde sind, sieht man einerseits ihrer äusseren Form und
ihrer Lage im Rothliegenden, andrerseits dem Charakter der
zurückgebliebenen, ursprünglichen Kalksteinrinde an.
Wie hätten sich auch wohl, was bei den Eruptivgesteinen
sehr naturlich ist, Luft- oder Gasblasen von der Grösse, Form
und Lage unserer Geschiebe in einem Sedimentgesteine bilden
und erhalten können! Selbst die negativen Hohlgeschiebe,
d. h. die total gehöhlten und nicht wieder bewandeten, die
nicht selten im Conglomerate zu finden sind, lassen diese Hypo-
these in keiner Weite aufkommen.
Dass ferner die Hohlgeschiebe zur Zeit ihrer Bildung und
Ablagerung im Rothliegenden fast ganz geschlossene dolomiti-
sche Kalksteinmassen waren, dafür findet man in dem Stein-
bruche bei Heddesheim Beweise genug. Da der dolomitische
Kalkstein von Stromberg ebenfalls ganz gleiche Hohlräume
hat, die mit denselben sekundären Mineralien bekleidet sind,
wäre es vielleicht denkbar, die Hohlgeschiebe im Rothliegen-
den seien aus solchen drusigen Dolomitbruchstücken gebildet.
ET ER FR
621.
Wäre dieses der Fall, so müssten die Hohlgeschiebe, wel-
che an einer Stelle keine Wand mehr haben, also durch Ab-
schleifen geöffnet worden wären, mit dem Bindemittel der Con-
glomerate, mit rothem Thone und Sandsteine gefüllt sein, was
nicht der Fall ist. Wie liessen sich ferner auf diesem Wege
die negativen, d. h. die ganz gehöhlten Geschiebe erklären
oder auch nur diejenigen, welche eine so dünne Wand behalten
haben, dass man sie mit den Fingern eindrücken kann? Haät-
ten solche zarten Gebilde wohl einen so gewaltigen Transport
in stürmischem Wasser, ein Abschleifen durch dagegengestossene
Geschiebe und Fluthmassen und eine Ablagerung unter schwe-
ren Schlamm- und Geschiebemassen aushalten konnen? Nein,
gewiss nicht!
Es unterliegt also keinem Zweifel, dass diese Kalkstein-
geschiebe erst nach ihrer Ablagerung im Rothliegenden aus-
gehöhlt worden sind, so schwer auch eine befriedigende Er-
klärung dieses Höhlungsprocesses zu finden sein wird.
Der vierte Fundort von Hohlgeschieben, ganz anderer Art
als die der 3 bisher besprochenen Fundstellen, liegt in dem
engen, zum Theil felsigen und weglosen Thale, welches von
Waldlaubersheim herabkommt, bei der Burg Layen unweit
Rummelsheim vorbeizieht und bei den Troll-Muhlen zwischen
Laubenheim und Sarmsheim in das Nahe-Thal mündet. Den
oft wilden Bach dieses Thales nennen die Leute in.der Um-
gegend Fluthgraben. Etwa in der Mitte zwischen Rummels-
heim und der Trollmüuhle, nordöstlich von Dohrsheim, da wo sich
das Thal zum ersten Male stark und felsig verengt und der
Bach tief und scharf in die Conglomerate der mittleren Etage
des Oberrothliegenden sich eingeschnitten hat, kurz unterhalb der
verlassenen Kupfererzgrube, das „goldene Loch“ genannt, enthal-
ten diese Conglomerate viele: hohle Kalksteingeschiebe, die aber
nicht von Innen nach Aussen sondern umgekehrt gehöhlt wor-
den sind. Man kann hier wieder jedes Stadium der Höhlung
beobachten, von den noch unversehrten Kalksteingeschieben bis
zu solchen, die keine Spur der früheren Gesteinsmasse mehr
enthalten. Die gehöhlten Geschiebe sind in einer mächtigen
Conglomeratbank so zahlreich, dass dieselbe schon aus der
Ferne ganz löcherig erscheint, so dass ein Wanderer in diesem
Thale die Bank mit Hohlgeschieben nicht verpassen kann.
Die Hohlgeschiebe enthalten hier in einem hohlen Raume einen
622°
grösseren oder kleineren Kern von frischem, festeren dolomi-
tischen Kalksteine; sie sind also „Klappergeschiebe“. Der
kugelig-schalige Hohlraum ist nur dann ganz leer, falls der-
selbe angeschlagen worden ist oder eine natürliche Oeffnung
hat, welche den mechanischen Transport von unlöslichen Stoffen
gestattet. Andernfalls ist der Hohlraum mehr oder weniger mit
den unlöslichen Dolomitrückständen der ursprünglichen Ge-
schiebesubstanz erfüllt. Krystallinische, sekundäre Ausfüllun-
gen von Kalkspath, Braunspath, Schwerspath wie an den drei
oben besprochenen Orten habe ich hier nicht gefunden; es
beschränkt sich hier also die Metamorphose der Geschiebe
blos auf eine Auslaugung. |
Hohlgeschiebe der ersten Art habe ich im Thale des
Fluthgrabens ebensowenig gefunden, als solche der letztbeschrie-
benen Art bei Laubenheim, Winterburg oder Heddesheim. Jene
stimmen mit den bisher bekannten und von Herrn v. HAIDInGER
beschriebenen Hohlgeschieben vollkommen uberein; diese sind
noch neue Erscheinungen, welche manches Licht auf die Eut-
stehung der Hohlgeschiebe zu werfen versprechen.
Ehe ich auf diesen Theil der Arbeit übergehe, möge mir
eine Parallele zwischen den Hohlgeschieben von Kreuznach
und denen aus dem Leithakalke vergönnt sein.
‚Wesentlich, besonders für die Entstehungsart, ist der Un-
terschied, dass die Leitha-Geschiebe aus einem ganz feinkör-
nigen, kaum dolomitischen Kalksteine bestehen und in einer
nicht unlöslichen Kalkmasse eingebettet liegen, während die
von Kreuznach in einem unlöslichen sandigen und thonigen
Teige. Nach der Beschreibung durch Herrn v. HAıpınger und
nach einem mir hier zugänglichen Handstüucke besteht dieser
Teig aus lauter kleinen, meist nur hirsekorngrossen, linsenför-
mig rundgeschliffenen Stückchen eines gelblichweissen, ungemein
dichten Kalksteins, dessen körniges Gefuge selbst unter der
Lupe kaum sichtbar ist, zum ferneren Theile: aus gleichen
Stückchen Kalkspathes und aus Bruchstuckchen kleiner Gastro-
poden, Foraminiferen und Polyparien. Alle diese kleinen
Stücke sind durch mikroskopische Kryställchen von Kalkspath
(Bitterspath?) bedeckt und unter sich fest verbunden zu einer
porösen Masse, vielleicht erst durch die Kalklösung, welche
sich bei der Höhlung der Geschiebe bildete und das Conglo-.
merat durchzog, oder durch eine ältere, bei der Ablagerung
623
‚des Leitha-Kalkes vorhandene Kalklösung. Die Aushöhlung
der Geschiebe erfolgte im Leitha-Gebirge ganz ebenso wie am
südöstlichen Fusse des Hunsrucks; es entstanden an beiden Or-
ten auch gekammerte Geschiebe, allein die nachfolgende Beklei-
dung der Hohlraumswände mit Drusenmineralien tritt in den
österreichischen Geschieben sehr zurück; hier erfolgte in den
meisten Geschieben gar keine, in den anderen eine nur sehr
unbedeutende.
Die Hohlgeschiebe aus beiden Abtheilungen des Rothlie-
genden der Pfalz und in dem Obertertiär des Wiener Tegels
stehen schwerlich vereinzelt in der Natur da, wie es in der Litera-
tur der Fall ist. Ich vermuthe, dass sich Hoöhlgeschiebe in
den Oonglomeraten mit Geschieben dolomitischen Kalksteins
in allen Sedimentformationen finden: lassen werden, sobald
man denselben nur die gebührende Aufmerksamkeit zuwendet.
So sind mir durch die Güte des Herrn Rerrıch Hohlgeschiebe
gauz analoger Art wie die beschriebenen aus dem Diluvial-
Conglomerate von Breitenau am Rain bei Garmisch bekannt
geworden. Diese Conglomerate mit Geschieben von Kalkstein
und dolomitischem Kalkstein sind natürlich den Untersuchun-
gen der Herren v. ScHLAGIntweır und des Herrn C. W. GUMBEL
in den Bayerischen Alpen nicht entgangen, wohl aber die darin
befindlichen Hohlgeschiebe, von denen” Herr BEYRIcH einige
sehr instructive Stücke für die Sammlung der Berliner Univer-
sität mitgebracht und mir freundlichst zur Benutzung überge-
ben hat.
Wie es den genannten Herren im Diluvium der Alpen
ergangen ist, kann es andern Forschern in den Conglomeraten
anderer Formationen auch ergangen sein; wie leicht und mit
Recht übersieht man in vielen Fällen die Nebensachen oder
Details über der Hauptaufgabe der Untersuchungen. Deshalb
wird meine Behauptung, dass man beim eingehenden Suchen
Hohlgeschiebe noch in vielen oder allen Sedimentformationen
finden wird, nicht unwahrscheinlich erscheinen.
Die Diluvial - Nagelsteine oder Conglomerate, welche bei
Breitenau am Rain bei Garmisch an der Loisach in den Bayeri-
schen Kalkalpen wegen ihres festen Materials in Steinbrüchen
für Wasser- und Brückenbau sowie für Sockelsteine (C. W.
GümsEL, Geognostische Beschreibung des Bayerischen Alpen-
gebirges und seines Vorlandes S. 894) gebrochen werden, stellt
Zeits. d.d. geol. Ges. XVIL 4. 41
624 Be .,
Herr GungEL zum Terrassen - Diluvium der Hochgebirgstbäler
und sagt darüber (l. c. $. 801): „Innerhalb vieler Terrainbuch-
ten in den Alpen, hoch über dem jetzigen Flussniveau, ge-
wahrt man oft mehrfach übereinander hinziehende Terrassen,
aus Geröll und Schutt gebildet, in welchen die Rollstücke oft
nur locker, oft auch zu festen Gesteinsmassen verkittet sind.
Ihre Entstehung ist von früheren, höher angeschwollenen Ge-
'wässern abzuleiten, welche im Innern der Alpen von den jetzi-
gen Vertheilungen und Niveaudifferenzen abweichende Züge
und Becken einnehmen. Sie sind den Geröllbänken oder den
Schuttmassen zu vergleichen, welche sich an Flüssen oder am
Rande der Seen jetzt noch bilden und bei wechselndem Wasser-
stande in mehrfachen terrassenförmigen Absätzen untereinander
gelagert vorkommen. Ausgezeichnet ist diese Bildung in der
Ramsau bei Berchtesgaden, wo mächtige mit Urgebirgsfelsarten
untermengte Kalkrollstüucke durch Kalktuff zu einem festen
Nagelgesteine verbunden sind. Auch bei Garmisch gewinnt
män ein ähnliches Diluvialconglomerat.*“ Soweit Herr Günmsku!
Ob die Conglomerate in der Ramsau, wie die in der Brei-
tenau, Hohlgeschiebe enthalten, habe ich nicht in Erfahrung
bringen können.
Aus welchen Formationen die Geschiebe von Kalkstein
und dolomitischem Kalkstein in diesem Conglomerate stammen
mögen, erfahren wir nicht durch Herrn Gümser. Die @onglo-
merate liegen im jetzigen Loisachthale zwischen dem Eibsee
und Garmisch, am linken Ufer also am Fusse des hohen Kra-
merberges und sind vermuthlich durch die Thalalluvionen am
rechten Ufer bedeckt, so dass man ihre ganze Ausdehnung
nicht kennt. Da nun aber zur Zeit ihrer Bildung das Loisach-
thal noch nicht vorhanden war, sondern nur ein Thalkessel
zwischen dem Eibsee und der Stadt Garmisch, können uns die
Gesteine im oberen Stromgebiet der Loisach (Hauptdolomit
des Keupers, Guttensteiner Schichten [Muschelkalk], Kössener
Schichten oder Ober-Muschelkeuper, Ober-Keuper [ Dach-
stein] Kalk und unterer, mittlerer und oberer Lias) nicht
einmal Vermuthungen darüber geben, aus welchen Sediment-
schichten die Geschiebe der Diluvialconglomerate gebildet sein
können. Da aber der Rand des diluvialen Thalkessels zwi-
schen dem Eibsee und Garmisch am nördlichen und nordwest-
lichen Ufer aus dem Hauptdolomit des Keupers und am südli- _
625
chen und südöstlichen Ufer aus dem Muschelkalke der Gutten-
steiner Schichten bestand und noch besteht, ist wohl die An-
nahme gerechtfertigt, dass die Geschiebe dolomitischen Kalk-
steins aus ersterem, die Kalksteingeschiebe des’ Diluvial-Con-
glomerates aus letzterem stammen. Die Entscheidung dieser
Frage muss man lokalkundigen Geognosten überlassen.
Nach den drei Handstücken, welche sich in der Berliner
Universitätssammlung befinden, liegen die einzelnen — bis
3 Zoll grossen Geschiebe in einem Teige, der selber wieder
ein feines Kalksteinconglomerat ist. Das Bindemittel dessel-
ben ist ein gelblichgrauer, bald reiner bald sehr durch Thon
und Sand verunreinigter, poröser Kalkstein oder Kalksinter,
der oft ausschliesslich herrscht, oft aber auch stark durch
kleine Geschiebe und eckige Bruchstücke von Kalkgesteinen
verdrängt wird. Da die letzteren oft ganz durch Auflösung
wieder entfernt worden sind, bekommt die Masse, in der
die grossen Geschiebe liegen, ein ganz zerfressenes, löchri-
ges Aussehen; die Poren und Löcher sind vielfach mit mi-
kroskopischen Kalkspath- oder Bitterspath - Krystallen bewan-
det. Die Geschiebe in diesem Teige sind entweder gut ge-
rundet, oder auch nur an den Kanten abgeschliffen; im ersteren
Falle haben sie einen entfernteren Ursprung als in letzterem
gehabt. Sie bestehen aus mannichfachen Kalksteinen, einerseits
aus sehr dichtem, muscheligen Gesteine, und diese Geschiebe
sind nie gehöhlt, andrerseits aus. fein krystallinischem, zucker-
körnigen, gelblichweissen dolomitischen Kalksteine in der ver-
schiedensten Grösse. Alle Geschiebe aus diesem Material sind
mehr oder weniger, auch ganz im Innern ausgehöhlt und
gleichen ausser in der Farbe vollkommen den Lauretta - Ge-
schieben. Manche Geschiebe lassen sich durch Verwitterung
im Steinbruche vom Teige lösen und zeigen deutlich ihre Ge-
schiebenatur, wenn auch nicht in hohem Grade der Vollendung.
Die äussere Oberfläche ist mit den zierlichsten Rhombo&dern
von Kalk- oder Bitterspath bedeckt, wie die Geschiebe von
Heddesheim. Auch die Bayerischen Hohlgeschiebe haben. im
Innern Rippen d. h. Rudimente von Kammerwänden und sind
mit kleinen Rhomboedern von Bitterspath bewandet, die sich
manchmal übereinander gehäuft haben. Der innere Hohlraum
muss ebenfalls mit Diluvialsand zum Theil erfüllt gewesen sein;
denn er haftet noch etwas an den Wänden der aufgeschlagenen
41*
Be ae
Geschiebe. Sehr instructiv an diesen Conglomeraten ist die
Thatsache, dass die Geschiebe der dichten Kalksteine nicht
gehöhlt worden sind, sondern nur die aus krystallinisch-kör-
nigen Gesteinen.
Sehr richtig erörtert Herr v. HaAıınger alle genetischen
Punkte in zwei Fragen, nämlich:
1) Warum werden die Kalksteingeschiebe angegriffen und
verändert oder ganz und theilweise fortgeführt, während das
kalkige Bindemittel unversehrt bleibt; und De.
2) Warum geht die Veränderung in so vielen Fällen ge-
radezu vom Innern aus, nicht von der Oberfläche, da oft in der
That nur eine dunne Schale eines früheren Geschiebes vor-
handen ist?
Um diese beiden Pole sollen sich denn auch die folgenden
genetischen Besprechungen drehen.
Nach dem oben Mitgetheilten fällt für die Hohlgeschiebe
von Kreuznach die erste Frage des Herrn v. HAmingEr in sich
zusammen; allein da ich bei Beantwortung derselben die An-,
sichten dieses Forschers nicht zu theilen vermag, und da die
Antwort auf die erste Frage eine zu wichtige Rolle bei der
zweiten Frage spielt, sehe ich mich genöthigt, auf jene einzu-
gehen.
Erscheinungen erklären sich bekanntlich um so richtiger
und leichter, je zahlreicher sie uns vorliegen, d. h. je weiter
das Feld derselben ist, das man übersieht. Man kann die Bil-
dung der Hohlgeschiebe eben so wenig richtig aus den Beob-
achtungen über die Geschiebe von Kreuznach allein erklären,
als es nach meiner unmaassgeblichen Ansicht Herrn v. Har-
DINGER geglückt zu sein scheint, dieselbe aus den Beobachtun-
gen im Leithagebirge befriedigend erklärt zu haben. Und ich
will mich gern nach neuen Erfunden von Hohlgeschieben an
andern Orten bescheiden, dieselben unbefriedigend erklärt zu
haben, möge es mir nur durch die folgenden Zeilen gelingen,
etwas zu der Aufklärung dieser Erscheinungen beizutragen.
Durchforschen wir eitimal, um einen recht allgemeinen
Standpunkt bei der Beantwortung der beiden genetischen Fra-
gen einzunehmen, die uns bekannte Erdrinde, ob sich hier keine
analogen Erscheinungen mit den beschriebenen Hohlgeschieben
finden möchten. i
Gewiss finden sich deren; ich erinnere nur an die eruptiven
ER RER. 9
627
Silikatgesteine mit porphyrischer Struktur und, um von vielen
Fällen einen typischen herauszunehmen, an die Porphyre selbst.
Dieselben bestehen bekanntlich aus einer Grundmasse, die zum
grössten Theile aus.Feldspath zusammengesetzt ist, mit aus-
geschiedenen, bald grösseren, bald kleineren Krystallen genau
desselben Feldspathes. Bei den Porphyren findet sich nun
allerdings der Fall, dass beim Verwittern die Grundmasse auf-
gelöst und zerstört wird, und dass die eingeschlossenen Feld-
spathkrystalle wohlerhalten in dem losen Schutte der ehemali-
sen Grundmasse umherliegen (Porphyr von Neutz und Gömritz
bei Halle a. d. Saale, von Manebach in Thüringen); viel häu-
figer aber ist die entgegengesetzte Erscheinung, dass die ein-
geschlossenen Feldspathkrystalle eher verwittern und aufgelöst
werden als der Feldspath, welcher die Grundmasse constituirt.
Ist dieser Fall nicht ganz genau derselbe als bei den Kalkstein-
geschieben in einem Kalksteinteige? Finden wir nicht dieselbe
Erscheinung bei vielen Graniten, welche in dem körnigen Ge-
menge grosse Ausscheidungen von Rn haben; und ebenso
bei vielen Trachyten?
An den Porphyren in der Umgegend von Halle a. d. Saale
habe ich früher (diese Zeitschrift 1864 Bd. XVI. S. 378) zu
beweisen gesucht, dass diese beiden entgegengesetzten Ver-
witterungserscheinungen bedingt sind und erklärt werden —
nicht oder nur sehr untergeordnet durch eine etwa verschiedene
chemische Zusammensetzung, sondern — durch die Form, Grösse,
das Gefüge und die Struktur der Feldspathsubstanz, sowohl der
in der Grundmasse als der in ausgeschiedenen Krystallen. Kann
man nun diese Erklärungsweise auf die Kalkstein-Hohlgeschiebe
in Kalkeonglomeraten übertragen und anwenden ? |
Für Herrn v. HAıpınger ist der Ausgangspunkt zur Beant-
wortung seiner ersten® genetischen Frage die chemische Zu-
sammensetzung 1) der kalkigen Grundmasse mit 0,50 pCt.,
2) eines nicht gehöhlten Geschiebes mit 0,80 pCt., 3) einer
Schale eines Hohlgeschiebes mit 12 pCt., 4) des ruckständigen
Pulvers im Innern eines Geschiebes mit 36,75 pCt. kohlensaurer
Magnesia. Hieraus schliesst Herr v. Hımmerr, dass die Ge-
schiebe um so mehr der Zerstörung ausgesetzt sind, je mehr
kohlensaure Magnesia sie enthalten, und dass die Grundmasse
gar nicht gelöst werde, weil sie fast keine kohlensaure Magnesia
besitze.
x p; 3 x I Sr Er R a )-
ji a ae ip a . =
Fa YE BEL I a) +:
83 / - RO Pos are,
- KR
Ob man aus so wenigen Beobachtungen das: Gesetz ab-
leiten darf, dass das Maass der Aushöhlung proportional sei
dem Gehalte an kohlensaurer Magnesia in der ursprünglichen
Geschiebesubstanz,, berweifele ich um so mehr, als dasselbe
den bisherigen Untersuchungen und Beobachtungen uber die
Löslichkeitsverhältnisse des kohlensauren Kalks, der kohlen-
sauren Magnesia und deren beiderseitiger Verbindungen und
Gemenge, welche man Dolomit und dolomitische Kalksteine
nennt, widerspricht.
Obwohl die Arbeiten der Herren Karsten (KarsmEn’s
Archiv Bd. XXI. S. 572 fi.), FORCHHAMMER (Oversigt over det _
Kongelige Danske Videnskab. Selskabs Forhandlingar 1849;
5, 6 8. 83), G. Bıscnor (Lehrbuch der chemischen und phy-
sikalischen Geologie, 2. Aufl. I. S. 106— 134), Rott (diese
Zeitschrift Bd. IV. S. 565 ff.) und REDTENBACHER (Sitzungsbe-
richte d. k. A..d. W. zu Wien Bd. XXI) uber die totale und
partielle Löslichkeit dieser Salze in schwachen Säuren (meist
Kohlensäure-haltigem Wasser oder verdünnter Essigsäure) reich
an unentwirrbaren Widerspruchen und Anomalien sind, steht
doch so viel fest:
l) dass kohlensaurer Kalk in allen Aggregations-Zustän-
den zwischen der amorphen Kreide und dem Kalkspathe leich-
ter löslich ist als kohlensaure Magnesia, in deren entsprechen-
den Zuständen, und zwar etwa im Verhältnisse von 6,9:1
(nach G. BiscHor);
2) dass eine chemische Verbindung von kohlensaurem Kalk
und kohlensaurer Magnesia (Dolomit) oder ein Gemenge dieser
Verbindung oder von kohlensaurer Magnesia (Magnesit) mit
kohlensaurem Kalk (die sogenannten dolomitischen Kalksteine)
um so leichter löslich sind, je reicher sie an kohlensaurem
Kalk sind. 4
Hieraus folgt, dass entweder das obige Gesetz des Herrn
v. HAIDINGER ungiltig ist, oder dass, falls wirklich die Aus-
höhlung der Geschiebe proportional dem Gehalte an kohlen-
saurer Magnesia ist, man im Schlusse aus diesem Gesetze Ur-
sache und Wirkung vertauschen und sagen muss: die zurück-
gebliebene Substanz der Geschiebe ist, gegen die ursprüngliche
verglichen, durch die Aushöhlung mit kohlensaurer Magnesia
angereichert worden, weil nur der kohlensaure Kalk aus dem
dolomitischen Kalkstein ausgezogen worden ist, und die Grund-
629
masse hat kaum einen Gehalt an kohlensaurer Magnesia, weil
sie noch unveräudert ist.
Bei dieser Anschauungsweise, zu der ich mich bekenne,
blieb bei der Auslaugung und Aushöhlung der ursprünglichen
Kalksteingeschiebe mit ca. 1 pCt. kohlensaurer Magnesia durch
Kobhlensäure-haltige Tagewasser der grösste Theil dieser koh-
lensauren Magnesia (neben den ganz unlöslichen Verunreini-
gungen durch Sand und Thon), mit 63,25 pCt. kohlensaurem
Kalk zu schwerlöslichem Dolomit verbunden, ungelöst als
Dolomitsand oder Dolomitskelet im Innern der Hohlgeschiebe
zurück. Ein kleiner Theil der ursprünglichen kohlensauren
Magnesia löste sich, wie das Herr FORCHHANMER (BiscHor Lehr-
buch der phys. u. chem. Geologie 2. Aufl. Bd. II. S. 152) durch
Versuche nachgewiesen hat, mit dem kohlensauren Kalk in
den Kohlensäure-haltigen Tagewassern, durchdrang mit diesen
die äusseren Theile des Kalkgeschiebes, fand in denselben
Gelegenheit, sich vollkommen gegen leichter iöslichen kohlen-
sauren Kalk auszutauschen, ehe die Losungswasser zur kalki-
gen Grundmasse der Conglomerate gelangten. So wurde die
Kalksteinschale des Hohlgeschiebes mit kohlensaurer Magnesia
angereichert, dolomitisirt, und zwar um so mehr, als die Aus-
höhlung fortschritt. Die Grundmasse der Conglomerate konnte
gar nicht oder fast gar nicht dolomitisirt werden, weil alle
oder fast alle in den Wassern gelöste kohlensaure Magnesia
sich schon auf dem Wege durch die Geschiebeschale gegen
Kalk ausgetauscht hatte.
Der so gedachte Höhlungsprocess entspricht vollständig
den chemischen und physikalischen Gesetzen, hat vom geolo-
gischen Standpunkte Vieles für sich und gewinnt dadurch sehr
an Wahrscheinlichkeit.
So folgt er dem empirischen chemischen Gesetze, dass
schwer lösliche, aber gelöste Salze, sobald sie mit leichter lös-
lichen, aber ungelösten, mit denen sie sich chemisch nicht zer-
setzen oder verbinden, zusammenkommen, aus der Lösung tre-
ten und letztere Salze an ihre Stelle zwingen; oder mit andern
Worten, es folgt dieser Process dem gleichfalls empirischen
Gesetze der Pseudomorphosen, dass das schwer lösliche Mine-
ral das leicht lösliche verdrängt. Die Thatsache, dass sich in
der Natur Pseudomorphosen von Bitterspath nach Kalkspath,
aber nicht umgekehrt (BıscHhor, Lehrbuch d. chem. u. phys.
Geologie 2. Aufl. Bd. I. S. 134) finden, ist für den beopr- %
chenen Process eine kräftige Stutze.
Geologisch hat er Viel für ‚sich, weil er nicht. von der
Annahme des Herrn v. HAipınGER ausgeht, die ursprünglichen
‘ Geschiebe dolomitischen Kalksteins hätten verschiedene chemi-
sche Zusammensetzung gehabt, nämlich einen Gehalt an kohlen-
saurer Magnesia, der zwischen 0,80 pCt. und 36,75 pCt. schwankt.
Dass ein dolomitischer Kalkstein unzweifelhaft genau desselben
Aussehens und von demselben Ursprungsorte eine so überaus
wechselnde chemische Constitution gehabt hätte, wäre selbst
bei diesem Gestein, bei dem geringe Schwankungen von weni-
gen Procenten im Gehalte an kohlensaurer Magnesia von dem-
selben Felsblocke mit demselben äusseren Ansehen nachgewie-
sen sind, eine unerhörte Erscheinung, die man, so lange sie
in keiner Weise erwiesen ist, nicht zum Ausgangspunkt einer
Theorie oder Hypothese machen darf. Meine Ansicht geht von
dem Grundsatze aus, alle Geschiebe hätten früher nahe zu
gleiche chemische Zusammensetzung gehabt und nicht diese,
sondern nur die verschiedenen Zustände des Gefüges und der
Aggregation der Atome dieser kohlensauren Salze in den ver-
schiedenen Geschieben und der Grundmasse seien die Ursache
gewesen, weshalb einzelne Geschiebe und die Grundmasse sich
gar nicht, andere Geschiebe zum Theil und noch andere sich
ganz gelöst haben.
| Wie verschieden die Aggregationszustände in den Ge-
schieben der Bayerischen Diluvialconglomerate und deren kal-
_ kigem Bindemittel sind, geht aus den obigen Beschreibungen
dieser Schichten hervor, und welchen Einfluss der Aggregations-
und Gefügezustand auf die Löslichkeit hat, ersieht man aus
den oben eitirten Untersuchungen des Herrn G. BiscHor (l. ce.
Bd. II. S. 106—134).
Somit hätte ich denn, glaube ich, meine Absicht erreicht,
namlich den Nachweis, dass, wie bei den Feldspathen in der
Feldspathgrundmasse der eruptiven Silikatgesteine, auch bei den
Kalksteingeschieben in kalkiger Grundmasse der Grund zu der
leichteren oder excelusiven Lösung der Einschlüsse gegen die
des Teiges nicht oder nur ganz ausserordentlich untergeordnet
in den chemischen, sondern in den physikalischen und mecha-
nischen Verhältnissen und Verschiedenheiten der Substanzen
zu suchen ist.
