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Full text of "Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft"

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Zeitschrift 


Deutschen geologischen Gesellschaft. 


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xXVIIE Band. 
1866. 


Mit sechszehn Tafeln. 


Berlin, 1866. 
Bei Wilhelm Hertz (Bessersche Buchhandlung). 


Behren-Strasse No. 7. 


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Seite 
A. Verhandlungen der Gesellschaft. . . .1. 177. 377. 649 
B. Briefliche Mittheilungen 
der Herren Akır und Weiss . . + A400 
der Herren v. Heımersen, WEBSKY u v. Usern 3 2922. 098 
C. Aufsätze. 
C. RıumeLsgerg. Ueber das Buntkupfererz von Ramosin Mexiko 
und die Constitution dieses Minerals überhaupt. . . . .19 
— Ueber den Castillit, ein neues Mineral aus Mexiko . 23 
A. v. Kosxen: ' Ueber einige Aufschlüsse im Diluvium südlich 
und östlich von Berlin . . 25 
C. RammeLspere Ueber den Xonaltit, ein neues " wasserhaltiges 
Kalksilikat, und den Bustamit aus Mexiko . . 33 
C. Schrürer. Die Schichten des Teutoburger Waldes bei Alten- 
beken_ ._, 39 
Heam. CreonEr. Geognostische Skizzen aus Virginia, Nord. 
SIELER EILNE Ra ee 77 
FE. M. Staprr. Ueber die Entstehung der Seeerze Hierzu 
#atell.). . - 86 
G. Berenort. Marine Diluyial- Fauna in ı West-Preussen a 7 


C. Raimerspere. Ueber die chemische Natur der Feldspathe, 
mit Rücksicht auf die neueren Vorstellungen in der Chemie 200 
L. Zeuscaner. Ueber die rothen und bunten Thone und die 


ihnen untergeordneten Glieder im südwestlichen Polen . 232 
C. RıuneLsserg. Ueber den Enargit aus Mexiko und einen 

neuen Fundort des Berthierits. . . 241 
Ep. v. Eıcuward. Ueber die Neocomsehichten® Russlands. 

(Hierzu BafebII>). X: 245 


A. Kuntu. Ueber die von Chad "Rohlfs ae er von von 
Tripoli nach Ghadames im Mai und Juni 1865 gefunde- 


nen Versteinerungen. (Hierzu Tafel IH.) . . . 251 
A. v. Kornen. Ueber das Alter der Tertiärschichten bei Bünde 
in Westphalen . . 287 


A. Sıneseck. Ein Beitrag. zur > Kenntnis des baltischen Jura 292 
Günser. Ueber das Vorkommen hohler Kalkgeschiebe in Bayern 299 
K. v. SersacHh. Die Zoanthoria perforata der palaeozoischen 


Periode. (Hierzu Tafel IV.) . . . 304 
H, Laspevres. Beiträge zur Kenntniss der Yolkanischen Ge- 
steine des Niederrheins . o11 


U. ScuhtoenBacH. Ueber die Brächiopoden : aus dem unteren 
Gault (Aptien) von Ahaus in Westphalen . . . . .„ 364 


IV 


A. Rıcuter. Aus dem thüringischen Schiefergebirge. (Hierzu 
Tafe: VG u. VIE. 

Heınkıcan Eck. Ueber die arhen nee Qua u 

Fırn. Rormer. Ueber die Auffindung devonischer Kalkstein- 
schichten bei Siewierz im Königreiche Polen . 

WırueLm BöLscHhe. Die Korallen des norddeutschen Jura- und 
Kreide-Gebirges. (Hierzu Tafel VII, VIII, IX.) 

G. vom Rıatu. Mineralogisch - geognostische Fragmente aus 
Italien. (Hierzu Tafel X, XI, XII.) 

v. SEEBACH. Vorläufige Mittheilung über die typischen Ver- 
schiedenheiten im Bau der Vulkane und über deren Ur- 
sache Fe a EEE En :..- 

Hzıxnrıch Eck. Notiz über die Auffindung von Conchylien im 
mittleren Muschelkalke (der AnNpUSTAER v. Aus.) bei 
Rüdersdorf . ; 

Fervd. Roemer. Neuere Beobachtungen “über das Vorkommen 
mariner Conchylien in dem Stein- 
kohlengebirge . 

—  Geognostische Beobachtungen im \ Polnischen Mittelgebirge, 
(Hierzu Tafel XIIL) 

C. RımmeıLsserg. Ueber die Bestimmung des Schwefeleisens in 
Meteoriten . . 

A, v. GRroDDEcK. Ueber die Erzgänge des nordwestlichen Ober- 
harzes,. (Hierzu Tafel XIV, XV, XVL). 

Beum, Ueber die Bildung des unteren Oderthales - 

C. Rıumersgere. Analyse der Glimmer von Utö und Easton 
und Bemerkungen über die Zusammensetzung der Kali- 
glimmer überhaupt... „malen 037 Dit RlRe = 278 ae 


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Zeitschrift 
der 
Deutschen geologischen Gesellschaft. 
4. Heft (November, December 1865, Januar 1866). 


A. Verhandlungen der Gesellschaft. 


li. Protokoll der November - Sıtzung. 


Verhandelt Berlin, den 1. November 1865. 


Vorsitzender: Herr G. Rose. 

Das Protokoll der August-Sitzung wurde verlesen und 
genehmigt. 

Herr BryricH berichtete über die Verhandlungen der Ge- 
sellschaft während der allgemeinen Versammlung derselben in 
Hannover und lenkte darauf die Theilnahme der Versammlung 
auf den seit der letzten hiesigen Sitzung erfolgten Tod zweier 
ausgezeichneter Männer: 

Dr. Christian PAnDeRr in St. Petersburg und Dr. Fr. 
v. HıGEnow in Greifswald, 

Vielen der hiesigen Geologen ist das Bild des liebens- 
würdigen russischen Gelehrten, den wir mit Stolz als Deut- 
schen auch uns zurechnen können, durch seinen letzten länge- 
ren Aufenthalt in Berlin noch in lebhafter Erinnerung, und wir ' 
betrauern mit seinen heimischen Freunden den Verlust des 
verdienstvollen Mannes, den auch wir seiner Herzlichkeit, 
Biederkeit und Bescheidenheit wegen hochschätzen lernten. 
Panper wurde am 12. Juli 1794 in Riga geboren, bezog 1812 
die Universität Dorpat und setzte später seit 1814 seine Stu- 
dien in Berlin und Göttingen fort. Er erwarb sich zuerst einen 

Namen in der Wissenschaft durch Arbeiten im Gebiete der 
Anatomie. Unter Anregung und Leitung von DOöLLINGER im 
_ Würzburg begann er 1816 die für die Kenntniss der Entwicke- 
lung des thierischen Körpers später so einflussreich gewordenen 
Untersuchungen über die Entwickelung des Hühnchens im Ei, 
Zeits. d.d. geol. Ges. XVIL. 1. 1 


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führte dann mit p’ALToN eine grössere Reise aus durch Frank- 
reich, Spanien, Holland und England, als deren Frucht haupt- 


- sächlich das schöne Werk uber die Skelete der verschiedenen 


Säugethierfamilien hervorging. In’s Vaterland zurückgekehrt, 
nahm Pasper als Naturforscher Theil an der Gesandtchafts- 
reise, welche im Jahre 1820 unter Leitung des Barons MEYEn-. 
DoRFF nach Buchara ging. Im Jahre 1822 zum Adjunkt und 
1823 zum ordentlichen Mitglied der Kais. Akademie der Wissen- 
schaften ernannt, begann er seine Studien der Geognosie und 
Paläontologie zuzuwenden. Durch seine „Beiträge zur Geo- 
gnosie des russischen Reichs* (1831) wurde er der Begründer 
der Kenntuiss der silurischen Formationen Russlands. Im Jahre 
1827 zog er sich nach Lievland zurück und fand hier Veran- 
lassung, seine Aufmerksamkeit dem Vorkommen der merkwür- 
digen devonischen Fischreste zuzuwenden, die er zuerst für 
Ueberbleibsel untergegangener Arten von Knorpelfischen er- 
klärte. Sein in späterer Zeit bearbeitetes grosses Werk über 
die fossilen Fische der Silur- und Devon-Formationen ist eine 
Zierde der paläontologischen Litteratur. Im Jahre 1842 zu- 
ruckgekehrt nach St. Petersburg, führte er verschiedene geolo- 
gische Untersuchungsreisen in Lievland und Esthland, in Cen- 
tralrussland und am Ural aus, deren Hauptzweck war, den paläon- 
tologischen Charakter der alten Formationen genau kennen zu 
lernen und nach sicherster Feststellung des Horizontes, den 
die Kohlenlager Russlands einnehmen, diejenigen Punkte zu. 
bestimmen, an denen Versuchsbaue auf Steinkohlen anzulegen 
wären. Die Bearbeitung des ungemein reichhaltigen und schö- 
nen Materials von Versteinerungen, welches er bei diesen 
Untersuchungen aufgesammelt hatte, beschäftigte ihn in den 
letzten Lebensjahren. Es wird Ehrenaufgabe und Pflicht der 


russischen Regierung sein, dafür zu sorgen, dass die weit vor- 


geschrittenen Arbeiten des verstorbenen Gelehrten der Wissen- 
schaft nicht vorenthalten bleiben. 

Frieprıch v. HAGEnow hat unserer Gesellschaft seit ihrer 
Gründung als Mitglied angehört. Wem es vergönnt war, ihm 


' im Leben näher zu treten, betrauert auch ihn als biederen 


und herzlich ergebenen Freund. Das Studium der Geschichte 
und Natur seiner engeren Heimath, Neuvorpommern und Rü- 
gen, hatte er sich zur Aufgabe seines Lebens gemacht. Er 
entwarf die ersten, guten, topographischen Karten seiner Hei- 


3 


math und ist in weiteren Kreisen durch seine Alterthumsfor- 
schungen bekannt geworden. Für die Geognosie erwarb er 
sich ein bleibendes Verdienst durch seine Arbeiten uber den 
paläontologischen Inhalt der weissen Kreide Rügens, dessen 
ausserordentlichen Reichthum er zuerst an’s Licht zog. In feiner 
und scharfsinnniger Beobachtung und Unterscheidung des be- 
handelten Materials sind seine Arbeiten musterhaft. Das 
schwere Geschick, zu erblinden, trübte seine letzten Lebens- 
Jahre. 
Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten: 
Herr v. HELMERSEn, Generallieutenant im k. k. russ, 
Berg-Ingenieur-Corps in Petersburg, 
vorgeschlagen durch die Herren Taunau, BEYRIcH 
und G. Rose. : 
Herr Dr. phil. v. Korrr in Warschau, 
vorgeschlagen durch die Herren BEYRICH, SADE- 
BECK und G. Rose. 
Herr EwaLp Becker aus Breslau, zur Zeit in Berlin, 
vorgeschlagen durch die Herren F. RormERr, vom 
RıtH und BEYRrich. 
Herr Dr. phil. WırrEsgurg in Berlin, 
vorgeschlagen durch die Herren SADEBECK, BEYRICH 
und G. Rose. 
Herr Dr. phil. LasPEYRes, zur Zeit in Berlin, 
vorgeschlagen durch die Herren v. DECHEN, voM 
Rara und BpyricH. 
Für die Bibliothek sind eingegangen: 
A. Als Geschenke. 

. Junius Hast: Report on the geological exploration of the 
west coast. Christchurch 1865. — Report on the geological for- 
mation of the Timaru district in reference to obtaining a supply 
of water. Christchurch 1865. — Geschenke des Verfassers. 

H. Fischer: Weitere Mittheilungen über angebliche Ein- 


schlusse von Gneiss u. s. w. in Phonolith und anderen Fels- 


arten. Freiburg 1865. — Geschenk des Verfassers. 

H. Eck: Ueber die Formationen des bunten Sandsteins 
und des Muschelkalks in Oberschlesien und ihre Versteinerun- 
gen. Berlin-1865. — Geschenk des Verfassers. 

U. ScaLöngach: Beiträge zur Paläontologie der Jura- und 
Kreideformation im nordwestlichen Deutschland. Erstes Stück. 


1* 


7 


Ueber neue und weniger bekannte jurassische Ammoniten. 

. Cassel 1865. — Sep. 

H. CREDNER: Geognostische Karte der Umeessn von Han- 
nover. Hannover 1865. — Geschenk des Verfassers. 

Paläontologie von Neu-Seeland. Beiträge zur Kenntniss 
der fossilen Flora und Fauna der Provinzen Auckland und 
Nelson von UnGER, ZITTEL, SuEss, KARRER, STOLICZKA, STACHE, 
JAEGER, redigirt von F. v. HocHSTETTER, HÖRNES und Fr. von 
HaAver. — Novara-Expedition. Geologischer Theil. Band I. 
2. Abtheilung. — Geschenk des Herrn F. v. HocHSTETTER. 

GUMBEL: Ueber das Knochenbett (Bonebed) und die Pflan- 
zen-Schichten in der rhätischen Stufe Frankens. — Sep. 

G. Rose: Ueber die Krystallform des Albits von dem 
Roc-tourne und von Bonhomme in Savoyen und des Albits 

im Allgemeinen. — Sep. 

E. Berricn: Ueber einige Trias- Ammoniten aus Asien. 
Auszug aus dem Monatsbericht der Königl. Akademie der 
Wissenschaften zu Berlin. 

Ep. Suzss: Ueber die Cephalopoden-Sippe Acanthoteuthis 
R. Wagn. — Ueber Ammoniten. — Sep. 

F. SroLiczka: Eine Revision der Gastropoden der Gosau- 
schichten in den Ostalpen. — Sep. i 

A. E. Reuss: Zwei neue Anthozoen aus den Hallstädter 
Schichten. — Sep. | 
| B. Stuper: Beiträge zur Geognosie der Berneralpen. — 

Geologisches aus dem Emmenthal. — Sep. 

Statistics of the foreign and domestic commerce of the united 
states. Communicated by the secretary of the treasury. Was- 
hington 1864. 

A magyarhoni földtani tarsulat Munkälatai. Szerkeszte Szab6 
Jözsef masod titkar. II Kötet bevegezve 1863. Pest. 

B. Im Austausch. 

Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt in Wien. 
1865. Bd. 15 N. 2 u. 3. — Verhandlungen derselben vom 
18. Juli, 8. August, 12. September 1869. 

. . Zweiundvierzigster Jahresbericht der schlesischen Gesell- 
schaft für vaterländische Cultur für das Jahr 1864. Breslau 
1865. — Abhandlungen: philos.-histor. Abtheil. 1864, Heft II.; 
Abtheil. für Naturwissenschaften und Medicin 1864. Breslau 

1864. 


B) 3 


Schriften der Königl. physikalisch - ökonomischen Gesell- 
schaft zu Königsberg. 6. Jahrg. 1865. Abtheil. 1. 

Zeitschrift des Architekten- und Ingenieur-Vereins für das 
Königreich Hannover. 1865. Bd. 11. Heft 2 und 3. 

Funfzigster Jahresbericht der naturforschenden Gesellschaft 
in Emden (1864). Emden 1865. 

Mittheilungen der naturforschenden Gesellschaft in Bern 
aus dem Jahre 1864. N. 553—579. 

Sechster . Jahresbericht des naturhistorischen Vereins in 
Passau über die Jahre 1863 und 1864. Passau 1865. 

Mittheilungen aus dem Österlande. Bd. 17. Heft 1 u. 2. 
Altenburg 1865. 

Verhandlungen der schweizerischen naturforschenden Ge- 
sellschaft zu Zurich am 22—24. August 1864. 48. Versamm- 
lung. 1864. 

Jahresbericht der naturforschenden Gesellschaft Graubun- 
dens. Neue Folge. Jahrg. X. Chur 1865. 

Verhandlungen des botanischen Vereins für die Provinz 
Brandenburg und angrenzenden Länder. Berlin 1864. 

Mittheilungen der k. k. geographischen Gesellschaft in 
Wien. 8. Jahrg. 1864. Heft 1. 

Prrermann’s Mittheilungen aus Justus PERTHES’ geogra- 
phischer Anstalt. 1865. No. 4, 6, 7, 8. Gotha. 

Siebenter Jahresbericht der Gesellschaft von Freunden der 
Naturwissenschaften in Gera. 1864. 

Sitzungsberichte der Köonigl. Bayerischen Akademie der 
Wissenschaften zu München. 1865. I. Heft 3 u. 4. 

Sitzungsberichte der Kaiserl. Akademie der Wissenschaften 
in Wien. Bd. 50, Heft 1—5, 1. u. 2. Abtheil. 1864. — 2: BEE) 
Heil’ u. 2,1. u. 2. Abtheil. 1855. 

Memoires de la societe de physique et d’histoire naturelle de 
Geneve. 1865. Tome 18. Part. T. 

Annales des mines. Sixieme serie. Tome VII. ‚Livr. PR: ID 
Paris 1865. 

Bulletin de la societe imperiale des naturalistes de Moscou. 
180: N. LIT. 

Atti della societa italiana di scienze naturali. Vol. VI, 
fasc. V. — Vol. VIII, fasc. I, II. Milano 1865. 

The quarterly journal of the geological society of London. 
701. 21; Part: 32: N: 83: 1865. 


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Proceedings of the American philosophical society. ‚Philadel- 
phia 1840; Vol: I.,N- 5:11; 12,.:V0l,: IX. N IE 

List of the members‘ of the American philosophical weit 
Philadelphia. 

Catalogue of the American ee society. ee, ds 
Philadelphia 1863. | 

Transactions of ihe American philosophical society. Phila- 
delphia 1863. Vol. 13. New Series. Part T. | 

Proceedings of the Academy of natural sciences of Philadel- 
phia. 1864. N. 1—5. 

Smithsonian contributions to knowledge. Vol. 14. Washing- 
ton 1865. 7 

 Smithsonian miscellaneous saljeations, N. 177, 183. Wos- 
hington 1864. 

Annal report of the board of regents of the Smithsonian 
institution. Washington 1864. 

The American journal of science and arts. Vol.37 N,109—111. 
Vol. 88 N. 112—114. Vol. 39 N. 115—117. Newhaven 184. 

Proceedings of the Boston society of natural history. Vol. IT. 
1845—48. — Vol. III. 1848—51. — Vol. IV. 1851—54. — 
Vol. V. 1854—56. — Vol. VI. 1856—59. — Vol. VII. 1859 —61. 
— Vol. VIII. 1861—62. — Vol. IX. Bogen 21—25. 

Journal of the Boston society of natural history. Part I. 
N.1—4. 1834—37. — P. II. N. 1—4. 1888—39. — P. III. 
N. 1—4. 1840. — P. IV. N.3, 4, 1843—44. — P,V. N.1. 
1845. — P. VI. N. 1—4. 1850—97. 

Results of meteorological observations, made under the direction 
of the united states patent office and the Smithsonian institution. 
Vol. II. Part I. Washington 1864. ö 

Report of the superintendent of the coast survey, showing the 
progress of the survey during the year 1862. Washington 1864. 

Journal of the Portland society of natural history. 1864. 
Vol ZEN, 1; 

Proceedings of the Portland society of natural history; 1862, 
Vol. I. Part ]. 

Annals of the Lyceum of natural history of a York. 
1364... Vol. VILL.N, 1.2.2. 

Charter, constitution and by laws of the Lyceum of natural 
history in. the city of New York with. a list of the members etc. 
1864. 


7 


- Ausserdem wurde vorgelegt: 

C. Fuaurort: Der fossile Mensch aus dem Neanderthale 
und sein Verhältniss zum Alter des Menschengeschlechts. Duis- 
burg 1865, welche Abhandlung von der Verlagsbuchhandlung 
von W. FALk und VoLmer in Leipzig eingesendet worden war. 

Mit dem Bemerken, dass mit der heutigen Sitzung ein 
‘ neues Geschäftsjahr beginne, forderte der Vorsitzende unter 
Abstattung eines Dankes für das demselben von der Gesell- 
schaft geschenkte Vertrauen zur Neuwahl des Vorstandes auf. 
Auf Vorschlag eines Mitgliedes erwählte die Gesellschaft durch 
Acelamation den früheren Vorstand wieder. An die Stelle des 
Herrn Ror#, der die Wiederwahl ablehnen zu müssen erklärte, 
wurde Herr Eck zum Schriftführer gewählt, so dass der Vor- 
stand besteht aus den Herren: | 

G. Rose, Vorsitzender, 

Ewarp und RAumELSBERG, Stellvertreter desselben, 
Beyricn, v. BENNIGSsEn-FÖRDER, Wepping, Eck, Schrift- 
führer, | 
Taunav, Schatzmeister, 

LoTTner, Archivar. 

Herr v. SEEBACH legte einige neue organische Reste aus 
der mitteldeutschen Trias vor, und zwar einen Ganoiden aus 
dem bunten Sandstein von Bernburg, welchen er dem Herrn 
Beckmann verdankt, und fur welchen er den Namen Semiono- 
tus gibber vorschlug. Ferner aus der Sammlung des verstor- 
benen BERGER in Coburg eine Halobia, welche nach der An- 
sicht des Redners aus den obersten Schichten des unteren 
Muschelkalks (nach ©. v. Frirscn dagegen aus derjenigen 
- Schicht, welche im oberen Muschelkalk die Terebratelschicht 
der Thonplatten bedeckt) herstammt und mit dem Namen Aa- 
lobia Bergeri belegt wurde; endlich eine Pinna, "welche der- 
selbe Pinna triasina benannte. 

Herr LuTTERr zeigte einige für Rüdersdorf neue Erfunde 
aus dem dortigen Schaumkalk vor, ein Exemplar der Delphi- 
nula infrastriata STROMB. und Cidarisreste, nämlich Stacheln, 
Asseln und Stücke aus dem Zahnapparat, von denen die erste- 
ren mit denjenigen Stacheln des Muschelkalks übereinstimmen, 
welche mit den Namen (. grandaeva und subnodosa belegt 
worden sind. 

Herr SADEBECK sprach über Kalkführung des Eulengebirgs- 


gneisses. Dieser Gneiss ist im Allgemeinen sehr arm an Kalk. 
In der Litteratur findet sich nur eine Notiz in KArstEn’s Ar- 
chiv Bd. III. von ZoBEL und v. CARNALL, dass zwischen Lan- 
genbielau und Peterswaldau sich ein Kalklager befände. Redner 
legte Handstücke dieses weissen, grobkrystallinischen Kalk- 
steins vor, welcher in Lagern im Gneisse regelmässig einge- 
 schichtet vorkommt; die Lager erreichen mitunter eine. sehr 
‚bedeutende Mächtigkeit. Besonders hervorzuheben ist, dass 
in dem Kalk keine Mineralien gefunden werden. 

Derselbe Kalkstein trittin gleichfalls regelmässigen, jedoch 

weniger mächtigen Lagern bei Steinkunzendorf in der Silber- 
_ koppe auf, hier aber nicht im typischen Gneisse, sondern in 
einem Hornblendeschiefer, bestehend aus Hornblende und einem 
gestreiften Feldspath. - 

Am Fusse desselben Berges kommt ein dichter, bläulicher 
Kalkstein vor mit Beimengungen einer mehr oder minder ver- 
witterten Serpentin-artigen Masse. Ueber die Art des Vor- 
kommens konnten wegen der Unzugänglichkeit des Bruches 
keine Beobachtungen angestellt werden. 

Ferner legte der Redner Granit aus Striegau in Schlesien 
vor, in welchem sich sehr schone Octaöder von violblauem 
Flussspath befinden. 

Herr G. Ross legte Modelle der in einer früheren Sitzung 
besprochenen, durch einander gewachsenen Albitkrystalle vom 
Roc-tourne und von Bonhomme in Savoyen vor, welche auf 
seine Veranlassung in der Mineralienhandlung des Herrn Dr. 
Krantz in Bonn angefertigt worden waren. 

Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. 

v. w. 0. - 
G. Ross. BpyricHh. Eck. 


2. Protokoll der December - Sıtzung. 
Verhandelt Berlin, den 6. December 1865. 


Vorsitzender: Herr G. Ross. 
Das Protokoll. der Nonemben Maune wurde verlesen und 
genehmigt. 


Der Gesellschaft ist als Mitglied beigetreten: 
Herr Bergreferendar Jung in Bonn, 
vorgeschlagen durch die Herren WEDDING, STEIN 
und Eck. 
Für die Bibliothek sind eingegangen: 
A. Als Geschenke: 
Berg- und Hüttenkalender für das Jahr 1866. 11. Jahr- 
gang. Essen. Verlag von G. D. BäipEker. 

Beyrich: Ueber eine Kohlenkalkfauna von Timor. (Aus 
den Abhandlungen der Königl. Akademie der Wissenschaften 
zu Berlin 1864.) Berlin 1865. 

Relazione fatta dal professore Giovanni Omboni sulle con- 
dizione geologiche delle ferrovie progettate per arrivare a Coira | 
passando per lo Spluga, il Settimo e il Lucomagno. 

M. Sars: Om de i Norge forekommende fossile en 
ra quartaerperioden. Christiania 1865. 

G. ©. Sars: Norges ferskvandskrebsdyr. Forste afsnit Bran- 
chiopoda. T. Oladocera Ctenopoda. Christiania 1865. 

Det Kongelige Norske Frederiks Universitets Aarsberetning 
fort Aaret 1863. Christiania 1865. 

Gaver til det Kgl. Norske -Universitet i Christiania. 

Ta. Kjerunr: Veiviser ved geologiske excursioner i Christiania 
omegn med et farvetrykt kart og flere traesnit. Christiania 1865. 

Ju. Haast: Report on the headwaters of the river Wai- 
taki. Christchurch. 

B. Im Austausch: 

Achtzehnter Bericht des naturhistorischen Vereins in Augs- 
burg. 1865. 

Verhandlungen des naturforschenden Vereins in Brünn. 
Bd. III. 1864. Brünn 1865. 

Sitzungsberichte der Königl. Bayer. Akademie der Wissen- 
schaften zu München. 1865. II. Heft 1, 2. | 

Notizblatt des Vereins für Erdkunde und verwandte Wissen- 
schaften zu Darmstadt und des mittelrheinischen geologischen 
Vereins. Herausgegeben von Ewarn. Ill. Folge. Heft 3, 
N. 25—36. Darmstadt 1864. 

Geologische Specialkarte des Grossherzogthums Hessen 
und der angrenzenden Landesgebiete. Herausgegeben vom 
mittelrheinischen geologischen Verein. Sektion Darmstadt, von 
Lupwıs. Darmstadt 1864. 


Mittheilungen aus J. PERTHES’ geographischer Anstalt von 
Prrermann. 1865. IX. ; 

Berichte über die Verhandlungen der naturforschenden. 
Gesellschaft zu Freiburg i. B. Bd. III. Heft 1-4. 1863—1865. 

Societd des sciences naturelles du. grand-duche de Luxem- 
bourg. T. VIII. 1865. | 

Memoires de l’academie imperiale des sciences de St. Peters- 
bourg. Serie VII. Tome V. N. 1. Tome VII. N. 1—9. Tome 
VIH. N. 1—16. 

Bulletin de l’academie imperiale des sciences de St. Peters- 
 bourg. Tome VII. N. 3—6.-Tome VIII. N. 1—6. | 
Herr Roru berichtete über den Inhalt der noch an ihn 
eingegangenen Bücher, namentlich über die Arbeiten von: 
KJERULF, Wegweiser zu geognostischen Excursionen in der 
Umgegend von Christiania; Fr. Scumipr, recherches sur les phe- 
nomenes produits par la periode des glaces en Esthonie et a lile 
d’Oesel in den Bulletins de l’academie imperiale des sciences de 
St. Petersbourg. T. VIII. N.4; DE VOLBORTH, sur le Baerocri- 
nus, une nouvelle espece de crinoide, trouvee en Esthonie, daselbst 
T. VIII. N. 3; v. HELMERSEN, le puit artesien a St. Petersbourg, 
daselbst; SEMIONOF et v. MÖLLER, sur les couches devoniennes supe- 
rieures de la Russie centrale, daselbst 7. VII. N.3; H. STruvE, 
über den Salzgehalt der Ostsee in den Memoires de l’academie 
imperiale des sciences de St. Petersbourg. VII. Ser. T. VII. 
N: 
Herr G. Rose erinnerte an den Verlust, den die Gesell- 
schaft durch den Tod ihres Mitgliedes, Professor Dr. BARTH, 
erlitten hat, und berichtete darauf nach einer briefliehen Mit- 
theilung des Herrn Wxssky über die Auffindung des Ferguso- 
' nits, Xenotims und Monazits in Schlesien (ef. diese Zeitschrift 
Bd. XVII. S. 566). 

Herr SErLO sprach über die Vermuthung, mit den Stein- 
salzablagerungen in Lothringen, wie bei der in Stassfurt, Kali- 
salze aufzufinden. Schon im Anfang dieses Jahrhunderts führte 
man Bergbau auf Steinsalz in Lothringen in der Nähe von 
Vic, der aber durch Ersaufen der Grubenbaue zum Erliegen 
kam. Seit 1826 hatte man einige Meilen von Vie entfernt bei 
Dieuze von Neuem Steinsalz aufgeschlossen, dasselbe in elf 
verschiedenen, von Mergeln getrennten Lagern angetroffen und 
bis zum vorigen Jahre Bergbau darauf geführt, der aber 


4 


gleichfalls wegen Ersaufens eingestellt ist, so dass der vor- 
handene Schacht zur Zeit als Soolschacht dient. Seit einem 
Jahrzehnt sind nun aber in der Nähe von Naney (Meurthe- 
Departement) bedeutende Salzablagerungen bekannt gewor- 
den, die offenbar mit denen von Dieuze zusammenhängen, 
wenn auch die hier gefundenen elf Lager mit denen von 
Dieuze nicht vollständig identisch sind; es sind mehrfache Con- 
eessionen ertheilt, in- denen theils durch Bohrlöcher, theils 
durch Schächte die Lagerstätten aufgeschlossen sind.. Die wich- 
tigste von allen ist die Concession von St. Nicolas-Varange- 
ville, wo man die ganze Lagerstätte mit einem Schachte durch- 
teuft hat und in dem elften Lager ausgedehnten Bau führt. 
Die ganze Ablagerung liegt im Muschelkalk, also in einem 
weit höherem geognostischen Horizont, wie die von Stassfurt, 
sie hat aber dadurch mit der letzteren grosse Aehnlichkeit, 
dass das Steinsalz mit harten Anhydritschnüren reichlich durch- 
zogen ist, obwohl das.Salz an und für sich chemisch reiner, 
reicher an Chlornatrium ist, als das zu Stassfurt. In den 
oberen Teufen des Schachtes hatte man rothe Salze ange- 
troffen, die man als Kalisalze ansprechen zu müssen meinte. 
Herr Bergrath BıscHor zu Stassfurt hat sich einer eingehenden 
Untersuchung der Salzlagerstätte überhaupt, besonders der ro- 
then Salze unterzogen, er hat aber in den letzteren den Car- 
nallit nicht auffinden können, sondern bezeichnet die rothen 
Salze als Polyhalit, zugleich aber leugnet er die Möglichkeit 
nicht, dass, wenn in Lothringen die Steinsalzablagerung noch 
in tieferem Niveau aufgefunden wurde, sich wohl die Kalisalze 
noch in den oberen Regionen derselben würden entdecken lassen. 
Herr BEyrich sprach über die Ammoniten des alpinen 
Muschelkalks von Reutte (vgl. hierüber die Monatsberichte der 
Berliner Akademie der Wissenschaften vom December 1865). 
Herr Rauueusgerg legte hierauf ein neues Mineral „Kainit* 
von der Zusammensetzung KCl + 2MgS + 6aq. von Stass- 
furt vor (vgl. diese Zeitschrift Bd. XVII. S. 649) und berichtete 
nach einem Briefe des Herrn Fovgus an Herrn St. CLAIRE- 
DeviLLe über den letzten Ausbruch des Aetna (siehe diese 
Zeitschrift Bd. XVII. S. 606): 
Herr Weppise sprach über das Vorkommen und die Zu- 
 sammensetzung der bisher bei Baux in Frankreich, Antrim in 
Irland und in der Wochein in Oesterreich entdeckten Bauxite 


und die Uebergänge zu denselben in manchen Brauneisenerzen 
Schlesiens. ; 
Derselbe legte sodann im Anschluss an die in einer frühe. 
ren Sitzung vorgezeigten Bessemer-Stahlstücke ein Stuck weis- 
sen Eisens vor, in welchem die Hohlräume dieselbe eigenthüm- 
liche, melonenartige Streifung wie bei jenen erkennen lassen. 
Herr Lasrerres legte Hohlgeschiebe aus dem Oberroth- 
liegenden von Heddesheim nordöstlich von Kreuznach‘ vor, 
die aus devonischem dolomitischen Kalkstein des Hunsrücks 
gebildet sind, verglich dieselben mit den Lauretta-Geschieben 
aus dem Leithakalke und schloss daran seine Ansicht über die 
Entstehung dieser und ähnlicher Gebilde. (vgl. diese Zeitschr. 
Bd. XVII. pag. 609.) 
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. 
v. w. 0. 
G. Rose. Be£ykıch. Eck. 


3. Protokoll der Januar-Sitzung. 


Verhandelt Berlin. den 3. Januar 1866. 


Vorsitzender: Herr G. Rose. 

Das Protokoll der December-Sitzung wurde verlesen und 
genehmigt. 

Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten: 

Herr Bergreferendar FicktLer in Neu-Haldensleben bei 
Magdeburg, vorgeschlagen durch die Herren Brry- 
RICH, STEIN und Eck. 

Herr Dr. Beneck£, Docent an der Universität in Hei- 
delberg, vorgeschlagen durch die Herren BEYrıch, 
EwaArp und. G. Rose. 

Für die Bibliothek sind eingegangen: 

A. Als Geschenke: 

v. Heruersen. Das Donezer Steinkohlengebirge und des- 
sen industrielle Zukunft. — Sep. aus dem Bulletin de l’acade- 
mie: imperiale des sciences de St. Petersbourg. Tome VI. — 
Geschenk des Verfassers. = 


13 

v. HELMERSen. Ueber die geologischen und physikalischen 
Verhältnisse St. Petersburgs. — Geschenk des Verfassers. 

J. v. LiesiG. Induction und Deduction. München 1865. 
— Geschenk der Königl. Bayerischen Academie der Wissen- 
schaften. Ä 

C. Nigzrı. Entstehung und Begriff der naturhistorischen 
- Art. München 1865. 2. Aufl. — Geschenk der K. Bayerisch. 
Akademie der Wissenschaften. 

Das Kohlengebiet in den nordöstlichen Alpen. Bericht 
über die lokalisirten Aufnahmen der 1. Section der k. k. geo- 
logischen Reichsanstalt in den Sommern 18%, von M. V. Lı- 
poLp und D. Stur. — Sep. aus dem Jahrb. der k. k. geolo- 
gischen Reichsanstalt. Bd. 15. Wien 1865. 

Zeitschrift fur die gesammten Naturwissenschaften, von 
GIEBEL und Sırwert. Jahrg. 1865. Bd. 25. Berlin. 

Zeitschrift für das Berg-, Hütten und Salinenwesen in dem 
preuss. Staate. Bd. 13. Lief. 2 und 3. Berlin 1865. 

B. Im Austausch: 

Sitzungsberichte der k. k. geologischen Reichsanstalt vom 
14. und :21. November und 5. December 1865. — Sep. aus 
dem Jahrb. der k. k. geologischen Reichsanstalt. Bd. 15. 
Wien 18695. 

Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt. Bd. 15. 
Heft 3. Wien 1865. 

Archiv für wissenschaftliche Kunde von Russland, von A. 
Erman. Bd. 24. Heft 3. Berlin 1865. 

Mittheilungen aus J. PERTHES’ geographischer Anstalt von 
Prrermann. 1865. X. XI. Ergänzungsheft 16 und 17. Gotha 
1865. 

Bulletin de la societe Vaudoise des sciences naturelles. Tome 
VIIT. Bull. N. 53. Lausanne 1865. 

Herr Rora legte die von Herrn Peck in Görlitz am Nord- 
ostfuss des Steinberges bei Lauban aufgefundenen Graptolithen 
vor. Die dunkelfarbigen, z. Th. mit zersetzten Kiesen erfüll- 
ten, oft Kieselschiefer führenden Schiefer, welche nach Herrn 
.Gemitz’ Bestimmung (Jahrb. Min. 1865. 459.) die Arten 
Monograpsus sagittarius Hıs., M. colonus Barr., M. Sedgwicki 
PorTL. und M. priodon Bronn enthalten, sind unter 15—18 Fuss 
Diluvium in einem Einschnitt entblösst worden. Das Vorkom- 
men von Graptolithen am Bansberg bei Horscha und bei Lau- 


x ii 


ban lässt in Verbindung mit dem Vorkommen von Herzogs- 
walde auf eine bedeutende Verbreitung des Silurs in Nieder- 
schlesien schliessen. 

Herr F. RosmEr sprach zunächst über das Srälkmabken- 
gebirge an der Ostseite des Altvatergebirges. Die ersten orga- 
nischen Reste, welche in demselben aufgefunden wurden, wa- 
ren die von GÖPPERT bei Leobschütz entdeckten Pflanzenreste, 
‘durch welche ein Theil des Grauwackengebirges dem Kohlen- 
gebirge zugewiesen wurde; eine Deutung, welche später durch 
die zuerst von Herrn v. GELLHORN bei Jägerndorf, nachher 
theils durch den Redner, theils durch die österreichischen Geo- 
logen in weiter Verbreitung aufgefundene Posidonomya Becheri 
völlig unzweifelhaft wurde. Ausserdem waren nur noch bei 
Engelsberg von ScHARENBERG animalische Versteinerungen auf- 
gefunden worden, welche indess, obwohl von SCHARENBERG 
selbst für silurisch gedeutet, wegen der Unvollkommenheit der 
Erhaltung ein Anhalten zu einer sicheren Altersbestimmung 
nicht gewährten. Wichtiger sind die in neuester Zeit durch 
Herrn HauLrar am Dürrberge bei Würbenthal in Quarzitschich- 
ten, welche Gneus zum unmittelbaren Liegenden haben, aufge- 
fundenen Versteinerungen, unter denen Grammysia Hamiltonensis 
und Homalonotus crassicauda die einschliessenden Schichten für 
unterdevonisch, gleichaltrig mit der Grauwacke von Coblenz, 
erweisen. Einen weiteren Anhalt für die Gliederung des Grau- 
wackengebirges gewähren ferner diejenigen Versteinerungen, 
welche ebenfalls durch Herrn Harrar bei Bennisch aufgefun- 
den wurden in Kalksteinen mit sehr kleinen, eingesprengten 
Magneteisensteinoctaedern, welche sich in Begleitung von Kalk- 
diabasen und Schalsteinen von Sternberg in Mähren über Spa- 
ehendorf und Bennisch bis nach Zossen unweit Jägerndorf ver- 
folgen lassen. Heliolites porosa und die Goniatiten unter den 
Versteinerungen veranlassen den Redner, der in Rede stehen- 
den Schichtenfolge ein oberdevonisches Alter beizulegen, und 
er hält es fur wahrscheinlich, dass die zwischen den unterde- 
vonischen und oberdevonischen Gesteinen auftretenden Schiefer 
und Grauwacken, aus denen auch die von SCHARENBER@ bei 
Engelsberg aufgefundenen Versteinerungen stammen, als mittel- 
devonische Ablagerungen sich erweisen werden. 

Derselbe legte ein unter eigenthümlichen Umständen in 
einem Gesteinsstück erhaltenes Skelet einer Fledermaus vor, 


15 


welches für die Bildungsart des oberschlesischen Galmeis von 
Interesse ist. Auf einem handgrossen Stücke von gelblich- 
grauem, dichten Dolomit liegen grössere und kleinere, eckige 
Stücke desselben Dolomits, welche mit einer etwa 1 Linie 
dicken Rinde von gelblich durchscheinendem, feinfaserig krystal- 
linischem Galmei (Zn Ö) überzogen und durch diese Rinde zu- 
gleich unter sich und mit der Unterlage verkittet sind. Zwi- 
schen diesen eckigen Stucken von Dolomit liegen nun die 
Reste der fraglichen Fledermaus. Namentlich die Knochen der 
Vorderextremitäten und des Schädels sind erkennbar. Die dün- 
nen langen Fingerknochen ragen zum Theil frei vor, zum Theil 
sind sie mit einer Rinde von Galmei überzogen und wie über- 
zuckert. Der Schädel ist ebenfalls zum Theil mit Galmei über- 
zogen. Am Grunde des Schädels hat sich noch ein dieker 
Buschel von fuchsbraunen Haaren, der ebenfalls zum Theil 
mit einer Galmei-Rinde bedeckt ist, erhalten. Grösse und Form 
des Schädels passen zu Vespertilio murinus L. In jedem Falle 
liegen hier die Reste einer noch lebenden Fledermaus-Art vor. 
Das Interesse des Fundes liegt in dem Umstande; dass der- 
selbe ein wenigstens zum Theil sehr jugendliches Bildungsalter 
des Galmeis beweist; denn eine in die Gesteinsklufte gerathene 
Fledermaus der Jetztzeit ist hier vom Galmei überzogen wor- 
den. Da die ganze Erscheinungsweise des fraglichen Gesteins- 
stuckes ganz derjenigen gleicht, wie sie in Oberschlesien die 
gewöhnliche ist, so hat jedenfalls ein grosser Theil des ober- 
schlesischen Galmeis die gleiche jugendliche Entstehung mit 
diesem Stücke gemein. Das bemerkenswerthe Stuck wurde 
auf der dem Herrn Commerzien-Rath v. Krausta gehörigen 
Galmei-Grube bei Jaworznow im krakauer Gebiete durch Herrn 
Berginspektor v. LiLIENHOF entdeckt und von demselben in 
dankbar anerkannter Liberalität dem mineralogischen Museum 
der königlichen Universität zu Breslau übergeben. 

Endlich zeigte derselbe eine fossile Spinne aus dem ober- 
schlesischen Steinkohlengebirge vor, welche von Herrn v. Schwr- 
RIN in Kattowitz in den Schieferthonen des Myslowitzer Waldes 
entdeckt worden ist. Dieselbe gehört den echten Spinnen mit 
ungegliedertem Hinterleibe an und ähnelt im Habitus am mei- 
sten der lebenden Gattung Lykosa, weshalb dieselbe von dem 
Reduer mit dem Namen Protolykosa anthracophila belegt wor- 
den ist. . Leider sind die Augen nicht deutlich erhalten. Sie 


16 


ist die älteste fossile Spinne, da bis jetzt nur aus den Juras- 


sischen lithographischen Schiefern von Solenhofen echte Spin- 


nen bekannt geworden waren. Ausserdem hatte nur LHwYp 
eine Abbildung eines von ihm zu den Spinnen gerechneten acht- 
beinigen Thieres gegeben, welche von PArkınson mit der Be- 
merkung reproducirt wurde, dass dieselbe möglicherweise aus 
dem Kohlengebirge von Coalbrookdale herstammen könne. 
Neuerdings ist in England Aehnliches nicht gefunden worden. 
Dagegen befindet sich nach Reuss in dem Museum der böhmischen 
Gesellschaft zu Prag eine Spinne aus dem böhmischen Kohlen- 
gebirge, welche indess nur 4 Beine zeigt. Ausserdem wurde 
aus älteren Formationen nur noch ein Scorpion von STERNBERG 
bei Prag aufgefunden und in den Schriften der böhmischen 
Gesellschaft beschrieben. ln 
Herr BeyricH legte, hinweisend auf das durch Herrn F. 
RoEMER bekannt gemachte Vorkommen von Buccinum reticu- 
latum und Cardium- edule in dem, Diluvium bei Bromberg, eine 
Reihe Conchylien vor, welche von Herrn BEREXNDT an verschie- 
denen Punkten in dem Diluvium des Weichselthales gesammelt 
worden sind, und unter welchen Buceinum reticulatum, Cardium 
edule, Tellina baltica, ein Cerithium und Venusfragmente her- 
vorzuheben sind. Das Vorkommen bei Bromberg ist von allen 
bis jetzt das westlichste. Der Redner wies darauf hin, dass 
diese Erfunde das Vorhandensein eines grossen Wasserbeckens 
mit Salzgehalt in der Diluvialzeit für die erwähnten Gegenden 
ausser Zweifel stellen, und dass es vor Allem darauf ankom- 


men werde, das Verhältniss dieser marine Conchylien einschlies- 


senden Diluvialablagerungen zu denen mit Süsswasserconchylien 
in der Umgegend von Berlin und Magdeburg festzustellen. 
Derselbe sprach ferner über eine Reihe von Versteinerun- 
gen, welche von den Herren HEınE und Steis in dem Krebs- 
bachthale bei Mägdesprung (an einem Punkte, etwa eine halbe 
Stunde aufwärts von Selkethale) aufgefunden worden sind und 
den Eindruck einer devonischen Fauna machen. Der Redner 
führte aus, dass sich in der bezeichneten Gegeud des Harzes 
das Vorkommen von Graptolithen auf den Distrikt östlich von 
Harzgerode und auf einen Punkt im Selkethale ostwärts des 
Mägdesprunger Kalkzuges beschränke; dass ferner die Platten- 
schiefer (harten Grauwackenschiefer) der Gegend von Mägde- 


sprung, welche durch ihre Pflanzenreste A. RoEMER veranlass- 


17 
_ ten, die Gesteine nordwestlich des Selkethales als den Culm- 
' schiehten zugehörig zu deuten, als Unterlage der Kalkstein-füh- 
renden Grauwackenschiefer aufzufassen seien, welche durch 
die von Biısc#or in dem Kalkstein aufgefundenen Versteine- 
rungen sich als silurisch erwiesen; und dass den letzteren die- 
jenigen Schichten folgen, welche nach den vorgelegten Ver- 
steinerungen als devonisch anzusprechen seien, und welche mit 
den devonischen Ablagerungen von Elbingerode in Zusammen- 
hang stehen könnten. Die vorgelegten Versteinerungen be- 
stehen aus einem vollständigen Trilobiten der Gattung Pleu- 
racanthus, welche bis jetzt niemals in silurischen, sondern nur 
in unter- und mitteldevonischen Schichten am Rhein und in 
den Sandsteinen vom Kahleberg im Harz aufgefunden wurde; 
einem Spirifer, dem Sp. speciosus ähnlich, welcher aus unter- 
und mitteldevonischen Schichten bekannt ist; ferner Orthis um- 
braculum, einer Leptaena und einem Chonetes. Dieser Altersbe- 
stimmung der in Rede stehenden Schichten wurde nur die An- 
gabe von BiscHor, dass im Krebsbachthale auch Graptolithen 
vorgekommen seien, entgegenstehen; doch glaubt der Redner 
bei der schlechten Erhaltung aller Versteinerungen annehmen 
zu können, dass vielleicht ein Tentaculit oder platt gedrückter 
Orthoceratit von BıscHor als Graptolith gedeutet worden sei. 
Herr RAMMELSBERG sprach uber ein mexicanisches, in Be- 
gleitung von Bustamit und Apophyllit vorkommendes Mineral, 
- welches demselben durch Herrn Krantz in Bonn zugegangen 
war. Dasselbe ist grau, sehr zähe, besitzt keine Spaltbarkeit, 
hat ein specifisches Gewicht von 2,7, wird von Salzsäure zer- 
setzt und ist vor dem Löthrohr unschmelzbar. Die chemische 
Untersuchung würde zu der Formel ACaSi + ag. führen; allein 
von den 48 pCt. abgeschiedener Kieselerde sind nur 41 Theile 
in kochender Natronlauge auflösbar, die übrigen 7 Theile be- 
stehen zu -- wahrscheinlich aus Quarz. Es wäre daher mög- 
lich, dass das Mineral als ein verkieseltes Kalksilikat, vielleicht 
als ein Umwandlungsprodukt aus Bustamit unter Wegführung 
des Mangangehalts und Vergrösserung des Kalkgehalts dessel- 
ben gedeutet werden müsste. Der Redner belegte dasselbe 
nach seinem Fundorte mit dem Namen Xonaltit und behielt 
- sich weitere Untersuchungen und Mittheilungen über dasselbe 
. noch vor. 
Zeits. d.d. geol. Ges. XVIII. 1. 2 


18 


Derselbe sprach ferner über die Zusammensetzung des 
Buntkupfererzes von Ramos in Mexiko und die Constitution 
dieses Minerals überhaupt und endlich über den Castillit, ein 
neues Mineral aus Mexiko, worüber die entsprechenden Auf- 
sätze im 18. Bande dieser Zeitschrift pag. 19 und 29 zu 
vergleichen sind. 

Hierauf ward die Sitzung geschlossen. 

v. w. 0. 
G. Rose. BeyricH. Eck. 


19 


B. Aufsätze, 


1. Veber das Buntkupfererz von Ramos in Mexiko und 


die Constitution dieses Minerals überhaupt. 
Von Herrn C. Rammeısgere ın Berlin. 


Eine kleine Probe von derbem Buntkupfererz von Ramos 


‚in Mexiko, vom Geh. Bergrath BuRrkART mitgetheilt, ganz ho- 


mogen, nur mit kleinen Quarzkrystallen verwachsen, schön 
bunt angelaufen, zeigte ein spec. Gewicht — 5,030 und .ver- 
lor beim Erhitzen in Wasserstoffgas 2,54 pCt. Die Analyse 
ergab 


Schwefel 25,27 
Kupfer 61,66 
Eisen 11,80 
Blei und 

Spur Silber N EN 


100,63. 
Demnach hat das Buntkupfererz von Ramos, abgesehen 
von dem kleinen Bleigehalt, dieselbe Mischung, wie die Ab- 
änderungen von Ross-Island, Toscana, Chile, Bristol, West- 


 moreland, vom weissen Meere etc, 


Es giebt diese Untersuchung mir Anlass, über die che- 
mische Natur des Buntkupfererzes überhaupt und der ihm ähn- 
lichen Verbindungen einige Bemerkungen zu machen. 

Aus den Analysen krystallisirter Abänderungen folgt, 
dass sie aus 3 At. Schwefel, 3 At. Kupfer und 1 At. Eisen 
bestehen. Ob man sie als 

1 
Cu:S + CuS + Feß = Ou’S + 2ipe | 8 
oder als 
3Cu?S -+- Fe? S$? 
sich zu denken habe, ist schwer zu sagen. In allen diesen 
Buntkupfererzen beträgt der Kupfergehalt 56—58 pCt. 
>= 


Ä Nun liegen aber 10 Analysen von Buntkupfererzen vor 
von den verschiedensten Fundorten, in denen 60-63 pCt. 
Kupfer enthalten ist, und selbst 5 Analysen, welche nahe 
70 pCt. Kupfer gegeben haben. Alle diese kupferreicheren 
Abänderungen sind freilich derb, wenigstens ist keine deutlich 
krystallisirte darunter, und es. ist daher immer angenommen 
worden, sie seien Gemenge von Buntkupfererz und Kupfer- 
glanz. | BangeN 

Dieser an und für sich so wahrscheinlichen Ansicht stehen 
indessen so entscheidende Gründe entgegen, -dass man sie bei 
genauerer Prüfung unmöglich aufrecht erhalten kann. 

Zunächst wäre es doch sehr sonderbar, dass solche Ge- 
menge ganz gleicher Art an den: verschiedensten Fundorten 
wiederkehren, und dass sie sich nur auf zwei höhere Kupfer- 
gehalte beschränken sollten. Kann man glauben, dass die 
Erze von Connecticut, aus Irland, vom weissen Meere und aus 
Mexiko, alle gleich zusammengesetzt, Gemenge seien? Warum 
hat das Erz von Sangerhausen genau die Zusammensetzung 
desjenigen von Lauterberg ')? 

Berechnet man die Atomzusammensetzung der zuverläs- 
sigeren Analysen, so findet man: 


Fe Cu S 
1) Condurra-Grube. PLATTNER. a 8,88 3,98 
2) Redruth. CHopNzw. 1 3,4 3,15 
3) ? VARRENTRAPP. 1 3,49 3,2 
4) Märtanberg. PLATTNER. 1 2,9 2,6 
5) Ross-Island. Pmuuips. 1 3,8 2,97 
6) Ramos, Mexiko. RAMMELSBERG. 1 1 | 
7) Connecticut. BODEMARN. 1 4,8 3,9 
8) Woitzkische Grube. PLATTNER. 1 4,8 3,8 
9) Eisleben. PLartner 1 8,2 8.2 8 
10) Lauterberg. RAMMELSBERG. 1 8,8 5,46 
11) Sangerhausen. PLATTNER. a] 9,8 6,2 
ee des letzteren in meinem Laboratorium hat ergeben: 
| Schwefel 23,75 | 
Kupfer 68,73 
Eisen nes 
100,11 


Verlust in Wasserstoff 2,77 pCt. 


21 


Genau genommen, entspricht keine Analyse der bisher an- 


genommenen Zusammensetzung, d. h. dem Atomverhältniss 
1:3:3 recht befriedigend. Lässt man dies aber für die Abän- 
derungen 1—-4 (wobei die krystallisiren 1—3) gelten, so 
scheint 


Atomverh. 

Fe: Cu :S 
6= 9Cu?S + 2Fe?’S? = 1:4,9:3,75 
Be CS Brei] 
2 —=,8 Qu SERIEN: Ed 
19 920178 -E1#Fe? 8% = 1:96 


11 = 100u?S + Fe’S’ = 1:10 ::6,9. 
Alle Buntkupfererze stellen sich als isomorphe Mischungen der 
beiden Sulfurete dar. 
Mit mindestens gleichem Reeht lassen sich aber die Bunt- 
kupfererze auch als Verbindungen 


Cu | 

7 

mQuS+ nm, ( S 

auffassen, und dann wird auch Paızrips’ Analyse von Nr. 5 
einer Deutung fähig, weil, ihre Richtigkeit vorausgesetzt, das 


Buntkupfererz von Ross-Island gar kein Fe’ S° enthalten 
kann. 


€ 


Atomverh. 
Fe:Cu:S8 
Be 2 , Cu sp. f 
8 us Or 1:0 3 
4 = 5Cu° 8 eis lid : 2,75 
”_ 2Cu Ss. Fes — 1:4 :3° 
= 4008 +319. 18 = 1:45:35 
> 2 
ar ty 8 - L:5 4 
I= Cuts Hat, 8 =1:8 :58 
1 C 
10 =.2C0n:S + a :6 
11 = 908 +41. 18 = 1:10:65. 


Diese Formeln gestatten auch einige andere ähnliche Mi- 
schungen dem Buntkupfererz anzureihen, namlich 


22 


1) Barnhardtit aus Nord-Carolina, 
2) Homichlin von Plauen. 


Atomverh. 

Fe: Cu:S 

1= (WS +47 }8=1:2 2,5 
Fee) x 

2 =. 0u8 33 De ne 
Es ‚tej 


In allen diesen Mischungen ist das zweite Glied selbst 
wieder eine solche, und zwar entweder 
CuS + FeS = Kupferkies, oder 
CuS +2FesS = Cuban (BrREITHAUPT); 
denn ohne Zweifel sind dies die einfachsten Formeln für diese 
Mineralien, nicht weniger wahrscheinlich als die gewöhnlichen, 
welche das als Mineral nicht. bekannte Fe’ S’ enthalten. 


23 


2. Ueber den Castillit, ein neues Mineral aus Mexiko. 
Von Herrn C. Rauneısgerg ın Berlın. 


Als silberhaltiges Buntkupfererz von Guanasevi in Mexiko 
erhielt ich von Herrn Geh. Bergrath BurkArT in Bonn ein Stuck 
eines Erzes, welches demselben vom Prof. DE ÜastiLLo in 
Mexiko zugekommen war. Es ist derb, aber deutlich blättrig 
und seiner ganzen Masse nach bunt angelaufen. Sein spec. 
Gew. ist nach zwei Bestimmungen — 5,186 und 5,241. Vor 
dem Löthrohr schmilzt es ziemlich schwer und verwandelt sich 
in eine strensflüssige Schlacke, welche durch Kupfer stellen- 
weise roth gefärbt ist. In Salpetersäure löst es sich unter 
Abscheidung von Schwefel und schwefelsaurem Bleioxyd zu 
einer blauen Flussigkeit auf. 
In Wasserstoffgas schwach geglüht, giebt es etwas Schwefel 
und eine Spur Schwefelwasserstoff, aber kein Wasser. Der 
Verlust war in einem Versuche = 1,85 pCt. und der Rückstand 
ungeschmolzen. 
Das Mineral ist jedoch kein Buntkupfererz, weil es ausser 
Kupfer und Eisen noch Zink, Blei und Silber enthält: 
Eine Zerlegung durch Chlor gab: 
Schwefel 25,65 


Kupfer 41,11 
Silber 4,64 
Blei 10,04 
Zink 12,09 
Eisen 6,49 
100,02 


Die Atome der Metalle und des Schwefels verhalten sich 
fast = 4:5, das Kupfer muss also zu nahe + als CuS, zu 3 
.als Cu? S vorhanden sein. 

Das Ganze lässt sich als 


Cu 
RS + 2RS= 1,1 S+ 0 
Fe 


ven 


bezeichnen. Die Vertheilung des Schwefels ist dann 
Kupfer 27,70 -- Schwefel 7,00 


Silber _ 4,64 


/ n 
Kupfer 13,41 ” 
Bleı- .... 10,04 ie 
Zink 12,09 a 

n 


Eisen 6,49 


Um zu erfahren, ob das Erz trotz seines homogenen An- 
sehens nicht doch ein Gemenge wäre, wurden Proben von 
einzelnen Stellen untersucht; es wurde ferner das Pulver ge- 
schlammt und der leichteste und schwerste Theil für sich ge- 
prüft, allein es waren immer nur geringe Differenzen im Ge- 
halt von Kupfer (42,35 — 42,71 — 43,35 pCt.), Eisen (6,30 
— 6,55 — 6,92 — 7,06 pCt.) und Blei und Silber (zusammen 


0,69 
6,76 
1,55 
5,95 
3,71 

25,66 


13,76 — 15,18 pCt.), welche sich dabei ergaben. 


Da es mithin ein neues Mineral zu sein scheint, so schlage 
ich vor, es nach seinem Entdecker Castillit zu nennen. 
Man bemerkt leicht, dass es eine isomorphe Mischung ist. 


sanz analog dem krystallisirten Buntkupfererz 


Cu 

2 

EnrBrt 2 S. 

Der Schwefelgehalt dieses Erzes erlaubt nicht, in dem- 


selben bloss Cu? S anzunehmen; denn dann würde die höhere 
Schwefelungsstufe des Eisens nicht Fe’ S’, sondern FeS° sein, 


was wenigstens als beigemengt nicht vorhanden ist. 


25 


3. Ueber einige Aufschlüsse im Diluvium südlich und 
östlich von Berlin. 


Von Herrn A. v. Kornen ın Berlin. 


Nachdem im vergangenen Frübjahre die neuen Eisenbahn- 
linien von Berlin nach Cüstrin und nach Görlitz in Angriff 
genommen waren, unternahm ich es, die durch die _be- 
treffenden Erdarbeiten aufgedeckten Erdschichten zu untersu- 
chen. Aeltere, sekundäre oder tertiäre Schichten sind zwar 
an keinem von mir besuchten Punkte entblösst worden, son- 
dern ich habe nur eine Anzahl Profile im Diluvium gefunden; 
da aber gerade diese geeignet sind, Klarheit über die Glie- 
derung der Diluvialschichten zu verbreiten, so scheint es mir 
nicht unangemessen das Ergebniss zu veröffentlichen. 

Wie dies auch schon BERENDT in seiner sehr sorgfältigen 
Arbeit „uber die Diluvialablagerungen der Mark Brandenburg“ 
besonders für die Gegend von Potsdam dargethan hat, so fin- 
den sich auch östlich und südlich von Berlin im Diluvium drei 
Thonschichten, welche durch Sandschichten getrennt sind und 
noch über einer mächtigen Schicht sehr feinen Sandes liegen. 
Die unterste Thonschicht, der geschiebefreie oder Glindower 
„Diluvial-Thon“ ist blaugrau bis schwarz, meist frei von allen 
Geschieben, und fuhrt nur sehr selten kleine Kreide- und Feuer- 
steinbrocken. Die beiden oberen, meist sehr sandigen und 
Geschiebe enthaltenden Thonschichten, den unteren und oberen 
Sandmergel Berenpr's, führe ich als unteren und oberen Ge- 
schiebethon an, da dieser Name älter ist und mir weit. be- 
zeichnender scheint. 

Der Decksand, welchen BERENDT als oberstes Glied zum 
Diluvium rechnet, gehört unzweifelhaft, wie dies auch BrYriıcH 
und Andere schon ausgesprochen haben, dem Alluvium an und 
verdankt seine Ablagerung derselben Zeit und denselben Agen- 
tien wie der Wiesenthon. | 

Der ganz feine, plastische Sand, den BERENDT mit dem 


Namen Schlepp bezeichnet, wird südlich und östlich von Ber 
lin allgemein Schluff genannt. So viel zur Erläuterung der 
im Folgenden gebrauchten Bezeichnungen. 

Auf der Bahnstrecke von Berlin nach Görlitz findet sich 
bis Spremberg kein auch nur einigermaassen bedeutender Ein- 
schnitt, und da ich bis hinter Königs-Wusterhausen nichts als 
Moorwiesen und Alluvialsand zu Gesicht bekam, gab ich eine 
weitere Verfolgung der Bahnlinie auf, und besichtigte zunächst 
die nördlich von Königs-Wusterhausen, westlich von der Bahn, 
gelegenen Thongruben. Die nördlichste derselben, östlich von 
dem Dorfe Hohen-Löhne gelegen, gewinnt den oberen Ge- 
schiebethon, der hier über 20 Fuss mächtig ansteht und nach 
Süden auszugehen scheint. Von den übrigen Thongruben wa- 
ren nur zwei im Betriebe, und zeigten somit frische Profile. 
Beide Gruben bauen auf dem wellig gelagerten, gegen 40 Fuss 
mächtigen, geschiebefreien Thon, der hier nicht selten Kreide- 
und Feuersteinbrocken bis zu Bohnengrösse einschliesst. Dar- 
über liegt bis über 20 Fuss magerer brauner unterer Ge- 
schiebethon, und zu oberst einige Fuss Sand, Kies oder leh- 
miger Sand. 

Auf dem geschiebefreien Thon bauen ferner die verschie- 
denen Thongruben, die sich von Motzen nach Nordosten ca. 
+ Meile weit hinziehen; die südlichste davon, die Meinicke’- 
sche, hat 18 bis 20 Fuss Thon, der bald sehr fett und schwarz, 
bald mehr schluffartig und grau ist. Darunter liegt ganz feiner 
Sand, dessen oberste Schicht durch Eisenocker röthlich gefärbt 
ist, ohne indessen eine harte „Eisenschicht* zu bilden. Unter 
einem anscheinend ungeschichteten, groben Sande von geringer, 
sehr verschiedener Mächtigkeit liegen folgende Schichten: 


feiner, roth gestreifter Sand . . .... 8 Fuss 
brauner, magerer, unterer Geschiebethon . . Hr, 
feiner Band; Arion, MESE. DER RER Sn 
"%laugrauer Dilüvialthon. ser warb 2 Eu; 
beaser2 Schinft -2..2 0) 2er a Ra ee Zug 
blauer: Diluvialthon # mn ner an 


feiner Sand. 

Die nach Norden dicht daneben liegende Krause’ si Thon- 
grube hat bis 30 Fuss Diluvialthon, darüber ca. 12 Fuss Sand 
und lehmigen Sand. Die Thongrube von Braun, die nördlich- 
ste noch im Betriebe befindliche, führt bis 40 Fuss geschiebe- 


27 
freien Thon, und daruber ausser braunem Schluff nur ea. 6 Fuss 
Sand. In allen diesen Thongruben fällt der Thon nach Westen 
zu mehr oder weniger stark ein, und geht nach Osten hin aus. 
Von den Ziegeleithongruben an der südwestlichen Seite 
des Motzener See’s, südlich Calinichen, erreicht nur die von 


Ernst, von den im Betriebe befindlichen die nördlichste, ‘den 
seschiebefreien Thon, und zeigt folgende Schichten: 


Bandrzum@lßheil' lehmig* Min aa ln 9 Fuss 
Kies. ; A RE db: 4% 
graubrauner tere Eusehicherkön een el 
brauner Schluf. . . . k 1975, 


blauer Diluvialthon (nach Kit dei Nöbieiteh 18—24 ,,) 
Die beiden anderen, südlicheren Thongruben zeigen ziem- 
lich übereinstimmend: 


Sand, unten kiesig . . . „wuess®. 4—9 Euss 
graubrauner unterer Gsehiehetken. rel 
schwärzlicher unterer Geschiebethon . . . . 62:5 


Unter diesem folgten, nach Angabe der Arbeiter, noch ca. 
18 Fuss schwarzer Geschiebethon, der aber nach unten immer 
magerer wurde; hierunter liegt ein fester bläulicher Thon, 
vermuthlich „Geschiebefreier*, welcher - Meile südlich viel- 
fach aufgeschlossen ist. Es bauen dort auf dem Diluvial- 
thon eine ganze Reihe von Thongruben, elf an der Zahl, die 


sich von Töpchin nach Zehrensdorf hinziehen. Der Thon ist 


dort ca. 18 bis 20 Fuss mächtig, und wird an den zur Zeit 


aufgedeckten Stellen nur von Schluff und Sand überlagert; 
ersterer findet sich aber auch häufig eingelagert. So besteht 
der obere 'Theil des Thonlagers in der Thongrube von Krause 
aus vielen dunnen, abwechselnden Schichten von blauem, schluff- 
artigem Thon und braunem, thonigem Schluff; darüber liegen 
ca. 20 Fuss feiner Sand, der, besonders unten, mit vielen 
braunen Schluffschichten abwechselt. 

Derselbe Diluvialthon ist auch 1 Meile weiter westlich, 
l Meile südlich von Zossen, in der Thongrube am Nordende 
des Dorfes Olausdorf aufgeschlossen, wo er, unten von blauer 
Farbe, nach oben zu braun wird; darüber liegt, zum Theil 
durch Sandnester davon getrennt, bis zu 5 Fuss brauner un- 
terer Geschiebethon. Dies ist die Ausbeute einiger Wanderun- 
gen durch jene Gegenden; von Versteinerungen, Paludinen 
u. Ss. w. habe ich nirgends etwas gefunden. 


Die. Berlin-Custriner Eisenbahn geht von Cüstrin ‚bis nahe 
zum Dorfe Gusow (nördlich von Seelow) durch das Alluvium 
des Oderthales; es liegt hier zu oberst ein blauer oder brauner 
fetter Thon von gewöhnlich 3 bis 4 Fuss Mächtigkeit, dessen 
Liegendes, ein grober Sand, aber an einzelnen. Stellen selbst 
bei-6 Fuss Tiefe nicht erreicht wurde, während er wiederum 
gelegentlich ganz zu Tage tritt. Dieser Sand schliesst übrigens 
in einer Seitenentnahme zwischen Custrin und dem Dorfe Gor- 
gast, in einer Tiefe von ca. 5 Fuss eine etwa 4 Zoll starke 
Schicht halb vermoderter Zweige und Blattreste ein. 

Ferner sind mit einem Bohrloche an „dem Strom“, südöst- 
lich Gorgast folgende Schichten durchbohrt worden: 

blauer Thon . ... 6 Fuss 
grauer thoniger Sand 
grauer Sand 
Tort 2: er 
mooriger Thon . 

| grauer Sand. is 

Gleich westlich von dem Dorfe Werbig sind zu dem ho- 
hen Damme, der die Bahn allmälig aus der Oder-Niederung 
auf das Diluvial- Plateau führt, bedeutende Seitenentnahmen 
gemacht worden, und ist einerseits der grobe Sand in bedeu- 
tenderer Mächtigkeit aufgeschlossen, und sind andrerseits ein 
Paar Hügel abgetragen worden, welche durch die horizontale 
Lagerung ihrer sehr zahlreichen, abwechselnden Lehm- und 
Sand-Schichten als Alluvium charakterisirt werden. Von hier 
bis nahe an die Taubertbrücke, + Meile östlich von Alt-Rosen- 
thal, waren bei meiner letzten Anwesenheit. die Erdarbeiten 
noch nicht in Angriff genommen. Dort aber zeigten Einschnitte 
und Seitenentnahmen folgende Profile: 


99 


9 


OH DD DD 


brauner oberer Geschiebethon . . . „11 Fuss 
selber Schluf .  .ikaksauda nein 
feiner Sand mit. Schluffstreifen . . . . 8, 


graubrauner unterer Geschiebethon stand 6 „ 
mächtig und noch in der Sohle an. In der Baugrube der Tau- 
bertbrücke war gebohrt worden um den Baugrund zu unter- 
suchen, wie überall auf dieser Strecke, und hatte man folgende 
Schichten durchbohrt | 

1—3 Fuss Moorerde, 
15 ,, grauer lehmiger Sand, 
22 ,, graublauer Thon, der vor Ort noch anstand. ' 


29 


Von diesem hat mir Herr v. ScHLicHT gutigst eine Probe 
geschlemmt und untersucht, ‘aber nichts von Foraminiferen ge- 
funden, so dass wir hier vermuthlich geschiebefreien Thon vor 
uns haben; es lägen somit alle drei Thonschichten des Dilu- 
viums hier übereinander. - 

Auf der westlichen Seite des Taubert sah ich in der süd- 
lichen Seitenentnahme 

Bammmerden.n.. all. else ui Euss 

rothbrauner oberer Geschiebethon 1 „, 

grauer Mergel . 12 ,„ 

weisser Sands.» 22er de 

brauner unterer Geschiebethon 6) 
stand noch in der Sohle an. 

In der nördlichen Seitenentnahme dagegen: 


99 


lehmiger Sand! . .-.. . ie, Russ 
Sand mit eisenschüssigen Streifen iR TODE, 
brauner unterer Geschiebethon . . 2.3, 
Schluff und Sand wechselnd . . . ..10,, 


Von hier bis Alt-Rosenthal fehlten noch die Aufschlüsse; 
bei Alt-Rosenthalsselbst waren mehrere Sanddunen abgetragen. 
Von da bis Trebnitz war im Bahneinschnitt nur Sand zu sehen, 
der oben mitunter grau und thonig war, bei 5 bis 6 Fuss Tiefe 
häufig dieke, harte, eisenschussige Streifen, und bei 7 bis 12 Fuss 
Tiefe mehrfach verästelte Arragonitröhren enthielt. Der obere 
Geschiebethon fehlt hier und noch weiterhin; der untere Ge- 
schiebenthon tritt + Meile östlich von Obersdorf wieder in den 
Bereich des Einschnittes; ich fand dort: 


„.. grauenithonigen Sand -. =... ». 1. bie'40 Fuss 
graubraunen unteren Geschiebethon . ca. 4 „ 
feinen Sand mit Arragonitröhren . . ..6, 


und noch in der Sohle anstehend. 
Ferner dicht vor Obersdorf: 

grauen thonigen Sand mit Roststreifen. 4—6 Fuss 

braunen unteren Geschiebethon . . .5—-10 „, 
bis zur Sohle feinen Sand, der sich nach Westen zu stark 
heraushob. ! 
Bei Obersdorf selbst steht Geschiebethon, vermuthlich un- 

terer, 9 bis 10 Fuss stark, darunter feiner Sand. Eine Achte] 

Meile westlich von Obersdorf ist ein Einschnitt, in dem bis zu 
80 Fuss Sand mit Arragonitröhren ansteht, darunter graubrauner 


unterer Geschiebethon, der nach dem Südost-Abhang des Hü- 
gels zu sich steil heraushebt, und fast zu Der tritt, ‚ohne dass 
sein Liegendes hervorträte. Ä 


DS unten schwärzlicher, dienen Geschiebethon war 


ferner + Meile westlich von Obersdorf bei einem Durchlass. 
für einen Bach aufgeschlossen. 

Eine Achtel Meile weiter nach Westen findet Re ein Ein- 
schnitt in den unteren Geschiebethon, welcher oben, 10 bis 
15 Fuss, von graubrauner Farbe, unten, 3 Fuss stark und noch 
in der Sohle anstehend, schwärzlich ist; beide Schichten sind 
durch eine sehr stark wellige Linie getrennt. 

Eine Achtel Meile östlich des Weges von Dakanärt nach 
Müncheberg findet sich dann wieder: 

.graubrauner unterer Geschiebethon 2—4 Fuss 
desgl. sehr sandiger . . . . . Ga 
kiesiger Sand erw Fiese 

Auf beiden Seiten der Chaussee von Müncheberg nach 
Buckow habe ich dagegen nur rothbraunen oberen Geschiebe- 
thon gesehen. 

Eine Achtel Meile weiter westlich waren zur Zeit die 
nächsten Aufschlüsse, welche, ebenso wie alle übrigen bis zum. 
rothen Luch, nur mehr oder weniger groben Kies zeigten. Eine 
wel Anhäufung von’ Geschieben fand sich in einem Hügel, 

4 Meile östlich von dem rothen Luch. 

Am rothen Luch ‘selbst sind, um den hohen, + Meile lan- 
gen Damm aufzuschütten, bedeutende Abtragungen gemacht 
worden. Auf der östlichen Seite war folgendes Profil zu sehen: 


kiesiger Sand » Bas sendasEuss & 
graubrauner unterer Geschiebethon 12 „, 
feiner weisser- Sand. wien. Ter8ı 
gelber »Schluff ..... rasen 


noch in der Sohle anstehend. Der Geschiebethon keilte sich 
nach Suden hinaus. 

‚Auf der Westseite des rothen Luchs fand sich folgendes Profil: | 
. rothbrauner (zersetzter) unterer Geschiebethon 4 Fuss 


graubrauner fester unterer Geschiebethon . I: 
magerer desgl. . . Be. 
feiner Dandiswer es Aa ea 3.8 
gelber Schuf . . .. . alien ee 
schwachkiesiger Sand ch sn ri ae 


und noch in der Sohle an. 


3l 


Die Sandmassen der anstossenden Hügel überlagern un- 
zweifelhaft den Geschiebethon, der hier die oberste Schicht 
war. Der nächste Aufschluss, eine kleine Achtel Meile weiter 
westlich, zeigte nur Sand; weiterhin war die Bahn erst südlich 
von Eggersdorf wieder in Angriff genommen, indessen war aus 
einigen Mergelgruben ersichtlich, dass ca. 2 Meilen östlich von. 
Garzau der obere Geschiebethon sich wieder auf den Sand auf- 
legt, und ihn bis gerade südlich von Garzau bedeckt. 

Von Esgersdorf bis zum Bahnhofe Bollensdorf habe ich 
in den Bahneinschnitten nur Sand und lehmigen Sand gesehen, 
doch waren auch bei meinem ersten Besuche schon die Bö- 
schungen an einigen Stellen mit Dammerde überworfen. Auf 
dem Bahnhofe Bollensdorf waren durch die 4 bis 6 Fuss tie- 
fen Gräben verworrene Schichten, anscheinend alluviale, auf- 
gedeckt. Eine sechzehntel Meile weiter westlich fand sich wie- 
der brauner oberer Geschiebethon, ebenso vom Zechen-Graben 
an etwa + Meile weit, soweit die Arbeiten eben fortgeschrit- 
ten waren, doch scheint der obere Geschiebethon das ganze - 
Plateau bis westlich von Lichtenberg ohne Ausnahme zu be- 
decken, und nur in den Wasserrissen und an den Rändern zu 
fehlen. 

Man sieht aus diesen Aufschlussen jedenfalls, dass auf 
den beiden Seiten des rothen Luchs, und zwischen Obersdorf 
und Alt-Rosenthal, also da, wo Sand in grösseren Partieen auf 
dieser Linie zu Tage tritt, der obere Geschiebethon fehlt, und 
in der That liegt die Hauptmasse des märkischen Sandes sei- 
nem Alter nach zwischen dem oberen und dem unteren Ge- 
schiebethon. 

- Erwähnen möchte ich hierbei noch einen blauen Thon mit 
vielen Kreidegeschieben, der, angeblich über 20 Fuss mächtig, 
in der Ziegeleithongrube bei Bollensdorf ansteht, und durch 
' seine intensiv hellblaue Farbe und das ungewöhnliche Vorherr- 
schen von Kreidegeschieben sich von allen sonstigen Geschiebe- 
thonen unterscheidet; da ausserdem sonstige Aufschlüsse (Ueber- 
lagerung u. s. w.) fehlen, so lässt sich über das Alter dieses 
Thones nichts weiter sagen. 

Was nun Unterscheidungsmerkmale des oberen Geschiebe- 
thones von dem unteren betrifft, so kann ich Herrn BERENDT 
nur beipflichten, wenn er sagt, dass petrographisch beide sich 
gleichen. Eine andere Thatsache aber, die mir auch BERENDT 


32 


nach seinen Erfahrungen bestätigt, ist, dass der obere Ge- 
schiebethon ag keinem der erwähnten Punkte eine schwärzliche 
Farbe hat, wohl aber der untere, besonders wo er vor Ein- 
wirkung der Atmosphärilien geschützt ist; aber auch sonst 
hat dieser meist eine mehr granbräane, jener eine mehr röth- 
lichbraune Farbe. *) 

Der geschiebefreie Thon geht in der Gegend von Zossen 
und Königs- Wusterhausen häufig in der Farbe und petrogra- 
 phisch von blauschwarzem fettem Thon in braunen Schluff 
über; eigenthümlich ist aber noch, dass er überall fehlt, wo 
das Braunkohlengebirge sich der Tagesoberfläche nähert, so 
bei Storkow, Fürstenwalde, Müncheberg v.s. w., sowie in der 
Gegend von Calbe, Egeln, Magdeburg, während ich ihn + Meile 
nördlich von Gardelegen in einer Thongrube an der usieann 
wieder getroffen habe. 

Schliesslich möchte ich noch einige Aufschlüsse anfuhren, 
die ich im verflossenen Jahre in Westpreussen, im Kreise Flatow 
sah, und die dasselbe Resultat geben wie die aufgeführten. 
Auf dem Wirthschaftshofe des Rittergutes Dobbrin wurde ein 
Brunnen gemacht von 50 Fuss Tiefe, und dann. weiter gebohrt. 
Es fanden sich: 

röthlichbrauner oberer Geschiebethon 40 Fuss 

feiner weisser Sand . . „2... .:..10 

schwärzlicher unterer Geschiebethon 50 „, 
‘zu unterst sehr sandig, und kaum ohne Verröhrung stehend; 
daun folgte blaugrauer thoniger Schluff (geschiebefreier Thon ?), 
der viel Wasser enthielt und vollkommen schwimmend war. 

Ferner überdeckt auf der Feldmark des Rittergutes Sypniewo 
. der obere Geschiebethon vielfach den Kies und Sand, der sonst 
in dieser Gegend vorherrschend zu Tage tritt, aber auch das 
Liegende desselben, schwärzlicher unterer Geschiebethon, war 
mehrfach durch Brunnen und Bohrlöcher angetroffen. Ein sol- 
ches, dicht neben der Brennerei des Gutes angesetzt, durch- 
bohrte den schwarzen unteren Geschiebethon in einer Mächtigkeit 
von nahe 80 Fuss; dann folgte beiläufig 78 Fuss zäher Braun- 
kohlenthon von gelber, rother, blauer, grünlicher und schwarzer 
Farbe, hierunter Kohlenbestege und weisser Glimmersand. 


9 


*) Wir haben hiermit jedenfalls eine interessante Analogie mit dem 
französischen Diluvium rouge (oder D. des plateaux) und Dihivium gris. 


» 


4. Ueber den Xonaltit, ein neues wasserhaltiges Kalk- 
silikat, und den Bustamit aus Mexiko, 


Von Herrn €. Rammeısgere ın Berlın. 


Herr Dr: Krantz theilte mir dieses neue Mineral mit, wel- 
ches einerseits mit Apophyllit, andererseits mit Bustamit ver- 
wachsen ist, und von Tetela de Xonalta (Real de minas) in 
Mexiko stammt. Es bildet theils weisse, theils blaugraue La- 
gen in concentrischer Anordnung, ist feinsplittrig oder dicht 
und zeichnet sich durch grosse Härte und Zähigkeit aus. Es 
erinnert an den Okenit, von dem es sich nur quantitativ unter- 
scheidet. 

Beim Erhitzen giebt es Wasser; vor dem Löthrohr ist es 
unschmelzbar. 

Sein spec. Gewicht’ = 2,710 (weisse Abänderung) und 
2,718 (graue) liegt, gleichwie seine Zusammensetzung, zwischen 
dem des Wollastonits (2,85) und des Okenits (2,3). 

Von Chlorwasserstofisäure wird es zersetzt; die pulverig 
abgeschiedene Kieselsäure ist aber in alkalischen Carbonaten 


nicht vollständig löslich. - 
1 


e 2. 
Weisse Graue 
Abänderung. 
2. b. 

Kieselsäure 49,58 47,91 50,25 
Kalk 43,56 43,65 43,92 

Manganoxydul 1,79 
Eisenoxydul 1,31 a er 
Magnesia — 0,74 0,19 
Wasser 3,70 8,16 4,07 
99,94 98,48 100,71. 


Der Sauerstoff des Wassers, der Basen und der Säure ist in 


la = 3,30: 13,15 : 26,43 
ls — 7 3,.34.:193.3: 25:55 
2, —:3,.0219,19:20,30 


— 1:4:8; es ist also 
4CaSi -H ag. 
Zeits.d.d.geol.Ges. XVIIL 1. 3 


34 


Berech 4 = 120 = 49,80 


4ACa— 112 — 46,47 
go 
341 100. 


Der Okenit enthält bei gleicher Menge Kalk doppelt so- 
viel Säure und achtmal soviel Wasser. 

Manche Partien enthalten etwas kohlensauren Kalk, so 
das Material zur Analyse lb; dieselbe wurde mittelst Salz- 
säure gemacht. Von den 48,73 pCt. abgeschiedener Kieselsäure 
lösten sich 41 in kohlensaurer Natronlauge; die übrigen 7,73, 
hart und knirschend, ergaben bei besonderer Untersuchung . 
6,91 Kieselsäure, als Rest Mangan und Kalk. Sie waren also 
nicht unzersetztes Mineral, sondern scheinen etwas Quarz zu 
enthalten. Als aber 8,09 Grm. des Minerals in Stücken fünf 
Wochen in Chlorwasserstoffsäure gelegen hatten und die zer- 
reibliche Masse mit einer Auflösung von kohlensaurem Natron 
gekocht wurde, blieben nur 3,4 pCt. zurück, worin 0,13 Kalk, 
das Uebrige Kieselsäure. Wären die 3 pCt. als beigemengter 
Quarz anzusehen, so würde das Kalksilikat — Ca'° $i° sein, 
was nicht Wrällschennlich ist. Sie geffören also en dem Sili- 
kat selbst an, und dies ist Ca Si. 

Das neue Mineral, welches vielleicht aus dem Bustamit 
durch den Einfluss kalk- und kieselsäurehaltiger Wasser ent- 
standen ist, schlage ich vor, nach seinem Fundort Xonaltit 
zu nennen. 

Der begleitende Bustamit ist strahlig und graugrun 
gefärbt; die einzelnen Individuen zeigen die Augitstruktur. Von 
Säuren wird er schwer angesuleng., at aber eine Spur 
kohlensauren Kalk. 


Sauerstoff 
Kieselsäure AT,35 25,25 
Manganoxydul 42,08 9,62\ 19.36 
Kalk 9,00 52,74 } 
- Wasser | OL, 
» nu 99,75. 
Er ist hiernach 2 Mn | ... 
ae ‚Si, 
& a 


k 
während die früher von Dumas und von EBELMEN untersuchten 
Proben von demselben Fundort etwa 2 At. Manganoxydul ge- 
gen 1 At. Kalk enthalten. 


35 


v 


5. Die Schichten des, Teutoburger Waldes bei 
Altenbeken, 


Von Herrn Scarütsr ın Bonn. 


Die mit dem Bau der Buke-Kreinser — Paderborn und 
Braunschweig verbindenden — Eisenbahn erfolgte Durchtunne- 
lung, des Teutoburger Waldes bietet Veranlassung, nochmals 
auf die diesen Höhenzug zusammensetzenden Schichten zurück- 
zukommen. : 

Der südliche Theil des Teutoburger Waldes, namentlich 
in den jüngeren Gebirgsgliedern, ist durch seine Armuth an 
fossilen Resten seit lange so übel berüchtigt, dass sich selbst 
an jene grossartige Arbeit von geognostischer Seite keine über- 
grosse Hoffnungen knüpften., Gleichwohl haben sich einige 
neue Daten ergeben, welche für die Geschichte des in Rede 
stehenden Distriktes von Interesse sind und eine weitere Glie- 
derung des Gebirges und nähere Parallelisirung einzelner 
Schichten ermöglichen. 

Das Resultat der Untersuchung hätte vielleicht ein noch 
gunstigeres sein können, wenn.es möglich gewesen wäre, bei 
Durchörterung der Schichten selbst gegenwärtig zu sein. Da 
beim Besuche des Tunnels die Ausmauerung jedoch schon 
vollendet war, so blieben für die Beobachtung nur die Einschnitte 
an beiden Enden des Tunnels, an der östlichen und westlichen Seite 
der Wasserscheide; ferner, nachdem man sich über die Gesteins- 
 beschaffenheit der verschiedenen Schichten orientirt hatte, die 
grossen Halden, und ausserdem noch Steinbrüche und einzelne 
in der Nähe liegende Grubenbaue. Das weitaus mächtigste 
Gebilde, der Pläner, wird vom Tunnel nicht berührt, gleichwohl 
in seiner ganzen Mächtigkeit von der Eisenbahn durchscehnitten 
und ist deshalb von Paderborn bis Altenbeken in erwünschter 
Weise aufgedeckt. 

Paderborn liegt an dem orographisch bemerkenswerthen 
Punkte, wo die aus dem Diluvialschutt der Ebene aufsteigen- 


3% 


36 
den Höhenzüge, der Haardstrang, mit östlichem Streichen aus 
der Gegend von Dortmund und Unna kommend, und der nord- 
wärts streichende Teutoburger Wald sich unmerklich verbinden. 

Zwar nicht der eigentliche Rücken, wohl aber das He- 
bungsgebiet des Gebirges erstreckt sich bis in die Stadt Pader- 
born hinein, indem der aus der Stadt hervorströmende Pader- 
fluss, welcher bei seinem Austritte schon der Ebene angehört, 
mit 330 Fuss Seehöhe 80 Fuss tiefer liegt als das in entge- 
gengesetzter Richtung liegende Stadtthor, über welches hinaus 
das Gebirge zu mehr als 1300 Fuss aufsteigt. Das zu be- 
trachtende Gebiet erstreckt sich mithin östlich von Altenbeken 
bis Langeland-Reelsen und westlich bis Paderborn. 

Was die Lagerungsverhältnisse dieses Distrikts im Grossen 
angeht, so bildet die Trias — hier die älteste Formation — 
eine Mulde, deren Östflügel sich fast „ Meile ostwärts vom 
Rücken des Teutoburger Waldes erstreckt. Der Westflügel, 
zum Theil verdeckt, reicht fast bis senkrecht unter den von 
Kreidesandstein gebildeten Hauptkamm des Gebirges, ist aber 
hier nicht abgeschnitten, sondern bildet die Ostseite eines Sat- 
tels, welcher westlich in nicht näher gekannter Weise sich 
gänzlich unter das Kreidegebirge einsenkt. Ein kleiner Sattel 
theilt diese Mulde in zwei Hälften, so dass in der Mitte der 
Keuper, von der dünnen Decke des eingelagerten Lias befreit, 
zu Tage tritt. Die westliche dieser beiden Specialmulden ge- 
hört noch vollkommen dem Teutoburger Walde an, und wir 
werden noch näher auf dieselbe zurückkommen müssen. 

So besteht also die Ostseite des Gebirges aus Trias- und 
'Jura-Schichten, der ganze Westabfall ist dagegen aus Kreide- 
gebilden zusammengesetzt, deren Schichten in regelmässiger 
Folge unter geringem und geringerem Neigungswinkel (13, 9, 
5 Grad) der Ebene zufallen. Der Sandsteinrücken des Gebir- 
ges streicht ‘südwestlich ohne einen Einschnitt. Er hat über 
dem Tunnel eine Höhe von 1192 Fuss. Der ihn überlagernde 
Pläner ist durch ein Querthal, eine Erosion der Beke, durch- 
brochen. Wo dieses Thal beginnt, liegt das Dorf Altenbeken, 
und an diesem Punkte musste das Gebirge durch einen Tun- 
nel geöffnet werden, nachdem bis hierher die Eisenbahn dem 
Laufe der Beke folgen konnte. 


Der bunte Sandstein 


bildet das ‘älteste Glied in der Reihe der Sedimente, welche 
an der Zusammensetzung des Teutoburger Waldes sich bethei- 
ligen. Zwar tritt er in diesem Gebirgszuge selbst nicht zu 
Tage, doch bleibt er im Tunnel der Eisenbahn, welcher 
888 Fuss hoch liegt, nnr etwa 15 Fuss unter der Sohle von 
Muschelkalk bedeckt zurück. Dagegen tritt er östlich, zwi- 
schen Reelsen und Schöneberg zu Tage. Wahrscheinlich ist 
er auch in seinem jüngsten Gliede, dem Röth, entwickelt, da 
dieses Gebilde wenig südlich zwischen Driburg und Reelsen in 
erheblicher Mächtigkeit als ein braunrother, selten grünlich- 
grauer, rasch zerbröckelnder Schieferletten den Wellenkalk 
unterteuft. 


Muschelkalk. 


_ Von dem 5160 Fuss langen Tunnel stehen 110 Ruthen 
im Sandstein des Gault und Hils, der Rest im Muschelkalk. 
Keuper und Lias, welche an der Ostseite den Muschelkalk 
überlagern, sind an der Westseite nicht vorhanden; "der Hils 
liegt hier unmittelbar auf dem Muschelkalk. Da beim Besuche 
‘des Tunnels die Ausmauerung schon vollendet war, so liess 
sich nur auf den aufgestüurzten Halden eine oberflächliche 
Kenntniss über das Auftreten des Muschelkalks im Tunnel ge- 
winnen. Hiernach erscheint er in derselben Entwickelung, wie 
er bis Warburg hin bekannt ist. Unten der Wellenkalk, 
wechselnd mit Dolomitbänken, vorzüglich schöne Exemplare 
von Rhizocorallium Jenense Zexk. umschliessend.. Einzelne 
Schichtenflächen sind reichlich besetzt mit Myophoria orbicularis 
Br. Zuweilen zeigt sich auch Myophoria curvirostris SCHLOTH., 
Lima lineata GOLDF., Entrochus. dubius GoLDF. u. Ss. w. Am 
Tage ist diese Bildung gut zu beobachten an den Gehängen 
des Driburger Thales. 

.Der Schaumkalk hat sich vielleicht nür zufällig der 
Beobachtung entzogen, da er bei Scherfede mit grossem Reich- 
thum an Petrefakten ansteht. 

Mergel und Dolomite, mit grauweissem und gelbgrauem 
körnigen Gyps in reichlicher Menge gefördert, gehören der 
Anhydrit-Gruppe an. | 

Der Hauptmuschelkalk oder Kalk von Friedrichshall 


38 


Ei 
zeigt hier wie überall den oolithischen Muschelkalk, 
(durch einen zerklüfteten, diekschichtigen Kalk weithin in obe- 
ren und unteren geschieden), die Trochitenkalke, gänzlich 
aus Stielgliedern des Encrinus lilüiformis bestehend, und die 
Terebratelbänke, in gleicher Weise aus Terebratula vulgaris 
gebildet. 

Bemerkenswerth ist das Vorkommen des Ceratites semi- 
partitus im Trochitenkalk. Es fanden sich mehrere Exemplare. 
Höher oder tiefer habe ich diese Art nicht gesehen. Ceratites 
nodosus erscheint, wie auch v. SEEBACH (die Conchylienfauna 


. der Weimarischen Trias, 1862, p. 21 bemerkt, noch nicht 


Br 


in dieser Tiefe. 

Das jüngste Gebilde des Muschelkalks sind die Thon- 
platten. Im Gestein des Tunnels wurde fast nur Ceratites 
nodosus, aber in zahlreichen Exemplaren, bemerkt. Sonst sind 
diese Schichten uber Tage gewöhnlich reich an fossilen Resten. 
Einen klassischen Fundpunkt bildet das obere Gehänge des 
Diemelthales bei Dalheim. zwischen Liebenau und Warburg. 

Von fremdartigen Einschlüssen im Muschelkalk ist das 
Vorkommen von Bleiglanz zu erwähnen. In früheren Zeiten 
haben sich daran grosse Hoffnungen geknüpft. Zu verschie- 
denen Zeiten: und an verschiedenen Orten (Neuenherse, Sande- 
beck) eröffnete Grubenbaue haben vergeblich grosse Summen 
verschlungen (J. H. S. Langer, Beitrag zu einer mineralog. 
Gesch. der Hochst. Paderborn und Hildesheim, 1789, p. 15 f.). 

Die Grenze zwischen den Thonplatten und der 


Lettenkohlengruppe 


ist schwierig zu ziehen. Hier ist das östliche Mundloch. des 
Tunnels angesetzt.‘ Unmittelbar daneben fand sich im Stosse 
des Einschnittes die bräunliche Schale der Lingula Zenkeri 
Aı»., welche in Schwaben auf die Lettenkohle beschränkt ist 
(Ueberbl. üb. d. Trias von F. v. Ausertı, 1864, p. 161) und 
Myophoria Goldfussi AuLB., welche nach C. v. SEEBACH (l. c. 
p. 59) nur der Lettenkohle und dem Keuperdolomit angehört. 
Diesen grauen Thonen der Lettenkohle schliesst sich eine 
Folge von grauen und gelblichen, bald körnigen, bald dichten 
Dolomitbänken an, getrennt durch dünne thonige oder merge- 
lige Zwischenschichten. Dieses System bildet die untere Ab- 
theilung der Gruppe. Oben lagern wie in Thüringen die Let- 


u 


39 


tenkohlensande. Beide sind getrennt durch ein. Eisensteinflötz 
von nur geringem Gehalt. Im Sandstein fanden sich Calamites 
arenaceus Brong. und Equisetum columnare BRONG., welche gegen- 
wärtig für eine Art gehalten werden (v. ALBERT! ]. ce. p. 40; 
v. Ertingsuausen, Sitzungsber. d. Wiener Ak. 1852, p. 648). 

Ob im Innern des Tunnels am Westflugel des Muschel- 
kalksattels auch Lettenkohle durchfahren sei, könnte aus dem 
Umstande geschlossen werden, dass gar nicht selten auf den 
Halden der Westseite Stucke mit Lingula Zenkeri und Estheria 
minuta Jox. und in einem festeren Gesteine Zähne von Notho- 
saurus Cuvieri (Quexst. Petrefaktenk. p. 133 t.8 f. 26, Epoch. 


'p: 499; v. AuBERTI l. c. p. 220 zieht die Art zu Nothosaurus 


mirabilis, welche dem ganzen Muschelkalk und der Lettenkohle 
gemeinschaftlich ist) gefunden werden. Da zwischendurch, 
obwohl weniger häufig, sich auch Lias-Stücke finden, welche 
sicher von der Ostseite stammen, so sind möglicher Weise 
auch jene verschleppt worden. 

Da ich die letzten 18 Fuss im Tunnel den unteren 
Thonen der Lettenkohle zuzurechnen geneigt bin, so erreicht 
diese ohne die -13 Fuss des Equisetensandsteins eine Mächtig- 
keit von 130 Fuss. Der sich anschliessende 


Keuper 


ist in seinen bunten Mergeln nur 65 Fuss mächtig. Im Profile 
des Einschnittes folgen sofort Lias-Ihon und Mergel mit Am- 
monites angulatus. Es fehlen also der obere Keuper und der 
unterste Lias. Beide finden sich 2000 Schritte ostsudöstlich. 
Hier lehnt sich nordwestlich vor Reelsen ein Vöorhügel an den 
Hauptkamm des Teutoburger Waldes. Am Gipfel dieser Er- 
hebung stehen Steinbruche in den Schichten des oberen Mu- 
schelkalks in Betrieb, während der Fuss des Hügels, von der 
Altenbeken und Bad Driburg beruhrenden Eisenbahn durch- 
schnitten, dem oberen Keuper und dem unteren Lias angehört. 


‘Den bunten Mergeln ist hier eine mächtige Folge von hellen, 


lockeren Mergelsandsteinen aufgelagert, welche in Folge zahl- 
reicher Glimmerblättehen sich dünnschiefrig absondern. Leider 
verhinderte die Ueberdeckung der Böschungen mit Dammerde 
das Aufsuchen der Versteinerungen des 


40 


Bonebed. 


Da wir es nur mit einer Fortsetzung der Mulde von Willebad- 
essen zu thun haben, so werden sie auch hier nicht fehlen. 
Bei Neuenheerse wurden z.B. beim Wärterhäuschen No. 35 aufge- 
lesen (nur in Bezug auf den Jura von QUENSTEDT p. 31—36): 
Cardium cloacinum, t.1f..37, sehr häufig; Natica sp., t.1f. 17; 
Termatosaurus Albertü, t.2f. 4—8; Hybodus minor, t.2 f.18—20, 
. sehr häufig; Ceratodus cloacinus, t. 2 f. 27; Sargodon tomicıks, 
1.2 £. 36—38; Saurichthys acuminatus, t. 2 f. 42—5l, häufig; 

Fischschuppen: Gyrolepis und Lepidotus, t. 2 £.52—60; Kopro- 
lithen, längliche cylindrische und gestreckte eiförmige et 
ten von spröder Substanz, t. 2 f. 21 u. s. w. Im 


Lias 
fehlen Sandsteine gänzlich. Dunkle Schiefer und Kalkbänke 


üuberdecken die hellen Mergelsandsteine des Keupers. Die 
ganze Folge im Einschnitt bei Reelsen gehört dem 


Lias mit Ammonites planorbis 


an. Von oben nach unten folgen hier: 

1) 4 Fuss kalkige Bänke, an den Verwitterungsflächen 
rostig, sandig, schon ganz an das Aussehen der hier fehlenden 
Bänke der Riesen-Arieten erinnernd. Oben scheint sich Am- 
monites angulatus einzustellen. | 

2) 6 Fuss blaue, dünne, zerbröckelnde Schiefer, 

3) 6 Zoll dunkle Kalkbank, 

. 4) 3 Fuss Oelschiefer, 

5) 4 Fuss vier, durch schieferige Zwischenmittel getrennte 
Kalkbänke, dunkel, fest, an der Luft heller werdend, reich an 
fossilen Resten, i 

6) 2 Fuss Oelschiefer, 

7) 3 Fuss bläuliche Mergel, 

8) 7 Zoll Kalkbank, - 

9) 1 Fuss lockere Schiefer, 

10) 14 Zoll sandige Schiefer mit glatten, Rn 
Ammoniten und Zweischalern, 

11) 3 Fuss dunkle, bituminöse Schiefer, 

12) 9 Zoll feste, bläuliche Kalkbank, ferner 4 Zoll rostige 
Schicht, obere Keupersandmergel. 


41 


An fossilen Resten sind hervorzuheben: 
| Ammonites planorbis Sow., t. 448 (Amm. psilonotus 
laevis Quesst. Oeph., t.3 f. 18) liegt in bester Erhaltung und 
grosser Zahl vorzugsweise in den Bänken No. 5. In den 
Schiefern sind die Stucke völlig flach gedrückt. Diese glei- 
chen den Exemplaren von Watchet in Sommersetshire, doch 
‚mangelt ihnen das Farbenspiel. | 

Ammonites Johnstoni Sow., t. 449 (Amm. psilonotus 
plicatus Quesst. Jura p. 40; Amm. torus D’Ore. t.53; CHaApuss, _ 
nouv. rech. sur les foss. des terr. de la prov. de Luxembourg 
t. 3 f. 2) ist bei Weitem seltener als der vorige. 

Ammonites laqweolus SCHLÖNB., Palaeontogr. Tom. XIII. 
B- IaR ti. 26 1. |, Selten. 

Ammonites angulatus zeigte sich ganz oben in ein 
Paar Exemplaren. 

Einen grossen Nautilus. (ehe Schale) weiss ich bis jetzt 
nicht von Nautilus striatus Sow. t. 182 (Nautilus aratus SCHLOTH. 
Quenst. Ceph. t. 2 f. 14) zu unterscheiden. | 

Modiola Hillana Sow. t. 212 f.2 (9). 
| Lima succincta ScHLotH, (Lima Hermanni Goupr. t. 100 

f.5; cf. OrpEu, Juraf.p.100) häufig, in der Grösse, wie ann 
sie abbildet. Ä 

Lima punctata Sow. t. 113, f.1, 2 (NB. die Nummern 
von Tafel 113 und 114 sind verdruckt, vergl. den Text p. 25) 
ZiETEnN t. 5l f. 3, haufig. 

Lima pectinoides Sow. t. 114; Zıeren t. 69 f. 2. 

Inoceramus cf. Weissmanni Orreu, Juraf. p. 101. 

Avicula sp. 

Pecten ef. Trigeri OPpEL, Juraf. p. 109. 

Pecten Hehli »’Ors., Prodr. 7, 130 (Pecten glaber Hxuı, 
I a a 

Ostrea sublamellosa Dunker, Palaeont. t. 5 f. 27—30 
(Ostrea irregularis Quesst., Jura p. 45 t. 3 f. 15; Cnapvis et 
DewAngue 1. c. p.220t. 32.3). Die Art gleicht mitunter einer 
jungen Gryphaea arcuata mit breiter Anwachsstelle. Diese stellte 
Goupruss t. 99 f. 5 als Ostrea irregularis dar. Aufgewachsen 
ahmt sie zuweilen alle Windungen und Rippen des Ammonites 
Johnstoni nach. Häufiger a8 hier tritt sie im Lias mit Ammo- 
nites angulatus auf. 

Terebratula perforata Pietts (Terebratula psilonoti 


2 


Quesst., Jura t.4 f. 21; Orrer, 'Zeitsch. d. deutsch. geol: Ges. 
Bd. XIU. S. 531; Terg. e. Pıette in M&m. soe. geol. 1865, 
p. 115), selten; die Darstellung bei Quexstepr ‚stimmt gut. 
Bisher wurde die Art aus der Zone des Amm. angulatus. eitirt. 

Pentacrinus psilonoti Quasst., Jura p. 590 587. 
Sehr häufig. 

Cidaris psilonoti Quesst. Jura p. 51 t. 9: f. 12... Sehr 
haufig, doch wie in Schwaben nur Stacheln und einzelne 
A Beide, wie auch der Pentacrinus, bedecken oft die 
ausgewaschenen Kluftflächen. Westlich von Germete ist diese 
unterste Stufe des Lias in gleicher Weise entwickelt. 
| Kehren wir in den Tunneleirischnitt zurück, so giebt die 
Fortsetzung des Profiles zunächst die 


" Schichten mit Ammonites angulatus. 


Es sind. dunkele Thone und sandige Schiefer, in denen 
zahlreiche verkieste Exemplare dieses Ammoniten BEEER Feste 
Kalkbänke sind selten. 

Auch diese Zone findet sich selbstständig in den beiden 
südlichen Mulden von Willebadessen und Germete und auch in 
dem Lias von Dalheim östlich. ‘von Warburg. 

Was sonst an fossilen Resten vorkommt, scheint kaum 
auf die Zone beschränkt zu sein, vielleicht mit Ausnahme von 
Unicardium cardioides (Corbula cardioides PrıwL., Zıer. t. 63 
f. 5; Quanst., Jura 1.3. 21). 

So häufig Ammonites angulatus auch am Teutoburger Walde 
gefunden wird, so hat sich doch nur die typische Form gezeigt 
(Qussst. Cephal., t. 4f. 2). Im Alter verlieren sich die schar- 
fen Rippen auf den Seiten und dann entsteht, was D’ORBIGENY 
1.93 als Ammonites Moreanus darstellt. Den Ammonites Char- 
massei D’OrB. t. 91 mit schon in der Jugend runden, dichoto- 
men Rippen halte ich für eine gute Art. OPPEL, Juraform. p. 75 
vereint ihn. auch mit Ammonites angulatus. In den festen, blauen 
Kalken südlich von Stuttgart findet er sich häufig fussgross; 
am Teutoburger Walde wurde nie etwas Aehnliches bemerkt. 

Uebrigens haben die prächtigen, verkiesten Stücke von 
Neuenheerse mehrfach zu Missdeutungen Veranlassung gegeben; 
so wurden sie einmal für Amm. Parkinsoni des braunen Jura 
angesprochen und ein andermal für Amm. interruptus des Gault 
gehalten. [ 


43 
Schichten mit Ammonites obliquecostatus. 


Zwischen den Schichten mit Amm. angulatus und den 
Arcuaten-Kalken finden sich dunkele Thone und Schiefer, wel- 
che in grosser Menge einen kleinen, durchschnittlich nur 25 Mm. 
srossen Ammoniten einbetten. Aus der Willebadessener Mulde 
ist dieser Ammonit als Amm. Bronni Rom. aufgeführt. Wenn 
diese Bestimmung sich auch nach Vergleich mit Originalexem- 
plaren von Diebrock als entschieden unhaltbar herausstellte, 
so war es gleichwohl nicht möglich, die Form mit einer be- 
kannten Art zu identificiren. Nun hatte Herr Professor OPPEL 
die Gefälligkeit mitzutheilen, dass er den Amm. obliquecostatus 
Zıet. bei Kaltenthal unweit Stuttgart, d. h. an der Stelle, von 
wo ZIETEN die Art beschrieben hat, aufgefunden habe, und dass 
das westphälische Vorkommen völlig mit dem Kaltenthaler über- 
einstimme. Dies hätte sich nach Zırrten’s Darstellung nicht 
vermuthen lassen. Ziısten’s Exemplar, 80 Mm. gross, hat 
zahlreiche, auffallend stark nach rückwärts gebogene Rippen 
und einen von zwei tiefen Furchen eingefassten Kiel. Unsere 
Stucke sind in der Jugend glatt und stellen dann wohl dar, 
was QUENSTEDT (Jura p. 71, t. 8 f. 7) Ammonites miserabilis 
nennt, doch lässt er ihn unmittelbar über Arcuaten-Kalken lie- 
gen. Erst allmälig entwickeln sich Kiel und Rippen, und zu- 
gleich wird die Mundöffnung gegen den Rücken zu breiter. 
Der Kiel im Gegensatz zum scharfen Kiel des Amm. geomeiri- 
cus stumpf. Die Rippen, 22 auf dem Umgang, sind kurz, fast 
gerade und oft kaum merklich rückwärts gebogen, nur an we- 
nigen Exemplaren auf den Rucken fortsetzend und dann der 
Mündung zugeneigt. Von den Kiel einschliessenden Furchen 
ist nur selten eine Andeutung wahrzunehmen, und entwickeln 
sich diese jedenfalls ungleich. Einzelne Stücke mit 10 Mm. 
breitem Rücken,‘ bei denen die Mundhöhe 7. Mm. beträgt und 
die Rippen 6 Mm. Länge haben, tragen noch keine Spur von 
Furchen, bei anderen Exemplaren dagegen bemerkt man sie 
schon in jüngerem Alter.*) Doch sagt OppzL: „der Ammonit 


*) Ammonites geometricus hat keine Furchen, seine Mundöffnung ist 
oben und unten gleich breit, aber höher als breit. wie Stücke zeigen, 
welche ich dem Herrn Senator H. Roensr in Hildesheim verdanke, der 
sie an derselben Stelle aufhob, von wo A. RoEMER seinen identischen 
Ammonites Natrix von Scauorn. beschrieb. — Eine gute Abbildung ver- 
öffentlicht in diesem Augenblicke ScaLönsacn in Palaeontogr. tom, XIII, 
t. 26 £. 3. 


44 


erhält im ausgewachsenen Zustande eine noch ausgeprägtere 
Form. Die Rippen neigen sich dann sogar etwas nach rück- 
 wärts#* und der Kiel auf dem Rücken wird zuletzt von zwei 
Segesefiirchen begleitet, welche dem Ammoniten in der Jugend 
fehlen.* 

Quenstepr hielt den Ammonites obliquecostatus ZIET. anfangs 
(Flötzgebirge Würtembergs p. 132) für einen kranken gekiel- 
ten Arieten, dann vermuthete er darin einen Kruppel von Amm. 
Waleotti Sow., Cephal. p. 79), und endlich glaubte er (Jura 
p. 173) den gesunden Amm. obliquecostatus in den Amaltheen- 
-thonen von Grosseisslingen gefunden zu haben. Was er aber 
als solchen t. 22 f. 30 zeichnet, ist ganz etwas Anderes. Man 
sieht, wie schwierig die Deutung war, 

Ammonites obliquecostatus ist vertikal auf ein sehr enges 
Lager beschränkt. Im Bett des Amm. angulatus fehlt er noch 
entschieden, und in den höheren eigentlichen Arcuaten-Bänken 
habe ich ihn nie bemerkt. | | 

An anderen fossilen Resten fanden sich zwei Exemplare 
von Amm. angulatus und ausser Bruchstucken von Pecten, Lima 
u. Ss. w. eine Gryphaea, welche sich mit der der folgenden 
Schicht angehörigen Gryphaea arcuata nicht vereinen lässt. Sie 
ist in allen Grössen fast eben so lang wie breit, wenig gerun- 
zelt, mit schwach angedeuteter Furche. Vielleicht liegt vor, was 
SENFT Gryphaea nucleiformis nennt (Zeitsch. d. deutsch. geol. 
Ges. Bd. X. S. 349). 

Sodann Pentacrinus ef. angulatus OPPEL, Juraf. p. 7. Win- 
zige, längsgestreifte Cidariten - Stacheln und der Arm einer 
Ophiure, welcher vielleicht - zu Ophioderma Gaveyi_ WRIGHT 
(Annals a. mag. of nat. hist. 1854, p. 25, t. 13 f. 1) gehört, 
die zwar auch dem Lower Lias entstammt, jedoch einem etwas 
höheren Niveau angehört, indem sie mit Amm. ee das- 
selbe Lager theilt. 

In neuerer Zeit ist man in Norddeutschland auf eine 
Zone im Gebiete der Arietenschichten aufmerksam geworden, 
welche man mit dem Bett des von OrpEL für Suddeutschland 
über den Amm. Bucklandi gelegten Amm. geometricus OpPp. iden- 
tifieirt. (OPper, Juraf. p. 14; U. ScHLöngacH, über den Eisen- 
stein des mittl. Lias, Zeitsch. d. deutsch. geol. Ges. 1863, 
Bd. XV. 8.500; R. Wagner, Verh. des naturh. Ver. der preuss. 
Rheinl. und Westph. 1864, Jahrg. 21, 8. 15 und früher ibid. 


45 


Jahrg. 17, 1860, 8.161.) Doch scheinen in der Sache wenig- 
stens noch starke Zweifel obzuwalten. CO. v. SEEBACH (der 
hannöversche Jura, 1864, p. 15) versichert ausdrücklich, eine 
Auflagerung des Amm. geometricus auf den Schichten mit Amm. 
Bucklandi sei nicht beobachtet und daher die Möglichkeit einer 
lokalen Stellvertretung nicht ausgeschlossen. Weiter fand U. 
SCHLÖNBACH. neuerdings den Amm. geometricus in der Hilsmulde 
unmittelbar uber den Amm. angulatus gelagert; die Bucklandi- 
Bänke fehlen dort (Zeitsch. d. deutsch. geol. Ges. Bd. XV. 
S. 657). Und neuerlich schreibt er (Neues Jahrb. f. Min., Geol. 
u. Pal., 1864, p. 214): „es ist mir zweifelhaft geworden, ob 
eine Ueberlagerung der Zone des Amm. Bucklandi durch die 
Gesteine, welche durch Amm. geometricus charakterisirt werden, 
für Norddeutschland faktisch nachweisbar ist.* 

Nach allem diesem erscheint es räthlich, nochmals auf die 
Verhältnisse im Altenbekener Tunneleinschnitte zurückzukom- 
men, um so mehr, als auch hier bei minder vollständigem 
'Aufschlusse eine Ueberlagerung des mit Amm. geometrieus viel- 
leicht mitunter verwechselten Amm. obliquecostatus uber die 
Schichten der Riesen-Arieten leicht als erwiesen hätte angese- 
hen werden können. . 

Der Einschnitt steht an der Sudwestseite der Muldenwan- 
dung jener westlichen Specialmulde, von der oben die Rede 
war. Jederseits des Muldentiefsten treten also dieselben Schich- 
ten wieder hervor. Scheinbar ist dieses nicht der Fall, indem 
die Lagerung der Schichten mit Amm. angulatus, mit Amm. 
obliquecostatus und den Riesen-Arieten in ungestörter Aufein- 
anderfolge sich zeigt, dann eine Gebirgsstörung eintritt, welche 
die festen, dicken Bänke der Riesen-Arieten zerreisst und ver- 
wirft. So sieht man hier nicht den Ostflügel dieser charakte- 
ristischen Bänke. Die weiter folgenden Thone und Mergel — 
‘der Ostflügel der Schichten mit Amm. angulatus und oblique- 
costatus — zeigen aber keine Schichtung, und ohne vollstän- 
digen Aufschluss würde man sie dem Westflügel der Riesen- 
Arietenbänke mit nordöstlichem Fallen regelmässig aufgelagert 
wähnen. 

Mit dieser Betrachtung ist es auch erst verständlich, dass | 
im ganzen Einschnitte nur ein östliches Fallen bemerkt wird, 
während nur 800 Lachter weiter aufwärts in den Eisenstein- 
sruben sämmtliche Schichten mit 30 bis 60 Grad nach Westen 


46 


einfallen. Hier haben wir den Ostflügel der Mulde, dessen 
Schichten sich allmälig mehr aufheben. Der ganze Westflügel 
ist ein Raub der Denudation geworden, welche hier seitlich 
wirkte, während am Sudrande der Mulde ihre Wirkung von 
oben nach unten ging, die jüngeren Schichten zerstörend und 
nur die tiefsten zurucklassend, so dass es auch vergeblich wäre, 
hier den jungeren Eisenstein noch aufsuchen zu wollen. Die 
Muldenlinie streicht h. 2, die Grenze des Hilssandsteins ver- 
läuft etwa h. 11, so dass die Mulde sich allmälig unter den 
Hils einschiebt und dieser sich auf den Ostflugel der Lias- 
Schichten legt, wodurch eine scheinbare OConcordanz der La- 
gerung hervorgerufen wird. 


Schichten mit Ammonites GFmündensis. 


Die oben schon erwähnten dicken Bänke eines rauhen, 
dunkelen, mitunter etwas sandigthonigen Kalksteins mit mer- 
seligen Zwischenlagen gehören mit ihren zahllosen Exemplaren 
der typischen Gryphaea arcuata dem Arcuaten-Kalk an. 

Das an zweiter Stelle häufigste Fossil ist Avicula inaequi- 
valvis Sow. t. 244 f. 2 (Monotis inaequivalvis QuENST., Jura 
p- 79, t.9 f.16, 17; Avicula sinemuriensis D’ORB., Prodr. I. T, 
No. 125)*) Dann kommen Lima gigantea_Sow. 77 (ZIETEN 
251 2.5 > Cuapvis ‘et 'Dewangue le 128872, 223 ED 
und die schlecht erhaltenen Formen der riesigen gekielten 
- Arieten. 

Diese Zone ist überall im südlichen Theile des Teutobur- 
ger Waldes vorhanden. Noch westlich von Germete tritt sie 
auf, aber hier als Eisensteinflötz. Die ganze Schichtenfolge 
der Juraformation, welcher hier in nicht unerheblicher Mäch- 
tigkeit entwickelt ist, scheint über den untersten Lias, d. h. 
über Quesstepr’s Lias ao, nicht hinaus zu greifen. Nachdem 
man die Bänke des bunten Sandsteins und Muschelkalks, wel- 
che unter 35 Grad südwestlich einfallen, überschritten hat, 
streicht eine wechselnde Folge von kalkigen und schiefrigen 
Schichten quer über die Strasse. Ein neben dem Wege be- 
findlicher Wasserriss giebt über die innere Natur dieser Sedi- 


*) Oppeı, Juraf. p. 567 versetzt die SoweErgy’sche Art in die Zone 
des Amm. macrocephalus. C. v. Sersach, der hannöv. Jura p. 101, 
meint, sie gehe durch den ganzen Lias und Dögger. 


47 


mente die sichersten Aufschlüsse, und die in genügender An- 
zahl vorhandenen organischen Reste lassen selbst an der Stel- 
lung der einzelnen Bänke keinen Zweifel. Wir haben das 
Bett des Amm. planorbis und dasjenige des Amm. angulatus vor 
uns. Die Entwickelung ist vollkommen derjenigen gleich, wel- 
che der oben charakterisirte Eisenbahneinschnitt aufdeckte. 
Wo die Höhe steiler anhebt, kommen wir beim Saume des 
Waldes (südlich von Wethem) in die Region des Eisens. 
Von Versuchsbauen liest hier seit einer Reihe von Jahren eine 
Menge Erz aufgeschüttet, mit dem zugleich eine grosse Zahl 
fossiler Organismen zu Tage gefördert ist. Austern (Gryphaea 
arcuata) und grosse gekielte Arieten übertreffen an Zahl der 
Individuen alles Andere und verrathen das Aequivalent des 
schwäbischen Arcuaten-Kalkes, dessen wichtigste Formen wir 
auch im Teutoburger Walde wieder erkennen. 

Durch Grösse wie durch häufiges Vorkommen zeichnet sich 
eine dem Amm. Brooki Sow. t.190 verwandte Form aus, wel- 
che wohl zu 

Ammonites Gmündensis Orprpeun (Juraf. p. 80) gehört. 

„Was diese grossen Exemplare besonders auszeichnet, ist die 
Form ihrer Mundöffnung, welche innen bedeutenden Durch- 
messer besitzt, sesen den Rücken hin aber schmäler wird. 
Letzterer trägt einen hohen Kiel, dagegen biegt die Schale un- 
mittelbar neben den seitlichen Furchen um. Die Windungen 
besitzen eine breite Suturfläche, über welcher die Rippen am 
derbsten beginnen, gegen den Rücken hin aber schwächer wer- 
den und beinahe verschwinden. Auf den inneren Windungen 
sind dieselben feiner und mehr genähert.* Anfangs glaubt 
man noch eine zweite Form wahrzunehmen, welche mit Amm. 
multicostatus Sow. (t. 454, Zier. t. 26 £.3) einige Aehnlichkeit 
hat, doch überzeugt: man sich bald, dass es nur die inneren 
Windungen des Amm. Gmündensis sind. 

Sonst zeigten sich in dieser Schicht nur noch ein Paar 
Windungsstücke von ) | 

Ammonites rotiformis Sow. t. 453; Zen. t. 26 f. 1; 
D’ORR. t. 89; was QuensteDT, Jura t. 7 f. 1, unter dieser Be- 
zeichnung abbildet, stimmt weniger. 

Belemnites acutus MınnEr (Bel. brevis Buaınv.). Die- 
ser erste Belemnit- tritt in dieser Tiefe nur ganz vereinzelt 
auf, Damit stimmt das Vorkommen an fremden Lokalitäten. 


48 
OrrEL hebt (Juraform. p. 80) ausdrücklich hervor, dass Bel. _ 
acutus sich zum ersten Male in Gesellschaft des Amm. Gmün- 
densis zeige. 

Die Brachiopoden lassen sich an die folgenden drei Namen 
anknüpfen: 

Rhynchonella belemnitica Quasst. Jura p. 73, t. 8 
f. 15. Unsere Exemplare zeigen nur die halbe Grösse von- 
QueEnstepr’s Darstellung. 

Rhynchonella Deffneri OrreEu, Zeitsch. d. deutsch. 
geol. Ges. Bd. XIU. S. 535; Quesst. Jura p. 73, t..8. Von 
Quexsstepr’s Abbildung seiner Terebratula triplicata juvenis lie- 
gen namentlich die unter f. 20—23 (Jura t. 8) abgebildeten 
Formen vor. 

Spirifer Walcotti Sow. häufig. | 

Lima punctata Sow. Einzelne Schalen zeigen die netz- 
förmig, vertheilten Doppelpunkte parasitischer Bohrer (Quensr. 
Jura, 1.4 f. 1). 

Pecten textorius ScHLOTH. GoLpF. t. 89 f. 9. 

Avicula inaequivalvis Sow. 

Pinna cf. Hartmanni Zıer. p. 74, t. 35-f. 6. 

Thalassites giganteus Quessr., Jura p. 81, t. 10 £.1 
(Cardinia gigantes CHAPuIs, nouv. rech. sur les foss. des terr. 
second. de la prov. de Luxembourg p. 8 t. 7 f. 1), häufig. 

Modiola sp. 

Zerbröckelnde Schiefer scheinen 2 Hangende dieser 
Eisenbänke zu bilden, wie der Haldensturz eines alten Schach- 
tes zeigt. Fossile Reste fanden sich darin nicht. 


Schichten mit Ammonites planicosta. 


Im Einschnitte selbst schliesst der Lias mit den Arieten- 
Bänken ab; wenig nördlich aber legen -sich allmälig jüngere 
Schichten an. Es fehlt zwar an guten Aufschlüssen, doch 
fand sich: ; 

 Ammonites planicosta Sow. t. 73 (Amm. capricornus 
Zıen. t.4f. 8; Amm. capricornus nudus QuEnst., Jura t. 12 f. 5); 
cf. OpeEL, Juraf. p. 87 und C. v. SezpAcHh, d. hannöv. Jura 
p. 20, U. Scuuönsach, Zeitschr. d. d. geol. Ges. Bd. XV. S. 521. 

Ammonites raricostatus Zien. t. 13 f. 4. Die Abbil- 
dung ist nicht sonderlich, besser in Quenstepr’s Cephal, sich | 
f. 3b; n’Orsıeny t. 54; Quessr., Jura t. 13 f. 16, 18). 


49 


Dieselben Formen zeigten sich auch in der Willebadessener 
Mulde und daneben noch: 

Ammonites ziphus Zıen. t.5 f. 4 (= Amm. sparsino- 
dus Qurnst., Oephal. t. 4 f. 5, Quasst., Jura t. 12 f. 2). 

Jedenfalls ist ersichtlich, dass der Lias 3 Quenstepr’s mit 
Orrzn’s Zonen des Amm. obtusus, des Amm. oxynotus und des 
Amm. raricostatus am Teutoburger Walde nicht wie in Sud- 
deutschland entwickelt ist. Wenn sich die Schichten mit 
Amm. planicosta auch häufig der Beobachtung entziehen, so feh- 
len sie doch wohl nirgendwo. Auch in der grossen, noch sehr 
ungenugend gekannten Lias-Partie von Herford sind sie vor- 
handen. { 


Schichten mit Ammonites armatus. 


Nur die ausgezeichnete Form des Amm. armatus kann den 
Namen leihen; alles Uebrige ist weniger bestimmt. 

Diese Schicht ist im Teutoburger Walde wie in den sub- 
hereynischen Hügeln (U. SchtLöngach, Zeitsch. d. deutsch. geol. 
Ges. Bd. XV. S. 465 ff.) als ein oolithischer Eisenstein ge- 
kannt und bildet in seinen constanten, weit verbreiteten Cha- 
rakteren einen wichtigen geognostischen Horizont. Mehrfach 
(Altenbeken, Teutonia-Hütte bei Borlinghausen u. s. w.) ist er 
durch Grubenbaue gut aufgeschlossen und hat eine grosse 
Menge fossiler Reste geliefert. Zu nennen sind: 

Belemnites elongatus MıuL. (Bel. paxillosus SCHLOTH.). 

Nautilus intermedius Sow. t. 125. Bei Altenbeken 
und Borlinshausen häufig. Mitunter sind. noch Reste der 
Schale erhalten. 

Ammonites armatus Sow. t. 95; viel besser die Abbil- 
dung bei p’OrsIenyY t. 78. Was OPren, der mittlere Lias 
Schwabens t. 1 f. 4, als Amm. armatus Sow. zeichnet, ist etwas 
Anderes; auch Omapuvis 1.c.t.4f.4 ist zweifelhaft. Bei Alten- 
beken und Borlinghausen nicht selten. Es liegen vollständige 
Exemplare bis 77 Zoll Durchmesser vor und Bruchstücke, wel- 
che eine noch ansehnlichere Grösse verrathen. Einzelnen Exem- 
plaren fehlt die flache Fältelung zwischen den Stachel -tragen- 
den Rippen und auf dem Rücken, doch ist die Zugehörigkeit 
zweifellos; denn andere Stucken zeigen, dass bei weiterem 
Wachsthum sich diese Skulptur theilweise verliert. 

Auch nördlich vom Harze in derselben Schicht nachgewiesen. 

Zeits.d.d.geol.Ges.XVILL it. 4 


50 


Ammonites brevispina Sow. t. 556 f. 1 (Amm. bi- 
punctatus Rorn., Ool. p. 193; Scunössach l. e. p. 517; Cua- 
Puis. li: 171 8.-3) 

Ammonites caprarius QuExst., Jura p. 131, t. 16 £. 1. 
Nur ein Exemplar bei Altenbeken. 

Ammonites Jamesoni Sow. t. 555; Quexssr., Jura t.15 
f. 1-5. Das kleinste bei Borlinghausen gefundene Stück von 
17 Mm. Mundhöhe stimmt gut mit den grössten Stücken von 
Diebrock, welche 15 Mm. Mundhöhe erreichen. Der jetzt ge- 
wöhnlich als Jugendzustand betrachtete Amm. Bronni RoEn. 
wurde nie beobachtet. Dies ist um so auffallender, als unter 
160 bei Diebrock gesammelten Exemplaren kaum ein Dutzend 
die Form des Amm. zeigen, alle übrigen den Amm. 
Bronni darstellen. 

Ammonites Oppeli Schuöns., Zeitsch. d. deutsch. geol. 
Gesellsch. Bd. XV. S. 515, t. 12 f.2. Vier Exemplare von 
Altenbeken und Borlinghausen, bis 9 Zoll gross, stimmen in 
der äusseren Form und den Loben gut mit der Darstellung 
SCHLÖNBACH’S. SCHLÖNBACH nennt ihn auch von Amberg. Was 
ich dort in gleichem Niveau fand, ist zwar in Form und 
Grösse nahestehend, ‘aber in der Lobatur verschieden. 

Ammonites cf. Lynx v’Ore. t. 87. Ein Exemplar bei 
Borlinghausen. 

Ammonites Birchiü Sow. t. 267; D’Orp. t. 86. Ein 
Exemplar von Borlinghausen noch ein wenig grösser als die 
Zeichnung bei SowErbY. Auch vorliegende Original-Stücke von 
Lyme-Regis stimmen gut. Die schwache Andeutung breiter, 
tlacher Wellen zwischen den Rippen und etwas deutlicher auf 
dem Rücken lässt die Abbildung bei SowErgy vermissen; D’OR- 
BIGNY versucht sie zu geben. | 

Ausserdem sind noch — von unbestimmbaren Fragmenten 
abgesehen — zwei Ammoniten zu nennen, welche in der Nähe 
von Borlinghausen frei gefunden wurden, von denen aber nur 
vermuthet werden kann, dass sie dem Eisensteinflötze ange- 
hört haben: 

Ammonites Taylori Sow. t. 514 f. 1*) und 

Ammonites striatus Reın. - 


*) Die Darstellung Sowersy’s stimmt vortrefflich. In Süddeutsch- 
land findet sich am häufigsten eine Varietät jederseits mit zwei Knoten- 


5l 


Unter den Gastropoden zeichnen sich zwei Pleurotoma- 
rien durch häufiges Vorkommen aus: 

Pleurotomaria tuberculato-costata Goupr. t. 184 
%. 20. 

Pleurotomaria solarium Kocu, Palaeont. I. t. 25. 

Pholadomyen zeigten sich in vielen und prächtigen Exem- 
plaren: 

Pholadomya Hausmanni Goupr. t. 155 f. 4, Cnapuıs 
Felt], 

Pholadomya ambigua Sow. t. 227. 

Inoceramus cf. ventricosus Sow. t. 443, selten. 

Pecten priscus SCHLOTH., GoLpr. t. 59 f. 5. 

Ostrea cymbii OPPEL, der mittl. Lias Schwab. t.4 f. 8. 

Gryphaea gigas ScHLoTHa., GoLpr. t. 85 f. 1.*) Sehr 
häufig. Ist nicht verschieden von den Stücken, welche man 
“ Meile östlich von Amberg auf den Feldern und in festen 
Conglomeraten gleichen Niveaus findet. ; 

Spirifer rostratus SCHLOTH. 

Spirifer verrucosus Buch. 

Spirifer Münsteri Davis. 

Terebratula subovoides Rornm., Ool. t. 2 f. 9; OPPEL, 
mittl. Lias Schwab. t. 4 f.1. SCHLÖNBACH vereint die Art mit 
Ter. punctata Sow. t. 15 f. 4. 

Terebratula ef. cornuta Sow. Selten; nur drei Exem- 
plare. : 

Rhynchonella rimosa Buca; Davis. t. 14 f. 6; Zier. 
t. 42 f. 5. 

Rhynchonella Buchii Rorm., Ool. t. 2 £. 16. 

Rhynchonella eurviceps Quasst., Jura t. 17 f.13—15. 

Pentacrinus subteroides Quanxst., Jura p. 197 t. 24 
f. 35, 36. Ein Mal beobachtet; weiter oben gemein. 

Cidaris, 45 Mm. gross. Leider fast ganz ohne Schale und 
daher nicht sicher bestimmbar, aber jedenfalls dem Diadema 


reihen [Quesst., Ceph. t. 9 f. 21; Jura t. 16 f. 8; Zırten t. 10 f. 1 
(Amm. proboscideus)]. Dergleichen ist im Teutoburger Walde nicht ge- 
sehen. f 

*) Ueber die Benennung dieser bisher als G@ryphaea eymbium Lam. 
in Norddeutschland bekannten Art ist zu vergleichen: U. SchLönbach 
l. e. p. 316 und Schsürzs, über die Juraformation in Franken p. 2. 


4* 


52 


seriale Leym. bei CortEav, Yonne p. 35 t. 1 f. 4-8 (Desor, 
 Synops. t. 14 f. 12 Diademopsis serialis) nahestehend. 


Schichten des Ammonites capricornus.- 


War das Liegende des Eisensteinflötzes schlecht gekannt, 
so steht es mit dem Hangenden zur Zeit wenig besser. Es 
folgt eine mächtige Ablagerung dunkeler Thone, worin ich kein 
Fossil auffand. Selbst beim Schlämmen blieb kein Ruckstand. 
Doch erhielt ich ein Exemplar von 

Ammonites fimbriatus Sow. t. 164; Quexst., Jura t. 16 
f. 13; Carus 1. et. 5 f. 4. Bei Borlinghausen ist die Art 
nicht selten, viel häufiger äber ist dort: 

Ammonites capricornus SCHLOTH., D’ORB. t. 69; CHa- 
puıs 1. e.t. 5 f.3; cf. Amm. maculatus QuEnse., Jura t. 121.3; 
OrrEL, Juraf. p. 156; C©. v. Seupach, der hannöv. Jura p. 137;. 
Scuunöngach 1. c. p. 520. Auch die Lias-Insel bei Horn lieferte - 
prächtige Exemplare. Die neuerlich abgeschiedene Varietät: 

Ammonites curvicornis SCHLÖNB. ]. €. p. 522, t. 12 f. 4 
wurde ebenfalls bei Borlinghausen beobachtet. Auch vermuthe 
ich, dass 

Ammonites Üentaurus D’ORB. t. 76 f. gang "OPPEL, 
mittl. Lias Schwab. p. 56, t.3 £. 8, Quenst., Cephal. t. 14 
f.9 und Jura p. 135, t.16 f. 16 dieser Schicht angehört. Die- 
selbe Vermuthung kann nur gelten von 

Ammonites Loscombi Sow. (Amm. heterophyllus numis- 
malis QuEnst., cf. OrPEL, Juraf. p. 162, welcher in zwei Exem- 
plaren eingebracht ist. 


Amaltheenthone, 


Die vielfach versuchte Trennung der Amaltheenthone in 
eine untere Abtheilung mit Amm. margaritatus (Amm. amaltheus) 
und in eine obere mit Amm. spinatus (Amm. costatus) hat sich 
im Teutoburger Walde noch nicht durchführen lassen. Bei 
Altenbeken sind diese Schichten nicht mehr gekannt, dagegen 
weiter südlich, bei Borlinghausen, in reicher Fülle entwickelt. 
Durch das Vorkommen zahlreicher Foraminiferen knüpft sich 
hier noch 'ein besonderes Interesse an dieselben. Zugleich 
sind die Amaltheenthone hier von technischer Bedeutsamkeit, 
indem sie mehrere Sphärosideritflötze einbetten, welche abge- 
baut und verhüttet werden. 


93 


Mit den Amaltheenthonen schliesst der Lias und die Jura- 
formation überhaupt im südlichen Theile des Teutoburger 
Waldes ab. Jüngere Gesteine dieser Periode finden sich nur 
im nördlichen Theile des Gebirges. 

So finden sich die Posidonienschichten in erheblicher 
Mächtigkeit südlich von Oerlinghausen mit Belemnites acuarius 
SCHLOT., Amm. communis Sow. etc. — 


N Kreideformation. 
Schichten mit Ammonites bidichotomus. 


Von der mächtigen Sandsteinbildung der unteren Kreide 
gehören in unserem Profile nur die untersten 45 Fuss dem 
Neocom oder Hils an. Dieser durch Amm. bidichotomus cha- 
racterisirte Sandstein ruht bald auf Muschelkalk, bald auf Keu- 
per, bald auf Lias. Zwar wurden im Tunnel selbst keine or- 
ganischen Reste beobachtet, doch sind deren nördlich und 
sudlich gekannt. Abgesehen von einigen neuen Funden hat 
F. RoEMER die wichtigsten Versteinerungen schon früher nam- 
haft gemacht. Die Funde bei Neuenheerse wurden 1852 im 
Jahrbuche für Mineralogie etc. p. 185 aufgezählt. Ueber die 
Einschlusse nördlich gelegener Punkte ist derselbe Autor zu 
vergleichen 1. ec. 1850 p.385—417, 1848 p. 786, 1845 p. 269. 
— Eine häufig vorkommende‘ Lingula beschrieb DünkeEr 
(Palaeont. Bd. I. S. 130, Taf. XVIII. Fig. 9) als Lingula 
Meyeri, vielleicht identisch mit Lingula truncata Sow. (Davım. 
Brit. Cret. Brach. S. 6, Taf. I. Fig. 27, 28, 31). — 


Schichten mit Ammonites Martini. 


Der gelbe Hilssandstein ist nach den im Tunnel erlangten 
Aufschlüssen durch eine 14 Fuss mächtige Grünsandbank von 
dem rothen Gaultsandstein getrennt. Der Grünsand besteht 
zum Theil aus einem äusserst festen, quarzigen Gestein mit 
eingestreuten Glaukonitkörrern, zum Theil aus einer Anhäu- 
fung meist lose verbundener Glaukonitkörner, zum Theil aus 
einem glaukonitischen Gestein, dessen Grundmasse ein thoniger 
Eisenstein von röthlicher Farbe bildet. 

Durch das Auffinden des Amm. Martini (D'Ore. p. 195, 
pl. 95 £. 7—10), welcher vollkommen mit den kleineren Exem- 
plaren der Barler Brege bei Ahaus übereinstimmt, wird ein 
Theil jenes Grünsandes mit Bestimmtheit als Aptien oder un- 


54 


terer Gault charakterisirt. Zugleich wird durch diesen Fund 
wahrscheinlich gemacht, dass Gesteine des unteren Gault, welche 
bisher nur an dem der holländischen Grenze zugekehrten 
Rande des westphälischen Kreidebeckens bekannt waren, sich 
in grösserem Maasse an der Zusammensetzung dieses Becken 
betheiligen und namentlich an der gesammten Nord- und Ost- 
Grenze in ihren Ausgehenden werden nachgewiesen werden. 


Schichten mit Ammonites Milletianus. 


Die obere Partie des eben gedachten Grünsandes hat eine 
Reihe fossiler Reste geliefert, welche beweisen, dass hier die 
Folge der Versteinerungen dieselbe ist wie in den nördlich vom 
Harze gelegenen Gegenden, und dass dieser Theil des Grün- 
sandes dem mittleren Gault entspreche. Namentlich zeigten sich 
mehrere Exemplare von Amm. Milletianus D’Or».t. 77; Amm. 
Raulinianusv»’OrB.t.68; Hamites cf. elegans D’Ore. pl. 133. 

Ferner Arca carinata Sow. t. 44, 23 (n’Ore. pl. 313 
f+12=8.: 7 Pıorter u. 'Rowx;Geneve! p: A624 1.92 2. 

Pecten Darius v’ORB, Prod. IH. p. 139. (Wahrscheinlich 
nicht verschieden von Pecten orbicularis Sow. t. 186). 

Lima sp.? 

= Turbo sp.? 

Wahrscheinlich streicht auch diese Schicht durch den gan- 
zen Teutoburger Wald; denn nahe an seinem Endpunkte fand 
ich im Bette der Ems im Liegenden der Schichten, welche 
sich durch Belemnites minimus und Amm. lautus als oberen 
Gault darstellen, Thone mit Eisensteingeoden, aus welchen 
sich zahlreiche Exemplare von Amm. tardefurcatus Leyı. 
(Aube t. 18 f. 3, D’Ore. t. 71 f. 5) und Amm. Milletianus 
‚ ausgelöset hatten. 


Schichten mit Ammonites splendens. 


Dem Grünsande des mittleren Gault ruht ein rother, eisen- 
schüssiger Sandstein auf, dessen Mächtigkeit 145 Fuss beträgt. 
In diesem Sandsteine steht das westliche Mundloch des Tun- 
nels. Versteinerungen sind in dieser Ablagerung nicht selten. 
Namentlich zeigten sich: 


Belemnites minimus Lister, jedoch nur Exemplare ° 


mit verlängerter Spitze; cf. V’ORs., Pal. fr. t. 5 £. 6. 
Amm. splendens Sow., D’ORB. pl. 68, 64. Nicht selten. 


/ 


55 


. Amm. auritus Sow., D’ORB. pl. 65. 

Amm. cf. Renauxianus v’Ors. pl. 27, nur im Abdruck. 

Hamites rotundus Sow., D’ORB. pl. 132. 

Trochus sp.? : 

Trigonia sp.? Mit dicken, wulstigen Rippen. 

Pinna sp. n. Bis 9 Zoll gross. Nicht selten. 

Inoceramus concentricus PaArk., p’Ore. pl. 404. 
Häufig. His: \ 

Peeten ef. Raulänianus v’OrB. pl. 433 f. 6—9. 
Pecten Darius v’Ors., Prod. I. p. 139 (=? Peet. or- 
bicularis Sow.); haufig. 

Janira Albensis D’Ors. Prod. 1. p. 139. 

Terebratula sp. Grosse biplicate Form; ist breiter und 
hat schärfere Falten wie Ter. Dutempleana D’ORB. 

Holaster latissimus Acass. (4 Hol. amplus D’ORB.), 
D’Ore. pl. 836, 837, 838; häufig. Ebenso in Frankreich in 
gleichem Niveau. 

Cardiaster sp. nov. Nicht selten. 

Der rothe Sandstein wird von einem weissen, gewöhnlich 
festen und dann in eckige Brocken zerfallenden, seltener 
erdigen, vielfach zellig zerfressenen und zuweilen knollig sich 
ablösenden Quarzgesteine überlagert, welches im weiteren Strei- 
chen sich in ächten Flammenmergel verwandelt. Die unteren 
2 Fuss sind mergelig und glaukonitisch. 

In dieser unteren Schicht wurden nur Spuren unbestimm- 
barer Zweischaler wahrgenommen. In den oberen Schichten 
fand sich ausser Pecten Darius‘ 

Ammonites inflatus Sow. t. 778. 

Die in Rede stehenden Schichten sind an vielen Punkten 
deutlich aufgeschlossen, vorzüglich zwischen dem Bahnhofe 
von Altenbeken und dem Tunnel einerseits und Bahnhofe und 
dem Dorfe andererseits. Die Ansicht, welche zwei Schichten- 
complexe von der angegebenen Beschaffenheit im Gebirge zu 
sehen vermeinte, ist durchaus irrthümlich. Die scheinbare 
Wiederholung der Schichten mit Amm. inflatus und der sogleich 
zu erwähnenden beruht auf einer Verwerfung. Die Verwer- 
fungskluft selbst ist an den beiden genannten Punkten in sel- 
- tener Deutlichkeit offen gedeckt und ihrem Fallen und Strei- 
chen nach zu beobachten. 
Das jüngste, sandige, nun folgende Gebilde der unteren 


56 


Kreide ist ein rauher, lockerer, bunter Sandstein von grüner, 
violetter und rother Farbe. An fossilen Resten haben sich 
in demselben nur Spuren von Belemniten gefunden. 

Hierauf beginnen mit dem Sommer-Berge die kalkigen und 
mergeligen Gesteine der oberen Kreide; die unmittelbare Auf- 
lagerung derselben auf den Gault ist jedoch verdeckt. Doch 
ist ein einzelner Punkt vorhanden, an dem man die Schichten 
kennen lernt, welche das unmittelbare Hangende des Buntsan- 
des bilden. Durch die Senkung eines» Gebirgsstüuckes an der 
oben erwähnten Kluft ist ein vor dem Einflusse der Denuda- 
tion mehr geschützter Raum entstanden, welcher von einem 
aschgrauen, lockeren, thonigen Gestein, welches sich beim 
Schlämmen gänzlich aufwäscht, ausgefüllt ist. Die Organismen 
desselben f 

Ammonites splendens und 

Avicula gryphaeoides 
scheinen mit Sicherheit die Zugehörigkeit dieser Schichten zum 
Gault darzuthun. Denn kennt man auch Avicula gryphaeoides 
noch in der Tourtia nördlich des Harzes, so ist sie hier doch 
keine so häufige Erscheinung wie im oberen Gault, und Amm. 
splendens ist bisher, so weit uns bekannt, noch niemals in 
cenomanen Gesteinen, nur im Gault aufgefunden worden. 


Versteinerungsarmer Plänermergel 


von hellgrauer Farbe, bröckliger Beschaffenheit, lagenweise 
geordnete, kopfgrosse Kugeln eines sehr festen, thonigen Kal- 
kes von gleicher Farbe umschliessend, bildet, etwa 80 Fuss 
mächtig, die liegendste Schicht des Pläners, welche als solche 
schon von Becks gekannt ist. (Geog. Bem. üb. einige Theile 
des Münsterlandes, KArsten’s Archiv Bd. 8.) Da dieser Mer- 
gel den Atmosphärilien keinen nachhaltigen Widerstand ent- 
gegensetzen kann, so bildet er an der Ostseite steile Abfälle, 
während er nach Westen zu von den schützenden, festen Varians- 
Schichten überdeckt ist. Besonders deutlich ist sein Verhalten 
zu beobachten am Sommer-Berge, der sich unmittelbar am 
Bahnhofe Altenbeken erhebt, und an der kleinen Egge, westlich 
von den Extersteinen, an der Strasse von Horn nach Schlangen. 
(Diese Lokalität wurde schon von F. Horrmann 1825 in den 
Annalen der Physik p. 30 beschrieben.) Ziemlich mit Recht 
gilt dieser Mergel als versteinerungslos. Erst nach langem, 


57 


sehr wiederholtem Suchen gelang es, ein Bruchstück einer 
speeifisch nicht näher bestimmbaren Scyphia, ein Exemplar 
von /noceramus striatus und Amm. varians aufzufinden. Diese 
Funde weisen nur auf Cenoman überhaupt hin, eignen sich 
aber- zur genauesten Feststellung des Alters nicht. Dagegen 
können diese Mergel nach den Lagerungsverhältnissen kaum 
etwas Anderes als ein Aequivalent der Tourtia darstellen, dem 
‚die fossilen Reste in keiner Weise widersprechen. 


Schiehten mit Ammonites varians. 


Das Gestein ist ein bläulicher, fester Kalk, abgesondert 
in dicken Bänken, in Folge dessen er zu grossen Werkstücken 
besonders geeignet ist. Vielfach wird er von weiten Kluften 
durchsetzt, welche von Brauneisenstein angefullt sind, der in 
früheren Jahrhunderten und auch gegenwärtig wieder bei 
Schwanei bergmännisch gewonnen wird. Wohl nirgendwo ist 
der Varians-Pläner in so grossartiger Weise aufgeschlossen 
als hier bei Altenbeken, zu beiden Seiten des „grossen Via- 
ducts“, indem er zur Ausmauerung des Tunnels und zur Auf- 
führung der grossen Viaducte das Material lieferte. 

Unter den vielen fossilen Resten, welche er umschliesst, 
sind zu nennen: | | 

Ammonites varians Sow., D’ORB. pl. 92, SHARPE t. 8. 
So häufig auch dies Fossil ist, so wurde hier doch nie die 
_ aufgeblähte Varietät (Amm. Coupei Broxenx., Env. de Paris pl. 6 
f. 3, SHarPpE t. 8 f. 1—4) beobachtet. 

Ammonites navicularis Mant., SHARPE t. 18. Die Haupt- 
form Amm. Mantelli Sow. hat sich nicht gezeigt. 

Der am Harze diesem Niveau angehörige Amm. falcatus 
Mant. wurde, obwohl er dem westphälischen Becken nicht 
fremd ist (A. RoEmer eitirt ihn von der Waterlappe, und ich 
selbst hob ihn bei Essen auf), nicht gefunden. Dagegen fand 
sich eine andere Form, welche in den subhereynischen Hügeln 
constant höher zu liegen scheint, in zwei Exemplaren, nämlich: 

Ammonites Rotomagensis Darr., Bronen. 

Dass Amm. Mayorianus D’ORB. trotz der sehr bedeuten- 
den Aufschlüsse sich nicht zeigte, ist immerhin eine bemer- 
- kenswerthe Thatsache, da er in der älteren Tourtia Westpha- 
lens und in dem jüngeren Rotomagensis-Pläner nördlich vom 
Harze häufig auftritt. Doch ist zu bemerken, dass diese Form 


58 


im Varians-Pläner am Harze anfangs gleichfalls vermisst 
(Jahrb. für Min. 1857 p. 785), später als Seltenheit aufgefun- 
den wurde (Zeitsch. d. deutsch. geol. Ges. Bd. XT. S. 33). 

Turrilites tuberculatus Bosc., SHArPR t. 25 f. 1-4, 
p’Orp. t. 144. 

Turrilites Scheuchzerianus PBosc., SHARPE t. 26 
f. 1—3, n’Ore. t. 146. 

Turrilites costatus Lam., SHARPE t. 97. f. 1—5, selten. 

Inoceramus striatus Me GoLpr. t« 112.1. 2, 

Pecten Beaveri Sow. t. 131. 

Pecten depressus Goupr. t. 92 f. 4. 

Plicatula inflata Sow. t. 409 f. 2. 

Pholadomya sp. n. 

Terebratula cf. biplicata Broc. 

Rhynchonella cf. Mantelliana Sow. t. 537 £. 5. 

Epiaster distinctus Ac. sp. (D’Ore. t. 861; CortEau 
et TRıGER, Sarthe t. 26 f. 6, 7; Aus. Gras, Isere p. 55, t. 4 
f. 1, 2. Ueberall aus Cenomanien genannt. 

Holaster sp.? häufig! Eine kleine globose Form, ähnlich 
der Darstellung des Holaster subglobosus bei CorTtEau et Trı- 
GER, Sarthe t.33£.7,8. Vielleicht gleich Holasier altus Acass., 
Echin. Suiss. t.3 f.9, 10. — Gleiche Stücke lieferte der jün- 
gere cenomane Grünsand bei Dortmund, namentlich auch der 
Zeche Westphalia. 

Holaster nodulosus Goupr. p. 149, t. 45 f.6 = Ho- 
laster carinatus D’ORB., terr. cret. Echin. p. 104, t. 818. Da 
D’ORBIGNY sich auf Lamarck (An. sans vert. III. p.26 No. 6) 
beruft, LamaArck selbst aber die Bezeichnung von L&Esk& (KLaın, 
natur. disp. Echin. p. 245, t. öl f. 3, 4) entlehnt, die beige- 
gebene Abbildung aber sicherlich nicht den Spatangus nodulo- 
sus und wahrscheinlich überhaupt keinen Holaster darstellt, 
vielmehr nicht bestimmbar ist, so muss die von GOLDFUSS ge- 
gebene Bezeichnung aufrecht erhalten werden. 

Discoidea cylindrica Acass., Echin. Suiss. t. 6 f. 13, 
15; = G@alerites canaliculatus GOLDF. t. 41 f. 1. In normaler 
Grösse, aber selten. Fruher schien die Art nach v. STROMBECK 
am Harze auf den Rotomagensis - Planer beschränkt zu sein, 
doch hat sie sich nach neueren Mittheilungen auch dort im 
Varians-Pläner gezeigt (Zeitsch. d. deutsch. geol. Ges. Bd. XV. 
S. 114). 


59 


Discoidea subuculus Ku. Die specifische Bestimmung 
ist wegen sehr ungünstiger Erhaltung nicht zweifellos. 


Schichten mit Ammonites.Rotomagensis. 


In dem ersten Eisenbahneinschnitte westlich von dem grossen 
Viaducte finden sich zuerst mergelige Gesteine, sodann weisse 
feste Kalke, die dem unteren, harten Brongniarti-Pläner gleichen. 
In beiden herrscht völlige Versteinerungslosigkeit; denn ausser 
einem grossen Zahne von Ptychodus, welcher frei gefunden 
wurde und vielleicht noch dem Varians - Pläner entstammt, 
wurde kein Fossil gesehen. Wir haben es mit armen Roto- 
magensis-Schichten zu thun. So wenig diese Bänke auch dem 
Paläontologen darbieten, so haben sie doch fur den Mineralo- 
gen Interesse, indem sie von flachen Kalkspathgängen durch- 
setzt werden, welche Skalenoeder umschliessen, die eine Grösse 
von 4 und 5 Zoll erreichen. 

Die Armuth an fossilen Resten ist übrigens nur sehr loka- 
ler Natur. So wie man sich nur wenig südlich wendet, trifft 
man an der nach Buke führenden Chaussee ein Paar unbe- 
deutende Aufschlusspunkte, in denen sich charakteristische Pe- 
trefakten in Menge zeigten: Amm. Rotomagensis, Amm. varians, 
Turrilites costatus, T. Scheuchzerianus, Scaphites obliquus, Plicatula 
inflata, Pecten orbicularis u. s. w. Das letzte Fossil hat uns 
vom Aptien an durch alle Schichten begleitet und spielt hier 
also eine ähnliche Rolle wie Monotis decussata in der Porta 
Westphalica. 

So lässt sich dieses Niveau nördlich und südlich verfolgen. 
. ‚Die befriedigendsten Aufschlüsse finden sich bei Lichtenau, wo 
in grösster Zahl alle jene Formen auftreten, welche nördlich 
vom Harze den Rotomagensis-Pläner charakterisiren: 

Ammonites Rotomagensis Derr., Bronan. in Ouv. 
oss. foss. tom. Il. p. 606, t.6 f.2; v’Ore. terr. cret. pl. 105; 
Sharpe t. 16 f. 1; mit Uebergängen zu Amm? Sussexiensis MANT. 
bei Smarpr t. 15 f. 1 und Amm. Cenomaniensis p’ArcHıac bei 
SHarPE t. 17 f. 1; wird 16 Zoll gross. Zerschlägt man ein 
grosses Exemplar, so tragen die inneren Windungen bei 1,5 Zoll 
'Scheibendurchmesser in der Medianlinie des Ruckens schmale, 
verlängerte Höcker, welche zusammenhangend einen knotigen 
Kiel bilden und stellenweise einen Knoten mehr tragen als die 
Seiten (Sharpe t. 18 f. 1b). Bei 2,5 Zoll verschwindet diese 


60 


Bildung und bei 5,5 Zoll Grösse beginnen die Rippen über 
den Rücken fortzusetzen. — Sehr häufig. 

Ammonites varians Sow. Häufig. 

Ammonites navicularis Mant., Smarpe t. 18 f. 1-2. 
Sehr selten. Nur zwei Exemplare wurden beobachtet. 

Ammonites Majorianus »OrB.? Bis 16 Zoll gross; 
nicht selten, aber alle Stücke ohne Einsehnürungen. 

Nautilus elegans Sow.t. 116; D’Ors. t. 19; SHARPE 
159, 659, AnAstle 

Nautilus eepansus Sow.t. 485; Smarpe t. 2 f. 3—5 
= Naut. Archiacianus D’ORB. t.21. Durch die Nabelkante und 
feine Streifung der Schale leicht kenntlich. 

'Scaphites aequalis Sow. t. 18 f. 1—83. 

Turrilites Scheuchzerianus Bosc. 

Turrilites tuberculatus Bosc. ' 
 Hamites cf. armatus Sow. t. 168. Mit vier runden, 
dicken Knoten. 3 

Pleurotomaria perspectiva Sow. t.428; D’Ore. t. 196. 

Inoceramus striatus Mant., D’Ore. t. 405. 

Pecten depressus GoLpF. t. 92 f. 4. 

Pecten Beaveri Sow. t. 138; Goupr. t. 92 f. 5. 

. Lima intermedia v'Ore. t. 421 f. 1—5. 

Plicatula inflata Sow. t. 409 f. 2; D’ORre. t. 463. 

Rhynchonella cf. Mantelliana Sow. 

Terebratula biplicata Broc. 

Discoidea cylindrica Lam. (Galerites cylindrieus Lam. 
Anim,. sans vert. tom. III. p. 23 No. 13 = Galerites canalicu- 
latus GoLdF. p. 128 t. 41). 

Holaster cf. nodulosus GOoLDF. 

Holaster subglobosus LEske. Kıem, nat. disp. Echin. 
p. 240 t. 54 f.2, 3; Acass., Echin. Suiss. (in Neue Denkschr. 
der Schweiz. Ges. für d. Naturw. Bd. IIL.) t. 2 f. 7—9; die 
beste Darstellung bei Forses, Mem. of the geol. Survey, dec. 
IV.,t. 7 f. 1-4. Sehr häufig. 

Holaster sp. n. Der vorigen Art verwandt, aber mehr 
kugelig, mit abgestutzter Vorderseite und schmalen Fühlergän- 
gen. Sehr häufig. 

Von den genannten Formen waren Amm. Mantelli und 
Pecten Beaveri lange nur im unteren Cenoman gekannt, sind 
jedoch auch dort in jüngerer Zeit im Rotomagensis - Pläner 


61 


aufgefunden worden (s. Zeitsch. d. deutsch. geol. Ges. Bd. XV. 
S. 114 u. 118). Scaphites aequalis, Turrilites Scheuchzerianus 
und tuberculatus scheinen auch bis jetzt dort in diesem Niveau 
noch nicht aufgefunden zu sein. 

", Da Nautilus elegans, N. ewpansus, Scaphites aequalis und 
Pleurotomaria perspectiva bei Altenbeken im Varians-Pläner wohl 
nur zufällig nicht gesehen sind, indem sie an anderen Punkten 
Westphalens in gleichem Niveau, wie bei Dortmund und Bo- 
chum und zum Theil bei Rheine, nicht selten beobachtet wur- 
den, so beruht die Verschiedenheit des Rotomagensis- und 
des Varians-Pläners wesentlich nicht auf der Verschiedenheit 
der Species, sondern auf der grösseren oder geringeren Indi- 
viduenzahl einiger Arten. — Ganz besonders ist noch die ver- 
tikale Verbreitung des gmm. Rotomagensis hervorzuheben. Am 
Harze auf den Rotomagensis - Pläner beschränkt, fanden wir 
ihn in Westphalen schon in den Varians-Schichten, und er- 
scheint er selbst schon in der noch älteren Tourtia. Hier zeigte 
er sich unweit Essen in den Schächten Prosper, Neu-Essen 
‘und Hoffnung und in den seit langer Zeit für Tourtia-Petre- 
fakten berühmten Fundpunkten, dem Böhnertschen Steinbruche 
und den Brüchen bei Frohnhausen, wo wir ihn selbst aufhoben. 


Schichten mit /noceramus mytiloides. 


Auf der Bahn nach Westen weiter schreitend, findet man 
im Hangenden der Rotomagensis-Schichten den ziemlich festen, 
zerklüfteten, mergeligen, rothen Pläner anstehend. Da er weder 
beim Ackerbau, noch zu architektonischen Zwecken verwendet 
werden kann, so bietet er nirgendwo gute Aufschlussstellen. 
Doch ist er nach den auf den Feldern umherliegenden Brocken 
im Streichen gut zu verfolgen. So in der Richtung nach 
Schwanei und Herbram. Von Petrefakten wurde keine Spur 
angetroffen. Hiernach könnte man geneigt sein, diese Schich- 
ten den armen Rotomagensis-Schichten zuzuzählen, wenn nicht 
das Verhalten an anderen Lokalitäten unzweifelhaft ergäbe, 
dass der rothe Pläner den Mytiloides-Schichten angehöre. Ein 
solcher Punkt findet sich an der Ostseite des Teutoburger 
Waldes bei Stupelage zwischen Detmold und Bielefeld. Hier 
wechsellagert rother und weisser Pläner, und beide sind er- 
füllt von zahlreichen Exemplaren des /noceramus mytiloides. 

Kehren wir in unser enges Gebiet zurück, so sehen wir 


62. 
den rothen Pläner von grauweissem, vielfach zerklüuftetem Mer- 
gel überlagert, welcher zwischen den Wärterhäuschen 54 und 55 
in das Niveau der Eisenbahn tritt. Paläontologisch ist dieses 
Gestein charakterisirt durch das massenhafte Auftreten des 
Inoceramus mytiloides Mant., Suss. t. 28 f. 2 (= Myti- 
loides labiatus BRONGN. in Cuv., 0ss. foss. t.3 f. 4; = Tmoce- 
ramus problematicus SCHLOTH. sp. bei D’OreB. t. 406), GoLDF. 
t. 113 f. 4. Leicht an diesem nirgendwo fehlenden Fossil 
kenntlich, bildet dieser Mergel eine wichtige Stufe im West- 
phälischen Pläner. In südlicher Richtung tritt er dicht unter 
dem Gipfel des hohen .Brocksberges, vom festeren Bron- 
gniarti-Pläner geschützt, hervor, streicht in ziemlich gerader 
Richtung weiter, dicht östlich an Lichtenau vorbei, nimmt hier 
eine westliche Richtung an und ist in dieser stetig am ganzen 
Sudrande des westphälischen Kreidebeckens zu verfolgen. Auch 
nordwärts ist er gekannt, und selbst an dem äussersten Punkte 
des Plänervorkommens überhaupt, bei Oeding, ist sein Niveau 
angezeigt. x 
Das an zweiter Stelle häufigste Fossil ist 

Rhynchonella Cuvieri D’ORR. t. 497; Davms. t. 10. 
Mit Uebergehung einiger anderer Brachiopoden ist das Vor- 
kommen kleiner Discoideen, welche an keiner Lokalität zu 
fehlen scheinen, hervorzuheben. 

Ehemals wurden alle hierhergehörigen kleinen Formen als 
Galerites subuculus zusammengefasst. Seitdem sind von Agassız, 
Desor und CoTTEAU eine Menge Arten unterschieden und ver- 
schiedenen geognostischen Niveaus zugetheilt worden. Die 
Erkennung dieser Arten setzt: Exemplare von vorzüglichster 
Erhaltung voraus, an denen alle Details deutlich sichtbar sind. 
Eines der vorliegenden Stücke zeigt auf jeder Ambulacraltafel 
nur ein Porenpaar, wodurch sofort zwei Arten: Discoidea mi- 
nima Ac. und Discoidea pentagonalis Corr. mit drei Paar Pedi- 
cellen-Oeffnungen auf einer Platte von der Betrachtung ausge- 
schlossen werden. Der Scheitelschild besteht aus 5 Augentäfel- 
chen und 5 völlig normal entwickelten und regelmässig gestell- 
ten Genitalstücken, deren jedes von einer Ovarial-Oeffnung 
durchbrochen ist. Hiernach liegt auch Discoidea subuculus KLEIN, 
mit nur vier normalen, durchbohrten, unregelmässig gegfellten 
Genitalstücken, nicht vor. Diese Art ist auch noch sonst ver- 
schieden, ihre Basis mehr eingedrückt, ihr Peristom grösser 


63 


u. s. w. Discoidea decorata, conica und turrita, dem Gault 
angehörig, sind durch den Scheitelschild und anderweitig hin- 
reichend unterschieden. Da auch Discoidea eylindrica nicht in 
Frage kommen kann, so bleiben nur noch Discoidea infera und 
Diseoidea Archiaci übrig. Letztere, durch ein rundes Periproct 
kenntlich, muss auch von der Untersuchung ausgeschlossen 
werden. Es erübrigt also nur Discoidea infera DEsor, von der 
CoTTEAU angiebt, dass sie ein regelmässiger Begleiter des /no- 
ceramus mytiloides sei. Der von ÜoTTEAu vergrössert gezeich- . 
nete Scheitetschild (Pal. frauc., terr. eret. t. 1013 f. 6) stimmt 
gut mit unserem Stücke überein. Dagegen zeichnet CoTTEAU 
ibid. f.4 die Poren nebeneinander statt schräg übereinander und 
stell: auf den Interambulacraltafeln die in vertikaler Reihe 
stehenden grossen Tuberkeln nicht in die Mitte der Tafel, son- 
dern nähert sie den Ambulacren. Ausserdem giebt er bis sie- 
ben grössere Stachelwarzeu auf einer Platte an, während wir 
nicht mehr als drei dergleichen sehen.: Diese Widersprüche 
lösen sich grossentheils durch die Darstellung, welche in den 
Echinides du departement de la Sarthe par CoTTEAU et TRIGER 
t. 63 f. 4 (wozu leider der Text noch fehlt) gegeben wurde. 
Hier stehen die Poren schräg und die Hauptstachelwarzen 
ziemlich in der Mitte der Tafel. Auch erkennt man hier besser 
die Anordnung der feinen Granula in Reihen, welche alle der 
im Mittelpunkte stehenden, grösseren Stachelwarze zustrahlen. 
So bleibt nur noch der einzige Unterschied, dass auch hier 
die Zahl der Stachelwarzen zu gross angegeben wird. Vor- 
läufig kann diese Verschiedenheit nicht als eine specifisch be- 
trachtet werden und ist deshalb die vorliegende Art mit Dis- 
coidea infera Das. zu vereinen. 

Viel häufiger als die eben betrachtete ist eine zweite 
Art, an der selbst mit scharfer Lupe weder die Poren noch 
die einzelnen Tafeln des Scheitelschildes zu erkennen sind. 
Der Rand und die Unterseite sind mehr aufgebläht als bei der 
vorigen Art, und die feine Granulation ist so dicht gedrängt, 
dass kein freier Zwischenraum bleibt. Sie hat Merkmale von 
Discoidea minima (Pal. fr. t. 1012 f 1—7; Echin. Sarth. t. 63 
f. 6—8) und Discoidea pentagonalis Corr. (Pal. fr. t. 1012 
f. 8&—12). Die grössere Zahl der, vorliegenden Stücke theilt 
Grösse und Form mit Discoidea minima. 


64 


Weniger häufig ist die zierliche 
"Salenia granulosa FoRsBzs. | 

Sie wurde in mehreren Exemplaren am Uhrenberge bei Her- 
bram, bei Ebbinghausen und zwischen - und Hörde. 
aufgefunden. > | 

In Frankreich wird die Art aus Senonien von -Beauvais 
u. s. w. und in England aus dem Lower Chalk von Dover 
erwähnt: FoRBES führt sie zuerst auf fraglich als Salenia scu- 
tigera in Dixon’s Geologie of. Sussex p. 340 und gab t. 25 
f. 24 eine fast unkenntliche Abbildung. Vier Jahre später 
führte er sie (in Morkrıs Catal. of Brit. Foss.) als neue Art 
unter dem Namen sSalenia yranulosa ein. Drsor (Synop. des 
Echin. foss. p. 152) führt sie als Salenia inerustata Cont. auf. 
Corrzau endlich gab Pal. franc., terr. eret., Echin. irreg. p. 167 
t. 1089 f. 6-21 eine treffliche Darstellung der Art, wodurch 
erst eine Vergleichung ermöglicht ist. Leicht kenntlich ist die 
Art an dem grossen eigenthüumlich granulirten Scheitelschilde. 
Der Rand desselben ist, was CorreAu übersieht, gewöhnlich 
mit einem Kranze feiner Körner, am deutlichsten an den Augen- 
täfelchen, umsäumt. Die ganze Gestalt sehr niedrig. Zahl der 
Interambulacraltafeln vier, daher nur zwei bis drei grosse 
Stachelwarzen. ® 

Ausser einigen weniger bedeutenden Vorkommnissen ist 
noch eines wichtigen Fossils zu gedenken, des | 

Ammonites Cunningtont, 
den Suarpz, Descrip. of the Fossil Remains of Molluska found 
in the Chalk of England p. 35 t.15 darstellt. Er ist mit dem 
Amm. Rotomagensis verwandt, was ersichtlich wird, wenn man 
durch Zerschlagen eines Stückes die inneren Windungen bloss- 
legt. Bei Essen, Bochum, Langendreer, Dortmund, Fröhmern 
ist die Art an keiner Stelle selten. Dort ist sicher darauf zu 
rechnen, dass, wo der Mytiloides-Mergel -ansteht, man auch den 
 Amm. Cunningtoni zu Gesicht bekommt. 

Herr v. Srromseck hat den Amm. Rotomagensis in zwei 
4 bis 5 Zoll grossen Exemplaren bei Fröhmern im Mytiloides- 
Mergel gefunden (Zeitsch. d. deutsch. geol. Ges. Bd. XI. S. 47). 
Ohne Zweifel sind auch dies innere Windungen von Amm. 
Ounningtoni. . 

Ammonites Lewesiensis MantT. (cf. v. STROMBECK I. c. p. 46) 
im südlichen Westphalen weniger häufig als der eben ge- 


65 _ 
nannte wurde gleichfalls in unserem Distrikte noch nicht auf- 
gefunden. ä | 


Schichten mit Inoceramus Brongniarti. 


Den Mergeln des Mytiloides-Pläners ist eine Schichten- 
folge aufgelagert, welche unten feste, häufig zellig angefressene 
Kalke, weiter oben mergelige, dem normalen Plänervorkommen 
petrographisch ähnliche, dünngeschichtete Bänke zeigt. Hin 
und wieder bemerkt man geringe Ausscheidungen von Horn- 
stein und gelegentlich lockere, erdige Partien. 

Die von diesen Gesteinen umschlossene Fauna ist eine 
der Arten- wie Individuenzahl nach sehr geringe. Eine Spon- 
gie fallt durch die zierliche, regelmässige Form auf. Es ist 
ein doppelt kegelförmiger, oben niedrig kugelförmiger, unten 
verlängerter, in einen Stiel verlaufender Schwamm. Die Ober- 
seite zeigt eine grosse centrale Oeffnung mit vorstehendem 
Rande. Das Gewebe ist an der Oberfläche dicht, im Innern 
etwas lockerer. Unregelmässige Eindrücke wie bei Sceyphia 
Jungiformis GoLpr. t.65 f. 4 fehlen gänzlich. Es ist eine neue 
Art der Gattung Camerospongia, welche sich zwischen Cam. 
Fungiformis und Cam. campanulata stellt (vergl. RoEMER, Spongit. 
in Palaeont. Bd. XIII. 1. und 2. Lief. p. 5). 

Holaster planus Mast. sp. (Sussex, t. 27 f.9 u. 21, 
schlecht; p’Ore., Pal. frane., Echin. t. 821). Selten. 

Infulaster excentricus (= Spatangus excentricus ROSE, 
in Woopwarn’s Geology of Norfolk t.1 f.5; = Cardiaster ex- 
centricus FORBES, Geol. Survey Decad. IV. t. 10 f.1—18; 
— (Cardiaster Hagenowi D’ORB., Paleont. franc., Echin. t. 832 
f. 1—7; — Infulaster Borchardi Hac. in Desor, Syn. des Echin. 
foss. p. 348, t. 89 f. 1—5). Selten. 
| Diese beiden Echiniden wurden ebenfalls als grosse Sel- 
tenheit in den Galeriten-Schichten von Graes bei Ahaus beob- 
achtet. Dort zeigte sich auch die aus dem Mytiloides-Mergel 
bekannte Salenia rugosa, welche auf Unter-Turon beschränkt ist. 

Das verhältnissmässig häufigste Fossil ist 

Inoceramus Brongniarti Mant., Sussex, t. 27 f. 6, 
1. 28 f. 1 u. 4 (die beiden letzten Abbildungen von MANTELL 
Inoceramus Ouvieri genannt); GoLpr. t. 111 f. 3 und /nocera- 


mus annulatus- GoLpF. t. 110 f. 7; Inoceramus cordiformis Sow. 
Zeitschr. d. d geol.Ges. X VII .1. 5 


66 


- 


t. 440, bei Goupr. t. 110 f.6b.; v. Stroup. Zeitsch. .d. deutsch. 
geol. Ges. Bd. XT. S. 49 Bd. XV. >. 39L 

Ammonites Woolgari Mant., Fossils of the South 
Downs.t. 21 f. 16, 1. 22 f. 7; Sow., Min. Conks ri 
SHARPE t. 11 f. 1, 2 (non Amm. Woolgari Mant. bei D’ORB., 
terr. eröt. t. 108 f. 1-3 = Amm. Vielbancei n’Ore., Prodr. 1. 
p- 189); + Amm. Carolinus D’ORB., terr. eret. t. 91 f. 5-6; 
— Amm. Bravaisianus D’Ore. ibid. t. 91 f. 3--4 und SHARPE 
t.28 f.7. Die Art wurde namentlich südlich von Haaren und 
auch nördlich von Büren im Brongniarti - Pläner beobachtet. 
Aus dem gesammelten Material ergiebt sich, dass diese Art in 
der That in den verschiedenen Alterszuständen die Formver- 
schiedenheiten zeigt, wie sie recht gut bei SmArPE dargestellt 
- sind. Es ergiebt sich aber auch weiter, dass in der Jugend 
nur ein glatter Rückenkiel vorhanden ist; erst bei 30 bis 
35 Mm. Durchmesser wird der Kiel sägeförmig. Deshalb ist 
auch der glatt gekielte, sonst völlig übereinstimmende Amm. 
Bravaisianus D’ORB. synonym mit Amm. Woolgari. 

Ammonites Lewesiensis Manrt., Fossils of the South 
Downs t. 22f. 2, SHARPE p. 46, t.21f.1. Die Stücke sind alle 
wenigstens fussgross, und wie bei den Vorkommnissen der Myti- 
loides-Mergel bildet die steile Suturfläche mit der Seite eine 
Kante. Die Seiten sind mit kurzen, wulstartigen Rippen ver- 
sehen, welche den Rücken nicht erreichen. Auf dem letzten 
Umgange zählt man 15 Rippen. Die Exemplare aus den Myti- 
loides-Mergeln zeigen nur 10 und zugleich weniger stark her- 
vortretende Rippen. 


Schichten mit Micraster Leskei. 


Oestlich vom Dorfe Neuenbeken gelangt man in eine Zone, 
wo in der Gesteinsbeschaffenheit, namentlich auch gegen den 
oberen, noch zu besprechenden Pläner, ein auffälliger Gesteins- 
wechsel stattfinde. Keine Absonderung in glatte, parallele Bänke. 
Das Gestein löset sich unregelmässig wulstig ab, ist fester, 
dunkeler und zeigt auf den Ablösungsflächen einen dunkelgrauen 
bis schwarzen Anflug. Zuweilen bemerkt man auch Glaukonit- 
körner, bald vereinzelt, bald mehr gehäuft. 

Diese Schichten bilden weithin das Liegende der viel 
mächtigeren Ablagerung mit Epiaster brevis. Südlich folgen sie 
der Linie, welche auf der v. Decnuzn’schen Karte die Verbrei- 


67 


tung der nordischen Geschiebe angiebt und werden namentlich 
an derselben Stelle von der Chaussee geschnitten, welche von 
Paderborn nach Lichtenau führt. Südlich von Paderborn bil- 
den sie die Klippen bei Hamborn, welche v. DECHEN durch 
grüne Farbe schon hervorhob u. s. w. 

Mit dem Gesteinswechsel zeigt sich auch eine sehr auf- 
fallende Veränderung in der Fauna, welche gleichmässig von 
den liegenden wie von den hangenden Schichten verschieden 
ist. Zunächst ist dieselbe negativer Natur. Von Inoceramen 
fanden sich nur wenige unbestimmbare Spuren. Von dem im 
jüngsten Pläner so häufigen Epiaster brevis wurde kein Exem- 
plar gesehen. Statt dessen tritt 
| Micraster Leskei Dzsu. sp., D’Or., Pal. fr., Echin, t. 869 
in grosser Häufigkeit auf. Die kurze Charakteristik Desor’s 
„Lspece facilement reconnaissable a sa ‚forme allongee et deprimee, 
a son sommet ambulacraire central et ses ambulacres tres - courts 
et & peine concaves“ stimmt zu unseren Exemplaren recht gut, 
doch hätte statt „central“ richtiger ein wenig nach vorn ge- 
ruckt gesagt werden können. 

Die grössten aufgefundenen Stücke gleichen sehr dem 
Epiaster Koechlianus »’Or». (t. 856, 857), über dessen genaues 
Vorkommen nichts gekannt ist. Nur giebt AstıEr an, er 
stamme aus der Gegend von Castellane (Basses Alpes). Ob 
bei Castellane über Neocom und Cenoman noch jüngere Kreide- 
schichten erkannt, scheint nicht erwiesen, ist jedoch nach der 
Darstellung, welche Scırıon Gras (Statist. miner. du depart. des 
- Bass. Alpes p. 102) giebt, sehr wahrscheinlich und dürfte 
Epiaster Koechlianss diesen Schichten entstammen. Jedenfalls 
ist es eine Form, welche älterer Kreide fremd ist. 

Wie Micraster Leskei, so ist auch 

Terebratula semiglobosa Sow. in grösster Fülle der 
Individuen vorhanden, so dass hier das Hauptlager dieses 
Brachiopoden ist. 

Auch zeigte sich Spondylus spinosus Sow. Die Bänke sind 
überhaupt reich an mancherlei Vorkommnissen, doch war bis- 
her noch nicht möglich, dem festen Gesteine weitere deutliche 
und bestimmbare Formen abzugewinnen. Spuren zeigten sich 
von Scyphia, Pleurostoma, Salenia, Holaster, Pentacrinus, 
Asterias, Rhynchonella und Lima. An den von den Atmosphä- 
rilien angefressenen Flächen treten ausserdem viele Foramini- 


5* 


68 


feren und Bryozoen hervor; bemerkenswerth darunter die weit 
verbreitete Truncatula carinata D’ORB., Terr. ceret. tom. V. p. 
1058 t. 797. { 

Auffallend ist das gänzliche Fehlen der Care 
doch theilen die in Rede stehenden Schichten diese Eigenthüm- 
lichkeit mit dem längst gekannten Turon-Grunsande im sud- 
lichen Theile des Kreidebeckens. Beide, zwischen Brongniarti- 
und Cuvieri-Pläner eingelagert, entsprechen den Scaphiten- 
Schichten nördlich vom Harze. Wenn die Lagerungsverhält-. 
nisse dies auch schon höchst wahrscheinlich machen, so wird 
es doch noch weiter bewiesen, wenn man diese Schichten im 
Streichen nordwärts verfolgt. Nachdem sie sich bei Kohlstädt 
völlig versteinerungslos erwiesen haben, umschliessen sie bei 
Berlinghausen und Bielefeld alle-die eigenthümlichen Formen, 
welche am Harze die Scaphiten-Schichten charakterisiren, ins- 
besondere die Helicoceren, Turriliten und Hamiten u. s. w. 
Die häufigsten Fossile sind dort zwei Echiniden: Micraster 
Leskei und Infulaster excentricus. Das letztere gehört zu den 
charakteristischsten organischen Einschlüssen der Scaphiten- 
Schichten Westphaleus. Während es in den Brongniarti- und 
Cuvieri-Schichten nur selten einmal gesehen wurde, liegt es im 
Scaphiten-Pläner in grosser Fülle der Individuen. Auch auf 
Wollin, von wo der mit unserer Art synonyme Infulaster Bor- 
chardi Has. stammt, kommt er gemeinschaftlich mit Mieraster 
Leskei vor; denn Micraster Hagenowi BorcH. in Mns. ist eben 
nichts Anderes als Micraster Leskei. | 


Schichten mit Epiaster brevis 
(Cuvieri-Pläner.) 


Der Gesteinsbeschaffenheit nach besteht diese mächtige 
Schichtenfolge aus weissgrauem, magerem, dünngeschichtetem 
Kalke von geringer Festigkeit. Nur selten treten wenig mäch- 
tige, Lagen zerbröckelnder. Mergel auf. Dieser Pläner setzt 
die der Stadt Paderborn zunächst liegende Erhebung fast auf 
eine Meile weit zusammen und ist bis zu den Orten Borchen, 
Dörenhagen und Bensen in vielen bedeutenden Steinbrüchen 
aufgedeckt. 

Eine blosse Liste der gefundenen fassiken Reste würde 
ein gänzlich falsches Bild von dem Charakter der Fauna dieser 
Schichten liefern. Denn unter den verschiedenen zu nennenden 


69 


Formen sind kaum mehr als zwei, welche uberall in grosser 
Häufigkeit vorhanden sind, und nach denen man sich auch an 
den kleinsten Aufschlussstellen nicht vergebens umsieht. 

Das wichtigste Fossil ist ein Echinid aus der Abtheilung 
der Spatangiden, welches schon GoLpruss von Paderborn als 
Spatangus gibbus (p. 156, t. 48 f. 4) abbildete und beschrieb. 
Von späteren Schriftstellern ist die Selbstständigkeit dieser Art 

bezweifelt worden und dieselbe namentlich durch D’OrBIGNY mit 
_ Micraster cor anguinum vereint worden. Diese Bestimmung ist 
um so weniger richtig, als wir es mit einem Micraster in D’OR- 
BIGNY’schem Siune nicht zu thun haben, sondern mit einer Art 
der Gattung Epiaster, d. i. einem Micraster ohne Subanal- 
fasciole. . 

Vergleichen wir weiter LamArck, welcher die Art Spatan- 
gus gibbus (Animaux sans vertebres p. 33 No. 18) aufstellte, 
und die Abbildung Enceyel. method. pl. 156 f. 4, 5, 6 eitirt, so be- 
finden wir uns in dem bei älteren Abbildungen von Spatangi- 
den seltenen Falle, mit ganzer Sicherheit die Art wieder erken- 
nen zu können. Nach diesem Vergleich gehört Micraster gibbus 
Lam. dem jüngsten Senon an. Zwar selten, scheint die Art 
doch weit verbreitet zu sein. Ich fand sie bei Krakau, Haldem, 
Holtwick, Aachen und besitze sie ohne nähere Kenntniss des 
Fundortes aus England, und endlich liegt sie (ohne Schale) 
aus der Gegend von Nizza vor. Sie hat eine flache Basis, 
einen tiefen Einschnitt der Vorderfurche, einen hervortretenden, 
schön gebogenen Kiel und ist hoch pyramidal. Eine Subanal- 
fasciole ist nicht vorhanden. Die Art von Paderborn ist ringsum 
so gewolbt, dass die ganze Gestalt grosse Aehnlichkeit mit 
Holaster subglobosus hat. Die Vorderfurche macht nur eine 
schwache Einbuchtung; der Kiel am Rücken tritt kaum hervor, 
und ebenso ist der Scheitel durchaus nicht ungewöhnlich er- 
haben. Dagegen ist die hohe, pyramidale Gestalt sehr charak- 
teristisch bei Spatangus gibbus in Eneycl. meth. t. 156 f. 6 
‚wiedergegeben. GoLDruss entging dieser Unterschied nicht, 
und er lässt deshalb in seiner Diagnose den LauArcr’schen 
‚Zusatz ‚‚wvertice elato“ fort. 

Die Paderborner Form steht in den grössten Exemplaren 
nahe dem Micraster Matheroni Des. (nD’Or». p. 203 t. 864 und 
865). D’OrsienyY giebt die Art auch als charakteristisch für 
sein etage turonien an. An die Zugehörigkeit zu dieser Art ist aber 


70 


nicht zn denken, da »’Orzıcny das Vorhandensein einer brei- 
ten, querovalen Subanalfasciole betont, welche entschieden an 
unseren Echiniden nicht vorhanden ist. 

Im Catalogue raisonn& des Echinides (Annales des sciences 
naturelles, zool., tom. VIII. 1847, p. 24) begründet Dssor die 
Art Micraster brevis auf Micraster latus Sısm. (M&m. Echin. foss. 
Nizza p. 29, t.1 f. 13, in Memorie de la Reale Academia delle 
Science di Torino 1844) und Spatangus gibbus GoLDF. (non 


Lan.) p. 156, t. 48 f. 4. Sısmonpa giebt zwar nur die obere 
Ansicht, wodurch die Wiedererkennung sehr erschwert wird, der 


Umstand aber, dass der Zwischenraum zwischen den Poren- 
gängen eines Ambulacrum doppelt so breit und noch breiter 
ist, als ein Porengang selbst, macht es unzweifelhaft, dass 
Spatangus gibbus GOLDF. nicht vorliegt, -wenn auch sonst der 
Umriss stimmt. Die Bezeichnung Micraster brevis kann deshalb 
nur auf die Art von GoLDFUSS angewendet werden. 

Sehr richtig erkennt Dssor 1. c. p. 24 den richtigen Mi- 
crasier gibbus Lam., wofür er nur Encyel. meth. t. 156 f.4—6 
eitirt, wohin noch als zweite Darstellung gehört Dixon, Geol. 
of Sussex t. 24 f.5, 6 und vielleicht Spatangus rostraius MAnT., 
Foss. of the South Downs p. 192, t. 17 f. 10 u. 17. In der 
Synopsis des Echinides p. 365 ändert ‚Desor die Ansicht und 
vereinigt den Spatangus gibbus GoLpF. mit Spatangus gibbus 


Lam. Wir können hier. Desor nicht beipflichten und behalten 


die Bezeichnung 

Epiaster brevis Desor sp., Cat. rais. (non Micraster 
brevis Dssor, Synop. p. 864; Syn. Spatangus gibbus GOoLDF., 
non Lam.) bei. COTTEAU und Trier stellen neuerlich Micraster 
gibbus GoLDF. und Micraster brevis Des. zu Micraster cor testu- 
dinarium GoLDF., Ag. (Echinides du departement, de la Sarthe 
p- 320.) 

Von Micraster Leskei Dssm. wurden ein paar Exem- 
plare beobachtet. Als grosse Seltenheit wurde auch Infulaster 
excentricus gefunden. 

Häufiger als auf die beiden ee Echiniden stösst 
man auf Ananchytes ovatus Lam. = Echinocorys vulgaris 
BREYN, D’ORB., wie gegenwärtig die Species aufgefasst wird. 
Alle Exemplare sind etwas kugelig, kurz und hoch, zwischen 
Basis und Seiten gerundet. Die am meisten zutreffende Ab- 
bildung bei n’Orsıcny, Pal. frang., terr. eret. 1.805 f.3. Die 


x 


71 


verlängerten Formen, welche zugleich weniger hoch, deren 
Seiten weniger gewölbt sind, und deren durchschnittliche Grösse 
zugleich viel erheblicher ist, kenne ich nur aus der Belemni- 
tellen-Kreide (p’ORrB. t. 804). 2 

Von anderen Echiniden fanden sich nur Bruchstücke von 
Cidariden, und zwar einzelne Täfelchen und grosse gekörnte 
oder gedornte Stacheln von 

Cidaris sceptifera Manr., Desor, Synop. p. 13, t. 5 
f. 28; Corteau Pal. france. t. 1056. 

Von Bivalven beherrschen Inoceramen ausschliesslich das 
ganze Gebiet und bestimmen wesentlich den Gasammtcharakter 
der Fauna. Die deutlichste und häufigste Form ist /noceramus 
Cuvieri Goupr. t. 111 f. 1. Die Darstellung bei SowErBy 
t. 441, auf weiche GoLpruss sich beruft, ist nicht mit Sicher- 
heit zu erkennen. 

Auch Inoceramus latus Sow. t. 582 f. 1, 2ist nicht selten. 
Die sonst noch eitirten Abbildungen sind weniger zutreffend. 

Hierneben findet sich die leicht in die Augen fallende Form 
des /noceramus Brongniarti, und zwar die flächere von GOLDFUSS 
Inoceramus annulatus (p. 114, t. 110 f. 7) benannte Va- 
rietät. Dies Vorkommen fällt weniger auf, sobald man sich 
erinnert, dass dieselbe Art ebenfalls der nächst älteren Schich- 
tenfolge als Seltenheit angehört. Namentlich wurde sie im 
Grünsande bei Unna beobachtet. 

Von Ostrea, Exogyra, Spondylus und Lima haben sich 
nur undeutliche Reste gezeigt. Dasselbe gilt von Patella und 
Pleurotomaria. 

Von Cephalopoden sind Belemniten im ganzen Gebiete 
der Turon-Bildungen nicht gekannt und haben sich auch in 
den in Rede stehenden Schichten noch nicht gezeigt. *) 

Von Nautilus findet sich eine glatte Art, aber stets in 
verdrückten Exemplaren, welche nicht näher bestimmbar sind. 

Ammonites peramplus Mast. fand sich in mehreren 
Exemplaren, doch nur das, was als Jugendform gilt und von 
D’OrBIenY Amm. Prosperianus genannt wurde. Unsere Stücke stim- 


*) Dagegen finden sie sich im älteren Cenoman. So ist Belemnites 
vera in gewissem Niveau des Grünsandes mit Ammonites varians die häu- 
figste Erscheinung an allen Aufschlusspunkten bei Essen, Bochum, Lan- 
gendreer u. s. w. Belemnites ultimus, der Tourtia von Essen angehörig, 


zeigt sich weniger häufig. 


72 


men gut mit den Abbildungen von p’Orsıcny (t. 100 f. 3, 4), 
SHARPE (t. 10 f. 2, 3), Geimutz (Quad. t. 5. f. 1) und Dixon 
(Geol. of Suss. t. 27 f. 22). 

Ammonites Mayorianus D’ORB t. 79 (= Amm. planu- 
latus Sow. t. 570 f. 5, SuarpE, Deser. of the foss. Remains 
of Moll. found in the Chalk of England t. 12 f. 4), in mehreren 
2, bis 6 Zoll grossen Exemplaren bei Paderborn und Rothen- 
felde gefunden, ist in diesen jungen Schichten eine sehr auf- 
fallende Erscheinung, da die Art sonst nur in oberem Gault 
und im Oenoman bekannt ist. Alle Stücke zeigen zahlreiche 
nach vorn gebogene Rippen auf dem runden Rücken, welche 


bis zu - der Seiten hinabreichen und sich dann verlieren. 


3 

Ueberhaupt stimmt die ganze Form und alle Einzelheiten, so- 
weit verschiedene Erhaltung einen Vergleich zulässt, mit Exem- 
plaren aus cenomanen Schichten Westphalens und dem Gault 
des südlichen Frankreichs bis auf den Umstand, dass bei 
unseren jüngeren Vorkommnissen die Einschnürungen der Schale 
keine Sförmige Biegung auf den Seiten darstellen, wie alle 
Stücke aus- älterem Niveau zeigen, sondern gleich von der 
Sutur an eine schwache Neigung nach vorn haben und mit. 
Beginn der Rippen sich stärker der Mündung zuneigen. Be- 
stätigt es sich, dass _die Art durch Mytiloides-, Brongniarti- und 
Scaphiten-Schichten nicht hindurchgeht, so dürfte in jener Ver- 
schiedenheit ein specifisches Merkmal gefunden werden. 

Die Angabe, dass die Rippen nur auf der Oberfläche der 
Schale sichtbar seien, kann ich nicht bestätigen. Die mir zahl- 
reich vorliegenden Stücke, die auch von Escragnolles nicht 
ausgenommen, sind alle nur Kerne ohne Schale und zeigen 
dennoch vollkommen deutlich die Rippen. Was übrigens die 
Artbezeichnung angeht, so durfte der SowergyY’sche Name in 
der That Anspruch haben, wieder aufgenommen zu werden, 
(Vergl. auch F. v. Hauvzr, Sitzungsberichte der kais. Akad. d. 
Wissensch. Bd. 44 p. 654.) 

 Ammonites subtricarinatus v’Ore., Prodr. II p. 212 
— Amm. tricarinatus D’ORB., Pal. franc., terr. cret. I. p. 307, 
pl. 91, f. 1, 2.) Die Zahl der Umgänge, die geringe Involu- 
 bilität und Windungszunahme, die Zahl der an der Sutur in 
einem Knoten beginnenden und in 1 oder 2 Knoten gegen 
den Rücken zu endenden Rippen hat unser Vorkommen mit 
dem französischen gemein. Doch ist die charakteristische 


73 


Ruckenbildung kaum mehr wahrzunehmen, da das einzige 
bisher aufgefundene Exemplar völlig zusammengedrückt ist. 
Trotzdem erleidet die Richtigkeit der Bestimmung keinen 
Zweifel. 

Die Art hat eine weite Verbreitung. Durch Drescher 
neuerdings auch in Schlesien bei Kesselsdorf unweit Löwen- 
berg und bei Ullersdorf bei Naumburg am Queis nachgewiesen 
(Zeitsch. d. d. geol. Ges. Bd. XV, S. 331), der Vergesellschaf- 
tung nach (Scaphites inflatus, Panopaea gurgitis, Pholadomya no- 
: dulifera, GFoniomya designata, Trigonia aliformis, Pinna diluviana) 
dem nächst jüngeren Niveau angehörig, welchem in Westphalen 
die untersenonen, sandigen Ablagerungen von Haltern, Dülmen 
etc. entsprechen. 

Ausserdem wird die Art soeben aus weiter Ferne, aus 
Californien, gemeldet (J. D. WnımneY, geological Survey of 
California 1865, Jahrb. f. Mineral. etc. 1865, p. 731). SToLICzRA 
in Calcutta hat sie ebenfalls aus Ostindien beschrieben (Memoirs 
of the Geol. Surv. of India, III, 1, p. 54, t. 31 £. 3). 

Endlich liegt noch ein Ammonit vor, der 'zu jenen kleinen, 
glatten, unbestimmten Formen gehört, deren FORBES mehrere 
von Pondicherry als Amm. Garucla, Soma, Chrishna beschreibt 
(Geol. transact., 2 Ser. vol. 7, p. 102, 103, t. 7 und 9); zu 
näherer Bestimmung und Charakterisirung ist das vorhandene 
Material nicht geeignet. 

Ausser diesen eigentlichen Ammoniten sind ‘auch noch 
mehrere andere vorhanden, deren Windungen sich nicht be- 
rühren, deren Deutung aber — sie sind nur in Bruchstücken 
überliefert — noch manche Zweifel übrig lasst. Hamites 
ellipticus MAnT. aus Scaphiten - Schichten wohl bekannt, liegt 
nicht vor. Vermuthungsweise gehört der grösste Theil der 
Stücke zu Hamites plicatilis Sow. t. 234 f. 1, Manr. t. 23 
f.1,2. Doch scheinen constant mehr feinere Rippen (etwa 5) 
zwischen zwei etwas stärkeren, mit Knoten versehenen Rippen 
vorhanden zu sein, als die englischen Autoren angeben. Das 
Verhältniss, in welchem diese Formen zu ähnlichen aus ceno- 
manem Plärer stehen, wird noch näher zu untersuchen sein. 

Von | 
Scaphites Geinitzi D’ORrB., Prodr. tom. II. p. 214, 
von dem noch immer eine gute Darstellung fehlt, wurden ein 
Dutzend Exemplare gefunden. Er erreicht eine Grösse von 


74 


2,5 Zoll rh. Gewöhnlich ist er in Folge des Druckes flach, 
-doch liegen auch ganz normale Exemplare vor, und diese 
zeigen dann, dass die äussere Knotenreihe der dicken Seiten- 
rippen nicht nur dem gestreckten Mittelstücke angehört, sondern 
nach innen und aussen zu weiter fortsetzt. Durch die innere 
Knotenreihe ist die Art in auffallender Weise von dem jüngeren 
Scaphites inflatus verschieden, mit dem die Form im Uebrigen 
verwandt ist. Doch ist letztere auch durch die Grösse yo 
5 Zoll) ausgezeichnet. 

Von höheren Thieren fanden sich nur ein Paar Zähne 
von Corax heterodon Acass. 

Das von niederen Organismen eine Menge schlecht er- 
haltener Bruchstücke von Spongien sich zeigen, ist bekannt. 
Häufig ist 

Tremospongia grandis Rozu., Spongit. p. 40, t.15 £. 3. 

Coscinopora cribrosa Roen., Nord. Kr. p. 9, t.IV, f. 2. 

Maeandrospongia More Roenm., Spongit. t. XVII 
Ms8relc 


Schiehten mit Belemnitella quadrata. 


Am Fusse des Gebirges bemerkt man «einzelne flache 
Erhebungen, welche offenbar einst zusammengehangen haben. 
Sie erstrecken sich zunächst zwischen Paderborn und Salz- 
kotten und werden nordwärts ungefähr durch die Orte Schar- 
mede und Neuhaus begrenzt. Zwischen Wewer und Neuhaus 
hat die Alme ein breites, flaches Thal in diesem Hugel aus- 
gewaschen. Die Ostseite des Hugels wird von der Pader be- 
spült. Die Fortsetzung dieser Erhebung tritt nach einer Unter- 
brechung. durch Haide- und Wiesen - Terrain dicht am Bade- 
orte Lippspringe wieder hervor. Von hier ab verliert sie sich 
unter den Sandmassen der Senner-Haide, ist aber auch weiter 
in nördlicher Richtung ab und zu aufgedeckt, so bei Schlangen 
und’beim Gute Gierkenhof. 

Die gedachten Hügel bestehen ihrer petrographischen Zu- 
sammensetzung nach aus einem grauen, thonig kalkigen Mergel, 
der als solcher auf den Acker gebracht wird. Zuweilen werden 
dieSchichten sandig, und an einzelnen Stellen finden sich feste, 
fucoidenreiche Platten. Diese Platten wurden namentlich- S. 
W. von Elsen gewonnen und fanden bei der Verkoppelung der 
Grundstücke eine weite Verwendung als Grenzsteine. 


75 


Die sudliche Grenze dieser Mergel kann bis auf wenige 
Schritte genau angegeben werden, indem der Bahnhof bei 
Paderborn schon auf oberstem Pläner steht, dem Bahnhofe aber 
quer gegenüber an der Nordseite der Chaussee, welche nach 
Salzkotten führt, ein Brunnen abgeteuft wurde, der unter einer 
Lehmdecke unseren Mergel zeigte. Der Mergel wurde in einer 
Mächtigkeit von zehn Fuss aufgeschlossen, das Liegende 
desselben aber nicht erreicht. Weitere Aufschlusspunkte sind 
die Langesche Ziegelei am Wege nach Elsen, wo die Sohle 
der Lehmgruben aus Mergel gebildet wird; ferner das östliche 
Ufer der Alme; mehrere flache Gruben und Gehänge südlich 
vom Hofe Kleemeier und besonders deutlich der Einschnitt, 
durch den die Curve der Eisenbahn nach Salzkotten gelegt ist. 

Wie petrographisch, so ist auch stratigraphisch das Ver- 
halten des Mergels von dem des Pläners verschieden. Im 
Pläner bemerkt man an jedem Aufschlusspunkte einen Fall- 
winkel von mehreren Graden, der Mergel dagegen lagert, wo 
überhaupt eine Schichtung sichtbar ist, söhlig. Durch diese 
Umstände wird anf eine Grenze im Schichtensysteme hinge- 
wiesen. Die organischen Reste ergeben ein gleiches Resultat. 
Versteinerungen sind allerdings selten, aber nach einigem 
Suchen fanden sich Bruchstücke von Ostrea und Pollicipes und 
endlich auch mehrere Exemplare von Belemnitella quadrata 
BLAINVILLE, M&m. sur les Belemnites t. I f. 9, und zwar nicht 
nur in den lockeren Mergeln, sondern auch in den festen 
fueoidenreichen Platten. Damit ist die Zugehörigkeit zum 
Senon, und zwar zum unteren Senon, dargethan, nachdem sich 
ergeben hat, dass die Trennung des Senon in Mucronaten- und 
Quadraten - Schichten nicht eine lokale Eigenthümlichkeit der 
nördlich vom Harze gelegenen Gegenden ist, sondern sich in 
gleicher Weise von Maastricht bis Krakau darstellt. 

Die Schichten des oberen Senon sind erst in grösserer 
Entfernung abgesetzt. 


In dem behandelten Distriete waren bisher gekannt: Muschel- 
kalk, Keuper, Lias mit Gryphaea arcuata, Hilssandstein, rother 
Gaultsandstein mit Ammonites auritus und Pläner. Nur der 


76 


Berg- und Hütten-Ingenieur A. VULLERS kennt schon eine ge- 
nauere Gliederung des Gebirges. 1859 bezeichnete er in 
Nr. 64 der Zeitschrift „der Berggeist* im Pläner vier Ab- 
theilungen und trennte den Gault ebenfalls mit vier Gliedern 
vom Hilssandsteine. Leider konnte aber auf diese. Unter- 
scheidung weiter keine Rücksicht genommen werden, da VULLERS 
in seinem Aufsatze, welcher. wesentlich technischer Natur ist, 
nur bei Zeichnung eines Durchschnittes diese specielleren Ab- 
theilungen angiebt, ohne sie näher zu erörtern. 


77 


6. Geognostische Skizzen aus Virginia, Nordamerika. 


Von Herrn Hermann UreponeB aus Hannover. 


Eine die beiden letzten Monate des verflossenen Jahres 
in Anspruch nehmende Explorationstour in die Mineraldistrikte 
des östlichen Virginiens und eines Theiles von Nord-Carolina 
bot mir Gelegenheit, die geognostischen Verhältnisse jener Ge- 
senden mit besonderem Bezug auf ihren mineralischen Reich- 
thum kennen‘ zu lernen. In einer der diesjährigen Nummern 
der berg- und huttenmännischen Zeitung habe ich eine kurze 
Schilderung der Goldvorkommen Virginias gegeben, heute soll 
es versucht werden, einen allgemeinen Ueberblick uber 
die Geologie desjenigen Theiles dieses Staates zu geben, wel- 
cher sich von den Gestaden des atlantischen Oceans bis nach 
den Allegany’s ausdehnt. | 

Im Osten des Kettengebirges der Allegany’s ziehen sich 
zwei Granitzonen in vollständiger Parallelität unter sich selbst 
und mit dem ersterwähnten Gebirge, also in nordöstlicher Rich- 
tung durch Nord-Oarolina und Virginia. Die eine von ihnen, 
die westliche, bildet im Verein mit der durch die Graniteruption 
bedingten Hebung der durchbrochenen silurischen Schichten 
den Gebirgskamm der Blue-ridge, während die andere, die öst- 
liche, mehr den Charakter eines bergigen, zum Theil schroffen 
Plateaus hat; beiden jedoch ist der Umstand gemein, dass sie 
als geologische Barrieren, als Scheidewände eruptiven Ur- 
sprungs zwischen den sedimentären Gebilden Virginias daste- 
hen. Während nämlich die westlichen Abhänge der Blue-ridge 
durch eine langgezogene Zone von silurischen Formationen ge- 
bildet werden und sich an die östliche Grenze der zweiten 
Granitkette tertiäre - Schichten anlegen, gehören die zwischen 
der letzteren und der Blue-ridge lagernden Schiefer dem vor- 
silurischen, dem takonischen Systeme an. 

Der Umstand, ‘dass, wie bereits angedeutet, die Formatio- 
nen, welche den geognostischen Untergrund Virginias bilden, 


Tertiär. 


Taeonisches System, 


Silur. 


Richmond. 8.0. 


Goschland.C. H, Glover Hill Coal Mine, 


South Western Mountains. 


"Blue-Ridge. 


Gneiss mit Granit. 


Diorit. C 


DE 


A = Granit. 


18 

in Gestalt langgezogener, paralle- 
ler Zonen zu Tage treten, macht 
es möglich, durch ein einziges, 
rechtwinklig ‘auf deren Längener- 
streckung stehendes Gebirgsprofil 
ein Bild des geognostischen Baues 
der sammtlichen östlichen und mitt- 
leren Countys von Virginien zu 
geben. R 
Der flache, 30 bis 60 Miles 
breite, zu Virginia gehörige Land- 
strich, welcher in nur geringer 
Erhebung über den Spiegel des 
atlantischen Oceans dessen west- 
liches Gestade bildet, besteht aus 
eocäanen und miocäanen Mergeln, 
Sanden und Thonen, welche die 
vorhererwähnte Granitzone, wie 
verschiedene Aufschlusspunkte in 
der Umgebung Richmonds beobach- 


‚ten lassen, unmittelbar überlagern 


und entsprechend der oberen sich 
langsam senkenden Grenze des sie 
unterteufenden Granites nur unter 
wenigen Graden gegen Osten ein- 
fallen. Auf dem eruptiven Unter- 
grunde ruht zuunterst ein brauner 
oder röthlichgrauer Sandstein und 
auf diesem eine nur, wenige Fuss 
mächtige Schicht eines groben Con- 
glomerates, welches aus abgerun- 
deten, aus den westlichen Theilen 
Virgifias stammenden dGeröllen 
und einem eisenhaltigen, äusserst 
harten Cemente besteht. Dieses 


Conglomerat wird von einem grün- 


lichgrauen, plastischen Thon über- 
lagert, welcher Haifischzähne und. 
Schalen einer Astarte umschliesst,_ 
während die beiden ersterwähnten 


= 


- 79 


Gebilde versteinerungsleer zu sein scheinen. An anderen fos- 
silienreichen Punkten und zu früheren Zeiten angestellte Unter- 
suchungen haben das eocäne Alter dieser Schichtenreihe fest- 
gestellt. Auf sie folgt ein 15 Fuss mächtiges Bett von schnee- 
weisser, kieseliger Infusorienerde, welche direkt vom Alluvium 
bedeckt ist, und aus welcher EHRENBERG uber 100 Diatomeen- 
Species beschrieben hat. 

Die gegen Westen hin auschliessende, nächste Parallelzone, 
welche, wie bereits angeführt, aus granitischen Gebilden be- 
steht, schwankt in ihrer Breite zwischen 20 und 30 Miles und 
ist — freilich meist von 5 bis 10 Fuss hohen Alluvial-Ge- 
röllen bedeckt — von Raleigh in Nord-Carolina über Peters- 
burg und Richmond bis nach Washington zu verfolgen. Der 
Granit selbst variirt in seinem Charakter in allen möglichen 
Spielarten; seine Gemengtheile können ein fein- oder grobkör- 
körniges Gestein bilden, Feldspath, Quarz und Glimmer 
können in gleichen Verhältnissen auftreten, Glimmer kann 
beinahe völlig verschwinden oder die beiden anderen Minera- 
lien fast vollständig verdrängen, porphyrische oder gneissartige 
Struktur und platten- oder schalenförmige Absonderung können 
in kurzen Distanzen miteinander abwechseln. Lagerartige Ein- 
schlüsse von erdigem. Graphit sind nicht selten, ohne techni- 
schen Werth zu besitzen. Nach seiner westlichen Grenze zu 
geht der Granit constant in typischen, glimmerreichen Gneiss 
über, welcher fussmächtige Zwischenlagen von reinem, weissem 
Feldspath enthält, die das Material für die werthvollen Kaolin- 
Ablagerungen einiger nördlichen Countys abgegeben zu haben 
scheinen. 

Auf dem Rücken dieser Granit- und Gneisszone treten uns 
in einigen sporadischen Kohlenbassins Gebilde entgegen, welche 
vorweltlichen Binnenseen ihren Ursprung verdanken. Die Stein- 
kohlenflötze umschliessende Formation, deren typisches und 
bestaufgeschlossenes Beispiel das Clover Hill Coal Bassin ist, 
besteht aus einer mächtigen Folge von grauen, grobkörnigen 
Sandsteinen, deren Material augenscheinlich von dem benach- 
 barten Granite herstammt. Sie umschliessen schwächere Zwi- 
' schenlagen von bituminösen, dunklen Schiefern und erreichen 
mit diesen eine Mächtigkeit von 400 Fuss. Im unteren Niveau 
dieser Schichtenreihe liegen einige schwache Kohlenschmitze 
eingebettet, bis auf der Grenze von den sedimentären Schich- 


80 


ten und deren Unterlage von eruptivem Ursprunge ein mäch- 
tigeres Kohlenflötz auftritt, welches nur stellenweise vom Gra- 
nit durch ein wenige Zoll mächtiges Lager von Schiefern ge- 
trennt wird, meist aber auf jenem direkt aufliegt. Die Mäch- 
tigkeit dieses Bettes von bituminöser Kohle schwankt zwischen 
2 und 40 Fuss, indem sich seine untere Grenze an die Con- 
turen des Granites anschmiegt und so die Unebenheiten des 
damaligen Seebodens ausgleicht, während seine obere Begren- 
zungsfläche ziemlich eben ist und nur im grossen Ganzen der 
Gestaltung des granitischen Untergrundes folgt. 

Ueber das Alter dieser Gebilde sind verschiedene Ansich- 
ten aufgestellt worden, ohne dass ein allgemein angenommenes 
Resultat erzielt worden wäre. Ihnen ist bereits eine Zuge- 
hörigkeit zum permischen Systeme, zum bunten Sandsteine, 
zum Keuper und zum Lias octroyirt worden, ohne dass den 
übrigens schlecht erhaltenen Versteinerungen ein deutlich aus- 
gesprochener permischer, triassischer oder jurassischer Cha- 
rakter aufgeprägt wäre. Nach meiner Ansicht ist es unthun- 
lich zwischen soichen sporadisch auftretenden und auf einem 
ganzen Continente isolirt dastehenden, noch dazu versteinerungs- 
armen Gebilden und anderen fast durch ein Viertel des Erd- 
umkreises davon getrennten Formationen Parallelen ziehen und 
erstere in einen scharf begrenzten Horizont der letzteren ein- 
zwängen zu wollen. ! 

An der nördlichen Grenze Nord-Carolinas dehnt sich ein 
ungeheurer Morast, der Great dismal Swamp aus. Sein Boden 
wird bis zu einer Mächtigkeit von 25 Fuss von einer schwar- 
zen, moderigen, vegetabilischen Substanz gebildet, auf welcher 
sich, wo sie nicht von zu hohem Wasser bedeckt wird, mäch- 
tige Farrn und Schilfgewächse bis zu 10 und 15 Fuss Höhe 
und zwischen ihnen verschiedene Eichen- und Weidenarten er- 
heben.‘ Bäche und Flüsschen breiten ihr Wasser in diesem 
Sumpfe aus; die warme Sonne des Landes und die feuchte 
Atmosphäre über den verdunstenden Wassern begünstigen eine 
üppige Vegetation, welche von neuem Nachwuchse erstickt 
wird oder sonst abstirbt, zu Boden sinkt und dort die bereits 
abgelagerte Schicht von vegetabilischen Verwitterungsprodukten 
schnell anwachsen macht. Ich erblicke in diesem Vorgange 
ein deutliches Bild der Ablagerung der Schichten, ‚welche jetzt 
durch die isolirten kleinen Kohlenbecken von Virginia und 


8 

Nord-Carolina. repräsentirt werden, zugleich aber einen Finger- 
zeig über die Unthunlichkeit des Parallelisirens jener mit euro- 
päischen Formationen. Wie konnte sich auch in dem Pflanzen- 
und Thierleben eines isolirten Süsswasserbeckens eine Aehn- 
lichkeit zeigen mit dem der ausgedehnten Meeresbildungen in 
entfernten Himmelsstrichen? Ist eine unabhängige Stellung 
derselben nicht viel natürlicher? Ich betrachte ihre Bildung 
als eine durch verschiedene, mesozoische Perioden fortgedauert 
habende und als unabhängig von der Veränderung des organi- 
schen Lebens in den Oceanen geschehen. 

Nach Westen zu wird der beschriebene Granit von einer 
mächtigen Schichtenfolge von paläozoischen Schiefern überla- 
gert, welche eine im Durchschnitte 50 Miles breite Zone bil- 
den, die wiederum in dem Granite des schroff emporsteigenden 
Gebirgszuges der Blue-ridge ihre Begrenzung findet. In diesem 
ausgedehnten Schiefergebiete walten ein sehr glimmerreicher 
Glimmerschiefer, welcher Granaten in Menge umschliesst, helle 
Talk- und grünlichgraue oder dunkelgrüne Chloritschiefer vor, 
während Thonschiefer, und zwar dann ausgezeichnete Dach- 
schiefer, körnige Quarzite mit Syenit- und Hornblende-Ein- 
schlüssen, sowie glimmerige Sandsteine in geringerem Maass- 
stabe vertreten sind. In der Mitte ihrer Längserstreckung ist 
diese Schieferzone von einem weit zu verfolgenden, der Granit- 
kette parallelen Dioritzuge, der Buffalo-ridge und den South- 
Western-Mountains, durchbrochen, durch deren Eruption die 
Schichten emporgerichtet, und: auf deren Rücken einzelne Schie- 
‚ferschollen mit in die Höhe gerissen worden sind. So fallen 
denn die oben genannten Schiefer auf der östlichen Seite des 
betreffenden Gebirgskammes gegen Südosten, auf dessen west- 
licher Seite gegen Nordwesten, also in beiden Fällen gegen 
den Granit und Gneiss, und zwar unter einem Winkel ein, der 
mit der Entfernung von den dioritischen Gesteinen immer 
' kleiner wird, während ihre Streichungsrichtung auf beiden 
Flügeln dieselbe bleibt und ebenso wie die der Granitzone 
eine nordöstliche ist. Der Hauptdioritstamm scheint sich in 
der Tiefe verzweigt zu haben und sind die Enden dieser In- 
jectionen durch einzelne auf dem Schiefergebiete zerstreute 
Dioritkuppen repräsentirt, welche häufig von einem Gürtel von 
' Aktinolith- Schiefer umgeben sind. Bei der Regelmässigkeit 
der stratigraphischen Verhältnisse und der Gleichförmigkeit, 

Zeits. d.d. geol. Ges. XVII. 1: 6 


82 


mit welcher diese Schiefer auftreten, würden sie. weniger In- 
teresse bieten, wenn ihnen nicht als Muttergestein einer grossen 
Reihe der verschiedenartigsten Erzeinlagerungen ein grosser 
technischer Werth zu Theil geworden wäre. 

Die Erzlagerstätten treten in den von mir besuchten Thei- 
len Virginias in dreifacher Gestalt, entweder als Imprägnatio- 
nen, oder in Form von erzführenden Quarzeinlagerungen, ‚oder 
als massive Lager, in keinem Falle aber als wahre Gänge auf. 
Der Charakter. der Erzimprägnationen'lässt sich, wie folgt, 
beschreiben: In den Kalk- und Chloritschiefern einzelner Ge- 
genden Virginias, z. B. in Buckingham Co,, kommen mächtige 
Zwischenlagen von dünnplattigen, ebenflächigen, körnigen 
Quarzitschiefern vor, in welchen sich in durch weite Entfer- 
nungen zu verfolgenden Zonen goldhaltige Schwefelkiese einge- 
sprengt zeigen, welche sich nach der Mitte dieser Zonen hin 
mehren und hier fast reine, nur geringe Beimischungen von 
Quarzsand und Glimmerblättehen enthaltende Lagen von kör- 
nigem Schwefelkies bilden, welche z. B. von der London-and- 
Buckingham-Mine seit langer Zeit und mit Erfolg abgebaut 
und auf Gold verarbeitet worden sind. In einer Tiefe von 
durchschnittlich 80 Fuss wird der Schwefelkies nach und nach 
von abbauwurdigem Kupferkies verdrängt, während er nach 
dem Ausgehenden zu bis zu 25 bis 30 Fuss Teufe in Braun- 
eisenstein umgewandelt ist, welcher ebenso wie das Erz, dem 
er seinen Ursprung verdankt, kleine Goldpartikelchen enthält. 

Die erzführenden Quarzeinlagerungen haben ent- 
weder die Gestalt Nachgedrückter, linsenförmiger Concretionen, 
an deren Form sich die benachbarten Talk-, Chlorit- und 
Glimmerschiefer anschmiegen, und welche dann zonenweise 
vor- und nebeneinander liegen, oder sie treten als gleichmässig 
anhaltende Lagen von weissem, dichtem oder körnigem Quarze 
auf, welche sich nur stellenweise zu 10 bis 15 Fuss Mächtig- 
keit aufblähen und sich dann wieder zu ihrer normalen Dicke 


w 


von 1 und 2 Fuss zusammenziehen. Besondere Wichtigkeit 


haben diese Quarzitgebilde durch ihre Goldführung. Das Gold 
- ist entweder in Draht-, Blatt- oder Kornform direkt im Quarze 
oder in Schwefelkiesen eingesprengt in jenen Quarzeinlagerun- 
gen enthalten. ‚Zu diesem goldhaltigen Eisenkies können sich 
noch Kupferkies und  Zinkblende, sowie silberhaltiger Blei- 
glanz — in welchem dann zuweilen freies Gold in Blatt- und 


83 . 
Drahtform ausgeschieden auftritt — und in seltenen Fällen, 
so in den Lagerstätten, welche von der Tellurium-Mine abge- 


baut werden, dünne Anflüge von Tellur und Körner von Pla- 
tina (?) gesellen. Nach dem Ausgehenden dieser Erzlager- 


-stätten zu sind Schwefelkies, Bleiglanz und Kupferkies zu 


Brauneisenstein, Pyromorphit, Weissbleierz und Malachit zer- 
setzt und umgewandelt, in Folge dessen in ersterem das freie 
Gold in Form feiner Einsprenglinge, Blättchen oder Drähte 
mit baumförmigen Verzweigungen mit blossem Auge sichtbar 
und leichter als aus den Schwefelungen des Eisens zu gewiu- 
nen ist. Auch die den goldführenden Erzeinlagerungen be- 
nachbarten Talk- und Chloritschiefer sind haufig von Gold- 
theilchen imprägnirt und dann abbauwürdig, ebenso wie die 
Flussabsätze und Anschwemmungen, deren Material von dem 
Ausgehenden der Schiefer und deren Einschlüssen abstammt, 
stellenweise sehr reich an Alluvialgold sind. 

Diesen erzfuhrenden Quarzen ganz entsprechend, also in 
Form von zwischen den Schiefern gebetteten Lagern und mit 
diesen parallel streichend und fallend, treten die massiven 
Erzeinlagerungen Virginias auf. Sie erreichen in einzel- 
nen Vorkommen eine sich. dann ziemlich gleichbleibende Mäch- 
tigkeit yon 5 bis 15, ja 20 Fuss und bestehen aus einem homo- 
genen Materiale, haben also nicht den Charakter einer sich 
nach der Mitte zu concentrirenden Imprägnation, sind vielmehr 
im Hangenden und Liegenden durch ebene, den Schiefern pa- 
rallele Schiehtungsflächen begrenzt. Am häufigsten sind Schwefel- 
und Kupferkieslager. In diesen ist das erst erwähnte Erz bis 
zu einer Tiefe von circa 30 Fuss in dichten Brauneisenstein 
umgewandelt, welches ein ausgezeichnetes Material für Eisen- 
darstellung abgiebt und z. B. nahe Vietoria-Furnace, Louisa 
Co. auf meilenlangen Tagebauen gewonnen wird. In genannter 
Tiefe schneidet Schwefelkies plötzlich und ohne allmäligen 
Uebergang das oxydische Eisenerz ab und bleibt sich bis zu 
einer Tiefe von 60 und 80 Fuss in seinem Charakter völlig 
gleich; dann treten erst einzelne und nach und nach häufigere 
Kupferkieseinsprenglinge auf, welche bald den Schwefelkies 
völlig verdrängen und höchst abbauwurdige Kupfererzlager- 
stätten repräsentiren. Eine ausgezeichnete Ausbildung des 
„eisernen Hutes“, welche bei jedem von mir in Virginia unter- 
suchten, unter diese Rubrik gehörigen Lager deutlich ausge- 


63 


” 84 


sprochen war. Unter den nämlichen Lagerungsverhältnissen 
und mit denselben scharfen Grenzen gegen den benachbarten 
Schiefer treten Magneteisensteine von seltener Reinheit, zuwei- 
len und dann besonders nach den Grenzflächen hin mit etwas 
Chromgehalt, sowie Manganerze auf. 

Schon nach dieser kurzgegebenen Charakteristik der „Ur- 
schieferformation* von Mittel-Virginia und ihrer mineralischen 
Einschlüsse wird hervorgehen, dass ich nicht wenig erstaunt 
war, in einem Bruche in der Nähe von New-Cauton, Bucking- 


ham Co., in welchem dem unteren Horizonte dieser Schichten- 


reihe angehörige Dachschiefer gebrochen werden, ein Fossil 
zu finden, welches trotz seines schlechten Erhaltungszustandes 
eine Koralle (eine Cyathophyllide) nicht verkennen liess. Bei 
seiner Untersuchung der Middland Countys von Nord-Carolina 
fand Enmmons in einzelnen Lagern der dort auftretenden Schie- 
fer, welche als eine Fortsetzung” derer von Virginien zu betrach- 
ten sind und also mit diesen zu einem und demselben Schich- 
tencomplex gehören, zwei Petrefakten in ziemlicher Häufigkeit, 
welche er Palaeotrochis major und P. minor nannte.*) Bei der 
ausgeprägten Verschiedenheit des Charakters dieser Schiefer 
und der nahen untersilurischen Gebilde suchte er durch oben 
angeführten Fund die selbstständige Stellung seines wielfach 
angezweifelten taconischen Systemes zu beweisen. Der Besuch 
der Schieferzone von Nord-Carolina sowohl, wie der von Vir- 
ginia hat mich zum Anhänger dieser seiner Ansicht gemacht. 
Als der Urschieferformation angehörig, als azoische Gebilde 
kann augenscheinlicher Weise die betreffende Schichtenreihe 
der erwähnten Staaten nicht bezeichnet werden, gegen ihre 
Zugehörigkeit zum unteren Silur spricht ausser dem gänzlich 
verschiedenen mineralogischen Charakter beider die Versteine- 
rungsarmuth der ersteren ünd der Reichthum an fossilen Resten 
in dem letzt genannten und die vollständige Verschiedenheit der 
bekannten beiden taconischen Petrefakten und der bis jetzt 


— _ N} 


*) Die von Emmons gesammelten und abgebildeten Original-Exemplare 
befinden sich in meinem Besitze und denke ich dieselben, sobald mir spä- 
ter Zeit und Gelegenheit zu kritischen Vergleichungen gegeben ist, einer 
genauern Untersuchung und Beschreibuug zu unterwerfen, da mir die 
ihnen von Emmons gegebene Stellung und Benennung zweifelhaft und 
eine der beiden Species keine Koralle, sondern eine Echinoencrinus-artige 
Cystidee zu sein scheint. 


\ 


85 ' 


aus dem Potsdam-Sandstein beschriebenen organischen 
Reste. | 

Gegen Westen hin werden die taconischen Schiefer Vir- 
ginias, wie bemerkt, von den Graniten der Blue-ridge abge- 
schnitten und unterteuft, welche in ihrem Charakter denen der 
beschriebenen östlichen Granitzone gleichen und an ihrem west- 
lichen Abfalle von den Schichten des unteren Silurs, dem 
Potsdam-Sandstein, dem Trenton-Kalke und den Hudson-River- 
Schiefern überlagert werden. Die Spärlichkeit der Aufschlüsse 
in versteinerungsreichen Schichten und der eintretende Winter 
zwangen mich die beabsichtigte paläontologische Untersuchung 
dieser Formationen für diesmal aufzugeben. Erwähnen will 
ich nur noch, dass in den Trenton-Kalken und anderen noch- 
weiter westlich auftretenden Kalksteinen, welche zur Subcar- 
boniferous Series zu gehören scheinen und dann dem Bergkalke 
gleich stehen würden, ausgedehnte schlucht-, brunnen- und 
gewölbähnliche Höhlen aufgefunden worden sind, deren Boden 
von einer oft 2 Fuss hohen, erhärteten Lage von Fledermaus- 
Resten und Excerementen bedeckt ist, welche wiederum von 
einer Schicht von Kali- und Kalksalpeter überzogen wird, wäh- 
rend an den Wänden oft 2 Zoll lange Krystalle effloreseiren. 
Diese Salpeterhöhlen sind während des letzten Krieges auf 
Veranlassung der conföderirten Regierung aufgesucht und auf 
Salpeter ausgebeutet worden und ergaben in manchem Monate 
10000 Pfund dieses dem Suden der Blokade seiner Häfen 
wegen äusserst werthvoll gewordenen Materiales zur Bereitung 
von Pulver. ! | 

‚In Wythe County kommt Galmei in flötzartigen, ausge- 
dehnten Lagen im unteren Silur vor, welche bis jetzt noch 
nicht verwerthet worden sind, weil sie bei ihrer Entdeckung 
von einigen vom südlichen Gouvernement angestellten Berg- 
ingenieuren (?) für „Mountain rock“ gehalten worden sind, die 
aber jetzt, wo der unternehmende Norden die Mineralschätze 
des Sudens zu heben beginnt, Gegenstand eines gewinnreichen 
'Bergbaues werden dürften. | 


> 


I 


7. Ueber die Entstehung der Seeerze. 


Von Herrn F. M. Starrr ın Falun. 
Hierzu Tafel 1. 


Die Geologie der Gegenwart sucht durch Bezugnahme 
auf einfache Thatsachen, die in der Natur fortwährend beo- 
bachtet, und deren Ursachen und Wirkungsart durch angestellte 
Versuche erläutert werden können, die Erscheinungen der 
Bildung und Umbildung der Erdkruste zu erklären, welche 
lange vor dem Auftreten des Menschengeschlechts Statt fanden, 
und welche so grossartig sind, dass die ehemalige Geologie 
zu ihrer Deutung Prozesse anzunehmen genöthigt war, für- 
welche unsere Zeit keine Analogie darbietet. 

In vielen Fällen ist jetzt die Zeit der einzige Factor, 
welchen der experimentirende Geologe in seine Versuche nicht 
einzuführen vermag. Da die ganze geschichtliche Zeit nur als 
ein Element der Zeit des Daseins der Erde betrachtet werden 
kann, so können wir gewöhnlich auch nur die Elemente der 
Veränderungen , die noch beständig auf der Erdkruste Statt 


‚finden, beobachten. Durch Zusammenlegung dieser kleinen 


Veränderungen treten doch als Summen Wirkungen hervor, die 
nur durch die küuhnsten Hypothesen erklärt werden‘ konnten, 
so lange man die für dergleichen Erfolge nöthigen Zeitlängen 
nicht berücksichtigte. Es giebt jedoch geologische Erschei- 
nungen , deren Anfang und Ende der Mensch wahrnehmen 
kann ; solche sind nicht nur die plötzlichen, lokalen, aber hef- 
tigen Kraftäusserungen der Vulkane, sondern auch diejenigen, 
die von dem auflösenden Vermögen des Wassertröpfchens, und 
von dem Vermögen des niedrigsten und kleinsten organischen 
Lebens, mineralische Stoffe auszufällen, abhängen. 
Unter vielen hierher gehörenden Beispielen ist die Bildung 
der Seeerze gewiss eines der bemerkenswertheren. Sie fahrt 
ununterbrochen fort und so rasch, dass die erzführenden Seen 
fortwährend Ernten geben, weshalb auch SvEDENBORG von dem 
Seeerze mit Recht sagt: „— — — — estque thesaurus hie 


87 


perennis et inexhaustus“. Sie giebt unmittelbare Erklärungen 
über das Entstehen vieler Eisenlagerstätten der vorgeschicht- 
liehen Zeit und Fingerzeige selbst über die Bildungsart auch 
der ältesten Eisenerzlagerstätten. 

Da die Seeerze hinlänglich bekannt sein durften, so 
werden wir bier nur diejenigen ihrer Eigenschaften betrachten, 
die vielleicht zur Erklärung ihrer Bildung beitragen können, 
ohne in eine umständliche Beschreibung einzugehen. Die 
Wiesen- und Sumpferze stehen offenbar mit den Seeerzen in 
einem so nahen Zusammenhang, dass man von den einen nicht 
sprechen kann, ohne der anderen mit zu gedenken. Aeltere 
schwedische Mineralogen, besonders WALLERIUS halten die See- 
erze für weggespulte und auf dem Seeboden abgesetzte Wiesen- 
erze. Hausmann ebenso, und BiıscHor hat dieselbe Ansicht, 
nach welcher die Wiesenerze als die primären unter diesen 
Bildungen abgehandelt werden sollten. Wir werden jedoch 
finden, dass alle Bedingungen zur Bildung der Seeerze auf dem 
Seeboden gegeben sind, und dass viele Wiesenerze nichts 
Anderes sein können, als ehemalige Seeerze, welche durch die 
Verwandlung der Seen in Sümpfe, Moore und Festland auf's 
Trockene gekommen sind; doch soll nicht bestritten werden, 
dass fliessende Wässer, welche Lager von Wiesenerz durch- 
schneiden, Theile davon in die Seen führen können, auch 
nicht, dass Wiesenerze und verwandte Bildungen, wie z. B. 
Dänemarks, Hollands und des nördlichen Deutschlands, Oort, 
Uurt, Oehr, Ortstein u. a. auf dem trockenen Land gebildet 
worden sind und werden. 


Geographische Verbreitung der See- und Sumpferze. 


Alte Autoren legen dem Auftreten der Sumpferze in 
schneereichen und sehr kalten nördlichen Gegenden ein grosses . 
Gewicht bei und schliessen daraus, dass die „Hitze der Sonne 
und die Kälte des Herbstes* zu ihrer Entstehung mitwirken. 
‚Ohne zu vergessen, dass wiesenerzartige Bildungen auch in 
Kordofan, auf dem Caplande und in Ost-Indien gefunden 
sind, und ohne auf den augedeuteten, unmittelbaren Zu- 
sammenhang zwischen Klima und Erzbildung grosses Ge- 
wicht zu legen, kann nicht geläugnet werden, dass die meisten 
bekannten See- und Sumpferze dem Norden angehören. Das- 
selbe gilt auch von wirklichen Torfmooren, die auf den 


88 
” | : 

Ebenen der nördlichen Halbkugel nördlich von dem 46. Breiten- 
grade und unter den Wendekreisen nur auf hohen Gebirgen, 
wo das Klima dem der nördlichen Gegenden gleicht, gefunden 
werden. Ein Zusammenhang zwischen Torfbildungen auf der 
einen Seite und Limonitbildungen anf der anderen dürfte aus 
diesem Umstand allerdings nicht gefolgert werden, wenn er 
nicht durch die Thatsache angedeutet würde, dass die meisten 
derartigen Erzlagerstätten torfreichen Gegenden angehören. 

Wir sehen kräftige Beweise dieser Behauptung in Skan- 
dinavien, wo See-' oder Sumpferze zwar in keiner'einzigen 
Provinz gänzlich zu fehlen scheinen, wo sie aber hinsichtlich 
. der Quantität sehr verschieden vertheilt sind. Am häufigsten 
kommen sie in Smaland, dem südlichen Oestergötland, dem 
nordwestlichen Dalarne, Herjeadalen und Theilen von Jemt- 
land und in ganz Norrland, seltener in Helsingland, Ge- 
strikland, dem südöstlichen Dalarne und Wermland vor; 
in einigen Provinzen z. B. Upland, Sodermanland, Wester- 
götland u. a. fehlen sie beinah ganz und gar. Ueberfluss 
an Kohlen und Mangel an Bergerz mag gewiss eine Haupt- 
ursache sein, dass man in etlichen Provinzen (z. B. Smäland) 
diesen Erzen mit grösserem Fleisse nachgeforscht hat und 
darum ihre Verbreitung besser kennt, als in anderen, wo 
Vorrath von Bergerz, Mangel an Kohlen oder an Bevöl- 
kerung verursachen, dass auch bekannte See- und Wiesen- 
erze unbenutzt liegen; aber dennoch kann niemand be- 
haupten, dass Massen davon in allen Provinzen zu finden 
wären, wenn sie nur gesucht würden. Beim Forschen nach 
annehmlichen Gründen für ihre verschiedene Vertheilung im 
Lande müssen wir nach anderen Erscheinungen suchen, die 
eine ähnliche geographische Verbreitung zeigen. Die an solchen 
Erzen reichsten Provinzen haben einen sandigen Boden, sind 
wenig angebaut und reich an Wäldern und Torfmooren. "Die 
letzteren machen, dass das Wasser der Bäche und Flusse von 
gelösten Humussäuren oder humussauren Salzen eine bräun- 
liche Farbe annimmt. Schon Lins& bemerkte , dass derartige 
Wässer in Smäland eine Infusion von Thee schwarzfärben, 
und vermuthete ihre Thätigkeit bei der Bildung des Seeerzes. 
Dieselbe dunkle Farbe ist mehreren Flüsschen Deutschlands . 
eigenthümlich, welche deshalb „schwarz“ heissen, und welche 
gewöhnlich durch moorreiche,, 'sumpferzführende Gegenden 


89 


fliessen*) (z. B. Schwarze Elster). SPRENGEL, und nach ihm 
viele andere Verfasser glauben, “dass ein Boden von Sand 
und Grus eine Hauptbedingung fur die Bildung der Torfmoore 
sei. Im Einzelnen könnte dagegen Vieles einzuwenden sein, 
aber nicht im Grossen, wenn man z. B. die Verbreitung der 
Torfmoore in Holland, durch Friesland, über Dänemark, 
Mecklenburg, Pommern und Brandenburg betrachtet, wo Sand- 
boden der herrschende ist. In Schweden findet man in 
der That Torfmoore auf allen möglichen Gesteinen; sie 
fehlen nicht auf dem Kalkstein Gotlands, auf Uplands und 
Södermanlands Mergel- und Thonboden, aber die meisten 
kommen doch in den Gegenden vor, wo der Sand, gerollter 
Kies, Glacier-Schutt und Sandstein herrschen, und dasselbe 
gilt auch von den See- und Wiesenerzen. Noch deutlicher 
spricht für obige Vermuthung die Abwesenheit des Limo- 
nits in Provinzen, wo Flötz- Kalk, kalkiger Thon und 
Mergel vorherrschen. Die verschiedene Lösbarkeit der Be- 
‚standtheile obengenannter Berg- und Erdarten in Wasser und 
die Reaktion ihrer kalkigen Bestandtheile auf Eisenlösungen 
durften wohl das häufige Auftreten der See- und Wiesenerze 
zusammen mit Sand und Grus besser erklären, als die Unfrucht- 
barkeit, die dünne Bevölkerung und der Reichthum an Torf- 
mooren in den Limonit-reichen sandigen Gegenden. Auch 
mussen wir hier nicht vergessen, dass das mikroskopische 
organische Leben zu diesen Erzbildungen mitwirkt, und dass 
nach ps Brusisson die Desmidien in Gegenden mit kalkigem 
Boden seltener sind als in denen mit Granit-, Quarz- oder 
Schiefer-Grund. 

Da die See- und Wiesenerze Fällungen aus eisenhaltigen 
Wässern sind, so muss in seeerzreichen Gegenden eine grössere 
Menge solcher Wässer vorkommen als in solchen, wo sie fehlen. 
Der braungefärbten, eisenhaltigen Ströme wurde schon er- 


*) Im Canton Neuchätel sammelt sich in dem rings geschlossenen 
Jurathal Vall6ee des Ponts das Wasser in den Torfmooren dieses 
Thales, fliesst durch die sog. ‚„Emposieux‘‘ ab und tritt 274 M. tiefer im 
Thale der Reuse als eine so starke Quelle zu Tage, dass davon (un- 
mittelbar am Ausflusse) 5 Räder getrieben werden. Dieses Wasser ist 
zu Zeiten von aufgelösten Humussubstanzen braun gefärbt, weshalb die 
Quelle „La Noire aigue“ heisst. Gleichen Namen führt das nahe- 
belegene Dorf und Station der Neuchätel-Pontarlier Eisenbahn. 


90 


F 


wähnt, und an eisenhaltigen Quellen ist keine schwedische 
Provinz so reich als Smä3land. Ohne Zweifel hängt das 
Vermögen des Wassers, Mineralsubstanzen aufzulösen, zunächst 
von einem (Gehalt an Verwesungsproducten ab, welche in torf- 
und waldreichen Ländern am häufigsten sind; aber eben so ge- 
gründet ist auch die Behauptung des PLinıvs: „tales sunt aquae, 
quales terrae per quas fluunt*, welche in den Bergen und dem 
Boden von Gegenden, wo eisenhaltige Quellen (und Seeerze) 
gefunden werden, Eisen in auflöslicher Form voraussetzt. Die 
Anwesenheit von Eisen in beinahe allen Bergarten Schwedens 
würde die Bildung der Seeerze in allen Theilen des Landes. 
möglich machen; denn SVEDENBORG sagt gewiss mit Recht: 
„Mars per omnes Sueciae provincias sparsus est“. Nicht nur 
die meisten Bergarten, sondern auch die losen Sand-, Grus- 
und Lehm-Ablagerungen enthalten Eisen genug, um alles durch- 
stromende Wasser in Gesundbrunnen zu verwandeln, wenn es 
dasselbe zu lösen vermöchte. Die grössere oder geringere 
Auflöslichkeit des Eisens aber hängt‘ nicht nur von dem Ge- 
halte des Wassers ‘an organischen oder unorganischen Säuren 
ab, sondern auch und besonders von der mineralogischen Zu- 
sammensetzung der eisenhaltigen Bergarten.  Kalireiche  Feld- 
spathe (z. B. gewöhnlicher Orthoklas) werden durch Säuren (z.B. 
Kohlensäure, in Wasser aufgelöst) viel langsamer und unvoll- 
ständiger zersetzt, als die natron- oder kalkreichen (z. B. 
Oligoklas, Labrador, Anorthit). Die Eisentheilchen, die ‚sich 
im ersteren finden könnten, sind deswegen dem Wasser viel 
unzugänglicher als dergleichen in Labrador ‘oder Anorthit. 
Augite und Amphibole werden um so leichter von saurem Wasser 
zersetzt, je reicher sie an Eisen sind; besonders sind gewisse 
Augite bei Einwirkung der Atmosphärilien der Verwitterung 
stark ausgesetzt. Die Verwitterung aller dieser so eben ge- 
nannten Mineralien wird’ sehr beschleunigt, wenn die Bergart, 
welche sie zusammensetzen, Schwefelkies enthält. Es mag 
uns deshalb nicht verwundern, dass ein Granit aus Orthoklas, 
Quarz und sehr schwer verwitterndem Glimmer an ein durch- 
stromendes Wasser nicht viele mineralische Bestandtheile. ab- 
giebt, dass aber Mineralwasser entsteht, wenn das Wasser den, 
Weg durch Bergarten nimmt, welche mit Oligoklas, Anorthit, 
Augit, Amphibolw a. bestehen und nebenbei an Kiesen reich sind. 
Der Amphibolit, Diorit, Hyperit, Diabas, Gabbro und 


y 


9 


Schillerstein, gewöhnlich Schwefelkies, Kupferkies, Magnet- 
kies, Magnetit und Titaneisen als accessorische Bestandtheile 
enthaltend, sind in Smaland sehr gewöhnlich und unter dem 
Namen „Grönstenar* oder „Jernbindor* allgemein bekannte 
Bergarten, deren Einfluss auf die Bildung der See- und 
Wiesenerze von WaArLERIUS und seinen Nachfolgern hervor- 
gehoben wurde. Bei HAusmann finden wir, wenn auch in einer 
etwas modernen Form, die Ansicht S. Rınman’s. Der letztere 
sagt nämlich: „Besonders sind allerlei „Jernbindor“, die aus 
Hornblende bestehen und mit einer Menge solcher Säure 
(Vitriolsäure) versehen sind, zur Hervorbringung von derglei- " 
chen ‘Erzen sehr geneigt.“ Auch im Auslande, z.B. am Harz 
und auf dem Thüringer Wald hat man einen nahen Zusam- 
menhang zwischen Hyperit und sumpferzartigen Ockerablage- 
rungen beobachtet. Der Magnetit- und Titan-Gehalt der „Grün- 
steine* ist wahrscheinlich an der Entstehung der See- und 
Wiesenerze sehr unschuldig; denn unverwitterten Sand dieser 
beiden Mineralien findet man in vielen limonitführenden Seen 
Smalands und Dalarnes. 

FORCHHANMER leitet jedoch die Oehre-Bildung der dänischen 
Dünen-Seen von dem Titaneisensand ab, den man aufihrem Boden ° 
trifft, und WALLERIDS betrachtet den Eisengehalt der schwedischen 
Berge als eine Hauptbedingung der Entstehung der Seeerze. 

Grünsteine findet man in den meisten Provinzen, wo 
Wiesen- und Seeerze vorkommen, besonders in Wermland 
und längs den skandinavischen Alpen in Herjeadalen und 
Jemtland.. Es mag jedoch unrichtig sein, das Vorkommen 
‚dieser Bergarten in anstehenden Massen als eine unumgäng- 
liche Bedingung des Auftretens der See- und Wiesenerze in 
der betreffenden Gegend zu betrachten; denn kräftiger als auf 
feste Felsen wirkt das Wasser auf Bergarten, deren Detritus 
als Grus, Sand und Thon weit von dem Punkt abgesetzt sein 
kann, wo die fraglichen Bergarten anstehend gefunden werden. 

Legen wir die hier hervorgehobenen Erfahrungen zusam- 
men, so stellt sich heraus, dass die See- und Wiesenerze den 
Gegenden vorzugsweise angehören, welche an Wäldern und 
Torfmooren reich sind, deren Boden aus Grus und Sand be- 
steht, welche Flötz-Kalk, kalkigen Thon und Mergel entbeh- 
ren, und wo Grünsteine oder andere Bergarten vorherrschen, 
welche eisenhaltige Wasser veranlassen konnen. ? 


92 


Art des Vorkommens der Seeerze. 


Sind mehrere Seen durch ein Flusschen verbunden, so 
enthalten gewöhnlich alle die Glieder dieses Wassersystems 
unterhalb eines erzführenden Sees mehr oder weniger Erz, 
dagegen kann man nicht mit gleicher Bestimmtheit schliessen, 
dass auch oberhalb liegende Seen und Wasserläufe erzführend 
sind. Auch ist die Erzquantität nicht durch das ganze, zusam- 
menhängende, erzführende Wassersystem gleichförmig vertheilt. 
Zwischen zwei reichen Seen kann öfters ein armer liegen, und 
die Menge des Erzes, sein Eisengehalt und seine accessori- 
schen Bestandtheile, Struktur und Formverhältnisse wechseln 
nicht nur auf verschiedenen Punkten desselben Wassersystems, 
sondern sogar auf verschiedenen Stellen desselben Sees. Aeltere 
Autoren behaupten, dass in grösserer Tiefe als 6 (SwEDEN- 
BORG), 12 bis 14 (WALLERIUS) Fuss Seeerze in grösserer Menge 
nicht vorkommen; die Erzfischer der Gegenwart geben eine 
solche Grenze bei einer Tiefe von etwa 30 Fuss an. Findet 
eine solche Thatsache wirklich statt, so wird dadurch auf das 
Bestimmteste ein Abhängen der Seeerzbildung von Wasserdruck 
und Sonnenlicht unter Vermittelung z. B. von der Mitwirkung 
des organischen Lebens angedeutet. Man darf jedöch vermu- 
then, dass man bei Anwendung von Geräthschaften , welche 
die Förderung des Seeerzes aus noch grösserer Tiefe erleich- 
tern, die so eben “erwähnten Grenzen ferner erweitert finden 
werde, und es ist nicht unmöglich, dass grosse Erzmassen auf 
dem Boden manches tiefen Sees unberührt liegen, welcher jetzt 
als geerntet angesehen wird. Es ist gewiss, dass das Erz nicht 
über den ganzen Seeboden gleichmässig vertheilt vorkommt, 
sondern in runden oder länglichen Flecken, deren Längenaus- 
 dehnung meist von Osten nach Westen gerichtet sein soll. Da 
diese Erzstreifen meistens auf Untiefen liegen, deren Richtung 
von dem Laufe der Sonne unabhängig ist, so darf man auf die 
angedeutete ostwestliche Richtung der Erzbänke kein allzu 
grosses Gewicht legen; findet sie statt, so wird dadurch wie- 
derum ein Zusammenhang zwischen organischem Leben und 
der Bildung der Seeerze angedeutet, welchen häufig vorkom- 
mende Erzablagerungen auf seicht liegenden Schilf- und Rohr- 
‚banken bestätigen. Letztere ziehen meistentheils in einiger 
Entfernung von dem Strande, ohne ihn zu berühren, und sollen 


93 d 


die Erzbänke dem Strande selten auf weniger als 30 bis 
40 Fuss nahe kommen. Die Richtung der Bänke in Seen 
wird ausser durch die Stromrichtung auch durch die Streich- 
richtung schieferiger Bergarten, welche das Seebassin umklei- 
den, und dureh die Richtung, in welcher Glacier-Grus daselbst 
abgesetzt worden ist, bestimmt. In vielen Fällen wirken diese 
Faktoren so zusammen, dass zwischen seicht liegenden Bänken 
ein Parallelismus entsteht, welches dann auch mit den Erz- 
ablagerungen auf denselben der Fall ist. Eine Karte über die 
Erzbänke eines Sees wurde dadurch in vielen Fällen Aehnlich- 
keit zeigen mit der Projection der Erzfälle eines Ganges auf 
die Gangfläche. _ | 

Ferner soll die Beschaffenheit des Seebodens auf die Erz- 
ablagerungen von Einfluss sein, da sich diese öfters auf schlam- 
migem Boden, sandigem und feinem Grus, aber nicht gern auf 
einem Boden von groben Steinen finden. In dieser Hin- 
sicht mag jedoch die Bemerkung erlaubt sein, dass auch grosse 
Steine in erzführenden Seen öfters mit hart ansitzenden Erz- 
krusten überzogen sind, und dass es sehr schwer ist, von einem 
mit Steinen besäeten Boden Seeerz aufzuholen. Da Wasser- 
pflanzen vorzugsweise auf feinem Sand und Schlamm gedeihen, 
so würde übrigens der Einfluss der Beschaffenheit des Bodens 
auf die. Bildung des Seeerzes durch den Zusammenhang letz- 
terer mit der Vegetation erklärt werden können. Schlamm 
und feiner Sand können nur in ruhigem Wasser abgesetzt wer- 
den; in Strömen werden sie wegsespült und lassen Steine und 
groben Grus zurück. In Flusschen, welche erzführende Seen 
verbinden, findet man Erz nur in tiefem, ruhigem Wasser oder 
an der convexen Seite der Krümmungen, nicht in reissenden 
Strömungen. Eine ähnliche Einwirkung der Schnelligkeit des 
Wassers auf das Absetzen des Erzes muss auch in den Seen 
stattfinden, und dadurch kann die erwähnte Verschiedenheit in 
der Ablagerung auf schlammigem und auf steinigem Boden 
verursacht werden. Ein unmittelbarer Einfluss von Strömun- 
gen auf die Vertheilung des Erzes im See wird auch durch die 
Thatsache bestätigt, dass in gewissen Seen auf derselben Stelle 
beinahe jährlich Erzgewinnung stattfinden kann. Die Bildung 
des Seeerzes geht allerdings ununterbrochen fort, und das Erz 
„wächst nach“; dieses aber geschieht so langsam, dass zu der 
Bildung einer gewinnungswürdigen Erzschicht angeblich 15 bis 


94 


30 Jahre erforderlich sind; damit also Erzgewinnung jährlich 
an derselben Stelle geschehen könne, muss Erz daselbst ge- 
sammelt werden nicht nur durch neue Bildung, sondern auch 
durch Häufung, was nur durch Ströme geschehen kann. 

Die Mächtigkeit der Seeerze übersteigt selten 14 Fuss, 
aber es wird Erz gefördert, wenn es nur 4 bis 6 Zoll oder 
noch weniger dick liegt. Die Art und Weise der Gewinnung 
erlaubt nicht, den Boden rein zu machen, und ehemals liess 
man absichtlich ein dünnes Lager zurück, wodurch man den 
Nachwuchs zu befördern hoffte. Da die Bildung von Seeerz 
ununterbrochen fortgeht, könnte man mit Recht mächtigere 
Ablagerungen an völlig unverritzten Stellen erwarten, aber 
schon fertige Erze können auch wieder weggelöst werden, um 
anderswo abgesetzt zu werden, und durch eine Erzkruste kann 
eine Quelle leicht zugestopft werden, um vielleicht auf einem 
anderen Punkt hervorzubrechen und die Entstehung einer Erz- 
ablagerung zu veranlassen. Dass ohne diese Hindernisse un- 
gewöhnlich mächtige Seeerzlager gebildet werden können, wird 
z. B. im See Tisken bei Falun bestätigt, wo das Wasser aus 
der Grube und von den Schlackenhalden in der kurzen Periode 
von etwa 600 Jahren ein über den ganzen Seeboden ausge- 
breitetes Lager von Ocker abgesetzt hat, welches an ‚mehreren 
Stellen über 10 Fuss dick ist. | 

Die hier hervorgehobenen Verhältnisse erinnern wiederum 
daran, dass das Pflanzenleben auf irgend eine Weise in die 
Bildung des Seeerzes eingreifen muss, dass aber auch Ströme 
und unter dem Wasser sich befindende Quellen die Stellen 
bestimmen, wo diese Ablagerung erfolgt. Runde Erzflecken, 
die nicht auf Bänken liegen, auch von der Strömung nicht ab- 
hängen, können nur Quellen ihren Ursprung verdanken. 


Art des Vorkommens der Sumpf- und Wiesenerze. 


Wiesenerze fehlen beinahe niemals in Seeerz-reichen der 
genden und liegen zum Theil so, dass an ihrer ehemaligen 
Seeerznatur nicht gezweifelt werden kann. Sie werden nicht 
nur auf dem Boden flacher Thäler gefunden, sendern auch auf 
wenig geneigten Abhängen und auf dem Gipfel niedriger, brei- 
ter Hügel. Sie liegen bisweilen ‘ohne andere Decke als .die 
dünne Dammerde mit einer spärlichen, gelben und kränklichen 
Grasvegetation, aber öfter werden sie von einem ; Elle dicken 


95 


Lager von sandigem Thon bedeckt mit einer Sumpfvegetation, 
die nicht selten ockerig inkrustirt ist. Die Ockerabsetzungen, 
welche mitunter am Fusse der „Sandasar“ eine Art losen, 
eisenhaltigen, geschichteten Sandsteins bilden, müssen auch hier- 
her gerechnet werden, sowie die Absätze an eisenhaltigen Quel- 
len, welche unmittelbare Aufschlüsse über die Entstehung eini- 
ger dieser Erze bieten. Auf dem Boden tiefer Torfmoore sind 
Wiesenerzablagerungen nicht so gewöhnlich, wie man vielleicht 
glaubt, wohl aber in deren Nähe. Ein gelb überzogenes oder 
irisirendes Wasser deutet oft Erz an, wenn nicht in dem Moore 
selbst, doch in dessen Nähe und gewöhnlich unterhalb des- 
selben. Sogenannte Moorhälse oder Engen zwischen zwei 
Mooren pflegen besonders erzfüuhrend zu sein. Als ein gutes 
Zeichen wird angesehen, wenn die Moore nicht eben sind, son- 
dern voller Locher mit hohlen Huübelchen und verfaulten Baum- 
stumpfen besetzt, um deren Wurzeln sich das Erz in der 
Form unregelmässiger Klumpen mit zerfressener Oberfläche 
concentrirt. Ausserdem kommen die Wiesenerze an den ange- 
deuteten, Stellen gewöhnlich in unregelmässig gestalteten, ab- 
gerundeten oder sternformigen Flecken vor, von 12, 16 bis 
100 Fuss Durchmesser und von einer Mächtigkeit, welche sel- 
ten 1 Fuss übersteigt. Oft enthalten Wiesenerzlager von dieser 
Dicke Zwischenlagen von ockerigem Sand, der auch zwischen 
den verschiedenen Flecken auftritt. Als mit den Wiesenerz- 
ablagerungen in nahem Zusammenhang stehend ist hier einer 
weissen Erde zu erwähnen, welche vielerorts in Schweden 
(Ronneby, Lillhayysjon, Loka, Degernäs u. a.) besonders 
aber in Smaland vorkommt, wo sie oft unmittelbar unter 
den Wiesenerzen, öfter in deren Nachbarschaft unter Torf- 
mooren liest. Sie wird allgemein unter dem Namen „hoit 
lera“ von den Bauern zum Weissanstreichen der Kamine und 
Wände benutzt und besteht hauptsächlich aus den Kieselpan- 
zern von Infusionsthieren, in Smaland aus kaolinisirtem und 
mit Infusionsthierpanzern vermengtem Glacier-Grus. (Eine ent- 
sprechende Bildung ist die sogenannte „Seekreide“ der Schwei- 
zerseen, welche in der Schweiz sehr gewöhnlich unter Torf- 
mooren, bei Dürnten, Uznach u. a. O., unter der sogenann- 
ten Schieferkohle lagert.) 

Solche „hoit lera“ von Hernsas in Smaland enthielt 


96 


nach einer 1861 von Herrn Tırıeerc im Laboratorium der. 

Bergschule angestellten Analyse: & | 

Wasser . . 6,60 

Kieselsäure 85,00 

Thonerde . 5,80 

Eisenoxyd . 0,20 

Kalkerde . 0,65 

Talkerde . 1,10 

Summa 99,35 

und zeigte unter dem Mikroskop zahlreiche Infusionsthierpan- 

zer, namentlich Spongolithen und Pinnularien.*) Diese weisse 

Erde deutet wiederum auf eine Mitwirkung des organischen 

Lebens bei den erwähnten Erzbildungen und sagt zugleich, 

wovon ein Theil des dazu nöthigen Eisens gewonnen worden 

sei; denn das Bleichen des Glacier-Gruses hängt nicht nur von 

seiner Verwandlung in Kaolin ab, sondern auch von der Weg- 
führung seines Eisengehaltes. 

Wiewohl die fortdauernde Bildung der Wiesenerze nicht 
so bestimmt als die der Seeerze nachgewiesen worden ist, so 
kann sie doch in vielen Fällen kaum einem Zweifel unterlie- 
gen; es kann aber nicht geläugnet werden, dass die Bildung 
vieler Wiesenerze schon beendigt ist, wie auch, dass einige, 
welche unter Torfmooren liegen, sogar vermindert werden, an- 
statt zu wachsen. 


Physische und chemische Eigenschäften der See- und Sumpferze. 


Bei Smäländischen Hohöfen. kann man nur selten und 
in kleinen Quantitäten den Erzschlamm sehen, welcher in 
allen Seen, wo die Erzbildung fortgeht, zu finden ist; denn 
dieser wird nicht heraufgeholt oder wird bei dem Waschen des 
Erzes weggespuült. In der Form solchen ockerartigen Schlam- 
mes werden jedoch die Bestandtheile der meisten Seeerze aus- 


*) 1857 stellte ich mit solcher hoit lera aus der Gegend von Klefva 
in Smaland einige Schmelzversuche an. Geschlämmt war sie plastisch 
genug, dass kleine Biscuits daraus geformt werden konnten, welche, nach 
gehöriger Trocknung im Windofen stark gebrannt, zu einem im Bruch 
wachsglänzenden, wenig durchscheinenden, schmutzigweissen Email sich 
zusammenzogen. Mit geschlämmtem Feldspath vermischt, schwanden 
die Biseuits aus „hoit lera“ beim Brennen weniger und besassen nach- 
her einen weissen, porzellanähnlichen Bruch. 


P2 


97 


gefällt, ehe sie durch fernere Prozesse hart werden und Glanz, 
Farbe und Festigkeit annehmen, welche den eompakten Eız- 
arten eisenthumlich sind. Dieser Schlamm ist gleich nach 
der Gewinnung schwarzgrau, bräunlich oder grünlich und voller 
Pflanzenreste in allen Stadien der Fäulniss. Er reagirt auf 
blaues Lackmuspapier und trocknet unter Entwickelung übel- 
riecheuder* Gase zu einem grauen oder ockerfarbigen Pulver 
ohne besonderen Zusammenhang. Frisch heraufgeholt wimmelt 
er nieht selten von grossem und kleinem Gewurm, welches 
gewiss mit seiner Bildung nicht das Geringste zu thun ge- 
habt hat. 

Zu mikroskopischer Untersuchung derartigen Schlammes 
nahm ich im Winter Schlamm aus dem See Tisken vor der 
Hofraithe der Bergschule zu Falun. Folgende Analyse zeigt, 
dass er hauptsächlich wie gewöhnliches See- oder Wiesenerz 
le ist. 


Ungelöst in Königswasser . . . . . 39,9 
Organisches und Ammoniak . . . . 22,6 
Wasser . . er 
Eisenoxyd (mit Sputen von Fhbndrde) 30,3 
BRNO ve. ee. N 
Sehwelelsaurer 2002 Sl 0 RI NI 
Phosphorsäure . . ie el a. 
Kalk, Talk, Spuren von Marke Verlust 0,8 

Summe 100,0. 


Unter dem Mikroskope zeigt sich besonders. eine graue 
bis dunkelbraune Substanz, bestehend aus grösseren und minde- 
ren, unförmlichen, zusammengefilzten und durch Kieselsäure 
zusammengekitteten Partieen (nicht unähnlich Ackerschollen, 
deren Höhlungen mit Eis gefüllt sind) sammt gelatinöser Kiesel- 
saure, Die letztgenannte zeigt sich in grösseren und kleineren, 
eckigen oder abgerundeten Stückchen ohne bestimmte Form, 
so däss sie an Stücke von in Wasser schmelzendem Eis schr 
erinnert. Sie ist grösstentheils wasserklar und farblos, theils 
 graulich und durch ihre poröse Beschaffenheit Schneebrei- 
ähnlich; aber viele Stückchen davon enthalten braune Korner 
von Eisenoxydhydrat, andere haben eine gelbe Farbe, welche 
in dünnen Splittern sehr licht, in dickeren sehr dunkel ist, so. 
dass sie im Ganzen das Ansehen des Bernsteins oder Kolopho- 


niums haben. Auch die gefärbten Partieen enthalten öfters 
Zeits. d.d. geol Ges. XVIII ı. T 


98 


kleine Poren und Eisenoxydhydratkörner. Die Kieselsäure in 
frisch heraufgeholtem Schlamm ist zum Theil noch gallertartig, 
wovon man sich überzeugen kann, wenn man ein wenig 
Schlamm nebst einem Wassertröpfchen zwischen zwei Glas- 
scheiben legt, welche unter dem Mikroskop in einer Rich- 
tung gegeneinander verschoben werden; es treten dann zwi- 
schen den Glasscheiben bandartige, durchsichtige Streifen her- 
vor, welche durch Querspalten in zahlreiche eckige Kieselsäure- 
splitter zertheilt werden, sobald der eingeschlossene Schlamm 
trocken geworden ist (siehe Taf. I. Fig. 2). Dieser Versuch gelingt 
nicht mit vorher getrocknetem Schlamm; auch können nicht 
alle Kieselsäurepartieen auf diese Weise in Bänder ausgezogen 
werden, und am wenigsten geschieht dies mit den Kolophonium- 
ähnlichen. Wird glühender Schlamm mit einer kochenden Lö- 
sung von kaustischem Kali oder mit Fluorwasserstoff behandelt, 
so verschwinden die kleinsten Kieselsäurepartieen ganz und gar, 
die grösseren 'aber nehmen eine zerfressene, rauhe Oberfläche 
an und werden nur durch eine fortgesetzte Behandlung mit 
dem Lösungsmittel aufgelöst. Die gelben Theile werden dabei 
wenig oder gar nicht verändert und dürften neben Eisenoxyd- 
hydrat hauptsächlich Eisensilikate sein. Dem Angriffe. von 
Alkali, Fluorwasserstoff und auch Chlorwasserstoffsäure wider- 
stehen am besten kleine ellipsoidische Körper von der Länge 
einiger Hunderttheile Millimeter; diese kommen in allen. unter- 
suchten See- und Wiesenerzen vor (Fig. 3). Sie erinnern sehr 
ahı organische Formen, scheinen aber nichts Anderes zu sein 
als Eisenoxydsilikate, welche durch Concretion oder durch 
Abrundnng weniger regulärer Stücke diese Form angenommen. 
haben. Die braune Farbe, am intensivsten in der Mitte, wird 
. gegen die Seiten lichter, bisweilen in dem Grade, dass ein 
durchsichtiger Kieselsäure- Sack die gefärbte Masse zu um- 
schliessen scheint, welche wegen der zahlreichen inneliegen- 
den dunkleren Körner oder Poren nie ganz durchsichtig ist. 
Sandkörner werden durch Kali und Fluorwasserstoff auf eine 
ganz andere Weise geätzt als die übrige Kieselsäure; sie-ha- 
ben auch einen anderen Bruch und eine andere Struktur und 
oft eine grünliche, lichtblaue oder röthliche Farbe, wodurch 
man sie unter dem Mikroskope von der gelatinösen Kieselsäure 
leicht unterscheidet, welche immer die Hauptmasse des Kiesel- 
npschalte der gereinigten See- und Wiesenerze ausmacht. 


391... -_ 


Dieses wird angeführt, weil die Existenz anderer Kieselsäure 
in Limonit, als mechanisch eingemengten Sandes, in der neuesten 
Zeit hauptsächlich aus theoretischen Gründen bestritten wor- 
den ist. 

Die oben genannten dunkelen, zusammengefilzten Massen 
bestehen grösstentheils aus dem Kolophonium-ähnlichen Eisen- 
oxydhydrat und aus Eisensilikat sammt gelatinöser Kieselsäure 
und sind von einer schwammigen, porösen und fasrigen Sub- 
stanz eingehüllt, in welcher man mit 280- bis 590 facher Ver- 
grösserung jedoch die einzelnen Fäden nicht unterscheiden 
kann. Die Kieselsäure imprägnirt diesen braunen Filz, wel- 
cher hauptsächlich undurchsichtig ist Fig. 1a und b). Oftmals 
stehen farblose, durchsichtige Röhren daraus hervor, offenbar 
Kieselzellen mikroskopischer Conferven; andre kleine Algen 
(Exillarien) sitzen aussen auf wie Krystallbuschel, und im 
Allgemeinen trifft man die meisten Infusorien in der Nähe die- 
ser braunen, filzigen Massen. Durch Glühen schwinden letztere 
zusammen, werden compakter, bekommen Sprünge an den Rän- 
dern, so dass sie nun aus vielen kantigen, unregelmässig ge- 
formten Körnern von dunkelbrauner Farbe und grösserer oder 
geringerer Durchsichtigkeit zusammengesetzt erscheinen. 

Die hervorragenden, farblosen Röhren und Stäbe verändern 
beim Glühen ihr Ansehen gar nicht. ‚Aber durch Behandlung 
mit Alkali verschwinden sie, die Oberfläche der braunen Mas- 
sen wird gleichzeitig angefressen und rauh. Wird das Eisen 
durch Salzsäure weggelöst, so bleibt eine theils farblose, durch- 
sichtige, theils eine grauliche, halbdurchsichtige ‘Masse zurück, 
welehe ich nicht besser als mit Schneebrei, der mit Eisstück- 
chen vermischt ist, vergleichen kann. Die Kieselskelette der 
Pflanzen sind wohl erhalten, am deutlichsten, wenn der 
Schlamm vor der Digestion mit Salzsäure geglüht worden war. 
Es zeigt sich sehr oft, dass eine Menge Conferven-Fäden, deren 
Enden hervorragen, gleichwie in ein K'näuel zusammenlaufen, 
oder dass sie ganz allmälig und nicht deutlich begrenzt in einem 
porösen Kieselsäuregallert anfangen, woraus sie nach allen Sei- 
ten hervortreten, um so schärfer, je länger sie werden (Fig. 4 a). 
Es ist von grossem Interesse zu sehen, wie die beträchtlichste 
Eisenfällung eben um solche Gewebe  mikroskopischer Algen 
stattgefunden hat. | 

Nebst den eben skizzirten Theilen kommen in dem Schlamm 


T* 


i 100 


kurze, unregelmässig cylindrische, oft auch 'eckige, schwarze, 
faserige Fragmente vor, verkohlten Holzsplittern ähnlich (Fig. 5). 
In stark durchfallendem Licht und mit geringer Vergrösserung 
(280) betrachtet, nehmen sie die schönste intensiv azurblaue 
Farbe an. Da der Schlamm aus dem Tisken, worin sie zu- 
erst beobachtet wurden, ein wenig Kupfer enthält, so hielt ich 
sie für Kupfer-Indigo oder irgend ein Kupfersalz. Reagentien, - 
unter dem Mikroskope aıf&ewendet, zeigten auch deutlich den 

- Kupfergehalt des Schlammes an, nicht aber sein Abhängen von 
den blauen Splittern; denn ihre Farbe wurde durch Ammoniak, 
Salzsäure und Salpetersäure ‘nicht verändert. Es wurde jetzt 
am  wahrscheinlichsten, dass die blaue Farbe von irgend einem 
Eisenoxyduloxydsalz herrührte, da nach BArRESwILL die blaue, 
nach AsgıcH die schwarze Farbe Eisensalzen mit, 3 Atomen 
Oxydul und 2 Oxyd eigenthüumlich ist. Da die blaue Farbe 
nicht durch Gluhen verschwand, so Konnte die Säure dieses 
Salzes weder organisch (z. B. Gerbsäure), noch Schwefelsäure 

. sein, und die Annahme, dass sie Phosphorsäure sei, wird 
nicht nur durch die blaue Farbe des Vivianits (wasserhaltiges 
Eisenoxyduloxydphosphat) begründet, sondern auch dadurch, 
dass Salzsäure bei längerem Kochen die blaue. Farbe dieser 
Splitter sehr schwer und unvollständig zerstört. Die Farbe 
wird bei Behandlung mit Salzsäure lichter, violett, eine Mischung 
von schmutzig Ockergelb und Violett, endlich ockergelb, welche 
letztere Färbung durch lange fortgesetztes Kochen nicht voll- 
kommen verschwindet. Ich vermuthe, dass durch Salzsäure 
phosphorsaures Eisenoxydul ausgezogen wird, wobei aber der 
grösste Theil des phosphorsauren Eisenoxyds ungelöst bleibt. 
Die Anwesenheit von Phosphorsäure in der sauren Lösung wird 
unter dem Mikroskope durch Zusatz von einem Tröpfchen Mo- 
lybdänflüssigkeit entdeckt, wodurch bald kleine lichtgelbe Ku- 
geln ausgefällt werden, welche sich nach und nach in schönen 
dendritischen Krystallgruppen ordnen; es kann jedoch nicht be- 
hauptet werden, dass diese Fällung nahe an den gefärbten 
Splittern am bedeutendsten sei, wodurch indess nur bewiesen 
wird, dass die Lösung des Eisenphosphats sehr langsam ge- 
schieht. Ich habe mehrere Male beobachtet, dass nach dem 
Kochen des Seeerzes mit Salzsäure der übrigens ganz weisse 
Ueberrest von Kieselsäure äusserst kleine schwarze Punkte 
enthielt, welche unter dem Mikroskope Form ‘und Farbe der * 


101 


beschriebenen Splitter annahmen und also von nicht zertheil- 
tem Eisenphosphat herrühren durften. 

Durch vorsichtige Reibung des angefeuchteten Schlammes 
zwischen den Glasscheiben konnten die blauen Körper unter 
dem Objectiv des Mikroskops bisweilen zerdrückt werden. Sie 
theilten sich dann parallel mit der langen Achse mit grösster 
Leichtigkeit in viele Messerklingen-ähnliche Lamellen (Fig. 5b), 
welche den Spaltungsformen eines Krystalles nicht unähnlich 
sind. Zwischen ihnen sitzen nicht selten bernsteinfarbige La- 
mellen, welche den blauen Splittern fest anhängen (Fig. 5 ce). 

Da die Splitter nach dem Kochen mit Salzsäure oft eine 
deutliche Pflanzenstruktur zeigen, so ist wahrscheinlich, dass 
wir es hier weniger mit Vivianit-Krystallen zu thun haben als 
mit Pflanzentheilen, welche von diesem Mineral und von Kiesel- 
säure imprägnirt sind. Ich habe unter dem Mikroskope in 
mehreren Seeerzen deutliche, runde, azurblaue, stängelförmige 
' Pflanzentheile mit farblosen Fibrillen (Fig. 6 a) an den Enden 
gesehen, welche sich ganz wie diese Splitter verhielten. Auch 
ein grasgrüuner und ein purpurrother und viele violette Stängel 
wurden beobachtet (Fig. 6b, ce, d). Die meisten davon ge- 
hörten nicht Conferven mit einfachen Zellreihen an, sondern zu- 
sammengesetzteren Pflanzen mit Zellgewebe, wahrscheinlich 
Gramineen. Es-ist zu vermuthen, dass der Gehalt dieser Pflan- 
zen an Phosphorsäure die Ausfällung des Vivianites in ihren 
verfaulten Körpern veranlasst hat. 

Ich will hier nicht die Kieselpanzer der organisirten Kör- 

per besprechen, welche im Schlamm aus dem Tisken vorkom- 
men, weil weiter unten an einer Stelle angeführt ist, was in 
dieser Hinsicht in allen den untersuchten See- und Wiesen- 
erzen beobachtet wurde. 

Die in fester Form vorkommenden Erze bilden theils 
compakte Nester (Rusor), theils kleinere oder grössere Körner, 
Kugeln und Scheiben, theils sind sie das Inkrustirungs- oder 
Petrifieirungs-Mittel von Wurzeln, Stammenden- und Thieren, 
z. B. Käfern und Würmern. Wir werden auf diese verschie- 
denen Formen zurückkommen, welchen das gemein ist, dass 
sie theils (und hauptsächlich) aus einer harten, amorphen, dun- 
kelbraunen, harzglänzenden Masse zusammengesetzt sind, theils 
aus einem loseren, wenig zusammenhängenden, graugrünen, 
gelben, braunen oder sehwarzen Ocker, welcher die Höhlungen 


102 


der schlackenartigen Klumpen ausfuüllt oder in ihnen Schiehtung 
veranlasst. In dem kugelförmigen „Penning*-Erze wechseln 
concentrische Schalen von festem, glänzendem Erz mit solchen 
von losem und ockerigem. 

Letzteres ist meist mit Sand ernischt gleicht aber ubri- 
gens ganz und gar dem oben beschriebenen Schlamm. Die 
meisten Panzer von mikroskopischen Organismen kommen in 
diesem ockerigen Theil des Erzes vor. 

Das harte, glänzende Erz zeigt unter dem Mikroskope eine 
gleichformige, amorphe Struktur, welche man. nur bei einer 
chemischen Verbindung zu sehen gewohnt ist, nicht aber 
bei einer Mischung von z. B. Eisenoxydhydrat und Kieselsäure. 
Das Pulver besteht aus scharfeckigen Splittern mit zum Theil 
muschligem Bruch. Sie können hinsichtlich der Farbe und des 
Aussehens mit nichts besser verglichen werden als mit Stück- 
chen von Bernstein oder Kolophonium; wenn sie dunn sind, 
sind sie gelb durchsichtig, wenn dick, braunroth bis schwarz. 
Wasserklare Kieselsäurestüuckchen kommen zwischen ihnen sehr 
selten vor, öfters Sandkörner verschiedener Farbe. 

Die dunkeln Punkte dickerer Erzstückchen scheinen bei 
längerer Betrachtung eine intensiv dunkelblaue Farbe anzu- 
nehmen, die an jene der oben genannten Splitter in dem 
Schlamm erinnert. Sie tritt oft deutlicher hervor, wenn das 
Pulver mit Salzsäure, Salpetersäure oder sogar mit Molybdäan- 
flüssigkeit angefeuchtet wird, ist aber hauptsächlich subjeetiv und 
eine Folge von dem langen Verweilen des Auges auf den 
gelben und rothgelben Körnern. Durch veränderte Beleuchtung 
oder Wendung der schwarzblaufarbigen Stückchen unter dem 
Objective treten ausser den rothgelben Punkten auch weisse 
neben den blauen und an ihrer Stelle hervor. Einige’ blaue 
Flecken bleiben aber unverändert, und da ich sie auch in dem 
ockerigen Theile fand, so wurden sie unter dem Mikroskope 
mit Blaueisenerde verglichen, womit die Uebereinstimmung so 
deutlich ist, dass man an ihrer Identität mit Eisenoxyduloxyd- 
phosphat nicht zweifeln kann. Es kann uns auch nicht befrem- 
den, dass in See- und Wiesenerzen Theile eines Minerals 
mikroskopisch eingemengt sind, welches in ihnen oft in recht 
beträchtlichen Massen auftritt. Versuche mit Molybdänflussig- 
keit zeigten jedoch, dass der hauptsächlichste Theil des Phosphor- 
sauregehalts der See- und Wiesenerze beinahe gleichformig und 


« 


i 103 


unsichtbar durch die ganze Erzquantität vertheilt ist, welche 
‚auf einmal unter dem Mikroskope betrachtet-werden kann. 


Mikroskopische Organismen. 


Von mikroskopischen Organismen sieht man wenig bei 
Betrachtung des unvorbereiteten harzigen Erzes; die wenigen 
sichtbaren (gewöhnlich grössere Conferventheile) liegen lose 
zwischen den Erzstückchen, in welchen selbst nichts Organisches 
entdeckt werden kann. Betrachtet man aber die gelatinös- 
körnige Kieselsäure, welche zuruckbleibt, wenn man kleine 
Stückchen von dem Erz mit kalter Salzsäure behandelt , so 
entdeckt man in der unter dem Mikroskope einem Eis- und 
Schneebrei ähnlichen Masse eine Menge von Panzern von Dia- 
tomeen. Sie kommen jedoch nur bei einer gewissen Beleuch- 


tung zum Vorschein und gleichen leichten Schatten, deren 


Umrisse zum Theil mit der. umgebenden Kieselsäure zu- 
sammengeschmolzen, während einige von ihren feinsten Streifen 
sehr scharf erhalten sind (Fig. 7). Ich habe versucht, einige 
von ihnen abzuzeichnen, aber die Figuren geben nur sehr un- 
‚vollständig den Zustand, in dem sie hervortreten, und eben 
dieser Zustand ist hier das Wesentliche, weil er zu zeigen 
scheint, dass die Kieselsaure des Panzers eine chemische 
Verbindung mit dem umgebenden Eisenoxyd eingegangen ist, 
so dass uns die Figur als ein Abdruck der verschwundenen 
Masse zurückblieb. Die Figuren 4. u. 6. zeigen, dass Conferven- 
Knäule, ganz. wie die in dem Schlamm bemerkten, auch in der 
Kieselsäure aus dem pechähnlichen Erze hervortreten, 
‚Vergleicht man nach allein diesem das feste, harzige Erz 
mit dem losen, ockerigen (Schlamm), so zeigt sich jenes als 
eine chemische Verbindung zwischen Kieselsäure und Eisen- 
oxyd etc., dieses aber als eine mechanische Mischung von 
Kieselsäure (und Sand), Theilen der so eben genannten Sili- - 
cate, Eisenoxydhydrat- und Verwesungsprodukten, welche bei 
der Kieselsäure aus dem Schlamme die schwammige Struktur 
verursachen, die jener aus dem harzigen Erze ganz fehlt. Die 
Kieselsäure aus letzterem hat vor dem Trocknen gewiss auch 
eine schwammartige.Struktur, aber nur in Folge zahlreicher 
Höhlungen, die durch das Wegnehmen des Eisenoxyds ent- 
standen waren. Bei der Behandlung des harzigen Erzes mit 


- 


104 


Salzsäure werden nebst. der Kieselsäure die obengenannten 
ellipsoidischen Eisenoxydsilikatkörper erhalten (Fig. 3). 
Es bleibt uns übrig, durch Analyse die Zusammensetzung 
des Minerals oder der Minerale, welche .den harzigen Theil 
des. See- oder Wiesenerzes ausmachen, zu bestimmen. 
Mikroskopische Organismen kommen in allen den schwe- 
dischen und finnländischen See- und Wiesenerzen vor, welche 
ich Gelegenheit hatte zu untersuchen; aber ihre Anzahl und 
ihr Formenreichthum sind in verschiedenen Arten verschieden, 
sogar in verschiedenen Stücken derselben Erzprobe; nach dem 
Gesagten ist jedoch begreiflich, dass der grösste Theil davon 
in dem braunen, harzigen Erze aufgelöst sein kann, wodurch 
ihreForm vernichtet wurde, und dass verhältnissmässig mehrerein 
dem ockerartigen Erze gefunden werden, wie vorher bemerkt 
worden ist. Die Skelette von allen bestehen hauptsächlich 


aus Kieselsäure. Dies gilt nicht nur von den kieselgepanzerten 


(Diatomeen), sondern auch von solchen Conferven, welche nach 
Verbrennung kein zusammenhängendes Aschen-Skelett zurück- 
lassen, wie durch in dieser Hinsicht angestellte Versuche er- 
mittelt wurde. Keine einzige organische Form blieb übrig, da 
die Erze mit Kalilösung oder Fluorwasserstoffsäure behandelt 
worden waren biszur Lösung des Kieselpanzer. Also kann Eisen- 
oxyd unmöglich ein selbstständiges Baumaterial der Skelette 
sein. Gewöhnliche mikroskopische Algen nebst kieselbepan- 
zerten Diatomeen (wie auch Conferven), welche letztere einen 
grossen Theil der von EHRENBERG als Infusionsthiere betrach- 
teten Organismen ausmachen, sind am zahlreichsten. Die 
Zellenskelette der ersteren bestehen meistentheils aus farbloser 
Kieselsäure (Fig. 8, a, b, e, d; 4, c.); sehr selten sind sie 
lichtgelb, blau oder rothviolet, öfters schmuzig ockergelb 
(Fig. 8, f. e.) mit zahlreichen, sowohl auf, als innerhalb der 
Zellmembran und in der Zelle selbst liegenden Oeckerkörnern 


' Diese ockerbraune Farbe lässt sich äusserst schwer und nur 


sehr unvollständig durch Salzsäure wegnehmen. Die aus- 
wendig an den Zellen sitzenden Ockerkörner sind oft so zahl- 
reich, dass sie ein zusammenhängendes, höckeriges Rohr bilden, 
welches dem Rohr, womit sich die Larven von den Phryganea- 
Arten umgeben, ähnlich sieht (Fig. 1, 8, g.). Ockerkörner, 


a EEE 


welche in einer Zelle zu liegen scheinen, liegen in der That 


sehr oft auswendig an ihr, wovon man sich dadurch über- 


105 


zeugen kann, dass man den unter dem Mikroskope betrachteten 
Gegenstand in eine leichte Bewegung setzt.‘ Aber in gewissen 
Fällen kommen Ockerkörner in Zellen nicht nur in offenen, 
welche sehr oft durch einen Ockerpfropfen zugestopft sind 
(Fig. 8, h, i), sondern auch in ganz unversehrten und ge- 
schlossenen vor. Die in der Fig. 9. gezeichnete Conferve 
kommt sehr wohl erhalten beinahe in allen den untersuch- 
ten Erzen vor, so dass man an einem einzigen, etwa 1 Mm. 
langen Exemplar nebst 50 bis, 60 Internodien die sackähnliche 
Zelle. an dem einen und die feinen Fibrillen an dem andern 
Ende der Pflanze nicht selten wahrnehmen kann. Die Form 
der Pflanze erinnert sehr an die der Equisetaceen; ihr Skelett 
besteht aus wasserklarer Kieselsäure, aber in jedem Inter- 
nodium sitzt ein rostfarbiger Propfen von Eisenoxydhydrat. 
Da durch Behandlung mit Salzsäure diese Pfropfen verschwin- 
den, und da gleichzeitig die ganze Zellenreihe mit einer citronen- 
gelben Lösung gefullt wird, welche nur durch anhaltendes 
Auslaugen mit warmem Wasser weggenommen werden kann, 
so ist gewiss, dass die braunrothe Farbe der Internodien in 
ihnen sitzendem Eisenoxydhydrat angehört. Da ich in dem 
„Falu &“ (oberhalb des Tisken)-ganz ähnliche Conferven ge- 
sehen habe, obgleich mit farblosen Internodien, so sind 
die beschriebenen Pfropfen gewiss kein specifisches Merkmal 
der fraglichen lebenden Pflanze. Wird Seeerz vorsichtig mit 
Alkalilösung behandelt, so dass die Kieselsäureskelette nicht 
völlig gelöst werden, so zeigen die vorher ebenen Zellen mit- 
unter Zweigansätze, deren Stellung jener bei Chara-Arten 
ahnelt (Fig. 9, ec). 

Schon 1836 sprach EHRENBERG die Ansicht aus, dass die 
Wiesenerze durch gewisse Infusionsthiere erzeugt werden, 
welche Panzer von Eisenoxydhydrat und Kieselsäure bauten. 
Besonders die @aillonella ferruginea (unter dem Namen Oseilla- 
toria ochraces zu den Conferven gerechnet) soll ein fleissiger 
Eisenfabrikant sein; sie wird aber, nach EHRENBERG und WiEc- 
MANN, nicht in dem festen Wiesenerze, sondern nur in dem 
losen Ocker gefunden; WıEemAanN bestreitet ganz und gar die 
Mitwirkung dieser Infusorien bei der Bildung der Seeerze. Ich 
habe in allen den untersuchten See- und Wiesenerzen keine 
Gaillonella ferruginea finden können, theile aber in Fig 10. eine 
Abbildung davon mit, die in PoGGEnnorFr’s Annalen für 1836 


106. 


zu sehen ist. Da c. dieselbe 2000 Mäl vergrössert zeigt, 
und die gewöhnliche, von mir angewandte Vergrösserung nur 


280 (die grösste 590) war, so ist es möglich, dass ich diese 


Form übersehen habe. Der Name kommt jedoch in EHRex- 


BERG’s Mikrogeologie (1854) nicht vor, auch keine andere. 
‚Figur, die mit der hier mitgetheilten Aehnlichkeit hat. . Die’ 


gelbe Farbe, welche ich bei einigen Diatomeen bemerkte, ist 


vr 


gewiss nur zufällig, da sich dieselben Formen viel häufiger ganz 


farblos zeigten.  Uebrigens sind sie nicht selten von Eisen- 
oxydhydratkörnern verunreinigt, auf dieselbe Weise, wie oben 
von den gewöhnlichen Conferven angeführt wurde. - 

Die in den Figuren 11 bis 19 abgebildeten Formen sind 
einige der in den Erzen am häufigsten vorkommenden, oder 
solche, welche mir am bemerkenswerthesten schienen. Sie 
wurden. bei 280- (nureinige bei 590-) facher Vergrösserung, aber 
ohne Camera lucida, gezeichnet, und die Zeichnungen sind ein 
wenig zu gross ausgefallen. Sie wurden durch Vergleichung 
mit EHRENBERG’s mikrogeologischen Kupferwerk bestimmt, 
nach welchem sie ohne Ausnahme Infusionsthieren, die meisten 
der Classe Polygastrica angehören. | 

Nebst den eben erwähnten Formen des niedrigsten Pflanzen- 
lebens kommen in den See- und Wiesenerzen nicht selten 
mikroskopisch kleine Fragmente höher: organisirter Pflanzen 
vor.. Hierher. gehören die oben erwähnten blauen Splitter 
Fig. 5, aber auch viele andere nicht blau gefärbte Zellgewebe. 
Fig. 20 a zeigt ein solches, wahrscheinlich von irgend einem 
Grase. Es wurde abgezeichnet, weil es im Seeerz von Bru- 
saholm sehr oft vorkommt und äusserlich an gewisse fossile 
Fenestella-Arten sehr erinnert. Die in Fig. 20, e, f, g abge- 
bildeten Körper gleichen am- meisten Pollenkörnern; Fig. 20, 
e, dstellt Gewächsfragmente vor, vielleicht Spiral- und Ringfibern 


von Zellenmembranen oder Spiralgefässen. Fig. 20, b ist wohl. 


ein sogenanntes Animaleulum des Springfadens einer Chara-Art. 

Das Zellgewebe von in Erz verwandelten Pflanzen zeigt 
sich unter dem Mikroskope als aus beinahe farbloser bis 
dunkelgelber Kieselsäure bestehend, aus kolophoniumähnliehen 
Silicaten und aus einer undurchsichtigen, schwarzbraunen, 
lignitähnlichen Substanz. Bei feinen Längen- oder Querdurch- 
schnitten kann man bemerken, dass die Zellen am häufigsten 
mit Kieselsäure gefüllt sind, die Zellmembranen dagegen und 


- 


N a . 


107 


die Interzellulargänge sind meistentheils verwandelt in, oder 
gefüllt wit brauner oder beinahe schwarzer lignitartiger Sub- 
stanz und Eisensilikaten. 

Einige Wurzeln ete. sind durch ihre ganze Masse auf die 
eben angedeutete Weise petrificirt, andere sind nur mit festem 
oder ockerartigem Erz inkrustirt. Die Holzsubstanz ist dabei 
bisweilen ganz verschwunden, so dass röhrenförmige Stengel- 
abdrucke zuruckbleiben. Oefters sind inkrustirte Pflanzentheile 
zu einer gewissen Tiefe petrificirt, während ihr Kern aus loser 
Kohle mit vielen Zwischenräumen besteht. Diese undurch- 
sichtige Kohle zeigt bisweilen die oben erwähnte blaue Farbe; 
in ihren Poren sitzt theils wasserklare Kieselsäure, theils Eisen- 
silikat. Ist ein Erz, das sich z. B. zwischen Schilf und Rohr 
gebildet hat, von lauter petrificirten und inkrustirten Stängeln 
und Wurzeln zusammengesetzt, so bekommt es ein röhren- 
formiges Aussehn (Pip-malm). 

Die feinen, oft eckigen Körner, welche je nach ihrer Grösse 
Pulvererz, Hagelerz etc. genannt werden, sind zum Theil 


. körnig-ockerige Ausfuüllungen, zum Theil das Reibungspulver 


kompakter Erdmassen, meistentheils aber sind sie Inkrusta- 
tionen von noch feinerem Sand- und Erzstaub; sie machen im 
letztern Fall die kleinsten Varietäten der abgerundeten Erzarten 
aus, welche unter dem Namen Perlenerz, Erbsenerz etc. be- 
kannt sind. Die Kugelform der letztgenannten ist bei den 
kleineren am regelmässigsten. Bisweilen sind sie durch ihre 
ganze Masse gleichformig dicht und kompakt, aber viel häufiger 
besitzen sie eine concentrisch-schalige Struetur. 

Wird die eine Hälfte solcher Erzkugeln weggeschliffen, 
so entdeckt man in ihrer Mitte einen fremdenKörper, ein Sand- 
körnehen, ein Pulvererzstückchen, ein wenig erhärtete Kiesel- 
säure oder nur einige silifieirte mikroskopische Pflanzen-Ueber- 
reste, rings um welche die Schalen um so mehr excentrisch 
liegen, je grösser sie werden. Nicht selten sind zwei und 
mehrere kleinere, exeentrisch zusammengesetzte Erzkörner zu- 
sammengekittet und von unter sich parallelen Schalen um- 
geben. Je nach der Anzahl, relativer Grösse, gegenseitiger 
Lage der zusammengekitteten Kugeln erhält dann die ganze 
Zusammenhäufung ein mehr oder weniger regelmässig ellip- 
soidisches oder bohnenähnliches Aussehen. Haben die Kugeln 
eine gewisse absolute Grösse erreicht (+ bis 2 Linien), so 


108 


legen sich die folgenden Schalen oft nicht mehr sphärisch an, 
sondern sie werden ringformig abgesetzt; dadurch entsteht 
eine plane oder schalenförmig gebogene Scheibe als die Schluss- 
form bei den Erzarten, die „Penningerz “ genannt werden 
(Fig. 21.) Die verschiedenen Schalen der centrisch zusammen- 
gesetzten Erze zeigen bisweilen unter sich so wenig Ver- 
schiedenheit hinsichtlich der Farbe und Härte, dass man sie 
“nicht leicht unterscheiden kann, wenn man nicht auf den, 
Durchschnitt haucht oder ihn mit Säure ätzt. Aber viel 
häufiger wechseln harte, braune Schalen mit ockerartigen losen; 
oft kommen nur diese letzteren vor mit wenig Zusammen- 
hang in ihrer Masse und unter sich. Ja, es kommt vor, dass 
die Schalen ganz lose in einander oder nur auf wenigen 
Punkten zusammengewachsen liegen. Da die Zwischenräume 
bei der Heraufholung des Erzes mit Wasser gefüllt sind, so fallen 
die dunnen Schalen oft zusammen, sobald das Wasser ver- 
dunstet. Solche Erze stimmen mit den sogenannten „Adler- 
steinen* (Aetites Aquilini) überein, welche die Aufmerksamkeit 
älterer Mineralogen in hohem Grade erregten. Wenn man er- 
wagt, dass Lmxse vor 100 Jahren die Entstehung der sphäri- 
schen Struktur der kugelförmigen Seeerze (Tophus globosus) 
ganz richtig erklärt hat (natus e ferro in arena, a centro multi- 
plicatus versus peripheriam), so muss "es Erstaunen erwecken, 
dass man noch in ‘der neuesten Zeit wahrscheinlich machen 
wollte, dass kleine Thiere die Schalen von aussen nach ein- 
wärts „spinnen“ sollen. 

Haben die kugel- oder „penning*-förmigen Erze eine ge- 
wisse Grösse erreicht, so wachsen sie nicht mehr regelmässig, 
sondern sie werden unter sich zu dunnen, rauhen Krusten zu- 
sammengekittet. Diese liefern einen Theil des sogenannten 
Skraggerzes. Andere Skraggerzarten sind aber krustenartige 
Ockerabsetzungen und Ueberzuge ohne inneliegende Perlen- 
und „Penning*-Erze; durch zwischenliegende, dunne Sandlager 
können sie eine Art Schichtung annehmen. | 


Chemische Zusammensetzung von Seeerzen. 


Von schwedischen Seeerzen hat man sehr viele Analysen; 
dass diese zu keinen stöchiometrischen Formeln korrekt fuhren, 
ist nicht auffällig, da sie nicht mit der harten, harzigen Masse 


109 


für sich angestellt worden sind, sondern mit der ganzen Masse 
nebst deren Verunreinigung durch Sand, Pflanzenüberreste etc. 

Lipsäck’s Analysen von geglühtem Seeerz von Kronobergs 
län, Gelserum und Ryp: 


Sand und Kieselsäure 10,60 24,2 30,0 
Thonerde 2,80 1,& 1,6 
Manganoxyd 4,40 12,9 0,8 
Eisenoxydphosphat 1,00 6,4. 4,0 
Eisenoxyd 18,72 67,0 61,0 
Schwefel 0,01 — —- 

Summe 97,53 100,9 97,4 


Aus SrtarL v. Housteı’s Analyse von Pulvererz aus 
Särna: 


Phosphorsäure 0,119 

Kieselsäure 4,318 

Thonerde 0320,43] 

Kalkerde 0,091 - 
Talkerde ir .05334 

Manganoxyd 19,297 

Eisenoxyd ‚1262,322: 

Wasser 12,056 ° 


Summe 99,168. 


SVANBERG’S 30 Analysen von Seeerzen, nebst zweien von 
Wiesenerzen aus Smaland, Wermland, Dalarne, Helsingland 
geben: 

Phosphorsäure 0,051 bis 1,213; im Durchschnitt 0,476 


Schwefelsäure Spuren „ 0,430 5 0,070 
Kalkerde 0.266 4.5095 “ 1,366 
Talkerde 0,0211..0,2.0,731 u 0.192 
Thonerde 232.1... 14.894 & 3,981 
Kieselsäure 9,438 „41,258 a 12,639 
. Eisenoxyd 43,225 „715,685 A 62,966 
Manganoxyd 0,463: .. .. 84,745 = 5,978 
Wasser (inel. Or- 

ganisches) 1,816 m, 17.814 n 13,532 


Summe .100,00. 


N 


110 
und deuten auf die Formel: 
R’Ssi - 6H. 

Wiewohl weder diese, noch andere Analysen von aus- 
ländischen Wiesenerzen einen Gehalt an Eisenoxydul an- 
geben, so lässt sich doch ein solcher in den meisten mangan- 
armen Erzarten nachweisen; es dürfte auch in den mangan- 
reichen vorkommen; da aber das Manganoxyd bei Lösung des 
Erzes in warmer Säure Sauerstoffgas entwickelt, welches das 
anwesende Eisenoxydul zu Oxyd oxydiren wird, so kann in 
solchen Erzen die Anwesenheit des Oxyduls weniger leicht 
nachgewiesen werden. Auf der anderen Seite veranlassen 
organische Substanzen bei .der Auflösung des Erzes eine Re- 
duktion von Eisenoxyd, so dass Eisenoxydul in der Lösung 
vorkommen kann, ohne in dem Erze selbst zu existiren. 

Dass der harzähnliche Theil der See- und Wiesenerze ein 
Silieat ist (oder eine Mischung von mehreren solchen), folgt 
nicht nur aus seiner Homogenität und anderen äusseren 
Kennzeichen, sondern besonders auch aus dem Umstande, dass 
er bei der Auflösung gelatinöse Kieselsäure giebt. Dieses 
Silicat ist sehr basisch, dürfte aber in vielen bekannten basisch 
schwefel-, arsenik- und phosphorsauren Eisenoxyd- (und Oxy- 
duloxyd-) Salzen Analogieen haben. Dass der ockerige Theil 
des Seeerzes eine mechanische ‚Mischung ist, kann man mit 
Hulfe des Mikroskops wahrnehmen. 

Die Schwefelsäure und besonders die Phosphor- 
säure sind an Eisenoxyd gebunden. Man hört bisweilen 
Eisenhüttenleute behaupten, dass die Wiesenerze gewöhnlich 
schwefelhaltiger als Seeerze seien, aber die bekannten Analysen 
sprechen nicht für diese Behauptung, die jedoch nicht unwahr- 
scheinlich sein dürfte hinsichtlich der Verhältnisse, unter 
welchen beide Erze entstehen. Auch- hält nicht die Ansicht 
Stich, dass schwefelhaltige Seeerze phosphorarm seien und 
vice versa, oder dass der Phosphorgehalt mit dem Eisengehalt 
steigt. Die Kalk- und Talkerde kommen immer nur in 
sehr kleinen Quantitäten vor; sie durften meistentheils an 
Kieselsäure gebunden sein, in den ockerigen Erzen theils auch 
an organische Säuren und Kohlensäure. Nicht alle schwe- 
dischen See- und Wiesenerze enthalten letztere; sie kann mit- 
unter nicht entdeckt werden, wenn man frisch heraufgeholte Erze 
untersucht, zeigt sich aber oft, wenn die Erze mehrere Jahre 


111 


in der Luft gelegen haben. Ohne Zweifel ist sie da durch 
Verwesung organischer Substanzen entstanden. Da der Talk- 
und Kalkgehalt.bisweilen zu der Sättigung der gefundenen 
Kohlensäure nicht hinreichend erscheint, so- darf man mit 
Wartav annehmen, dass Verbindungen wie: Al? CO? 4H, 
FeC + 6H; Fe°C == 12H existiren können. j 

Die Thonerde, insofern sie nicht von mechanisch ein- 
gemichtem Thon herrührt, folgt ohne Zweifel dem Eisenoxyd. 
Ockerschlämme enthalten sie als basisch quellsaures und quell- 
salzsaures Salz, welches unlöslich ist und Reagentien kräftig 
widersteht.. Das Manganoxyd kommt am meisten in den 
weniger zusammenhängenden, körnig-ockerigen, schwarzen 
Erzarten (Pulvererz) vor und scheint sogar zu verursachen, 
dass diese zu kompakten und homogenen Massen weniger leicht 
erhärten. Gelbe, ockerige Erze sind bisweilen von Mangan- 
oxydhydrat schwarz gefleckt. Ausser den nach obigen Ana- 
lysen gewöhnlich vorkommenden Bestandtheilen enthalten viele 
See- und Wiesenerze einige andere Stoffe, allerdings nur als 
Spuren, welche aber über die Bildungsart dieser Erze Finger- 
zeige geben können. Hierher gehösen: Chlor, Arsenik- 
säure, Titan, Molybdän, Chrom, Vanadin, Kupfer 
Nickel. Kobalt, Zink. Unter ihnen habe ich in den 
Seeerzen Smalands Chrom*), Kupfer und Nickel gefunden, 
des Vorkommens von Vanadin aber bin ich nicht sicher. 
Im Erz aus Amungen kommen Spuren von Zink vor. Da 
Spuren von Chrom und Vanadin in den smaländischen 
Grünsteinen vorkommen, so deutet ihre Anwesenheit in See- 
und Wiesenerzen an, wovon die resp. Eisenlösungen gekommen 
sind; Niekel, Kupfer und Schwefelsäure deuten auf zer- 
setzte Kiese. Titan in Wiesenerzen von WALCHNER, BER- 
THIER und FORCHHANNMER (von letzterem in den dänischen 
Erzen) gefunden, habe ich vergebens in Smaländischen See- 
erzen gesucht, wo es doch aus guten Gründen vermuthet 
werden könnte, da titanhaltige Eisenerze die dortigen Grünsteine 
reichlich imprägniren. 


=) Lipsaeck hat {schon 1811) in Seeerzen von Gelserum, Lilla 
Ryd und Kronobergs Län (der Ort nicht näher bestimmt) Chrom ge- 
sucht. 


112 


Alle ockerartigen See- und Wiesenerze enthalten kleine 
 Quantitäten von Ammoniak, welches in frisch heraufgeholten 
Erzen sich bisweilen nur dann zu erkennen giebt, wenn sie 
mit kaustischem Kali erhitzt werden; aber aus Seeerzen, welche 
mehrere Jahre der Luft ausgesetzt gewesen sind, kann 'kohlen- 
saures Ammoniak durch Wasser ausgezogen werden. Da alle 
Eisenerze (sogar die stahldichten Dannemora-Steine) absorbirtes 
Ammoniak enthalten, so kann seine Anwesenheit in See- und 
Wiesenerzen keine Verwunderung- erregen; wir werden aber 
finden, dass es bei der Entstehung dieser Erze keine unbedeu- 
tende Rolle spielt. | 

Ich will hier nicht unerwähnt lassen, dass schon: SvEn 
Rınman bei der trockenen Destillation der Seeerze ein flüch- 
tiges, urinöses Salz „und den Geruch von Spiritus fuliginis‘“ 
bemerkte. Er fand auch, dass kohlensäurehaltiges, gelbliches 
Wasser mit einer schwarzen, fetten, bituminösen Materie über- 
ging, so dass die condensirte Flussigkeit (252 von dem Ge- 
wicht des Erzes) dick, stinkend, von stiptischem Geschmak 
war; an den Wänden des Recipienten sublimirten. weisse 
Krystalle, wahrscheinlich, kohlensaures Ammoniak (vielleicht 
Pyrogallussäure?). Von Interesse ist auch ein anderer 
Versuch Rınman’s, nach welchem aus Seeerzen durch Glühen 
ohne Kohlenzusatz in lutirtem Tiegel metallisches Eisen redu- 
eirt wurde. Die genannten theerartigen Produkte können 
allerdings durch die trockene Destillation der Pflanzenüberreste 
entstehen; aber in See- und Wiesenerzen kommen auch fertige 
harz-, wachs- und talgähnliche Verbindungen vor, wovon 
kleine Quantäten durch Alkohol, Aether und Naphta ausge- 
zogen werden können. Uebrigens giebt die trockene Destilla- 
tion zuerst eine ammoniakalische, aber später eine von Holz- 
essigsäure und Ameisensäure saure Flussigkeit; beide 
Säuren dürften kaum in dem Erze fertig sich vorfinden; 
sie sind vielmehr Zersetzungsprodukte von darin vorkommen- 
den Humussäuren. f 

BerzeLivs fand den Lokaocker zusammengesetzt aus: 


A 


113 


basisch quellsaurem Eisen- 


Eisenoxyd , . 42,343 
Quellsäure 33,860 


oxyd 90,54 wi 14.340 
90,543 
Kohlensaurem Kalk . . . . .. 3,54 


Phosphorsaurer Thonerde, Spuren 
von Talkerde und a 0,38 
Kieselerde . . . 190, Bde 


Sum: 100,00. 

Hierbei ist zu bemerken, dass das basisch quellsaure 
Eisenoxyd Ammoniak enthält, was aus der Analyse nicht er- 
sehen werden kann, weil Brrzeuıus die Quellsäuren für stick- 
stoffhaltig ansah, als er sie in dem Lokawasser entdeckte. 

Nach Nöc6kErATH ‘und MonHr besteht Wiesenerz von Ma- 
rienbad aus; 


Eisenoxyd .. . aaa an 21 al, a1, 91103558 
Humwssaureni usie worgie. mlsalnspın 985120540 
Wasser ... win 36,42 
Sulphare von Eisenoxydul, "Talkerde, Verlust _ 3,60 
ii 100,00 
Be fand die Zusammensetzung des Limonits von 
Braunschweig | 
Eisenoxydul .. 66 68,5 60 
Phosphorsäure . 7 7,0 8 
Humussäure. 14 12,3... ..319 
Wasser .. :::,>19 10,5 4,25 
Manganoxydull . — 15 1,5 


Kieselsäuvre . . — — 22, 5 
Ä 100 100,0 100,00. 
 SENFT giebt im Wiesenerz von Lingen (Hannover) 9 pCt., 
in solchem von Lithwinsk (Ural) 15,8 pCt., und von Mecklen- 
burg 4,56 pCt. Humussäure und Quellsatzsäure an; 
GRÄGER in Ortstein von der Lüneburger Haide und Mecklenburg 
Quellsäuren - 3,128 pCt. 2,817 pCt. 
Humussäure . 2,780 ,, 15502. - ,, 
Ulminsaure. ..3,182:;,, 3393L-- 5; 
Summe: Humussäuren 9,690 pCt. 7,850 pCt. 

Im Allgemeinen ist jedoch die Quantität dieser Säuren ge- 
ringer als in den eben genannten Erzarten. 