631
Diese Beantwortung der ersten der beiden genetischen
‚Fragen des Herrn v. Haıınger ‚setzt aber voraus, dass die
frischen oder fast ganz frischen Kohlensäure-haltigen Tagewasser
schnell, also ohne Einwirkung auf den Teig denselben durch-
flossen, direct in das Innere der Geschiebe drangen, diese nach
aussen langsam durchsickerten und dann erst, mit kohlensau-
rem Kalk gesättigt und ohne Gehalt an kohlensaurer Magnesia
zur Grundmasse zurückgelangten, um durch dieselbe ihren Rück-
zug zur Tagesoberfläche oder zu den grösseren unterirdischen
Wasserstrassen zu nehmen. Dieser Punkt fuhrt uns zur zwei-
ten genetischen Frage, zur Höhlung der Geschiebe von innen,
statt wie gewöhnlich von aussen.
Diese Erscheinung hat nach Herrn v. HAmınger mehr
einen mechanischen als chemischen Grund; das ist auch völlig
meine Ansicht, zu der ich aber auf anderem Wege als Herr
v. HAIDinger gelangt bin. Dieser Forscher glaubt, dass gegen
den Druck der überliegenden Massen auf das eingeschlossene
Geschiebe nur dessen äusserste Schicht wirke, dass der Druck
sich nieht in das Innere fortpflanze, und dass dadurch das
Innere der Geschiebe einer Einwirkung der lösenden Tagewasser,
welche das Ganze gleichmässig durchdringen, am meisten preis-
gegeben sei. |
Gegen diese Ansicht spricht, glaube ich,
1) dass der Druck, also auch der diesem gleiche Gegen-
druck, in dem nämlichen Geschiebe an allen Theilen ziemlich
derselbe ist, aber von oben nach unten etwas zunimmt, weil
er proportional der Höhe der überliegenden, druckenden
Masse ist;
2) dass sowohl im Leithakalke, als in dem Rheinischen
Rothliegenden und in den Bayerischen Conglomeraten nicht alle
dicht benachbarten Geschiebe, sondern nur deren kleinster
Theil, genöhlt sind;
3) dass im Rothliegenden des Fluthgraben - Thales bei
Kreuznach unter den nämlichen äusseren Verhältnissen wie au
den übrigen besprochenen Orten alle Geschiebe entweder gar
nicht oder nur von aussen, nie von innen aufgelöst und aus-
gehöhlt worden sind.
Den Grund dafur, dass die meisten Kalksteingeschiebe
ganz ungelöst geblieben sind, dass viele an diesem Orte von
innen, viele an jenem Orte von aussen aufgelöst sind, mussen
632
wir also in andern Verhältnissen als Herr v. HAIDINGER- su-
chen. Zu diesem Zwecke will ich wieder das Feld dieser
Thatsachen durch analoge Erscheinungen in unserm unterirdi-.
schen Reiche zu erweitern suchen. |
Diese beiden Lösungs- oder, was dasselbe sagen will,
Verwitterungserscheinungen treten uns nicht einzig und allein
oder gar zuerst bei den genannten Hohlgeschieben entgegen;
nein, sie beschäftigen schon längere Zeit die Mineralogen, Geo-
logen nnd Petrographen sowohl bei manchen isolirten Mine-
ralien, als ganz besonders bei denen, die in Sediment-, noch
mehr aber in Eruptiv-Gesteinen eingeschlossen sind; ich er-
innere, um mich wegen der Bequemlichkeit nur eines concre-
ten Beispieles zu bedienen, speciell nur an die in Porphyren
oder porphyritischen Gesteinen ausgeschiedenen Feldspathkry-
stalle, welche beide Lösungsarten sehr deutlich zeigen.
Die gleichen Erscheinungen der Verwitterung oder Auf-
lösung mussen oder können wenigstens hier in den Porphyren,
wie dort in den Conglomeraten, dieselben Ursachen gehabt ha-
ben; denn beide Erscheinungen sind vollkommen analog. Was
namlich in dem einen Falle die Porphyrgrundmasse, ist im
andern das Oement um die Geschiebe, was im ersteren die
Feldspathkrystalle, sind im letzteren die Geschiebe dolomiti-
schen Kalksteins; diese bestehen aus löslichem kohlensauren
Kalke neben schwer löslichem Kalk-Magnesia-Doppelsalze (Do-
lomit), jene aus löslicher Kieselsäure und Kiesel- und Kohlen-
säure-Salzen neben unlöslichem Kaolin. In verschiedenen Por-
phyren, aber auch in demselben, finden wir beide Verwitte-
rungserscheinungen bald einzeln, bald combinirt neben unver-
witterten Feldspathen. Dass man bei den Kalksteineonglome-
raten noch nicht beide Arten von Hohlgeschiebeu zusammen
neben ungehöhlten Geschieben gefunden hat, liegt sicher nicht
an einer Unmöglichkeit eines solchen Zusammenvorkommens,
sondern am Mangel von Beobachtungen und Aufschlüssen.
Bei den Porphyren von Halle a. d. Saale glaube ich den
Grund der Verwitterung der Feldspäthe von innen nach aussen
nachgewiesen zu haben (diese Zeitschrift Bd. XVI. 8. 3885); er
liegt dort schwerlich in einer ungleichen Zusammensetzung die-
ses Minerals, sondern in dessen Struktur- und Aggregations-
zustande, oder was dasselbe sagen will, in dessen ungleicher
Durchdringbarkeit von Wasser.
ee
Die Feldspäthe, die zu dieser Art der Verwitterung und
Auflösung neigen und theilweise verändert sind, haben im In-
nern eine ganz poröse, bimssteinartige Struktur, aussen umge-
ben von einer homogenen Rinde, die nur von einzelnen Sprün-
gen durchsetzt ist, die in das poröse Innere und nach aussen
sich öffnen. Durch diese gelangen die zersetzenden Tagewasser in
das Innere der Krystalle und können hier gleichzeitig wie aussen
ihr Werk beginnen, nur viel schneller, nämlich im Verhältniss
zu der Grösse der Angriffsoberfläche. Während man also an
der Rinde die Verwitterung fast noch gar nicht gewahrt, kann
das Innere schon ganz zersetzt sein.
Diesem nachweisbaren Vorgange ganz analog erkläre ich.
mir die Aushöhlung der Geschiebe von innen. Dass dieses bei
letzteren so ist, kann man allerdings nicht nachweisen, weil
man bei der Möglichkeit einer vollständigen Lösung des dolo-
mitischen Kalksteines nicht wie bei den Feldspäthen, in denen
jede Spur des unlöslichen Rückstandes an Kaolin sogleich in
die Augen fällt, sagen kann, ob die drusige oder poröse Struk-
tur im Innern der Geschiebe eine ursprüngliche, dem dolomi-
tischen Kalksteine zukommende oder eine spätere, durch die
beginnende Höhlung schon erfolgte ist.
Die Aushöhlung von Kalkstein - Geschieben ist durchaus
nicht so befremdend wie die Verwitterung der Feldspäthe von
innen. Denn einmal ist die innere, poröse Struktur der letz-
teren eine seltenere und weniger leicht zu erklärende Erschei-
nung als die ursprünglich drusige Struktur der dolomitischen
Kalksteine. Wo finden sich wohl Dolomite anstehend, die
nicht wenigstens hier und da drusig wären? So sind auch die
bei Stromberg anstehenden dolomitischen Kalksteine stellen-
weise porös genau, so wie einzelne der Geschiebe im Rothlie-
liegenden. Andermal ist eine directe und schnelle Zuführung
der frischen Tagewasser durch das stets nachweisbar löcherige,
ungeschlossene Bindemittel der Oonglomerate in das drusige
Innere der Geschiebe viel leichter fasslich als eine gleiche
durch die in sich geschlossene, aus einem Guss gebildete Feld-
spathgrundmasse in das Innere der Krystalle. Wie bei den
Feldspäthen durch sichtbare Sprünge von der äusseren Ober-
fläche in das poröse Innere, sind bei den Hohlgeschieben die
frischen Tagewasser ungesättigt direct aus dem Teige in das
Innere der Geschiebe durch Kanäle, Sprünge und Klüfte ge-
LINSE
634
langt. An einem meiner Geschiebe von Heddesheim sieht man
noch diesen Hauptzuführungskanal; er ist wie der innere Hohl-
raum mit den sekundären Infiltrationsprodukten, die sich phy-
sikalisch leicht vom ursprünglichen Gesteine unterscheiden
lassen, ausgefüllt; und rings um diesen Kanal ist der sonst
graue dolomitische Kalkstein geröthet, weil die ihn durchzie-
henden frischen Tagewasser noch so viel Sauerstoff enthielten, um
den geringen Gehalt von kohlensaurem Eiseroxydul des Gesteins
zu Eisenoxyd zu oxydiren. Da sich immer neue Tagewasser in
das Geschiebe durch die grossen Arterien drängten, mussten
die im Geschiebe gesättigten Wasser, da sie keinen bequemeren
Ausweg finden konnten, sich durch die Haarspalten zwischen
den kleinen Krystallen des dolomitischen Kalksteins, die mit
den Venen verglichen werden-können, durchzwingen, wie ich
es bei der Beantwortung der ersten genetischen Frage erörtert
habe. Wieder in das ungeschlossene Bindemittel der Conglo-
merate getreten, fanden die gesättigten Tagewasser schnell
Abfluss durch Hauptvenen, lösten dort nichts auf, setzten sogar
vielleicht schon kohlensauren Kalk ab.
Die urspüngliche Struktur und das Gefuge der festen Ge-
schiebe dolomitischen Kalksteins, ferner deren Lage im Teige der
Conglomerate i$t also die einzige Ursache, dass bald die Ge-
schiebe gar nicht, bald von aussen, bald von innen gelöst wor-
den sind.
Die ganz unveränderten Geschiebe lagen nämlich entweder
in einem Teige, der gar kein Wasser bei ihnen und durch sie
eirkuliren, oder nur mit kohlensaurem Kalk »gesättigtes zu ihnen
treten liess, oder hatten, falls lösende Tagewasser bis zu ihnen
drangen, eine solche physikalische Beschaffenheit (dichtes Ge-
füge, dichte Aggregation der Atome, Fehlen von Sprüngen und
Kluften, vollkommen glatte, also schwer angreifbare Oberfläche
u. s. w.), dass die Wasser den Geschieben nichts anhaben
konnten. Ich gehe auf diesen Punkt nicht näher ein, weil er
durch seine Alltäglichkeit ein sehr bedingtes Interesse hat.
Fast ebenso wenig befremdet uns die Auflösung oder Ver-
witterung von aussen, ganz besonders deshalb, weil wir gewohnt
sind, sie bei allen Mineralien und allen Gesteinen zu finden.
Bei Einschlüssen (Geschieben in Conglomeraten oder Krystallen
in einer Grundmasse) erfolgt dieselbe stets dann, wenn die
diese aus einer geschlossenen Substanz bestehen, so dass
635
die zu dieser gelangenden, ungesättigten Tagewasser dieselbe
nicht eirkulirend durchdringen können. Das Lösungsmittel eir-
kulirt in diesem Falle in der stets vorhandenen, mehr oder
weniger engen Weitung zwischen Einschluss und Bindemittel,
erweitert dieselbe allmälig auf Kosten der Substanz des Ein-
schlusses allein oder auf Kosten von Einschluss und Umschluss,
je nach den Löslichkeitsverhältnissen dieser beiden Bestand-
theile. Hieraus folgt, dass die Lösung von aussen her haupt-
sächlich zu finden sein wird, wo die Einschlusssubstanz grössere
Löslichkeit hat als das umgebende Bindemittel. Deshalb ken-
nen wir sie nicht bei den Oonglomeraten des Leitha-Kalksteins
und der Bayerischen Diluvialbildungen. Bei den so geschilder-
ten Verhältnissen haben die lösungsbegierigen Tagewasser
gar keinen Grund, in das geschlossene Innere der Einschlüsse
einzudringen, denn sie erreichen ihre Absicht viel bequemer
auf der Oberfläche; und sollten*sie gleichzeitig doch in das
Innere durch Sprünge dringen, so geschieht dieses im Verhält-
niss der Kanalweiten sehr langsam, und so ist die Lösung nur
gering im Verhältniss der von den Tagewassern bespuülten
Angriffsoberfläche, wodurch die innere Thätigkeit der Wasser
unmerklich erscheint gegen die äussere.
Die Verwitterung von innen erregt bei uns nur Verwun-
derung, weil sie uns so selten entgegentritt, was darin be-
gründet ist, dass sie das Zusammentreten vieler Bedingungen
voraussetzt. An und fur sich ist sie weder wunderbar, noch
räthselhaft, wofür man sie halten zu müssen bisher geglaubt hat.
Sie setzt voraus:
1) einen ursprünglichen, wenn auch noch so kleinen
Hohlraum im Geschiebe mit wenigstens einer Kluft, die sich
nach aussen und innen öffnet, oder statt beider ein System
von Sprüngen, die im Innern der Geschiebe eine grössere Ver-
astelung haben als in den äusseren Theilen;
2) eine ungeschlossene, am besten poröse Grundmasse;
3) eine geringe Durchdringbarkeit der Einschlusssubstanz
_ durch Flüssigkeiten.
Dass diese hohlen Einschlüsse nicht ausschliesslich von
innen, sondern auch, wenngleich wenig, von aussen und von
allen, den lösenden Tagewassern zugänglichen Kluften gelöst
worden sind, sieht man bei allen Geschieben an der oben be-
636 ae
'schriebenen Aetzung der Geschiebeoberfläche und an den Ver-
änderungen der Geschiebesubstanz um die Zuflusskanäle.
Die folgenden Zeilen wenden sich wegen der Bequemlich-
keit des Ausdrucks wieder ausschliesslich den Hohlgeschieben
zu, obwohl sich ähnliche Erscheinungen bei allen eingeschlos-
senen Massen finden. |
An den uns bekannten Aufschlusspunkten sowohl im
Leitha-Gebirge, als in den Bayerischen Alpen und bei Kreuz-
nach ist die Aushöhlung der Geschiebe als eine beendigte zu
betrachten. Das beweisen die späteren Bekleidungen aller
Hohlraumswände mit Drusenmineralien, welche die noch vor-
handenen Geschiebereste vor weiterer Auslaugung schützen;
denn nur über ihre Leichen geht der Weg zu diesen Resten.
In welcher geologischen Zeit die Aushöhlung begonnen und
gewährt hat, lässt sich nicht sagen, dafür habe ich durchaus
keinen Anhaltspunkt zu finden vermocht.
Dass in den von aussen oder innen gehöhlten Geschie-
ben sandige, thonige, pulverig-krystallinische, der Form nach
bimssteinartige Rückstände bleiben, ist sehr natürlich. Die we-
nigsten dolomitischen Kalksteine sind reiner kohlensaurer Kalk
mit Kohlensaurer Magnesia, sondern haben, wie ich auch an
den Geschieben von Heddesheim nachgewiesen habe, einige
Procente mechanische Verunreinigungen durch Sand, Then,
Silikate u.s.w. Ferner bestehen die dolomitischen Kalksteine
nach den Untersuchungen der Herren Karsten, FORCHHANMMER,
RotHu aus einem Gemenge von leicht löslichem Salze (kohlen-
saurer Kalk) und einem schwer löslichen Salze (kohlensaure
Magnesia, Magnesit) oder Doppelsalze (kohlensaurer Kalk und
kohlensaure Magnesia, Dolomit). Aus diesen schwer oder un-
löslichen Substanzen bestehen diese Rückstände. Die genannte
mannigfache Struktur derselben hängt davon ab, wie diese
Substanzen in dem ursprünglichen dolomitischen Kalksteine
angeordnet waren. Sie sind gleichsam das restirende Skelet
des letzteren, das zu Sand und Pulver bei der Höhlung zer-
fallen musste, wenn die einzelnen Theile desselben unter sich
sar keinen oder nicht genug Zusammenhang hatten, um chemi-
schen oder mechanischen Angriffen widerstehen zu können.
Dass die Hohlräume in den Geschieben, nachdem die Zeit
der Höhlung und Auslaugung beendet war, wie alle oder viele
Hohlräume in Mineralien und Gesteinen mit verschiedenen
637
Mineralien bewandet und erfüllt wurden, ist ganz selbstver-
ständlich und von dem Umstande bedingt, dass zu einer be-
stimmten Zeit aus irgend welchem Grunde nicht nur keine
lösenden Tagewasser mehr in die Hohlräume drangen, sondern
sogar solche, die mit den Infiltrationssubstanzen gesättigt wa-
- ren, und dass in den gebildeten Hohlräumen die Bedingungen
vorhanden waren, welche ein Abscheiden der gelösten Sub-
stanzen aus der Lösung gestatteten. Diese Bedingungen waren
bei der ältesten, der Schwerspathbildung vermuthlich die Ab-
kühlung eines Wassers, das neben einem löslichen Barytsalze
schwefelsaure Alkalien enthielt; bei der Kalkspath-, Bitterspath-,
Braunspath- und Eisenrahmbildung musste kohlensäurearme resp.
sauerstoffhaltige Luft im Hohlraume sein, und eine Lösung
diese sauren Salze zuführen. Bituminöse (kohlenwasserstoff-
haltige) Wasser bildeten den Asphalt, der sich auch in den
Hohblräumen der Pfälzischen Melaphyre und Sedimentschichten
wiederfindet, und das Zusammentreten von bituminösen, redu-
cirenden Wassern mit solchen, die schwefelsaure Salze der
Schwermetalle (besonders Eisen und Kupfer) enthielten, bildete
die Schwefelmetalle. Die hierzu nöthigen Kohlenwasserstoffe,
Schwermetalle, Barytsalze u. s. w. fanden sich theils im Roth-
liegenden, theils in den Melaphyren, theils in den Porphyren
der Pfalz.
6. Ueber die fossile Kreideflora und ihre Leitpflauzen.
Von Hero’ H. RGöperir ih Breslau.
Obschon noch mit der Herausgabe eines Zweiges der älte-
ren fossilen Flora beschäftigt, veranlasst mich doch die Ent-
deckung eines Farnstammes von einer noch nie beobachteten
Vollständigkeit in der turonischen Kreide bei Oppeln, auf die
Pflanzen zuruckzukommen, welche ich auch aus der gesammten
Kreideformation, besitze und wiewohl grösstentheils schon ab-
gebildet, bis jetzt aus Mangel an Zeit immer noch nicht ver-
öffentlichen konnte. Meine erste Arbeit über die Pflanzen der
Kreide, über die des Quadersandsteins, lieferte ich im Jahre
1841 im 19. Bande der Verhandlungen der Leopoldinischen
Akademie (N. Acta A. C. N. C. XIX. 2. p. 117— 120); sie
enthielt unter andern Fucoiden, Blattabdrücke aus Kieslings-
walde in der Grafschaft Glatz, Coniferen, die so seltene Frucht
einer Dammarites und einen sehr merkwürdigen Farnstamm
Caulopteris Singeri aus dem oberen Quader von Giersdorf bei
Bunzlau. Ein Nachtrag zu dieser Schrift erschien 1848 eben-
daselbst im 22. Bd. I. p. 364, begleitet von einer Zusammenstel-
lung aller bis dahin überhaupt bekannter Kreide-Pflanzen, de-
ren Zahl sich damals auf etwa 80 Arten belief. Gegenwärtig
beträgt sie wohl das fünffache in Folge vieler Entdeckungen
in Schlesien*), dann von voN DER Mark in Westphalen,
GLocKkER in Mähren, Otto und Gemerz in Sachsen, EicHwALD
in Russland, DUuNkER, STIEHLER in Blankenburg, Revss und
Corpa in Böhmen und besonders Desry und ETTInGSHAUSEN
in der Flora von Aachen, deren erste Anfänge auch von mir
zugleich mit oben genannten im Jahre 1841 beschrieben wurden.
*) Besonders interessante Sachen erhielt ich von den Herren Lehrer
Drrsıer von Löwenberg, von Dr. Aprer und Lehrer Linprechr von
Bunzlau, Apotheken-Besitzer HuLwa, Koch und Direktor Marrını aus
der Kreide von Oppeln, den Mineralogen Krocke und Peck, Conservator
des naturhistorischen Museums in ‘Görlitz. Allen Versicherungen erge-
bensten Dankes, \
639
“Im Allgemeinen stellt sich aus ihrer Betrachtung heraus,
dass die einzelnen Floren dieser Fundorte zwar von einander
wohl abweichen, wie z. B. die von Aachen und Blankenburg
im Gegensatz zu den übrigen, es aber doch nicht an An-
knüpfungspunkten zwischen ihnen fehlt, ja sich selbst gewisse
typische Formen unter ihnen erkennen lassen, die
zum Theil schon jetzt als Leitpflanzen dienen kön-
nen. Ich will versuchen dies nachzuweisen und hieran noch
verschiedene Bemerkungen Knüpfen.
N
Die verbreitetste, aber freilich immer noch zur Zeit sehr
angezweifelte Pflanze ist eine Alge, der Oylindrites spongioides
m., der schon im vorigen Jahrhundert von SCHULZE abgebildet
und von ihm mit Seesternen verglichen ward (dessen Betrach-
tung der versteinten Seesterne. Warschau, Dresden. 1760 p. 40
u. f. Taf. I. u. Taf. II.).. Gemırz beschrieb und bildete ihn
ebenfalls ab, glaubte ihn aber zu den Spongien rechnen zu
müssen. Ich suchte diese Ansicht zu widerlegen; aber andere
(vielleicht zum Theil in Folge dieses bestrittenen Verhältnisses;
denn näher untersucht hat es noch keiner) stellten wohl ganz
und gar seine organische Natur in Frage und rechneten ihn
zu den zufälligen Bildungen. |
Unsere genannte Alge durchsetzt das Gestein mit ihren
röhrenförmigen, 6 bis 8 Linien dicken, cylindrischen, oft 1 bis
2 Fuss in gleichem Durchmesser fortlaufenden Verzweigungen,
die sich auf ihrer ungleich grubigen Oberfläche von dem be-
nachbarten, meist sehr weissen Gesteine durch eine bräunlich-
graue, oft auch schmutziggrünliche Farbe unterscheiden.
Dieser Wechsel von kleinen Erhöhungen und Vertiefungen,
wodurch die grubige, ungleiche Oberfläche bedingt wird, ist
jedoch nicht. so unregelmässig, wie man beim ersten Anblick
namentlich weniger gut erhaltener Exemplare schliessen möchte.
Deutlich erkennt man eine quincunciale Stellung dieser Erhö-
hungen, wie ich auch schon bei der ersten Beschreibung und
Abbildung dieser merkwürdigen Gebilde andeutete, jetzt aber
mit der grössten Bestimmtheit wiederholen kann.
In ihrem Verlaufe schwellen die Zweige hier und da zu
langlichen, den Durchmesser der Röhre überhaupt etwa zwei-
bis dreimal übertreffenden Knollen an. Manchmal endigen sich
Zeits. d.d. geol Ges. XVII. 4. 42
A Bu
die Zweige in solche längliche Knollen, oft setzen sie sich aber
auch gewissermaassen sprossend noch eine kurze Strecke fort
und werden zuletzt allmälig schwächer durch Abgabe seitlicher,
fast rechtwinklig abgehender Aeste. Uebrigens gelang es mir
in neuerer Zeit, im Querschnitt eines grösseren Exemplars eine
ringförmige, braungefärbte Schicht zu beobachten, woraus man
auf eine concentrische Anordnung der Zellen schliessen kann,
wie sie neuere Untersuchungen in grossen, ja wahrhaft riesigen
Algenstämmen der jetzt lebenden Macrocystis, Laminaria, Les-
‚sonia, Ecklonia nachgewiesen haben. Deutlich bemerkten hier
La Pyraıe, Kürzıng, RupPRECHT (dessen Bemerkungen über
den Bau und das Wachsthum grosser Algenstämme. Mem. de
’Acad. imper. des sciences T. VI. Petersb. 1848) und ich selbst
bei Laminaria und Ecklonia 1 bis 8 concentrische Schichten,
die eben durch Zellgewebe verschiedener Grösse und Beschaf-
fenheit gebildet werden. Bei Ausfüllungen fossiler Gewächse
bleibt nach meinen Beobachtungen an solchen Stellen, wenn
auch wirklich keine Zellen oder Gefässe durch das ausfullende
Material erhalten worden, dennoch ein verschieden gefärbter
Absatz gleichsam als Andeutung der früheren an dieser Stelle
einst vorhandenen Organisation zurück. Auf diese Weise er-
kennen wir in den Ausfüllungen der Stigmarien, Sigillarien,
Lepidodendreen, Oycadeen der Steinkohlenformation noch die
einstige Anwesenheit der Achsen oder Centralgefässbündel, wie
man insbesondere in Querschliffen solcher ausgefullter Räume
leicht erkennen kann.
Für diese Beobachtungen liefern die von GEIITZ in seiner
Charakt. d. Schichten d.bohm.-sächs. Kreideg. p.96 beschziebenen
und Taf. 23 Fig. 1 sehr treu abgebildeten Exemplare meiner Mei-
nung nach den entschiedensten Beweis. Auf diesen sitzt nämlich in
, der Mitte wie einKiel ein sogenannter kleinerer Spongit von dem-
selben Längsverlauf und derselben Theilung, den man unmöglich,
. da er genau die Form des grösseren, ihm zur Basis dienenden
nachahmt, für einen Parasiten, sondern fur nichts weiteres als den
achsenartigen inneren Theil des Stammes selbst halten kann,
der, nach Verrottung der zwischen der Rinde und dem Innern
befindlichen Zellenschicht, hervortrat und auf der Aussenseite
zum Vorschein kam. Diese excentrische Lage der meist in
der Mitte befindlichen Achse beobachtete ich unter andern bei
einem 1+ Fuss dicken Lepidodendron zu Dombrowa im Kra-
641
kauischen, ganz besonders häufig auch bei Stigmarien, wo die
Achse oft in 1: bis 2 Fuss Länge an der Aussenseite des
Stengels wie ein scheinbar gar nicht dazu gehörender kleiner
Cylinder verläuft*). Auf diese Weise erklärt sich das sonder-
bare Vorkommen des kleinen auf dem grossen Exemplare ganz
ungezwungen, und man hat nicht nöthig anzunehmen, dass sich
ein junges Individuum auf einem älteren fortgebildet habe.
Was nun endlich noch die oben erwähnten, für die Algen-
oder Fucoiden -Natur ganz besonders sprechenden, knolligen
Auftreibungen der Stengel betrifft, se verdanken sie gewiss
nicht zufälligen Anhäufungen einer grössern Menge des Schwamm-
gewebes ihren Ursprung, wie mein Freund GEinıtz meint, son-
dern gehören mit zu der Organisation, indem sie innerhalb
höchst wahrscheinlich wie die ähnlich gestalteten Luftbehälter
der oben genannten Fucus-Arten hohl waren und so einer be-
stimmten Function vorstanden. Der Mangel an kohliger Sub-
stanz spricht endlich auch nicht gegen den vegetabilischen
Ursprung unsers Fossils, indem diese schr häufig bei Algen
fehlt, ja auch selbst bei Landpflanzen unserer Formation ver-
misst wird. Offenbar waren diese Pflanzen auch noch lange
nach der Fossilisation der Inundation ausgesetzt, wodurch die
vegetabilische Substanz durch Verwesung zerstört wurde, sodass
nur noch der Abdruck die einstige organische Form anzeigt.
Durch eomparative Abbildungen werde ich diese Ansichten in
meiner Arbeit noch weiter zu begründen suchen, inzwischen
wünschte ich nur, dass man zunächst aufhören möge, unsre Alge
in das vage Gebiet der zufälligen Bildungen zu versetzen, da
sie überdies auch wegen der sehr in die Augen fallenden Form
und grossen Verbreitung für die Geognosten von grosser Be-
deutung erscheint.
Zunächst dient sie, wie schon GEinıTz sehr richtig bemerkt,
dazu, die Sandsteine der Kreideformation von allen
andern im Aeussern und in Lagerungsverhältnissen
*, Wenn man jetztweltliche Pflanzen, die in der Mitte ein achsen-
artiges Organ besitzen, wie Stengel von Equisetum oder Myriophyllum
faulen »lässt, wird die Achse weit ‘später als das zwischen ihr und der
Rinde des Stammes befindliche Zellgewebe zerstört. Sie flottirt dann
haltlos hin und her und legt sich an die Rinde, wobei natürlich ihre
centrische Lage verloren geht. Ein recht anschauliches Bild des auf
gleicher Ursache beruhenden Vorganges in der Vorwelt.