Nach Hermann enthält das Wiesenerz aus Nischnei-Nowgo- 
rod 1,08 und 2,50 Quellsäuren, "nach GoTTLIEB das aus 
Ölonetz 1,54, aus Buzias 1,72, Seeerz aus dem Santeefluss 

Zeits.d.d.geol.Ges. XVII. 1 ö Br 


114 : 
(Carolina) 1,64 pCt. Quellsäuren (inel. ein wenig, Kalk, 
und Talk; das letztgenannte ausserdem 0,37: pCt. Chlor). In 
Erz aus dem Helgasiä fand ich (1857) 3,08 pCt. organische 
Säuren, welche durch kaustisches Kali ausgezogen wurden. 

Von allen den vorstehenden Analysen gilt auch, dass der 
Gehalt der Humussäuren zu niedrig angegeben ist, sofern sie 
durch kohlensaures -oder kaustisches Kali ausgezogen worden 
sind; denn keins von. beiden Reagentien extrahirt sie völlig. 

‚ Ausser den, genannten organischen Säuren findet) | man 
Spuren von Ger’bsäuren verschiedener Pflanzen ‚in .manchen 
Seeerzen, besonders in. denjenigen, welche Theile von Calluna 
vulgaris und andere Pflanzen‘ imprägniren und inkrustiren;; 
siei, geben sich oft durch die schwarzblaue Farbe des Erzes 
zu erkennen. Auch ist die Einmischung von sogenannter 
Humwuskohle in dem Erz nicht selten. 

. Alle’ diese organischen Säuren sind nur in den £risch ge- 
fällten, ockerartigen Erzarten wesentlich; in den harzähnlichen 
Silikaten kommen nur Spuren davon vor. Sie verwesen, und 
wenn das Oxyd, an welches sie gebunden sind, dabei nicht 
aufgelöst wird, so wird es mit Wasser, Kieselsäure und Kohlen- 
saure, welche eines der Verwesungsprodukte ist, vereinigt; da- 
durch dürfte erklärlich sein, dass kohlensaures Ammoniak aus 
Erzen extrahirt werden kann, die dem Zutritt der Luft, lange 
ausgesetzt gewesen sind. 

Was endlich den een der See- und Wiesen- 
erze betrifft, so gehört er theils dem oft genannten Eisensilicate, 
theils den basisch humussauren Oxydsalzen an; es soll aber. 
nicht. bestritten werden, dass viele ockerartige Erze hauptsäch- 
lich aus Eisenoxydhydraten bestehen. Hermann berechnet die 
Zusammensetzung von Quellerz aus Nischnei-Nowgorod zu 
Fe H°;, REDTENBACHER’S Analysen von Sumpferz von Ivan führen 
zu (Fe, Al, Mn) H°, GortLiie’s von Seeerz vom Santeefluss 
zu R’H°; die in Brauneisenstein etc. vorkommenden 
Hydrate haben gewöhnlich | die Zusammensetzung: Fe A > 
Fe?’H:, FeH: aber auchFe’ H und 2 (Fe, Fe) 43 H exi- 
stiren, ad alle diese Hydrate können Rahme in See-, 
und Sumpferzen auftreten. 

Von geologischem Interesse ist die Existenz. von wasser- 
freien Wiesenerzen. PFAFF analysirte zwei solche aus Schleswig; 
ich habe eines dergleichen aus Oekna Locken gesehen, welches 


115 ‘ 


der Rothfarbe (gebrannter Eisenocker) glich. Die gewöhnli- 
chen See- und Wiesenerze werden nur in gebranntem Zustande 
_ von dem Magnet angezogen, die genannten wasserfreien dage- 
gen ungebrannt, wenn auch in geringerem Grade. Prarr fand 
das specifische Gewicht des wasserfreien Wiesenerzes 4,021, 
während gewöhnliche See- und Wiesenerze 34 bis 34 wiegen, 
sehr verunreinigte sogar nur 24. ” 

Aus dem gewöhnlichen Auftreten der See- und Wiesenerze 
in torf- und waldreichen Gegenden, aus der Art des Vorkom- 
mens des ersteren, aus den zahlreichen organischen Ueberresten, 
welche sie enthalten, konnte man schliessen, dass lebende und 
todte Organismen bei ihrer Entstehung wirkend sind; die 
Existenz der eben genannten organischen Säuren in diesen 
Erzen rechtfertigt eine solche Vermuthung, welche schon lange, 
ehe man die Existenz, die Zusammensetzung, Entstehung und 
Reaktionen dieser Säuren kannte, wie eine Ahnung ausgespro- 
chen wurde. m | 
Wir finden z. B. bei Ursan Hsirse (1702) Folgendes: 
„Weiter ist nicht zu vergessen, was fur eine grosse, reichliche 
Fettigkeit sich in den Morästen zu erkennen giebt, ‘besonders 
in Roth- (Rödmyror) und Squacker-Mooren; denn, wenn das 
Wasser ruhig steht und nirgends fliesst, extrahirt, saugt und 
zieht es die innere Fettigkeit und Oelhaftigkeit aus dem Bo- 
den, welche dann von dem Zutritt der Sonnenstrahlen und der 
Kraft des Mondes unter dem Sommer sehr zunimmt, und end- 
lieh entsteht solche Fettigkeit in dem Grade, dass schwefelhal- 
tige Erze und Mineralien, gemeiner Schwefel, Feuerstein und 
Eisen, ja mitunter wohl sogar Kupfer an solchen Orten von 
der Natur hervorgebracht werden. Wie man hier in Schweden 
an sehr vielen Stellen, auch in Finnland, ganze Gegenden von 
mehreren Meilen, besonders in Savolax und Korelen und dann 
an der russischen Grenze in Ingermanland u. s. w., sieht, was 
für eine Menge von Mooreisen und Rothschlamm da zu finden 
ist. Ja, alle röthlich gefärbte Moore sind schon mineralisch, 
schwefel- und eisenhaltig;‘wie Proben sowohl im Niederschlag, 
als im Feuer zeigen. Man hat auch Exempel davon, dass, 
wenn solche Eisenerde ganz weggenommen wird, wächst sie mit 
der Zeit von Neuem 'nach, hier geschwinder, da langsamer, 
je riachdem ‚der Ort grössere oder geringere Menge von Fettig- 
keit in sich hat, was ich selbst bei Medevi Hochbrunnen un- 


g* 


116 


weit der Einfassung im Rasen und bei Baggeby daselbst alnige- 
Jahre mit Fleiss beobachtet habe.“ u. s. w. 

Ein wenig deutlicher sind die Ansichten, welche SweDsx- 
BORG (1754) in dieser Hinsicht an mehreren Stellen ausspricht, 
2. B. „Genesin et natales suos debere videtur succo illo paludi- 
 noso.  ferreo, unde etiam, conspieue admodum aliquibus in locis 
derivare a paludine vicina videtur „.... Ferrum enim sensim 
generari videtur in aquis stagnantibus etiam humo palustri com- 
miztis, et quasi. fermentatis, praecipue cum etiam igni solari et 
Jrigori  brumali  expositae sint ...... Hoc etiam indicat matricem 
esse ipsam. paludem, ex qua continuo in undas fluit suecus in 
ipsa palude exclusus.“ etc. | 

Deutlich ist die Erklärung S. Rınmass (1782): „Diese zu- 
sammengeballten Ockerarten sind wahrscheinlich aus einem mit 
Schwefel oder. dessen Säure mineralisirtem Eisenerz oder 
Schwefelkies entstanden, das durch den Zutritt der Luft zu 
Eisenerde verzehrt oder zersetzt worden ist; oder auch ist das 
Eisen durch vegetabilische Säuren aufgelöst und daraus auf 
verschiedene Weise ausgefällt worden.“ 

Die. Erklärung Werxer’s (1780, in der Uebersetzung von 
UroxsteprT's Mineralogie) ‚entbehrt nur des Wortes Humussäure, 
um noch heute als ganz richtig gelten zu können. Nach ihm 
enthält: das Moorwasser eine aus organischen Substanzen ent- 
standene Säure; es nimmt ‚das Eisen aus Erde und Steinen 
auf. und lässt es bei Verdunstung, fallen; beim Austrocknen 
des, Platzes erhärtet der so entstandene Ocker zu Sumpferz 
(bei dessen Bildung Schwefelkies nicht mitwirkend sein soll), 

In . der ‚neueren Zeit haben besonders Wırenann (1835), 
KınpuLer (1837) und Sexet (1862) durch Hülfe der Humus- 
säuren die Entstehung der Moorerze auf eine genügende Weise 
zu erklären gesucht. 

Aber nicht nur durch ihre Verwesung dürften organische 
Stoffe, in diesem Falle mitwirkend sein, sondern auch durch 
ihren Lebensprozess, wenn auch vielleicht weniger dadurch, 
dass Gaillonellen etc. ihre Panzer von Eisenoxyd. bauen 
(EHRENBERG), als auf eine mehr indirekte Weise, wie wir weiter 
unten Gelegenheit haben werden näher zu betrachten. | 

Es wäre jedoch sehr einseitig, nur der werdenden oder ster-, 
benden organischen Natur: die Entstehung dieser Erze zuschrei-, 


117 


ben zu wollen, mit welehen wir Erscheinungen nahe verknüpft 
sehen, welche der. unorganischen Natur angehören. 

- Quellen, welche kohlensaures Eisenoxydul enthalten, setzen 
täglich Massen von Eisenocker ab, welcher sich nicht wesent- 
lich von gewissen Moorerzen unterscheidet, und nicht alle 
Kohlensäure leitet ihre Entstehung von verfaulten Pflanzensub- 
stanzen her. Das Wasser aus Schwefelkies- und Kupfergruben 
lässt eine Menge von Eisenocker fallen; dieser ist wohl von 
gewöhnlichen See- ‘und Wiesenerzen ein wenig verschieden, 
aber wir werden einige sehr einfache Prozesse kennen lernen, 
wodurch er in die letzteren verwandelt wird. 


Bildungsweise der See- und Sumpferze. 


Die Bildung der See- und Wiesenerze hängt, kurz gesagt, 
davon ab, dass Eisenpartikel, welche in einer grossen Masse 
‚Berg- und Erdarten zerstreut sind, auf dem nassen Wege auf 
einem Punkt concentrirt werden. Sie müssen also in lösliche 
Form versetzt werden; aber dabei werden auch gleichzeitig 
andere Substanzen, je nach der Natur des Lösungsmittels und 
der angegriffenen Bergart, in grösserer oder geringerer Menge 
als das Eisen aufgelöst. Werden also aus einer solchen, viel- 
leicht innerhalb eines grossen Areales gesammelten, aber auf 
einem Punkte hervortretenden Lösung, alle mineralischen Be- 
standtheile auf einmal gefällt, so kann die Fällung in eini- 
‘gen Fällen reicher, in anderen auch ärmer an Eisen sein als 
die Bergart, wovon die mineralischen Substanzen genommen 
worden sind, und eine Concentration des Eisens findet nur 
da statt, wo entweder die Lösungsmittel solche sind, dass sie 
das Eisen wegführen, aber gleichzeitig keine andere Substan- 
zen, oder die Ausfällungsmittel solche, dass sie aus einer zu- 
sammengesetzten Lösung nur das Eisen ausfällen. 

In der Natur kommt weder das eine noch das andere mit 
mathematischer Genauigkeit vor, aber in- vielen Fällen sind die 
Verhältnisse solche, dass sie sich den Bedingungen der hier 
gesetzten Extreme nähern, und nicht selten helfen sich diese 
beiden Concentrationsarten in der Weise, dass sie als Schluss- 
resultat eine sehr reine Eisenfaällung hervorbringen. 

Wir- werden zuerst einige der wesentlichsten Mittel be- 
trachten, welche die Natur anwendet, um die sparsam und weit 
vertheilten Eisenpartikel zu lösen und in Einem gemeinsamen 


118 

Wasserlauf zu sammeln, . aber: wir müssen einige allgemeine 
Bemerkungen über schwedische Quellen. vorausschieken. 

Tiefe, aus welcher die Quellen ' kommen.‘ Aus 
Hısınger’s Zusammenstellung. der Temperatur verschiedener 
schwedischen Quellen folgt, dass letztere in höherem, Grade 
und öfter als anderswo von. der. mittleren Lufttemperatur der 
Gegend, _ wo sie hervortreten, abhängt; die Temperatur der 
Quellen drückt hier im Allgemeinen recht wohl die konstante 
Mitteltemperatur der Erdkruste aus;’also können diese Quellen 
nicht aus einer sehr bedeutenden Tiefe kommen: Da die mei- 
sten schwedischen Mineralquellen (siehe die Analysen weiter 
unten) Kali in einer viel grösseren Proportion gegen Natron 
‘enthalten, als es: bei den Mineralquellen des Auslandes ge- 
wöhnlich ist, und da bei Wässern, welche feste Silikatgesteine 
durchdringen, ein entgegengesetztes Verhältniss stattfinden 
sollte in Folge der schwereren Zersetzbarkeit .der: kalihaltigen 
Mineralien, der leichteren aber der natronhaltigen, so hat man 
allen Grund zu vermuthen, dass dieser grosse Kaligehalt nicht 
aus dem anstehenden Gestein, sondern aus verfaulten Pflanzen- 
resten aufgenommen worden ist; die fraglichen Mineralquellen 
scheinen also nicht aus Klüften in dem festen Gestein zu 
kommen, sondern sie können schlechthin Moorwasser sein, wel- 
ches durch lose Erdschichten filtrirt worden ist. Diese Folge- 
rung wurde hinsichtlich des Adolfsbergswassers vor vielen 
Jahren von BiscHor gemacht. BerzeLıus dagegen schliesst 
aus der konstanten Temperatur der Loka-Quelle (7 Grad), dass 
dieses Wasser aus einer grösseren Tiefe kommt. Da die Mittel- 
temperatur bei Loka etwa 5! Grad ist, so braucht jedoch diese 
‚ Tiefe nicht grösser als ca. 150 Fuss zu sein, wenn die Erd- 
temperatur mit 1 Grad auf je 100 Fuss zunimmt. - 

Falu Surbrunn hatte nach HerLepaY im Mai 1855 eine 
. Temperatur von 5 Grad; 1865 den 27. Januar fand ich die 
Temperatur dieser Quelle ‘-+-4,2 Grad. Die Differenz von 
0,8 Grad, die doch nicht der Unterschied zwischen dem Tem- 
peratur-Minimum und Maximum ist, da letzteres erst im Nach- 
sommer einzutreten pflegt, giebt zu erkennen, dass die fragliche 
Mineralquelle aus einer geringeren Tiefe kommt als der, wel- 
che der konstanten Erdwärme entspricht. 

Aus allem Diesem dürfen wir schliessen, dass die schwe- 
dischen Mineralquellen im Allgemeinen nicht aus tiefen Klüften in 


119 


dem festen Gestein kommen, sondern, dass sie sich zwischen 
letzterem und den losen Erdlagern. sammeln oder nur zwischen 
den letzteren, von welchen. also auch ihre; Mineralsubstanzen 
grösstentheils herrühren mussen. 

Lösungsmittel. Die Auflösung der unorganischen Sub- 
stanzen kann vorzugsweise geschehen 

‚1), durch reines Wasser, 

2) durch Zersetzung von Kiesen und der dabei. 

. „gebildeten Schwefelsäure und 
'3) durch Kohlensäure _ Ra Wasser. 
4) durch organische Säuren 

"Da man weiss, dass reines: Wasser 0,013 pro mille von 
seinem Gewichte Glas aus Gefässen löst, worin es gekocht 
wird (FR#senıus), dass pulverisirtes Glas‘ von reinem Wasser 
so rasch angegriffen wird, dass ein mit feuchtem Glaspulver 
bedecktes. Lackmuspapier blau gefärbt wird, so durfte wohl 
niemand bestreiten wollen, dass auch in der Natur vorkom- 
mende Silikate in höherem oder geringerem Grade von reinem 
Wasser mit oder ohne ‘vorhergehende Zersetzung aufgelöst 
werden können. In dieser Hinsicht mit Feldspath angestellte 
Versuche beweisen die Behauptung ebensowohl als Islands 
kieselsäurehaltige Quellen. 

Nach BiıscHhor wird kieselsaures Eisenoxyd von 105,000 
Theilen Wasser gelöst, Magneteisenstein von 280,000 bis 
300,000 Theilen, nach Biweau Dolomit von 10, 000 Theilen, 
kohlensaurer Kalk von 200,000 bis 300,000, Eisenoxydul von 
150,000 Theilen. Auch Kalk- und Talksilikate sind nach 
PAGENSTECHER, MÜLLER und Löwıc in reinem Wasser löslich. 

Von viel grösserem Gewicht als die Lösbarkeit der Mine- 
ralien in reinem Wasser ist ihr Verhalten zu lufthaltigem 
und saurem, da solches beinahe ausschliesslich in der Natur 
vorkommt und wirkt. 

Verwitternde Kiese. Nicht alles Schwefeleisen ver- 
wittert gleich leicht, wenn es der Einwirkung feuchter Luft 
ausgesetzt ist, am leichtesten der Wasserkies, demnächst der 
Magnetkies, am schwersten der gewöhnliche tesserale Schwefel- 
kies, dieser aber in verschiedenem Grade, je nach seiner Dich- 
tigkeit und inneren Struktur. Kiese, die mit anderen Schwefel- 
metallen oder mit Gold gemischt sind, verwittern leichter als 
chemisch reine. Daraus entstand die Ansicht der alten Me- 


120 

tallurgen, dass Gold vorzugsweise in rostigen, angefressenem 
oder wurmstichigem Kiese zu Hause sei, dass solche. Kies- 
gänge die silberreichsten seien, deren Ausgehendes zu Braun- 
eisenerz oder Ocker (Colorados, Gossan, Eiserner Hut) ver- 
wittert ist. Kies, der in dünnen Lagen mit Blättern von 
Glimmerschiefer, Thonschiefer, Talk wechselt, verwittert leich- 
ter als solcher, der in derben Massen oder feinen Körnern in 
krystallinisch körnigen Bergarten sitzt; je leichter die umge- 
bende Bergart durch Schwefelsäure zersetzt wird, desto leich- 
ter scheint auch der eingeschlossene Kies zu verwittern. Wie 
man in Kiesgruben sieht, beschleunigt eine gewisse gleichför- 
mige Temperatur in hohem Grade die Verwitterung. 
In Mineraliensammlungen kann man oft wahrnehmen, dass 
. das erste Produkt von verwitterndem Schwefelkies Eisenoxy- 
dulsulphat ist. Dies setzt voraus, dass gegen 1 Atom Eisen- 
vitriol 1 Atom Schwefel frei wird, oder dass 1 Atom freie 
Schwefelsäure entsteht. Die Bildung letzterer zeigt die Zer- 
störung des Papiers an, auf welchem die Kiesstufe liegt. 

Findet dieser Prozess mit eingewachsenem Schwefelkies 
statt, so muss die frei gewordene Schwefelsäure auf umliegende 
Mineralien auflösend. wirken; die Vitriollösung wird in Folge 
davon von anderen Sulphaten verunreinigt. 

Aus Eisenoxydulsulphatlösung entsteht bei Zutritt der Luft 
ein neutrales Eisenoxydsulphat, aber gleichzeitig wird auch ein 
basisches Sulphat ausgefällt; beider (und in gewissen Fällen 
auch Eisenvitriol-) Lösungen zersetzen umliegende Silikate, in 
Folge wovon wiederum andere Sulphate zu dem Eisensulphate 
kommen. Eine Quelle, die Wasser führt, welches mit einge- 
wachsenem, verwittertem Kies in Beruhrung gewesen ist, kann. 
also nebst den Metallen der Schwefelverbindung eine Menge 
anderer Basen enthalten, welche durch die Einwirkung der 
Schwefelsäure auf Mineralien entstanden sind, womit das Wasser 
in Berührung gewesen ist. 

Als ein hierhergehörendes Beispiel kann die Ronneby- 
Quelle angeführt werden, welche nach BERZELIUS und WAcHT- 
MEISTER in 1000 Theilen Wasser enthält; 


; 121 


Eisenvitrior . . . .” 1,0686 
Zinkvitriöl®..- 2.2 2.00183- 
Manganvitriol . . . 0,0260 
Kalksulphat . . . . 0,3705 , 
Talksulphat.‘!  . . . 0,1716 
Ammoniakalaun . . 0,2126 
 Natronalaun . . „ . 0,4790 
Kalialaun ... .:.0..0,0433 
Chloraluminium . . . 0,0230 
Kieselsaure . . . 0,1150 


Extractivsubstanzen nieht bestimmt 
Summe: 2,5229; - 
spec. Gewicht: 1,00255. 


Es ist begreiflich, dass aus einem Eisenoxydulsulphat- 
haltigen Wasser, welches auf einem langen Wege mit leicht 
zersetzbaren Silikaten, besonders aber mit Carbonaten in Be- . 
rüuhrung kommt, der Eisenoxydgehalt von anderen Basen, (Kalk, 
Talk, Alkali) ausgefällt werden kann; rühren diese von Car- 
bonaten her, so kann die frei:werdende Kohlensäure einen an- 
deren Theil von Carbonat in Bicarbonat verwandeln, welches 
in Wasser löslich ist; auch Eisenoxydulsulphat kann in ge- 
wissen Fällen mit Carbonaten in Eisenoxydulcarbonat und Sul- 
phat von z. B. Alkali zersetzt werden. Also kann ein ur- 
sprünglich rein vitriolisches Wasser nach längerer Berührung 
mit z.B. kalkhaltigem Thon oder Mergel seinen ganzen Eisen- 
oxydgehalt (und wenn es nur Eisenoxyd und nicht Oxydul 
‘ enthielt, seinen ganzen Eisengehalt) verlieren und Eisenoxydul- 
carbonat, Kalkcarbonat aufnehmen. Wir können als Beispiel 
das Medevi- Wasser anführen, welches nach. BERZELIUS auf 
16 Unzen enthält: 

Kohlensäure und Schwefelwasserstoffgas 1,09 Volumproc. 


Natronsulphat . . 0,01 Gran 
T Kalksulphat . . 0,46 „, 
»Chlornatrium : . :,0,32 ° ,, 
Kalkcarbonat . . 0,31 „, 
Talkearbonat . .:,.. 0,10. , 


Eisenoxydulcarbonat 0,25  ,, 
Extractivsubstanzen 0,01 


S Summe: 1,46 Er) 


122 S 


und Falu Surbrunn, in welchem HELLEDAY fand: 


Kalisulphat. . . . 0,048 Gran 
Natronsulphat. . ." 0,031, #W 
Kalksulphat - . - . 0,3691, 


 Chlornatrium . . . 0,060 
Kalkcarbonat . .- .:10,102::;; 
Talkearbanat ; . .:0,09Blau5 
Eisenoxydulcarbonat 0,030, 
Kieselsäure . . . 60,097 5 
Extractivsubstanzen . 0,129 
Summe: 0,965 Gran ee pro 16 Unzen. 


Wird ein vitriolisches Wasser auf och angegebene Weise 
verändert, so muss dann auf jedes Atom darin befindlicher 
Schwefelsäure 1l-Atom Kohlensäure (ganz gebundene) sich 
finden. 


Im Falu-Wasser wurde gegen 0,251 Schwefelsäure 0,107 
Kohlensäure gefunden, während davon doch 0,137 hätten sein 
sollen; im Medevi-Wasser verhält sich die Schwefelsäure zu der 
gebundenen Kohlensäure wie 0,272: 0,283, während die Propor- 
tion 0,272:0,156 sein müsste. Also ist aus dem Medevi- 
Wasser Schwefelsäure verschwunden, und die 1,09 pCt.“Schwe- 
felwasserstoff (und Kohlensäuregas) dieses Brunnens deuten 
darauf hin, dass Schwefelsäure (durch organische Substanzen) 
reducirt worden ist. Aehnliches findet mit vielen smaländi- 
schen Mineralquellen statt. 


Eine vitriolische Wasserader setzt während ihres ganzen 
Laufs durch z. B. kalkhaltige Bergarten basisches Salz als 
Ocker ab, was auch deutlich durch die rostfarbigen Klufte in 
' vielen Gesteinen bestätigt wird. Die Behauptung, dass See- und 
Wiesenerze in kalk- und thonreichen Gegenden gewöhnlich 
nicht vorkommen, kann also nicht weiter als unbegründet be- 
trachtet werden; denn ‘der Eisengehalt kann in solchen Ge- 
genden hauptsächlich ausgefällt sein, ehe die Quellen an den 
Tag treten. ; 


SCHEERER fand als Verwitterungsprodukte von Schwefel- 
kies im Alaunschiefer bei Modum Gyps, 2Fe’S + 21H, 


NaS + 4EeS 1 94H. 


Alles Eisen kommt also darin in der Form eines unlös- 


123 

lichen basischen Salzes*) vor, welches schwerlich. vom. Wasser 
weggeführt werden dürfte. Der grosse Schwefelkiesgehalt des 
Alaunschiefers konnte dann nicht bei der Verwitterung die Ent- 
stehung vitriolischer Quellen oder Absetzungen von See- und 
Wiesenerzen veranlassen. In den Alaunschiefer-reichen Ge- 
genden von Nerike, Westergötland und Oeland kommen auch 
nach dem, was man darüber weiss, keine solche Erze vor. 

Kohlensäurehaltiges Wasser. Quellen, die an freier 
Kohlensäure reich sind, gehören. vorzugsweise vulkanischen 
Gegenden an, wo Emanationen von Kohlensäure die Imprägni- 
rung des Wassers mit diesem Gas leicht erklären. Die in nicht- 
vulkanischen Gegenden vorkommenden Kohlensäure - haltigen 
Quellen, deren hohe Temperatur auf tiefer gehende Quelladern 
schliessen lässt, werden nach BıscHor mit Kohlensäure gesät- 
tigt, dadurch dass in Wasser gelöste Kieselsäure bei höherer 
Temperatur auf kohlensauren Kalk, Talk u. s. w. reagirt. 

In Schweden sind keine Quellen bekannt, die zu einer 
der genannten Klassen gezählt werden können. Die kleine 
Quantität freier Kohlensäure, welche in den meisten vorkommt, 
ist zum Theil aus der Luft absorbirt, grösstentheils aber aus 
verfaulten Pflanzenüberresten aufgenommen, deren Menge in 
Proportion zu den Wäldern und Torfmooren einer Gegend steht. 
Wasser,.welches nicht tief geht, kann nur unter geringem Druck 
Kohlensäure absorbiren. Unsere Quellen sind also arm an 
Kohlensäure, obwohl ihr Wasser in Berührung mit grossen 
Quantitäten dieses Gases sein kann. 

Kohlensäure-haltiges Wasser löst alle Mineralien auf, wel- 
che auch von reinem Wasser aufgelöst werden., Einige aber 
werden viel leichter von ersterem als von letzterem aufgelöst. 
Alle in einer Quelle vorkommenden einatomigen Basen, die nicht 
mit Chlor, Schwefelsäure verbunden sind, brauchen also nicht 
nothweüdigerweise an Kohlensäure gebunden zu sein, sondern 
sind wohl zum Theil an die Kieselsäure gebunden, welche bei 
Analysen von Quellwassern gewöhnlich getroffen wird. 

STRUCKMANN und LupwiG haben gezeigt, dass die in Was- 


*) Ich will hier nicht unerwähnt lassen, dass Eisenvitriol-Efflorescenzen 
auf schwedischen Alaunschiefern nicht selten vorkommen. Es ist jedoch 
ungewiss, ob viel löslicher Eisenvitriol in einem Wasser nach dessen 
Filtrirung durch Alaunschiefer zurückbleibe. 


124 


- 


ser lösbare a einem sehr sauren, alkalischen Silikat 
angehört. 


ar Talksilikat, (auch Kalksilikat) kommen 
nach Bıscnor in Kohlensäure-haltigem Wasser gelöst vor. 


Die Losbarkeit der Kieselsäure wird durch einen Kohlen. 
säuregehalt des Wassers nicht vergrössert. 


100 Theile reines Wasser lösen 'nach STRUCKMANN 
0,021 Si, 0,09 nach Lupwig, | 

100 Theile Kohlensäure - ‚haltiges Wasser lösen nach 
Smruckmann 0,0136 Si, 0,078 nach Lupwıs, 

100 Theile Salzsäure-haltiges Wasser lösen nach SER 
MANN 0,0172 Si; 


dagegen nimmt die Lösbarkeit durch Zusatz von ein wenig 
Alkali (so dass ein 'saures Silikat gebildet werden kann) zu. 


100 Theile Ammoniak- und kohlensaures Ammoniak- 
haltiges Wasser lösen nach Lupwıc 0,02 bis 0,062 Si, 


100 Theile Ammoniak- und kohlensaures Ammoniak- 

haltiges Wasser lösen nach STRUCKMAnN 0,091 bis 

0,0986 Si. 5 | 

Nach Lissie“ wird die Kieselsäure am leichtesten gelöst, 

wenn sie in statu nascente eine hinlängliche Quantität Wasser - 

trifft, und dieses findet in den meisten Fällen statt, wenn 
Kohlensäure-haltiges Wasser auf Silikate wirkt. 


‘ Weiter löst Kohlensäure - haltiges Wasser alle Carbonate 
auf, dadurch dass sie dieselben in Biearbonate verwandelt. Auf 
diese Weise wird der bei weitem grösste Theil des Kalkge- 
halts der Quellen aufgenommen, wie auch des Eisenoxyduls, 
wenn das Wasser in Berührung mit Eisenspath gewesen ist. 
Am wirksamsten ist jedoch wohl das Kohlensäure-haltige Wasser 
durch sein Vermögen, Silikate zu zersetzen, ebenso wohl wie 
z. B. verdünnte Salzsäure. Am leichtesten werden Kalk- und 
Natron -haltige Feldspatharten. und eisenreiche Augite ange- 
griffen. 

Neben ae Silikaten enthält die Lösung Alkali- 
carbonat, welches wiederum auf eine grosse Menge Silikate 
(nicht Talksilikate) zersetzend wirkt. Der Eisenoxydul- und 
_ Mangangehalt der Mineralien wird als Bicarbonat aufgenommen. 


125 


Die Thonerde des Feldspaths bleibt nach der Zersetzung des- 
selben hauptsächlich in einem kaolinartigen Minerale zurück. 
Hier mag an WarLack’s obengenannte Eisenoxyd- und Thonerde- 
Carbonate erinnert werden, wie auch an die Behauptung Orun’'s, 
dass Al 2H (in einer eigenthümlichen Modifikation der 
Thonerde) in Wasser lösbar sei, womit ein Erklärungsgrund 
der Erscheinung geliefert werden mag, dass Thonerde in eini- 
gen Wässern vorkommen kann, welche keine andere Säure als 
Kohlensäure enthalten. In dieser Hinsicht ist es jedoch von 
grösserem Gewicht, dass kiesel- und kohlensaure Alkalien 
aus Silikaten Thonerde ausziehen können. Kommt Kohlensäure- 
haltiges Wasser, welches die hier genannten Substanzen auf- 
genommen hatte, in Berührung mit vitriolischem Wasser, so 
treten viele Reaktionen ein, von welchen hier angeführt wer- 
den mag, dass Kalkbiearbonat und Eisenvitriol sich in Gyps 
und Eisenoxydulbicarbonat zersetzen. Je nach der Beschaffen- 
heit der Mineralien, mit welchen Carbonat-haltiges Wasser auf 
seinem Wege in Berührung kommt, ist seine ursprüngliche Zu- 
.sammensetzung vielen Veränderungen ausgesetzt. Von beson- 
derem Interesse für den hier zu behandelnden Gegenstand ist, 
dass Eisenoxydulcarbonat ausgefällt wird, wenn eine Lösung 
von Eisenoxydulbicarbonat auf kohlensauren Kalk reagirt; ein 
sehr eisenreiches Wasser kann also in höherem oder geringe- 
rem Grade den Eisengehalt verlieren, wenn es einen langen 
Weg durch Mergel, Kalkstein oder kalkhaltigen Thon passirt, 
und dadurch ohne Einfluss auf die Bildung der See- und 
Wiesenerze werden. 


Die Quellen, von deren Wasser Analysen hier unten mit- 
getheilt werden, dürften vorzugsweise der Kohlensäure ihre 
mineralischen Bestandtheile verdanken; aber auch verwitternder 
Schwefelkies hat dazu beigetragen, und organische Säuren sind 
ohne Zweifel gleichzeitig mit der Kohlensäure wirksam ge- 
wesen. 


126 


Adolfsberg Lund Loka Ramlösa 
(Berzerus) (LyensenL) (Berzeuis) | (Bertıs) 
Kohlensäuregas . ... . 0,23pCt. = — er 


Stickstoffgas ..... 0,41. 1; » „0,04 p@t. simıhı 
Schwefelwasserstoffgas —  ;, — — = 
Kalsulphat. =... . 0,03Gran0,03Gran — 0,198Gran 
Kalesulphat ..n . 000 — 0,029Granı er 
Chlerkalum ..... 0,03 3 Ule 0,030 ,, 
Chlornairmum.. — 0.06 ,„, 0,008, ee 
Köhlens.Kalı. .., .20.10., 0.20 (Na0)— Mi 

»: Lions 0,04 ,, — 

rc a le ee 0,90... 0,2%... „0.051 027225 

Si all — 0,09... .. 0.048 Da 

„.. ‚Bisenoxydul-. 0.11. 0.19, —- 0127... 

»» . Manganoxydul 0,03 ,, Spuren _ 0,018 ,, 
Khonerde 2 2. 0. 7. = — — ON 
Kieselsäure ...... 0,24 „ 0,12 „ ‚late, WalsDer 
Extractivsubstanz.... . 0,13 ,„ — 0.0172, — 


Summa: 1,17Gran1,05Gran 0,339Gran1,310Grau 
pr.16Unz. pr.16Unz. pr. 16Unz. pr.16Unz. 


Alle die vorstehenden Analysen geben einen Chlor- 
gehalt an, dessen Entstehung hier nicht, wie an vielen Orten 
im Auslande, aus Steinsalzlagern abgeleitet werden kann. 

Wird er durch den Chlorgehalt verfaulter Pflanzentheile 
erklärt, so muss nachgewiesen werden, woher die Pflanzen 
das Chlor genommen haben. Unter allen Chlor-haltigen Mine- 
ralien kommt hier im Lande keines so oft vor, als der Apatit, 
dessen Ohlorgehalt bis 6,8 pCt. gehen kann. Er ist in Grün- 
steinen und auf Eisenerzlagerstätten sehr gewöhnlich und wird 
leicht von Kohlensäure-haltigem Wasser aufgelöst, er wird auch 
von Alkalisilikaten in, Alkaliphosphat, Kalksilikat und Chlor- 
kalium zersetzt. Wird auf diese Weise durch Apatit der Chlor- 
gehalt des Wassers (und der Pflanzen) erklärbar, so kann man 
Ks: wohin der Phosphorsäuregehalt des Apatits gerathen 

‚ da in keiner von den obigen Analysen Phosphorsäure an- 
a ist. Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, 
braucht man jedoch nur daran zu denken, dass Eisenfällungen 
aus allen diesen Wässern stattgefunden haben durften, ehe sie 
als Quellen hervortraten, und dass Eisenoxyd, aus Phosphor- 


127 


säure-haltiger Lösung gefällt, den ganzen Phosphorsäuregehalt 
letzterer mitnimmt. 

Endlich muss bemerkt werden, dass Chloralkalien in gerin- 
gerer Menge allen aus Salzwassern abgesetzten losen Erd- 
lagern anhängen, aus welchen sie nach und nach ausgelaugt 
- werden. In Bohus Län kommen mehrere Salzquellen vor, wel- 
che ihren Gehalt an Chlorkalium u. s. w. dem schwarzblauen 
Fucus-Thon verdanken dürften. Zwei solche Quellen in Elfs- 
bergs Län enthalten nach Analysen von OLBERS und SVANBERG: 


Torpa Q. (Flundre Socken). Torps Q. (Hjertums Socken). 


Temperatur = 11 Grad 10 Grad. 
Spec. Gewicht = 1,0084 1,008. 
Jodnatrium . 1.8058 0,4373 
Chlornatrium 8,3605 8,3350 
Chlormagnesium 0,3090 0,4487 
Talkbicarbonat 1,2772 0,7780 
Kalk. 0,1591 0,3063 
Eisenoxydul ° . 0,0186 == 
Eisenoxydphosphat 0,0186 Spuren 
Kieselsäure . _.. 0,0290 0,0339 


Summa: 11,9441 (in 1000 Theil.) 10,3392. 
Freie Kohlensäure = 0,1962. 


Organische Säuren. Die meisten von den oben mit 
getheilten Analysen geben in‘ den Quellen einen Gehalt an 
Extractivstoff-an, von welchem man nicht glauben darf, 
dass er ganz indifferent neben den unorganischen Bestandthei- 
len vorkomme. Diese Extractivstoffe sind Humussäuren, mit 
einem Theil der Basen verbunden, welche in den Analysen 
als an Kohlensäure gebunden angegeben sind.*) Die Humus- 
sauren entstehen bei Verwesung von Pflanzenuberresten z. B. 
_ in Torfmooren. Eine Folge ihrer Bildung ist die Reduktion 
von in vielen Sauren unlöslichem Eisenoxyd zu löslichem Eisen- 
oxydul, und ein Produkt ihrer Zerstörung ist die Kohlensäure, 
deren Lösungsvermögen soeben erwähnt worden ist. Ihr Ein- 


*) Die Quantität von gebundener Kohlensäure dürfte kaum in einem 
der analysirten Wässer direkt bestimmt worden sein; sie ist nach der 
Quantität der Basen berechnet, zu dessen Sättigung hinlänglicher Vor- 
rath an Chlor oder Schwefelsäure nicht vorhanden war, 


128 


fluss auf die See-..und Wiesenerzbildung muss deswegen ein 
sehr grosser sein, und dasselbe gilt von den Torfmooren, den 
Werkstätten der Bildung der Humussäuren.*) Bei der Fäul- 
niss von vegetabilischen Stoffen unter einer gewissen niederen 
-Temperatur und bei mässigem Zutritt von Luft und Wasser 
entsteht sogenannter Humus, eine Mischung von namentlich 
sieben mit einiger, Genauigkeit untersuchten Stoffen: Ulmin, 
Humin, Ulminsäure, Huminsäure, G&öinsäure, Quell- 
säure, Quellsatzsäure, welche theils direkte Fäulnisspro- 
dukte sind, theils der eine aus dem anderen durch weitere 
Zersetzung entstehen können. Findet keine weitere Zersetzung 
‘ statt, so heisst die betreffende unveränderliche Substanz Hu- 
muskohle oder auch todte Humuskohle. 


Bei der Entstehung der genannten Säuren aus Ulmin und 
Humin sind Alkalien sehr wirksam, namentlich Ammoniak. 
Schon 1747 giebt WALLERIUS „Hirschhornspiritus® als eines der 
Destillationsprodukte des Torfes an. Die Alkalien verbinden 
sich mit den entstehenden Humussäuren in statu nascente. Nach 
MULDER giebt bei derartigen Fäulnissprozessen das Wasser 
Veranlassung zur Bildung von Salpetersäure. Wir dürfen uns 
da nicht wundern, dass Quellen, welche durch humushaltige 
Erdlager geflossen ‘sind, salpetersaure Salze enthalten. So 
fand Baur in 10000, Theilen. Wasser aus einem Brunnen in 
Stockholm (Drottningzaten No. 66) 


Kieselsäure. ... 0,149 
Bas. een Kalk 0,053 
Schwefelsauren Kalk . .. 0,602 
Kohlensauren Kalk . . . 3,648 
Talkı-., 2.5-,.20,820 


99 


Chlognatrium., as sohrudse 9,018 
Schwefelsaures Natron . . 1,554 
= Kali aut. -.124090 


Salpetersauren Kalk . .. 6,686 
ne Ballen le 
Eisen. 2, lan neun 
Summe: 26,285. 


"1.18 der schwedischen Publikation dieses Aufsatzes ist die Humi- 
fikation ausführlich erörtert, hier nur das EnssieN für den vorliegenden 
Fall darüber Nöthigste mitgetheilt. 


129 


»Die letzten Zersetzungsprodukte aller dieser Säuren sind 
Wasser, Kohlensäure und, wenn sie mit Ammoniak ver- 
bunden gewesen sind, kohlensaures (und salpetersaures) Arimo- 
niak. | - 

Geschieht ein solcher Verwesungsprozess ohne Zuführung 
von Sauerstoff von aussen, so wird dazu ein grösserer Theil 
des Sauerstoffgehaltes der Pflanzensubstanz verbraucht, und 
die Folge ist, dass eine gewisse Portion Wasserstoff frei wird, 
welcher theils mit Stickstoff zu dem schon erwähnten Ammoniak 
zusammentritt, theils mit Kohlenstoff, Phosphor und Schwefel 
zu dem übel riechenden Wasserstoffgas, das sich oft aus Wasser 
entwickelt, auf dessen Boden Pflanzen verwesen. Solches Gas aus 
dem See Rälängen in Smaland fand Baur zusammengesetzt 
aus:*) : 

Kohlensäure . 6,324 
Stickstoff . . 43,235 
Grubengas . 49,588 
Wasserstoff . 0,853 
Sauerstoff . 0,000 
Kohlenoxyd . 0,000 
: 100,000 

. Es ist gar nicht unwahrscheinlich, dass neben diesen 
gasförmigen auch feste oder fliessende Kohlenwasserstoffverbin- 
dungen durch Verwesung von Pflanzensubstanzen unter dem 
Wasser gebildet werden können. Aber nicht alle wachs-, 
harz-, talg- oder asphaltähnlichen Substanzen, welche oft 
genug in Torfmooren gefunden werden, müssen als auf diese 
Weise entstanden betrachtet werden, weil sie hauptsächlich in 
den Pflanzensubstanzen fertig gebildet vorkommen können, ehe 
diese zu verwesen anfingen (Chlorophyll,Harz, Terpen- 
tin). Das sogenannte „Pysslingebrödet“ (mit Bernstein ge- 
mischte Asphaltkrusten, die in den Torfmooren Skänes vor- 
"kommen) dürfte wohl ein Kunstprodukt sein,- das von den 
Alten benutzt wurde, um Steinwaffen an Holzstielen zu be- 
festigen. 


*) Als man 1864 Solstads Grube (unweit Westerwik) gewältigte, 
auf deren. Boden altes Grubenholz unter Wasser verfaulte, entwickelte _ 
sich Kohlenwasserstoffgas in so grosser Quantität, dass es über dem 
Wasser angezündet werden konnte und danach zu brennen fortfuhr, ganz 
wie auf Wasser gegossenes Oel. 


Zeits.d.d.geol.Ges.XVIII 1. 5) 


130 


Der zu der 'Humifikation nöthige Sauerstoff‘ wird 'dem- 

nächst aus Oxyden aufgenommen, welche zu Oxydulen reducirt 
werden können, wie aus Eisenoxyd und Manganoxyd. Den 
auffallendsten Beweis für diese Behauptung giebt die Acker- 
erde, deren Eisenoxydulgehalt nach Versuchen von PEpys, Lewis, 
Parivnıps u. a. von  durchströmendem Sauerstoffgas in Oxyd 
nicht verwandelt ‘wird, so lange Humus in der Erde zu 
finden ist. 
“ Das Reduktionsvermögen verwesender Pflanzensubstanzen 
kann so weit gehen, dass schwefelsaure Metalloxyde in Torf- 
schlamm; Fucus- Thon .u. a. in Schwefelmetalle verwandelt 
werden. In der Sammlung der Wissenschaftsakademie in Stock- 
holm befindet sich ein Stuck metallisches Eisen mit ganz deut- 
licher Holzstruktur, welches auf der schwimmenden Insel des 
Seees Rälänugen gefunden wurde. Es ist jedoch fraglich, ob- 
dies Eisenstück aus Oxyd auf nassem Wege reducirt oder nicht 
wahrscheinlicher Roheisen ist, das im Hohofen ein Stuck 
Holzkohle durchdrungen und deren Gefüge angenommen hat. Die 
Sammlung der Bergschule in Falun besitzt ein Stuck Gusseisen, 
welches auf die Weise die deutlichste Holzstruktur angenommen 
hat, dass es beim Giessen mit Tannenholz in ‘Berührung ge- 
kommen ist, dasselbe verbrannt, aber seine vegetabilische 
Struktur bewahrt hat. Ebenso habe ich öfters beobachtet, dass 
die Holzpflöcke, womit man die Stichöffnungen schwedischer 
Rohöfen. schliesst, vom Rohstein (im Heerde) $anz verbrannt 
waren, und an ihrer Stelle befand sich ‘ein Pfropfen Rohstein 
mit deutlicher Holzstruktur. 

Unter Torfmooren entwickelt sich sehr oft auf einer Unter- 
lage von Sand oder Silikat - Bergarten ein Leben von. kiesel- 
bepanzerten ‚Diatomeen, welche da alle Bedingungen für ihre 
Entwiekelung finden. ‚Ihr Lebensprozess bedingt das Aus- 
athmen von Sauerstoff, wodurch wiederum eine schnell 
fortschreitende Humifikation bewirkt wird, deren Produkte. die’ 
mikroskopischen Algen nähren. j 

Endlich darf man nicht vergessen, dass verwesende Pflan- 
zensubstanzen den Sauerstoff ozonisiren, welcher dadurch um 
so schicklicher wird, die Humification zu beschleunigen. 

Die Produkte der Verwesung der Pflanzen, z. B. in einem 
Torfmoore, sind theils in Wasser unlösbar (Humuskohle, Ulmin, 
Humin, auch die resp. Säuren, da das Wasser wenig sauer ist), 


131 


theils löslich (Quellsaäure, Quellsatzsäure). "Anwesenheit von 
Alkalien vergrössert in hohem Grade die Lösbarkeit. 3857 Theile 
Wasser ziehen aus Torfschlamm 1 Theil Humussäuren, wovon 
der sogenannte Humusextrakt seine gelbe oder braune 
Farbe bekommt, die den meisten: Wasserströmen Smälands 
und Norrlands so allgemein ist. Ä 

Neben den jetzt erwähnten Humussäuren mussen wir auch 
an die Gerbsäuren denken, die in vielen sehr gewöhnlichen 
Pflanzen vorkommen, z. B. in. Calluna vulgaris, Ledum palustre, 
. Pinus 'sylvestris ete., an einen durch Säuren coagulirenden 
Körper gebunden, nach dessen Verwesung ihre Reaktionen 
hervortreten. Die Gerbsäuren aus verschiedenen Pflanzen be- 
sitzen gewiss verschiedene Zusammensetzung und Eigenschaften, 
alle aber können Eisenoxyd zu Oxydul reduciren und unlös- 
liche, schwarzblaue, grünliche oder bräunliche Eisenoxydul- 
oxydsalze geben. Aus einigen entsteht Gallussäure durch Ein- 
wirkung verdünnter Schwefelsäure oder durch Gährung. Weitere 
Zersetzungsprodukte sind die Pyrogallussäure und eine 
eigene Art von Humussäuren. 

Von Interesse ist für uns die Erscheinung, dass Gerbsäuren 
Eisenoxyd reduciren, dass gerbsaures Eisenoxydul in Wasser 
löslich, gerbsaures Eisenoxyduloxyd unlöslich ist. Gerbsaure 
Alkalien sind löslich, gerbsaurer Kalk und Talk (basische Salze) 
unlöslich. 3. ham 

Auch die Gallussäure reducirt Eisenoxyd zu Oxydul, 
gallussaures Eisenoxyduloxyd ist unlöslich, das Oxydulsalz da- 
gegen in Wasser löslich. Gallussaure Alkalien sind leicht 
löslich, die Kalk- und Talksalze schwer löslich, gallussaure 
Thonerde ist unlöslich. 

Thonerde (auch Kohle) absorbirt und hält grosse Quan- 
titäten Gerb- und Gallussäure fest. : In Smäland findet man 
öfters im Walde Wasserlöcher, die mit einem schwarzen Schlamm 
angefullt sind, welcher von ‘den Bauern unter dem Namen | 
„Swartjord* zum Schwarzfärben von Zeugen gebraucht wird. 
Er ist nichts als eine Mischung von Sand und dergleichen mit 
Thonerde, welche Gerb- und Gallussäuren absorbirt hat und ihre 
schwarze Farbe einem wenig Eisenoxyduloxyd verdankt. 

Ihr ‘Auftreten in nicht geringen Quantitäten giebt zu der 
Schlussfolge Veranlassung, dass die fraglichen Säuren an 


n ga 


132 


manchen Orten eine nicht unbedeutende Rolle bei der Sees und 
Wiesenerzbildung spielen müssen. | 

Nicht nur dadurch, dass während des Humusbildungs- 
prozesses das Eisenoxyd in den losen Erdlagern (z. B. unter 
einem Torfmoore) zu Oxydul reducirt wird, welches in kohlen- 
säurehaltigem Wasser löslich ist, wirken die Verwesungspro- 
dukte kräftig bei der See- und Wiesenerzbildung. Ihr. haupt- 
sächlichster Einfluss hängt davon ab, dass sie selbst unter 
gewissen Bedingungen ‚Eisen etc. auflösen, und dass sie unter 
anderen Verhältnissen Eisenfällungen verursachen können. 

Halten wir uns nun zuerst an ihr Vermögen, aus der 
Erde Eisen zu lösen, so wird dieses in einem jeden ockerigen 
Sandlager, wo Pflanzenwurzeln verwesen, bestätigt. Rund um 
die Wurzel ist nämlich das Eisen weggefüuhrt und der Sand 
gebleicht, oft 1 bis 2 Zoll weit von einer ] Linie dieken Wurzel. 
Auf diese Beobachtung gründete KınpLer seine Theorie über 
die Wiesenerzbildung. 

‘ Eisenoxyd, Manganoxyd und Thonerde geben mit den 
Humussäuren unlösliche Salze (nach SPRENGEL wird jedoch 
huminsaures Eisenoxyd in 2300 Theilen Wasser, humin- und 
geinsaure Thonerde in 4200 Theilen gelöst); aber die mehr- 
basischen Säuren mit den genannten Oxyden und mit Ammo- 
niak sind leicht löslich. In der Natur ist ein jeder Humus- 
extrakt ammoniakhaltig und kann also hummussaures Eisen- 
oxyd etc. aus den Erd- und Bergarten auflösen, mit welchen 
er in Berührung kommt. In den meisten Fällen ist jedoch so 
gute Gelegenheit zur Reduktion des Eisenoxydes an allen .den 
Orten gegeben, wo Humussäuren gebildet werden und wirken, 
dass man in allen den entstehenden Lösungen das Eisen als 
Oxydul voraussetzen kann. Humussaure Eisenoxydulsalze sind 
in reinem und ammoniakhaltigem Wasser leicht löslich. Humus- 
saurer Kalk wird von 2000 Theilen Wasser, huminsaurer Talk 
. von :160 gelöst; auch quellsaure Talkerde ist leicht löslich. 
Quellsaurer Kalk dagegen ist schwer löslich, quellsatzsaurer 
Kalk und Talk sind in reinem Wasser unlöslich, in ammonia- 
kalischem aber löslich. | | gi 

Torfextrakt, der durch lose Erdlager oder Ritzen in Gesteine 
'eindringt, kann also auch ohne Beihulfe der Kohlensäure aus der 
Erde als ein Mineralwasser hervorkommen. Dass das Torf- 
wasser wirklich Mineralsubstanzen und besonders Eisen auf- 


Be 133 


löst, -wird z. B. dadurch bewiesen, dass Grünsteine, welche 
unter Torfmooren liegen, gebleicht und sogar kaolinisirt werden, 
wie auch durch die Kaolinisation des Smäländischen Glaeier- 
Gruses zu der oben erwähnten „‚Hoitlera‘“. Verschiedene Er- 
scheinungen deuten an, dass diese Auslaugung verhältnissmässig 
sehr rasch geschieht. | 

In einem Torfmoore Skänes wurde ein Messer von Feuer- 
stein gefunden, das mehrere Linien tief weiss und undurch- 
sichtig war. DBerzELıus fand in der äusseren, verwitterten 
Schale: Kali 3,2 pCt., Kalk 3,2 pCt., aber kein Eisenoxyd 
und keine Thonerde. Dagegen wurdein der inneren, beinahe un- 
veränderten Masse: Kali 1,34 pCt., Kalk 5,74 pCt., Eisenoxyd und 
Thonerde 1,20 pCt. gefunden. Also hatte der Feuerstein aus dem 
umgebenden Torfwasser Kali aufgenommen, gleichzeitig aber 
den ganzen Eisenoxyd- und Thonerdegehalt und einen Theil 
des Kalkgehaltes an dasselbe abgegeben. 

Auf einem Torfmoore nahe Carlsjö in Smaland fand ich 
viele lose Fragmente von einem labradorreichen Diorit, welche 
das Ansehn dicker Nägel hatten. Ueber dem Moore traten 
namlich rundliche Köpfe hervor, die alle mit‘ in den Torf 
versenkten Spitzen versehen waren, welche von der ringsum 
weggelösten Steinmasse zurückgeblieben sind. 

An dem Meeresufer kann man oft wahrnehmen, dass 
Muschelschalen, die zur Hälfte in Schlamm (an verfaulten 
Pflanzensubstanzen reich) stecken, wohlerhalten sind. so 

. weit sie frei liegen, während der versenkte Theil ganz auf- 
gelöst ist. Der Kalkgehalt der Schalen ist hier wahrscheinlich 
von den humusartigen Säuren des Schlammes weggefuhrt. 

." Feuersteingerölle, welche in ungeheuren Massen an der 
Meeresküste unweit Brighton vorkommen, sind glatt und 
glänzend, wenn sie frei liegen; solche aber, die in verfaulten 
Meertang gebettet sind, zeigen oft eine rauhe, gewissermaassen 
.geätzte Oberfläche. Bei dieser beginnt eine Auslaugung, die 
dann auf eine Weise fortschreitet, worüber das oben erwähnte 
Feuersteinmesser Aufschluss giebt. 1eR 

Es ist natürlich, dass Wiesenerz unter einem Torfmoore, 
wo die Humifikation fortgeht, nicht existiren kann; es wird 
eben so leicht und vielleicht leichter als die Eisenoxydtheile im 
Grus, Thon etc. aufgelöst. Aus diesem Grunde kann Wiesenerz, 


134 


das unter Torfmöoren vorkommt, nicht daselbst gebildet 
worden sein. 

Es darf mit grösserer Wahrscheinlichkeit als Seeerz be- 
trachtet werden, welches durch das Verschwinden des Sees 
auf’s Trockne gerathen und vielleicht grade im Begriff ist, 
aufgelöst und weggeführt zu werden. 'Anders ist das Ver- 
hältniss, ‘wenn „‚todte“ Humuskohle über dem Wiesenerze 
liegen sollte. 

Obschon die Möglichkeit gegeben ist, dass Mineral- 
quellen 'nur humussaure Salze enthalten, so dürfte doch dies 
in der Wirklichkeit selten oder niemals vorkommen. Da bei 
dem Verwesungsprozess immer Kohlensäure entsteht,‘so folgt 
ein Theil davon dem Humusextrakte und wirkt auf Mineral- 
substanzen auf die Weise, welche oben, wo von dem Lösungsver- 
mögen kohlensäurehaltigen Wassers die Rede war, angegeben 
wurde. Kommt Wasser, welches Bicarbonate aufgelöst enthält, in 
Berührung mit humussäurehaltigen Lösungen, so wird ein Theil 
der Bicarbonate in Humate verwandelt, und das Resultat ist 
eine Mischung von kohlensauren und humussauren Salzen, in 
Wasser gelöst. Freier Sauerstoff, der vielleicht in einem mine- 
ralischen Wasser vorkommen kann, wird von den Humussäuren 
absorbirt, sobald diese mit dem Wasser in Berührung kommen. 

In den schwedischen Mineralwässern, deren Luftgehalt 
bestimmt worden ist, werden nur Kohlensäure, Stickstoff und 
Schwefelwasserstoffgas angegeben, aber nicht Sauerstoffgas, 
und doch absorbirt Wasser bei 5 Grad C. (nach Bunsex) aus 
der Atmosphäre eine Luft mit 63,35 pCt. Stickstoff, 2,68 pCt. 
Kohlensäure und 33,97 pCt. Sauerstoff, welche also den Sauer- 
stoff in reicherem Maass als die Atmosphäre enthält. Auch die 
Sulphate werden von den Humussäuren redueirt; der Schwefel 
wasserstoff in Medevi und anderen Wassern ist davon eine Folge. 

Mehrere der Quellen, von denen Analysen oben mitgetheilt 
sind, dürften ebensowohl den Humussäuren als der Kohlen- 
säure ihre mineralischen Bestandtheile verdanken. Als ein 
Beispiel von Wasser, dessen mineralische Bestandtheile haupt- 
sächlich durch Humussäuren gelöst worden sind, mag die 
Porla-Quelle gelten, welche nach BerzeLius in 100,000 Theilen 
enthält: 


135 


Chlorkalum ladiaa „swb. 9398 


Chlörnatelum 41%. nasion. elle OLABT 
Quellsaures Natron . . «0,6413 
Quellsaures und Kohlen ante 

Ammoniak rs. alsır. Jikoire1270,8608 
Kalkbiearbonat NS TEN INES 
Talkbicarbonat .... ..° 2... 1,9108. 
Manganoxydulbicarbonat . . 0,0307 


Eisenoxydulbicarbonat . . . 6,6109 
Phosphorsaure Thonerde . . 0,0110 
Kieselsanke uosior. noaulait- 051185892060 
Quellsäuren .... ...: 5.2539 

een 29,4058. 

In „Porla Drängstugukälla“ fand Berzeuius 10: Volum- 
procent Kohlensäure und ausserdem Stickstoff und Kohlen- 
wasserstoft. ; 

Die meisten smäländischen Mineralquellen dürften in ihrer 
Zusammensetzung dem Porla-Wasser nahe kommen. 

. Im Hotsby-Wasser (Temperatur am 26. Juli 1857 7,2 Grad; 
die Lufttemperatnr 20 Grad) fand ich 1858: Quellsäuren, 
Kohlensäure, Schwefelsäure, Chlor, Kieselsäure, 
Eisenoxydul, Kalkerde, Talkerde, Manganoxydul, 
Alkalien, Ammoniak. Der Eisengehalt war: 0,0043 pCt. 
Eisen oder 0,0055 pCt. Eisenoxydul. Die von dem Wasser 
absorbirte Luft bestand aus Kohlensäure, Stickstoff 
nebst Kohlenwasserstoff und Schwefelwasserstoff- 
gas. 

Der Mineralquelle von Hotsby ganz ähnlich ist jene von 
Lannaskede, gleichfalls in Smaland, worin Hauserg fand: 

In der kleinen Quelle: Feuerbeständiges 1,512; Or- 
ganisches 0,188; Summe 1,700, A \ 
in der grossen Quelle: Feuerbeständiges 1,133; Or- 
‚ganisches 0,293; Summe 1,426 
in 10000 Theilen Wasser. : 

Das Feuerbeständige bestand aus: kohlensauremEisen- 
oxydul, kohlensaurem Kalk, kohlensaurem Talk, 
Chlornatrium, Kieselsäure. - 

Fällungsmittel. Wir haben keine Ursache zu vermuthen 
dass die Wässer, aus welchen See- und Wiesenerze abgesetzt 
werden, ihre mineralischen Bestandtheile in wesentlich anderen 


136 


Proportionen oder Verbindungen enthalten, als obige Analysen 
von eisenhaltigen Quellen zeigen. Wir sehen, dass die meisten 
von ihnen wiesenerzartige Ocker absetzen, und wir können 
also nicht daran zweifeln, dass ein Theil der Wiesenerze von 
- ihnen herrührt. Ebenscwohl wie an dem Seestrande können 
solche Quellen auch auf dem Seeboden selbst hervortreten (dass 
Quellen auf dem Boden aller grösseren Erzseen hervordringen, 
wird durch Luhme in dem neugebildeten Eis bestätigt), und 
gegen Absetzungen von Ocker unter dem Wasser giebt es keine 
chemische Grunde. 

Die mitgetheilten Analysen zeigen, dass unter den mine- 
ralischen Bestandtheilen in einem Wasser das Eisen oft einen 
sehr unbedeutenden Theil ausmacht. Von den in den Erd- 
lagern zerstreuten Eisenpartikeln hat also bei der Lösung 
keine absehbare Concentration im Quellwasser stattgefunden, 
und wenn durch eine einfache Verdampfung die mineralischen 
Bestandtheile ausgefällt wurden, so würde die Fällung in den 
meisten Fällen so arm an Eisen sein, dass sie als ein Eisen- 
erz nicht betrachtet werden könnte. Wenn aus diesen Quellen 
eine Eisen-Erzbildung stattfinden soll, muss die Concen- 
tration des Eisens also hauptsächlich den auf das Mineral- 
wasser reagirenden Fällungsmitteln zugeschrieben werden, 
welche vorzugsweise Eisenoxyd präcipitiren, während sie andere 
Bestandtheile gelöst lassen. 

Fällung aus vitriolischem Wasser. Alles schwefel- 
saure Eisenoxydul, dessen Lösung mit der Luft in Berührung 
kommt, wird allmälig zu schwefelsaurem Eisenoxyd oxydirt; 
ist die Lösung neutral, so wird eine solche Oxydirung immer 
von der Ausfällung eines basisch schwefelsauren Eisenoxyd- 
salzes begleitet. 

Aus einer Lösung von neutralem Eisenoxydsulphat wird 
basisches Eisensulphat durch die Verdünnung der Lösung mit 
Wasser ausgefäll. Nach SCHEERER trüben sich (bei 14 Grad) 
10,000 Theile Wasser, worin ein Theil neutrales Eisenoxyd- 
sulphat gelöst worden ist; die Ausfällung geschieht um so 
vollständiger, je mehr die Lösung verdunnt und je mehr sie er- 
hitzt wird. Von 1 Theil Salz, in 1000 Theilen‘ Wasser ge- 
löst, wird bei gewöhnlicher Temperatur 0,9 ausgefällt. Die 
Fällung hat die Zusammensetzung 5 Fe’ S + 9 H, enthält 
12,4 pCt. S und ist ockergelb, wird aber um so dunkler, je 


. 


137 


mehr die Lösung verdünnt wird. Es ist unstreitig, dass eine 
solche Fällung in einem Seebassin ebensowohl als in einem 
Glasbecher stattfinden kann, aber vollständiger geschieht sie in 
ersterem in Folge von der grösseren Verdünnung. Uebrigens haben 
die Vitriolsieder lange dieses Fällungmittel gebraucht, um eine 
Vitriollösung von Eisenoxydsulphat zu befreien, welches die 


‘grüne Farbe des Vitriols verdecken und ihn für gewisse Zwecke 


weniger passend machen wurde. In Falun wurde das vitrioli- 
sche Grubenwasser in grosse Teiche geleitet, wo es vom Regen 
(auch durch dahin geleitetes süsses Wasser) verdünnt wird; 
nach einiger Zeit hat die Eisenoxydfällung stattgefunden, und 
die klar gewordene Lösung wird gradirt. 

Da andere Sulphate durch die Verdünnung der Lösung 
nicht ausgefällt werden, so kann aus einer vitriolischen Quelle 
(z. B. der Ronneby-Quelle), die in einem See ausrinnt, eine Ab- 
setzung von beinahe reinem basisch schwefelsauren Eisen- 
oxyd entstehen und mit der Zeit bedeutend wachsen, wie man 
von dem, was oben hinsichtlich des Tisken bei Falun angeführt 
worden ist, ersehen kann. 

Liefert die Ronneby-Quelle z. B. jährlich 5 Kubikfuss 
Wasser pro Minute, so würde sie jährlich in einem See 631 Otr. 
Eisen als Ocker absetzen. Diese Eisenmasse entspricht etwa 
1470 Ctr. gewöhnlichem Seeerz. Eine Eisenoxydfällung nimmt 
jedoch immer aus der Lösung, worin sie stattfindet, kleine 
Quantitäten von anderen Substanzen (Kieselsäure, Kalk, Talk, 
Thonerde te.) mit, welche also einen auf diese Weise ge- 
bildeten Ocker verunreinigen. 

Demnächst entsteht die Frage, auf welche Weise das aus- 
gefällte Eisenoxydsulphat von der Schwefelsäure befreit wird, 
da die See- und Wiesenerze gewöhnlich nur Spuren dieser 


Säure enthalten. Es ist möglich, dass Wasser durch lange 


Berührung einen Theil davon auszuziehen vermag, aber schnell 
und vollständig geschieht die Extraktion durch Alkalien (z. B. 
Ammoniak) und alkalische Erdarten, frei oder an Kohlensäure 
oder Humussäuren gebunden, so wie sie in allen Torfwässern 
vorkommen. In dieser Hinsicht stellte ich einige Versuche mit 
Ockern an, die sich aus dem Grubenwasser bei Falun abge- 
setzt haben. 
Der Ocker aus dem Bach gleich unterhalb des „Drott- 
ningschachtes“ enthielt, auf dem Wasserbad getrocknet: | 


138 


In Säuren Unlösliches . 372 ı 
Eisenoxyd mit ein wenig 


Thonerde ... 2. .40,8 


Küpferoxyd:: Niet eisen Biiknar a : 
Schwefelsäure u 34...1..s115 SC sr 
Bhosphoteäiure ne seen 
Wasser ra. De el 
Organischesiulu dl... 
Kalk, Talk, Manganoxy- 

aul,. Verlust. -.24+222.058 

> +6:R1N0 


2- Gramm von diesem Ocker wurden 16 Stunden lang mit 
humussaurem Ammoniak digerirt, welches durch Extraktion von 
Torf mit Ammoniak und die Neutralisation des Extrakts durch 
Salzsaure bereitet war. Bei der Neutralisation entstand -eine 
dunkelbraune Fällung,, welche von der gelben Lösung nicht 
filtrirt wurde; also wurde eigentlich zum Experiment humus- 
saures Ammoniak + Hunussäuren angewendet. In kurzer 
Zeit wurden die aufgeschlämmten Humussäuren von dem 
Eisenocker vollständig ausgefällt, und die Lösung wurde bei- 
nahe wasserklar. Die wohl gewaschene und auf dem Wasser- 
bad getrocknete ‚Fällung wog 2,67 Gramm und war zusammen- 
gesetzt aus: 

Humussäuren, Wasser, Spuren von Ammoniak (wovon 


etwa 16,£ pCt. Humussäuren) . . 23,7 
In Säuren Unlösliches 34,8 
Schwefelsäure . . 15 
Kupferexyd x. u%..1247 


Eisenoxyd und ein 
wenig Thonerde 37,9 
Summe 99,6. - 
Dieselben Reaktionen, welche concentrirte und erhitzte 
Lösungen hier binnen Kurzem bewirkten, müssen sich in der 


- 


Natur einfinden, sobald verdunnte Lösungen bei niedriger Tem- 
peratur lange auf schwefelsäurehaltigen Eisenocker wirken. 
Um die Richtigkeit dieser Behauptung zu prüfen, wurde 
der Ocker analysirt, welcher sich aus dem Grubenwasser in 
dem See Tisken (nahe an seinem westlichen Strande Daglös- ' 
dägten) abgesetzt hatte. Er enthielt, auf dem Wasserbad ge- 
trocknet: - | 


139 


In Säuren Unlösliches = 7 


" Humussäuren  ...... ren nem 
Masser mine ar: ei 
Eisenoxyd u. Thonerde 44,1 
Kupteröoxyd 2... .1..7*0,2 
Schwefelsäure . . .. 5,5 


Phosphorsäure . . . Spuren. 
Kalk, Talk, Mangan- 
‘oxydul, Verlust . 0,9 
100,0. 
Vergleicht man diese Analyse mit der obigen von Ocker 
nahe dem „Drottningschachte* genommen, welcher nur 0,8 pCi. 
organische Substanzen, aber 11,5 Schwefelsäure enthielt, so 
erscheint es unstreitig, dass die Verminderung des Schwefel- 
säuregehalts auf 5,5 pÜt. keinen anderen Ursachen zuzu- 
schreiben ist als den Salzen der im Tisken gelösten organi- 
schen Säuren, von welchen im Ocker 7,4 pCt. Humussäuren 
wieder gefunden werden. 

Humussaures Ammoniak nimmt jedoch nicht allein die Schwe- 
felsäure aus schon gefällten Ockern weg, sondern vermag auch 
in Eisenvitriollösungen Eisenfällungen zu bewirken. Eine con- 
centrirte Eisenvitriollösung wurde mit einer Lösung von aus 
Torf bereitetem, humussaurem Ammoniak, in welchem Humus- 

sauren aufgeschlammt waren, digerirt. Diese wurden bald nach 
_ der Vereinigung beider Lösungen ausgefällt, und die Lösung 
über der Fällung wurde klar. Die Fällung hatte nach dem 
Auswaschen und Trocknen auf dem Wasserbad eine dunkle 
Farbe, gab einen grünlichen Strich und zeigte sich zusammen- 
gesetzt aus: 

Wasser, organische Substanzen (Ammoniak) 93,08 


Schwefelsäure . . N 0,04 
Eisenoxyd (in der Fällung Kherkäiee wm 6,88 
- 100,00. 


Das  ausgefällte Eisen kann grösstentheils wieder gelost 
werden, wenn man die frische Fällung mit einem Ueberschuss 
des Fällungsmittels digerirt. Enthält der Eisenvitriol Eisen- 
oxyd, so gelingt das Ausziehen des Eisens aus der Fällung 
nicht vollständig, auch nicht, wenn die Fällung vor der Diges- 
tion getrocknet worden ist. 

Diese Versuche geben Erklärung über eine Bildungsart 


140 


von sogenanntem „Grönörke‘ (grünes eisenoxydulhaltiges 
Seeerz), aber sie zeigen auch, dass je nach dem Ueberwiegen 
von Vitriollosung oder Humuslösung in einem See Erz ausge- 
fallt oder schon abgesetztes Erz vielleicht wieder aufgelöst 
werden kann. 

Es wurde oben eine Analyse von Ockerschlamm aus dem 
Tisken mitgetheilt, welcher unterhalb der Bergschule an der 
östlichen Seite des Sees aufgenommen wurde. Da Falu & 
durch den See Tisken rinnt, so ist wenig wahrscheinlich, dass 
eine absehbare Quantität des Ockers, der aus dem Graben- 
bach auf der entgegensetzten westlichen Seite des Sees ab- 
gesetzt wird, jenseits des Stromlaufes zur Ausfällung gekommen 
sei. Der dortige Schlamm muss also hauptsächlich als eine 
Fällung der aus umliegenden Schlackenhalden gelösten mine- 
ralischen Substanzen durch die organischen Säuren, die Falu a 
mit sich fuhrt, betrachtet werden. 

Oberhalb der Stadt enthält dieser Strom neben ein wenig 
Kieselsäure nur organische Substanzen (nach GAuns Analyse), 
während des Laufs durch die Stadt wird er durch Abfälle von 
‚Färbereien, Gerbereien etc. verunreinigt. Die Zusammensetzung 
des fraglichen Ockers war: 


Kieselsäure . . . 39,9 
Wasser». ni. dalnsin #952 Ninck rein went 
Organisches . . . 27,85 ° Ammoniak 
Eisenoxyd u. Thon- 

erde '2nir al, 9033 
Kupferosydr aa 0,5 
Schwefelsäure . . 0,4 
Posphorsaure« . 7290377 
Kalk, Talk, Mangan- 
oxyd, Verlust . . 08 

Summe: 100,0.*) 2 


Diese Analyse zeigt einen Schwefelsäuregehalt, der nicht 
grösser ist als jener in vielen Wiesenerzen , und doch dürfte 
die Lösung der Mineralsubstanzen hauptsächlich durch Schwefel- 
säure geschehen- sein, die bei der Verwitterung der’ in der 
Schlacke sitzenden Rohsteinpartikeln entsteht. 


*) Die angegebenen Zahlen ergeben die Summe 105,2. 
Anm. d. Redaktion. 


141 


Kupferoxyd wird nach FORCHHAMMER aus neutraler Kupfer- 
vitriollösung durch Humussäuren gefällt. 

Die Analyse zeigt auch einen Phosphorsäuregehalt, der in 
dem Ocker an der anderen. Seite des Sees nicht zu finden ist. 
Ich kochte Ocker aus dem Bache nahe dem „Drottning- 
schachte‘‘ mit humussaurem Ammoniak und’ Phosphorsalz, aber 
wiewohl der Ocker die Humusssäure ausfällte und von seinem 
Schwefelsäuregehalt befreit wurde, so nahm er doch keine 
Phosphorsäure auf. Als.hingegen Eisenvitriol mit einer neu- 
tralen Lösung von humussaurem Ammoniak und Phosphorsalz 
gekocht wurde, entstand eine phosphorhaltige Fällung 
von humussaurem Eisenoxydul (Oxyd?). Wir haben daher alle 
Ursache zu glauben, dass ein ausgefällter Ocker (Seeerz) 
keinen Phosphor aus den phosphorsäurehaltigen Lösungen auf- 
nimmt, die mit dem Ocker nach seiner Präcipitation in Be- 
rührung kommen, aber dass phosphorsäurehaltiges Seeerz ent- 
steht, wenn die Fällung des Ockers aus einer phosphor- 
säurehaltigen Lösung geschieht, oder wenn der Ocker auf 
Pflanzenuberresten mit phosporsäurehaltiger Asche ausgefällt 
wird. Dass das Eisenoxydul eben so gut als das Eisenoxyd 
bei der Fällung Phosphorsäure mitnimmt, wird durch die eben 
angefuhrten Versuche angedeutet, wie auch durch die Erschei- 
nung, dass der Vivianit in Wiesenerzen und Torfmooren ge- 
wöhnlich mit weisser Farbe vorkommt (phosphorsaures Eisen- 
oxydul), die erst bei dem. Zutritt der Luft in Blau (phosphor 
saures Eisenoxyduloxyd) verwandelt wird. 

Kommen Gerb- oder Gallussäurelösungen mit Eisenvitriol- 
lösungen zusammen, so wird, wenn die Luft Zutritt hat, ein tinten- 
schwarzes Oxyduloxydsalz ausgefällt.e. Dieselbe Präcipitation 
findet auch in gerbsäurehaltigen Pflanzensubstanzen statt, welche 
Eisenlösungen aufsaugen. Man sieht oft genug steinharte und 
tintenschwarze Heidekrautstengel, welche auf diese Weise mine- 
ralisirt worden sind. 

Dass kohlensaure Alkalien und alkalische Erdarten Eisen- 
oxyd (in gewissen Fällen auch Oxydul) auszufällen vermögen, 
ist eine bekannte Sache. Ich will deswegen hier nur an den 
Gehalt an kohlensauren Alkalien und alkalischen Erden in 
Torfwasser und in Quellen erinnern, wie ihn die meisten mit- 
getheilten Analysen anzeigen. 

Von besonderem . Interesse ist hierbei die Beobachtung 


142 


Yorkzs’, dass Eisenoxydhydrat, aus einer Sulphatlösung durch 
 kohlensaures Natron gefällt, die Zusammensetzung F? H° oder 
dieselbe wie die meisten Brauneisensteine hat.. | 
Dass bei der Präcipitation von Eisenoxyd auch andere 
gelöste Substanzen mit zur Fällung kommen, ist sehon be- 
merkt worden, und dadurch dürfte der Gehalt der Seeerze an 
Kalk- und Talkerde, wie auch an Kieselsäure erklärt werden 
können. Alle mitgetheilten Analysen von Quellen geben eine 
Quantität Kieselsäure an, welche, mit dem Kieselsäuregehalt 
des Quellwassers verglichen, relativ-grösser als in den See- 
erzen ist; also braucht das Eisenoxyd keineswegs den ganzen 
Kieselsäuregehalt des Wassers mitzunehmen, um von Kiesel- 


säure so verunreinigt zu werden, wie die Seeerze zu sein pflegen. 
Es ist ziemlich allgemein angenommen, dass verwesende orga- 
nische Substanzen gelöste Kieselsäure begierig aufnehmen. 
L. v. Buch hat gezeigt, dass bei der Silifikation von Muschel- 
schalen nicht der Kalk, sondern die zwischen den Kalklamellen 
liegenden thierischen Membranen zuerst und hauptsächlich 
die Kieselsäure absorbiren. Die meisten fossilen Bäume sind 
silifieirt. Pfeiler der Brücke, die Trajanus über die Donau 
unterhalb Belgrad schlagen liess, sind durch das Wasser der 
Donau auf eine Tiefe von mehreren Zollen mit Kieselsäure 
imprägnirt. Papier, das in eine Wasserglaslösung getaucht 
und danach gewaschen wird, hält einen grossen Theil der 
Kieselsäure des Wasserglases fest; alles dieses deutet auf das 
Vermögen organischer Substanzen hin, die Kieselsäure zu ab- 
sorbiren und festzuhalten. Findet eine Fällung von Eisenoxyd 
gleichzeitig mit eimer solchen von organischen Substanzen oder 
“mit deren Hilfe statt, so kann eine gleichzeitige Ausfällung 
von Kieselsäure in grösserer Menge, als vielleicht die Eisen- 
.oxyde allein mitzunehmen vermögen, kein Erstaunen erregen. 
Ich will jedoch hier nicht unerwähnt lassen, dass Lissie’ bei 
agrieulturchemischen Versuchen zu dem Resultat gelangte, dass 
gebrannter Thon grosse Quantitäten gelöster Kieselsäureabsorbirt, 
aber dass dies nicht mit humusreicher Erde derFall ist, 
weil nach seiner Ansicht die Kieselsäaure humussaure Salze zu 
zersetzen nicht vermag. Weiter unten werden "wir sehen, dass 
eine Menge von Kieselsäure durch den Lebensprozess der so- 
genannten Infusionsthiere aus Lösungen ausgefällt wird, woraus 
- auch gleichzeitig Secerze ausgefällt werden. 


143 


Hier will ich als eine weitere Art der Ausfällung der 
Kieselsäure nur noch anführen, dass aus verdunnten Wasser- 
glaslösungen im Lauf der Zeit eine harte Kruste von beinahe 
reiner Kieselsäure auf dem Boden des Gefässes abgesetzt wird, 
und die erwähnten Reaktionen dürften hinreichend sein, um 
den Kieselsäuregehalt des Seeerzes zu erklären, wenn sie auch 
nicht alle gleichzeitig wirkend sind. 

Den Thonerdegehalt der Seeerze zu erklären, ist in vielen 
Fällen nicht so leicht, da nach den meisten oben mitgetheilten 
Analysen von Wässern die Quellen keine Thonerde ent- 
halten. Nach Bıscnor werden jedoch Spuren von Thonerde in 
beinahe allen Quellen gefunden, wenn sie bei dem bei der 
Analyse ausgefällten Eisenoxyd aufgesucht werden. Dass die 
Thonerde aus quell- und quellsatzsaurer Ammoniak - Thonerde 
(die gewiss in manchem Torfwasser enthalten ist) ausgefallt 
wird, soll weiter unten. erwähnt werden. Hier mag nur be- 
merkt werden, dass thoniger Schlamm einen bedeutenden Theil 
des Thonerdegehalts: der Seeerze und vielleicht auch ihres 
Kieselsäuregehalts liefern dürfte: nicht nur durch mechanische 
Einmischung, sondern auch dadurch, dass Eisenoxydhydrat Si- 
likate zersetzt, mit welchen es sich im nassen Zustande in 
langer Berührung. befindet. : 

Mündet eine vitriolische Quelle nicht auf dem Seeboden, 
sondern auf dem trockenen Lande aus, so finden auch da Eisen- 
fällungen von basisch schwefelsaurem Eisenoxyd statt, welches 
durch die Oxydation des Oxydulsulphats zu Oxydsulphat ge- 
bildet wird. Das gleichzeitig damit entstehende neutrale Oxyd- 
sulphat kann jedoch in diesem Falle nur durch zutretende Basen 
oder‘ Alkali- und andere Salze mit schwachen Säuren ausge- 
fällt werden, welche gleichzeitig mit dem Eisenoxyd auch 
andere im Wasser gelöste Oxyde präcipitiren, so dass eine 
solche Fällung (Wiesenerz) mehr durch fremde Substanzen 
verunreinigt wird als ein analoges Seeerz. Diese Fällungen 
können sich auf oder nahe an der Erdoberfläche absetzen, in 
compakten Massen oder mit Sand gemischt, welcher von ihnen 
zu einem ockerigen Sandstein zusammengekittet wird („Ort- 
stein“). 

Die Schwefelsäure dürfte auch in diesem Falle aus dem 
Ocker dureh Lösungen von humussaurem Ammoniak (Torfwasser) 
entfernt werden, welche durch die Eisenfällungen ihren Weg 


144 


nehmen. Es ist leicht zu begreifen, dass diese Extraction der 
Schwefelsäure unter übrigens ähnlichen Verhältnissen in be-. 
deutendem Grade durch die Einwirkung der Sonne befördert 
werden muss. Eine Beobachtung von SWEDENBORG dürfte für 
diese Behauptung als ein Beweis gelten, aber:ich weiss nicht, 
ob .die Erfahrung der Neuzeit in dieser Hinsicht die Aussage 
SWEDENBOR@’S bestätigt: „Paludes hujus generis prostant, 'quae 
devexo et declive solem meridianum prospiciunt, humus ibi melioris 
sanguinis venam sive ochram recondit: sed si solem decliwe boream 
spectat, datur vena vilioris pretü. —“ | 

Da nach oben mitgetheilten Versuchen Ocker keine Phos- 
phorsäure aus Lösungen aufnimmt, welche mit demselben in 
Berührung kommen, und da auf der anderen Seite die Aus- 
laugung der Schwefelsäure aus compakten Ockermassen weniger - 
vollständig geschehen muss, als wenn die verschiedenen Humus- 
lösungen mit dem Ocker bei dessen Ausfällung in einem See 
in Berührung kommen, so würde es nicht sonderbar erscheinen, 
wenn aus vitriolischen I,ösungen entstandene Wiesenerze ge- 
wöhnlich mehr Schwefel und: weniger Phosphor enthielten als 
die entsprechenden Seeerze, was auch mit der älteren Er- 
fahrung übereinstimmt. 

Rinnt vitriolisches Wasser durch ein Torfmoor, so muss 
dadurch die Humifikation verzögert oder verhindert werden, da 
die Schwefelsäure die Alkalien absorbirt, welche die Entstehung 
der Humussäuren beschleunigen. Damit ist die‘ Ausfällung 
eines basischen Eisensulphates verbunden, welche jedoch auf- 
hört, sobald die ganze Torfmasse mit Vitriol getränkt ist. Wir 
können es daher nicht sonderbar finden, dass der Vitriolgehalt 
vieler Torfmoore so bedeutend ist, dass er nutzbar gemacht 
werden kann (wie in Böhmen), auch nicht, dass Efflorescenzen 
von Alaun, Bittersalz ete. in vielen Torfmooren vorkommen, 
oder dass eine beträchtlichere Ablagerung von  Wiesenerz in 
Torfmooren nicht stattfinden kann, obschon’vitriolisches Wasser 
durch dieselben seinen Weg nimmt, und obschon nicht nur 
humussaure Alkalien, sondern auch die Humuskohle Eisen- 
oxyde aus der Lösung auszufällen vermögen. Hkuımann, 
WEPPEN, CHEVALLIER, Wassington u. a. haben Versuche uber 
die Ausfällung von Metalloxyden aus ihren Salzen durch nicht 
vollständig‘ gebrannte -organische Substanzen angestellt, von 
welchen Versuchen hier nur angeführt werden mag, dass aus 


145 


Lösungen von Kupfervitriol, essigsaurem Eisenoxyd, Eisen- 
chlorid, Zinkvitriol, Eisenvitrio)l und Chromvitriol basische 
Salze ausgefällt wurden; Alkalien, Gyps, Alaun, Kalk (aus 
Kalkwasser) wurden dagegen nicht gefällt. In Frankreich und 
Deutschland wird Lignit anstatt Knochenkohle zum Klären von 
. Zuckerlösungen gebraucht, in Indien sogenanntes Ulmin (der 
braun gewordene Saft von Acer-Arten) zu demselben Zweck. 
Thonerdehydrat hält die Humussäure fest, und dasselbe gilt 
(wie es scheint) von ganz indifferenten Substanzen, wie Gyps 
und schwefelsaurem Baryt. Es lag daher, mit Hinsicht auf 
alle diese Thatsachen, nahe, das Verhalten der Humus- 
kohle zu Eisenlösungen zu prüfen. Schlamm aus dem öst- 
lichen Tisken wurde mit Salzsäure ausgekocht und danach 
gewaschen, bis das Waschwasser Humussäuren zu lösen an- 
fing. Eine grössere Menge kochende, concentrirte Eisenvitriol- 
lösung wurde ‘durch diesen Schlamm filtrirt, wobei eine klare, 
braune Lösung durch das Filtrum ging. Während des Waschens 
mit heissem Wasser wurde das Filtrat von einem basischen 
Salze getrubt. | 

Der vorher dunkelbraune Schlamm hatte nach dem Trocknen 
eine schmuzig ockerbraune Farbe. 0,493 Gramm von dem mit 
Säure ausgelaugten Schlamm, 0,146 Gramm Wasser und orga- 
nische Substanzen (nach dem Trocknen auf dem Wasserbad) 
enthaltend , hatte aus der Eisenvitriollösung 0,010 Gramm 
Eisenoxyd (als Oxydul in der Fällung?) ausgefällt, d. i. etwa 
7 pCt. von dem Gehalt des Schlammes an organischen Sub- 
stanzen und Wasser. Dieser Versuch zeigt, dass nicht allein 
die humussauren Alkalien in einem Torfmoore, sondern auch 
die Humuskohle (und freien Humussäuren) aus Vitriollösungen 
Eisen auszufällen vermögen. Die geringe Quantität des ge- 
fällten Eisens sagt jedoch zugleich, dass eine solche Präeipita- 
tion aufhören muss, sobald eine relativ so unbedeutende Eisen- 
quantität zur Ausfällung gelangt ist, dass sie wohl den grossen 
Eisengehalt in der Asche vieler Toorfarten, nicht aber eine ab- 
sehbare Wiesenerzbildung in einem Torfmoore erklären kann. 
Sobald die Torfsubstanz so viel Eisen ausgefällt hat, als sie 
vermag, kann naturlicherweise die Eisenvitriollösung dieselbe 
ohne weitere Zersetzung passiren. Dass die Gerb- und Gallus- 
. säuren in verfaulenden Wurzeln, Stammenden ete. aus einge- 


saugten Lösungen Eisenoxyd ausfällen, wurde schon erwähnt, 
Leits. d.d. geol Ges. XVII. 1. 10 


146 


und wir können aus den jetzt angeführten Versuchen schliessen, 
dass Fällungen ausserdem durch die Humuskohle und Humus- 
säuren bewirkt wurden, welche in verfaulenden Bäumen vor- 
kommen. Da Schwefelsäure die Holzsubstanz kohlt, so ist 
natürlich, dass solche in Erz verwandelte Holztheile meisten- 
theils eckohle worden sind, da vitriolische Lösungen die Eisen- 
imprägnation bewirkten. | 

 Ueberall, wo sich schwefelkieshaltige Gesteine, Luft und 
Wasser (am liebsten kohlensäurehaltiges) finden, können auch 
vitriolische Quellen gebildet werden, welche durch eben er-. 
wähnte Reaktionen die Veranlassung zur Entstehung der See- 
und Wiesenerze geben. Diese Verhältnisse kommen in den 
limonitreichsten Gegenden Schwedens vor, und man dürfte 
daher nicht bezweifeln können, dass ein Theil der See- und 
Wiesenerze aus vitriolischem Wasser auf die hier angegebenen 
Weisen gebildet wird, welche hier etwas weitläufig behandelt 
worden, weil sie wenig oder gar nicht von den neueren 
Verfassern über diese Gegenstände, wie KINDLER, WIEGMANN, 
BiscHor, SENFT berührt worden sind. | 

Fällung aus kohlensauren Lösungen. Kommt 
. eine Quelle, welche freie Kohlensäure und Bicarbonate von 
Kalk, Eisenoxydul, Manganoxydul etc. enthält, in Berührung 
mit der Luft, so verschwindet zuerst die freie Kohlensäure, 
demnächst die an Eisenoxydul- (und Manganoxydul-) Carbo- 
nate halb gebundene und zuletzt die an Kalkcarbonat halb 
gebundene. Die Folge davon ist, dass aus 'einem solchen 
Wasser zuerst Eisenoxydul- (und Manganoxydul-) Carbonat 
ausgefällt wird, also eine fractionirte Präeipitation, durch welche 
aus einem eisenarmen kohlensauren Wasser nahe an der Mün- 
dung der Quelle ein eisenreicher Niederschlag bewirkt werden 
kann. In der zuerst entstehenden Fällung wird die Präeipita- 
tion des Eisens durch die grosse Neigung des Eisenöxyduls, 
sich höher zu oxydiren, in hohem Grade begünstigt. 

Aus einer Lösung von Eisenoxydul-Bicarbonat wird nämlich 
bei dem Zutritt der Luft nicht nur Eisenoydulcarbonat, sondern 
gleichzeitig auch eine gewisse Menge Eisenoxydhydrat ausge- 
fällt, während sich Kalkbicarbonate etc. gelöst halten, je mehr, 
je niedriger die . Temperatur ist. 

Um die Richtigkeit dieser Behauptung zu beweisen, dürfte 
es hinreichend sein, einige der Analysen Lupwig’s von Ocker- 


147 


fallungen, welche sich in verschiedener Entfernung von der Quell- 
öffnung des Nauheimer Sprudels abgesetzt haben, mitzutheilen: 


IK II. II. 
Kohlensaurer Kalk . . 35,40 83,58 87,81 
Kohlensaurer Talk . . — 2,49 9,05 
Bugenosydar.r. ... 7, 44.28 2,07 | 9.05 
Aemsanosyd .'... .. 211 5,49 [ k 
Bmeschsaure. % ..,. . 2,09 3,09 Spuren 
emsenikeaurer . 2... ,. 1.09  — — 
Geaanisches . . 7... .— _ 0,12 
ae nun, 14,92 


eins ee Se 3,28 0,97 


I. ist der Ockerabsatz bei der Quellenmundung. 
II. ist der Ockerabsatz 220 Meter von der Quellen- 
mündung. 
Ill. ist der Ockerabsatz 400 Meter von der Quellen- 
mündung. } 

Es leuchtet aus diesen Analysen nicht nur ein, dass der 
Gehalt des Absatzes an kohlensaurem Kalk und Talk mit der 
Entfernung von der Quellöffnung zunimmt, und dass in demselben 
Maasse der Eisen- und Manganoxydgehalt (der unmittelbar bei 
der Quellöffnung am grössten ist) abnimmt, sondern auch dass 
die Kiesel- und Arseniksäure hauptsächlich mit dem Eisen 
ausgefällt werden. Man weiss, dass die Phosphorsäure sich 
gegen Eisenoxyd analog der Arseniksäure verhält, und es darf 
daher nicht überraschen, dass Seeerze, welche sich aus kohlen- 
säurehaltigem Wasser absetzen, den ganzen Phosphorsäurege- 
halt der Lösung, woraus die Fällung geschieht, mitnehmen. 

Das Verhältniss zwischen Kieselsäure auf der einen und 
Eisen- und Manganoxyd auf der anderen Seite ist nach I und 
U im Durchschnitt wie 2,87 :26,97 — 1:9,4 und im Durch- 
schnitt bei schwedischen Seeerzen, nach SvAnBERG’s Analysen, 
wie 12,64:68,14 = 1:5,4. Ich mache diesen Vergleich nur, 
um zu zeigen, wie Ocker, dessen Absatz aus Quellen vor dem 
Auge liegt, relativ gegen den Eisengehalt nicht viel weniger 
Kieselsäure enthalten als die Seeerze, deren Absetzung, unserer 
Meinung nach, aus ähnlichen Quellen geschehen ist. In dem 
vorliegenden Fall wirkt jedoch nur ein Factor zu der Präcipita- 


10* 


% 


148 


‚tion der Kieselsäure (namlich das fallende Eisenoxyd), während 
wir dagegen oben gesehen haben, dass bei der Seeerzbildung 
mehrere andere gleichzeitig zur Kieselsäurefällung mitwirkend 
sein können. 

Der nicht so ungewöhnliche Kohlensäuregehalt der Seeerze, 
welcher oft grösser zu sein scheint, als dem Kalk- und Talk- 
gehalt des Erzes entspricht, kann durch die. Annahme . leicht 
‘erklärt werden, dass aus kohlensäurehaltigem Wasser gefällte- 
Ocker Eisenoxydulcarbonat enthalten, welches nicht zur 
Verwandlung in Eisenoxydhydrat gelangt ist. Hier mag auch 
an die mögliche Existenz von Eisenoxyd- und Thonerdecarbo- 
naten erinnert werden, nach Angaben von Waruack (siehe 
oben) und SoUBEIRAN, welcher letztere beobachtete, dass Crocus 
Martis aperitivus in feuchter Luft zu einem Kohlensäurehaltigen 
Eisenoxydhydrat verwandelt wird, vielleicht von der Zusammen- 


setzung FC’ --6F H°. In allen Seeerzen, welche Eisenoxydul 
neben mehr Kohlensäure enthalten, als der anwesende Kalk 


zu binden vermag, hat man jedoch grössere Veranlassung die 


Existenz von Eisenoxydulcarbonat zu vermuthen, als jene von 
den genannten Oxydearbonaten. 

Bei Analysen kann man oft wahrnehmen, ‘wie begierig 
Eisenoxyd- und Thonerdehydratfällungen kleine Quantitäten 
von Kalkcarbonat, Talk ete. mitnehmen und festhalten. Diese 
Erscheinung erklärt den geringen Kalk- und Talkgehalt der 
See- und Wiesenerze; denn die Wassermenge in einem See 
dürfte hinreichend sein, um das in geringer Quantität mit dem 
Eisenocker ausgefällte Kalkcarbonat ganz und gar aufzulösen, 
da letzteres (nach Fresenius) von 10,600 Theilen Wasser gelöst 
wird, sofern Spuren davon von den Eisenoxydhydraten nicht 
festgehalten wurden. *) 

Da der geringe Talkgehalt einer Quelle in den meisten 
Fällen an Kieselsäure gebunden sein muss, so kann die Talk- 
erde natürlicherweise nicht zur Ausfällung gelangen, da die 
Quelle mit einem See verdunnt wird, sofern nicht andere 
Fällungen kleine Portionen davon mitnehmen. 


*) An den Ufern einiger Smaländischen Flüsse (z. B. Emman nahe 
Holtsby) kann bisweilen eine lose Kalkfällung beobachtet werden, die sich 
vielleicht aus kohlensaurem Wasser abgetzt hat, nachdem daraus die Aus- 
fällung ‘des Eisenockers in den Seen stattgefunden hat. 


EN ars 


149 


Von dem Thonerdegehalt in aus kohlensäurehaltigem Wasser 
ausgefällten Seeerzen gilt dasselbe, was oben bei den aus 


vitriolischen Wässern entstandenen ausgeführt wurde. 


Der Mitwirkung des organischen Lebens bei ‘der Seeerz- 
bildung aus kohlensäurehaltigem Wasser wird weiter unten er- 
wähnt werden. 

Münden solche Quellen nicht unter dem Wasser, sondern 
auf der Erdoberfläche aus, so verdampft die freie und halb ge- 
bundene Kohlensäure schneller, das Eisenoxydul wird leichter 
oxydirt, und die Absetzung von Ocker geschieht daher rascher 
als in ersterem Falle. Ein solcher Ocker (Wiesenerz) muss 
jedoch von Kalkcarbonat ete. mehr verunreinigt sein als das 
entsprechende Seeerz; denn unter den gegebenen Verhältnissen 
werden auch die übrigen Mineralbestandtheile der Quelle leichter 
ausgefällt, und Wasser fehlt zu ihrer Wiederauflösung. 

In einem Torfmoore, wo die- Humifikation fortschreitet, 
kann aus kohlensäurehaltigem Wasser Eisenoxydhydrat nicht 


abgesetzt werden, aber die Ausfällung von einfachem Eisen- 


oxydulcarbonat ist da in vielen Fällen möglich; und wenn wir 
auch Eisenspath-Sumpferze nichtkennen, welche diese Behauptung 
beweisen .könnten, so haben wir doch alle Ursache, eine beinahe 
ähnliche Entstehung bei den meisten Sphärosideriten zu ver- 
muthen, welche mit Steinkohlen ete. zusammen vorkommen. 
Dass organische Säuren, welche Fällungen in Vitriol- 
lösungen bewirken (z. B. Gerbsäuren,, Gallussäure etc.) auch 
aus Eisenbicarbonatlösungen unter gewissen Verhältnissen Oxy- 
duloxydsalze präcipitiren können, leuchtet von selbst ein, und 
solche Reaktionen können ebensowohl bei der Bildung von See- 
erzen als bei der von Wiesenerz lokal wirkend sein. 
Fällung aus humussauren Lösungen. Eisen- 
oxyd, Thonerde u. a. Sesquioxyde werden aus humus- 
sauren Lösungen nicht durch Alkalien oder kohlensaures Alkali 
gefällt; denn die Humussäuren verhindern die Fällung auf die- 
selbe Weise, wie Weinsäure und andere nicht flüchtige orga- 
nische Säuren. Auch treiben die Humussäuren Kohlensäure 


aus Alkalicarbonaten aus, und in Wasser unlösliche, einfache, 


humussaure Salze nehmen das Alkali auf, um mehrbasische, 
lösliche Salze zu bilden. Es ist daher leicht zu erklären, 
dass in Torfmooren oder Seen eine Ockerfällung nicht dadurch 
bewirkt werden kann, dass sich alkalinische Quellen mit dem 


150 


Moor- oder Seewasser mischen, worin humussaure Eisenoxyde 
gelöst sind; im Gegentheil, schon gebildete Ocker, welche 
Humussäure enthalten (gewisse See- und Wiesenerze), können 
durch das Dazwischenkommen von alkalinischen Quellen theil- 
weise wieder aufgelöst werden. 

Die Ausfällung des Eisengehalts aus humiusaan Lösungen 
kann dagegen unter den in der Natur gegebenen Verhältnissen 
auf mehrfache Weise geschehen. Wirkt eine freie Säure (z.B. 
die Schwefelsäure, die in einem See vorkommt, wo aus neu- 
tralem schwefelsaurem Eisenoxydul basisches Eisenoxydsulphat 
ausgefällt worden ist) auf ein mehrbasisches, humussaures 
Sesquioxydsalz ein, welches durch seinen Ammoniakgehalt 
löslich ist, so wird dieser ausgezogen, und das Sesquioxydsalz 
wird ausgefällt. 

Dieselbe Wirkung übt auch Eisenoxydsulphat aus, und 
die dadurch entstehende Fällung besteht theils aus Eisenoxyd- 
hydrat (aus dem Sulphate), theils aus humussaurem Sesqui- 
oxyd. Enthält das mehrbasische, humussaure Salz nur Mon- 
oxyde, so wird sein Ammoniakgehalt ebenfalls von stärkeren 
Säuren ausgezogen, aber dabei entsteht keine Fällung, da auch 
die einfachen, humussauren Oxydulsalze leicht löslich sind. 
In der Lösung der letzteren findet jedoch eine eisenhaltige Fällung 
statt, sobald der Oxydulgehalt Gelegenheit hat, sich zu oxy- 
diren. 

Endlich entstehen Fällungen , hwöh aus einfachen, als 
mehrbasischen, humussauren Salzen, durch die Oxydation der 
Humussäuren und deren schliessliche Verwandlung in Kohlen- 
säure und Wasser. Quellsaures Eisenoxydul ist in Wasser’ 
leicht löslich; aber sobald die Quellsaure in Quellsatzsäure - 
verwandelt wird, und das Eisenoxydul in Oxyd, entsteht ein Ocker, 
dem. von Porla ähnlich, von welchem oben eine Analyse mit- 
getheilt ist. Diese Verwandlung der Humussäuren sind Oxy- 
dationsprozesse. Wenn daher Sauerstoff nicht von aussen zu- 
geführt wird, so muss er aus dem Salz selbst genommen werden, 
z. B. von einem darin befindlichen Sesquioxyd, welches zu 
Oxydul reducirt werden kann. Da aber die resp. Oxydulsalze 
löslich sind, so kann keine Fällung entstehen, ehe ein Zu- 
schuss von Sauerstoff von aussen möglich macht, dass gleich- 
zeitig mit der Oxydation der Humussäuren das Eisenoxydul 
zu Oxyd oxydirt werden kann; oder ehe die Humussäuren in - 


151 


Wasser und Kohlensäure verwandelt sind. Die Kohlensäure 
wird dann au die Oxydule des ehemaligen humussauren Salzes 
gebunden, und diese werden nach und nach aus der Lösung 


_ auf dieselbe Weise ausgefällt, welche wir oben hinsichtlich der 


Carbonate andeuteten. 

Bei diesen Fällungen spielt daher die Oxydation eine 
Hauptrolle, und weiter unten werden wir finden, wie der dazu 
nöthige Sauerstoff hauptsächlich durch organisches Leben zu- 
geführt wird. Ausserdem würde die Ausfällung äusserst lang- 
sam geschehen, wenn sie nicht durch vitriolische Quellen lokal 
befördert würde. 

Es folgt auch aus dem Angeführten, dass in einem zu- 
sammenhängenden System von eisenhaltigem Moorwasser die 
Verhältnisse an einem Orte für Eisenfällungen günstiger sein 
können als an einem anderen, je nachdem auf der einen Seite 
z.B. vitriolische Quellen hervordringen oder lebende Pflanzen Vor- 
rath an Sauerstoff etc. liefern, oder auf der anderen Massen von 
verfaulenden Pflanzensubstanzen Sauerstoff consumiren und die 
Oxydation des Eisenoxyduls verhindern; ferner dass an demselben 
Orte zu verschiedenen Zeiten bald Ausfällung, bald Auflösung von 
ausgefälltem Ocker stattfinden kann, je nach dem Vorrath an 
Sauerstoff, welcher auf humussaure Metallösungen oder auf 
verfaulende Pflanzensubstanzen einwirkt. Letztere entziehen 
dem Eisenoxyd Sauerstoff, verwandeln sich in Humussäuren 
und führen das Eisenoxydul weg. Gewöhnlich dürften unter 
übrigens ähnlichen Verhältnissen Oxydation und Ausfällung 
während des Sommers, aber Reduktion und Auflösung während des 
Winters*) überwiegen. Seeerze sind daher keineswegs sehr 


®) Das Gas, welches sich aus einem Teich im Marburger botani- 
schen Garten entwickelte, hatte nach Busen die Zusammensetzung: 
(im Winter) (im Sommer) 


Kohlenwasserstof. . . 47,97 76,61 
2. Wohlensaure 2 7... 010 == 

Sanerstoffstein. ac = 0,17 9,36 

Stiekstof,.. & san. Jarmunlddhad 18,03 


Der Gehalt an freiem Sauerstoff ist hier während des Sommers also 
31 Mal grösser als während des Winters; daher ist auch im Sommer 
31 Mal grössere Gelegenheit zur Oxydation d. i. Ausfällung von we 
aus möglicherweise anwesenden Eisenlösungen. 


\ 


152 . 


beständig; sie können Spielbälle eines oft erneuerten Streits 
zwischen Oxydations- und Reductions-Prozessen (oder Aus- 
fallung und Wiederauflösung) sein, besonders so lange sie noch 
in dem Zustande von ockerigem Schlamm vorkommen. 

Einige Verhältnisse tragen jedoch dazu bei, dass Eisen- 
oxydhydratfällungen, welche noch nicht in compakte Massen 
verwandelt sind, besser der Wiederauflösung widerstehen kön- 
nen. Nach OrpwaAy werden lösliche basische Salze nach der 
Ausfällung oft unlöslich.: Linperg und Wirtstein fanden, dass 
Eisenoxydhydrat durch ein längeres Verweilen unter Wasser 
in Säuren schwer löslich wird. Bei gewöhnlicher Temperatur 


bekommt es dabei die Zusammensetzung Fe? H°, aber bei 


gleichzeitiger Einwirkung von Kälte FH’. Die Kälte soll in 
hohem Grade dazu beitragen, dass Eisenoxydhydrat unter Was- _ 
ser schwer löslich. wird; man mag daher nicht uber SvEpEn- 
Borg lächeln, welcher die Hitze der Sonne und die Kälte des 
 Herbstes als bei der Seeerzbildung wirkende Factoren (siehe 
obiges Citat) anführt.*) 


*) Hinsichtlich der Einwirkung von Kälte auf Eisenoxydhydrat habe 
ich einige Versuche angestellt, welche Folgendes ergaben: 

Eisenoxydhydrat in der Kälte gefällt, mit kaltem Wasser gewaschen 
und im Exsiccator in Laboratoriumtemperatur getrocknet, enthielt 80,65 Pro- 


cent Fe und 19,35 H, der Formel FH: entsprechend, welche 81,68 Ps 


und 18,37 H fordert. Ein Theil des frischgefällten und gewaschenen, vo- 
luminösen Niederschlages wurde mit Wasser begossen und das Wasser 
gefrieren Selnesen, worauf der Eisklumpen sammt .dem inneliegenden Ball 
Eisenoxydhydrat 4 Tage lang einer Temperatur von — 6bis— 10% aus- 
gesetzt blieb. Während des Gefrierens hatte das voluminöse Eisenoxyd- 
hydrat sich zu einem kleinen Ball von concentrisch schaliger Structur 
zusammengezogen, der mitten im Eis lag, und von welchem aus durch 
das Eis zahlreiche dünne Luftröhrchen sich verbreiteten. Nach dem Auf- 
thauen des Eises zerfiel das Eisenoxydhydrat zu einer wenig voluminösen, 
wenig zusammenhängenden, rothbratinen, pulverigen Masse, welche 


nach dem Trocknen im Exsiccator 80,696 F, und 19,304 H enthielt, 


also nach der Formel Fo H’ (wie das nicht gefrorene Hydrat) zusam- 
mengesetzt war. Dies ist die Formel des Xanthosiderites. Eine 
Portion des Eisenoxydhydrates endlich wurde mit Wasser begossen und 
eine Woche lang einer Temperatur von 85 bis 90 Grad ausgesetzt. Schon 
nach !4 Tagen hatte dieses Hydrat eine blutrothe Farbe, geringes Volu- 
men und pulverige Structur angenommen. Es enthielt aber noch einzelne 
Partieen gelatinösen, braunen Hydrates, die sich unter dem Mikroskop 


Er 153 


Die oben angegebenen Reactionen geben in erster Hand 
nur die Eisenoxyde an, aber die Reactionen der Manganoxyde 
sind denselben so ähnlich, dass ein Mangangehalt in Eisen- 
ocker, der aus einer von Mangan verunreinigten Lösung abge- 
setzt wird, keine Verwunderung erregen kann.*) 

Dasselbe dürfte auch von Chrom und Vanadin gelten. 

Die Thonerde ist in Huminsäuren (besonders (uellsaäuren) 
loslich, da gleichzeitig Ammoniak als Base auftritt, aber nach 
der Entfernung des Ammoniaks fällt die Thonerde in einem 
basischen, unlöslichen, quellsauren und quellsatzsauren Salz, 
welches den Reagentien kräftig widersteht. Ist die Thonerde- 
fällung mit Eisenocker gemischt, welcher theilweise wieder 
aufgelöst werden kann (siehe oben), so wird der relative Thon- 
erdegehalt des Rückstandes vergrössert, und ganz unbedeutende 
Spuren von Thonerde in einem Wasser können dadurch im 
Ocker hervortreten. Uebrigens gilt auch hier, - was schon 
oben von der Verunreinigung der Seeerze mit 'Thonschlamm 
angeführt wurde. 

Die Kieselsäure folgt der Fällung von Eisenoxyd etc. aus 
demselben Grunde, der schon an einer andern Stelle angege- 
ben ist, aber bei den aus humussauren Salzen gefällten Ockern 
hat wohl die Ausfällung der Kieselsäure durch organische Sub- 
stanzen mehr Bedeutung als bei allen andern Ockern. Von 


entdecken liessen, und welche nach 4 bis 5 Tagen völlig verschwunden 
waren. Im Exsiccator getrocknet, bis das Gewicht konstant blieb, bestand 


das pulverisirtem Rotheisenstein gleiche Pulver aus 96,675 F., 3,929 H, 
entsprechend der Formel But H°. Dann auf dem Wasserbad getrock- 
net, war die Zusammensetzung: Fe 97,202, H 2,798, entsprechend der 


Formel e° H. Unmagnetisch. Unter dem Mikroskop konnte in kei- 
nem dieser Hydrate krystallinische Structur entdeckt werden; mit Aus- 
nahme der Farbe waren sie einander gleich, von splittrigem Bruch, Bern- 
stein oder Kolophonium ähnlich. Das rothe Hydrat erinnert an die oben 
erwähnten wasserfreien Sumpferze. Ich sollte meinen, dass viele blutroth 
gefärbte Sedimentärgesteine weniger von Eisenoxyd als von einem dem 
dargestellten ähnlichen Eisenoxydhydrat gefärbt seien. In der Jurafor- 
mation hört die blutrothe Farbe auf, die herrschende eisenhaltiger 
Sedimentbildungen zu sein. Mag die höhere Temperatur des Wassers, 
aus welchem ältere, die niedrigere des Wassers, aus welchem jüngere 
Schichten abgesetzt wurden, hierbei eine Rolle spielen? 

*) In Neu-England setzen, nach Weııs, viele Bäche und Flüss- 
chen Manganoxyd ab, besonders unterhalb Wasserfällen und Strömungen. 


154 


Interesse sind in dieser Hinsicht die oben mitgetheilten mikro- 
skopischen Untersuchungen, die einen nahen Zusammenhang. 
zwischen Infusorienpanzern und Kieselsäure auf der einen Seite 
und humushaltigen Eisenockern auf der andern zeigen. \ 

Die Phosphorsäure folgt hier dem ausfallenden Eisenoxyd 
eben so gut, als wenn dieses Oxyd aus der Lösung in anderen 
Säuren ausgefällt wird. Was endlich den Kalk und Talk be- 
trifft, so sind ihre humussauren Salze so leicht löslich , dass 
sie nicht wesentlich mit dem Eisenocker ausgefällt werden; 
kämen aber diese Basen durch die Zersetzung der Humus- 
säuren auch mit Kohlensäure in Verbindung, so wurden ihre 
Carbonate gewiss durch einen See wieder aufgelöst werden, 
mit Ausnahme der geringen Spuren, welche von dem Eisen- 
oxyde etc. festgehalten werden. 

Rinnt eisenhaltiger Torfextrakt aus einem Moore in ein 
anderes aus, so ist klar, dass in diesem letzteren nicht abge- 
setzt werden kanı', was in ersterem gelöst worden ist. Man 
sieht oft, dass Wassergräben in und aus Torfmooren mit Eisen- 
ocker gefüllt sind, obschon keine Spur des letzteren in und 
unter dem Moore selbst vorkommt, -und man wird also auch 
erklärlich finden, dass Wiesenerze unterhalb eines Moores, 
zwischen zwei Mooren oder in den. sogenannten Moorhälsen 
abgesetzt werden, obgleich in den Mooren selbst keine Erz- 
ablagerung vorkommt. Bei solchen Wiesenerzfällungen aus 
Moorwasser machen sich dieselben Reactionen geltend, welche 
die resp. Seeerzbildungen bedingen; aber in vielen Fällen kön- 
nen sie schneller wirken, da der Zutritt der Luft freier ist. 

Die erwähnten verschiedenen Fällungsarten von See- und 
Wiesenerzen haben wir hier gesondert betrachtet, um die Dar- 
stellung nicht allzu verwickelt zu machen. Es folgt jedach schon 
aus dem Angeführten, dass sie in der Natur gewöhnlich nicht 
isolirt, sondern in zufälligem, aber nothwendigem Zusammen- 
hange mit einander wirken. | 

Mitwirkung des organischen Lebens bei der 
Seeerzbildung. Wir haben gesehen, dass die organische 
Natur bei der Entstehung dieser Erze eine bedeutende Rolle 
spielt, nicht durch den Lebensprozess als Organismen, sondern 
durch ihren Verwesungsprozess, besonders bei der Auflösung 
der mineralischen Bestandtheile. Wir werden jetzt untersuchen, 
ob nicht auch der Lebensprozess höherer oder niedriger Pflan- 


155 


zen zur Seeerzbildung wirkend sein kann, was durch einige 
schon mitgetheilte Erscheinungen angedeutet und von mehreren 


 Verfassern angegeben wird. Wir brauchen jedoch nicht bei 


Hypothesen uns aufzuhalten, welche annehmen, dass kleine 
Würmer und andere Wasserthiere, wovon der Seeerzschlamm 
oft zu wimmeln scheint, das Seeerz spinnen, etwa wie die 
Seidenraupe die Seide; diese Thiere gedeihen im Schlamm, an 
dessen Entstehung sie gewiss eben so unschuldig sind, wie ge- 
‚wisse Käfer an der Entstehung der Excremente, worin sie 
schwelgen. Auch fabrieiren die Larven von Phryganea-Arten 
kein Seeerz, obschon sie aus vorhandenen Erzkörnern bisweilen 
ihre röhrenformigen Häuser bauen. 

EHRENBERG schreibt der Gaillonella ferruginea einen wesent- 
lichen Einfluss bei der Entstehung der Wiesenerze zu, da die 
Panzer dieser mikroskopischen Oscillatorien hauptsächlich aus 

“ Eisenoxyd und Kieselsäure bestehen. Wir dürfen jedoch hierbei 
nicht eine andere Anschauungsweise der Sache vergessen, welche 
z.B. von LieBiG geltend gemacht wird, indem er sagt:*) „Man 
hat sich damit amuüsirt, von den Infusionsthieren der Urwelt 
die unerhörten Lager von Kieselerde, Kalk und Eisenoxyd in 
Kieselguhr, Polirschiefer, Trippel, Kreide, Sumpferz abzuleiten 
und ihrem Lebensverlauf die Bildung aller dieser Berglager zu- 
zuschreiben; aber dabei bedachte man nicht, dass Kreide, Kie- 
selerde und Eisenoxyd, die nothwendigen Bedingungen für ihren 
Lebensverlauf, vorher’ und ehe die aus diesen Stoffen gebilde- 
ten thierischen Körper sich entwickeln konnten, vorhanden sein 
mussten, und dass diese Bestandtheile niemals in den Meeren, 
Seen und Sumpfen fehlen, wo diese Thierklassen vorkommen, 
Die Gewässer, in denen diese Infusionsthiere der Urwelt leb- 
ten, enthielten die Kieselerde und Kreide in einer Auflösung, 
vollig geeignet zum Absatz durch Verdunstung in Form von 
Marmor, Quarz und ähnlichen Steinarten. 

Diese Fällung würde ohne Zweifel auf gewöhnliche Weise 
stattgefunden haben, auch wenn das Wasser nicht gleichzeitig 
die dem Vergängniss unterworfenen Ueberreste todter Thiere 


*) Dasfolgende Citat aus Lıiesıe’s „chemischen Briefen“ ist hier aus 
der schwedischen Uebersetzung von Scheurz in’s Deutsche übertragen, 
daher etwaige Unterschiede von dem Ausdrucke im deutschen Original 
zu entschuldigen sind. 


156 


enthalten hätte und damit die übrigen Bedingungen für das 
Leben der Kalk- und Infusionsthiere.“ 

Vielleicht unterschätzt Liesıg hier den Einfluss, welchen 
sogenannte Infusionsthiere durch ihren Lebensprozess auf die 
Seeerzbildung ausüben; denn wenn wir auch kennen gelernt 
‘haben, dass Eisenocker auf mannichfaltige Weise durch gewöhn- 
liche chemische Reactionen ohne Zuhülfe lebender Organismen 
ausgefällt werden kann, so muss doch zugegeben werden, dass 
der Lebensverlauf der Pflanzen mehrere Erscheinungen bedingt, 
welche auf eine kräftige Weise (wenn auch indirect) die Erz- 
‚bildung befördern müssen. = 

Es wurde oben erwähnt, wie Pflanzen Eisenlosungen be- 
gierig aufsaugen, deren Metallgehalt in sich fixiren. Dies 
scheint jedoch hauptsächlich erst dann stattzufinden, wenn die 
Wurzeln verletzt worden sind, oder wenn die endosmotische 
Kraft der Zellmembranen durch Kränklichkeit ‘oder Tod der. 
Pflanze hinsichtlich gewisser (besonders metallischer) Lösun- 
gen gesteigert worden ist. | 

Denn so wenig übereinstimmend die Resultate der vielen 
Versuche auch sind, welche angestellt wurden, um zu ermitteln, 
ob Pflanzenwurzeln mit oder ohne Auswahl die ihnen dargebo- 
tenen, organischen und unorganischen Substanzen aufnehmen, 
so scheint man doch aus diesen Versuchen schliessen zu ken- 
nen, dass gewöhnlich nur kranke oder in den Wurzeln verletzte 
Exemplare Lösungen aufsaugen, die für die Pflanzen giftig sind. 
Algen, die in Kupfervitriollösung gewachsen sind, enthalten kein 
Kupfer; auch enthält Schimmel, der sich auf arsenikhaltigem 
Kleister gebildet, kein Arsenik. 

Verschiedene Pflanzen nehmen mineralische Bestandtheile 
in. verschiedenen Proportionen auf, so, dass die Zusammen- 
setzung der Asche ein und derselben Pflanze in der Hauptsache die- 
selbe ist, auf welchem Erdboden sie auch gewachsen sein mag. 
Daraus folgt, dass die Pflanzen solche Mineralsubstanzen in 
sich concentriren können, welche rings um dieselben im Boden 
weit zerstreut sein können. Dies ist auch der Fall mit Eisen- 
oxyd und Manganoxyd, wovon einige Land-, aber besonders 
Wasserpflanzen relativ grosse Quantitäten enthalten, z. B. 


4 


157 . 


die Asche von Erica carnea ..... 3,44 Proc. Mn und Ee, 
| Eriophorum vaginatum 460 U » nn nn» 
Garen 008 pu0Ssar >. W204 9 on 
Erica vulgaris . = 
Sphagnum palustre . 16,9 I 
Peomna misuUlca ..,. .. (s86, = Fe, 
Traama natans.. 0. 19:69... Fe, 13,85 


j Proc: (Mn, Mn) und 6,01 - „  Ee P. 

Ist eine Vegetation solcher  eisenreicher Pflanzen der 
Fäulniss- an Ort und Stelle unterworfen, so kann der Eisengehalt 
durch die humusartigen Verwesungsprodukte wieder aufgelöst 
und durch Wasser weggeführt werden, und da dieselbe Sache 
jedes Jahr erneuert wird, so können auf diese Weise unbedeu- 
 tende, in dem Boden zerstreute Eisenpartikel nach und nach 
zusammengeführt, gelöst und an anderen Orten aus der Lösung 
als Ocker abgesetzt werden. ‘ 

Wird der Eisengehalt von Wasserpflanzen (wie Sphagnum, 
Lemna, 'Trapa) aus dem umgebenden Wasser aufgenommen, so 
wird er entweder demselben durch Verwesung der Pflanzen 
zurückgegeben, oder er kann in gewissen Fällen (zum Theil 
wenigstens) ungelöst und gesammelt bleiben, obschon die orga- 
nischen Bestandtheile der Pflanzen und mit ihnen einige der 
unorganischen mit der Zeit verschwinden. 

Sinkt ;die jährliche Vegetation in einem See zu Bodenl 
so kann daselbst also im Laufe der Zeit aus der Pflanzenasche 
ein eisenoxydreiches Lager oder ein Seeerz entstehen. 

Eben derselbe Prozess muss natürlicherweise eben so 
gut wie mit grösseren und höher organisirten Pflanzen auch 
mit mikroskopischen Algen (oder einigen der sogenannten In- 
fusionsthiere, z. B. Gaillonella ferruginea) stattfinden kön- 
nen, sofern diese als Nahrung so viel Eisen aufnehmen, dass 
sie ein eisenoxydreiches Skelett oder einen solchen Panzer be- 
kommen. 

Nimmt eine gesunde Pflanze nur solche unorganische Sub- 
stanzen auf, welche derselben nützlich sind, so scheint sie auch 
nicht durch die Wurzel schädliche Mineralsubstanzen äls eine 
Art Excrement abzusondern genöthigt zu sein, welche sie wie 
durch Missgriff neben den nützlichen aufgenommen haben sollte.*) 


*) Nach den-Versuchen von Macaırz-Pnincers nehmen nämlich ve 


158 


Dagegen wird von einigen Pflanzen behauptet, dass sie durch 
die Wurzel Substanzen absondern , welche in ihnen während 
des Lebensprozesses gebildet worden sind, z. B. Gerbsäure, 
Weinsäure, Oxalsäure u. a., und diese Excremente 
haben für uns ein Interesse, da sie bei der See- und Wiesen- 
erzbildung auf eine indireete Weise wirkend sein können, 
z. B. dadurch, dass die Oxalsäure und die Weinsäure, welche 
aus auf kalksilikathaltigen Bergen wachsenden Flechten abge- 
sondert werden, die Verwitterung der Bergart, d. i. auch die 
Auflösung-des darin befindliehen Eisens, kräftig einleiten. (Nach 
BayLey kommt oxalsaurer Kalk in den meisten Pflanzen vor, 
ausgenommen die Compositae, Labiatae, Gramineae, Filices, Musci, 
Algae.) In blauem und graugrünem Alluvialthon (in Schweden) 
sieht man Pflanzenwurzeln sehr oft von erhärtetem und ge- 
wöhnlich ockrigem Thon gewissermaassen inkrustirt, und diese 
Morpholithe durften ebenfalls indirect von Pflanzenexerementen 
herrühren. 

Auch die Nothwendigkeit er Substanzen zur 
Unterhaltung des Pflauzenlebens ist ein bei der Erzfällung 
wirkender Factor. Es ist hier ganz gleichgültig, ob die Pflan- 
‘zen die Humussäuren oder ihre Zersetzungs- Producte aufneh- 
men; jedenfalls müssen wurzellose Wasserpflanzen, z. B. Algen, 
die umgebenden humussauren Metalloxydammoniaksalze zer- 
setzen können, wenn sie deren Stickstoff, Kohle ete. zu ihrem 
Unterhalt brauchen. Diese Zersetzung .der Salze bedingt 
unmittelbar die Ausfällung eines eisenoxydreichen Ockers 
(Grönöcke), welcher den Seeboden oder die Algen inkrustirt und 
dann durch Oxydation in Eisenoxydhydrat verwandelt wird. *) 


CANDOLLE, Lies u. a. an, dass die Pflanzenwurzeln mehr dem Pflanzen- 
leben schädliche Substanzen aufsaugen, welche darnach durch die-Wurzel 
wieder abgesondert würden; dieses wird von Boussis@auLT u. a. be- 
stritten. 

*) Dass Pflanzen begierig auch die geringen Quantitäten von Humus- 
säuren aufnehmen, welche in gewöhnlichem Seeerz zurückbleiben, wird 
durch das kräftige Grün bewiesen, womit die Erzhaufen auf den Hütten- 
höfen der Eisenwerke schon im ersten Sommer nach der Aufholung des 
Erzes sich bedecken. Diese Vegetation absorbirt ohne Zweifel auch 
Phosphorsäure aus dem Erze, und es wäre vielleieht von wissenschaft- 
lichem Interesse, experimentell zu ermitteln, wie viel Phosphorsäure aus 
einem Seeerz dadurch entfernt werden kann, dass man in dasselbe Pflanzen 
mit phosphorreicher Asche wiederholte Male, nnd so lange das Erz die 


r 


159 


Die Richtigkeit der Behauptung Drarer’s, dass die Blätter 
frischer Pflanzen Alkalicarbonate zersetzen, mit deren Lösung 
sie im Sonnenschein in Berührung kommen, ist mit Recht bestrit- 
ten worden; dagegen bestätigen vielfache Beobachtungen (be- 
sonders von LupwIG und THEOBALD), dass lebende Pflanzen 
Bicarbonate von Kalk, Eisenoxydul ete. zu zersetzen vermögen, 
wenn sie im Licht von deren Lösungen umgeben sind. Sie 
nehmen aus dem Bicarbonate 1 Atom Kohlensäure zu ihrem 
Unterhalt und das übrigbleibende, unlösliche, einfache Carbonat 
inkrustirt die Pflanze, welche dessenungeachtet zu leben und 
frische Schösslinge zu treiben fortfährt. Nicht allein aus koh- 
lensauren Mineralwässern findet in Wassergräben diese Aus- 
fällung durch Chara, Hypnum,*) Algen etc. statt, sondern auch 
in sogenanntem sussem Wasser, das von gelösten Bicarbonaten 
nur Spuren enthält, werden Stängel und Blätter der erst er- 
wähnten und auch höher organisirten Mann, wie Nymphaea, . 
Typha, Hottonia ete. inkrustirt. 

Da das Eisenoxydulcarbonat gewöhnlich leichter als das 
Kalbcarbonat zersetzt wird, so kann man voraussetzen, dass 
lebende Wasserpflanzen, wenn sie mit einer gemischten Lösung 
von diesen beiden Bicarbonaten in Berührung kommen, vor- 
zugsweise das Eisen ausfällen. Die Analyse zeigt auch einen 
relativ grösseren Eisengehalt in solchen Incrustationen als in 
den resp. Lösungen. Daher trägt das Pflanzenleben hier nicht 
allein zur Ausfällung des Eisengehalts eines Wassers bei, son- 
dern gleichzeitig auch zu der relativen Concentration des letz- 


teren im Ocker. Diese Concentration wird dadurch fortgesetzt, 


dass das ausgefällte Eisenoxydulcarbonat bald in Eisenoxyd- 
hydrat verwandelt wird, von welchem das verhältnissmässig 
leicht lösliche Kalkcarbonat bald und beinahe vollständig von 
gewöhnlichem Wasser wieder weggelöst werden kann. 

-Von grösstem Einfluss auf die Seeerzbildung wird jedoch 
das Pflanzenleben dadurch, dass höhere und niedrigere Pflan- 


Vegetation zu wnterhalten vermag, säet. Die zur Reife gekommenen 
Pflanzen müssten bei einem Versuch dieser Art von dem Erze entfernt 
werden, ehe eine neue Aussaat geschieht. 

*) Horrmann behauptet jedoch, dass Hypnum auch im Sonnenlicht 
Kohlensäure ausathmet. Ist dieses richtig, so würden lebende Exemplare 


dieser Pflanze inkrustirtes Kalk-Carbonat leichter wiederauflösen können 


als aus Bicarbonaten solches auf sich ausfällen. 


160 
zen, besonders mikroskopisch kleine Algen (Oscillatorien), 
welche wegen eines gewissen freiwilligen Bewegungsvermögens 
theilweise zu den sogenannten Infusionsthieren gezählt werden, 
während des Lebensverlaufs Sauerstoff ausathmen; denn wir 
haben gesehen, dass die Ockerfällung in den meisten Fällen 
von der Oxydation des Eisenoxyduls bedingt wird; für den 
dazu nöthigen Sauerstoff haben wir bisher keine andere Quelle 
kennen gelernt als die Atmosphäre, da alle mit der Seebildung 
in Verbindung stehenden Verwesungsprozesse reducirend wirken. 

Nach Scauutz entwickelte ] bis 2 Loth frische Pflanzen- 
substanz, welche in einer verdunnten Salzlösung oder in 
Humusextrakt während 8 bis 10 Stunden dem Sonnenlicht 
ausgesetzt steht, 4 bis 9 Kubikzoll Sauerstoffgas. Wir können 
hier an allen Bemerkungen und Experimenten vorbeigehen, 
welche die Versuche Scuuutz’s veranlassten, da aus ihnen 
als summarisches Resultat folgt, dass alle grünen Phanerogamen 
und die meisten Kryptogamen sowohl Kohlensäure, als Sauer- 
stoff ein- und ausathmen, und dass die erstere vorzugsweise 
des Nachts, der letztere während des Tages ausgeathmet wird, 
wenn sich die Pflanzen unter natürlichen Verhältnissen befinden. 
Werden die Quantitäten der während der ganzen Lebenszeit 
der Pflanzen ausgeathmeten Kohlensäure und des Sauerstoffgases 
mit einander verglichen , so dürfte letzteres beträchtlich über- 
wiegen. Die intensivste Entwickelung von Sauerstoffgas scheint 
jedoch von dem Lebensprozess der kleinsten Algen (sogenannten 
Infusionsthiere) bedingt zu werden. 

Grüne Infusionsthiere (z.B. Monadina virescens subsphaerica) 
entwickeln nach MORREN Sauerstoffgas in Menge, wenn sie in 
kohlensäurehaltigem Wasser dem Sonnenlicht ausgesetzt werden; 
grössere Algen athmen während der Nacht Luft von gewöhn- 
licher Zusammensetzung, im Sonnenschein dagegen Luft mit - 
54 pCt. Sauerstoff‘ aus. Blätter von phanerogamen Pflanzen 
entwickeln in der Nacht Luft mit 17 er BEE des Tages Luft 
mit 36 pCt. Sauerstoff. 

Woönter fand in Wasserrinnen bei dem Salawerke Rodern- 
berg in Hessen 51 pCt. Sauerstoff und 49 pCt. Stickstoff in 
dem Gase,- welches von Frustula salina und anderen zu den 
Bacillarien gezählten Infusionsthieren in solcher Menge entwickelt 
wurde, dass in Kurzem mit demselben Hunderte von Flaschen 
hätten gefüllt werden können. | 


161 


Etwas Aehnliches wurde auch bei dem Salzwerke Duürren- 
berg und an mehreren anderen Stellen beobachtet. 

In See- und Wiesenerzen kommen nicht wenige Panzer 
von Baeillarien vor, unter ihnen auch Frustulina-Arten (siehe 
Figuren) und Theile von anderen mikroskopischen Conferven. So 


lange sie in dem eisenhaltigen Wasser lebten , woraus diese 


Erze ausgefällt wurden, mussten sie Sauerstoff ausgeathmet 
haben, welcher das umgebende, gelöste Eisenoxydul nothwendig 
oxydiren*) und dadurch die Ausfällung von Eisenoxydocker 
eben so gut aus vitriolischen wie aus kohlen- oder humussauren 
Lösungen bedingen musste. | 

Die sogenannten Infusionsthiere, die in Be Seeerze be- 
graben liegen, dürfen daher nicht als ein Appendix betrachtet 
werden, welcher aller Bedeutung entbehrt; man darf nicht ver- 
gessen, dass ein jedes von ihnen während seiner Me euszeH 
Erde für seinen Grabhügel bereitet hat. 

Grosse und kleine Algen werden in eisenhaltigem Wasser 
oft von einem Ocker- Ueberzug umgeben, welcher von dem 
Sauerstoff, den sie ausathmen, bedingt wird. Unter dem 
Mikroskop zeigt er sich aus nahe an einander liegenden Ocker- 
körnern bestehend, welche jedoch auch in das Kieselskelett selbst 
eindringen und dieses ockergelb färben. Mögen nicht die 
Gaillonella ferruginea auf dieselbe Weise mit Eisen getränkt 
sein? Die Ockerpfropfen in den Internodien der auf Fig. 9 a 
abgezeichneten Alge sind wohl auch nur eine Folge der Re-- 


. spiration, welche sich vielleicht lebhafter zwischen zwei Zellen 


als auf ihrer Oberfläche äussert, und auf dieselbe Weise dürften 
auch die Pfropfen, mit welchen offne Zellen oft zugestopft 


sind, erklärt werden können (Fig. 8, h, i). Die Ockerkörner 


in geschlossenen Zellen sind dagegen wahrscheinlich inkrustirte 
Chlorophylikugeln. 

Wenn die Ockerbekleidung auf den kleinen Algen zu 
schwer wird, um von ihnen länger getragen werden zu können, 
so sinken die Algen zu Boden, verwesen und steigen darnach (wahr- 
scheinlich von entwickelten Gasen gehoben) wieder zur Wasser- 
oberfläche. Durch die Verwesung wird das Eisenoxydhydrat 
in ihrer Kruste theilweise zu Oxydul reducirt, wovon sie eine 


*) Besonders, da der Sauerstoff von umgebenden, verfaulenden Sub- 
stanzen ozonisirt wurde. 
Zeits. d.d. geol. Ges. XVIII. 1. 11 


. 162 
graugrune Farbe annehmen. Nach dem Ende des Verwesungs- 
prozesses wird wieder das Oxydul oxydirt, und das Skelett sinkt 
mit seinem gelbbraunen Ockerpanzer nieder. 

Die allermeisten von den fraglichen Algen haben einen 
Kieselpanzer, wozu das Material aus dem umgebenden Wasser 
genommen wurde. Auf diese Weise wird ein nicht unbedeu- 
tender Theil der Seeerze ausgefällt. 

Da diese Organismen zu ihrer Nahrung verfaulte orga- 
nische Substanzen brauchen, und da sie während des Lebens- 
prozesses Kieselsäure und Eisenoxydhydrati ausfällen, so 


ist leicht erklärlich, warum die drei genannten Substanzen in. 


dem nahen wechselseitigen Zusammenhang vorkommen, der 
sich so deutlich bei der mikroskopischen Untersuchung des 
Seeerzschlammes zu erkennen gab.’ Es mag gestattet sein, eine 
approximative Berechnung über die Wirkungskraft dieser In- 
fusorien b&i der Erzbildung anzustellen. 

Die Infusorienerde von Degernäs enthält nach Traız 
72 pCt. Kieselsäure und 22 pCt. organische Bestandtheile. *) 


Berechnen wir mit Liegig, dass Kohle im Durchschnitt 56 pCt. 


von dem. Gewicht der Pflanzensubstanzen ausmacht, so’ ist der 
Kohlegehalt dieser Infusorienerde 12,3 pCt. oder ungefähr 2. 
Diese Kohle ist unstreitig aus einer sauerstoffhaltigen Ver- 
bindung aufgenommen worden, welche wir der Einfachheit 
wegen als Kohlensäure ansehen wollen. Würde diese durch 
den Lebensprozess vollständig zersetzt, so müssten die Infu- 
sorien „— von ihrem Gewicht Sauerstoff ausgeathmet haben. 
Wäre dieser Sauerstoff zur Oxydation von Eisenoxydul ganz 
und gar verbraucht worden, so hätte das dreifache Gewicht 
der Infusorien Eisenoxydul dadurch oxydirt oder ihr '31faches 
Gewicht Eisenoxyd ausgefällt werden müssen. Ist dieses 
letztere mit Kieselpanzern vermischt, so würde die Mischung 
ungefähr 0,72 Kieselsäure auf 34 Eisenoxyd oder etwa 1Kiesel- 
saure auf 4,6 Eisenoxyd enthalten. SvAnBERG’s oben 'mitge- 
theilte Analysen von schwedischen Seeerzen geben im Durch- 
schnitt 12,6 Kieselsäure auf 62,5 Eisenoxyd oder 1 Kiesel- 
saure auf 4,9 Eisenoxyd. 


*) Infusorienerde von Kalfvola gab 10,7 pCt. Glühverlust, 6 pCt. 
Kohle entsprechend, aber diese Erde hatte mehrere Jahre lang in der 
Sammlung der Bergschule gelegen. 


163 


Die Uebereinstimmung zwischen dieser Proportion und der 
soeben berechneten ist so überraschend, dass man verleitet 
werden könnte, ausschliesslich dem für das unbewaffnete 
Auge unsichtbaren organischen Leben die Ausfällung von dem 
Eisenocker und der Kieselsäure der Seeerze zuzuschreiben; 
aber wir dürfen nicht vergessen, dass einige Annahmen in der 
Berechnung arbiträr sind. Wir wissen nämlich nicht, ob die 
Infusorien Humussäuren oder die aus ihnen entstandene Kohlen- 
säure aufnehmen; wir wissen auch nicht, ob nur der Kohle- 
gehalt oder gleichzeitig auch ein Theil des Sauerstoffgehalts 
der Kohlensäure im Organismus zurückgehalten werde; wir 
können endlich nicht behaupten, dass die ganze ausgeathmete 
Sauerstoffquantität zur Oxydation von Eisenoxydul verbraucht 
worden sei, weil ein Theil davon möglicherweise zu.der Oxy- 
dation der umgebenden organischen Substanzen verwendet 
worden ist (welche letztere Oxydation jedoch ebenfalls indirekt 
von Okerausfällung begleitet sein muss). Noch mehrere Be- 
merkungen könnten gemacht werden, aber es mag hinreichend 
sein, die Anzahl der Infusorien, welche nach oben gemachter 
Berechnung zur Hervorbringung von einem gegebenen Gewicht 
Seeerz nöthig ist, mit der Anzahl zu vergleichen , welche. 
unter dem ne beobachtet werden kann. 

Diein den Seeerzen gewöhnlichst vorkommenden Formensind: 
Synedra (Err.)Fig.]5undSpongolithis (Eur.)Fig.11. Ich habe ver- 
schiedene Exemplare von Synedra gemessen, und im Durchschnitt 

‚die Länge . . . .. 0,08 Millimeter 

a Bieke 2..0,0.:.. 0.0075 . 

„ Dicke des Kanals 0,0020 = gefunden. 
Das Volum des Panzers ist mithin 0,0000033 Kubikmillim. 
und das Gewicht 0,0000066 -Milligramm (das specifische Ge- 
wicht der Kieselsäure des Panzers gleich dem: des Opales an- 
genommen, oder in runder Zahl = 2). 

Macht der Kieselsäuregehalt 0,72 von den Panzern der 
_ Fragillarien aus (siehe obige Analyse von TraAıL), so würden 
zu 0,126 Milligramm Kieselsäure, die in 1 Milligramm Seeerz 
enthalten sind, 26,809 Individuen Synedra nöthig gewesen sein 
oder 2681 Stück zu — Milligramm Erz. Die Kieselsäure von 
‚dieser letzteren Quantität kann, über das Gesichtsfeld des 
Mikroskops ausgebreitet, leicht auf einmal überschaut werden, 
aber ich habe niemals in der Kieselsäure aus Seeerz eine 


IR* 


164 


Anzahl Infusorien auf einmal beobachten Ba, die sich nur 
entfernt jener Ziffer näherte. 4 

Ein grösseres, massives Exemplar von Spongolithis zeigte 
sich 0,32 Mm. lang und (im Durchschnitt) 0,015 Mm. dick: 
sein Volumen ist also 0000056 Kubikmillim. und das Ge- 
wicht 0,000112 Milligramm. -- Milligramm Seeerz müsste daher 
hiervon 157 Stück enthalten, welche Ziffer jedoch augenscheinlich 
ebenfalls zu hoch ist. Die meisten Spongolithe sind jedoch _ 


viel kleiner, viele kaum -- go gross als das gemessene 
Exemplar. Von diesen letzteren würden daher 157000 St. 
zu -- Milligramm Seeerz nöthig sein. 


Viele Infusorienpanzer sind wohl durch Auflösung in dem | 
harzähnlichen Eisenoxydsilikate für die Observation verschwun- 
den, und darin könnte daher eine Ursache gefunden werden, 
dass die im Erze sichtbare Anzahl von ihnen so viel geringer 
ist als die berechnete; aber nebst Kieselsäure in Panzerform 
wird auch in allen Seeerzen solche gefunden, welche ohne Bei- 
hülfe des organischen Lebens ausgefällt worden ist, und 
daraus folgt, dass nicht alles Eisenoxyd- durch den Lebens- 
prozess der Infusorien ausgefällt sein kann; denn die oben 
angeführte Berechnung setzt gegen 62,5 pCt. Eisenoxyd 13,6 
pCt. Kieselsäure voraus, welche ausschliesslich von In- 
fusorienpanzern herrühren sollte. Wenn wir daher dem Lebens- 
prozess der Infusorien eine wesentliche Rolle bei der Seeerz- 
bildung einräumen, so sind wir doch weit entfernt, demselben 
ausschliesslich die Entstehung der Seeerze zuzuschreiben, 
"welche so leicht durch einfache, rein chemische Prozesse er- 
klärt werden kann. Die Bedingungen für diese sind auch 
grösstentheils Bedingungen für die Entstehung von Infusions- 
thieren, und letztere finden sich deswegen an vielen Orten ein, 
wo Seeerzbildung stattfindet, und befördern dieselbe in hohem 
Grade durch ihren Lebensprozess. | 

Viele der Erscheinungen, welche erwähnt wurden, als von 
der Art des Vorkommens der Seeerze die Rede war, und 
welche einen Zusammenhang zwischen Pflanzenleben und See- 
erzbildung andeuten, finden daher eine ganz einfache Erklärung. 
Der Einfluss der Infusionsthiere wird hier von dem Sonnen- 
licht bedingt; wird dieses von tiefem Wasser absorbirt, oder 
wird sein Zutritt auf eine andere Weise gehindert, so ge- 
schieht keine solche Erzbildung, zu welcher die Wirksamkeit 


165 


der Infusionsthiere in Anspruch genommen wird. Wir wollen 
nicht weiter gehen und z. B. die langen, hellen Sommertage 
des Nordens in Verbindung mit seinem Reichthum an Seeerz 
bringen, um nicht Gefahr zu laufen, zu den Grübeleien der 
alten Naturforscher über den Zusammenhang zwischen den 
Constellationen der- Himmelskörper und der Erzbildung und 
endlich vielleicht zu der Behauptung des PArRACELSUS verleitet 
zu werden, dass der grösste Erzreichthum der Erde zwischen 
dem 60. und 70. Grad nördlicher Breite zu finden sei. | 

Wie Seeerze fest werden. Nur ein Theil der See- 
erze kommt in der Form von losem Ocker oder Schlamm vor, 
welcher jedoch selten oder niemals zu den Eisenhütten geführt 
wird; die gewöhnlich so genannten See- und Wiesenerze da- 
gegen haben einen gewissen Zusammenhang, oft eine bedeu- 
tende Festigkeit und Härte. Es entsteht daher die Frage, wie 
die losen Ockerfällungen, deren Entstehung beschriehen worden 
ist, unter dem Wasser theilweise zu homogenen, amorphen, 
harten und zähen compacten Massen erhärten können. 

Nach Horsrorp erhärten Corallenkalksteine in Folge der 
Verwesung der Corallenthiere; nach Dana kittet Kalksinter 
Corallenfragmente zusammen. Im vorliegenden Fall dürfte 
jedoch die Verwesung der im Erzocker befindlichen organischen 
Substanzen keine direkte Veranlassung zur Erhärtung desselben 
geben, und der Kalkgehalt der Seeerze ist so unbedeutend, 
dass dieser auch kein hinreichendes Bindemittel sein kann. 

Vergleicht man die Analysen von losen: Eisenockern und 
festen (oft stalaktitischen) basischen Eisenoxydsalzen (z. B 
Pissophan, Delvauxit, Pittieit, Misy und anderen), welche aus 
demselben Grubenwasser abgesetzt worden sind, so zeigt sich 
gewöhnlich, dass die losen Ocker eine geringere Menge Säure 
als die festen enthalten. So z.B. wird im Bach, welcher Falu- 
Grubenwasser zum Vitriolwerke nahe an der Grube leitet, ein 
Ocker in festen zusammenhängenden Krusten abgesetzt; in 
dem weiter unten liegenden See Tisken dagegen setzt dasselbe 
Wasser einen losen, erdigen Ocker ab. Der erstere enthält 
115 pCt., der letztere 54 pCt. Schwefelsäure. 

- In den fertigen on kommt jedoch weder Schwefel- 
saure, noch Phosphorsäure in einer sdlchen Menge vor, dass 
ihr Hartwerden dadurch erklärt werden dürfte, aber sie ent- 
halten Kieselsäure chemisch mit den Eisenoxyden verbunden, 


166 


“ und die Vermuythung liegt daher nahe, dass die Kieselsäure 
hier denselben Einfluss ausübt, wie die Arseniksäure, Pbos- 
phorsäure oder die Schwefelsäure in den genannten Mineralien. 

Gelatinöse Kieselsaure in Wasser in intimer Berührung 
mit Eisenoxydhydrat verbindet sich mit diesem; denn nach 
Bischor vermag das Eisenoxydhydrat sogar Silikate zu zer- 
setzen, mit welchen es bei gewöhnlicher Temperatur in langer 
unmittelbarer Berührung ist. Für die Richtigkeit dieser Be- 
hauptung finden wir einen Beweis in vielen Erzseen, wo Frag- 
mente von Granit und anderen Silikatgesteinen oft mit einer. 
so fest angewachsenen Öckerkruste überzogen sind, dass sie 
auf mechanischem Wege von dem Stein nicht getrennt werden 
kann, zwischen welchem und dem Ocker sich ein wasserhaltiges 
Eisenoxydsilikat gebildet hat. Die Verbindung der Kieselsäure 
mit dem Eisenocker kann jedoch nicht beständig werden, ehe 
die organischen Bestandtheile des Ockers zersetzt worden sind, 
denn wie wir gesehen haben, wirkt der Verwesungsprozess 
auf Eisensilikate zersetzend ein. 

.Es wird also erklärlich, dass wir im Ockerschlamm Kiesel- 
saure, Humussubstanzen und Eisenoxydhydrat lose nebenein- 
ander liegend finden, und dass wir in dem homogenen, harz- 
artigen Erze mit dem Mikroskope keine absehbare Quantität 
von organischen Substanzen entdecken können. Spuren von 
solchen ,* welche auf chemischem Wege darin entdeckt werden 
können, sind wahrscheinlich harz-, wachs- oder talgartige Ver- 
'wesungsprodukte, welche unter- den gegebenen Verhältnissen. 
keiner weiteren Zersetzung ausgesetzt sind. 

Durch die Verwesung der mit. dem ÖOcker ausgefällten 
organischen Substanzen wird immer Eisenoxyd zu Oxydul 
redueirt. Wird dieses letztere von den Humussäuren etc. nicht 
vollständig gelöst, so wird es mit der Kieselsäure verbunden, 
und gewiss noch leichter als das Eisenoxyd. Daher muss das 
durch die Einwirkung der Kieselsäure auf den Ocker enstandene 
Silikat in vielen Fällen Eisenoxydul enthalten. 

Dass die Kieselsaäure der Infusionspanzer sich auf dieselbe 
Weise mit dem Eisenoxydhydrat verbindet, wie die nicht orga- 
nische, “ gelatinöose Kieselsäure, geht aus den oben mitge- 
theilten, mikroskopischen Beobachtungen hervor. Sandkörner 
werden von dem Eisenocker zu einem rostigen Sandstein zu- 


167 


sammengekittet, dessen eigentliches Cäment in vielen Fällen 
gewiss nichts Anderes als Eisenoxydsilikat ist. 

Das Mikroskop zeigte im Ockerschlamm aus dem Tisken 
auch nicht erhärtetes Kieselgel&e; aber dagegen waren alle 
harzähnlichen Eisenoxydsilikatstucke fest. Wir können nun 
eben so wenig daran zweifeln, dass das Erz nach der Aus- 
fällung des Ockers durch die Reaktion der Kieselsäure auf 
denselben harzig wird, als dass diese Reaktion (Silikatbildung) 
das Erhärten sowohl des Eisenoxydhydrats, als des Kiesel- 
gelees bedingt, da diese in Verbindung mit einander treten. 

Es bleibt noch übrig, durch Analysen zu zeigen, in wie- 
fern dieses Silikat eine konstante stöchiometrische Zusammen- 
setzung hat oder eine regellose Mischung von verschiedenen 
Silikaten ausmacht. Da wir in dem centrisch zusammengesetzten 
Perlenerzen u. a. oft wechselnde Silikat- und Ockerschalen 
sehen, so hat man Veranlassung zu der Vermuthung, dass die 
Silikatbildung oft mit Concretion verbunden ist, welche ent- 
weder von dem Streben gleichartiger Massen, sich zu consoli- 
diren, oder von jenem ungleichartiger Substanzen, in chemische 
Verbindung mit einander zu treten, bedingt wird. Das letztere 
‘gilt wohl hauptsächlich im vorliegenden Fall. Die ’Ocker- 
lagen enthalten sowohl lose Kieselsäure als loses Eisenoxyd- 
hydrat, welche ein festwerdendes Silikat eingehen würden, um es zu 
einer stöchiometrischen Zusammensetzung zu bringen, sofern in 
dem letzteren Basen und Säure nicht schon in einem für die gege- 
benen Verhältnisse passenden Sättigungsgrade vorhanden wären. 

Endlich mag man nicht vergessen, dass Eisenoxydhydrate 
erhärten, sogar krystallisiren können, ohne sich mit Kiesel- 
saure zu verbinden. Göthit, Stilpnosiderit, Brauneisenstein 
und andere Mineralien liefern dazu einen Beweis, aber wir 
vermögen nicht die Bedingungen anzugeben, welche die Ver- 
wandlung der erdigen Modifikation des Eisenoxydhydrats in die 
amorphe oder krystallinische und feste bedingen; wahrscheinlich- 
ist der Temperaturgrad dabei nicht ohne Einfluss. 

: WieSeeerzeKugel-undandereFormen annehmen. 
Auf einem Seeboden gleichförmig ausgefällter Ocker wird durch 
das Erhärten krustenähnlich, und durch zwischenliegende 
Schlamm-, Sand- und (nicht erhärtete) Ockerschichten bekommt 
er eine Art Parallelstruktur; diese Ockerkrusten werden nach 
dem Zerbrechen Skragg-Erz genannt. | 


168 


Bei der Absetzung von Ocker zwischen Sand scheint er 
durch Concretion in dünnere, eisenreichere Lager zusammen- 
geführt werden zu können, welche die Schichtung einiger 
ockeriger Sandsteine bedingen. Auch massige,. unförmliche 
Klumpen von Wiesenerz haben sich wohl aus der sandigen 
Umgebung congregirt, sofern sie nicht überdeckte Ueberreste 
ehemaliger Seeerze sind; denn wir haben gesehen, wie Seeerze 
durch den Einfluss verfaulender Pflanzensubstanzen wieder auf- 
gelöst werden können, besonders wenn sie im Lauf der Zeit 
‘von Torfmooren überwachsen werden.‘ Das noch nicht Gelöste 
bleibt in Klumpen ubrig, deren schlackige, angefressene Ober- 
fläche ein Merkmal des ringsum zehrenden Lösungsmittels trägt, 
welches durch Ritzen auch in die Masse selbst dringen kann. 
Einige kugelförmige Seeerze, die ganz homogen und ohne Spuren 
einer concentrisch-schaligen Structur sind, können auch als Ueber- 
reste von Seeerzstucken betrachtet werden, deren Ecken und 
Kanten abgerieben oder weggelöst worden sind. Man darf hier- 
bei an die Neigung der meisten massigen Bergarten denken, bei 
der Verwitterung in kugelförmigen Grus zu zerfallen. Die fein- 
körnigen, schwarzen, manganreichen Pulvererze scheinen da- 
gegen hauptsächlich in der Form eines körnigen Ockers ausge- 
fällt worden zu sein, der späteren Verwandlungen weniger aus- 
gesetzt gewesen ist als der manganarme Eisenocker. 

Erz, welches Wurzelstöcke und Stammenden inkrustirt und 
petrificirt hat, kommt in der Form derselben vor, auch nach- 
dem ihre Holzsubstanz im Verlauf der Zeit beinahe ganz ver- 
schwunden ist. Hierher gehört das Pipmalm, welches sich 
zwischen stehenden oder umgefallenen Schilfröhren und deren 
Wurzeln abgesetzt hat, und hierher könnte auch alles Erz’ ge- 
rechnet werden, das Infusionsthiere inkrustirt, oder dessen Masse 
Panzer von solchen enthält. 

Diese Ueberreste mikroskopischer Organismen können in 
einigen Fällen die innere, feinste Textur des Erzes bedingen; 
sie sind jedoch ohne allen Einfluss auf die äussere, kugelartige 
Form desselben , zu. welcher die kleinen Erzpartikeln auf me- 
chanischem Wege vereinigt worden sind. Die reguläre Form 
der Erbsen-, Perlen- und anderer Erzarten in Zusammenhang 
mit Süsswassercorallen oder dergleichen zu bringen, ist gewiss 
eben so unrichtig, als sogenannte Marlekör und andere Mor- 
pholithen als versteinerte Amorphozoen zu betrachten. 


169 


Bei kalkhaltigen Quellen, welche mit einer gewissen Hef- 


tigkeit hervordringen, kann man bisweilen bemerken, wie Kalk- 


sinter (Erbsenstein, Rogenstein und auch zum Theil Sprudel- 
stein) eine oolithische oder concentrisch-schalige Structur da- 
durch bekommen, dass die Kalklagen rings um Sandkörner ab- 
gesetzt werden, welche von dem aufsteigenden Wasserstrome 
schwebend und-in einer rotirenden Bewegung gehalten werden. 
Die Structur der kugelförmigen Seeerze ist ganz und gar 
oolithisch. Die Ausfällung des Eisenockers wird in einigen 
Fällen von ähnlichen chemischen Prozessen bedingt wie die des 
Kalks, und der mechanische Verlauf ist in beiden Fällen der- 
selbe; wir können daher mit Grund annehmen, dass Perlen-, 
Erbsen-, Bohn- und andere Erze Structur und Form auf einer- 
lei Art wie die Kalkoolithe bekonimen haben. so 

Ein im Wasser tanzendes Korn, gleichgültig von welcher 
Materie, wird vom Eisenocker gleichförmig ringsum inkrustirt, 
da die Rotation in Kurzem alle Punkte der Oberfläche des 
Kornes in die für die Inkrustirung passendste Lage bringt. 
Erst wenn die Ockerabsetzung so zugenommen hat, dass der 
Wasserstrom nicht länger das Korn frei schwebend zu halten 
vermag, hört die gleichförmige und allseitige Inkrustirung 
auf, und die Erzkugel wächst mehr in der einen Richtung als 
in der andern, wodurch sie eine unregelmässige Form erhält. 
Dasselbe findet statt, wenn mehrere Erzkörner zusammenwach- 
sen und dann von den folgenden Ockerschalen gemeinsam 
überzogen werden. In vielen Fällen hört die shpärische, 
gleichförmige Inkrustirung auf, sobald die Körner +— 1; Linie 
diek geworden sind, aber der weitere Zuwachs geschieht in 
regulären, in einem gemeinsamen Plan liegenden Ringen, 
welche zusammen die scheibenartige Form des „Penning*- 
Erzes hervorbringen. Die ringförmige Ockerabsetzung wird 
wahrscheinlich durch Wasserströme hervorgerufen, welche ver- 
tikal gegen die Ebene des entstehenden „Penning*-Erzes ge- 
richtet sind (Fig. 21). Der Strom muss da symmetrisch um 


die Kante der Scheibe gebogen werden, wodurch ein ringför- 


miger Wirbel entsteht, in welchem vorzugsweise der Ocker ab- 
gesetzt wird. Die Bedingungen fur diesen Prozess werden 
erfüllt, sobald z. B. Perlenerzkörner uber einer vertikal auf- 
steigenden Wasserader schwebend, aber doch fest genug liegen, 
dass sie von dem Wasserstrome nicht weiter gewältzt werden 


170 


können. “Mit dieser Erklärung stimmt die Erscheinung recht 
wohl überein, dass „Penning*-Erze durch weiteren Zuwachs 
oft ein gewölbtes oder tellerähnliches Aussehen bekommen 
(Fig. 21 b). Ihre convexe Seite muss gegen die Stromrich- 
tung gewendet gewesen sein. 

Ungleich grosse, einander nahe liegende Erzkörner müs- 
sen durch fortschreitendes Zuwachsen oder Otkerabsetzungen 
endlich unter sich zu einer Art von „Skragg*-Erz verbunden 
werden, das mit Rogenstein - Conglomerat Aehnlichkeit hat. 
| Wird Ocker von gleicher Zusammensetzung ununterbrochen 
ausgefällt, so muss das Erz unter den gegebenen Verhältnissen 
die beschriebenen Formen annehmen, ohne dass jedoch eine 
concentrisch-schalige'Structur bervorzutreten braucht.*) . Diese 
letztere wird durch den Wechsel verschiedenartiger Lager 
oder durch Structurflächen zwischen gleichartigen Lagern sicht- 
bar. Wie durch Concretion in einer ockerigen Fällung harz- 
ähnliche oder ockerige Lager entstehen können, wurde oben 
angedeutet, und in einigen Fällen ist wohl durch diesen se- 
cundären Prozess die schalige Structur der Erbsen- und anderer 
Erze entstanden. In den meisten Fällen deuten jedoch die 
Structuroberflächen eine Unterbrechung in der Ausfällung des 
Ockers an, und verschiedenartige Schalen zeigen Verschieden- 
heiten in der Fällungsart oder eine veränderte Beschaffenheit 
des Seewassers an, in welchem die Präcipitation stattgefunden 
hat. Eine Fällung aus unklarem Wasser muss von Sand und 
Thon verunreinigt sein. Im Winter, wo das organische Leben 
bei der Ockerbildung nicht mitwirkt, muss diese langsamer ge- 
schehen als im Sommer und ein etwas abweichendes Resultat 
geben. Humussaure Eisenlösungen, die aus Torfmooren kom- 
men, können in verschiedenen Jahreszeiten ebenfalls von ver- 

schiedener Beschaffenheit sein u. s. w. 

Alle diese Verhältnisse bedingen etwas verschiedene Fäl- 
lungen, welche mit einander in derselben Ordnung wechseln 
wie die Erscheinungen, durch welche die Verschiedenheiten 
hervorgebracht werden; und da diese hauptsächlich von den 
Jahreszeiten abhängen, so dürfte ein näheres Studium über die 


*) Die oben mitgetheilten Versuche deuten an, dass Eisenoxydhydrat 
durch blosses Gefrieren unter Wasser eine concentrisch-schalige Struetur 
annehmen könne. 


171 


schalige Zusammensetzung der Perlenerze einen Leitfäden .zur 
Bezeichnung der Zeit abgeben, welche zur Bildung eines Erz- 
kornes nöthig war. 

Oft ist der Zusammenhang zwischen aufeinanderliegenden 
Lagern sehr unbedeutend, und nicht selten verschwindet er ganz 
und gar, so dass die Schalen lose in einander liegen, ungefähr 
wie die Kugeln in den bekannten chinesischen Elfenbein-Drech- 
'seleien. So lange solches Erz im See liegt, sind die Zwischen- 
räume zwischen den einzelnen Schalen mit Wasser gefüllt, 
welches nach dem Aufholen des Erzes verdampft. Düune 
Schalen fallen demnach oft zusammen, und das Erz bekommt 
das Ansehen von „Penning*-Erz. Es ist möglich, dass durch 
das Zusammensinken solcher hohler Erzkörner (während sie 
auf dem Seeboden liegen) ein Theil des „Penning*-Erzes wirk- 
lich entstanden ist. 

Die erwähnten Zwischenräume dürften überhaupt dadurch 
entstanden sein, dass Erzkörner von organischen Substanzen 
überzogen worden sind, welche von Ocker inkrustirt wurden 
und später verfault sind, so dass zwischen dem innern Korn 
und der äusseren Ockerkruste ein Zwischenraum entstanden ist. 
Esist klar, dass derselbe Prozess mehrere Male um die äussere 
Ockerkruste herum wiederholt werden konnte. 

Die Wasserströme, welche die sphäroidale Form und Struc- 
tur des Seeerzes bedingen, dürften in den meisten Fällen von 
‚unterseeischen Quellen herrühren, und dies lässt darauf schliessen, 
dass perlen- und andere kugelförmige Erzarten vorzugsweise an 
solchen Orten vorkommen müssen, wo Löcher in dem neu ge- 
bildeten Eis hervortretende Quellen andeuten. Ich weiss jedoch 
nicht, in wie fern die Erfahrung der Erzfischer diese theore- 
tische Schlussfolge bestätigt. Die hervorbrechenden Quellen 
brauchen keineswegs das Material des Erzes mitzufüuhren, des- 
sen Kugelform sie bewirken, wenn das Seewasser selbst Eisen 
in einer unter den gegebenen Verhältnissen fällbaren Form 
enthält. 

Die Erzablagerungen mussen endlich die Mündung einer 
Quelle verstopfen können, so dass sie dadurch nach einem an- 
dern Punkt verlegt wird entweder in demselben See oder in 
der umliegenden Gegend. Dadurch kann in gewissen. Fällen 
die Erzbildung in einem See unterbrochen werden, um vielleicht 
in einem nahe liegenden zu beginnen. 


172 


‚. Auch andere Strome als die von unterseeischen Quellen 
kommenden können Kugelform bei Seeerzabsetzungen bedingen. 
Ein horizontaler Strom braucht nur gegen einen Stein zu stossen, 
um Wirbel zu veranlassen, welche Sandkörner etc. frei schwe- 
bend halten, so dass sie gleichförmig und allseitig inkrustirt 
werden, wodurch endlich Perlenerz entsteht. Viele Wirbel ent- 
halten vertikal aufwärts oder abwärts gerichtete Wasserstrahlen, 
welche zu der scheibenähnlichen Form des „Penning“-Erzes 
Veranlassung geben. Es ist daher nicht unerklärlich, dass 
Kugel-, Erbsen-, Perlen-, Penning- und andere ähnliche Erz- 
arten nicht allein auf dem Boden von Seen, sondern auch in 
rinnenden Wassern vorkommen und daselbst ausgebildet wer- 
den können, wie auch unterhalb kleiner Wasserfälle hinter 
Steinen und anderen Hindernissen in einem Strom; vorausge- 
setzt, dass die Schnelligkeit des Wassers nicht so gross ist, 
dass der Ocker in demselben Augenblicke weggespült wird, wo 
er zur Ausfällung kommt. re 

Aus mehr concentrischen, vitriolischen Eisenlösungen, wie 
z. B. aus Falu-Grubenwasser, wird basisches schwefelsaures 
Eisenoxyd auch in reissenden Bächen abgesetzt, nicht als loser 
Ocker, sondern in der Form harter, auf vielfache Art geboge- 
ner Krusten mit glatter Oberfläche. Zerbrochen gleichen diese 
Krusten gewissen „Skragg*-Erzen. In ruhigem Wasser da- 
gegen scheint die Entstehung festerer, regelmässig construirter 
Erze leichter aus verdünnten als aus concentrirten Lösungen 
stattzufinden. | 

Auf welche Weise das Auftreten der Wiesenerze in Klum- 
pen verschiedener Form erklärt werden könne, ist schon oben 
mitgetheilt worden. Ich will hier nur anführen, dass Eisen- 
fällungen, die zwischen Sand abgesetzt werden, bisweilen eine 
sphäroidale Structur zeigen, indem sich eisenreichere und eisen- 
ärmere, sandgemischte, concentrische Ockerschalen zu kugel- . 
förmigen Körpern zusammensetzten. Bisweilen liegt ein Korn 
lose in einer ringsum geschlossenen Schale; Farbe und Zusam- 
mensetzung bei Kern und Schale sind dann gewöhnlich etwas 
verschieden. Die Structur dieser sogenannten „Adlersteine“ 
hängt wohl hauptsächlich von Concretion ab. SEnrt erzählt 
jedoch, dass in einigen Fällen inkrustirte, aber später verfaulte 
Kartoffeln die Entstehung von Adlersteinen verursacht haben, 
und KınpLer glaubt, dass einige von den Adlersteinen, aber 


ä 173 . 


besonders ihre schaligen Fragmente, von oberflächlichen, dün- 
nen Ockerabsetzungen herrühren, welche beim Trocknen in 
Stücke zerborsten sind. Diese Stücke sollen durch weiteres 
Austrocknen aufwärts gebogene Kanten und durch Rollen vor 
dem Winde eine mehr abgerundete Form erhalten haben. 
Diese Erklärung scheint jedoch wenig befriedigend. 

Schluss. In dem Vorliegenden habe ich einige wesent- 
lichere Momente aufzuführen gesucht, welche sich bei der 
Entstehung der See- und Wiesenerze geltend machen müssen, 
wiewohl nicht alle angeführten Prozesse gleichzeitig stattzu- 
finden brauchen. Dieser Bildungsprozess, welcher vor unse- 
ren Augen stattfindet und einer der, einfachsten zu sein scheint, 
nimmt eine Menge gleichzeitig wirkender Kräfte in Anspruch, 
und er kann dadurch in speciellen Fällen sehr complieirt wer- 
den. Ebenso muss auch "die Erklärung geologischer Er- 
scheinungen , auch wenn sie durch Berufung auf in der Natur 
beobachtete oder experimentell ermittelte Prozesse (und nicht 
durch leere Hypothesen) erklärt werden, doch in den meisten 
Fällen einseitig und unvollständig ausfallen; denn viele Eigen- 
schaften der ursprünglichen Producte, welche zu den bei 
ihrer Bildung wirkenden Mitteln Fingerzeige geben könnten, sind 
jetzt verschwunden, und die Zahl der auf einmal wirksamen 
Reactionen kann in Folge davon leicht zu niedrig angeschla- 
gen werden. 

Die soeben beschriebenen See- und Wiesenerze haben viel 
Aehnlichkeit mit sogenannten Bohnerzen und gewissen Braun- 
eisensteinen. Die letzteren stehen oft in einem deutlichen 
genetischen Zusammenhang mit gewissen Spatheisensteinen und 
diese und Brauneisensteine wiederum mit Magneteisensteinen 
und Rotheisensteinen. Eine Reihe von Schlussfolgerungen führt 
zu dem Resultat, dass auch diese letzteren in sehr vielen Fäl- 
len ursprünglich nichts Anderes gewesen sein können als See- 
und Wiesenerz-artige Ausfällungen, deren Natur und Lage durch 
spätere Einwirkungen verändert worden sind. 

Ich hatte gedacht, am Ende dieser Abhandlung diese Be- 
hauptung näher zu beweisen, breche aber ab, weil ich vielleicht 
schon zu lange die Aufmerksamkeit des Lesers in Anspruch 
genommen habe. 


174 


8, Marine Diluvial-Fauna in West-Preussen. 


- Von Herrn G. Berenpr ın Königsberg. 


(Auszug aus den Schriften der Königl. physik. Gesellsch. zu Königsberg .”) 


Noch vor Kurzem schloss Ferp. RoEMER in diesen Blättern 
(Bd. XVI. 1864. S. 611 ff.) eine „‚Notiz über das Vorkommen 
von Cardium edule und Buccinum reticulatum im Diluvial- Kies 
bei Bromberg‘“ mit den Worten: 

„In jedem Falle ist die Auffindung von Meeresconchylien 

„in dem Diluvium bei Bromberg eine bemerkenswerthe 

„Lhatsache, weil sie den Anfang zu der Auffindung der 

„bisher ganz unbekannten marinen Fauna des norddeut- 

„schen Diluviums bildet, deren vollständigere Kenntniss 

„allein uns eine genauere Einsicht in die Bedingungen, 

„unter welchen der Absatz jener ausgedehnten und mäch- 
„tigen Ablagerungen erfolgte, gewähren wird.‘ 

In Folge einer im Juni vorigen Jahres unternommenen Be- 
reisung der Provinz Westpreussen oder vielmehr hauptsächlich 
des Aufschlüsse über den geognostischen Charakter des Lan- 
des am meisten versprechenden, breiten und tiefen Einschnittes 
des Weichselthales ist es mir möglich, schon jetzt eine kleine 
Reihe dieser „bisher ganz unbekannten“, marinen Diluvial-Fauna 
. geben zu können. 

Einige zur Zeit in ihrer Vereinzelung noch unbestimmbare 
kleine Schaalreste abgerechnet, besteht dieselbe aus: 

Cardium edule L. (C. rusticum Lam.) 

Tellina solidula Lau. (T. solidula Puur.) 

Venus (stets in Bruchstücken), unter den lebenden am 

meisten V. pullastra Mont. entsprechend. 

Buceinum (Nassa) reticulatum L. 

Cerithium lima Bruc. (C. reticulatum Lov.), und zwar am 

meisten entsprechend var. afrum. 


*) Separat- "Abdrücke mit Tafel in Commission. bei Wırn. Rs in 
Königsberg 


175 


Nur zum Theil (Cardium, Tellina) gehören dieselben noch 
heute der Ostsee an. Das Buceinum ist von der Nordsee her 
nur bis zur Kieler Bucht hin beobachtet worden.*) Die Venus 
und das Cerithium gehören vollig der Nordsee an, sind aller- 
dings auch die selteneren unter den Diluvialformen. Eine weit: 
grössere Dickschaligkeit unterscheidet die gefundenen Schalen 
sämmtlicher genannten Mollusken von den lebenden auffällig 
und deutet gleichfalls auf ein salzigeres und bewegteres Dilu- 
vialgewässer, als das Brackwasser der heutigen Ostsee ist, hin. 

Was nun die Verbreitung dieser Diluvial-Fauna betrifft, 
wie solche in einem Abbildungen der gefundenen Formen und 
ein Uebersichtskärtehen enthaltenden Aufsatze in den Schriften 
der Königl. physikalischen Gesellschaft zu Königsberg des Weite- 
ren nachgewiesen ist, so sind die Spuren derselben von Meve, 
ca. 2 Meilen oberhalb des Weichseldeltas, mit kurzen Unter- 
brechungen bis zur russisch-polnischen Grenze oberhalb Thorn 
‚mannichfach. in den Gehängen des Weichselthales beobachtet 
worden. In der Regel finden sich die Schalen in den liegend- 
sten 9—12 Zoll einer 5—15 und 20 Fuss mächtigen Schicht 
unteren Sandmergels unmittelbar über nordischem oder Spath- 
sand und finden sich oft ausgewittert und, durch langsames 
Abtrocknen sehr gut erhalten, lose in und auf diesem die Dos- 
sirung der Thalgehänge bildenden Sande. 2 

In dem oberen Theile der genannten Stromstrecke, südlich 
des preussischen Höhenzuges, in der Bromberger und Thorner 
Gegend liegen die Muschelreste jedoch innerhalb einer Grand- 
‚schicht des Diluviums, deren genaue Stellung zu dem eben be- 
zeichneten Niveau noch nicht hinlänglich festgestellt werden 
konnte. 

Auffällig ist es, dass zu den Seiten des Weichseldeltas in der 
Danziger Gegend und auch später in dem bereits näher unter- 
suchten Samlande sich bis jetzt auch nicht die mindesten Spu- 
ren der beschriebenen Mollusken-Fauna finden liessen. _ 

Innerhalb wie südlich des preussischen Höhenzuges ist 
aber somit im Bereiche des Weichselthales die Verbreitung einer 
marinen Fauna des Diluviums nachgewiesen. Der scheinbare 
Widerspruch dieser mit der ebenso unläugbar dastehenden 


*) Meyer und Mösıvs, Fauna der Kieler Bucht. 1865. Bd. I. Ein- 
leitung pag. XIII. . 


176 


Thatsache einer bis jetzt ausschliesslich nur Susswasserformen. 
zeigenden Molluskenfauna in den ihrer Lagerung und Structur 
nach auffallend gleichen Diluvialschichten der Gegend zwischen 
Elbe und Oder*) und insbesondere der Potsdamer Gegend **) 
wird durch die jetzt schon allgemeineres Interesse und Be- 
achtung findende weitere Untersuchung des norddeutschen D’lu- 
viums, die auch endlich eine genauere Kenntuiss der ‘alten 
Meeres-, wie Süsswasser-Strombetten und Seebecken innerhalb 
desselben zur Folge haben muss, sicher bald seine Lösung 
finden. 


> BeyricH. Bd. IV. 1852. S. 498 dieser Zeitschr. 
”*) Die Diluvial- Ablagerungen der Mark Brandenburg. Berlin. Bei 
S. M. Mittler. 


Druck von J. F. Starcke in Berlin. 


CH dh) 1% & 
SEPT. 3 a 5 & 


0028] 


Zeitschrift 


der 


Deutschen geologischen Gesellschaft. 
2. Heft (Februar, März und April 1866). 


A. Verhandlungen der Gesellschaft. 


l. Protokoll der Februar - Sitzung. 


Verhandelt Berlin, den 7. Februar 1866, 


Vorsitzender: Herr G. Rosn. 

Das Protokoll der POSTS ZUNG wurde verlesen und ge- 
nehmigt. 

Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten: 

Herr J. GrotH, Stud. phil., zur Zeit in Berlin, 
vorgeschlagen durch die Herren Bryrich, Rosr und 
Taunav. 

Herr F. NırscHe, Stud. phil., zur Zeit in Berlin, 
vorgeschlagen durch die Herren Berrıch, v. KÖNEN 
und Kuntn. 

Für die Bibliothek sind eingegangen: 

A. Als Geschenke: 

G. Lavse: Die Schichten von St. Cassian. 2. Abtheilung. 
Brachiopoden und Bivalven. Wien 1865. 
H. AsıchH: Beiträge zur geologischen Kenntniss der Ther- 


malquellen in den Kaukasischen Ländern. Tiflis 1865. 


H. Cocmivs: Untersuchungen über die chemische Zu- 
sammensetzung der wichtigsten vulkanischen Gesteine von 
Madeira und Porto-Santo. — Separatabdruck aus dem Journal 
für prakt. Chemie. XCIM. 3. 

A. Favre: Sur la structure en eventail du Mont-Blanc. — 
Aus der Bibliotheque universelle et Revue Swisse (Archives des 


sc. phys. et nat.), Livr. de Novembre 1865. 


DELESSE: Carte agronomique des environs de Paris. 2 Blätter. 
GIEBEL: u auf die in der Abhandlung des Herrn 
Zeits.d.d. seul. Ges. XVUOI 2 ö 12 


178 


v. Könexn: „Die Fauna der unteroligocänen Tertiärschichten 
von Helmstädt bei Braunschweig“ enthaltene Kritik der Arbeit 
des Herrn GiEBEL: „Die Fauna der Braunkohlenformation von 
Lattorf.“ — Separatabdruck aus der Zeitschrift für die ge- 
sammten Naturwissenschaften, herausgegeben von GIEBEL und 
Sırwert. 1866. Bd. XXVIl.. 

B. Im Austausch: 

Correspondenz des zoologisch-mineralogischen Vereins in 
Regensburg. Jahrg. 19. Regensburg 1865. 

Jahrbücher des Vereins für Naturkunde im Herzogthum 
Nassau. Heft 17 und 18. Wiesbaden 1862 und 1863. 

Bulletin de la societe geologique de France. 2. Ser. Tome 22. 
Jewilles 17—26. Paris 1864 und 1865. ; 

Bulletin de la societe imperiale des naturalistes de Moscou. 
N. III. Moscow 1865. ER " 

Annales des mines. Sixieme Serie. Tome VITI. Livr. 4. 
Paris 1865. | 

Acta universitatis Lundensis. 1864. Abtheilung für Philo- 
sophie und Abtheilung für Naturwissenschaften.. Lund 18. 

The Canadian naturalist and geologist. New. Ser. Vol. IT. 
Nr. 3 und 4. 1865. Montreal. 

Report on the commissioner of Patents for the year 1862. 
Arts and manufactures. Vol. I. Washington 1864. Vol. II. 
‘1865. | 
i Transactions of the royal Irish academy. Vol. 24. Anti- 

. quities Part II, III, IV. Seienee Part IV, VI. Dublin 1865. 

Proceedings of the royal Irish academy. Vol. VII. Dublin 
1862..:iV’ol,. .VIIL2=1864.27 Vol. IX Port. 1,1865: 

The quarterly Journal of the geological society. London. 
Vol.\21. Paris: 4:. N.:84:51865: 

Verhandlungen der: k. k. geol. Reichsanstalt. Sitzungs- 
berichte vom: 19. December 1865 und: 16. Januar 1866. 

Der Vorsitzende gab der Gesellschaft Kenntniss von dem 
in der Anlage zu diesem Protokoll abgedruckten Schreiben des 
Herrn Dr. Mryn zu Uetersen in Holstein an den Vorstand 
der Gesellschaft, betreffend die Berücksichtigung von Schleswig- 
Holstein bei der Entwerfung der Bodenkarten des preussischen 
Staates. Den darin niedergelegten Ansichten beistimmend 
schlug der Vorsitzende vor, eine Abschrift dieses Schreibens 
anfertigen zu lassen und dem Minister für landwirthschaftliche 


179 


Angelegenheiten zur geneigten Berücksichtigung zu überreichen, 
‚welchem Vorschlage die Gesellschaft zustimmte. 

Herr Eck legte hierauf aus den zwischen Piekar und Kos- 
lawagura in Oberschlesien aufgeschlossenen Sandsteinen (welchen 
die in seiner Abhandlung uber die Formationen des bunten Sand- 
"steins und des Muschelkalks in Oberschlesien pag. 39 und in 
dieser Zeitschrift Bd. 17 pag. 255 erwähnte Lingula und ein 
Pecten entstammen) einen weiteren Erfund vor, nämlich Ab- 
drücke und Steinkerne von Brachiopoden, welche wegen ihres 
langen geraden Sehlossrandes , der gestreiften Oberfläche und 
ihrer allgemeinen Form der Familie der Strophomeniden (viel- 
Jeicht der Gattung Leptaena) zuzurechnen sind *). 

Bezug nehmend auf die in der vorigen Sitzung von Herrn 
F. RoEMER ausgesprochene Ansicht, dass die vorgezeigten In- 
erustationen von Galmei auf dem Skelett einer Fledermaus der 
Jetztzeit ein sehr jugendliches Bildungsalter des oberschlesischen 
Galmeis beweisen, bemerkte der Redner ferner, dass die an 
vielen Punkten und neuerdings namentlich in den Schächten 
im Felde der Gottes-Segen-Galmeigrube bei Beuthen beobachtete 
Auflagerung mariner, miocäne Versteinerungen einschliessender 
Thone auf die oberschlesischen Erzlager zu der Annahme nöthige, 
die oberschlesischen Erzlager seien vor der miocänen Tertiär- 
zeit bereits vorhanden gewesen, und dass die Incrustationen 
von Galmei anf Ueberresten von Thieren der gegenwärtigen 
Schöpfungsperiode, ferner auf Baumblättern und auf alter 
Grubenzimmerung, wie man sie in den Bauen der Eleonore- 
galmeigrube beobachtet hat, nur die Löslichkeit des bereits 
vorhandenen Galmeis in den durchsickernden, kohlensäure- 
haltigen Tagewassern überhaupt zu beweisen scheinen. 

Herr RorH legte zur Ansicht vor H. Ls Hon, Histoire 
“complete de la grande eruption du Vesuve de 1631, Brusxelles, 
Mugenot 1866. _ Diese.aus den Quellen höchst sorgfältig zu- 
sammengetragene und durch die Ortskenntniss des Verfassers 
höchst lebendige Beschreibung des grossen Vesuvausbruches 
von 1631 ist begleitet von einer Karte im Maassstab von 
1:25000, welche in farbiger Darstellung sämmtliche seit 1631 


”) Bestätigt sich die nach einer neueren Mittheilung dem Herrn 

DEGENBARDT geglückte Auffindung von Pflanzen der Steinkohlenformation, 

in diesen Schichten, so würden dieselben ungeachtet ihrer abweichenden 
Beschaffenheit der letzteren Formation zugerechnet werden müssen, 


12* 


| | 180 


ergossene  Lavaströme -enthält. - Mühsame . während längerer 
Zeit an Ort und Stelle angestellte Untersuchungen haben es 
den Verfasser möglich gemacht, eine geographische Darstellung 
zu liefern, welche in einzelnen Punkten, namentlich in Bezug 
auf die Lava von 1631, von den bisherigen traditionellen An- 
gaben abweichend, zum ersten Male ein genaues Bild der seit 
jener Zeit ergossenen Laven giebt. 

Derselbe erinnerte bei Gelegenheit des Aeginetischen, kürz- 
lich von Damour analysirten Vorkommens von Bauxit an die 
zuerst von SCHEERER, später auch von SAEMAnN und Pısant be- 
obachtete Thatsache, dass Nephelin (und also wahrscheinlich auch 
ähnlich Silikate mit hohem Tihonerdegehalt, wie namentlich Anor- 
thit) bei der Verwitterung zerfallen können in gewisseZeolithe und 
in Thonerdehydrat, das wie es scheint noch etwasKieselsäure ent- 
hält. Mögen sich nicht alle Vorkommen von Bauxit durch 
diese Beobachtung erklären, so kann sie doch als Fingerzeig 
dienen für die Theorien, welche man über die Entstehung dieses 
merkwürdigen Minerals aufzustellen versucht. 

 Derselbe legte ferner zur Ansicht vor die von ihm im 
Auftrage der Königlichen Akademie der Wissenschaften aus 
dem Nachlass von E. MiTscHErLich herausgegebene Arbeit über 
die vulkanischen Erscheinungen in der Eifel. Aus dem längeren 
Vortrage, der den geologischen Bau der Eifel erörterte, soll 
hier nur hervorgehoben werden der Nachweis über die Ver- 
wandtschaft und Stellung der Eruptivgesteine der Tertiär- und 
Jetztzeit. Die Trachyte, Phonolithe und Basalte. stellen eine 
Reihe dar. Im Trachyt findet sich neben dem überwiegenden 
 Sanidin nicht selten Oligoklas ein, der in andern, hier nicht 
weiter zu berücksichtigenden Trachyten ohne Begleitung des 
Sanidins auftritt; im Phonolith gesellt sich zu dem Sanidin in 
geringerer oder grösserer Menge Nephelin, so dass die Grenzen 
zwischen gewissen Sanidintrachyten und gewissen Phonolithen 
sehr schwer zu ziehen sind. Die als Basalt bezeichneten Ge- 
steine bestehen dem bei weitem überwiegenden Theile nach 
aus Nephelingesteinen und Nepheliniten, zum viel geringeren 
aus Gesteinen mit Kalkfeldspathen. 

In der Eifel sind Trachyte, Phonolithe und Nephelin-Basalt 
‚vorhanden, und der letztere übertrifft an Quantität hier Trachyt 

“und Phonolith bei weitem. Wird demnach der Phonolith das Mittel- - 
glied zwischen (Sanidin-) Trachyt und (Nephelin-) Basalt, so muss 


- 


181 


man in nächste Nahe des Phonolithes die Leueitgesteine stellen, 
in welchen neben dem Leucit nicht selten Nephelimund Sanidin 
nachgewiesen wurden. 7 

Herr Weppise legte eine Probe von Bauxit vor, welcher 
ihm von dem Entdecker desselben, Herrn Direktor A. FLECKNER 
aus Feistritz in der Wochein zugegangen war. Das Mineral 
hat sich auf den bereits schon früher vom Vortragenden 
genannten Lagerstätten an der Grenze des Trias- und Jura- 
Kalkes am linken Ufer der Wocheiner Sava gefunden und 
zeichnete sich durch seine grosse Reinheit vor allen bisher 
bekannten Vorkommnissen aus. Nach einer in dem Laboratorium 
der k. k. geologischen Reichsanstalt ausgeführten Analyse ent- 
hält derselbe 64,24 pCt. Thonerde (mit sehr geringer Menge 
Titansäure), 2,40 pCt. Eisenoxyd und 6,29 pCt. Kieselsäure; 
ausserdem 0,35 Kalkerde, 0,358 Magnesia, 0,20 Schwefelsäure, 
0,46 Phosphorsäure, Spuren von Manganoxyd, Kali, Natron, 
Lithion und 25,47 pCt. Wasser. Das specifische Gewicht ist 
= 2,551. Die Farbe ist ein helles Röthlich-Gelb. Seine 
Struktur vollkommen dieht mit muschlichem Bruch. Er fühlt 
sich fettig an. Diese grossen Unterschiede von dem franzö- 
sischen und irischen conglomeratartigen Bauxit haben den 
Entdecker veranlasst, dem Mineral den Namen Wocheinit zu- 
zulegen. Die rothen, das Vorkommen durchziehenden Adern 
sind eisenreicherer Bauxit. Das Lager hat, wo es aufgeschlossen 
ist, 2 Lachter Mächtigkeit und fällt unter 30 Grad ein. 

Hierauf ward die Sitzung geschlossen. 

er? w. 0. 
G. Rose. DBeysıch. Eck. 


> 
> 


Anlage zun Protokoll der Februar-Sitzung. 


An den Vorstand der deutschen geologischen Gesellschaft 
in Berlin! 


Die Zeitungen der letzten Tage bringen die Nachricht, dass 
das Königlich Preussische Landes-Oeconomie-Üollegium beschlos- 
sen hat, den Herrn Minister zu bitten, er möge für das 
Schwemmland der preussischen Monarchie geognostisch- 
petrographische Karten in Angriff nehmen lassen und die Auf- 
nahme wo möglich im Maassstabe von 1:25000 anordnen; 


182 


ferner den Herrn Minister zu bitten, er möge zur sofor- 
tigen Inangriffnahme die Summe von 8000 Thalern für die 
ersten Localaufnahmen jährlich bewilligen, um damit unter vier 
Dirigenten eirca 8 bis 12 Aufnahmen schon 1866 beginnen zu 
lassen; 
schliesslich, in Erwägung, dass für die ersten Aufnahmen 
die Nähe von Universitäten und landwirthschaftlichen Akade- 
mien Berücksichtigung verdient, zu Dirigenten und zu Locali- 
täten für den Anfang dem Herrn Minister vorzuschlagen: « 
a) den Herrn v. BENNInGSEn-FORDER für die Umgegend von 
Berlin, 
b) den Dr. Brrenpt für die Umgegend von Könienbareni in 
Preussen, 
c) den Professor GIRARD für die Umgegend von Breit, 
- d) den Oberberghauptmann v. DECHEN für die ee 
von Bonn. 


Die deutsche geologische Gesellschaft wird diese Bestre- 
bungen des Landes-Oeconomie-Collegiums mit Freuden begrüssen 
und eine gewährende Entscheidung des Ministeriums mit dop- 
pelter Freude, da gerade die Forderung der Geognosie des 
Schwemmlandes eine Hauptaufgabe der Gegenwart ist, seitdem 
die Kenntniss der Flötzgebirge und des älteren Tertiärlandes 
einen so hohen Grad von Genauigkeit erlangt hat. — Da die 
innigere Verknüpfung der Geognosie mit der praktischen Boden- 
kunde zu den erwünschtesten Ereignissen gehört und nur auf 
diesem Wege erreicht werden kann, da die bewegenden Fragen 
der Geologie, welche das Alter des Menschengeschlechts und - 
‘sein Hineinragen in die Zeit der diluvialen Bildungen betreffen, 
nur in diesem Gebiete ihrer Lösung harren, und da somit auch 
die historischen Wissenschaften ihre Anknüpfungspunkte an 
unsern Untersuchungen finden werden, so wird die geologische 
Gesellschaft in jener Bitte des Landes-Oeconomie-ÜOollegiums 
wahrscheinlich ihren eigensten Wunsch ausgedrückt finden. Allein 
die deutsche geologische Gesellschaft, welche durch die freie 
Thätigkeit ihrer Mitglieder bereits seit ihrer Gründung zu der 
richtigen Würdigung des Schwemmlandes und zur Feststellung 
seiner Gliederung nicht unwesentliche Beiträge geliefert hat, 
durfte in diesem besonderen Falle ausser der Freude über das 
Geschehene auch den Beruf zu einer Initiative haben und sich 


183 


veranlasst sehen, den Bitten des Landes-Oeconomie-Collegiums 
eine weitere Bitte hinzuzufügen. 

Wenn auch die deutsche geologische Gesellschaft nicht 
unbedingt in die Gliederung des preussischen Staates eingefügt 
ist, so steht sie doch zu derselben in mannichfachen innigen 
Beziehungen. 

Die Vorgeschichte der deutschen Nordfahrt hat gelehrt, 
dass das preussische Ministerium sich den wissenschaftlichen 
' Anregungen zur That durchaus nicht verschliesst, wenn auch 
dieselben nicht auf dem amtlichen Stufengange an dasselbe 
gelangen. Da nun wohl alle namhaften Geognosten des preus- 
sischen Staates Mitglieder unserer Gesellschaft sind, auch die 
oben in Vorschlag gebrachten Dirigenten der Schwemmlands- 
Aufnahme derselben angehören und kein zweites Institut zur 
Fällung eines wissenschaftlich ebenso competenten Urtheils 
in Sachen der norddeutschen Ebene besteht, so habe ich ge- 
glaubt, der Gesellschaft einen Schritt der Initiative bei dem 
Ministerium vorschlagen zu dürfen. 

Die ausgedehnte Fläche des norddeutschen Schwemmlan- 
des und der einzelnen, dasselbe zusammensetzenden Schichten- 
complexe, das Verschmelzen derselben an den Grenzen, durch 
welches bei der Lockerheit der Materialien oft eine beträcht-, 
liche horizontale Ausdehnung aller Charaktere entkleidet wird, 
der grosse Mangel an Petrefacten auf ursprünglicher Lager- 
stätte, das Erscheinen derselben an secundärer Stelle und die 
immer noch ungenugende Beschaffenheit der vorhandenen wis- 
 senschaftlichen Vorarbeiten sind Thatsachen, welche wohl über 
jeden Zweifel erhaben sind. 

Aus denselben aber entspringt die Gefahr, dass die vier 
Dirigenten, welche auf viele Meilen von einander getrennt sind, 
je mehr sie als selbstständige Forscher in der vorliegenden Auf- 
gabe gelten, üm desto leichter divergirende Bestimmungen tref- 
fen können, welche erst später durch Weiterforschen, oder wenn 
sich die Grenzen der untersuchten Gebiete zu berühren anfan- 
gen, völlig wieder ausgeglichen werden können, bis dahin aber 
das Verwickelte leicht noch mehr verwickeln, das Schwierige 
leicht noch mehr erschweren. 

Die Geschichte der Erkenntniss des Flötzgebirges, von 
verschiedenen Mittelpunkten ausgehend , kann nicht als eine 
Warnung bezeichnet werden, welche genügt, um die Dirigenten 


184 


der ‚Aufnahme gegen einen solchen Erfolg ihrer Arbeiten un- 
bedingt zu schützen; denn bei vollständiger Beherrschung des 
Materiales und grosser, vorher- gesicherter Einstimmigkeit der 
Forscher in ihren Bestrebungen ist dech der Mangel an un- 
umstösslich sicheren Haltpunkten die Klippe, an der die Coin- 
cidenz und Vergleichbarkeit ihrer Arbeiten unbedingt schei- 
tern muss. 

Unterdiesen Umständen müsstees sehr wunschenswerth sein, 
ein beschränktes Gebiet zu haben, auf welchem die vier berufenen 
Forscher vorweg gemeinsam die Charaktere der Hauptabthei- 
lungen feststellen könnten, deren weitere innere Gliederung an 
verschiedenen Stellen dann nicht mehr irre führen kann, und 
deren Charakteristik uns dann auch mit Sicherheit gegen Täu- 
schungen durch die in der norddeutschen Ebene oft sehr aus- 
. gedehnten und durch keine Contouren der Oberfläche bezeich- 
neten Localbildungen schützen würde. | 

Zu einem solchen Vorbereitungsfelde sind die Herzogthü- 
mer Schleswig-Holstein und Lauenburg unbedingt der richtige 
Platz. Schon im Jahre 1846 habe ich bei Gelegenheit der 
Versammlung deutscher Landwirthe durch eine von den Schich- 
tenmustern begleitete, kleine Denkschrift nachgewiesen, dass in 
diesem schmalen Landstriche ein zusammengedrängtes Abbild 
der grossen norddeutschen Ebene gefunden wird. , 

Die schmale Ostküste entspricht in ihren Bildungen der 
weitgedehnten Seenplatte der mecklenburgisch-preussischen Ost- 
seekuste und dem Lande östlich der Elbe; die Westküste ent- 
spricht den Gestaltungen am Niederrhein, in Holland und Olden- 
burg, das Mittelland trägt den Charakter des hannöverschen 
und westiphälischen Schwemmlandes. Was also in der nord- 
deutschen Ebene auf eine Erstreckung von mindestens zwanzig 
Längengraden auseinandergelegt ist, das liegt hier in einer 
schmalen Halbinsel nebeneinander. die höchstens zwei, oftmals 
kaum einen Grad westöstliche Ausdehnung hat und, durch keine 
Zerrüttungen verwirrt, die verschiedenen Formationen des 
Schwemmlandes im Parallelismus der Erstreckung von Norden 
nach Süden, stellenweise sogar mit mehrfacher Wiederholung 
neben einander, aufweiset. biigt 

Durch theilweise sehr deutliche Terrassenbildung an den 
Formationsgrenzen erläutern sich leicht‘ andere verwischtere 
Grenzlinien, während durch diese Terrassen, wie durch die 


185 


augenscheinliche Nähe beider Meere, durch die schon von 
LeopoLp von Buch gewürdigten Muschelbänke, die Hebungen 
und Senkungen des Landes, von denen die Bildungen abhängig 
waren, leichter zu verfolgen ‚sind als in irgend einem anderen 
Theile der norddeutschen Ebene. 

Dazu kommt, dass eine in Halbinseln und Inseln vielfach 
zerrissene Küste überall einen tiefern und reinlichen Einblick 
in die Lagerungen gestattet, was schon an der Elbküste bei 
Lauenburg und an der Ostseeküste bei Travemünde, also gleich 
dort beginnt, wo das Land mit dem grösseren Massiv der 
norddeutschen Ebene zusammengewachsen ist. Es dürfte 
auch für das Interesse des Ministeriums an der Sache nicht 
unwichtig sein, dass weiter gegen Norden die hauptsächlichsten 
Aufschlusspunkte über die Lagerung sich meistens an den- 
jenigen Stellen finden, welche für Preussens maritime Aufgaben 
so wichtig geworden sind und der Untersuchung nach jeder 
Richtung des menschlichen Erkennens hin werthgehalten werden 
sollten, Fehmarn, Kiel, Eckernförde, Duppel-Alsen, Sylt u.s. w. 
Bei dem verhältnissmässig grossen Mangel an originalen Or- 
ganismen in den Schichten des norddeutschen Schwemmlandes, 
welche älter sind als das Alluvium, ist es ebenfalls von Be- 
deutung, dass in den Herzogthumern noch ein relativ grösserer 
Reichthum auf kleinerem Raume gewahrt wird. Ich brauche 
nur zu erinnern an die Cyprinenthone von Alsen, die Muschel- 
krebsthone von Tarbek, die petrefactenreichen Schichten von 
Fahrenkrug, an die diversen Austernbanke des Hochlandes und 
die merkwürdigen Ziegelthone von Glinde, in denen Coniferen- 
zapfen und Delphinknochen neben einander vorkommen, wie denn 
auch ächt diluviale Ablagerungen eines zwischen Braunkohle 
und Torf mitten inne stehenden Pflanzenresiduums nicht 
selten sind. 

Ferner kommt ganz wesentlich in Betracht, dass das Land 
- der Ursprungstätte des Materiales, der skandinavischen Halbinsel 
viel näher liegt, dass die Gletscherspuren — wenn man sie als 
solche will gelten lassen —, jedenfalls aber die Bewegungsspuren 
hier weit ersichtlicher sind als weiter sudwärts, dass die Aufein- 
anderfolge mehrerer Eiszeiten, wie sie in anderen Ländern 
als erwiesen gilt, wenn sie für Norddeutschland ebenfalls giltig 
sein sollte, hier in den Herzogthümern zuerst und am leichtesten, 
ja vielleicht nur hier festgestellt werden kann. . 


186 


‚Die grosse praktische Bedeutung dieser scheinbar rein 
geologischen Frage ergiebt sich daraus, dass alle Thone, 
welche von Gletscherschlamm herrühren, ihren Kaligehalt aus den 
Feldspathen conservirt haben, während die aus Verwitterung 
entstandenen Thone vorher stets halb oder ganz kaolinisirt 
worden sind. 

Von grosser Bedeutung für die gestellten Aufgaben ist er 
dass auch die Berührung mit älteren Schichten und die Auf- 
lagerung auf dieselben hier zu verfolgen sein wird. Wenn 
auch nicht alle Abtheilungen der norddeutschen Tertiärforma- 
tion hier vorhanden sind, so trifft man doch einen wichtigen 
Theil derselben an immer zahlreicheren Punkten auftauchend 
und in mannichfaltigster Weise mit Diluvium und Alluvium zu- 
sammengreifend, wie denn auch ein Tertiärgebirge, dessen 
Conecretionen durch die herrlichsten Petrefaeten bezeichnet sind, 
fast gänzlich in das Diluvium aufgenommen ist und an den 
classischen Fundstätten in der Nähe von Segeberg, Plöen und 
Mölln Aufschlüsse über die Herkunft mancher Sandmassen des 
Diluviums geben wird, während an den Küsten die exac- 
teren Rerührunkefeiiveht zwischen se Formationen zu ge- 
winnen sind.. 

Ebenso ist die Kreide in mehreren Stufen im Lande vor- 
handen, und künstlich oder natürlich aufgeschlossen. An einer. 
Stelle ist die seltsamste Verschlingung der turonischen Ab- 
“theilung mit dem Diluvium festzustellen, durch welche die Ent- 
stehung mancher grünlichen Thone der norddeutschen Ebene 
verständlicher wird. 

Es genügt nicht, die Herkunft der löslichen Kieselsäure 
und des Kalkgehaltes in den mannichfaltigen Bodenarten Nord- 
deutschlands auf die Kreideformation zurückzuführen, in vielen 
Fällen ist auch der Kaligehalt ihr zu verdanken, und die Kennt- 
lichkeit des Glaukonites auch in dem kleinsten zerriebenen 
Körnlein giebt hier ein wundervolles Hülfsmittel sowohl für 
die geologische, als für die agronomische Untersuchung ab. 

Weniger bedeutsam für die allgemeine Kunde des Schwemm- 
jandes und doch noch von hohem Interesse ist der Umstand, 
dass an bestimmter Localität dasselbe mit Petroleum durch- 
drungen ist und eine reichliche Ausbeute gewährt, und dass 
dieses Petroleum einem Gebirge von weisser Kreide entstammt, 
welches in einer Mächtigkeit von 130 Fuss davon getränkt 


187 


uud durchdrungen ist, so dass es die überliegenden Diluvial- 
schichten in wahre Pechlager verwandelte. 

Es ist bekannt, dass der Segeberger Gypsstock mit seinen 
Umgebungen viele Actenstücke zur Lösung der Frage über das Vor- 
kommen der Salzquellen in Norddeutschland liefert, dass durch 
Vergleichung der Punkte Segeberg, Stade, Lieth, Schobull viel- 
leicht die Stellung dieses Salzes und Gypses im Flötzgebirge 
zu entscheiden ist, da die gänzlich im Diluyium verschwemmten, 
ziegelrothen Flötzgebirgsmassen, begleitet von Gyps, Stinkstein 
und Asche, mit allen Charaeteren der Zechsteingesteine gleicher 
Art, noch immer der Deutung harren und jedenfalls die Mit- 
wirkung eines Factors bei der Materialgewinnung des Diluviums 
erläutern werden, der bisher gar nicht beachtet wurde. 
Endlich ist zu erwähnen, dass in Holstein ausser den Bruch- 
stucken zerstörter Juragesteine, welche jetzt fast überall ge- 
troffen ‘worden, sich bei Ahrensburg der Jura auch durch 
wahrhafte Concretionen und Septarien (keine Schichtenbruch- 
stücke) verräth, mithin auch die Einwirkung seiner in das 
Diluvium verschwemmten Thonlagen auf deren Gehalt fest- 
stellen lässt. 

Hier in den Herzogthumern ist ar ausser der leichteren 
Sondirung der verschiedenen Abtheilungen des Diluviums an 
der Oberfläche und in natürlichen Durchschnitter, auch die 
Beziehung zu dem unterliegenden Flötzgestein am leichtesten 
festzustellen; denn wo dasselbe an die südlichen Flötzgebirge 
reicht, ist es oftmals zu sehr durch locale Ursachen verändert, 
während über unser Land hinweg nur die allgemeine Nord- 
bewegung des Materiales geschah, und das ist doch wohl aus- 
gemacht, dass, wenn auch aus dem Sande noch in entfernten 
Gegenden festzustellen ist, welche Schichten sein Material 
lieferten, der Antheil der Flötzgebirge an der Entstehung thoniger 
und mergeliger Diluvien doch nur am Orte der Verwaschung 
unzweifelhaft klar gemacht werden kann. 

Was endlich die jüngsten Schichten des Alluviums betrifft, 
so behaupte ich, auf Thatsachen gestützt, dass kein einziges 
Land auf so zusammengedrängtem Raume so vielfache und 
verschiedenartige Meeres- und Süsswasserbildungen neben ein- 
ander beherbergt und deren relatives Alter festzustellen ge- 
stattet als gerade Schleswig-Holstein. Und hier ist auch der 
Punkt, wo die moderne geologische Frage vom Alter des 


188 
- Menschengeschlechts neue Thatsachen erwarten kann. Kein 
Theil von Deutschland ist s6 reich an Ueberbleibseln aus’ dem 
Steinzeitalter der Menschheit, und noch an’keiner Stelle des 
Landes sind sie mit Rücksicht auf ihre Fundstätte in den 
Schichten gesammelt. Der Fund aus einem einzigen Torf- 
moore in Angeln hat genügt, ein ganzes Museum zu gründen, 
um dessen Besitz noch heute diplomatisch gekämpft wird, und 
die einzige von FORCHHANMMER constatirte T’hatsache, dass ein 
heidnisches Begräbniss unter den Spiegel des Meeres bei Husum 
hinabreicht, ist Beweis genug dass hier ein Zusammenspiel 
geologischer und archäologischer Entdeckungen zu erwarten 
steht, wenn die geeigneten Kräfte das Object anfassen. 

Eine gewiss verzeihliche Vorliebe für meine engere Heimath 
und für die Studien, denen ein angespannter technischer und kauf- 
männischer Beruf mich entzogen hat, erweckt in mir den Wunsch, 
eine geognostische Generalkarte der Herzogthumer zur Grund- 
lage und zum Ausgangspunkt der geognostischen Specialkarten 
der norddeutschen Ebene erhoben zu sehen, aber dieser Wunsch 
hat mich nicht verführt, Etwas vorzuschlagen, was ich nicht 
zugleich aus vollster Ueberzeugung für praktisch richtig hielte, 
und was nicht voraussichtlich auch der deutschen geologischen 
Gesellschaft: so erscheinen sollte. 

Wenn+aber in der Thatin den Herzogthümern der Schlüssel 
‘für die Deutung des Ganzen liegt, so würde sich für die Lö- 
sung.der von dem Landes-Oekonomie-Collegium angebahnten Auf- 
gaben empfehlen, eine vorläufige generelle Aufnahme dieses 
Landes oder eine Reihe von Durchschnitten quer durch das- 
selbe zur Grundlage für die weiteren Aufnahmen zu machen. 

Da das Herzogthum Lauenburg den König von Preussen 
als seinen Landesherrn erkennt, und da die Beziehungen 
Preussens zu den anderen beiden Herzogthümern jetzt der 
allerinnigsten Art sind, ja in dem einen Herzogthum preussische 
Autoritäten ganz allein verfügen, und da, wie früher her- 
vorgehoben, ein grosser Theil der wichtigsten Localitäten für 
die Geognosie zugleich für andere, namentlich maritime In- 
teressen Preussens von hervorragender Wichtigkeit sind, so 
liegt in der Zumuthung, diese Generalaufnahme jenen Speecial- 
aufnahmen vorhergehen zu lassen, auch nicht einmal eine Auf 
förderung, das Fremde dem Heimischen voranzustellen, und be 
der eigenthümlichen Stellung der deutschen geologischen Ge 


\ 


189 


sellschaft als eine völlig freie, rein wissenschaftliche Ver- 
einigung der Fachmänner scheint gerade sie berufen zu sein, 
den aus rein wissenschaftlichen Gründen motivirten, hierauf- 
abzielenden Antrag bei dem Ministerium einzubringen. 

Ich richte daher als Mitglied der deutschen geologischen 
Gesellschaft an den Vorstand derselben die ergebene Bitte, 
derselbe möge diesen meinen Vorschlag in seiner Februar- 
Sitzung diseutiren, alsdann einem Comit& von in Berlin leben- 
den Mitgliedern, welche mit der Anfertigung geognostischer 
‚Karten vertraut sind, zur Prüfung übergeben, und wenn diese 
rein wissenschaftliche Prüfung günstig für den Vorschlag 
ausfällt, dann denselben sich zu eigen machen und im Interesse 
der guten Sache zur Ersparung von Zeit, Kosten, Weitläufig- 
keiten und Irrthumern ungeachtet der mangelnden amtlichen Be- 
ziehung zum Ministerium demselben vertrauensvoll diese Bitte im 
Anschlusse an die Bitte des Landes - Oekonomie- Collegiums 
aussprechen. 

Uetersen in Holstein, den 28. Januar 1866. 

Dr. L. Meyn. 


2. Protokoll der März-Sıtzung. 


Verhandelt Berlin. den 7. März 1866. 


Vorsitzender: Herr Ewarn. 

Das Protokoll der Februarsitzung wurde verlesen und ge- 
nehmigt. 

Für die Bibliothek sind eingegangen: 

A. Als Geschenke: 

C. W. Gümsen: Geognostische Verhältnisse der Pfalz. 
München 1865. — Separatabdruck aus Bavaria, 4. Band, 
2. Abtheilung. 

B. Im Austausch: 

Zeitschrift des Architeeten- und Ingenieurvereins für das 
Königreich Hannover. Bd. 11. Heft 4. Jahrg. 1865. Hannover. 

Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in 
Meklenburg. 19. Jahrg. Herausgegeben von Borz. Neu- 
brandenburg 1865. | 


190 


Neunter, zehnter und elfter Bericht der oberhessischen 
Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. 1862—1865. Giessen. 


Der zoologische Garten. 6. Ah NR E Frank- 


furt a. M. 1865. 

Sechster Bericht des Offenbacher Vereins für Naturkunde. 
Offenbach a. M. 1865. 

Neues Lausitzisches Magazin. Bd. 42. 1. u. 2. Hälfte. 
Görlitz 1865. : Ya: 

Metrische Uebersetzung einiger Psalmen. Herausgegeben 
von der oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften als 
Jubiläumsschrift. Görlitz 1865. 

Notizblatt des Vereins für Erdkunde zu Darmstadt und 
des mittelrheinischen geologischen Vereins. III. Folge. 4. Heft. 
N. 37—48. Darmstadt 1865. 

Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt in 
Wien. Sitzung vom 20. Februar 1866. T 

Sveriges geologistka undersökning, pa offentlig bekostnad 
uförd under ledning af A. Erpmann. N. 14—18. Nebst den 
Sectionen: Lindsbro, Skattmansö , Sigtuna, Malmköping, 
Strengnäs. 

Herr von DER MARCK she über die Entwickelung der 
Jüngsten Kreideschichten in Westphalen. Sie nehmen den 
Mittelpunkt des Beckens von Münster und Paderborn ein, 
dessen nördlicher Rand durch ältere Kreidebildungen, nämlich 
hellbraune Neocomsandsteine und theils thonige, theils sandige, 
theils als Flammenmergel entwickelte Gaultablagerungen ge- 
bildet wird; ihnen lagern sich nach Süden hin immer jüngere 
Schichten auf, von denen die oberste Kreide, namentlich das 
ältere Senon mit Belemnitella quadrata den grössten Theil des 
genannten Beckens einnimmt. Weniger mächtig sind die 
Schichten’ mit Belemnitella mucronata entwickelt, welche die 
Baumberge und das Plateau von Beckum umfassen und mit 
einer oolithischen Schicht mit Fischzähnen, Haifischwirbeln 
und Belemnitella mucronata abschliessen. Ueberlagert werden 
dieselben von einer 6—8 Fuss mächtigen, durch zahlreiche 
Fischreste ausgezeichneten Schicht, in welche die Belemnitella 
mucronata nicht hineingeht. Von Fischen sind in derselben etwa 
40 Species beobachtet worden, von denen 5 in ausserordent- 
licher Häufigkeit vorkommen. Die meisten gehören der Ab- 
theilung der abdominalen Weichflosser an, 10 den Stachel- 


191 


flossern, 4 den Ganoiden, welche denen der älteren Formationen 
nicht ähnlich sind; endlich fanden sich auch Haifischreste, 
welche dem Hundshai nahe stehen. Alle, besonders die 
Stachelflosser und Ganoiden, finden ihre nächsten Verwandten 
in den Fischen der tertiären Ablagerungen des Monte Bolca 
und des Libanon. Ebenso die Krebse, welche von denen der 
Kreideformation erheblich abweichen. Leider war der einzige 
aufgefundene Echinid von zu unvollkommener Erhaltung, um 
eine Vergleichung mit Ananchytes ovata zu gestatten. Ausserdem 
wurden Reste eines nakten Cephalopoden, dicotyledone Baum- 
blätter und Fucoiden bei Stromberg und Sendenhorst beobachtet. 
Alle organischen Reste scheinen ‘den Schluss zu rechtfertigen, 
die in Rede stehenden Schichten als ein Mittelglied zwischen 
den: Ablagerungen der Kreide und des Tertiärgebirges aufzu- 
fassen; jedenfalls wird ihnen ein noch jüngeres Alter als den " 
Mastrichter Kreidebildungen zuzuweisen sein. 

Herr Laspryres legte eine Reihe von Handstücken des 
Eruptivgesteines vor, welches in den oberen Schichten des 
Unterrothliegenden nicht weit im Hangenden des quarzführenden 
 Porphyrs der Rothenfelsen bei Münster‘ a. Stein ein concor- 
‘ dantes, intrusives Lager bildet, das von dem Norheimer- 
Tunnel der Rhein- Nahe-Eisenbahn durchfahren worden ist. 
"Dieses Gestein, das man bisher mit den Namen Grünstein, 
Trappdiorit und Melaphyr belegt hat, ist für die Chemie, Pe- 
trographie und Geologie von mehrfachem Interesse. 
| Einmal bildet es den Schlüssel zur Kenntniss der pfäl- 
zischen, bisher Melaphyr genannten Eruptiv-Gesteine, weil es 
ein ganz frisches Gestein ist von so grobkörnigem Gefüge, dass 
es dem Vortragenden möglich war, die einzelnen Gemengtheile 
zu einer Analyse rein auszulesen. Nach den chemischen undmine- 
ralogischen Untersuchungen besteht das Gestein aus 75,313 pCt. 
eines eingliederigen Feldspathes von der Zusammensetzung des La- 
bradors, vielleicht verwachsen mit etwas Anorthit und Oligoklas, 
ferner aus 22,167 pCt. eines normalen Diallages (Bisilikat von 
Eisenoxydul, Kalkerde, Magnesia), weiter aus Spuren von Prehnit, 
1,027 pCt. Apatit, 1,241 pC:. Magneteisen, 0,602 pCt. Titan- 
eisen, 0,343 pCt. Kupferkies, 0,066 pCt. Kalkspath und 
0,060 pCt. in Wasser löslicher Chlorverbindungen. 

- Somit hat es sich unzweifelhaft herausgestellt, dass das 
vorgelegte Eruptivgestein ein normaler Gabbro ist. Derselbe 


192 


bildet den Ausgangspunkt einer petrographischen Arbeit über 
die pfälzischen Melaphyre, denen sich der Vortragende seit 
einem Jahre zugewendet hat. Ein grosser Theil dieser Mela- 
phyre ist ebenfalls Gabbro; was der andere Theil ist, daruber 
sind die chemischen und mineralogischen Untersuchungen des 
Vortragenden noch nicht ganz zum definitiven Abschluss ge- 
langt; vermuthlich sind diese sogenannten Melaphyre und Mandel- 
steine Mischungsgesteine von Gabbro und quarzführendem Por- 
phyr, welche zum Theil die sogenannten Porphyrite bilden. 
Ein zweites, vorzugsweise chemisches Interesse hat das 
. vorgelegte Gestein dadurch erlangt, dass es das erste Silikat- 
eruptivgestein ist, in welchem die beiden jüngsten Alkalimetalle, 
das Cäsium und Rubidium, vom Vortragenden schon , vor 
Jahresfrist nachgewiesen und annähernd quantitativ bestimmt 
worden sind. Seitdem hat man das Rubidium noch in mehreren” 
anderen plutonischen Gesteinen nachgewiesen, in Bezug auf 
das Cäsium ist der Norheimer Gabbro noch alleinstehend. 

Ein drittes, chemisches und vor Allem geologisches In- 
teresse beansprucht der vorgelegte Gabbro noch deshalb, weil 
in ihm vom Vortragenden alle die chemischen Elemente nach- 
gewiesen sind, welche sich in den heilkräftigen, chemisch einzig 
dastehenden Soolquellen von Münster am Stein und Kreuznach 
an der Nahe und von Dürkheim an der Hardt in Rheinbayern‘ 
wiederfinden. Diese Beobachtungen, gestützt auf 'viele geolo- 
gische, mineralogische und topographische Thatsachen haben 
den Vortragenden zu einer neuen Theorie über den bisher so 
zweifelhaften und mystischen Ursprung und das Alter der ge- 
nannten Soolquellen geführt, welche unzweifelhaft alle ihre 
Salze aus den bisher Melaphyr genannten Eruptivgesteinen der 
Pfalz entnehmen. ; 

Eine vorläufige Mittheilung über einen Theil dieser Unter- 
suchungen hat der Vortragende schon im Vorjahre in den 
Annalen der Chemie und Pharmacie (Bd. CXXXIV. S. 349 ff.) 
gegeben. Der Abschluss dieser Untersuchungen erscheint in einem 
der nächsten Hefte derselben Zeitschrift und in den Verhandlungen. 
des naturhistorischen Vereins für Rheinland und Westfalen. 

Derselbe legte ferner ‘die von ihm in dieser Zeitschrift 
Band XVI. S. 453 beschriebenen, in der Porzellanerde von 
Dölau bei Halle a. S. befindlichen, sekundär gebildeten Anatas- 
Krystalle vor, sowie eine Concretion eines. gestreiften Feld- 


193 


spathes mit Augitin der Nephelinlava von Niedermendig und Mayen 
in der Rheinprovinz. Der Vortragende hat den Feldspath im 
Laboratorium der Bergakademie zu Berlin analysirt und folgende 
Zusammensetzung gefunden: 

Kieselsäure . 57,287 

Thonerde . 26,783 

Eisenoxyd . Spur 


Kalkerde . 8,009 
Magnesia . 0,284 
Natron . .. 6,842 (aus der Sauerstoffmenge der 
Kali ii a2) 8pur Thonerde berechnet) 
Lithion . . Spur 

99,205. 


Der Feldspath ist mithin ein Labrador, den man wegen seines 
Sauerstoffverhältnisses 1:3:7 Andesin genannt hat, oder nach 
der Auffassungsweise des Herrn TscHERMAR ein Gemenge von 
einem Kalk- (Magnesia) Anorthit (1:3:4) und einem Natron- 
Albit (1:3:11, 89). 

Schliesslich verlas der Redner folgende Erklärung: 

Nachträglich bemerke ich auf Wunsch des Herren ©. Lossen in 
Kreuznach zu meinem Vortrage in der Sitzung unserer Gesellschaft 
am 6. December v. J. und zu meinem in dem 4. Hefte des Jahr- 
ganges 1865 der Zeitschrift unserer Gesellschaft abgedrukten 
Aufsatze über die hohlen Kalksteingeschiebe im Rothliegenden 
nördlich von Kreuznach an der Nahe, dass die von Herrn 
Burkart als „Hohlkugeln“ im Conglomerate mit Kalkstein- 
geschieben beschriebenen Hohlgeschiebe als solche letztere 
zuerst von Herrn C. Lossen erkannt und mir genannt worden 
sind, noch ehe ich den Steinbruch bei Heddesheim besucht 
hatte. Trotzdem habe ich nach der in gedachtem Aufsatze 
abgedruckten Beschreibung der Hohlkugeln durch Herrn 
BURKART jene Entdeckung diesem Forscher, nicht Herrn 
C. Lossex vindieiren zu müssen geglaubt. 

Endlich sprach Herr RAmmELSBERG über die borsäure- 
haltigen Dampfexhalationen in der Gegend südlich von Vol- 
terra. 

Hierauf ward die Sitzung geschlossen. 

v. w. Ro: 
Ewarpd. Beyrıch. Eck. 


Zeits. d,.d. geol. Ges. XVIH. 2. 5\ 


194 


3. Protokoll der Aprıl - Sıtzung. 
Verhandelt Berlin, den 4. April 1866. 


Vorsitzender: Herr Ewa». 

Vor dem Eintritt in die gewöhnlichen Verhandlungen er- 
theilte der Vorsitzende dem Herrn Srrro das Wort zu- fol- 
gendem ' 

Nekrolog. 

Es ist für mich eine traurige Pflicht, die Gesellschaft an 
den herben Verlust zu erinnern, den dieselbe seit ihrem letzten 
Zusammensein durch den Tod ihres Archivars, des Königlichen 
Bergraths Heınkıch LoTTxer erlitten hat. Gestatten Sie mir, 
Ihnen in wenigen Worten den Lebensgang eines Mannes vor- 
zuführen, dessen rastlos schaffende Thätigkeit, dessen reicher 
Schatz von Kenntnissen und dessen Anspruchslosigkeit Jedermann 
Achtung abnöthigte, und den wir auch als herzlich ergebenen 
Freund betrauern. Hemrıcu Lorrner wurde am 9. September 
1828 in Berlin geboren. Nach kaum vollendetem siebenten 
Lebensjahre kam er. in Folge des Todes seines Vaters in das 
Haus seines Onkels nach Düsseldorf, wo er die Realschule 
besuchte,. die er im Jahre 1844 mit dem Zeugniss der Reife 
verliess. Er trat in das Bergfach und legte das Probejahr 
auf den Gruben in der Umgegend von Bochum ab. Nach sehr 
befriedigend bestandenem Tentamen bezog er im October 1845 
_ die Universität in Berlin, wo er bis Ostern 1849 studirte. 
Nach vollendeter Universitätszeit kehrte er nach Westphalen 
zurück, besuchte die Berg- und Hüttenwerke des Bezirks und 
wurde zeitweise zur Aushilfe bei Revierbeamten beschäftigt. 
Im December 1853 legte er die Referendariatsprüfung mit sehr 
gutem Erfolge ab und wurde als Oberbergamts-Referendar so-. 
fort zur selbstständigen Vertretung mehrerer Revierbeamten 
verwendet, wobei er sich neben dem schon erlangten Rufe aus- 
gezeichneten theoretischen Wissens auch die Anerkennung über 
seine praktische Befähigung in hohem Maasse erwarb. Die Er- 
kenntniss, dass nur auf dem fruchtbaren Boden erlangter 
wissenschaftlicher Resultate ein gedeihlicher Fortschritt in der 
industriellen Entwickelung möglich sei, und das daraus folgende 
Streben nach möglichster Verbreitung und Nutzbarmachung 
der ersteren liessen ihn in der Berufung zum Leiter und ersten 
Lehrer an der neugebildeten Bergschule zu Bochum im October 


195 


1854 ein weites Feld längst erwünschter Thätigkeit sich ihm 
öffnen sehen. Er übernahm den Unterricht in der Bergbau- 
kunde, Maschinenlehre, Mechanik, Mineralogie, Geognosie, 
Physik und Chemie. Daneben gewann er noch Zeit zu viel- 
facher amtlicher Thätigkeit bei dem Bergamte zu Bochum, bei 
dem er die Angelegenheiten der Bergschule, des Markscheider- 
und Kartenwesens bearbeitete. In letzterer Hinsicht hat er 
wesentliche Hilfe bei der Herausgabe der Flötzkarte des west- 
phälischen Steinkohlengebirges geleistet und dazu die bekannte 
Monographie „über die geographischen Verhältnisse des west- 
phälischen Steinkohlengebirges“ geschrieben. In die gleiche 
Zeit fällt auch die Bearbeitung der „Bergbau- und Hüttenkunde* 
für das Werk: die gesammten Naturwissenschaften. Von son- 
stigen litterarischen Arbeiten sind diejenigen „uber die Fahr- 
kunst auf der Steinkohlengrube Gewalt“, „uber die Anwendung 
comprimirter Luft bei Senkarbeiten im schwimmenden Gebirge* 
und „über die Grundsätze, welche bei dem Abbau der Stein- 
kohlenflötze in Westphalen zu befolgen sind, bei kritischer 
Würdigung der Abbaumethoden in Belgien, Frankreich und 
England“ besonders hervorzuheben. Nachdem er im’ October 
1859 das Berg-Assessor-Examen mit Auszeichnung bestanden, 
bewirkten die ausgezeichneten Erfolge seiner bisherigen Lehr- 
thätigkeit seine Berufung nach Berlin, um hier für die studiren- 
den Bergexspectanten Vorlesungen uber Bergbaukunde zu halten, 
woran sich der weitere Auftrag knüpfte, Vorschläge fur die 
Errichtung einer Berg- Academie abzugeben. Ich habe nicht 
nöthig, Sie auf die Umsicht und rastlose Thätigkeit hinzu- 
weisen, mit welcher er sich der Verwirklichung einer seiner 
Lieblingsideen unterzog; Sie waren selbst Zeugen davon und 
wissen, dass aus ihr das schönste Denkmal hervorging, das 
er sich selbst setzen konnte. Er selbst übernahm im October 
1860, zum Bergrath ernannt, das Direetorat und die Vorlesungen 
über Bergbaukunde an dem neugeschaffenen Institute. Daneben 
bearbeitete er in dem Ministerium fur Handel etc. die Ange- 
legenheiten, welche sich auf die Einrichtungen der Bergschulen 
und auf die geognostische Landesuntersuchung des preussischen 
Staates beziehen. Der letzteren besonders hat er das grösste 
Interesse zugewendet, wie überhaupt die Geologie diejenige 
Wissenschaft war, deren Entwickelung er neben seiner Be- 
rufsthätigkeit mit Vorliebe verfolgte. Unserer Gesellschaft hat 
13° _ 


196 


“ er seit December 1859 angehört; Sie wissen selbst, wie er 
durch öftere Vorträge an unseren Verhandlungen regen Antheil 
nahm und durch Uebernahme der Archivarsgeschäfte und in 
vielen anderen Hinsichten die Interessen der Gesellschaft wirk- 
sam zu fördern suchte. Im August vorigen Jahres wurde er 
durch Krankheit in seiner erfolgreichen Thätigkeit unterbrochen, 
die wieder aufzunehmen ihm nicht beschieden war. Am 16. März 
d. J. erlag er ruhig und ergeben seinen langen Leiden. Sein 
Verlust wird auch in weiteren Kreisen gefühlt und betrauert 
werden, doch „uns war er mehr.“ 


Die Versammlung trat nunmehr in die gewöhnlichen Ver- 
handlungen ein; es wurde zunächst das Protokoll der März- 
sitzung verlesen und genehmigt. 

Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten: 

Herr Bergreferendar Hınıror, z. Z. in Berlin, 

vorgeschlagen von den Herren: EwALp, SERLO und 
. BEYRICH, | 

Herr Bergeleve Schutz, z. Z. in Berlin, 
vorgeschlagen von den Herren: BEYRICH, STEIN 
und Eck. 

Herr Bergeleve ArLT, z. Z. in Berlin, 
vorgeschlagen von den Herren: Beyrıch, RorH und 
Eck. 

Für die Bibliothek sind eingegangen: 

A. Als Geschenke: 

F. KuArreEr: Ueber das Auftreten von Foraminiferen in den 
älteren Schichten des Wiener Sandsteins. — Sep. aus den 
Sitzungsberichten d. kais. Acad. d. Wiss. in Wien. Bd. 52. 

R. Mvrcnison: on the gmeiss and other arzoie rocks and on 
the superjacent palaeozoic formations of Bavaria. and Bohemia. — 
Sep. aus dem Quart. Journ. of the geol. Soc. in London 1863. 

C. W. GümseL: Ueber ein Vorkommen unterer Trias- 
schichten in Hochasien. — Sep. aus d. Sitzungsber. d. k. 
Acad. d. Wiss. in München 1865. II. 4. 348. 

A.E. Rzvss: Die Foraminiferen und Bryozoen des deutschen 
Septarienthons. Wien 1866. — Geschenk des Verfassers. 


197 


B. Im Austausch: 

Dritter und vierter Jahresbericht des Vereins von Freunden 
der Erdkunde in Leipzig für 1863 und 1864. Leipzig 18%. 

Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften. Her- 
ausgegeben von GIEBEL und Sımwert. Bd. 26. Heft 7—12. 
Berlin 1869. 

Jahrbuch des österreichischen Alpen-Vereins. Redig. v. 
E. v. Mossısovics. Bd. I.. Wien 1865. 

Sitzungsberichte der königl. bayer. Academie der Wissen- 
schaften zu München. 1865. II. Heft III-und IV. München 
1869. | KR | 

Verhandlungen der k. k. geol. Reichsanstalt. Sitzungen 
vom 6. und 20. März 1866. 

_Amtlicher Bericht über die 39. Versammlung deutscher 
Naturforscher und Aerzte zu Giessen im September 1864. 
Herausges. von WERNHER und LzuckArt. Giessen 1865. 

Natuurkundige Verhandelingen van de Hollandsche Maat- 
schappi; der Wetenschappen te Haarlem. Tweede Verzameling. 
Th. XXI, XXL, XXIII. Hoarlem 18. 
| Herr LasArn sprach über die im Suden der Porta West- 
phalica bei Hausberge belegenen Diluvialhügel. Ausser den 
der jurassischen Weserkette entstammenden Eisensteinen und 
Versteinerungen finden sich in denselben Gesteine und Petre- 
fakten aus der Wealden- und Kreideformation. Während erstere 
wohl hauptsächlich von der Zerstörung der ursprunglich im 
Süden der Porta in grösserer Ausdehnung vorhanden gewesenen 
Schichten der Weserkette herrühren, ist die Heimath der Wealden- 
und Kreideformations-Reste im Norden der Weserkette zu suchen, 
von wo sie durch die von Norden kommende Diluvialfluth an 
ihre jetzige Lagerstätte gelangten. Die Wealden-Formation ist 
noch im Norden der Weserkette in grösserer Ausdehnung vor- 
handen; von dem einstigen Vorhandensein der Kreideformation 
gaben nur einige schwache Spuren Kenntniss, die beim Bau 
eines Festungsgrabens in Minden und des Bückeburger Bahn- 
hofes durch einige der unteren Kreideformation angehörige 
Petrefakten gefunden sind. 

Der Redner gab sodann Kenntniss einiger durch die Be- 
mühungen des Major v. BoEnıck in den Porta-Schichten auf- 
gefundenen Petrefakten (Chemnitzia, Melania etc.), welche bis- 
her aus dieser Localität unbekannt gewesen waren. 


198 


Herr von Kornen bemerkte hierzu , dass er jene westlich 
der Porta gelegenen Kieshügel vor einiger Zeit untersucht 
habe und für Alluvial-Ablagerungen halte, da ihre eigenthum- 
liche Gestalt und Lage unmittelbar oberhalb des Ausflusses’ 
der Weser aus dem sogenannten ehemaligen Weserbecken 
darauf hinzudeuten scheine, dass ihre Bildung mit dem Durch- 
bruch der Weser durch die Weserkette in engstem Zusammen- 
hange stehe. h 

Hierauf bemerkte Herr Lasarn, dass die Hügel im Süden 
gelegen, indem die Weser von Süd gegen Nord das Wesergebirge 
durchschneide; die Art der Ablagerung der Eisensteine be- 
kunde, dass dieselben nicht alluvialer Natur seien, sondern dass 
diese Sphärosiderite an ihrer ursprünglichen Lagerstätte sich 
befinden. 

Herr v. KorneN theilte ferner das Resultat einer Unter- 
suchung der Fauna des norddeutschen Mitteloligocäns mit, 
welche er vor einiger Zeit unternahm und vorläufig mit Bear- 
beitung der Gastropoden zu einem gewissen Abschlusse ge- 
bracht hat. Es finden sich an den verschiedenen Lokalitäten, 
besonders Stettin, Hermsdorf, Neustadt, Magdeburg und 
Söllingen, im Ganzen 107 Arten von Gastropoden, worunter _ 
60 Siphonostomen. 27 jener Arten finden sich nur im nord- 
deutschen Mitteloligocän, von den übrigen 80 finden sich im 
Mainzer Becken 5l, nämlich a. im Meeressande: 40 Arten; 
b. im Septarienthon: 23 Arten; im belgischen Thon von Boom, 
Bäsele etc.: 25 Arten; bei Kl. Spauwen etc.: 24 Arten; im 
Unteroligocän: 39 Arten und im Oberoligocän: 47 Arten. Die 
verhältnissmässig geringe Zahl der Arten, die das norddeutsche 
Mitteloligocan mit dem Mainzer Becken gemein hat, möchte 
wohl zum Theil daraus zu erklären sein, dass bei uns die 
brackischen Üerithienformen ganz fehlen und im Mainzer 
Becken die siphonostomen Gastropoden gegen die holostomen 
mehr zurücktreten. Ausserdem ist aber noch zu beachten, 
dass die Fauna des Mainzer Beckens im Ganzen wohl 
eine etwas mehr tropische Facies zeigt. Durch die besondere, 
nicht genug zu schätzende Güte besonders der Herren Wain- 
KAUFF, GROTRIAN, KocH und Benm hatte Redner die sammt- 
lichen Vorkommnisse der verschiedenen Lokalitäten direkt ver- 
gleichen können und dadurch so manche interessante Identität 


199 


festgestellt, so war z. B. Borsonia decussata Beyr. — Pleuro- 
toma obliquenodosa SANDBG. —= Pl. uniplicata SPEYER. 

‘Endlich zeigte der Vorsitzende Exemplare der pechkohlen- 
artigen böhmischen Braunkohle von Aussig vor, und es knüpfte 
hieran Herr Lasarp die Bemerkung, dass dieser Localität — 
namentlich der Umgegend von Teplitz — eine der wenigen 
schmelzbaren Braunkohlen angehöre, welche er in seiner 
in den Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der preussi- 


schen Rheinlande und Westphalens befindlichen Arbeit über den 


Ursprung der Steinkohlen aufgeführt habe. 
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. 
ven, w. 0. 
Ewınp.  DBeyrıch. Eck. 


200 


| B. Aufsätze. 


l. Ueber die chemische Natur der Feldspathe, mit Rück- 
sicht auf die neueren Vorstellungen iu der Chemie. 


Von Herrn C. Rawmnezıssere ın Berlin. 


Im Verlaufe der letztverflossenen zwanzig Jahre hat sich 
in der Chemie eine Reform der Ansichten vorbereitet und ent- 
wickelt, welche in dem organischen Gebiet ihren Ausgang ge- 
nommen hat. Anfangs von der Mehrzahl der älteren Chemiker, 
BerzeLıus an der Spitze, als phantastisch und extravagant be- 
trachtet, haben diese Ansichten im Laufe der Zeit immer mehr 
Anhänger gewonnen; sie beherrschen heute die organische 
Chemie, in deren unglaublich erweitertem Gebiet sie als Füh- 
rer dienen; denn ihnen ist es zuzuschreiben, dass das Chaos 
der Thatsachen klar und übersichtlich geworden ist. 

Wenn die Gesammtheit der theoretischen Anschauungen, 
welche das Wesen der modernen Chemie ausmachen, in dem 
einen grossen Gebiet der Wissenschaft nach langem und hef- 
tigem Kampfe siegreich geblieben ist, und Niemand es heute 
unternehmen möchte, die organische Chemie im alten Gewande 
darzustellen, so muss in diesen theoretischen Formen ein Fort- 
schritt enthalten sein; sie müssen nothwendig als ein solcher 
im Streben nach der Wahrheit betrachtet werden. Allein es 
bedarf keines Beweises, dass sie im ganzen Gebiet der 
Chemie zur Herrschaft gelangen, auch in dem unorganischen 
Theile eine Läuterung der bisherigen Ansichten herbeiführen 
müssen. 

Es ist zunächst ein charakteristischer und wesentlicher 
Grundzug der modernen Chemie, dass sie den Gasvolumver- 
hältnissen bei der Verbindung der Körper vollständig Rechnung 
trägt. Gay-Lussac’s schönes Gesetz, wonach die Verbindung 
stets nach einfachen Volumen erfolgt, und das von WENZEL 


201 


und RicHter begründete, nicht minder wichtige Gesetz der be- 
stimmten Gewichtsverhältnisse (der chemischen Proportionen) 
sind anerkannt die Grundpfeiler aller theoretischen Vorstellun- 
gen in der Chemie. Der Scharfsinn Jonn Darrton’s hatte: die 
Atomistik in das Gebiet der Wissenschaft gezogen; von ihr 
geleitet, hatte er das Gesetz der Vielfachen aus den Arbeiten 
seiner Zeitgenossen entwickelt, und heute giebt es keinen 
Chemiker, vielleicht keinen Physiker, welcher nicht Atomistiker 
wäre, d. h. die Nothwendigkeit discreter Massentheilchen der 
Körper nicht behauptete; denn man darf dreist sagen, die ato- 
mistische Vorstellung allein gestattet chemische Begriffe, che- 
mische Theorien. 

Gay-Lussac’s Volumgesetz führt uns nun zu der Annahme, 
dass gleiche Volume der Gase eine gleiche Anzahl kleinster 
Massentheilchen enthalten. Ä 

Die Physik lehrt, dass die Volume aller Gase durch die 
Wärme um eine gleiche Grösse sich ändern; sie lehrt im 
MaArıorrp’schen Gesetz, dass das Volum der Gase sich umge- 
kehrt verhält, wie ihre Dichte oder Spannkraft. Die mecha- 
nische Wärmetheorie erblickt in der Wärme nichts als die 
Bewegung der kleinsten Massentheilchen der Körper. Sie lehrt: 
In gleichen Volumen verschiedener Gaseist (bei gleichem Druck 
und gleicher Temperatur) die gesammte lebendige Kraft der 
geradlinigen Bewegung der Moleküle gleich gross. Oder: Zwei 
Gase haben gleiche Temperatur, wenn der mittlere Werth der 
lebendigen Kraft, mit welcher sich die Moleküle in beiden 
geradlinig fortbewegen, gleich ist. Daraus folgt mit Noth> 
wendigkeit, dass die Anzahl dieser Theilchen oder 
Moleküle in gleichen Volumen aller Gase eine 
gleiche sei. 

Diese einfache Ansicht ist bereits im Jahre «1811 von 
AMADEO AvoGADRO entwickelt, später auch von AMPERE ange- 
nommen worden. Dass sie in der Chemie nicht allgemeine 
Annahme fand (BerzeLıus hat für ihre theilweise Annahme 
hinsichtlich der Mehrzahl der elementaren Gase das Meiste 
gethan), lag darin, dass man die Moleküle mit den chemi- 
schen Atomen verwechselte, die Avocapro schon vollkom- 
men unterschieden hatte. Denn da -es einfache wie zu- 
sammengesetzte Gase, deren Moleküle den physikalischen Ge- 
setzen gleichmässig gehorchen, giebt, so mussen die Moleküle 


202 


der sogenannten zusammengesetzten Gase durch chemische 


Kräfte theilbar sein und mindestens aus zwei noch kleineren 
elementaren Theilchen bestehen. Dies sind die Atome. In 
einem Gemenge von Chlor und Wasserstoff befinden sich Chlor- 
moleküle und Wasserstoffmoleküle; ist dieses Gemenge aber der 
Wirkung des Lichts ausgesetzt, so verschwinden beide, und an 
ihrer Stelle findet man Chlorwasserstoffmoleküle. Das Volum- 
gesetz aber, gleichwie die mechanische Wärmetheorie verlan- 
gen, dass auch die sogenannten elementaren Moleküle Com- 
plexe von zwei Atomen seien, und so hat sich endlich die De- 
finition der heutigen Chemie ergeben: ein Molekul ist die 
kleinste Menge eines Körpers im freien Zustande; 
ein Atom ist die kleinste Menge eines einfachen 
Körpersin Verbindungen 

Die Hypothese von AvocAnro, jetzt ohne Beschränkung 
angenommen, enthält demnach den Schluss: die Volumgewichte 
aller Gase verhalten sich wie die Molekulargewichte; die Vo- 
lumgewichte einfacher Gase verhalten sich auch wie die Atom- 
gewichte (Verbindungsgewichte) der Körper. Für die Volum- 
gewichte und die Atomgewichte ist der Wasserstoff die Ein- 
heit; da aber in allen Fällen ein Mol. = 2 Atomen ist, so ist 
die Mol. Einheit des Wasserstoffs = 2. 1 Mol. eines Körpers 
ist diejenige Menge, welche in Gasform den Raum von 2 Vol. 
Wasserstoff erfüllt. Wir sagen gewöhnlich: 1 Mol. ist=2Vol. 
"Gas; das Molekulargewicht ist das Doppelte des Gasyelumes; 
wichts. 

Allerdings lässt sich nur bei Be Elementen das 
Atomgewicht und Molekulargewicht bestimmen. Für die übrigen 
- muss man sich auf das auf chemischem Wege gefundene Atom- 
gewicht beschränken und dasselbe durch das Dunong-Perir’sche 


Gesetz controliren; kaum dürfte die Isomorphie ein Mittel sein, 
für die Atomgewichte der Körper eine Entscheidung herbeizu- 


führen. 

Die Erfahrung lehrt tigliahs dass die chemischen Meta- 
morphosen, die Verbindungs- und Zersetzungserscheinungen mit 
Hilfe der aus AvocApro’s Hypothese folgenden Atomgewichte 
die einfachste Form annehmen. Diese Hypothese hat: in die 
atomistische Constitution der Körper einen Blick erlaubt, wel- 
cher zu der Hoffnung berechtigt, dereinst zu einer chemischen 
"Statik der Atome zu gelangen. 


- 


203 - 


Schon längst hatte man bemerkt, dass die Wasserstoffver- 
“bindungen in vier grosse Kategorien zerfallen, dass die gleich 
zusammengesetzten Glieder aus jeder solcher Kategorie die 
grösste chemische Aehnlichkeit haben. Chlor, Brom, Jod, Fluor 
verbinden sich mit einem Atom Wasserstoff; alle diese Ver- 
bindungen sind physikalisch kaum verschieden, sind chemisch 
höchst ähnlich, enthalten die Bestandtheile in gleichem Grade 
verdichtet. Sauerstoff, Schwefel, Selen verbinden sich mit zwei 
Atomen Wasserstoff, und es bestehen nicht weniger Analogien 
zwischen den einzelnen Verbindungen. Stickstoff, Phosphor, 
Arsen verbinden sich mit drei Atomen Wasserstoff, und die 
Verbindungen, grossentheils den organischen angehörend, be- 
wahren mit wunderbarer Oonsequenz ihren gemeinsamen Cha- 
rakter. Kohlenstoff nimmt im Maximo vier Atome Wasser- 
stoff auf, und das Grubengas ist der Ausgangspunkt für ein 
ganzes Heer ähnlicher Körper. Die Elemente sind daher ver- 
schieden, je nachdem sie sich mit ein, zwei, drei, vier etc. 
Atomen Wasserstoff verbinden, und daraus entstand ihre Be- 
zeichnung als ein-, zwei-, drei-, vierwerthige Elemente, daraus 
entsprang der Begriff der Typen, indem man als Muster der 
Verbindungen. einwerthiger Elemente den Chlorwasserstoff, als 
Muster derer von zweiwerthigen das Wasser, als Muster derer 
von dreiwerthigen das Ammoniak hinstellte. 

‚Eine Verbindung vom Typus Chlorwasserstoff ist au, die 
Verbindung je eines Atoms zweier einwerthiger Elemente, und 
da das Wasserstoffmolekul oder das Chlormolekuül selbst solche 
Verbindungen sind, so kann man auch Wasserstofftypus oder 
Chlortypus sagen. Ein Körper vom Typus Wasser ist die 
Verbindung von zwei Atomen Wasserstoff oder von zwei Ato- 
men eines anderen einwerthigen Elements mit einem Atom 
eines zweiwerthigen, wie Sauerstoff, Schwefel, Selen u. s. w. 
Kohlenstoff, Silieium, Titan, Zinn‘, Zirkonium sind vierwerthige 
Elemente; denn ein Atom von ihnen bindet im Maximo vier 
Atome Chlor oder eines anderen einwerthigen Elements. 

Diese Vorstellungen haben den grössten Einfluss, zunächst 
auf die Entwiekelung der organischen Chemie, ausgeübt. In- 
dem man bemerkte, dass in den organischen Verbindungen 
gewisse Atomgruppen — längst schon als zusammengesetzte 
Radikale bezeichnet — die. Function von Elementen haben, 
dass es unter ihnen ein- und mehrwerthige giebt, gab die 


204 


typische Betrachtungsweise den Schlussel für den ähnlichen 
Verlauf gewisser Metamorphosen, selbst bei scheinbar sehr 
verschiedenen Körpern. So sind wir dahin gelangt, Wasser, 
Salpetersäure, Kalihydrat, Alkohol, Essigsäure ete. als Körper 
von dem nämlichen Typus zu betrachten; gewisse Reactionen 
verlaufen bei allen in analoger Art. 

Wenn ein mehrwerthiges Radikal, ein einfaches oder zu- 
sammengesetztes, auf Körper von irgend einem Typus wirkt, so 
‚werden häufig zwei oder mehrere Moleküle des letzteren von ihm 
ergriffen, und indem es aus jedem derselben ein Wasserstoff- 
atom ausscheidet, schweisst es so zu sagen die mehreren Mole- 
kule zu einem einzigen neuen zusammen. Dies sind die viel- 
fachen oder verdichteten Typen. So schreiben wir dem 
Sulfuryl SO? und dem Aethylen C’H*, welche zweiwerthige 
Radikale sind, die Fähigkeit zu, zwei Moleküle Wasser dadurch 
zu vereinigen, dass sie aus jedem ein Wasserstoffatom entfernen, 
sich an die Stelle beider setzen, und nennen das neue Molekül, 
welches zwei Molekülen Wasser entspricht, im einen Fall 
Schwefelsäure, im andern Glykol. 

Verbindungserscheinungeu erklären wir jetzt fast dire: 
gängig durch Wechselzersetzung, d. h. durch Veränderung in 
der Stellung der Atome und Moleküle. Zwei einwerthige Atome 
werden durch ein zweiwerthiges, drei einwerthige durch ein 
dreiwerthiges oder durch ein zweiwerthiges und ein einwerthiges 
ersetzt u. S. w. | 

So ist der Wasserstoff gleichsam auch die Einheit für die 
Grösse der chemischen Anziehung der Körper (Verwandtschaft) 
geworden. Es ist üblich geworden, zu sagen, der Wasserstoff, 
das Chlor u. s. w. hätten eine Verwandtschaftseinheit, Sauer- 
stoff, Schwefel hätten deren zwei, Stickstoff, Phosphor, Arsen 
drei, Kohlenstoff, Kiesel, Zinn, Titan vier u. s. w. 

Eine unmittelbare und nothwendige Folge der neuen An- 
schauungen ist die Aenderung der Werthe gewisser Atomge- 
wichte; O0 ist nicht mehr = 8, sondern = 16; S nicht 16, 
sondern 32, insbesondere aber sind die Atomgewichte von 
Ba, Sr, Ca, Mg und den meisten Metallen jetzt doppelt so gross 
wie früher, denn diese Metalle sind zweiwerthig, während Ka- 
lium, Natrium, Lithium, Silber als einwerthige Metalle ihren 
alten Werth haben. Eine gleiche Verdoppelung haben die 
Atomgewichte C, Si, Ti, Sn u. s. w. erlitten. 


205 


Die Formeln entsprechender Chloride und Oxyde sind dem- 
gemäss z. B.: 

KCl AgCl Ca0l? PCI’ SiCl' 
K’0 Ag’0 CaO 270: Si0° 
U:.84,W: 

In der Chemie Lavoısıer’s waren die Begriffe Säure, Basis, 
Salz sehr einfach; eine Säure war eine Sauerstoffverbindung; 
eine Basis war gleichfalls eine solche; ein Salz war eine Ver- 
bindung beider. Aber schon BERTHOLLET lehrte die Wasserstoff- 


 säurenkennen; GaY-Lussac’s und TuxnaArp’s Idee der elementaren 


Natur des Chlors fand durch Davy allgemeinen Eingang, und 
selbst BERZELIUS trat ihr endlich bei. Dadurch entstand eine 
neue Klasse von Salzen, die Haloidsalze, worin keine Säure 
und keine Basis. Der Begriff Salz wurde nun auf Körper von 
ganz verschiedener Constitution bezogen, und man verstiess 
damit gewaltig gegen das sonst stets giltige logische Priueip, 
dass Körper von ähnlichen Eigenschaften und ähnlichem Ver- 
halten, wie Säuren oder Salze, auch ähnliche chemische Natur 
haben müssen. Man musste zu den unwahrscheinlichsten An- 
nahmen seine Zuflucht nehmen, um die allereinfachsten chemi- 
schen Vorgänge zu erklären (Wasserstoff aus Zink und Schwefel- 
saure oder Chlorwasserstoffsäure. Zersetzung des chlorsauren 
Kalis in der Hitze). Dieser Uebelstand rief längst Versuche 
hervor, ihn zu beseitigen, und insbesondere stellten DuLone 
und Davr eine Theorie auf, wonach alle Säuren Wasserstoff- 
säuren, alle Salze gleichsam Haloidsalze sind. Die moderne 
Chemie hat diese Idee durchgeführt und die Harmonie. aller 
Sauren, Basen und Salze wiederhergestellt. 

Wasser, Salpetersäure, Kalihydrat sind für uns Körper von 
demselben Typus; die beiden letzteren unterscheiden sich vom 
Wasser dadurch, dass in der Salpetersäure das eine Wasser- 
stoffatom des Wassers durch Nitrodioxyl (Untersalpetersäure), 
in dem Kalihydrat durch Kalium ersetzt ist, durch Körper, die 
gleich dem Wasserstoff selbst einwerthig sind: 

H H H 
0 Nor) O =) 

Und wenn ein Molekül Salpetersäure und ein Molekül 
Kalihydrat aufeinander wirken, so findet ein wechselseitiger 
Austausch des Wasserstoffs der Saure durch Kalium und des 


0. 


 Wasserstoffs der Basis durch NO? statt; das neue Molekul, 


206 


welches den Typus des Wassers bewahrt, ist ein Salzmolekül, 
sogenanntes salpetersaures Kali. Der Wasserstoff beider Mole- 
küle tritt natürlich mit einem Sauerstoffatom zusammen als 
Wasser aus. 

Jede sogenannte Sauerstoffsäure ist also Wasser, dessen 
Wasserstoff zur Hälfte durch ein einfaches oder zusammenge- 
setztes electronegatives Radikal vertreten wird. Jede Basis ist 
Wasser, dessen Wasserstoff zur Hälfte durch ein electropositi- 
ves Metall vertreten wird. Ein jedes Salz ist Wasser, dessen 
beide Wasserstoffatome durch -zwei solche Radikale vertreten 
werden. 

Sauren sind also die früheren Säurehydrate, Basen die 
früheren Basishydrate. Aber Wasser präexistirt nicht in ihnen, 
und eben so wie es beim Entstehen eines Salzes sich erst 
bildet, bildet es sich auch, wenn Säuren oder Basen sich in 
Anhydride verwandeln: (wasserfreie Säuren und Basen der 
fruheren Chemie), welche an und für sich weder Säuren noch 
Basen sind. 

Aber die chemische Nomenclatur, zu Ende des vorigen 
Jahrhunderts begründet, ist der wörtliche Ausdruck der älteren 
Ansichten. Sie entspricht durchaus nicht den modernen Ideen, 
und die Bezeichnungen: Kalihydrat, Untersalpetersäure, salpeter- 
saures Kali u. s. w. widerstreiten den Begriffen, die wir jetzt 
damit verbinden. Dessenungeachtet haben sie sich bis jetzt 
nicht ändern lassen. 

Salpetersäure HNO’ und 

das Anhydrid N’O°, N 

Kalihyjdrat HKO (besser vielleicht Kaliumoxyhydrüur 

oder Kaliumhydroxyd) 

und Kali K°’O 
mussen ganz verschieden bezeichnet werden. 

Eine Säure oder eine Basis, welche ein Atom ersetzbaren 
Wasserstoff enthalt, ist eine monohydrische Säure oder 
Basis. 

Die übrigen Säuren und Basen sind polyhydrisch, 
dihydrisch, trihydrisch u. s. w. Sie enthalten dann 
zwei, drei Atome Wasserstoff, welche in ihren Salzen ersetz- 
bar sind. 

Zu den monohydrischen Säuren gehören : Chlorwasserstoff- 
säure, Salpetersäure, Chlorsäure, Metaphosphorsäure, Essigsäure. 


207 


Zu den dihydrischen: Schwefelsäure, schweflige Säure, phos- 
phorige Säure, Chromsäure. Zu den trihydrischen: Phosphor- 
saure, Arsensäure. 

Monohydrische Basen bilden Kalium , Natrium, Lithium, 
Silber; dihydrische die meisten Erd- und eigentlichen Metalle; 
trihydrische bilden Chrom, Mangan, Eisen, Aluminium. 

Normale Salze heissen diejenigen, in welchen der ge- 
rammte typische Wasserstoff der Säure oder Basis vertreten 
sst. Findet dies bei polyhydrischen Säuren nur zum Theil statt, 
so entsteht ein saures Salz; bei polyhydrischen Basen ein 
basisches Salz. 

“Es bedarf kaum der Bemerkung, dass das Verhalten der 
Salze bei der Electrolyse eine wesentliche Stütze für die neue- 
ren Ansichten abgiebt. 

Unter den organischen Verbindungen lernte man zuerst 
solche kennen, die bei gleicher Zusammensetzung im Moleku- 
largewicht sich = 1:2:3... verhalten, und hat dieselben 
polymere Körper genannt; die Ursache ist die, dass sie ver- 
schieden verdichteten Typen angehören. Die Polyäthylenver- 
bindungen, die Polyamine und Polyammoniake sind schöne 
Beispiele. Ohne Zweifel ist die Polymerie auch bei unorga- 
nischen Verbindungen nichts Seltenes. Die Submodificationen 
der Metaphosphate sind längst auf Säuren HPO und H"PrO» 
bezogen worden, und wir werden sogleich sehen, dass die 
Silikate des Mineralreichs in gleicher Weise betrachtet werden 
müssen. 


"Die Constitution der chemischen Verbindungen, welche als 
Mineralien vorkommen, muss im modernen Sinn oft eine an- 
dere sein wie bisher. Hier sei zunächst ausschliesslich von 
den Silikaten die Rede. 

Bisher erblickte man in ihnen Verbindungen von söge- 
nannten Basen, d. h. den Oxyden von K, Na, Li, Ca, bin Sr, 
Mg, Al, Fe, Mn u. s. w. mit Kieselsäure. 

Wir wussten sehr wohl, dass weder synthetisch, noch 
analytisch der Beweis geführt werden kann, dass dem so sei. 
Aber man begnügte sich nicht mit der empirischen Formel; 


208 


man musste, den herrschenden Ansichten gemäss, eine Con- 
stitutionsformel, besonders für sogenannte Doppelsilikate, haben, 
und so entstanden, es darf dies wohl behauptet werden, die 
willkürlichsten Formeln. Ich will beispielsweise bloss an den 
Labrador erinnern, der als eine Verbindung von Kalk- und 
Natrontrisilikat mit Thonerdesingulosilikat bezeichnet wurde. 
Die modernen Ansichten zwingen uns, Säuren, Basen und 

Salze als ähnlich constituirte Körper anzusehen; ein Salzmole- 
kul ist hinfort ein Wassermolekul oder ein Complex von meh- 
ren Wassermolekülen, deren Wasserstoff ganz oder theilweise 
durch zwei verschiedene Radikale ersetzt ist, von welchen eins 
nothwendig ein Metall ist. Die Basen, welche zur Bildung der 
Silikate beitragen, sind theils monohydrische, wie 

HKO = Kaliumhydroxyd, 

HNaO = Natriumhydroxyd, 


HLiO = Lithiumhydroxyd, 
theils dihydrische, wie z. B.: 
H’Ca0° = Caleciumhydroxyd, 


H°’Mg0° = Magnesiumhydroxyd, 
. „ H?’FeO?° = Eisenhydroxydul, 
theils trihydrische, wie 
H°’AIO?’ — Aluminiumhydroxyd, 
H’Fe0° u.s. w. = Eisenhydroxyd. 

Aus mehrfachen Grunden betrachtet man diese beiden als 
hexahydrisch, den Complex von zwei Atomen Aluminium oder 
Eisen, Al oder Fe, als sechswerthig. Die Basen also 

— Hr. Al,0° 
—. HH  Be-0%, 

Die Kieselsäure, die wirkliche Säure, ist, da ihr Radikal 
vierwerthigist, H? SiO*. Sie ist eine tetrahydrische Säure. 
Unter dem Einfluss der Wärme spaltet sie. sich in H?’SiO’ 
und H’O und sodann in SiO° (Kieselsäureanhydrid) und 
H°O, eine Eigenschaft, die sie mit ähnlichen Säuren, ins- 
besondere mit der Zinnsäure und Titansäure, theilt. 

Eine andere Eigenthumlichkeit der Säuren, an der Phos- 
phorsäure zuerst bemerkt, kommt auch der Kieselsäure zu. 
Wenn zwei Moleküle Phosphorsäure sich vereinigen, und es 
tritt ein Molekül Wasser aus, so entsteht die Pyrophosphorsäure; 
wenn aber aus einem Molekül der Säure ein Molekul Wasser, 
oder wenn aus n Molekülen Säure n Moleküle Wasser 


209 


sich abscheiden, so entsteht die Gruppe der Metaphosphor- 
sauren. Aehnlich ist es bei sehr vielen Säuren, und so auch 
bei der Kieselsäure. Freilich kennen wir diese Modificationen 
nicht als solche, sondern nur in Form von Salzen, den Sili- 
katen. ai 

Aus dem Molekül der ursprünglichen Kieselsäure H? SiO* 
kann nur ein Molekül’ Wasser austreten, um die Säure H’SiO’ 
zu bilden (welche auch für sich bekannt ist). Wenn aber eine 
polymere Kieselsäure, d. h. ein Complex von n Molekülen 
H* SiO* ein odermehrere Moleküle Wasser abgiebt, so entstehen 
vielfache Modificationen. 

Bei der Umgestaltung der früheren Silikatformeln muss 
man sich erinnern, dass folgende Atomgewichte sich geändert 
haben. 

Es ist jetzt (H=]): 

O = 16, früher = 8 


Si —=:28 a ©: 
Ca= 40 „3520 
Ms= 24 7) 
Be 561,05 4128 


Al, 27,8. 12,4. 28565: 
Wir stellen hier die alten und neuen Formeln der Feld- 
spathe gegenüber, welche im Wesentlichen nur ein Alkali- oder 
ein Erdmetall enthalten: 

Alte Formel: Neue Formel: 

Anorthit (Kalkfeldspath) CaAılSi? Ca AISi?O° 

Albit (Natronfeldspath) Na AlSi‘ Na? AlSi° O'° 
Orthoklas (Kalifeldspath) K Ä1Si‘ K: AlSie O'°, 
und bemerken, dass aus theoretischen Gründen 54,6 Theile - 
Aluminium — Al und nicht Al? geschrieben sind. 


Die typischen Ausdrücke sind demnach: 


Anorthit entsprechend der Kieselsäure 
C . 
los 10° = si?o® = 2Mol. m+ sio‘ 
Si? gi? (Dikieselsäure), 


Albit Orthoklas entsprechend der Säure _ 


Na’ K’ H? 
Al jo“ Al jo“ H® jr =mraon 


‚Si‘ Si‘ Sit 
Zeits.d.d.geol.Ges. XVII. 1 14 


210 


Sn 


Diese Polykieselsäure ist eine Hexasäure, d. h. = 6 Mol. 
H*!SiO', aus welchen 8 Mol. Wasser ausgetreten sind. 

Nun giebt es bekanntlich eine Reihe von Feldspathen, 
welche, dem Anorthit und Albit in der Form gleich, den Kalk 
des einen und das Natron des andern gleichzeitig enthalten, 
Labrador, Andesin, Oligoklas. Lange Zeit glaubte man, die- 
selben hätten eine constante Zusammensetzung, also dasselbe 
Atomverhältniss Al:Si, welches auch das Verhältniss des ein. 
werthigen Na zum zweiwerthigen Ca sei. So z.B. nahm man 
an, im Labrador sei Al:Si=2:6=1:3, im Oligoklas =2:9 
Atomen. 

Denn 

Alte Formel: - Neue Formel: 

Labrador (natronfrei) Ca Al Si? Ca Al Si®0!°, 

Oligoklas (kalkfrei) Na’Al?Si? NatAarsi?0r°®. 

TScHERMAK ist dieser Ansicht zuerst entgegengetreten; er 
hat behauptet: das Verhältniss Al: Si”in diesen Feldspathen 
hänge von dem Verhältniss Na:Ca ab; sie alle seien Mischun- 


gen von Anorthit und Albit, und mit der Zunahme des Na 


stehe auch die des Si im Verhältniss. 

Ich habe durch eine Berechnung der-brauchbaren unter den 
vorhandenen Analysen gefunden,*) dass in diesen Mineralien 
in. der That die relative Menge des Si mit der des Na wächst, 


wenn sich auch Ausnahmen finden, die auf Rechnung des Ma- 


terials oder der Analyse kommen dürften. Auch habe ich bei 
dieser Gelegenheit erörtert, dass TSCHERMAR’s Ansicht, welche 
sich durch die Thatsachen prüfen lässt, ganz verschieden sei 
von früheren Hypothesen SARTORIUS v. WALTERSHAUSEN’s und 
Heruann’s über diesen Gegenstand. 

In einem sehr interessanten Aufsatz (N. Jahrb. f. Mine- 
ralogie, 1865) sucht Prof. STRENG in Clausthal zu zeigen, dass 
die von TScHERMAK behauptete Relation des Atomverhältnisses 
Na:Ca und desjenigen von Al:Si nicht existire; er sagt: die 
gefundenen Mengen Na und Ca entsprechen in den meisten 
Fällen der Rechnung nicht vollkommen; er kommt zu dem 
Schluss: die Kalknatronfeldspathe sind nicht isomorphe Mischun- 
gen der Endglieder Anorthit und Albit, sondern es sind inter- 
mediäre Mischungen, in welchen 1 At. Ca (40) durch 2 At. Na 


*) Vgl. auch meinen früheren Aufsatz inPoscex». Ann. Bd. 126, S. 39, 


- 


211 


(2.2346) ersetzt wird, d. h. im älteren Sinne 1 At. CaO 
durch 1 At. NaO. 

STRENG zeigt an Beispielen, wie in isomorphen Verbin- 
dungen gleiche Atome gleichwerthiger Elemente sich vertreten, 
wie aber noch häufiger die Vertretung verschiedener Atome 
ungleichwerthiger Elemente stattfindet, und dabei meistens 
die Summe der Verwandtschaftseinheiten der Vertreter gleich 
gross ist. Hierher rechnet er Na’ = Ca, Al’—=S$i?, wo 
AI —= 54,6, sechswerthig, R’ (R ein zweiwerthiges Metall, 
Fe, Ca, Mn etc.) = Fe (d. h. einem Complex von zwei drei- 
werthigen Eisenatomen), O=Fl’. Er stellt demnach den Satz 
auf: In isomorphen Verbindungen ersetzen sich die Bestand- 
theile theils zu gleichen Atomen (monomere Isomorphie), theils 
zu ungleichen Atomen, die dann aber gleichwerthig, d.h. äqui- 
valent sind (polymere Isomorphie). 

Indem er das Molekulargewicht des Anorthits verdoppelt 
_ und denselben mit dem Albit vergleicht, 

Anoriiit — Ca’ Al?’Sı O'° 

Albit —. Na Als Or, 
wo Ca = Na? ist, findet er den Grund der Isomorphie beider 
Verbindungen darin, dass 2 Atome Si = 8 Verwandtschafts- 
einheiten im Albit die Vertreter der Gruppe Ca Al = 8 Ver- 
wandtschaftseinheiten im Anorthit sind, und er sieht in allen 
Kalk-Natronfeldspathen Verbindungen der nämlichen Art, worin 
diese Vertretung (natürlich auch Na’ Al für Ca Al) in der ver- 
schiedensten Art erfolgt sei. 

Es ist vollkommen begrundet, dass die Wechselwirkung, 
welche Moleküle verschiedener Körper auf einander ausüben, 
im Allgemeinen so erfolgt, dass die ihren Platz wechselnden 
Atome oder Atomgruppen, wenn sie gleichwerthig sind, auch 
gleich, wenn sie ungleichwerthig sind, in-der Anzahl auftreten, 
wie es ihre Aequivalenz d. h. die Gleichheit ihrer Verwandt- 
schaftseinheiten fordert. Allein diese Erscheinung steht mit 
der Isomorphie, nach meiner Ansicht, in gar keinem Zusam- 
menhange. Ich habe es schon mehrfach ausgesprochen, dass 
die chemische Constitution und die Isomorphie unmöglich wie 
Grund und Folge zu einander stehen können, dass die geome- 
trische Form das Resultat der Anordnung der -Moleküle, nicht 
aber der chemischen (elementaren) Atome sei, dass die an- 
erkannte Isomorphie von Elementen, sowie die von Verbindun- 


14 * 


212 


gen, die nicht analog constituirt sind, ganz see diese 
Auffassung bestätigen, und ich kann in dem gewöhnlichen und 
wichtigsten Fall, wo Isomorphie mit gleicher Constitution ver- 
einigt ist, nur ein paralleles, nicht ein causales Verhältniss 
erblicken. 

Die schiefe Auffassung dieses Gegenstandes rührt, wie es 
scheint, von dem Begriff her, den man mit „Vertretung“ ver- 
bindet, und den man wörtlich statt bildlich gebraucht hat. 
Wenn ich sage: der Dolomit ist kohlensaurer Kalk, in wel- 
chem Kalk durch Magnesia vertreten ist, so ist dies Nichts als 


ein Bild; denn eine solche isomorphe Mischung entstand doch 


nicht dadurch, dass die einzelnen Moleküle des kohlensauren 
Kalks einen Theil Kalk verloren und die entstandenen Lücken 
sich mit Magnesia fullten, sondern dadurch, dass die fertigen 
Moleküle von kohlensaurem Kalk und die Moleküle von koh- 
lensaurer Magnesia, da sie beim Aufbau eines Krystalls gleich 
anwendbar waren, sich aneinander legten und so den Dolomit- 
krystall bildeten. e 

Cu?S und Ag?S sind isomorph in ihren regulären, gleich- 
wie in ihren zweigliedrigen Formen; aber Cu? S ist auch iso- 
 morph mit FeS, dies mit PbS, mit ZnS. 

Welchen Sinn könnte es haben, wenn man sagen re 
Silber ist mit Blei ED nur in dem Verhältniss von 2 At. 
mit 1 Atom? 

Wenn KC10* (überchlorsaures Kali) mit KMnO' (über- 
mangansaurem Kali) isomorph ist, so beweist dies, dass Iso- 
morphie stattfindet zwischen Molekülen, welche aus gleich vie- 
len Atomen bestehen, nicht aber aus gleichwerthigen, da Cl 
einwerthig, Mn zweiwerthig ist. Dieser Umstand steht zu der 
Isomorphie beider Salze in keiner Beziehung. 


Ich habe schon fruher zu zeigen gesucht, dass die Mon- 


oxyde und Sesquioxyde isomorph, dass die Glieder der Spinell- 


gruppe isomorphe Mischungen Rede: Aeieh, Mit Bezeichnung 
LIT 
der Werthigkeit der es also R © isomorph R: 0: s So 
11,0 
wird eigentlich besser als R genommen), FeO isomorph Fe: 0°. 


Ich Aue, aber nicht, nn man dadurch en könne, 
II 


dass R: 0° isomorph R? 0 oder R’ isomorph R: sei. 
Aus einer Reihe von Untersuchungen über Augite und 


213 


Bm: ‚ae ich den Schluss: R Si ist isomorph 


11 

FeSi’, d.h. RSIO: — — Fe’ Si? O°’. Auch hier wiederholt sich 
bloss die Erscheinung, dass die Zweiwerthigkeit des Eisen- 
atoms (56) in den sogenannten Oxydulverbindungen in eine 
Dreiwerthigkeit übergeht, wenn sich zwei Eisenatome aneinan- 
der reihen. Es ist wohl das Einfachste, anzunehmen, dass in 
den sogenannten Eisenoxydulverbindungen das Metall nur 
unvollständig gesättigt sei, ein Theil seiner Verwandtschafts- 
grösse so zu sagen ruhe. 

Die Untersuchung der Titaneisen hatte schon MOSANDER 
zu der Annahme geführt, FeTi sei isomorph Ee, d. h. Fe TiO?° 
isomorph FeFeO°; ich habe später gefunden, dass dasselbe 
von Mg TiO?’ gilt. Da Titan vierwerthig, gleich Si, so ist auch 
hier Fe oder Mg zweiwerthig, FeFe= Fe aber sechswerthig. 

Vor Kurzem zeigte ich, dass der Braunit aus MnS$i und 
Mn bestehe, d. h. aus MnSiO° und MnMnO’; hier gilt für 
das Mangan, was vorher für das Eisen. 

‚Ferner will ich bemerken, dass solche Glieder der Spinell- 
gruppe, welche der Formel RuRn» entsprechen, jetzt elsichfalls 
sehr einfache Formeln erhalten. 


Magnoferrit ist Franklinit ist 
Mg Mn 
Ber\0 Zn‘ 
Fe?’ Ä Fe’ (0°; 
Fe’ 
während 
Magneteisen Spinell 
Felna x 4 
rel" a 


sind, wo Al= AlAl = 54,6 Theile Aluminium 6 Vandi. 
schaftseinheiten repräsentiren. 

Nach diesem Allem kann ich der Annahme von STRENG 
nicht beitreten, dass in den Feldspathen Na’ Al die Stelle von 
CaAl und von Si” einnehmen könne. Es ist ja diese An- 
nahme überhaupt nur aus der Behauptung entsprungen, die 
kalk- und natronhaltigen Glieder seien, den Analysen gemäss, 
nicht als Mischungen von Anorthit und Albit zu deuten. 

Es ist daher zuvörderst dieser Punkt genau zu unter- 
suchen. 


214 


Wenn alle Kalk-Natronfeldspathe (Anorthit zum Theil, 
Labrador, Andesit, Oligoklas, Albit zum Theil) isomorphe 
Mischungen zweier Endglieder sind, namlich des Anorthits 
oder des reinen Kalkfeldspaths und des Albits oder des. reinen 
Natronfeldspaths, so muss ihre Zusammensetzung eine mittlere 
sein, und es muss eine jede solche intermediäre Mischung ge- 
wisse und ganz bestimmte Beziehungen zu den beiden End- 
gliedern oder Grundverbindungen nachweisen lassen. 

Betrachten wir zuvörderst die Zusammensetzung dieser 
letzteren, und setzen wir, den unabweislichen Forderungen der 
neueren Chemie entsprechend, 


Na = 23 Al = 54,6, O= 16 


Ga:= 40. 8 28 
so ist 
Anorthit Albit 
CaAlSi? O° Na? AlSi? O'*® 
Ga 40. — 1456 :2Na = 46 2g0E 
Al 54.6: 19.60..,Al= 54.6 3047 
2Sı 56 20,10.:'681: =168, \ 3200 
80 123 45,94 160 =256 48,80. 
278,6 100. 524,6 100. 
Da Ca : Si im, Anorthit = 1: 2 
a. Sıım Albit == 1:5, 


so muss in jeder Mischung beider Verbindungen 
1) R:Si zwischen 1:2 und 1:3 liegen. 
Da ferner 


| 


1: Si im Anorthit = 1: 2 
Al > Si im Albit 1:6 
so muss in jeder Mischung 

32) Al:Si zwischen 1:2 und e 6 liegen. 

Da endlich 

Ca : Alim Anortht = 1:1 
Na: Al im Albit — ER 
so muss in jeder Mischung 

3) R:Al zwischen 1:1 und 2:1 liegen. 

Aus dem Atomverhältniss von R:Si eines Kalk-Natron- 
feldspaths muss sich das Verhältniss Ca: Na berechnen lassen; » 
ebenso muss dies aus dem Verhältniss Al: Si möglich sein. 
Ist die Mischung des Ganzen aus Anorthit und Albit hervor- 


9 


215 


gegangen, und ist die Analyse richtig, so müssen beide Rech- 
nungen zu demselben Resultat fuhren. 

Gesetzt, die Analyse hätte R:Si=1:2,5=2:5 gegeben, 
so ist dies 1:2 +.1:3, mithin ist Ca: Na= 1:1 Atom vor- 
handen. Dieselbe Analyse muss dann aber auch Al:Si=1:3,33... 
ergeben, weil 

Anorthit = Ca” Al? Si’ 
Albit Na? Al Si‘ 
ALS, = 1 29.00... 

Die nachstehende Tabelle enthält die Berechnung einiger 
einfacheren Mischungen der beiden Endglieder 

Ca Al Si? 0° = An 

Na?AlSsı? O =Al, 
betreffend das Atomverhältniss Ca: Na, R:Sı, Al: Si, R: Al 
und den Procentgehalt an Natrium und Caleium: 


\ 


: | & “ia Procentgehalt 
Mischung | Na:Ca| R:Si | Al:Si | R:Al| | Ca 
Ant2Al 1:6 |1:2,14..11:2,308. .1:0,928..| 1,19 | 12,41 
An® Al 1:3 2,25 2,97... 0,875 2,09 | 10,93 
An* Al 222 2,33 2,8 0,833..| 2,81 9,76 
Ana Al DE 2,4 3 08 3,38 | 882 
Ans Al? 4:9 2,44..|.:3,14. 2.110,77 2221 03577 8,19 
An? Al er 2,5 339...| 0,75 4,29 7,40 
An Al> 4:8 2,57..| 3,6 0,71...| 4,88 6,37 
Anı AB | 3:2 2,6 371,...%..07 5,13 | 5,9 
An Al 2:1 2,66..| 4 0,66...| 5,73 | 4,98 
Ant A] 5:2 2,71 422...| 064...) 615 | 48 
Ans At | 8:3 2,73. 308 0,63...| 627 | 409 
Anz AB | 3:1 275 1 44 065 | 648 | 35 
Ans Ab | 10:3 9,77::1-45 0,615 6,65 | 3,47 
An Alilkdesid 2,8 4,66...| 0,6 6,93 | 3,01 
Anz AS | 5:1 2,83..| 4,86...| 0,58...| 7,23 | 2,52 
An AB | 6:1 2,86..| 5 057...| 7,45 | 216 
An Als | 12:1 9:99..|° 543...| 052... 8,06:.542 


Um nun die Frage von der Natur der Kalk - Natron- 
feldspathe zu prüfen, ist das atomistische Verhältniss von 
Na:Ca:Al:Si zu berechnen. Dabei muss manK in sein Aecg. 
Na, Mg in sein Aeq. Ca verwandeln. Schwerer ist es zu ent- 
scheiden, ob das fast nie fehlende Eisen als Fe (= 56) in das 

Aeq. von Ca, oder ob es als Fe (= 112) in das von Al zu 


216 


verwandeln sei. In. den nachfolgenden Rechnungen ist das 
letztere geschehen, weil dies nach sllgenieinenb Ansicht das 
Wahrscheinlichste ist. 
Die nothwendig gewordene Verdoppelung der Atom- 
gewichte von Ca, Al und Si ist der Grund, weshalb das Atom- 
verhältniss R:Al, welches früher bei allen Feldspathen gleich 
—1:1 war,jetztnurbeim Kalkfeldspath (Anorthit)=1:1, bei den 
Alkalifeldspathen (Albit und Orthoklas) aber =2 : 1 ist, im 
Labrador, Oligoklas ete. also zwischen beiden Verhältnissen 
liegt. Man kann indessen für alle das alte Verhältniss 1: 1 
wieder herstellen, wenn man in dem Atomverhältniss Na: Ca: 
A] die Atomenzahl des Na halbirt. So ist in der vorher- 
gehenden Tabelle ein aus gleichen Mol. Anorthit und Albit ge- 
mischter Feldspath durch das Atomverhältniss Na: Ca= 2:1, 
R:M=3:2, als Na:Ca:Al=2:1:2 charakterisirt, welches 
dem früheren 1 :1:2=2:2=1;1 entspricht. 
Da dieses Verhältniss oder eine möglichst grosse Annähe- 
rung an dasselbe bekanntlich ein Kennzeichen für die unzer- 
setzte Natur des analysirten Feldspaths und für die Richtigkeit 
der Analyse bildet, so sind hier zuvörderst nur solche Analysen 
zu berücksichtigen, -welche diese Bedingung erfüllen, d. h. bei 
welchen jenes ältere Atomverhältniss zwischen 0,9 : 1 und 
1,1 :1 liegt. Mit einem Stern sind- solche bezeichnet, welche 
hierin abweichen , zur Vergleichung jedoch benutzt werden 
sollten. 


Tabelle I 
Atomverhältniss 
Na: Ca| R:Al _|R: : SijA1:Si 
Anoıthit IRST TIRT 
Meteorit von Juvenas |RAmmetsBeng |1 82 11,07:1 L: :2,0 1:2,12 
Radauthal STRENG 5,7 11,08 2 03 2, 2 
Thjorsa-Lava Damour 5,1 11,18 (1,09)! 1 96 2,3 
Aetna (Serra Gian- 
nicola S. v. WALr. 3351,13  (1,0)| 2,07, 30 
Neurode (a. d. Fo- = 
rellenstein) _ vom Rıta 31 11,13  (1,0)| 2,27) 2,6 
Labrador i 
Havnefjord (Kalk- - 
Oligoklas) Forcun.* | 230 11,0 (086)| 41 | 42 
Berufjord Damovur | 7.20 11,16: (0,97))| 51.2393 


217 


| 


No 


| Atomverhältniss 
| Na:Ca| R:Al |R:SilAl:Si 
Guadelupe DevırLe 1 :1,7411,17:1(0,86)11:2,6611: 3,1 
Glasgow Le Hunte 1,6 11,18 (0,95) ‚„o 2,94 
Färöer FoncHBAaMmMeR. 1,5811,23 (1,0 Be 2,9 
Aetna-Lava (b 1,58]1,32 - (1,0°)| 2,47) 3,27 
& (e) SI Deh 1571,25 (1,0) 2,761 3,46 
N ABICH 1,5511, 35 (1,05))| 2,59] 3,33 
Labrador KLaprortH 1,5 1,23 «(1,0)| 2,84 3,49 
Egersund (ec) Kersten 155° 127 (1.02) 2399 0 
Kiew SEGETH 1,4711,23 (0,98)| 2,77) 3,4 
Baste (Radauthal) |RAMmMELSBERG 1,4311,23 (0,98) 2,4 2,96 
Neurode \a. Hyper- 
sthenf.) v. RatH 1,3711,3 (723720 
Nord. Geschiebe Dvrk 8,2144 (1,0), 383° 335 
Campsie Le Huste 1,12|1,34 (1,02)| 2,48) 3,32 
Neurode (a. Gabbro) |v. Rır# 1,1 11,43 (1,09)| 2,11) 3,0 
Labrador 'TSCHERMAK 1,0811,3 (0,99)| 2,651 3,4 
Lund !BLOMSTRAND 1,0811,45 (1,08)| 2,27) 3,3 
Dalarne ISVANBERG 1,0 1,4 (1,05) 23 | 32 
Mombächler Höfe Scanın 1;0 11,3 (0,99)| 2347| 3,2 
Marmorera v. Rıtu * 107: "19 "19) - 217.42 
Morea DELESSE 1,11 1,3  (0,96)| 2,5 3,2 
Hitteröe Waase 1,15 1,26 (0,92)| 2,24] 2,8 
Nord. Geschiebe S. v. Warr. |1 17 13 (9) 23,5 3,28 
Lavaldens (Olig.) Lorxv 1,18 1,3 ’(0,96)| 3,17| 4,2 
Ilfeld STRENG * 1,2 1,2  (0,89)| 2,58] 3,15 
Oberstein Deıesse * 126 12.@0,8594227.2| 2283.26 
Pont Iean uch; 1,28 1,2 208% %2,571° 31 
Ojamo 'LAURELL 1,33 1,36. 0,9) 2,74 3,7 
Piz Rosag iv. Rartu 1,35 1,45-. (1,03)| 2,67| 3,87 
Odern Deıesse 11,4 1.96. "(2.17 24.7 38 
Botzen BE 1,45 1,44 (1,02)| 2,2 | 3,18 
Esterrel Geb. RANMELSBERG 11,48 1,43-5 (1.0) 42,6. |: 9,26 
Marmato Asıch 1,8 1,48 (1,0) 2,7 4,0 
Pitkäranta JEWREINOwW 11,8 1,4 (0,94)| 2,96) 41 
La Bresse 'DELESSE 1,96 1,46. .(0,97)) .2,7 | 3,9 
Frankenstein SCHMIDT 2,09 1,5 (0,99) 2328| 42 
Marmato RANMELSBERG |2,19 1,0102) 2353: 41 
Sala SVANBERG 2,15 113735409: 3,121 74% 
Baumgarten |VARRENTRAPP * 2,4 1,75 (1,13)| 2.97 3,96 
Pikruki StauvE 12,4 1,8 -(0,97))| 282: 483 ° 
Belfahy DELESSE 12,4 1,4 (0,9) 2,3 | 3,2 
Puy de Döme IKossmann %7 1,5. (0,97)| 3,2 14,86 
Tyveholmen (F. des | | 
Rhombenporphyr' IDELESSE 2,85 1,6 (1,0) 2,27] 3,0 
Servance 2 2,96 1,5 0,95) 2,06 4,0 
Oligoklas | | 
Elba 'Damour 3,3 17 (1,06) 28.) 48 - 
Arendal RosaLes 3,4 1,1. (0,9%) 2391| 44 
Albula iv. RaTtH 3,45 1,66 (1,01)) 23,8 | 4,66 
Tvedestrand SCHEERER 3,04 1,66- (1,01)j: 2,6 .| 4,37 
Coravillers _ "DELESSE 3,7 1,55 (0,94)| 2,581 4,0 
Schaitansk BoDEMAnN 3,8 16 (0,97)) 3,0 | 4,87 


\  Atomenverhältniss 
Behind Nasa | RAT EA 
Flensburg |Worrr 4,0 :1 It, 


7 aonl1:3,9 |1:5,0 
Gaggenau SENECA 40 t,5 (1,09), 2.63124,9 
Ytterby Berzerıus 4,17 1,7 (1,02)| 2,581 4,4 
Katharinenburg Francıs 5,0 1,8 «(1,05)| 2,6 | 4,7 
Stockholm Berzeuıus * 5,0 1,34 (0,78)| 3,33] 4,9 
Freiberg Kersten ® 5,0 1,45 (0,86)| 3,07| 4,5 
Hitteröe TscBERMAK 5,0 1,8  (1,05)| 2,751 5,0 
Arendal HAGEN 5,0 1,85  (1,05))| 23,57| 4,7 
Röttchen Borse * 5,0 15  (0,86)}| 3,0-| 4,5 
Halle LasPpEYRES 5,8 1,66 «0,96)!| 2,71 4,5 
Marienbad Kersten * 5,8 1,46 (0,84)| 31 4,9 
Warmbrunn RANMELSBERG* 6,5 1,47 (0,83)| 31 | 4,6 
Tenerife DeviLte 7,0 1,85 (1,04)| 23,6 | 4,8 
Laacher See Forous 7,2 1,9  (1,07)| 2,571 4,9 
Haddam Smitn, Brusu| 8,6 1,75 (0,96)| 2,9 | 5,0 
Unionville , 13,2 2,0 (1,07) 23,6 | 5,2 
M. Somma (Eis- | 
spath) S. v. War. 115,2 1,9 (1,0)] 1,98] 3,76 


Die Analyse eines Feldspaths wird das Verhältniss Al: Si 
relativ am genauesten liefern, und deswegen ist von ihm zu- 
vörderst auszugehen, um so mehr, als die Grenzen desselben, 
1:2 bis 1:6, die relativ grössten sind. Diesem Verhältniss 
Al : Si muss dasjenige Na: Ca in der Weise entsprechen, wie 
es eine Mischung von Anorthit und Albit verlangt; letzteres, 
aus jenem berechnet, muss durch die Analyse bestätigt werden, 
wenn die Ansicht von der Natur dieser Feldspathe richtig ist. 

In der nachfolgenden Tabelle II. ist diese Berechnung 
durchgeführt. Sie enthält, ohne die besternten, 61 Analysen, 
und von diesen entsprechen etwa zwei Drittel der 
Voraussetzung. 


Tabelle II. 


M:$i x Berechnet Gefunden 

a Na: Ca Na: Ca 
1:2 Anorthit, | 

2,12 | Juvenas RAMMELSBERG 1:16 1:8,2 
2,2 Radauthal STRENG 9,9 9,7 
2,3 Thjorsa-Lava Damour 6 - 5,1 
2,6 Neurode v. RaTH 2,8 2;1 
2,8 Hitteröe WaAcE 2 0,87 
2,9 Färöer FORCHHAMMER 1,72 1,58 
2,93- | Berufjord Damour 2,0 
2,94 | Glasgow Le Hunte 1,6 
2,96 | Baste RAMMELSBERG 1,58 1,43 


| Na: Ca 


Berechnet | Gefunden 


| Na: Ca 

:3,0 Aetna (S. Giamie.) |S. v. Waır. | 1:3,35 

3,0 Egersund (ec) Keßsten 1:1,5 1,5 

30 Neurode (a. Gabbro) |v. Raru 2,1 

3,1 Guadelupe DevıLıe 1.32 1,74 

3,1 Pont lean DeLesse 2 0,78 

3,15 | Ilefeld STRENG 1,25 0,83 

3,18 | Botzen DaLesse 0,7 

3,2 Dalarne SVANBERG 1.167 1,0 

3,2 Belfahy DeLESsSE : 0,4 
Mombächler Hofe SCHMID 1,0 
Morea Deuesse 1,09 0,9 
Oberstein Deuesse 0,8 
Aetna-Lava (b) S. v. Warr. 1,58 
Märkisches Geschiebe |S. v. Waur, 0,86 
Lund | BLOMSTRAND 1,08 

3,3 Aetna-Lava AsıcH 1,99 

3,3 | Campsie Le Huxte 1:1 1,12 

3,3 Nordisches Geschiebe | Durk 1,22 

3,4 Kiew SEGETH 1,47 

3,4 Labrador TsCHERMAK 0,9 1,08 

3,46 | Aetna-Lava (ec) S. v. War. 1,97 

3,5 Labrador KLaprota 12:1 | 0,67:1 

3,6 Tyveholmen DELESSE 1,33 2,85 

3,7 Ojamo LAURELL 1,56 1,33 

3,76 | Esterrel Gb. Re. - 1,48 

3,76 | M. Somma S. v. War 11,57 ı 15,2 

3,8 Odern Detesse 1,67 1,4 

3,87 | Piz Rosag v. RATH -1,75 1,35 

3,9 La Bresse Deıesse 1,96 

3,96 |, Baumgarten VARENTRAPP * 2,4 

4,0 Marmato ABıcH 1,8 

4,0 Servance DeLesse 2 2,96 

4,0 Coravillers DeLEsSsE : 3,7 

4,1 Pitkäranta JEWREINOW 1,8 

41 Marmato Re. 21 

4,2 Havnefjord Forchu.* 0,5 

4,2 ° | Lavaldens Lorr 25 1,18 

42 Sala SYANBERG ? 2,15 

4,2 Frankenstein | SCHMIDT 2,1 

4,24 | Marmorera v. RATa 1,07 

4,3 Pikruki STRUVE 2,67 2,43 

4,37 | Tvedestrand SCHEERER 30; 

4,4 Arendal RosaLes 3 3,4 

4,4 Ytterby BERZELIUS 4,17 

4,5 Stockholm BerzeLıus 9,0 

45 Freiberg Kersten 3.33 9,0 

4,5 Röttehen BoTBE - 9,0 

4,5 Halle Lasp£EvREs 3,8 

4,6 Warmbrunn RAMMELSBERG | 

4,66 | Albula v. RatH 4 3,45 

4,7 Katharinenburg Francıs } 4.671 | 5,0 

4,7 Arendal Hasen H6B? 5,0 


 Na:Ca | Na:Ca 


Elba Damoovr 


| 
| 
£; Sa 
:4 30:1 
4,8 Tenerife DeviLLe h an | 70 
4,86 | Puy de Döme Kossmann h) 2 27 
4,87 | Schaitansk BODEMANN 3,8 
4,9° | Gaggenau SENECA 4,0 
4,9 | Laacher See Fovguz 7,2 
5,0 Flensburg WOLFF 4,0 
-5,0 Hitteröe TSCHERMAK N Ö 9,0 
5,0 , Haddam Smit#, Bauen 8,6 
5,2 Unionville Smitn, Brusu 8 13,2 
6 Albit, 


Von besonderem Interesse ist der Vergleich solcher Ana- 
lysen, die bei demselben Verhältniss von Al:Si in den rela- 
tiven Mengen von Na:Ca sehr abweichen. Dies gilt z. B. für 
folgende Labrador-Analysen, bei denen auf 1 At. Al fast 
genau 3 At. Si kommen, woraus folgt, dass sie 2At. Na gegen 


3 At. Ca enthalten müssten: Gefunden 
Na : Ca 
A. d. Gabbro der Baste Re. 2 : 2,86 
Egersund (ce) KEersteN . . 2:8 
Guadelupe DevmiE, ı» 2 2° 38 


Aetna (S. Giann.) S.v. Wat. 2: 6,7 

Mithin entsprechen bloss die beiden ersten der gestellten 
Forderung, die letzte Analyse weicht aber dermaassen ab, dass 
in diesem. Labrador Al: Si nicht = 1:3, sondern = 1: 2,5 
sein müsste, und auch wenn man das Eisen ausser Berechnung 
lässt, ändert sich im Wesentlichen Nichts. 

Bei den Labradoren von Lund, Campsie, aus dem Norden 
und vom Aetna (nach Asıch) ist Al:Si=1:34; alle sollten 
demnach 1 At. Na gegen 1 At. Ca enthalten: in der That ist 
dies auch bei allen annähernd der Fall, nur der letzte enthält 
2 Na: 30Ca. Im eisenfreien Zustande würde er Al: Si = 
1:3,46, und demgemäss Na:Ca=7:6=2:1,7 haben müssen. 

Diejenigen Feldspathe, bei welchen Al:Si=1:4ist, sollten 
2 At. Na gegen 1 At. Ca enthalten, was auch wirklich bei 
denen von Marmato, Pitkäranta, Sala und Frankenstein zu- 
trifft, nicht aber bei denen von Servance, Coravillers nnd 
Lavaldens. 

Man darf indessen an die Analysen, namentlich an die 
Natronbestimmung, nicht zu hohe Forderungen machen und 
muss bedenken, dass etwa die Hälfte jenes nicht stimmenden 


221 


Drittels auch nicht das normale Atomverhältniss R:Al zeigt. 
Wo die Abweichung von letzterem noch grösser ist, d. h. in 
den besternten Analysen, zeigt sich auch das geforderte Atom- 
verhältniss Na : Ca niemals. ‘Und dann dürfte, auch wenn 
R:Al der Forderung entspricht, mitunter die Bestimmung von 
Na und Ca nicht der Wahrheit entsprechen, namentlich in 
älteren Analysen (Labrador, Krarrorm.) Und wenn die Kry- 
stalle des Rhombenporphyrs (von Tyveholmen) oder der so- 
genannte Eisspath vom Vesuv zu den sehr abweichenden ge- 
hören, so muss daran erinnert werden, dass diese Substanzen 
ihrer Form und Struktur nach gar nicht hierher, sondern zum 
Kalifeldspath gehören. 

Ich habe diese Betrachtungen hervorgehoben, weil der Aus- 
spruch STREng’s: „die gefundenen Mengen Na und Ca ent- 
sprechen in den meisten Fällen der Itechnnng nicht voll- 
kommen“ allerdings der Wahrheit gemäss ist, weil ich aber 
glaube, man dürfe von den Analysen auch nicht mehr erwarten, 
und es für vollkommen genügend halte, wenn aus zwei Dritteln 
von allen sich ergiebt: das Atomenverhältniss Al: Si be- 
stimmt dasjenige Na: Ca. 

Im gegenseitigen Austausch unserer Ansichten äussert STRENG, 
dass auch er die Zunahme des Si mit dem Gehalt an Na an- 
erkenne, dass sich aber aus den Analysen die bestimmte Re- 
lation nicht mit der Genauigkeit ergebe, wie dies nöthig sei, 
wenn TSsCHERMAK’s und meine Ansicht richtig wären. Er er- 
wartet eine klare Entscheidung von neuen Untersuchungen, die 
mit grösster Sorgfalt das beste Material verwenden. 

Kennen wir aber den reinen Kalkfeldspath Ca AlSi?’ 0°? 
Giebt nicht jede Anorthitanalyse ein wenig Alkali an? 
Und wenn dies der Fall, kann die Analyse nicht Aufschluss 
* darüber geben, ob dieser Anorthit eine isomorphe Mischung 
von -Anorthit und Albit oder von Kalk-Anorthit und. Natron- 
Anorthit ist? - 

Gesetzt das Mineral enthält gegen sechs At. Ca einAt. Na, 
so ist es im ersten Fall eine Mischung 

(1.) Na? Al Si’ O'' = 1 Mol. Albit 
12(CaAl Si? 0°) = 12 „ Anorthit. 
Im zweiten Fall aber: 
(I.) Na’ Al Si”? 0° = 1 Mol. Natron - Anorthit 
12(CaAl Si” O°)= 12 „ Kalk-Anorthit. 


Berechnet man diese Mischungen, so erhält man: 


222 


T; 
2Na= 46 — 1,19 = 1,60 Natron 
12 Ca = 480 12,41 17,37 Kalk 
=: 710 18,35 34,48 Thonerde 
30 Si = 840 21,72. 46,55 Kieselsäure 
112.0: =1792 46,33 
3868 100. 
II. 
2 Na 46 = 1267/11 Napras 
12 Ca = 480 _ 13,27 18,58 Kalk 
13.41 == 710... 19,62 36,88 Thonerde 
— 118 1984 42,83 Kieselsäure 
104 O =1664 46,00 
3618 100. 
Der Unterschied ist einleuchtend; er liegt darin, dass 
das Atomverhältniss 


I. 1. 
R:Si 7:15 102,148... 1 000 
Al:Si= 1: 2,3077 1:2 


R, Al!’S1=9:10=1: 1111 27:26= 1: 0,963 
Prüfen wir nun eine Anorthitanalyse, in welcher Na : Ca 
—=1:6. ist Dieses Verhältniss (1: 5,7) findet sich nach STRENG 
im Anorthit des Radauthals, und die Analyse ergiebt (s. Tab. I.) 
R:Si=1:2,03 
Al:Sie 1:2,2 
R, Al:Si=1:1,06 
Dieser Anorthit entspricht also der Formel I. mehr als 
der Formel II; denn die Differenzen der Atomverhältnisse sind 
gegen 1. gegen II. 
R:Si — 011 + 0,17 
Al:Si 3 — 0,1077 +4 0,2 
R, Al:Si — 0,05 —+- 0,097 
Es musste dieser Punkt hier zur Sprache kommen, weil 
STRENG zugiebt, dass die Kalknatronfeldspathe zwar Mischun- 
gen zweier Endglieder sein können, dass diese selbst aber 
Mischungen seien von entsprechend zusammengesetzten Grund- 
verbindungen. Gleich wie er als Anorthit Mischungen aus 
nMol. Ca Al Si? O° 
— Na? Al Si? O° (Natron - Anorthit) 
voraussetzt, so auch als Albit Mischungen aus 


223 


n Mol. Na? Al Si? O'® 
+ Ca Al Si? O'° (Kalk-Albit), 
so nimmt er Labrador, Andesin, Oligoklas für Mischungen aus 
solchen selbst schon Kalk und Natron enthaltenden molekularen 
Gemischen. s 

Es ist aber, wie es scheint, kein Bedurfniss zur Annahme 
solcher hypothetischen Verbindungen, wie Natron-Anorthit und 
Kalk-Albit, vorhanden, die man früher schon zu Hilfe gerufen 
hat. Aber es wird auch, und hierauf möchte ich besonderes 
Gewicht legen, eine thatsächliche Prüfung und Entscheidung 
der Frage unmöglich, wenn in einem solchen Feldspath das 
Ca und das Na gleichzeitig zwei verschiedenen Grundverbin- 
dungen angehören. 

Ich wiederhole daher schliesslich meine Ansicht: die 
besseren Analysen beweisen, dass die Kalknatronfeldspathe 
isomorphe Mischungen von reinem Kalkfeldspath (Anorthit) 
und reinem Natronfeldspath (Albit) sind, deren Isomorphie als 
Ganze weder auf der Zahl noch der Gleichwerthigkeit (Aequi- 
valenz) der sie bildenden Elementar-Atome beruht. 


Im Vorhergehender wurde ein natronarmer Kalkfeldspath, 
ein sogenannter Anorthit, zur Prüfung der Frage benutzt, ob 
er aus Anorthit (reinem Kalkfeldspath) und Albit (reinem Na- 
tronfeldspath) oder aus Anorthit und einer entsprechenden 
Natronverbindung (Natron-Anorthit) bestehe. Die Berechnung 
der Analyse dieses Minerals (aus dem Radauthal) sprach ent- 
schieden fur die erste Annahme. 

Es ist gewiss von Interesse, auch andere natronarme 
Kalkfeldspathe (Anorthit), gleichwie kalkarme Natronfeld- 
spathe (theils Oligoklas, theils Albit genannt) in gleicher Art 
zu discutiren. 


Anorthitvom Vesuv. 
Analyse von ABIcH. 


Wenn die in der Analyse enthältenen 0,44 Eisen = 
0,215 Al, die 0,27 Magnesium = 0,16 Ca und die 0,324 Ka- 
lıum = 0,191 Na genommen werden, so enthält dieser Anorthit: 


224 


Si ‘20,515 
Al 18,995 - 
Ca 13,717 
-Na 0,541 
O 46,232 
100. 


Und es ist das Atomverhältniss: 
NasCa = 1: 14,6 


1,05:1 
Rare 
=. 0,95 
Al:Si k.: : 2,106 


Angenommen Na:Ca=1:14,5, dann ist die Mischung, 


je nachdem sie aus Albit und Anorthit we oder aus Natron- 
und Kalk-Anorthit (IL.) besteht: 


T. II. 
Na? Al Si? O'*® Na’ A] Sı ©: 
29 (Ca Al Si’ O°) 29(Ca Al Si? O°) 
64 Sı = 1192 — 20,83 60 Si = 1680 = 20,09 
30 Al 1638 19,04 30 Al 1638 19,58 
29 Ca 1160 13,48 29 Ca 1160 13,87 
2Na 46 0,53 2 Na 46 0,55 
248 O 3968 46,12 240 O 3840 45,91 
| 8604 100 8364 100. 
Hier ist das Atomenhältniss: 
1. ER 
1,033:1 1.033:1 
SAL, rn? ’ 
H = N :0,97 1 :0,97 
AN. Se=eilet 22183 1 :2 
Bis Sit —d :2,0645 1 :1,9355 


Vergleicht man hiermit die aus der Analyse berechneten 
Atomverhältnisse, so sind die Differenzen : 


für 1. für I. 
Al: Si = — 0,027 = + 0,106 
R :Si = — 0,0645 —= 4 0,0645; 


die Analyse spricht also für I. 


225 


Anorthit aus Heklalava. 
Analyse von Dauour. 


Dass der in der älteren Lava des Hekla, die man Thjorsa- 
Lava nennt, enthaltene und von GENTH zuerst Thorsait ge- 
nannte Feldspath Anorthit sei, habe ich schon vor längerer 
Zeit behauptet. Dauour’s Analyse hat dies bestätigt. 

Wenn in derselben 0,784 Fe = 0,382 Al berechnet 
werden, so ist das Resultat: 


Si 21,453 
Al 18,087 
Ca 13,386 
Na 1,373 
O . 45,701 
100. 
Hier ist Na:Ca = .1:5,6. Nimmt man 1:5,66 = 5:17 


an, so ist das Ganze 


| E | II. 
Na? Al Si 0'° Na? Al Si? O0: 
114(Ca Al Si? O°) 111(Ca Al Si? 0°) 


282 Si = 802,66 = 21,33 242'Si= 690,66 = 19,94 
12: Al 69,6 1848 124 Al 695,6 20,08 
114 Ca 453,33 12,04 114 Ca 453,33 13,08 


DANa. 46 1522 9E.Na 46 1,33 
106: O 1776,66 46,93 982 O 1578,66 45,57 
3764,25 100. 3464,25 100. 
Atomverhältniss 
berechnet gefunden 
E IH, 
BB SAP 1.08:1 1,08:1 1,19: 1 
Al:Si.—= Tr. :2,524 I. 352 1.7230 


280 —: 1 ‚22.19 Tu: ,55 1; :. 31594 
Und die Differenzen 


für 1. für U. 
Al:Si — 0,313 + 0,011 
R :Si — 0,207 + 0,09 
Die Analyse spricht also mehr für Il. 
Zeits. d.d. geol. Ges. XVII. 2. 15 


| 226 


Anorthit von Bogoslowsk. 

De: Feldspath ist von Poryka und von Scorr analysirt 
worden. 

In den Analysen ist 


Fe 0,213 = Al 0,104 P. 


Fe 0,497 = Al 0,24 Se. 
Mg 008 = Ca 0,133 Se. 
SRVNA6? Nam IT TB 

0,75. = EEE 

Tr. Se. 
Si 21,835 21,145 
Al 17,744 18,610 
Ca 12,420 13,185 
Na 1,220 2,360 


Das Atomyerhältniss Na:Ca ist 
bei Poryvks = 1:6 
RSS EN EN 7 
Diese grosse Abweichung liegt entweder in dem Material 
oder in den Analysen; sie vermindert aber jedenfalls den Werth 
der Berechnung in hohem Grade. 


A. Analyse von Porrkı. Na:Ca = 1:6 
T. 1. 
Na’ var Sı? IQ" Na’ Al Si?” O° 
12 (028 Al Si?” 0°) .12(Ca Al Si’ O?°) 
Atomverhältniss 
berechnet gefunden 
1. 
07721: 1,0704 1924 
1 2,308. 1 :2 1 
ee | Sn En | 113897. 1722235 
B. Analyse von Scott. Na:Ca=1:3. 


ae 


I: 1. 
Na”. A181? 0° Na’ Al Sı? 
6 (Ca Al Si” O°) 6 (Ca Al Si” O°) 
Atomverhältniss 
berechnet gefunden 
1. I. 

R :Al = 1,4361 1,145:1 1,5:1 
Al: Si 1 DIR al :2 1 ; :2,216 


R :Sie®=1 734 9 1,892 4: 5638 


227 


Beide Analysen geben das entgegengesetzte Resultat; die 
von PorykA spricht für I., die von Scorr für II. 


Albit (Oligoklas) von Haddam. 
Analyse von SmitH und -Brusn. 


Gefunden: At. Verh. 