42*
642
ähnlichen Sandsteinen der Tertiärformation zu un-
terscheiden. Weniger ist sie zur Unterscheidung der ein-
zelnen Schichten der ersteren geeignet, weil sie in allen drei Haupt-
abtheilungen derselben angetroffen wird. In Schlesien fand ich
sie in den zum oberen Quadersandstein (oberen Quadermergel
nach GEisıTZz) gehörenden kalkigen Mergeln und Grünsandsteinen
von Kieslingswalde mit Callianassa antiqua OTTO und mit vie-
len Dicotyledonenblättern, ferner auf dem Krähenberge bei
Langenau, zwischen Habelschwerdt und Eisersdorf, bei Alt-
waltersdorf und Melling, in dem vielleicht zum untern Quader
gehörenden Steinbruch am rechten Ufer der Neisse bei Habel-
schwerdt, im böhmisch-schlesischen Grenzgebirge bei Braunau,
so wie um Bunzlau und Löwenberg. Aus Regensburg in ähn-
licher Formation sah ich sie in der Sammlung des Grafen
Münster. Geisıtz fand sie daselbst ebenfalls, desgleichen in
Böhmen, in dem sächsisch-böhmischen Grenzgebirge, in Sach-
sen an sehr vielen Stellen sowohl im oberen Quadersandstein
bei Schandau (ef. Gemrrz, das Quadergebirge oder die Kreide-
formation in Sachsen. 1850. S. 3) und andern Sandsteinbrüchen
an der Elbe, also in den verschiedenen Schichten des Quader-
mergels und des unteren Quadersandsteins (Ebendas. S. 24,
30, 32, 33, 35). |
Noch häufiger traf ich sie bei Ibbenbuhren iu den Sand-
steinbrüuchen der Drenther Berge zugleich mit einer andern Alge,
Sphaerococcites lichenoides, dann im Münsterlande in den kiesel-
reichen Quadersandsteinknollen zwischen Coesfeld und Horst-
mar. So fest sie hier erschienen, so zersetzt finden wir sie,
aber doch noch leicht erkennbar, in den hangenden Sandstein-
schichten der Steinkohlengruben der Umgegend von Essen.
Neuerdings habe ich sie auch von Blankenburg durch
Herrn Hanpr erhalten.
Unter den zahlreichen, insbesondere bei Aachen beobach-
teten Farn, sind zwar viele sehr interessante Formen, aber
doch keine baumartigen, deren Vorkommen sich bisher auf
Schlesien und Böhmen beschränkte, worüber ich jüngst eine
kleine Abhandlung veröffentlichte (Ueber das Vorkommen der
Baumfarna und der fossilen Flora insbesondere in der Kreide-
formation; in G. LeoxH. u. GEisıtz’ N. Jahrb. A Heft 1865
643
p- 394—399). Ich zeigte darin, dass die früher von mir unter -
dem Namen Caulopteris Singeri aus dem Quadersandstein von
Giersdorf bei Löwenberg in Schlesien beschriebene Art mit der
böhmischen, nicht aus der Kohlen-, sondern aus der oberen
Quaderformation stammenden Caulopteris punctata STERNB. und
diese von CorDA zu Protopteris gebrachte Art wieder mit Pro-
topteris Cottae identisch sei. |
Ein dritter Fundort tritt nun noch hinzu, namlich Shaftes-
bury in Dorsetshire (WILLIAM CARRUTHERS, on Caulopteris punc-
tata GöpP., a treefern from the upper Greensand of Shaftesbury
in Dorsetshire; in the Geological Magazine etc. edided by Henry
Woopwarp. Novbr. 1865 p. 484—487 Tab. XIII). CARRUTHER,
der meine Abhandlung nicht gekannt zu haben scheint, ist zu
gleichen Ansichten wie ich hinsichtlich der Identität der ge-
nannten Arten gelangt. |
VonMonokotyledonen fand ich bis jetzt nur eine man-
chen Palmen ähnliche Blattfieder, welche mit der von MıguEL
abgebildeten Taf. I. Fig. 3 genau übereinkommt. Sie stammt
aus den Kalkschichten bei Schulter, die von ihm aber nur
- fraglich zum senonischen System gezogen werden.
In der kalkführenden Sandsteinformation zwischen Kwas-
sitz und Kremsier fand E. GLockeEr zugleich mit einer Alge,
Keckia annulata, einst eine höchst räthselhafte, an die Rotularien
und Anuularien der paläozoischen Landfloren erinnernde, höchst
wahrscheinlich dicotyledone Pflanze, mit ungegliedertem Sten-
gel und länglichen, ganzrandigen, nervenlosen Blättchen, wel-
che, wie die Abbildung zeigt (Nov. Acta Vol. XIX. Suppl. I.
p- 322) einen zehnblättrigen Quirl bilden. Er nannte sie @y-
rophyllites quassazensis. Diese fast ganz vergessene Pflanze
ward von Hsrr, der aber GLockER als Autor der Gattung
dabei nicht erwähnt, im Neocomien des Kanton Freiburg bei
Chatel St. Denis in 4 Arten beobachtet, von denen die eine
der Abbildung und Beschreibung nach (Vorwelt der Schweiz
1. Bd. S. 190) ganz mit der GLocker’schen übereinstimmt und
daher statt @. obtusifolius, @. quassazenis GLOCKER zu nen-
nen ist.
A a Be
Aus der Reihe der Coniferen begegnen wir zunächst
einem Stammbruchstuck, Pinites ucranicus m. (Göpr. fossile Co-
niferen p. 201 Taf. 26 Fig. 1—4) aus der oberen Kreide bei
Charkow in Russland, durchbohrt von Teredo und Fistulana,
welche Brepa in den oberen Schichten des St. Petersberges
(Syst. Mastrichien) fand und Miquru a. a. O. p. 13 Tab. IX. ab-.
bildete. | |
Von der weitesten Verbreitung tritt Geinitzia cretacea EnDL:
in allen drei Schichten der Senongrnppe auf: in Schlesien in
der Kreide bei Oppeln, Kieslingswalde, Ullersdorf, bei Naum-
burg am Queis, Bunzlau, Wenig Rackwitz; in Böhmen im
Grünsand von Laun, im sandigen Pläner bei Hradek, Perutz,
Trziblitz und Smolnitz, im kalkhaltigen Pläner bei Hundorf und
Kutschlin; in Sachsen im unteren Quader bei Bannewitz, im
Pläner bei Goppeln, im Kalkpläner bei Strehla und im Thon
des Quadersandsteines bei Waltersdorf, im Plänersandstein von
Rippien bei Dresden und dem unteren Quadersandstein von
Melschhuf bei Dresden. Endlich auch zu Kurs bei Charkow
in Russland.
Ounninghamites Oxycedrus PRESL.; zuerst gefunden im Grün-
sand bei Schöna in Sachsen, dann bei Blankenburg (als Abie-
titcs Goeppertü, Linkü und Hartigii von DuskEr beschrieben
und abgebildet in MEyErR u. Dusker, Palaeontogr. 4. Bd. p. 179
Taf. 32 u. 33 Fig. 1 u. 2); in Schlesien in- zum Ueberquader
gehörendem Schieferthon zu Wenig Rackwitz bei Löwenberg
mit Geinitzia cretacea; in Böhmen im Unterquader bei Perutz
(als Cunninghamites planifolius ExpL.) und zu Maseno bei Schlan
(©. elegans ExoL.); im Kreidemergel bei Lemberg in Galizien
(als Bergeria minuta Kxer). Alle diese als besondere Arten
unterschiedenen Formen gehören unstreitig sämmtlich zu Oxy-
cedrus. var
Die bisher in ihrem Vorkommen nur auf die Gegend von
Blankenburg beschränkten Crednerien sind nun auch jüngst
von Herrn Dr. AnpLER im cenomanen Sandstein bei Neuwartha
bei Bunzlau aufgefunden worden. Da inzwischen der Rand
des Blattes fehlt, lässt sich die Art selbst nicht bestimmen.
645
Hoffentlich gelingt es bald vollständigere Exemplare zu er-
halten.
“Die in Kieslingswalde vorkommenden Dicotyledonen-
blätter, einst wahrscheinlich von sehr fester, fast lederartiger
Consistenz, ähneln immergrünen exotischen Eichen, auch wohl
Weiden und Erieineen, einige selbst Blättern mancher tertiärer
Lager, ohne aber mit ihnen übereinzustimmen, was mich denn
auch veranlasste, sie früher mit Angabe ihrer Verwandtschaft
nur unter dem bekannten Sammelnamen Phyllites zu beschrei-
ben. Neuholländische Formen, ähnlich den Proteaceen, welche
ETTInGsHAUSEN und Dasry in Aachen fanden, sind unter ihnen
bis jetzt noch nicht vorgekommen. Hinsichtlich des einen be-
sonders charakteristischen Blattes (Phyllites Geinitzianus m.),
welches auffallend an die sehr verbreiteten Eichen der Tertiär-
formation Quercus fureinervis und Q. Castanea erinnert, ward
meine Vorsicht bald gerechtfertigt, indem MıquEL nach einem
Funde von BosqguET in von ihnen zum Systeme Mastrichien ge-
rechneten Kalkschichten zeigte, dass diese einzelnen Blätter
Theile eines gedreiten Blattes seien. Er vergleicht sie mit
Artoearpeen, nennt sie Debeya serrata unter Hinzufüugung fol-
sender Diagnose: jolia ternata, foliola brevissime petiolata, me-
dium paulo majus e basi rotundata subobverse lanceolato-oblonga,
apice obtusiuscula coriacea inaequaliter serrata, costulis patentibus
(De fossiele Planten van het Krijt in het hertogdom Limburg.
Haarlem. A. C. Krusemann. 1853 ».6 t.1/.1; vergleiche auch
Desry, Beitrag zur Flora der holländischen Kreide. 1851. Bd. 8
S. 96.).
In Kieslingswalde hatte ich bis jetzt nur einzelne Blätter
gefunden; zu drei verbunden erhielt ich sie zuerst aus Ullers-
dorf von Herrn Lehrer DresLer in Löwenberg und von Bunz-
lau durch Herrn Dr. ApLer, die ich sammtlich wegen ihrer
grösseren Vollständigkeit abbilden werde. Unter andern geben
sie Aufschluss über die den Mıquer’schen Exemplaren fehlen-
den Spitzen der Blätter, welche verschmälert und bis in ihr
oberstes Ende mit Sägezähnen besetzt erscheinen. Wenn ich
nicht irre, so gehört dies Blatt mit dem Hlimantites Alopecurus
von DeseY und ETTINGSHAUSEN (1. c. T. II. p. 1) ebenfalls zu
Debeya, ein interessantes Vorkommen, da es die einzige Pflanze
646
ist, welche unsere Quaderformation mit der Aachener ee
schaftlich besitzt.
Ein anderes Blatt Mıqgurv’s a. a. O. p. 9 Tab. I. Fig. 2,
Phyllites laevigatus, aus dem Fundorte des vorigen, kommt in
-der Oberlausitz vor und ward von mir a. a. O. ebenfalls ab-
gebildet Tab. LI. Fig. 9, 10; desgleichen Mıquan’s Delesserites
Thierensis a. a. OÖ. Tab. I. Fig. 4 aus den Kieselkalkschichten
des St. Petersberger Systeme Senonien. Zu Phyllites laevigatus
gehören unstreitig noch einige Blätter bei E. v. Orro (dessen
Additamenta zur Flora des Quadergebirges in Sachsen II. Heft.
1854. Tab. IX. Fig. 1—7) und von CorvaA (in Reuss, Verstein.
der böhmischen Kreideformation II. Tab. I. Fig. 9 aus dem
cenomanen Sandstein von Trziblitz).
Schliesslich folgt noch eine Zusammenstellung ‚der hier er-
wähnten, mehr oder weniger weit verbreiteten Arten, welche
ich bereits unter dem 31. März 1865 in der Leopoldina, der
Zeitschrift der Leopoldinischen Akademie, auszüglich mittheilte:
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“»ddnıy-uouag nom -ddnig-uewousg »ddnı9-WO909N
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UHTUOUAg u9IueWwou9g USTWOIOAN
648 a. ::
Aus diesen ersten Anfängen der Parallelisirung der Pflan-
zen der Kreideformation ergiebt sich, dass unter ihnen schon
mehrere in zwei, ja selbst in drei durch ihr geognostisches
Alter verschiedenen Gruppen vorkommen, und zwar in zwei:
Protopteris Sternbergü, Phyllites laevigatus, Gyrophyllites quassa-
zensis, Delesserites Thierensis, Pinites ucranieus; in drei ver-
schiedenen Schichten: Geinitzia cretacea und Cylindrites spon-
gioides, welche letztere sogar bis zum Ne&ocomien hinabreicht,
eine Ausdehnung der Verbreitung, wie sie in allen grossen
Formationsgruppen vorkommt und auch in der Kreideperiode
für die thierischen Petrefakten bereits von Ewawn (Zeitschrift
der deutschen geolog. Gesellschaft Bd. VII. S.7) und R. Dre-
ScCHER (ebendas. Bd. XV. S. 323) nachgewiesen worden ist.
Was nun insbesondere Schlesien anbetrifft, so dürfen wir
ungeachtet des sehr sparsamen Vorkommens von Exemplaren
doch wohl noch mehr Ausbeute insbesondere in den zum Ueber-
quader gerechneten Schichten der Umgegend von Löwenberg
entgegensehen. Jungst noch fand ich unter mir von Herrn
DRESCHER gütigst mitgetheilten Schiefern eine trefflich erhaltene,
mit Sporangien versehene Gleichenia, @l. Dresleriana m., dann
ein Cannophyllites und endlich noch einen neuen Farnstamm.
Ein weiter Rahmen für unsere subtropische Flora, dessen bal-
dige Ausfüllung wir wünschen.
649
1. Ueber den Kainit und Kieserit von Stassfurt.
Von Herrn €. Ramnmeısgerg ın- Berlin.
Durch die Güte des Herrn Bergmeister Mertz in Bernburg
erhielt ich ein mit dem Namen „Kainit“ bezeichnetes, neues,
kalihaltiges Salz von Leopoldshall, dem anhaltinischen Theil
des Stassfurter Salzlagers. |
Es bildet eine feinkörnige Masse von gelblicher oder grauer
Farbe, wird an trockner Luft nicht feucht, verwittert aber über
‘ Schwefelsäure und löst sich in Wasser leicht auf.
Eine Probe der gelben Abänderung, von Herrn PHıLıpp
in meinem Laboratorium untersucht, hat gegeben:
Fa Chlor 14,52
S Kalium 13,54
Natrium. 1330
Schwefelsäure 32,98 _
Magnesia 16,49.
Wasser 21.00
99,83.
Der Kainit ist mithin ein neues Doppelsalz
(KCI + 2MgS) + Gag.
Eine kleine Menge, etwa +, des Chlorkaliums ist durch
Chlornatrium vertreten, denn die Formel
un la 2MsS 6
1 Na [ = us ) + ag.
verlangt:
Chlor 14,39
Kalium 14,05 h
Natrium 1,04
Schwefelsäure 32,42
Magnesia 16,21
Wasser 21,89
100.
Grössere Stücke sind homogen, und sechs Proben einzel-
650
ner Stellen gaben immer denselben Magnesiagehalt 162 26 bis.
17,12 PC), 2
Die graue Abänderung enthält Steinsalz in blättrigen
Massen eingewachsen. Eine von denselben gesonderte Probe
lieferte:
Chlor 19,61
Kalium 12,00
Natrium 5,63
Schwefelsäure 29,30
Magnesia 14,97
Wasser 17,94
99,05;
sie enthielt also doch noch ungefähr 10 pCt. Steinsalz beige-
mengt.
10 Th. Kainit enthalten etwa 27,5 Chlorkalium.
Löst man Kainit in Wasser auf, so krystallisirt zuerst das
bekannte Doppelsalz (KS + MgS$) + 6aq heraus, welches
ScaccHI aus Salzefflorescenzen vesuvischer Laven durch Aus-
laugen gewonnen und Pikromerit genannt hat*), und welches
. HERRMANN aus Mutterlaugen der Salzsäure von Schönebeck schon
vor langer Zeit beschrieb. Die Analyse gab 10,5 bis 10,62 pCt.
Magnesia (berechnet 9,94 pCt... Dann schiesst Bittersalz,
MgS + Tag an, und in der Mutterlauge bleibt Chlormagne-
sium und Oo
Auch durch Alkohol kann man das Kali- Magnesiasulfat
aus der Auflösung des Kainits fällen.
Die Zersetzung des Minerals durch Wasser ist also eine
zweifache:
1) KCI + 2MgS = (KS + MgS) und MgCl
2) KO + 2MS= 2MS undKdl.
Was den Kieserit betrifft, so macht der sehr verschie-
dene Wassergehalt desselben es nicht unwahrscheinlich, dass
er ursprünglich wasserfrei ist. Eigene ältere Versuche, so
wie spätere von BERNOULLI**) ergaben 1 At. Wasser, REICHARDT
hatte etwas mehr als 3 At. gefunden, und Proben, die ich
neuerlich habe untersuchen lassen, führten zu der Zusammen-
setzung 2MgS + 3agq. (181 pCt. Wasser).
*) Rora, der Vesuv S. 322.
**) Diese Zeitschrift Bd. XII. S. 3066.
A A
651
8. Die oberen Jurabildungen in Pommern.
Von Herrn A. Sınegeck in Berlin.
Nachdem in neuerer Zeit die oberen Jurabildungen von
Hannover durch Herrn Oberbergrath Crepxer und Herrn Pro-
fessor v. SEEBACH auf das Genauste bearbeitet worden sind,
unternahm ich es, um die Kenntniss dieser Ablagerungen in
Norddeutschland zu vervollständigen, die Kimmeridgebildungen
Pommerns geognostisch und paläontologisch zu beschreiben.
Das Material für den paläontologischen Theil der Arbeit habe
ich theils selbst gesammelt, theils benutzte ich die Sammlun-
gen des hiesigen Universitäts-Museums und der Berg-Akademie,
in welcher die von GUMPRECHT und einige der von KLÖDEN gesam-
melten Sachen aufbewahrt werden. Zu grossem Danke bin ich
ferner Herrn Pastor STRECKER in Fritzow verpflichtet, welchem
ich besonders die Mittheilung einiger seltenen Versteinerun-
gen von dort verdanke.
Zuerst werde ich versuchen, eine kurze Uebersicht uber
die Litteratur zu geben, dann eine geognostische Beschreibung
der Lokalitäten, hierauf eine Beschreibung und Kritik der Ver-
steinerungen des oberen Jura von Pommern und zuletzt eine
Vergleichung mit den organischen Resten der Kimmeridgebil-
dungen anderer Länder.
I. Litteratur.
Die erste Notiz über anstehenden Kalk in der Nähe von
Fritzow bei Kammin, welche von geognostischem Interesse ist,
giebt W. Scauzz, Grund- und Aufriss im Gebiete der Bergbau- .
kunde. Berlin. 1823. S. 7—9; er beschreibt die zu seiner Zeit
sehr vollständig aufgeschlossenen Brüche, indem er besonders
auf die Gesteinsverschiedenheiten Rücksicht nimmt und von
Petrefakten nur ganz allgemeine Namen wie Östraeiten, Buc-
earditen, Musculiten u.s. w. aufführt, ohne jedoch eine Ansicht
über das Alter des Kalkes zu äussern. Eine so gut aufge-
652 | ee
schlossene Schichtenfolge, wie er sie beschreibt, war keinem
späteren Beobachter vergönnt zu sehen. Von ÜOEYNHAUSEN,
welcher später diese Gegend besuchte, fügt nichts Neues hinzu,
äussert sich jedoch, nach dem Aussehen des Kalkes allein ur-
theilend, dahin, dass es nicht Kreide, sondern Jura sei. Die
ersten Bestimmungen von Petrefakten .ruhren von KLöpen her,
welcher drei darauf bezugliche Aufsätze veröffentlichte: in
.Karsten’s Archiv für Mineralogie, Geognosie, Bergbau und
Hüttenkunde. Berlin. 1834. Bd. VII. S. 113—148, in den Balti-
schen Studien. Stettin. 1835. Bd. III. S: 1—27 und in Kar-
STENS Archiv, Bd. X. S. 627 — 640. 1837. In dem ersten
Aufsatz kommt er durch irrige Bestimmungen zu der Ansicht,
dass der Kalk von Fritzow Unteroolith sei. Dieser Meinung
tritt F. A. RoEMmER in LEONHARD und Bronvw’s Jahrbuch 1837,
S. 187 und 1840, S. 572 entgegen und erklärt, indem er sich
auf 15 von ihm selbst bestimmte Petrefakten stützt, dass es
Portlandkalk sei, dass aber tiefer auch oberer Ooralrag aufzutreten
scheine. In dem letzten Aufsatz zählt KLöpen 103 Petrefakten
auf, von denen er jedoch nicht immer die Art bestimmt hat;
von den benannten Arten habe ich nur 20 aufgefunden und
glaubte von den übrigen annehmen zu können, dass sie nicht
richtig bestimmt wurden. Eine Kritik der letzteren zu geben
war mir nicht möglich, da die aus der Kıöpzn’schen Samm-
lung herruhrenden Versteinerungen von Fritzow nicht mit Ori-
ginal-Bestimmungen versehen sind. Jedenfalls hat KLöpen das.
Verdienst, die Aufmerksamkeit der Paläontologen zuerst auf
Fritzow gelenkt zu haben; auch gelangte er in seinem letzten
Aufsatz zu einem richtigen Urtheil über das Alter.
Sehr grosse Muhe und Sorgfalt auf die Erforschung des
Pommerschen Jura verwendete GUMPRECHT, dessen Beobach-
tungen in Karsten’s Archiv 1846, Bd. XX. S. 404 veröffent-
licht wurden. Ueber Fritzow selbst giebt er nichts Neues an;
sein Citat der Exogyra virgula wird auf einem Irrthum beruhen,
da diese Muschel, die ich selbst eben so wenig wie WESSEL
daselbst gefunden habe, auch nicht in seiner Sammlung vor-
handen ist. Durch unermüdliche Forschungen gelang es ihm
aber, noch andere Punkte aufzufinden, wo weisser Jura in
Pommern ansteht, und zwarzunächstbei Klemmen unweit Gulzow.
Von hier führt er einige, auch von mir wiedergefundene Arten
auf, benutzt jedoch dieselben nicht zu einer Altersbestimmung,
653
sondern legt nur Gewicht auf eine Gesteinsähnlichkeit mit den
Schichten von Hoheneggelsen. Von einem zweiten Punkt bei
Schwanteshagen, von wo er nur Trigonienabdrücke aufführt,
beschreibt er genau das Vorkommen und die Gesteine und
sagt, dass er anstehendes Gestein noch in der Nähe der Dörfer
Böck und Zarnglaff angetroffen habe, jedoch ohne Verstei-
nerungen. Der übrige Theil des Aufsatzes handelt von Unter-
oolith und Kreide.
Demnächst wendete WESSEL seine Aufmerksamkeit auf die
geognostischen Verhältnisse von Pommern; er schrieb darüber
seine Dissertation und einen Aufsatz in der Zeitschrift der
deutschen geologischen Gesellschaft, 1854, Bd. VI. S.305. In
der Dissertation handelt nur ein kleiner Theil vom weissen
Jura, jedoch sind die darin gegebenen Bestimmungen beach-
tenswerth, besonders da auch einige Arten abgebildet wurden.
Die von ihm aufgestellten neuen Species erwähnt er in dem
späteren Aufsatze nicht, weshalb ich sie als von ihm selbst
schon eingezogen betrachte; in der That ist auch nur Myoconcha
balticaeine als Steinkern noch nicht beschriebene Art, deren Namen
ich vorläufig beibehalten habe. Seine Bestimmungen sind fast alle
richtig, jedoch fehlt bei ihm eine genaue Altersbestimmung. Zu
beiden Arbeiten hat er eine geognostische Karte der Oder-
mündungen gegeben, von denen besonders die letztere die Ver-
breituug des weissen Jura in Pommern deutlich zeigt.
Auf einen anderen, etwas entfernteren Punkt, wo weisser
‚Jura ansteht, Bartin bei Colberg, machte zuerst Herr Ober-
bergrath RIBBENTROP aufmerksam, Zeitschr. der deutsch. geol.
Gesellsch. Bd. V. S. 618 und 666, ohne jedoch etwas Ausführ-
liches darüber zu geben. Denselben Punkt erwähnt Herr von
DEM BoRNE in einem Aufsatze über die geognostischen Ver-
hältnisse von Pommern, Zeitschr. der deutsch. geol. Gesellsch.
Bd. VI. S. 505; er giebt kurz das Vorkommen an, eine Ge-
steinsanalyse, jedoch keine Versteinerungen, er erkennt aber
schon das gleiche Alter mit dem Fritzower Kalk.
II. Geognostische Verhältnisse.
Die oberen Jurabildungen treten in Pommern nur auf dem
rechten ÖOderufer auf, und zwar immer nur an vereinzelten
"Punkten. Nirgends treten sie mit Bestimmtheit mit einer älte-
ren oder jüngeren Formation ausser Diluvium und Alluvium in
er
direkte Verbindung, so dass ihre Betrachtung ein abgeschlosse-
nes Ganze bildet. Nach der petrographischen Beschaffenheit
muss man drei verschiedene Typen der Entwickelung anneh-
men, die Fritzower Mergel, den Klemmener und den Bartiner
Kalk. Die Fritzower Mergel haben verhältnissmässig die
grösste Ausdehnung, der Klemmener Kalk ist auf Klemmen
beschränkt, wenn man absieht von dem in seiner Stellung nicht
sanz sicheren Vorkommen in Schwanteshagen, und der Bartiner
Kalk ist nur au einem Punkte beobachtet.
l.. Die Fritzower Mergel.
In der Nähe des Dorfes. Klein-Dievenow, welehes unge-
fähr ‚1 Meile von Kammin entfernt ist, eine halbe Stunde nörd-
lich von dem Kirchdorf Fritzow entfernt, liegt der sogenannte
Kalkberg, 800 Schritt von der Küste der Ostsee; es ist ein
kleiner, 20 Fuss: hoher Hügel, von dem ein grosser Theil schon
abgetragen ist. Der Bruch, welcher gegenwärtig in Betrieb ist,
hat eine ziemlich grosse Ausdehnung; in seinem westlichen
Theile ist die Grenze des Mergels aufgeschlossen, er wird hier
von Diluvialsand und Lehm abgelöst. Bei meinem letzten
Besuche wurde auf dieser Seite ein Kanal nach dem Kamminer
See gebaut, um das in den Bruch eindringende Seewasser, wel-
ches die Ausbeutung der tieferen Schichten verhindert, abzuleiten.
Nachdem 30 Fuss in Sand und Lehm gearbeitet worden
war, folgte auf der südlichen Seite wieder derselbe Kalkmergel
wie im Bruche, ziemlich steil ansteigend; in einer Entfernung
von 40 Fuss wurde er wieder von Sand und Lehm abgelöst,
welcher noch die ganze übrige Strecke, so weit man angefan-
gen hatte zu bauen, ausfüllte. Auf der nördlichen Seite des
12 Fuss breiten Kanales trat der Mergel eiwas später auf und
endigte früher. Dieser unterirdische Kalkhügel und die Dilu-
vialschichten, sowie auch der Kalkberg selbst sind 1 Fuss hoch
von Dünensand bedeckt. Zwischen den beiden Kalkhügeln
stiess man beim Kanalbau auf zwei sehr feste Kalkbänke von
ungefähr 1 Fuss Mächtigkeit, welche beinahe senkrecht aufge-
richtet waren und den Kanal der ganzen Breite nach durch-
setzten. Dieser Kalkstein ist in frischem Zustande hart, von
blaulicher Farbe; ein oolithisches Aussehen erhält er durch
vielfach eingestreute, schwarze Körnchen, welche sich in Salz-
säure vollkommen lösen und ihre Farbe Spuren von Eisen ver-
ul N)
655
danken; kieselige Beimengungen sind sehr stark vertreten. An
den Contactflächen mit den Sand- und Lehmschichten war das
Gestein verwittert; die Verwitterungskruste schneidet scharf ab
von dem festen Gestein. Die ganze Masse, auch die oolithi-
schen Körner verändern ihre Farbe in eine lichtbraune, und
das Gestein verliert auch etwas seine ursprüngliche Härte.
Von Versteinerungen kommen in demselben nur Bruchstücke
von Cidaris-Stacheln und unbestimmbare Reste von Muschel-
schalen vor. ‘Es würde das Gestein mit dem von ScHuLz be-
schriebenen blauen Rogenstein aus den unteren Schichten über-
einstimmen; nach der Lagerung lässt sich jedoch an einen
Zusammenhang mit den tieferen Schichten des Bruches nicht
denken. Es ist möglich, dass sie von den tieferen Schichten
des Bruches abgerissen an Ort und Stelle in dem Diluvium
begraben wurden, nach ihrem geognostischen Vorkommen allein
zu schliessen können sie jedoch auch durch einen Transport
an diese Stelle gelangt sein.