Si 29,98 

Al 11,65 

NaN#7,66 8,0. 19. = .20 

Ca 1,54 1 1 3 

T. | II. 

8: (Na* Al Si’ 0-3 8% (Na? Al Si® O'°) 
2 (€ ‚Al Si,0°) 2..(C3°, 41 51° 01°) 


56 Ss = 1568 395 64 Si = 1792 — 32,10 
10° Al 582 19,01 102 Al 582 10,42 
17 Na 398,6 8,292 171 Na 39,6 TU 
Bir Bun 108003, gg. 4 
13820 218,5 45,76 1702 0 2730,5 48,91 


4847,1 100. 5583,1 100. 
Atomverhältniss 
berechnet gefunden 
T. 118% | 
R :Al = 1,844:1 1,844:1 ea! 
Al:Sı = 1 3.298 1 :6 1 :5.02 
ws] :2,847 1 3.294. 7.1 :2,88 


Die Analyse spricht entschieden für I. 


Albit (Oligoklas) von Unionville. 


Analyse von SımirH und BRrUSsH. 


Gefunden: At. Verh. 
Sı..29.99 ; 
AI 114528 
Na. :8,@ 9.2.19 
315,16 1 I i 
L. I. 
13 (Na? Al Si® O'°) 13 (Na? Al Si? O'°) 
2 (Ca Al Si” O°) 2 (Ca: AlSi® O'°) 


14° 


228 S 


82 Si = 2296 = 31,12 9 Si = 2520 = 32,08 
15-31 819% 3 IE108 Ss 819 10,42 
DE Na 598 810. 2 Na Ba 


2 Ca 80 1,09 9>-Ca' 80: :. 1,02 
394:0 . : 3984.04. 45.59 240 O 3840 48,87 
1911.-2.300. 7857. 100. 
2 Atomverhältniss 
berechnet . „gefunden 
1; IE 
BR A119 2801 1,867 :1 BA 
ArSPe4 :9,467 1 :6 1:18 


R :Si =311 :2,928 1 :3,214 1:2,6 
Auch diese Analyse spricht für L: | 


Barytfeldspath. 


Dass im Orthoklas eine geringe Menge Baryt vor- 
komme, der bei vielen Untersuchungen unbeachtet geblieben 
sein mag, ist von A. MITSCHERLICH nachgewiesen und von mir 
mehrfach bestätigt, worden. Allein es giebt, neueren Erfah- 
rungen zufolge, auch Feldspathe mit grösserem Barytgehalt, 
und diese haben die zwei- und eingliedrige Form des Ortho- 
klases, der Hyalophan aus dem Binnenthal und der Feldspath 
des en von Meiches. 


Hyalophan. 


Wenn in der Analyse Srockar - EscHer’s, welche mit 
reinem schwerspathfreiem Material angestellt ist, Ca und Mg 
—= Ba, Na =,K berechnet wird, so hat man: 


gefunden berechnet At. Verh. 
Si 24,58 Si 24,58 | 
Al 11,236 Al 11,236 

Ba 13,476 Ba 14,872 1 „4 
Ca 0,358 R: 9,19 2,1 2 
Mg 0,03 
K 6,49 

Na’ 4,99 


Die Mischung kann sein: 
I. Baryt-Anorthit und Kali-Orthoklas, 
Il. Baryt-Orthoklas und Kali-Orthoklas, 
III. Baryt-Anorthit und Kali-Anorthit. 


229 


Die letzte Annahme zu discutiren, ist unnutz, da Al:Si 
nicht = 1:2 sondern 1:4 ist. 


I. 1. 
Ba Al Si?’ O° Ba Al Si? O'% 
KR? Al sie 0% K’ Al Si? 0'% 
8 Si = 224 = 24,03 12 Si,=,336: = 28,66 
2A 109: anallstl 2: Al .109 9,31 
Ba 197 14,69 Ba 137 11,69 
2K 718 8,37 2K 78 6,66 
24.0 334 4120 32 0: 512 43,68 
932. 100. 172° 700° 
Wie man sieht, ist nur die erste Formel zulässig. 
” Atomverhältniss 
berechnet gefunden 
1. II. 
Br ARE]: 1,9-1 1,67 :1 
Al :Si = Ki r4 1:6 l: 744,26 
yon | 1 2,99 


Barytfeldspath von Meiches im Vogelsgebirge. 


In dem schönen Nephelinit dieses Fundorts, welcher vor- 
herrschend aus Nephelin, Augit und titanhaltigem oktaedrischen 
Magneteisen besteht, und welcher von Knop in einer interessan- 
ten Arbeit genau beschrieben und untersucht ist (Jahrb. fur 
Min. 1865 S. 674), finden sich Sodalith, Leueit, Titanit und 
ein Feldspath, den schon KLipstEin seiner Struktur wegen für 
Orthoklas hielt. Kmor hat bei der Analyse 2,27 pCt. Baryt, 
8,61 Kali und 6,55 Natron sowie 2,27 Eisenoxydul erhalten und 
erklärt ihn für einen Feldspath vom Typus des Oligoklases. 
Die Analyse gab: 


| Atomverhältniss 
Si 21,89... 95 =145 = 14 
Al 11,19 20,5 h) b) 


Re. 1.04 8,16 
Ba 2,04 1,50 
Sr 0,30 0,34 
Ca 0,68 1,70 
x. 61900198 

Na 2,04 9,0 u =. s 
O (46,98) 29,0 43,8 40 

100. | 


6,7 0,98 1 


230 


Man wird diesen Feldspath mithin durch 


Rs 
u pi 
R .\ 09% 

Al? | 

Bi: ® 

bezeichnen können, d. h. als eine Mischung 
| u 

R Al Si? O° 


ZiRFIAI Si”, 02°): e 
Das erste Glied, dem Anorthit oder vielmehr dem ersten 

Glied in der Hs lapkärttesnäl entsprechend, enthält die zwei- 
werthigen Metalle Ba, Ca und Fe in dem Verhältniss von 
1:1:2 Atomen; das zweite Glied ist ein Kali-Natron-Orthoklas, 
in welchem Na:K = 1:2 At. ist. Eine hierauf ‚gegründete 
Berechnung ergiebt: 

14 : -S1’=1992 20 

3 2: ‚263,8 116% 


0,5, Be... 28 . 1,99 
0,25 Ca 10 0,72 
0,25 Ba 34,25 2,44 
2,66 K 104 7,42 


1,33 Na 30,66 2,19 
40 © 640 45,62 
1402,71 100. 


Demnach ist das Atomverhaltniss 


berechnet gefunden 

R :Al = 1,66:1 1,69:1 
Al»Si-=.l 14,66 1: :4,85 
R.:S82.— 1 7:28 11.2 
R,Al:Sı = 18a l 1588 


Die im Vorstehenden mitgetheilten Berechnungen von Feld- 
- spathen, welche theils viel Kalk und wenig Natron, theils viel 
Natron und wenig Kalk, theils Baryt und Kali (Natron) ent- 
halten, bestätigen den Satz, dass die Glieder der Feldspath- 
gruppe theils Grundverbindungen, theils isomorphe Mischungen 
derselben sind. Jene sind 


231 


eingliedrig zwei- und eingliedrig 
R ein‘ einwerthiges Metall 
A. Natronfeldspath = Albit C. Kalifeldspath = Orthoklas 
— Na?Al Si: O!*® — K?Al Si! 0'% 
R ein zweiwerthiges Metall | 
B. Kalkfeldspath = Anorthit D. Barytfeldspath (hypothetisch) 
= CGa:Al Si? 0° = Ba), A781. 0° 

Wenn der Kaligehalt im Albit und der Natrongehalt im 
Orthoklas nur in seltenen Fällen von einer Verwachsung beider 
Mineralien herrührt, so ist auch das Vorhandensein eines ein- 
gliedrigen Kalifeldspaths und eines zwei- und eingliedrigen 
Natronfeldspaths anzunehmen. 

Andererseits lehrt die Analyse des barythaltigen Feld- 
spaths aus dem Nephelinit, dass es auch einen urn 
Fe Al Si?O° geben müsse. 

Die Berechnungen zeigen deutlich, dansk die eingliedrigen 
Kalk-Natronfeldspathe isomorphe Mischungen von A und B 
sind, während die zwei- und eingliedrigen Baryt- (Kalk-Eisen-) 
Kali- (Natron-) Feldspathe ähnliche Mischungen aus C und D 
sind. 


232 


%, Ueber die rothen und bunten Thone und die ihnen 
untergeordneten Glieder im südwestlichen Polen. 


Von Herrn L. Zzuschxer in Warschau. 


Die blutrothen und bunten: Thone von Lublinitz und 
Woischnik in Oberschlesien und von Olkusz, Poremba, Mrzy- 
glod, Pinezyce, Kozieglowy im südwestlichen Polen haben 
OEYNHAUSEN, PuscH, v. CARNALL als eine Abtheilung der Jura- 
formation betrachtet. Mit den rothbunten Thonen verbinden 
sich in Polen und Schlesien verschiedene untergeordnete Fels- 
arten, deren Verhältnisse aber von Pvsc# irrthümlich beurtheilt 
wurden. Die meisten derben Kalksteine, die auf das Engste 
mit den rothen Thonen verbunden sind, hat Pusch mit dem 
weissen Jura von Krakau, also mit dem Spongitenkalke, identi- 
fieirt, die rothbunten Thone aber als Cornbrash oder Forest-. 
marble und die Lager von sogenannter Moorkohle, die in 
grauem Thone eingebettet sind, als oberstes Glied der Jura- 
formation betrachtet. Alle sind daher Glieder der rothen Thone. 
FERDINAND ROEMER hat in zwei Aufsätzen in der Zeitschrift der 
deutschen geologischen Gesellschaft Bd. XIV. und XV. be- 
wiesen, dass die rothbunten Thone mit den weissen Kalk- 
steinen, den breccienartigen Kalksteinen, feinkörnigen Sand- 
steinen, wie auch losen Sanden dem Keuper angehören. Im 
Durchschnitt des Zogelberges bei Woischnik sind diese Ver- 
hältnisse klar zu beobachten. Im Kalkstein finden sich cha- 
rakteristische Versteinerungen, und zwar Rippen von Notho- 
saurus mirabilis; im Thoneisensteine, der untergeordnete Lager 
im rothen Thone bildet, Estheria minuta; bei Ludwigsdorf eben- 
falls im Thoneisensteine hat GöPPERT mehrere Keuper-Pflan- 
zen erkannt, wie Pterophyllum Oeynhausiannm Göpp., Pt. pro- 
pinguum G., Pt. longifolium An. Brone. Somit ist das Alter 
der rothbunten Thone und ihrer untergeordneten Glieder als 
Keuper bestimmt. In Betreff der eigenthumlichen weissen 
Kalksteine und breccienartigen Gesteine, welche die Erkennung 
dieser Formation erschwert haben, macht RoEMER darauf auf- 


233 


merksam, dass dieselben sich weder in Frankreich, noch in 
Deutschland finden, und ich kann weiter bemerken, dass sie 
auch in dem rothen Keuper des Sandomirer Gebirges bei 
Kunow, Nietalisko und Ruda-Maleniecka fehlen. In den bei- 
den verflossenen Sommern habe ich mich viel mit den geolo- 
gischen Verhältnissen des südwestlichen Polens beschäftigt 
und habe die Roemer’schen Beobachtungen bestätigt gefunden. 
Dieselben untergeordneten Lager, die Ronmer beschreibt, sind 
auch in Polen entwickelt, aber es finden sich noch andere Ge- 
steine, die in Oberschlesien nicht beobachtet wurden, und zwar 

1) braune, derbe, sehr feste Kalksteine, die einen schönen 
Glanz annehmen und als Marmor verwendet werden; 

2) krystallinisch körniger Dolomit; 

3) Lager von einer eigenthümlichen Braunkohle, die Pusch 
Moorkohle benannte. 

Die rothen Thone umgrenzen an vielen Punkten in Polen 
den erwiesenen Muschelkalk, wie bei Olkusz und Mazaniec, 
dann bei Slawköw, Chroszobrod unfern der Eisenbahnstation 
Lazy; ostwärts werden sie von dunkelgrauem Thone des 
Inferior-Oolite begrenzt, beı Blanowiec, Rudniki, WlNodowice, 
Nowa-Wies. Ye 

Bei meinen Untersuchungen in Polen habe ich ganz ähn- 
liche Durchschnitte, wie der von Woischnik, gefunden. Einer 
der interessantesten ist bei dem Dorfe Nowa-Wies, nahe der 
Eisenbahnstation Myszkow; folgende Schichtenfolge ist in dem 
Steinbruche aufgedeckt. Zu oberst ist 

ag blutrother und braunrother Thon, der eine 3 bis 4 Fuss 
mächtige Decke bildet, die in der Richtung 'gegen das 
Dorf bedeutender wird und mit Flugsand bedeckt ist. 

2) Derber Kalkstein von weisser, etwas in’s Grauliche fallen- 
der Farbe; einige Schichten sind dunkel-, seltener licht- 
roth, andere wieder hell braungelb. Ausser Kalkspath, der 
stellenweise sehr angehäuft ist, finden sich keine fremden 
Beimengungen, auch keine Versteinerungen. Schon der mine- 
ralogische Charakter dieses Kalksteins unterscheidet den- 
selben vom Spongiten-Kalk, der niemals so homogen ist, 
und die Tendenz zum Kreideartigen. Dieser Kalkstein 
sondert sich in deutliche Schichten ab, die 1 bis 4 Fuss 
dick werden. Das ganze Lager ist 12 bis 18 Fuss 
mächtig. 


234 


3) Seladongrüner, grobschiefriger Thon, 4 Fuss mächtig. 

4) Blutrother Thon, der theilweise eine grobschiefrige Struc- 
tur hat oder in krummkantige Stücke zerfällt, 10 Fuss 
mächtig. 

5) Kalkbreccie von grauer Farbe, in den oberen Theilen dsieh 
eingemengten Thon roth gefärbt. Stellenweise durchziehen 
das Gestein unzählige Adern von weissem Kalkspath, die 
sich öfters ausbreiten und kleine Drusen bilden. Schich- 
tenabsonderungen sind in diesem Lager nicht wahrnehm- 
bar. 5 Fuss mächtig. 

6) Blutrother Thon, ähnlich Nr. 4, sehr mächtig; ein in der 
Nähe des Kalkofens gegrabener Brunnen, ‘72 Fuss tief, 
hatte den Thon nicht durchsunken. 

Ein ganz ähnlicher Durchschnitt findet sich im Dorfe Pinezyce. 
Mächtig entwickelt ist blutrother Thon, aus dem eine ziemlich 
fruchtbare Ackerkrume gebildet ist; darunter folgt weisser, der- 
ber Kalkstein, in 1 bis 2 Fuss dicke Schichten abgesondert; 
darunter wieder rother und bunter Thon; dann röthlichgraue - 
Kalkbreceie, ziemlich mürbe durch den überhandnehmenden 
Thon, der die Bruchstücke des Kalksteins verkittet; dann zum 
dritten Mal rother Thon, der sich bis zum Fusse des Berges 
herabsenkt und bei Nowa- Wioska mit mächtig entwickeltem 
Dolomit-Gebirge in Berührung steht. 

Mitten im rothbunten Thon brechen an sehr BR Punk- 
ten die grauen und rothen Kalkbreceien hervor, wie bei Po- 
remba, Zawiercie, Bendysz u. s. w. Bei Stara-Hutta unfern 
Pinczyce erhält die Breccie eine fast homogene Structur durch das 
Verschwimmen der selten mehr als zollgrossen Kalksteinbrocken 
mit dem dichten, kalkigen Bindemittel, dessen Farbe in’s Braune 
geht. Hier und da finden sich darin Drusen von weissem Kalk- 
spath, seltener ausgefullt mit deutlichen, schön ausgebildeten 
Zwillingen von Wasserkies; sehr selten erscheinen erbsengrosse 
Körner von blättrigem Bleiglanz. Dieser eigenthümliche Kalk- 
stein sondert sich in mächtige Schichten ab, die gewöhnlich 4 
bis 6 Fuss dick sind. Auf den Schichtenflächen zeigen sich 
gewöhnlich eckige Bruchstücke des eingeschlossenen Kalksteins 
und fasrige, braune oder homogene, schwarze Braunkohle; öfters 
finden sich lange, schmale Stengel in glänzende Braunkohle 
umgewandelt, bis 5 Fuss lang, die von weissem Kalkspath in 
die Quere getheilt werden. Da das Gestein sehr fest ist, so 


235 


wird es als Marmor polirt und benutzt. Auf den Feldern von 
Nierada oberhalb Mrzyglod ist ein Eisenbahneinschnitt in 
einem hellgrauen, krystallinisch körnigen Kalkstein, der stellen- 
weise sehr viele Bruchstücke von schwarzer, glänzender Braun- 
kohle enthält und ebenfalls den Breccien angehört. 

Ein ausgezeichnet krystallinischer Dolomit findet sich mit- 
ten im rothen Thone an der Eisenbahnstation Zawiercie. Ge- 
genüuber dem Postgebäude ragen im Bache mächtige Felsen von 
Dolomit von rauchgrauer Farbe hervor; die deutlichen Körner 
haben etwas gekrummte Blätter mit einem lebhaften Glasglanz, 
der sich dem Demantglanze nähert; in seiner dunklen Grund- 
masse sind etwas grössere Körner oder Schnure von ocker- 
selbem Dolomit eingesprengt. Wie sich dieser Dolomit zum 
umgrenzenden rothen Thone verhält, ist nicht klar; so viel ist 
‚nur bestimmt, dass diese beiden Gesteine auf das Engste ver- 
bunden sind. Ein ganz ähnlicher Dolomit bildet ein kleines 
Gebirge bei Nowa-Wioska unfern des öfters erwähnten Pin- 
czyce, wo noch vor wenigen Jahren im Dolomit Bergbau auf 
Bleiglanz betrieben wurde. Viel bestimmter ist das Verhält- 
niss des Dolomits zum rothen Thon im Orte Sklanna Hutta, 
wo Bergbau auf Eisenstein eine Schichtenfolge kennen lehrte. 
In einem Schachte wurde als obere Decke ein mächtiges La- 
ger von rothem Thon durchsunken, darunter ein wenige Fuss 
dickes Lager von weissem, körnigem Dolomit, dessen Körner 
lose verbunden sind, darunter ein Lager von dichtem Braun- 
eisenstein mit sehr wenig beigemengtem Thon. 

Zwischen Blanowiec, Nierada, Wllodowice und Myszkow 
berühren sich die rothen Thone. mit den grauen Thonen des 
Inferior-Oolite, die durch Ammonites Parkinsoni und Belemnites 
giganteus charakterisirt sind. Wo die rothen Keuper- Thone 
Lager von Moorkohle einschliessen, da werden dieselben grau 
und sind von den Thonen des Inferior-Oolite nicht zu unter- 
scheiden. Wenn diese beiden Gebilde zusammenstossen, so ist 
deshalb schwer zu bestimmen, wohin die Kohle gehört. Aber 
Bohrungen auf Kohle, von Herrn Syerrynskı in Blanowiec im. 
Jahre 1863 ausgeführt, haben die Sache dahin entschieden, dass 
die Moorkohlen - Flötze ohne Zweifel dem rothen Thone an- 
gehören. Die beiden folgenden Bohrregister, die mir Herr 
.SYGETYNSKI mittheilte, liefern dafür den Beweis. Das erste Bohr- 
loch hat 140 Fuss rhein. Maass, das zweite 82 Fuss durchbohrt. 


236 


Erstes Bohrloch, von oben angefangen 


1. Grauer Thon . - . . . ........ 40: Busse zoll 
2. Braunschwarzer Thon ... ... .z..02 8. 
3. Kohlenschiefer .. .- . 2... „. .oo nn 
4. Blaulichgrauer Thon | ey 
5. Braunkohle. . . . NN Gy 
“6. -Kohlenschiefer i ne, 
7.  Gelblicher Thon mit en Sand 12... 00, 
8. Kohlenschiefer I =, ,0, 
9. Gelber Thon a 2.00, 
10. Feinkörniger, grauer Sri ; 4... 
11. Blaulichgrauer Thon Nora, 
12. Rother Thon Dan 
13. -Blaulichgrauer Thon a0, 
14. Rother Thon . 19:05 2 
15. Feinkörniger, grauer in ll. 0, 
16. Braunkohle. . 
17. Feinkörniger, grauer S Kandeiein : Icio dr 
18.. Kohlenschiefer LE 0 > 
19. Rother Thon 4A an 


Das zweite Bohrloch, 44 Lachter weiter nördlich vom 
ersten gestossen, hat folgende Schichten durchsunken: 
1. , Flugsand :... ee urn Mo 


2. Blaulichgrauer Thon DE 
3. Braunkohlenflötz . ee 
4. Gelber, loser Sand . Tara, 
5. Braunkohle Hl, in 
6. Gelber, loser Sand . 18. nA 
7. Blaulichgrauer Thon Ta, A, 
8. Grobkörniger Sandstein EN 
9. Feinkörniger Sandstein 1, 855 
10. Blaulichgrauer Thon Tal Se 
11. Rother Thon es 
12. Blaulichgrauer Thon i Dr ya 
13. Grobkörniger Sandstein . 2 ea, 
14. Braunkohle BEN I 
15. Blaulichgrauer Thon Dis 
16. Feinkörniger, grauer Screen DasgeriBnar 
17. Blaulichgrauer Thon re 


237 


18. Feinkörniger Sandstein : . . . . 10Fuss— Zoll 
PR Blanliehsrauer Thom fan NE RT, 
209° Rother Thon”. 2. a a ee SE 

Aus den angeführten beiden Bohrregistern ergiebt sich, 
dass die sogenannten Moorkohlenflötze mitten in den rothen 
Thonen eingelagert sind und mit denselben ein Ganzes bilden 
und somit dem Keuper angehören. In dem grauen Thone des 
Inferior-Oolite, der Lager von thonigem Sphärosiderit enthält, 
wurde niemals ein Lager von Kohle entdeckt; nur hier und da . 
wurden einzelne Kohlenstucke oder Aeste gefunden, wie bei 
Dombrowa unfern Wielun und im Eisensteinflötze von Kostrzyna 
unfern Krzepicee. An vielen Punkten trifft man mitten im 
rothen Thone sich auskeilende Flötze von Braunkohle oder 
alten, verlassenen Bergbau auf Braunkohle, wie bei Stara Hutta 
unfern Pinezyce, Nierada, in den Wäldern von Kromolow, 
bei Wysoka Pilicka u. s. w. Der Mangel an thierischen 
Ueberresten ist aber charakteristisch in Polen für den Keuper, 
niemals gelang es mir eine thierische Spur zu finden. 

Ich kann nicht unterlassen, hier die Beschreibung eines 
der interessantesten Durchschnitte in dieser Gegend folgen zu 
lassen, des Durchschnittes von Wysoka Pilicka und von Cien- 
gawice, .wo einige Juraglieder die Keuperbildungen bedecken. 
Wysoka Pilicka und Ciengawice erstrecken sich auf zwei läng- 
lichen Rücken, die sich von SW. gegen NO. hinziehen und 
durch ein enges, ziemlich tiefes Thal getrennt werden. Der 
obere Theil dieser beiden Rucken ist aus 1) weissem, dichten, 
geschichteten Jurakalk zusammengesetzt und gehört zu der Ab- 
theilung weisser Jura ß von QUENSTEDT; er wird durch aus- 
gezeichnete Ammoniten charakterisirt, wie Am. cordatus, cana- 
liculatus, perarmatus, biplex, convolutus, Pecten subarmatus GOLDF., 
Rhynchonella lacunosa, Terebratula nucleata. Ob unter dieser 
Schicht die merglige « vorkommt, liess sich nicht genau er- 
mitteln; soviel ist sicher, dass dieselbe etwas weiter westlich 
sehr entwickelt ist, wie bei Niegowoniec, Rodaki, Pomorzany. 

Unter dem weissen Jura folgt 
°2.. Gelbbrauner Thon mit nicht zusammenhängenden 
Lagern von Eisenoolith und bei Ciengawice durch Ammonites 
Jason, Am. Orion Op., Terebratula pala, bei Wysoka Pilicka durch 
Rhynchonella varians charakterisirt. Diese Formen zeigen, dass 
hier. Kelloway sich entwickelt hat. Das Lager ist nicht 


238 


mächtig, 4 Fuss, höchstens 6 Fuss; anderwärts kann man es 
nicht beobachten, aber Grabungen an mehreren Punkten, die 
ich ausführen liess, haben die braune Schicht immer aufgedeckt. 

3. Grauer Thon folgte unmittelbar unter dem hell- 
braunen, etwa 20 Fuss mächtig. Hier und da finden sich im 
Thone kleine Knollen von thonigem Sphärosiderit, ganz ähnlich 
denen von Wllodowice; sie geben den Beweis, dass dies eine 
Schicht des Inferior-Oolite ist, wenn auch keine Versteinerungen 
gefunden sind. Ä 

4. Weisser Sand, ganz rein, seltener mit eingemeng- 
ten Blättern von silberweissem Glimmer. Stellenweise finden 
sich darin dunkelbraune Flecken von Brauneisenstein, die manch- 
mal einen zusammenhängenden Sandstein ausmachen, wenn das 
färbende Mineral sich bedeutender anhäuft; besonders am nörd- 
lichen Abhange von Wysoka liessen sich diese Flecken be- 
obachten. In den Walduugen von Poremba nahe an den Wirth- 
schaftsgebäuden hat sich im losen Sande Brauneisenstein in 
solcher Quantität concentrirt, dass er gewonnen und im Hoch- 
ofen (1864) verschmolzen wurde. 

6. Rother Thon, öfters braunroth oder grünlichgrau 
gefleckt, ist mächtig entwickelt und bedeckt die ganze Ebene 
bis nach Chroczobrod, wo braune Muschelkalkdolomite ihn 
begrenzen. In den Waldungen von Wysoka in der Richtung 
gegen Siewierz sind alte, Werlangene Baue auf Moorkohlen 
deutlich zu beobachten. 

In dem ähnlichen Durchschnitte von Ciengawice kommen 
die rothen Thone nicht zu Tage, nur die sandige Schicht er- 
scheint. Aus den beiden Durchschnitten von Wysoka .Pilicka 
und Ciengawice ergiebt sich klar, dass in Polen der Jura mit 
dem Inferior-Oolite anfängt, den mehrere Ammoniten, wie 
Am. Parkinsoni, Morrisiü OP., linguiferus charakterisiren, und 
dass keine Spur des Lias sich zeigt. Gewöhnlich bedecken diese 
Jurathone die rothen Keuperthone , ausnahmsweise in. der 
‘Gegend von Krzeszowice den alten Kohlensandstein, bei Sanka 
rothe Porphyre. Im ganzen Osten von Europa, von Popielany 
in Lithauen und in Kurland angefangen, im ganzen mittleren 
europäischen Russland und in seinen östlichen: Grenzen bei 
Symbirsk, bei Ileckaja Zaszeryta unfern Oremburg nach den 
Untersuchungen von v. EICHWALD, GREWINGK, TRAUTSCHOLD, 
Horruans findet sich keine Andeutung von Lias; nur 20.Meilen 


239 


sudlich von dem oberen Warthathale hat sich im Tatragebirge 
ungemein mächtig der Lias entwickelt, dessen Kalksteine und 
Dolomite durch Ammonites Waleotti, Bucklandü, serpentinus 
charakterisirt sind. Auf dem ganzen nördlichen Abhange der 
Tatra sind die Liaskalke von Nummuliten - Dolomit bedeckt, 
letzterer aber von eocänem Karpathensandstein, aus dem in 2 
bis 3 Meilen weiter Entfernung rothe Kalksteine durch Tere- 
bratula diphya, und graue, mergelige Kalksteine, durch Ammo- 
nites tatricus charakterisirt, hervorbrechen. Diese gehören den 
oberen und mittleren Gliedern des Jura an, stehen aber sonder- 
barerweise in keiner Verbindung mit dem polnischen Jura; die 
rothen Kalksteine von Czorsztyn, Rogoznik entsprechen wohl 
dem Obersten des weissen Jura, die grauen Kalksteine aber 
mittleren Abtheilungen des braunen Jura. 

Ich habe früher geglaubt, dass die grauen Thone mit 
Schichten und Knollen von thonigem Sphärosiderit eine untere 
Schicht des Kelloway bilden; einige Formen haben mich dazu 
verleitet, wie Belemnites calloviensis Op., den ich von B. bessinus 
D’ORB. zu unterscheiden nicht im Stande bin, dann Trochus 
bitorquatus H&EBERT, DESLONGCHANPS, der dem von Montrenil 
Bellay vollkommen entspricht; aber eine grössere Anzahl von neu 
aufgefundenen Versteinerungen und eine sorgfältige Vergleichung 
in den Sammlungen der Ecole des Mines und der Sorbonne in 
Paris haben ergeben, dass die grauen Thone dem Inferior- 
. Oolite, die. Eisen-Oolithe, braunen Kalksteine und Sandsteine, 
welche den Thon bedecken, in den unteren Theilen dem Great- 
Oolite, in den obern dem Kelloway angehören. 

Die grauen, mächtig entwickelten Thone sind hauptsäch- 
lich durch charakteristische Cephalopoden bezeichnet. Am 
‚häufigsten findet sich Ammonites Parkinsoni, viel seltener Am. 
Garantianus D’ORB., dann Am. linguiferus D’ORB., Am. Morrisü 
Op., Belemnites bessinus D’Or»., B. BeyrichiOp., B. yiganteus, Pho- 
ladomya Murchisoni Sow., Trigonia zonata Ac. (Tr. interlaevigata 
Quesst.), Astarte ParkinsoniQuenst. Diese Reihe von Ueberresten 
bezeichnet die obere Schicht des Inferior-Oolite. An manchen 
Punkten werden diese Thone von einem dünnen, nur 2 bis 
3Fuss starken Lager von thonigem Sphärosiderit bedeckt, wie 
bei Krzywe Rzeka unfern Wielun, Parkoszewice bei Wllodöwice. 
An ersterem Orte enthält der Eisenstein einen sehr grossen 
Reichthum an Versteinerungen; alle sind Formen des grauen 


240 

Thones oder des Inferior-Oolite. Auf dem grauen Thone des‘ 
Inferior-Oolite folgt eine braune Schicht, die in verschiedenen 
Gegenden aus einer verschiedenen Felsart besteht; an ihrem 
südlichen Ende ist es ein brauner, krystallinischer Kalkstein, 
der ursprünglich bläulichgrau war und durch Umwandlung des 
Eisenoxyduls in Eisenoxydhydrat verändert wurde; in der Mitte 
sind es braune Eisenoolithe, am nördlichen Ende braune Sand- 
steine, die in Quarzfels übergehen. Obgleich diese braune Schicht 
nur 6—8 Fuss mächtig ist, so besteht sie doch aus zwei Ab- 
theilungen, von denen die untere den unteren Schichten des 
Great-Oolite oder der Fullersearth angehört, : die obere aber dem 
Kelloway. Obgleich eine Trennung des Gesteines nicht wahr- 
nehmbar ist, hauptsächlich in den Eisenoolithen, so entscheiden 
dennoch die organischen Ueberreste, diezwei verschiedenen Zonen 
angehören. In der unteren Abtheilung oder in der Fullersearth 
sind mehrere bezeichnende Ammoniten vorgekommen, wie Am. 
Orion Op., Am. fumatus Op., Am. curvicosta Op., Am. fuscus 
Op., Am. biflexuosus D’OrB., Belemnites hastatus Bu., B. bessinus 
D’OrB., Pholadomya Murchisoni, P. media As., Cardita Luciensis 
Des#. (Hippopodium Luciense D’ORB.), Avicula Münsteri BRONN, 
Pecten textorius GoLDF., Rhynchonella decorata, Terebratula ca- 
rinata Lam., Ter. Phillipsi Morris, Montlivaltia trochoides. In 
der oberen Abtheilung sind Formen des eigentlichen Kelloway, 
wie Ammonites macrocephalus, 4. hecticus REın., Am. Jason, 
Rhynchonella Ferryi DzsL., Glygmus polytypus DEsL. 

Ohne dass man eine Veränderung im Eisenoolithe von 
Pomorzany bei Olkucz beobachten kann, finden sich in dieser 
beiläufig 8 Fuss dieken Schicht zuunterst Formen der Fullers- 
earth, darüber des- Kelloway. Dasselbe wiederholt sich im 
Eiseubahndurchschnitt von Balin, wo ebenfalls Formen aus 
unteren und oberen Zonen gefunden wurden. In Blanowieec, 
Rudniki, Ciengawice, Chorun sind Formen des Kelloway be- 
kannt; in Zajaczki, Krzepice, Wielun im braunen Sandstein 
Formen der Fullersearth; im ähnlichen Sandstein von Klo- 
bucko findet sich Ammonites macrocephalus. 

Ueber der braunen Schicht haben sich die Glieder des 
weissen Jura in der Folge entwickelt, wie sie in dieser Zeit- 
schrift Band XVl. S. 574—579 beschrieben wurde. 


241 


3. Ueber den Enargit aus Mexiko und einen neuen 
Fundort des Berthierits. 


Von Herrn C. Raımmeısperg ın Berlin. 


Im Jahre 1850 beschrieb BrEıtuAupr (POGGENDORFF'S An- 
nalen Bd. 80 S. 383) ein neues Erz, welches zweigliedrig 
krystallisirt und nach einem Prisma von 98° 11’ sehr 

‚ vollkommen spaltbar ist. Er nannte es Enargit und gab als 
Fundort den St. Francisco-Gang zu Morococha im District 
Jauli der peruanischen Cordillere an, wo es auf Kupfer ver- 
hüttet wird. Später hat Dauger (PoGGEnnorFrr’s Annalen Bd. 92, 
S. 237) die Krystalle des Enargits genau gemessen, während 
PLATtser (a. ob. a. ©.) das chemische Verhalten und die Zu- 
sammensetzung ermittelte, wonach Schwefel, Arsen und Kupfer 
die Bestandtheile des Minerals sind, dieselben Elemente, welche 
auch den begleitenden Tennantit bilden. 
| Allein der Enargit ist nicht auf jenen Fundort beschränkt. 
BREITHAUPT vermuthet, dass er auch auf der Freiberger Grube 
Junge-hohe-Birke vorkomme, von welcher man das als Kupfer- 

' blende bezeichnete Arsenfahlerz kennt; später analysirte GevTH 
ein prismatisch spaltbares Erz aus Sudcarolina (Brewers-Grube, 
 Chesterfield Co, Am. J. of Sc. I. Ser. XXXIIH. 420), welches 
der Analyse nach Enargit sein muss; TuaAyLorR eins von der 
Grube St. Anna in Neu-Granada (ibid. XXVI. 349), FıeLp ein 
solches von Guayacana in Chile (ibid.. XXVII. 52) und v. Ko- 
BELL ein derbes, nach einem Prisma von 98 Grad spaltbares 
Erz von der Grube Hediondas, Coquimbo in Chile (Anz. d. 

 bayer. Akad. 1865. 161), sämmtlich durch die Analysen als 

_ Enargit bezeichnet. 

Ich kann noch einen anderen und zwar mexikanischen 
Fundort den genannten hinzufügen nach der Mittheilung des Hrn. 
Dr. Krantz, dem ich das Material verdanke, nämlich die Halde 
einer Grube im Revier Milpillas, sieben Leguas von Cosihui- 
rachi (Cosihuiriachic). Es ist derb und blättrig; in Drusen- 

Zeits. d.d. geol. Ges. XVIIl. 2. 16 ; 


242 _ 
räumen sitzen kleine, glänzende Krystalle, die zu einigen be- 
stätigenden Messungen gedient haben. Es sind flache Ta- 
’feln, gebildet aus der Hexaidfläche a, dem Spaltungsprisma 
p=a:b:o0c,demzweifach und dreifach stumpferen, p°=a:2b:ooc, 
p’=a:3b:ooc, und der Endfläche c. 3 
Geht man von Dauser’s Messungen aus, wonach a:b:e 


—U); Scl2: 1:0,8248 ist, so hat man: 


Berechnet: Beobachtet: 
DAvUBER BREITHAUPT Re 
P:: pxanıa, = 197°53° 98°11 
SEN 27T 7 :81°.50° 
bis 82° 15’ 
p+a= 138° 56 138 55 
PDerpareiaide 
p?:a >16: 2798 155—158 
p*:p = 162.28 | 162° 25 
pp" anai=»147.38 ? 
pra =,.163249 163 50 
pp = : 


Das Volumgewicht des Enargits ist 


Peru 4,43 — 4,44 BREITHAUPT 
. 4,362 KENnnGorTT 
Chile 4,39 FiELD 
Chile 4,37 ° . v. KoBELL \ 
Mexiko 4,507 Re. 


Das mexikanische Erz ist von Quarz durchwachsen und ° 
enthält’hier und da etwas Schwefelkies. 
Die Resultate der fruhern Analysen sind: 
ji» 22. 3. 4. 5: 
PLATTNER- GENTH TayLor FiıELD v. KoBELL 
Schwefel 32,22 83,18 34.50 31,82 32: Pl.. 
Arsen 17,60 15,63 16,31 19,14 18,10 


Antimon 1,61 — 1529 — 0,05 TELLUR 
Kupfer 47,20 50,59 46,62 ,48.50 48,89 
Eisen 0,56 — 027 _ 0,47 
Zink 0,23 = 7198,99 u 199,46 99562 
Silber 0,02 = | 

9944 100. 


Das mexikanische Erz wurde von Herrn Dr. re (2) 
und von mir (b) analysirt. 


243 


6. 

a. b. 
Schwefel 31,86 32,45 
Arsen 17317 15,88 
Kupfer - 50,08 49,21 
Eisen 0,09 1,58 
99,20 99,12. 

Nach Abzug des Eisens als Schwefelkies: 

= 2. b. 
Schwefel 31,82 31,73 
Arsen 17,20 16,45 
Kupfer 50,19 50,94 
99,21 99,12. 


Ist Ss=32, As=T75, Cu= 63,4, so ist das Atomver- 
haltniss 
as Ge As,Cu: S 


2 a N ea 
a a 0,37 
De a ar: 2 1 

2 2 a, 0.92 
ed ee > 08 
a ee, : 1,04 


In allen Abänderungen ist also 1 Kiss (Cu, As) gegen 
l Atom S vorhanden. 

Die Reinheit des Materials und die Richtigkeit der Ana- 
lysen vorausgesetzt, schwankt aber das Verhältniss von As:Cu 
eu schemt —- 1:3. (m 1,3, 4,5) 

> 7% 3.95 Gn°6) 
—AE 4 (In 9). 
- Die Formeln 
Cu’As'Sı Ca’As” 8° OntAs'S° 


geben: Schwefel 32,55 32,66 32,15 
Arsen 19,08 17,01 219.38 

= Kupfer 48,37 90,33 51,90 
ou 722. 0 100. 


Die Differenz dieser Formeln liegt wahrscheinlich in dem 
wechselnden Verhältniss von CuS und EuS, 


Cu‘ Cu’ Cu® 
Cu I Cu Is“ Cu je S 
As’ As? As? 

16° 


2a - 


Diese Ausdrucke sind jedenfalls denen vorzuziehen, welche 
As?’S?’ in- dem Erz voraussetzen, weil nur der erste sich in 
5 3 
Cu SE 
As? 
umsetzen lässt, die beiden anderen jedoch auch dann 


Cu Cu® 
eu! S° und eu 


As’ As? 
sein würden. 
Vielleicht ist der Tennantit lediglich 


3 
Cu’ Ass > nn Re 


Als Boulangerit theilte mir Herr Geh. Bergrath BuRKART 
ein derbes, fast dichtes Mineral vom Real San Antonio in 
Nieder-Californien mit, welches jedoch Berthierit ist, ein 
Volumgewicht = 4,062 hat und aus 

Schwefel 29,12 
Antimon 56,61 


Eisen 10,09 5 = 
Mangan 3,56 
99,38 


besteht, mithin dem von mir früher analysirten von Bräunsdorf 


gleich und 
Fe 5 
I Si 858 


jr] 


ist. 


245 


4. Ueber die Neocomschichten Russlands. 


Von Herrn Ev. v. Eıcawaın ın St. Petersburg. 
Hierzu Tafel I. 


Während das Studium der Paläontologie in Deutschland 
mit jedem Jahre mehr Anhänger gewinnt, scheint ihre Zahl in 
Russland immer geringer zu werden. Die Ursache mag wohl 
darin liegen, dass einige der bessern Paläontologen sich ad- 
ministrativen Aemtern zuwenden oder Landwirthe werden, 
andere die Naturwissenschaften nur nebenbei treiben, und dass 
‘Zoologie, Botanik und vergleichende Anatomie nicht mehr in 
dem Grade öffentlich gelehrt werden, als es früher der Fall war. 

Mit Parras hatten die Naturwissenschaften in Russland 
festen Fuss gefasst. Seine vielen Reisen in zoologischer, bo- 
tanischer und mineralogischer Hinsicht hatten das grosse Reich 
nach allen Richtungen hin kennen gelehrt und es in die Reihe 
wissenschaftlich untersuchter Staaten gestellt. 

Mit dem Anfange dieses Jahrhunderts erwarb sich nach 
Pırvas GOTTHELF FISCHER VON WALDHEIM die grössten Ver- 
dienste um die Paläontologie und die Naturwissenschaften 
überhaupt durch Stiftung der naturforschenden Gesellschaft in 
Moskau, die den Naturforschern Russlands Gelegenheit gab, 
ihre Untersuchungen ’ der Oefientlichkeit zu übergeben und sie 
zu einem Ganzen zu vereinigen. Die grosse Humanität FıscHEr’s 
verschaffte ihm bald allgemeine Liebe und Achtung, und Alt 
und Jung bemühte sich, das von ihm ausgehende, wissenschaft- 
liehe Streben, Russland in naturwissenschaftlicher Hinsicht 
kennen zu lernen, immer mehr zu erweitern. Moskau blieb 
das punctum saliens der russischen Naturforschung, so lange 
es Fıscuer’s Humanität belebte. 

Viele Schüler FıscHEr’s, wie ROUILLIER, FAHRENKOHL, ÄUER- 
BACH, Graf Ozapskı, Wossinskı und andere Gelehrte, wie FREARS 
und PETER JAzYKow, nahmen Theil an seinen paläontologischen 
Untersuchungen und bereisten zu verschiedenen Zeiten Moskau 


246 


und die nahgelegenen Gouvernements. So entstand die Oryc- 
tographie von Moskau, die Fıscher’s Namen als Paläon- 
tologen auch in den fernsten Westen hinubertrug. 

Durch dies Werk ward bald darauf der ausgezeichnetste 
Paläontolog der damaligen Zeit, LEopoLp v. BucH in Berlin, 
angeregt, Russland in geologischer Hinsicht kennen zu lernen, 
und er wandte sich an das Berginstitut in St. Petersburg mit 
der Bitte, ihm Versteinerungen aus den verschiedensten For- 
mationen Russlands zu übersenden. Ich erhielt, als Professor 
der Paläontologie am Berginstitut, den Auftrag, sie näher zu 
bestimmen, und so wurden sie Herrn v. Buca übersandt. Schon 
im Jahre 1840 lieferte er in seinen Beiträgen zur Bestimmung 
der Gebirgsformationen in Russland eine ausführliche Beschrei- 
bung derselben. 

In diesen Beiträgen finden wir der Kreidebildung — 
Gouvernements Moskau mit grosser Sicherheit gedacht und 
bewundern um so mehr den Scharfblick v. Bucn's, da er auf 
sie nicht durch Autopsie, sondern nur aus den Beschreibungen 
MaArQuART’s und FiscHEr’s zu schliessen angewiesen war. 

„Die Oka bestimmt, sagt L. v. BucH 1. c. pag. 68, die 
Grenze des Vorkommens und der Verbreitung des Bergkalks. 
Südlicher entwickelt sich immer mehr die Kreide, welche sich 
endlich fast über alle südlichen Statthalterschaften ausdehnt. 
Spuren dieser Formation erscheinen aber schon in der Stadt 
Moskau selbst, und von der Moskwa herauf, vorzüglieh bei 
Tatarowa (s. FiscHEr pag. 92). Schwarze, sehr kiesige Schiefer 
enthalten hier‘ viele Bruchstücke von Ammoniten mit farben- 
spielenden Schalen und auch eine grosse Menge von Belem- 
niten. Die Ammoniten mögen wohl dem 'grössern Theile nach 
zu dem von Dr. MARQUART zuerst bekannt gemachten Ammo- 
nites virgatus gehören (s. Reise nach dem Norden durch FiEsie. 
1790. pag. 590). Pecten quinquecostatus, welcher für. die For- 
mation entscheidend ist, und Terebratula diphya finden sich in 
MarquArr’s Werk abgebildet von Choroschöwo; dies ist un- 
gefähr die nördlichste Grenze in Russland, in welcher noch 
irgend eine Schicht der Kreideformation aufgefunden worden ist.“ 

„Dass auch Schichten der Juraformation in der Nähe von 
Moskau vorkommen sollten, ist nicht erwiesen und bleibt sehr 
zweifelhaft.“ | 

Und in der That ist der Jurathon an der Moskwa nur in 


\ 


247 ° 


grosser Tiefe und in geringer Entwicklung sichtbar; er wird- 
uberall von zwei andern Formationen ,„ der unteren Neocom- 
schicht mit Ammonites virgatus und der oberen mit Aucella 
mosquensis überlagert, so dass eine geognostische Karte des 


. Gouvernements Moskau in der Nähe der Hauptstadt nur die 


untere Kreidebildung, nirgends Juraschichten anzeigen müsste. 

Ganz andere Resultate in geologischer Hinsicht lieferte 
die bald darauf unternommene Expedition J. R. MurcHıson’s 
und seiner Begleiter; er nahm im Gouvernement Moskau nur 
Jurabildung an und liess die Kreide überall weg; selbst die 
Sandsteine von Tatarowa und Kotelniki, die er früher als 
tertiare beschrieben hatte, wurden nunmehr zu den obersten 
Schichten der Oxford-Etage gerechnet. *) 

Worauf stützte sich jedoch, frage ich, die Annahme Mur- 
CHISON’s von dieser Jurabildung im Gouvernement Moskau, in 
der Nähe von Choroschöwo ? Auf einige neue Arten von 
Muscheln aus der Umgegend von Moskau, die nach Herrn 
D’ORBIGNY auch in der Juraformation von Frankreich vor- 
kommen, wie z. B. der Astarte Duboisiana D’OrRB., der Pano- 
paea peregrina D’OreB., der Perna quadrata Sow., der Rhyncho- 
nella oxyoptycha Fıscn., der Terebratula Royeriana D’ORB. u.a., 
die sich jedoch von den französischen Juraarten bei näherer 
Vergleichung in mancher Hinsicht unterscheiden. 

Zu den die Jurabildung beweisenden Fossilien gehören 
nach D’ORBIGNY noch folgende Arten, die er offenbar mit Un- 
recht mit bekannten identifieirt: 

Ammonites Koenigii Sow.**) aus der Neocomschicht von 
Choroschöwo; diese Art- ward von mir im Jahre 1846 in 
meiner (in russischer Sprache herausgegebenen) Geognosie 
Amm. nodiger genannt, da es nicht Amm. Koenigü ist, der auf 
dem Rücken eine tiefe Furche hat, welche die Rippen von ein- 
ander trennt. Ich habe aus dem britischen Musum durch eine 
paläontologische Freundin, Madame CATTLeY, unlängst den 
typischen Amm. Koenigü aus dem englischen Kelloway erhalten 


‚und mich vollkommen überzeugt, dass diese Art bei Moskau 


nicht vorkommt, und dass aus ihr also bei Moskau auf Kello- 
way nicht geschlossen werden kann. 


*) Russia and the Ural mountains I. pag. 258. 
.*%) s. pe Verneuw, Paleont. de la Russie. pag. 436. Pl. 35. 
Fig. 1—6. 


248. 


Pecten demissus Bean. bei D’ORBIGNY in DE VERNEUIL, Pa- 
leont. de la Russie Taf. 41. Fig. 16—19 und ? 

Pecten nummularis PsıwL. 1. c. Taf. 41. Fig. 20—23 sind 
nicht diese englischen Juraarten, sondern gehören beide zu 
Pecten orbicularis Sow. aus der Kreide Englands; die glatte 
‚Schale ist die rechte und die concentrisch gefurchte die linke 
des Pecten orbicularis, wie dies deutlich durch vollständig er- 
haltene und aus beiden Schalen bestehende Exemplare von 
Choroschöwo bewiesen wird. 

Pecten lens (Sow.) ist nicht die Juraart, sondern eine neue, 
die ich Pecten zonarius nenne (s. Lethaea rossica, Periode moyenne 
Taf.20. Fig. 10). Der irrig bestimmte Pecten lens D’ORB. bei DE 
VerneviL, Paleont. de la Russie ]. c. Taf. 42. Fig. 1—2 hat keine 
concentrischen Streifen auf der Oberfläche, sondern feine con- 
centrische Leisten, ‘die inwendig röhrenartig hohl sind ‚und 
daher beim Abreiben als zwei Blätter oder Streifen erscheinen, 
wie sie auch in der Fig. 1--2 der Taf. 42 von D’ORBIGNY deut- 
lich angegeben sind. Sie bilden nicht einen Streifen, sondern 
zwei, wie dies bei Pecten lens nie vorkommt. Nächstdem hat 
diese Art auch ein anderes Ohr, das nie so schmal in die 
Länge gezogen und so tief ausgeschnitten ist; auch fehlen der 
Art von Choroschöwo die punktirten Furchen. 

Exogyra reniformis (GoLpF.) 1. c. Taf. 42 Fig. 9—10 der 
Paleontologie de la Russie aus dem Grünsande von Saragul 
bei Orenburg ist nicht die Juraart, soudern die Exogyra laciniata 
GoLpr. aus der Kreide von Aachen, wie sie von GOLDFUSS 
Petref. Germ. Il. Taf. 86 Fig. 12 c abgebildet ist; sie findet 
sich auch im Thone von Ssimbirsk, wo sie ebenfalls als Exogyra 
reniformis (GoLpF.) bestimmt ist, aber zur laciniata gehört. die - 
zur Exogyra conica hinneigt. 

Gervillia aviculoides (Sow.) D’ORB. bei DE VERNEUIL, Pa- 
leont. de la Russie Taf. 41. Fig. 14—15 aus dem sogenannten 
Jura von Isjum ist nicht diese Jura-Art, sondern eine neue 
Kreideart, die ich @ervillia volucris nenne, weil sie aus der Mergel- 
kreide von Isjum stammt und nicht aus der Juraetage, die tiefer 
liegt. Die @ervillia aviculoides (bei GoLprFuss 1. c. Taf. 115 Fig. 8) 
ist noch einmal so gross und viel dicker als die kleine Gervillia 
. volueris, die etwas nach ‚aufwärts gebogen ist; der vordere 
Flügel vereinigt sich unter einem stumpfen Winkel und nicht 


249 


in gerader Linie mit dem längeren Hinterflügel; auch sind die 
Bandgruben noch einmal so zahlreich in der Juraart als in 
der volucris aus der Kreide, die nur drei ungleich von einan- 
der abstehende Bandgruben besitzt. 

Sehon im Jahre 1846 hatte ich in meiner Geognosie von 
Russland den Sandstein von Wydkrino und Tatarowo als zur 
Kreidebildung gehörig bestimmt und dazu auch den grauen 
Sand mit Glaueonitkörnern von Choroschöwo gerechnet; ich 
hatte ferner des Kreide - Sandsteins von Klin mit den vielen 
Pflanzenresten und des Kreide-Sandsteins von Kotelniki mit 
- den fossilen Seemuscheln erwähnt, ohne diese ausführlich zu 
beschreiben; ich verschob dies für meine Paläontologie von 
Russland- und nannte damals nur ganz kurz die Cucullaea an- 
gularis m., Anopaea*) lobata AuERB. sp., Inoceramus antiquus 
m. und Plagiostoma Fischeri m., die sich dort als Steinkerne 
finden und :bisher nicht im unterliegenden Jura vorgekommen 
waren. Ein Herr TRAuTscHoLD, der, mir damals ganz unbe- 
kannt, späterhin Lector der deutschen Sprache an der Univer- 
sitat Moskwa ward, machte mir im Bulletin des Naturalistes de 
Moscou fur 1858 die eben durch Nichts erwiesene Bemerkung, 
dass ich Unrecht hätte, die Wealdenbildung (?) von Klin und 
Tatarowo mit dem Sandstein von Kotelniki zu vereinigen, und 
meinte, ich führe fossile Muscheln auf, die den Gelehrten Mos- 
kaus vollig fremd sind; er bäte daher um eine ausführliche 
Beschreibung dieser Arten, deren Namen allein nicht im Stande 
wären, ihre Neugierde zu befriedigen. 

Aus Mangel an Zeit antwortete ich auf diese unfreund- 
lichen Bemerkungen erst im Jahre 1861 im Bulletin des Na- 
turalistes de Moscou Nr. Ill; ich beschrieb alle jene fossilen 
Muscheln ausführlich und fügte noch andere hinzu, vorzüglich 
-die fossilen Pflanzen von Klin, von denen ich die Pecopteris 
Murchisoniana GoEPpP. mitder Weichselia STIERL. aus dem Quader- 
sandsteine des Harzes fur identisch erklärte und daraus auf 
eine Kreidebildung zu schliessen mich für berechtigt hielt, da 
ich noch ausserdem die Geinitzia cretacea in dem Museites 
squamatus BRONGN. zu erkennen glaubte. 


*) Als Druckfehler steht dort Panopaea lobata (s. die Geognosie 
von Russland pag. 515. St. Petersburg. 1846.); es sollte heissen 
Anopaea. 


250 


| Zugleich erwähnte ich der Radioliten, die ich von Fischer 
als Oibieides Rozowi und Enargetes in seiner Orycetographie auf- 
geführt und abgebildet*) sah. Ich fügte zu ihnen noch die 
Beschreibung eines anderen Fossils, das von H. Rouiuuıer für 
ein Antophyllum, von H. TrautscnoL» als Pleurophyllum be- 
nannt, von ihnen also fälschlich zu den Korallen gerechnet 
wurde. :Ich besass selbst ein schönes Exemplar, das ich hier 
in der Abbildung mittheile (s. Tafel II. Fig. 1.) und, durch die 
Fıscuer’schen Radioliten verleitet, ebenfalls für einen Rudisten 
hielt, da die verkehrt kegelföormige Unterschale mir von einem 
Deckel bedeckt zu sein schien. Ich überzeugte mich jedoch 
späterhin durch ein Exemplar, das mir Dr. AUERBACH aus 
seiner Sammlung in Moskau ubersandte, und das ich hier 
(Fig. 3 a—c) abbilden lasse, dass die Aehnlichkeit mit einem 
Spongiarien viel grösser sei als mit einem Rudisten und da- 
her beschrieb ich in meiner Lethaea rossica, Periode moyenne, 
diese beiden Spongiarien als Öephalites und Ventriculites, 
d. h. als Gattungen, die eben so gut wie die Rudisten bisher 
nur in der Kreide vorgekommen sind und der Jurabildung als 
ganz fremd angesehen werden. Ich gebe von beiden Arten 
Abbildung und Beschreibung, wie folgt: 


Cephalites ventricosus m. Taf. U. Fig. I,4..b 


Radiolites (Turrilites) ventricosus Geognosie von Russland. 
1846. pag. 490 und Bull. de Mose. 1861. Nr. 3. 
Cephalites ventricosus m., Lethaea rossica, vol. I. Stuttgart 

1865 und Bull. de Mosc. 1865. Nr. II. 

Der verkehrt kegelförmige oder vielmehr trichterförmige 
Körper ist in der Mitte verdickt, bauchig und hat auf der 
Oberfläche unterbrochene Längsrippen, die sich nach oben hin 
am Rande umbiegen und in ein stumpfes Ende übergehen, 
das nirgends die innere Höhle deutlich zeigt. Es war daher 
wohl: möglich, einen Rudistendeckel da anzunehmen, wo die 
Querfurchen in gleicher Hohe die Längsrippen durchsetzen 
und undeutlich abtheilen. Die zellige Struktur, von vielfachen 
kurzen Kanälen durchsetzt, schien ebenfalls dafür zu sprechen 
und so ward die Art von mir mit dem Kadiolites angeiodes Lam. 


-*) 8. Oryctographie de Moscou pag. 128, Taf. 14 und pag. 182, 
Taf. 29. 


251 


verglichen, der eine ähnliche Gestalt und ähnliche Längs- 
rippen besitzt. Dieser Vergleich schien um so mehr statthaft, 
als ich in dem Cibicides Rozowü FıscH. die nächste Verwandt- 
schaft mit dem Radiolites agariciformis D’OrB. und in dem 
_ Enargetes Fıscn. den Steinkern des Radiolites polycomilites D’ORB: 
sah. Jedenfalls war da an keine Koralle zu denken, obgleich H. 
TRAUTSCHOLD sagt”), er werde den Beweis fuhren, dass sein 
Pleurophyllum eine ächte Koralle sei, und wirklich heisst es 
weiter unten, er habe die vollständige Ueberzeugung, dass seine 
Ansicht von dem Wesen des Fossils die richtige sei. „Es ist 
entschieden eine Koralle. Von der Axe des Fossils gehen 
nach dem Umfange Blätter; diese Blätter, welche aus senk- 
recht über einander liegenden Rippen bestehen, erleiden keine 
Unterbrechung vom Gipfel bis zum Fusse“, und „die Höhlung sei 
durch Herausfallen der Axensäule entstanden u. s. w.“ Nun 
ist's aber ganz unbezweifelt eine Spongiarie, in der weder Axe, 
noch senkrechte Blätter vorhanden sind, folglich ist die An- 
nahme einer Koralle eben so unrichtig als die eines Rudisten, 
und es bleibt nur übrig, in dem Fossil eine Spongiarie, einen 
Cephalites der Kreide zu sehen und dadurch die Annahme 
einer Neocomschicht zu erweisen, eben so gut, wie durch die 
Anwesenheit eines Rudisten. 

Die früheren Abbildungen scheinen sich alle auf diese 
Art zu beziehen. H. RovirLier bildete sie im Bulletin de la 
 societe des naturalistes de Moscou 1849. Nr. II. Pl. K. Fig. 54 
als Antophyllum? ab und H. Traurscnorn als Pleurophyllum 
argillaceum im Bulletin für 1861. Nr. I. Diese Abbildung 
zeigt die Rippen schärfer, als sie in meinem Exemplare be- 
merkt werden. Die Wurzelausbreitungen der Cephaliten fehlen 
allen bisher entdeckten Exemplaren, die daher stets unvoll- 
ständig, unten abgebrochen sind. 

Ich gebe hier eine Abbildung von meinem Exemplare, das 
eben mit dem vertieften Rande versehen ist und einen Deckel 
zu haben scheint; die Abbildung ist ganz genau nach dem Ori- 
'ginale, bei a ist die gewölbte Fläche mit der harten Stein- 
masse bedeckt. Die Fig. 1b stellt ein Stuck des vergrösserten 
Zellgewebes mit den dasselbe durchsetzenden Röhrchen vor; 
nirgends werden Nadeln der eigentlichen Spongien beobachtet. 


*) Bull. de Moscou ]. c, 1861. Nr. IV. pag. 437 und 448, 


252 


Die Höhe des Cephaliten beträgt 4 Zoll und seine Breite - 
in der obern Hälfte 27 Zoll. 


nenne m. Taf. I. Fig. 2 a—d. 


Die Oberfläche des trichterformigen Körpers ist langs- 
gerippt; die Rippen sind schmäler und stehen gedrängter als 
in dem Cephalites ventricosus, wo sie dicker sind und breitere 
Furchen zwischen sich lassen. Die ästigen Wurzeln fehlen 
auch diesem Exemplare, das, wie die andern alle, unten ab- 
gebrochen ist und da selbst mehrere Schichten der kieseligen 
Schwammmasse übereinander liegend zeigt. Feine Röhren- 
mündungen durchsetzen die ganze Oberfläche und münden an 
der innern Wand der Höhle, wo sie ziemlich regelmässige 
Querreihen bilden. Der äussere Rand der Mündung dieser 
Höhle ist dick und zugerundet. Die Rippen scheinen durch 
die Schwammmasse durchzugehn und zeigen sich daher auch 
im Innern der Höhle. 

Die Fig. 2 a. zeigt den Cephalites in natürlicher Grösse; 
er ist 22 Zoll hoch und oben 24 Zoll dick. | 

Die Fig. 2 b. stellt die trichterförmige Höhle in natur- 
licher Grösse dar; sie ist oben 10 Linien breit, und die Röhren- 
mundungen stehen in unregelmässigen Querreihen. 

Die Fig. 2 ce. ist ein vergrössertes Stück des Zellgewebes. 
mit den Röhrenmundungen bei d. 

Die Aehnlichkeit dieses Oephalites mit der Rudistengattung 
Barrettia Woopw.*) aus dem Hippuritenkalkstein von Jamaika 
ist sehr gross; ihre dicken Wände sind von horizontalen und senk- 
rechten Kanälen durchzogen; ihr zelliger Bau und die einfache 
eylindrische Höhle vergrössern die Aehnlichkeit beider Gattungen, 
so dass die grosse Verwandtschaft der Barrettia mit dem rudisten- 
artigen Cephalites ventricosus sofort in die Augen springt. 
Vielleicht müssten daher die Rudisten mehr den Spongiarien 
als den Brachiopoden genähert werden. 


Ventriculites costatus m. Taf. II. Fig. 3 a—c. 


Der Schwamm ist breit-trichterförmig, sehr diekwandig, 
mit kurzen Längsrippen, die nicht bis zur Grundfläche herab- 


*) Barrettia, a new *fossil shell from the Hippurite limestone of 
Jamaika by S. P. Woopwaap, s. the Geologist. October 1862. Pl. Tet II. 


253 


steigen; die Rippen sind ebenfalls unterbrochen, knotig und von 
ungleicher Länge; die Grundfläche ist unvollständig und zeigt 
keine ästigen Wurzeln, die sonst nicht fehlen durften. 

. Die innere Höhle ist sehr gross, und ihre Wand zeichnet 
sich durch längliche, meist dichtgedrangt stehende Warzen aus, 
die, durchbohrt, die Mündungen der den Schwamm durchsetzen- 
den Röhrchen enthalten, wie dies gerade Charakter der Ventri- 
culiten is. Der Bau der innern Wand dieses Ventriculiten 
gleicht sehr dem Bau des Ventriculites radiatus aus der Kreide 
Englands. Das Zellgewebe ist unregelmässig und wird von 
vielen Röhrchen nach allen Richtungen durchsetzt. 

Das Ganze ist das Segment eines sehr breiten, fast teller- 
formigen Schwammes, der sehr dicke Wände besass. Die 
Rippen erstrecken sich bis an den obern Rand, ohne über ihn 
- hinuberzugehen oder sich im Innern zu zeigen, wie dies beim 
Cephalites bemerkt wird, dessen Wände aus den Rippen selbst 
gebildet werden. Hier besteht die Wand aus einer dichten, 
von Röhren durchzogenen Masse, die keine deutlichen Zellen 
zeigt. 

Die Dicke der Wand des abgebildeten Bruchsiückes aus 
der Sammlung des Dr. Avkreach in Moskau beträgt 1 Zoll; 
die Breite des Stuckes 3 Zoll 9 Linien; seine Höhe fast 
3 Zoll. Die Breite der Höhle mochte 1 Zoll 9Linien gewesen 
sein; oben ist sie breiter als unten, wo sie verschmälert 
trichterförmig zuläuft. Das Bruchstück ist etwas kreisföormig 
gebogen und deutet einen breit-tmichterförmigen oder teller- 
förmigen Körper an. Die 12 Rippen dieses Bruchstückes sind 
von verschiedener Länge; die längste beträgt 2 Zoll 5 Linien, 
die kurzeste nur 3 Linien. Eine oder zwei Rippen sind unter- 
brochen und nehmen die schmälere Grundfläche ein, die je- 
doch meist glatt, d. h. ohne Rippen ist. Da die Grundfläche 
abgebrochen ist, so fehlen auch hier die wurzelartig aus- 
laufenden, ästigen Fortsätze der Ventrieuliten Englands. 

Die Fig. 3 a stellt den Ventrieuliten von aussen, die 
Fig. 3 b von innen dar, beide in natürlicher Grösse; die 
Fig. 5 c zeigt ein vergrössertes Stück der Schwammmasse. 

Alle 3 Exemplare fanden sich in dem schwarzen, sand- 
artigen Neocom von Choroschöwo bei Moskau, einer Schicht, 
die dem Hils von Hannover oder dem englischen Speeton-clay 


254 


am meisten zu entsprechen scheint und mit Unrecht zur Jura- 
formation gerechnet wird. 


Die untere Neocomschicht von Choroschöwo enthält ausser 
vielen andern Kreidearten auch einen grossen Ammoniten, den 
man ebenso wie den Ammonites nodiger verkannt und als 
Ammonites biplex aufgeführt hat. Ich nenne ihn Am. Auerbachi 
und habe ihn im Jahre 1865 in grosser Menge und in grossen 
Exemplaren an dem Flusse Jansa, in der Stadt Moskau eben 
so gut wie bei Choroschowo und Mniowniki in der Entfer- 
nung einer deutschen Meile von der Hauptstadt, immer jedoch 
in dem schwarzen Sandstein neocomischer Bildung gefunden. 
Der Ammonites biplex Sow. ist davon ganz und gar verschieden. 
Er kommt in der typischen Form, wieihn SoweErgy (Min. conchol. 
II. Tab. 293 Fig. 1—2) aus dem Jura von England und 
D’ORBIGNY (DE VERNEUL, Paleont. de la Russie Taf. 37. 
Fig. 3—4) aus dem Jura von Kineschma an der Wolga ab- 
bilden, bei Choroschöwo, Mniowniki und an der Jansa bei 
Moskau gar nicht vor. Er ist in der typischen Form nämlich 
von den Seiten zusammengedrückt, höher als breit und dicht 
am zugerundeten Rücken mit zweitheiligen Rippen versehen; 
der Rücken ist eben so breit als der untere Rand der Win- 
dungen an der Naht,’ und die zweitheiligen Rippen werden im 
breiten Nabel von der nachfolgenden Windung völlig bedeckt. 
Alles dies sieht man nicht in dem Am. Auerbachi, wie ich die 
Neocomart von Moskwa genannt habe; seine Rippen theilen 
sich viel früher, und die zweitheiligen Rippen sind daher auch 
im Nabel sichtbar; denn sie werden von der vorhergehenden 


-. Windung nicht ganz bedeckt. Der Rücken der Windungen ist 


immer schmäler als der untere Rand an der Naht, und die 
zweitheiligen Rippen sind auf dem Rücken stark nach vorn ge- 
wandt, also nicht grade aufsteigend wie im typischen Am. 
biplee. Die Abbildungen im Bull. de la Soc. Nat. de Mose. 
1861. I. Taf. VII. Fig. 3 et 4, als Am. biplex truncatus und 


als. truncatus var. longifurcatus bezeichnet, gehören dieser 
neuen Art an. Sie gleicht auffallend dem Am. versicolor (Bull. 


de Mosc. 1865. I. Taf. II. Fig. 5—4) aus derselben Neocom- 
schicht von Ssimbirsk, so dass ich beide vereinigen würde, 


. 


255 


wenn nicht der Amm. Auerbachi einzelne verkümmerte Rippen 
zwischen den zweitheiligen vollständigen besässe, die dem 
versicolor fehlen; die obere Schicht von Ohoroschöwo, die dem 
Gault entspricht, enthält ne den Amm. versicolor in deut- 
licheren Exemplaren. 

Die Art scheint dem Amm. colligatus BınkH.*) aus der 
obern Kreide von Limburg sehr nahe zu stehen, so dass sie 
mit ihm leicht verwechselt werden könnte. Die Windungen des 
Amm. colligatus sind in der Mitte viel breiter als am obern 
und untern Rande, und die Loben etwas mehr getheilt als im 
Ammoniten von Choroschöwo. Ich habe jedoch an der Jansa 
ein grosses Bruchstück eines Ammoniten gefunden, den ich vom 
Amm. colligatus nicht gut unterscheiden kann und daher auch 
ihn dort annehmen möchte. 

Zu den grossen Ammoniten dieser ‚schicht gehört ausser- 
dem nöch der Amm. Panderi m., der ebenfalls, obgleich nicht 
in dieser Grösse, in der ähnlichen Neocomschicht von Ssimbirsk 
vorkommt; er findet sich aber eben so gross und in den äus- 
seren oder späteren Umgängen viel breiter als hoch in schö- 
nen Exemplaren im Neocom des nördlichen Ural, an. der Ussa, 
.von wo ich selbst das- grösste Exemplar dieser Art besitze. 

Die obere Schicht von Choroschöwo, die ich dem Gault 
vergleiche, enthalt ganz andere Ammoniten, den Ammonites 
Beudanti, den catenulatus und nodiger, der, wie oben bemerkt, 
als Amm. Koenigi (Sow.) von p’Orgıcny (Paleont. de la Russie 
Taf. 35, Fig. 1—6) abgebildet ist und auch im Necomsandsteine 
von Kotelniki und Tatarowo vorkommt. 

In demselben, Hefte von 1861 Nr. III. des Bulletins der 
naturforschenden Gesellschaft von Moskau, worin ich meine 
Abhandlung über den Grünsand von Moskau bekannt machte, 
hatte auch Herr TrautscHoLp seine Beobachtungen : „Recherches 
geologiques aux environs de Moscou. Fossiles de Kharaschovo 
et supplement.‘“ mit einer Tafel Abbildungen erscheinen 
lassen. 

Da es mir bei der Herausgabe meiner Lethaea rossica, 
‚ mittlere Periode, sehr daran lag, die Originalexemplare der 


*) Biınknonst VAN DEN Binknonst, Monogr. des Gastropodes et Ce-- 
phalopodes de la craie superieure du Limburg. Bruxelles 1861. Taf. 8 a.. 
Fig. 1—9. 


256 = 


neuen, von H. TrAUTscHoLD bestimmten Arten selbst zu sehen 
und genauer zu prüfen, so bat ich ihn um Uebersendung der- 
selben. Er übersandte mir, wie er jetzt selbst bemerkt,*) in 
seiner deutschen Gutmüthigkeit, also nicht, wie ich 
glaubte, im Interesse der Wissenschaft, eine fast voll- 
ständige Sammlung der Fossilien der oberen Schicht yon Cho- 
roschöwo, wofür ich ihm in einem Briefe meinen herzlichsten 
° Dank aussprach,, ohne, wie er bemerkt, irgendwo uber seine 
(irrigen) Bestimmungen der Fossilien als Juraarten ein Triumph- 
geschrei zu erheben. Im Gegentheil machte ich ihm den Vor- 
schlag, ehe ich meine weiteren Bemerkungen über 
diese mir von ihm übersandten Fossilien dem Pu- 
blieum übergab, unsere gegenseitigen Ansichten über sie 
in Briefen zu besprechen **) und dann- unser so gewonnenes 
Resultat über das relative Alter der Formation bei Choro- 
schöwo öffentlich bekannt zu machen. | 

Ich glaube nicht, dass darin etwas Anstössiges oder Naives 
lag, da es sich hier nur um die genauere wissenschaftliche Be- 
stimmung der Fossilien von Choroschöwo handelte, die unsere 
weit auseinandergehenden Ansichten vereinigen sollte; denn ich 
sah voraus, dass ohne diese vorläufige Besprechung durch Hrn. 
TraurscHhoLp ein Scandal zur Belustigung des geologischen 


*) Zeitschrift d. deutschen geol. Gesellschaft. Berlin, 1865 pag. 456. - 

**) Diese Worte befinden sich ausführlich in meinem Aufsatze über 
die Fauna und Flora des Grünsandes von Moskau, Bull. Mosc. 1862, II. 
wo sie pag. 357 so tauten: „Da Hr. TraurscuoLp mir bei Uebersendung 
seiner reichhaltigen Sammlung die Mittheilung machte, dass er über mei- 
nen oben erwähnten Aufsatz, den Grünsand von Moskwa (Bulletin 
‘Mose. 1861, III.), eine ausführliche Erörterung schreibe, so machte 
ich ihm den Vorschlag, erst in brieflichen Besprechungen unsere gegen- 
seitigen Ansichten zu prüfen und dann mit den dadurch gewonnenen, 
offenbar geläuterten Ergebnissen vor dem geologischen Publicum aufzu- 
treten ; allein Hr. TaaurscuoLn zog es vor, proprio Marte in einer Schrift 
pro ara et focis, die Sache der Wissenschaft zu verfechten, und seine 
Abhandlung über die Kreideablagerungen im Gouvernement Moskau schon 
im A4ten Hefte des Bulletins der Moskauer Gesellschaft der Naturforscher 
für 1861 erscheinen %u lassen, in der er zwar neocomische Kreide in 
Talitzi und an einigen von ihm hier zuerst aufgeführten Localitäten des 
Gouvernements Moskwa annimmt, aber den von mir bei Choroschowo auf- 
geführten Grünsand für Jura, den bei Klin angenommenen Kreidesand- 
stein für Wealden erklärt und mancherlei Zweifel über meine Bestim- 
mungen der fossilen Kreidearten ausspricht.“ 


257 


Publicums entstehen würde. Er lehnte meine friedliche Ver- 
mittelung der Extreme ab und zog in der That den öffent- 
lichen Scandal. vor, der ein ganz besonderes Licht auf das 
Eigenlob der deutschen Gutmüthigkeit wirft, wie sie sich, na- 
mentlich in dieser Zeitschrift, wiederholentlich ausgesprochen 
hat. Da ich nicht im Stande bin, in demselben gereizten Tone 
zu erwidern, aber die wissenschaftliche Erörterung der Frage 
mir zu sehr am Herzen liegt, so halte ich es für passend und 
anständig, auch nur auf sie Rücksicht zu nehmen und hier in 
Folge der vielen gegen mich ausgesprochenen Schmähungen nur 
so viel zu bemerken, das Hr. TRAUTSCHoOLD mir nur einmal auf 
10 Minuten seinen Besuch schenkte, dass ich ihn seitdem nie 
_ persönlich wieder zu sehen Gelegenheit hatte, und er doch in 
so kurzer Zeit im Stande war, meinen Charakter so genau 
kennen zu lernen. | 

* Die Gutmuthigkeit des Herrn TrauTscHoLp hatte also im 
Aten Hefte des Bulletin de Moscou für 1861 den Frieden 
gebrochen und meine Ansichten über den Grünsand von Mos- 
kau und die von mir bestimmten Arten mit allerlei Nebenbe- 
merkungen in Zweifel zu ziehen sich bemüht. Er hatte 20 Jura- 
thiere in den Aucellenschichten aufgezählt; man weise ihm 
nach, sagte er,*) dass dieselbe Schicht 21 Kreidethiere ent- 
halte, und er wolle sich gern zum Grunsande be- 
kehren. | | / 

Dies that ich mit leichter Mühe in einem mir auf diese 
Art abgedrungenen Aufsatze im Bulletin de Mosc. 1862. II. 
pag. 371 und glaubte dadurch Herrn TraurscuoLp zum Wort- 
halten zu bewegen und seine verheissene Bekehrung eintreten 
zu sehen. Statt dessen sind diese meine Worte die Ursache 
der gewaltigen Explosion geworden, die wir in der Zeitschrift 
der deutsch. geol. Gesellschaft für 1865 pag. 452 in so unpas- 
sender Art losbrechen sahen! 

Die von mir bezweifelten Jura-Arten von Choroschöwo 
werden hier auf’s Neue kurz besprochen und die von mir bei 
Choroschöwo angenommenen 21 Kreidearten nur zur Hälfte 
und ganz kurz in Zweifel gezogen, so dass diese irrige An- 
nahme mich nunmehr veranlasst, auch meine Ansicht über die 
‘Schichten mit Aucella mosquensis und Ammonites virgatus in 


*) Bull. de Mosc. 1861. III. pag. 438. 
Zeits.d.d.geol.Ges. XVIII. 2 17 


258 


dieser Zeitschrift dem Publiecum mitzutheilen. Da ich in Mün- 
chen bei Professor OrrEL eine grosse Sammlung der Fossi- 
lien von Choroschöwo sah und andere Sammlungen der Art 
in Breslau, Berlin und Stuttgart vermuthe, so glaube ich, wer- 
den -die Herren Professoren F. RoEMER, BEYRIcH, FRAAs, OPPEL 
und verschiedene Andere durch meine Bemerkungen wohl in 
den Stand gesetzt sein, über die nähere Bestimmung; der Arten 
jener beiden Schichten gehörig urtheilen zu können. 


Terebratula ornithocephala. 


Zuerst wird pag. 453 dieser Zeitschrift für 1865 der 
Terebratula ornithocephala aus der Aucellenschicht gedacht, 
die ich in ihr nicht gelten lasse und für die Terebratula 
Royeriana »ORB. von 1845 halte. mit der auch D’ORBIGNY 
(Paleont. Russ. pag. 484) die ornithocephala vergleicht. Ich 
sagte (Bulletin de Moscou 1862. II. p. 372) sehr bestimmt, «dass 
die ornithocephala von Moskwa zu der Terebratula scabra FıscH. 
(T. striatula Fıscn.), die in der Oryctogr. von Moskau p. 148, 
t. 43, f. 6 beschrieben und abgebildet ist, gehört; dert steht 
„zu dieserneuen Art‘, also nicht „zu einer neuen Art‘‘, wie 
Herr TrAUTscHoLD diese meine Worte nach seiner Art entstellt 
hat. Da aber Terebratula Royeriana identisch ist, mit 7. scabra, 
die von Fischer als neue Art schon 1837 aufgeführt wird, so 
müsste die Terebratula Royeriana der Priorität nach eigentlich 
Terebratula scabra heissen; denn die ornithocephala (Sow.) Tr. 
ist dieselbe Art. : 


Terebratula sella. 


Die Terebratula sella wird von mir in der sogenannten mitt- 
leren Juraschicht mit Ammonites virgatus von Choroschöwo auf- 
geführt; dies ist keine Terebratula perovalis aus dem Uiteroolith 
Englands, sondern die fünfeckige Terebratula sella Sow. aus dem 
Neocom. Zu ihr gehört auch die grosse Teerebratula Michalkowüi 
FıAHr. aus dieser Schicht; Herr FAHRENKOHL hat sie in- den 
Verhandlungen der mineralogischen Gesellschaft von St. Peters- 
burg für 1856, t. 3. f. 6 abgebildet und beschrieben; sie gleicht 
der Abbildung der Terebratula sell«a Sow. aus dem Neocom 
bei pD’Orsıcny (Paleont. fr., Terr. eret. t. 510, f. 6— 12) so 
sehr, dass an ihrer Identität nicht zu zweifeln ist. Ein viel 
kleineres Exemplar mit den beiden Falten auf der undurch- 


259 
. 

bohrten Schale, die fast bis an den Wirbel reichen, besitze ich 
aus dem oberen Neocom oder der Gaultschicht von Choroschöwo; 
dies ist ebenfalls diese Art und nicht Terebratula perovalis, deren 
Falten nur am unteren Rande sichtbar sind, und deren dicke 
Schale sich durch eine concentrische, stark ausgesprochene 
Lamellenbildung , auszeichnet, wodurch die Ränder stumpf 
werden und nicht scharf erscheinen wie in der sella. Die Art 
kommt mithin in beiden Schichten von Choroschöwo vor. 


Pecten crassitesta A. Ron. 


Diesen Pecten von Choroschöwo nahm ich ‘damals und 
nehme ihn noch jetzt in einem Pecten an, derim Bull. de Mose. 
1861. I. als eine neue Art mit dem Namen Pecten solidus t. 6. 
f. 4-- 5 bezeichnet ist. Ich sah darin ein junges Exemplar 
des Pecten crassitesta aus dem Hilsconglomerat, um so mehr, als 
auch ROUILLIER (s. die Zeitschrift d. deutsch. geol. Gesellschaft 
1861. pag. 401) mit Recht vermuthet hatte, dass der Peeten 
imperialis KEys., der mit dem crassitesta identisch *) ist, bei 
Moskau in der Aucellenschicht vorkomme, da man, heisst es 
dort, von Zeit zu Zeit Bruchstücke finde, die auf einen sehr 
grossen Pecten schliessen lassen. Der Pecten solidus konnte 
demnach sehr wohl die Grösse des Pecten crassitesta erreichen, 
dem er in der dicken Schale schon als junges Individuum sehr 
nahe kommt. Ich hielt den grossen, als Pecten demissus major 
(Bull. Mose. 1. e. t. 7. f. 2) abgebildeten Pecten für einen 
Steinkern und daher ebenfalls als zum crassitesta gehörig. Jetzt 
erfahre ich, dass er eine dunne Schale hat (s. Zeitschrift der 
deutsch. geol. Gesellschaft 1865, pag. 453), und kann ihn des- 
halb nur für einen grossen Pecten orbicularis Sow. halten, da 
_ der typische Pecten demissus PHıLL.**) aus dem Kelloway Eng- 
lands länger ist als breit, einen spitzen Winkel am Wirbel und 
weit mehr Querstreifen besitzt als diese Art von Choroschowo, 


*) Ich erhielt drei der schönsten und grössten Exemplare des Pecten 
erassitesta durch die Güte des Herrn A. v. Stronseek aus dem Hils- 
conglomerat des Langenberges bei Harzburg: Prof. Geınırz in Dresden 
sah sie und schrieb mir auf meine Anfrage, ob dieser Pecten nicht der 
Pecten imperialis Keys. sei. dass dieser von jenem nicht unterschieden 
werden könne. 

**) Geology of Yorkshire. T. I. t. 6, f. 5. 

e 17 * 


260 
die ganz glatt sein soll, wie die glatte Schale des Pecten orbi- 
. cularis. | ; 


Pecten orbicularis Sow. 


Mit dieser Art ist es Herrn p’OrBIGNY eben so gegangen, 
wie mit dem Ammonites Koenigü; er hat ihn verkannt und dar- 
aus sogar zwei Arten gemacht, den Pecten demissus BEAN, aus 
der glatten und den Pecten nummularis PHILL. aus der concen- 
trisch gefurchten Valve des Pecten orbicularis;. davon wird sich 
Jeder überzeugen, der mit Aufmerksamkeit seine Abbildungen 
ansieht. Der Irrthum ist begreiflich. Da man früher nur lose 
Schalen fand und die concentrisch gefurchten (siehe D’ORBIGNY, 
DE VERNEUIL, Paleönt. de la Russie t. 41, f. 21) als zusam- 
mengehörig ansah, so machte man aus ihnen den Peet. num- 
mularis, während die glatten (l. ec. t. 41 f. 17 abgebildeten) 
Schalen ebenfalls als zusammengehörig genommen wurden und 
den Pecten demissus bilden halfen. Es fand sich aber späterhin, 
dass vollständige Muscheln aus einer glatten und einer ge- 
furchten Schale bestehen, dass also beide zusammenhängende 
Schalen zum Pect. orbicularis Sow. gehören, dessen Charaktere 
sie auch genau zur Schau tragen. SOWERBY”) lässt die eine 
Schale glatt, die andere concentrisch gestreift sein; die Strei- 
fen sind nach ihm zahlreich und stehen eine Linie weit von 
einander ab; folglich meinte er unter den Streifen die feinen 
Furchen, die zwischen den flachen: und breiten bandartigen 
Streifen liegen, wie diese eben so im Pecten orbicularis von 
Choroschowo, als auch im Pecten orbicularis aus dem untern 
Quader von Sachsen und der Tourtia von Essen in Westphalen 
vorkommen; ganz so findet sich Pecten orbicularis auch bei 
Iletzkaja saschtshita in der Nähe von Orenburg. 


Inoceramus sulcatus Park. 


Die Art wird schon sehr richtig zugleich mit Peeten orbicu- 
laris als bei Choroschöwo vorkommend von Herrn MURCHISON **) 
angeführt; sie ward natürlich nicht von ihm, sondern von Herrn _ 
DE VERNEUIL, seinem Begleiter und vorzüglichsten Palaeonto- 
logen, bestimmt. In dieser Zeitschrift, 1865, pag. 454, wird 


S 


*) Min. conchol. II. p. 195. t. 186. 
‘ *#) Geology of Russia in Europe. I, pag. 230. 


261 


an dem Vorkommen der Art in der Neocomschicht von Choro- 
schöwo, und zwar mit dem Bemerken gezweifelt, die beiden . 
Geologen hätten die Art mit einer grossen Rhynchonella ver- 
wechselt. Das ist wohl beleidigend für einen Palaeontologen, 
_ wie DE VERNEUIL. Ich kann jetzt dem geologischen Publicum 
versichern, dass ich den /nnoceramus sulcatus auf meiner Ex- 
eursion nach Choroschöwo im Jahre 1865 mit vielen anderen 
seltenen Arten selbst gefunden habe. Er muss jedoch dort 
sehr selten sein; er ist durch- seine ungleichen Schalen und 
durch den längern Wirbel der dickern Valve von einer Lima 
leicht zu unterscheiden. 


Lima Hoperi Desn. 


Die Lima, die am häufigsten in Choroschowo vorkommt, 
habe ich fur Lima Hoperi Desn. erklärt und halte sie noch 
dafur, weil ihre Oberfläche fein und dicht gestreift ist und die 
feinen Furchen in der Mitte der feinen Schale nicht punktirt 
sind. Der Schlossrand der Muschel bildet mit dem Vorder- 
rande, der das Mondchen und den Byssusausschnitt enthält, 
einen stumpfen Winkel, gerade wie es die Fig. 10 t. 424 bei 
D’ÖRBIGNY, terr. eret., vol. 3 zeigt. Der kreisförmig gebogene 
Unterrand erhebt sich in der Mitte weit höher als in der Lima 
Phillipsi.*) Die grosse von Herrn p’OrBIGNY (bei DE VERNEUIL 
Paleontologie de la Russie pag. 478. t. 42, f. 8) abgebildete 
Lima Phillipsi D’Orp., die im Lias von Scarborough häufig ist, 
ist jedenfalls von dieser Lima Hoperi verschieden und gleicht 
so sehr der Lima abrupta D’OrRB. aus der Kreide, dass ich beide 
für identisch halten möchte, wenn die Lima Phillipsi wirklich 
aus einem grauen Neocomsandsteine, und nicht aus dem Jura 
von Kineschma an der Wolga stammt. Ich selbst besitze diese 
grosse Lima abrupta aus der Neocomschicht von Choroschöwo 
und eine kleine, kaum 3 Linien breite Lima Phillipsi D’ORrB. 
aus dem Jurathon von Goliowa. 


Lima Royeriana D OR». 


Herr n’Orsıcny (Paleontologie de la Russie t. 42 f. 5—6) 
bildet eine Lima consobrina D’ORB. aus dem schwarzen Neo- 
comsandstein von Choroschowo ab, die nichts Anderes ist, als 


*, Geology .of Yorkshire. f. 5. t. 10. 


262 


die Lima Royeriana v’ORB. (Terr. eret. t. 414 f. 5—8) aus 
dem Neocom von Frankreich. Auf Tab, 422 f. 4—7 der Terrains 
eretaces ist auch eine Lima consobrina D’ORB. aus der Kreide 
abgebildet, die aber gar nicht mit der Lima consobrina D’ORB. 
in der Paleontologie de la Russie zu vergleichen ist. D’ORBIGNY 
hat wahrscheinlich jenen Namen für zwei verschiedene Arten an- 
gewandt, und so entstand ein Missverstand, der uns noch jetzt 
irre führt. Die Lima consobrina v’ORB. von Choroschowo 
muss mithin als Lima Royeriana D’ORB. aufgeführt werden, der 
sie in den groben, wenig zahlreichen Rippen und iu ihrer all- 
gemeinen Form ganz und gar gleicht, während die Lima con- 
sobrina D’ORB. aus der Kreide sich durch ihre feineren, sehr 
zahlreichen Rippen und durch concentrische Querstreifung von 
der Lima Royeriana als andere Art vollkommen unterscheidet. 
D’OrBIGNY hat von ihr auf Tab. 422 f. A—7 der Terrains 
erötaces eine sehr gute Abbildung gegeben; er führt aber in 
der Paleontologie de la Russie pag. 477 die Lima consobrina (also 
die Royeriana) von Choroschowo auch aus der mittleren Schicht 
des Jura von Trouville in Frankreich an, und das ist wohl ein 
ähnliches Versehen, wie die Annahme von zwei verschiedenen 
Limen als Lima consobrina. Ich habe jetzt schöne Exemplare 
der Lima Royeriana in Choroschowo selbst gesammelt und 
mich überzeugt, dass jene Lima consobrina in der Paleontologie 
de la Russie keine junge Abart der Royeriana, wie ich früher 
meinte, sondern diese selbst ist. 


Astarte mosquensis D’ORB. 

Auf pag. 455 dieser Zeitschrift für 1865 ist wieder 
die Wahrheit entstellt; ich mache, wird da bemerkt, aus der 
Astarte mosquensis zwei Arten Venus; das. ist nicht der Fall, 
sondern Herr TRrAUTSCHOLD hatte mir unter dem Namen Astarte 
mosquensis D’ORB. nicht diese Art, sondern die Venus obesa und 
faba ubersandt, also die Astarte mosquensis nicht: wiederer- 
kannt, und dies hatte ich früher angeführt (Bull. de Mose. 1862 
p. 27). Es heisst auch in der Zeitschrift der deutschen 
geologischen Gesellschaft für 1861, p. 416, ‚‚dass Herr p’Or- 
BIGNY die Beschreibung und Abbildung der Astarte mosquensis 
liefert, deren Schale fast nie vollkommen erhalten und deren: 
Schloss unbekannt ist; sie könnte danach möglicherweise zu 
einem andern Genus gehören. Der Kiel, heisst es. weiter, ist 


263 


mie so deutlich auf der Schale, wie ihn p’ORBIGNY abbildet, 
Derselbe verstand es, mit ästhetischem Sinne die Natur zu er- 
gänzen.‘‘ Ich erinnere hierbei an das alte Sprüchwort: „,‚de 
mortuis mil nisi bene‘ und bemerke zur Rechtfertigung des 
Todten, dass die Abbildung der Natur sehr getreu ist, dass der 
Kiel auf gut erhaltenen Exemplaren, und die meisten sind gut 
erhalten, ganz so deutlich ist, wie ihn D’OrRIGNY darstellt; auch 
ist das Astartenschloss sehr deutlich, und gerade diese Bemer- 
kung uber D’OrBıcnY’s Astarte zeigt, dass ganz andere Muscheln 
für dieselbe genommen wurden. Wir, die wenigen unpar- 
teiischen Geologen Russlands, sind Herrn p’Orsıcny trotz 
mancherlei irriger Bestimmungen — denn errare humanum — 
vielen Dank schuldig, dass er es auf sich nahm, die Jura- und 
Kreidefossilien der mittleren Gouvernements von Russland zu 
beschreiben und abzubilden; dadurch gewannen wir einen festen 
Boden, auf dem wir nur ruhig weiter bauen könnten, wenn die 
deutsche Gutmüthigkeit nicht unsern Frieden gestört und eine 
unabsehbare Polemik herbeigeführt hätte. Es sind ja jetzt 
30 Jahre verflossen, seitdem Herr pE VERNEUML seine Paleon- 
tologie de la Russie veröffentlichte, und es kann nicht fehlen, 
dass durch eine grössere Zahl von neu aufgefundenen Fossilien 
auch die Bestimmungen der Formationen an Genauigkeit ge- 
winnen mussten. Das hebt aber unsere Verpflichtung gegen 
die Herren DE VERNEUIL und D’ORBIGNY nicht auf. 


’ 


Cardium concinnum Buch. 


H. MurcHIson und DE VERNEUIL (s. Pal&ontologie de laRussie 
pag. 454 t. 38 f. 11— 13) meinten dies Cardium in Choro- 
schöwo beobachtet zu haben. L. v. Buch führte es nur aus 
dem Jura von Popilani und andern Gegenden Russlands an; 
es könnte daher bei Moskau ebenfalls im Jura vorgekommen 
sein, da die Paläontologie von Russland nicht die Schicht an- 
giebt, aus der es beschrieben wurde. Jetzt wird ein Cardium 
nur aus der höhern Neocomschieht von Choroschöwo ange- 
führt, wo ich es selbst in grosser Menge, aber meist ohne 
Schale gesammelt habe; die Steinkerne zeigen die strahlige 
Streifung sehr deutlich, selten die concentrischen Streifen, die 
sehr. fein und gedrängt die Oberfläche der braun gefärbten 
Muscheln bedecken. Daraus geht deutlich hervor, dass es eine 
Protocardia ist, dieder Protocardia Hillana zunächst steht, wie das 


264 


schon n’Orsıeny (Paleont. de la Russie pag. 454) bemerkt; 
die Protocardia Michelini Lexm. scheint ihr jedoch noch näher 
zu stehen. Die concentrischen Streifen oder Querrippen zeigen 
sich vorzüglich deutlich am unteren Rande.und sind nach der 
‚Mitte hin stärker verwischt. 


ı.-., Ammonites Julgens. In 


Ich führe unter den Kreidearten von Choroschowo auch 
mit grosser Bestimmtheit den Ammonites Beudanti Bronen. auf, 
in einem 4 Zoll grossen Exemplare, das mir H. TRAUTSCHOLD 
selbst als Am. fulgens mit vielen keinen Abarten desselben aus 
dem oberen Neocom von Choroschöwo übersandt hat. Das 
grosse Exemplar trägt am deutlichsten die Charaktere der Art 
an sich; es ist eben so zusammengedrückt, hat denselben 
schmalen Rücken und eine Mündung, die sichelförmig und nach 
oben zugespitzt zuläuft, ganz wie die einzelnen Wachsthums- 
ringe, die anf den grossen Exemplaren des Deudanti (s. D’ORB., 
terr. eret. t. 34) bemerkt werden. Der Nabel ist ebenfalls 
gerade so vertieft wie in der typischen Art und die Schale 
dünn und perlmutterartig glänzend. Die kleinen Exemplare 
weichen ‚durch ihren etwas mehr zugerundeten Rücken und 
ihren trichterförmig vertieften Nabel, in dem bis auf den Grund 
alle Umgänge bemerkt werden, von der grösseren und mithin 
von dem typischen Am. Beudanti ab und könnten vielleicht 
den Namen fulgens behalten, obgleich die Loben denen der 
typischen Art gleichen. Das grosse Exemplar ist eben so in- 
volut wie die Art aus dem Grunsande Frankreichs und der 
Schweiz. Der Ammonites catenulatus FıscH. liegt neben dem 
Am. Beudanti in demselben Grünsande und zeigt dadurch, dass 
nicht nur der Sandstein von Kotelniki, wo der Amm. catenulatus 
ebenfalls vorkommt, sondern dass auch der Gault von Talitzi 
und Stepanowa, wo der Amm. Beudanti sich findet (s. Bulletin 
de Moscou 1861. IV. t. 12 f. 2.), gleichzeitige Bildungen mit 
dem obern Neocom oder Gault von Choroschöwo sind, ohne 
dass es nothig ist, hier, wie es pag. 455 dieser Zeitschrift für 
1865 heisst, eine gewaltsame Metamorphose zu veranlassen; 
auch /noceramus concentricus besitze ich von Choroschöwo eben 
so gut als aus dem Grünsande von Talitzi. : 

Dies ist also die Kritik meiner Kreidearten von Choro- 
schöowo; sie betrifft nur die Hälfte meiner 21 Arten und ist 


P2 


265 


so beschaffen, dass ich sie mit leichter Mühe widerlegen und 
ihre Unhaltbarkeit zeigen konnte. Es bleiben aber noch folgende 
Kreidearten, die mein gutmuthiger Gegner nicht angegriffen 
hat, nämlich: 

Terebratula pectoralis Roen. 

Pecten striato-punctatus Sow. 

Pholadomya Royana D’ORB. 

Inoceramus propinquus (GOLDF. 

Inoceramus regularis D’OBB. 

Cardium ventricosum D’ORB. 

Cucullaea glabra Sow. 

Arca Matheroniana D’ORB. 

Trigonia carinata D’ORB. 

Venus obesa, die alle auf dieselbe untere. Kreidebildung 
hinweisen und den casus belli bilden helfen. 

Da gegen diese Kreidearten meiner Sammlung noch keine 
Einrede gemacht worden ist, so füge ich ihnen noch andere 30 
Arten hinzu und nehme wieder meine natürliche Magie (wie 
es in der Zeitschr. d. deutsch. geol. Gesellsch. 1865. pag. 453 
heisst) zu Hülfe, die darin besteht, dass ich die bis jetzt 
an den mannichfachsten Arten reichste Sammlung. von Fossi- 
lien aus den beiden obern Schichten von Choroschowo besitze. 
Den Grund zu ihr legte mein viel zu früh verstorbener Freund, 
PETER voN JazYkow, der zu wiederholten Malen Choroschöwo 
besucht hatte; eine zweite Sammlung erhielt ich von dem jetzt 
ebenfalls verstorbenen H. FAHrEnkont, und zuletzt bekam ich 
viele seltene Stücke von Madame CATTLEY, einer eifrigen 
Kennerin paläontologischer Schätze, die den Nachlass des ver- 
storbenen FreArRs in Moskau kaufte, in dem sich viele Unica 
befanden, die H. RoviLLier beschrieben hatte. Endlich uber- 
sandte mir noch H. TrAutscHoLp eine schöne Sammlung von 
 Choroschowo-Fossilien und gab mir dadurch, wie er mir später- 
hin schrieb, seine Waffen aus den Händen; denn ich konnte 
nur vermittelst dieser Sendung seine Bestimmungen der so- 
genannten Juraarten entziffern. Zuletzt machte ich selbst eine 
Reise nach Moskau und fand mancherlei Neues, was mir noch 
mehr Licht verschaffte, um die Zweifel über die Lagerung der 
Schichten zu beseitigen. 

Ich glaube daher mit Recht, dass meine Sammlung der 
Fossilien von Choroschöwo wohl etwas beitragen könnte, um 


266 
die streitigen Punkte über Jura oder Grünsand an den Ufern 
der Moskwa und Jansa aufzuklären. 


\ 


Zu den bisher noch nicht erwähnten Kreidearten aus der 
oberen und unteren Schicht von Choroschöwo gehören folgende, 
deren ausführliche Beschreibungen und Abbildungen in- meiner 
Lethaea rossica, Periode moyenne, enthalten sind. 


Serpula antiquata Sow. 


Die eylindrische Kalkröhre ist anfangs spiral gewunden; die 
Umgänge. werden nach oben immer breiter; der letzte Umgang 
verlängert sich oft sehr weit in grader Richtung, wenn das In- 
dividuum vollständig erhalten ist; die Oberfläche der Rohre 
ist quergerunzelt und zeigt hin und wieder Ringelwulste. So 
findet sich die Art im oberen Neocom von Choroschowo, ganz 
so im Hilsthone von Norddeutschland, ferner an der Perte du 
Rhöne und im Berge Saleve bei Genf, auch in England. 


Serpula uncinella Sow. 


Die wenig gebogene Kalkröhre hat einen deutlichen Kiel, 
aber keinen Kamm, wodurch sie sich von der Serpula subrugulosa 
QUENST. aus dem weissen Jura unterscheidet, fur welche Art 
sie bisher genommen worden ist (s. Bull. Mose. 1861. I. t.8. 
f. 5). Die feinen Querstreifen laufen in einen Kiel auf 
dem Rücken aus, der aber oft fehlt, vorzüglich gegen das 
Ende der Röhre. Sie findet sich im unteren Neocom von Mni- 
owniki, ganz so wie im Grünsande von Blackdown. 


Cidaris arcuata Re&uss. 


Die Cidarisarten haben nur Stacheln oder einzelne Schilder 
im Neocom von Choroschöwo. hinterlassen und sind daher 
schwer unterzubringen. RouisLier hat eine Art als (Cidaris 
spinigera (Bulletin de Moscou 1849. 1. t.J. f.52—53 und t.K. 
f. 49) beschrieben und abgebildet, die der arcuata aus der 
Kreide von Bilin nahe kommt, wenigstens ihr auffallend gleicht. 
Auch die Cidaris perornata Forg. aus dem Senon Englands 
und Frankreichs hat viele Verwandtschaft mit ihr. Im Bulletin 
de Moscou 1846. IV. t. ©. f. 22. ist sie als Cidaris florigemma 
Puırr. aus dem Jura: bestimmt. 


7 a 


Terebratula Moutoniana v’ORB.*) 


Die undurchbohrte Schale ist sehr dick nach dem Wirbel 
hin, und beide Wirbel stehen von einander ab (s. Davinson, 
British ool. and lias. Terebr., Palaeont. soc. 1850 pag. 42 
1:7. f. 1-4). Sie ist für Terebratula lagenalis aus dem 
Jura erklärt worden -(s. Bulletin de Moscou 1861. 1. t. 5. f. 6), 
die am Unterrande nicht ausgebuchtet ist, wie dies bei Mou- 
toniana beobachtet wird, während jene da grade abgestutzt und 
auf der durchbohrten Schale nicht mit einer deutlichen Ver- 
tiefung, wie diese, in ihrer Mitte versehen ist. Die Terebratula 
Alfonski FaAur. (Verhandl. d. miner. Gesellsch. zu St. Petersb. 
1856. t. 3. f. 1.) gehört auch hierher oder wenigstens in ihre 
Nähe. 


Terebratula Robertoni D’ArcH. 


Diese von p’ArcHıac in der Tourtia an der Grenze von 
Frankreich und Belgien beobachtete Art (s. D’ARCHIAC rapport 
sur les fossiles du Tourtia in den Mem. de la Soc. geol. de 
France. 1846. t. 18. f. 2.) kommt auch von derselben 
Form und derselben Grösse im Neocom von Choroschöwo vor. 
Ich habe sie t. 18. f. 22 in meiner Lethaea rossica, Periode 
moyenne abgebildet und beschrieben; andere Exemplare von 
Biassala in. der Krim sind noch einmal so dick als die ab- 
gebildete und gleichen noch mehr der Figur bei D’ArcHiAc. 


Terebratula depressa Lam. 


Die Exemplare dieser bei Choroschöwo von mir aufge- 
fundenen Art gleichen am meisten den Figuren 5—7 auf 
Tafel 17 bei p’ArcnHıuic a. a. OÖ. aus der Tourtia, wo sie als 
T. nerviensis beschrieben und abgebildet sind; ich habe die Art 
auf Taf. 18. f. 23 meiner Lethaea rossica, Periode moyenne 
‚abgebildet. 


Terebratula capillata D’Arch. 


Auch sie stammt aus der Tourtia und ist von H. p’ArcHıac 
(l. e. t. 20. f. 1—5) abgebildet; es ist die Terebratula Lycetti 
(Dav.?) (Bulletin de Moscou 1861. II. t. 7. f. 6) von Choro- 


*) p’Orsıexny, Terr. cret. Pl. 510 Fig. 1-5. 


268 


schöwo. Ich gab von ihr Abbildungen in der Lethaea rossica 


Tr. rund t, 18,626. 


Terebratula pseudojurensis LEYM. 


Diese Art mag im Bulletin de Moscou sowie in dieser Zeit- 
schrift für 1861 pag. 386 als T. vicinalis oder cornuta mit- 
begriffen sein; sie gleicht jedoch am meisten der T. pseudoju- 
rensis LEYM. aus dem mittleren Neocom des Berges Saleve bei 
Genf; die Fig. 21. Tafel 15 bei Loriol, Anim. foss. du mont 
Saleve. 1861. gleicht ihr ganz und gar. Ich habe sie auf 
Tafel 18 Fig. 27 dargestellt und glaube, dass sie nicht in 
die cornuta des Lias übergeht; denn ihr Wirbel ist viel dicker 
als bei dieser, die Oeffnung viel grösser und der Wirbel selbst 
viel weiter abstehend von dem Wirbel der undurchbohrten 
Schale, ganz wie bei 7. pseudojurensis. 


Terebratula albensis Leym. 


Diese aus der Kreide des Aube- Departement in wi 
reich herstammende Kreideart kommt auch im Neocom von 
Choroschowo vor; sie ist in den Mem. de la Soc. geol. de 
France 1846 V. 1. pag. 11. t. 15. f. 2—4 und von mir in 
meiner Lethaea rossica, Periode moyenne t. 18. f. 27 abgebildet 
und beschrieben worden nnd kann darnach leicht verglichen 
werden. 


Terebratula biplicata, non plicata. 


Dies ist eine interessante, ungefaltete Abart der 7. biplicata 
aus dem oberen Neocom von Choroschöwo, gerade von derselben 
Grösse und Gestalt, wie sie im oberen Grunsande von Folk- 
stone in England vorkommt, s. Davıson 1854. 1. e. t. 6. 
f. 19 — 20, 25— 26; der untere Rand ist stets breiter. als 
die Mitte, und sie gleicht darin der var. non plicata von Choro- 
schöwo, wie sie auch als 7. salevensis LoRrıoL (description 
des animaux invertebres fossiles du mont Saleve. Geneve. 1861. 
pag. 118. t. 15. f. 11—16) im Grünsande des Berges Sa- 
leve vorkommt. 


Terebratula revoluta D’ARCH. 


Ich führe ferner hier die 7. revoluta aus der Tourtia des 
französischen Flanderns aus dem oberen Neocom von Choro- 


269 


schöwo auf, die als junge jurassische 7. mawillata var. alata 
Bulletin de Moscou 1861. I. t.5. f. 7. abgebildet ist. Die grosse 
T. masillata erhält erst im ausgewachsenen Zustande eine sehr 
bedeutende Breite und faltet sich alsdann, während sie in der 
Jugend glatt, ohne Falten und langgezogen ist, wie die Ab- 
bildung bei Davınson 1. c. 1850. t. 9. f£6—9 lehrt; da- 
gegen ist die kleine 7. rwoluta (p’Arcaıac 1. c. 1846. t. 19. 
f.3) aus der Tourtia, grade so wie die Art von Ohoroschöwo, 
immer sehr breit gezogen. 


Rhynchonella plicatilis Sow. 


Diese Rhynchonella aus der unteren Kreide Englands, die der 
T. retracta Ros». vollkommen entspricht, findet sich in vielen 
Exemplaren im Bessonowschen‘ Thone von Ssimbirsk. Ich 
habe sie auf Tafel 18. f. 18 der Lethaea rossica, Periode mo- 
yenne abbilden lassen. Sie ist von Choroschowo als R. tetraödra 
var. compressa (Sow.) im Bulletin deMoscou 1861.1.t.5. f.9. und 
als R. triplicata (Sow.) von RovILLier im Bulletin de Moscou 
1847. II. pag. 372 beschrieben und 1848. I. t. F. f. 8 ab- 
gebildet worden. Auch die sogenannte Rhynchonella lacunosa 
(SchvorH.) Bull. Mosc. 1849. II. t. M. f. 100. gehört hierher 
und bestimmt die Juraschicht als deutliche untere Kreide. 


Rhynchonella sulcata Park. 


‘Dies ist eine andere Kreideart, die viel häufiger im Besso- 
nowschen Thone ven Ssimbirsk als in Choroschöwo vorkommt; 
ich habe sie auf Tafel 18. Fig. 25 der Lethaea rossica, Per. moy. 
abbilden lassen. Sie ist sehr verschieden und bisher immer 
als Juraart gedeutet worden, so z. B. als Terebratula concinna 
(Sow.) im Bull. Mose. 1849. II. t. L. f. 98 und als Zhyn- 
' chonella ®btetraedra (Davıps.) im Bull. Mose. 1861. 1. t. 5. 
f. 2. Sie zeichnet sich am meisten durch die Unregelmässig- 
keit der gefalteten Schalen aus und ist eine alpine Form, die 
an die Rhynch. trigona QuUENST. aus der von H. OPPrEL neu 
aufgestellten tithonischen Etage erinnert, wofern sie 
‚nicht in sie übergeht. 


Rhynchonella pecten »’Or». 


Diese Grünsandart findet sich im oberen Neocom bei Cho- 
roschöwo in schönen Exemplaren; H. RoviLLıer hat von ihr 


270 _ 
als nn pentatoma (Fıscn.) im Bull. Mosc. 1846. IV.t.B. 
f. 14 i, k, 1, m. gute Abbildungen gegeben; sie findet sich 
auch im Eraie albien von Petrowskaja im Gouvernement Char- 
kow und bei Indersk in der Kirgisensteppe. 


Lingula subovalis Dav. 


Diese Lingula, die ‚bei Davıpson (Brit. cret. brachiop. 
t. 1. f. 293 — 30) aus dem Grünsande von Warminster ab- 
gebildet ist, findet sich auch im Neocom ‘von Choroschöwo, 
von wo sie (im Bull. Mose. 1861. IV. t. 5. f. 1) als Lin- 
gula Beamü (PmınL.) aus dem Jura beschrieben ist. 


Ostrea hippopodium Niuss. 


Diese Kreideart findet sich im Norden und Suden des 
Urals im Neocom, so auch bei Kursk, ferner im unteren Neocom 
von Ühoroschöwo, von wo ich sie selbst mitgebracht habe. 
Zu ikr gehört auch die Ostrea deltoidea (Lam.) in dieser Zeit- 
schrift 1861. pag. 395 und die von Rovinuıer abgebildete Art 
im Bull. Mosc. 1849. II. t. N. f. 112 — 113. Ein schönes 
Exemplar, von FAHRENKOHL erhalten, bewahrt ‘die Sammlung 
der mineralogischen Gesellschaft in Petersburg auf. 


Ostrea gibba Reuss. 

Eine kleine Auster, die im unteren Neocom von Choro- 
schöwo vorkommt und von Revss aus der Kreide von Böhmen 
t. 19. f. 6 abgebildet ist, gehört offenbar zu dieser Art, die 
auch im Plänermergel von Luschütz vorkommt. 


@ryphaea vesicularis Lam. var. uncinella LEyMm. 


Ich habe diese kleine Kreideart in ihrer charakteristischen 
Abänderung im unteren Neocom von Moskau, an der Jansa, 
selbst gefunden und finde keinen Unterschied zwischen ihr und 
der pyrenäischen Gryphaea uncinella Leym. (M&m. sur un nouveau 
type pyreneen, parallele & la craie proprement dite, in Mem. 
de la soc. geol. de France 1851. pag. 199. t. 10. f. 2—3). 
Eine grosse sehr gewölbte Schale aus dem unteren Neocom 
über dem Jurathon von Goliowa, von FAHRENKOHL gesammelt, 
wird in der Sammlung der mineralogischen Gesellschaft zu 
St. Petersburg aufbewahrt. 


271 Ba 


Exogyra pyrenaica Leym. 


Diese gleichfalls den Pyrenäen eigenthumliche Art fand 
sich in einem Kleinen Exemplare im Neocom von Choroschöwo; 
sie gleicht ganz und gar der Abbildung LeYMmErie’s (sur un 
nouveau type pyreneen, in den Me&em. de la soc. geol. de Fr. 
1851. t. 10. f. 4); etwas grössere Exemplare finden sich im 
eisenschussigen Sandsteine von Kursk. | 


Exogyra conica Sow. 


Die kleine Exogyra conica aus der Kreide findet sich 
ebenfalls im Neocom von Choroschöwo. Sie ist hier als Ostrea 
acuminata (Sow.) und obscura (Sow.) aus dem Jura abgebildet 
und beschrieben worden, s. Bulletin de Moscou 1861. TI. t. 5. f. 
10 u. 11. Die Ränder sind im Innern punktirt, wie dies auch 
in der Fig. 10 a angegeben ist; die eine Schale ist sehr ver- 
tieft (Fig. 10) und die andre ganz flach (Fig. 11 a). 


Placuna truncata GEIN. 


Diese Art aus dem Quadersandsteine von Böhmen findet 
sich in ausgezeichnet guten Exemplaren im unteren Neocom 
von Choroschöwo. ROoVvILLIER hat sie im Bulletin de Moscou 
1846. IV. t.C. f.26 als Placuna jurensis RoeMm. abgebildet, und 
als Anomia gingensis QuENST. ist sie in dieser Zeitschrift 1861. 
pag. 396 aufgeführt. Ausser diesen Arten finden sich noch 
ein Paar Anomien, ephippiiformis und distracta m.; in dieser 
Schicht von Choroschöwo; ich habe sie in der Lethaea rossica, 
Periode moyenne beschrieben und abbilden lassen. 


. 


Plicatula placunea Lam. 
Diese Art besitze ich aus dem unteren Neocom von Cho- 
roschöwo; sie findet sich auch im Neocom von Frankreich. 
Pecten membranaceus NILSS. 


Diese Art aus der Kreide des südlichen Schwedens be- 
sitze ich aus dem unteren und oberen Neocom von Choroschöwo. 


Pecten Cottaldinus D’ORE. 


Dieser Pecten, als P. demissus Bran. aus dem Jura Eng- 
lands im Bulletin de Moscou 1861. II. t. 7. f.. 3 abgebildet, 


272 


findet sich nicht selten in dem oberen Neocom von Choro- 
schöwo. 


Pecten concentrice-punctatus A. Rorm. 


Die Art aus der Kreide von Nerddeutschland findet sich 
gar nicht selten mit den anderen zahlreichen Pecten-Arten im 
oberen Neocom von Choroschöwo. | 


Pecten laevis NiLss. 


Die Kreideart des südlichen Schwedens findet sich gleich- 
falls im oberen Neocom von Choroschöwo, s. das Bulletin de 
Moscou 1861. I. t. VI. f.3, wo sie als Pecten subtilis aufgeführt 
wird; das eine Ohr ist stumpfwinkelig und kleiner als das andre, 
das rechtwinkelig und breiter ist; die eine Schale ist gewölbt, 
die andere flacher; beide sind glatt und nur mit leichten An- 
wachsstreifen versehen. A 


Pecten septemplicatus Nıuss. 


Diese Art aus dem Grünsande des Balsberges im süud- 
lichen Schweden findet sich in dem Neocomsandsteine von 
Kotelniki. 


Lima abrupta D’ORr». 


Ich habe dieser schönen Art aus dem unteren Turonien 
von Mons in Frankreich schon oben gedacht; sie findet sich 
auch im unteren Neocom von Choroschöwo und ist wahrschein- 
lich als Lima Phillipsü D’ORB. aufgeführt. 


Lima Fischeri m. 


Diese den Neocomsandstein von Kotelniki bei Moskau 
charakterisirende Art kommt auch im oberen Neocom von Cho- 
roschöwo vor, wo sie als Lima rigida (Sow.) aufgeführt und 
abgebildet ist, s. BulletindeMoscou 1858. IV. t. 5. f. 5. Viel- 
leicht findet sie sich auch im unteren Neocom als Lima gigantea 
Desn. im Bulletin de Moscou 1861. I. t. 6. f.6. Die Lima rigida 
aus dem Jura hat feinere Rippen, die sich bis zum Wirbel er- 
strecken. Die Lima Fischeri zeigt dagegen die Gegend um 
die Wirbel glatt, ohne Rippen, die nur die Hälfte der Schalen 
bedecken. Die sogenannte Lima gigantea hat ähnliche Rippen, 


273 


wie jene rigida (Sow.) und ist daher identisch mit der Art von 
Kotelniki. 


Aucella mosquensis. 


Alle Aucellen sind sehr bezeichnend fur die Neocom- 
bildung von Choroschowo; sie finden sich auch in ähnlichen 
Formationen des Kaukasus, im Hochgebirge von Dagestan und 
im Norden des Urals. 


Myoconcha cretacea D’ORB. 


Diese merkwürdige Myoconcha findet sich im Turonien 
der unteren Charente in Frankreich; sie kommt auch als My- 
oconcha Helmerseniana D’ORB. im Neocomien von Choroschöwo 
und Mniowniki, ebenso wie im Grünsande des Berges Saragul 
bei Orenburg vor. D’ORBIGNY scheint wieder dieselbe Muschel 
mit einem neuen Namen belegt zu haben; er hatte den ältesten 
Namen vergessen, als er die Paleontologie de la Russie be- 
arbeitete. *) 


Pinna Cottae Gem. 


Diese Art aus dem Quadersandstein von Sachsen findet sich 
in schonen Exemplaren im oberen Neocom von Choroschöwo. 


Pinna cretacea SCHLOTH. 


Dies ist eine Kreide-Art, die viele Namen erhalten hat; 
sie heisst Pinna decussata bei GoLpruss, und ich habe sie 
Pinna procera (s. Grünsand von Moskwa im Bull. Mosc. 1861. 
IH.) genannt; sie ist von FAHRENKoHL im Sandsteine von 
Wydkrino gefunden worden und zeigt zur Genüge, dass dieser 
Sandsteirr dem Quadersandsteine von Pirna entspricht. 


Pinna Robinaldina D’ORB. 


Diese Kreideart findet sich im Quadersandsteine von 
Schandau als Pinna quadrangularis GoLpr. und im Sandsteine 
von Kotelniki; eine nicht sehr deutliche Abbildung von ihr 
sieht man im Bulletin de Moscou 1858. IV. t. 5. f. 6. 


u 


*) Mit dieser Art vereint findet sich die Myoconcha Strajewskiana im 
Neocom von Choroschöwo und des Urals; das ist die Modiola cancellata 
An. Rorm. aus dem Neocom von Mniowniki, wie sie D’Orsıgny Paleont. 
 stratigr. I. pag. 370 aufführt. E 
Zeits.d.d.geol.Ges. XVIIL 2. 18 


274 


Diese von mir hier angeführten, zahlreichen Kreidearten 
aus den Neocomschichten von Choroschöwo, Mniowniki, Ta- 
tarowa, Kotelniki, Wydkrino und Klin mögen vor der Hand ge- 
nügen, meine Ansicht über die Formation zu erläutern und 
näher zu beweisen. Ich will nur noch als Stütze für meine 
schon im Jahre 1846 ausgesprochene Meinung anführen, dass 
Frrp. RoEMER nach eigener Ansicht der Localitäten um Moskau 
folgendes Urtheil über den Sandstein von Kotelniki und Wyd- 
krino fällte; eben so urtheilte er auch über den eisenschüssigen 
Sand, der auf den Worobjewschen Bergen d. h. auf der an 
200 Fuss sich erhebenden Thalwand des Moskwaufers ansteht. 

F. RoEMeER*) beschreibt nämlich bei Kotelniki zuoberst 
einen losen, weissen Quarzsand, unter ihm einen Sand mit ganz 
flachen, kuchenförmigen, grossen Nieren von kieseligem Sand- 
stein und dann unter ihnen die mächtigen Bänke. des Kotel- 
niker Sandsteins selbst. Dieser schliesst den Jnoceramus 
(Anopaea) bilobus, nächstdem einen als Natica vulgaris REuss 
bestimmten Steinkern, ferner Ammonites catenulatus und Königü 
der Geologen von Moskau ein. „Wenn nun TRAUTSCHOLD und 
EicHwALD, fährt F. RoEmER fort, früheren Deutungen entgegen, 
dem Sandsteine von Kotelniki in der Kreideformation seine 
Stelle anweisen, so glaube ich, dass damit das Richtige ge- 
troffen ist, meine aber zugleich, dass die beiden Ammoniten 
_ für eine nähere Bestimmung des Niveaus, welches der Sand- 
stein in der Kreideformation einnimmt, benutzt werden können.“ 

Nun vergleicht F. RoEMmER den Am. catenulatus FıscH. 
mit dem Am. Gevrilianus D’Ors. aus dem Neocom Frankreichs 
und dem Hilsthone von Norddeutschland und den von D’ORBIGNY 
als Am. Koenigü bestimmten Am. nodiger m. mit ‚dem Am. 
 Astierianus D’OrpB. aus dem Neocom Frankreichs und der 
Schweiz. 

„Wenigstens kenne ich, schliesst Herr RoEmER, ähnliche 
Ammoniten der Art aus den norddeutschen Hilsbildungen und 
andererseits habe ich im Sandstein von Kotelniki ein Bruch- 
stück gefunden, welches sich bedeutend mehr der typischen 
Form des Amm. Astierianus nähert. Sind wirklich die beiden 
Ammoniten-Arten mit den Arten D’OrBIexY’s identisch, so wurde 


8. die "Zeitschrift d.- deutsch. geol. Gesellschaft 1861. Bd. XIV. 
pag. 231. 


275 


daraus die Zugehörigkeit des Sandsteins von Kotelniki zur 
Neocombildung zu folgern sein, und zugleich würde eine we- 
sentlich gleiche Stellung mit dem eisenschussigen Sandstein an 
den Worobjewschen Bergen sich ergeben.“ 

Diese Ansicht RorMmeEr’s ist ohne Zweifel die naturgemäss 
richtigste und die einzig statthafte; ich sah in Moskau in der 
Sammlung des Dr. AvERBACH unter den Fossilien des Worob- 
jewschen Berges den Ammonites Astierianus in einem kleinen 
Exemplare und ausserdem noch die T’hetis minor, wie sie auch 
im Neocom von Dagestan vorkommt.*) Diese und andere 
Fossilien, die ich schon früher aus dem Sandsteine von Ko- 
telniki und Wydkrino (Bull. Mosc. 1861. III.) beschrieben 
habe, bestimmen den Sandstein als zur Neocombildung gehö- 
rig, und zwar als Meeres- oder Küstenbildung, während ich 
den Sanüstein von Klin mit seinen vielen Pflanzen, wie z. B. 
mit der Weichselia Ludovicae StıeuL. als Landbildung betrachte 
und sie mit dem Quadersandsteine von Blankenburg **) paral- 
lelisirt habe. 

Diese Sandsteine entsprechen mithin auch dem Grüunsande 
oder oberen Neocom von Choroschowo, in dem nicht nur Am- 
monites catenulatus, Lima Fischeri von Kotelniki, sondern auch 
die oben beschriebenen unteren Kreidearten, also fast keine 
Juraarten vorkommen, und doch sehen wir, dass Herr TrAuT- 
SCHOLD ***) trotz jener von Herrn RoEMER angeführten Gründe 
plötzlich seine frühere richtige Meinung uber den Kreidesand- 
stein von Kotelniki ändert und ihn nunmehr als Jurabildung 
ansieht, und zwar aus folgenden Grunden. Die in demselben 
vorkommenden Inoceramen und Natica vulgaris REuss, sagt er, 
hätten ihn bewogen, den Sandstein zur Kreidebildung zu stel- 
len; Herr Dr. EwArp in Berlin indessen, der selbst eine 
hübsche Sammlung der Fossilien von Kotelniki besitzt, neigt 
sich der Ansicht zu, heisst es weiter, dass Kotelniki, dem 
Gesammtcharakter der Thierreste nach zu urtheilen, eher zum 
Jura als zur Kreide zu rechnen sei. 

Das heisst doch einen Ruückschritt machen, da wo uns 
der Fortschritt so nahe am Herzen liest und Noth thut. Ich. 


*) Siehe darüber Bull. de Mosc. 1865. IH. pag. 191. 
**) Siehe Grünsand von Moskau im Bull. Mosc, 1861. II. 
***) Bull. Mosc. 1862. IV. pag. 358. 
18 * 


kann dieser Ansicht nicht beistimmen und sehe mit Fer». 
RoEnmER in den Ammoniten sowohl, als auch im Peeten septem- 
plicatus NiLss., in der Lima Fischeri m., in der Pinna cretacea 
SCHLOTH. (als Pinna procera von mir und undulata von GOLDFUSS 
beschrieben) und in der Pinna quadrangularis GOLDF., die mit 
der Pinna Robinaldina D’Orp. identisch ist, die Rormer’sche 
Ansicht für die untere Kreidebildung von Kotelniki hinreichend 
erwiesen. 

Ueberhaupt hat sich im Gouvernement Moskau in den 
letzten Jahren die obere und mittlere Kreidebildung als Kreide- 
mergel und Gault in grosser Ausdehnung gezeigt. Ich habe 
dieser Entdeckung AurrsacH’s bei Chatkow schon in meiner 
Abhandlung über die geognostischen Karten von Russland (im 
Bull. de Mosc. 1865. III.) gedacht und will daraus hier nur 
so viel bemerken, dass der Kreidemergel von Chatkow bei 
Troitza*) ausser vielen Wirbeln von Haifischen, der Lamna 
raphiodon, auch zahlreiche Schuppen von Beryx ornatus, die 
Abdrücke von Lucina lenticularis, Inoceramus Cuvieri und loba- 
tus, die Ceriopora (Reptomulticava) serpens, eine Clione ligata m. 
u. a. A. der Kreide enthält. Diese Clione besteht aus einer 
Menge kleiner, liniengrosser, sehr unregelmässiger, rundlich- 
 plattgedrückter, ausgefüllter Kammern oder Kieselkörperchen, 
die durch feine Verbindungsröhrchen oder Seitenfäden mit ein- 
ander vereinigt sind und dadurch eine Verwandtschaft mit der 
Olione Conybeari Morr. aus der Kreide Englands zeigen. Die 
Kieselkörperchen sind alle compact; sie werden nach dem 
Rande der ziemlich bedeutenden Schwammmasse immer kleiner 
und erscheinen da fast nur als feine Fäden. Die so gebildete 
poröse Masse hält zwei und mehr Zoll im Durchmesser und 
wird ringsumher von Kreidemergel umschlossen. Sie sitzt also 
nicht als bohrende Calcispongia in einem Inoceramus, sondern 
tritt selbstständig auf und würde dadurch eher eine Gattung 
andeuten,, die nicht zu den anbohrenden Schwämmen selbst, 
sondern zu einem eigenthümlichen Genus gehört. 


*) Die ausführliche Beschreibung dieses Kreidemergels findet sich von 
Herrn Auversacn im Bull. Mosc. 1865. III., wo jedoch der Beryx ornatus 
als neue Art unter dem Namen Beryx Leuchtenbergensis Taf. V. Fig. 6 
und der /noceramus lobatus Muenst. als Inoceramus mytiloides 1. c. Taf. V. 
Fig. 18 aufgeführt wird. 


277 


Die schönsten Abdrücke und Versteinerungen werden dort 
in einem grauschwarzen Kalksteine gefunden, der stellenweise 
gelblich ist oder in einen grünlichen Mergel übergeht. Er ent- 
hält ausser Glauconitkörnern geringe Oalcedonausscheidungen, 
und selbst die kleinen Fischwirbel sind in Calcedon umge- 
wandelı. Dieser Kreidemergel findet sich im Wladimirschen, 
Chorkowschen, Räsanschen und vielen anderen Gouvernements 
im Süden von Russland. 

Er bildet im Gouvernement Moskau die obere Kreide, die 
etwas tiefer viele Coeloptychien enthält,. wie sie G. v. Fıscuer 
von den Ufern der Sedunka und Protwa in der Nähe von 
Moskwa beschrieben *) hat. 

Noch tiefer mag der Sandstein von Tatarowo, Kotelniki, 
Wydkrino und Klin anstehen, der als feiner Sand auf den 
Worobjewschen Bergen vorkommt, wo er mit dem eisenschuüs- 
sigen Sandsteine dieser Anhöhe wechsellagert. 

Der Sandstein geht an anderen Orten in den Grünsand 
oder das obere Neocom von Choroschöwo über, dem der 
Gault von Talitzi, Stepanowo und anderen Orten dem Alter 
nach zn entsprechen scheint. : 

Die tiefste Schicht bildet endlich das untere Neocom von 
Choroschöwo, das an der Moskwa, bei Choroschöwo und 
Mniowniki, an der Jansa bei der Stadt Moskwa und bei Go- 
liowo an der Moskwa unmittelbar den schwarzen Jurathon 
überlagert, eine Schicht, die zu den höheren Oxfordschichten 
Deutschlands und Englands gehört und viele Thierreste ent- 
hält, die im westlichen Europa in dieser Schicht nicht bekannt 
sind. Zu den bekannten Arten gehören Ammonites alternans, 
cordatus, Humphriesianus Sow., Pinna radiata Mvenstr., Pecten 
spathulatus RoEu., annulatus Sow., fibrosus Sow., subtextorius 
Muenst., Ostrea Marshi und sandalina Sow., Rhynchonella fur- 
cillata THeonD., Terebratula ornithocephala Sow. (?), Serpula 
flagellum Muvenst. , Mespilocrinus macrocephalus QuEnsT., Penta- 
crinus basaltiformis MırL. und andere, die dem Jurathon am 
meisten seine Stellung in dem mittleren weissen Jura (FrAas), 
dem Spongitenlager oder dem Terrain & chailles anweisen, so 
dass der Solenhofer Kalk ihm parallel sein könnte. 

Das ist nämlich die Juraschicht, die in England den Coral- 


*) Bull. de Mose. 1843. IV. t. 15. u. 16. 


‚ 


278 


rag auf sich ruhen hat und unter der unmittelbar die Oxford- 
etage anfängt. Zu ihr gehört zunächst.das Argovien oder Ter- 
rain & chailles mit Ammonites alternans, cordatus und Humphrie- 
sianus, mit Rostellaria bispinosa PuiL., Gryphaea dilatata, 
Rhynchonella fureillata Tuwov. und anderen Arten. 

Das eigentliche Terrain corallien, das Kimmeridien und 
das Portlandien mit Ammonites biplex (typieus) und planulatus, 
mit Pteroceras Oceani, Pholadomya acuticosta, Exogyra virgula 
scheinen bei Moskwa zu fehlen und sind erst weiterhin im 
Tambowschen Gouvernement an der Oka oder im Charkow- 
schen bei Petrowskaja zu suchen. 

Es ist ferner sehr bemerkenswerth , äushi in Russland bis 
jetzt nirgends die älteren Juraschichten beobachtet worden sind. 
Es fehlt durchweg in Russland der Lias mit Gryphaea arcuata 
und mit ihm der ganze schwarze Jura; nur der obere schwarze 
Jura mit den Posidonienschiefern scheint als vereinzelte und 
mit einer höheren Schicht eng verbundene-Bildung bei Popilani 
in Lithauen vorzukommen, da sich hier Posidonomya ornati 
Quesst. , Ammonites Castor, Cerithium echinatum, Dentalium 
elongatum, Cardium concinnum, Nucula palmae u. a. A. finden, 
wodurch diese Schicht mehr zum braunen als zum schwarzen 
Jura hinneigt; denn weder Fische, noch Ichthyosauren oder 
Plesiosauren sind bei Popilani oder überhaupt im braunen 
Jura von Russland gefunden worden. 

Die ältesten Juraablagerungen finden sich dagegen mit 
Pflanzenresten im Kaukasus, im südlichen Russland bei Pe- 
trowskaja in der Nähe ven Isjum und in der Krim; sie ent- 
halten Farrnkräuter und Oycadeen, wie sie bei Scarborough in 
England, im Upper-moorland-sandstone, der etwas junger ist 
als der Gross-Oolith von Bath, vorkommen. 

Noch höher zeigt sich der obere braune Jura bei Petrows- 
kaja, der auch in den mittleren Gouvernements von Russland 
a. v. OÖ. vorkommt, während der eigentliche Korallenkalk als 
Coral-rag in der Krim sehr entwickeltist; ich habe ihn soeben 
in meiner Lethaea rossica, Periode moyenne, zugleich mit den 
fossilen Pflanzen aus dem unteren Jurakalk von Petrowskaja 
beschrieben und kann daher auf diese Beschreibung in der 
Lethaea verweisen. 

Die Nerineenschicht, die dem Coral-rag parallel geht, kenne 
ich nur von Petrowskaja bei Isjum,; wo sie ausser Nerineen 


279 


auch Cidaris Blumenbachi und coronata, sowie andere Arten 
dieser Schicht fuhrt. j 

Der typische Ammonites biplex Sow. aus dem Kimmeridge- 
und Portlandkalke ist von Herrn D’ORBIGNY sehr gut beschrie- 
ben und abgebildet in DE VErNEUIL, Pal&ontologie de la Russie, 
pag. 445, t. 37, f. 3—4; dort sind drei Fundorte dessel- 
ben angeführt: der Berg Saragula bei Orenburg, Kineshma 
an der Wolga und Ssimbirsk, ebenfalls an der Wolga. Wir 
müssen daher an diesen Localitäten unzweifelhaft einen Kim- 
meridge- oder Portlandkalk annehmen, über dem bei Ssimbirsk 
und auf dem Berge Saragul unmittelbar die Neocombildung 
folgt, . die wir soeben bei Choroschöwo in der Nähe von 
Moskau beschrieben haben, wo Kimmeridge und Portland feh- 
len und das Neocom unmittelbar auf dem oberen weissen 
Jura ruht; denn was dort als Ammonites biplex in vielfachen 
Abänderungen aufgeführt wird, ist eine neue, nur da vorkom- 
mende Art, die sich vom biplex durch constante Merkmale 
unterscheidet. Es ist jedoch möglich, dass der Ammonites 
biplex typicus, dessen D’ORBIGNY ]. c. von Ssimbirsk erwähnt, 
ebenfalls zu dieser neuen Art von Ohoroschöwo gehört, und 
dass mithin auch bei Ssimbirsk kein Kimmeridge oder Port- 
land ansteht. 

Während die obere Schicht von Choroschöwo mit Aucella 
mosquensis und Ammonites catenulatus sich zum Grünsande oder 
Gault hinneigt oder ihm vollkommen entspricht, zeigt die un- 
tere Schicht mit Ammonites virgatus und Lima abrupta man- 
cherlei Verwandtschaft mit dem unterliegenden weissen Jura, 
so dass wir fast genöthigt werden, auch in ihr eine Ueber- 
gangsbildung zum Jura anzunehmen, durch welche Jura und 
Kreide mit einander verbunden werden, eine Bildung, die un- 
längst Herr Oppeu als tithonische Etage*) aufgestellt hat. 
Ich wurde in diesem Falle in der unteren Neocomschicht von 
Choroschöwo einen vorherrschenden Uebergang zur unteren 
Kreide annehmen und nicht zum Jura, wie dies von Herrn 
OrpEL für die tithonische Schicht in den: Alpen angegeben 
wird, da ich nach den oben. angeführten fossilen Thierresten 
in ihr eine grössere Hinneigung dieser Schicht zum Neocom 
als zur Jurabildung finde. > 


*) Siehe diese Zeitschrift 1. ce. 1865. pag. 535. 


280 


Dies sind nunmehr meine Gründe, die mich noch immer 
bestimmen, an der unteren Neocomschicht von Choroschöwo 
festzuhalten. Ich glaube, dass. diese Gründe auch für andere 
unpartheiische Palaeontologen -hinreichen werden, meiner An- 
"sicht beizustimmen, da ich nur eine oder die andere gehörig 
bestimmte Juraart in ihr aufzufinden im Stande war. Die 
meisten Schwierigkeiten machen wohl die Ammoniten, die für 
Abänderungen des Ammonites biplex, als Ammonites biplex trun- 
catus und als Ammonites biplex truncatus longifurcatus aufgeführt 
werden, aber diese neuen Namen für Abänderungen des soge- 
nannten Ammonites biplex zeigen doch wohl zur Genüuge, dass 
man eben so gut neue Arten aus ihnen machen könne. Die 
Ammoniten der Juraformation von Hannover, von Würtemberg, 
von Tyrol, von den Alpen überhaupt sind in neueren Zeiten 
'in so viele neue Arten getrennt worden, dass es nicht weiter 
auffallen dürfte, wenn die untere Neocomschicht von Choro- 
schöwo die grosse Zahl der Ammoniten auch um ein paar 
neue Arten vermehrt. .. hie 

Schliesslich kann ich hier die Bemerkung. nicht unter- 
drücken, dass Jura- und Kreidebildung in Russland bisher 
ganz stiefmütterlich behandelt worden sind, und dass diese 
Bildungen durch Dusoıs’ und Asıca’s vieljährige Untersuchun- 
gen nur im Kaukasus und in der Krim als gehörig bekannt 
gelten können. Im Westen von Europa haben QUENSTEDT, 
Fraıs, OPPpEL, v. SeEeBacH, DoLLrus, v. BinKHORST, GÜMBEL, 
BEsecke und Andere den Jura näher zu gliedern unternom- 
men und viele Ammoniten -Arten aufzustellen für nöthig er- 
achtet. Dasselbe haben Pıcter, Drsor, ESCHER VON DER 
Linte, pE LoRioL, FISCHER-O0STEN und Andere für die Neocom- 
bildung der Schweiz gethan. Sollten wir nicht auch in Russ- 
land diesen Beispielen folgen und vorwärts gehen, da uns 
FERrDINAND ROEMER für Choroschowo den Weg zu zeigen 
suchte ? Die beiden Formationen, der Jura und die Kreide, 
sind in der Krim und im Kaukasus in gleicher Art entwickelt, 
wie sie auch in den flachen Gouvernements von Mittelrussland 
auftreten, und um hier ihr relatives Alter zu bestimmen, mus- 
sen wir hauptsächlich auf ihre Gruppirung im Kaukasus Rück- 
sıcht nehmen, wie auch die Alpen Tyrols und der Schweiz 
jetzt viele Aufschlüsse über Jura- und Kreidebildungen des 
flachen Deutschlands gegeben haben. 


_ 


281 


5. Ueber die von Gerhard Rohlfs auf der Reise von 
Tripoli nach Khadames im Mai und Juni 1865 gefundenen 
Versteinerungen. 


Von Herrn A. Kunın ın Berlin. 


(Aus der Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. 1866. 
Heft 4. S. 319— 323.) 


Hierzu Tafel III. 


Der Reisende Geruarp Ronurs (s. Prreruans’s Mitthei- 
lungen 1866. 1 Heft.) hat von seiner im Mai und Juni 1865 
ausgeführten Reise von Tripoli über .Misda nach Ghadames 
eine Anzahl Versteinerungen eingesendet, die mir zur Bear- 
beitung übergeben worden sind*). Sie erweitern unsere Kennt- 
niss von der geologischen Zusammensetzung des Gebietes 
zwischen Misda und Ghadames und ergeben, verglichen mit 
Herrn BryricH’s Arbeit**) über die von OvERwEG aus weiter öst- 
lich gelegenen Gegenden geschickten Versteinerungen und mit 
der Arbeit von Coguand, Geologie et Pal&ontologie de la region 
sud de la Province de nz Marseille. 1862. einige in- 
teressante Resultate. 

Was zunächst die- Petrefacten selbst anbetrifft, so sind es 
folgende: 

Ostrea armata (zoLDF. Petr. Germ. p. 13 t. 76 fig. 3. 
Taf. III. Fig. 2. Drei Stücke (zweiangewachsene und eine freie 
Klappe). Die Exemplare stimmen mit der Goupruss’schen Ab- 
bildung und mit Originalen aus Westphalen sehr gut überein. 


*) Diese Versteinerungen wurden durch den Bruder des Reisenden, 
- Herrn Dr. Ronrrs in Bremen, an die Redaction der Zeitschrift der Ge- 
sellschaft für Erdkunde zu Berlin gesendet und sind gegenwärtig dem 
königl. mineralogischen Museum zu Berlin einverleibt worden. 

**) Vergl. Monatsberichte über die Verhandlungen der Gesellschaft 
für Erdkunde zu Berlin N. F. IX. 1852. S. 154 und Zeitschrift der 
Rutsche geol. Ges. Bd. IV. 1852. S. 1493. 


. ) 
° 


282 


Sie zeigen etwa 12—14 Rippen (die undeutlichen abgerechnet), 
welche im Allgemeinen stumpf sind und ein schuppiges Aus- 
sehn haben. Hier und da erheben sich die Schuppen höher 
und bilden stachelige Hervorragungen, was besondes gegen 
den Rand hin öfters zu geschehen pflegt. Die Anwachsstelle. 
ist bei den beiden vorliegenden Stucken sehr gross und nimmt 
ein Viertel bis ein Drittel der ganzen Schalenoberfläche ein; 
sie zeigt keine eigenthümliche Textur, sondern unregelmässige 
Rauhigkeiten, zwischen denen sich Spuren von Muschelschalen 
vorfinden. Die flach ausgehöhlte Innenseite trägt etwa in der 
Mitte der Schalenhöhe einen grossen, tief eingesenkten Muskel- 
eindruck; der untere Schalenrand zeigt eine nicht starke, 
wellenförmige Biegung, welche den Falten der Aussenseite 
correspondirt; da indessen die Schalen eine sehr bedeutende 
Dicke erreichen, welche die der westphälischen Stucke weit 
übertrifft und nur von Exemplaren aus dem Salzberge bei 
Quedlinburg, erreicht wird, so verschwinden an einem Exem- 
plare die Falten auf der Innenseite fast gänzlich. Das Liga- 
mentfeld ist bei der freien und der abgebildeten angewachsenen 
Klappe etwa + so hoch als breit; bei der anderen angewachsenen 
erreicht die Höhe mehr als die Hälfte der Breite; die Liga- 
mentgrube nimmt etwa ein Viertel bis ein Drittel der Breite ein. 
Alle Exemplare werden gegen den Schlossrand schmaler, . wie 
dies auch die Stucke aus Westphalen und vom Salzberge zeigen, 
_ und dies scheint ein UP der Art von 
O. diluviana zu sein. 

Die Dimensionen anlangend, so ‚hat die freie Klappe 95 Mm. 
Höhe, 65 Mm. grösste Länge und: 20 Mm. grösste Schalen- 
dicke; die kleinere angewachsene Klappe 75 Mm. Hohe, 45 
Mm. grösste Breite, 20 Mm. grösste Schalendicke; die grössere 
ist abgebildet. 

Der Erhaltungszustand ist sehr gut, da sich eine dunne 
.Verkieselungsrinde mit deutlichen Ringen entweder ganz oder 
doch zum grössten Theile über die Oberfläche gelegt.hat und 
auf diese Weise den Kalk vor weiterer Verwitterung schützte. 

Auf der kleineren angewachsenen Klappe finden sich neben 
undeutlichen Bryozoen einige Schalenfragmente, die an Spondy- 
lus striatus Sow. erinnern. Alle drei Stücke führen die Auf- 
schrift Chorm Rhaschada (oder Rhaschid) und die freie Klappe 
das Datum: 5. Juni 1865. 

ir 


283 

In die nächste Verwandtschaft der angeführten Art gehört 
die Taf. III. Fig. 3. abgebildete Auster. Sie ist wahrschein- 
lich nur eine jugendliche Form, an der die Zacken und Spitzen 
sich noch nicht ausgebildet haben. Das Gestein und der Er- 
haltungszustand sind aber anders als bei den drei Stücken der 
eehten Ostreas armata. Das Versteinerungsmaterial ist nämlich 
ein rötlich weisser Kalkstein ohne jede Spur von Verkieselung. 
Da das Stück dasselbe Datum (5/6 1865) trägt, so ist wohl die 
Stelle Udi Cheil, an der es aufgehoben wurde, nicht weit von 
Chorm Rhaschada entfernt. 

Während bei Coquann sich keine Abbildung findet, die 
mit unserer typischen Ostrea armata gut vergleichbar wäre, so 
hat dies eben erwähnte Stuck sehr nahe Verwandte in Ostrea 
Forgemolli 1. ec. t.21 fig. 7”—9 und Ostrea Villei t. 22 fig. 1 
bis 4, die sich beide in dem von Herrn Coquann aufgestellten 
Etage Dordonien, d. h.- Obersenon, vorfinden. 

Ostrea larva Lam. Gorpr. Petr. Germ. t. 75 fig. 1. Co- 
QuanD l.c. pag. 307. Drei Exemplare. Bereits unter den von 
OVvERwEG gesammelten und von BEYricH (Zeitschrift d. d. geol. 
Gesellsch. IV. 153) beschriebenen Petrefacten aus Nordafrika 
befand sich ein Stück dieser Art. Die sehr ausgezeichnete 
Species ist auch in den vorliegenden Stücken nicht zu ver- 
kennen; zu bemerken ist nur, dass die Angabe von GOoLDFUSS 
(Petr. Germ. p. 10): „die Schalen sind dünn und haben wenig 
Ueberlagerung“, nur auf die Mastrichter Exemplare sich be- 
zieht, da die vorliegenden Stücke und den Abbildungen nach 
auch die französischen eine beträchtliche Dicke erreichen, 
welche an einem 50 Mm. langen Exemplare in der Nähe des 
Schlosses 10 Mm. beträgt. Der Erhaltungszustand dieser Stücke 
ist nicht so gut wie der der vorerwähnten Art. Der grau- 
lichweisse Kalk ist an vielen Stellen aufgelöst und die Stucke 
haben das Ansehen, als hätten sie beträchtliche Zeit in Salz- 
saure gelegen; vielleicht eine Wirkung der unter südlichen 
Breiten energischer angreifenden Atmosphärilien. Daher ist 
die Skulptur der Oberfläche, Ligamentfeld und Muskeleindruck 
verschwunden. Alle drei Stücke tragen die Aufschrift Djebel 
Ksehb. | 

Ohne Zweifel von dem grössten Interesse sind aber drei 
Exemplare der Exogyra Overwegi L. v. BucH, Zeitschr. 
d. deutsch. geol. Ges. IV. p. 152 t. 4 fig. 1 und 2, welche 


284 

die Kenntniss dieser Species sehr erweitern und sie zu einer 
der interessantesten ihres Geschlechtes machen. Die hier vor- 
liegenden Stücke (Taf. -III. Fig. 4 und 5) unterscheiden sich 
von der vorerwähnten Abbildung auf den ersten Blick durch 
die dicerasähnliche, pfropfenzieherartige Drehung ihres Wirbels. 
Allein unsere Figur5 und die oben angeführte Abbildung (t. 4. 
fig. 1) sind die beiden Enden einer durch Zwischenglieder ver- 
mittelten Reihe. Der BeyrıcH’schen Abbildung am nächsten 
steht das dort p. 153 erwähnte, von FREDERIC WARRINGTON auf 
“ der Reise von Ghadames nach Tripoli d.h. auf derselben Tour, 
. von der unsere Stücke stammen, gesammelte Exemplar; diesem 
schliesst sich unsere Abbildung Figur 4 an, und von dieser 
wird der Uebergang zu Figur 5 durch ein nicht ee 
Stuck vermittelt. 

Zu der verschiedenartigen Ausbildung der Form mag wohl 
die ungleiche Grösse der Anwachsstelle viel beigetragen haben. 
Bei dem von BerricHh abgebildeten Exemplare war die An- 
wachsstelle sehr gross, und der Wirbel konnte sich demnach 
nicht so frei herausdrehen, wie bei unserem Exemplare Figurd, 
bei welchem die Anwachsstelle kaum bemerkbar ist. Von der 
Spitze des Wirbels zieht sich ein abgerundeter Kiel über die 
Schale hin, von welchem die beiden Seiten ziemlich gleich- 
mässig abfallen; durch die starke Drehung des Wirbels ent- 
steht eine Rinne, welche (Fig. 5b), vom Schlosse aus der Dre- 
hung folgend, auf der inneren Seite des Wirbels- bis zum An- 
wachspunkt entlang läuft.- Ueber das Schloss und den Muskel 
lasst sich zu der von Herrn BrYrich gegebenen Beschreibung 
nach unserm Material nichts hinzufügen. Von der Oberfläche 
gilt das bei Ostrea larva Gesagte in noch höherem Grade; nur 
das kleine Bruchstück Figur 4 zeigt etwas von Skulptur. In 
der Nähe des Wirbels finden sich, ähnlich wie bei Exogyra 
columba, kleine, unregelmässige, dichotomirende Fältchen. Bei 
stärkerem Wachsthum bilden sich dann einige derselben zu 
grösseren Falten aus. Ganz auffallend ist die grosse Dicke 
der Schale; sie erreicht bei dem Figur 5 abgebildeten Stück, 
vom Schloss zum Kiel gemessen, 20 Mm. Im allgemeinen 
Habitus hat die Art die grösste Achnlichkeit mit der von F, 
Rormer von Neu-Braunfels in Texas beschriebenen Hxogyra 
arietina; sie ist von ihr aber durch den starken Kiel und die 
Oberflächenbeschaffenheit -hinlänglich verschieden. CoquanD 


285 


bildet t. 19 fig. 1—6 unter dem Namen Ostrea Overwegi eine 
Exogyra ab, die mit unseren Stücken nichts gemein hat; es 
ist dies eine eigenthumliche, neue Art, die ihren Namen 
wechseln muss. Das Figur 5 abgebildete Stück trägt die Auf- 
schrift Djebel Mimun, die beiden andern Udi Cheil. Das Ver- 
steinerungsmaterial ist graulichweisser Kalk mit Spuren von 
Verkieselung. 

Ausser dieser Form ist noch eine andere Species der 
Gattung Exogyra unter den übersandten Stücken, welche Taf. II. 
Fig. 1 abgebildet ist und unter den beschriebenen Exogyren 
sich am meisten der Exogyra Matheroniana D’ORB., Pal. fr. t. 85 
anschliesst. ‘Vergl. Coquvasp 1. c. pag. 307. Der Wirbel der 
einzigen vorhandenen, angewachsenen Klappe ist wenig vom. 
Rande entfernt; von ihm geht ein Kiel aus, in dem! die 
Schale rechtwinkelig gebogen ist; dersellie trägt unregelmässige 
Höcker. Auf dem schmaleren, hinteren Theile der Schale 
finden sich einige starke, deutliche Falten, welche quer vom 
Kiel nach dem hinteren Rande verlaufen; auf dem breiteren, 
vorderen einige undeutliche (an unseren Exemplaren fast ver- 
schwundene), welche die spiralformige Krümmung des Kieles 
mitmachen; die Innenseite stimmt völlig mit D’OrsIeny’s Ab- 
bildung t. 485 fig.7. — Ueberraschend ist die Uebereinstimmung 
unseres Stückes mit Exemplaren von Agoas Livres da outra 
Banda in Portugal, die mit der SchLotuzm’schen Sammlung 
in das hiesige mineralogische Museum gekommen sind. 

Diesen Austern schliessen sich noch eine Anzahl Seeigel- 
stacheln an von Formen, wie sie Dssor Syn. d. Echin. foss. 
t. 5. fig. 1, 12, 13, 28 abbildet. Die meisten sind in Kalk- 
spath verwandelt, bei einigen aber sind nur dieäusseren Skulp- 
turen und die mittlere Axe Kalk, während das Uebrige Feuer- 
stein ist, so dass auf dem Querbruch eine Kreisfläche von 
Feuerstein sich zeigt, deren Oentrum und Peripherie von Kalk 
gebildet werden. 

Auf einigen der Stacheln sitzen Reste von Bryozoen, deren 
Erhaltungszustand indessen eine Bestimmung nicht gestattet. 

Alle vorliegenden Versteinerungen stellen ausser Zweifel, 
dass sie aus Schichten von senonem Alter herstammen und 
zeigen zugleich mit den von OvERwEG gesammelten, welche 
an einem 30 geographische Meilen weiter östlich gelegenen Punkte 
aufgehoben wurden, dass Schichten von gleichem Alter eine 


286 


sehr grosse Ausdehnung an dem nördlichen Rande der süd- 
lich von Tripoli gelegenen Hammada haben. | ‚ 

Coguanp hat die grosse Verbreitung und die Mannichfaltig- 
keit des organischen Inhalts der Kreideformationen der Pro- 
vinz Constantine nachgewiesen und gezeigt, dass Schichten von 


senonem Älter sich auch dort vorfinden. Indessen sind es, 


wenn auch verwandte, doch verschiedene Organismen, welche 
sich in den dortigen senonen Schichten zeigen; denn nur die 
wenig ausgezeichnete Varietät der Ostrea armata, ferner Exogyra 
cf. Matheroniana und Ostrea larva sind in den westlichen Ge- 
genden vorhanden, während die charakteristischen Formen der 
Ostrea armata und Exogyra Overwegi zu fehlen scheinen. Ob 
man hieraus auf einen Wechsel der Fauna. schliessen darf, 
muss bei der geringen Menge des Vergleichsmaterials zweifel- 
haft bleiben. Exogyra cf. Matheroniana und Ostreu larva 
werden von CoquAnD in seinem Etage campanien aufgeführt. 


» Erklärung der Figuren auf Tafel IN. 


Figur 1. Exogyra cf. Maikeroniana v’Ose. Chorm Rhaschada. 
= 2. Ostrea armata GoıLpdr. Chorm Rhaschada. ° 

3. Ostrea ef. armata. GoLor. Udi Cheil. 

4. Exogyra Overwegi L. v. Buch. Udi Cheil. 

5. a, b. Exogyra Overwegi L. v. Buc#. Djebel Mimun. 


u 


287 


6. Ueber das Alter der Tertiärschichten bei Bünde in 
Westphalen. 


Von Herrn A. von Koenxen ın Berlin. 


Der Doberg bei Bünde ist wohl der schon am längsten 
bekannte Fundpunkt von Tertiärversteinerungen in ganz Nord- 
deutschland. Graf Münster schilderte das geognostische Vor- 
kommen nur äusserst kurz; etwas eingehender beschrieb das- 
selbe beiläufig F. RoEMER in seiner treff.ichen’Arbeit über das 
Wesergebirge und zog zu den Schichten des Doberges noch 
diejenigen, welche in der Mergelgrube von Epmeier, am Fusse 
der Schwarzhorst, durch ein Bachthal vom Doberge getrennt, 
aufgeschlossen sind und früher schön erhaltene Sachen, be- 
sonders die Pleurotomaria Sismondai GoLDF., geliefert haben, 
jetzt aber schon lange ausser Betrieb sind. 

Seit nun durch Bryric#'s vorzügliche Arbeiten die Grund- 
lagen: fur die Klassifikation der norddeutschen Tertiärschichten 
geschaffen sind, hat wohl kaum Jemand, besonders Jemand, 
der mit den einzelnen Schichten und ihren respectiven Ver- 
steinerungen genau vertraut gewesen wäre, in der Epmeierschen 
-Mergelgrube gründlich sammeln können oder eine von Do- 
berger Sachen gesondert gehaltene Suite aus derselben zu Ge- 
sicht bekommen. Hierdurch erklärt es sich denn, dass jene 
Schichten mit denen des Doberges zusammen seither für 
Ober-Oligocän galten. Als ich im vergangenen Jahre zum 
ersten Male von Herrn Göpxe nach der ziemlich versteckt 
liegenden Epmeierschen Mergelgrube geführt wurde, fand ich 
zu wenig Versteinerungen, als dass ich aus diesen mir hätte 
irgend ein bestimmtes Urtheil bilden können; es fiel mir aber 
sogleich die petrographische Verschiedenheit dieser Schichten auf 
von.denen des Doberges; es finden sich nämlich daselbst ca. 8 Fuss 
stark sandige, gelblich- und grünlichgraue Mergel aufgeschlossen 
und über diesen ca. 10 Fuss feste, graue, plattige, sandige 
Kalkbänke, während auf dem Doberge zuoberst jene festeren, 


288 


in eigenthümlich knorrige Blöcke zerfallenden Schichten mit 
den bekannten grossen Echiniden liegen und darunter ein 
dunkelgruner, milder Mergel von bedeutender Mächtigkeit, 
welcher in seinen -oberen Schichten zahlreiche Versteinerungen, 
besonders Bivalven, in guter Erhaltung einschliesst und vor 
Allem reich an Foraminiferen ist. Diese Schichten des Do- 
berges liegen in einer Mulde, welche in einer Länge von mehr 
als 1000 Schritt durch zahlreiche, tiefe Mergelgruben aufge- 
schlossen ist, und deren Flügel nach beiden Seiten zu Tage 
ausgehen und mit einigen 30 Grad nach Norden resp. Süden 
einfallen. 

Nach dem blossen Augenmaasse lässt sich ferner erkennen, 
dass, falls nicht eine Hebung des Doberges oder eine Senkung 
der Schwarzhorst stattgefunden hat, die Tertiärschichten dieser 
einem tieferen Niveau angehören müssen als die auf dem Do- 
berge aufgeschlossenen. 

Nun war neben dem Bauerhause, das gleich südlich vom 
Ausgehenden der Doberger Mulde liegt, aus einer tiefen Grube 
' ein fetter blauer Thon ausgeworfen worden, und ich erfuhr 
von dem Besitzer, dass in dem dicht dabei befindlichen Brunnen 
32 Fuss dieses blauen Thones und dann noch bis auf das 
Wasser (an der- Keupergrenze?) einige 40 Fuss Mergel durch- 
teuft worden wären. Diesem unteren Mergel dürfte also der- 
jenige der Epmeierschen Grube entsprechen. 

Die eigenthüumlich sumpfige Beschaffenheit einer grossen 
Wiese nördlich vom Doberge und eines Theiles des Ostab- 
hanges lassen nun auf einen Untergrund von zähem Thon 
schliessen und möchte hier vielleicht jener blaue Thon zu 
Tage treten, der unter dem Doberger oberen Mergel liegt. 
Bei meiner kuürzlichen Anwesenheit in Bunde, .Mitte April 
d. J., ging ich, nun mit den nöthigen Werkzeugen versehen, 
wiederum nach der Epmeierschen Mergelgrube und fand eine 
grössere Anzahl leidlich erhaltener Versteinerungen, die ich 
meist aus dem Gedächtniss mit ziemlicher Sicherheit bestimmen 
konnte, ausserdem aber noch mit Hülfe Herrn BosquEr’s mit 
Originalen seiner Sammlung verglichen habe. Es sind folgende 
Arten: 


289 


"No. Schwarzhorst bei Bünde | Ober- | Mittel- |Unter- 
Oligocän. 

1. | Aporrhais speciosa SCHLOTE. . | T + + 
2. \ Murex»tristichus BEIR. . ,..- eu + 
3. | Cassidaria nodosa SOL. | f T | + 
4.  Fusus ringens BEYR. 5 + 
9. | Conus Beyrichü KoEN. . ü ; r 
6. | Pleurotoma Koninckiü NYST.. + + + 
T. | Pleurotoma Selysü Kon. . . » T T r 
8... Pleurotoma Beyrichü PmiL. (?) . : + 
9. | Borsonia Delucü Nyst. . . . se: + 
10. | Voluta suturalis Nyst.*). i 
11. | Voluta decora BEYR. NR ; 5 ir 
12. | Natica Hantoniensis SoL. . . . r f 
13. | Mesalia n. sp.**) . - T 
14. | Siliquaria n. sp. . T I 
15. | Pleurotomaria not Gorn- | 
ES Br DTTNE ? f 
16. | Actaeon simulatus Sor. 5 Bee: 
17. | Terebratula grandis Buum. . . ; 7 7 
18. | Terebratulina Nysti BosQUET | + 
19. | Terebratulina n. sp. (?) 3 
20. | Argiope multicostata BOsSQUET + 
21. | Ostrea sp. 3 Eee ; 
22. | Chama monstrosa DB ie 
23. F Pecten corneus Sow. T 
24. | Pecten sp. \ 
25. | Pecten sp. Er re 
Be Bmasp.. nn . + 

27. | Mytilus sp. : RRTR Ä 
28. | Pinna: sp. . i 
29. | Spondylus_ cf. sine. Diese. ; £ T 
30. | Pectunculus cf. obovatum Lan. ee) T 
31. | Limopsis granulata GoLDF. f 
32. . 
38. em 3 Sp... 
34. 


*) Das a. a. O. von mir als oberoligocän aufgeführte Stück dieser 
Art von Bünde im Berliner Museum dürfte wohl aus eben dieser Mer- 
gelgrube stammen. 

=") Es ist dies eine der schlanksten Formen, die ich auch von 
Lattorf ete. besitze, von Mesalia (Melania) Heyseana Pur. dadurch weit 
verschieden. 

**) Diese Art, ferner Ästarte Henckeliusiana und Crassatella astar- 

Zeits. d.d. geol. es. XVII. 2. 19 


N 


Jaeontser I.) 2% 5 
45. BD tenuistriata DESH. var. 
a. Ph. non Nyst*): 
46. | Psammobia sp... 
47. | Corbula Hei ckahsanke Nysr. 
48. | Thracia sp. ö NEN ; . 
49. | Echinocyamus ee r f 


(Echinoneus ovatus GoLDF.) 


= y E 
290 
No. Schwarzhorst bei Bunde OBER Me 
e igocäan. 
35. . Cardium cingulatum GoLDF.. . | T. | 7 | T 
36. | Cardium Hausmanni Pr. S t 
37. | Cytherea .incrassata Sow... . , 7 T 
38.  Cytherea splendida Mer. . . . 2 + uf 
39. | Cytherea Solandri Sow.(?) . - T 
40. | Astarte Henckeliusiana NYST. ? + ji 
41. | Crassatella astartiformis NYST. . ?: Den r 
49. | Or. tenuistria DEsH. var. a. NYST. T 
43. | Crassatella Bosqueti KoEn. . Sys T 
44. | Asiarte subquadrata PHiL. | 

Ru t 
7 
T 
T 
T 
7 


Ausser diesen finden sich nicht selten Bryazoen und 
Foraminiferen, und habe ich Herrn Professor Russ eine 
Probe geschickt mit der Bitte, nach diesen das Alter der 
Schichten zu ermitteln. 

Nach den oben von mir angeführten Namen bleibt wohl 
kaum ein Zweifel, dass die Schichten an der Epmeierschen 
Mergelgrube berlin sind; denn es finden sich darin 
mehrere dem Unter-Oligocan eigenthümliche Arten und keine 
‘dem Mittel- oder Ober-Oligocän eigenthümliche. Falls der 
‚ blaue Thon sich nun als Mittel-Oligocan erweisen sollte, so 


tiformis werden zwar vom Doberge, also oberoligocän , aufgeführt, 
sind mir aber nicht von dort bekannt, wohl aber von Lattorf, Oster- 
weddingen etc. 

*) Die Nyst’schen Originale dieser Art gleichen sehr wenig seiner _ 
Abbildung, unterscheiden sich vielmehr von dieser und der damit ziem- 
lich übereinstimmenden Phıtıprpi’schen Art durch die regelmässigen, gleich- 
mässigen, concentrischen Rippen, die schärfer vierseitige Gestalt und die 
scharfe Kante, die auf der hinteren Seite vom Wirbel nach dem unteren 
Rande läuft. Da Pritıppr den Namen Astarte subquadrata im Nachtrage 
zu seiner Arbeit ‚Ueber die Tertiärversteinerungen der, Magdeburger 
Gegend“ selbst sogleich wieder eingezogen hat, so nenne ich diese Art 
I Crassatella Bosqueti. 


291 


hätten wir hier die sammtlichen Oligoecänschichten in direkter 
Ueberlagerung zusammen. Von besonderem Interesse ist jeden- 
falls das Vorkommen von unteroligocänen Schichten in dieser 
Gegend, da bisher zwischen Mastricht und Helmstädt nichts 
Derartiges bekannt war. Ich hielt es für räthlich, Vorstehen- 
des alsbald zu veröffentlichen, damit künftighin die Vorkomm- 
nisse des Doberges und der Schwarzhorst gesondert gehalten 
werden, was ja von grosser Wichtigkeit ist. 


13° 


292 


7. Bin Beitrag zur Kenntniss des baltischen Jura. 


Von Herrn A. Sınzpeck ın Berlin. 


Den Namen „baltischer Jura“ führte Herr Professor BEYRICH 
in dem 13. Bande dieser Zeitschrift S. 143 in die Litteratur 
ein und gab zugleich nach einigen wichtigen Leitfossilien die 
Haupt-Horizonte des darin vertretenen braunen Jura an. Die- 
selben weiter zu verfolgen ist mit grossen Schwierigkeiten ver- 
bunden, weil bei den hier und da zerstreut sich findenden Ge- 
schieben ein Urtheil über ihr relatives Alter nicht durch Be- 
obachtung der Lagerung gewonnen werden kann. Dasselbe 
kann nur dadurch erreicht werden, dass man grössere erratische 
Blöcke, welche . eine Anzahl Versteinerungen einschliessen, 
einem genaueren Studium unterwirft. Je ausgedehnter die 
Kenntniss solcher Blöcke sein wird, desto mehr. wird : man 
auch im Stande sein, kleinere Geschiebe, theils nach den 
Fossilien, theils nach der petrographischen Beschaffenheit ein- 
zuordnen. Diese Betrachtung hat mich bestimmt,. den bei Nemitz 
unweit Gulzow in Hinterpommern auftretenden braunen Jura 
zu bearbeiten. 

Das Material habe ich theils selbst gesammelt ‘und im 
hiesigen königlichen mineralogischen Museum niedergelegt, 
theils befindet es sich in der ehemaligen GumprecHt’schen Samm- 
lung, welche in der geologischen Sammlung der königlichen 
Berg-Akademie aufbewahrt wird. 

Die erste Notiz über das Vorkommen von braunem Jura 
bei Nemitz giebt WESSEL in einem Aufsatze im sechsten Bande 
dieser Zeitschrift „der Jura in Pommern.“ Er beschreibt das- 
selbe, führt einige Petrefakten auf und giebt auf der beige- 
fügten Karte genau die Lokalität an, so dass ich in dieser 
Hinsicht nur darauf zu verweisen habe. Später erwähnt Herr 
Professor Beyrıch an der oben angegebenen Stelle dieses Vor- 
kommen und zeigt durch Angabe des Ammonites. aspidoides 
 OppEL das Niveau der Schichten an. 


Pe 


293 


Der Bruch, in welchem der Jura zu beobachten ist, hat eine 
sehrgrosse Ausdehnung und besteht wesentlich aus Kreidemergeln, 
von welchen WEssEL vermuthet, dass sie sich auf sekundärer 
Laagerstätte befinden. Ob dies wirklich der Fall ist, wage ich 
nicht zu entscheiden, nur kann ich bestätigen, dass sich die 
fraglichen Kreidemergel von der anstehenden Kreide auf der 
Insel Wollin sehr unterscheiden. Aus diesen Kreidemergeln 
bestehen die Wände und der Boden des Bruches, in dessen 
Mitte ein Block jurassischen Gesteines sich befindet. Derselbe 
hat gegenwärtig eine Höhe von circa 5 Fuss und einen Durch- 
messer von 6—7 Fuss. Früher hatte er eine viel grössere 
Ausdehnung, das Gestein wurde gebrechen und zum Bauen 
verwendet, jetzt geht er durch Verwitterung mehr und mehr 
der gänzlichen Vernichtung entgegen. WeEsseEL hielt das Ge- 
stein für anstehend, weil der darunter liegende Kreidemergel 
früher nicht aufgeschlossen war. Nach den jetzt vorhandenen 
Aufschlüssen unterliegt es keinem Zweifel, dass dieser Block 
sich auf sekundärer Lagerstätte befindet; der ganze Block scheint 
von Kreidemergeln umgeben gewesen zu sein, wodurch es 
wahrscheinlich wird, dass auch die Kreidemergel sich nicht 
mehr auf ihrer ursprünglichen Lagerstätte befinden. Die Masse 
jurassischen Gesteins lässt eine vollkommen horizontale Schich- 
tung nicht verkennen, und zwar liegt zuoberst ein festes Ge- 
stein, welches petrographisch sehr ausgezeichnet ist. Es ist 
ein feinkörniger, oolithischer Kalkstein von dunkler Farbe, in 
welchem hier und da zerstreut Knollen eingewachsen sind. Die 
Knollen sind ungefähr von der Grösse einer Hasselnus und von 
sehr verschiedener Gestalt; sie haben eine ziemlich glatte Ober- 
fläche von brauner odergrünlicherFarbe. Wenn man sie zerschlägt, 
zeigtsich deutlich eine Rinde von Brauneisenstein und die Masse im 
Inneren ist von gleicher Beschaffenheit wie das umgebende Ge- 

stein, auch finden sich daselbst Theilchen zerbrochener Muscheln. 
- Durch eine grosse Anzahl von Knollen erhält das Gestein ein 
conglomeratähnliches Aussehen, und durch Verwitterung geht 
die schwarze Farbe in eine braune über. Die Erhaltung der 
Muscheln ist insofern eine günstige, als die Schalen nicht zer- 
stört sind, was die schärfere Bestimmung erleichtert. Dieses 
Gestein wird von dem unterliegenden Kreidemergel durch 
einen an Versteinerungen ärmeren dunklen Thon geschieden, 


294 


welcher nach den darin enthaltenen Petrefakten derselben Zone 
des braunen Jura angehört. 


Aufzählung der aus Nemitz beobachteten 
Petrefakten. 


,) 


1. Rhynchonella varians SCHLOTH. ÖPPEL, Jura 
84561,.98. | 

2. Pecten lens Sow. Min. Conch. t. 205. f. 2. 3. 

OPPEL sagt in seinem Jura p. 492. $. 61. Nr. 71, mit dieser 
Species wurde häufig Pecten laminatus Sow. verwechselt. So- 
wERBY giebt als Merkmal letzterer Species die lamellose Struc- 
tur des rechten Ohres an, und OPPEL fugt noch hinzu, dass sie 
eine geringere Grösse habe. Bei vorliegenden Exemplaren 
sind die Ohren nicht erhalten, so dass das Hauptkriterium fehlt. 
Wegen des von OPpEL angegebenen Unterschiedes führe ich 
die Maasse an; die Länge betragt 15 Mm. und die Höhe 18 Mm., 
-das grösste Exemplar hat eine Höhe von 5 und Länge von 25 Mm. 
Diese Maasse wurden eher auf Pecten laminatus hindeuten, ich 
schliesse mich jedoch in der Bezeichnung lieber QuENSTEDT an, 
welcher alle Formen mit punktirter Skulptur der Schale unter dem 
Namen Pecten lens zusammenfasst, wenn sie auch in den ver- 
schiedensten Niveaus auftreten. OPPrEL begründet den Unter- 
schied auf die verschiedene vertikale Verbreitung, indem er 
Pecten lamingtus als Bathspecies, Pecten lens als Oxfordspecies 
anfuhrt. ek: 
8. Pecten demissus QuEsst. Jura t. 72 £. 27. ef. 
Pecten spathulatus ROEMER, Ool. Geb. t. 18. f. 22. 

4. Lima duplicata Sow. sp. 

Diese und die folgende Species lassen wegen theilweiser 
Zerstörung der Schale die feinen Nebenstreifen nicht erkennen, ‘ 
sonst stimmen sie mit den vorhandenen Beschreibungen und 
Abbildungen überein. 

5. Limea duplicata Münster, Gowpr. t. 10. 9. 
Quenst. Jura p. 436 t. 59 £. 16. 

6.: Avicula echinata Sow. Min. Conch. t. 243. £. 1. 

1. Posidonomya Buchii A. Roemer, Ool. Geb. t. 4. 
f. 8. Beyrıch, Zeitschrift d. deutsch. geol. Gesellschaft. VI. 
p. 143. | 
8. Arca rugosa? var. von Ärca Pratti Morrıs et Lyc. 


PAR EDIT 


295 


9. Trigonia sp. aus der Familie der Costaten. 

10. Astarte Parkinsoni Quasst. Jura t. 67.:f. 36 
p- 506 Vergl. Zeitsch. d. deutsch. geol. Ges. XVII, A. Kuxtu, 
die losen Versteinerungen in Tempelhof bei Berlin. 

ll. Astarte depressa MüÜnsTER, GoLpr. t. 134. f. 14. 
v. SEEBacH, Hann. Jura p. 122. 

12. Cyprina nuciformis Lyvc. Quart. Journ. IX. 
p- 540 t. 14. f. 3. Die Länge und Höhe der Muschel be- 
trägt 30 Mm. und die Dicke 18 Mm. Die Wirbel sind nach 
vorn gedreht und liegen nahe bei einander. Vor ihnen befindet 
sich eine grosse, herzförmige Lunula, und hinten ist eine Kante 
schwach angedeutet. Die Skulptur -besteht in einfachen, 
‚schwachen, concentrischen Streifen. Nur die linke Klappe ist 
vorhanden, dieselbe zeigt neben einem langen Nebenzahn zwei ' 
schief stehende Hauptzähne, welche diese Form unbedingt dem 
Genus Cyprina anreihen. In der äusseren Form gleicht diese 
Art mehr einer Isocardia, und zwar steht sie der /socardia mi- 
nima Sow. Min. Conch. t. 294 f. 1—3, non GoLpruss, sehr 
nahe, bei welcher nur die Schalen mehr aufgebläht sind, 
die Lunula in Folge dessen auch grösser ist und die Wirbel 
etwas mehr nach vorn liegen. Die Abbildung in QuExstEDT’s 
Jura t. 60 f. 17 hat grosse Aehnlichkeit, nur tritt hier mit- 
unter auch Radialskulptur auf. 

In den Geschieben der Mark findet sich diese Form 
häufig neben der kleinen 7. leporina KLÖDEN, welche radial 
gestreift ist und, wenn sie zum Genus Cyprina gehört, immer 
zu trennen sein würde. 

13. Pholadomya radiata SCHLOTH. sp., Myacites ra- 
* diatus Scatore. Petrefaktenkunde p. 179. Die Länge der 
Muschel beträgt 40 Mm., die Höhe 23 Mm. und ihre Dicke 
17 Mm. Die Gestalt ist langlich oval, und die Wirbel liegen 
im ersten Drittel der Schale. Der Schlossrand verläuft nach 
hinten gerade, der vordere Rand ist beinahe halbkreisförmig, - 
der untere ist geradlinig und steigt nach hinten sanft an. 
Unter den Wirbeln ist die Schale am dicksten , hinten ist sie 
stark zusammengedrückt, so dass der hintere Rand scharf wird, 
wogegen der vordere stumpf ist. Die Oberfläche ist radial ge- 
streift mit Ausnahme des vorderen und hinteren Theiles der 
Schale. Die Rippen, deren Anzahl 22 beträgt, sind nicht von 
gleicher Stärke, und nur 13 gehen von den Wirbeln aus, die 


296 


übrigen erscheinen eingeschoben. Die Rippen selbst sind 
glatt und werden nur von den Anwachsstreifen durchschnitten. 
Die beiden vorderen sind ein wenig nach vorn gerichtet, die 
übrigen biegen sich mehr und mehr nach hinten, so dass die 
. letzte Rippe mit der ersten ungefähr einen Winkel von 60 Grad 
bildet. | | 

14. Panopaea decurtata Pu. Geol. of Yorksh. t.7. 
BALL. i { 
15. Dentalium entaloides DssL. OprrEL p..390. D. 
Parkinsoni QuEnst. Jura t. 69 f. 5. 6. Vergleiche Brauns, Palä- 
ontographica Band XIN. p. 137. 

16. Turbo biarmatus GoLDF. p. 55. t. 180 f. 2. 

17.:-Prochus. ef.“ Zetes»p’Ore... Pal. frau pa. 
317 f. 5—8. Vergleiche A. Kunst, Zeitschr. d. deutsch. Ge- 
sellsch. XVII. p. 317. 

Vorliegende Exemplare stimmen mit der » On 
schen Species nur insofern nicht überein, als sie nicht ge- 
nabelt sind; sie haben auf dem Spindelsaum nur eine mehr oder 
minder markirte Furche. Durch letzteres Merkmal schliessen 
sich die Formen dem Trochus bijugatus Quesst. an (Jura p. 485 
t. 65 f. 8). Von dieser Species sagt QUENSTEDT, dass siein Höhe 
des Gewindes und in der. Skulptur sehr variire. Die Nemitzer 
Exemplare haben aber alle ein durchaus gleichartiges Aus- 
sehen, obgleich ich verschiedene Altersstufen besitze, so dass 
ich sie mit der QuEnstEeDT’schen Species nicht identifieiren 
kann. 

18. Cerithium muricatum Sow. sp. Siehe A. UNE, 
Zeitsch. d. deutsch. geol. Ges. XVII. p. 315. 

19. Belemnites Beyrichi OppeL, Jura 8. 472. 

20. Ammonites aspidoides OrpeL, Jura S. 474. 

U. ScHönsaAch stellt diese Form unter Ammonites subra- 
diatus (Paläontographica Bd. XII. p. 33). 

Ferner finden sich Bruchstücke von Ammoniten aus der 
Familie der Falciferen, so wie dem Ammonites Parkinsoni nahe 
stehende Formen. = 

Dies sind sämmtliche, mir bekannte Arten, welche natür- 
lich keinen Anspruch auf Vollständigkeit machen können, 
jedoch genügen, um das Niveau festzustellen. 

WessEL führt noch folgende Arten an: 

a. aus dem festen Gestein: 


297 k 


Terebratula ornithocephale, 

Goniomya V-scripta, 

Pecten fibrosus, 

Astarte polita, 

Ostrea explanata A. ROEMER. 

b. aus dem Thone: 

l. Astarte nummulina 

2. Astarte pulla. 

In beifolgender Tabelle habe ich die vertikale Verbreitung 
der mir bekannten Arten von Nemitz nach den Werken von 
ÖOPPEL, QUENSTEDT und v. SEEBACH angegeben. Es ergiebt sich 
daraus auf den ersten Blick, dass die Nemitzer Schichten in 
den Versteinerungen nach Oppzr’s Bezeichnung am meisten 
mit dem Cornbrash, also den oberen Schichten der Bathforma- 
tion übereinstimmen, und dass sie paläontologisch dem Corn- 
brash von der Egg bei Aarau sehr ähnlich sind. Nach Qurx- 
stenr’s Bezeichnung würden sie zu den Dentalienthonen des 
braunen Jura zu stellen sein, und in Norddeutschland kommt 
die grösste Anzahl der Arten in der Zoue der Ostrea Knorü vor. 


sppwHn 


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| 298 ee 
Verbreitung nach ÖOPpPret. Qbenssepr.|v. SEEBACH. 
Unter- Bath- ve ! zus | 
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Species von Nemitz. |@ |5 |3|HsBeit| [r = = S Brauner |5 5 2 8]8 
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Astarte depressa +1. |@|Se |. fef. [Neuffen| , sc- I-| | +1]: + [te] 
Ehnin- borough 
gen, Oe- 
schingen 
Pholadomya radiata al ee e a a Sb = al aha a: 
alla. Aa- ar- carbo- ln Be 
Panopaea decurtata +I- SE . Ge en . 
[Me bei 
| Bou- 
R 5 logne D. 4 
Dentalium entaloides 1) 1 else]. pp. >) Ehnin- | ’Eh- Mont dor >72 73° 2; 
gen Ba- ninge- (Calvados) | 
lingen 'Balin- \ 
gen 
Turbo biarmatus AN ee ee Bla . 2 ; 12180 A ee 
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*) Das D. bedeutet Dentalienthon, das P. Parkinsonoolith. 

1) Bei OppeL ist P. 'laminatus in den Vergleich gezogen. 

2) Näch Monrrıs und Lycerr im englischen Grossoolith. 

3) Orper und v. Sersaca scheinen sie nicht von A. pulla getrennt zu haben. 
4) Quenstepr führt es als D. Parkinsomi auf. 

5) Trochus Zetes D’Ore. trittin dem Etage bajocien auf, T. bijugatus Qu. in den Dentalienthonen, 
6) A. fuscus bei QuEnsTEDT und v. SERBACH. f 
7) Findet sich nach Lycerr im Unteroolith von Gloucestershire. 4 


“ 


299. 


8, Ueber das Vorkommen hohler Kalkgeschiebe 
in Bayern. 


Von Herrn Günser ın München. 
(Aus einer brieflichen Mittheilung an Herrn Beyrıc# d.d. 2. Juni 1866.) 


Nachdem ich den Aufsatz des Herrn Laspryrzs über hohle 
Kalkgeschiebe im 2. Hefte Bd. XVII. der Zeitschrift gelesen 
habe, glaube ich, dass es eine passende Gelegenheit sei, einige 
Notizen mitzutheilen, welche ich über denselben Gegenstand 
seither gesammelt habe. 

Die hohlen Geschiebe sind in unserer süddeutschen dilu- 
vialen Nagelfluhe in ihrer ganzen Verbreitung eine so allgemeine 
Erscheinung, dass Sie für uns die Bedeutung des Aussergewöhn- 
lichen völlig verliert. Hier in München lassen sich die hohlen 
Kalkrollstucke fast an jedem Bruchstück des häufig zu Bau- 
zwecken verwendeten diluvialen Conglomerats bemerken, und 
wo immer in nächster Nähe der Stadt an den hohen Isarlei-* 
then durch Kalksinter verkittetes Diluvialgeröll der Beobach- 
tung zugänglich ist, findet man auch die hohlen Geschiebe, z.B.‘ ° 
an der Römerschanze bei Grünwald, in den Steinbruchen von 
Deesenhofen und östlich von Haching u. s. w. So geht es fort bis 
zum Fusse unserer Alpen, und innerhalb dieses Gebirges beherber- 
gen alle durch Kalksinter verkittete Geröllmassen mit Dolomit- 
rollstucken, die ich als Terrassen-Diluvium bezeichnet 
habe, ausgehöhlte Geschiebe, nicht bloss das Conglomerat in 
der Breitenau bei Garmisch, sondern auch jene von Klais, 
Mittenwald und auf dem Bodenlahnsattel zwischen Kreuzfels 
und Hochalp. Die Erscheinung wiederholt sich in allen Thei- 
len unserer Alpen, beispielsweise in dem Conglomerat- bei Am- 
mergau, in jenen des Biberbergs im Innthal; sie wird auch nicht 
an dem Gestein von Ramsau fehlen, obwohl ich mich nicht 
erinnere, sie dort bemerkt zu haben. 

Die hohlen Geschiebe sind auch in den Alpen nicht auf 
. die diluvialen Bildungen beschränkt. Ich habe eine ganz ana- 


300 


loge Erscheinung an der breccienartigen Rauchwacke in mei- 
nem Alpenwerke beschrieben, welche so häufig an der Basis 
des Hauptdolomits über einer Gypsbildung und über den Mer- 
seln der Raibler Schichten vorkommt. Statt abgerollter Frag- 
mente sind es hier eckige Bruchstücke, deren Masse grossen- 
theils ganz fortgeführt ist. Es entsteht auf diese Weise die 
grossluckige Beschaffenheit, welche diese Rauchwacke auszeich- 
net. Doch kommen darin auch noch Stuckchen vor, die in 
eine weiche, staubartige Masse aufgelockert sind, so dass bei 
leisestem Stoss oder Schlag dieser mehlartige Ruckstand zer- 
stäubt. In anderen Fällen sind die scharfkantigen Gesteins- 
stückchen in einer äusseren, rindenartigen Kruste erhalten und 
nur im Inneren leer oder theilweise mit Kryställchen von Do- 
lomit- oder Kalkspath ausgekleidet. 

Auch in den tertiären Conglomeraten begegnen wir 
ähnlichen Verhältnissen. In den mitteleocänen Conglomeraten, 
den sogenannten Reiter Nummulitenschichten, beobach- 
tete ich hohle Rollstucke von Dolomit in den versteinerungs- 
reichen Oonglomeraten mit sandig-kalkigem Bindemittel in der 
Blindau bei Reit im Winkel. Conglomerate ohne Dolomit- 
geschiebe und mit bloss sandigem Zwischenmittel zeigen die 
Erscheinung nicht. Nicht minder häufig kommen Hohlgeschiebe 
in der jüngsten miocänen Nagelfluhe mit kalkigen Zwischen- 
lagen, z. B. an Irschenberg bei Miesbach, in der Meeresmolasse 
an den Schweig am Östersee, vor. 

Unter sehr bemerkenswerthen Umständen finden sich die 
in sandigstaubige Masse umgewandelten Geschiebe in den ober- 
sten Lagen unseres losen Diluvialgerölls, wo dieses unmittel- 
bar von Löss bedeckt wird, so z. B. an den Ziegelhütten bei 
Berg am Laim, bei Ramersdorf. Immer sind es nur die do- 
lomitischen Gesteine, nie die reinen Kalkrollstucke, welche 
in einen weichen, zwischen den Fingern leicht zerdrückbaren 
Dolomitsand verwandelt sind, sodass sie beim Anfassen in 
Staub zerfallen. Bei den durch Kalksinter verkitteten Geröll- 
massen fällt dieser Staub durch die Erschütterung des Stein- 
brechens heraus oder wird durch den Regen ausgewaschen. 
Daher zeigen sich die vielen Hohlräume, und das Gestein er- 
scheint nach einem Regen wie übertüncht. 

Es ist nicht zu zweifeln, dass die ganze Erscheinung be- 
dingt ist durch die dolomitische Zusammensetzung gewisser 


301 


Rollstucke und dnrch die auflösende Wirkung der Cireulation 
Kohlensäure-haltigen Wassers. Befördert wird sie ‘durch reich- 
liche Zerklüftung der Rollstücke. Ich beobachtete häufig Roll- 
stücke, welche offenbar in Folge des Drucks in ihrer Lage 
innerhalb des Conglomerats zersprengt und zerklüftet sind, so 
dass ein Bruchstück gegen die anderen oft verschoben und in 
dieser neuen Lage durch Kalksinter wieder verkittet wurde. 
Ich glaube nach den Erfahrungen und Wahrnehmungen an den 
unmittelbar unter Löss liegenden Rollstücken, dass der erste 
Prozess in einer Auflockerung der Dolomitmasse zu einem mehr 
oder weniger zusammenhängenden Pulver besteht. Diese Verän- 
derung kann natürlich nach dem Zug und Einfluss des Wassers, 
nach der ursprünglichen materiellen Beschaffenheit der Roll-' 
stücke und ihrer Zerklüuftung an ganz benachbarten Stellen 
innerhalb des Gerölls zu sehr verschiedenen Zeiten eingetreten 
und in sehr verschiedenem Grade entwickelt sein. Waren ein- 
zelne Rollstücke schon vor dem Einsickern von Kalk-haltigem, 
Sinter-absetzenden Wasser staubartig aufgelockert, so konnte 
das Kalk-absetzende Wasser in die Oberfläche der porösen Ge- 
rölle eindringen und hier eine dichte Kalkkruste bilden, wel- 
che bei späterer Einwirkung Kohlensäure-haltigen Wassers in ' 
eben solcher Weise, wie der dichte Sinterkalk des Bindemittels 
selbst, der Auflösung widerstand, während die innere lockere 
Masse fortgeführt wurde. So denke ich «mir die Entstehung 
der’im Inneren hohlen Geschiebe. In gleicher Weise bildeten 
sich die zellisen oder gekammerten Hohlräume, indem theils 
sehon anfänglich die Dolomitrollstücke von Kalkspathadern, 
welche der Zerstörung mehr Widerstand leisteten, durchzogen 
waren, wie man dies bei dem Hauptdolomit unserer Alpen 
durchgehends wahrnimmt; theils aber auf ihren Kluften und 
Sprüngen mit Sinterkalk durchadert wurden, welcher gleichfalls 
weniger zerstörbar als - Lamellen sich erhielt. Ueber den 
chemischen Hergang bei diesen Zerstörungen und Umänderun- 
gen giebt die Analyse verschiedener Theile von hohlen Ge- 
schieben Auskunft; sie unterstützt wesentlich meine oben aus- 
gesprochene Ansicht. Ich habe folgende Analysen vorgenommen: 

I. Staubig aufgelockerter Sand im Inneren eines Dolomit- 
geschiebes. 

Il. Innerer festerer Theil eines aussen staubartig weichen 
Dolomitrollstückes. 


302 


‚ III. Aeusserer aufgelockerter Theil eines Dolomitroll- 
stückes. 


IV. Rindentheil eines im Inneren ganz hohlen Geschiebes. 


V. Vergleichsweise die mittlere Zusammensetzung des 
Hauptdolomites. 


I. 109 III, IV. y: 
Kohlensaurer Kalk . 7,&:....93;6...:: 90a ea 
Koblensaure Bittererde 43,0: 44,4 43,4 19,7 39,2 
Thoniger Rückstand 2,84...0,6 1.6 0,9 3,8 
: 0,6 34 


Bit. und org. Theile 1,8 1,4 
| 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0. 


Die Vergleichung von l., II., III. mit V. giebt zu erkennen, 
dass eine Fortführung von kohlensaurem Kalk durch Kohlensäure- 
haltiges Wasser als erster Akt des Prozesses betrachtet werden 
muss. Es ist dies wahrscheinlich der überschüssige kohlensaure 
Kalk uber die Verbindungsmenge zum sogenannten Mitteldolo- 
mit, welcher zuerst der Auflösung im Kohlensäure-haltigen Was- 
ser verfällt. Dadurch wird das zurückbleibende Gestein reicher 
an Bittererde, und es stellt sich nach und nach eine Verbindung 
her, welche die Zusammensetzung der Dolomitkrystalle besitzt. 
Denn die pulverförmigen lockeren Dolomite I. und Ill. nähern 
sich sehr dieser Zusammensetzung. Auch die festeren Theile 
eines nach aussen bereits sehr zerreiblichen Dolomitrollstücks 
(II.) zeigen keine wesentlich abweichende Zusammensetzung, 
‚. während die rindenartige Kruste eines innen vollständig hoh- 
len und leeren Geschiebes (IV.) so viel kohlensaure Kalkerde 
enthält, dass diese nur als Infiltrationsabsatz an der Oberfläche 
des bereits zersetzten Rollstücks analog dem Sinterkalk des 
‚Bindemittels sich erklären lässt. Mechanisch trägt zu dem Grade 
der Auflockerung und des mehr oder weniger festen Zusam- 
menhaltens der einzelnen Dolomitkörnchen die Menge und die 
Beschaffenheit der thonigen Beimengung bei. Je geringer diese 
ist, desto leichter unterliegt das angegriffene Geschiebe der 
völligen Zerstörung. Die untersuchten Proben (l. und III.) 
weisen sehr geringe Mengen dieser Rückstände auf, während 
das Gestein V. weit reicher daran ist. Unter dem Mikroskop 
lassen sich in dem staubartig zerfallenden Dolomit die kleinen 
krystallinischen Körnchen ohne Spur einer weiteren Beimen- 
gung sehr gut beobachten. 


ar 


2 u 


303 


Die Bildung der weichen und hohlen Dolomitrollstücke 
halte ich wesentlich bedingt durch ihre zu irgend einer Zeit 
einmal- stattgehabten Lage in einer Geröllbank, welche von 
Kohlensäure-haltigem Tagewasser durchdrungen werden konnte. 


- Durch Fortführung von kohlensaurem Kalk entstand zunächst eine 


Auflockerung dolomitischer Geschiebe zu einer weichen, zerreib- 
lichen Dolomitsandmasse in Form der ursprünglichen Geschiebe. 
Trat dann später Wasser in die Geröllmasse, welche Kalk in 
Lösung enthielt und diesen in Form von Sinter absetzen 
konnte, so bildeten sich dann inkrustirte Geschiebe und schliess- 
lich durch weitere Einwirkung eirculirender Gewässer, die nie 
ruhen, die stets umändernd durch die Gesteinsmassen ein- und 
ausziehen, die letzten Formen dieser Umänderungserscheinun- 
gen, die hohlen und im Innern oft mit Kryställchen überklei- 
deten Geschiebe. 


304 


% 


9. Die Zoantharia perforata der palaeozoischen. 
Periode. 


Von Herrn K. v. SeesacH ın Göttingen. 


‘ Hierzu Tafel IV. 


(Aus den Nachrichten der königl. Gesellschaft der Wissenschaften ‚zu 
Göttingen vom 11. Juli 1866, 8. 235, wo indess die Tafel nicht gegeben 
werden konnte.) 


Die erste palaeozoische Koralle aus der Section der Zo- 
antharia perforata wurde bekanntlich 1847 von J. Hau (Pa- 
laeont. of New-York T. I. S. 71, t. 25, f.5) unter dem Namen 
Porites vetusta beschrieben und leider ziemlich mangelhaft ab- 
gebildet. Nachdem p’OrgıcnY sie darauf 1850 (Prodome Bd.]. 
Nr. 416) zu Astraeopora M’Cor (non BLAMVILLE) gezogen, 
errichteten MıLne Epvwarns und J. Hamm 1851 (Polyp. foss. 
d. terr. pal&oz. im Arch. d. mus. d’hist. nat. 1851. S. 208) für 
diese Form in der Nähe von Litharaea die Gattung Protaraea, 
die ausser jener nur noch die ‚hier zuerst aufgestellte, schon 
durch ihre 30 Septa völlig unterschiedene Species Protaraea 
Verneuili umfasst. Beide Arten waren bisher nur aus dem 
unteren Silur von Nord-Amerika und die Protaraea vetusta 
Harn sp. speciell aus dem Blue limestone von Cincinnati 
und aus der Unterregion des Trenton limestone von Water- 
town bekannt geworden. 3 

Auf der geologischen Reise, die Herr Professor F. RoEMER 
und ich im Jahre 1861 nach Russland unternahmen, fanden 
wir die erste europäische Protaraea in dem Kalkstein von 
Wesenberg in Ehstland, der, in seinem Alter wohl etwas jünger 
als der Trentonkalk. eher dem Utikaschiefer oder der Hudson- 
river-Gruppe gleich steht. Es liegen von dieser Protaraea ve- 
tusta HALL. sp. von Wesenberg nur zwei Exemplare vor, von 
denen das eine indess vortrefflich erhalten ist und 'mit der 
"Diagnose bei MıLne EpwArps und Hammer genau stimmt. Da- 


- 305 

gegen ist die von ihnen gegebene Abbildung (a. a. O. t. 14 
f. 6) wenig gelungen und lässt nicht einmal die Merkmale der 
Diagnose wieder erkennen. Die Kelche sind zu tief, die Form 
der Septa falsch und die ganze Manier der Schattirung unzweck- 
mässig und unverständlich. Ich gebe daher Taf. IV. Fig. 1. 


eine neue Abbildung in > der natürlichen Grösse. Das schlech- 


2 

tere Wesenberger Exemplar bildet eine Kruste auf den Win- 
dungen einer Murchisonia, das bessere hat die kleinere Klappe 
einer Orthis Verneuili D’OrB. überzogen. Die polygonalen, an 
einander stossenden Kelche haben 2 Mm. im Durchmesser; sie 

sind wenig tief und zeigen 12 fast gleich starke Septa, deren 
_ innere Zähne eine kaum bemerkbare papillöse Anschwellung 
bilden. Die Mauern nnd Septa sind stark, die Zacken in den 
Kelchecken nur wenig deutlich. 

Ausser der Protaraea vetusta HALL sp. wurde bei Wesen- 
berg noch ein Exemplar einer anderen Koralle gefunden, die, 
obgleich mit Protaraea nahe verwandt, doch nicht mehr zu 
dieser Gattung gebracht werden kann. Diese Koralle bildet 
eine dünne Kruste, die von einem feinen Epithek umschlossen 
ist. Die einzelnen Kelche sind fast gleich gross, von 2 Mm. 
Durchmesser, wenig tief aber steil nach innen abfallend; es 
sind 12 mässig starke, deutlich erenulirteSepta vorhanden; in der 
Mitte der Kelche eine sehr stark entwickelte, schwammige Oo- 
lumella, welche den halben Durchmesser des ganzen Kelchs 
einnimmt und fast ebenso hoch hervorspringt wie die Kelch- 
mauer. Die Mauer mässig stark, in den Kelchecken kleine 
Zacken. Ich war anfänglich geneigt, die stark vortretende 
Columella, die steil abfallenden Septen und die dünnere Mauer 
nur dem Erhaltungszustand zuzuschreiben und die gewöhnliche 
Ausbildungsweise der Protaraea vetusta bloss für abgeriebene 
Exemplare der in Rede stehenden Form zu halten, musste 
mich aber nach vielfältig wiederholter Untersuchung von der 
ursprünglichen Verschiedenheit beider Formen überzeugen. 

Es ist nun offenbar, dass diese Form wegen der ausser- 
ordentlich stark entwickelten Columella nicht mehr zu Prota- 
raea gerechnet werden darf. Von den bis jetzt in die weisse 
Kreide hinabreichenden Litharaeaarten unterscheidet sie sich 
aber durch die Zackenin den Kelehwinkeln, die beiihr mindestens 
ebenso deutlich entwickelt sind wie bei Protaraea. Unter diesen 
Umständen wird man sich entschliessen mussen, für diese Ko- 

Zeits.d. d.zeol. Ges. XVIIL 2. 20 


306 


ralle zwischen Litharaea und Protaraea eine neue Gattung zu 
errichten, für die ich die Bezeichnung Stylaraea vorschlage. 
Die einzige bis jetzt bekannte Species nenne ich zu Ehren F. 
Roruer’s Stylaraea Roemeri. 
Die Diagnose dieser neuen Gattung würde sich etwa 
folgendermaassen bestimmen lassen: A 
Stylaraea gen. nov. Ein wurmförmig durchlöchertes’ 
Sklerenechym bildet krustenförmige, von einem feinen Epithek 
umgebene Korallenstöcke. Die einzelnen Kelche polygonal, wenig 
tief, mit einer stark entwickelten, schwammigen Columella. 
Die Mauern mässig stark, in den Kelchecken Zacken tragend. 
Septa stark erenulirt, steil abfallend (2 Cyclen entwickelt). 
Einzige Art: St. Roemeri Ser». aus bem unteren Silur 
von Wesenberg in Ehstland. Taf. IV. Fig. 2 (2). es 
“ ‚Ausser diesen Korallen, die zweifellos zu der Gruppe der 
Poritina gehören, und der zu den Zoantharia perforata gehörigen 
Gattung Pleurodietyum GoLpr. kennen MıLnE Epwarnps und J. 
Ham nur noch ein palaeozoisches Zoantharium perforatum. 
Es ist dies das Genus Palaeacis Haıue, das 1860 (Hist. nat. 
d. corall. S. 171) zuerst aufgestellt wurde. Die einzige ihnen 
bekannte Art dieser Gattung Palaeacis cuneiformis stammt 
aus dem Kohlenkalk von Spurgen Hill (JA.) und konnte nur 
in Abdrucken untersucht werden. MiırnE EpwaArps ist daher 
auch zweifelhaft, ob diese Form zu den Turbinarina gehört; 
ja er ist nicht einmal ganz sicher, ob dies merkwürdige Fossil 
überhaupt eine Koralle sei. Fast gleichzeitig stellten MExk 
und WORTHEN (Proceed. acad. nat. sc. Philadelphia 186: prin- 
ted 1861 S. 447) die 4 Arten umfassende Gattung Sphenopo- 
terium auf. Obgleich nun MEEK und WORTHEN, eine ober- 
flächliche Analogie fur wahre Verwandtschaft verkennend, 
ihr neues Genus weit ab von den Madreporiden -zu den 
Fungiden stellen und zunächst mit Cyathoseris MıLne Ep- 
wıarps und Haımz vergleichen, so zeigt doch eine Ver- 
gleichung ihrer Diagnose mit der für Palaeacis gegebenen 
die Identität dieser beiden Gattungen. Ja es ist sogar kaum 
zu bezweifeln, dass die Palaeacis cuneiformis M. EpwArps und 
Haıme mit Sphenopoterium cuneatum MExk und WOoRrTHEN iden- 
tisch ist. Die Diagnose bei diesen stimmt: genau mit der Be- 
schreibung und Abbildung bei MıLse Epwarpvs und Hame, und 


307 


dazu kommt noch, dass von beiden die gleiche Formation und 
der nämliche Fundort Spurgen Hill angeführt wird. Leider 
liegen mir nun zwar keine Originale dieser Form vor; dagegen 
besitzt die hiesige Sammlung aus dem Kohlenkalk von Jowa 
und vermuthlich von Dallas-city stammende Exemplare anderer 
Species der nämlichen Gattung, welche die gegebenen Dar- 
stellungen controlliren und erweitern. J. Hamıe’s Diagnose ist 
zu eng gefasst; die Kelche stehen weder in einer Reilıe, noch 
sind sie paarweise geordnet, auch sind in den vorliegenden 
Exemplaren nirgends zwei besonders hervortrende Septa in den 
„Kelchen wahrzunehmen. MrEk und WorrHen’s Darstellung ist 
im Allgemeinen richtig, aber sie ist schwer verständlich und 
unmethodisch; die Bedeutung des durchbrochenen Ovenenchyms 
tritt nicht genugend hervor. Diese Struktur ist an unseren 
Exemplaren sehr deutlich. Die Septen sind nur als feine 
Streifen entwickelt. Die feinen Rippenstreifen auf der Aussen- 
fläche des Korallenstocks sind leider abgerieben. Das Haft- 
füsschen ist in analoger Weise wie bei Palaeocyelus entwickelt. 
Es ist dies bei Exemplaren, die zweifellos zur nämlichen Spe- 
cies gehören, bald noch deutlich erhalten, bald nicht mehr zu 
erkennen und darf daher zur Art-Unterscheidung nicht gebraucht 
werden. Es muss daher auch sehr unsicher bleiben, ob man 
‚diese Formen als frei bezeichnen darf. Dass diese Formen Ko- 
rallen, und zwar Zoantharia perforata, sind, erscheint sicher, 
und da die Kelchmauern wohl entwickelt und nur porös sind, 
wird man sie mit Recht den Madreporiden zurechnen müssen. 
Die bei EpwArps und Haımr beobachteten, stärker entwickelten 
Septa wurden die Palaeacis-Arten zu den Madreporina, und nicht 
zu den Turbinarina stellen. Da jedoch diese Eigenthümlich- 
keit weder von MEEk und WOoRrTHENn noch von mir beobachtet 
werden konnte, so muss die Gattung auch an dem Platze bei 
den Turbinarina stehen bleiben, den ihr Mızsz Epwarps und 
J. HaımE, trotz ihrer Bedenken, mit gewohntem Scharfblick 
angewiesen haben. In Bezug auf die Priorität der Benennung 
scheint nach den oben angeführten Jahreszahlen die Bezeich- 
nung Palaeacis zuerst publieirt worden zu sein, und da der zu 
eng gefassten Diagnose von MıLnk EpwArps und Haıne die gänz- 
liche Verkennung der wesentlichen Eigenthümlichkeiten bei MEEK 
und WoRTHEN gegenüber steht, so wird man diesen Namen auch 


20:* 


308 


beibehalten müssen. Die Diagnose lässt sich folgendermaassen 
zusammenfassen: \ > 

Palaeacis. J. Ham 1860. 

Sphenopoterium Merk ond WorrHzs 1860, publieirt 1861. 

Das wurmförmig durchbohrte Coenenchym. ist stark ent- 
wickelt und bildet keilförmige Polypenstöcke, in deren Ober- 
fläche die einzelnen Kelche eingesenkt sind. Die Kelchwände 
in ihrer Struktur von dem Coenenchym nicht verschieden, 
ziemlich dicht, aber porös; die Kelche rundlich, in ihrer ganzen 
Länge offen, selbst das Septalsystem nur noch durch feine, 
zahlreiche (ca. 30), wenig ungleiche Streifen angedeutet; die 
Kelche vermehren sich durch intercalieinale Knospung und 
nehmen dann an den einander zugewandten Seiten eine poly- 
gonale Form an. Der keilförmige Polypenstock in der Mitte 
seiner Basis mit einem kleinen Fuüsschen versehen, das sich aber 
leicht verwischt. Die Oberfläche des Polypenstocks mit feinen, 
anastomosirenden, haufig absetzenden Streifen, die von der Haft- 
stelle ausstrahlen. Alle bekannten Arten der Kohlenformation 
angehörig. 

1. P. euneiformis J. Hain. 
Sph. cuneatum MEEK und WORTHEN. 

Diese Art, die man als Typus der Gattung ansehen muss, 
zeichnet sich durch ihre nur in einer Reihe gelegenen Kelche, 
ihre bedentende Höhe und starke Compression aus. 

2. P. compressa MEEK und WORTHEN sp. 

Gehört wegen der Einreihigkeit ihrer Kelche in die nam- 
liche Sektion wie die vorige Art, von der sie sich bei ähnlicher 
Compression leicht dadurch unterscheiden soll, dass der Ko- 
rallenstock wenig über halb so hoch als lang ist. 

(3.) P. obtusa MERK und WORTHEN sp. 

Diese Species, welche die genannten amerikanischen 
Autoren für den Typüs ihres Genus ansehen, beginnt die Sek- 
tion der Palaeaecisarten mit mehrreihigen Kelchen. Sie ist aber 
leider so ungenügend charakterisirt worden, dass ich nicht 
sicher bin, welche der beiden mir vorliegenden, deutlich keil- 
förmigen Arten mit mehrreihigen Kelchen ich hierher rechnen 
soll; ja der angeführte Aufsatz ist so flüchtig geschrieben, dass 
die Verfasser ganz vergessen haben, die von ihnen angeführten 
Dimensionsrubra mit Zahlen auszufüllen. Es bleibt ‘daher 


309 


nichts übrig, als bis zueiner späteren, genaueren Beschreibung 
die vorliegende Art ganz unberücksichtigt zu lassen. 

4. P. cymba sp. nov. Taf. IV. Fig. 4 a. b. (+). 

Polypenstock kaum halb so hoch als lang und ebenso 
breit als hoch, kahnförmig; der untere Rand des Keils nur 
wenig gekrümmt, das Haftfüsschen sehr wenig vorspringend, 
der Rand zu beiden Seiten nicht eingebogen ; die beiden breiten 
Seiten eben oder doch um die Kelchränder nur wenig ange- 
schwollen, unter einem Winkel von 60 Grad gegen einander 
geneigt. Die in die Oberfläche eingesenkten Kelche mässig 
tief,. die mittleren Kelehmauern wenig oder nicht höher als 
die Aussenränder des Polypenstocks, die beiden grössten 
Kelche über der Kante des Keils, sehr schief zur Hoöhenaxe 
des Polypenstocks, die übrigen Kelche in Reihen scheinbar 
paarig angeordnet; alle Kelche mehr oder minder polygonal. 
Das best erhaltene der vorliegenden 5 Exemplare enthält 
7 Kelche; es ist 24 Mm. lang, 11 Mm. hoch und 12 Mm. breit. 
Kohlenkalk, Jowa, vermuthlich von Dallas-city. 

5. P. umbonata sp. nov. Taf. IV. Fig. 3 a. b. (4). 

Polypenstock nur wenig länger als hoch (2:3 bis 5:7), 
nicht so breit als hoch. Der untere Rand des Keils wenig 
gekrummt, aber an beiden Seiten des Haftfüsschens eingebogen. 
Die breiten Seiten des Keils über den Kelchrändern stark aus- 
gebogen, so dass Rinnen zwischen ihnen entstehen; der Winkel, 
unter welchem die vortretenden Kelchwände der beiden Seiten 
gegen einander stehen, erreicht fast 90 Grad. Die Kelche 
ziemlich tief, die mittleren Kelchmauern hoch uber den Rand 
der Aussenwände der Kelche emporragend. Die Kelche wenig 
polygonal; in mehreren (scheinbar drei) Reihen angeordnet. Das 
best erhaltene der drei vorliegenden Exemplare 23 Mm. lang, 
20 Mm. hoch, 18 Mm. breit. | 

Kohlenkalk von Jowa, vermuthlich von. Dallas-eity. 

6. P. enormis MEER und WorTHEN. Diese letzte Art ist 
nach der Bezeichnung der amerikanischen Autoren „etwas 
kreiselförmig (subturbinate)* und scheint demnach eine selbst- 
ständige Art zu sein. Rockford. (Ja). Das Alter dieser Spe- 
cies ist nicht ganz sicher. MEEK und WORTHEN sagen „ver- 
muthlich von ober-devonischem Alter, aber mit Kohlenkalk-Go- 
niatiten.“ Wäre dies richtig, so würden die Madreporiden also 


310 


schon im Devon beginnen und Protaraea , dem Prototyp der 
Poritiden, welches bisher so auffallend isolirt stand, sich noch 
enger anschliessen. ; 


Erklärung der Abbildungen. 


Taf. IV. Fig. I. Protaraea vetusta Harı. sp. von Wesenberg, $ mal ver- 
grössert. 
_ » 2. Stylaraea Roemeri Swes. von Wesenberg, 2 mal vergrössert. 

» 9. Palaeacis umbonata SerB. aus Jowa, von oben gesehen. 
„ 3a.Dieselbe von der Seite gesehen. 
h, - Dieselbe von vorn gesehen. 
„ 4. Palaeacıs cymba SexB. aus Jowa, von oben gerehen, 
„ 4a. Dieselbe von der Seite gesehen. 
„. Ab.Dieselbe von vorn gesehen. 


311 


10. Beiträge zur Kenntniss der vulkanischen Gesteine 
des Niederrheins. 


x 


Von Herrn H. Lasreyres ın Berlin. 


Das Material zu den folgenden Untersuchungen lieferten 
die Lokalsammlungen rheinischer vulkanischer Produkte, welche 
sich in den durch die königl. Oberberghauptmannschaft in Berlin 
angelegten geologischen Sammlungen des preussischen Staates 
theils schon aus früherer Zeit vorfanden, theils namentlich 
durch Ankauf der von MiTscHErLIcH hinterlassenen Sammlun- 
gend enselben zugekommen sind. Die Bedeutung der letzteren 
Sammlung ist schon aus dem jungst erschienenen Werke Mır- 
SCHERLICH’S: die vulkanischen Erscheinungen in der Eifel u. s. w., 
welches im Auftrage der königl. Akademie der Wissenschaften 
aus dem Nachlasse des Verstorbenen von Herrn RorH heraus- 
gegeben wurde, zu ersehen; sie war für die hier gegebenen 
Mittheilungen von hervorragendem Werth durch die Menge sel- 
tener vulkanischer Produkte aus der gedachten Gegend, wo 
deren Vorkommen mit jedem Jahre seltener wird. 

1. Leucit-Nosean - Gesteine e 

finden sich bekanntlich theils als Gebirgsart anstehend, theils 
in deren Nähe als lose Blöcke (ob als Geschiebe oder Aus- 
würflinge, ist eine Controverse) in den Leuceittuffen nur in der 
Umgegend des Laacher-Sees, wo sie zum Theil, vielleicht auch 
ganz, die ältesten vulkanischen Produkte sind, welche mit den 
Basalten, Trachyten und Phonolithen Lagerungs- und Eruptions- 
art theilen. ® 

Diese fur Chemie, Petrographie, Mineralogie und Geologie 
gleich interessanten Gesteine sind chemisch und physikalisch 
durch Herrn vom Rats untersucht worden (diese Zeitschrift 
Bd. XII., 1860, S. 29. f£., Bd. XIV., 1862, S. 655 ff., Bd. XVL., 
1864, S. YO f.). 


Von der Arbeits- und Geduldsmenge, die dieser Forscher 


312 


auf diese drei, jetzt in so präcise Kürze maskirten, sehr verdienst- 
‚vollen Arbeiten verwendet hat, wird jeder Leser, der sich nur 
einmal mit dergleichen mühsamen Untersuchungen befasst hat, 
durchdrungen sein. | 

Gerade unter so bewandten Umständen ist es um so mehr 
zu beklagen, dass Herr vom RartH diese Gesteine zu drei ver- 
schiedenen Zeiten in drei verschiedenen Arbeiten zum Gegen- 
stande seiner Untersuchungen gemacht hat, und dass er nicht 
seinem früheren Vorhaben gemäss ähnliche hierher gehörige 
vulkanische Produkte des Laacher-See-Gebietes mit in das Be- 
reich dieser Untersuchungen gezogen hat. Auf dem von ihm 
eingeschlagenen Wege hat derselbe aus einer vorhandenen 
Einheit künstlich und ganz grundlos eine „Dreiuneinigkeit“ 
schaffen müssen, die auf dem eben angedeuteten Wege ohne 
Zweifel umgangen worden wäre, indem Herr vom RırtHa die 
Petrographie niit einer Arbeit bereichert haben würde, die fur 
Jahrzehnte ähnlichen Arbeiten ein Muster hätte’ sein müssen. 

Wer nämlich die fraglichen Gesteine sieht, theilt sie nach 
den ersten Beobachtungen allerdings in drei Gruppen, welche 
Herr vom Rırtu Nosean-Melanit-Gestein, Noseanphonolith und 
Leueitophyr genannt hat. Bei. genauerem mineralogischem Stu- 
dium, noch mehr aber bei dem allen jetzt zum Vergleiche vor- 
liegenden chemischen Analysen sieht man sehr bald ein, dass 
‚alle diese Gesteine nur Varietäten derselben Gesteinsspecies 
sind, die durch Uebergänge unter sich verbunden sind. 

Die folgenden Zeilen sollen zeigen, dass alle Gesteine 
aus dengelben wesentlichen, und zum Theil unwesentlichen Ge- 
mengmineralien bestehen und nur dadurch den unter sich ab- 
weichenden äusseren Habitus bekommen, dass in den verschie- 
denen Varietäten die Ausbildungsart und das Mengeverhältniss 
der einzelnen Gemengmineralien verschieden sind. 

Dass man diese in allen Sammlungen heimischen Gesteine 
bei bis zu 90 pCt. in Salzsäure löslichen Gemengtheilen nicht, 
wie bisher noch oft genug geschehen ist, Phonolithe nennen 
kann, hat schon Herr J. Roru. (Gesteinsanalysen S. XLI.) be- 
tont; sie reihen sich nur im weitesten Sinne des Wortes den 
Phonolithen an, zeigen aber chemisch und mineralogisch, wie 
ich weiter unten hervorheben werde, Uebergänge in den Ne- 
phelinit (Basalt), indem der Nephelin den Leucit und Nosean 
verdrängt. 


313 


Nach den Untersuchungen des Herrn vom Rarn bestehen 
dessen drei Gesteinsarten aus: 


Nosean- 


Melanit- Nosean- Leueito- 
Gestein. phonolith. phyr. 
Nosean 
ET RE N EA Dee NE 
SAN IE N N ar Se: 
hal be ee ee 
Hociiblende : ... .... .,.. EEE SEN HE No aber 
2 REITEN ER, 1 SEE 
ER AO a nen 
Bermeteisen .. . uco.n 2.0l enee ea Li 
Bernesiachmmer .. u. | zul. ee 
Denkelur . .. ne... I ee ER 
Unbestimmtes, quadratischkry- 
Senknries Nineral 2 0. 0 u... bene 2 2 


Abgesehen von dem Nephelin und dem unbestimmten, 
quadratischkrystallisirten Minerale (Melilith?), die Herr vom 
Rırtu nur durch die sorgfältigsten mikroskopischen Untersu- 
chungen in dem Noseanphonolith nachgewiesen, in den andern 
zwei Gesteinen aber wohl nur nicht gesehen oder gesucht hat, 
bestehen nach dieser Tabelle der sogenannte Leueitophyr und 
Noseanphonolith aus denselben Gemengmineralien. Beide ha- 
ben dasselbe Gefüge mit Porphyrstruktur, unterscheiden sich 
aber petrographisch dadurch, dass in ersterem die gröber kry- 
stallinische Grundmasse sehr zurücktritt, dass in ihm die gross- 
ausgeschiedenen Mineralien, abgesehen von Sanidin, Augit, Ti- 
tanıt, Magneteisen, Magnesiaglimmer, neben Leueit in beinahe 
ebenso reichlicher Menge Nosean sind, und dass dieses Ver- 
haltniss auch wohl in der Grundmasse wiederkehrt, während 
in den anstehend bekannten Noseanphonolithen gar keine grossen 
Leueitkrystalle ausgeschieden sind, sich aber winzig kleine 
schon mit unbewaffnetem Auge deutlich sichtbar als stark »vor- 
wiegender Bestandtheil der Grundmasse zu ‚erkennen geben. 

Mineralogisch können beide Gesteine um so weniger getrennt, 
sondern müssen um so mehr als vollkommen ident betrachtet 
werden, als sich unter den losen Blöcken derselben in den 
Leueittuffen westlich vom Laächer-See Zwischenglieder finden, 


314 


d.h. Gesteine vom Typus des sogenannten Noseanphonolithes 
mit grösser ausgeschiedenen Leueit-Krystallen. 

Die vier analysirten sogenannten Noseanphonolithe stim- 
men in ihrer chemischen Zusammensetzung sehr genau überein; 
dass darin die Mengen von Kali und Natron unter sich sehr 
schwanken, hat in dem Umstande seinen Grund, dass die Ge- 
steine bald mehr Leucit, bald mehr Nosean enthalten, und dass 
in dem Leueit der dortigen -Gegend ein Theil des Kali durch 
Natron vertreten scin kann, während aber nach den Arbeiten 
des Herrn von Rata die Noseane, die man bis jetzt nur am 
Laacher-See kennt, kein Kali enthalten; eine bemerkenswerthe 
-Thatsache! | 

Die von Herrn vom Rıata analysirten Leucitophyre haben 
ebenfalls eine gut unter sich stimmende Zusammensetzung. 

- I. Durchschnittliche Zusammensetzung des sogenannten 
Leucitophyrs. : 

Il. Durchschnittliche Zusammensetzung des sogenannten 

Noseanphonolithes. ; 


I. IE 

Kieselsäure . 48,61 54,10 
Schwefelsäure 1,51 0,57 
Cho=1?272030 0,40 
Thonerde. . 18,44 20,85 ° 
Eisenoxydul . 6,84 4,40 
Kalkerde . . 5,69 | 
Magnesia. . 0,96 0,50. 
Kalter 3 ar6lTr 6,05 
Natroni. 2855 7,81 
Wasser ar Tr 3,99 

99,44 99,61. 


Die vorhandene Differenz in der chemischen Zusammen- 
setzung dieser zwei mineralogisch ganz identen Gesteine kann 
uns nicht befremden, da in denselben bald dieser, bald jener 
Gemengtheil den einen oder den anderen in den Hintergrund 
drängt; so muss z. B. der Kieselsäure- und Kali-Gehalt mit der 
Zunahme von Leueit gegen Nosean steigen, ohne dass die Thon- 
erdemenge sich dabei änderte. Bei der Vergleichung der Zusam- 
mensetzung beider Gesteinsvarietäten sieht man, wie durch Auf- 
nahme von ungefähr 1 Theil Schwefelsäure, 3 Theilen Thon- 
erde, 5 Theilen Kalkerde und Magnesia und 3 Theilen Alka- 


315 


lien aus 100 Theilen Noseanphonolith ungefähr 111 Theile 
Leueitophyr von der obigen Zusammensetzung werden. Gleich 
grosse Schwankungen in der chemischen Zusammensetzung 
finden wir bei vielen. sehr zusammengesetzten Silikaten, die 
sogar oft ganz gleichen äusseren Habitus besitzen können; ich 
verweise in dieser Beziehung auf die durch MıTscHERLICH 
so bekannt gewordenen Laven der Eifel (vgl. dessen Werk: 
die vulkanischen Erscheinungen der Eifel S. 21, Tabelle). 

Wie verhält sich nun die dritte Gesteinsvarietät, das soge- 
nannte Melanit-Nosean-Gestein, das nur an einem Punkte im 
Gebiete des Laacher-Sees, am Perlerkopfe vorkommt, zu die- 
sen beiden Leucit-Nosean-Gesteinen, von dem Herr v. DEcHENn, 
“verleitet durch die Arbeiten des Herrn vom RarH, sagt, es 
stehe petrographisch ganz vereinzelt da (diese Zeitschrift 
Bd. XVII., 1865, S. 142). 

Es ist chemisch und mineralogisch vollkommen identisch 
mit diesen. 

Das beweist einmäl die von Herrn vom Raru mitgetheilte 
chemische Analyse, die durchaus mit denen des sogenannten 
Leueitophyrs übereinstimmt, und andermal die physikalische 
Analyse, verbunden mit einer gesunden Interpretation der che- 
mischen Resultate, auf die mich Herr J. RortH vor meinen 
Untersuchungen aufmerksam zu machen die Freundlichkeit hatte. 

Die Resultate über die mineralogische Zusammensetzung 
nach der Ansicht des Herrn vom RartH habe ich oben tabella- 
risch mitgetheilt. Abgesehen von den, wie in den beiden an- 
dern Gesteinsvarietäten, unwesentlichen Gemengmineralien soll 
das Gestein wesentlich aus Nosean, Sanidin und Melanit be- 
stehen. Wäre dieses Resultat richtig, so wäre die vom Rırt#'- 
sche Trennung dieses Gesteins von den beiden andern trotz 
der chemischen Uebereinstimmung gerechtfertigt. Wollte man 
in diesem Falle alle drei unter einen Hut zwängen, so müsste 
man den regulär krystallisirten Melanit in dem einen Gesteine 
als Vertreter des ebenfalls regulären Leucites in den beiden 
andern ansehen, und das darf man, abgesehen von allen andern 
petrographischen Widerreden, um so weniger, als der Melanit im 
Gegensatze vom Leueit nach meinem Dafürhalten gerade so 
unwesentlich am Gemenge Theil nimmt wie der Augit, die 
Uornblende, der Glimmer, das Magneteisen u. s._ w. 

Der Melanit dieses Gesteines vom Perlerkopfe ist eben 


316 


so wenig bisher in den Noseanphonolithen und Leueitophyren 
nachgewiesen worden als die Hornblende jenes Gesteins in 
diesen, oder das Magneteisen, der Magnesiaglimmer, Nephelin 
u.58. w. dieser in jenem; damit ist aber noch nicht gesagt oder 
bewiesen, dass Melanit nicht ein unwesentlicher, sehr seltener 
oder nur mikroskopischer Gemengtheil der Noseanphonolithe 
und Leucitophyre sein könne. Aber selbst zugegeben, dieses 
sei nicht der Fall, so folgt daraus noch lange nicht die Ab- 
trennung des Gesteines vom Perlerkopfe von den beiden anderen 
Gesteinsvarietäten wegen des Melanits allein, da dieser sehr 
wahrscheinlich ein zufälliger Vertreter des Augits oder der 
Hornblende ist. Wie verschiedene Mineralien aus chemisch 
gleich zusammengesetztem Teige unter modifieirten Verhält- 
nissen auskrystallisiren können, lehrt uns die Petrographie: auf 
allen Seiten. 

Zu dem kommt nun, dass das sogenannte Nosean-Melanit- 
Gestein, wie die beiden andern Gesteine, neben Nosean und 
Sanidin als wesentliches Gemengmineral ebenfalls Leueit ent- 
hält, dessen Vorhandensein Herr vom RATH ganz verkannt hat, 
weil man -denselben allerdings weder als Ausscheidungen noch 
als Gemengtheil der fein krystallinischen Grundmasse nach- 
weisen kann. Diese Nachweisung geschieht aber durch die 
Interpretation der chemischen Analyse, die Herr vom RATH aus 
erörtertem Grunde verfehlt hat; denn dessen Arbeit über das 
Melanit-Gestein ist aus dem Jahre 1862, die über die Noseane 
des Laacher-Sees aus dem Jahre 1864. 2 

Herr vom Rıata sagt (l. c. Bd. XIV., 1862): „der lösliche 
Bestandtheil des Melanit- Nosean - Gesteines in Salzsäure hat 
ziemlich die Zusammensetzung des Noseans, der noch nicht 
genau genug bekannt ist; denn die Untersuchungen von KLAPPp- 
ROTH, BERGEMANN, VARENTRAPP, WHITNEY dissoniren sehr in 
ihren Resultaten. Der unlösliche Bestandtheil muss bestehen 
aus Sanidin, Hornblende, Augit, is der lösliche nur aus 
Nosean.* 

Das ist nicht richtig; denn der lösliche Theil enthält 7,27 
pCt. Kali neben 11,82 pCt. Natron, während der Nosean vom 
Laacher-See nach Herrn vom Raru (diese Zeitschrift 1864, 
Bd. XVI. S.86) nur Spuren von Kali nachweisbar führt. We- 
gen dieses grossen Kaligehaltes muss der lösliche Bestandtheil 
'ein Gemenge von Nosean (O= 1:3:4) und Leueit (O =1:3:8) 


N 


SE 


sein. Der Kieselsäuregehalt des Löslichen stimmt genau mit 
dem des Noseans überein, wurde also für ein Gemenge von 
Nosean (mit 36,75 pCt. SiO,) und Leueit (mit 54 pCt. SiO,) 
zu niedrig sein. Nun fand aber Herr vom Rırn für seine ge- 
wiss richtige Interpretation des unlöslichen Bestandtheiles in 
demselben zu viel Kieselsäure. Zieht man diesen Ueberschuss 
von Kieselsäure zum löslichen Theile, wobin er ohne Zweifel 
gehört, da es sehr schwierig ist, wie Herr vom Rarz (|. c. 
Bd. XIV. S. 670) sehr richtig bemerkt, den geglüuhten unzer- 
setzten Antheil des Gesteines vollständig von der abgeschiede- 
nen Kieselsäure des löslichen zu trennen, so heben sich alle 
Widersprüche. 

Wer kann nach Diesem noch zweifeln, dass das Gestein 
Leucit enthält, wenngleich derselbe weder mit blossem Auge, 
noch mittelst der Lupe erkannt werden kann? 

Diese drei Pseudophonolithe bestehen also in wesentlichem 
Gemenge aus Leueit, Nosean und Sanidin; dazu treten mehr 
unwesentlich bald in dem einen, bald in dem andern die oben 
genannten Mineralien. 

Besonders charakteristisch und allen andern Gesteinen der 
bekannten Erde gegenuber speecifisch ist die Hauptbetheiligung 
des nur in der Umgegend vom Laacher-See bekannten No- 
seans an einer Gesteinsbildung, aber auch nicht minder cha- 
rakteristisch die Association dieses reinen und reichsten Na- 
tronminerals mit dem reinen und reichsten Kaliminerale, mit 
dem Leueit, Der Sanidin ist vielen, fast allen vulkanischen 
Gesteinen eigen, also den vorliegenden ebensowenig wie diesen 
typisch. Aus diesem Grunde möchte ich diese drei Gesteins- 
varietäten unter dem nicht unbequemen Namen „Nosean-Leucit- 
Gestein“ in die Petrographie einführen, da ich durch das Obige 
nachgewiesen habe, dass alle bisherigen, mannichfachen Namen 


für diese Gesteine durchaus ungeeignet oder nicht den Kern- 


punkt treffend sind. Im petrographischen Systeme würde die- 
ses Gestein zwischen den eigentlichen Phonolith und den Ne- 
phelinit (Basalt) zu stehen kommen. 

Tritt namlich in der Mischung dieses Nosean-Leucit-Ge- 
steins einmal der Gehalt an Schwefelsäure und Chlor ganz zu- 
ruck, so kann sich kein Nosean bilden, sondern Nephelin [denn 
Nosean (1:3:4) -!I- Leueit (1:3:8) können bilden Nephelin 
(1:3:4,5)]; nimmt zweitens zugleich der Gehalt an Sanidin 


N. 
und Hornblende durch Aufnahme von Kieselsäure, Kalkerde 
und Magnesia zu, So entsteht ein wahrer Phonolith. Nimmt 
dagegen der Gehalt an Kieselsäure ab, der an Kalk und Magne- 
sia bedeutend zu, kann sich zugleich wegen sehr geringen Ge- 
haltes an Schwefelsäure und Chlor, die mehr Kalk als Natron 
finden, kein Nosean, sondern nur höchstens eine Spur Hauyn 
bilden und wegen Abnahme der Alkalien, besonders .des Kali, 
nur wenig Leueit neben Nephelin entstehen, so erhalten wir 
Nephelinit (Basalt, basaltische Laven). 

Denn fügt man zu 100 Theilen der oben mitgetheilten 
Zusammensetzung des sogenannten Noseanphonolithes noch . 
ungefähr 5 Theile Thonerde und Eisenoxydul, 24 Theile Kalk- 
erde und Magnesia und zieht 6 Theile Alkalien und 3 Theile 
Wasser ab, so erhält man ungefähr 118,5 Theile einer Mischung 
von der procentigen Zusammensetzung: 

Kieselsäure 

Titansäure J 44,96 

Ihonerde; ....;. 13:15 

Eisenexyd . . .. 9,16 

Eisenoxydul . 4,06 

Kalkerde . . 11,42 

Magnesia . . 10,43 

Kal. 2. ...0042.0228) 

Natron... au DAT 

Wasser, ; .. ...0,36 

| 29,83, 
welche genau die durchschnittliche Zusammensetzung der nieder- 
rheinischen Laven (MITSCHERLICH, die vulk. Erschein. der Eifel, 
S.21 Tabelle, und diese Zeitschrift Bd. XV. S. 373, Bd. XVI. 
S. 672) und die ungefähre aller niederrheinischen Basalte ist. 

In der chemischen Zusammensetzung stehen mithin die 
sogenannten Leucitophyre und das sogenannte Nosean-Melanit- 
Gestein zwischen Basalten und den sogenannten Noseanpho- 
nolithen. | 


2. Basalte und Basaltlaven. 


Die petrographische Kenntniss der nicht übersauren Sili- 
katgesteine, die man abgesehen von ihren Altersverschieden- 
heiten früher unter dem Namen Grünsteine zusammenfasste 
und jetzt noch vielfach Pyroxengesteine nennt, liegt be- 


319 


kanntlich noch sehr im Argen. Am meisten von jeher bearbeitet 
‘ und am besten bekannt sind darunter noch die jüngsten neu- 
plutonischen und vulkanischen Gebilde, welche den Familien- 
namen der Basalte und Basaltlaven tragen; aber welche Ver- 
wirrung, welche Meinungsverschiedenheiten herrschen bei den 
Geologen noch in diesem Punkte! 

Nach dem geologischeu Alter und der Eruptionsart zer- 
fallen die Gesteine dieser Gruppe in zwei Parallelreihen: 1) äl- 
tere und plutonische oder eigentliche Basalte und 2) jüngere 
vulkanische oder Basaltlaven. 

Unter Basalt mit den Subspecies Dolerit und Anamesit 
versteht man gemeinhin ein dichtes oder kryptokrystallinisches 
resp. krystallinisches Gemenge von Labrador, Augit (thonerde- 
haltig) und Magneteisen mit mehreren andern unwesentlichen 
Mineralien. (v. Decuen, Siebengebirge S. 149, G. BiscHor, 
- Lehrbuch d. phys. u. chem. Geol., 1. Aufl. II. S. 640 u. 715 und 
Andere). Hiervon zweiste man schon früh unter dem Namen 
Nephelindolerit oder Nephelinit ein Gestein ab, in welchem der 
Labrador ganz oder theilweise durch Nephelin vertreten wird. 

In der Parallelreihe, den Basaltlaven, zu denen alle 
niederrheinischen Laven gehören, unterschied man früher nur 
dichte oder Basaltlaven im engeren Sinne des Wortes und kry- 
stallinische oder Doleritlaven, den obigen älteren Gesteinen 
analog. Die dem Nephelinit ‘entsprechenden Laven wiesen 
meines Wissens zuerst die Arbeiten des Herrn v. DECHEN (geo- 
gnostischer Führer zu der Vulkanreihe der Vordereifel, Bonn, 
1861; geognostischer Führer zu dem Laacher-See, Bonn, 1864, 
und diese Zeitschrift 1865, Bd. XVII, S. 121) nach, indem 
derselbe die sogenannten Nephelinlaven von den Augit- oder 
Basaltlaven in beiden vulkanischen Gebieten unterschied, je 
nachdem er in den Poren der Laven Nephelinkrystalle gesehen 
hat oder nicht. In seinen Arbeiten macht er die Laven nam- 
haft, die er für wahre Nephelinlaven erkannt hat; in der Eifel 
kennt er sie nur an der Aarley und am Kollerknopp bei 
Uedersdorf (1. ce. S. 250), sagt aber in seiner letzten Arbeit 
(1. ce. Bd. XVN., 1865, S. 121): „es ist indessen zweifelhaft, 
ob die Zusammensetzung beider Gesteine nicht dieselbe ist und 
der Nephelin, wenn auch nicht wahrnehmbar, in den Basalt- 
laven enthalten ist, da chemische Analysen der sogenannten 
Basaltlaven aus beiden Gebieten zur Entscheidung dieser Frage 


- 


320 


fehlen.* Diese Annahme von Nephelinlaven acceptirt Herr 
FucHs in seinen vulkanischen Erscheinungen der Erde S. 165. 

Gegen diese bisherige Ansicht über ‘die mineralogische 
Zusammensetzung der Basalte spricht sich Herr F. ZiRkEL 
(mikroskopische Gesteinsstudien, Bd. XLVII. der Sitzungsbe- 
richte der k. k. Akad. der Wiss. zu Wien $. 248ff.) aus. 
Durch die mikroskopische Untersuchung von den  niederrheini- 
schen Basalten will er zu der Ansicht gedrängt sein, die Ba- 
salte beständen wesentlich nnr aus Feldspath, Magneteisen und 
Olivin; Augit, den man meist als Bestandtheil des Basaltes 
vorauszusetzen und zu berechnen pflege, finde sich in vielen 
Gesteinen gar nicht, in allen anderen scheine dieses Mineral 
lange nicht so verbreitet zu sein, als man glaube, und wo man 
Augitkrystalle sähe, hätten sie unter dem Mikroskope vollig das 
Aussehen von zusammengehäuften Magneteisenkörnern und 
schienen auch in der That zum grössten Theile aus diesen 
zusammengesetzt. Diese Ansicht, der Augit vieler Basaltge- 
steine sei eine Pseudomorphose von Magneteisen, spricht schon 
Herr TscuermaAck (Sitzungsberichte der Wiener Akademie XLVI. 
(2) S. 485), aus und ihr schliesst sich in Betreff des Gesteins 
von Meiches Herr Knopp (Jahrbuch von LEONHARD und GEINITZ 
1865, S. 685) an. 

Die Ansicht über die Zusammensetzung des Basaltes von 
Herrn ZIRKEL ist eine irrige; das beweisen alle Handstücke 
von Basalt und Basaltlava, ferner alle MıtscHeruicz’schen Par- 
tialanalysen der Eifeler Laven, sowie überhaupt alle chemischen 
Untersuchungen von Basalten; denn es ist ein zwar empirisches, 
aber durchweg bestätigtes Gesetz der Petrographie, dass sich 
alle Mineralien, die in einem plutonischen Silikatgesteine als 
Ausscheidungen sichtbar sind, als Gemengtheil der Grundmasse 
wiederfinden, und in allen Basaltgesteinen finden wir Augit- 
ausscheidungen und ganz besonders in den von Herrn ZIRKEL 
untersuchten. 

Herr J. Rot# (E. MiTscHEruich: uber die vulkanischen 
Erscheinungen der Eifel. Berlin 1865. S. 16 und 23) hat 
chemisch und mineralogisch sehr richtig nachgewiesen, dass 
alle Laven und Schlacken der Eifel ganz dasselbe Gestein sind, 
und dass sie weder chemisch, noch petrographisch in irgend 
einer Weise von den älteren .Basalten am Niederrhein getrennt 
werden dürfen, sie sind alle Nephelinlava oder Nephelinit. 


321 


Zu demselben Resultate bin ich aus gleichen Gründen für 
die Laven und Schlacken in der Vulkangruppe des Laacher- 
Sees gekommen. In der Natur, wie in der vorliegenden Samm- 
lung, lassen sich in allen Laven, sobald sie krystallinisch oder 
porös genug werden, die Nephelinkrystalle nachweisen, auch 
an denen, in welchen Herr v. DEcHEn sie nicht beobachtet 
hat; von vielen dieser Gesteine mache ich nur namhaft die 
Lava von der Mauerley bei Glees, vom Fornicherkopf am 
Rhein, vom Bassenheimerwald und Wannenkopf bei Saffız, wo 
die Nephelinkrystalle ebenso schön in die Gesteinsporen hinein- 
ragen, wie bei der Lava von Mayen und Niedermendig. 

Die Nephelinkrystalle in den Gesteinsporen oder dessen 
Gemenge sieht man um so leichter und schöner, je poröser 
und krystallinischer die Gesteine werden; in den ganz dichten, 
also vorzugsweise im Basalte, sieht man sie schr selten oder 
gar nicht; dass sie aber darin sind, beweisen die chemische 
Analyse, die mikroskopischen Untersuchungen und das spora- 
dische Vorkommen der Nepheline in den seltenen Poren der 
sonst dichten Gesteine. Unter vielen Beispielen möge für 
diese Behauptung ein Beweis dienen. In dem bekannten, zur 
Basaltgruppe gehörigen, sogenannten Dolerit der Löwenburg im 
Siebengebirge hat man nie als Gemengtheil den Nephelin ver- 
muthet, bis die chemischen und mikroskopischen Untersuchun- 
gen des Herrn vom Rara (diese Zeitschrift Bd. XII., 1860, 
S. 40) ihn als unzweifelhaftes Gemengmineral kennen gelehrt 
haben. 

Da mithin alle niederrheinischen Basalte, Basaltgesteine, 
Laven und Schlacken Nephelinit sind, ist es, wie Herr RorH 
thut, ganz gleich, ob man sie ferner Nephelinit resp. Nephe- 
linitlava nennt oder Basalt resp. Basaltlava. 

Was hiermit von den niederrheinischen Gesteinen der Ba- 
saltfamilie nachgewiesen und gesagt worden ist, werden ohne 
allen Zweifel spätere Untersuchungen von allen basaltischen 
Gesteinen der Erde bestätigen, so dass man alle Trennungen 
und Absonderungen von Gesteinsarten in der Familie der Ba- 
salte wieder vereinigen kann unter dem ersten, früher einzigen 
Namen „Basalt“ resp. „Basaltlava“, dem die Priorität zusteht. 
War es doch der Basalt vom Wickenstein in Schlesien, von 
dem Herr Girarp nachgewiesen hat, dass in ihm Nephelin 
neben Labrador vorkomme. 

Zeits.d.d.geol.&es. XVIIL. 2, 21 


‚322 = 


Die Gesteinsart Nephelinit ist für mich somit schon ganz 
wieder aufgehoben; es fragt sich nur noch, ob man von dem 
neuen Begriff „Basalt“ den Dolerit mit dem Anamesit trennen 
muss, oder ob auch dieser in jenem als chemisch und minera- 
logisch dasselbe Gestein aufgehen muss. 


Um diese Frage zu entscheiden, müssen wir mineralogisch 
erst die Diagnose von Basalt suchen und feststellen. Dieses 
soll die Absicht dieses zweiten Abschnittes sein. | 


® Wie verschieden die chemische Zusammensetzung der Ba- 
salte sein kann, zeigen uns sowohl die älteren Gesteinsanaly- 
sen, als ganz besonders die neuen, mit vieler Sorgfalt gemach- 
ten der niederrheinischen Basaltlaven durch die Herren Mır- 
SCHERLICH und vom Rara (Vulkanische Erscheinungen der Eifel 
S.21ff., diese Zeitschrift Bd. XV. S. 374 u. Bd. XVI. S. 672). 
Die Differenzen in der chemischen Zusammensetzung entsprin- 
gen nicht aus einer qualitativ verschiedenen mineralogischen 
Zusammensetzung, sondern aus einer quantitativ abweichenden 
' Mischung, wie Herr Roru so klar aus den MırscHerLich’schen 
Partialanalysen nachgewiesen hat. Sehen wir ja doch unter 
den niederrheinischen und allen übrigen Basaltgesteinen bald 
den Augit oder Feldspath (in Salzsäure unlösliche Gemeng- 
theile), bald den Olivin oder Nephelin (lösliche Gemenstheile), 
vorwiegen und die übrigen Gemengtheile mehr oder weniger 
verdrängen. Diese quantitativ verschiedene mineralogische Zu- 
sammensetzung finden wir chemisch ausgedrückt in dem Pro- 
centsatze des löslichen Bestandtheiles im Gesteine durch die 
Partialanalyse. Derselbe schwankt z. B. in den so ziemlich 
gleichgearteten Eifeler Laven nach den MıTscHeruich’schen Ar- 
beiten zwischen 62,60 und 94,05 pCt., wenn Gesteinsstück- 
chen in concentrirtester Salz- oder Salpetersäure in zuge- 
schmolzenen Röhren bei 100 Grad C. lange Zeit digerirt 
wurden. 


Die niederrheinischen Basalte und die Laven des Laacher- 
See-Gebietes weichen chemisch und petrographisch unter sich 


und von denen der Eifel nicht mehr ab, als diese unter sich; 


was also von dem Einen gilt, ist auch für die Anderen maass- 
gebend. Was hier von den niederrheinischen Gesteinen der 
Basaltfamilie gesagt wird, werden ohne Zweifel spätere ver- 
gleichende Arbeiten über die Basalte und Basaltlaven im All- 


L° 


323 


gemeinen bestätigen und dadurch in einem verwirrten und ver- 
wirrenden Theile der Petrographie Ordnung schaffen. 

Was Basalt und Basaltlava mineralogisch ist, lässt sich 
wegen des meist so kryptokrystallinischen, homogenen, oft fast 
dichten Gefüuges, in dem kaum ein Bestandtheil von dem an- 
deren zu unterscheiden ist, schwer sagen; dieses ist auch der 
Grund, weshalb man trotz der vielen Arbeiten und Analysen 


von diesen Gesteinen so wenig im Klaren und so verschiede- 


ner Ansicht ist, während die gleichalterigen, entsprechenden, 
sauren Silikatgesteine, die Trachyte mit ihrem oft grobkrystal- 
linischen Gefüge- schon so genau bekannt sind; aus diesen 
Gesteinen hat man es nämlich ermöglichen können, die einzel- 
nen Gemengmineralien zu scheiden und für sich zu analysiren, 
während man bei den Basalten bisher nur wenige grössere 
Ausscheidungen aus der Grundmasse hat untersuchen können- 

Nimmt man auch den Basalt zur Hand, der in der Grund- 
masse das möglichst gröbste krystallinische Gefüge hat, so ver- 
geht Einem der Muth, darin die Gemengmineralien zu bestim- 
men. Man würde ganz an der Ausführbarkeit dieser Arbeit 
verzweifeln, wenn nicht sowohl Basalte als Basaltlaven ihre 
schwachen Seiten hätten, von denen man sie uberlisten und 
ihnen beikommen könnte. Das eine Gestein verräth Dieses 
hierdurch, das andere Jenes dadurch, wenn man nur in der 
Natur und in guten &rossen Sammlungen sorgfältig ohne ge- 
scheute Mühe nach diesen schwachen Seiten fahndet. ‘Was 
A nicht sagt, sagt B; alle diese Beobachtungen muss man kri- 
tisch zusammenstellen ünd sichten, dann gelangt man zu wahr- 
heitsgetreuen Resultaten. 

Die Hinterthüren, durch die ich mich in die Geheimnisse 
der Basaltfamilie eingestohlen habe, sind etwa folgende: 

l) Sehr weit kommt man, wie vielfache Erfahrung aller 
Petrographen gelehrt hat, mit einer kritischen Interpretation 
der Gesammt- und Partialanalysen. Sehr schön in dieser Be- 
ziehung sind die Erfolge des Herrn RorH über die mineralo- 
gische Zusammensetzung der Eifeler Laven, auf welche ich 


gleich zurückkommen werde. 


2) Eine feinere Hinterthur ist das oben genannte, empiri- 
sche Gesetz von bisher ganz allgemeiner Gültigkeit in der Pe- 
trographie: was als Ausscheidung aus der Grundmasse sichtbar 
ist, bildet auch einen wesentlichen oder unwesentlichen Ge- 


2 


- 


324 


mengtheil der Grundmasse. Die Umkehr dieses Gesetzes ist 
möglich und sehr häufig, aber durchaus nicht nothwendig (diese 
Zeitschrift Bd. XVI., 1864, S. 681). 

- 3) Ein Verräther sind die sogenannten Concretionen d. h. 
grössere oder kleinere Nester im Gestein, in welchen das sonst 
kryptokrystallinische Gemenge durch allmälige Uebergänge so 
grobkrystallinisch oder körnig wird, dass man dessen Bestand- 
theile nicht nur sicher mineralogisch bestimmen, sondern auch 
für sich analysiren kann. Nur muss man hierbei vorsichtig 
. zu Wege gehen, dass man nicht fremde Einschlusse für Con- 
cretionen hält und umgekehrt. Bei längerem, auf diese Unter- 
scheidung gerichtetem Studium kann man jedem Truge entge- 
hen, nur muss man Gesteinsstucke, die Einem nur irgend wie 
zweifelhaft sind, nie als Material zu diesem wissenschaftlichen 
theoretischen Bau verwenden. | 

4) Ebenso sichere Führer sind die aus der Grundmasse 
des Gesteins in etwaige Poren und Drusen beim Erstarren der 
Gesteinsmasse hineinkrystallisirten, gleichsam hineinefflorescir- 
ten, Krystallisirten, primären Mineralien. Gerade so, wie man 
sich bei den Üoncretionen vor etwaigen Einschlüssen hüten 
muss, muss man sich hier vor sekundär gebildeten Drusen- 
mineralien in Acht nehmen, die Infiltrations- oder Zersetzungs- 
produkte sein können, wie z. B. die Zeolithe, Kalkspath, 
Arragonit, Gyps, Kieselsäure und dergl®chen mehr. Uebung 
und Umsicht sind neben Vorsicht auch hier die besten Lehr- 
meister. | 

Mit Hulfe des ersten Schlussels kommt Herr Rott (l. e. 
S. 21 ff.) für die Laven der Eifel zu folgenden Resultaten, de- 
nen ich nur, wie unten bewiesen, theilweise beipflichten kann: 

1) Der bei den Partialanalysen MırscarrLicH’s erhaltene 
Rückstand ist schwarzer und grüner Augit in Krystallen und 
deren Bruchstücken, bisweilen vermengt mit kleinen farblosen 
Prismen. Dieser unlösliche Bestandtheil stimmt in seiner, 
allerdings schwankenden Zusammensetzung noch immer ziem- 
lich gut mit der des Augits aus Eifeler Laven überein, die 
Abweichungen erklären sich hinlänglich aus den beigemengten 
farblosen Prismen, die Herr Roru mit Recht nur für einen 
' Feldspath halten kann. Für die Laven und Basalte der Eifel 
leugnet derselbe das Vorhandensein eines gestreiften Feldspa- 
thes, besonders des Labradors, weil man ihn noch nicht ge- 


325 


sehen hat, obwohl Herr Roru selbst sagt, dass bei der gerin- 
gen Menge und Kleinheit der Prismen im unlöslichen Rück- 
stande eine sichere mineralogische Bestimmung nicht thunlich 
ist. Weil man einen Feldspath im unlösliehen Ruckstande 
anzunehmen berechtigt ist, weil man Sanidin in dem ganz ähn- 
lichen Gesteine von Meiches kennt, weil man Labrador nie 
neben Nephelin nachgewiesen hat, weil man in den labrador- 
reichen Laven (Dolerit) den Labrador nach Behandlung mit 
Salzsäure bei 160 bis 180 Grad mineralogisch nachweisen kann, 
in den ebenso behandelten Eifeler Gesteinen aber nicht, hält 
Herr Rorzs die farblosen Prismen nicht für Labrador, sondern 
für Sanidin. 

2) Alle übrigen Silikate und das Magneteisen der Basalte 
lösen sich vollkommen auf. Die chemische Zusammensetzung 
des löslichen Bestandtheiles weicht in den Laven sehr von 
einander ab. Der lösliche Theil besteht sicher aus den mine- 
ralogisch sichtbaren Mineralien Olivin, Nephelin, Magneteisen. 
Da dieselben aber kalkfrei oder nur sehr kalkarm sind, muss 
bei dem hohen Kalkgehalte des löslichen Theiles noch ein kalk- 
haltiges, bisher noch nicht erkanntes Mineral an der Zusam- 
mensetzung Theil nehmen. MITSCHERLICH war geneigt, diesen 
Kalkgehalt durch Annahme von Anorthit zu erklären; Herr 
Ror# stellt dagegen die Oonjectur auf, das kalkreiche Mineral 
könne Humboldtilith sein, der in der Nephelinlava vom Her- 
chenberg bei Laach und am Capo di Bove bei Rom mit Ne- 
phelin zusammenvorkommt. Ueber den hohen Kaligehalt des 
löslichen Bestandtheiles erklärt sich Herr Rors in der Arbeit 
nicht, obwohl weder Olivin, noch Nephelin, noch Humboldtilith 
denselben motiviren. 

Auf die Kritik dieser Ansicht des Herrn Rorn. komme ich 
bald zurück. 

In der Natur, in den vorliegenden Sammlungen und in der 
Literatur sind mir folgende Ausscheidungen bekannt geworden: 

a. im niederrheinischen Basalte: Olivin, Hornblende, ge- 
meiner Augit, titanhaltiges Magneteisen, Sanidin, gestreifter 
Feldspath (Labrador?), Enstatit, Bronzit, Diopsid, Picotit, 
Masnetkies, Schwefelkies, Hyazinth, Sapphir, Nephelin; 

b. in den Laven des Laacher-See-Gebietes: Olivin, Augit, 
Glimmer, Hyazinth, Nephelin, Leucit, Sanidin, Hauyn, Zirkon, 

Sapphir, Granat, Magneteisen, Smaragd, Spinell, Chrysolith, 


326 


Titaneisen, hen: Hornblende, gestreifter Feldspath en 
brador), Melilith (Humboldtilith); 

c. in den Laven der Eifel: schwarzer und grüner Augit, 
Sanidin, gestreifter Feldspath (Labrador?), Olivin, Glimmer, 
Hornblende, Magneteisen, Titaneisen, Hauyn. 

Als Drusenmineralien sind mir zur Kenntniss gekommen 
in den Laven der Eifel und des Laacher-Sees: Nephelin, 
schwarzer Augit, -grüner Augit (Porricin), Leueit, Melilith 
(Humboldtilith), Sanidin, Granat und ein unbestimmtes Mineral 
in feinen, lebhaft glänzenden Nadeln, welche Horrmann vom 
Capo di Bove beschreibt (Geognostische Beobachtungen auf 
einer Reise durch Italien und Sieilien $. 48), und welche ich 
für Apatit halten möchte. 

Diese genannten Mineralien bilden in mannichfaltigen Com- 
binirungen die Concretionen, welche ich in der fraglichen Samm- 
lung beobachtet und im Folgenden beschreiben will, in dem 
ich einige theoretisch wichtige Fragen aufstellen und durch die 
"beschriebenen Beobachtungen beantworten werde. 

1. Ist, wie Herr Roru behauptet, Sanidin ein Gemeng- 
theil der Basalte und Laven? 

a. Die von Herrn Rorn beschriebenen, farblosen Prismen 
unter den Augitkrystallen im unlöslichen Rückstande der ana- 
lysirten Laven der Eifel befinden sich in unserer Sammlung 
und ‘dürften ohne Zweifel wenigstens zum Theil Sanidin sein; 
eine sichere Bestimmung derselben ist allerdings unthunlich 
wegen der mikroskopischen Kleinheit. 

b. Aus dem Dolerite der Löwenburg im Siebengebirge habe 
ich fruher grössere Ausscheidungen eines nicht gestreiften, gla- 
sigen Feldspathes gefunden, welche Herr vom RArH (diese 
Zeitschrift Bd. XII., 1860, S. 40 ff.) beschrieben, gemessen, 
analysirt und als Sanidin bestimmt hat. 
| c. In dem mit vielen niederrheinischen Basalten und La- 
ven gleichen Nephelindolerit von Meiches hat Herr Knop 
(Jahrbuch für Mineralogie u. s. w. 1865 S. 674ff.) den $Sa- 
nidin erkannt, analysirt und gemessen; allein die Resultate der 
Analyse lassen es noch zweifelhaft, ob dieser Sanidin nicht 
mit einem  kieselsäureärmeren Feldspath verwachsen vor- 
kommt; wir müssen uns in diesem Falle lieber an die Messun- 
gen halten. 

d. Nach Herrn vom Rıru befinden sich (v. DEcHEn, geog. 


327 


Führer in die Eifel S. 79) auch kleine Sanidinkrystalle in den 
Poren der Eifeler-Lava mit Porriein und Nephelin zusammen. 
e. Manche Handstucke von Laven und Schlacken aus der 
Mischeruicw’schen Sammlung von Bertrich, Wollmerath und 
besonders von Uedersdorf enthalten grössere Ausscheidungen 
von Sanidin, die Herr v. DecHen (l. c. S.31) und Herr Rork 
 (l. ec. 8. 55, 56) alle für Einschlüsse von zerbröckeltem Tra- 
chyt halten, weil sich derselbe in dem Gesteine von Bertrich 
vielfach als Einschluss findet, von denen Herr Roru mit Recht 
(l. ec. S. 30) sagt: „Haben die Trachyteinschlüsse nur kleine 
Dimensionen, so kann man verleitet werden, die unverändert 
gebliebenen Sanidine für Gemengtheile der Lava zu halten; 
allein meist weisen Theilchen von geschmolzenem Glimmer und 
Hornblende darauf hin, dass man es mit einem Einschlusse zu 
thun hat; auch durch das körnigrissige Gefüge der (aus Trachyt 
stammenden) Sanidine wird man auf diese Ansicht geleitet.“ 
Das ist für einen Theil der Sanidine in der Lava von Bertrich 
ganz richtig; ein anderer Theil derselben und der von Ueders- 
dorf und Wollmerath, mit ganz von jenem verschiedenem Aus- 
sehen, kann aber nur als Ausscheidungen aufgefasst werden. 

Aus diesen fünf Belegen erhellt, dass man den Sanidin als 
einen Gemengtheil der Basaltgesteine anzusehen berechtigt und 
gezwungen ist. 

2. Ist ein gestreifter Feldspath ein Gemengtheil der Ba- 
salte, und welcher Species ist derselbe ? 

Diese Frage muss, wie oben gesagt, Jedem lächerlich oder 
wenigstens müssig erscheinen, der dieletzte Arbeit desHerrn RorH 
über die Basaltgesteine der Eifel nicht gelesen hat, weil man 
den Labrador bis dahin als einen wesentlichen oder den allein 
wesentlichen Gemengtheil aller Basalte und Dolerite ange- 
sehen und nie angezweifelt hat. Nun mit einem Male macht 
Herr Rort# einen Strich durch die Rechnung mit der oben an- 
geführten Behauptung, kein gestreifter Feldspath, am allerwenig- 
sten ein Labrador, finde sich irgendwo als Gemengtheil der 
Eifeler Basalte und Basaltlaven. Ja, mündlichen Mittheilungen 
zufolge geht Herr Roru noch viel weiter, indem er diese Be- 
obachtung auf alle Basalte überträgt. Labrador ist nach ihm 
der wesentliche Gemengtheil der eigentlichen Dolerite, die so 
selten sind’ (z. B. am Aetna), und die keinen Nephelin ent- 
halten, sondern wesentlich aus Labrador, Augit, Olivin und 


328 


Magneteisen bestehen, während alle Basalte mit den meisten 
bisher noch genannten Doleriten Gemenge wesentlich von Dr 
phelin, Augit, Olivin und Magneteisen sind. 

Wie gerechtfertigt ist bei solcher Meinungsdifferenz die 
obige Frage und wie interessant und wichtig deren Beant- 
wortung! Thatsachen mögen entscheiden: 

a) Zwei Stücke in der MinscHerLicH'’schen Samiılımha, die 
Herrn Rorr bei der Aufstellung der mitgetheilten Behauptung 
entgangen sein müssen, beweisen das Vorhandensein eines ge- 
streiften Feldspathes in den Laven und Schlacken der Eifel; 
das eine Stück ist Lava vom Westrande der Falkenley bei 
Bertrich mit einem deutlich ausgeschiedenen Krystalle solchen 
Feldspaths, das zweite eine Wurfschlacke vom Dreiser Weiher 
mit vielen Devon- und Trachyteinschlussen neben einer Concre- 
tion von gestreiftem Feldspath und Augit (also keine Ver- 
wechselung mit Trachyteinschluss), die in keiner Weise von 
den folgenden Concretionen in der Lava von Mayen und Men- 
dig zu unterscheiden ist. 

b) Im Dolerit der Lowenburg beobachtete Bene voM 
Rıtn (s. diese Zeitschrift Bd. XII, 1860, S. 40) einen ge- 
streiften Feldspath. 

c) An mehreren Handstücken der Lava von Mayen und 
Niedermendig aus der MiTscHerLicH’schen Sammlung beobachtet 
man in der porösen, feinkrystallinischen Masse gröbere Con- 
cretionen von wasserklarem oder durchscheinendem, prachtvoll 
gestreiftem Feldspath mit schwarzem Augit. Eine fast einen 
halben Quadratzoll im Querschnitt grosse Concretion besteht 
aus einem Feldspathkrystall, der nach allen möglichen Rich- 
tungen hin von schwarzen Augitkrystallen durchwachsen ist. 
Nephelin ist natürlich in der klaren Feldspathmasse nicht zu 
sehen. Eine zweite dieser Ooncretionen fuhrt als drittes Ge- 
. mengmaterial noch Körner eines grünen Augits vom Aussehen 
des Epidots, aber nach meinen Messungen mit den Spaltungs- 
winkeln des Augits. Eine dritte dieser Concretionen ist sehr 
viel grösser, nämlich 1% Zoll im Durchmesser und ein so 
‘grobes Gemenge, dass ich von ihr hinlängliches Material zu 
einer Analyse entnehmen konnte, ohne diesem werthvollen 
Handstucke wesentlichen Abbruch zu thun. Die Streifung des 
Feldspathes ist auf vielen Flächen von 3-—4 Quadratlinien 
deutlich mit blossem Auge zu sehen; die Concretion enthält 


329 


auf Poren und Drusen Nephelinkrystalle und Nadeln des so- 
genannten Porricins. Der vorwiegende Feldspath umschliesst 
die schwarzen Augit-Krystalle und Körner, sowie gelbe Körn- 
chen, die nach der Farbe zu schliessen, vermuthlich Titanit 
‚oder weniger wahrscheinlich Melilith sind. In einer anderen 
Concretion umschliesst der Feldspath noch blauen Hauyn und 
Körnchen eines hell röthlichen glasartigen Minerals , welches 
Zirkon oder Granat sein dürfte. In solchen Coneretionen 
herrscht bald der Augit, bald der Labrador. Eine derselben 
mit Nephelin und Titanit ist am Rande zu Kaolin verwittert, 
der die Augite und Titanite umschliesst und in kleinen Poren 
winzige, wasserklare Quarzdihexaäder enthält. 

Um zu erforschen, welcher Species dieser gestreifte Feld- 
spath zuzurechnen sei, analysirte ich den der oben genannten 
Concretion im Laboratorium der Bergakademie zu Berlin. Das 
segluhte, weisse Pulver reagirte nur schwach auf etwas Eisen 
und im Spectralapparate auf unbestimmbare Spuren von Kali 
und Lithion und ergab folgende Zusammensetzung: 

OÖ 

Kieselsaure 57,287 30,551 1,88 
Thonerde 265183:.542,505 3 
Eisenoxydul Spur 
Kalkerde 8.009 2,288 
Magnesia 0,284 0,114 1 
Natron 6,842 1,766 

ie 

Da die Analyse mit grösster Vorsicht ausgeführt wurde, 
da im Mineral die Kalimenge sich als unbestimmbar erwies, 
und da das Mineral fast ganz frisch war, berechnete ich wegen 
Mangels an Material zu einer direkten Natronbestimmung die 
obige Menge Natron nach dem Verhältniss von R:R wie 1:3 
aus den Sauerstoffimengen von den Basen. Das Sauer- 
stoffverhältniss ist hiernach 1:3 :7, 33 also bedeutend zu 
niedrig für Oligoklas, der das Mineral schon wegen des hohen 
Kalkgehaltes nicht sein kann, und zu hoch für Labrador, auf 
den der hohe Kalkgehalt deutet und gegen den der grosse 
Natrongehalt nicht zeugt. 

Nach der Zusammensetzung kommt er am nächsten dem 
sogenannten Andesin, aber was ist Andesin?! 


330 


Berechnet man, der Theorie des Herrn Tscuernax folgend, 
alle Kalkerde und Magnesia als Anorthit: 
| OÖ. 
Kieselsäure 18,016 9,608 4 
Thonerde 15,433 7,206 3 


Magnesia 0,284 0,114 
Kalkerde 8,009 2,288/ 
41,742 


so bleibt ein Natronfeldspath genau von der Zusammensetzung 
des Albits, namlich 


Kieselsäure 39,271 20,943 11,89 

Thonerde 11,350 5,299 3 

Natron 6,842 1,766 1 
57,463 


Hierdurch wird es höchst wahrscheinlich, dass der ge- 
streifte Feldspath ein Gemenge oder eine Verwachsung von 
42 Theilen Anorthit mit 58 Theilen Albit ist, so dass in den 
Basaltgesteinen alle drei Feldspathvarietäten des Herrn TscHER- 
MAK, Orthoklas, Albit, Anorthit, sich am Gemenge bethei-., 
ligen. 

Sieht man vorlänfig noch von dieser neuen Theorie ganz 
ab und hällt sich an die bisherigen Feldspathvarietäten, so 
kann man diesen gestreiften Feldspath der Basalte beim Ver- 
gleich der obigen Analyse mit denen von anderen Labradoren 
nur als solchen bestimmen, für den man ihn bisher in dubio 
immer angesprochen hatte. 

Hierdurch widerlegt sich sowohl die oben mitgetheilte 
Behauptung des Herrn Roth, die Basalte (vorzüglich die nieder- 
rheinischen) enthielten keinen Labrador als Gemengtheil, als 
auch der Stützpunkt zu dieser Behauptung, dass die Gegen- 
wart von Nephelin in einem Gesteine die des Labradors aus- 
schlösse, und in das sogenannte Gesetz der Feldspathe des 
Herrn Ror#: dass nämlich die Alkalifeldspathe nie als Ge-- 
mengtheile neben den Kalkfeldspathen vorkommen (diese Zeit- 
schrift Bd. XVI, 1864 S. 684), wird eine gewaltige Breche 
hindurchgeschossen. Beweisen kann ich es noch nicht, aber 
ich zweifele nicht daran, dass in einem Gesteine alle Feld- 
spathvarietäten zusammen vorkommen können und vorkommen; 


331 


das ist auch ein folgerichtiger Schluss aus der Feldspaththeorie 
des Herrn TscHEruar. 

Da bekanntlich Labrador (resp. Anorthit) in Salzsäure - 
zum Theil löslich ist, so muss bei Partialanalysen von Ba- 
saltgesteinen der lösliche Bestandtheil kalkhaltig sein. Dass 
nicht ausser dem kalkhaltigen Labrador im Basalt noch ein 
anderes kalkhaltiges Mineral (Humboldtilith), wie Herr RorH 
(s. oben und MiTscHErLicH's vulkanische Erscheinungen der 
Eifel) annimmt, als Gemengtheil vorhanden sein kann, wird 
hierdurch nicht ausgeschlossen; im Gegentheil, weiter unten 
will ich beweisen, dass Herr Rors richtig interpretirt hat. 

3. Zum Beweiss, dass alle Basalte nephelinhaltig sind, 
will ich einige Beobachtungen aus unserer Sammlung über das 
Vorkommen des Nephelins mittheilen. 

Das Bekanntwerden dieses Minerals in den Laven der 
Eifel und des Laacher-Sees, im Dolerite der Löwenburg, im 
Dolerit von Meiches und vielen anderen Basaltgesteinen ist 
oben schon berührt worden. Die Bescheibungen des Aussehens 
der Labradorkrystalle in der Grundmasse der niederrheinischen . 
Basalte unter dem Mikroskope durch Herrn ZirRkEL (Sitzungs- 
berichte der kais. Acad. d. Wissensch. zu Wien Bd. XLVLH. 
S. 248 fi.) passt eben so gut aüf Nephelin als auf Labrador, 
da sich zu diesen Untersuchungen derselbe nicht des polari- 
sirten Lichtes bedient hat; sodann sind die von Herrn vom 
- Rıt# in der Grundmasse der Lava von der Hannebacherley 
bei Laach (diese Zeitschrift Bd. XIV. S. 672) unter dem Mi- 
kroskope beobachteten, farblosen, als Anorthit oder Labrador 
bestimmten Prismen ohne Zweifel zum Theil Nephelin; denn 
sie lösen sich mit Gallertbildung in Salzsäure auf, - und alle 
Basalte gelatiniren mehr oder weniger mit Salzsäure; das kann 
nicht von Labrador, sondern nur vom Nephelin herrühren. 

In den niederrheinischen Laven sieht man die Nepheline 
(meist nur sechsseitige Säulchen mit Endfläche und seltenen 
Rhomboederflächen, aber auch nach der Endfläche tafel- 
formige Krystalle), wie mehrfach beschrieben, in die Poren 
des Gesteins hineinragen. Im Gemenge des Gesteins erkenn- 
bar sind sie bisher nur durch Herrn v. DEcHEN (geogn. Führer 
a. d. Laacher-See $. 298) und Herrn vom Rara (diese Zeit- 
schrift Bd. XII. S. 30) von der Lava des Herchenberges be- 
schrieben worden, und doch ist diese Beobachtung an allen 


332 


gröber gemengten Laven jeinem schon weniger geübten Auge 
möglich. Ausserdem giebt es vielfach Concretionen in den 
Laven, in denen der Nephelin eine Hauptbetheilisung hat. 

Wie nämlich die Nepheline in die Poren der Lava massen- 
weise gedrängt hineinragen mit den Nadeln des sogenannten 
Porrieins, so bilden sie auch mit denselben und seltener mit 
Magneteisenkryställchen drusige, poröse Concretionen, gerade 
so wie der Labrador mit dem Augit. In die Poren der Ne- 
phelinconcretionen ragen niedliche Krystalle von Nephelin und 
Porriein hinein. Die tafelartig ausgebildeten Nepheline zeigen 
auch öfters Rhomboäderflächen und sind meist grösser als die 
säulig entwickelten, oft eine Linie gross. Andere Concretionen 
bestehen fast nur aus Augit, Nephelin und Titanit. 

4. Ist der Humboldtilith oder Melilith, wie Herr RorH 
(l. c.) aus chemischen Gründen vermuthet, ein Gemengmineral 
der Basalte ? 

Bisher kannte man dieses Mineral in den Basaltge- 
steinen nur vom Vesuv und Capo di Bove bei Rom vom 
Metellagrabe und in einem ganz analogen Vorkommen in 
den Poren, Drusen und Spalten der Lava vom Herchenberg bei 
Laach zusammen mit Nephelin, Porriein, feinen, lebhaft glan- 
zenden, weissen Nadeln (vielleicht Apatit) und mit Leueit, auf 
den ich sofort zuruckkommen werde (diese Zeitschrift Bd. XII. 
S. 30). Dieses honiggelbe, in ganz kleinen, quadratischen, 
kurzen Säulen meist sehr undeutlich krystallisirte Mineral bildet 
in der Lava vom Herchenberge mit Nephelin ein deutlich er- 


'kennbares Gemenge; ja, Herr v. DecHzn sagt (l. c. S. 298): 


„dieses Gestein scheint nur aus Melilith, Nephelin und Ausgit 
zu bestehen wie das Gestein von Capo di Bove.“ 

Durch die Vermuthung des Herrn Ror# auf den Melilith 
aufmerksam gemacht, beobachtete ich beim Bestimmen in der 
Sammlung in vielen Laven mit gröberem Gemenge mit Nephe- 
lin besonders einen körnigen Gemengtheil von ‘der honig- 
gelben, truben Farbe des Meliliths vom Herchenberge, der 
weder verwitterter Olivin, noch Titanit sein konnte; die Hand- 
stucke der Lava von Muhlenberg, Besberg und Rusbusch bei 
Niederbellingen, so wie vor Allem die Schlacken von _Woll- 
merath nahmen mir jeden Zweifel darüber, ob wirklich der 
Melilith ein Gemengtheil der niederrheinischen Laven sei. Nach- 
dem auf dieses Vorkommen einmal die Aufmerksamkeit ge- 


333 


lenkt ist, werden die Mineralogen dieses Mineral nach und 
nach in ..allen Basaltgesteinen nachweisen. 

5. Ist Leueit ein Gemengtheil der Basalte? Derselbe ist 
mehrfach als in Laven gefunden beschrieben worden, so auch 
in der Lava von Niedermendig als muschelige Stücke von glas- 
glanzartigem Fettglanz in mit Porriein ausgekleideten Höhlungen 
(v. Decnzs, Führer an den Laacher-See 8. 326 und diese 
“ Zeitschrift Bd. XVII, 1865, S. 124; Sanpgerger, Jahrbuch für 

Mineralogie u. s. w. 1845 S. 146). 

Das Ansehen noch mehr aber die Beschreibung dieser Vor- 
kommnisse ist der Art, dass man wohl, wie Herr Fucus (die 
vulkanischen Erscheinungen der Erde S.165), verleitet werden 
kann, dieses Leucitvorkommen als ein zufälliges hinzustellen, 
indem dieses Mineral von der flüssigen Lava umhüllt worden 
sein könnte. Dem ist aber in den meisten Fällen und in 
allen mir bekannten nicht so. 

Herr A. Knop (Jahrbuch für Mineralogie u. s. w. 1865 
S. 674) hat den Leueit in dem den Eifeler- und Vesuv-Laven 
(Fosso grande) ähnlichen Nephelindolerit von Meiches nachge- 
wiesen und analysirt; die Beschreibung dieses Vorkommens ist 
sehr interessant für das gleich zu beschreibende in den nieder- 
rheinischen Laven; es ist an beiden Orten genau dasselbe. 

Eine Interpretation der durch MITScHErLicH bekannt gewor- 
denen Zusammensetzung des löslichen Bestandtheiles der Eifeler 
Laven führt schon zu der Vermuthung, das der Leueit ein Gemeng- 
theil dieser Laven sei, weil der lösliche Bestandtheil sehr kali- 
haltig ist und die bisher bekannten, löslichen Gemengmineralien der 
Basalte (Olivin, Magneteisen, Labrador, Nephelin) ganz kali- 
frei oder doch wenigstens nur sehr kaliarm (Nephelin) sind. 

In den oben beschriebenen Drusen und Klüften mit den 
effloreseirten Nephelin-, Melilith-, Porriein- und Apatit (?)-Kry- 
stallen der Lava vom Herchenberg beobachtete ich zuerst unter 
denselben Verhältnissen wie die letztgenannten Mineralien d.h. 
als Ausblühungen zahllose, kleine, mohnkorngrosse,, eckig- 
kugelige Körner eines gelblichweissen Minerals, denen man 
eine gerundete Krystallform, die des Leucitoäders, sofort an- 
merkte. Nach längerem Suchen fand ich denn auch wirklich 
gut ausgebildete Leucitoederformen, und zwar nicht nur in den 
Pören der Lava vom Herchenberg, sondern unter denselben 
_ Verhältnissen in der porösen Schlacke von Wollmerath, in der 


334 

Lava des Altenberg. bei Schalkenmehren, von Zilsdorf, vom 
Kalenberg bei Zilsdorf und vom Geisbusch bei Auel. An den 
letztgenannten Orten sind diese Leucitofder glasig, vollkommen 
durchsichtig, farblos oder grünlich und so scharfkantig und 
spiegelnd, dass sie trotz der geringen Grösse Herr vou Rırta 
gemessen und als Leucitoeder bestimmt hat (diese Zeitschrift 
Bd. XVII, 1865 S. 122; v. Decuen, Führer in die Eifel $. 71). 
Weil Herrn vom Rıarh diese Leucitoöder aufgewachsen schienen 
wie ein sekundäres Drusenmineral, hat derselbe diese Leucito- 
&der als Analeim bestimmt; das sind sie aber nicht, denn sie 
geben beim Erhitzen kein Wasser, gelatiniren nicht in Salz- 
säure, sondern scheiden die Kieselsäure als pulveriges Skelett 
ab und zeigen selbst im Spectralapparat nur die geringste 
Spur Natron, kein Lithion, wohl aber etwas Kalk, von dem 
mit ihnen verwachsenen Melilith herrührend, und vor Allem 
Kali, welches man auch schon sehr deutlich mit Platinchlorid 
in alkoholischer Lösung durch reichlichen Niederschlag nach- 
weisen kann. 

Somit war denn der Beweis geführt, dass Leucit ein Ge- 
mengtheil der Basaltgesteine ist, und dass in einem Silikat- 
gesteine der Labrador und Nephelin den Leueit nicht aus- 
schliessen, wie Herr Roru glaubt (diese Zeitschrift 1864, 
Bd. XVI, S. 687). 

6. Ob Sodalith, den Herr Knor (l. e.) im Gestein von 
Meiches nach der Form beobachtet haben will, aber:nicht ana- 
lysirt hat, ein Gemengtheil der Basalte ist, ob er nicht etwa der 
gleich krystallisirende Hauyn ist, der sich in den niederrheini- 
schen Laven so häufig findet, oder Nosean, den man aller- 
dings noch in keiner Basaltlava beobachtet hat, muss ich dahin- 
gestellt sein lassen. Fände man später Nosean oder den ver- 
wandten Sodalith unzweifelhaft in den Basaltgesteinen, so wäre 
: dieses ein Beweis mehr für den früher ausgesprochenen Zu- 
sammenhang zwischen den Basalten und Nosean-Leueit-Gesteinen. 

7. Glimmer ist mir in wenigen älteren Basalten bekannt, 
wohl aber in allen niederrheinischen Laven; desshalb darf man 
aber noch nicht, wie Herr Fuchs (die vulk. Ersch. der Erde 
S.165), behaupten, der Glimmer möge ein zufälliger Einschluss 
in manchen Laven, in denen er hier und da gefunden, sein. > 

Wer die Laven der Eifel und des Laacher-Sees, die ihnen 
gleichzeitigen und petrographisch identen Schlacken, Rapilli, Sand 


339 


und Tuffe oft dicht gedrängt mit grossen und kleinen Glimmer- 
auscheidungen gesehen hat, muss eine solche Behauptung zu- 
zuckweisen. Ein wesentlicher Gemengtheil in den Basaltge- 
steinen mag der Glimmer nicht sein, sondern ein oft ganz 
fehlender Vertreter der chemisch nahe verwandten Hornblende 
und des Augits, die vielfach (s. unten) mit dem Glimmer ver- 
wachsen vorkommen. 

8. Ausser dem schwarzen, gemeinen, thonerdehaltigen 
Augit, dem bekannten Gemengtheile aller Basaltgesteine werden 
in denselben noch genannt der Broneit (sogenannte Antho- 
phyllit), ein grüner Augit und der sogenannte Porriein. Dazu 
treten noch, wie ich gleich zeigen werde, Diopsid und Enstatit, 
welche sich eng mit dem Olivin und einem Chromeisenspinell, 
dem sogenannten Picotit, associiren. 

Die vom einfachen Olivinkörnehen bis kopfgrossen so- 
genannten Ausscheidungen von körnigem Olivin in den nieder- 

rheinischen und allen übrigen Basalten finden sich grade so in 
_ den Laven und Schlacken der Eifel und des Laacher-Sees und 
bilden dort bei vielen vulkanischen Eruptionen (besonders Dreis, 
Dockweiler, Steffeln, Meerfeldermaar, Pulvermaar, Dannermaare, 
Held bei Steinborn, Gerolstein, Bekeldorf, Firmerich bei Daun) 
die weitbekannten sogenannten Olivinbomben. 

Auf die Aehnlichkeit dieser rheinischen körnigen Olivin- 
massen in den Basaltgesteinen einmal mit denen im Basalte 
von Beyssac bei le Pui (Dep. Haute Loire) und von Mähne 
und andermal mit der körnigen Olivinmasse, welche in den 
Pyrenäen, besonders am See von Lherz (Dep. de l’Arriege) 
Lager zwischen den Kalken der krystallinischen Schiefer bildet, 
und die man mit dem bequemen Namen Lherzolith belegt hat, 
hat zuerst in einer kurzen, aber wahrhaft klassischen Beschrei- 
bung Herr A. Dss CroizeAux die Aufmerksamkeit gelenkt. 
(Manuel de Mineralogie. 1862 S. 541, 65, 542.) 

Wer diese genannten Gesteine sieht, unter sich und noch 
mit dem Dunit des Herrn HochstETTer, dem derben Olivin- 
fels im Gabbro von Dun Mountain bei Nelson auf Neuseeland, 
sowie mit dem Olivinfels im Glimmerschiefer der Seefeldalpe 
im Ultenthale (Tyrol) vergleicht, muss sich allerdings sehr 
vor Verwechselungen hüten. 

Dass sich in den rheinischen Olivineinschlüussen ein Augit 
findet, der auch selbsiständige Ausscheidungen im’ Basalte bildet, 


336 


‚und den man Bronecit oder blätterigen Anthophyllit genannt 
hat (v. Decnen, Siebengebirge S.153; NöcezrAtu, Rheinland- 
Westphalen Ill. S. 285 und dessen Bergschlupf von Unkel 
S. 11), war eher bekannt, als Herr Des CLo1zEAux darauf auf- 
merksam machte, dass diese Olivinmassen ein körniges Ge- 
. menge von vier Mineralien Enstatit, Diopsid, Olivin und Picotit 
seien, deren chemische Zusammensetzung wir durch Herrn 
Damour (Bull. de la soc. geol. de France XXIX 1861/62 
p. 413) und deren physikalische Eigenschaften wir durch 
Herrn Des CLo1zEAux kennen gelernt haben. 

Da man trotz des fast regelmässigen Prädominirens des 
Olivins ein Gemenge von vier wesentlichen Gemengmineralien 
nicht gut, wie bisher, körnige Olivinmasse nennen konnte, schlug 
Herr Des CLo1zEaux für die von Lherz den Namen Lherzolith 
‚vor. Obwohl nun der Lherzolith aus den krystallinischen 
Schiefern von den mineralogisch gleichartigen Olivinmassen in 
den Basaltgesteinen im Alter, Lagerungs- und Entstehungsart 
sehr verschieden ist, glaube ich doch diesen bequemen Namen 
auf diese Gesteine übertragen zu dürfen von rein mineralogi- 
schem Standpunkte aus. ; 

Der rheinische Lherzolith besteht vorherrschend aus öl- 
grünen oder olivingrünen, auch gelben, bald helleren, bald 
dunkleren, grossen oder kleineren glasglänzenden, im Bruch 
muscheligen , selten spaltbaren, theilweise bunt angelau- 
fenen ,. theilweise blasigen Körnern, sehr selten (v. DECHEN, 
Führer in die Eifel S. 107) Krystallen von Olivin. Da- - 
zwischen liegen mehr Stücke als Körner von krystallinisch- 
blätterigem, ölgrunem bis nelkenbraunem Enstatit, der durch 
Verwittern in Broneit übergeht. In den Basalten ist er kry- 
stallinischer als in den Bomben, wo er bei einer Oberfläche, 
die wie geschmolzen aussieht, meist muschelig im Bruch ist, 
wie so manchmal der gemeine Augit gerade in den Laven der 
niederrheinischen Vulkane. Dadurch erinnert er an dunkelen 
Olivin, löst sich aber nicht in Säuren und wird beim Ver- 
wittern spaltbar. Wird in manchen Bomben das Gefüge gröber, 
so erhält er die Spaltbarkeit des Enstatits, ohne seine anderen 
genannten Eigenschaften zu verändern; manchmal glaubt man 
sogar einzelne Krystalllächen beobachten zu können. In 
manchen Bomben gewinnt der Enstatit gegen den Olivin die 
Ueberhand und umschliesst nur einzelne Körner von Olivin 


337 


‘und den beiden anderen Mineralien; in diesem Falle bekommt 
er ganz die Augitnatur und wird viel dunkeler, fast schwarz. 

Der dritte Gemengtheil, in manchen Bomben und Aus- 
 scheidungen der zweithäufige, sind kleine, runde, an der Ober- 
fläche wie eingedruckte und gefrittete, smaragdgrune Körner 
oder Haufwerke derselben, die im Gestein von Lherz nach Herrn 
Damour die Zusammensetzung des Diopsids haben. 

Der vierte Bestandtheil sieht genau so aus wie das be- 
kannte, titanhaltige, muschelige Magneteisen in den niederrhei- 
nischen Basalten und Laven; da er aber weder dem Magnete 
folgt, noch sich in Salzsäure löst, kann er bei der Aehnlich- 
keit mit dem Picotit von Lherz nur dieser, d. h.. nach Herrn 
Damour ein Chrommasnesiaspinell sein. Die Oberfläche dieser 
Körner ist wie rund geschmolzen und bunt angelaufen, manch- 
mal glaubt man an ihr Krystallflächen beobachten zu können, 
doch dann täuschen zufällige Bruchflächen. 

Es wäre sehr interessant und wichtig, wenn diese mine- 
ralogischen Bestimmungen der Gemengmineralien des nieder- 
rheinischen Lherzoliths und deren Identifieirung mit denen des 
eigentlichen Lherzoliths durch chemische Analysen des ersteren 
bestätigt wurden. Das Material dazu habe ich gesammelt, 
allein mir fehlte die Zeit zu diesen vier Analysen; auch trug 
ich, sie zu machen, Bedenken, da gleichzeitig Herr Rımmeus- 
BERG mich bat, ihm das nöthige Material zu beschaffen; möch- 
ten diese Resultate bald die Wissenschaft bereichern! 

Da diese Lherzolithe Ausscheidungen aus den Basaltge- 
steinen und deren Gemengmineralien auch für sich ausge- 
schieden sind, so unterliegt es keinem Zweifel, dass dieselben 
Gemengmineralien der Basalte sind. Ausser diesen Augiten 
habe ich besonders in den Laven von Niedermendig und Mayen 
einen grünen Augit fur sich allein sowohl, als auch mit dem ge- 
meinen schwarzen Augit zusammen nicht nur in einzelnen Kry- 
stallausscheidungen, sondern auch in körnig-krystallinischen Con- 
cretionen an Handstücken aus der MITSCHERLICH schen Samm- 
lung beobachtet. 

Die eine Concretion dieses krystallinisch-körnigen, pista- 
ziengrünen Augits von 1 bis 2 Zoll Durchmesser entwickelt 
sich allmälig aus der porösen, sehr nephelinhaltigen Lava von 
Niedermendig; an einer Seite nur indirekt, indem zwischen bei- 
den Massen eine 1 bis 2 Linien schmale Zone von schwarzem 

Zeits. d.d, geol.Ges. XVII. 2. 93 


338 


körnigem Augit sich befindet, der langsam in den grünen uber- 
geht, den man wegen der Farbe und des fremden, vom. Augit 
sonst so abweichenden Ansehens leicht für Epidot halten kann. 
In einzelnen Drusen in dieser. Conceretion ragen bis 1 Linie 
grosse Krystalle dieses Augits hinein, die sehr flächenreich 
und scharf ausgebildet zu sein scheinen, es aber unter der 
Lupe betrachtet nicht sind; denn sie bieten nur eine noch eben 
im Reflexionsgoniometer messbare Saule mit den Winkeln des 
Augites, die Kopfflächen derselben sind unbestimmbar. An 
einigen Stellen ist der grüne Augit durch beginnende Verwitte- 
rung, d. h. durch Oxydation des Eisenoxydulgehaltes, intensiv 
rothbraun geworden, aber sonst hart und frisch ‚geblieben, 
eine beim Olivin der Basalte und Laven so. alltägliche Erschei- 
nung. Viele der grösseren Hohlräume in dieser Ausscheidung 
sind mit Nephelinkrystallen bewandet, doch so, dass sich der 
Nephelin allmalig durch Effloreseirung entwickelt; ein zweiter 
Beweis, dass diese Augitmasse kein Einschluss, sondern eine 
massige Ausscheidung ist. 

Eine andere Concretion ohne umhüllende Lava besteht in 
der Hauptmasse aus einem lamellar-krystallinischen, schmelz- 
baren, pistaziengrünen, hornblendeähnlichen, aber unter Augit- 
winkel spaltbaren Augit, der zum Theil grünlichschwarz und 
körnig wird oder sich an einzelnen Stellen von aussen nach 
innen 1 bis 2 Linien tief röthet. Diese Augitmasse enthält 
kleine und grössere, rundliche und schnurartige Ausscheidungen 
eines farblosen, weissen oder licht fleischfarbenen Minerals, das 
oft Poren enthält, in welche kleine, farblose Krystalle des 
sechsgliedrigen Systems, die mit der genannten mütterlichen . 
Masse wohl Nephelin sind, und kleine Säulchen oder Tafeln 
eines schwarzen Augites, nach den von mir gemessenen Säu- 
lenwinkeln zu schliessen, hineinragen. Auf diesen Mineralien 
sitzen wiederum mikroskopisch kleine, dunkel honigbraune und 
selbe Krystalle, wie es scheint Granato@der, also wohl Gra- 
naten. Mitien zwischen den Augitlamellen der Hauptmasse be- 
finden sich honiggelbe, bis 1 Linie grosse Körnchen eines Mi- 
nerals, das wie Titanit aussieht, aber auch Granat oder. Meli- 
lith sein kann, obwohl es heller ist als die Granaten in den 
beschriebenen Nephelindrusen. Ganz ähnliche Concretionen 
liegen in der Sammlung auch vom Romerberge bei Gillenfeld 
in der Eifel, 


339 


Welcher Varietät, und ob einer der vorhin genannten, 
diese grünen Augite angehören, können nur chemische Analy- 
sen entscheiden; vermuthlich sind sie identisch mit dem soge- 
nannten Porricin. Dieses meines Wissens „als sogenannter 
Porriein* zuerst von Herrn SAnnpBERGER (Jahrbuch für Minera- 
logie 1845, S. 140) in die Literatur eingeführte Mineral bildet 
in den porösen Laven der Eifel und des Laacher-See-Gebietes, 
vorzüglich in denen von Mayen und Niedermendig, die niedlich-. 
sten nadelförmigen, oft haarfeinen, flächenreichen, spiegelnden, 
grünen bis grünschwarzen, oft bunt angelaufenen, in die Poren 
hineinragenden Krystalle oder Haufwerke von denselben, aus 
denen einzelne Nadeln oft bis zur gegenüberliegenden Porenwand 
herausschiessen. An diesen Nadeln sitzen wieder Kryställchen 
derselben Substanz und bilden so gleichsam Knoten an den 
feinen Haaren. Nach den Winkelmessungen dieser feinen Säul- 
chen, die Herr vom RartH angestellt und ich wiederholt habe, 
sind dieselben Augit, für welchen sie schon die Herren von 
DEcHEN, SANDBERGER, HAIDINGER u. A. angesprochen haben, 
während noch Andere sie für Epidot oder Pistazit gehalten 
haben. Die schönsten Porrieine finden sich in den grösseren 
Poren, welche zugleich ein Stuck Quarz oder Sanidin einge- 
schlossen haben. Sie sind kein sekundäres oder sogenanntes 
Drusenmineral, sondern eine Ausscheidung der Lavamasse in 
die Poren, genau so wie die Nepheline, Melilithe, Leueite u. s.w.; 
das sieht man an jeder Porenwand und daran, dass sie mit 
Nephelin Concretionsmassen bilden, welche die Porenwand oft 
 umhüllen oder gar Kammerwände in den grossen Poren bil- 
den; aus dieser Concretion entwickeln sich in die Poren hinein 
sowohl Nephelinkrystalle, als Porrieinnadeln. 

Ob dieser Porricin gemeiner schwarzer Augit ist, der nur’ 
wegen der feinen Vertheilung in so dunne Nädelchen grün er- 
scheint, oder einer andern Varietät entspricht, wird man aus 
Mangel ‘an Material zu einer Analyse sobald noch nicht ent- 
scheiden können. 

Die übrigen oben genannten Gemengmineralien, die meist 
sehr selten auftreten, haben deshalb ein sehr bedingtes, mehr 
mineralogisches als petrographisches Interesse, und unsere 
Sammlung erzählt von ihnen nichts Neues; ich lasse sie des- 
halb unberührt. | 

Dass sich in einem Silikate, dessen chemische Zusammen- 


22* 


340 


setzung quantitativ und qualitativ so sehr verschieden sein 
kann, und das bald diesen, bald jenen seltenen Stoff (z. B. Zir- 
kon, Chlor, Schwefelsäure u. s. w.) noch dazu aufnehmen 
musste, neben den wesentlichen Gemengmineralien seltenere 
sporadisch bilden mussten, ist ein natürlicher Zwang in Folge 
der chemischen Anziehung der Elemente und deren Bestreben, 
individualisirte und krystallisirende Körper, d. h. Mineralien, zu 
bilden. Ein Beispiel möge genugen zur Erklärung. War in 
dem flüssigen Silikate an einem Punkte mehr Thonerde, als die 
thonerdehaltigen Mineralien brauchten, so bildeten sich thon- 
erdehaltige Augite hier, während anderswo thonerdefreie oder 
thonerdearme; bei noch grösserem Ueberschuss von Thonerde 
bildete dieser den Sapphir; oder umgekehrt, hatte in irgend einem 
Basaltteige aus irgend welcher Laune die Thonerde Lust, 
Ausscheidungen von Sapphir zu bilden, dann mussten in dessen 
Nähe manche Mineralien thonerdearm werden, z. B. die Augite. 

Mag auch noch auf diesen Wegen dieses oder jenes Mi- 
neral als seltener Gemengtheil der Basalte beobachtet werden, 
- so werden doch die häufigeren und wesentlichen Gemengmine- 
ralien im Obigen namhaft gemacht worden sein; es fragt sich 
nur noch, welche von den genannten ‘Mineralien wesentliche 
Gemengtheile sind. Die Beantwortung dieser Frage muss sehr - 
‚subjectiv ausfallen; nach meiner Ansicht sind als solche anzu- 
sehen: Augit, Nephelin, Labrador, Olivin, Magneteisen, Leueit. 
und Melilith. 

Durch das Vorherrschen oder Zurücktreten bald dieses, 
bald jenes Gemengminerals entstehen in der Familie der Ba- 
salte gewisse Reihen, die verschiedenen äusseren Habitus be- 
sitzen und deshalb auch verschiedene Namen erhalten haben. 
So findet man in den bisher vorzugsweise Basalt genannten 
Gesteinen einen grossen Reichthum an Olivin, der in den so- 
genannten Doleriten sehr zurücktritt. In diesem Herrschen und 
gleichzeitigem Verschwinden fällt uns eine grosse Regelmässig- 
keit auf; ein Mineral verdrängt immer dasselbe andere, welches 
ihm mineralogisch nahesteht. In dieser Wechselbeziehung fin- 
den sich ganz besonders Labrador und Nephelin, und unter 
allen Reihen hat diese sogenannte Labrador-Nephelinreihe aus 
mancherlei Gründen für uns das grösste Interesse, | 

Sie scheint nämlich die einzige mit zwei wahren Endglie- 
dern, mit reinem Nephelin- und reinem Labrador-Basalt zu 


341 


sein, welche, wie oben bewiesen, durch eine Scala von Mittel- 
‚gesteinen verbunden sind. Das Vorhandensein der letzteren 
leugnet Herr Roru und nennt das erstere Endglied Basalt, das 
letztere Dolerit und glaubt nur in diesem Sinne den alten 
Namen Dolerit: beibehalten zu durfen. Durch meinen Nachweis 
des Ueberganges dieser beiden Endglieder muss also der Be- 
griff Dolerit, und folglich auch Anamesit, fallen gelassen wer- 
den; denn es-ist ein petrographischer Unsinn, ein Gestein von 
gleicher mineralogischer und chemischer Zusammensetzung, von 
gleichem Alter, :gleicher Lagerungs- und Eruptionsart mit zwei 
oder mehr Namen belegen zu wollen, einzig und allein aus 
dem Grunde, weil dieses Gestein durch langsamere oder schnel- 
lere Erkaltung bald gröber, bald feiner krystallinisch erstarrt 
ist; fragen wir doch nicht beim Granite, bevor wir ihn taufen, 
wie „grob das Gefüge sei; deshalb können und müssen nach 
meiner Ueberzeugung die Namen Dolerit, Anamesit, Nephelinit, 

“ Nephilindolerit aus der wissenschaftlichen Nomenklatur ent- 
fernt werden; der Name Basalt bezeichnet alle Gesteine sehr 
gut und hat Prioritätsrechte. 


x 


3. Eiuschlüsse in den niederrheinischen Laven. 


Wesentlich verschieden und bei einiger Uebung immer mit 
Sicherheit unterscheidbar von den genannten Üoncretionen aus 
der Lavamasse sind die Einschlüsse fremder vulkanischer und 
nichtvulkanischer Gesteine und Mineralien in der Lava. Dass 
vulkanische und plutonische Gesteine, erstere aber mehr als 
‚letztere, Bruchstücke von den Gesteinen umschlossen und an 
die Erdoberfläche gebracht haben, welche sie bei ihrer Eruption 
‚durchbrechen mussten, um selbst aus dem Erdinneren an deren 
Oberfläche zu gelangen, und’ dass sie vermöge ihrer Hitze, ihres 
Flüssigkeitszustandes und ihrer chemischen Zusammensetzung 
_ diese Einschlusse mehr oder weniger chemisch und physikalisch 
verändern, metamorphosiren können — nicht mussen —, ist 
ein altes Lied, aus dessen erster Strophe folgt, dass alle Ein- 
schlussgesteine in grösserer oder kleinerer Nähe vom vulkani- 
schen Eruptionspunkte, sei es zu Tage oder unterirdisch, an- 
stehen müssen. So liefern uns manchmal Eruptivgesteine ein 
erweiterteres, geognostisches Bild einer Gegend im Vergleich zu 
dem, welches wir an’der Erdoberfläche oder durch Steinbruchs- 
und Grubenbetrieb erlangen können; denn der sogenannte vul- 


342 


kanische Herd liegt tiefer, als der jetzige und zukünftige Berg- 
mann zu erteufen vermag. | | 

Was alle Vulkane uns bieten, gewähren uns die nieder- 
rheinischen in Hülle und Fülle. 

Das zu Tage gekannte Grundgebirge der jet sind be- 
kanntlich am Laacher-See die unterdevonischen Sandsteine und 
_ Thonschiefer, Tertiärschichten und die alten Basalte mit man- 
chen Leucit-Nosean-Gesteinen, abgesehen vom älteren Diluvium; 
dagegen in der Eifel dasselbe Unterdevon, der mitteldevonische 
Kalkstein, etwas Oberdevon, der bunte Sandstein und die alten 
Basalte, Trachyte und Phonolithe; Tertiär und Diluvium errei- 
chen nicht diese Meereshöhe. 

In den Laven erwarten und finden wir Bruchstücke von 
diesen Gesteinen, daneben aber noch besonders an der Vul- 
kangruppe des Laacher-Sees Einschlusse von Granit und Gneis, 
welche den Beweis, den uns der Hunsrück liefert, noch ver- 
stärken, dass das rheinische Devon auf Granit und Gneis auf- 
liegt, und zwar nicht bloss lokal, sondern zum grossen Theile; 
denn die übrigen rheinischen Basalte, besonders der des Mende- 
berges bei Linz, haben ebenfalls Bruchstücke von Granit aus 
der Tiefe zu Tage gefördert; anstehend unter dem rheinischen 
Devon kennt man nur Granit- und Gneiss-Gesteine im Huns- 
ruck und dem entsprechenden Taunus. 

Ganz besonders den Einschlüssen dieser Gesteine und 
deren Metamorphosirung durch die Laven sollen die folgenden 
Zeilen gewidmet sein. 

1. Die Einschlusse von Devongesteinen, Thonschiefer, 
Grauwacke, Quarz — die Kalke scheinen von dem Lavasilikat- 
teige ganz assimilirt zu sein — sind besonders schön bekannt 
von Bertrich, Boos und dem Roderberge bei Rolandseck am 
Rheine, sowie mehrfach bearbeitet und beschrieben. Theils 
sind diese Gesteine unverändert geblieben, theils sind sie durch- 
glüht und dadurch eigenthümlich abgesondert worden, wie der 
bunte Sandstein der Rhön, theils gefrittet und gesintert, theils 
an der Oberfläche emailirt, schwerlich oder weniger durch 
Schmelzung ihrer eignen Substanz als durch Zusammenschmel- 
zung dieser sauren mit der weniger sauren der Lava. Dabei 
rissen die Einschlusse vielfach, die Oberflächen der Berstun- 
gen wurden ebenfalls emailirt, und die Schlacken- oder Lava- 
masse drang in die Risse ein. Diese Emailrinde ist papier- 


343 


dunn, bis 1 Linie stark, manchmal tropfenartig zusammenge- 
flossen, homogen oder blasig, farblos oder hellgelb, grünviolett 
u.s.w. und ganz zersprungen, wohl nicht durch plötzliche Ab- 
kühlung, Abschreckung, sondern vermöge des verschiedenen 
Ausdehnungs- und Zusammenziehungscoefficienten des Glases 
und der umhüllten Substanz. | 

Von vielen Schiefereinschlüssen in der Lava von Mayen 
und Niedermendig, die bekanntlich auf tertiärem Thon auflie- 
gen, kann man nicht sagen, ob sie aus dem Devon stammen 
oder Stücke dieses Thones sind; sie sind röthlich oder gelblich, 
meist aber grau, vollkommen geschmolzen und porös und glei- 
chen genau der geschmolzenen Ziegelsteinmasse. Dei der 
"Schmelzung sind sie wie ein Buch aufgeblättert worden, und 
zwischen die Blätter, die der früheren Schichtung zu entspre- 
chen scheinen, ist die poröse Lava eingedrungen. 

Aus dem rheinischen Devon stammen auch ohne Zweifel 
viele der eingeschlossenen Quarzstücke in den Laven, aber nicht 
alle, wie ich gleich beweisen werde; ebenso aus einem zu 
Tage unbekannten Kupfererzgange das von Herrn v. DEcHen (diese 
Zeitschrift Bd. XVII., 1865, 8. 124) erwähnte Quarzstück mit 
Kupferglanz, Buntkupfererz und Kieselkupfer in der Lava von 
Mayen. Einen ganz analogen Ursprung muss ich einem Ein- 
schlusse von einem Gemenge von Magneteisen mit Quarz in 
der Lava von Mayen aus der MırschHerLic#’schen Sammlung 
zuschreiben. Das derbe, grauschwarze, metall- bis graphit- 
glänzende, im Bruch muschelige, bunt angelaufene Magneteisen 
ist durchzogen von farblosem, durchsichtigem, ganz bröckligem 
Quarze. Das Ganze sieht aus wie ein zu Magneteisen meta- 
morphosirter Spatheisenstein mit Quarzschnuren aus einem 
Eisensteingange des rheinischen Devons. Eine Ausscheidung, 
wie sonst die von Magneteisen in den Laven ist es nicht we- 
gen des durchwachsenen Quarzes. Dass aus Spatheisenstein 
durch Einwirkung von der Hitze vulkanischer Massen Magnet- 
eisen entsteht, lehrt bei Siegen die Grube „Alte Birke“, wo 
ein Spatheisensttingang und ein Basaltgang sich mehrfach um- 
schlingen und an den Contactstellen der Eisenstein zum Magnet- 
eisen umgewandelt ist. (Vergl. KARSTEN und v. DEcHEn’s Archiv 
Bd. XXIl., 1848, S. 103 ff.) 

2. VonGraniteinschlüssen besitzt unsere Sammlung durch 
MITSCHERLICH eine reiche Suite; sie stammen fast ausschliess- 


_ 


344 


* 
- 


lich aus den Laven von Mendig und Mayen am: Laacher-See. 
Diese ganz kleinen bis kopfgrossen Einschlusse eines grob- bis 
sanz feinkörnigen, sehr verschiedenartig aussehenden Granites 
bestehen aus farblosem, durchsichtigem, auch bläulichem und 
röthlichem, splitterigem, sehr zersprungenem Quarz mit Speck- 
glanz, aus weissem, oft aber noch ganz glasigem Orthoklas (vergl. 
v. Decuzn geognost. Führer zum Laacher-See $. 86), der sehr 
gegen den Oligoklas zurücktritt, aus weissem, oft auch noch 
glasigem Oligoklas, der weniger zersprungen als der Orthoklas 
ist, und auf dessen grossen Spaltungsflächen die Zwillingsstrei- 
fung. mit blossem Auge deutlich sichtbar ist, und aus schwar- 
-zem Magnesiaglimmer. Dass der gestreifte Feldspath Oligoklas 
ist, beweist eine Kieselsäurebestimmung desselben von mir; er 
enthält 62,5 pCt. Kieselsäure, stimmt also mit dem Oligoklas 
überein, den Herr Fouqus (v. Decuen 1. c. S. 87) als losen 
Auswürfling am Laacher-See gefunden und analysirt hat. Der 
Gehalt dieser Granite an Glimmer ist sehr ungleich; in man- 
chen Stücken ist er ungemein häufig, in manchen sucht man 
ihn vergeblich. 