In dem Bruche selbst treten zwei erschiedEn: Gesteine
auf, erstens ein fein oolithischer Kalkstein, dessen Körner un-
gefahr von der Grösse eines Hirsekornes durch Verwitterung
leicht kenntlich sind, im frischen Zustande durch ein kalkiges
Bindemittel fest mit einander verbunden und reich an kieseligen
Beimengungen. Die Farbe ist grau, öfters auch braun oder in’s
Röthliche spielend. Anstehend ist das Gestein vielfach zerklüftet
und bildet scharfkantige Blöcke; ein conglomeratisches Ansehen
erhält es durch die zahlreichen Steinkerne, welche es birgt.
Die Erhaltungsweise der organischen Reste stimmt ganz mit
der von E. Suess (Jahrb. der geol. Reichsanst., 1860, Sitzungs-
berichte Jan. 10, S. 9—10) geschilderten überein. Manche
‚ Handstucke werden fast allein von Astarte plana, COyprina nu-
culaeformis u. s. w. erfüllt, welche frei in der durch Auflösung
der Schale gebildeten Höhlung liegen. Das andere Gestein
ist ein fein oolithischer Mergel, anstehend weich, an der Luft
erhärtend, von blendend weisser, gelblicher oder grauer Farbe,
ebenfalls reich an organischen Resten und besonders geeignet,
durch seine Feinkörnigkeit die Abdrucke der Schalen in allen
Details zu bewahren. In diesem Gestein finden sich die
grossen Steinkerne von Isocardia cornuta KLöpden und Phola-
domya paucicosta.
Diese Gesteine wechsellagern mit einander und zeigen
Zeits.d.d,geol. Ges. XVII. 4. 43
656
keineswegs Schichten verschiedenen Alters an; denn die in
ihnen enthaltenen organischen Reste sind- dieselben. Zuoberst
_ treten Mergel auf von blendend weisser Farbe, dann folgt ooli-
thischer Kalkstein, darauf dunkeler, grauer Mergel, oolithischer
Kalkstein von bräunlicher bis röthlicher Farbe, dann wieder
grauer Mergel, welcher den Boden des Bruches bildete. Der
kleine unterirdische Kalkhügel besteht nur aus grauem, wei-
chem Mergel. Wie schon oben angegeben folgt nach ScHuLz
in dem Bruche ein fester, rogensteinartiger Kalkstein von
bläulicher Farbe, sehr arm an organischen Resten, und darunter
Sand, welcher dem an der naheliegenden Kuste der Ostsee zu
Tage tretenden vollkommen gleichen soll. Dass unter dem
Mergel fester Kalkstein auftritt, ist unzweifelhaft; denn allein
seines Gewinnes wegen wird der Kanal gebaut. Von einigen
in dem Bruche umherliegenden Blöcken sagten mir die Arbeiter,
dass sie von unten heraufgefördert seien. Es ist dies ein
dichter Kalkstein ohne jegliche oolithische Struktur, von licht-
brauner Farbe, sehr hart, nicht selten mit Ausscheidungen von
Kalkspathkrystallen, in welchem ich von organischen Resten
nur einen Steinkern von Astarte plana und eine Serpula beob-
achtetee Einen ähnlichen Kalkstein giebt ScHuuLz von dem
Kaiserstein an, einem in der Nähe gelegenen, verlassenen Bru-
‘che, sagt jedoch, dass 'er in dem ersten Bruche nicht vor-
komme. Ich habe in dem Kaiserstein nur Mergel gesehen,
aus dem Bruche selbst aber nicht den blauen Rogenstein. Es
muss deshalb die Frage, wie es sich mit den tieferen Scehich-
ten verhält, noch als eine offene betrachtet werden, jedoch steht
durch den eifrigen Betrieb des Bruches eine baldige Losung
derselben bevor. Dass zuunterst Sand liege, wie ScHuLz
angiebt, bestätigte mir auch Herr Pastor STRECKER in Fritzow,
dass es jedoch derselbe sei, wie der an der Küste der Ostsee
zu Tage tretende, scheint mir zu zweifelhaft, um daraus wei-
tere Schlüsse zu ziehen. Wäre es in der That richtig, so
würde daraus folgen, dass diese Mergelablagerungen sich auf
secundärer Lagerstätte befinden, wogegen schon ihr grosses
Volumen, ihre deutliche Schichtung und das gleiche Streichen
und Fallen derselben in den entfernteren Ablagerungen dessel-
ben Mergels sprechen.. Sand aus den verschiedensten Forma-
tionen kann sich vollkommen gleichen, und esist daher, wenn
auch wirklich eine grosse Aehnlichkeit vorhanden ist, auf die-
657
selbe kein Werth zu legen; überzeugend könnten hier allein
Geschiebe sein, wenn sie in diesem Sande gefunden würden.
Die Ansicht von GUMPRECHT, dass es Purbecksand sei, ist eine
irrige, da die Schichten keine Analogie mit den fraglichen zei-
gen und überdies auch älter sind als die Purbeckschichten. Am
wahrscheinlichsten scheint es mir zu sein, dass dieser Sand
tieferen Juraschichten angehöre, etwa vergleichbar den sandi-
sen Ablagerungen, welche in der Nähe bei dem kleinen Dorfe
Soltin mit bezeichnenden Formen des braunen Jura auftreten
und auch schon bei Cammin selbst gefunden worden sind.
Ausser dem schon erwähnten Kaiserstein, welcher unge-
fähr 100 Schritt der Küste näher liegt als der Kalkberg, habe
ich den Mergel an einem etwas südlicheren Punkte beobachtet.
Verfolgt man den Weg von Fritzow nach dem Kalkberge, so
- liegt zur rechten Seite kurz vor dem Walde auf einer kleinen
Bodenerhebung eine Kalkgrube. Hier treten dieselben Mergel
auf, jedoch vielfach zerbröckelt, die Mergelstüucke vermischt mit
Dammerde und Sand; darunter lagen zahlreiche Steinkerne
_ und ausserdem vielfach Geschiebe. Letztere deuten jedoch
nicht mit Sicherheit darauf hin, dass diese Bildungen sich auf
secundärer Lagerstätte befinden,- sondern man kann sich ihr
Vorhandensein am einfachsten dadurch erklären, dass durch
Risse und Spalten in den Mergelschichten das Diluvialmeer
eingedrungen ist und die oberen Lagen durchwuühlt hat. ” Da
der Mergel vielfach als Düngungsmittel auf die Felder gefah-
ren war, so konnte ich die Ausdehnung des Kalkgebietes hier
nicht weiter beobachten.
In grösserer Entfernung tritt derselbe Mergel wieder bei den
ungefähr 2 Meilen vom Kalkberge entfernten Dörfern Schwentz,
Tripsow und Friedensfelde auf. Eine Kalkgrube befindet sich
zwischen Tripsow und Schwentz höchstens 100 Schritt von
letzterem Dorfe entfernt, zwei andere zwischen Schwentz und
Friedensfelde, und auf den Feldern liegen vielfach die erhärte-
ten Mergel und Steinkerne umher, so dass wir es hier wieder
mit einem zusammenhängenden Kalkgebiet zu thun haben, wie
es auch WEssEL auf seiner Karte angiebt. Nach Westen ist
es schon bei Tripsow begrenzt; denn in der Nähe des Dorfes
nach Brendemühl zu befindet sich ein Hügel, welcher aus den-
selben Kreidemergeln besteht, wie sie weiter westlich bei Ne-
mitz, Pribernow und an anderen Punkten zahlreich auftreten.
43*
658
Zwischen diesen Mergeln und denen von Fritzow befinden sich
‘keine weiteren Aufschlüsse, jedoch weiter östlich bei dem Dorfe
Schwirsen ist derselbe Mergel aufgeschlossen. Er
Geognostisch zeigen alle diese Brüche nichts Abweichen-
des, sondern stimmen vollkommen mit Fritzow überein, sogar
in dem Streichen und Fallen; letzteres ist an allen Punkten 5
bis 10 Grad gegen die Küste der Ostsee.
2. Der Klemmener Kalk.
Etwas abweichende Bildungen treten in südlicher Richtung
von dem eben geschilderten Kalkgebiete bei Klemmen unweit
Gülzow auf. Auf dem Wege von Klemmen nach dem Vorwerk
Bellitzow sieht man auf den Aeckern hier und da Bruchstücke
eines oolithischen Gesteins umherliegen. Etwa 100 Schritt
vom Dorfe gelangt man zu zahlreichen bis 30 Fuss tiefen Grä-
ben, die, wie das angrenzende Gebiet, nur spärlich bewachsen
sind und auf einen fruheren Betrieb des dort sich findenden
Kalkes schliessen lassen. Hier ist es zweifelhaft, ob man es
mit anstehendem Kalk zu thun hat. Die Bruchstücke sind.
allerdings von Sand umschlossen, und zusammenhängende Mas-
sen sind gar nicht vorhanden, so dass auch keine Schichtung
zu sehen ist. Auffallend ist aber, dass an einigen Punkten,
wo die Rasendecke entfernt ist, dieser Kalkstein in grossen
Massen vorhanden ist, so dass das ganze Gebiet aus demsel-
ben zusammengesetzt zu sein scheint. Man könnte sich es
so erklären, dass in die vielfach zerklüfteten Kalkschichten
durch Risse und Spalten der Sand von oben eingedrungen ist.
Ich hoffte durch den nahe liegenden Bach Aufschluss zu be-
kommen; dies war nicht der Fall, denn auch hier lagen nur
vereinzelte Bruchstücke, und obgleich dicht an dem einen Ufer
des Baches neben der Brucke ein kleiner Bruch vorhanden
war, so war weder an den Ufern noch in dem Bett irgend
etwas von anstehendem Gestein zu sehen. Dies bestärkte
mich um so mehr in ‘der Ansicht, das Gestein für nicht anste-
hend zu halten, als der Bruch einige Fuss höher liegt als das
Bett des Baches. Dann scheint mir auch der Umstand darauf
hinzudeuten, dass der Betrieb des Kalkes, welcher sich sehr
gut zum Brennen eignet, aufgehört hat, was ich mir nur da-
durch erklären kann, dass in der Tiefe das Material zu Ende
gegangen ist. Von dem Wege aus gerechnet lassen sich die
659
Gesteinsstücke im Bache nur 20 bis 30 Fuss jederseits ver-
folgen. Von Wichtigkeit ist dieser Kalk immerhin wegen der
grossen paläontologischen Uebereinstimmung mit den Fritzower
Ablagerungen; sämmtliche hier vorkommende Arten treten in
Fritzow auch auf, die organischen Reste sind jedoch viel spär-
licher, mit Ausnahme einiger Stücke, welche ganz von Terebra-
tula subsella oder Rhynchonella pinguis oder Üerithium limae-
forme erfüllt sind; die zur Erhaltung der organischen Reste
ungünstige petrographische Beschaffenheit mag dies bewirken.
Am häufigsten ist ein grob oolithischer Kalkstein, dessen
Körner von der Grösse eines Hirse- bis zu der eines Schrot-
kornes durch ein loses Bindemittel mit einander verbunden sind,
so dass er eine sehr geringe Härte besitzt. Ein anderer Kalk-
stein zeichnet sich durch grössere Härte aus, die oolithischen
Körner sind kleiner und fest mit einander verbunden; kieselige
Beimengungen sind häufig. Er-wird mitunter ganz von den
schon oben angeführten Versteinerungen erfüllt. Durch Ver-
witterung wird das Gestein weich und weiss, und das Wasser
des Baches wäscht dann die Terebrateln und Rhynchonellen
heraus.
GUMPRECHT fand noch einen anderen Punkt auf, namlich
Schwanteshagen, wo Kalk vorkommt. Als ich diese Gegend
bereiste, fand ich nur einen unbedeutenden Hügel auf der Süd-
seite des Völperbaches nicht weit von der Schwanteshagener
Mühle. Hier ist kein Grund vorhanden, das Gestein nicht
für anstehend zu halten. Die Schichten, welche deutlich zu
unterscheiden sind, fallen ungefähr 5 bis 10 Grad nach
Nordwesten ein und sind etwas zerklufte. Zunberst liegt
ein sehr weiches, kreideweisses Gestein, welches mir ein Ver-
witterungsprodukt zu sein scheint; gleiche Stücke kommen auch
in Klemmen vor. Darunter folgen festere Gesteine, ähnlich den
Klemmenern, jedoch ohne irgend welche bestimmbare organische
Reste. Nur die Aehnlichkeit des Gesteins ist es, welche mich
veranlasst, diese Bildungen denen bei Klemmen beizufügen;
über das Alter lasst sich nichts Bestimmtes sagen.
In der Königl. Berg-Akademie befinden sich schiefrige
Kalksteine in der GUMPRECHT’schen Sammlung, welche @ervillia
pernoides Dasum. (Eraunon, Leth. bruntr. p. 233 Taf. 31
Fig. 1) und Trigonia angulata Sow. enthalten. Dieses Gestein
soll von Schwanteshagen herrühren, stimmt jedoch keinesweges
660
mit dem von mir beobachteten überein: es wäre möglich, dass
es nur vereinzelt dort vorkommende Geschiebe sind. Trigonia
angulata tritt in Geschieben des braunen Jura in Pommern
auf, was aus der Sammlung des Herrn Pastor STRECKER er-
sichtlich ist.
| 3. Der Bartiner Kalk.
In der Nähe des Dorfes Bartin bei Colberg auf dem Wege
nach Dammgarth liegt ein kleiner mit einem Fichtengehölz be-
wachsener Hügel, in welchem sich zwei grosse Brüche befin-
den. Die oberen Schichten dieser Brüche bestehen aus einem
Kalkstein, welcher dem dichten, aus tieferen Schichten herrüh-
renden von Fritzow petrographisch gleicht. Leider lag der-
selbe zu hoch, um die zahlreichen in ihm vorkommenden Ver-
steinerungen zu sammeln. Einige Stücke, welche ich von einem
Arbeiter erhielt, schlossen folgende Arten ein: Nerinea fasciata,
Cerithium limaeforme, unbestimmbare Steinkerne von Lamelli-
branchiaten und Korallen, welche sich sämmtlich auch in Fritzow
finden. Darunter liegt ein weisser, fein oolithischer, stark
abfärbender Kalkstein, welcher sehr arm an organischen Resten.
ist; ich selbst habe in demselben trotz langen Suchens nichts
von Bedeutung gefunden, aber in Stücken, welche Herr Ober-'
Bergrath RıBBENTRoP im Berliner Museum niederlegte, befinden
sich Ammonites Eudozus, Cerithium limaeforme, Exogyra Brun-
trutana und andere. Die Schichten fallen mit 10 Grad
nach Südwesten ein, und zwischen ihnen liegen fingerdicke
Lagen eines schwarzen Thones, in welchem ich vergeblich
organische Reste suchte. Nach den Versteinerungen muss
man beide Schichtenfolgen als derselben Zone angehörig be-
trachten.
IE. Paläontologischer Theil.
Polypi.
l. Thamnastraea gracilis (0LDF. Sp.
Petref. Germ. t. 38 £. 13.
Schwentz, Fritzow.
Diese Koralle bildet einen dünnen Ueberzug und besteht
aus sehr kleinen Zellen mit ringförmigem Centrum; die Stern-
lamellen der benachbarten Zellen verfliessen in einander, wie
| 661
f i |
. es QUENSTEDT bei seiner Familie der confluenten Astraeen an-
giebt; es entstehen dann entweder gerade oder wenig gekrummte
oder gebrochene Linien. Die einzelnen Lamellen sind dureh
Querleistehen mit einander verbunden, so dass der Zwischen-
raum zwischen 2 Lamellen punktirt erscheint.
Reste unbestimmbarer Korallen habe ich ausserdem in
Fritzow und Bartin gefunden,
Echinidae.
2. Hemicidaris Hoffmanni Rornm. Sp.
Ool. Geb. p. 25 t. 1 f. 18.
Desor, Syn. des Echin. foss. p. 53.
Fritzow. a f
Schale halbkugelförmig, oben abgeplattet; die Ambulacral-
felder sind etwas wellig gebogen und nach unten erweitert;
ihre Tuberkeln (Semituberkeln Drsor’s) erreichen eine ziem-
liche Grösse und sind in zwei alternirenden Reihen angeordnet.
Auf den Interambulacralfeldern befinden sich 7 oder 8 grössere
Warzen, welche oben und unten mit ihren Basen zusammen-
stossen und nur in der Mitte durch eine wellige Hockerreihe
von einander getrennt sind. Dazugehörige Stacheln habe ich
nicht beobachtet. Acrosalenia aspera Ag. Echin. Suis. p. 41
t. 18 f. 1-10 erklärt ErauLos in seiner Lethaea bruntrutana
für ident mit dieser Species; dies ist jedoch nicht möglich, da
der Ovarialring eine vollkommen andere Beschaffenheit hat.
8. Oidaris elongatus RoEnM.
Ool. Geb. p. 27 t.1 f. 14, 18.
Klemmen.
Ein Seeigelstachel, auf dessen Bestimmung ich kein Ge-
wicht lege, und den ich nur der Vollständigkeit wegen anführe.
4. Echinobrissus scutatus Lam. sp.
GorLpruss, Petr. Germ. p. 140 t. 43 £. 6.
Nucleolites planatus Roem., Ool. Geb. p. 28 t. 13 £. 1.
Klemmen,
Gestalt beinahe vierseitig, nach vorn etwas verschmälert,
hinten gerade abgestutzt und mit einer seichten Einbuchtung
versehen, bewirkt durch die Afterfurche. Die obere Seite ist
ziemlich regelmässig convex, der Scheitel liegt in der Mitte,
662
die Lage des Mundes ist an dem vorliegenden Exemplar nicht
zu sehen. Die Ambulacralfelder erweitern sich etwas nach
unten und verschwinden allmälig.
5. Pygurus Blumenbachii Koch u. DUuNkER sp.
Beitr.-p. 37 1.48 1.
Desor, Syn. des Echin. foss. p. 313.
Bartin.
Schale niedergedruckt, fünfseitig, hinten in einen Schna-
bel endigend. Von Kock und Dunker’s Art weichen die vorlie-
senden Exemplare nur darin ab, dass die beiden den Schnabel
bildenden Seiten gerade und nicht ausgebuchtet sind. - Die
Lage des Scheitels ist subcentral, und auf der concaven Unter-
seite liegt ihm der fünfseitige Mund gegenüber, welcher von
fünf Wulsten umgeben ist, der After liegt am Ende des Schna-
bels. Die Ambulacralfelder sind blumenblattartig, verengen
sich ungefähr nach dem zweiten Drittel ihrer Länge und sind.
auf der Basis noch erkennbar; das unpaare ist schmäler als die
anderen. ;
6. Im Berliner Museum. befindet sich ein Bruchstuck
eines Seeigels aus Fritzow, dessen Gattung nicht zu bestim-
men ist; von Pygurus Blumenbachü ist er durch die einfach
blattformigen, nach unten nicht verengten Ambulacralfelder
unterschieden.
7. Holectypus corallinus D’ORB.
Desor, Syn. des Echin. foss. p. 170 t. 23 f, 1-3.
Fritzow.
Die Schale ist kreisrund, bei älteren Individuen flach, bei
jüngeren mehr erhaben. Der After ist sehr gross und nimmt
fast den ganzen Raum zwischen dem centralen Munde und
dem Rande ein. Die Tuberkeln sind auf der Oberseite sehr
klein, auf der Unterseite uber noch einmal so gross. Die zwi-
schen den Haupttuberkeln liegenden Tuberkeln auf den Ambu-
lacralfeldern (granules miliaires Dssor’s) sind unregelmässig
zerstreut; dies unterscheidet diese Art von H. depressus GOLDF.
sp. p. 129 t. 41 f. 3, bei welchem die nämlichen Tuberkeln
horizontal angeordnet sind.
663
Bryozoa.
8. Bei Tripsow fanden sich sehr kleine Körper, auf-
gewachsen auf Muscheln, von baumformiger Gestalt; von einem
zusammengesetzten Stiel gehen nach oben und den Seiten viele
Aeste aus, welche sich wiederum mehrfach dichotomisch thei-
len. Aehnliche Gestalten habe ich aus den Kimmeridgebildun-
gen nicht auffinden können; ihre Zugehörigkeit zu den Bryo-
zoen unterliegt jedoch keinem Zweifel, da durch Aetzen mit
‘ Salzsäure die Zellen deutlich zu sehen waren.
Brachiopoda.
9. Terebratula subsella Lryı.
T. biplicata Rorm., Ool. Geb. p. 53 t. 2 f. 4, 8.
T. orbiculata*) Rorn. (pars), Ool. Geb. p. 52 1.2 £. ©.
T. suprajurensis Tuurm., Leth. bruntr. p. 283 t. 41 £. 1.
T. Viadrina Wesser, Dissertation p. 25 f. 3.
Fritzow, Klemmen.
Alle Individuen dieser Art sind ausgezeichnet durch den
weit übergebogenen Schnabel mit grossem Loch, von welchem
eine scharf ausgeprägte Erhebung sich auf die Rückenklappe
fortsetzt; im Uebrigen ist die Mannichfaltigkeit der Formen sehr
gross und nach dem Alter verschieden. Die jungen Individuen
haben einen kreisrunden Umriss und einen einfachen, nicht
gekrummten Stirnrand, die Bauchklappe ist flach. Mit Zunahme
des Alters tritt zuerst eine schwache Inflexion des Stirnrandes
ein, welche sich dann allmälig zu zwei deutlichen Falten aus-
bildet, wobei zugleich eine Erhebung der Bauchklappe beider-
seits eintritt. Der Umriss kann bis zu einer bedeutenden
Grösse kreisrund bleiben, wie dies bei 7. rotundata Rorm. der
Fall ist, von deren Identität ich mich nach Originalen Ror-
MER’sS aus Hoheneggelsen überzeugt habe; auch v. SEEBACH
weist darauf hin. Ferner treten Formen auf, bei denen die.
Schalen mehr in die Länge ausgedehnt und aufgebläht sind;
diese Gestalten mit doppelter Faltung des Stirnrandes kann
man als den Typus der Art ansehen. Bei den ältesten Indi-
viduen verschwindet wieder die mittlere Einbiegung der Bauch-
*) In Roruer’s Ool. Geb. hat sie im Verzeichniss der Abbildungen
den Namen T. rotundata; ebenso bei einigen Extmplaren des Berliner
Museums aus Hoheneggelsen, die er selbst bestimmt hat.
Ba >.
klappe, die Rückenklappe hat aber eine beträchtliche Aufbie-
gung gegen erstere. Zwischen diesen Formen treten noch man-
nichfaltige Zwischenstufen auf; Formen jedoch, die sich der 7.
humeralis Rosm. nähern, wie dies WesseEL angiebt, habe ich nicht
beobachtet.
10. Rhynchonella pinguis RoEnm. sp.
Ool. Geb. p. 41 t. 2 £. 15.
Leth. bruntr. p. 290 t. 62 £. 5.
Fritzow, Klemmen.
Ausgezeichnet durch die in der Mitte gewölbte und auf-
geblähte Bauchklappe, den spitzen, wenig übergebogenen Schna-
bel mit mässig grossem Loche und die Area, welche halb so
hoch wie breit ist; auch hier ist die Mannichfaltigkeit der For-
men sehr gross. Die jüngeren Individuen sind bei mässiger
Dicke breiter als hoch; auf der Bauchklappe haben sie einen
unbedeutenden Wulst, so dass der scharfe Stirnrand wenig ge-
krümmt erscheint. Mit zunehmendem Alter schwillt die Bauch-
klappe mehr an, die Stirn wird breit und die Ruckenklappe
steigt weit hinauf in die Bauchklappe. Zwischen diesen Ge-
stalten finden sich vielfache Zwischenformen durch unsymme-
trische Ausbildung des Stirnrandes. Der Stirnrand kann auf
der einen Seite mehr oder weniger gehoben sein; auf welcher,
ist ganz unbestimmt. Diese Unsymmetrie kann sich so weit
ausdehnen, dass der Sinus der Rückenklappe ganz verschwin-
det und die eine Seite der Schale erhoben, die andere gesenkt
erscheint. Letztere Formen haben grosse Aehnlichkeit mit RA.
inconstans aus dem englischen Kimmeridge; K. v. SEEBACH hat
jedoch durch Vergleichung der Originale die Verschiedenheit
der Arten festgestellt.
Kann ellabrsnıchiern
ll. Ostrea solitaria Rom.
Ool. Geb. p. 58 t. 3 f. 2.
Fritzow, Bartin.
Eine gefaltete Auster, deren Habitus im Allgemeinen leicht
erkennbar ist. Die Schalen sind eiförmig bis kreisrund, die
untere Klappe gekielt und mehr gewölbt als die obere, mit einer
kleinen Anwachsstelle.e Die Rippen sind im Allgemeinen sehr
gleichmässig dichotomisch getheilt und scharf und hoch an dem
665
Rand hervortretend, welcher in Folge dessen mehr oder minder
regelmässig zickzackförmig gekrümmt ist. Die Innenseite der
Schalen ist einfach wellenförmig. Diesen typischen Formen
hat EraLLon den Namen O. semisolitaria gegeben und unter
‚dem Namen O. Langü (t. 40 £.3) solche Formen abgezweigt,
welche weniger regelmässige Rippen haben und eine grössere
Ausdehnung in die Länge; diesen würde sich ein Bartiner
Exemplar anschliessen. Andere Formen, die sehr flache Scha-
len haben, und deren Rippen nicht scharf abgesetzt sind, hat
er O. solitaria Sow. (non Rorn.) genannt. Dass jedoch diese
Unterschiede nicht so bedeutend und durchgehend sind, um
neue Arten zu begründen, hat schon mein Freund H. CREDNER
in seiner Dissertation uber die Pterocerasschichten von Han-
nover S. 35 nachgewiesen, höchstens kann man sie als Varie-
taten bezeichnen.
12. Ostrea muliiformis Dunker u. Koch.
Beitr. p. 45 1.4 f. 11 a-f.
' Fritzow, sehr häufig.
Diese Art ist, wie schon der Name sagt, sehr mannich-
faltig in ihrer Gestalt, wovon die Abbildungen bei Dunker und
Koch ein gutes Bild geben. Es ist eine kleine, dünnschalige
Auster, wesentlich mit glatter Oberfläche, jedoch tritt mitunter
“an den Rändern schwache Fältelung auf. Letztere Formen
zweigt v. SEEBACH unter dem Namen O. rugosa ab, mit Aus-
nahme der O. falciformis, welche sich durch ihre Gestalt aus-
zeichnet. Der Umstand, dass sie sich mit ihrer unteren Schale
an andere Muscheln festsetzt und deren Skulptur auf der obe-
ren wiedergiebt, hat zu mannichfachen Irrthumern Veranlassung
gegeben. Schalen, auf denen die Skulptur der Goniolina geo-
metrica ausgeprägt ist, haben RoEMER veranlasst, diesem räthsel-
haften Fossil den Namen Chama, ContEJEAn, den Namen Tere-
bratula zu geben.
13. Exogyra Bruntrutana Turn.
Levm£rıe, Stat. de P’Aube t. Sf. 1.
E. spiralis GoLor., Roemer, Ool. Geb. p. 60.
Fritzow, Klemmen, Bartin, sehr haufig.
Kleine, dünnschalige Exogyren, deren grössere Klappe ge-
kielt und mit dem dadurch begrenzten vorderen Theile ganz
666
oder theilweise aufgewachsen ist; der hintere Theil stelit auf
dem vorderen beinahe rechtwinklig. Die Oberfläche der Scha-
len ist unregelmässig concentrisch gestreift, die Deckelklappe
innen gezähnelt. Rn
14. Anomia undata ÜOoNTEJEAN.
Etud. Kimm. p. 324 t. 24 f. 8.
. Crepner, Dissertation t. 2 f. 9.
Per
Tripsow. ”
Die Schalen sind kreisrund, nur mit concentrischen An-
wachsstreifen versehen, ohne Radialskulptur; die Durchbohrung
der einen Klappe konnte ich nicht beobachten.
15. Pecten strictus MUNSTER.
Goıpruss, Petref. Germ. t. 91 f. 4.
Roemer, Ool. Geb. p. 69.
Fritzow, Klemmen.