Selten sind diese Granite von der Hitze der Lava unbe- 
rührt geblieben; am meisten ist der schmelzbare, eisenhaltige 
Glimmer verändert worden. In Einschlussen, in denen er ein 
häufiger Gemengtheil ist, bildet er oft, sei es durch Hitze oder 
‘oxydirende Tagewasser, ein rothes, erdiges Pulver, wie in den 
Porphyren vom Sandfelsen bei Halle (diese Zeitschrift Bd. XV. 
S. 395) von der Form des Glimmers. Meist ist er -aber ganz 
oder theilweise geschmolzen, wohl nach seinem Eisengehalte 
bald zu einem magnetischen, bald zu einem nicht magnetischen, 
braunen oder schwarzen Glase, welches zu einer unregelmässi- 
gen Masse oder Kugel an einer Seite des alten Glimmerrau- 
mes contrahirt ist. Da der geschmolzene Glimmer weniger 
Raum einnimmt als der krystallisirte, oder da er durch Sprünge 
ganz aus dem Granite ausgeflossen sein kann, wird der Granit 
durch das Schmelzen des. Glimmers porös. Diese Poren ent- 
halten ausser dem Glase noch bei diesem Schmelzprocesse ge- 
bildete kleine Magneteisenkrystalle, ein gelbes Zersetzungs- (?) 
oder Schmelzprodukt und feine, grüne Nädelchen, die dem 
Porricin gleichen. 

Der Quarz dieser Granite ist unverändert geblieben, nur 
wie die Feldspathe durch die Hitze zersprengt worden und mit 


345 


Sn 


dem aus Glimmer entstandenen Email bezogen, auf welchem 
sich die Porriein-ähnlichen Nädelchen wiederfinden. Die Feld- 
spathe dagegen sind in der Nähe der Lava, die durch Sprünge 
oft tief in das Innere der Einschlüsse gedrungen ist, gefrittet, 
d. h. an der Oberfläche zu einem farblosen oder grünlichen . 
Email geschmolzen. 


Einzelne Theile des Einschlusses sind beim Umhüllen los- 
gerissen worden und liegen als Separateinschlusse (Trabanten) 
in der Lava um den Muttereinschluss. Werden hierbei die 
verschiedenen Gemengmineralien von einander getrennt, was 
bei den grobkrystallinischen Graniten leichter möglich und sicht- 
bar ist, so entstehen die Einschlüsse von Quarz, Orthoklas 
und Oligoklas, über deren wahre Natur man leicht zweifelhaft 
sein kann. So hält man den Quarz leicht für devonischen 
Ursprungs, obwohl sich dem geubten Auge beide Quarze an 
ihren optischen Verschiedenheiten unterscheiden; ferner hält 
man den Orthoklas- und Oligoklaseinschluss gerade bei ihrem 
noch glasigen Zustande gar gern für eine Ausscheidung von 
Sanidin oder Labrador aus der Lava. Aus ‚diesem Irrthume 
entreisst dann meist entweder noch an dem Feldspath haf- 
tender Quarz oder Glimmer mit seinen Schmelzprodukten 
oder eine deutlich den Einschluss charakterisirende Umhüllungs- 
art der Lava oder im Nothfalle, wie es beim Oligoklas mir 
zuerst erging, eine quantitative Kieselsäurebestimmung. 


Die Lava schliesst meist dicht an den Einschluss an, ist 
aber auch oft von ihm abstehend, und dann ist diese Druse, wie 
die der Laven, mit Nephelin, Porricin und Leucit bewandet. 


Die Feldspathe in den Graniten sind meist, soweit sie 
nicht als Einschlüsse der Verwitterung ausgesetzt waren, noch 
ganz frisch und, wie gesagt, meist so glasig wie der vulkanische 
Sanidin, wie Herr v. DEcHEn (geogn. Führer zum Laacher-See 
S.86) bestätigt; ein schlagender Beweis für meine früher aus- 
gesprochene Vermuthung und Behauptung, der Orthoklas aller 
plutonischen Gesteine sei früher glasig oder Sanidin gewesen, 
ehe der letztere durch beginnende Verwitterung in den erste- 
ren, den wir jetzt meist beobachten, übergefuhrt sei (diese 
Zeitschrift Bd. XVI., 1864, S. 395). Ein Beweis, den neuer- 
dings Herr ZırkEL von mir verlangt hat. 


Bis zu der Tiefe, in der vor der Eruption diese einge- 


7 


346 i 


schlossenen Granite anstanden, konnten die Atmosphärilien - 
nicht gelangen; die Granite mussten also ihren primären Zu- 
stand bewahren, bis sie durch die Lava den atmosphärischen 
Einflüssen ausgesetzt wurden. Da dieses fast gleichzeitig mit 
der Bildung des bisher ausschliesslich Sanidin genannten Feld- 
spathes erfolgte, sind der Orthoklas dieser Granite und der 
Sanidin der vulkanischen Produkte gar nicht. verschieden. 
Ebenso bestätigt sich meine andere frühere Behauptung, aller 
Oligoklas, kurz alle Feldspathe seien ursprünglich glasig ge- 
wesen. 

4. Das von den Graniteinschlüssen Gesagte gilt auch in 
allen Beziehungen von den Gneiseinschlüssen, nur zeigen diese 
die metamorphischen Zustände des Glimmers schöner, weil sie 
reicher an diesem Minerale zu sein pflegen, und weil dasselbe 
nicht in einzelnen Krystallen zwischen den übrigen Gemeng- 
theilen sich zerstreut findet, sondern bekanntlich ganze Lagen 
und Flasern bildet. Ob diese Bruchstücke wahrem Gneise ent- 
stammen oder doch Granit sind, lasse ich dahin gestellt; ich 
nenne alle Einschlüsse mit parallel lamellarer Anordnung des 
Glimmers zwischen Quarz, Orthoklas und Oligoklas Gneis. 
Noch weit schwieriger als die Unterscheidung von unveränder- 
tem Gneis und Granit in Handstücken ist die dieser theilweise 
geschmolzenen Einschlüsse. Es ist ja auch im Grunde ganz 
gleich, ob diese Eiuschlüsse dieses oder jenes Gestein sind, 
geht doch überall der Granit in Gneis und umgekehrt über 
(Schwarzwald). ? 

Ein sehr interessanter Einschluss unserer Sammlung aus 
der MırTscHerLicH’schen bestand vor der Umhullung von Lava 
aus + bis 1 Linien dicken Stängeln von einem Gemenge von 

Quarz, Orthoklas und Oligoklas, indem der Quarz wieder lin- 
 senartige Lagen bildete. Um diese Stängel wanden sich sehr 
regelmässig im ganzen Handstüucke ; bis „ Mm. dicke Lagen 
von Glimmer (vermuthlich schwarzer, eisenreicher Magnesia- 
glimmer). Durch die Hitze der Lava ist nun der Quarz feit- 
glänzend und durchsichtig geblieben, aber ganz zersprungen 
wie rasch abgekühltes Glas; der Orthoklas und Oligoklas sind 
“nicht mehr zu unterscheiden und vielfach an der Oberfläche 
geschmolzen. Der Glimmer ist vollkommen geschmolzen zu 
einem gelblichweissen Email, das die Wände des früheren 
Glimmerraumes, den es nur zum kleineren Theile erfüllt, be- 


347 


deckt; Glasfäden verbinden häufig diese verglasten Wände, wo- 
durch das Gestein im Querbruche (senkrecht durch die Rich- 
tung gedachter Stängelchen) genau das Aussehen des bekannten 
Pleurodictyum problematicum erhält. Wo die Glimmerlamellen 
dieker als oben genannt waren, befindet sich das Email in 
grösseren, nierenförmigen Anhäufungen mit silber- oder asch- 
grauer Farbe. 

In einzelnen, bis erbsengrossen Hohlräumen, die manchmal, 
perlschnurartig an einander gereihet, parallel den früheren Glim- 
merlagen liegen, befinden sich einzelne oder zusammengereihete, 
grössere und kleinere, schwarze, magnetische Kugeln, deren 
Oberfläche mit rabenschwarzen, diamantartig glänzenden Kry- 
stallen (reguläre Octaöder und sechsseitige Tafeln) bedeckt ist; 
diese sind Magneteisen und Eisenglanz. Zieht man aus diesen 
Kugeln mit Salzsäure diese Mineralien aus, so bleibt eine Ku- 
gel zurück, die aussen aus einem gelblichgrauen, durchsichtigen, 
unlöslichen Email besteht und im Kerne ans einem röthlichen 
Minerale mit muscheligem Bruche, ohne Zweifel das unverän- 
derte Mineral, aus dem in der Hitze das Email und die Eisen- 
mineralien entstanden sind. Nach dem frischen Kerne dieser 
Kugeln, nach der Form der Hohlräume, in denen sich jene 
jetzt befinden, und welche früher von dem unveränderten Mine- 
rale ausgefüllt wurden, ist letzteres ohne Zweifel Granat ge- 
wesen, der im Gneis so häufig ist, und den man auch in den 
unveränderten Gneisauswürflingen des benachbarten Laacher- 
Sees beobachtet hat. | 
\ Ich habe somit im Obigen behauptet, dass in den von 
heisser Lava umhüllten Gneis- und Graniteinschlüssen (wir 
werden dasselbe auch gleich beim eingeschlossenen Trachyt 
wiederfinden) die eisenreichen Singulosilikate der Glimmer und 
der Granat* in der Hitze bei mehr oder weniger Zutritt von 
Luft und Wasserdämpfen zerlegt werden in freies Eisenoxyd 
oder Eisenoxyduloxyd, die dabei auskrystallisiren zu Eisenglanz 
und Magneteisen und in ein eisenfreies (oder eisenarmes) 
saueres Silikat von Thonerde und Monoxyden, welches zu einem 
Glase zusammenschmilzt. 

Widerspricht das nicht den Grundsätzen der Chemie und 
anderen Beobachtungen ? 

Nein, im Gegentheile; ich habe früher (Journal eh prak- 
tische Chemie Bd. XCIV. S.18 ff.) durch Versuche nachgewie- 


348 


sen, dass sich bei Luftzutritt schon in der Rothgluht ein eisen- 
oxydulhaltiges Silikat zerlegt in freies Eisenoxyd und ein kie- 
selsäurereicheres Silikat oder ein Gemenge des Silikates mit 
freier Kieselsaure. Konnte man bei diesem Versuche den Luft- 
zutritt, die Dauer und Intensität der Erhitzung, kurz alle Um- 
stände so reguliren, wie sie bei der Umhüllung der Gneis- und 
Granitfragmente von der Lava ‚stattgefunden haben, so könnte 
man wohl aus dem kieselsauren Eisenoxydul Eisenoxyduloxyd 
frei machen, dasselbe oder das freie Eisenoxyd durch Schmel- 
zung oder Sublimation zum Krystallisiren, sowie das zurück- 
bleibende Silikat durch Schmelzen zu einem Email bringen, wie 
es die Natur in den beschriebenen Einschlüssen gethan hat. 

Wollte man annehmen, die Krystalle von Magneteisen 
(Eisenglanz) wären vom ursprünglichen Glimmer und Granat 
eingeschlossen gewesen, wie die in den Augiten und Hornblen- 
den der vulkanischen Gesteine, und wären erst beim Schmel- 
zen dieser Mineralien sichtbar. an die Oberfläche getreten, so 
müssten die unveränderten Glimmer magnetisch sein wie die 
Augite und -Hornblenden, was nicht der Fall ist. Hierdurch 
erklärt es sich auch, weshalb die metamorphosirten Glimmer 
bald magnetische, bald nicht magnetische Gläser geworden sind; 
bei den ersteren hat sich der Eisengehalt vorzüglich in Magnet- 
eisen umgesetzt, bei letzteren in Eisenglanz. 

Ganz dieselben umgeänderten Graniteinschlusse kennt man 
schon durch Herrn G. Rose vom Xorullo, noch bekannter sind 
die in den Lavastromen der Auvergne, die über Granit ge- 
flossen sind. | 

5. Die Trachyteinschlusse in den Laven und Schlacken 
der Eifel sind besonders bekannt geworden durch die mehrfach 
genannten Arbeiten MITscHERLIcH’s und des Herrn Rora. 

Die von der Grösse der Einschlüusse und dem Hitzgrade 
der Lava abhängende Veränderung dieser Trachyte schwankt 
zwischen zwei Modifikationen, abgesehen davon, dass auch 
viele Einschlüsse ganz unverändert geblieben sind. 

a. Die eisenreichen, kieseisäureärmeren Silikate, Aueit, 
Hornblende und Glimmer, sind zu einem blasigen, bouteillen- 
grünen Glase, besonders am Rande der Einschlüsse, geschmol-. 
zen und an gewissen Stellen, besonders in den Klüften, zu- 
sammengeflossen; dadurch ist der Trachyt rissig oder sogar 


349 
bimssteinartig porös geworden. Die Feldspathe sind dagegen 
nur rissig geworden und durchtränkt vom Email. 

‘b. Der. Feldspath. und vielleicht auch ein Theil der umge- 
benden Lava haben sich an der Schmelzung und Bildung des 
grünen Glases betheiligt; in diesem Falle sind die Einschlüsse 
mit einer dicken, theils homogenen, theils blasigen Rinde von 
diesem Glase umgeben oder ganz dazu umgeschmolzen, falls die 
Einschlüsse nicht grösser als Wallnusse waren. 

Einen Theil dieses grünen Glases erklärt sich Herr RorH 
(1. c. S. 29) entstanden durch wiederholtes Schmelzen der aus 
der Lava auskrystallisirten Augite. Das glaube ich nicht, da 
man das Glas nur mit den Trachyteinschlüssen in engster 
Verbindung findet; auch kann ich mir keinen klaren Begriff 
davon machen, wie der zuerst aus der Lava erstarrte Augit 
in derselben Lava wieder zum Fluss hätte kommen können, 
ohne wieder beim späteren Erkalten in die fruhere Krystallisa- 
tion zu treten. 

Solche Trachyteinschlüusse findet man am häufigsten in 
den Laven von Bertrich, Mosenberg, Hohenfels und Papenkaule. 

In den Laven von Mayen und Mendig finden sich Ein- 
schlüsse, die den dortigen von Granit und Gneis sehr ähnlich 
sind, in denen man aber keinen Quarz als Gemengtheil er- 
blicken kann, wohl aber Orthoklas und Oligoklas neben den 
veränderten Glimmern; ich glaubte sie deshalb für Trachyt- 
einschlüsse, analog denen der Eifel, halten zu mussen. Die aus 
eisenreichen Silikaten entstandenen Krystalle von Magneteisen 
und. Eisenglanz auf dem Email beobachtet man noch besser 
als bei dem Gneis und Granit; in einem Handstucke sieht man 
z. B. einen sehr schönen buntangelaufenen Eisenglanzkrystall 
mit zwei Rhomboedern und der Endfläche. 

6. Die häufigen Quarzeinschlüsse, vorzüglich in den La- 
ven von Mayen und Mendig, stammen entweder aus den vielen 
Gängen von milchweissem Quarz in dem Devon oder aus dem 
Granite. Immer sind sie ganz zersprungen wie abgeschrecktes 
Glas und deshalb, weil man seine Härte nicht prüfen kann, 
sehr schwer von ebenso zersprungenem Sanidin zu unterschei- 
den, da derselbe die Spaltbarkeit sehr eingebusst hat. Die 
Quarzeinschlüsse sind entweder milchweiss, undurchsichtig 
oder glasig und farblos; erstere sind die aus den 'Quarzgän- 
gen, letztere Gemengtheile des Granites, was dadurch bewie- 


350 


sen wird, dass an diesen häufig noch Stückchen der drei an- 
deren Granitbestandtheile hangen geblieben sind. 

| Meist liegen diese Einschlüsse in grossen: Gesteinsporen 
und haften nur an wenigen Punkten fest an der Lava. Die 
Wände dieser Poren scheinen vorzugsweise, wohl wegen deren 
Grösse, der Lieblingsaufenthalt von auskrystallisirtem Porriein 
und Nephelin zu sein, die sich sogar auf der Oberfläche und 
den Sprüngen des Quarzeinschlusses befinden. 

Herr Roru und MıTscHErRLIicH sagen (l. c. S. 29) der Quarz 
in diesen Laven sei nie geschmolzen, und doch besitzt die 
Sammlung einen Quarzeiuschluss, dessen Oberfläche ganz rund 
geschmolzen ist, wie die Grauwackeneinschlüsse von Boos und 
Roderberg, abgesehen von mehreren Handstücken, in denen 
der eingeschlossene Quarz an der Oberfläche deutlich ge- 
frittet ist. Ob die Lava wirklich so heiss gewesen ist, um 
den so gar strengflüssigen Quarz an der Oberfläche zum Schmel- 
zen zu bringen, oder ob der Quarz mit einem ihn berührenden 
Gemengtheile der Lava oder mit dieser selber ein Silikatglas 
gebildet hat, das den Quarz gerundet und umflossen hat, lasse 
ich dahingestellt. Man. sieht nur uber dem Quarze einen dun- 
nen, farblosen oder selten gelblichen, quarzharten Glasuberzug - 
mit dem Farbenschein des Edelopals. 

Abgesehen von der für die Geognosie so überaus wichti- 
gen Frage, ob die Hitze der Basaltlaven den Quarz an der 
Oberfläche zum Fluss bringen kann, widerlegen schon die an- 
deren Mittheilungen über die Einschlusse in den niederrheini- 
schen Laven die Behauptung des Herrn Fuchs (d. vulk. Ersch. 
d. Erde S. 238 f.): „die Temperatur der Laven dürfte uber- 
haupt nicht so hoch sein, wie man gewöhnlich anzunehmen. 
geneigt ist. Darum ist auch eine Schmelzung nicht vulkani- 
scher Massen eine Seltenheit. A. v. HumsoLpr berichtet zwar 
von einem Falle, wo in einer Lava Stücke von Granit vor- 
kommen, in welchen theilweise der Glimmer und Feldspath 
zusammengeschmolzen sind. Diese Thatsache ist noch immer 
eine vereinzelte Erscheinung.“ 


4, Auswürflinge des Laacher-Sees. 


Die unter dem Lokalnamen „Lesesteine* bekannten Aus- 
würflinge des Laacher-Sees sind vielfach in der Literatur be- 


351 


sprochen worden, aber noch lange nicht erschöpfend; denn die 
mineralogische Kenntniss beschränkt sich auf einige sehr in- 
teressante Arbeiten des Herrn vom Rar# ausser den älteren 
von’ Herrn SANDBERGER und NÖGGERATH; die chemische Unter- 
suchung hat sich auch wenig auf diese vulkanischen Produkte 
erstreckt, und die Petrographie hat diese sporadischen Gebilde 
ebenfalls sehr stiefmütterlich behandelt. Keins dieser drei Fel- 
der kann ich hier erschöpfend behandeln, jedes erheischte grosse 
und lange Untersuchungen und mehr Zeit und Raum, als mir 
augenblicklich vergönnt sind. Die folgenden Zeilen sollen nur 
einen kleinen Beitrag zur Petrographie dieser vulkanischen Ge- 
bilde liefern. 

Herr v. DEcHEN unterscheidet wesentlich zwei Arten von 
Auswurflingen: die „Sanidin-Gesteine* und die „Laacher-Tra- 
chyte“. Ich werde vorläufig diese Trennung beibehalten und 
so die Auswurflinge besprechen, aber gleichzeitig dabei zu be- 
weisen suchen, dass beide Bildungen nur Erstarrungs-Modifi- 
kationen derselben Substanz und Masse sind, etwa wie Granit 
und Porphyr, nur mit dem Unterschiede, dass diese verschie- 
denen Alters sind, jene dagegen vollkommen gleichzeitige Ge- 
bilde; denn sie gehen ineinander über und beide wiederum in 
Bimsstein, wenngleich der Trächyt mehr als das Sanidingestein, 
und jener umhuüllt sehr oft nach Art der Bombenbildung dieses. 

Diese Nachweisung dürfte uns dann wohl zwingen, die 
Zweitheilung des Herrn v. DecHen wieder fallen zu lassen, 
um so mehr, da man beim Namen, Trachyt“ und „Gestein“ mehr 
an grössere anstehende Massen zu denken gewohnt ist als an 
sporadische, höchstens kopfgrosse, lose Vorkommnisse, Aus- 
würflinge. 

a. Die Sanidingesteine. 

Die in denselben bisher bekannt gewordenen Mineralien 
hat Herr v. Decuen (geogn. Führer zum Laacher-See S. 84) 
zusammengestellt. Von diesen 24 Mineralien sind als häufig 
und mehr oder weniger wesentlich zu bezeichnen: Sanidin, 
Augit, Hornblende, Magneteisen, Titanit, Apatit, Magnesia- 
glimmer, Olivin, Nosean, Leueit, Dichroit, Granat, Hauyn, 
‚welche nach den in unserer Sammlung befindlichen Handstücken 
in folgenden Combinationen sich gruppiren: 


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Diese Mineralgemenge bilden sehr fein- bis sehr grobkör- 
nige, krystallinische, theils geschlossene, aber meist mürbe, 
bröcklige, theils löcherige, drusige, poröse und selbst bims- 
steinartige, kleine bis über kopfgrosse Massen mit der bekann- 
ten Auswürflings-Gestalt und Oberfläche. Die Krystalle, be- 
sonders der Feldspath und Hauyn, sind ganz zersprungen, zer- 
brochen, bröcklig, an den Kanten abgerundet und zerstossen, und 
zwar um so mehr, je poröser das Gefüge wird, also am meisten 
beim Bimsstein. In die Drusen und Höhlungen, die mit der Grob- 
heit des Gemenges an Unregelmässigkeit zunehmen, ragen die 
_ Gemengmineralien, besonders die selteneren, in der Tabelle nicht 
‚aufgeführten, in zierlichen Krystallen hinein, die zum Theil 
Herr vom RATH monographirt hat. Durch grössere ausgeschie- 
dene Krystalle bald dieses, bald jenes Minerals in der körni- 
gen Masse bekommen die Auswürflinge das Ansehen des 
porphyrartigen Granites. Wird in solchen Fällen die Haupt- 
masse immer feinkörniger, womit gleichzeitig ein Schaumig- 
werden verbunden ist, so erhält man die mannichfachen Ueber- 
gänge dieses Sanidingesteins in den Laacher-Trachyt. Diese 
Uebergänge entwickeln sich häufig in demselben Auswürfling 
vom Kerne zum Rande, so dass die Sanidingesteine mit einer 
Hülle von Laacher-Trachyt umgeben zu sein scheinen, beson- 
ders wenn der Uebergang nicht sichtbar, sondern der Gesteins- 
wechsel plötzlich ist. 

Den Uebergang aus geschlossenen Sanidingesteinen in 
Bimsstein kann man leicht an einer Suite von Auswürflingen 
nachweisen; er erfolgt sowohl direkt, als indirekt durch den 
Laacher-Trachyt. Dass diese schaumigen Sanidingesteine meist 
feinkörnig sind, liegt in der Natur der Bildungsart. Recht 
interessant ist an vielen Auswürflingen die schichtenweise oder 
gneisartige Anordnung der Gemengmineralien, indem sich der 
blätterige Glimmer, Augit und Hornblende in gewissen, nahe- 
zu parallelen Lagen anreichern und fast reine Sanidinlagen 
zwischen sich nehmen. Bei einzelnen Stücken könnte man 
zweifelhaft sein über ihren vulkanischen Ursprung und sie für 
krystallinische Schiefer halten. Verfolgt man aber die ganze 
Reihe von Uebergangsstufen, findet man keine Spur Quarz oder 
weissen Glimmer, sieht man sie bimssteinartig in manchen La- 
‚gen werden und immer etwas porös, so hebt sich jeder Zweifel. 
Wird in solchen Gesteinen nun gar der zur porösen Bildung 
- Zeits. d.d, geol. Ges. XVII. 2. 23 


354 


neigende Sanidin mehr und mehr oder ganz verdrängt von 
Augit, Hornblende und Glimmer, ‘so entstehen Gesteine, die, 
aus ihren Uebergängen gerissen, genau wie Gneis, Glimmer- 
'schiefer, Hornblende-Gesteine und -Schiefer aussehen und viel- 
fach dafur gehalten worden sind. | 

Von diesen Gesteinen spricht Herr v. Dscurx (geogn. Führer 
zum Laacher-See S. 86 und 589) mit einiger Behutsamkeit und 
manchem Zweifel über ihre Entstehungsart und ihr Alter: 
„Gneis, Glimmerschiefer und Hornblende-Gesteine kommen 
unter den ausgeworfenen Massen in den Umgebungen des Laa- 
cher-Sees vor, in welchen ein Theil der genannten Mineralien 
(Spinell, Stilbit, Leueit, Magneteisen, Olivin, Titaneisen) sich 
finden.“ 

Dass Gneis und Granit unter den Auswuürflingen vorkom- 
men, unterliegt keinem Zweifel; es sind dieselben Gesteine, 
wie die in den Laven von Mayen und Mendig, in denen ‚der 
Quarz keinen Zweifel über Alter und Herkommen lässt. Aber 
deshalb brauchen nicht alle damit ähnlichen Gesteine dasselbe 
zu sein, am wenigsten wo man keinen Quarz sieht, dagegen 
aber die oben genannten, für vulkanische Produkte sehr cha* 
rakteristischen Mineralien. 

„Glimmerschiefer von grauer Farbe, feinschiefrig und 
häufig mit feinen Wellen der Schichtungsflächen ist in zahl- 
reichen Stücken im Tuffe bei Wassenach vorgekommen.“ 

Sicher ist man bei solchen losen Gesteinsstucken nur, 
wenn man Quarz und Kaliglimmer in ihnen beobachtet; denn 
diese Mineralien sind der vulkanischen Bildungsfähigkeit fremd. 

„In den grösseren Quarzausscheidungen dieses Gesteins 
findet sich lauchgrüuner Augit und Eisenglanz in kleinen Kry- 
stallen.* | 

Das ist dem Inhalte nach ein wunderbarer Satz; hier dürfte 
vielleicht ein Irrthum eingeschlichen sein; einmal ist der Augit 
ein seltener, noch vielfach. bezweifelter Gemengtheil in den älte- 
sten plutonischen Gesteinen, und darin grüner Augit, der für 
die Vulkane der Eifel charakteristisch ist, noch nie gesehen 
worden; zweitens deutet der Eisenglanz auf vulkanische Bildung, 
und drittens habe ich oben gesagt, dass und aus welchen Grün- 
den in den Auswürflingen des Laacher-Sees und der Eifel der 
Quarz vielfach gar nicht dem Ansehen nach: vom Sanidin un- 
terschieden werden kann. Ohne die dem Herrn v. DECcHEN 


355 


vorgelegene Stufe lässt sich nichts weiter aussprechen über 
dieses räthselhafte Vorkommen. 

„Zu manchem Bedenken giebt dabei das Aussehen des feld- 
spathartigen Gemengtheils dieser Gesteine Veranlassung, indem 
derselbe häufig dem Sanidin im äusseren Ansehen gleicht.“ 

Nach dem früher von mir Beigebrachten will das nichts 
sagen; denn der Sanidin ist ein Gemengtheil der ältesten Ge- 
steine. r 

„Zu den in diesen Gesteinen eingeschlossenen Mineralien 
gehören ferner: Spinell, Sapphir, Zirkon, Smaragd, Staurolith, 
Dichroit, Titanit, Sodalith (nach den Untersuchungen des Herrn 
vom Rarn).“ 

Kennt man diese Mineralien zum Theil auch in älteren 
plutonischen Gesteinen, so sind sie doch gerade charakteristisch 
und bekannt für die vulkanischen Sanidingesteine des Laacher- 
Sees, und gerade ihr Vorkommen in den den krystallinischen 
Schiefern ähnlichen Auswuürflingen bestärkt mich in meiner An- 
sicht, dass die meisten, bisher fur Gneis, Granit, Glimmerschiefer 
und Hornblendegesteine gehaltenen Auswürflinge des Laacher- 
Sees vulkanische Gebilde, Concretionen vorzüglich von Glim- 
mer, Hornblende, Augit und Sanıdin neben seltenen Minera- 
lien sind. 

Diese Ansicht theilt auch Herr vom Rırr (diese Zeitschrift 
1864, Bd. XVI., 8. 77). 

Diese Hornblendegesteine sind meist durch Verwitterung 
in allen Bestandtheilen rothbraun geworden. Einschlüsse die- 
ser Gesteine führt Herr v. DecHen noch in den Schlacken des 
- Ellringer Bellenberg bei Mayen an. Auch solche finden sich 
in unseren Sammlungen in schönen, zahlreichen Exemplaren 
und gleichen zum Verwechseln denen des Laacher-Sees, so 
dass man sie auch für vulkanische Concretionen ansehen muss, 
nicht für ältere Einschlusse. Grosse Aehnlichkeit haben beide 
Gesteine auch mit den blättrigen Augitconcretionen in der Lava 
von Mayen und Mendig, die ich oben beschrieben habe, wo 
sie durch Verwittern rothbraun werden. Dieses braune, blätte- 
rige Mineral habe ich gemessen und als Augit bestimmt; das 
war mir bei dem Ellringer und Laacher Hornblendegesteine 
_ wegen der Feinheit der Lamellen, wegen der Hauptblätterigkeit 
des Minerals nach einer Richtung und wegen ihrer regellosen 
Verwachsung mit spiegelnden Glimmerblättchen unmöglich. 


23 * 


356 


Sollten diese sogenannten Hornblendegesteine Augitgesteine 
sein? Ich glaube es fast wegen der überraschenden Aehnlich- 
keit jener mit der krystallographisch bestimmten Augiteoncre- 
tion, und weil, wie ich gleich näher besprechen werde, die Au- 
gite in den Auswürflingen oft gar nicht ohme Messungen im 
Reflexionsgoniometer von den Hornblenden unterschieden wer- 
den können. Dass diese sogenannten Hornblendegesteine bei 
nicht spitzfindigen Beobachtungen Aehnlichkeit haben mit man- 
chen alten Hornblendeschiefern, ist nicht zu leugnen. 

Ich spreche das Vorhandensein von Granit- und Gneis- 
fragmenten unter den Auswürflingen des Laacher Maares nicht 
ab, im Gegentheile sind sie mir wohl bekannt als solche, die 
nicht von den unveränderten und veränderten Einschlussen in 
der Lava von Mayen und Mendig zu unterscheiden sind. Auch 
eigenthumliche, Kaliglimmer-haltige Schiefer kenne ich, von 
denen ich nicht zu unterscheiden wage, ob sie aus den kry- 
stallinischen oder Devonschiefern stammen, doch sind sie un- 
gemein selten. 

Aus der obigen Combinationstabelle der Mineralien ergiebt _ 
sich schon, dass die Sanidingesteine ein sehr verschiedenes 
Ansehen haben müssen, je nach ihrer Zusammensetzung. Am 
unterschiedlichsten sind die weissen und die schwarzen Lese- 
steine; erstere bestehen ganz oder vorzugsweise aus Sanidin, 
letztere besonders aus den eisenreichen Mineralien, Glimmer, 
Hornblende, Augit, Magneteisen, und diese sind so überaus 
reich an Apatit. Beide Arten von Lesesteinen sind durch voll- 
kommene Uebergänge verbunden. Unter den weissen Lesestei- 
nen im engeren Sinne des Wortes kann man wieder scheiden 
solche mit und solche ohne Nosean oder Hauyn; diese ver- 
mitteln die Trachytsubstanz mit den Noseangesteinen. Das 
Vorhandensein von Oligoklas in den Sanidingesteinen habe ich 
_ nicht ermitteln können; manche Feldspathe schienen mir aller- 
dings gestreift zu sein; die Vermuthung spricht auch für dieses 
Vorkommen. 

Ganz dieselben Sanidingesteine, nur nicht so häufig und 
nicht so reich an seltenen Mineralien als in den Tuffen um 
den Laacher-See, kennt man in den Tuffen der Eifel, beson- 
ders um deren Maare; unsere Sammlung besitzt davon eine 
ausnehmend reiche Suite, zu deren Bestimmung ich aber noch 
nicht gekommen bin. Vollkommen unbekannt sind dagegen 


357 


wunderbarerweise in der Eifel die in allen Tuffen , besonders 
den jüngsten, so überaus häufigen, ja ausschliesslich mächtige 
Bänke zusammensetzenden 

2) sogenannten Laacher-Trachyte, die in Bimsstein überge- 
hen und fast alle Bimssteine zu der meilenweiten Bedeckung 
geliefert haben; denn, wie gesagt, nur wenige Bimssteinstücke 
haben das Gefüge der Sanidingesteine. 

Diese Auswürflinge bestehen aus denselben Gemengmine- 
ralien, wie die Sanidingesteine; nur beobachtet man sehr: selten 
oder gar nicht die schon in diesen sporadischen Mineralien. 
Die gewöhnlichen Gemengmineralien aller Trachytauswürflinge 
sind: Sanidin, Augit, Hornblende, Magneteisen, Titanit, Hauyn 
und Olivin; sehr selten fehlt eins dieser Mineralien, Hauyn so 
gut wie nie. 

Nach der Menge der eisenhaltigen Mineralien, besonders 
des Magneteisens, unterscheidet man graue und schwarze Laa- 
' cher-Trachyte; jene geben beim Schaumigwerden weisse und 
diese graue oder auch, aber selten, schwarze Bimssteine. 

Die in Krystallen oder deren Bruchstücken vorhandenen, 
oben genannten Mineralien liegen in einer dichten oder fein- 
körnigen oder krystallinischen, nie glasig amorphen, homogenen 
Grundmasse, die ohne Zweifel aus denselben Mineralien ge- 
bildet ist, besonders aus Feldspath und Magneteisen; denn sie 
ist immer magnetisch, um so mehr, je grauer sie in der Farbe 
ist. Die Grundmasse ist so gut wie immer porös und geht in 
rund- und gezogen-blasigen Bimsstein uber, der dieselben Aus- 
scheidungen in zahlloser Menge umschliesst, weshalb er nicht 
den technischen Werth der italienischen Bimssteine besitzt. Je 
poröser diese Auswürflinge werden, desto mehr zersprungen 
und zerbröckelt sind alle Ausscheidungen, besonders der spröde 
Sanidin und Hauyn. Ist die Grundmasse wirklich einmal gar 
nicht porös ausgefallen, so haben die Auswürflinge grosse 
Aehnlichkeit mit manchen Trachyten und Phonolithen. 

Dass diese Gesteine Hüllen um Sanidingesteine bilden und 
meist in diese Kerne übergehen, ist oben beigebracht; ist 
der Kern, wie sehr häufig, gegen die Umhüllung sehr klein, 
oder sind mehrere solcher Kerne vorhanden, so bilden sie 
gleichsam Einschlüsse von Sanidingestein im Trachyt. 

Aber auch alle Gesteine, die sich lose ausgeworfen im Tuffe 
oder mit Lava und Schlacken hervorgetreten finden, bilden Ein- 


398 


schlüsse in ‚diesen trachytischen Auswürflingen; ich will sie 
deshalb nieht noch einmal namhaft machen. Die Hauptsache 
war mir, zu zeigen, dass beide Arten von Auswürflingen mine- 
ralogisch ident sind und nur in ihrer Erstarrungsart abweichen 
können. 

Noch eine mineralogische Bemerkung möge hier eingescho- 
ben werden. Herr v. Decuzn (geogn. Führer zum Laacher-See 
S. 84) und Herr SınpgErGeErR. (Jahrbuch für Min. u. s. w. 1845 
S. 141) sagen, der Augit in den Auswürflingen sei selten ge- 
gen die Hornblende, also gerade umgekehrt wie bei den thäti- 
gen Vulkanen. Dieses beruht nach meinen Beobachtungen auf 
einer leicht möglichen Verwechselung. Der Augit besitzt näm- 
lich nach einer Richtung eine so ausgezeichnete Spaltbarkeit und 
solchen Glanz darauf, wie sie sonst nur der Hornblende eigen sind, 
während sie nach der anderen Spaltungsrichtung so mangelhaft 
ist, dass man an Unterscheidung des Hornblende- und Augit- 
winkels gar nicht denken kann. Die seltenere Hornblende in 
diesen Auswürflingen hat aber beide Spaltungsriehtungen deut- 
lich. Diese nach einer Richtung ausgezeichnet spaltbaren, fur 
Hornblende angesprochenen Augite ragen sehr oft in Krystal- 
len in die Drusen der Auswürflinge hinein und können kry- 
stallographisch als Augit bestimmt und gemessen werden; man 
findet sie hier oft recht flächenreich. Diese Ausbildungsart des 
Augits findet man auch. in den Auswürflingen der Eifel und 
in anderen vulkanischen Produkten. 

Die Feldspathkrystalle, die in solche Drusen ebenfalls 
hineinzuragen pflegen, bilden seltene Zwillinge, nämlich säulen- 
förmige Carlsbader, also eine fast regelmässige sechsseitige 
Säule mit einem Kopfende von sechs regelmässig radial gestell- 
ten Dachgiebeln, so dass jede Giebelfront mit einer Säulen- 
fläche zusammenfällt, und dass sechs einspringende und sechs 
ausspringende Winkel entstehen; durch welche Flächen, lässt 
sich nicht sagen, weil die mir zu Gebote stehenden Krystalle 
ungeeignet zu Messungen sind. | 

Alle diese Gesteinsmodifikationen erklären sich nur und- 
leicht durch eine rein vulkanische Thätigkeit mit ihren ver- 
schiedenen Erkaltungs- und Erstarrungsbedingungen. 

Erstarrte nämlich die flüssige Gesteinsmasse, in der sich 
unterirdisch schon viele Mineralien auskrystallisirten, an ein- 
zelnen Punkten gänzlich, so entstanden die körnigen Sanidin- 


/ 


359 


gesteine, die drusig und porös wurden durch gleichzeitige Gas- 
entwickelung in oder durch die Masse; bei rascher Erkaltung 
konnte auch so’ schon Laacher-Trachyt erstarren, der vom Be- 
ginn einer Eruption an in grösserer Menge demnach gebildet 
wurde; die gespannten Gase unter der Lava schleuderten er- 
starrte und noch flussige Massen, aber mit ausgeschiedenen 
Krystallen, als Auswürflinge heraus; erstere gaben reine Sani- 
dingesteinsbomben von gröberem und feinerem Korn und von 
jeder Porosität bis zum vollständigen Bimsstein; letztere lie- 
ferten nach den Umständen Laacher-Trachyte mit den furcht- 
baren Massen Bimsstein und allen Uebergängen jenes in diesen, - 
sowie bei meist grösseren Auswürflingen Uebergänge eines 
langsam erkalteten Kernes von Sanidingestein in die rascher 
erstarrte Rinde von Laacher-Trachyten. Bomben mit scharf be- 
srenztem Kern .und scharf begrenzter Hülle mögen dadurch ent- 
standen sein, dass reine Sanidingesteine in die flüssige Lava 
des Kraters zurückfielen, um mit einem neuen Teige, der nur 
zu Trachyt erstarren konnte, mehr oder weniger dick um- 
geben, sofort wieder ausgestossen zu werden. 

Die flüssige Masse hatte ein solches Bestreben zum Kry- 
stallisiren, dass eine Bildung von amorphen, obsidianartigen 
Auswürflingen ganz ausgeschlossen bleiben musste. 

Dass die Modifikation der rascheren Erkaltung, die Laacher- 
Trachyte, bei Weitem mehr poröse Massen und vor Allem Bims- 
steine geliefert hat, liegt in der Natur der Sache, weil die 
Schnelligkeit der Erstsirung mitbedingt ist von der Menge der 
durchströmenden Gase. 

Sehr auffallend ist in vielen Bomben die gneisartige 
Gruppirung der Gemengmineralien, welche mit der Zunahme von 
Glimmer, Hornblende und Augit in einem direkten Verhältnisse 
zu stehen scheint; entweder sind diese Auswürflinge Bruch- 
stücke von Lavaschollen, die im Krater an der Oberfläche 
eines »rösseren Lavaspiegels erstarrt sind, nach Analogie der 
krystallinischen Schiefer und des Gneises, oder die schichtweise 
lamellare Anordnung der Gemengmineralien in einem feurig- 
flüssigen Silikate ist nicht die Folge einer Erstarrung von einer 
grossen Oberfläche aus, wie man bei der Bildung der kry- 
stallinischen Schiefer bisher anzunehmen pflegt, sondern eine 
. eigenthumliche, schichtweise polare Attraction der gleichen Ge- 
mengmineralien in einer Masse, die jeden möglichen Raum er- 


360 


füllen, also auch die Grösse und Form eines vulkanischen Aus- 
würflings haben kann; analog wie die meisten sogenannten 
Granitgänge und Adern in Graniten und Gneisen keine wahren 
späteren Ganggebilde in älteren Gesteinen sind, sondern eben- 
falls gekrummtflächig polare Attraetionen . oder gangartige Con- 
cretionen in der gleichzeitig erstarrten Gesteinsmasse, Hier- 
durch erklärt es sich, wodurch der Granit in Gneis und um- 
gekehrt übergeht, sei es auf grosse Massen oder in kleineren 
Concretionen,; die man so vielfach mit Einschlüssen zu ver- 
wechseln geneigt ist. Ein Reichthum oder Ueberschuss an 
Augit, Glimmer und Hornblende scheint in den meisten Fällen 
die Ursache einer schichtenartigen, polaren Attraction zu sein; 
denn die Krystallform, Blätterigkeit und lamellare Ausbildungs- 
art dieser drei Mineralien haben das Bestreben, Schichten und 
schieferige Massen zu bilden sowohl auf neptunischem, als auch 
auf plutonischem Wege. Treten andere Mineralien, besonders 
Quarz und andere Feldspathe, zwischen diese Mineralien, so 
werden letztere gezwungen, sich als eigenes Gemenge in 
Schichten und Lagen zwischen die der drei Mineralien zu 
legen d. h. sich den Anordnungen und Erstarrungsprineipien 
dieser zu fügen. Herrschen dagegen Quarz und Feldspath im 
Gemenge, so mussen sich der Glimmer und die Hornblende 
fügen und körnige Massen, z. B. Granit und Syenit, bilden. 
Dieselben Erscheinungen finden wir sehr deutlich wieder bei 
den glimmerarmen und glimmerreichen Porphyren (Minette); 
letztere haben stets ein gneisartiges Gefüge, und auch bei vielen 
glimmerreichen Melaphyren sehen wir eine ähnliche lamellare 
Anordnung des Glimmers. 

Hieraus folgt unzweideutig, dass diese Aubwiflange nicht, 
‘wie so viele andere in den Tuffen um den Laacher - See und 
in der Eifel, losgerissene Bruchstücke älterer zu Tage oder 
unterirdisch anstehender Gesteine sind und sein konnen. 

Diese Ansicht scheint allerdings Herr v. DecHen, der 
beste Kenner und Beobachter der niederrheinischen Vulkane 
nicht zu theilen, wenn er (diese Zeitschrift Bd. XVII S. 142f.) 
sagt: „die grauen. Tuffe um den Laacher-See enthalten Stücke 
eines eigenthumlichen Trachytes, welcher anstehend in der 
ganzen Gegend nicht bekannt ist und überhaupt zu einer der 


seltensten Varietäten dieser merkwürdigen a: gehören 
durfte,“ 


361 


Herr Rors (l. c. 8.8) glaubt, weil die vulkanischen Pro- 
dukte der Eifel Trachyteinschlusse. (meist von mittelkörnigem 
Gemenge) enthalten, alle die bekannten grossen Auswürflinge 
von Sanidin der dortigen Gegend für Gemengtheile eines älteren, 
nur unterirdisch in der Nähe der Vulkanspalten anstehenden, 
grobkörnigen Trachytes halten zu müssen; möglich ist das zwar, 
aber nicht nothwendig; denn so gut wie die plutonisch hervor- 
getretenen Trachyte solche grossen glasigen Feldspathe haben 
erzeugen können, eben so gutist das den vulkanisch hervorgetre- 
tenen trachytischen Massen möglich gewesen, die wir als Sanidin- 
gesteine, vollkommen denen des Laacher-Sces gleich, um alle 
Eifeler Maare sammeln können, nur nicht so häufig und reich 
an seltenen Mineralien. 


5. Palagonit im Leueittuff, 


Den Palagonit als Bindemittel der früher losen Tuff- 
schichten an vielen Orten der Eifel haben die Herren RoruH 
und MITSCHERLICH (l. c. S. 26 f.) erkannt, analysirt und seine 
Entstehung aus den vulkanischen Produkten des Basaltgesteins 
durch blosse Einwirkung; von kohlensäurehaltigem Wasser durch 
Verlust von Kieselsäure und Alkalien, Aufnahme von Wasser 
und Oxydation alles Eisenoxyduls nachgewiesen. 

In unserer Sammlung befinden sich mehrere Stücke eines 
Leueittuffes’ von Bell und „am Boder*“ beim sogenannten Gänse- 
hals von Rieden, die aus einer gelblich graubraunen dichten 
Grundmasse mit kleinen Leucitkrystallen bestehen und durch 
kleine, bis ein viertel Zoll grosse Bruchstücke von Devonge- 
steinen, noch mehr aber durch solche von den Leueit-Nosean- 
Gesteinen conglomeratisch werden. Einzelne dieser letztge- 
nannten Bruchstücke sind nicht zu unterscheiden von dem 
hornartigen, braunen Palagonit von Seljadalr in Island. Sehr 
interessant ist es, dass man durch noch unveränderte, einge- 
schlossene Krystalle von Leucit und Nosean im Palagonit 
deutlich erkennt, dass derselbe nicht, wie in der Eifel und den 
anderen Orten seines Vorkommens, aus Basaltmassen entstanden 
ist, sondern aus einer in der Umgegend des Laacher-Sees an- 
stehend nicht bekannten Varietät des Leueit-Nosean-Gesteins. 
In kleinen Poren und Rissen finden wir eine Zeolithsubstanz 
an den Wänden in feinen Nädelchen krystallisirt. 

Beim Glühen giebt dieser Palagonit viel Wasser, wird 


d 


. 362 


dunkler, so. dass aus ihm die schneeweissen Leucite und Ze- 
olithe schön herausleuchten und in ihm Glimmerblättchen erkenn-. 
bar werden. | 
Wie hat man sich nun. wohl den chemischen Vorgang bei 
der Umbildung von Leueit-Nosean-Gestein zu Palagonit ungefähr 
zu denken ? Bi 
Abstrahiren wir von der leicht erklärbaren Wasseraufnahme, 
so besteht nach den oben gedachten Arbeiten des Herrn ‚vom 
RartH das Nosean-Leucit-Gestein vom Laacher-See durchschnitt- 
lich aus: 
Kieselsäure 52,60 
Schwefelsäure 1,07 


Chlor 0,36 

Thonerde 20,12 

Eisenoxyd 6,59 

Kalkerde 9,19 

Magnesia 0,74 

Hal, 6,56 

Natron 8,97 P 
‘100,00, 


die durchschnittliche. Zusammensetzung des wasserfreien Pala- 
gonites von Noveligsberg und Steffelerberg in der Eifel, von 
Island und von Sieilien aus: 

Kieselsäure _ 47,80 


Thonerde 16,75 
Eisenoxyd 16,75 
Kalkerde 71,21 
Magnesia 7,30 
‚Kali 2.94 
Natron 1,25. 
"#nch00s00. 


. Nehmen wir, und das wohl mit Fug und Recht, den 
Thonerdegehalt (16,75 pCt. im Palagonit) als Constanste bei 
derUmwandelung an, so geben 83,21 Theile Nosean-Leueit-Ge- 
stein 100 Theile wasserfreien und 110 bis 114 Theile wasser- 
haltigen Palagonit, und zwar durch Verlust von 

0,88 Theilen Schwefelsäure 
0,2947. 105: Chlor. 

2:32:12 z.1»Kalirund 

5,71 „. Natron 


363 


und durch Aufnahme von’ 
4,01 Theilen Kieselsäure 
11,44 „ _ Eisenoxyd 
4.06 ... Kalkerde 
6,69 „ _ Masgnesia. 

Diese Umwandelung ist ebenfalls vollkommen denkbar und 
wahrscheinlich, einzig und allein durch Einwirkung von kohlen- 
saurem Wasser auf Gesteinsmassen, wobei ein Theil derselben, 
welcher jetzt die Grundmasse des Tuffconglomerates bildet, die 
‚Verwitterung in Kaolin unter Entbindung gelöster Kieselsäure 
und von Kohlensaurem Eisenoxydul, kohlensaurer Kalkerde, Mag- 
nesia und kohlensauren Alkalien erleidet und der andere die Um- 
bildung zu Palagonitunter Entbindung von schwefelsauren, kohlen- 
sauren und Chlor-Alkalien, die mit den kohlensauren Alkalien des 
zu Kaolin verwitterten Gesteins in Quellen fortgeführt werden, 
und unter Aufnahme der bei der Kaolinisirung freigewordenen 
Kieselsäure, des Eisenoxyds, der Magnesia und Kalkerde. 

Wie viel nun noch andere Einschlusse in dem Leueittuffe 
sich an dieser Palagonitbildung mögen betheiligt haben, kön- 
nen wir gar nicht absehen; war es doch bei der obigen 
Betrachtung auch nur meine Absicht, ein mögliches Bild der 
Palagonitbildung aus den Nosean-Leueit-Gesteinen mir zu ver- 
gegenwärtigen, um mich nicht ‚bloss an dem Factum dieser Um- 
bildung genügen zu lassen. Soviel glaube ich erreicht und be- 
wiesen zu haben, dass diese Palagonitbildung allein durch die 
Atmosphärilien möglich ist, und dass sie wesentlich abweicht 
von der aus den Gesteinen der Basaltfamilie, deren Skizze 
ich im Eingange dieses Abschnittes aus dem MitscHerLich’schen 
Werke wiederholt habe, und der ich in allen Beziehungen nur 
beitreten kann, da sie bloss mit Grossen: zu thun hat, welche 
überall auf die Gesteine einwirken, nämlich. mit Luft und 
Wasser. 


364 


11. Ueber die Brachiopoden aus dem unteren Gault 
(Aptien) von Ahaus in Westphalen, | 


Von Herrn U. ScntoensacH jun. ın Salzgitter. 


Unter einer grösseren Anzahl von Kreide-Brachiopoden, 
die mir kürzlich durch die Gute der Herren Dr. EwALD zu 
Berlin und Prof. Hosıus zu Münster mitgetheilt wurden, be- 
finden sich auch zwei kleine, aber höchst interessante Suiten 
von den Barler Bergen bei Ahaus in Westphalen aus der Zone 
des Ammonites Martini D’OrB., welche bekanntlich dem unteren 
Gault v. Strousecr’s (= Aptien D’ORB.) angehört. Dieselben ver- 
dienen vielleicht um so eher einige Beachtung, als sich unser 
norddeutscher Gault sonst im Allgemeinen so arm an Arten 
und Individuen dieser Classe erweist. Wegen speciellerer 
Auskunft über das schon länger bekannte Vorkommen darf 
ich auf die gründlichen Arbeiten von A. v. STROMBECK (Ver- 
handl. d. naturh. Ver. f. d. pr. Rheinl. u. Westph., 1858, 
S. 443), Ewaup (Monatsberichte d. k. Akad. d. Wiss. z. Ber- 
lin, 1860, p. 332) und Hosıus (Verh. nat. Ver. Rheinl. 
Westph. 1860, p. 294) verweisen. 

Die von mir untersuchten Arten sind folgende: 

1. Terebratula Moutoniana v’OrB. Mit diesem Namen 
bezeichne ich in Uebereinstimmung mit v. STROMBECK die häufigste 
der vorkommenden Arten, von der sich in der Ewaup’schen 
Suite 4, in der Hosıus’schen 11 Exemplare befinden, die zum 
grossen Theile beträchtliche Dimensionen (55 Mm. Länge) er- 
reichen. So sehr auch alle diese Exemplare unter einander 
in Bezug auf das Verhältniss der Breite zur Länge und Dicke 
varjiiren , so stimmt doch kein einziges derselben mit den 
Typen der Terebratula biplicata Sow. aus dem Upper-Green- 
Sand oder der Craie chlorit6e überein; dagegen dürfte eine 
vollständige Identität mit den älteren Formen stattfinden, die 
sich der 7. sella Sow. nähern, wie sie namentlich in unseren 


365 


norddeutschen Hilsbildungen in so ausgezeichneter Mannichfaltig- 
keit vorkommen. Indessen giebt doch die grosse Flachheit, 
namentlich der undurchbohrten Dorsalklappe, der breite, über- 
gebogene, von einem grossen Foramen fast parallel zur Längs- 
achse abgestutzte Schnabel und die meist nur undeutlich oder 
schwach biplicate Stirn der Art einen ausgezeichneten Habitus, 
der meiner Ansicht nach für D’OrgıenyY’s Abtrennung derselben 
von T. sella als einer selbständigen Art spricht. Eine vortreff- 
liche Darstellung dieses Habitus giebt D’Orgıcny’s t.510, f. 1-3, 
doch ist bei solcher Grösse das Foramen der norddeutschen 
Exemplare meist schon etwas weiter. 

Ganz eigenthumlich und mir fast unerklärlich ist die Deu- 
tung, welche Dr. Hrru. CrEepxer”*) der Terebratula Moutoniana 
D’ORB. giebt, und noch auffallender wird dieser Irrthum dadurch, 
dass unabhängig von ihm und fast gleichzeitig in England 
MEYER einen ganz‘ ähnlichen Fehler macht**). Was Herm. 
ÜREDNER abgebildet hat, ist allerdings, wie er richtig bemerkt, 
eine Waldheimia in dem Sinne, wie dieser Name bisher 
meistens gebraucht wird; auch steht die Crepser’sche Art der 
Rormer’schen Terebratula longa (= faba v’ORB., non Sow., 
Dav.) allerdings sehr nahe, so nahe, dass ich nach meinem 
sehr grossen Material sie nicht davon zu trennen wage. MEYER’S 
Waldheimia Moutoniana dagegen, soviel sich aus der blossen 
Abbildung schliessen lässt, scheint eher sich auf die im Fol- 
genden gleich näher zu erörternde Megerlia tamarindus zu 
beziehen. Ganz anders aber verhält es sich mit der Art, 
die D’ORBIGNY mit dem Namen Terebratula Moutoniana belegt 
hat, wie ich nicht nur nach Vergleichung der D’OrpıcnvY'schen 
Abbildung, sondern auch nach Untersuchung der D’OrBIcnY’schen 
Originale, sowie zahlreicher Exemplare, die ich unter dieser 
Bezeichnung in vielen französischen Sammlungen gesehen, 
mich überzeugt habe. Terebratula Moutoniana D’ORB. ist, wie 
bisher auch alle hiesigen Paläontologen immer angenommen 
haben, und worauf namentlich schon v. StromBeck (Neues Jahrb. 
1857, S. 653) sehr entschieden hingewiesen hat, eine un- 
zweifelhafte, echte Terebratula im engeren Sinne, ohne Dorsal- 


*) Zeitschr. d. d. geol. Ges. Bd. XVI, S. 561, t. 21, f. 1-5. 
**) The geologieal Magazine, Dee. 1864, t. 12 (verdruckt: 11), 
f, 12 -- 14. 


366 


septum und scharfe Schnabelkanten und mit: kurzer Schleife 
und gehört in die Gruppe der Teerebratulae biplicatae, wenn auch der 
"Sinus in der Regel nur schwach entwickeltist. Von einer Identität 
mit dem, was Herım. ÜREDNER als Terebratula ( Waldheimia) 
Moutoniana bezeichnet hat, kann daher keine Rede sein. 

2. Megerlia tamarindus Sow.' sp. ist in der Ho- 
sıus’schen Sammlung durch 10 Exemplare vertreten, während 
sie in der Ewarp’schen fehlt. Dieselben stimmen auf’s Voll- 
» ständigste mit allen Formen dieser Art überein, welche Davıp- 
son (Monogr. of Brit. Cret. Brach., t. 9, f.26 und 29—31) aus dem 
Lower-Green-Sand abgebildet hat; namentlich zeigt sich auch 
die Aufbiegung der Stirn nach der Seite der kleinen Klappe 
bei einigen Exemplaren in sehr ausgezeichneter Weise, während 
dieselbe bei den zu dieser Art zu rechnenden Vorkommnissen 
aus unserem Hils selten so: ausgesprochen ist. Im Uebrigen 
findet dieselbe Variabilität in Bezug auf die Formenverhält- 
nisse statt wie im Hils. 

Davınpson und mit ihm OostEr*) und Heru. CReDNEr rechnen 
Terebratula tamarindus Sow. zur Untergattung Waldheimia, in- 
dem - ersterer ihr eine lange, bis nahe zur Stirn reichende 
Schleife zuschreibt, von welcher CREDNER 1. c. t. 21, f. 15 ein 
Fragment abbildet. Zwei der mir vorliegenden Exemplare 
von Ahaus, nämlich eine Dorsal- und eine Ventralklappe lassen 
den inneren Bau z. Th. sehr deutlich erkennen, der hinsicht- 
lich der Anordnung und Form der Muskeleindrücke ziemlich genau 
mit der schönen Abbildung übereinstimmt, welche Eus. Des- 
LONGCHAMPS**) als charakteristisch für seine Section Wald- 
heimia giebt ( Waldheimia pala Buch sp.)***). Das Dorsalseptum 


-.*) Ooster, Synopsis des Brachiopodes fossiles des Alpes Suisses, 1864, 

Da, 112 140. 
%*) Paleontologie frang., Brach. jurass., t.. 6, f. 2, 2. 

‚»#®) Ich möchte mir hier die vorläufige Bemerkung erlauben, dass 
in Bezug auf den Namen Waldheimia Eve. DesLoxchAamps sich, wie mir 
scheint, eine Inconsequenz hat zu Schulden kommen lassen. Die Formen, 
für welche von Kıxs ursprünglich der neue Gattungsname Waldheimia 
aufgestellt worden ist (W. Kıng, Monograph of the Permian Fossils, 
1350, in Palaeontographical Society für 1848, p. 145), namentlich auch 
Kıns’s Typus Waldheimia flavescens Lam. sp. (= australis Quoy), werden 
von Evc. Desiosecuames in die Section Eudesia (Typus: Eudesia cardıum 
Lam. sp. gestellt, während seine Section Waldheimia eine andere Formen- 


ist nach meinen Beobachtungen an den Exemplaren aus dem 
unteren Gault, sowie an zahlreichen aus dem Hils, stets viel 
kürzer, als e$ CREDNER gezeichnet hat (bei einem Exemplar 
aus dem Niveau des Speeton-Clay), und erreicht gewöhnlich 
noch nicht einmal die Hälfte der Länge der kleinen Klappe. 
Von der Schleife sind an den Gault-Exemplaren nur die ersten 
divergirenden Anfänge der Lamellen erhalten. Dagegen ist es 
mir durch sorgfältige Schliffe an mehreren Stücken aus dem 
Hils gelungen, dieselbe ihrem ganzen Verlauf nach darzustellen. 
Die nebenstehende Skizze ergiebt besser als 
eine Beschreibung ihre Gestalt, die mit dem 
Typus der. Section Waldheimia Euc. Destı. 
allerdings durch die nur einfache Anheftung 
an die Schlossplatte (nicht auch an das Sep- 
tum, wie bei Terebratella und meistens auch 
bei Megerlia etc.) einige Aehnlichkeit hat, 


reihe umfasst, welche, wenn sie auch in Bezug auf den Bau der Schleife über- 
einstimmt, doch in Bezug auf den Schnabel und die Anordnung der Muskel- 
eindrücke Abweichungen zeigt, die nach meiner Ansicht die von DesLonc- 
CHAMPS vorgenommene Abtrennung als Section von der an Terebratula (Wald- 
heimia) flavescens sich anschliessenden Formenreihe ausreichend begründen. 
Inconsequent erscheint es mir aber, für diese neu begründete Section, 
als deren erste Beispiele Eu. Drstonscnames die jurassischen Terebratula 
carinata und pala anführt, den Namen Waldheimia anzunehmen, welchen 
Kıns selbst später (l. ec. p 246) als wahrscheinlich gleichbedeutend mit 
Eudesia anerkannt hat, und welcher jedenfalls nur für Formen wie Tere- 
braltula flavescens u s. w. gelten könnte, wenn man ilın dem von Kınc 
nicht scharf begründeten und deshalb von ihm selbst aufgegebenen Na- 
men Eudesia vorziehen will. Freilich war man seit einigen Jahren ge- 
wohnt. den Namen Waldheimia als Gattungs- oder Untergattungs-Namen 
für alle Arten anzunehmen, welche eine einfach angeheftete, lange Schleife 
und ein Dorsalseptum besitzen, und hieraus scheint DssLonGcuAanPps die 
Veranlassung genommen zu haben, die beiden vorhandenen Namen Eu- 
desia und Waldheimia für ‘die beiden in der Juraformation vorkommen- 
den Sectionen, denen diese Eigenschaft zukommt, zu benutzen, ohne zu 
berücksichtigen, dass jene beiden Namen von ihrem Begründer nur für 
verschiedene Arten einer und derselben Section geschaffen sind, der letz- 
tere also nicht für die andere Section gebraucht werden kann. Für 
diejenige Section, auf welche DesroxnscHnsmps den Namen Waldheimia 
beschränkt, scheint es daher noch an einem besonderen Namen zu fehlen, 
falls nicht die 1859 von Kıns begründete Gattung Macandrewia dieser 
Abtheilung entspricht: leider ist es mir noch nicht möglich gewesen, die 
Schrift (Natur. Hist. Review, VI, p.516--520) zu Gesicht zu bekommen, 
in welcher jener ausgezeichnete Kenner fossiler Brachiopoden diese und 


368 


aber doch daneben auch viel Eigenthümliches, was bei Wald- 
heimia E. DesL. in solcher Weise nicht bekannt ist. 

Zu diesen Eigenthümlichkeiten gehört in erster Linie die 
Art, wie die absteigenden Lamellen der Schleife in die zurück- 
kehrenden Lamellen je einen in divergirender Richtung fast 
bis zur Stirn reichenden Fortsatz besitzen. Dazu kommt zwei- 
tens, dass die absteigenden Lamellen ihrer ganzen Länge nach _ 
an ihrer Aussenseite mit langen, fast bis an die Ränder rei- 
chenden, senkrecht abstehenden Dornen unregelmässig besetzt 
sind, während dieselben an den ruckkehrenden Lamellen fehlen. 
Die Schleife bekommt hierdurch, abgesehen von der fehlenden 
Anheftung an das Septum, eine ganz merkwürdige Aehnlichkeit 
mit derjenigen der Megerlia Ewaldi Suzss*). So unerwartet 
und unwahrscheinlich auf den ersten Blick eine solche An- 
näherung an diese Gattung oder Untergattung erscheinen mag, 
so dürften doch die neueren Beobachtungen von CHARLES MOORE 
und Eug. DesLonscHAmPps dieselbe weniger auffallend machen. 
Der Güte des genannten englischen Gelehrten verdanke ich 
zwei zu einem im dritten Bande der Zeitschrift The Geologist 
gedruckten Aufsatze gehörige Tafeln, deren Bedeutung mir aber, 
da es mir leider nicht gelungen ist, den Text zu erhalten oder 
auch nur einzusehen, nicht bekannt ist. Soviel scheint in- 
dessen aus den auf t. 2 enthaltenen Darstellungen (nament- 
lich aus f. 13, 2, 3, 4, 9, 1) hervorzugehen, dass zwischen 
dem einfachen Armgerüste, wie es Kingia Deslongchampsi (Eue. 
Dest., Pal. frane., Brach. jur., t. 33, f. 9) bietet, und dem so 
ansserordentlich complieirten inneren Bau, den man bei Arten, 
wie Kingia (oder Megerlia) lima und Megerlia Ewaldi, findet, 
gewisse Zwischenstufen vorhanden sind, die es misslich er- 
scheinen lassen durften, diese Arten in verschiedene Sectionen 
oder gar Gattungen zu stellen. Diesen Beobachtungen Moo- 
rp’s schliessen sich die von Eus. DESLONGCHAMPS an, deren 
Resultate derselbe namentlich ].c. p. 55 ff. und p. 140 ff. aus- 


mehrere andere neue Brachiopoden-Gattungen, deren Namen mir nur aus 
einer beiläufigen Notiz von Surss (N. Jahrb., 1561, S. 154) bekannt sind, 
näher beschrieben hat. 

‚ *) — Terehralula pectunculoides Quesst., Handb. d. Petref, S. 464, 
t. 37, ££ 15-18 und Jura, S. 742, t. 90, f. 47--51; ferner Davınson in 
Annals and Magaz. of Nat. Hist., 2d. ser. V, p. 449, t. 15, f. 5; Suess, 
Class d. Brach. v. Dav., S. 49; Suess, Brachiop. d. Stramb. Sch,, S. 4. 


369 


‚gesprochen hat. In diese Reihe von Zwischenstufen fügt 
sich nun, wie- es scheint, auch der Bau der Schleife unserer 
Terebratula tamarindus Sow. sehr naturgemäss ein; auch wird 
die Richtigkeit der systematischen Einreihung der Art an 
dieser Stelle noch wahrscheinlicher gemacht durch zwei Eigen- 
schaften, auf die ich noch etwas näher eingehen muss, und 
die auf mehr Beziehungen der Terebratula tamarindus zur Des- 
LONGCHAMPS’schen Section Kingia (Kingena) Dav. hinzudeuten 
scheinen; dieselben liegen im Bau des Schnabels und in der 
Schalenstructur. 

Nach der Diagnose, die Eu. DesLongcHuanes 1. c. p. 55 
. von dieser merkwürdigen Section giebt, ist der Schnabel „von 
einem ziemlich grossen .Foramen durchbohrt, welches unten 
im erwachsenen Zustande von einem Deltidium begrenzt wird, 
das erst sehr spät seine vollständige Entwickelung erreicht.“ 
Diese letztere Bemerkung bezieht sich darauf, dass die beiden 
Plättchen des Deltidiums bei den bis jetzt bekannten Arten 
fast nie mit einander verwachsen sind, sondern das Foramen 
bis zum Wirbel der kleinen Klappe reichen lassen. Derselbe 
Fall findet in der Regel auch bei dem überhaupt verhältniss- 
mässig grossen Foramen der Teerebratula tamarindus Sow. statt, 
indem selbst bei Exemplaren von bedeutender Grösse (18 Mm. 
Länge) das Deltidium noch aus zwei durch das Foramen 
getrennten Stücken besteht; indessen ist dies bei unserer Art 
durchaus kein constantes Merkmal, da nicht selten bei anderen, 
sowohl kleineren als grösseren, sonst ganz mit jenen überein- 
stimmenden Exemplaren die beiden Deltidialplatten mit ein- 
ander verwachsen sind und das Foramen nach unten vollständig 
abschliessen. 

Die Schalenstructur der Terebratula tamarindus beschreibt 
CREDNER mit folgenden Worten: „Auf der Oberfläche ist eine 
weitläaufige Chagrinirung schon mit blossem Auge sichtbar; 
sie besteht aus Linien von Grubchen, welche sich unter spitzen 
Winkeln schneiden.“ Dabei hat er jedoch das Eigenthümlichste 
noch übersehen, was aber freilich nur bei ganz vorzüglich guter 
Erhaltung der Schalenoberfläche sichtbar wird und ganz ver- 
schwindet, sobald dieselbe nur etwas abgerieben ist. Ich 
meine die eigenthümliche Körnelung, welche Davınson und 
Deston@cHanps. als Merkmal der Untergattung oder Section 
Kingia beschreiben, und die aus feinen, runden Wärzchen von 
verschiedener Grösse besteht, welche unabhängig von den die 
Schale durchbohrenden Poren die Schalenoberfläche bedecken. 
Die Anordnung und Entfernung derselben ist nicht constant 
eine regelmässige (in Form der Quincunx), sondern dieselbe 
ist sowohl bei den Individuen einer Art, als an verschiedenen 
Stellen der Oberfläche eines Individuums wechselnd, so dass 
es mir scheint, als ob man hierin nicht, wie DESLONGCHAMPS — 

Zeits.d.d.geol,Ges. X VIII. 2. 24 


370 


im Gegensatz zu Davınson — will*), ein Unterscheidungs- 
Merkmal für die Arten der Abtheilung Kingia suchen dürfe; 
eine grosse Veränderlichkeit habe ich in dieser Beziehung 
namentlich auch an Kingia lima aus der cenomanen Kreide, 
Davıpson’s Typus dieser Untergattung, beobachtet, so dass mir 
die von DesLon@cHAaumps versuchte Wiederabtrennung der Kingia 
sexradiata Sow. sp. und Hebertiana D’ORB. sp. nicht unbedenklich 
erscheint. Die diesen letzteren beiden Namen entsprechenden 
Formen kommen in ganz übereinstimmender Weise an gewissen 
Localitäten auch bei uns häufig vor, ohne dass es mir bis jetzt 
möglich gewesen wäre, irgend welche constante Unterschiede 
von der ebenfalls nicht zu seltenen cenomanen Form festzu- 
stellen. Von dieser eigenthümlichen Schalenstructur zeigen 
sich an einigen der mir vorliegenden Gault-Exemplare der 
Terebratula tamarindus mehr oder weniger deutliche Spuren; 
sehr schön ist dieselbe dagegen an einer grösseren Anzahl 
von Exemplaren aus verschiedenen Schichten des norddeutschen 
Hils oder Neocom erkennbar, die allerdings aus einem Vor- 
rath von mehreren Tausenden ausgelesen sind. 

Wenn ich nun schliesslich über die Frage entscheiden soll, 
zu welcher Section oder Untergattung der grossen Gattung 
Terebratula die Species 7. tamarindus naturgemäss zu stellen 
ist, so scheint es mir, als ob nach den obigen Mittheilungen zu- 
nächst die Section Waldheimia, entgegen den Ansichten Da- 
vıpson’s und H. CrEpner’s, von der Wahl ausgeschlossen werden 
müsste; dagegen würde es sich meines Erachtens nur um die 
Sectionen Kingia und Megerlia -(= Ismenia Kına**), welcher 
Name, streng genommen, die Priorität hat, nachdem die ge- 
nerische Identität von Ismenia und Miegerlia festgestellt 
ist) handeln. Kingia (Davınson schreibt Kingena, eine dem 
allgemeinen Gebrauche widersprechende Namenbildung), wurde 
1852***) auf die einzige Art Kingia lima Derr. sp. begründet, 
später aberf) als nur unwesentlich von Megerlia abweichend 
wieder fallen. gelassen. Neuerdings hat nun Eve. EupeEs-Des- 
LONGCHAMPS diesen Namen neben Megerlia als Bezeichnung 
für eine seiner Sectionen der Gattung Terebratula wieder auf- 
genommen, indem er als charakteristisches Merkmal, wie es 
scheint, ausschliesslich die Oberllächen-Beschaffenheit der Schale 
gelten lasst. Trotzdem bleiben in seiner Section Megerlia 
aber noch so verschiedenartig gestaltete Formen, dass es bei 
der sonstigen Uebereinstimmung wohl richtiger sein möchte, 
die zu Kingia gehörigen Arten, wenn dieselben auch eine na- 
tüurlich begrenzte Gruppe bilden, nicht als gleichwerthige Section 
neben Megerlia zu betrachten. 


*) Etudes eritigues sur des Brachiopodes ete., p. 45 ff. 
**) Kıng, Permian Fossils, p. 142. 
*##) Monogr. Cret. Brach., p. 40. 

+) Ibidem, p. 104, Anm. 7; 1855. 


> 371 


Hiernach würde also Terebratula tamarindus 
Sow. zur Untergattung oder Section Megerlia und 
innerhalb derselben zu der unter dem Namen Kin- 
gia zusammengefassten Gruppe zu ziehen sein. 

Die verticale Verbreitung der Megerlia tamarindus erstreckt 
sich im nordwestlichen Deutschland nicht nur uber die ganze 
Hils- (oder Neocom-) Formation, sondern auch uber den 
Speeton-Olay (cf. Herm. CREDner ]. ce.) und, wie aus Obigem 
hervorgeht, auch über die zum unteren Gault gehörige Zone 
des Amm. Martini, ja vielleicht sogar noch höher hinauf. Da- 
vınson giebt für England an das Vorkommen im Lower-Green- 
Sand, Kentish-Rag und Upper-Green-Sand of Farringdon. 
Erstere beiden Schichten-Angaben wurden mit dem Niveau von. 
Ahaus annähernd übereinstimmen; das Alter des Upper-Green- 
Sand of Farringdon, ‚oder gewöhnlich Farringdon-Sponge-Gra- 
vel genannt, ist der Gegenstand einer, wie es scheint, noch 
immer nicht endgiltig entschiedenen Controverse zwischen vie- 
ien englischen Geologen, indem einige denselben zum Lower- 
Green-Sand, andere (z. B. Davivson) zum Upper-Green-Sand 
rechnen und SHARPE gar ihn als Aequivalent der Schichten von 
Mastricht betrachten wollte. Indessen scheint nach Allem, 
was mir darüber bıs jetzt bekannt geworden ist, DaAvınson’s 
Ansicht die grösste Wahrscheinlichkeit zu haben. Aber selbst 
unter dieser Voraussetzung dürfte doch das Vorkommen der 
Megerlia tamarindus in Schichten cenomanen Alters als ein 
noch nicht ganz sicher festgestelltes zu betrachten sein, da es 
nach Davınsov’s Abbildungen (l. e. t. 9, f. 27, 28) zweifelhaft 
erscheint, ob bei den Exemplaren von Farringdon das für die 
Art charakteristische Dorsalseptum vorhanden ist und über- 
haupt bei der angegebenen grossen Seltenheit der Art an je- 
ner Localität die Bestimmung vielleicht nicht mit der gewohn- 
ten Schärfe ausgeführt werden konnte. D’OrsıcnY beschränkt 
im Prodrome das Vorkommen unserer Art auf das eigentliche 
 Neocom. 

3. Als Terebratella Astieriana D’ORB. bezeichne ich 
eine höchst interessante Form, von der mir leider nur ein 
mangelhaft erhaltenes Exemplar aus-der Hosıus’schen Samm- 
lung vorliegt, welches mit keiner anderen bekannten Art besser 
übereinstimmt. Die Oberfläche der Schale ist nicht erhalten 
und der Schnabel nicht ganz von dem anhaftenden Gesteine 
zu befreien. Die Art und Weise der Berippung stimmt gut 
mit D’OrB., Terr. Ort. IV, t. 516, f. 6, doch ist bei dem nur 
etwa zwei Drittel der Grösse der französischen erreichenden 
Ahauser Exemplare der Wulst etwas breiter und nicht ganz so 
stark hervortretend, sowie die Umrisse der Schale nicht so 
abgerundet; auch liegt die grösste Breite naher nach dem 
‚Schnabel zu. ’ 


24* 


372 


x 


Das Lager der Terebratella Astieriana in Frankreich, wo 
D’ÖRBIGNY sie im Aptien namentlich des Yonne - Departements 
angiebt, entspricht ganz dem norddeutschen Vorkommen; auch 
dort ist sie überall, wie hier, von Terebratula Moutoniana be- 
gleitet. In Norddeutschland ist Ahaus meines Wissens der 
erste Fundort für diese Art. 

Eine der Terebratella Astieriana ähnliche Art wurde neuer- _ 
dings *) von LorıoL als Terebratella Arzierensis aus dem Valan- 
ginien von Arzier (Ct. Waadt) beschrieben; dieselbe unter- 
scheidet-sich jedoch leicht dadurch, dass beide Klappen längs 
der Mitte einen Sinus haben, während bei Terebratella Astieriana 
dem Sinus der grösseren Klappe ein Wulst auf der kleineren 
entspricht; auch sind bei ersterer die Rippen gekörnt, was bei 
Terebratella Arzierensis nicht der Fall ist. 

4. Rhynchonella antidichotoma Buv. sp. Drei. 
Exemplare in EwaLp’s und ein sehr schönes und grosses in 
der Hosıvs’schen Sammlung. Ueber das Verhältniss dieser 
schönen Art zu der von ihm gründlich studirten Rhynchonella 
depressa Sow. sp., deren Varietäten zum Theil allerdings jener 
ziemlich nahe kommen, hat sich Dr. HER“. CREDNER sehr aus- 
führlich ausgesprochen. Obgleich er keine Uebergänge zwi- 
schen beiden nachweisen kann, kommt er doch ]l. ce. p. 557 
zu folgendem Resultate: „Geht man bei der Aufstellung der 
hierher gehörigen Brachiopoden-Arten darauf aus, extreme For- 
men zu vereinigen, sobald Uebergänge zwischen ihnen aufge- 
funden werden können, welche ihre gegenseitige Verwandtschaft 
beweisen, vereinigt man demnach Terebratella oblonga und Pu- 
scheana, so muss auch analog Diesem, mit Rücksicht auf die 
Vorkommen vom Hilter und Ahlten (antidichotome Varietäten 
der Rhynchonella plicatilis und der, wie mir scheint, nicht da- 
von zu trennenden Rhynch. octoplicata U. ScHL.), Rhynch. anti- 
dichotoma nur als eine Varietät von Rhynch. depressa aufgefasst 
werden.“ e 

Ich kann mich diesem Schlusse nicht anschliessen und 
halte es namentlich für sehr bedenklich und trügerisch, auf 
gewisse Analogien hin von den Varietäten einer Art auf die 
einer anderen zu schliessen, da die allerdings viel verbreitete 
Ansicht, dass analoge Arten auch immer analog variiren, durch- 
aus nicht in der Wirklichkeit begründet ist. So würde z. B. 
Nichts, unrichtiger sein als die nach dieser Theorie sehr nahe 
liegenden Schlüsse, dass Rhynch. rimosa dieselbe Veränderlich- 
keit in Bezug auf das Verhältniss zwischen Länge, Breite und 
Dicke zeigte, wie die doch gewiss sehr analoge Rhynch. plica- 
tilis; oder dass die feinen Rippen der ersteren sich in gleicher 


*) Memoires de la Soc. de Phys. et d’Hist. nat. de Geneve, 1864, 
XVII II, p. 441, f. 11—193. 


373 


Weise, wie oft die der nahestehenden Rhynch. fureillata, bevor 
sie antidichotomiren, durch wirkliche Dichotomie vermehrten; 
oder dass Rhynch. paucicosta Rorm. sp. in Bezug auf die An- 
zahl der Rippen ebenso variire, wie die analoge Ahynch. sub- 
serrata Münst. sp.; u. s.w. So sehr ich daher auch mit 
Herrn Dr. CrEDnER in Bezug auf die Zusammengehorigkeit der 
bezeichneten Varietäten der Rhynch. plicatilis Sow. sp. über- 
einstimme (ohne mir jedoch die nach mündlicher Versicherung 
auch von Herrn v. STROMBECK schon seit längerer Zeit wieder 
verlassene Ansicht von der specifischen Untrennbarkeit der 
Terebratella oblonga und Puscheana anzueignen), muss ich doch 
die schöne, stets nur in jungeren Schichten vorkommende Rhynch. 
antidichotoma so lange als specifisch verschieden von Arhynch. 
depressa betrachten, bis das wirkliche Vorhandensein deutli- 
cher Uebergangsformen zwischen beiden nachgewiesen wird. 

Ob das, was Davınson aus dem Farringdon-Sponge-Gravel 
als Varietät der Rhynch. latissima Sow. sp. aus dem Upper- 
Green-Sand ansieht, hierher gehört, wage ich nicht zu ent- 
scheiden. Davıpson selbst scheint über die Zugehörigkeit die- 
ser Formen zu der Art von BuviesiEr sehr zweifelhaft. 

Die mir vorliegenden Exemplare variiren sehr in Bezug 
auf das frühere oder spätere Eintreten der Antidichotomie 
(ähnlich wie Rhynch. fureillata), sowie hinsichtlich der Bildung 
des Sinus. Während einige fast ganz gleichmässig gewolbt 
und ohne Sinus sind, besitzen andere einen ungemein tiefen 
Sinus und entsprechend stark hervortretenden Wulst (nament- 
lich einige Exemplare aus der Gegend von Braunschweig), 
und wieder andere zeigen eine unsymmetrische Entwickelung 
der Stirn nach Art der Rhynch. inconstans. VON STROMBECK *) giebt 
auch als Merkmal der Ahauser Form an, dass bei ihr „die ver- 
einigten Falten nicht so hoch und scharf erscheinen“, wie bei 
der aus der Braunschweiger Gegend; doch beweisen die mir 
vorliegenden Exemplare, dass auch dies Merkmal keineswegs 
constant ist. : 

. Rhynchonella antidichotoma, welche in Frankreich von D ORr- 
BIGNY in’s Albien gestellt wird, ist auch in Norddeutschland nicht 
auf das Niveau des Aptien oder unteren Gault beschränkt, son- 
dern tritt zuerst schon in dem durch den Speeton-Clay (STRoMB.) 
davon getrennten Crioceras-Schichten auf, welche v. STROMBECK 
als oberste Schicht der norddeutschen Hilsformation betrachtet 
und die wohl zum Theil dem Urgonien p’OrB. entsprechen. 
Sie ist in dieser Schicht an mehreren Loecalitäten, besonders 
aber im sogenannten Bohnenkamp bei Querum unweit Braun- 
schweig aufgefunden, wo sie namentlich in Gesellschaft des 
Crioceras Emerici D’ORB. erscheint. Ueber dem Niveau des 
Aptien ist sie dagegen bei uns noch nicht nachgewiesen. 


*) Verh. naturh. Ver. Rheinl, 1858, Westph., S. 447. 


374 


»n: Binywehbireilie Gibbsiana Sow.-sp. Die vor- 
trefflichen Abbildungen, welche Davınsox (Mon. Cret. Br., 1.12, 
f. 11, 12).von dieser eleganten Art gegeben hat, schliessen in 
Verbindung mit der Vergleichung guter ende Typen, die 
ich von Atherfield auf der Insel Wight besitze, jeden Zweifel 
an der Richtigkeit der Bestimmung der Foren vier Exem- 
plare von Ahaus aus, von denen je zwei den beiden unter- 
suchten Sammlungen angehören. Je eine derselben zeichnet 
sich durch etwas bedeutendere Grösse aus, als bei englischen 
Exemplaren vorzukommen pflegt, sonst findet aber eine voll- 
kommene Uebereinstimmung statt, die jede weitere Beschrei- 
bung überflüssig macht. 

Die Gaultschichten von Ahaus scheinen. bis en der erste 
und einzige zuverlässige Fundort der Rhynch. Gibbsiana in Nord- 
deutschland zu sein. Es durfte dies Vorkommen ein neues 
Moment für die Ansicht bieten, dass wenigstens ein Theil des- 
sen, was die Engländer Lower-Green-Sand nennen, dem nord- 
deutschen „unteren Gault“ (nach EwALp) = Aptien D’ORB. ent- 
spricht, wofür schon so manche wichtige Thatsache — nament- 
lich von EwALp*”) — . vorgebracht worden ist. Zwar finden 
sich in der geognostischen Literatur über die. norddeutschen 
Flötzformationen schon mehrfache Citate von Rhynch. Gibbsiana, 
so z. B. bei A. Rosmer, Verst. d. nordd. Kreidegeb., p. 37; 
doch bezieht sich dies Citat auf eine deutlich abweichende Art 
aus der oberen Kreide mit Belemnites quadratus. Aus Frank- 
reich scheint p’ORBIGNY unsere Art nicht zu kennen; denn 
Rhynch. sulcata Park. sp., zu welcher er Terebratula Gibbsian« 
Sow. als Synonym zieht, weicht durch 'gröbere und höhere 
‚Rippen, sowie durch weniger dreieckige Form und gänzlich. 
verschiedenen Sinus davon ab, wie sich schon aus der Ver- 
gleichung der Abbildungen beider Arten bei Davınson ersehen 
lässt. — Die grösste Aehnlichkeit dürfte noch Rhynch. lata 
v’Ore. (t. 491, f. 8—17) haben, doch scheint auch diese durch 
spitzen und geraden Schnabel, sowie durch schärfere Schnabel- 
kanten verschieden zu sein. Einige Aehnlichkeit bietet auch 
Rhynch. Bertheloti Ors.**), welche von D’ORBIGNY in das Oe- 
nomanien gestellt wird, während sie nach Herrn SAaEmann’s 
Mittheilung dem Albien : Die mir vorliegenden fran- 
zösischen Exemplare lassen sich jedoch leicht durch geringere 
Breite und spitzeren Schnabelwinkel bei geringerer Grösse von 
Rhynch. Gibbsiana unterscheiden. 

Die Deutung, welche einige schweizerische Paläontologen, 


*) Monats-Ber. der kön. Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1860, 
p. 392— 348. 
*%) Prodrome de Pal., 20e. &et., no. 536, II, p. 172. 


375 


namentlich neuerdings Ooster*) der Rhynch. Güibbsiana unter- 
legen, muss nach Davınsow’s Darstellung einigermaassen zwei- 
felhaft- erscheinen. Einerseits stimmen schon die Ooster’schen 
Abbildungen zum grössten Theile durchaus nicht mit denen 
Davinson’s überein, indem viele derselben das auch der Rhynch. 
Valangiensis LorioL **) zukommende eigenthümliche Merkmal der 
Längsdepression in der Mitte der kleinen Klappe statt eines 
vorstehenden Wulstes erkennen lassen, was bei der ächten 
Rhynch. Gibbsiana noch nie beobachtet ist; auch das Hinauf- 
reichen des Sinus bis in den Schnabel (Ooster |. ce. f.2) kennt 
man bei letzterer nicht. Andererseits werden eine Reihe von 
Synonymen zu Rhynch. Gibbsiana gezogen, welche zum Theil 
mindestens unerwiesen, zum Theil geradezu unrichtig sein dürf- 
ten. Es sind vorzüglich Rhynch. lata D’ORB. und parvirostris 
Dav., zweifelhaft auch Rhynch. latissima und nuciformis Dav. 
Ueber erstere habe ich mich schon ausgesprochen. Zäynch. 
parvirostris (Sow. sp.) Dav. zeichnet sich durch grössere Breite, 
geradere Schlosskanten, geringere Rippenzahl u. s. w. aus; 
Rhynch. latissima (Sow. sp.) Dav. durch schwächeren und un- 
regelmässigeren Sinus, geraderen Schnabel u. s. w., Zhynch. 
nuciformis durch geringere Breite und geraderen Schnabel u. s. w. 
In neuester Zeit citirt BACHMAnN ***) Rhynch. Gibbsiana aus dem 
schweizerischen alpinen Neocomien und aus dem Aptien in 
Begleitung von Terebratula Kaufmanni BAcHM. sp. nov., tama- 
rindus Sow. und celtica Morrıs, welches letztere Niveau unse- 
rem vorliegenden entsprechen würde. 

Fassen wir nun zum Schluss die Angaben uber das Vor- 
kommen der besprochenen Arten noch einmal übersichtlich 
zusammen, so sehen wir die aus der Gesammtheit der Ahauser 
Gault-Fauna, wie sie von v. STROMBECK und Ewarn dargestellt 
ist, sich ergebende Thatsache, dass nämlich diese Fauna fast 
nur solche Arten enthält, die auch anderweit gleichzeitig und 
unter ähnlichen Verhältnissen gelebt haben, in den Brachiopo- 
den gleichfalls bestätigt. In der That findet sich unter letzte- 
ren keine einzige neue Art oder auch nur erheblich von den 
bekannten Vorkommnissen abweichende Varietät. Aus anderen 
'Lokalitäten im nordwestlichen Deutschland sind von den be- 
sprochenen Arten folgende bekannt: 

-  Terebratula Moutoniana, Megerlia tamarindus, Rhynch. 
antidichotoma ;- | 
aus England kennt man 
Megerlia tamarindus, (Rynch. antidichotoma?), Fhynch. 
Gibbsiana ; er s 


: *) Synopsis des Brachiop. foss. d. Alpes suisses, 1863, p. 53, t. 18 

1—12. 

**) Me&m. Soc. Phys. nat. Geneve, 1864, XVII. II. p. 442, -f. 14—17. 
*%%) Mittheil. d. naturf. Ges. z. Bern, 1864, p. 190 ft. 


376 


aus Frankreich: = 
Terebratula Moutoniana, Megerlia_tamarindus, Terebra- 
tella Astieriana, Rhynch. antidichotoma ; 

aus der Schweiz: 
Terebratula Moutoniana, Megerlia tamarindus, Rhynch. 
antidichotoma und Gibbsiana. 

Hinsichtlich der vertikalen Verbreitung ergiebt sich, 
dass nur Terebratula Astieriana ausschliesslich auf das Aptien 
oder den unteren Gault beschränkt zu sein scheint. Alle übri- 
gen reichen aus tieferen Schichten herauf: Terebratula Mouto- 
niana, die nach v. STROMBECK’s Angaben schon im unteren Neo- 
com beginnt und bis in die obersten Schichten des unteren 
Gault (Niveau der Gargas-Mergel) fortsetzt; Megerlia tamarin- 
dus, in gleicher Tiefe beginnend, war bisher nur bis hinauf 
zum Speeton-Clay (von CREDNER) verfolgt, während wir sie jetzt 
noch im unteren Gault von Ahaus kennen gelernt haben, ja 
es scheinen selbst Spuren nicht zu fehlen, dass sie vielleicht 
bis in das Niveau der Gargas-Mergel hinaufreicht; Bhynch. 
antidichotoma wurde von v. STROMBECK Schon in den als ober- 
stes Niveau des Hils betrachteten Crioceras-Schichten nachge- 
wiesen und geht nach den französischen Angaben sogar bis 
in’s Albien hinauf; endlich Rhynch. Gibbsiana, die nach fremden 
Angaben in der Schweiz im Neocom beginnt, mit Sicherheit > 
aber erst im Aptien (Lower-Green-Sand) nachgewiesen ist. 

Es liest in diesen Thatsachen wiederum ein Beweis, wie 
eng unsere Hils- und Gault-Formation mit einander verbunden 
sind; eine Erscheinung, von der die Unsicherheit der norddeut- 
schen Geognosten über die Frage, wo die Grenze zwischen 
beiden gezogen werden müsse, eine natürliche Folge ist. Wie 
ich über solche Fragen denke, habe ich schon mehrmals aus- 
zusprechen Gelegenheit gehabt und brauche es daher hier nicht 
zu wiederholen. 

Dass auch in England und Frankreich nicht nur zwischen 
dem Aptien und Albien, sondern auch zwischen dem ersteren 
und dem Neocomien in jeder Hinsicht die engsten Beziehungen 
stattfinden, zeigen u. a. besonders die schonen Arbeiten von 
CoRNUEL.*) 


*) Bull. de la Soc. geol. de France, 2e serie, XVII, p- 736; ER, 
p. 575; XXI, p. 300 etc. 


= Druck von dJ. F. Starcke in Berlin. 


KAY 17. 1866 
NY 1. 100% 


Zeitschrift 


der 


Deutschen geologischen Gesellschaft, 
3. Heft (Mai, Juni und Juli 1866). 


A. Verhandlungen der Gesellschaft. 


1. Protokoll der Maı -Sıtzung. 


Verhandelt Berlin, den 2. Mai 1866, 


Vorsitzender: Herr G. Rosr. 

Das Protokoll der April-Sitzung wird verlesen und ge- 
nehmigt. 

Für die Bibliothek sind eingegangen: 

A. Als Geschenke: 

M. DAUBREE, ewperiences synthetiques relatives aux meteorites. 
Paris. 1866. — Esxir. des Comptes rendus des scances de l’aca- 
demie des sciences, tome 62. 

A. MvVLLER und EscHER voN DER ListH, Alpenpanorama 
vom Höhenschwand. Nebst Erläuterungen von A. MÜLLER. 

M. SADEBECK, zwei Vorträge über die Schneekoppe. Bres- 
lau. 1864. 

A. MÜLLER, über die Wiesenbergkette im Basler Jura. 

A. MÜLLER, über die krystallinischen Gesteine der Umge- 
bungen des Maderanerthales. 

H. ABıch, Apergu de mes voyages en Transcaucasie en 1865. 
Moscou 1865. 
| R. Pony, notice of an account of ee observations 

in China, Japan and Mongolia. 1866. — Sep.-Abdr. aus dem 
American Journal of Science and arts. Vol. 41. 

A. Bou£, über die mineralogisch-paläontologische Bestim- 
mung der geologischen Gebilde, sammt Beispiele über Anwen- 
dung zur Feststellung der Geologie des Erdballs. Wien. 1865. 
Sep.-Abdr. aus d. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wiss. Bd. 52. 

Erster Jahresbericht über die Wirksamkeit der beiden Co- 

Zeits.d.d. geol.Ges. XVII. 3. 25 


378 


mites für die naturwissenschaftliche Durchforschung von Böh- 
men im Jahre 1864. Prag. 1865. 

STARING, geologische Kaart van Nederland; Sectionen: Peel, 
Texel, Kennemerland. 

Dublin, international exhibition 1865. Kingdom of Italy. 
Second Edition. Turin. 1865. 
| B. Im Austausch: 

Berichte über die Verhandlungen der naiurforschenden Ge- 
sellschaft zu Freiberg i. B. Ba. I. Heft 1-4. 1855—1858. Bd. H. 
Heft 1—4. 1859— 1862. 

Bulletin de la societe imperiale des naturalistes de Moscou. 
N. 4 Jahrg. 1865. Supplement au N. 4 de 1865. Moscou. 
18695. el 

Verhandlungen der kais. Gesellschaft für die gesammte 
Mineralogie zu St. Petersburg. 1864. Jahrg. 1863. 

Verhandlungen der naturforschenden Gesellschaft zu Basel. 
4. Theil, 2. Heft. Basel. 1866. 

Mittheilungen aus J. PERTHES’ geographischer Anstalt von 
Perermann. 1865 N. 12; 1866 N. 2 u. 3. Gotha. 

Verhandlungen der k. k. geolog. Reichsanstalt in Wien. 
Sitzungen vom 6. Februar und 17. April 1866. 

Archiv für wissenschaftliche Kunde von Russland, Beranse: 
von Eruan. Bd. 24 Heft 2. Berlin. 1865. 

The quarterly Journal of the geological society. Vol. 22 Part. 1. 
N. 85. London. 1865. — List of the geological society of Lon- 
don. 1869. | 

Journal of the royal geological society of Ireland. Vol. I. 
Part. I. 185}. Edinburg 1865. 

Annales des mines.  Sixieme Serie. Tome VIH. Livr. 5 de 
1865. Paris. 

Abhandlungen der Sankentiengehen naturforschenden Ge- 
sellschaft. Bd. 5. Heft 3 u. 4. Frankfurt a. M. 1865. 

Annales del Museo publico de Buenos Aires. Por: BURMEI- - 
STER. Entrega primera. 1864. 

Catalogue of the collections of fossils in the museum of prac- 
tical geology. London. 1865. 

Catalogue of the. contents of the mining record ‚office in the 
museum of practical geology. London. 1858. 

Catalogue of the rocks-specimens in the museum of practical 
geology. London. 1862. 


379 


Catalogue of the mineral-colleetions in the museum of prac- 
tical geology. London. 1864. 

Catalogue of the geological, mining and metallurgical models 
in the museum of practical geology. London. 1865. 

Catalogue of the published maps, sections. memoirs and other 
publications of the geological survey of the united kingdom. Lon- 
don 1865. 

Appendix to the mineral statistics of the united kingdom of 
Great-Britain and Ireland for the year 1861. London. 1862. — 
Mineral-statisties ete. for 1862. London. 1863. — Mineral-sta- 
tisties ete. for 1863. London. 1864. — Mineral-statisties etc. for 
1864. London. 1865. 

Memoirs of the geological survey of Great-Britain and of 
the museum of practical geology. London. 1859: 2 Hefte. — 
1860: 4 Hefte. — 1861: 8 Hefte. — 1862: 5 Hefte. — 1864: 
5 Hefte. 

Memoirs etc. Figures and descriptions of British organie re- 
mains. Monograph I. London. 1859. Mit 1 Heft Abbildungen. — 
Monograph II. London. 1864. Mit 1 Heft Abbildungen. — De- 
cade XI. London. 1864. 

Ausserdem wurde vorgelegt: 

Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft. Bd. 17 
Heft 4. Berlin 1865. In 3 Exemplaren. 

Ferner wurde der Gesellschaft Kenntniss gegeben von einer 
durch die Herren Fr. TrıscHera, G. Costa, E. Pxssına und 
S. DE RengI unterzeichneten Einladung zur Betheiligung an dem 
am 9. bis 23. September d. J. in Neapel abzuhaltenden ausser- 
ordentlichen, naturwissenschaftlichen, italienischen Congress. 

Herr RamMELSBERG sprach hierauf über die chemische Zu- 
sammensetzung der Feldspathe mit Rücksicht auf die in den 
Sitzungsberichten der kais. Akademie der Wissenschaften zu 
Wien Bd. 50, 1. Abtheilung, S. 566f. von TscHERMAR aufge- 
stellte Theorie derselben, welcher sich der Vortragende an- 
schloss. (Vergl. den betreffenden Aufsatz in dieser Zeitschrift 
Bd..18 S. 200.) 

Herr Weooine legte ein Stück krystallisirter Schlacke vor, 
welche beim Verschmelzen der Mansfelder Kupferschiefer jetzt 
nicht selten fällt, nachdem man die Schlacke beim Ablaufen 
aus dem Heerde in tiegelartigen Gefässen zu sammeln pflegt, 
um etwa eingemengtem Stein Gelegenheit zu geben, sich ab- 

25 * 


380 


zusetzen, Der Unterschied dieses langsam abgekuhlten, in der 
Grundmasse vollkommen steinigen Produkts gegen das früher 
bei schneller Abkühlung erzeugte, beinahe glasige ist sehr in 
die Augen fallend. Nach Herrn RAuMmELSBERG ist die Krystall- 
form die des Augits. 2 

Herr TamnAau sprach über verschiedene, von ihm vorgelegte 
Gegenstände, die Herr Baron v. BUGGENHAGEN, ein geborener 
Preusse, der seit vielen Jahren auf seinen Besitzungen auf 
Banda, einer der östlichsten kleinen Mollucken, lebt, bei sei- 
nem Besuch von dort mitgebracht hat. 

Zuvörderst eine Reihe von Stücken der sogenannten ess- 
baren Erde, Tanah poang der Malayen, die sich auf ver- 
schiedenen Punkten der Insel Ceram, besonders zu‘ Celar 
und zu Ta auf der Sudküste der genannten Insel findet. Es 
sind dies weissgraue, zuweilen bräunlichrothe, mehr oder minder 
verhärtete Thone oder lehmartige Massen, die sich im. Wasser 
erweichen, und die dann als Brei genossen werden. In Zeiten 
der Noth sollen ganze Stämme der Malayen und der Papuas 
auf Borneo, Celebes, Ceram, Neu-Guinea u. s. w. fast aus- 
schliesslich von dieser Erde leben, die in der Form von flachen 
Ziegelsteinen als Waare auf vielen Märkten jener Gegenden 
verkauft wird. Wahrscheinlich enthalten diese Erden grössere 
oder geringere Mengen von Infusorien, analog dem ähnlichen 
Vorkommen namentlich in der essbaren Erde aus Patagonien, 
doch mussten die Untersuchungen darüber wegen Herrn EHrEN- 
BERG’S Krankheit noch aufgeschoben werden. 

Sodann eine Sammlung der merkwürdigen und so überaus 
seltenen sogenannten Cocos-Perlen. Es sind dies milchweisse, 
zuweilen gelbliche, kugelrunde, mitunter eirunde, selten birnför- 
mige, den gewöhnlichen Perlen sehr ähnliche, steinartige Massen, 
die sich als sehr grosse -Seltenheiten in dem Kern von Cocos- 
Nüssen, und noch seltener in einigen andern Früchten des 
südöstlichen indischen Archipels finden. Die vorliegenden 
Stücke sind von der Grösse eines Stecknadelknopfes bis zu 
der einer Kirsche. Sie sind zuweilen glänzend und etwas 
durchscheinend, und sie werden dann von -den Rajahs und 
Malayen-Fürsten jener Gegenden sehr hoch geschätzt, wie ge- 
wöhnliche Perlen bezahlt und als Schmuck oder Edelgestein 
getragen. Die Härte der Cocos-Perle ist nach Bacon ziemlich 
die des Feldspathes und übersteigt also die der gewöhnlichen 


- 


381 


Perle bedeutend. Die erste Nachricht über die Cocos-Perlen 
verdanken wir RuurHivs, der sie in seinem Herbarium Am- 
boinense (I. p. 21) ausführlich beschreibt, auch angiebt, dass 
sie in den Cocos-Nüssen von Macassar auf Celebes weniger 
selten als an anderen Punkten erscheinen. Er brachte eine 
derartige Perle mit nach Europa, die er im Jahr 1862, in einen 
Ring gefasst, dem damaligen Grossherzoge von Toskana zum 
Geschenk machte. In neuerer Zeit hat J. Bacon in den 
Proceedings of the Boston society of natural history (T. VI. 
p: 270. 1860) eine Untersuchung einer derartigen Perle bekannt 
gemacht, die in Singapoor angekauft war. Er fand sie aus koh- 
lensaurer Kalkerde mit sehr geringer organischer Beimischung 
_ eines eiweissartigen Stoffes bestehend, und es erscheint dies 
um so merkwürdiger, da weder die Milch noch der Kern der 
Coeos-Nuss kohlensaure Kalkerde enthält. Bei starker Ver- 
grösserung findet man, dass die Cocos-Perle aus concentrischen 
Lagen ohne irgend einen Kern gebildet ist. Diese Lagen 
scheinen aus sehr kleinen krystallinischen Theilchen zusam- 
mengesetzt; ob aber diese krystallinischen Theilchen rhomboe- 
drisch sind und dem Kalkspath zugehören, oder prismatisch 
(rhombisch) und dem Arragonit zugezählt werden müssen, 
hat sich bisher nicht bestimmen lassen. 

Endlich eine Partie sogenannter Edelsteine, die der Rei- 
sende in Punte de Galle auf Ceylon bei der Durchreise ge- 
kauft hatte. Es sind abgerundete Geschiebe, Krystallbruch- 
stüucke und Krystalle, an denen man nur wenige Flächen unter- 
scheiden kann, von der Grösse einer kleinen Erbse bis zu der 
einer kleinen Haselnuss. So weit sie sich bestimmen lassen, 
bestehen sie aus Sapphir in hellern und dunkleren blauen Fär- 
bungen, Zirkon, Spinell (Ceylanit), Granat, Quarz u. s. w. 
Sie stammen wahrscheinlich von Ratnapura auf Ceylon, wo sie 
aus einer mit grösseren und kleineren Geschieben angefullten 
Erdschicht gewonnen und aus dem jene Erdschicht durchbre- 
ehenden Strome aufgefischt oder ausgewaschen werden. 

Endlich sprach Herr Eck über die Versteinerungen des 
Grenzdolomits bei der Bodenmüuhle unweit Bayreuth. In dem 
Jahrbuche der kais. königl. geologischen Reichsanstalt zu Wien, 
Jahrg. X., 1859, S. 22 hatte Herr GumBEL (in einem Aufsatze . 
über die Aequivalente der St. Cassianer Schichten im Keuper 
Frankens) aus dem Grenzdolomit zwischen der Lettenkohlen- 


382 


gruppe und dem Keuper an den Ufern des Mains unterhalb 
der Bodenmühle bei Bayreuth eine Anzahl Versteinerungen auf- 
geführt, welche, als Cardita crenata, Mwyophoria Kefersteini 
Goupr., Myophoria lineata Munst., Myophoria curvirostris, Myo- 
phoria Whateleyae Bucu, Bakewellia costata var. genuina SCHAUR., 
Arca impressa Münst., 'Nucula sulcellata Münst., Lingula te- 
nuissima Br., Orbicula discoides bestimmt, ihn veranlassten, den 
Grenzdolomit des deutschen Keupers für ein Aequivalent der 
Cardita- oder Raibler Schichten in den alpinen Triasablage- 
rungen zu erklären. Auch in desselben Autors geognostischer 
Beschreibung des bayerischen Alpengebirges und seines Vor- 
landes, Gotha, 1861, wurden $S. 213 die Bestimmungen der an- 
geführten Versteinerungen aufrecht erhalten. Lässt man von 
den letzteren diejenigen Arten ausser Betracht, welche zu einer 
Vergleichung bestimmter Niveaus deutscher und alpiner Trias- 
Ablagerungen überhaupt nicht geeignet sind, und zwar theils 
wegen ihres Vorkommens in mehreren Schichtengruppen, theils 
weil sie ihr Citat nach des Autors eigener Angabe nur der 
Identifieirung deutscher Triasformen mit alpinen verdanken, — 
namlich: Orbicula discoides, Lingula _ tenuissima, Bakewellia 
costata, Mwyophoria curvirostris (wohl M. curvirostris GOLDF. 
= M. elegans Dunk., nicht M. curvirostris ScuLoru.), Myopho- 
ria Kefersteini, mit welcher die Myophoria pes anseris, ferner 
Arca impressa, mit welcher Myacites longus SchH., endlich Myo- 
phoria lineata, mit welcher die Myophoria Struckmanni STROMB. 
zusammengefasst wurde, — so bleiben nur C(ardita crenata, 
Myophoria Whateleyae und Nuecula sulcellata als Versteinerun- 
gen übrig, welche zu einer Vergleichung des einschliessenden 
Dolomites mit den Raibler Schichten berechtigen würden. Bei 
einer Excursion in die Gegend von Bayreuth, auf welcher der 
Redner Herrn Bryrıca begleitete, wurden an der bezeichneten 
Lokalität unter rothen und grünen Mergel- und Sandsteinschie- 
fern zunächst ein gelblichgrüner Sandstein, dann wiederum 
rothe Mergel- und Sandsteinschiefer mit den bekannten Pseudo- 
morphosen nach Steinsalz und mit einer grünen Kalkbank, 
welche zahlreiche undeutliche Zweischaler einschliesst, ferner 


— 


ein grobkörniger Arkosesandstein und endlich rothe Mergel- 


schiefer als Ablagerungen, welche dem mittleren Keuper ange- 
hören, vorgefunden. Ihnen folgt nach unten der Grenzdolomit 
in der gewöhnlichen petrographischen Beschaffenheit, in wel- 


: 383 


chem zwar Mwyophoria Goldfussi Aus. (auf den Abdrücken mit 
den charakteristischen Rippen auf dem Analfelde, welche diese 
Art von der ähnlichen Myophoria costata ZENK. unterscheiden, 
und mit dem Eindrucke der Muskelleiste auf den Steinkernen), 
wie überall in dem erwähnten Niveau, in grosser Häufigkeit, 
ferner Myophoria intermedia SCHAUR., Myophoria vulgaris ScHL. 
sp-, Gervillia costata Schu. sp., Gervillia, lineata Cren. u. s. w., 
aber .keine alpinen Versteinerungen aufgefunden wurden. Da 
nun Myophoria Goldfussi in dem von Herrn GUnBEL gegebenen 
Verzeichnisse nicht aufgeführt wird, dieselbe aber an der be- 
zeichneten Stelle in „ausserordentlicher Häufigkeit angetroffen 
wird, so ist es in hohem Grade wahrscheinlich, dass Exem- 
plare dieser Art von dem genannten Autor als Cardita crenata 
und Myophkoria Whateleyae gedeutet worden sind. Diese Ver- 
muthung wird fast zur Gewissheit, da in einer späteren Arbeit 
desselben Autors uber die geognostischen Verhältnisse des 
fränkischen Triasgebietes in der Bavaria, Bd. 4 Heft XL, 
1865, der oben aufgeführten Versteinerungen nicht mehr Er- 
wähnung geschieht. Da indess auch eine ausdrückliche Zu- 
rucknahme der obigen Bestimmungen nicht erfolgt ist, so schien 
es bei der Wichtigkeit des Gegenstandes angemessen, darauf 
hinzuweisen, dass dieselben in Zukunft zu einem Ausgangs- 
punkte für Vergleichungen bestimmter Schichtencomplexe in 
dem deutschen Keuper mit alpinen Triasablagerungen nicht 
gemacht werden dürfen. 
‚Hierauf ward die Sitzung geschlossen. ; 
v. w. 0. 
G. Rose. Beykıcah. Eox. 


2. Protokoll der Juni - Sıtzung. 
Verhandelt Berlin, den 6. Juni 156b. 


Vorsitzender: Herr G. Rosr. 

Das Protokoll der Mai -Sitzung wurde verlesen und ge- 
nehmigt. 

Der Gesellschaft ist als Mitglied beigetreten: 


334 


Herr Berginspector HAucHEcornE in Berlin, 
vorgeschlagen durch die Herren BEYRICH, G. Rose 
und EwAaL». 

Für die Bibliothek sind eingegangen: 

A. Als Geschenke: 

K. A. Zırtes, die Bivalven der Gosaugebilde in den nord- 
östlichen Alpen. 1. Theil 2. Hälfte. Wien. 1866. — Sep. aus 
den Denkschriften der math.-naturwiss. Klasse der kais. Akad. 
d. Wiss. Bd. 25. | 

A. E. Reuss, die Foraminiferen und Ostracoden der Kreide 
am Kanara-See bei Küstendsche. — Sep. aus den Sitzungsbe- 
richten d. kais. Akad. d. Wiss. zu Wien. Bd. 52. 

DELESSE, recherches sur Bann, des roches. Paris. 1865. — 
Geschenk des Verfassers. 

H. Le Hon, histoire complete de la grande eruption du Ve- 
suve de 1631. Bruzxelles. 1866. — Geschenk des Verfassers. 
! C. W. GümBEL, über das Vorkommen von Eozoon im ost- 
bayerischen Urgebirge. — Sep. aus d. Sitzungsber. d. k. Akad. 
d. Wiss. in München. 1866. I. 1. 

G. LausE, die Bivalven des braunen Jura von Balin. — 
Sep. aus d. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissens. in Wien. 
Bd. 53. 1866. 

G. LAuBE, die Echinodermen des braunen Jura von Ba- 
lin. — Sep. ebendaher. 

A. Reuss, die Bryozoen, Anthozoen und Spongiarien des 
braunen Jura von Balin. — Sep. ebendaher. 

W. STARING, over oude meer-oeverbanken op Java. Amster- 
dam. 1866. — Sep. aus d. Mittheil. d. k. Akad. d. Wiss., Abth. 
für Naturkunde, 2. Reihe, Th. 1. 

Berg- und hüttenmännische Zeitung von B. KerL und F. 
Wımner. Jahrg. 25. N. 9. 1866. 

B. Im Austausch: 

Bericht über die Thätigkeit der St. Gallischen naturwissen- 
schaftlichen Gesellschaft während des Vereinsjahres 1863—64. 
St. Gallen. 1864. 

Mittheilungen der naturforschenden Gesellschaft in Bern 
aus dem Jahre 1865. N. 580—602. Bern. 1866. 

Bulletin de la societe geologique de France. Ser. II. Tome 
XXII. Feuilles 27—36. Tome XXIII, Feuilles 1—12. Paris. 
18. 


385 


Actes de la Societe Helvetique des sciences naturelles reunie 
a Geneve les 21, 22 et 23 aoüt 1865. 4AY9me session. Compte 
rendu 1869. Geneve. | 

Neue Denkschriften der allgemeinen schweizerischen Ge- 
sellschaft für die gesammten Naturwissenschaften. Bd. 21 od. 
3. Dekade, Bd. I. Zürich. 1865. 

Geschichte der schweizerischen naturforschenden Gesell- 
schaft zur Erinnerung an den Stiftungstag, den 6. October 1815, 
und zur Feier des 50jährigen Jubiläums in Genf am 21., 22. 
und 23. August 1865. Zürich. 1865. 

Annales de la societe d’agriculture, sciences, arts et commerce 
du Puy. Tome XXV.1862. Tome XXV1.1863. Le Puy. 18°. 

Archiv für wissenschaftliche Kunde von Russland. Herausg. 
v. Erman. Bd. 24 Heft 4. Berlin. 1866. 

Mittheilungen aus J. PERTHES’ geographischer Anstalt ven 
A. Prrermans. 1866. IV. Gotha. 

Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der preuss. 
Rheinlande und Westphalens. Herausg. v. Anprä. Jahrg. 22. 
3. Folge, 2. Jahrg., 1. u. 2. Hälfte. Bonn 1865. 

The journal of the royal Irish society. N. 34. Dublin. 1865. 
2 Exemplare. 

Proceedings of the American philosophical society, held at 
Philadelphia. Vol. X. N. 73 u. 74. 1865. 

Transactions of the American philosophical society, held at 
Philadelphia. Vol. XIII. New Series. Part II. Art. VII.: on 
the Myriapoda of North America. Philadelphia 1865. 

Ausserdem sind der Gesellschaft im Austauch gegen die 
_ dreizehn ersten Bände ihrer Zeitschrift von der naturforschen- 
den Gesellschaft zu Hannover zugegangen: 

J. J. SCHEUCHZER, Kupferbibel, in welcher die Physica 
Saera oder geheiligte Naturwissenschafft derer in Heil. Schrifft 
vorkommenden natürlichen Sachen deutlich erklärt und bewährt. 
Augspurg und Ulm 1731. 5 Abtheilungen. 

J. G. EBEL, über den Bau der Erde in dem eh 
2 Bände. Zürich, 1808. 

M. REINECKE, Maris protogaei Nautilos et Argonautas. Co- 
burgi. 1818. 

F. Mous, Versuch einer Elementarmethode zur naturhisto- 
. rischen Bestimmung und Erkennung der Fossilien, 1. Theil. 
Wien. 1812. 2 


386 


O. VoLGER, Versuch einer Monographie des Borazites. 
Hannover. 1855. | | 

H. G. Brons, System der urweltlichen Conchylien. Hei- 
delberg. 1824. | 

©. ©. Leoxuarv, J. H. Kopr und C. L. Gärtner, Propä- 
deutik-der Mineralogie. 1 Bd. Text und 1 Bd. Atlas. Frank- 
furt a. M. 1817. 

Herr LAsarn sprach über die geognostischen ‘Verhältnisse 
Helgolands unter Erwähnung des vorhandenen literarischen 
Materials von WIEBEL, VOLGER, MEYN und Hauer. Die älte- 
ste dieser Arbeiten, die von WIEBEL, nimmt noch immer die 
hervorragendste Stelle ein, während in HaLLırr’s „Nordseestu- 
dien“ in geognostischer Hinsicht Irrthümer untergelaufen sind, 
welche bereits von Mzyn widerlegt worden. Der Redner legte 
fossile, dem Muschelkalk angehörige, bei Gelegenheit seiner 
im Sommer 1864 gemachten, geognostischen Untersuchungen 
Helgolands acquirirte Saurierreste vor. Sie charakterisiren sich 
als Reste von Macrotrachelen, wie selbe im Muschelkalk von 
Jena vorkommen. Die Macrotracheli gehören bekanntlich ebenso 
wie die Brachytracheli za den Nexipoden. Der vorliegende 
Wirbel ist gut erhalten, vorzüglich aber der Oberarnıknochen, 
an welchem das charakteristische Loch deutlich wahrnehmbar 
ist (vergl. H. v. MEYER, die Saurier des Muschelkalks. Frank- 
furt a. M. 1847—1855. 8. 52): Obgleich auch noch ein Stück 
vom Beckenknochen und ein Stückchen einer Rippe vorhan- 
den, vermochte der bedeutendste Kenner fossiler Reptilien, H. 
v. MEYER, nicht, mit Sicherheit zu bestimmen, ob diese Reste 
dem Nothosaurus, Conchiosaurus, Pistosaurus, Simosaurus, 
und ob sie einer der benannten oder neuen Species zuzuzählen 
sind. Die in der hiesigen Universitäts-Sammlung befindlichen 
Saurierreste von Helgoland (aus Stücken einer Rippe beste- 
hend), welche Herr Professor BeYrıch dem Vortragenden zur 
Untersuchung zu überlassen die Güte hatte, entstammen im 
Gegensatz zu obigen, an der Witen-Klif gefundenen Resten 
dem anstehenden Gestein von Helgoland, das von WIEBEL für 
bunten Sandstein, von VoLGER für Keuper gehalten wird. Nach 
Mittheilung des letzteren hätte derselbe ähnliche wie die vor- 
liegenden Muschelkalk-Saurierreste vor 20 Jahren auf Helgoland 
gefunden; ausser einer kurzen Notiz in LeonuArp und Bronn’s 
Jahrbuch, 1848, findet sich keine nähere Angabe darüber vor. 


- 


387 


In Anbetracht der Wichtigkeit dieser Reste bittet der Redner 
die Helgoland besuchenden Geognosten, ihre Aufmerksamkeit 
denselben zuwenden zu wollen. 

Herr Eck bemerkte hierzu, dass sich ein weiteres Beleg- 
stück für die Existenz des Muschelkalks bei Helgoland in der 
Sammlung des Herrn Dr. Rorz befinde, nämlich eine mit Myo- 
phoria orbicularis dicht bedeckte Kalksteinplatte, welche von 
Herrn Rorz am Nordhorn aufgelesen wurde und besonders 
deshalb von Interesse ist, weil sie das Vorhandensein eines 
bestimmten Niveaus der genannten Formation, nämlich der 
oberen Abtheilung des unteren Muschelkalks, erweise. 

Herr SADEBECK legte einige Petrefakten vor, welche er 
bei Nemitz unweit Gülzow in Hinterpommern gesammelt hatte. 
Von derselben Lokalität sind Versteinerungen schon von WESSEL 
und Herrn Professor BEYRIcH angeführt worden. WesseL hielt 
das Gestein für anstehend; aus dem jetzigen Aufschluss geht 
jedoch hervor, dass es sich auf secundärer Lagerstätte befindet. 
Der Bruch besteht nämlich aus Kreidemergeln, und nur in der 
Mitte befindet sich ein Block jurassischen Gesteins, unter wel- 
chem jedoch wieder die Kreidemergel aufgeschlossen sind; auch 
an den Wänden des Bruches findet sich keine Spur des Ge- 
steins. Die Hauptmasse dieses Blockes besteht aus einem 
feinkörnigen. oolithischen Kalkstein von schwarzer Farbe, wel- 
cher durch unregelmässig in seiner Masse zerstreute Knollen 
ein sehr charakteristisches Aussehen erhält. Unter diesem Kalk- 
stein befindet sich ein schwarzer Thon, welcher dieselben orga- 
nischen Reste einschliesst. Von Petrefakten wurden folgende, 
für die Altersbestimmung besonders wichtige hervorgehoben: 
Rhynchonella varians SCHLOTH., Pecten lens Sow., Avicula echi- 
nata Sow., Astarte Parkinsoni Quenst., Dentalium entaloides 
Desı., Belemnites Beyrichi OrpEL und Ammonites aspidoides 
OPPEL, welchen neuerlichst U. SCHLÖNBACH zu Ammonites sub- 
radiatus Sow. gestellt hat. 

Vergleicht man diese Arten mit den Orprr’schen Angaben 
über ihre vertikale Verbreitung in England, Frankreich, der 
Schweiz und der schwäbischen Alp, so stellt sich ‘als ihr Ni- 
veau die Zone der Terebratula lagenalis der Bathformation her- 
aus, und zwar der obere Theil derselben; es sind also Schich- 
ten, die dem englischen Cornbrash gleichstehen. Nach QUEN- 
steprT’s Eintheilung sind die Schichten den Dentalienthonen des 


388. 


braunen Jura = aequivalent, und im nordwestlichen Deutsch- 
land entsprechen sie der Zone der Ostrea Knorri SEEB. 

Herr G. Rose legte ein Stück Granitit vor, das sich als 
Geschiebe auf der Insel Wollin gefunden hatte und eine grosse 
Aehnlichkeit hat mit dem bei Wiborg am Finnischen Meerbu- 
sen vorkommenden Granitite, der in Petersburg vielfältig zu 
Bauten und Monumenten aller Art benutzt wird. Dieser Gra- 
nitit ist durch seine grossen eingeschlossenen Feldspathkrystalle 
ausgezeichnet, die stets mit einer oft mehrere Linien dicken 
Hülle von grünlichweissem Oligoklas, der mit ihm regelmässig 
verwachsen ist, umgeben sind, woran er leicht wieder zu er- 
kennen ist. Dieser Feldspath findet sich auf eine gleiche Weise 
in‘ dem Geschiebe von Wollin und ebenso auch alle übrigen 
Gemengtheile in gleicher Beschaffenheit. Von allen Geschieben 
der norddeutschen Niederung nimmt man bekanntlich eine Ab- 
stammung aus dem Norden an; es ist aber immer interessant, 
wenn man Geschiebe findet, die mit Gebirgsarten einer ganz 
bestimmten Gegend so viel Aehnlichkeit haben, dass man an 
ihrer Uebereinstimmung nicht zweifeln kann. Der Redner 
machte noch darauf aufmerksam, dass die Geschiebe auf der 
Insel Wollin eine halbe Meile südlich von Misdroi zu langen 
Hügelreihen zusammengehäuft vorkommen, wie dies auch zwi- 
schen Oderberg und Werbellin der Fall ist, und hier wie dort 
wie in einem Steinbruch gewonnen werden. 

‘Endlich legte Herr BeyrıcHh einen von Herrn Dr. KüseL im 
Septarienthon von Freienwalde aufgefundenen Carcharodonzahn 
vor. Zähne dieser Gattung waren in gleichalterigen Bildungen 
bisher nur in den Thonen von Boom in Belgien, nie in der 
Umgegend von Berlin gefunden worden, wo überhaupt Fisch- 
_ reste im Septarienthon (man kennt nur Zähne einiger Arten 
der Gattung: Lamna und Notidanus von Hermsdorf) zu den 
Seltenheiten gehören. Nach Herrn Lasarp soll diese Zahnform 
in Ablagerungen gleichen Alters auch am Doberge beobachtet 
worden sein. 

Hierauf ward die Sitzung geschlossen. 

! v. w. 0. 
G. Rose. DBEYRICH. Eck. 


389 


3. Protokoll der Julı - Sıtzung. 


Verhandelt Berlin, den 4. Juli 1866. 


Vorsitzender: Herr G. Rose. 

Das Protokoll der ie wurde verlesen und ge- 
nehmigt. 

Der Gesellschaft ist als. Mitglied beigetreten: 

Herr W. BöLscHE aus Braunschweig, z. Z. in Göttingen, 
vorgeschlagen durch die Herren BryricHh, v. SEr- 
BACH, Eck. 
Für die Bibliothek sind een 
A. Als Geschenke: _ 

H. Asıch, Einleitende Grundzüge der Geologie der Halb- 
insel Kertsch und Timan, nebst Karten und Profilen. St. Pe- 
tersburg. 1865. — Sep. aus den Memoires de l’academie impe- 
riale des sciences de St. Petersbourg. Ser. VII. Tome IX. N.4. 

A. WIncHELL and O. Marcy, Enumeration of fossils collected 
in the Niagara limestone at Chicago, Illinois. Cambridge. 1869. 
— Sep. aus den Memoirs read before the Boston society of na- 
tural history. Vol. I. N.1. 

A. WInNcHELL, Some indications of a northward. transporta- 
tion of drift materials in the lower peninsula of Michigan. — 
Sep. aus dem American Journal of Science and arts. Vol. XL. 
Nov. 1865. 

A. WincHELL, Descriptions of new species of fossils, from 
the Marshall Group of Michigan, and its supposed equivalent, in 


other States. — Sep. aus dem Journal of natural sciences of 
Philadelphia. : 
J. Marcov, Le Niagara quinze ans apres. — Sep. aus dem 


Bulletin de la societe geologique de France. Ser. II. Tome XXII. 
pag. 190. 

J. Marcou, Notice sur les gisements des lentilles trilobiti- 
Jeres taconiques de la Pointe-Levis, au Canada. — Sep. aus dem 
Bulletin de la societe geol. de France. Ser. II. t. XXI. p. 236. 

J. MaRcoU, Une reconnaissance geologigque au Nebraska. — 
Sep. aus dem Bull. d. 1. soc. Br de Brönse: Ser. II. t. XX1. 
2 132. 

J. Marcou, Leiter to M. JoacHım BARRANDE, on the Taco- 
nic rocks of Vermont and Canada. Cambridge. 1862. 


390 


J. Mırcov, Observations on the terms „‚Peneen“, „Permian“ 
and „Dyas“. — Sep. aus den Proceedings of the Boston Soc. 
of Nat. hist. Vol. IX. Febr. 1862. 

J. Marcou, Notes on the cretaceous and carboniferous rocks 
of Texas. — Sep. aus den Proceed. of the Boston ‚Soc. of Nat. 
Hist. Vol. VIII. Jan. 1861. 

H. Worr, Bericht über die Wasserverhältnisse der Um- 
gebung der Stadt Teplitz zum Zwecke einer entsprechenden 
Wasserversorgung von Teplitz. — Sep. aus dem Jahrh. d. k.. 
k. geol. Reichsanst. Bd. XV. 1865. S. 403. 

H. Wour, Barometrische Höhenmessungen in der Debrud- 
scha, ausgeführt durch Herrn Professor. Dr. K. Prrers im 
Sommer 1864, berechnet durch H. Worr. — Sep. aus dem 
Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanst. Bd. 15. 1865.. Heft 4. 

Catalogo di libri sui vulcani e tremuoti vendibili in Napoli, 
presso ALBERTO DETKEN. Napoli. 1866. 

B. Im Austausch: 

Jahrbuch des naturhistorischen Zahlen von Kärn- 
then. Heft 7. 1884. 

kresburehe A naturforschenden Gesellschaft Graubün- 
dens. Neue Folge. 8. u. 9. Jahrg. Chur. 1863 und 1864. 

Archives Neerlandaises des sciences ewactes et naturelles. 
Red. par v. BaunHaver. Tome I. Livr. 1 et 2. La Haye 1866. 

Zweiter Jahresbericht des Vereines der Aerzte in Steier- 
mark. 18%. Graz. 1866. 

The. guigirtenkgy Journal of the geological society. Vol. XXTN. 
Part. 2. May 1866. N. 86. London. 

Verhandlungen “und Mittheilungen des Siebenburgischen 
Vereins für Naturwissenschaften zu Hermannstadt. Jahrg. XVI. 
1865. 

Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt. Jahre: ‚1865. 
Bd.-15. N. 4. Jahrg. 1866. Bd. 16. N. 1. Wien. 

Verhandlungen der k. k. geol. Reichsanstalt. Sitzung am 
15. Mai 1866. | A: 

Sitzungsberichte der königl. bayer. Akademie der Wissen- 
schaften zu München. 1866., I. Heft I. u. I. 

Verhandlungen des naturhistorischen Vereins in Carlsruhe. 
Heft 1. 1864. Heft 2. 1866. 

Annales des mines. Sixieme Serie. Tome VIII. et IX. 1866. 
Paris. 


391 


Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wissenschaften. 
Math.-naturwiss.. Klasse. Abth.I. Bd.51 Heft, 4, 5. Bd.52 
Heft 1 u. 2. Abth. II. Bd. 52 Heft 1 bis 5. Wien. 1865. 

Archiv für wissenschaftliche Kunde von Russland. Her- 
ausg. von Erwan. Bd. 25 Heft 1. Berlin. 1866. 

Ausserdem wurde vorgelegt: Zeitschrift der deutschen geo- 
logischen Gesellschaft. Bd. 18 Heft 1. Berlin. 1866. In 3 Exem- 
plaren. 

Der Gesellschaft war ferner mit den Sitzungsberichten der 
kais. Akademie der Wissenschaften in Wien zugesendet worden 
die von Frau ELISABETH Freiin v. BAUMGARTNER, den Herren 
Franz BAUNGARTNER und ANDREAS BAUMGARTNER und Frau Fran- 
ZISKA Orto unterzeichnete Anzeige von dem am 30. Juli 1865 
erfolsten Ableben des Herrn AnprEAS Freiherrn v. BAUMGART- 
NER, Dr. der Philosophie an den Universitäten zu Wien und 
Prag u. s. w. 

Herr Bzyrıic# gab Mittheilung von einem Briefe des Herrn 
GÜUNBEL, worin derselbe, veranlasst durch den Aufsatz des Herrn 
LasPpEyRes im 4. Hefte der Zeitschrift von 1865, über von ihm 
beobachtete Vorkommen hohler Geschiebe in Bayern berichtet. 
Die Ansicht des Herrn GüuseL, dass die breecienartigen Rauch- 
wacken, welche in den Alpen über einer Gypsbildung an der 
Basis des Hauptdolomits verbreitet vorkommen, analogen Ur- 
sachen ihre Entstehung verdanken, wie die hohlen Geschiebe 
in den diluvialen und tertiären Conglomeraten, gab dem Vor- 
tragenden Veranlassung, seine Beobachtungen über das Vor- 
kommen gleichartiger breccienartiger Rauchwacken in der 
Zechsteinformation am südlichen Harzrande mitzutheilen. In 
der Gegend von Nordhausen, Ellrich.und Walkenried, wo ein 
regelmässig geschichteter, versteinerungsreicher Dolomit oder 
dolomitischer Kalkstein den dort nur theilweise in Gyps ver- 
wandelten Anhydritmassen aufliegt, zeigen sich die breccien- 
artigen Rauchwacken überall an der Grenze des Anhydrits oder 
Gypses und des Dolomits. Eckige Bruchstücke des Dolomits 
sind durch ein kalkiges Bindemittel verbunden; sie lockern sich 
auf zu Dolomitsand, der nachher herausfällt, so dass die eigen- 
thümlich luckigen Gesteine zurückbleiben, welche kein Dolo- 
mit sind. Augenscheinlich ist hier die Aufblähung des Ge- 
steins bei der Veränderung des Anhydrits in Gyps zunächst 
die Ursache der Zerträmmerung der unmittelbar aufiegenden 


| 392 
-Dolomitschichten gewesen; der die später verschwindenden 
Dolomitträmmer cementirende Kalk ist, wie auch Herr GumBEL ; 
bei den ähnlichen Erscheinungen annimmt, ein Sintergebilde, 
für welches die das aufliegende dolomitische Gestein durch- 
sickernden und theilweise auflösenden Gewässer das Mate- 
rial lieferten. Näher dem Harzrande finden sich Stellen, wo 
breceienartige Rauchwacken, ohne von Gypsen begleitet zu 
sein, unmittelbar auf Gliedern der unteren Zechsteinformation 
(Zechstein, Kupferschiefer, Weissliegendes) aufliegen; ihre Er- 
scheinung an solchen Stellen kann überall als ein Beweis gel- 
ten, dass die auch hier ohne Zweifel früher vorhanden gewe- 
senen Gypse und Anhydrite durch lange dauernde Erosionen 
vollständig verschwunden sind. 

Herr Wepping sprach über eine von DE CIZANCOURT auf- 
gestellte, durch viele wissenschaftliche und technische Journale 
unbeanstandet gegangene Theorie, nach welcher es zwei allo- 
tropische Zustände des Eisens, gewissermaassen zwei Metalle, 
geben solle, deren eines, als Ferrosum bezeichnet, das Metall 
der oxydulischen Erze, das andere, als Ferricum bezeichnet, 
das Metall der oxydischen Erze sei. Das erstere ist hiernach 
sehr zu Kohlenstoff verwandt, daher geneigt, Spiegeleisen zu 
geben. Das daraus hergestellte Schmiedeeisen lässt sich leicht 
in Stahl überführen. Das Ferricum verbindet sich nur bei ho- 
hen Temperaturgraden mit Kohlenstoff, den es bei langsamem 
Erkalten als Graphit ausscheidet, ist die Grundlage des grauen 
Roheisens und liefert weiches, schwer in Stahl überzuführendes 
Schmiedeeisen. Der Stahl ist eine Vereinigung beider allo- 
tropischen Eisenarten. — Abgesehen von der Unhaltbarkeit 
dieser Theorie und der daran geknüpften Folgerungen in wissen- 
schaftlich-chemischer Beziehung, sprechen auch zahlreiche Bei- 
spiele aus der Praxis für deren Fehlerhaftigkeit. Es müsste 
das aus Rotheisensteinen erzeugte Roheisen ungeeignet zur 
Stahlfabrikation sein.. Gerade die englische Puddelstahl- und 
Feinkorneisenindustrie ist beinahe ganz auf ein solches Roh- 
eisen angewiesen. Während in England im Allgemeinen die 
Sphärosiderite, also oxydulische Erze, als Grundlage der Erzeu- 
gung schnigen Eisens dienen, verwendet man das aus den 
Cumberländer Hämatiten dargestellte Roheisen zu Feinkorn- 
und Puddelstahl und zum Bessemerprozess und führt es selbst 
oder die Erze zu diesen Zwecken an vielen Orten Englands 


393 


ein. Es erklärt sich dies aus den allgemein bekannten Eigen- 
schaften, welche ein Roheisen geeignet zur Stahlfabrikation 
machen, und unter denen in erster Reihe die Reinheit von Phos- 
phor steht. In Schlesien verwendet man zur Puddelstahl-Dar- 
stellung stets graues Roheisen, weil es dünnflüssig einschmilzt, 
obwohl es doch Ferricum enthalten müsste, auch grösstentheils 
aus dem oxydischen Brauneisenerz erzeugt ist. Ebenso kann 
man daselbst aus demselben Erz bei hinreichendem Mangan- 
gehalt, auf den es also wesentlich ankommt, Spiegeleisen er- 
zeugen. Es wurden von dem Vortragenden noch zahlreiche 
andere Beispiele aus der Praxis angeführt, die DE CizancourT’s 
Theorie als durchaus hinfällig erscheinen lassen, namentlich 
auch noch, dass es ganz gleichgültig sei, ob ein Stabeisen, 
welches in Cementstahl umgewandelt werden solle, aus Eisen- 
oxyd oder eisenoxydhaltigem Erz oder dem beides enthalten- 
den Magneteisenstein erzeugt sei, wenn es nur sonst die nö- 
thigen Eigenschaften, namentlich Reinheit, zeige. 

Herr RAMMELSBERG bemerkt hierzu, dass DE CIZANCOURT’S 
Ansicht in chemisch-wissenschaftlicher Beziehung so unhaltbar 
sei, dass ihr eigentlich zu viel Ehre geschehe, wenn man sie 
als Theorie bezeichne. 

Herr RAMMELSBERG sprach dann zunächst über die che- 
mische Constitution der Oarlsbader Feldspathzwillinge. In einer 
Abhandlung in der berg- und hüttenmännischen Zeitung hatte 
Herr BreimuAupr das specifische Gewicht derselben zu 2,6091 
bis 2,6098, die chemische Zusammensetzung nach Herrn H. 
RössLer in folgender Weise: | 

Sauerstoffverhältniss a 
Kieselsäure 66,4 35,4 
Thonerde . 18,8 | 8.9 
Eisenoxyd. 05 f 2 


; Natron: 12% 8,2 2,12 

® Kanaaaı 2508 0,87 
Kalkerde . 0,2 0,06 ) 3,14 
Magnesia . 0,2 0,08 


Baryterde . 0,14 0,01 
Wasser. . 0,4 
III 
angegeben und dieselben in Folge des vom Orthoklas abwei- 
chenden specifischen Gewichts und der abweichenden chemi- 
Zeits. d.d. geol. Ges. XVIIl.3. 26 | 


. 


394 


schen Zusammensetzung zu einem neuen Minerale erhoben, wel- 
ches er mit dem Namen Oottait belegte. Von älteren Analy- 
sen liegt nur eine von Tımow ausgeführte, unbrauchbare vor. 
Die Untersuchungen des Redners haben indessen das specifi- 
sche Gewicht der Carlsbader Zwillinge zu 2,573 und die che- 
mische Zusammensetzung in folgender Weise ergeben: 


Sauerstoff. 
Kieselsäure 63,02 33,61 33,61 = 11,8 
Thonerde . 18,28 8,99 8er 
Kalını .m2u067 “| 
Nairsn 4 0242 0,62 
Baryterde . 0,48 0,05 { 3,39, 12. 
Magnesia . 0,14 al 

100,00. 


Andere Krystalle von röthlichem Ansehen besassen ein 
specifisches Gewicht von 2,55 und enthielten nach einer von 
Herrn C. BuL«k in dem Laboratorium des Redners ausgefuhr- 
ten Analyse: 


Sauerstoff. 
Kieselsaure 65,23 _ 34,8 12,1 
Thonerde . 18,26 8,04] 3 
Eisenoxyd . 0,27 0,08 | 
Kalı .x.. 14,66 2,49 
Natron . . 1,45 5a - 
Kalkerde . Spuren 

99,87. 


«+  DieKrystalle besitzen daher die gewöhnlichen Eigenschaf- 
ten des Orthoklases; der Name Cottait erweist sich als uber- 
flüssig. 
Der Redner berichtete ferner über einige Mineralproducte, 
welche Herr ALExIS JULIEn in einer Arbeit: on Metabrushite, 
Zeugite, Ornithite and other minerals of the Key of Sombrero 
in dem American Journal of Science and Arts, Vol. XL, 1865. 
beschrieben hat. Sombrero, der Rest einer Koralleninsel, in 
15° 36° nördl. Breite und 63° 27’ westl. Länge gelegen, 
15—40 Fuss hoch, mit 95 Acres Oberfläche, ist in neuerer 
Zeit durch den Guano bekannt geworden, welcher in Adern 
im Kalkstein der Insel lagert. Der Kalkstein ist in beträcht- 
lichem Grade in Kalkphosphat verwandelt, indem lösliche Phos- 


395 


 phate die Guanobedeckung durchdrangen. Erzeugnisse dieser 
Einwirkungen sind der 


“ Brushit, derb, weiss, glasglänzend, durchscheinend, mit 
unebenem Bruch; Härte 2,76; spec. Gew. 2,95 — 3,0; giebt 
beim Erhitzen Wasser, welches von der Phosphorsäure sauer 
reagirt, gluht mit grünem Licht, schmilzt mit Anschwellen zu 
einer krystallinischen Masse, löst sich leicht in Säuren. Der- 
selbe besteht aus 


Phosphorsäure 39,95 

Kalkerde: .... -32,11 

Thonerde 

Eisenoxyd | u 

Schwefelsäure 0,78 

Wasser . . 25,95 
39.12, 


. 


Von dem Wasser gehen 20 pCt. bei 240 Grad, der Rest durch 
Glühen fort. Das Mineral hat daher die 


alte Formel CP + H + 4ag. 
neue Formel H 
Ca jo + 2.ag. 
PO 


Dasselbe kommt nach Press in. nadelförmigen Krystallen im 
Centralgewebe von Tectonia grandis vor und ist von BOEDEKER 
künstlich dargestellt worden. 

Metabrushit; nach Dana 2-+-1gliedrig, klinodiagonal 
leicht spaltbar; die Krystalle sollen mit dem krystallisirten 
Brushit von Aves Island (Moorz in Americ. Journ. 2. Ser. 39 
bis 43) nahe übereinstimmen und gleichen dem Gyps. Sie sind 
oft von beträchtlicher Grösse, die Flächen uneben und matt. 
 Spec. Gew. 2,288 — 2,362. Gelblichweiss; verhält sich che- 
misch wie Brushit, von dem er sich dadurch unterscheidet, dass 
er (nach der älteren Formel) 1 At. Wasser weniger enthält. 


Aeltere Formel: Ca P-+ H + 3ag. 
Neuere Formel: /H 
21 Ca ,O° + 3.ag. 
P | 


OÖ 
26 * 


396 


Gefunden wurden: 


Phosphorsäure . . . 21,84 
Kalkerde. su uisaaln. 24. 1082899 
Wasseru9 sora «ne Juri 328 
ag: 1% ah oral „eo 


f Th d 
Phosphorsaure | st 1,05 


Phosphorsaure Magnesia . : 1,15 


Schwefelsaurer Kalk . . 0,07 
Organische Substanz . . 0,72 
Peuchtigket ..... ..... 120 


Die künstliche vorn ist von BERZELIUS und RALwSKY 
beschrieben. i 

Zeugit nennt der Verfasser eine Pseudomorphose von 
Metabrushit. Spec. Gew. 2,971. Schmilzt nicht vor dem Löth- 
rohr, giebt nur wenig Wasser. Besteht nach dem Mittel der 
Analysen aus 


" Phosphorsäure. . „2. 46,55 


Kalkende . . neo 
Magnesia . . .. Wald 
Thonerde, nach 1: jsaro0. GR 


Schwefelsäure . . ..: .. 0,19 
Kohlensäure . . 2.3. 924 
Chlornatrium . . 1,08 
Wasser, organische Substanz 3,02. 


Nach Abzug von 
CaS —+2ag. = 0,49 


Cab — 0,54 
Me? P = 1,86 
a 
fe P — "1,10 
NaCl = 1.08 
bleiben 
Sauerstoff. 


Phosphorsäaure 42,28 = 47,5 26,76 5 15 

Kalkerde . . 43,78 = 49,2 14,06 2,63 7,89 

Wassers. & 5.298 = 1330. 2.937903 a 
89,00 100,0. 


N, 397 R 


Der Verfasser erklärt die Substanz für Ca® P’. Sie muss 
aber Wasser enthalten und ist daher 


ältere Formel 2Ca® P Eu Ha: P 
neuere Formel H 
Ca‘ oO’ 
3Po 
Sie ist daher gleichsam eine Verbindung von Brushit und 
dem unten zu beschreibenden Ornithit. BERZELIUS hat gezeigt, 
dass man diese Verbindung, die er früher schon aus Knochen- 
asche erhielt, durch Eintröpfeln von CaCl” in ein überschüssi- 


ges «Gemisch von reinem und phosphorsaurem Ammoniak er- 
hält (Ann. d. Chem. u. Pharm. 53. p. 286), bis nur etwa die 


Hälfte der Phosphorsäure gefällt ist; später fallt Ca®P 
Ornithit, in kleinen gypsähnlichen Krystallen in Höhlun- 

gen des Madreporenkalks, klinodiagonal vollkommen spaltbar, 
weiss, giebt beim Erhitzen Wasser, ist vor dem Löthrohr un- 
schmelzbar. Besteht aus 

Phosphorsaure 40,14 

Kalkerde . . 45,77 

Thonerde } 

Eisenoxyd 4,62 

Wasser... . 9,45. 


Der Verfasser erklärt die Krystalle En Ga? pP 1 2 
d. h. für Ca? 
9PO 0° + 2ag. 
4 pCt. Wasser gingen bei 250 Grad fort, der Rest beim Glühen. 

Der Redner theilte ferner das Resultat einer chemischen 
Untersuchung von einem theilweise angeschliffenen Gesteins- 
 stuck, welches Herr Hunt an Herrn EHRENBERG mit der 
Bezeichnung Eozoon canadense gesendet hatte, mit. Das die 
Hauptmasse, bildende weisse Mineral ist weisser Augit 
_ (Diopsit), aus 52,54 pCt. Kieselsäure, 24,64 Kalk, 19,85 Ma- 
gnesia, 3,06 Eisenoxydul und Thonerde bestehend. Der Augit 
enthält kleine Mengen Kalkspath und weisse oder gelbliche, 
sechsseitige Glimmerblättchen.. Er ist mit einem dunkelgrünen 
Mineral verwachsen, welches Serpentin zu sein scheint und 
z. Th. parallelfaserige Lagen (Chrysotil) enthält. 


Herr.G. Rosz legte mehrere Eisenglanzkrystalle vor, die 


398 


Herr vom Rarm in Bonn in einer sich unregelmässig ver-- 
ästelnden Spalte des grossen Eiterkopfes, eines der vielen in 
der Nähe von Andernach befindlichen Schlackenkegel, gesammelt 
hatte,*) wobei er die interessante Beobachtung gemacht hatte, 
dass die Krystalle des Eisenglanzes fast saämmtlich mit einzel- 
nen kleinen gelben Kryställchen besetzt waren, welche er bei 
näherer Untersuchung als Augit erkannt hat. Ungeachtet 
ihrer Kleinheit konnte er doch ihre Winkel mit dem Re- 
flexionsgoniometer messen, und einige Löthrohrversuche be- 
stätigten das Resultat der Messung. Die Augitkrystalle sind 
so mit dem Eisenglanz verbunden, dass man für beide eine 
gleichartige Entstehung annehmen muss, und da es jetzt-kei- 
nem Zweifel unterworfen ist, dass sich die Eisenglanzkrystalle 
durch Sublimation und spätere Oxydation von Eisenchlorid ge- 
bildet haben, so -muss der Augit ebenfalls durch Sublimation 
und Oxydation von Chlorverbindungen entstanden sein. 

Schon früher hatte ScaccHı behauptet, dass viele schon 
krystallisirte Silikate, wie Melanit, Sodalith, Hornblende, Feld- 
spath, Glimmer u. s. w., die in den Spalten der Laven des 
Vesuvs vorkommen, durch Sublimation gebildet wären, weil 
sie ganz verschieden sind von den Krystallen, die in der Masse 
der Laven zu erkennen sind. Da indessen für diese Silikate 
noch andere Bildungsweisen möglich sein konnten, so war der 
von ScaccHI angegebene Grund für seine Behauptung nicht 
überzeugend genug, um sie unbedingt anzunehmen, daher man 
auch noch vielfältig Zweifel hegte, ob jene Silikate auf die 
angegebene Weise entstanden wären und überhaupt so entste- 
hen könnten. Diese Zweifel sind nun durch die Beobachtung 
von vom RATH gehoben; es ist dadurch bewiesen, dass ein 
Silikat wie der Augit durch ähnliche Sublimation wie der 
Eisenglanz gebildet werden kann, und es ist daher anzuneh- 
men, dass die von ScaccHi beobachteten Silikate ebenso ge- 
bildet sind. 

Solche neu gebildete Augitkrystalle finden sich aber nicht 
bloss auf den Eisenglanzkrystallen in der Fumarolenspalte, sie 
finden sich auch auf den 2 bis 3 Linien grossen, schwarzen 
Augitkrystallen, die in der zwischen den Schlacken neben der 


*) Die Spalte war durch einen in dem Schlackenkegel angelegten 
Steinbruch sichtbar Bewarden: 


399 


Fumarolenspalte befindlichen Asche vorkommen, die ebenso wie 
die Spalte selbst von den Fumarolendämpfen durchzogen wer- 
den konnte. Sie sind mit kleinen, gelben Augitkrystallen, die 
in paralleler Stellung aufsitzen bedeckt, und auf eine ganz 
ähnliche Weise kommen auch andere schwarze Hornblende- 
"krystalle in der Asche ebenfalls mit kleinen, gelben, neugebil- 
deten Hornblendekryställchen bedeckt vor. Herr vom Rıra 
hatte auch von diesen Augit- und Hornblendekrystallen Proben 
eingeschickt, die vorgelegt wurden. 

Diese Krystalle erklären nun, wie Herr G. Rose bemerkte, 
andere Fälle, die lange bekannt waren. Auf den Feldern vom 
Wolfsberge bei Ozernozin finden sich Hornblendekrystalle, 1 bis 
2 Zoll gross und von schwarzer Farbe, die mit einer Menge 
kleiner, dicht neben einander stehender, braunrother, prismati- 
scher Krystalle von Hornblende umgeben sind, die sie in pa- 
ralleler Stellung bedecken. Da die Hornblende sehr vollkom- 
men spaltbar ist, die grossen Krystalle an manchen Stellen 
bestossen sind, so kann man sich leicht von dem Parallelis- 
mus der Spaltungsflächen des darunter liegenden Krystalls mit 
den Seitenflächen der vielen bedeckenden, kleinen Krystalle 
- überzeugen. Diese Hornblendekrystalle befinden sich nicht mehr 
auf der, ursprünglichen Lagerstätte, offenbar sind aber die be- 
deckenden kleinen Hornblendekrystalle auf eine ähnliche Art 
gebildet wie bei den von vom RartH beobachteten Augit- und 
Hornblendekrystallen in der Asche des grossen Eiterkopfes. 
Auch die Hornblendekrystalle des Wolfsberges wurden vorgelegt. 

Herr TamnAau machte schliesslich der Gesellschaft die Mit- 
 theilung, dass die grössten, bisher beobachteten Bleiglanzkry- 
stalle, deren Hexaederkanten die Länge von 6 bis 8 Zoll 
erreichen, und welche auf der Grube Bleialf in der Eifel vorge- 
_ kommen sind, sich im Besitz der hiesigen Diskontogesellschaft 

befinden. 
Hierauf ward die Sitzung geschlossen. 
3 v. w. 0. 
G. Rose. BeyrıcHa. Eck. 


400 


B. Briefliche Mittheilungen. 


1. Herr Arır an Herrn Beyrıcn. 


Saarbrücken, den 31. Juli 1866. 


Die beifolgende Sammlung von Muschelkalkpetrefakten 
habe ich während meines Aufenthaltes in Bischmisheim, etwa 
eine Meile südöstlich von Saarbrücken, zusammengebracht. 
Da ich nicht weiss, ob Ihnen diese Lokalität aus eigener An- 
schauung bekannt sein mag, so erlaube ich mir, hieran fol- 
sende Bemerkungen zu knüpfen. 