Die Schalen sind ei- bis kreisrund, ziemlich gleichklappig
und wenig gewölbt, die Ohren ungleich, concentrisch und ra-
dial gestreift, die übrige Schale mit feinen, regelmässigen
Radialstreifen versehen. Die concentrische Streifung ist bei
den typischen Individuen ganz untergeordnet und nur mit be-
waffnetem Auge zu erkennen. Pecten varians unterscheidet sich
durch die ungleichen Radialstreifen, welche durch das Hinzu-
treten von concentrischen geschuppt erscheinen. Obgleich im
Allgemeinen die Trennung leicht ist, so finden sich doch mit-
unter Individuen, bei denen die Beschuppung zurücktritt, und
welche dann kaum von P. strictus zu unterscheiden sind; so
habe ich zwischen zwei Exemplaren beider Arten aus dem
Universitäts-Museum, die mit Roemer’s Originalbestimmungen
versehen waren, keinen Unterschied auffinden können. Grössere
Formen, deren Radialstreifen auch beschuppt erscheinen und
theilweise mehr hervortreten, rechne ich mit v. SEEBACH
(Han. Jur. p. 98) auch hierher. Diese sind leicht von grösse-
ren Individuen des P. varians zu unterscheiden, dessen Rippen
geringer an Zahl, verschieden stark ausgebildet und weniger
gedrängt sind.
P. Benedicti Coxtus. Et. Kimm. p. 213 t. 23 f. 13—15
und P. Billoti, f. 22—24, rechne ich hierher, da sie von den
grösseren Individuen des ?. strictus nicht zu unterscheiden sind. _
667
16. Pecten varians Ron.
Ool. Geb. p. 68 t. 3 £. 19.
Fritzow, selten.
Die charakteristischen Merkmale. dieser Art sind schon
bei der vorhergehenden angegeben.
17. Pecten’octocostatus? RoEnm.
Ool. Geb. p. 69 1. 3 f. 18.
Leth. bruntr. p. 252 t. 85 f. 7.
Schwirsen.
Eine sichere Bestimmung war nicht möglich, da mir nur
ein Bruchstüuck vorlag. Die sparsamen und wenig hervortre-
tenden Rippen dieses grossen Pecten sind durch einen Zwi-
schenraum von einander getrennt, welcher viel grösser als sie
selbst ist; ausserdem waren nur noch concentrische Streifen
sichtbar.
18. Pecten sp. ind.
Schwirsen. k |
Ein grosser, nur theilweise erhaltener Peceten mit unregel-
mässiger Radialskulptur.
19. Lima densipunctata Rorm.
Ool. Geb. p. 79 t. 14 f. 3.
Fritzow, Tripsow.
Die Schalen sind quer oval, vorn gerade abgestutzt, hin-
ten gewölbt, ausgezeichnet durch radiale Streifen, welche von
einzelnen ovalen, quer uber einander stehenden Punkten ge-
bildet werden. Es kommen auch kleinere Individuen von der-
selben Gestalt vor, welche sich dadurch unterscheiden, dass
die ebenfalls punktirten Streifen nur die vordere und hintere
Seite der Schale bedecken, nach der Mitte hin weiter ausein-
anderstehen und die Mitte selbst frei lassen. Es sind dies
wahrscheinlich jüngere Individuen, und man könnte sie höch-
stens als eine Varietät bezeichnen. Häufig finden sich die
Steinkerne allein, die dann leicht an der Gestalt zu erken-
nen sind.
ER
668
20. Lima cf. comatula Buv. |
Dep. de la Meuse p. 22 t. 18 f. 20—23.
Fritzow.
Sie unterscheidet sich von der nor Art durch
die Gestalt und Skulptur. Die vordere Seite nicht gerade ab-
gestutzt, sondern ausgebuchtet, und die Oberfläche der Schale
hier und da unregelmässig aufgebläht. Die radialen Streifen
sind weniger deutlich punktirt und verlaufen nicht gerade, son-
dern wellenförmig und winklig, was durch die sie kreuzenden
Anwachsstreifen bewirkt wird.
21. Lima costulata Ronn.
Nachtr. p. 30 t. 18 £. 28. w
Fritzow, Tripsow. | |
Kleiner als die vorhergehenden Arten, von schief eirunder
Gestalt, vorn gerade abgestutzt und sehr hoch gewölbt, nach
hinten sich verflachend, die Wirbel stehen weit von einander
ab. Die Skulptur besteht in ungefähr 20 Rippen, welche hin-
ten weniger deutlich sind als vorn. Die Erhaltung ist als Stein-
kern, jedoch so, dass die Skulptur abgedruckt ist.
L. Greppini Er., Leth. Bruntr. p. 240 t. 32 f. 10 unter-
scheidet sich von L. costulata nur dadurch, dass der Zwischen-
raum zwischen den Rippen kleiner ist als diese selbst. Wie
sich dies bei den vorliegenden Exemplaren verhält, ist nicht
zu sehen, da die Schale fehlt.
22. Avicula pectiniformis SCHLOTH. Sp.
Petrefaktenk. I. p. 231.
Lima proboscidea Sow., Min, Conch. Br 264.
Fritzow.
Eine sehr grosse, leicht kenntliche Art, die gewöhnlich
unter dem SoweErkY’schen Namen aufgeführt wird. Die Gestalt
ist breit eirund, die Wirbelgegend sehr aufgebläht, der Schloss-
rand gerade, vorn ein deutlicher. Byssusausschnitt, weshalb
diese Art nicht zu Lima gehören kann, worauf Herr Professor
BRYRicHh in seinen Vorlesungen aufmerksam machte. Der Mus-
keleindruck ist weit nach oben gerückt und der Raum, den
das Thier selbst einnahm, im Verhältniss zur übrigen Schale
klein. Die Schale ist dick und lamellös, radial gestreift und
mit einzelnen unregelmässigen Höckern versehen; an Steinker-
669
nen sieht man am Rande flache Falten, sonst nichts von
Skulptur.
23. Avicula modiolaris MÜNSTER.
Roener, Ool. Geb. p. 87 1.5 £. 1.
Fritzow, Tripsow.
Gestalt eirund, beide Klappen ungleich, die linke gewölbt,
die rechte concav und nur an den Wirbeln erhaben, wo sich
am Steinkern kleine Wärzchen befinden. Der vordere Flügel
ist klein, der hintere gross, die Mittellinie bildet mit der
Schlosskante ungefähr einen Winkel von 45 Grad. Da die
Schale fehlt, ist von der Skulptur nichts zu sehen. H. Crep-
nER (Dissert. p. 38 t. 2 f. 10) stellt diese Art zur Gattung
Gervillia; dies ist jedoch nicht möglich, da an der rechten
Schale ein Byssusausschnitt deutlich zu sehen ist.
24. Avicula cf. oayptera Cote.
Etud. kimm. p. 302 t. 19 £, 7.
Klemmen.
Die Merkmale dieser Muschel sind sehr unkenntlich, mit
ÜONTEJEAN s Species stimmt sie in dem spitzen Winkel, welchen
die Mittellinie mit der Schlosslinie bildet, überein und in der
bedeutenden Länge des hinteren Flügels; der vordere scheint
etwas länger zu sein.
25. Gervillia ventricosa Dunker u. Koch.
Beitr.p. 411.582,
G. obtusa Roem., ‚Nachtr. t. 18 £. 21.
Avicula obligua Buv. Dep. de la Meuse t. 18 f. 383—40.
Fritzow. |
In der äusseren Form nähert sie sich sehr Avicula, aber
sie hat ein deutliches Gervillienschloss. Beide Klappen sind
gleichmässig gewölbt, der Winkel, welchen die Mittellinie mit
dem Schlossrande bildet, beträgt ungefähr 30 Grad, der vor-
dere Flügel ist sehr kurz und nur bei Abdrücken, nicht bei
Steinkernen, zu sehen, der hintere ist länger. An den Wirbeln
sind bei den Steinkernen Wärzchen vorhanden, der Muskelein-
druck ist tief nach unten gelegen. Die Schale selbst ist nur
mit concentrischen Anwachsstreifen versehen.
670
26. Gervillia tetragona Ron.
Ool. Geb. p. 85 t. 4 f. 11.
@. aviculoides Sow., GoLDFUuss, Petref. Germ. p- 123 t. 15 f. 8.
@. Kimmeriins D’ORB., Prod II. p. 59. |
Fritzow.
Sie zeichnet sich durch ihren vierten Querschnitt aus,
welcher daher ruhrt, dass die Schalen auf dem Rucken erha-
ben, sogar gekielt sind und nach beiden Seiten hin in schnei-
dige Ränder auslaufen. Der vordere Flügel ist etwas länger,
als es Rormer’s Figur anzeigt, jedoch unvollständig erhalten,
indem die vordere Spitze mehr oder minder abgebrochen ist;
vor den Wirbeln ist eine Einschnüurung. Der hintere Flügel
ist gewöhnlich wenig ausgebildet; damit steht in Zusammen-
hang die Kürze des Schlossrandes, welcher mit der Mittellinie
einen spitzen Winkel bildet. Es finden sich meist Steinkerne
von der Grösse, wie sie Roxmer abbildet, jedoch habe ich auch
einen von doppelter Grösse gefunden; ferner stelle ich vor-
läufig auch Abdrücke sehr grosser Individuen hierher, welche
sich in der GumprecHht’schen Sammlung befinden. Dass die
Grösse sehr bedeutend sein kann, sagt auch ÜONTEJEAN.
27. Perna subplana Er.
Leth. bruntr. p. 231 t. 31 £. 4.
P. Thurmanni Contes. Et kimm, p. 308 t. 21 f. 12,
Fritzow, Klemmen.
Steinkerne, welche sich durch den nahezu rechten Winkel,
den die Mittellinie mit dem Schlossrande bildet, und eine
sanfte vordere Ausbuchtung auszeichnen. Diese Ausbuchtung
kann jedoch ausnahmsweise sehr gross werden, so dass ein
nahezu rechter Winkel gebildet wird; Uebergänge beweisen,
dass diese Formen nicht zu trennen sind.
28. Perna mytiloides Lan.
Gouoruss, Petref. Germ. t. 13 f. 12.
Fritzow.
Sie unterscheidet sich von der vorhergehenden Art durch
den spitzen Winkel, welchen die Mittellinie mit dem Schloss-
rande bildet; die Wirbel treten ganz nach vorn, und eine sanfte
Ausbuchtung ist auch vorhanden. Möglicherweise ist diese
Art mit der vorhergehenden ident, ich habe jedoch bis jetzt
noch keine Uebergänge beider Formen beobachtet.
671
29. Mytilus jurensis Mer.
A. Rorner, Ool. Geb. p. 89 t. 4 £. 10.
Leth. bruntr. p. 220 t. 29 f. 4.
Fritzow. Et fö
Von ausgezeichneter Gestalt, die Wirbel liegen nach vorn,
die vordere Seite ist ausgebuchtet und bildet mit dem Liga-
mentrande einen sehr spitzen Winkel; an diesen stösst die ab-
gerundete Basis unter einem stumpfen Winkel. Vorn sind die
Schalen am dicksten, nach hinten fallen sie sanft ab. Es sind
nur Steinkerne, die gewöhnlich sehr gross sind, jedoch fin-
deu sich auch kleinere von derselben Gestalt, welche ich für
Jugendzustände halte.
30. Mytilus pectinatus Sow.
Min. Conch. t. 282 f. 2.
A. Rozmer, Ool. Geb. p. 89 t. 4. f. 12.
Fritzow, selten.
Die Schale ist länglich eirund, oben verschmälert, vorn
abgestutzt und hier die grösste Dicke erreichend. Die Ober-
fläche ist radial gestreift; die Radialstreifen werden von einigen
concentrischen durchschnitten und theilen sich an den Durch-
schnittspunkten nach unten. An der breiteren, vorderen Fla-
che sind die Radialstreifen etwas schwächer und verlieren sich
überhaupt in der Nähe der Wirbel.
öl. Modiola imbricata Sow.
Min. Conch. t. 212 £. 1.
A. Rormer, Ool. Geb. p. 92 1.5 £. 8.
Leth. bruntr. p. 220 t. 29 f. 2.
v. Szesacu, Hannöverscher Jura p. 119.
Fritzow, Tripsow.
Die Schalen sind länglich oval, scharf concentrisch ge-
streift. Von den kleinen, etwas nach hinten gelegenen Wirbeln
geht diagonal nach der vorderen Ecke eine erhabene Kante.
Der durch diese begrenzte vordere Schalentheil ist unten sanft
ausgebuchtet. Ueber der Mitte sind die Schalen am dicksten,
etwas tiefer, wo die Ligamentrinnen endigen, am 'breitesten.
32. Pinna granulata Sow.
Leth. bruntr. p. 217 t. 28 £. 3,
P. ampla Gouor., Petref. Germ. p. 10605 t. 79 £. 1.
Fritzow.
Die Steinkerne dieser grossen Art haben eine schinken-
Zeits.d.d.geol.Ges. XVII 4. 44
672
förmige Gestalt, der hintere Rand ist gerade, der vordere sanft
ausgebuchtet. Von den Wirbeln läuft eine stumpfe Kante nach
dem unteren Rande; sie liegt dem hinteren Rande näher als
dem vorderen, und die Schale fällt auch nach hinten ziemlich
steil, nach vorn sanfter ab, wodurch ein trapezförmiger Quer-
durchschnitt entsteht. Die äussere Schale ist mitunter theil-
weise erhalten, sie ist radial gestreift, die Streifen theilen sich
wieder unregelmässig, und dazwischen liegen zahlreiche Warzen
von verschiedener Grösse.
In den meisten Fällen ist auf den Steinkernen nur eine
dünne Faserschicht erhalten, welche 2 bis 3 Linien breit auf
der stumpfen Kante liegt und nicht bis an die Wirbel hinauf-
reicht. Die Anwachsstreifen dieses Bandes sind vertical und
bilden oben einen kleinen Bogen. Etwas Analoges findet sich.
auch bei lebenden, ausländischen Pinnen, welche Herr Dr.
v. MARTENS mir im hiesigen zoologischen Museum sgütigst
zeigte. Bei manchen Arten geht dieses schmale Band bis in
die Nähe der Wirbel und beginnt bei dem Hauptmuskel, bei
anderen ist nur eine schwache Erhebung nach oben in der
Nähe des Muskels; der übrige, obere Theil ist ganz von Perl-
mutterschale bedeckt. . Die Perlmutterschale giebt die Grenze
an, wie weit der Mantel angewachsen war, die übrige Schale
wird von dem freien, gefranzten Mantellappen eingenommen,
welcher sich also bei Muscheln mit dem Bande in einem
schmalen Streifen nach oben fortsetzen musste. Dieses Ver-
halten war auch bei dem Thiere einer lebenden Pinna zu se-
hen; in zoologischen Werken ist es nicht erwähnt.
33. Trichites sp. indet.
Fritzow. |
Die zahlreichen Bruchstucke haben eine rauhe, concentrisch
gestreifte Oberfläche und sind an der Schalenstruktur leicht zu
erkennen. Vollständige Schalen habe ich nicht beobachtet.
‘Von Bruchstücken der Schale der vorhergehenden Species sind
sie leicht durch die acht- bis zehnmal so grosse Dicke zu unter-
scheiden.
34. Cucullaea longirostris Ronn.
Suppl. p. 37 1.19 £. 2.
ConTEJEAn, Et. Kimm. p. 286
Fritzow. |
Die Steinkerne dieser ächten Cucullaca hat Ronmer von
673
Fritzow selbst beschrieben und abgebildet. Sie zeichnen sich
durch ihre dreiseitige Gestalt aus, dadurch bewirkt, dass der
untere Rand weit nach hinten ausgedehnt ist; die Wirbel sind
hoch und von einander abstehend. Die äussere Schale ist viel
seltener erhalten, sie ist sehr diek und mit sehr feinen Radial-
streifen verziert, welche von etwas stärkeren concentrischen
Anwachsstreifen gekreuzt, oft in ihrer Richtung abgelenkt wer-
den und ein winkliges oder welliges Aussehen erhalten.
35. Macrodon latus Dunker u. Koch sp. .
Beiträge p. 49 1.7 f 10.
Arca Langit Contes., Et. Kimm. p. 295 t. 16 f. 9—12.
Arca subiata D’Ors., Prodrome U. p. 18.
Arca sublata ErıLLon, Leth. bruntr. p. 210 t. 26 £. 8.
Fritzow.
Aus der Beschaffenheit der Schlosszähne geht hervor, dass
diese Art zu der neuerlich unterschiedenen Gattung Macrodon
zu rechnen ist. Die Muschel ist fast dreimal so lang wie
hoch, vorn kurz, hinten in die Länge ausgedehnt, Schlossflä-
chen sehr gross, Wirbel weit von einander abstehend; von
ihnen verläuft eine deutliche Kante nach der hinteren Ecke,
ein Byssusausschnitt am unteren Rande ist vorhanden. Die zu
den Steinkernen gehörige Schale habe ich noch nicht beobachtet.
86. Macrodon Morensis Buv. sp.
Meuse p..20 t. 16 f. 7, 8.
Leth, bruntr. t. 27 £.-1.
Fritzow, Klemmen.
Kleiner als die vorhergehende Art und von derselben we-
sentlich schon durch das Schloss unterschieden, dessen Zähne
mehr horizontal stehen und in Folge dessen grösser sind. Ein
Byssusausschnitt ist auch hier vorhanden. In der äusseren
Form ist sie dadurch ausgezeichnet, dass der Schlossrand die
grösste Länge der Schale darstellt, während diese bei Macro-
don latus im unteren Rande liegt. Die Schale selbst oder de-
ren Abdruck, welche ich nicht beobachtet habe, wurden. erst
mit Bestimmtheit beweisen, dass die Art mit M. Morensis über-
einstimmt.
31. Nucula sp. indet.
Fritzow.
Kleine Steinkerne, welche ihre Stellung bei Nucula durch
E 44. *
“
das deutliche Schloss erhalten, wegen unvollkommener Erhal-
tung aber eine Bestimmung nicht zulassen. |
88. Trigonia suprajurensis Ac.
Trig. p. 42 1. 5 f. 1-6.
Leth. bruntr. p. 204 t. 26 £. 1.
T. papillata Seee., Hann. Jura p. 118.
Fritzow, Klemmen.
Sie gehört zur Familie der costaten Trigonien. Die con-
centrischen Rippen sind auf der vorderen Seite etwas gekrümmt
und treten dann bei grossen Individuen gerade an den Kiel heran;
bei kleineren jedoch sind sie durch eine Leiste verbunden, und
es bleibt zwischen dieser und dem Kiel eine Rinne. Der
Kiel, welcher das Feldchen gegen die übrige Schale abgrenzt,
ist schuppig, das Feldchen selbst ist netzformig gezeichnet, der
mittlere Kiel ist wenig entwickelt, der innere gekörnt. T. pa-
pillata Ac. (Les Trigonies p. 39 t. 5 f. 9—14), welche ErıL-
. LON und v. SEEBACH für synonym erklären, würde sich nur
durch den etwas mehr entwickelten, inneren Kiel unterschei-
den, was allerdings ein sehr geringer und relativer Unterschied
ist. 7. Meriani Ac. (Les Trigonies p. 42 t. 11 f. 9) ist we-
sentlich durch den glatten, nicht geschuppten Hauptkiel unter-
schieden; da sich dies bei vorliegenden Exemplaren nicht fin-
det, halte ich diese Species getrennt. Bei 7. costata Leym.
(Aa. Les Trigonies p. 35 t. 3 f. 12 — 14) sind die concentri-
schen Rippen Sföormig gekrummt und treten nicht gerade an
den Kiel heran; dann ist der durch den randlichen Kiel abge-
trennte Theil des Feldchens nicht netzförmig gezeichnet, son-
dern hat nur concentrische Streifen. Die Steinkerne haben
einen quer ovalen Umriss, indem die Schalen vorn abgestutzt
und nach hinten verlängert sind, so dass die grösste Länge
durch eine Linie dargestellt wird, welche von den Wirbeln
nach der hinteren Ecke geht. Die spitzen Wirbel liegen ‚sehr
weit nach vorn, und hinten ist eine mehr oder minder weit
hinaufgehende Falte vorhanden. Diese Steinkerne sind von
Acassız in seiner Monographie der Trigonien t. 5 f. 13 bar
bildet und von GöLpruss von Fritzow selbst t. 136 f. 606, f;
dieser rechnet sie jedoch zur 7. clavellata, da ihm die zugehö-
rige Schale nicht bekannt war.
”
89. Trigonia hybrida Rozn.
Ool. Geb. p. 97 1.6 £. 2.
Fritzow, Klemmen.
Eine clavellate Trigonie, deren Feldchen durch einen deut-
lichen, tuberkulirten Kiel von den Seiten abgetrennt ist. Die
beiden anderen Kiele sind wenig erhaben,; mit kleinen Tuber-
keln versehen und durch eine seitliche Furche leicht erkenu-
bar; bei jüngeren Individuen ist nur die Furche vorhanden.
Ueber den Hauptkiel verlaufen quer die Anwachsstreifen und
durchschneiden die concentrischen Rippen. Diese sind in der
Nähe der Wirbel ganz glatt, dann treten zuerst am Kiel Kno-
ten auf, welche nach unten immer mehr an Zahl zunehmen,
so dass die untersten Rippen ganz von ihnen bedeckt sind.
Die Kanten selbst sind etwas platt gedruckt und ungleich gross.
Bei ganz jungen Individuen ist höchstens auf den untersten
Rippen ein Tuberkel sichtbar; fehlt auch dieser, so entstehen
Formen, die der T. concinna Rom. Ool. Geb. p. 35 t. 19
f. 21 (ef. Leth. bruntr. p. 204) nicht unähnlich sind. Bei letz-
terer ist jedoch der Hauptkiel glatt, und die concentrischen
Streifen auf dem Schildchen sind Fortsetzungen der Rippen
der übrigen Schale, während bei 7. hybrida auf dem Schild-
chen eine grössere Zahl von concentrischen Streifen vorhanden
ist. Das Exemplar, welches Roruer abgebildet hat, ist sehr
unvollkommen erhalten und unterscheidet sich dadurch, dass
die oberen Rippen glatt sind, und dass dann Rippen folgen, welche
vollständig mit Knoten bedeckt sind; ferner ist der Kiel nicht
tuberkulirt.. Diese Unterschiede sind mit Rücksicht auf die
schlechte Erhaltung gering, besonders, da sich auch unter vor-
liegenden Exemplaren solche befinden, bei denen die obersten,
einzelnen Knoten und die Tuberkeln des Kieles schlecht oder
gar nicht erhalten sind.
Die Skulptur der Seitenflächen erinnert an 7. gibbosa
Sow.*), bei dieser ist aber nach den Figuren von SowErBy und
v. SEEBACH das Schildchen nicht genau von den Seitenflächen
abgetrennt. Eine deutliche Trennung findet allerdings bei 7.
variegata ÜREDNER**) statt, welche HERM. CREDNER (Dissert.
*) Sowerpey, Min. Conch. t. 230 und v. Sersacz, Hann. Jura p. 119
t. 2.6.
**) Crenser, oberer Jura p. 40 f. 22. Er führt zugleich an, dass
p- 41) wieder mit T. gibbosa vereinigt; jedoch ist hier der
Kiel, obgleich scharf ausgeprägt, nicht tuberkulirt, und die
Rippen treten nicht an denselben heran, sondern es bleibt ein
dreieckiger.Raum frei, ferner treten zwischen den Rippen noch
vereinzelte Knoten auf.
T. gramigera Cbxtss. (Etud. Kimmerid. p. 83 I 5 4)
stimmt genau in der Anordnung der Knoten überein und unter-
scheidet sich nur dadurch, dass die Rippen viel enger stehen.
Die Steinkerne haben mit denen der 7. suprajurensis sehr
grosse Aehnlichkeit und sind nur etwas niedriger, jedoch ohne
die dazu gehörige Schale kaum zu unterscheiden.
40. Trigonia Voltzii? Ac.
Trig. p. 20 t. 6 £. 10
Fritzow.
- Es sind Steinkerne von bedeutender Grösse und regel-
mässig ovalem Umriss, von T. suprajurensis dadurch unter-
schieden, dass die Wirbel weniger nach vorn liegen, die vor-
dere Seite nicht abgestutzt, sondern gewölbt ist, und die grösste
Länge der Länge der Muschel entspricht; ferner fehlt auch die
hintere Falte.e. Der einzige Unterschied von der Abbildung
Acassız's ist der, dass die Oberfläche ganz glatt ist ohne jeg-
liche Andeutung von Skulptur. Die hierher gehörigen Schalen-
abdruücke habe ich nicht sicher beobachtet; ich stelle Bruch-
stucke einer clavellaten Trigonie hierher, deren Knotenreihen
zahlreich sind, quer von den Anwachsstreifen durchschnitten
und von ungleich grossen, spitzen Höckern gebildet.
F. RoEner macht eine Identität mit 7. muricata A. Rorm.*)
sehr wahrscheinlich; dieser stehen auch die Abdrücke am näch-
sten, sie sind aber durch die ungleich grossen Höcker ver-
schieden.
41. Cyprina nuculaeformis RoEn.
001.:Geb..p.. 11 #::7.f: 11.
Herm. Crepner, Pteroc. p. 49.
Fritzow.
Es sind Steinkerne, welche in der Gestalt sehr variiren.
T. Dunkeri Hac. sich zu Fritzow finde; es ist dies jedoch ein Irrthum,
denn Gypsabgüsse in dem Berliner Museum beweisen, dass diese Art aus
Geschieben des braunen Jura in Pommern herstammt.
*) A, Roemer, Nachtr. p. 39.
677
Durchgehende Merkmale würden allein folgende sein: der hin-
tere gerade Schlossrand reicht tief hinab, beinahe bis zum un-
tern Rande, der vordere Schlossrand ist kaum halb so lang
und sanft ausgebuchtet. Grosse Verschiedenheiten der Form ruh-
ren von der verschiedenen Grösse und Länge der Schalen her.
Die grösseren Individuen sind ziemlich selten, die kleineren
sehr häufig. Von der Skulptur der Schalen habe ich nicht das
Geringste beobachten können; indem ich also nur die äussere
Form berücksichtige, scheinen mir die von HERM. ÜREDNER
angeführten Synonyme vollkommen richtig.
42. Astarte suprajurensis RoEM. Sp.
Jieth. bruntr. p. 198 t. 23°; 1.
Unio suprajurensis Rorm., Nachtr. p. 35 t. 19 f. 1.
A. Montbeliardensis Coxtes. Et. Kimm. p. 262 1.40 £. i.
Fritzow.
Diese sehr leicht kenntlichen Steinkerne hat RoEMER von
Fritzow selbst abgebildet und beschrieben. Die Gestalt hat
Aehnlichkeit mit Unio, ist oval, vorn abgerundet, nach hinten ver-
längert, hat starke Muskeln nebst Fussmuskeln; zwischen ihnen
sind die Steinkerne vorn etwas eingeschnurt; in der Nähe .der
Wirbel kleine Wärzchen. Das Schloss ist nur, wenn -die
Schalen etwas verschoben sind, deutlich zu erkennen; ist dies
der Fall, so kann uber die Zugehörigkeit zu‘ Astarte kein
Zweifel sein. Die Skulptur der Schalen ist nur in Abdrücken
zu erkennen, ist unregelmässig, fein concentrisch gestreift, wie
es die Abbildungen EraLvon’s und CoNTEJEAN’s zeigen.
43. Astarte plana A. Rorn.
Ool. Geb. p. 113 t. 6 f. 31.
A. laevis GoLor., Petr. Germ. p. 193 t. 195 f. 20.
A. pseudolaevis D’Ors., Leth. bruntr. p. 191 t. 23 f. 10.
A. cingulata Coxrtes., Et. Kimm. p. 267 t. 11 £. 5-10.
4. seguana Contes., Et. Kimm. p. 267 t. 11 f. 17-19.
? A. polymorpha Conter., Et. Kimm. p. 266 t. 11 f. 13—16.
Fritzow, Klemmen, Bartin.
Die Schalen sind beinahe gleichseitig, indem die Wirbel
wenig nach vorn liegen; das Verhältniss von Länge zur Höhe
ist ziemlich gleich; die Lunula ist deutlich ausgebildet und die
Wölbung der Schalen mässig. Die Skulptur kann sehr varü-
ren. Es treten feine concentrische Streifen auf, welche nach
oben mehr oder minder verschwinden; zwischen diesen perio-
678
dheche Absätze, welche wie der Innenrand gezähnelt sind.
Ihre Zahl ist sehr verschieden, höchstens 5, und dann sind ie
immer unten mehr gehäuft; mitunter fehlen sie auch ganz.
Dies findet besonders bei jüngeren Individuen statt, deren con-
centrische Streifen auch gewöhnlich etwas stärker sind und
gleichmässig über die ganze Schale vertheilt. Diese Beschrei-
bung ist von den vielfachen Abdrucken hergenommen, jedoch
häufig findet man auch die Steinkerne allein. Diese zeichnen
sich aus durch sehr spitze Wirbel, so dass sie im Allgemeinen _
höher als lang sind; auch die Gleichseitigkeit kann variiren,
immer sind sie jedoch an dem Schloss zu erkennen. Die Ab-
bildung ROoEMER’s giebt kein genaues Bild von der Species;
durch Vergleichung mit Originalen habe ich mich von der Iden-
tität mit den Fritzower Individuen überzeugt.
Ebenso haben mir Originale die Identität mit A. laevis
GoLpF., worauf schon Herr Professor F. ROEMER in seiner
Dissertation: „De astartarum genere“ hinweist, bewiesen, ob-
gleich v. SEEBACH der Ansicht ist, dass beide Species zu tren-
nen wären; der’ einzige Unterschied, die mehr gewolbten Scha-
len der A. laevis, ist nicht durchführbar, wenigstens nicht bei
den Fritzower Individuen. A. cingulata ConTEJ. stimmt nach
den sehr guten Abbildungen und der Beschreibung CoNTEJEAN’s
genau überein. Von A. seguana sagt auch ETALLon, dass sie
sehr nahe steht, und A. cingulata soll sich nur durch eine
grössere Anzahl concentrischer Streifen und mehr hervorragende
Anwachsstreifen unterscheiden, was mir sehr relative Unter-
schiede zu sein scheinen. Individuen, welche genau mit A.
seguana übereinstimmen, finden sich auch in Fritzow , in
lassen Uebergänge keine Trennung derselben zu.
A. polymorpha CoxteJ. soll sich durch feinere concentri-
sche Streifen auszeichnen, welche mitunter in grossen Entfer-
nungen fehlen, Anwachsstreifen sind nicht erkennbar. Etwas
mehr weicht diese Art allerdings ab, jedoch könnte man sie
auch höchstens nur als eine Varietät unterscheiden.
44. Opis excavata Roen.
Suppl. p. 36 t. 19 £, 5.
Fritzow.
Diese Steinkerne hat RoEMER von Fritzow selbst abgebil-
det; sie haben einen dreiseitigen Umriss mit grosser, herzfor-
679
miger, tief ausgehöhlter Lunula; Wirbel spitz, stark übergebo-
gen; neben der hinteren Kante ist eine deutliche Rinne vor-
handen. Es ist mir leider nicht gelungen, Abdrücke der Scha-
len zu beobachten; erst wenn diese gefunden sind, ist eine
Vergleichung mit anderen Arten der Gattung möglich, vorläufig
muss der Rormer’sche Namen behalten werden.
45. Protocardia eduliformis Rorn.
Ool. Geb. p. 108 t. 7 f. 22.
Leth. bruntr. p. 182 pl. 22 £. 3.
Fritzow.
An dem einzigen, mir bekannten Steinkern ist von der
Skulptur der Schale nichts mehr zu sehen, auch nicht der
Manteleindruck, welcher etwas ausgebuchtet sein soll. Die
Schalen sind ungefähr so lang wie hoch, nach vorn mehr aus-
gedehnt als nach hinten, wo sie schräg abgestutzt sind; der
untere Rand ist fast geradlinig, die Wirbel sind gegeneinander
und nach vorn geneigt.
46. Umicardium cf. Callirho& D’ORB.
Prodrome II. p. 17.
Fritzow.
Schalen bauchig, die Wirbel liegen nach vorn, die vordere
Seite ist kurz und durch eine Kante begrenzt, die hintere ver-
läangert. Es sind Steinkerne, auf denen von Skulptur nur un-
regelmässige, concentrische Streifen vorhanden sind. Da p’OR-
BIGNY keine Abbildungen gegeben hat und die Beschreibung
kurz ist, so war eine sichere Bestimmung nicht möglich.
47. Lucina substriata Roen.
Bel. Geh. p. 118°%.)7 718:
L. Elsgaudiae Coxtes., H. Crepxen, Dissert. p. 42 t. 2 f. 11.
Fritzow. R
Die kreisrunden, sehr flachen Steinkerne stimmen in Be-
zug auf die Ungleichklappigkeit mit Crepxer’s Figur überein;
der Umriss weicht insofern etwas ab, als die Lunula nicht er-
kennbar ist, was jedoch wahrscheinlich nur mit der Erhaltungs-
weise als Steinkern zusammenhängt; der lange, bandförmige
Muskel ist jedoch deutlich erkennbar. Die Skulptur habe ich
auch in Abdrucken nicht beobachtet.
SB er
48. Corbis subelathrata u
Conter., Et. Kimm. p. 273 t. 13 f. 5-9.
C. decussata Buv., Crepner, Ob. Be p. 28 £. 26.
H. Crepner, Dissertation p. 43.
Fritzow, Klemmen.
Die Steinkerne haben eine sehr charakteristische Gehalts
sie sind wenig gewölbt, die Wirbel sind hornartig gebogen,
der Mandeleindruck ist sehr deutlich ausgeprägt, ebenso die
Muskeleindrücke mit kleineren Fussmuskeln. Die Oberfläche
ist mit Wärzchen und radialen Streifen bedeckt. Die Skulptur der
Schalen ist häufig in Abdrücken zu erkennen und ist, wie bei
allen Arten dieser Gattung, durch die korbartig gegitterte Zeich-
nung ausgezeichnet. Die radialen Streifen treten jedoch nur
bei jüngeren Individuen auf der ganzen Schale auf, bei älteren
nur vorn; hinten und in der Mitte fehlen sie mehr oder weni-
ger. Diese Verschiedenheit der Skulptur hat CoNTEJEAN ver-
anlasst, für die jüngeren Individuen die Species (. ventilabrum
aufzustellen, jedoch macht schon ÜREDNER darauf aufmerksam,
dass es keine besondere Art ist; ich schliesse mich ihm hierin
an, da ich in Fritzow vielfache Uebergänge der Skulptur beob-
achtet habe.
49. Myoconcha baltica WESSEL.
Dissert. p. 25 f. 2.
Fritzow.
Die Beschreibung Wesser’s ist sehr kurz, jedoch ist diese
Art so charakteristisch, dass sie leicht nach der Abbildung
wieder ‘erkannt werden kann. Die Gestalt ist sehr unregel-
mässig, ähnlich Modiola, rechteckig bis trapezförmig, dick,
bauchig, mitunter hier und da aufgebläht. Von den etwas
nach vorn geneigten Wirbeln läuft eine deutliche Kante nach
der vorderen Ecke, von welcher aus sich die Schale nach bei-
den Seiten hin gleichmässig senkt, so dass der vor den Wir-
beln liegende, ziemlich grosse Schalentheil ganz flach ist. Auf
diesem ist: der Muskeleindruck mit einem Fussmuskeleindruck
deutlich erkennbar, so dass uber die Gattung kein Zweifel
sein kann. Von der Skulptur der Schale sind auf den Stein-
kernen nur unregelmässige concentrische Streifen sichtbar;
weder die Schale selbst, noch Abdrücke derselben habe ich
beobachtet.
651
50. Isocardia cornuta KLöDen.
Mark Brandenb. p. 211 t. 3 f. 8.
Wesseı, Dissert. f. 1.
Roemer, Suppl..p. 28 t. 19 f. 14.
v. SerBacn, Jura p. 125 t. 4 f. 3a—d.
Fritzow.
Alle hier eitirten Abbildungen beruhen auf Originalen aus
Fritzow und geben alle diese so charakteristische Form gut
wieder. Die Beschreibungen von RoEMER und v. SEEBACH sind
so ausführlich, dass ich auf dieselben nur zu verweisen brauche.
Besonders v. SeeBAacH hat dieser Muschel grosse Aufmerksam-
keit geschenkt -und ist durch genaues Studium des Schlosses
zu der Ansicht gekommen, dass es eine ächte Isocardia ist,
während sie verschiedene französische Autoren, z. B. ETALLoN,
zu Cyprina gestellt haben. Die zugehörige Schale ist aus
Fritzow nicht bekannt.
5l. Isocardia cf. minima Sow.
Go:pruss, Petref. Germ. p 211 t. 140 £. 18.
Fritzow. |
Diese Steinkerne haben ein deutliches Isocardien-Schloss,
die kleinen spitzen Wirbel liegen etwas hinter der Mitte, vorn
ist eine deutliche, herzformige Lunula. Die hintere, fast recht-
winklige Ecke ist etwas zusammengedruckt; eine von den Wir-
beln nach hinten verlaufende Kante giebt GoLDFUSss nicht an.
Die Schalen sind etwas aufgebläht und Länge und Hohe nahezu
gleich.
!
52. Pleuromya elongata GOoLDF. sp.
Petr. Germ. p. 258 t. 153 f. 4.
Ac., Monogr. des Myes p. 244 t. 27.9 -8.
Luiraria elongata Roem., Nachtr. p. 42.
Fritzow, sehr häufig.
Die Gestalt ist ungleich dreiseitig; die Wirbel liegen im
ersten Drittel der Schale, und von ihnen geht eine mehr oder
minder deutliche Kante nach der vorderen und hinteren Ecke;
die vordere Seite fällt schräg ab, die hintere ist verlängert und
verschmälert. Die Muschel ist noch einmal so lang als hoch,
der Mantelausschnitt ist tief und abgerundet. Die Steinkerne
sind entweder glatt oder unregelmässig concentrisch gestreift,
auch an Abdrucken ist keine andere Skulptur wahrnehmbar.
682
Obgleich die Originale von- GoLpFuss aus dem Unteroolith
stammen, so ist doch kein Zweifel, dass wir es hier mit dieser
Art zu thun haben.
53. Pleuromya ventricosa GoLDF. Sp.
Petr. Germ. p. 258 t. 153 f. 4.
Fritzow.
Sie ist viel grösser und dicker als die vorhergehende Art;
die vordere Seite ist kürzer, mehr abgestutzt, und von den
Wirbeln laufen keine Kanten aus; die hintere Seite klafft, ist
Jedoch wenig verschmälert. Auf der Oberfläche des Steinker-
nes sind Abdrücke concentrischer Streifung sichtbar. Mit Ph.
robusta DesH., Leth. bruntr. p. 160 t. 18 f. 2 hat diese Art
auch grosse Aehnlichkeit.
54. Pleuromya helvetica Tuurn. sp.
Ac., Mon. des Myes p. 167 t. 10 f. 7 -10.
P. helvetica, Leth. bruntr. p. 160 t. 18 £. 1.
Solen helveticus Roem., Nachtr. p. 48.
Fritzow.
Die Schalen sind flach, sehr in die Länge ausgedehnt; der
Schlossrand ist dem unteren Rande parallel; die Wirbel sind
wenig hervorragend und liegen etwas vor der Mitte; von ihnen
geht eine mehr oder minder deutliche Kante nach hinten;
Mantelausschnitt tief und abgerundet. Steinkerne glatt, Ab-
drücke zeigen eine einfache concentrische Streifung.
55. Pleuromya sp. ind.
Bartin. ”
Steinkerne, welche wegen der fast mittleren Lage der
Wirbel an P. helvetica erinnern, sich jedoch wesentlich unter-
scheiden durch die geringere Länge im Verhältniss zur Höhe.
In der Gestalt haben sie grosse Aehnlichkeit mit Lutraria con-
centrica GoLDF., t. 153 f. 5b; es fehlen jedoch die concentri-
schen Runzeln, die bei den Originalen von Kahleberg scharf aus-
geprägt sind.
56. Pholadomya paucicosta Rom.
Ool. Geb. p. 151 t. 16 £. 1.
Fritzow, sehr häufig.
Dicke, aufgeblähte Steinkerne, vorn abgestutzt, nach hin-
ten verschmälert und klaffend. Die Radialstreifen werden von
683
concentrischen durchschnitten; drei sind deutlich, die anderen
rudimentär. Bei älteren Individuen sind in der Nähe der Wir-
bel Wärzchen und der Manteleindruck ist durch röhrenförmige
Impressionen ausnehmend stark ausgeprägt.
57. Pholadomya decemcostata Roen.
Ool. Geb. p. 130 t. 15 f. 6.
?P. parvula Rorm., Ool. Geb. p. 133 t. 15 f. 4.
Fritzow. |
Gleichmässig gewölbte Steinkerne, vorn kurz, nach hinten
verlängert. Die Skulptur besteht in unregelmässigen, concen-
trischen Streifen, welche von 9 bis 12 radialen durchkreuzt
werden; von diesen verläuft der erste ziemlich gegen den Un-
terrand, die anderen verlaufen immer mehr und mehr schräge
nach hinten, der vordere und hintere Theil der Schalen bleibt
frei, oder es findet sich nur eine schwache Andeutung von ra-
dialen Streifen.
P. parvula ist kleiner, und die radiale Skulptur ist etwas
weniger entwickelt; nach vorliegenden Exemplaren scheint es
mir sehr wahrscheinlich, dass es nur junge Individuen von P.
decemcostata sind. |
58. Gressiya excentrica VOoLTZ sp.
Isocardia excentrica Rorm., p. 106 t. 7 f. 4.
Ceromya excentrica Ac., Mon. des Myes t. 8.
Ceromya capreolata Contes., Et. Kimm. p. 249 t.9 £. 11 — 13.
Fritzow.
Aufgeblähte, fast kuglige Steinkerne, ausgezeichnet durch
die concentrischen Streifen, welche nicht parallel dem Rande
verlaufen, sondern quer über die Schale von der vorderen nach
der hinteren Ecke. Ausser den typischen Formen kommen
noch grössere Steinkerne vor, welche älteren Individuen ange-
hören und darin abweichen, dass die welligen, concentrischen
Streifen parallel dem unteren Rande verlaufen und unten von
mehr oder minder deutlichen radialen gekreuzt werden.
59. Gastrochaena ampla Er.
Leth. bruntr. t. 15 f. 3.
Fritzow, Bartin.
Die Schale besitzt eine sehr grosse vordere Oeffnung und
ist hinten keilförmig erweitert; die Wirbel liegen nach vorn
und ragen wenig hervor. Die Oberfläche ist fein concentrisch
gestreift, mit einigen stärker hervortretenden Anwachsstreifen
versehen. Die Muschel ‚selbst ist ganz von einem Kalküber-
zuge umhullt. EraLvon's Exemplar würde sich nur durch nn
- doppelte Grösse unterscheiden.
Gastropoden.
60. Bulla suprajurensis RoEm.
Ool. Geb. p. 137 1.9 £. 33.
‚Leth. bruntr. p. 144 t. 13 £. 134.
Fritzow.
Gehäuse schief oval, ganz involut, oben abgerundet und
mit einem kleinen Nabel versehen. Die Breite ist in der Mitte
am grössten und verhält sich zur Höhe wie 2: 3;-. die Mund-
öffnung ist oben schmal und erweitert sich rasch nach unten.
Das vorliegende Exemplar ähnelt der Abbildung RoEMmER’s mehr
als der Erarzon’s, bei welcher die Mündung viel breiter ist;
es wurde somit nach Erarton’s Angabe ein junges Indivi-
.duum sein.
61. Patella sp. indet.
Fritzow.
Von ovalem Umriss, die längere Diagonale beträgt 2 Li-
nien, die kürzere 1,5 Linien, die Spitze ist etwas übergebogen
und liegt am Ende des ersten Drittels der Schale. Der Rücken
verläuft von der Spitze nach hinten zuerst horizontal und senkt
sich dann allmälig, nach den Seiten fällt er etwas steiler ab.
Es sind nur unregelmässige concentrische Streifen vorhanden,
radiale fehlen ganz. Die von WeEssEL in seiner Dissertation
beschriebene Art scheint mit dieser ident zu sein.
62. Nerita cf. jurensis Münst.
Rormer, p 155 t 10.5
Kröven, Mark Br. t.59 f. 4a -c.
? Capulus-pileopsis suprajurensis Tn., Leth. br. t. 10 f. 98.
Fritzow.
Es sind Steinkerne, bei denen die letzte Windung bedeu-
tend vorherrscht, die vorhergehende ist mitunter gar nicht zu
erkennen, sondern mit der letzten verwachsen. Der Innenrand
ist nach der Spira hin gebogen, sehr häufig ist er jedoch ab-
gebrochen, Von Nerita jurensis unterscheiden sie sich durch be-
685
deutendere Grösse; die Verkummerung der vorletzten Windung
möchte ich nicht als Unterschied aufführen, da dies mit der
Erhaltung als Steinkern zusammenhängt. Vorliegende Exem-
plare konnte ich nicht ganz sicher hierher stellen, da keine
Vergleichung der Skulptur möglich war. Die Abbildungen Kıö-
DEN’ S und ETALLoN’s stimmen genau überein.
63. Natica hemisphaerica RoEn. sp.
Nerita hemisphaerica Roen., Ool. Geb. p. 156 t. 10 f£. 7.
Natica hemisphaerica v’On., Pal. fr. p. 204 t. 294 f. 1, 2.
Natica praetermissa Conrt., Et. Kimm, p. 204 t. 6 £. 1, 2.
Fritzow.
Gewinde sehr kurz, kaum über die letzte, sehr gross wer-
dende Windung hervorragend; die Innenlippe ist etwas einge-
drückt, ein Nabel ist nicht vorhanden, die Mündung ist sehr
gross und oval. Es finden sich Steinkerne, an denen nur
Wachsthumsstreifen zu sehen sind. N. praetermissa Cont. soll
sich nur durch das etwas mehr hervortretende Gewinde unter-
scheiden und die mehr vierseitige Mündung. Da diese Unter-
schiede sehr geringe sind, halte ich beide Arten für synonym.
‚64. Pleurotomaria Agassizi GoLDF.
Petr. Germ: p.177 t..186.8; 9.
Quensteot, Jura p. 774 t. 95 f. i6.
Fritzow.
Mir ist nur der Abdruck von drei Windungen bekannt,
deren Skulptur sehr deutlich zu erkennen ist; das Gewinde
scheint verhältnissmässig hoch gewesen zu sein. Die Windun-
sen sind mit Spiralstreifen versehen, von denen zwei auch über
den Schlitz fortlaufen. Ueber und unter dem Schlitz werden
sie von Längsstreifen durchschnitten, welche von unten schräg
an das Band hervortreten und über demselben sich unter einem
Winkel von 70 Grad wieder nach vorn richten. Oberhalb des
Bandes treten noch einige flache Erhebungen auf.
69. Scalaria Münsteri Rozn.
Ool. Geb. p. 147 t. 11 £. 10.
Fritzow.
Gewinde thurmförmig, die einzelnen Windungen mit Wül-
sten bedeckt, ungefähr 10 an der Zahl. Die Wulste sind oben
schmäler als unten, längsgestreift, und stehen gleichweit von
einander entfernt; ihre Zwischenräume sind breiter als sie selbst,
besonders auf den unteren Windungen. Die ganze Schale ist
mit feinen Querstreifen geziert. Der einzige Unterschied von
dem Rormer’schen Exemplar wird der sein, dass letzteres nur
4 bis 5 Windungen haben soll, die Fritzower aber deren sie-
ben. Hierauf ist kein Gewicht zu legen, da RoEMER nur ein
Bruchstück abbildet.
66. Nerinea Gorae Rorn.
Ool. Geb. p. 143 t. 11 £. 27.
Fritzow.
Die Steinkerne sind an der mittleren Kniekung der Win-
dungen leicht zu erkennen; an der inneren Seite ist noch eine
stumpfe Rinne vorhanden, welche von einer Falte der Columella
herrührt; sie können eine bedeutende Grösse erreichen.
67. Nerinea fasciata Rorn. S
Ool. Geb. p. 144 t. 40 £. 31.
D’Ossıcnv, Pal. frang. pl. 268 f. 3, 4.
Fritzow, Bartin.
Ausgezeichnet durch das hohe, sehr spitze Gewinde. Der
Gewindewinkel beträgt 3 bis 5 Grad, die Oberfläche ist mit
8 Spiralstreifen bedeckt, von denen 3 oder 4 stärker sind; eine
Körnelung derselben ist nicht zu sehen. Rormer giebt letztere an,
sagt jedoch, dass sie sehr oft abgerieben ist. Die Basis der
Windungen ist mit 4 Spiralstreifen bedeckt, die Mundung selbst
konnte ich an keinem Exemplar beobachten. Die Form der
Windungen ist bei erhaltener Schale oben flach, auf dem un-
teren Theile flach concav; an Steinkernen sind sie in der Nähe
des unteren Randes tief eingeschnurt, was von einer Falte der
Aussenlippe herrührt. An jungeren Individuen tritt diese Ein-
schnürung in der Mitte der Windungen auf. An der Innenseite
finden sich zwei Rinnen, entsprechend zweien Falten an der Co-
lumella. .
68. Nerinea sp. indet.
Fritzow.
Abdrüucke der äusseren Schale ohne die dazu gehörigen
Steinkerne stelle ich vorläufig zu dieser Gattung. Sie gleichen
am meisten N. Stricklandi Morrıs und Lycett (A Monograph
of the Mollusca from the Great Oolite, t. 7 f. 9). Das Ge-
ie | 687
häuse ist ziemlich spitz und besteht aus ganz flachen Windun-
gen, die mit sechs starken, einfachen Spiralstreifen geziert sind;
die Mündung habe ich leider nicht beobachten können.
69. Chemnitzia Bronni Rorn. sp.
Melania Bronni Roem., Ool. Geb. p. 158 t. 9 f. 22.
Fritzow.
Nur ein Bruchstück mit erhaltener Schale ist mir bekannt;
die Art ist leicht zu erkennen an dem spitzen Gewinde und
einem Bande am oberen Theile der Windungen dicht bei der
Naht; die Mündung war nicht zu sehen.
70. COhemnitzia abbreviata RoEM. Sp.
Melania abbreviata Rorm., Ool. Geb. p. 159 t. 10 f. 4.
C. abbreviata H. Caeoner, Oberer Jura p. 185 t. 2 f. 10 a—c.
Fritzow.
Unter diesem Namen fasse ich verschiedene hier vorkom-
mende Steinkerne dieser Gattung zusammen. Das Gewinde ist
mehr oder minder thurmförmig, der Gewindewinkel schwankt
zwischen 25 bis 40 Grad, die einzelnen Windungen sind glatt
und an Zahl verschieden, mitunter haben sie Anschwellungen
in der Nähe der Nähte. In der Form stimmen sie theils mit
Rornmer’s Abbildung überein, theils mit Ch. Delia D’Ore., theils
mit Ch. Danaev’Orp., von welchen Formen OREDNER sagt, dass
ihre Unterschiede zu geringfügig seien, um sie zu trennen.
Die Mündung ist länglich oval, unten breit, nach oben zu-
sammengedrückt; die Spindel ist glatt, spiral gewunden und
steckt wie ein Korkzieher in den Steinkernen, mitunter findet
sie sich auch allein.
Steinkerne, welche durch eine kreisrunde Mündung und
ein niedriges Gewinde ausgezeichnet sind, stelle ich vorläufig
auch hierher.
71. Turbo funatus GoLDF. sp.
Petr. Germ. p. 89 t. 111 £. 11,
T. subfunatus n’Ore., Pal. franc. p. 364 t. 397 £. 7—11.
Fritzow.
Abdrucke der äusseren Schale, deren letzte Windung nicht
vollständig erhalten ist. Die Oberfläche ist mit gekörnten Spi-
rallinien geziert, und zwar mit acht auf der letzten Windung,
dreien auf den übrigen; sie werden von feinen Anwachsstreifen
durchschnitten. £
Zeitschr. d. d geol. Ges. XV11. a. 45
6
712. Phasianella striata Sow. sp.
Melania striata Roen., Ool. Geb. p. 158 t. = u
Fritzow, selten.
Gehäuse hoch, thurmförmig, aus sechs an ach Seiten Aa-
chen Windungen bestehend, welche von 10 bis 12 gleich grossen
Spiralstreifen bedeckt sind; nur an der Basis sind sie stärker.
Die Mündung ist breit, eirund.
73. Cerithium limaeforme Roenm.
Roenen, Ool. Geb. p. 142 t. 11 £. 19.
Erarton, Leth. bruntr. p. 140 t. 13 f. 124,
Buvisnier, Dep. de la Meuse t. 4 f. 3.
C. Humbertinum Buv., Dep. de la Meuse p. 42 t. 28 £. 3.
Fritzow, Klemmen, Bartin.
Nach Rorumer’s Abbildung und Beschreibung besitzt diese
Art nur drei Spiralstreifen, welche von geraden Längsstreifen
so durchschnitten werden, dass sich an den Durchschnittspunk-
ten Knötchen ausbilden; an der Basis der letzten Windung
sind 5 bis 6 glatte Spiralstreifen vorhanden. So sind auch in
der That die meisten Exemplare von Hoheneggelsen beschaffen,
jedoch habe ich an einigen beobachtet, dass sich feinere Spi-
ralstreifen einschieben, wie.es die Figuren Erarrox’s und Bv-
VIGNIER’S zeigen. Dies ist auch bei den vorliegenden Exempla-
ren aus Klemmen und Bartin der Fall, und zwar besonders auf
der letzten Windung. Ein anderer Unterschied würde noch der
sein, dass die Längsstreifen etwas weiter entfernt sind.
Die Individuen aus Fritzow stehen C. grandineum Buv.
(Dep. de la Meuse pl. 4 f. 2a, b) am nächsten und unter-
scheiden - sich dadurch, dass bei den meisten 5 Spiralstreifen
auf jeder Windung, auf der letzten sechs vorhanden sind; bei
älteren kann die Zahl bis auf acht steigen. Ferner sind die
Längsstreifen nicht gerade, sondern nach hinten gekrümmt;
die Spiralstreifen stehen in gleicher Entfernung und sind gleich
gross, nur in der Nähe der Naht tritt mitunter noch ein kleiner
hinzu. Bei ©. grandineum Buv. sind immer 6 Spiralstreifen
vorhanden, von denen der zweite und dritte einander etwas
genähert sind, auch sind die Längsstreifen gerade. Da RoE-
MER selbst angiebt, dass er in Hoheneggelsen ein Exemplar
mit 5 Spiralstreifen gefunden habe, und da sich durch das Ein-
schieben einzelner Streifen die Skulptur verändern kann, so
689
habe ich alle diese Formen zusammengefasst; höchstens konnte
man die Individuen mit 5 oder 6 Spiralstreifen als Varietät
bezeichnen.
74. Aporrhais cingulata Dunker u. Koch sp.
Chenopus eingulatus Dunk, Beitr. p. 46 1.5 f. 7.
? Rostellaria Raulines Buv, Dep. de la Meuse p. 43 t. 28 £f. 27,
? Aporrhais Morensis Buv., Dep. de la Meuse p. 48 t. 28 £. 26,
Fritzow.
Die Schale ist thurmförmig und mit Spiralstreifen geziert,
von denen einer in der Mitte kielartig hervortritt; unter diesem
befinden sich noch zwei stärkere und über ihm mehrere fei-
nere.- Auf der letzten Windung dehnen sich zwei zu Fingern
aus, an deren oberem ein Knoten entwickelt ist. Der Kanal
und der untere Theil der Aussenlippe waren leider nicht zu
sehen. Bei den Individuen aus Schleweke, welche mir zur
Vergleichung vorlagen, tritt der mittlere Kiel weniger deutlich
hervor; dies hängt jedoch mit der: Erhaltungsweise zusammen,
es sind Steinkerne mit Eindrücken der Skulptur. Die obige
Beschreibung bezog sich auf einen sehr scharfen Abdruck.
Ausserdem kommen Steinkerne ohne jegliche Skulptur vor;
die Aussenlippe ist bei ihnen in zwei Finger erweitert, und auf
dem oberen Kiel ist ein Knoten; ich stelle sie, da keine Un-
terschiede in der Gestalt vorhanden sind, hierher. Die beiden
Buvısnıer’schen Arten stimmen überein, so viel an den abge-
bildeten Bruchstüucken überhaupt zu sehen ist.
Cephalopoda.
75. Nautilus Moreausus D’ORB.
‘Ferr: jur. p..167. pl: 89.1. 4,5.
Fritzow.
Vollständige Exemplare finden sich nicht, aber sehr häufig
einzelne oder 3 bis4 vereinigte Kammern. Die Kammerwände
sind dadurch ausgezeichnet, dass ihre Breite grösser ist als die
Hohe; der ganz flache Rücken ist durch zwei deutliche Kanten
begrenzt, so dass der Umriss die Hälfte eines Hexagons dar-
stell. Die Lobenlinie ist auf dem Rücken fast gar nicht ge-
bogen und bildet auf den Seiten einen nicht sehr tiefen Bogen.
Die stimmen mit D’OrBIenY's Species vollkommmen überein und
haben auch einen der.Bauchseite genäherten Sipho; der einzige
Unterschied ist der, dass sie bedeutend grösser sind.
45 *
N
76. Ammonites cf. Sow.
Min. Conch, HM. t. 126. Kart 5
- Fritzow. “
Ein sehr grosser Planulat, welcher 1 bis 2 Fuss im Durch-
messer haben kann, und von dem sich nur Bruchstücke finden.
Die Rippen theilen sich und laufen gleichmässig über den
Rücken fort, jedoch kann man sie nur in seltenen Fällen se-
‘hen, da sie meist verwischt sind. Im Berliner Universitäts-
Museum befindet sich der Abdruck eines jungen Individuums,
bei dem sich die Rippen noch nicht getheilt haben, sondern
nur auf dem Rücken verdickt sind. Die Lobenlinie ist in den
meisten Fällen zu erkennen; die Loben sind einpaarig und en-
digen in drei lange Spitzen, die Sättel sind paarig getheilt und
vielfach verzweigt, der obere Laterallobus ist sehr gross und
nimmt beinahe die ganze Seite ein, er geht viel tiefer hinab
als der Dorsallobus, dann folgt der kleine zweite Laterallobus
und noch mehrere Auxiliarloben, welche eine schiefe Stellung
haben.
77. Ammonites Eudozus D’ORB.
Pal. frang. p. 552 pl. 213 f. 3—6.
Bartin.
Er gehört zur Familie der Dentaten; die Schale ist zusam-
mengedrückt, mässig rasch an Umfang zunehmend; auf der in-
neren Seite der Windungen sind 18 Rippen, welche an der
äusseren einen zusammengedrückten Tuberkel bilden. Von je-
dem derselben gehen drei gekrümmte Rippen aus, welche bis
zu den Rändern des Rückens gehen und sich am Ende etwas
verdicken; die Mitte des Rückens bleibt frei und bildet eine
etwas vertiefte Furche. Die Mündung ist oval und zusammen-
“gedrückt.
A. mutabilis Sow. steht dieser Art am nächsten und unter-
scheidet sich nach p’OrsıcnyY durch schwächere Rippen und
dadurch, dass sich die Tuberkel in 6 Rippen spalten.
178. Rhynckolithus Voltzii Rorm.
Ool. Geb. p. 07 t. 12 £. 15.
Fritzow.
Der einzige mir bekannte Schnabel, welchen Herr Pastor
STRECKER zur Ansicht mittheilte, schliesst sich in der Form
z 691
dem R. hirundo des Muschelkalks an. Er ist jedoch um die
- Hälfte grösser; die Kaputze bildet mit dem hinteren Theile,
welcher sich durchaus nicht unterscheidet, eine scharfe, schwach
gebogene Kante, während bei R. hirundo der Kaputzenrand sich -
nach hinten fortsetzt und eine mehr oder minder tiefe Furche
bildet; die Kaufläche zeigt nur einen unregelmässig erhaltenen
Wulst.
Annulata.
79. Serpula quinguangularis GoLpr.
Petr. Germ. p. 230 t. 68 £. 8.
S quinguangularis und S. similis Rorm., Ool. &eb. p. 36.
Fritzow, Partin.
Röhre fünfseitig, mit der einen Seite aufgewachsen; dieser
gegenüber liegt der am meisten entwickelte Kiel, welcher ge-
faltelt ist, indem von den Seiten Anwachsstreifen an ihn heran-
treten, welche nach vorn einen spitzen Winkel bilden. Die
Röhre nimmt etwas langsamer an Durchmesser zu, als es die
Abbildungen von GoLDFUSS zeigen. Sie finden sich entweder
einzeln, aufgewachsen auf Muscheln, oder in grossen Massen,
ganze Handstucke allein erfullend. . Im letzteren Falle könneu
sie sehr varliren, indem die Kiele mehr oder minder zuruck-
treten; die Röhren können auch ganz rund werden und die
kreisrunden Anwachsstreifen verlaufen concentrisch parallel dem
Rande.
RoEMER hat von S. similis leider keine Abbildung gegeben,
durch Vergleichung von Originalen von Hoheneggelsen habe
ich gesehen, dass sie mit vorliegenden Exemplaren überein-
stimmt. Als Unterschied von S. quinquangularis giebt er an,
dass die Seitenkiele hier weniger nahe stehen und die Dimen-
sionen etwas grösser sind; mir war es jedoch nicht möglich,
nach diesen Unterschieden eine Trennung vorzunehmen, wes-
halb ich beide Arten zusammenziehe.
Crustacea.
80. cf. Orhomalus astartinus Er.
Leth. brunt. p. 435 t. 60 f. 7.
Fritzow.
Dieser Art steht die einzige, von mir gefundene Scheere
am nächsten; die Hand ist sehr kurz und mit Granulationen
692
versehen, die nach innen gröber sind ; der Index ist zum gröss-
ten Theil abgebrochen, scheint jedoch sehr verlängert gewesen
zu sein und ist fein granulirt.
Pisces.
81. Strophodus reticulatus Ac.
Acassız, Rech. sur les poissons fossiles III. p. 123 Vol. 3 t. 17.
Die 5 Zähne, welche ich durch die Gute des Herrn Pastor
STRECKER zur Untersuchung erhielt, sind äusserlich von einan-
der verschieden, haben jedoch ein Merkmal mit einander ge-
mein, das ist die netzförmige Zeichnung der Oberfläche. Die
beiden grössten stimmen am meisten mitf. 19, 20 und 21a.a.0O.
überein; sie haben eine rectanguläre Gestalt und in der Nähe
der einen schmalen Seite einen Buckel, welcher sich nach der
entgegengesetzten Seite allmälig abflacht. Der grösste Theil
der Oberfläche ist nur punktirt, an den Rändern allein ist die.
netzförmige Zeichnung mehr oder minder ausgeprägt. Ein viel
kleinerer Zahn ähnelt am meisten f. 3; er hat in der .Mitte
einen ziemlich hohen Buckel, welcher nach den breiten Rändern
schneller. als nach den schmalen abfällt. Durch die gebogene
Basis erhält der ganze Zahn ein gedrehtes Aussehen. Hier ist
die ganze Oberfläche netzförmig gezeichnet und die Mundun-
gen der Poren sind nur an abgeriebenen Stellen sichtbar. Die
Oberfläche der beiden letzten Zähne weicht etwas ab und nä-
hert sich der Gattung Acrodus durch eine submediane Kante,
von welcher sich vielfach verästelnde Rippen ausgehen. Da
jedoch die netzförmige Zeichnung, welche für die Gattung Stro-
phodus bezeichnend ist, noch deutlich sichtbar ist, müssen sie
‚gleichfalls hierher gestellt werden.
82. 2Gyrodus sp. indet.
Fritzow.
Ein kreisrunder, oben platter Pflasterzahn aus der Krö-
DEN schen Sammlung, der keine genauere Bestimmung zulässt.
WesseL giebt noch aculei pinnae dorsalis an; ausserdem
habe ich noch eine vollkommen glatte Ganoidschuppe von vier-
seitigem Umriss und einen biconcaven Wirbel in Fritzow ge-
funden.
693
Sauri.
- 83. ?Ichtyosaurus sp. indet.
Fritzow.
Konische Zähne mit einfacher oder etwas übergebogener
Spitze, die Schmelzlage ist mit feinen Längsrippen versehen,
die darunter liegende Cementlage ist dick und gröber gerippt.
Anhang.
84. Goniolina geometrica Buv.
Buvienser, Dep. de la Meuse p. 47 t. 32 f. 38.
Chama geometrica Rornu., Nachtr. p. 35 t. 18 f. 39.
Terebratula clavellata Contes., Et. Kimm. p. 325 t. 25 f.9, 10.
v. SEEBACH, p. 87 1. 2 £. 1.
Fritzow.
Eirunde Körper, beinahe von der Grösse einer Wallnuss,
welche aus regelmässigen sechsseitigen Täfelchen bestehen.
VON SEEBACH giebt an, dass die Täfelchen alle eine gleiche
Grösse haben; bei vorliegenden Individuen werden sie nach _
unten kleiner und haben eine längliche Gestalt. Sie sind in
concentrischen Reihen. angeordnet und zwar im Allgemeinen
ziemlich regelmässig, jedoch treten Unregelmässigkeiten durch
Verrückung der Reihen ein oder indem ein Täfelchen einge-
schoben wird, an welcher Stelle ist ganz unbestimmt. Die
Ränder der einzelnen Täfelchen sind hoch und fallen schräg
gegen eiander ab, die gegenuberliegenden Ecken sind durch
seichte Furchen verbunden, wie es BuviGnier auch angiebt
(v. SEEBACH erwähnt dies nicht); eine Oeffnung ist in den
Täfelehen nicht vorhanden. Einen so deutlichen Stiel, wie ihn
v. SEEBACH abbildet, habe ich hier nicht beobachtet, jedoch ist
immer eine Ansatzstelle vorhanden, die übrige Schale ist voll-
kommen geschlossen. Die Schale selbst ist nie erhalten, es
finden sich nur Steinkerne und Abdrucke der Skulptur.
IV. Altersbestimmung.
1. Fritzew.
Die meisten oben beschriebenen Arten finden sich in den
Kimmeridgebildungen anderer Gegenden, nur sehr wenige rei-
chen tiefer hinab, keine jedoch höher hinauf, so dass über das
694
Alter kein Zweifel sein kann. Die Kimmeridgebildungen ha-
ben sich im Allgemeinen nach zwei wesentlich von einander
verschiedenen Typen abgesetzt. Der eine ist der schweizerisch-
französische, an den sich mit etwas abweichender Facies die
Bildungen des nordwestlichen Deutschlands anschliessen; der
andere ist der englische, welchem die Bildungen an der Nord-
küste von Frankreich zufallen. Ein wesentlicher Unterschied
ist hier die verschiedene petrographische Beschaffenheit, welche
lange verhindert hat, die Gleichalterigkeit der beiden Ablage-
rungen zu erkennen. Die Fritzower Schichten gehören petro-
graphisch dem ersteren Typus an; denn sie bestehen aus
mergeligen und oolithischen Kalksteinen, während in England
durchgängig mächtige Thonablagerungen herrschend sind; sie
stimmen aber auch in paläontologischer Hinsicht mit dem
schweizerisch-französischen Typus genau überein, wie sich so-
gleich ergeben wird.
1. Vergleichung mit den Kimmeridgebildungen der
Schweiz und Frankreichs.
Die Gliederung dieser Formation macht grosse Schwierig-
keiten, weil die vertikale Verbreitung der Arten eine sehr grosse
ist. Zunächst über der Zone der Cidaris florigemma folgt an
einigen Punkten der Schweiz die der Diceras arietina, welche
von OppEeL weder zum Oxford noch zum Kimmeridge gerech-
net wurde, die aber in der neueren Arbeit von WAAGEN”) zum
Kimmeridge gezogen wird. Sie kommt hier nicht in Betracht,
da sich von Fritzow nur Rhynchonella pinguis und Corbis sub-
clathrata darin finden, die auch höher hinauf gehen. Die dar-
über liegenden Schichten hat OPPEL in drei Zonen eingetheilt,
' die der Asiarte supracorallina, des Pteroceras Oceani und der
Trigonia gibbosa, von denen er die erste und dritte nur als
Subzonen auffasst; jedoch giebt WAAGEN nach neueren Unter-
suchungen an, dass die Zone der Astarte supracorallina immer
mehr als eigene Zone begründet wurde. Die Zone der Trigonia
gibbosa ist typisch in England entwickelt, Aequivalente finden
sich auch in Frankreich; aus Fritzow steigt keine einzige Art
bis zu ihr hinauf, Auf die weitergehende Zertheilung der Zone
*) Waagen, der Jura von Frankreich, Schwaben und der Schweiz.
München, 1864,
Be. | 695 .
des Pteroceras Oceani in die des Pteroceras Oceani (Etage strom-
bien) und die der Kxogyra virgula (Etage virgulien) habe ich in
der tabellarischen Uebersicht keine Rücksicht genommen, da
sich herausstellt, dass die Fritzower Schichten nicht so weit
hinauf reichen. Eben so wenig war es erforderlich, andre
mehr oder weniger lokale Gliederungen, welche diese Zonen
noch erfahren haben, in Betracht zu ziehen.
In Bezug auf die Verbreitung der Arten habe ich die sehr
schätzenswerthen Angaben OPper’s benutzt und die neueren
von ETALLON und ÜoNTEJEAN hinzugezogen; es stellt sich dann
folgende Verbreitung der Fritzower Versteinerungen im Ver-
gleich zu den schweizerisch-französischen heraus,
u 75 Dr S | S .S
Species. FE S Se 2 S
=>) S Is S Z Ss
Hlomicidaris Hofmanni „-..... .» 1 £
Terebratula subsela . » - . -| ee T
Eihynchonella pinguis. . . . | 7 oo:
Bern enssoltoria:s ‘ea. ER T
— multiformis | - T .
Exogyra Bruntrutana | 7 T
Anomia undata T .
Peeten strictus . 7 T
Lima densipunctata . . . . T
rasinlita® ern 2.0 ; : T | .
Apieula peetisformis .: . 2°... Dalset i
— modiolaris 7 | T
Gervillia tetragona 3; 1.
I UYIIRTEETT OIRAR IERRENR URNE EINSOTE ; e T .
Bernd subplana |... lei u \ ; 7 T
zz Mahloides ..... 8 : T ; .
Myalusjurensis =... 7 T
— pectinatus . 7 T
Pinna granulata . . . . T 1
Brichitesi seien nat. g 7 T
Cucullaea longirostris . . . ; T
MEeerodon. latusı la ar ; i T
— Morensis ; : T
Nrigonia suprajurensis » . . . ! T T
= RUE T .
ar Vollmer 3 - - T
Astarte suprajurensis. . 2». 5 T T
ee
Bass Sd| 2 1888| 88
Species. s# | & |SaS| SS
53 | & #558
Be . SI u.
Astarte plana i | | | Fl
Protocardia eduliformis . BR T
Lucina substriata . RE ; ar, T
Corbisssubelelhrata 2... 2. : ; | T T
Isocardia cornula.... KA RN T T
Pleuromyadongata 2.0. 7 i i
— helvetica 7 T
Pholadomya en | | 7 T
EU OeoemeosidaN. orten + 7 T 7
Gresslya excentrica ar 1
Gasirochaena ampla rn. Be i ;
Bülla 'suprajurensis . .ı ni: . - T
Nero yurensis.. st eh h 1.
Natica hemisphaerica. . . .» - u 7 T
Pleurotomaria iu Bars ;
Nerinea Gosae | | + 7
— Jasciata Te.
Chemnitzia Bronni r T T
— abbreviata es 7 T
Phasianella striata h T 7 T
Cerithium limaeforme . .. .| Br Pl.
Nautilus Moreausus | . 7
Serpula quinquangularis . | | T Tu
Örhomalus astartinus . | | T :
Strophodus retieulatus”). | Det RO Ee ;
Goniolina geometrica | A 7 +
Hieraus geht hervor, dass die Verbreitung in den beiden
Kimmeridge - Zonen eine ziemlich gleichwerthige ist, jedoch
sprechen Gervillia obtusa, Trigonia hybrida, Astarte plana, Ne-
rinea JSasciata und. Cerithium limaeforme, die in Fritzow sehr
häufig vorkommen, dafür, dass die Schichten mit der Astarten-
zone gleichartig sind, besonders da OPrEn diese Arten unter
denen angiebt, die nur in dem unteren Kimmeridge vorkommen.
Andererseits gehen Lima densipunctata, Üucullaea longürostris,
Macrodon latus und Morensis, Protocardia eduliformis, Bulla su-
prajurensis, Nerita jurensis und Nautilus Moreausus nicht hin-
unter in die Astartenzone. Diese Arten sind jedoch nicht so
*) Findet sich nach Acassız im Thone von Shotover bei Oxford.
Ss
697 E
häufig als die vorhergehenden; zwei davon sind sogar Unica,
und die anderen liessen als Steinkerne keine ganz sichere Be-
stimmung zu oder zeigen Abweichungen von den typischen
Formen. Nur Cuecullaea longirostris und Lima densipunctata sind
sicher bestimmt und kommen häufig vor, jedoch spielen sie als
Leitfossilien in der Schweiz und Frankreich keine Rolle. Nach
diesen Beobachtungen scheint mir die Gleichalterigkeit mit der
Zone. der Astarte supracorallina unzweifelhaft, nur muss man
hinzufügen, dass die Fauna reich ist an Versteinerungen, die
‚auch in der Zone des Pieroceras Oceani vorkommen.
Die Arten, welche in der Schweiz und Frankreich nicht
vorkommen, finden sich im nordwestlichen Deutschland mit
Ausnahme von Myoconcha baltica und Opis excavata, welche
ich vorläufig als lokal ansehe, bis die zu den Steinkernen auf-
gefundenen Schalen eine nähere Vergleichung gestatten.
2 Vergleichung mit den Kimmeridgebildungen des nord-
westlichen Deutschlands
Genaue Gliederungen dieser Bildungen wurden in der
neuesten Zeit durch H. CreEpxer (über die Gliederung der
oberen Juraformation und der Wealdenbildung im nordwestli-
chen Deutschland) und KARL v. SEEBACH (der hannöversche
Jura) gegeben und sind kürzlich durch H. CrEDNER in den
Erläuterungen zu seiner geognostischen Karte der Umgegend
von Hannover in Parallele gestellt. Zu einer Vergleichung in
Bezug auf die vertikale Verbreitung der Arten im oberen Jura
des nordwestlichen Deutschlands sind besonders die von H.
CREDNER und K. v. SEEBACH gegebenen Tabellen von grossem
Nutzen. Indem ich die v. SEEBACH gegebene Eintheilung zu
Grunde lege, ergiebt sich Folgendes.
Hemicidaris Hojfmanni
Terebratula subsella
Rhynchonella pinguis .
Östrea solitaria
Exogyra Bruntrutana
Anomia undata
Pecten strictus .
Lima densipunctata
Avicula pectiniformis .
Gervillia obtusa
Perna subplana
Mytilus jurensis
Modiola imbricata
Pinna granulata
Cucullaea longirostris
Macrodon latus
Trigonia suprajurensis
Astarte plana
Cyprina nuculaeformis
Protocardia eduliformis
Lucina substriata .
Corbis subclathraia
Isocardia cornuta .
Pleuromya elongata
Pholadomya paucicosta
decemcostata .
Gresslya excentrica
Bulla suprajurensis
Nerita jurensis .
Natica hemisphaerica
Scalaria Münsteri.
bank.
Korallen-
Korallen-
Nerineen-
schichten,
Pteroceras-
schichten,
Virgula-
schichten,
.—+
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Data aha ale nut a nike
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Species. Eansale: 2es| »23
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Nerinea Gosae. . - a + |
— fasciata - T T b \
Ohemmitzia Bronni » al...» i 7 -
Er Rbbrewatn 0.0 nn a Ten ;
Phasianella striata TE ei
Cerithium limaeforme . T T } }
Aporrhais cingulata : £ +
Rhyncholithus Voltzü . + i
Serpula quinquangularis T . i
Goniolina geometrica . T ? ;
Aus dieser Tabelle geht hervor, dass in der Korallenbank
nur solche Versteinerungen vorkommen, die auch höher hinauf
gehen, in den Virgulaschichten nur solche, die auch in tieferen
auftreten, so dass es sich nur um die dazwischenliegenden
handeln kann, also nach v. SEEBACH um Korallenoolith, Neri-
neenschichten und Pterocerasschichten. Für die Gleichalterig-
keit mit dem Korallenoolith sprechen Rhynchonella pinguis,
Astarte plana, Trigonia hybrida, Gervillia obtusa, Cerithium
limaeforme, Goniolina geometrica, jedoch ist der Umstand hin-
dernd, dass hier schon ächte Oxfordspecies vorhanden sind,
wie Chemnitzia Heddingtonensis, Trigonia triquetra, Pecten lens,
welche weder in Fritzow, noch in der Zone der Astarte supra-
corallina auftreten, und die v. SEEBACH gerade bestimmt haben,
diese Bildung noch zum Oxford zu rechnen; während an-
dererseits, wie die Tabelle zeigt, wichtige Kimmeridgespecies
fehlen. Eine gewisse Aehulichkeit mit der Zone der Astarte
supracorallina ist nicht zu verkennen, und OPPEL giebt an, dass
Buvisnıer ähnliche Ablagerungen bei Verdun, wie die von
Hoheneggelsen, wo der Korallenoolith typisch entwickelt ist,
richtig bei den Astartenkalken eingereiht habe.
Numerisch die meisten Arten treten in Hannover in den
Pterocerasschichten auf, von denen auch eine grosse Anzahl
nicht tiefer hinabreicht; es fehlen jedoch hier die oben ange-
führten Species aus dem Korallenoolithe, welche in Fritzow
gerade sehr verbreitet sind. Eine Vereinigung dieser Species
mit den wichtigsten Steinkernen aus der Zone des Pteroceras
Oceani findet in der Zone der Astarte supracorallina statt, ohne
#
dass in ihr schon Oxfordspecies auftreten, und dass solche
Schichten in Hannover fehlen, möchte ich als einen Haupt-
unterschied in der Entwickelung der Kimmeridgebildungen bei-
der Gegenden bezeichnen, was auch bis jetzt eine Karallelist-
rung derselben verhindert hat.
Die Ueberlagerung der Nerineenschichten Hannovers und
der Zone der Astarte supracorallina von den Pterocerasschich-
ten muss zunächst zu einer Vergleichung derselben fuhren, und
CREDNER hat auch die Astartenzone, aber fraglich, mit seiner
Zone der Natica obtusa parallelisirt. Paläontologisch stimmen
diese Schichten schlecht mit einander überein; es finden sich
allerdings in den Nerineenschichten Rhynchonella pinguis, Tri-
gonia hybrida, Nerinea fasciata, jedoch fehlen Astarte plana,
Gervillia obtusa, Goniolina geometrica und die zahlreichen Stein-
kerne, die sich in der Astartenzone und in Fritzow finden,
auch zeigen sie durch das massenhafte Auftreten von Nerineen
eine ganz eigenthümliche Facies. Sind diese Schichten in der
That gleichalterig, so muss eine grosse Verschiedenheit in der
Entwickelung angenommen werden, was immer grosse Beden-
ken hat, wenn nicht wichtige Gründe dafür sprechen.
S
3. Vergleichung mit den Kimmeridgebildungen von
England. h
Unter dem Portland-stone (Zone der Trigonia gibbosa)
folgt in England der Kimmeridge-clay, welcher nach Oppeu als
Aequivalent der Zone des Pieroceras Oceani und der Astarte
supracorallina zu betrachten ist. Aus dem Portland-stone und
den unter dem Kimmeridge-clay folgenden Oxfordschichten fin-
‚det sich in Fritzow kein Fossil, und nur folgende Arten des
Kimmeridge-clay kommen in Fritzow vor: Natica hemisphaerica,
Pholadomya paucicosta, Gresslya excentrica, Isocardia cornuta,
Trigonia Voltziü und suprajurensis, Gervillia tetragona, Arca lon-
girostris, Pinna granulata, Trichites, Terebratula subsella.. Wenn
also auch die Uebereinstimmung gering ist, so folgt doch
daraus, dass man nur innerhalb des Kimmeridge-clay das Aequi-
valent der Fritzower Schichten in England zu suchen hat. Die
übrigen in Fritzow und England vorkowmenden Versteinerun-
gen sind vollkommen verschieden, ebenso wie die petrographi-
sche Beschaffenheit, so dass an eine weiter gehende Verglei-
chung nicht gedacht werden kann.
In Kürze ergiebt sich also für die Fritzower Bildungen
folgendes Resultat: Sie zeigen die meiste Ueberein-
stimmung mit der Zone der Astarte supracorallina
inder Schweiz und Frankreich; im nordwestlichen
Deutschland sind keine gleichen Schichten ent-
wiekelt, dem Alter nach fallen jedoch die Fritzo-
wer Schichten zwischen die Korallenbank und die
Virgulaschichten v. SEEBACH's.
2. Klemmen.
Schon oben habe ich bei der Beschreibung der Lokalitäten
auf die Uebereinstimmung der organischen Reste mit denen
von Fritzow hingewiesen. Keine Versteinerung findet sich in
Klemmen, die ich nicht in Fritzow auch angetroffen hätte, so
dass ich die Schichten für gleichalterig halten muss. Dass ich
eine grosse Anzahl wichtiger Arten von Fritzow nicht von
Klemmen angeführt habe, ist nicht als ein charakteristischer
Unterschied der Schichten zu betrachten, da der Fundort Klem-
‚men nur wenig ausgebeutet ist, während mir von Fritzow die
sehr bedeutende Lokalsammlung des Herrn STRECKER zu Ge-
bote stand.
3. Bartin.
Die hier vorkommenden Petrefakten, welche ich im paläon-
tologischen Theil angegeben habe, sind nur ein Theil der rei-
chen Fauna dieser Kalke; sie genugen jedoch, um wenigstens
im Allgemeinen das Alter festzustellen. Da sich die meisten
Arten auch in Fritzow finden und zwar solche, die besonders
charakteristisch sind, wie Astarte plana, Cerithium limaeforme,
Rhynchonella pinguis, so deutet dies auf eine Gleichalterigkeit
der Schichten hin. Die beiden mir von Fritzow nicht bekann-
ten Arten, Ammonites Eudoxus und Pygurus Blumenbachü be-
stätigen dies; denn erstere findet sich nach OPPpEL im mittleren
und unteren Kimmeridge, letztere im Korallenoolith und den
Pterocerasschichten. Auffallend ist es jedoch, dass sich keine
Steinkerne von Isocardia cornuta, Pholadomya pauecicosta, Unio
suprajurensis u.a. m. gefunden haben. Kommen diese in der That
nicht vor, so haben die Bildungen von Bartin die grösste Aehn-
lichkeit mit dem Korallenoolith und würden ein etwas tieferes
Niveau als die Fritzower Schichten einnehmen. Nach diesem
negativen Merkmale allein könnte man sie aber mit Bestimmt-
heit nicht trennen, es müssten denn noch ächte Den
gefunden werden.
x
vu Y Ei
RE
702
9. Nachtrag zu dem Aufsatze über die Helmstädter
Fauna.
Von Herrn A. v. Koznsen ın Berlin.
Veranlasst durch eine Beurtheilung seines Aufsatzes über
die Fauna der Braunkohlenformation von Lattorf, welche in
der Einleitung zu meiner Arbeit über die Helmstädter Fauna“)
enthalten ist, hat Herr GiEBEL eine Erwiderung verfasst*”), in
welcher ausser Anderem, worauf zu antworten ich keine Ver-
anlassung fühle, auch eine Anzahl angeblicher Fehler in mei-
nem eigenen Aufsatze angeführt werden. Ueber letztere habe
ich das Folgende zu bemerken.
Herr GieBeL hatte in der Beschreibung der Pleurotoma
conoidea SoL. sich gegen die von EDWARDS vorgenommene
Trennung dieser Art von der Pl. subconoidea D’OrB. — Pl. co-
noidea NyYsT, non SoL. ausgesprochen und vermisst jetzt in
meinem Aufsatze eine Rechtfertigung jener Trennung. Dieselbe
ist aber vollständig genugend gegeben, wenn ich S. 497 nach
Beschreibung der PI. bellula Pu. und Pl. subconoidea D’ORE.
sage: „die ächte Pl. conoidea Sor. unterscheidet sich von allen
diesen Arten dadurch, dass die etwas weniger zahlreichen Spi-
ralen zwischen Kiel und Kanal überall gleich scharf sind und
durch die etwa eben so starken, nur selten einmal u)
Längsrippen gleichmässig gekörnelt werden.“
Herr GiEBEL tadelt, dass ich seine Abbildung der Nucula
lunulata noch einmal als falsch kritisire, obgleich er selbst schon
gesagt hatte, dass „seine Figur 5 b nicht zu beachten sei, wel-
che der Zeichner nach einer beschädigten Klappe zumal im
Schlosse unter dem Wirbel falsch restaurirt habe“; ich habe
indess nur bestimmter darauf hingewiesen, dass „die Ligament-
grube auf der Abbildung fehlt“. Ferner sagt derselbe, ich hätte
*) 8. Abb fg. dieses Bandes.
**) Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften. ‚Falırdane 18566.
8. 102 fg.
. 703
die als N. lunulata bestimmte Art für in Gestalt, Grösse und
Skulptur vollständig übereinstimmend erklärt mit der N.
similis SoL., sie trotz dieser vollständigen Identität aber
“unterschieden durch schwächere: Schlosszähne; die von mir
S. 468 gebrauchten Worte sagen indessen nicht, dass die
Stücke von Lattorf mit-der N. similis vollständig überein-
stimmen, sondern, dass sie in Gestalt, Grösse und Skulp-
tur vollständig übereinstimmen, sich aber unterscheiden
durch schwächere, zahlreichere, vorn und hinten weiter hinab-
gehende Schlosszahne.
Der Stellung seiner Astarte Bosqueti Nyst zu Crassatella
Woodi v. KoEnen widerspricht Herr GIEBEL, weil erstere stets
einen glatten, letztere stets einen gekerbten Rand habe, und
er in seiner Beschreibung angiebt, der Rand seiner Exemplare
wäre glatt. Hiergegen muss ich bemerken, dass einerseits die
Kerbung des Randes bei Crassatella Woodi sehr fein, oft nur
unter der Lupe deutlich sichtbar ist und verschwindet, sobald
ein Stück nur ein wenig abgerieben ist, und dass andrerseits
ich nur seine Abbildung zu der Crassatella gestellt habe, weil
sie der Stellung der Schlosszähne nach nicht zu der Astarte,
wohl aber zu der Crassatella passt.
Zu der Ansicht, dass unter der Arca anhaltina die bei
Lattorf nicht seltene Arca decussata begriffen sein könne,
bestimmten mich die in der Beschreibung gemachten Angaben,
dass der Wirbel im vorderen Drittel der gleichmässig gewölb-
ten Klappen läge, und dass die Oberfläche durch ganz flache,
breite, nur durch Linienfurchen geschiedene Rippen bedeckt sei,
die von starken Wachsthumsrunzeln gekreuzt wurden. Da die
Figur der Arca anhaltina von den der Art hiernach zukommen-
den Radialrippen gar nichts erkennen lässt, musste sie als
unbrauchbar zur Erkennung der Art erklärt werden, falls eben
darunter die Arca decussata verstanden ist. Dass, wie Herr
GIEBEL in seiner Entgegnung erklärt, die Beschreibung der
Arca anhaltina mit der Abbildung übereinstimmt, kann ich
nach Obigem nicht zugeben und wiederhole, dass mir eine
Arca mit den Charakteren, wie sie die Figur der Arca an-
haltina ausdrückt, nicht bekannt ist.
Ferner wird gerügt, dass ich dem Namen Cuma Bettina
SemreR Priorität vor der Fasciolaria tuberculata eingeräumt
habe, welche letztere schon 1861 beschrieben wurde, während
Zeits. d.d. geol. Ges. XVII. 4. 46
u, en
die Art von SemPpEr erst 1862 benannt wurde; ich hielt es
‚aber für billig den, wenn auch schlechten Namen Seuper’s
anzunehmen, weil derselbe durch eine ausführliche, über die
Art nach keiner Richtung Zweifel lassende Beschreibung be-
gründet war, und weil Herr SEmPER zur Zeit in der That ausser
Stande gewesen ist, aus der früheren Beschreibung der
Fasciolaria fimbriata diese als die gleiche zu erkennen. Es
ist ganz unmöglich, sich unter einer Art, welche zugleich mit
Fasciolaria tuberculata Broc. sehr innig verwandt und vom
Typus der Fasciolaria nodosa GEB. sein soll, welche eine Bor-
sonia ist, etwas der Cuma Bettina Verwandtes zu denken.
Ferner bezeichnet Herr GisseL meine Beschreibung von
Eulima complanata als ungenügend, führt aber zur Motivirung
dieses Urtheils nur. einen Theil des von mir über die Art Ge-
sagten so an, als ob es die ganze Beschreibung wäre.
Dasselbe gilt für die Weise, in welcher er ein Urtheil
über meine Beschreibung der Niso turris abgiebt, wobei er
noch irrig zufügt, dass meine Abbildung nicht den geringsten
Unterschied von N. eburnea entdecken liesse. Entsprechend
aber der Angabe der Dimensionen in meiner Beschreibung ist
aus der Figur ersichtlich, dass der grösste Durchmesser des
Nabels ein Drittel des Durchmessers der Schlusswindung be-
trägt, viel mehr als bei Niso eburnea, so dass die Mündung
sich weiter von der Axe der Schale entfernt. Ebenso springt
sofort in die Augen, dass der Aussenrand der Mündung bei
Niso turris in einem ziemlich gleichmässigen Bogen von der
Naht bis zum Nabel geht, während er bei N. eburnea, wie
HOöRnES dies in seiner Beschreibung noch besonders hervorhebt,
„stumpf kantig“ ist.
Ueber meine Cancellaria tenuistriata wird das Urtheil aus-
gesprochen, sie stehe der (©. nitens BEYR. so nahe, dass eine
eingehende Vergleichung sehr nothwendig gewesen wäre. Von
dieser Art unterscheidet sich aber die meinige, wie aus der
Beschreibung und Abbildung ersichtlich ist, durch die ganz fei-
nen Spirallinien, die selteneren und schmaleren Längsrippen,
die sehr viel flacheren Windungen und die weit kürzere, ge-
drungenere Gestalt so bedeutend, dass ein besonderes Hervor-
heben dieser Unterschiede höchst überflüssig schien.
Tadelnd wird hierauf bemerkt: „Fusus restans n. sp. beruht
auf einem nur wenig von F. planicostatus verschiedenen frag-
705
mentäreu Exemplare.“ Ich führte dasselbe auf, weil das Vor-
kommen einer solchen Form, die dem norddeutschen Tertiär-
gebirge sonst ganz fremd ist, von besonderem Interesse war.
Ein neuer Name war erforderlich, weil, wie in der Beschrei-
bung ausführlich erörtert ist, die Gestalt und Skulptur des F.
restans wesentlich abweicht von dem zunächst verwandten FF.
planicostatus MELL.
In Betreff der von mir aufgestellten neuen Gattung Ed-
wardsia macht Herr GiesEeL, indem er die Gattung selbst für
ungenügend begründet und für ganz ident mit Fasciolaria hält,
darauf aufmerksam, dass der Name überdies schon anderweit
von QUATREFAGES vergeben sei. Indem ich die Gattung auf-
recht halte, wähle ich fur sie nunmehr den Namen Pisanella
und bemerke wiederholt, dass ich mich zur Aufstellung der-
selben erst entschloss, nachdem eine Autorität im Gebiete der
Conchologie, Herr v. Martens, sich für ihre Selbstständig-
keit ausgesprochen hatte. Von Fasciolaria unterscheidet sie
sich jedenfalls noch mehr als von der weit näher stehenden
Cuma durch das gänzliche Fehlen eines eigentlichen ausgezo-
genen Kanals.
Schliesslich wird getadelt, dass in der Diagnose der Gat-
tung nur zwei Spiralfalten angeführt wurden, während, wie
BEYRIicH in seiner Beschreibung auch angegeben, die dazu ge-
rechnete Voluta semigranosa Nyst drei Spindelfalten habe und
die Lattorfer Exemplare dieser Art zwischen den drei Falten
noch zwei schwache hätten; ebenso hätte ein Stück von Pisa-
nella. Bettina drei Falten. Letzteres ist an keinem meiner
Exemplare der Fall, dieselben haben zum Theil noch einen
kleinen Höcker auf der. Spindel, aber nie eine dritte Falte.
Bei Voluta semigranosa fuhrt BeyrichH allerdings drei Spindel-
falten an, doch ist die unterste derselben wesentlich von den
beiden oberen verschieden und kann auch für eine schwielige
Umbiegung des Spindelrandes gelten, wie sie sich ja bei so
vielen Arten findet; ein Dazwischenschieben von schwächeren
Falten ist an keinem einzigen meiner Exemplare dieser Art
zu sehen. Uebrigens ist die Zahl von zwei Spindelfalten auf
alle Fälle ein ganz unwesentlicher Punkt, wie ja auch andere
Gattungen, welche Falten auf der Spindel tragen, in der Zahl
. derselben sehr variiren.
46*
706
Dem Vorhergehenden schliesse ich noch einige nachträg-
liche Bemerkungen an:
Zu Seite 499 meines Aufsatzes:-
Durch Vergleichung einer Anzahl Exemplare der Pleurotoma
Hörnesi SPEYER (SPEYER, Söllingen 8. 30 t.1 f.3) mit meiner
Pl. peracuta hat sich ergeben, dass beide zu vereinigen sind.
Der Spryer’sche Name ist zwar früher veröffentlicht, kann
unserer Art aber nicht verbleiben, da BoSguver schon 1859 in
seinen Recherches paleontologiques eine andere Art Pl. Hör-
nesi benannt hat. Zum dritten Male benutzt denselben Namen
Desnayes (Suppl. tome Ill. p. 362) für eine dritte Art; für
diese schlage ich den Namen Pl. Heberti vor.
Zu Seite 497:
Die Pleurotoma subconoides SAnDB. non D’ORB. hatte ich
Pl. Sandbergeri benannt; denselben Namen hat aber nur we-
nige Wochen später Desmayzs (Suppl. tome Ill. p. 366) ander-
weitig verwendet. Ich ziehe daher, als das Kürzeste, meinen
Namen zurück und nenne die Pl. subconoidea SANDB. jetzt Pl.
Weinkauffi.
Zu Seite 510:
Mathilda tripartita (8.530) ist in der Ueberschrift (S. 510)
durch ein Versehen als Cerithiopsis angeführt worden, und der
erste Absatz der Beschreibung muss lauten:
| „Es liegen von Helmstädt eine Anzahl Bruchstücke vor,
welche sich unter einander ergänzen und zur Beschreibung
um so mehr genügen, als ich eine äusserst nahestehende Form
(Taf. XVI. Fig. 3a, b,e) von Unseburg, Laitorf u. s. w. be-
sitze, die ich früher zu Cerithiopsis gestellt hatte, wohin sie
freilich vermöge ihres glatten, hornförmig aufgebogenen, zuerst
links gedrehten Embryonalendes nicht passt.“
Zu Seite 512:
Zu Solarium canaliculatum Lam. ist „Solarium lens
GıEBEL (Taf. Ill. Fig. 13) als Synonym zu stellen, und ersterer
Name ist 8.467 in der Erklärung der Tafeln rechts zu substi-
tuiren, da ich mich von der Identität beider Arten inzwischen
überzeugt habe.
I. Namenregister.
A. hinter den Titeln. bedeutet Aufsatz, B. briefliche Mittheilung, P
° tokoll der mündlichen Verhandlungen.
O. v. Aısert, Darstellung der geognostischen Verhältnisse der
Braunkohlen-Ablagerung bei Lattorf in Anhalt. A. .
Beyrıca, Alpiner Muschelkalk. P.
— Ueber den Kyffhäuser. ?. BL .
— Zusammensetzung des Rothliegenden am Ha: er Sprhan.
SE A e er <
H. Crspner, Die Zone der Opis simölis Bi im Oxford von ai
nover. A. .
— Geognostische Beschreibiue. Bes Bergwerksüitiktes von ‚St.
Andreasberg. A. ER
— Die Verbreitung des Gault in der Unsegend von Halikdrer A.
— Geognostische Skizze der Umgegend von New-York. A.
v. Decaen, Vergleichende Uebersicht der vulkanischen Erscheinun-
gen im Laacher See-Gebiete und in der Eifel. A.
Eck, Versteinerungen aus thüringischem Muschelkalk. P..
— Versteinerungen aus Keuper und Buntsandstein. P.
— DBohrloch am Jahdebusen. P.
Ewaıd, Zechsteingruppe bei Misdebihr: P. h
H. R. Görrert, Ueber die fossile Kreidehork ne Aare Teitpflane
er ee
H. Hörer, Tertiärcongiomerat im Trachyte zu Nagyäg. A. .
Kenneort, Bemerkungen über den Feldspath des Tonalit. A.
v. Kosxen, Versteinerungen aus dem westphälischen Steinkohlen-
gebirge. P. ar
— Versteinerungen im westphälischen Bisinköhlehbehihtiel Cardium
edule im Diluvium und Spirulirostra Hörnesi. P.
— Tertiärversteinerungen aus Russland. P. .
— Die Fauna der unter-oligocänen Tertiärschichten von Helm-
städt bei Braunschweig. A: . » . .
— Nachtrag zu dem Aufsatze über die Helmstädter Fauna! A.
= Pro-
708
Kosmann, Vulkanische Gesteine der Auvergne. P.
— Rothschöneberger Stolln. ?.
Kruc v. Nina, Stassfurter Mineralien, ?.
A. Kuntu, Ueber Schichten mit Feuersteinwaffen im nord
Europa. P. as
— Die Kreide im Ölingebiere, B2
— Die losen ee im Diluvium von Tempelhof bei
Berlin. A. Ä
-— Ueber einen Kehmiden im “elesichen Kohlenkaler P.
Laspevees, Die hohlen Kalksteingeschiebe im Rothliegenden nörd-
lich von Kreuznach an der Nabe. A. . . ..,
Lortrser, Neue Stassfurter Mineralien. P. a: \
—. Kırystallisirter Sandstein, Hatchettin und Middletonit. pP.
Marsn, Ueber einen Pterodactylus von Eichstädt, alpinen Muschel-
kalk und Solanocrinus costaius. P. SUTIEE
— Ueber /schyracanthus Grubeanus und die . Lobenkieis
von Ceratites nodosus. P. , ;
v. Mörver, Kohlenkalk und permische Fosmentinn in Rosshnil P.
Oprer, Die tithonische Etage. A. h
RammeLsgeng, Ueber Stassfurtit, Carnallit und über Pole P.
— A. Scaccan, über die Polysymmetrie der Krystalle. A.
— Bemerkungen zu Scaccnı’s Abhandlung über die Polysymme-
trie und zu der von Des CroizEaux über die Pseudodimor-
phie. A ;
— Ueber Pre adodimorphie R.
— Ueber geschmolzene Mineralien. P.
— Ueber Feldspathe. P.
— Ueber Topas. P£.
— Ueber den Ausbruch n ie vom "31. ee 1865. FR
— Ueber den Kainit und Kieserit von Stassfurt. A. 3
vom Rırn, Ein Besuch der Kupfergrube Monte Catini in Foscans
und einiger Punkte ihrer Umgebung. A.
— Ein Besuch Radicofanis und des Monte Amiata in Te A.
R. Rıcuter, Aus dem thüringischen Schiefergebirge. A.
F. A. Rormer, Benierkungen über die geognostische Kolorirung der
Karte des westlichen Harzgebirges, Re in 1:50,000 von
C. Prepiger. A. 3 :
F. Roemer, Ueber cenomanen Geslesanddiein. in Oben PR:
— Cibas aus Oberschlesien. P.
— Ueber das Vorkommen von Eizorias Hibberti Owsa (Mega.
lichthys Hibbertii Acassız et Hıssext) in den Schieferthonen
des Steinkohlengebirges. von Volpersdorf in der Grafschaft
Sitz. A, N . - i
— Ueber die Auffindung etsnischer Versteinsrangen = en
Ostabhange des Altvater-Gebirges. A. . . . ...
Rose, Ueber Meteoriten. Pf. . . . . BER Re
— Ueber Thonschiefer mit Becken es nsprousä P.
709
Rose, Ueber Stassfurter Mineralien. P.
— Albitkrystalle vom Roc-tourne. P.
Rortu, Ueber Dunit. P. i
— Uranit und Eisenglanz bei Hirschberg i in Schlerien, P.
— Ueber Feldspathe. P.
— , Versteinerungen im Diluvialsand. P.
— _Geschmolzene Mineralien. P.
— Ueber die Umwandlung des Bolepllieh zu Phon) 14.
SADkBEck, Die oberen Jurabildungen in Pommern. A.
Sass, Ueber die Insel Runoe 5. :
v. SeeBacu, Beiträge zur Geologie der Insel Ben, A. .
— Beobachtungen in Central-Amerika. B. -
U. Schröxgach, Lias und Jura in Norddeutschland, Kreide in 1 Böh.
men, Reise in Nord-Frankreich. B.
Tamnan, Ueber Pinit. 2.
Meantsenorv, Moskauerwlura. BE 21. 2... ne
Tsenermar, Bemerkungen zu dem Aufsatze des Horn 6. Rose:
Ueber die in den Thonschiefern vorkommenden, mit Faserquarz
bedeckten Eisenkieshexaeder. A. BR an
Wessky, Ueber Quarz-Krystalle von Striegau in Schlesien, A.
— Ueber Titaneisen, Fergusonit, Monazit und Gadolinit im Rie-
sengebirge. B, Wr
Winpıage, Produkte beim Bössemer- Prokekk, P. > :
Weıss, Optische Untersuchungen über die Bildung des Beldspache, PR.
ZEUSCHNER, Ueber den polnischen Jura. B. :
Zirker, Mikroskopische Analyse der Gesteine, 2.
Acmaea cristata .
Acrotreta socialis
Actaeon elongatus .
= simulatus, 3.8,
AIR ea en
Ammonites abscissus .
— adversus
— Angelini
— asemus .
IERGALTOR Se
- , GCärterontJ. 30,
— Catullianus
— celsus
— collegialis .
— eurvispina.
— electus
-— elimatus
— Emerici
-—— Eudoxus
— Fallauxi
— giganteus .
— Goslariensis .
— immanis
— inceultus
es Kocht: ı%.
-— . Koellikeri .
— leiosomus .
— Liebigi .
— macrotelus
— microcanthus
— microps.
— Mohli
— montanus.
-- Moravicus.
— mundulus .
— muniecipalis
— nepos
— Nisus
— notogaster
— pronus
— progenitor.
Ammonites rasilis
— Richteri
—ı Mothi
— Sauzeanus
— Schönbeini
— seruposus .
— ‚semiformis
— senex
— seorsus .
— serus.
— simus
— Silesiacus .
— succedens .
— sutilis
— symbolus
— tithonius
— transitorius
— venustus
— Wöhleri
Ancillaria subcanalifera
— unguiculata .
Ancyloceras gracile
- Guembeli .
— Matheronianus
— simplex
Andreasberg
Anomia undata
Aporrhais cingulata
Aptychus Beyrichi .
— secundus
Arca decussata . .
Astarte depressa .
— Henckeliusiana
— nummulina
— Parkinsoni
— plana
— pulla
-—- - rotundata .
— suprajurensis
Atrypa laevigata
Augit
..
123.
Avicula Aptiensis
— modiolaris
— oxyptera
— pectiniformis
Basalt von Radicofani
Belemnites Bouei
— Brunsvicensis
— Capellini
-—- conophorus
— ensifer
— Ewaldi .
— Rothi
—. strangulatus.
— tithonius
— Zeuschneri
Bellerophon cinctus
— costatus. REN
Beyrichia Klödeni
— . subeylindrica
Bimsstein .
Bimssteintuff
Bornholm . R
Borsäure- even i
Borsonia coarctata .
=... Delueit:
Braunkohlengebirge bei it
OS RE A
Bulla elliptica .
— intermedia
— multistriata .
ar suprajur ensis
Buntsandstein bei Benabun -
Cancellaria elongata .
— evulsa
— granulata.
— laevigata
— nitens
— subangulosa .
— tenuistriata .
Capulus neritoides .
‘ Cardium edule
— .«ingulatum
— semilineatum
Carnallit
Cassidaria nodosa
Cassis ambigua
— coronata ;
Caulopteris an ,
— Singeri . .
Cerithiopsis a
Cerithium limaeforme
— muricatum
— . politum
Verdi
. 688.
IN
[eb eb eb |
> En
372
Cerithium Strombecki
Chabasit
Cheirurus
Chemnitzia abbr eriatn {
— Bronni .
— subulata
Cidaris elongata .
Cleodora lineata. .
— rugulosa 6
Conularia quercifolia .
-- reticulata .
Conus Beyrichi
— deperditus.
— Grotriani .
— procerus
Corbis subelathrata
Corbula obovata .
— subpisum .
Crania strix i
Crassatella compressa
— Woodi
Crioceras cristatus .
— Emeriei
Cueullaea Tongiresiris
Cuninghamites oxycedrus .
Cylindrites spongioides .
Cypricardia pectinifera .
Cyprina nuculaeformis
Cytherea Solandri .
Delphinula Bronni .
Dentalium scutum .
— fissura
Diabas .
Dunit
Echinobrissus scutatus
Edmondia acutangula
Edwardsia.
— Bettina . i
— pyruliformis >
— semigranosa .
480.
Eisensteingänge bei Andreas-
berg . er
Enerinus Brahlü .
Erycina dubia
Eulima complanata
— multispirata .
Euomphalus Thraso
Exogyra Bruntrutana
— spiralis .
Fasciolaria funiculosa
Faserquarz
Feldspathe
Fergusonit yele
Fischschuppen im Senkoklen.
gebirge . ;
Fusus crassisculptus .
— Edwardsii
— elongatus .
— errans
—- fexicosta .
— interruptus
— longaevus
— regularis
—. restans . ende
— Sandbergeri .
“ — seabrellus _.
— scalariformis .
— septenarius
Ad,
Gadolinit .
Gastrochaena ampla
Gault bei Hannover
Geinitzia cretacea
Gervillia tetragona .
ventricosa
Glimmer
Goniolina eoniitricni)
Grammysia Hamiltonensis.
Grünstein . -
Gyrophyllites quassazensis
u og
Hamites attenuatus
Hemicidaris Hoffmanni .
Holeetypus corallinus
Homalonotus crassicauda .
Hornfels
Ichthyosaurus . i
Ischyracanthus Grubeanus
Isocardia angulata . 239.
— cornuta. as
— minima.
— multicostata .
Jura, norddeutscher
"— französischer
-- auf Bornholm .
_Kainit
Kalkspath .
Keuper bei Ber nburg,
Kieselschiefer
Kieserit N
Kreide, Dane 5
— pa Worbis
— auf Bornholm .
Kyffhäuser
Seite
967
Laacher See .
Lagoni von Monte ‚Cerboli 805
Bayasıs an Ta 121
Leda Bonbon 344
— corbuloides . .. . 922
-- -Galeottina 921
— perovalis 922
— prisca ap
Leueittuff . 136. 139
Lima comatula .... 668
— costulata 665
— densipunctata . 667
Limopsis costulata . 920
Lucina gracilis 924
— substriata . 679
Macrodon Morensis 673
-- laeve. 158
latus . i 073
Marginella ums 909
— perovalis 2.506
Mathilda iripartile . 560.706
Melania Beyrichi . 817
Meteoriten 4
Meyeria ornata rot,
Mineralien, geschmolzene 2. 266
Mitra tenuis Ns: 905
Modiola elegans . 519
— . imbricata . 671
Monazit : 967
Monte Amiata. 406
Monte Catini 289
Murex brevicauda . 470
Muschelkalk, alpiner . 9:13
— bei Bernburg 379
Myoconcha baltica . 6850
Mytilus jurensis . 671
— pectinatus 671
Natica Hantoniensis 506
— hemisphaerica . 685
— labellata 506
Natron, zweifach tr ee. 50
Nautilus asper. 047
— eyelotus 947
‘7 » Eranconieus, . . » Alu
—. Geinitzi. '. 3% 546
— imperialis . 496
— Moreausus 689
— Picteti 546
— Strambergensis. 546
Nerinea. fasciata . 686
Gosae 656:
Nerita jurensis 684
Neritopsis ‚rugosa 379
New-York Baal
Nickeloxyd, schwefelsaures
Niso turris
Nucula Dixoni
ÖOdontostoma. fraternum .
simplex .
subtrigona
Olivin
Opis excavata .
ÖOrhomalus astartinus
ÖOrthisina dichotoma
- Örthoceras corneum
similis
Örthoklas . .
Östrea multiformis .
Paludina diluviana .
solitaria
vectiensis .
Patella . ‘
Pecten Beleostane,
Perna mytiloides
corneus .
octocostatus .
strietus .
varlans .
subpiana .
30%,
239,
RL NE
123.
Phacops plagiophthalmus
Phasianella striata .
Pholadomya decemcostata
paucicosta
Pinit .
Pinites U che
Pinna granulata .
Pisanella .
Pleuromya elongata
Pleurotoma attenuata
. 196.
helvetica
ventricosa
bellula .
Beyrichii
Bosqueti
conifera
denticula .
innexa .
Konincki .
nudiclavia
plana
prisca
pseudocolon .
ramosa .
Roemeri
rostrata
Selysii
Seite
Pleurotoma semilaevis 495
-— Semperi 498
— Strombecki 494
— terebralis . 496
— trieineta 497
— turbida S 486
Pleurotomaria Agassizii 689
Pollicipes radiatus . 247
Polysymmetrie 39. 56
Posidonomya Germari 254
Proetus expansus 361
Protocardia eduliformis . . . 679
Pseudodimorphie. . . . .506.258
Pteroceras Phillipsi . . 238, 248
Pterodactylus De 13
Purpura nodulosa 482
Pygurus Blumenbachii 662
Pyrula concinna . 475
— nexilis 474
Quadersandstein, cenomaner. 12
Quarzkrystalle von Striegau 348
Radicofani “... ... 402
Rbizodus Hibberti 273
Rhyncholithus Voltzii 690
Rhynchonella pinguis 664
Ringicula coarctata 919
Rissoina cochlearella . 919
Rostellaria dentilabrum . 160
Runoe 15
Ruscheln, Fanle 182
Salenia pygmaea 327
Salinen von Volterra 298
Sauerquellen 148
Scalaria acuta. ll
— Münsteri‘ . 685
Schlacke, vulkanische 120
Schwefelsaures Kali 39
Serpula decipiens 366
— quinquangularis . 691
Sigaretus canaliculatus . 507
Silbererzgänge bei Andreas-
berg . 5 . 188
_ Nee : 198
— Bergmannstrost 200
— 197
— Felicitas 195
— Franz-August . 194
— Fünf Bücher Mosis 195
— Gonade Gottes . 201
— Jacobsglück . 196
— Morgenröthe 200
— Prinz Maximilian 196
Silbererzgang Samson . . 198 Thracia Pal ee haron...
— ‚Wenn's glückt: . 0.3. 197 Titaneisen = 4 La a,
Solanocrinus costatus. . . . 19 Rrachyt 2 E22 >)
Solarium canaliculatum. 512. 706 — des Monte Amis Er AN
= polchrum::.. 2 url Trichites 2.0.0 > au 307 2
Spirulirostra Hörnesi . . . 429 Trigonia suprajurensis 3.0074
Stasstuetit en ine — . hybrida . „omas 67a
Strombus canalis . ... 470 — Voltii . .. 4076
Strontian, zweifach el Trigonosemus Humboldtii 41320
saurer . . ir Tritonium flandricum ... 47
“ Strophodus retieulatus . ... 692 Muffstein \% .. “2 ne
Styliola laeviis .. . ......870 Turbo funatusui ee 2 05687
Sylvin a ae Se Turritella crenulata . . .. 51
Typhis fistulosus ..... 471
Tentaculites acuarius. . . . 37
— cancellatus . . . . . . 371 | Unicardium Calirrho® . . . 679
— Geinitzianus ..... 09741 Uränit one BR
er orandıs". 2 ea I |
5 Dan BEN Sa he 2 Venericardia latisula . . . 527
3 7 guborbienlate "u za
EN ER Re 3, Vermetus Phillipsi . . . . 239
7 * Moutomana . -.. 1, 200.244 Voluta decora . . . . . .. 901
De el ara nn —." Jabrosa'. v2 „er 301
— tamarindus . . . . 238. 243 AR er 501
Terebratulina Nysti . 917 un un Se 502
la 518 — suturalis .. »... 2.2.0900
"Tertiärconglomeratbei Nagydg dd i
Thamnastraea gracilis . . 660 Wasserporen im Porphyr . . 17
Thermen von S. Pilpps 6,
Thonschiefer . . - . . 186 Zechstein bei Magdeburg . . 256
Verbesserungen. -
In den Aufsätzen 5 und 6 in Heft 2 (S. 338 und 348) ist im Text zu
setzen: „Tafel VIIIa. und IXa.“ statt „Tafel VIII. und IX.“
Seite 437 Zeile I von unten lies: „Euba in Sachsen‘ statt „Cuba“,
„438 5.8 „ oben lies: „Lesesteine“ statt „Lehmsteine“.
13 -,„ oben lies: „mässigere‘‘ statt „mässiger‘“.
16 ,, oben lies: „Lesesteine“ statt „Lehnsteine“.
„- 446 ,„ 7 -„ unten lies: „unter“ statt „über“.
„ 5906 „13 ,. oben ist ‚‚die“ zu streichen.
Durck von J. F. Starcke in Berlin.
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Zeitschr. d.deutsch.geol.Ges. 1865.
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Mai, Juni und Juli 1865.
(Hierzu Tafel XV-XV) 000
Berlin, 1865.
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Inhalt des III. Heftes.
A. Verhandlungen der Gesellschaft.
1. Protokoll der Mai-Sitzung, vom 3. Mai 1865
2. Protokoll der Juni-Sitzung, vom 31. Mai 1865
3. Protokoll der Juli-Sitzung, vom 5. Juli 1865
B. Briefliche Mittheilungen
der Herren TrautrscHoLp und ZEUSCHNER
C. Aufsätze.
1. Die Fauna der unter-oligocänen Tertiärschichten von Helm-
städt bei Braunschweig. Von Herrn v. Koznen in Berlin.
(Hierzu Tafel XV. und XVL).
2. Die tithonische Etage. Von Herrn Aıserr OpreL in Mün-
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Seite.
423
433
442
448
459
935
Beiträge für die Zeitschrift, Briefe und Anfragen, betreffend die
Versendung der Zeitschrift, so wie Anzeigen etwaiger Veränderungen des
Wohnortes sind an Dr. Eck (Lustgarten No. 6.) zu richten. Die Bei-
träge sind pränumerando an die Besser’sche, Buchhandlung (Behren-
strasse 7) einzureichen.
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