Das Saarbrücker Steinkohlengebirge ist im Süden und 
Westen von dem bunten Sandstein bedeckt, auf welchen, jedoch 
in geringerer oberflächlicher Ausdehnung der Muschelkalk folgt. 
Das Saarthal ist südlich von Saarbrücken tief in den bunten 
Sandstein eingeschnitten, so dass man den Muschelkalk erst 
auf der Höhe der Ausläufer des lothringer Plateaus antrifft. 
Dies ist auch die Lagerung bei Bischmisheim. Die Nähe der 
Stadt Saarbrücken und die industriellen Werke des Saarthales 
mit_ ihrem grossen Kalkbedarf haben zu einem ziemlich be- 
deutenden Kalksteinbruchbetriebe Veranlassung gegeben. Diese 
Kalksteinbruche befinden sich sämmtlich im oberen Muschel- 
kalke, wie sich aus folgendem Verzeichniss der von mir dort 
gefundenen Versteinerungen ergiebt. Es fanden sich: Gervillia 
socialis, Peciten discites, Lima striata, Myophoria laevigata (2) 
M. simplex, M. elegans (?), Terebratula vulgaris, Natica grega- 
ria, Chemnitzia scalata (?), Dentalium laeve, Enerinus lilüformis, 
Ceratites nodosus, Rhyncholithus avirostris, Zähne und Knochen. 
Die Versteinerungen weichen in ihrem Vorkommen und ihrer 
schalenlosen Erhaltung von den gewöhnlichen des nördlichen 
Deutschlands durchaus nicht ab, und nur die Terebratula vul- 
garis hat zu eifrigerem Sammeln und zu einigen Bemerkungen 
Veranlassung gegeben. | 

Die Schichten des oberen Muschelkalkes, soweit sie durch 
den Steinbruchsbetrieb aufgeschlossen sind, bestehen aus einem 


401 


Wechsel von versteinerungsreichen und versteinerungsarmen 
oder versteinerungsleeren Schichten. Die unterste bemerkens- 
werthe Schicht ist die untere Terebratelbank, die ihren Namen 
mit vollem Rechte führt, da sie ganz aus Steinkernen der Te- 
rebratula vulgaris besteht. Weiter oben folgt die grosse Encri-. 
nitenbank, welche fast ausschliesslich aus den Stielgliedern des 
. Enerinus lilüformis: zusammengesetzt ist. Endlich folgt noch 
höher hinauf die obere Terebratelbank, welche fur die vorlie- 
gende Sammlung von Terebrateln das Material geliefert hat. 
Diese Bank zeichnet sich durch das massenhafte Vorkommen 
von Feuersteinknollen aus. Dieser grosse Reichthum der Schicht 
an Kieselsäure und die Erhaltung der Terebratelschalen ver- 
anlasste mich, zu untersuchen, ob nicht auch das Brachialge- 
rust erhalten sein sollte. Bei der Behandlung mit Chlorwasser- 
stoffsäure lösten sich bei einigen die Schalen auf, viele wurden 
aber dadurch nicht angegriffen. Die Terebratula vulgaris kommt 
in schönen, grossen Exemplaren vor, doch sind gerade sie zum 
Präpariren der Brachialgerüste wenig geeignet, weil die Lös- 
lichkeit dieser zarten Theile und der Ausfüullungsmasse in Chlor- 
wasserstoffsaure bei beiden ungefähr gleich ist. Dagegen stell- 
ten sich nach mehrfachen Versuchen die Exemplare einer ganz 
dünnen Schicht der oberen Terebratelbank als recht brauchbar 
heraus. Diese Schicht, die ich anstehend nicht habe finden 
können, ist ausgezeichnet durch kleine Stylolithenbildungen von 
‚5 bis 1 Zoll Höhe, welche meist durch die Terebrateln her- 
vorgebracht sind. Hier sind die Terebrateln klein, doch lost 
sich ihre Ausfüllungsmasse in Chlorwasserstoffsäure leichter als 
die Brachialgeruste; diese sind in dieser Säure aber auch kei- 
neswegs unlöslich, sondern sie erhalten sich nur so lange, als 
hoch Ausfüllungsmasse zum Auflösen vorhanden ist. Deshalb 
darf man die Behandlung mit Salzsäure nicht bis zum Ver- 
schwinden der Ausfüllungsmasse fortsetzen. Da die letztere 
auch noch unlösliche Theile enthält, so besteht das Verfahren 
in abwechselnder Behandlung mit ziemlich concentrirter Chlor- 
wasserstoffsaure und vorsichtigem Abspüulen der unlöslichen 
Theile mit Wasser. Auf solche Weise ist es mir geglückt, das 
- Brachialgerüst, so weit es erhalten ist, in vielen Exemplaren 
zu präpariren; leider habe ich aber auch die Erfahrung be- 
‚stätigt gefunden, dass die Schleife nur in sehr seltenen Fällen 
vollständig erhalten ist. Ich habe bisher nur in einem einzigen 


402 


Exemplare, und zwar in dem kleinsten von allen, eine ge- 
schlossene Schleife gesehen, und auch diese brach leider beim 
Aufkleben ab. Diese grosse Zerbrechlichkeit des Gerüstes 
nach dem Ableben des Thieres muss wohl der Grund sein, 
weshalb dieses so selten vollständig erhalten ist. Die Präpa- 
rate zeigen den gestreckten Theil des Gerustes bis hinter die 
Schenkel, in einigen Fällen sogar. bis zum Anfange der Um- 
biegung, wodurch dieselben scheinbar an ihren Enden einen 
ganz feinen Haken erhalten. Wenn ich die Abbildung der 
Waldheimia australis in Woopwarn’s Manual of the Mollusca 
p. 216 zum Vergleich nehme, so ist bei der Terebratula vulga- 
ris die Entfernung vom Schloss zu den Schenkeln etwas län- 
ger, das Stück von da bis zur Umbiegung der Schleife bedeu- 
tend kürzer im Vergleich zur Grösse der kleinen Klappe. In 
Betreff der Schlosstheile kann ich auf die Schilderung des 
Herrn v. SEEBACH in der Zeitschrift der deutschen geologischen 
Gesellschaft Bd. XIII. verweisen, obgleich ich nach der dort 
gegebenen Abbildung nicht glaube, dass seine Exemplare so 
deutlich waren wie die vorliegenden Präparate. 


2. Herr Weıss an Herrn Beyrıca. 
Saarbrücken, den 31. Juli 1866. 


In Folgendem will ich ‚kurz referiren, wie weit ich 
mit der Bearbeitung des Saar-Rheinbeckens bin. Ich meine 
dabei nur diejenigen Schichten, welche noch Kohlen und orga- 
nische Reste führen, die sich an die Steinkohlenformation an- 
schliessen, theils auch ihr unmittelbar folgen. Letztere sind 
das untere Rothliegende, wobei man nicht leugnen kann, dass 
der Guuset’sche neu erfundene Ausdruck „Ueberkohlengebirge“ 
ein recht passender wäre; nur müsste man ihn eben als gleich- 
bedeutend mit „unteres Rothliegendes“ auffassen, nicht aber, 
wie GümßBEL will, darunter etwas Besonderes, eine neue For- 
mation zwischen Steinkohlenformation und unterem Rothliegen- 
den verstehen; auch die Abgrenzung des Begriffs müsste eine 
andere sein. 

Was nun diese Schichten betrifft, soweit sie bei uns auf- 
treten, so finde ich auch nach den neuesten Excursionen, welche 


403 


recht ergiebig waren, im Allgemeinen meine vorjahrige Unter- 
scheidung von vier Zonen bestätigt. Ohne auf die Einzelhei- 
ten einzugehen, die natürlich noch manche Arbeit vor ihrer 
ganz genugenden Aufklärung erfordern, muss ich doch erwäh- 
nen, dass namentlich die Verbreitung von Acanthodes- und 
Xenacanthus-Resten, welche mir jetzt sehr viel vollständiger 
bekannt geworden sind, von theoretischer Wichtigkeit erscheint, 
Sie finden sich mit andern Dingen (Anthracosien, anderen Fisch- 
resten, Pflanzen, auch Estherien) unmittelbar über einem Koh- 
lenflötzchen, welches in der Pfalz grosse Verbreitung hat. Dass 
dieser Umstand noch allgemeinere Bedeutung hat, glaube ich 
ebenfalls gefunden zu haben. Bei Wettin nämlich sind eben- 
falls Reste vorgekommen, die offenbar mit den unsrigen iden- 
tisch sind. Germar bildet, nur unter anderem Namen, Acan- 
thodes-Stacheln ab (Taf. 29 Fig. 4), und, wie ich sicher glaube, 
auch ein Stück eines Xenacanthus-Stachels mit seinen zwei 
Reihen Widerhaken (a. a. ©. Fig. 8); es scheint auch wenig- 
stens einer der abgebildeten Zähne auf letzteren Fisch bezogen 
werden zu mussen, dessen Gebiss bekanntlich noch nicht be- 
kannt ist, da die Gornpruss’sche Abbildung nach nicht genu- 
-sendem Reste geliefert ist und der Fisch zweierlei Zähne 
hat. Andere Zähne von Wettin durften vielleicht mit solchen 
‚identisch sein, die ich kürzlich aufgefunden habe. 

Füge ich noch hinzu, dass auch die Flora unserer Schichten 
gewisse auffallende Eigenthümlichkeiten mit jener von Wettin 
besitzt, dass namentlich dahin das Vorkommen von Pecopteris 
elegans, truncata, Bredovü, Diplazites: longifolia, welche z. Th. 
ausser Wettin noch nirgend bekannt waren, gehört, auch das 
Vorkommen von Walchia piniformis, und zwar die genannten 
fünf Formen bei uns in den „Ottweiler Schichten“, welche ich 
noch zur Steinkohlenformation ziehe, — so kann ich wohl mit 
Grund die Ueberzeugung laut werden lassen, dass das Wettiner 
Auftreten von Kohle-führenden Schichten die nächste Ver- 
wandtschaft mit dem in unserm Saar-Rheinbecken habe, dass 
mithin auch dort, bei Wettin, Schichten vorkom- 
men müssen, welchezum unteren Rothliegenden oder 
Ueberkohlengebirge gehören. Leider weiss man nicht 
- viel über die vertikale Verbreitung der organischen Reste von 
_ Wettin. Bei uns treten Acanthodes, Xenacanthus u. s, w. ent- 


404 


schieden höher auf als die Schichten mit den obigen Pflanzen- 
formen. 

Die Flora unseres Schichtencomplexes habe ich soweit ber 
arbeitet, als nicht entschieden neue oder doch bei dem mir 
zugänglichen literarischen Hülfsmaterial unbestimmbare Formen 
vorliegen, und soweit das bis jetzt Vorhandene reicht. Es ist 
nicht zu leugnen, dass die oberen Abtheilungen, besonders die 
Lebacher Schichten manches Eigenthumliche zeigen, aber ebenso 
wenig, dass sie Manches mit den tieferen Lagen gemein ha- 
ben. Allmälig nimmt ja aber die Zahl der identischen Species 
in beiden Formationen, der Steinkohlenformation und dem un- 
tern Rothliegenden, zu, wie die neuste Arbeit von GÖPPERT 
noch beweist; — kein Wunder also, wenn bei uns noch einige 
Arten gefunden werden, welche früher nur unten, nicht oben 
bekannt waren. Ist doch auch das Umgekehrte mehrfach der 
Fall, dass gewisse aus dem Rothliegenden beschriebene Arten 
hier tiefer auftreten! 


3. Herr Weiss an Herrn Beynıca. 
Saarbrücken, den 10. November 1866. 


In der beifolgenden Kiste sende ich ein paar Neuigkeiten, 
welche ich in den kohleführenden Schichten unseres Gebirges 
zwischen Saar und Rhein gefunden habe und der öffentlichen 
Mittheilung nicht unwerth sein möchten. 

1) Eine kleine Muschelform, von Gestalt einer Corbula, 
vom‘ Booser Tunnel der Rhein-Nahe-Eisenbahn bei Staudern- 
heim (oberhalb Kreuznach), ein interessanter Fund. Sie gleicht 
zwar den im Gebiete häufigen Estherien durch concentrische 
Streifen, Umriss und Grösse, dennoch bin ich geneigt wegen 
der Dicke ihrer kalkigen Schale mit starker Krümmung, 
starken Wirbeln und etwas steilem Abfall der Seiten die Form 
für eine wahre Muschel zu halten und nicht jener Muschelkrebs- 
Gattung zuzurechnen. Da nun, was Lupwıc als eine Cyelas 
von Saarbrücken beschrieben hat, wohl mit Recht von Grinirz 
für Estheria gehalten wird, so wäre dieser Fund, wenn meine 
Deutung richtig ist, die erste neue Muschelgatiung in unserem 


405 


Gebiete; denn bisher war aus den kohleführenden Schichten 
des Saar-Rheinbeckens nur Anthracosia bekannt geworden. — 
Das Vorkommen dieser Zwergmuschel ist eigenthümlich. Am 
oberen Ende des Tunnels nämlich befindet sich, wie gewöhnlich, 
ein tiefer Einschnitt mit schön entblössten Schichten. Hier ist * 
es eine schwarze schiefrige Kalkschicht, welche deshalb am 
meisten auffällt, weil sie — wie die Proben zeigen — fast 
ganz aus Hunderttausenden der kleinen Muschel gebildet ist, 
zwischen der man nur selten eine Fischschuppe bemerkt. Auf 
Sandstein als Unterlage liegt eine wohl an 40 Fuss dicke Schiefer- 
zone, dann wieder Sandstein; Farbe aller Schichten grau. In 
dieser Schieferzone nun, etwa 4 Fuss über dem unteren. Sand- 
stein und 4 Zoll über einer grauen Sandsteinbank von 4 Zoll, 
liegt der schwarze muschelführende Kalk, 5 Zoll mächtig, wo- 
von eine zöllige untere Lage fest und zum Theil dicht ist, 
2 Zoll darüber in Schiefer übergeht; hierauf folgt schwärzlicher 
Schiefer und Schieferthon mit sehr viel Cyproiden und Fisch- 
‚schuppen, 5 oder mehr Fuss mächtig. Sowohl im Liegenden 
als Hangenden dieser Schichten, nur einige 100 Schritt ent-. 
fernt, treten Walchia-Sandsteine auf und zwar habe ich gerade 
im Liegenden, am Abhange gegen die Nahe hin, 200 Schritt 
vom Tunnel deutliche Zweige von Walchia piniformis sowohl 
als besonders auch von W. filiciformis gefunden. Mithin ge- 
hört die Muschel dem ächten unteren Rothliegenden an, wie ich 
‚glaube dessen oberer. Zone, welche ich (N. Jahrb. f. Min. 
1865, S. 838 fi.) als „Lebacher Schichten“ bezeichnet habe. 
Das (redueirte) Streichen der Schichten ist hier h. 6 bis 6% 
mit 25 bis 30 Grad Nordfallen. 

2) Von demselben Fundort und schon näher bezeichnet, 
' sind Schiefer mit sehr deutlicher Candona oder Cythere, 
welche in unserem Gebiete zwar schon seit einigen Jahren be- 
kannt, doch so deutlich wohl noch nicht vorgekommen waren. 

3) Der hier beifolgende Lebacher Fisch dürfte wohl von 
Jedem als Amblypterus nemopterus Ac. nach Vergleich 
mit dieses Autoren Abbildung (Poissons foss. tome II. p. 107 
u..t. 4b f. 1, 2) anerkannt werden, woraus also folgt, dass 
bei uns — aber in der oberen Abtheilung des unteren 
Rothliegenden, mit Xenacanthus, mit Acanthodes, mit Wal- 
chia piniformis und filieiformis und anderen Leitformen des Roth- 
liegenden zusammen -- mindestens eine aus schottischer Stein- 


406 

kohlenformation (nämlich von New-Haven bei Leith) beschrie- 
bene Species auftritt. Es möchte nicht ohne Werth sein, die 
englischen Vorkommen einer genauen Revision zu unterwerfen, 
um die Verwandtschaften und Beziehungen der in Deutschland 
"sogenannten Formation des unteren Rothliegenden zu entfern- 
teren Bildungen einer weiteren Aufklärung entgegenzuführen; 
um so mehr als auch bei New -Haven das Vorkommen der 
Fische in Sphärosideritnieren jenen von Lebach sehr ähnlich 
ist. — Asassız macht (a. a. OÖ.) auf die Aehnlichkeit des Fi- 
sches mit Ambl. macropterus von Lebach und Berschweiler auf- 
merksam, hebt jedoch mit Recht als specifischen Unterschied 
den bei Ambl. nemopterus weniger gekrummten, gestreckteren 
Rücken und die geringere Breite des Rumpfes, welcher nur 
etwa zweimal so breit als der Schwanzstiel ist und wodurch 
der Fisch überhaupt schlanker erscheint, hervor; die Schuppen 
sind fast glatt wie Acassız’s Figur 2, jedoch unter der Lupe 
mit erkennbaren feinen erhabenen Streifen versehen, welche 
von Anwachsstreifen schwer unterscheidbar sind. Die mir vor-. 
liegenden Exemplare lassen sich auf den ersten Blick von den 
anderen Lebacher Arten unterscheiden, doch ist es überhaupt 
nöthig ganze Exemplare zu untersuchen, wenn man die Arten 
dieser Lokalität sicher bestimmen will. 

4) Zum Obigen füge ich, dass ich auf zahlreichen Exeur- 
sionen dieses Sommers auch im bayrischen Gebiete meine schon 
früher gegebene Eintheilung (a. a. O. S. 839) bestätigt gefun- 
den habe. Von der grössten Wichtigkeit ist in dieser Bezie- 
hung, dass auch hier — was man bisher nicht wusste — die 
Acanthodes-Schichten eine sehr weite und ausserordentlich 
regelmässige Verbreitung besitzen. Zwar sind es nur Flossen- 
. stacheln dieses Fisches, welche ich hier fand, jedoch an so 
zahlreichen Orten und unter so gleichen Verhältnissen, dass an 
der Identiät aller dieser Schichten so wenig zu zweifeln ist als 
an der Leitfähigkeit dieser Reste selbst, so mindestens bei 
uns. — Es zieht sich um den Königsberg (Offenbach — Lohn- 
weiler — Striet mit Fortsetzung im Geisborn und bei Hefers- 
weiler) ein schwaches Kohlenflötz, welches als Dach einen 
meist kieseligen Kalk führt, auf welchem ziemlich mächtige 
graue Schieferthone folgen. Dasselbe setzt in einiger Entfer- 
nung nach Nordösten noch zweimal bogenförmig auf, doch ist 
bei der ersten Wiederholung (Kronenberg —- Nussbach) Kohle 


407 


und Kalk durch ein Zwischenmittel getrennt, die Kohle wohl 
auch nicht überall vorhanden; während die zweite Wiederho- 
lung (Odenbach — Adenbach — Reifelbach — Waldgrehweiler) 
‚wieder dieselbe Beschaffenheit wie früher bringt. In derselben 
nordöstlichen Richtung tritt dasselbe Flötz zuletzt als Rand 
einer elliptischen Insel zwischen Schiersfeld und Niedermoschel 
auf, in welcher der früher berühmte Moschellandsberg, Queck- 
silber-führenden Angedenkens, liegt. Ueberall hier bin ich so 
glücklich gewesen, Acanthodes-Stacheln im Kalk und Schiefer- 
thon nachzuweisen, so dass die Lebacher Schichten in der Pfalz 
eine sehr grosse Verbreitung und Beständigkeit besitzen. 
Zugleich mit diesen Resten fand ich immer noch andere 
Fischreste, namlich glatte und gestreifte Schuppen (die schon 
vielfach bekannt waren), Anthracosien (Unionen, ebenfalls an 
manchen Orten schon früher gefunden), Estherien, ja bei Oden- 
bach auch einen Xenacanthus-Stachel und einen Diplo- 
dus genannten Fischzahn, leicht erkennbar an seinen 3 Zacken, 
von. denen der mittlere kleiner als die 2 seitlichen ist (im 
SENKENBERG’Schen Museum in Frankfurt a. M. erinnere ich mich 
Aehnliches aus unserem Gebiet gesehen zu haben). Walchien 
kommen in ganz benachbarten, zum Theil auch denselben 
Schichten vor. — Im Uebrigen muss ich mir ausführlichere 
Mittheilungen bis zur Veröffentlichung des gesammelten Mate- 
rials vorbehalten. 
| 5) Nicht versagen kann ich es mir an dieser Stelle, auf 
meinen fruheren Brief zuruckweisend, nochmals der Verwandt- 
schaften zu gedenken, welche sich mir beim Studium unserer 
hangenden Schichten im Vergleich mit dem Wettin-Löbejüner 
Kohlenbecken aufdrängten. Denn nicht sowohl ist die Aehn- 
lichkeit der Flora in unseren „Ottweiler Schichten“ mit jener 
durch GERMAR und Anprä beschriebenen auffallend (ich ver- 
weise z. B. nur auf das Vorkommen von Pecopteris elegans, 
Bredovü, truncata, Neuropteris ovata, Sigillaria Brardü in bei- 
den ‚Gebieten), wobei beachtenswerth ist, dass auch nach GeI- 
nıtz Walchien dort vorkommen, — sondern vermehrt wird diese 
Aehnlichkeit durch gewisse thierische Reste in beiden entfern- 
ten Lokalitäten. So sind auch bei Wettin Anthracosien, und 
zwar theils unter, theils über den Flötzen bekannt, sowie 
aus den oberen Schichten verschiedene Fischreste, welche ich 
zum Theil mit den unsrigen in den Lebacher Schichten iden- 


408 


tisch halten muss. Am wichtigsten sind darunter die von 
GErRMAR auf seiner Tafel 29 (Verst. d. Steinkohlenform. v. 
Wettin und Löbejun) abgebildeten, und, wie schon früher her- 
vorgehoben, auf Acanthodes und Xenacanthus zu beziehenden 
Reste. Das Vorkommen von Amblypterus, Blattinen und, nach 
GeINnITZz, von Candona bietet weitere Analogien zu unseren 
Lebacher bis Ottweiler Schichten. 

6) Endlich erwähne ich kurz, dass ich so glücklich ge- 
wesen bin, diesen Sommer auch in der Steinkohlenformation 
der Pfalz, nämlich in den dort eben allein auftretenden Ott- 
weiler Schichten, Insektenreste aufzufinden, im Schieferthon 
des Hangenden eines Kohlenflötzchens der Grube am Remigius- 
berg südöstlich Cusel: Neuerlich haben die alten Kohlen- 
Insekten das Interesse wieder angeregt. Bei uns waren sie 
bisher aus der tieferen Zone der sogenannten „Saarbrücker 
Schichten“ durch GoLDENBERG, sowie aus den „Lebacher Schich- 
ten“ durch denselben Forscher und durch Dourn (Hugereon 
Böckingi) bekannt geworden. Jetzt liegen also auch aus einer 
mittleren Zone solche Reste vor. 


409 


6. Aufsätze 


l. Aus dem thüringischen Schiefergebirge. 


Von Herrn R. RıcHter in Saalfeld a. S. 


Hierzu Tafel V. und VI. 


Ill. 


Der Schichtencomplex, welcher im thüringischen Schiefer- 
gebirge den Raum zwischen den Graptolithen-führenden Alaun- 
schiefern (Basis von BArRANDES Etage E) und den devonischen 
Dachschiefern einnimmt, besteht, wie schon in zwei vorange- 
gangenen Aufsätzen (vgl. diese Zeitschr., Jahrg. 1863 S. 699 ff. 
und Jahrg. 1865 S. 361 ff.) gezeigt worden ist, von unten nach 
oben aus buntfarbigen Kalken, Tentakulitenschichten (GEINITZ) 
mit Kalkeoncretionen, Nereitenschichten mit Conglomeraten 
und aus den Tentakulitenschiefern. Nach Ausweis der organi- 
schen Einschlüsse stehen die drei zuletzt genannten, oberen For- 
mationsglieder in engster Beziehung zu einander, während die 
Kalklager mehr in einem ähnlichen Verhältnisse zu den Alaun- 
schiefern zu stehen scheinen, wie die Kalke der Etage E in 
Böhmen zu den dortigen Alaunschiefern. 

Die räumliche Ausbreitung der in Rede stehenden Schich- 
ten hatte sich seither nur an den Lokalitäten, welche früher 
(vgl. diese Zeitschr., Jahrg. 1853 S. 439 und 440) wegen des 
Vorkommens der Kiesel- und Alaunschiefer, sowie der Kalk- 
lager und der Nereitenschichten namhaft gemacht wurden, in 
vollständiger Entwickelung nachweisen lassen. Neuerdings sind 
diese Schichten auch bei Grünau, Wurzbach, Lichtenberg und 
Steben erkannt worden und dürften nach Handstücken selbst 
der Umgebung von Hof nicht fremd sein. Ferner finden sich 
dieselben bei Weida und nach den von den Herren Eisen und 


Röper in Gera gesammelten und behufs der Bestimmung mit- 
Zeits. d.d. geol.Ges. XVII. 3. 27 


410 


getheilten Handstücken und Petrefakten in nicht geringer Aus- 
dehnung bei Ronneburg (von Liebschwitz und Gessen bis 
Posterstein). 

Die Frage nach dem relativen Alter unserer Schichten 
lässt sich aus alleiniger Berücksichtigung der Lagerungsverhält- 
nisse nicht endgültig beantworten. Es ist daher in den vor- 
ausgegangenen Aufsätzen die Discussion auf Grund der organi- 
schen Einschlüsse aufgenommen und nach der Betrachtung der 
Crustaceen bis zu jener der einschaligen Mollusken fortgeführt 
worden. Da die überwiegende Mehrzahl der Petrefakten bisher 
noch unbeschrieben war, so konnten Anhaltspunkte fast nur 
in den Gattungen gefunden und aus diesen auf obersilurischen 
Charakter der Schichten geschlossen werden. Die nachste- 
hende Aufzählung der bisher aufgefundenen zweischaligen Mol- 
lusken dürfte der bezeichneten Anschauungsweise eine breitere 
Basis gewähren. 


3313. Mollusken. 


B. Pteropoden. 


1. Conularia reticulata n. sp. 
Vgl. diese Zeitschr., Jahrg. 1865 S. 369 Taf. XI. Fig. 3. 


In der von den Herren EıseL und RÖDER in Gera mitge- 
theilten Sammlung findet sich ein Exemplar dieses Pteropods 
aus den Tentakulitenschiefern von Liebschwitz, welches, ob- 
gleich zusammengedrückt und der Spitze beraubt, doch die 
Dimensionen der Form und deren Verhältnisse zu erkennen 
gestattet. Hiernach würde die Gesammthöhe des pyramidalen 
Gehäuses 82 Mm. bei einem Gehäusewinkel von 20 Grad be- 
tragen haben, während die Breite der Hauptseite an der Mun- 
dung 22 Mm., demnach unter Einrechnung der eingekehlten 
Ecken die Diagonale der Mundöffnung ungefähr 40 Mm. beträgt. 


2; Styliola ferula n.:sp. (Tal. V. Boa, 


Die Länge des kegelförmigen Schälchens beträgt 2,5 bis 
3,0 Mm. Das Jugendende ist etwas abgestumpft, und die Zu- 
nahme geschieht anfangs etwas schneller als später, wo sie 
gleichmässig bleibt. Die Mundbreite verhält sich zur Länge 
wie 1,0:4,3. Das übrigens glatte Schälchen trägt auf der 
Aussenseite 20 bis 24 gerade Längsrippen, die fast um das 


: all 


Doppelte ihrer Breite von einander abstehen. Bei starker Ver- 
grösserung werden sehr feine und gedrängt stehende Anwachs- 
streifen sichtbar, welche. den Längsrippen, über die sie hin- 
weglaufen, ein gekörneltes Ansehen geben. 

In den Tentakulitenschiefern Thüringens und des Oster- 
landes (Schmirchau bei Ronneburg) nicht selten, aber meist 
vereinzelt. 


D. Pelecypoden. 


3. Cardiola interrupta Broperir. (Taf. V. Fig. 3.) 
Murcuison, Siluria, 1859, t. 23 f. 12. 


Die gleichklappige, ziemlich hoch gewölbte Schale ist schief- 
oval, fast so lang als hoch, mit etwas vorwärts geneigtem Wir- 
bel, von welchem zahlreiche, einfache Radialrippen mit abge- 
rundetem Rücken und concaven Zwischenräumen ausgehen. Die 
Zwischenräume haben nur auf den Steinkernen die Breite der 
Rippen; auf der Schale selbst sind dieselben schmaler. Die 
Continuität der Rippen wird durch tiefe, concentrische und den 
Anwachsstreifen parallele Furchen unterbrochen, so dass die 
Rippen sich in Reihen von Längswülsten auflösen, die gegen 
den Bauchrand der Muschel hin, wo die concentrischen Fur- 
chen immer enger aneinanderrücken, kurzer und verhältniss- 
mässig breiter werden. 

In den Kalklagern, selten. 


4. Cardiola striata Sow. (Taf. V. Fig. 4.) 
Murcnaison, a. a. O. t. 23 £. 18. 


Die gleichklappige, wenig gewölbte Schale ist oval, höher 
als lang, mit etwas nach vorn geneigtem Wirbel, von welchem 
sehr zahlreiche, vollkommen einfache Rippen mit convexem 
Rücken ausstrahlen. Die Rippen werden gegen den Bauch- 
rand der Muschel hin immer breiter, während die concaven 
Intervalle, die in der Nähe des Wirbels dieselbe Breite wie 
die Rippen besassen, unverändert bleiben. Die Anwachsstrei- 
fen sind nur durch leicht concentrische Linien angedeutet und 
werden erst am Bauchrande wahrnehmbarer. 

In den Nereitenschichten und deren Conglomeraten, sowie 
in den Tentakulitenschiefern. 


21 


412 


5. Avicula pernoides n. sp. (Taf. V. Fig. 5, 6.) 


Von fast bohnenförmigem Umrisse, gleichklappig, ziemlich 
gewölbt, mit stark nach vorn gekrümmtem Wirbel, höher als 
lang. Der geradlinige Schlossrand bildet nach hinten ein so 
stumpfes Ohr, dass die Abrundung desselben mit dem Hinter- 
rande der Muschel einen flachen Bogen bilde. Um so ausge- 
sprochener ist das vordere Ohr, welches bis unter die concave 
Byssusrinne der rechten Klappe ziemlich tief eingezogen ist, 
bevor der Vorderrand der Schale sich in einem weit vorsprin- 
genden Bogen mit dem Bauchrande’ vereinigt. Die Ohrgegend 
ist äusserlich wie innerlich bis dahin, wo der Vorderrand vor- 
zuspringen beginnt, durch eine im Allgemeinen horizontale, 
nach dem Rande zu aber etwas convergirende Streifung aus- 
gezeichnet, die sich mit den an den Rändern besonders deut- 
lichen Anwachsstreifen kreuzt. Auf der Wölbung der Muschel 
erscheinen statt der Anwachsstreifen manchmal concentrische 
Runzeln. 

In den Tentakulitenschiefern, haufig. 


E. Brachiopoden. 
6. Terebratula tenuissima n. sp. (Taf. V. Re, 7.) 


Breit-oval, fast kreisrund, die Ventralschale in der Spitze 
des Schnabels durchbohrt. Die deutlichen Anwachsstreifen sind 
so dicht gedrängt, dass deren 18 bis 20 auf die Breite eines 
Millimeters kommen. Die beiden vorliegenden Exemplare, von 
denen es zweifelhaft bleibt, ob sie zusammengedrüuckte Schalen 

_ oder Abdrücke sind, bieten den Anblick der äussersten Zartheit, 
indem sie dem unbewaffneten Auge wie glänzende Häutchen 
auf den Schieferflächen erscheinen und nur erst unter der Lupe 
weitere Details erkennen lassen. 

In den Tentakulitenschiefern. 


7. Terebratella Haidingeri Barr. (Taf. V. Fig. 8, 9.) 
Barrannze, Brachiop. der silur Schichten von Böhmen, 1847, I. 
Pr a9 1518 1.80% 

Dreiseitig mit hervorragendem, in der Spitze durchbohrtem 
Schnabel der Ventralschale. Die Dorsalschale hat in der Me- 
dianlinie eine seichte Einsenkung, welche mit einer eben sol- 
chen der Ventralschale correspondirt. Die einfachen Radial- 


413 


rippen, die bei den kleineren Exemplaren in grösserer Zahl 
vorhanden sind als bei den grösseren, sind stumpfkantig und 
durch entsprechende, gleichbreite Intervalle von einander ge- 
schieden. Die zwei bis drei mittelsten, in der Einsenkung ge- 
legenen Rippen reichen nicht bis zum Wirbel hinauf und sind 
daher etwas schmäler und niedriger als die übrigen. 

Auch die von Barranpe (a. a. 0. S.60) beschriebene und 
(Fig. 11) abgebildete Varietät suavis von stumpf funfseitigem, 
sehr verschmälertem Umrisse kommt hier vor. Sie zeigt be- 
sonders deutlich die Einschiebung der mittelsten Radialrippen 
zwischen die übrigen. Ä 

In den Nereitenschichten und in den Tentakulitenschiefern. 


8. Spirifer ef. plicatellus L. 

Movrcaıson, a. a. O.t. 9 f. 25 und t. 21 f£. 2. 

In den Kalklagern finden sich nicht selten Spiriferen, die 
zwar allzusehr verunstaltet sind, als dass sie eine sichere Be- 
stimmung zuliessen, aber doch im Ganzen die grösste Aehn- 
lichkeit mit dem citirten Petrefakt aus dem Wenlockkalkstein 
der Malverns darbieten. | 


9. Spirifer heteroclytus Derr. (Taf. V. Fig. 10, 11.) : 
BARRANDE, a. a. OÖ. II. p. 26 t. 14 £. 93. 


Einer eingehenderen Beschreibung dieses bekannten Pe- 
trefakts, welches nur als Beweisstück abgebildet worden ist, 
bedarf es wohl nicht. Einzig behufs der Unterscheidung von 
den zugleich vorkommenden Specien sei hervorgehoben, dass 
die Höhe der flachen Area zur Länge (Breite) wie 1: 2,9, die 
Höhe der dreieckigen Oeffnung zur Länge (Breite) der Area 
wie 1,0:6,0 sich verhält, die wenig zahlreichen, breiten 
und convexen Rippen durch ziemlich scharf einge- 
schnittene Rinnen gesondert werden und die con- 
cave Bucht nebst dem convexen Sattel ziemlich 
breit sind. Die Anwachsstreifen sind von unglei- 
‘cher Deutlichkeit. 

In den Nereitenschichten und deren Conglomeraten. 


10. Spirifer Amphitrites n. sp. (Taf. V. Fig. 12, 13.) 


Die Breite beträgt nicht ganz das Doppelte der Höhe, die 
flache, horizontal gestreifte Area ist viermal breiter als hoch 
und die Basalbreite der dreieckigen Oeffnung verhält sich zur 


414 


Breite der Area wie 1,0:5,5. Sattel und Bucht, neben 
denen die Schalen jederseits noch 7 bis 8 einfache 
Falten mit abgerundetem Rücken und gleichbrei- 
ten concaven Zwischenräumen tragen, sind ver- 
hältnissmässig schmal und besonders die Bucht ist 
dadurch ausgezeichnet, dass die Concavität der- 
selben einer tiefen Rinne mit ausgerundeten Nu- 
then gleicht. Die scharf ausgeprägten Anwachs- 
streifen laufen in grösster Regelmässigkeit über 
die Schalen. 
In den Nereitenschichten und deren Conglomeraten. 


11. Spirifer Nerei Barr. (Taf. V. Fig. 14, 19.) 
BARRANDE, a. a. OÖ. U. p. 27 t. 15 f. 4. 


Aeussere Dimensionen wie jene des Vorigen, dagegen ist 
die concave Area weit niedriger. Sattel und Bucht 
sind breit und ebenso wie die jederseits derselben 
befindlichen 5 bis 6 einfachen Radialfalten stumpf- 
kantig mit gleichbreiten stumpfwinkeligen Inter- 
vallen. Die ziemlich dicht gedrängten Anwachsstreifen 
zeigen die grösste Regelmässigkeit, aber die kur- 
zen Radiallinien dieht am Rande der Anwachsstrei- 
fen und senkrecht auf denselben, die an den böh- 
mischen Kalkexemplaren als blosse Eindrücke er- 
scheinen, werden vermöge des Erhaltungszustan- 
des der hiesigen Exemplare zu wirklichen Rissen, 
so dass die Schalen durchbrochen erscheinen, wie 
feinstes Spitzengewebe. 

In den Nereitenschichten und deren Conglomeraten, sowie 
in den Tentakulitenschiefern. 


12. Spirifer Falco Barr. (Taf. V. Fig. 16.) 
BaRRAnDE, a. a. O. II. p. 36 t. 17 f. 4. 

Der Beschreibung Barranpe’s (a. a. O.) ist nichts beizu- 
fügen, als dass die hiesigen Exemplare zahlreichere Anwachs- 
streifen am Stirnrande zeigen, als die citirte Abbildung. 

In den Tentakulitenschiefern. 


13. Spirigera obovata Sow. (Taf. V. Fig. 17,18, 19, 20.) 
Murcaison, a. a. O. t. 22 £. 16. 


Bis jetzt ist nur ein einziges Exemplar von der Grösse 


415 


der Figur 17 vorgekommen; alle übrigen haben nur die Grösse 
der Figuren 18 bis 20, weshalb auch der schon an sich seichte 
Sinus dieser Form meist ziemlich undeutlich ist. Desto schär- 
fer erscheinen die charakteristischen Anwachsstreifen, an denen 
auch die am häufigsten vorkommenden Abdrücke und Hohl- 
räume sofort zu erkennen sind. 

In den Nereitenschichten und in den Tentakulitenschiefern. 


14. Spirigerina reticularis L. var. orbicularis Sow. 
(Taf. V. Fig. 21, 22.) 
Morcnison, a. 2.0.1.9 f.4,5. 
Bis jetzt hat sicb in unseren Schichten blos diese Varietät, 


_ die Murcuıson aus den Llandovery-Rocks der May-Hills ab- 


bildet, gefunden und zwar ausschliesslich in den Conglomera- 
ten der Nereitenschichten. 


15. ?Spirigerina micula n. sp. (Taf. V. Fig. 23, 24.) 
Die grössten Exemplare dieser fast kreisrunden Muschel 
haben höchstens 3 Mm. Durchmesser, meist nur 1 Mm. Die 
Dorsalschale ist flach, die Ventralschale etwas gewölbt und 
zwar am meisten in der Wirbelgegend. Beide Schalen sind 
von concentrischen Bändern borstiger Zotten bedeckt. Sollte 
hier ein Jugendzustand der vorigen Art vorliegen ? 
In den Tentakulitenschiefern. 


16. Rhynchonella swecisa n. sp. (Kat. V. Fıo. 25, 26.) 


Queroval, am Stirnrande auf die Breite des flachen Sattels. 
und der ebenso seichten Bucht gerade abgestutzt. Der flache 
Schnabel der Ventralschale ist so übergebogen, dass Durch- 
bohrung und Deltidium verdeckt werden. Beide flachgewölbte 
Schalen glatt, nur am Stirnrande der Ventralschale erscheinen 
deutliche eng zusammengedrängte Anwachsstreifen in ähnlicher 
Weise wie bei Spirifer Falco Barr. So wahrscheinlich es ist, 
dass auch die Dorsalschale solche Anwachsstreifen zeigen werde, 
so haben sich doch dieselben noch nicht beobachten lassen. 

In den Tentakulitenschiefern. 


17. Rhynchonella Grayi Davis. (Taf. VI. Fig. 1.) 
Musrcnison, a. a. OÖ. p. 250 f. 3. 
Eine eigenthumliche Form mit kurzem, gebrochenem Schloss- 
rande, welche durch den Sattel der Dorsalschale und die ent- 


416 


sprechend tiefe und scharf eingeschnittene Bucht der Ventral- 
schale in zwei völlig unsymmetrische Seiten zerfällt, so dass die 
rechte, Seite der Ventralschale fast um das Doppelte höher 
und breiter ist als die linke. Die Oberfläche der Schalen lässt 
namentlich nach dem Stirnrande hin deutliche Anwachsstreifen 
erkennen. Da die wenigen hiesigen Exemplare rücksichtlich 
der Lage der beiden unsymmetrischen Seiten vollständig mit 
der Abbildung in der Siluria übereinstimmen, so erscheint die 
Vermuthung, dass hier eine Verdrückung vorliege, nicht hin- 
reichend gerechtfertigt. 
In den Tentakulitenschiefern. 


18. Rhynchonella deflexa Sow. (Taf. VI. Fig. 2.) 
Murcnison, a. a. ©. t. 22 £. 10. : 

Der Abbildung MurcnHisox’s, sowie der Beschreibung und 
Abbildung Barranoe’s (a. a. O. I. p. 49 t.20 £. 15) ist nichts 
beizufügen. 

In den Nereitenschichten und deren Conglomeraten. 


19. Rhynchonella Nympha Barr. (Taf. VI. Fig. 3, 4.) 

BarranDE, a. a. O. I. .p. 66 t. 20 £. 6. 

Auch hier ist‘ der Beschreibung und Abbildung bei Bar- 
RANDE nichts beizufügen. Die Abbildung soll als Beweisstuck 
dienen. 

In den Nereitenschichten und deren Conglomeraiens wie 
auch in den Tentakulitenschiefern. 


20. Pentamerus oblongus Sow. (Taf. VI. Fig. 5 bis 7.) 

Murcaison, a. 2. 0.1.8 f. 1—4. 

Oval, unter dem Wirbel rasch verbreitert. Die Schale sehr 
dick. Der schmale und seichte Sinus, dem ein eben solcher 
Sattel entspricht, macht sich schon vom Wirbel aus wahrnehm- 
bar. Die Anwachsringe sind regelmässig, treten aber wenig 
hervor. Die Bestimmung von Figur 6 (broather variety MurcH.) 
ist zweifelhaft-und am meisten, wenn der Kern 5, 7 wirk- 
lich dazu gehört. 

‘In den Nereitenschichten und deren Conglomeraten. 


91. Orthis distorta Barr. (Taf. VI. Fig. 8, 9, 10.) 
BarrANDE, a. a. O. II. p. 93 t. 19 £. 5. 
Diese Orthis ist bisher in unseren Schichten nur in einer 


417 


Grösse von 3 Mm. Breite und entsprechender Höhe gefunden 
worden, würde also gegenüber den böhmischen Exemplaren 
. als Jugendform zu betrachten sein. Es würde demnach die 
Form im Jugendzustande regelmässig, im vorgerückteren Alter 
unregelmässig sein, wie Aehnliches bei Orthisina pelargonata 
ScHLorTH. der Dyas und bei Hinnites comtus GoLDF. der Trias 
u. s. w. beobachtet wird. Der Schlossrand ist geradlinig, die 
dreieckige Area sehr hoch, die schmale dreieckige Oeffnung 
zum grösseren Theile verschlossen. Die flache Dorsalschale 
und die am Wirbel sackformig vertiefte, dann aber plötzlich 
zu einem halbkreisförmigen Schirme sich ausbreitende Ventral- 
schale tragen zahlreiche einfache, aus der Fläche der Schalen 
sich leistenartig erhebende Radialrippen, in deren breitere Zwi- 
schenräume etwas jenseits der Schalenmitte sekundäre Rippen 
sich einschieben. 

In den Nereitenschichten und deren Conglomeraten, sowie 
in den Tentakulitenschiefern. 


22: 2 Orthis sp... (Taf. VI. Fig."12,) 


Häufig, aber immer nur fragmentarisch vorkommende Scha- 
len mit zweifach diehotomen Radialrippen. 
In den Nereitenschichten. 


23. Orthis callactis Darm. (Taf. VI. Fig. 13.) 

Hıs. Leth. Suec. p. 70 t. 20 f.9. Morcaıson, a. a. 0.1.5 £.8. 

Schlossrand geradlinig, grösste Breite der fast halbkreis- 
formigen Muschel etwas unter dem Schlossrande; die wenig 
zahlreichen Radialrippen haben einen schmalen Rücken und 
sind durch merklich breitere, concave Zwischenräume von ein- 
ander getrennt. Anwachsstreifen wenig bemerkbar. 

In den Conglomeraten der Nereitenschichten. 


24. Orthis ef. pecten Sow. (Taf. VI. Fig. 14, 15, 16, 17.) 
Murcnison, a. a. O. t. 6 f. 4. 


Der geradlinige Schlossrand bezeichnet zugleich die grösste 
Breite, die sich zur Höhe wie 4:3 verhält. Die wenig ge- 
wölbten Schalen sind dicht mit einfachen fädlichen Radialrippen 
' bedeckt, welche bei den kleineren Exemplaren sehr bald se- 
kundäre, bei den grösseren Exemplaren endlich auch noch 
Rippen dritten Grades zwischen sich nehmen. Auf dem con- 


418 


vexen Rücken der Rippen bilden die dicht zusammengerückten 
Anwachsstreifen dem Stirnrande zugewandte Bogen, während 
in den Zwischenräumen die Bogen. sich dem Wirbel zuwenden. 
Auf den Kernen ist die Wirbelgegend glatt und die Rippen- 
spuren erscheinen erst gegen die Ränder hin. 

In den Oonglomeraten der Nereitenschichten. Auch ein 
Fragment aus den Kalken scheint hierher zu gehören. 


25. Strophomena imbrex Davos. (Taf. VI. Fig. 11.) 

Murcnison, a. a. OÖ. p. 251 £. 6. 

Schlossrand geradlinig, grösste Breite der Muschel: unge- 
fähr im ersten Viertheil der Höhe, wo vom Wirbel aus die 
Wölbung der Schale die Seitenränder erreicht, so dass oberhalb 
eine fast ohrförmige Abplattung entsteht. Zwischen die vom 
Wirbel ausstrahlenden, einfachen, stumpfkantigen Hauptrippen 
‚ schieben sich vom ersten Viertheil der Höhe an ebenfalls ein- 
fache, sekundäre Rippen ein.- Eine Anwachsstreifung ist nicht 
wahrnehmbar. ’ 

In den Conglomeraten der Nereitenschichten, selten. 


26. Strophomena depressa Darm. 


Von dieser ausgezeichneten Species haben sich mehrere 
Fragmente in den Conglomeraten der Nereitenschichten gefunden. 


27. Strophomena curta n.sp. (Taf. VI. Fig. 18, 19,20, 21.) 


Schlosskante geradlinig, die grösste Breite, die ungefähr 
in der halben Höhe sich zeigt, verhält sich zur Höhe wie 2:1. 
Die knieförmige Umbiegung beschreibt einen rechten Winkel. 
Die übrigens glatte Schale ist von feinen und engen concentri- 
schen Anwachsstreifen bedeckt, findet sich aher selten erhalten. 
Meist findet sich das Petrefakt in der Gestalt eines grob und 
unregelmässig gerippten Steinkerns (Figur 20) und es ist augen- 
scheinlich, dass diese Form nur aus dem Zusammenfliessen der 
manchmal (Figur 21) noch deutlich unterscheidbaren einzelnen 
Kiemenspitzen entstanden ist. 

In den Conglomeraten der Nereitenschichten und in den 
Tentakulitenschiefern. 


28. Leptaena laevigata Sow. (Taf. VI. Fig. 22.) 
Murceiıson, a. a. O. t. 20 f. 15. 
Die grösste Breite am Schlossrande verhält sich zur Höhe 


419 


wie 3:2. Die übrigens glatte Schale zeigt mit grosser Deut- 
lichkeit und zwar am meisten an den Rändern die regelmässi- 
gen Anwachsstreifen. 

In den Conglomeraten der Nereitenschichten. 


29. Leptaena corrugata PorıL. (Taf. VI. Fig. 24 bis 28.) 

Barsanpe, a, a. O. I. p. 75 t. 21 f. 16. 

Diese unter allen Brachiopoden am häufigsten vorkom- 
mende Species*) lässt sich in allen Alterszuständen beobach- 
ten. Die grösste Breite an der gekerbten Schlosslinie verhält 
sich zur Höhe wie 3:2, was an den rundlich vierseitigen Ju- 
gendformen auffallender hervortritt als an den mehr halbkreis- 
förmigen ausgewachsenen Exemplaren. Die jüngsten Exem- 
plare von 1 Mm. Schlossbreite zeigen sowohl auf der flachen 
Dorsalschale, als auch auf der ziemlich tief napfformigen Ven- 
tralschale nur erst Anwachslamellen, welche wie aus feinsten 
Stiftchen gewobene Borten erscheinen. Ist die Bildung der 
dritten oder vierten Anwachslamelle vollendet, so erheben sich 
und zwar am deutlichsten auf der Ventralschale zuerst 5 ein- 
fache Radialrippen über die Bänder (Figur 26), zwischen wel- 
che sich allmälig neue, noch zum Wirbel reichende, dann aber 
immer kurzer und schärfer bleibende Rippen einschieben. Zu 
gleicher Zeit werden die Anwachslinien undeutlicher und ver- 
schwinden endlich, wenn im erwachsenen Zustande auch die 


-feinen,. zwischen den Rippen liegenden Radiallinien sich zu 


wirklichen.Rippen verdickt haben, fast gänzlich. Daneben fin- 
den sich seltene Exemplare, die bis in ein späteres Alter nur 
die ursprünglichen 5 Hauptrippen bewahren, dafur aber desto 
deutlicher die Anwachsstreifen behalten. Die Jugendexemplare 
liegen fast immer aufgeklappt (Figur 24) auf den Gesteinsflä- 
chen, während die ausgewachsenen Schalen nur einzeln vor- 
kommen. 

Von den böhmischen Exemplaren unterscheiden sich die 
hiesigen Vorkommnisse nur durch geringere Grösse und da- 
durch, dass die Anwachslamellen vollkommen den Seitenrän- 
dern und dem Stirnrande parallel laufen. 

In den Conglomeraten der Nereitenschichten und in den 
Tentakulitenschiefern. 


*) In dieser Zeitschr. 1865 S. 367 Z. 7 v. o. ist zu lesen Leptaena 
statt Chonetes, 


420 


30. Leptaena cf. fugax Barr. (Taf. VI. Fig. 29, 30.) 

BarranDe, a. a. ©. OD. p. 81 t. 21 £. 12. 

Breite und Höhe gleich. Von den böhmischen Exempla- 
ren nur dadurch unterschieden, dass die Radialrippen etwas 
enger stehen. 

In den Nereitenschichten und deren Conglomeraten. 


3l. Leptaena ? lata Bucn. (Taf. VI. Fig. 23.) 

Movrcnison, a. a. O.t. 9 £. 23 und t. 34 £. 18. 

Grösste Breite in der halben Höhe zur Höhe wie 2:1. 
Die ganze Schale ist von äusserst feinen und eng zusammen- 
gedrängten Radiallinien bedeckt. Diese sehr zarte Form findet 
sich in den Conglomeraten der Nereitenschichten und in den 
Tentakulitenschiefern. 


(32. Leptaena Verneuili Barr. Taf. VI. Fig. 31.) 
BaRRANDE, a. a. OÖ. D. p. 67 1.21 f, 13—15. ; 


Die grösste Breite am Schlossrande verhält sich zur Höhe 
wie 4:3. Die Schalen, von denen die Ventralschale merklich 
vertieft ist, sind von einfachen, sich allmalig verstärkenden 
stumpfkantigen Rippen mit stumpfwinkeligen Intervallen be-, 
deckt. Anwachsstreifen wenig wahrnehmbar. 

In den Tentakulitenschichten und in den Conglomeraten 
der Nereitenschichten. 


383. Discina Forbesi Dıvms. (Taf. VI. Fig. 32.) 
Moncnison, a. a. ©. p. 350 £. 11. ? 


Fast kreisrund, die schmale Stielöffnung der Ventralschale 
von einem schmalen Wulst umgeben. Glatt und glänzend. mit 
scharf hervortretenden Anwachslinien. Einige Schalen zeigen 
eine bräunlich- bis gold-gelbe Färbung. 

In den Kalklagern bis herauf in die Tentakulitenschiefer. 


Unter den 33 Specien, die vorstehend theils aufgezählt, 
theils beschrieben worden sind, befinden sich neun, welche 
zum ersten Male veröffentlicht worden. Von den übrigen, schon 
bekannten 24 Arten reichen drei, nämlich Spirifer heteroclytus, 
Spirigerina reticularis und Strophomena depressa, und wenn man 
 Spirigera obovata mit Sp. concentrica und Strophamena imbrex 
mit Sir. Phillipsi Barr. (a. a. O. U. t. 21 f.10 und pe Prano, 


421 3 

Geol. d’Almaden, p. 70 pl. XXVIIT. f. 10) vereinigen will, 
auch noch diese beiden, also im Ganzen 5 Species aus dem 
Silursystem hinauf in das devonische System. Alle übrigen 
mit Ausnahme von Spirigerina reticularis, Pentamerus oblongus, 
0. (?) peeten (?0O. sol. BaRR.) und Leptaena lata, die schon aus 
älteren Schichten bekannt sind, gehören ausschliesslich dem 
obersilurischen Terrain Böhmens, oder Schwedens, oder Eng- 
lands, oder Frankreichs, oder endlich Nordamerikas an, wie 
nachstehende Tabelle veranschaulichen wird. 


Thüringen.! Böh- Eng- 
men. land. 


Tentakulitensehichten 
Nereitenschichten 
Vire, Dep. de la Sarthe. 


Tentakulitenschiefer 
Etage E 

Etage F 

Regio E. Ancerın. 
Nordamerika. 


Wenlock 
Lower Ludlow 


Kalklager 
Gothland, 
Aymestry 
Frankreich, 


Cardiola interrupta Bro». 
C. striata Sow. 
Terebratella Haidingeri Bann. - 
Spirifer plicatellus L. ZTRDRET | 
Sp. heteroclytus Derr. BR 
Sp. Nerei Barr. . 
Sp. Falco Barr. . : 
Spirigera obovata Sow. 
Spirigerina reticularis L. . 
Rhynchonella Grayi Dav. 
Rh. deflexa Sow. - 
Rh. nympha Barr. 
Orthis distorta Barr. 
$ callactis Daım. . 
0.(?) pecten Sow. (? 0. sol Bann) +. 
Strophomena imbrex Dav. . 
Str. depressa Darm. 
Leptaena laevigata Sow. 
L. corrugata Portı. 
L. fugax. Bars. 
L. (?) leta Boch : 
F WVerneuils Barker „=. ..21:4. 4. 
Discina Forbesi Dav. . . . . IF} 


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*) PortLock hat die irische Fundstelle nicht näher nach ihrem rela- 
tiven Alter charakterisirt. 


22 = 


Hiernach dürfte die Annahme gerechtfertigt erscheinen, 
dass der Beweis für den silurischen und zwar speciell ober- 
silurischen Charakter des in Thüringen den Raum zwischen 
den Graptolithen führenden Alaunschiefern und den devoni- 
schen Dachschiefern einnehmenden und aus buntgefärbten Kalk- 
lagern, Tentakulitenschichten, Nereitenschichten und Tentaku- 
litenschiefern bestehenden Schichtencomplexes in genügender 
Weise geführt sei, und dass es einer weiteren Erhärtung dieses 
Beweises durch die Constatirung des Vorkommens von Grapto- 
lithen bis herauf in die Tentakulitenschiefer gar nicht bedürfe. 

Die aus der Tabelle sich ergebenden Beziehungen der 
Nereitenschichten und der Tentakulitenschiefer namentlich zu 
Etage F in Böhmen und zu den englischen Wenlockgesteinen 
sind so augenfällig, dass dieselben nicht unerwähnt bleiben 
durften; doch ist eine specielle Parallelisirung nur dieser For- 
mationsglieder mit Ausschluss der übrigen nicht angezeigt, da 
die Zahl der hier zur Vergleichung sich darbietenden Petrefak- 
ten an sich klein und nur auf eine Klasse beschränkt ist. 

- Eines Umstands, welcher der gesammten Fauna der ober- 
silurischen Schichten Thüringens ein eigenthümliches Gepräge 
verleiht, mag hier noch gedacht werden, nämlich der Kleinheit 
der Dimensionen, welche fast sämmtliche Formen charakteri- 
sirt. Am meisten fällt diese Kleinheit bei denjenigen Formen 
auf, welche sich mit den entsprechenden von anderen Fundor- 
ten vergleichen lassen. Unter diesen sind es ganz vorzüglich 
Terebratella Haidingeri var. suavis, Rhynchonella deflewa, Orthis 
distorta, Strophomena imbrex und Leptaena corrugata, deren hie- 
sige Vorkommnisse ganz constant bis sechsmal, beziehungs- 
weise sechsunddreissigmal kleiner bleiben, als die böhmischen 
und englischen Lokalitäten entstammenden Exemplare. Die 
scheinbar nahe liegende Vermuthung, dass diese Verkummerung 
Folge der engen Begrenzung der Meeresbecken, in denen die 
Thiere leben und den obwaltenden Verhältnissen gemäss sich 
entwickeln mussten, sein möge, wird dadurch zurückgewiesen, 
dass gegenüber diesen kleinen und kleinsten Formen eine nicht 
unbeträchtliche Reihe von Organismen (die Orthoceratiten der 
Kalklager, die Conularien, Kuomphalus Thraso, Cardiola striata, 
Spirifer Nerei, Sp. plicatellus, Orthis (?) pecten, Strophomena 
depressa, Discina Forbesi) in denselben Meeresbecken zur vollen 
Entwickelung ihrer normalen Grösse gelangt sind und von den 


423 


Bedingungen, die dort eine Verkümmerung bewirkt haben muss- 
ten, nicht zu leiden gehabt haben. 

Eben diese verschiedenartige und doch gleichzeitige und“ 
in denselben Oertlichkeiten zur Vollendung gelangte Grössen- 
entwickelung ist der Annahme, dass die in ihren Dimensionen 
zurückgebliebenen Formen, die sämmtlich der Klasse der Bra- 
. chiopoden angehören, also für pelagisch gehalten werden mus- 
sen, in einem auch nach Maassgabe der grossen Zahl von Crusta- 
ceen und des Mangels an Cephalepoden seichten Meere sich 
nur unvollkommen hätten entwickeln können, nicht minder un- 
gunstig, als der entgegengesetzten, dass in einem ungewöhnlich 
tiefen Meere, wofür die weit überwiegende Herrschaft der Ten- 
takuliten zu sprechen scheint, Druck und Lichtmangel der kräfti- 
sen Entwickelung hinderlich gewesen seien. Da auch eine 
separate Betrachtung der Fossilreste nach den einzelnen For- 
mationsgliedern, denen sie angehören, das erwünschte Licht 
nicht giebt, so bleibt, wenn nicht das Unwahrscheinliche, dass 
die bisher in ausschliesslicher und constanter Kleinheit aufge- 
fundenen Formen nur Jugendzustände repräsentiren möchten, 
angenommen werden soll, nur die Bescheidung übrig, dass wie 
in manchen anderen Fällen, so auch hier, unsere gegenwärtige 
Kenntniss zur Herstellung der Beziehungen zwischen den beob- 
achteten Thatsachen und den dieselben bedingenden Ursachen 
noch nicht ausreicht. 


Erklärung der Figuren auf Tafel V. nnd VI. 


Dabei N. 


Fig. 1. Tentaculites ferula n. sp., ®/, natürlicher Grösse. 
-  .2. Derselbe, Mundende, !6/, n. Gr. 
- 8. Cardiola interrupta Brop., rechte Klappe, !/, n. Gr. 
- 4. C. siriala Sow., rechte Klappe, !/; n. Gr. 
9. Avicula pernoides n. sp., linke Klappe, */, n. Gr. 
6. Dieselbe, rechte Klappe, ®/, n. Gr. 
- 7. Terebratula. tenuissima n. sp., Ventralschale, '/, n. Gr. 
8. Terebratella Haidingeri Barr, '/, n. Gr. 
9 


, 


Dieselbe, var. suavis Barr., */, n. Gr. 


13: 


424 
Spirifer heteroclytus DerR., Area, ?/, n. Gr. { 
Derselbe, Dorsalschale, ?/, n. Gr. 
Sp. Amphitrites n. sp., Ventralschale, !/, n. Gr. 
Derselbe, Area, !/, n. Gr. ; 
Sp. Nerei Barr., Ventralschale, !/, n. Gr. 
Derselbe, Schalenstück, ®/, n. Gr. 
Spirifer Falco Barr., Ventralschale, '/, n. Gr. 
Spirigera obovata Sow., '/, n. Gr. 
Dieselbe, Dorsal des Kerns, '/, n. Gr. 
Dieselbe, Ventral des Kerns, !/, n. Gr. 
Dieselbe, voller Kern, !/, n. Gr. 
Spirigerina reticularis L., Ventralschale, '/, n. Gr. 
Dieselbe, Kern, !/, n. Gr. 
Sp. micula n. sp., Dorsalschale, ?/, n. Gr. 
Dieselbe, Ventralschale, ?/, n. Gr. 


. Rhynchonella succisa n. sp., !/, n. Gr. 


Dieselbe, Ventralklappe, '/, n. Gr. 


Tafel VI. 


Rhynchonella Grayi Dav., Ventralklappe, !/, n. Gr. 

Rh. deflexa Sow., Ventralklappe, ?/, n. Gr. 

Rh. nympha Barr., '/, n. Gr. 

Dieselbe, Stirnrand, '/, n. Gr. 

Pentamerus oblongus Sow., Ventralklappe, !/, n. Gr. 
?Derselbe, breitere Varietät, Ventralklappe, '/, n. Gr. 
? Derselbe, Kern, !/, n. Gr. 


_Orthis distorta Bare., Ventralklappe, */, n. Gr. 


Dieselbe, Profil, %/, n. Gr. 

Dieselbe, Area, */, n. Gr. 

Strophomena imbrex Dav., Ventralklappe, '/, n. Gr. 

Orthis sp., !/, n. Gr. 

O. callactis Daım., Dorsalklappe, ?/, n. Gr. 

0. (?) pecten Sow., Ventralklappe, '/, n. Gr. £ 

Dieselbe, Kern, !/, n. Gr. 

Dieselbe, ausgewachsenes Exemplar (an den Ecken restaurirt), 
if, n. Gr. 

Dieselbe, Schalenstück, */, n. Gr. 

Strophomena curta n. sp., Ventralklappe, '/, n. Gr. 

Dieselbe, Profil, !/, n. Gr. 

Dieselbe, Kern, !/, n. Gr. 

Dieselbe, Kern, !/, n. Gr. 

Leptaena laevigata Sow. Dorsalklappe, '/, n. Gr. 


Ä ee 

| Leptaena (?) lata Bucn, Abdruck der Dorsalklappe, '/, n. Gr. 
ER corrugata Porrtr., jung, aufgeklappt, !/, n. Gr. | 
= 25. Dieselbe, Kern, ?/, n. Gr. ; 

#..06, Dieselbe, jung, !°/, n. Gr. 

Er 27. Dieselbe, erwachsen, ?/, n. Gr. 

0 =..28. Dieselbe, Schalenstück, */, n. Gr. 

“S 2. 89..L, fugax Barn., Ventralklappe, (Cu, 

BE = ..80. Dieselbe, Kern, !/, n. Gr. i 

MR nn 31, L. Vernewli Banr., Ventralklappe, !/, n. Gr. 

B. = 932. Discina Forbesi Dav., Ventralschale, '/, n. Gr. 


f 


\ 


426 E 


2. Ueber die Reichensteiner Quarzzwillinge. 
Von Herrn Heınkıcn Eck ın Berlin. 


Unter denjenigen Mineralien, welche der Königl. Berg- 
Akademie zu Berlin aus der Sammlung des Königl. Ober-Berg- 
Amtes zu Breslau zugekommen sind, fand sich auch ein Stück 
Serpentin von Reichenstein vor, welches in seinen Drusen die 
von Herrn G. Rose in Po@GENDORFF’s Annalen Bd. LXXXINH. 
S. 461 beschriebenen und Taf. II. Fig. 16 u. 17 abgebildeten 
Quarzkrystallgruppirungen beobachten lässt. Zu näherer Ver- 
gleichung gestattete mir Herr G. Rose auch eine Untersuchung 
der beiden in dem hiesigen Universitäts-Museum befindlichen 
Exemplare, welche der oben erwähnten Arbeit zu Grunde 
gelegen haben, wofur ich demselben meinen besten Dank aus- 
zusprechen nicht verfehle. F 

Herr G. Rosz hatte aus dem ihm vorliegenden Materiale 
gefolgert, dass die in Rede stehenden Krystallgruppirungen 
Vierlinge bilden, indem an einen mittleren Krystall drei Indi- 
viduen so angewachsen seien, dass eine Hauptrhomboöäderfläche 
von jedem der letzteren mit je einer der drei Hauptrhombo&der- 
flächen des mittleren Krystalls in gleicher Ebene liege. Die 
Zwillingsebene wäre hiernach eine Hauptrhomboäderfläche; die 
Krystalle wären aber nicht mit dieser, sondern mit einer darauf 
senkrechten Fläche mit einander verwachsen. Der Winkel der 
Axen zweier zwillingsartig verbundenen Krystalle und der Winkel 
der beiden Prismenflächen, worauf die gemeinschaftlichen Rhom- 
boöderflächen aufgesetzt sind, musste demnach 103° 34’ betragen. 

Gegen diese bisherige Deutung machte Herr HHrSSENBERG, 
ohne das in Rede stehende Vorkommen in Wirklichkeit gese- 
hen zu haben, in v. LEonHArD und Bronn’s neuem Jahrbuch 
für Mineralogie u. s. w., Jahrg. 1854, 'S. 306 den. Einwand, 
dass bei der angegebenen Gruppirung nicht diejenige allsei- 
tige Symmetrie, deren eine Gruppe von vier Quarzkrystallen 
fähig sei, stattfinden könne, weil nämlich die Axen der drei 


” 


427 


seitlichen Individuen unter ‚sich nicht dieselbe Neigung (von 
103° 34’) haben könnten, wie die Axe des mittleren Krystalls 
zu jeder Axe der drei seitlichen Individuen. Herr HEssenBErG 
glaubte mit grösserer Wahrscheinlichkeit die Existenz einer 
solchen vollkommenen Symmetrie bei den in Rede stehenden 
Krystallgruppirungen annehmen zu dürfen, bei welcher die ge- 
meinschaftliche Fläche einem Rhombo&der mit 120° Endkanten- 
winkel angehören müsse, die gegenseitige Neigung aller vier 


. Hauptaxen 109° 28° betragen würde, je zwei der Hauptrhom- 


bo@derflächen nicht mehr in einer Ebene liegen, sondern einen 
Winkel von 174° 6° mit einander machen würden, und die 
Zwillingsebene demzufolge parallel — R. sein würde. 

Berechnete man indessen aus einem Rhomboäder 3 R. 
von 120° Endkantenwinkel rückwärts das Hauptrhomboeder 
und dessen Neigung zur Hauptaxe, so ergab sich für diese der 
Winkel von 141° 50’47”, welcher von dem aus den KUPFFER’- 
schen Messungen für diese Neigung berechneten Winkel von 
141° 47 zwar nur um 3’ 47” abweicht, aber überhaupt mit 
demselben differiren muss, da ein Rhomboäder von 120° End- 
kantenwinkel im hexagonalen Systeme wohl nicht vorkommen 
kann. Ausserdem entbehrte dieser Einwand der thatsächlichen 
Begründung. | 

Ein genaueres Studium der erwähnten Krystallgruppirun- 
gen hat mich zu folgendem Resultate geführt. _ 

Die vorliegenden Stucke Serpentin, welche kleine Arseni- 
kalkieskrystalle in grosser Zahl eingesprengt enthalten, werden 
mehrfach von kleinen Quarzgängen durchsetzt. „Der Quarz ist 
2—3 Linien hoch auf den Saalbändern der Gänge rechtwinklig 
aufgewachsen und, wo die Gänge sich erweitern und in der 
Mitte Drusen bilden, (in der Combination der sechsseitigen 
Säule mit dem Haupt- und Gegenrhomboäder) auskrystallirt“ ; 
er ist ziemlich durchsichtig. In diesen Drusen liegen unmittel- 
bar auf diesem älteren Quarze hier und da Kalkspathkrystalle 
zerstreut, welche in allen vorliegenden Fällen ausschliesslich 
das erste stumpfere Rhombo&der als Endigung beobachten las- 
sen und entweder aus diesem allein, oder aus der Combination 
desselben mit der ersten sechsseitigen Säule oder einem schär- 
feren Rhomboäder, wahrscheinlich Haur’s dilate, bestehen. Auf 
diesen Kalkspathkrystallen finden sich Krystalle eines jüngeren 
Quarzes aufgesetzt, welche ebenfalls lediglich aus der Oombi- | 


25 * 


428 : 


nation der sechsseitigen Säule mit dem Haupt- und Gegen- 
rhombo&der bestehen, sich aber von dem älteren Quarze durch 
geringere Durchsichtigkeit unterscheiden. Die Krystalle dieses 
jüngeren Quarzes allein bilden die oben erwähnten Krystall- 
gruppirungen. Es ist zum Verständniss der letzteren durchaus 
wesentlich, dass die Krystalle des jüngeren Quarzes stets auf 
den Flächen des ersten stumpferen Kalkspathrhombo&ders auf- 
gewachsen sind, und zwar haben sie sich auf dieselben mit einer 
Hauptrhombo&derfläche. immer so aufgesetzt, dass die Combina- 
tionskante zwischen der sechsseitigen Säule und dem Haupt- 
rhombo&der beim Quarz sich parallel legte der horizontalen 
Diagonale der rhombischen resp. pentagonalen Fläche des ersten 
stumpferen Kalkspathrhombo&ders. Traten zu diesen drei Quarz- 
individuen drei weitere in derselben gesetzmässigen Verwach- 
sung mit dem Kalkspathe hinzu, aber mit dem Unterschiede, 
dass, wenn jene ersten drei Quarzindividuen die Spitze ihrer 
Dihexaäderfläche der Spitze des ersten stumpferen Kalkspath- 
rhomboäders zuwendeten, die drei neuen Quarzindividuen um- 
gekehrt der Spitze des ersten stumpferen Kalkspathrhombo&- 
ders die Basis ihrer Dihexaöderfläche zukehrten, so entstand 
eine Gruppe von drei Quarzzwillingen, von denen je ein Zwil- 
ling einer Fläche des ersten stumpferen Kalkspathrhombo£ders 
aufliegt. Jene drei ersten -Quarzindividuen will ich im Folgen- 


Kalkspath. 


den als „äussere“, die drei letzteren als „innere“ bezeichnen. 
Bei jedem dieser Zwillinge muss natürlich eine Hauptrhom- 
bo&derfläche des einen Individuums mit einer Hauptrhombo&- 
derfläche des anderen in eine Ebene fallen, beide mussen der 
ihnen als Unterlage dienenden Fläche des ersten stumpferen 


429 


Kalkspathrhomboeders parallel gehen, und der Winkel der 
Axen beider Individuen und der Winkel der Prismenflächen, 
auf welche die gemeinschaftlichen Rhomboäderflächen aufge- 
setzt sind, müssen demnach 103° 34’ betragen. Von diesen 
drei zu einer Gruppe verbundenen Zwillingen entsprechen die 
drei äusseren Quarzindividuen den drei seitlichen Krystallen in 
Fig. 17, Taf. II., Bd. LXXXIII. von PoGGEnDorFr’s Annalen, 
die drei inneren Individuen dem mittleren Krystall derselben 
Zeichnung. } 
Immer herrschen die Hauptrhomboäderflächen, welche den. 
Zwillingen gemeinsam sind, die Prismenllächen unter ihnen 
und die dieser Zone zugehörigen Flächen des Gegenrhomboe&- 
ders sowohl bei den äusseren, als bei den inneren Individuen 
bedeutend über die übrigen Flächen vor. Dieses Vorherrschen 
der betreffenden Hauptrhomboöäderflächen (R,, R,, R,) kann 
sich bei den drei inneren, an und durch einander wachsenden 
Individuen in dem Grade steigern, dass man ein einziges Rhom- 
bo&der, welches den Endkantenwinkel des ersten stumpferen 
Kalkspathrhomboäders zeigen würde, zu sehen vermeint. Die 
unter den drei Zwillingsebenen der drei inneren Individuen 
liegenden Prismenflächen (g,, 9,, 9,) schliessen, eben so wie 
die Hauptaxen derselben, mit der unterliegenden Fläche des 
ersten stumpferen Kalkspathrhomboäders einen Winkel von 
38° 13’ ein; sie bilden ferner mit eiuer durch die horizontalen 
Diagonalen der Kalkspathflächen gelegten Ebene einen Winkel 
von 64° 28° 13”, da sich der Winkel, der diese Ebene mit den 
Flächen des ersten stumpferen Kalkspathrhombo&ders macht, 
aus dem Endkantenwinkel des letzteren von 134° 57’ zu 
26" 15° 13” berechnet; sie würden endlich, gehörig ausge- 
dehnt, ein Rhomboeder mit einem Endkantenwinkel von 77° 
12’ 36” bilden. Die an jene Prismenflächen angrenzenden, 
unter den Gegenrhombo&derflächen liegenden Säulenflächen bil- 
den mit den entsprechenden Prismenflächen der angrenzenden 
Individuen (also g,’ mit g,”, g, mit g,", 9, mit g,”) einen 
Winkel von 174° 46° 34” (wie wir gleich sehen werden), fal- 
len .also mit denselben beinahe in eine Ebene. Lägen sie 
wirklich in einer Ebene, so würden diese drei Ebenen das 
erste schärfere Rhomboöder desjenigen Rhombo&ders darstellen, 
welches durch die Ausdehnung‘ der drei unter den Zwillings- 
flächen liegenden Säulenflächen (g,, 9,, 9,) entstehen würde, 


E 


DE ah; 


430 \ 


und der Winkel, den die Flächen dieser beiden Rhomboeder 
mit einander bilden wurden. musste demnach 120° betragen. 
Der Winkel zwischen den Flächen des letztbezeichneten Rhom- 
bo@ders und seines ersten schärferen Rhombho&ders berechnet 
sich indess aus den obigen Angaben zu 122° 3643”, ist also 
um 2° 36’43” stumpfer, als er bei dem Zusammenfallen der oben 
bezeichneten Prismenflächen in eine Ebene sein würde. Die letz- 
teren müssen daher einen einspringenden Winkel von 174° 4634” 
bilden. Durch das Vorherrschen der Zwillingsflächen bei den 
drei inneren Individuen und durch das scheinbare Zusammen- 
fallen je zweier unter den angrenzenden Gegenrhombo&derflä- 
chen liegenden Säulenflächen, die noch dazu durch ihre Klein- . 
heit den einspringenden Winkel leicht übersehen lassen, ge- 
winnt die Gruppe der drei inneren Individuen für den ersten 
Blick das Ansehen eines einzigen Quarzkrystalls, wofür dieselbe 
bei der bisherigen Deutung der in Rede stehenden Krystall- 
gruppirungen auch gehalten worden ist. £ 

Nicht in allen Fällen sind indessen alle sechs zu einer 
vollständigen Gruppe gehörigen Quarzindividuen auch sämmt- 
lich vorhanden. Es wurde in einzelnen Fällen das Vorhanden- 
sein von drei äusseren Individuen mit nur zwei inneren, ferner 
von drei inneren mit nur einem äusseren, oder von zwei inne- 
ren mit nur einem äusseren, -endlich von nur einem inneren 
mit dem entsprechenden äusseren Individuum beobachtet. Be- 
stehen die Kalkspathkrystalle vorherrschend oder ausschliess- 
lich aus dem ersten stumpferen Kalkspathrhomboeder und 
wachsen zwei oder mehrere derselben in gleicher Stellung, aber 
nur in der Mitte auf einander auf, so erhalten auch die unte- 
ren Flächen der Kalkspathrhomboäder Gelegenheit. auf ihrem 
freiliegenden Theile Quarzkrystalle in der oben angegebenen 
Weise sich ansetzen zu lassen, welche natürlich zwischen je 
zwei, auf den oberen Kalkspathrhombo&derflächen aufgewach- 
senen Quarzindividuen zu liegen kommen. Wären in einem 
solchen Falle die Kalkspathkrystalle sehr klein, so könnten bei 
mehrfacher Wiederholung der Verwachsungen vollständige Quarz- 
rosen entstehen. 

In Felge der Ablösung des als Unterlage dienenden Kalk- 
spathkrystalls liess sich in einem Falle die Unterseite einer 
der beschriebenen Zwillingsgruppirungen beobachten. Sie zeigt 
in der Gestalt einer dreiseitigen Hohlpyramide mit gleichseiti- 


431 


ger Basis den Abdruck eines Ueberzuges über die Spitze des 
ersten stumpferen Kalkspathrhomboäders; derselbe wird durch 
die drei Hauptrhombo&derflächen gebildet, mit welchen die drei 
äusseren Quarzindividuen auf die Flächen des Kalkspaths auf- 
gewachsen sind. Leider liess sich nicht feststellen, ob auch 
die inneren Individuen in der Gruppe vertreten sind. Die 
Hauptrhombo&äderflächen sind, so weit sie auf dem Kalkspath 
aufgesessen haben, matt, auf dem übrigen Theile, welcher frei 
lag, glänzend. Abdrücke dieser Hohlpyramide, welche ver- 
mittelst der von Lıpowiırz angegebenen Legirung von 3 Theilen 
Cadmium, 4 Theilen Zinn, 8 Theilen Blei und 15 Theilen Wis- 
muth hergestellt wurden, zeigten, mit dem Anlegegoniometer 
gemessen, in den Endkanten einen Winkel von 135°, d.h. den 
Endkantenwinkel des ersten stumpferen Kalkspathrhombo£ders. 

Die Gesetzmässigkeit in der gegenseitigen Lagerung zwi- 
schen den Krystallen des jüngeren Quarzes und des Kalkspaths 
liess ein gleiches Verhältniss auch umgekehrt zwischen den Kry- 
stallen des Kalkspaths und des älteren Quarzes erwarten oder 
wenigstens als möglich erscheinen. Da indess in der Mehrzahl 
der vorliegenden Fälle die Kalkspathkrystalle über die Köpfe 
vieler Individuen des älteren Quarzes sich ausbreiten, so war 
eine nähere Feststellung des gegenseitigen Lagerungsverhält- 
nisses nicht ausführbar. 

Wenn es nach dem Obigem keinen Zweifel unterliegen 
kann, dass wir die Entstehung der beschriebenen Gruppirung 
der drei Quarzzwillinge lediglich der gesetzmässigen Verwach- 
sung zwischen den Krystallen des jüngeren Quarzes und des 
Kalkspaths zuzuschreiben haben, so kann doch die Frage auf- 
geworfen werden, ob wir den Grund für die Entstehung der 
zwillingsartigen Verwachsung je zweier Quarzindividuen eben- 
falls lediglich in dieser gesetzmässigen Aufeinanderlagerung zu 
suchen, oder ob wir anzunehmen haben, dass das zweite, auf 
derselben Fläche des ersten stumpferen Kalkspathrhomboä£ders 
sich anlegende Quarzindividuum nicht durch den Kalkspath, 
sondern durch das bereits vorhandene Quarzindividuum veran- 
lasst wird, die zwillingsartige Stellung zu diesem anzunehmen. 
In dem letzteren Falle, also bei der Verwachsung nach einem 
dem Quarze eigenen Zwillingsgesetze, würden wir postuliren . 
können, Quarzzwillinge mit gemeinschaftlicher Hauptrhombo£- 
derfläche auch da zu finden, wo von einer Prädestinirung der 


432 


Lage des zweiten Individuums durch eine Kalkspathunterlage 
nicht die Rede sein kann. Dieses ist bisher nicht geschehen. 
In dem ersteren Falle, der die Existenz eines solchen Zwil- 
lingsgesetzes beim Quarze zweifelhaft machen wurde, wurde 
eine ähnliche Verschiedenheit in der Lage der auf dem Kalk- 
spath abgesetzten Quarzkrystalle stattfinden, wie sie Herr 
FRANKENHEIM für die auf Glimmer sich ablagernden Jodkalium- 
octa&der beobachtet hat (Po@GEnnorFrr’s Annalen, Bd. CXI. 
S. 39), welche freilich dem regulären Systeme angehören. 

Dass wir nicht überall, wo Quarz- und Kalkspathkrystalle 
zusammen vorkommen, dieselben in der angegebenen Weise 
gesetzmässig verwachsen finden, ist um so weniger auffallend, 
als „die dünnste Schicht eines fremden Körpers, eine Schicht, 
mit der sich fast jeder Körper schon durch Liegen an der 
Luft bedeckt, hinreichend ist, jede derartige Wirkung aufzu- 
heben.“ hi ah 

Die Seltenheit der oben beschriebenen Quarzkrystallgrup- 
pirangen kann bei der Complicirtheit der zu ihrer Entstehung 
erforderlichen Vorbedingungen nicht befremden. 


a. Zr 


433 


3. Ueber die Auffindung devonischer Kalksteinschiehten 
bei Siewierz im Königreiche Polen. 


Von Herrn Ferv. Rozner ın Breslau. 


Der zwei bis drei Meilen breite Zwischenraum zwischen 
dem nordöstlichen Flügel des grossen oberschlesisch - polni- . 
schen Steinkohlenbeekens und dem polnischen Jura-Zuge von 
Olkusz, Pilica und Czenstochau wird durch Gesteine der Trias- 
Formation ausgefüllt. Ein durch verschiedene Glieder des 
Muschelkalks gebildeter Rücken erstreckt sich mit nordwest- 
licher Richtung von Olkusz über Slawkow bis Siewierz. Am 
südwestlichen Abhange dieses Rückens tritt der Bunte Sand- 
stein in der Form braunrother Letten hervor und bildet eine 
schmale, das Steinkohlengebirge. zunächst begrenzende Zone. 
Der Boden des flachen und meistens waldbewachsenen Gebie- 
tes östlich und nordöstlich von dem Muschelkalkrücken bis 
zu dem jurassischen Höhenzuge setzt dagegen eine mehrere 
Hundert Fuss mächtige Schichtenfolge von braunrothen und 
grünlichgrauen Thonen mit Einlagerungen von glimmerreichen, - 
mürben, grauen Sandsteinen, breccienartigen oder conglomerati- 
schen Kalksteinschichten und wenig mächtigen und unreinen 
Kohlenflötzen zusammen, welche bisher für jurassisch galt, in 
Wirklichkeit aber, wie ich früher aus den Lagerungsverhält- 
nissen und dem petrographischen Verhalten nachzuweisen ver- 
suchte, jetzt aber aus paläontologischen Erfunden sicher fest- 
gestellt habe, dem Keuper angehört. 

Ringsum von diesen braunrothen Keuper-Letten umgeben, 
erhebt sich nun + Meilen nördlich von dem etwa 4 Meilen 
östlich von Be gelegenen Städtchen Siewierz unmittel- 
bar ee von dem Dörfchen Dziewki ein schmaler, aber 
fast > Meile langer, von Osten nach Westen streichender, mit 
rerk bewachsener niedriger Rücken, welcher aus einem 
ganz fremdartigen Gesteine besteht. Es ist ein dunkelblau- 
grauer, an der Luft hellgrau ausbleichender, beim Zerschlagen 


> 


434 


stark bituminös riechender, dichter, compakter, marmorartiger 
Kalkstein. Zahlreiche auf der bewaldeten Oberfläche des Rückens 
selbst und auf den die Abhänge bildenden Feldern lose umher- 
liegende, grössere und kleinere Blöcke gewähren gute Gelegen- 
heit zur Beobachtung des Gesteins. Ausserdem tritt es aber 
auch in einzelnen kleinen, wenige Fuss hohen, anstehenden Klip- 
pen auf der Oberfläche des Rückens hervor. An diesen letz- 
teren ist denn auch mit Deutlichkeit zu beobachten, dass die 
Bänke des Kalksteins mit einem steilen Neigungswinkel gegen 
Norden einfallen. 

Der Kalkstein ist reich an organischen Einschlussen, die 
jedoch immer nur auf der angewitterten Oberfläche der Stücke 
in Durchschnitten hervortreten, niemals aber aus der gleich- 
mässig dichten Masse des Gesteins, mit welcher sie innig ver- 
wachsen sind, sich auslösen lassen. Korallen sind weitaus 
am häufigsten. ‚Zuweilen sind sie so dicht zusammengehäuft, 
dass das ganze Gestein als ein blosses Aggregat von Korallen- 
stücken erscheint. Am häufigsten sind Stromatopora polymorpha, 
zum Theil kopfgrosse Knollen bildend, Cyathophyllum hexago- 
num und walzenrunde, 2 Linien dicke, kleine Stammchen einer 
Calamopora- oder Alveolites-Art, welche auch in dem dunke- 
len Kalke von Ober- Kunzendorf häufig ist. Seltener wurden 
Heliolites porosa und Calamopora cervicornis (Calamopora poly- 
morpha GOLDF. var. cervicornis, Favosites cervicornis EDw. et 
HAımE) und eine einzellige, kreiselförmige Cyathophyllum-Art 
von der allgemeinen Form des Cyathophyllum ceratites GOLDF. 
beobachtet. 

Diese Knollen beweisen die devonische Natur des Kalk- 
steins, und namentlich schliesst das Vorkommen der Aeliolites 
porosa und Stromatopora polymorpha eine etwaige Bestimmung 
des Gesteins als Kohlenkalk aus. Dagegen genügen die ge- 
nannten Korallen-Arten kaum, um die besondere Abtheilung 
der devonischen Schichtenreihe, in welche der Kalkstein zu 
stellen ist, zu ermitteln, da den meisten jener Arten eine 
grössere vertikale Verbreitung innerhalb der devonischen Gruppe 
zusteht. Als ich daher in Gesellschaft des Herrn Berg-Asses- 
sors O. DEGENHARDT, der bei Gelegenheit der Aufnahme jener 
in den Bereich der Sektion Königshütte der in der Ausführung 
begriffenen geognostischen Karte von Oberschlesien fallen- 
den Gegend zuerst auf die Fremdartigkeit des Gesteins in dem 


435 


ringsum herrschenden Keuper-Gebiete aufmerksam geworden 
und Stücke mit den genannten Korallen an mich eingesendet 
hatte, im Monat August dieses Jahres die Lokalität selbst be- 
suchte, so richteten wir unsere Nachforschungen besonders auf 
die Auffindung von Schalthierresten. Wir waren in der That 
so glücklich, dergleichen zu entdecken. Gewisse Schichten des 
Kalksteins sind mit den Schalen einer grossen Brachiopoden-Art 
erfüllt, welche vollständig aus dem Gestein zu lösen zwar 
‚nicht gelang, welche ich aber dennoch durch Vergleichung 
der nach verschiedenen Richtungen geführten Durchschnitte 
auf den Verwitterungsflächen des Gesteins mit Sicherheit als 
Stringocephalus Burtini habe bestimmen können. Sowohl die 
mediane Längslamelle im Inneren der grösseren Klappe, als 
auch der von der Innenfläche des Wirbels der kleineren Klappe 
aufsteigende, am Ende gabelförmig getheilte Fortsatz liessen 
sich erkennen. 

Durch dieses Vorkommen von Stringocephalus wird der 
Kalkstein von Dziewki bei Siewierz als gleichalterig mit dem 
Kalke von Paffrath bestimmt und gehört also wie dieser dem 
oberen Theile der mittel-devonischen Abtheilung oder des Eife- 
ler Kalks an. 

Jüngere paläozoische Gesteine, namentlich Kohlenkalk oder 
permische Schichten, welche man in der Umgebung dieser iso- 
-lirten Erhebung devonischer Gesteine etwa erwarten könnte, 
sind nicht vorhanden. Dagegen tritt allerdings der Muschelkalk 
in der nächsten Umgebung des devonischen Kalks auf. Na- 
mentlich auf der Nordseite des Höhenzuges ist er.an mehreren 
Punkten aufgeschlossen. Es sind die durch Cylindrum annu- 
latum Eck (Nullipora annulata SCHAFH.) bezeichneten dolomiti- 
schen Schichten des unteren Muschelkalks, welche ebenso in 
Polen, und namentlich in einem von Olkusz bis Siewierz sich 
erstreckenden Muschelkalk -Rücken, wie in Oberschlesien ein 
regelmässiges Glied in der Schichtenreihe des Muschelkalks 
bilden. Die noch tieferen Glieder des Muschelkalks fehlen 
ebenso wie die oberen. Auch auf der Südostseite des devoni- 
schen Ruckens tritt der Muschelkalk an ein Paar Punkten her- 
vor, und es ist durchaus wahrscheinlich, dass er denselben 
überhaupt mantelförmig umgiebt. Jenseits des Muschelkalks 
Sind, ‚wie schon bemerkt wurde, die rothen Keuper-Letten ver- 
breitet, 


& 436 

Ausser dieser grösseren Partie sind in derselben Gegend 
auch noch zwei kleinere vorhanden, deren devonische Natur 
freilich viel undeutlicher und ohne die Bekanntschaft mit der 
beschriebenen grösseren Partie kaum erkennbar sein würde. 
Die eine liegt wenig entfernt bei dem Dorfe Nowa Wioska, 
4 Meile südöstlich von Dziewki. Südöstlich von dem Dorfe 
erhebt sich ein niedriger, mit Wachholdersträuchen bewachsener, 
stumpf konischer Hügel, auf dessen Oberfläche ein dunkelblau- 
schwarzer Dolomit in Blöcken und niedrigen, wenige Fuss ho- 
hen Klippen zu Tage steht. Das Gestein ist mit den cylin- 
drischen Stämmchen derselben kleinen Calamopora (Alveolites ?) 
erfüllt, welche in gleicher Weise gewisse Schichten des Kalk- 
steins von Dziewki durchzieht. Freilich erscheint sie hier in 
einer viel weniger deutlichen Erhaltung als dort, indem meistens 
nur die durch hellere Versteinerungsmasse bezeichneten Umrisse 
der fadenförmigen kleinen Koralle in dem dunkelen Gesteine 
hervortreten. Zuweilen ist die Substanz der Koralle selbst ver- 
schwunden, und daun erscheint das Gestein von den entspre- 
chenden, dieht gedrängten, wurmförmigen Hohlräumen durchzo- 
gen. Ausser dieser Koralle wurde nur noch ein undeutlicher 
Abdruck, der vielleicht zu Uneites gryphus gehören könnte, 
beobachtet. 

Der dritte Punkt liegt weiter entfernt. Wenige Schritte 
von der Eisenbahnstation Zawierzie an der Warschau - Wiener 
Eisenbahn ist in einem dieht neben der Mühle am Ufer des 
Baches gelegenen, jetzt zum Theil schon wieder verschutteten 
Steinbruche ein dunkelgrauer, fast schwarzer Dolomit mit deut- 
lich krystallinisch körnigem Gefüge aufgeschlossen, welcher, 
obgleich er keine bestimmbare, organische Reste erkennen liess, 
doch durch sein petrographisches Verhalten sich dem Gesteine 
von Nowa Wioska so verwandt zeigt, dass er diesem im Alter 
unbedenklich gleichgestellt werden darf. Ohne die Kenntniss 
der beiden anderen Partien wurde man wohl durch den Con- 
trast, in welchem das hier bei Zawierzie so vereinzelt hervor- 
tretende, dunkele Gestein gegen die ringsum herrschenden, ro- 
then Keuper- Letten und alle anderen benachbarten Gesteine 
des Flötzgebirges steht, betroffen sein, aber kaum daran den- 
ken, eine devonische Bildung vor sich zu haben. In der That 
"hat auch ZEUSCHNER in einer die rothen Keuper-Letten betreffen- 


! 


437 


den, jüngst erschienenen Abhandlung“), welche mir erst nach 
dem eigenen, in (remeinschaft mit Herrn Berg-Assessor DEGEN- 
HARDT ausgeführten Besuche zu Gesicht kam, sowohl den Do- 
lomit von Zawierzie, als denjenigen von Nowa Wioska als Ein- 
lagerungen in den Keuper-Thonen betrachtet, freilich zugleich 
bemerkend, dass die Lagerungsverhältnisse nicht klar seien. 

So sind also in der Gegend von Siewierz drei 
beschränkte Partien von ‘kalkigen devonischen 
Schichten vorhanden, welche sich inselartig isolirt 
aus den ringsum herrschenden Keuper-Thonen er- 
heben und von anderen devonischen Gebieten weit 
getrennt liegen. 

Am nächsten, aber immerhin noch gegen 7 Meilen ent- 
fernt, ist die kleine Partie von Debnik bei Krzeszowice un- 
weit Krakau, wo die schwarzen, in mehreren Steinbrüchen als 
Marmor gewonnenen Kalksteinbänke, die bisher für Kohlen- 
kalk gehalten wurden, nach paläontologischen Erfunden un- 

längst in dieser Zeitschrift als devonisch bestimmt wurden. 
_ Der Marmor von Debnik wird bei Czerna von ächtem Kohlen- 
kalk mit Productus giganteus überlagert, und erst auf diesen 
folgen die Schieferthone des produktiven Steinkohlengebirges, 
welche bei Tencezinek auch bauwurdige Kohlenflötze einschlies- 
sen. Die devonischen Felspartien bei Siewierz werden dagegen 
von dem produktiven Steinkohlengebirge an der Oberfläche 
durch eine breite Zone von Trias-Gesteinen getrennt, und den 
Kohlenkalk kennt man hier nicht. Aber hier wie dort bezeich- 
net das Auftreten der devonischen Gesteine die Grenze des 
grossen oberschlesisch -polnischen Steinkohlenbeckens. Ueber 
Siewierz hinaus gegen Nordosten wird jede Nachforschung nach 
Steinkohlen ohne Aussicht auf Erfolg sein. 

Eine andere Vergleichung bietet sich für die devonischen 
Kalkpartien bei Siewierz mit den allerdings weiter entfernten 
devonischen Schichten des von Pusch so genannten Sendomirer 
Mittelgebirges oder der Höhenzüuge bei Kielce im südlichen 
Polen. In der That sind im Mittelgebirge devonische Kalkstein- 
schichten von ganz ähnlicher Beschaffenheit, wie diejenigen bei 
Siewierz, bekannt. Namentlich kommen in der Umgebung von 
Chenein, südwestlich von Kielce, dunkelblaugraue, devonische 


— 


*) S. Bd. XVII S. 235 dieser Zeitschrift. 


438 


Kalksteinschichten vor, welche in ganz gleicher Weise mit den 
cylindrischen Stämmchen der kleinen Calamopora-Art erfüllt 
sind, wie gewisse Schichten des Kalkes bei Dziewki. Die 
Streichungslinie der Schichten bei Chencin gegen Westen fort- 
gesetzt gedacht, trifft ia der That genau auf die devonischen 
Partien bei Siewierz. Man wird diese letzteren als äussersten 
westlichen Ausläufer der devonischen Erhebung des Mittel- 
gebirges betrachten müssen, obgleich sie durch einen mehr als 
20 Meilen langen, von Jura- und Kreide-Schichten ein- 
genommenen Zwischenraum von der Haupterhebung des Mittel- 
gebirges getrennt sind. | 


TErTEN 


439 


4. Die Korallen des norddeutschen Jura- und Kreide- 
| Gebirges,. 


u: 


Von Herrn Wırseım Börscuhe ın Braunschweig. 
(Hierzu Taf. VII, VIEL IX.) 


Seitdem in Folge der classischen Arbeiten von MILE 
Epwarps und Harmue die Paläontologen mehr Aufmerksamkeit 
dem Studium der fossilen Korallen geschenkt haben, sind auch 
in Deutschland die Korallen verschiedener Formationen in meh- 
reren Arbeiten monographisch behandelt. So haben die Koral- 
len der norddeutschen Tertiar-Formationen in letzterer Zeit ihre 
Bearbeiter gefunden. Es fehlte jedoch immer noch eine Arbeit, 
in der auch die Korallen der norddeutschen Jura- und Kreide- 


Formation einem eingehenderen Studium unterworfen wären. 


ZENKER*) war der Erste, der eine Koralle aus dem nord- 
deutschen Jura beschrieb. 

Erst durch die classischen Arbeiten von A. Roemer **) und 
Kock und Duncker***) wurde eine grössere Anzahl von nord- 
deutschen Korallen aus der Jura- und Kreide-Formation bekannt. 
Nachher sind noch einige neue Species hinzugefügt durch die 
Arbeiten von GIEBELT) und Hrru. CReDner.ff) Mırse Enpwarps 


und Hamm und nach ihnen FROMENTEL haben versucht, die 


grössere Anzahl der aus Norddeutschland bekannt gewordenen 


*%) Nova acta naturae curiosorum. T. XVII. prs. I, p. 387. 1835. 

**) Versteinerungen des norddeutschen Oolithen-Gebirges und Nach- 
trag dazu. Hannover, 1836 u. 1833 — Versteinerungen des norddeutschen 
Kreidegebirges. Hannover. 1841. 

*#%) Beiträge zur Kenntniss des norddeutschen Oolithgebildes und 
dessen Versteinerungen. Braunschweig. 1897. 

f) Ueber Polypen aus dem Plänermergel des subhercynischen 
Beckens um Quedlinburg, in der Zeitung für Zoologie, Zootomie und 
Paläozoologie von o’Arron und Burnsısten, S. 9 u. 10 1548. 

Tr) Pteroceras- Schichten der Umgebung von Hannover, in Zeit- 
schrift der deutschen geologischen Gesellschaft. Bd. Ib, 8.245. 1861, 


\ 


440 


‚Species ihrem Systeme einzuordnen. Dabei sind jedoch von 
ihnen mehrere beim Fehlen von Original-Exemplaren meistens 
nicht zu vermeidende Irrthümer begangen. Auf Anregung Herrn 
v. SEEBACH’s habe ich deshalb versucht, im Folgenden Alles, 
was bis jetzt von norddeutschen Jura- und Kreide-Korallen 
bekannt war, kritisch zusammenzustellen und zugleich eine 
grössere Anzahl von neuen Species hinzuzufügen. Die für das 
hiesige paläontologische Museum angekaufte Sammlung des 
verstorbenen Herrn ArmBRUsT in Hannover bot mir ein reich- 
haltiges Material. Für die Erlaubniss zur Benutzung desselben 
schulde ich Herrn v. SEEBACH meinen aufrichtigsten Dank. 
Ausserdem bin ich auf das Höchste zu Dank verpflichtet den 
Herren v. STROMBECK, GROTRIAN und BEckuann in Braunschweig, 
H. Rormer in Hildesheim, CREDNER und Wırre in Hannover, 
STEINVORTH in Lüneburg, SCHLÖNBACH in Salzgitter und GROTRIAN 
in Schöningen, die mir auf die liberalste Weise ihre reichhal- 
tigen Sammlungen- zur Benutzung zu Gebote gestellt haben. 

Bei der Beschreibung habe ich die systematische Einthei- 
lung der Korallen von FRoOMENTEL zu Grunde gelegt. Dieselbe 
hat Letzterer zuerst angedeutet in seinem Werke: „Description 
des polypiers fossiles de l’tage nöocomien. Paris. 1857‘ und 
später vollständig durchgeführt in seiner „Introduction & l’etude 
des polypiers fossiles. Paris. 1858— 61“. 

Einige unbedeutende Aenderungen findet man in den bis 
jetzt erschienenen, mir vorliegenden sieben Heften der Paleon- 
tologie francaise, in denen FromenteL die Korallen der franzö- 
sischen Kreide und in Gemeinschaft mit Ferry die des Jura 
zu bearbeiten angefangen hat. Ebenfalls habe ich mich der. 
von FRONMENTEn ausgesprochenen Ansicht angeschlossen, dass 
bei der Bildung der Septal-Cyclen bei den Jura- und Kreide- 
Korallen ausser der Grundzahl 6 auch noch andere Grund- 
zahlen auftreten können. — Ich habe mich bei der Aufführung 
der Synonyme meistens auf die Hauptwerke beschränkt. 


441 


Beschreibung der Arten. 
Korallen des Jura. 


I. Zoantharia aporosa M. Eow. u. Hame. 
A. Monastrea Froment. 
a. Turbinolacea FROonmEnT. 
Familie: Be ophyilinde Froment. 


Thecocyathus M. Eow. u. Haınr. 


1. Thecocyathus mactra GOLDF. Sp. 


Cyathophyllum mactra Gouor., Petref. Germ. p. 56, t. 16. fig. 7. 1826. 

Thecocyathus mactra M. Eow. u. Haıns, Hist. nat. d. Corall. T.II. p. 49. 
1857. 

Thecocyathus mactra Froment., Introd. & PEt. d. Polyp. foss. p. 81. 
1855 —61. 

Thecocyathus mactra z. Th. Fronent. u. Ferry, Paleont. frang., Terr. jur. 
Zooph. p. 32. 1869. 


Polypenstock kurz, fast scheibenformig. Epithek dünn, 
quergerunzelt. 4 Cyclen und die Anfänge eines fünften Cyclus. 
Kelch kreisformig. Septen gerade, ziemlich dünn, etwas über 
den oberen Rand des Kelches hervorragend. Pfählchen dick. 
Höhe 3-—-5 Mm.; Breite des Kelches 9—15 Mm. 


Vorkommen. Von dieser Species liegt ein Exemplar 
vor aus den Schichten mit Ammonites opalinus von den Zwerg- 
löchern bei Hildesheim. (Sammlung von H. Rorumer.) Nach 
CREDNER*) soll sie sich auch in Schichten von gleichem Alter 
bei der Marienburg gefunden haben. 


Bemerkungen. FRomENnTEL und Ferry haben in neuester 
- Zeit in der Paleontologie francaise diese Species mit der fol- 
genden vereinigt. Dieser Ansicht kann ich nicht beistimmen. 
Nach mir vorliegenden Exemplaren von Banz muss ich die 
von MıLne EpwArps und HaımE ausgesprochene Meinung auf- 
recht erhalten, dass sich Thecocyathus tintinnabulum von Th. 
moctra immer durch das dickere Epithek unterscheidet. 


- 


*) Gliederung der oberen Juraf. p. 75. 
Zeits. d.d. geol. Ges. XVIIl.3. 29 


“ 442 


2. Thecocyathus tintinnabulum GoLDF. sp. 
Cyathophyllum tintinnabulum GoLpr., Petref. Germ. p 56, t. 16 fie. 6. 

1826. | | E 
Thecocyathus tintinnabulum M. Eow. u. Haıme, Hist. nat. d. Corall.- 

T. I1.'p. 48. 1857. | 
Thecocyathus tintinnabulum Enomenten, Introd. a I’Et. d. Polyp. foss. 

p. 81. 1858-61. 

Thecocyathus tintinnabulum z. Th. Frowert. u. Ferry, Paleont. frang., 

Terr. jur. Zooph. p. 92. 186%. 

Polypenstock kurz konisch. Epithek dick, quer gerunzelt. 
Kelch kreisföormig. 8 Cyclen und die Anfänge eines vierten 
Cyclus. Septen gerade, dick, fast gleich gross, ziemlich dicht‘ 
gedräugt. Pfählchen sehr schmal, fast eylindrisch. Höhe 4 
bis 6 Mm. ; Durchmesser des Kelches 5—6 Mm. 

Vorkommen. Zu dieser Species muss ein Exemplar 
gerechnet werden, welches Herr U. ScHLÖNBACH in den Schich- 
ten mit Am. jurensis am Österfelde bei Goslar gefunden hat. 
Der Kelch-Durchmesser beträgt 6 Mm.; die Höhe 4 Mm.; es 
scheinen ungefähr 40 Septen vorhanden gewesen sein. 


b. Trocehosmilacea FROMENTEL. 


Familie: Lithophyllidae Fronenrt. 


Montlivaultia Lıuoen. 
3. Montlivaultia subdispar FROMENTEL. 


Montlivaultia subdispar Fromexr., Introd. a P’Et. des Polyp. foss. p. 110. 

1858 — 61. 

Polypenstock verkehrt kegelförmig mit etwas gekrummten 
Seiten. Epithek dick, stark quergefaltet, den Kelchrand nicht 
ganz erreichend. Rippen gleich stark, fein gekörnelt. Kelch 
kreisförmig oder oval. Kelch-Grube tief. 6 Cyelen von Sep- 
ten in 6 Systemen vollständig entwickelt; ausserdem die An- 
fänge eines siebenten Cyclus. Die drei ersten Cyclen gleich 
gross; der vierte Cyclus fast dieselbe Grösse erreichend. Septen 
dicht gedrängt, gerade. Ihre Seitenflächen mit feinen, in Bo- 
gen-Linien angeordneten Warzenreihen bedeckt. Columellar- 
Raum in die Länge gezogen. Bei dem grössten Exemplare 
von 9 Cm. Höhe betrug der Längs-Durchmesser des Kelches 
60 Mm. und der Quer-Durchmesser 46 Mm. 


443 


Montlivaultia sessilis und Smithi unterscheiden sich von der 
M. subdispar leicht durch den breit angehefteten Polypenstock. 
M. turbinata zeigt ein grösseres Bestreben, sich in die Breite 
auszudehnen. 

Vorkommen: Es lagen 18 Exemplare vor. Ein Exem- 
plar stammt aus den Hersumer Schichten von Hersum (H..Ror- 
MER); die anderen haben sich in der Korallenbank des Lindner- 
Berges bei Hannover (Göttingen, WITTE, CREDNER) und der 
Paschenburg bei Rinteln (ÖREDNER) gefunden. 

Bemerkungen. -FROMENTEL fasste zuerst diese Species 
in ihrer richtigen Begrenzung auf; die frühereu Schriftsteller 
vereinigten unter der Montlivaultia obconica und dispar For- 
men, die ihr sehr nahe verwandt sind, sich aber von denselben 
durch den runden Columellar-Raum unterscheiden. 

Die Abbildung, die QUENSTEDT in seinem Jura t. 86, 
fig. 8 von seinem Anthophyllum obconicum giebt, gehört der 
M. subdispar an. Von der M. dispar finden sich vortreffliche 
Abbildungen in British fossil Corals t.14, fig. 2u. 2a. 1851. 

Die jüngeren Individuen der M. subdispar zeigen schon 
eine grosse Anzahl von Septen. Bei einem Exemplare von 
30 Mm. Höhe waren schon über 100 Septen vorhanden. 


4. Montlivaultia? sessilis Münst. sp. 


Anthophyllum sessile Goupr., Petref. Germ. T. I. P.10754.087, Agila. 


1829. 

Montlivaultia? sessilis M. Enw. u. Haıme, Hist. nat. d. Corall. T.H. 
p- 318. 1857. 

Montlivaultia ? sessilis Feomenter, Introd & I’Et. d. Polyp. foss. p. 113. 
1598 —61. 


Polypenstock kurz, fast cylindrisch, mit sehr breiter Basis 
festgewachsen. Epithek dunn, erreicht nur die Hälfte der Höhe. 
Rippen etwas ungleich an Dicke, deutlich gezähnt. Kelch 
kreisföormig. Kelchgrube nur schwach angedeutet. 5 Cyelen 
vollständig ausgebildet, ausserdem die Anfänge eines sechsten 
Cyclus. Septen 1 Mm. entfernt, gerade nach aussen an Dicke 
zunehmend, die der ersten 3 Cyclen fast gleich gross. Freier 
Septalrand gezähnt? Höhe 22 Mm.; Breite des Kelches 41 Min. 

-  Montlivaultia sessilis unterscheidet sich von der folgenden 
Species leicht durch das dünne Epithek. 


29 


444 


Vorkommen. Es lag mir ein Exemplar vor aus der 
Korallenbank des Lindner-Berges (Göttingen). 

Bemerkungen. Die nach dem vorliegenden Exemplar 
gegebene Diagnose stimmt fast vollständig mit den von dieser 
Species gegebenen Beschreibungen überein, so dass ich kein 
Bedenken nahm, dasselbe zu dieser Species zu stellen. FRro- 
MENTEL und vor ihm M. EpwArnps und Ham führen an, 
dass nur die Septen der ersten beiden Cyclen gleich seien, 
ein Unterschied, der wahrscheinlich nur auf eine Alters-Ver- 
schiedenheit der Exemplare hinweist. 


d. Montlivaultia? brevis n.sp. (Taf. VIL Fig.1.) 


Polypenstock kurz, mit breiter Basis festgewachsen, nach 
unten zu etwas verengt. Epithek sehr dick, stark quergerun- 
zelt, mit scharf vorspringendem Rande in kurzer Entfernung 
vom Kelchrande endigend. Rippen abwechselnd dicker und 
dunner, fein gekörnelt. Kelch kreisrund. 5 Cyclen vollständig 
entwickelt. Septen 1 Mm. entfernt, gerade; die der ersten 
3 Cyelen fast gleich gross. Freier Septalrand gezähnt? Höhe 
24 Mm.; Breite 34 Mm. | 

Montlivaultia brevis ist der von M. EpwArps und HaımE 
aus dem Etage bathonien beschriebenen M. Smithi (British fos- 
sil Corals p. 110, t. 21, fig. 1. 1851.) sehr nahe verwandt, 
unterscheidet sich jedoch durch den scharf vorspringenden 
Epithekal-Rand. : 

Vorkommen. Es lag mir ein Exemplar vor aus der 
Korallenbank des Lindner-Berges (Göttingen). 

Bemerkungen. Leider war an dem vorliegenden Exem- 
plare der freie Septalrand etwas abgerieben, so dass ich nicht 
mit Bestimmtheit die Zugehörigkeit zu der Gattung Montli- 
vaultia feststellen konnte. 


6. Montlivaultia iurbinata(?) Münst. sp. 
Anthophyllum turbinatum Goupr., Petref. Germ. T.I. p. 107, t. 37, fig. 12. 


1826. 

Montlivaultia turbinata M. Eow. u. Haımr, Hist. nat. d. Corall. TU, 
p- 306. 1857. : 

Montlivaultia turbinata Froment., Introd. & l’Et. d. Polyp. foss. p. Il1. 
1858 —61. 


„Polypenstock konisch , gerade, breiter als hoch. Kelch 
kreisförmig, ziemlich tief. 5 vollständige Cyclen; Septen stark, 


445 


gerade, vorspringend; die der drei ersten Oyclen wenig ün- 
gleich, die anderen viel kleiner. Kelch-Durchmesser 5-—6 Om.“ 
(n. M. Epw. u. Hame). 


Vorkommen. Es lagen 3 Exemplare vor; zwei stammten 
aus der Korallenbank des Lindner-Berges (Göttingen) und eines 
aus denselben Schichten von der Paschenburg bei Rinteln 
(CREDNER). 


Bemerkungen. Die specifische Bestimmung dieser Art 
ist sehr unsicher. Einerseits sind die vorliegenden Beschrei- 
bungen noch nicht vollkommen genug, um eine genaue Ver- 
gleichung zu gestatten, andererseits liegen auch nur stark 
abgeriebene Exemplare vor. Das eine in der hiesigen Samm- 
lung befindliche Exemplar besitzt ein dickes, stark quergerun- 
zeltes Epithek, das nicht ganz den freien Kelchrand erreicht. 
Der Kelch ist kreisförmig und besitzt einen Durchmesser von 
5 Om. Es sind 120 dicht gedrängt stehende, nach aussen hin 
sich verdickende, gerade. Septen vorhanden. Ein anderes 
Exemplar aus der Sammlung des Herrn CREDNER zeigt einen 
mehr ovalen Kelch. Seine Höhe beträgt 30 Mm., der grös- 
sere Durchmesser des Kelches 77 Mm. und der kleinere 
60 Mm. 


7. Montlivaultia? excavata Rorm. sp. 


Anthophyllum excavatum Rormer, Verstein. d. nordd. Oolith.-G. p. 20, 

t.1. fig. 8. 1836. 

Montlivaullia exceavata M Eow. u. Haımz, Hist. nat. d. Corall,. T. I. 
p. 326. 1857. 

Polypenstock becherförmig, oben bedeutend breiter als 
unten. Kelch kreisformig. Kelchgrube tief. Rippen dick, 
gleich stark. 4 Cyclen und der Anfang eines fünften in eini- 
gen Systemen. Die 6 ersten Septen erreichen fast die Mitte. 
Die anderen Septen nehmen nach der Ordnung der Cyclen 
regelmässig an Grösse ab. Septen dick, gerade. Kelch-Durch- 
messer 34 Mm. 

Montlivaultia excavata unterscheidet sich von den vorher- 
gehenden Species sogleich durch die geringe Anzahl der 
Septen. 


Vorkommen.- Es lagen zwei Exemplare vor aus der 
Korallenbank des Lindner-Berges (Göttingen, WrrrE). 


446 


Bemerkungen. Bei beiden Exemplaren war das Epi- 
thek und die Zähnelung des oberen Septalrandes nicht zu 
beobachten. Es muss deshalb die Stellung der Species immer 
noch zweifelhaft bleiben. ’ 


8. Montlivaultia obesa n. sp. (Taf. VII. Fig. 2.) 


Polypenstock verlängert kegelförmig, frei, allmälig in der 
Höhe an Breite zunehmend, entweder mit geraden Seiten, oder 
unten in einer Richtung etwas gekrummt. Epithek sehr dick, 
den Kelch“ vollständig bis zum Rande einhüllend, stark her- 
vorragende ringförmige Wülste zeigend. Kelch kreisförmig. 
Kelchgrube tief. 4 Cyclen vollständig entwickelt, ausserdem 
die Anfänge eines fünften Cyclus. Septen gerade, dick, nicht 
über den Kelchrand hervorragend. Querleisten ziemlich zahl- 
reich. Columellar-Raum kreisförmig, eng. Höhe 50 Mm.; Breite 
des Kelches 33 Mm. 


Das sehr dicke, bis zum höchsten Kelchrande sich aus- 
dehnende Epithek macht diese Species leicht kenntlich. Der 
freie Polypenstock, die vollständig entwickelten 4 Cyclen nebst 
Anfang eines fünften und der abgerundete Columellar - Raum 
' stellen sie in die Reihe von Montlivaultia elongata, sycodes und 
 Wrighti. Sie unterscheidet sich von der M.elongata durch den 
tieferen Kelch; bei M. sycodes erreicht das Epithek den Kelch- 
rand nicht ganz, und bei M. Wrighti ist das Verhältniss der 
Höhe des Polypenstockes zum Kelch-Durchmesser ganz anders. 
Grosse Verwandtschaft scheint sie mit dem Anthophyllum_eir- 
cumvelatum zu haben, das QuEsstentr aus den Nattheimer 
Korallenschichten beschreibt (Jura p. 709, t. 86, fig. 10.). Nach 
der gegebenen Abbildung unterscheidet sie sich von derselben 
durch das dickere Epithek. Eine gute Beschreibung von jener 
Species fehlt noch gänzlich. 


Vorkommen. Es lagen drei Exemplare vor aus den 
Schichten mit Pteroceras Oceani vom Lindner-Berge (Göttingen, 


WiIrTTE). 


‚gegen 80 Septen ausgebildet. 


447 


& B. Disastrea Fromenr. 
Familie: Calamophyllidae Froment. 
Thecosmilia M. Eow. u. Hame. 

9. Thecosmilia trichotoma GoLDF. sp. 
Lithodendron trichotomum GoLor. , Petref. Germ. p. 45, t.13, fig.6. 1826. 
Lithodendron trichotomum Rosm., Verstein. d. nordd. Oolith-G. p. 19, 

tu 1, fie! 9 1836. | 
Thecosmilia trichotoma M. Eow. u. Haımz, Hist. nat d. Cor T.II. p. 356. 
1857. 
Thecosmihia trichotoma Froment., Introd. & Et. d. Polyp. foss. p. 142. 
1858 - 61. 
Polypenstock in Folge von Selbsttheilung baumförmig ver- 
zweigt. Die einzelnen Zweige erreichen fast sämmtlich dieselbe 
Hohe. Zweige mehr oder weniger cylindrisch. Rippen gekör- 
nelt, gleich stark oder abwechselnd dicker und dünner. Kelch 
kreisformig oder oval. Epithek ziemlich dick. Kelch- Grube 
flach. A oder 5 Cyelen. Septen ziemlich dunn, dicht gedrängt. 
Ihre Seitenflächen sind granulirt. Breite der Kelche 15 bis 
22 Mm. D ö 
- Vorkommen. Es lagen sieben Exemplare vor aus der 
Korallenbank des Lindner-Berges (Göttingen). : 
Bemerkungen. Das eine in der hiesigen Samm- 
lung befindliche Exemplar zeigt noch stellenweise deutlich das 
Epithek. Esist 69 Mm. hoch und besitzt an seinem oberen Ende 
drei neben einander liegende Kelche, von denen der grösste 
einen Durchmesser von 22 Mm. besitzt. Bei’einem anderen 
Exemplare waren in einem Kelche von 22 Mm. Durchmesser 


Cladophyllia M. Eow. u. Haıme. 
10. Cladophyllia? nana RoEMER sp. 
Lithodendron nanum Roem., Verstein. d. mordd. Oolith-G. p. 19, t. 1, fig. 3. 
1836. 
Eunomia nana »’Ore., Prod. d. paleont. T. I, p. 385. 1850. 
Cladophyllia? nana z. Th. M.Eow. u. Haıme, Hist. nat. d. Corall. T. I. 


p. 368. 1857. 

Cladophyllia? nana z. Th. From., Descript. d. polyp. foss. d. !’et. neoc. 
p. 29. 1857. 

Cladophyllia? nana z. Th. Faom., Introd. a ’Et. d. Polyp. foss. p. 146. 
1598 - 61. 


Polypenstock buschelförmig. Polypen cylindrisch, sich in 
kurzen Entfernungen unter spitzen Winkeln gabelnd. Kelch 


448 


kreisförmig. 4 Cyelen und der Anfang eines fünften. Septen 
dunn, dicht gedrängt. Kelch-Durchmesser 8 Mm. 

Vorkommen. Es lagen zwei Exemplare vor aus der 
 Korallenbank des Lindner-Berges (RoENMER). 

Bemerkungen. Diese Species wurde zuerst von Ror- 
mer als Lithodendron nanum beschrieben. Später haben sie 
M. Epwarps und Harme und, ihnen folgend, FRoMENTEL mit 
dem aus dem oberen Hilsconglomerate des Elligser-Brink von 
RoEMER beschriebenen Anthophyllum conicum vereinigt, indem 
sie letztere Species nur fur junge Individuen des Lithodendron 
nanum ansahen. Beide Species gehören ganz verschiedenen 
Gattungen an. Lithodendron nanum gehört zu den Disastreen 
und Anthophyllum conicum entschieden zu den Monastreen. 

Zwei Rormer’sche Original-Exemplare, die Herr H. RoEmER 
so freundlich war, zur Untersuchung mir zu überlassen, waren 
so stark abgerieben, dass man nicht darüber entscheiden konnte, 
ob ein Epithek vorhanden gewesen ist. Wahrscheinlich ge- 
hört noch zu der vorstehenden Species ein Exemplar, das Herr 
CREDNER in. der Nerineenbank bei Limmer gefunden hat (sein 
Lithodendron plicatum in: Gliederung des oberen Jura, p. 36). 
Es ist ein aus dicht an einander liegenden Zweigen bestehen- 
der Korallenstock. Ein fein quergerunzeltes Epithek umgiebt 
die einzelnen Polypen. Kelchgrube tief. Der Durchmesser der 
Kelche schwankt zwischen 3 und 6 Mm. 


ll. Cladophyllia grandis n. sp. 


Polypenstock cylindrisch, abwechselnd etwas eingeschnuürt 
und angeschwollen, sich unter einem offenen, spitzen Winkel 
gabelnd. Epithek den ganzen Polypenstock einhüllend, fein 
quergefaltet. Rippen sehr zart, gleich stark. Kelch kreisförmig. 
Kelchgrube sehr tief. 56 Septen, dicht gedrängt (auf 2 Mm. 
kommen 4 bis 5), dunn. Kelch-Durchmesser 10 Mm. 

Die aus dem französischen Jura von MicHELIN beschriebene 
und abgebildete Oladophyllia laevis scheint dieser Species sehr 
nahe verwandt zu sein und ist vielleicht mit ihr identisch. In 
den gegebenen Beschreibungen fehlen leider Angaben über die 
Anzahl der Septen, so dass ich vorläufig diese norddeutsche 
Koralle neu benannt habe. 

Vorkommen. Das einzig mir vorliegende Exemplar aus 
der Sammlung des Herrn CREDNER hat sich seiner Angabe nach 


449 


in dem oberen Corallrag vom Bielstein am Deister (als Ko- 
rallenoolith) gefunden. 


Familie: Cladocoridae Faroment. 
Goniocora M Eow. u. Hımr. 
12. Goniocora socialis RoEM. sp. 


Lithodendron sociale Rowm., Verstein. d. nordd. Oolith-G. p. 19. 1836. — 

"Nachtrag p. 57, t.17, fig. 23. 1839. 

Goniocora socialis M. Epw. u. Hııme, Brit. foss. Corals p. 92, t. 15 
fig. 2. 1851. 

Goniocora socialis Fnem., Introd. & P’Et. d. Polyp. foss. p. 148. 1858-61. 


$) 


Polypenstock baumförmig; die einzelnen Zweige bilden 
mit dem Hauptstamm ungefähr einen Winkel von 50 °, in kur- 
zen Entfernungen von einander, zuweilen einander gegenüber- 
stehend, eylindrisch. Rippen gerade, dicht gedrängt, fein ge- 
körnelt, abwechselnd ein wenig ungleich. Kelche kreisförmig. 
ö Cyclen von Septen in 6 Systemen ausgebildet. Die ersten 
6 Septen gleich gross, bis zum Mittelpunkte des Kelches rei- 
chend; die Septen des zweiten Oyclus etwas kleiner, die des 
dritten ganz auf die Peripherie besckränkt. Septen, die einem 
vierten Cyclus von Rippen entsprechen, fehlen. Septen gerade. 
Kelch-Durchmesser 3 Mm, 

Vorkommen. Es lagen sechs Bruchstücke dieser Ko- 
ralle vor aus dem Korallenoolith, und zwar aus den Schichten 
mit Pecten varians von Hoheneggelsen (H. Rormer). A. RoEMER 
führt noch als Fundort an den oberen Ooralrag von Specken- 
brink und Knebel bei Uppen unweit Hildesheim. 


, Syrrastrea Fuomenr. 
Familie: Latimdeandridae Fkomenr, 
Latimaeandra v’Onsıcnv. 
13. Latimaeandra plicata M. Evw. u. Hıms (Taf. VII. Fig. 3). 
_ Lithodendron plicatum Goupr., Petref. Germ. p. 45. t. 13, fig. 5. 1826. 
Maeandrina astroides und Astrea confluens ibid. t. 21, fig.3 u. t. 22, fig. 5. 
Latimaeandra plicata M. Eow. u. Hııme, Hist. nat. d. Corall. T. U. 
fig. 544. 1857. 


Chorisastraea plicata Froment., Introd. & PEt. d. Polyp. foss. p. 1063, 
1558 61. 


Das einzige mir vorliegende Exemplar zeigt eylindrische 
Polypen, die neben einander an der” einen Seite eines gemein- 


450 


schaftlichen Stammes durch Knospung entstanden sind. Sie 
sind theils ganz frei, theils durch ihre Mauern mit einander ver- 
einigt. Die Rippen sind gleich stark und stehen dicht gedrängt. 
Kelche kreisförmig oder etwas in die Länge gezogen. Kelch- 
Grube sehr flach. In dem grössten Kelche, dessen Längs- 
Durchmesser 10 Mm. beträgt, waren gegen 60 Septen ent- 
wickelt. Die meisten Kelche besitzen einen Durchmesser von 
5—7 Mm. 

Vorkommen. Das Exemplar stammt aus der Korallen- 
bank des Lindner-Berges (Göttingen). CREDNER führt noch als 
Fundort an die Heersumer Schichten vom Lindner-Berge. 

Bemerkungen. Es gehört das vorliegende Exemplar 
zu den Formen der Latimaeandra plicata von MıLnE EDWARDS 
und HaımE, die eine baumformig verzweigte Gestalt besitzen 
und von Goupruss als Lithodendron plicatum beschrieben sind. 
Mırye Enpwans und Hams haben mit ihrer Latimaeandra plicata 
ausserdem noch Korallen vereinigt, die eine maeanderförmige 
und asträenförmige Gestalt besitzen. Ob diese Auffassung von 
MıLse EpwArps und Hame die richtige sei oder die von 
FROMENTEL, der nur diejenigen Formen unter seiner neuen 
Gattung Chorisastraea in einer Species vereinigt lässt, die in 
Reihen angeordnete Kelche besitzen, aber deren Reihen nicht 
durch Rippen vereinigt sind, wage ich bei Mangel von süd- 
deutschen Exemplaren nicht zu entscheiden. 


D. Polyastrea Fronmenrt. 


Familie: Stylinidae Fromenrt. 


Stylina Lim. 
14. Stylina Labechei M. Epw. u. Ham. 


Stylina Delabechei M. Enw. u. Haımr, Brit. foss. Corals p. 79, t. 15, 
fig. 1. 1857. 

Astraea tubulosa Quest. (non Gouor.), Handb. d. Petrefact. p. 647, t. 57, 
fig. 19— 21. s 
Stylina Labechei M. Eopw. u. Haınr, Hist. nat. d. Corall. T. II. p. 242. 1857. 
Stylina Labechei Froxenst.. Introd. & PEt. d. Polyp. foss. p. 190. 1858-61. 
Polypenstock mit gewölbter Oberfläche; Unterseite von 
deutlich quergerunzeltem Epithek umgeben. Rippen gekörnelt, 
abwechselnd stärker und dünner, sich an der Oberfläche des 
Stockes mit denen der benachbarten vereinigend. Kelche 
kreisförmig, ungleich von einander entfernt, etwas über die 


S 


451 


Oberfläche mit ihrem Rande hervorragend. 3 Cyelen in 8 Syste- 
men entwickelt. Die 8 Septen des ersten Oyclus reichen fast 
bis zur Mitte, Mit ihnen wechseln acht andere, höchstens nur 
halb so grosse Septen ab; zuweilen sieht man noch einen 
dritten Cyclus von 16 Septen rudimentär entwickelt. Breite 
der Kelche 4 Mm. 

Stylina Labechei unterscheidet sich von der folgenden Spe- 
cies durch die in 8 Systemen entwickelten Septen. 

Vorkommen. Es lagen drei Exemplare vor aus der 
Korallenbank des Lindner-Berges (Göttingen, WITTE). 

Bemerkungen. M. Epwärps und Haıuz lieferten von 
dieser Species nach englischen Exemplaren ausgezeichnete Be- 
schreibungen und Abbildungen. Quasstenr beschrieb unter 
dem Namen Astraea tubulosa Korallen aus den Schichten von 
Nattheim, die nach mir vorliegenden Exemplaren sich von 
jenen Beschreibungen und Abbildungen nur durch das Fehlen 
der Columella unterscheiden, ein Unterschied, der jedenfalls 
nur in einem verschiedenen Erhaltungs-Zustande begründet ist. 
FRoNENTEL hat deshalb auch die Astraea tubulosa bestimmt mit 
der Styling Labechei vereinigt. Von derselben ist jedoch scharf 
getrennt die Astraea tubulosa GoLpr. (Petref. Germ. T.I. p. 112, 
t. 383, fig. 15). Dieselbe gehört zu den Stylinen, bei denen 
die Septen in 6 Systemen sich ausgebildet haben. 


15. Stylina limbata GoLDF. sp. 
Astraea Iimbata Gowor. (non Qvenst ), Petref, Germ. T. I. p. 22 u. 110, 
1.48, de. 7en. it 388 ie. 721896, 
Stylina limbata M. Eow. u. Haınr, Hist. nat. d. Corall. T. II. p. 238. 1857. 


_ Stylina limbata Fuonenr., Introd. a P’Et. d. Polyp. foss. p. 188, 1858—b1. 


Polypenstock scheibenförmig oder baumförmig verzweigt. 
Kelche kreisförmig, ein wenig ungleich und durch verschieden 
grosse Zwischenräume getrennt, mit ibrem Rande etwas her- 
vorragend.. 3 Cyelen von Septen in 6 Systemen entwickelt. 
Der erste Cyclus vereinigt sich mit der dünnen, griffelformigen 
Columella, der zweite weniger entwickelt und der dritte rudi- 
mentär. Kelch-Durchmesser 2 Mm. 

Vorkommen. Es lagen drei Exemplare vor aus der 


Korallenbank des Lindner-Berges (Göttingen). 


Bemerkungen. Diese Species wurde zuerst von GoLD- 


FUSS aufgestellt. Seine Beschreibungen und Abbildungen sind 


452 


jedoch ungenau; er giebt nur 16 abwechselnd grössere und 
kleinere Septen an. M. Epwarps und Haıme, denen es ver- 
gönnt war, die in Bonn befindlichen Original- Exemplare zu 
vergleichen, lieferten zuerst eine genauere Beschreibung. Nach 
derselben darf der Name Stylina limbata nur für solche Exem- 
plare beibehalten werden, bei denen 3 vollständige Cyelen in 
6 Systemen ausgebildet sind. Stylina limbata Quessr. (Hand- 
buch der Petrefactenkunde p. 647, t. 57, fig. 68. 1852 und Jura 
p- 701, t. 85, fig. 1. 1858.) gehört nicht zu dieser Species. Sie 
unterscheidet sich sogleich davon durch die 8 gleich grossen 
Haupt-Septen, mit denen 8 kleinere abwechseln. 


Familie: Astraeidae Froxent. 
Thamnastraea Lessuvace. 
16. Thamnastraea concinna GOLDF. sp. 


Asiraea concinna Goupr., Petref. Germ. T I p. 64, 1.22, fig. la.u.p.1lf 
t. 38, fig.,8. 18206. . | 
Astraea varıians Born., Verst. d. nordd. Oolith-G. p. 23, t. 1, fig. 10 u. 11. 


’ 


1836. 
Thamnastr«ea concinna M.Eow. u. Haınz, Brit. foss. Corals. p. 160, t. 17, 
fig. 3. 1851. 


Astraea gracilis Quenst., Handb. d. Petref. p. 050, t.58, fig. 6. 1852. 

Thamnastraea concinna M. Eow. u. Haımz, Hist. nat. d. Corall, T.I. 
p- 577. 1897. 

Thamnastraea concinna Fuonext., Introd. & PEt. d. Polyp. foss. p. 218. 
18958 —61. 


Polypenstock von sehr veränderlicher Gestalt. Selten 
bildet er pilzföormige Knollen, die an der Basis mit einem 


kurzen Stiele festgewachsen sind, oder lange cylindrische 
Massen, bei denen die einzelnen Zellen concentrisch um den 
Mittelpunkt angeordnet sind. In den meisten Fällen zeigt der 
Stock mehr oder weniger ausgedehnte Ueberzüge auf den Ge- 
 steinen. In einigen Exemplaren sind diese Ueberzüge dünn, 
in anderen erreichen sie eine ziemlich beträchtliche Dieke und 
bestehen dann oft aus mehreren über einander liegenden 
Schichten. Die Unterseite ist mit einem vollständig entwickel- 
ten Epithek bedeckt. Bei Exemplaren, wo dasselbe abgerieben 
ist, kommen die feinen Rippen zum Vorschein. Dieselben 
stehen dicht gedrängt (auf 2 Mm. kommen 5) und sind fein 
gekörnelt. Kelch kreisformig. 8, 9 oder 10 Septen sind gleich 
gross und erreichen die griffelförmige Columella; zwischen den- 


er ER 


453 


selben dieselbe Anzahl von nur halb so stark entwickelten 
Septen. Septen dicht gedrängt; ihr oberer Septalrand fein 


gekörnelt. Kelch-Durchmesser 11—2 Mm. 


Es lassen sich zwei Varietäten unterscheiden, die durch 
Uebergänge mit einander verbunden sind. Bei der ersten Va- 
rietät sind die Kelch-Centren nur 1+ Mm. von ‚einander ent- 
fernt, und die Septen des einen Kelches verbinden sich ohne 
wesentliche Biegung mit denen der benachbarten. 

Bei einer zweiten Varietät sind die Kelche mehr aus ein- 
ander gerückt (Kelch-COentren 25 Mm. entfernt). Die Septen 
bilden am Rande des Kelches eine schwache, wulstartige Erhe- 
bung, so dass die einzelnen Kelche durch schwache Furchen 
von einander getrennt erscheinen. Die Septen des einen Kel- 
ches vereinigen sich auch ohne Unterbrechung mit denen des 
anderen, sind nach der Peripherie des Kelches zu etwas gebo- 
gen und ändern oft in der Mitte der zwischen benachbarten 
Kelchen befindlichen Einsenkung plötzlich ihre Richtung. 

Vorkommen. Es lagen mir gegen 30 Exemplare vor. 
Zwei stammten aus den Schichten mit Cidaris florigemma von 
Goslar (SCHLÖNBACH), ein einziges aus dem Korallenoolith von 
Hoheneggelsen (Roemer). Alle anderen Exemplare haben sich 
in der Korallenbank des Lindner-Berges gefunden. 

Bemerkungen. Die von RoEuEr beschriebene Astraea 
varians ist,- wie schon MıLye Epwarns und Harz annahmen, 
und wie es zahlreiche, mir vorliegende Exemplare bestätigen, 
nichts Anderes als eine stark abgeriebene Thamnastraea con- 
cinna. Dass die vorliegenden Exemplare dieser Species ange- 
hören, daruber lassen keinen Zweifel aufkommen zwei in der 
hiesigen Universitäts-Sammlung befindliche, vollkommen erhal- 
tene Exemplare. Sie stimmen vollständig überein mit den schö- 
nen Abbildungen, die MıLne Epwarps und Haıme von der 
Thamnastraea concinna in den British fossil Corals gegeben ha- 
ben. „ Sie stellen die zweite Varietät dar. Nach dem Vorgange 
von Mıunz EpwaArnos und Ham habe ich Astraea gracilis 
QuENST. als synonym mit Thamnastraea concinna angeführt, in- 
dem die gegebenen Abbildungen ganz gut mit Exemplaren der 
ersten Varietät übereinstimmen. 


17. Thamnastraea Armbrustii n. Sp. 


Der Polypenstock besteht aus dicken Lamellen, die mit einan- 


454 


der zu unregelmässig gelappten Massen verbunden sind. Kelch 
kreisföormig, ungleich gross. Kelch-Grube flach. 24 bis 30 
Septen, dicht stehend, gerade oder schwach gekrümmt, ziem- 
lich diek. Ungefähr 12 Septen erreichen die Mitte, die ande- 
ren schieben sich am Rande zwischen dieselben ein und ver- 
binden sich meist mit ihnen mit ihrer inneren Kante. Colu- 
mella fehlt. Durchmesser der Kelche 3—4 Mm. 

Diese Species, die ich dem verstorbenen ARMBRUST widme, 
unterscheidet sich von der Thamnastraea Credneri und coneinna 
leicht durch die grössere Anzahl der Septen. 

Vorkommen. Es lagen mir 7 Exemplare vor aus den 
Schichten mit Pteroceras Oceani vom Lindner-Berge (Göttin- 
sen, ROEMER). 


18. Thamnastraea Credneri n. sp. 


Polypenstock in dünnen Ueberzugen. Kelche kreisrund, 
gleich gross. Kelch-Grube sehr eng. 8—10 Septen erreichen 
die Columella; mit ihnen wechseln ebenso viel kleinere ab, 
die sich mit jenen mit ihrem inneren Rande verbinden. Septen 
duun, gerade. Columella griffelformig, schwach entwickelt. 
; Kelch-Durchmesser l- Mm.; Kelch-ÜCentren ebenso weit von 
einander entfernt. 

Thamnastraea Credneri unterscheidet sich von der T’h. con- 
cinna durch die engere Kelch-Grube und die weniger stark 
hervorspringende Columella. | 

Vorkommen. Es liegen 2 Exemplaren vor aus den 
Schichten mit Pieroceras Oceani vom Lindner-Berge (Göt- 
tingen). 


19. Thamnastraea ? dimorpha n. sp. (Taf. VII. Fig.4u.5.) 


Cyclolites sp. Crepner, Glied d. ob.'Jura p. 27. 1869. 
Cyclolites sp. Hesm. Crevser, Zeitsch. d. deutsch. geol. Ges. Bd. 16 

p. 243, 1.11, f. 4. 1864. 

Polypenstock mit kleiner Basis festgewachsen, von ver- 
änderlicher Gestalt, je nachdem die durch seitliche Knospung 
entstehenden, jüngeren Individuen bei ihrem Wachsthum in ihrer 
ganzen Ausdehnung mit dem Mutter-Individuum vereinigt blei- 
ben, oder in ihrem oberen Theile unter spitzem Winkel sich 
von demselben entfernen. In letzterem Falle zeigt der Polypen- 
stock -eine mehr oder weniger büuschelförmige Gestalt. Die ihn 


455 


zusammensetzenden Polypen sind cylindrisch, von Zeit zu Zeit 
etwas eingeschnürt. Ein dünnes, schwach quergefaltetes Epi- 
thek umhüllt den Stock und dehnt sich bis zu einer Entfer- 
nung von £—6 Mm. von der höchsten Wölbung des Kelches 
aus. Kelch kreisförmig. Kelch-Grube sehr eng. 140 — 170 
Septen, von denen 24 das Centrum erreichen. Die jüngeren 
Septen vereinigen sich nach innen. mit denen der älteren. 
Septen dünn, dicht gedrängt (auf 2 Mm. kommen 6—7), gegen 
den Rand hin zum Theil stark gebogen und sich mit denen 
der benachbarten Kelche vereinigend. Septal-Rand dicht und 
fein gekörnelt. Querbälkchen sehr zahlreich. Die Columella 
scheint papillös zu sein. Kelch-Durchmesser 12—20 Mm. 

Thamnastraea dimorpha unterscheidet sich von sammtlichen 
bis jetzt beschriebenen Species jener Gattung durch die grössere 
Anzahl ihrer Septen. 

Vorkommen. Es lagen 9 Exemplare vor aus den Schich- 
ten mit Pteroceras Oceani vom Lindner-Berge und Limmer 
(Göttingen, ROEMER, ÜREDNER, WITTE). 

Bemerkungen. Die Zugehörigkeit dieser Species zu 
der Gattung Thamnastraea muss vorläufig noch sehr in Zweifel 
gezogen werden. Das eine in der hiesigen Universitäts-Samm- 
lung befindliche Exemplar vereinigt freilich alle Charaktere, 
die jener Gattung zukommen (siehe Taf. VII. Fig. 4), jedoch 
sprechen gegen eine solche Stellung ganz entschieden wieder 
ö andere Exemplare derselben Sammlung, bei denen die ein-. 
zelnen Polypen in dem oberen Theile des Stockes vollständig 
gesondert auftreten (siehe Taf. VII. Fig. 5). Sollte man in 
der That bei der Untersuchung einer grösseren Anzahl von 
Exemplaren finden, dass die Vereinigung der einzelnen Polypen 
in der ganzen Ausdehnung des Stockes nur als eine zufällige 
Erscheinung anzusehen ist, so müsste diese Species zu den 
Disastreen, und zwar zu der Familie der Cladocoriden gestellt 
und zum Typus einer neuen Gattung erhoben werden. Wie 
diese Species auf der Grenze zwischen den Disastreen und 
Polyastreen steht, so hat FRoMENTEL durch die ZLatimaeandra 
dubia aus dem Ktage corallien von Auxerre eine Species nach- 
gewiesen, die an einem Stocke den Charakter der Polyastreen 
und Synastreen zeigt. 

Herr H. Crepxer und nach ihm Herr Herm. ÜREDNER haben 
diese Species zu Cyelolites gestellt. Original-Exemplare, die 


456 


ich durch die Güte des ersteren erhalten hatte, liessen jedoch 
keinen Zweifel daruber aufkommen ,. dass die von ihnen be- 
schriebenen Exemplare nur junge Individuen der eben beschrie- 
benen Species sind, die sich noch nieht durch Knospung ver- 
vielfältigt haben. 

Ein mir vorliegendes Exemplar mit einem solchen einfa- 
chen Polypenstocke zeigte schon gegen 140 Septen entwickelt 
bei einem Kelch-Durchmesser von 20 Mm. und einer Höhe 
von 14 Mm. Ein anderes Exemplar aus der Sammlung des 
Herrn H. Rogmer, welches 12 Mm. breit und 9 Mm. hoch und 
noch mit ziemlich breiter Basis fest gewachsen ist, besitzt be- 
reits an der Seite einen durch Knospung entstehenden neuen 
Kelch. 


Isastraea M. Eow. u. Haıne. 


20. Isastraea helianthoides GoLDF. sp. 
Astraea helianthoides Goupr., Petref. Germ,. p. 65, t. 22, f. 4a. 1826. 
Astraea oculala GouDF., ibid. p. 65, t. 22, f.. 2. 
Astraea helianthoides Rocrn., Verst. d. nordd. Oolith-G. p. 22, t. I, f. 4. 

1836. ; 

Isastraea helianthoides M. Eow. u. Hııwe, Hist. nat. d Corrall. T. II. 

p. 538. 1837. 

Isastraea helianthoides Frumenxt., Introd. & l’Et. d. Polyp. foss. p. 229. 

1858 — 61. 

Polypenstock mit ebener oder mehr oder weniger gewölbter 
Oberfläche. Die polygonalen Kelche dicht gedrängt, ungleich an 
Grösse, oft nach einer Richtung stark in die Länge gezogen. 
Mauern zuweilen oben mit scharfer Kante die einzelnen Kelche 
trennend. Epithek vollständig. Rippen fein, in Bündel geord- 
net, welche von der Basis nach dem Umfange der Unterseite 
ausstrahlen, so dass die äusseren Rippen eines jeden Bündels. 
mit denen des benachbarten unter einem spitzen Winkel zu- 
sammenstossen. Kelch-Grube tief. Selten 4 Oyclen vollstän- 
dig ausgebildet und noch die Anfänge eines fünften Oyclus in 
einigen Systemen; meistens zählt man 30--40 Septen. Septen 
ziemlich dicht gedrängt, gerade oder schwach gebogen. Ihr 
freier Rand fein gekörnelt; Seitenrand mit Warzenreihen be- 
setzt. ‚Querleisten ziemlich zahlreich. Kelch -Durchmesser 6 
bis 8 Mm., selten 9—10 Mm. 

Vorkommen. Die vorliegenden 8 Exemplare stammen 
aus der Korallenbank des Lindner- Berges. Ausserdem wird 


457 


diese Species noch von allen anderen Lokalitäten angeführt, 
wo jene Korallenbank in Norddeutschland auftritt. Vereinzelt 
soll sie auch in den Heersumer Schichten am Tönnjes - Berge 
und bei Heersum vorgekommen sein. 

Bemerkungen. Mine Epwarns und Haıme führen in 
ihrer Diagnose der /sastraea helianthoides an, dass meistens 
nur 28 Septen vorhanden wären. Säammtliche vorliegende Exem- 
'plare zeigen jedoch eine grössere Anzahl derselben, ebenso 
wie dies der Fall ist bei dem vom Lindner-Berge stammenden 
Original-Exemplare von GoLpruss, das Herr SchLüter in Bonn 
so gütig war, zur Vergleichung mitzutheilen. Bei demselben 
sind 40—50 Septen entwickelt. 


21. Isastraea Goldfussiana D’ORB. sp. 


Astrea helianthoides (z. Th.) GorLor., Petref. Germ, T. 1. t. 22, f. Ab. 

1826. 

Prionastrea Goldfussiana n’Ore., Prodr. d. Pal&eont. T. I. p. 386. 1850. 
Isastraea Goldfussana M. Eow. u. Haıme, Hist. nat. d. Corall. T. I. 

p. 532. 1857. 

Isastraea Goldfussana Froment., Introd, & I’Et. d. Polyp. foss. p. 227. 

1895 -- 61. 

Polypenstock mit schwach gewölbter Oberfläche. Die polygo- 
nalen Kelche dicht gedrängt, ungleich gross. Kelch-Grube bei 
ausgewachsenen Kelchen sehr flach, bei jüngeren tiefer. 50 bis 
60 Septen. Septen des ersten und zweiten Oyclus gleich gross, 
die anderen nach der Ordnung der Oyclen an Grösse abneh- 

 mend. Auf 2 Mm. kommen 4 Septen; dieselben sind gerade 
oder schwach gebogen. Septal-Rand sehr dicht gekörnelt. 
Grösster Durchmesser der ausgewachsenen Kelche 15—15 Mm. 

Isastraea Goldfussiana unterscheidet- sich von der Isast. 
helianthoides und Koechlini durch die flachere Kelch-Grube und 
den grösseren Kelch-Durchmesser. 

Vorkommen. Es lagen 3 Exemplare vor aus der Ko- 
rallenbank des Lindner-Berges (Göttingen). 

Bemerkungen. D’OrsıcnyY erhob zuerst das von GoLD- 

Fuss auf t. 22, f. 4b abgebildete Exemplar seiner Isast. he- 
lianthoides zum Typus einer neuen Species. Diese Ansicht ist 
vollständig gerechtfertigt, indem das mir vorliegende Original- 
Exemplar von GoLpruss sich entschieden von dem auf t. 22, 

"f.4a abgebildeten Exemplare der /sast. helianthoides durch seine 
flachere Kelch-Grube unterscheidet. | 

Pr d.dizeol. Ges; X VIE 3, 30 


458 - 


22. Isastraea Koechlini M. Epw. u. Hammer. 
 Isastraea Koechlinn M. Eow. u. Haıme, Hist, nat. d. Corall. T. I. p. 
533. 4857. | a0 | 
Isastraea Koechlini Frowent., Introd. & l’Et. d. Polyp. foss. p. 226. 
1858 - 61. a 
Polypenstock mit schwach gewölbter Oberfläche. Die polygo- 
nalen Kelche dicht gedrängt, ungleich an Grösse. Eine scharfe 
Kante trennt die einzelnen Kelche. Kelch- Grube sehr: tief. 
50--60 Septen, dünn, sehr dicht gedrängt (auf 2 Mm. kommen 
5—6), schwach gebogen. Septal-Rand fein gekörnelt. Kelch- 
Durchmesser 6—9 Mm. Ä 
Isastraea Koechlini unterscheidet sich von der /sastr. helian- 
thoides durch die zahlreicheren und feineren Septen. 
Vorkommen. Das Exemplar, welches dieser Beschreibung 
zu Grunde liegt, stammt aus der Korallenbank des Lindner- 
Berges (CREDNER). 


Astrocoenia M. Eow. u. Haıne. 
23. Asirocoenia suffarcinata Hrrm. Cre». 
Astraea sp. Crep., Glied. d. ob. Juraf. p. 26. 1863. 
Astrocoenia suffarcinata Hzrm. Cren., Zeitseh. d. deutsch. geol. Ges. Bd. 

16, p. 243, 1. 11, f- 3, 1864. 

Der Polypenstock bildet grosse, oft mehrere Fuss im Durch- 
messer haltende Knollen. Die Kelche stehen dicht gedrängt, sind 
sehr ungleich, indem die Knospung zu gleicher Zeit an verschie- 
denen Theilen der Oberfläche des Stockes stattfindet. Meistens 
sind die Kelche unregelmässig fünfeckig, zuweilen nach einer 
Richtung stark in. die Länge gezogen und dann viereckig. 
Mauern dunn und oben mit einer scharfen Kante endigend. 
Kelch-Grube nicht sehr tief. 3 Cyclen und die Hälfte des 
vierten Cyclus in 6 Systemen entwickelt. 6 Septen erreichen 
die Columella; die anderen nach der Ordnung der Cyclen an 
Grösse abnehmend. Septen dünn, gerade. Columella dunn, 
sriffelförmig. Grösster Durchmesser der Kelche 3—4 Mm. 

Astrocoenia suffarcinata unterscheidet sich von der Asir. 
pentagonalis, mit der sie öfters verwechselt worden ist, durch 
die grössere Anzahl der Septen. Von letzterer Species ist es 
überhaupt noch sehr zweifelhaft, ob sie zu der Gattung Astro- 
coenia zu stellen ist. | 

Vorkommen. Es lagen 1l Exemplare vor aus den Schich- 


a Ya FA u a 


459 


ten mit Pteroceras Oceani vom Lindner-Berge (Göttingen, 
BECKMANN). 

Bemerkungen. Dadurch, dass nur in der einen Hälfte 
jedes der 6 Systeme die Septen des vierten Cyclus entwickelt 
sind, hält es oft sehr schwer, sich über die Anordnung der 
Septen zu orientiren, und dies ist auch wahrscheinlich der 
Grund der irrthümlichen Angabe von ÜREDNER, dass die Septen 
in 9 Systemen ausgebildet seien. 


Plerastraea M. Eow. u. Haıne. 


24. Plerastraea ? tenuicostata n. sp. 


Diese Species bildet stark ausgebreitete, dicke Polypen- 
stocke, deren Unterseite mit quergefaltetem Epithek bedeckt ist. 
Rippen dicht gedrängt (auf 2 Mm. kommen 4), dünn. Mauer 
rudimentär. A0—60 Septen, von denen gegen 12 die Colu- 
mella erreichen. Septen dünn, nach der Peripherie stark ge- 
bogen. Querleisten sehr zahlreich (bei einem Querschnitte 
zahlte man 8—10, bei einam Verticalschnitte 5 auf eine Höhe 
von 2 Mm.). Seitenflächen der Septen mit zarten Bogenlinien 
bedeckt, die selbst wieder durch ein weitläufiges Maschenwerk 
von feinem endothecalen Gewebe verbunden sind. Papillöse 
Columella nur schwach entwickelt. Kelch-Durchmesser 6 bis 
8 Mm. 

Plerastraea tenuicostata unterscheidet sich von Pl. Savignyi, 
Pratti und tesselata durch die grössere Anzahl der Septen. 

Vorkommen. Es lagen 6 Exemplare vor aus der Ko- 
rallenbank des Lindner-Berges (Göttingen). 

Bemerkungen. Die Kelche der vorliegenden Exemplare 
waren leider so abgerieben, dass man nicht darüber entschei- 


_ den konnte, ob die Septen an ihren feinen Rändern sich mit 


denen der benachbarten Kelche verbunden haben. 

Da jedoch die papillöse Oolumella und die zahlreichen 
Querleisten auf eine Zugehörigkeit zu der Gattung Plerastraea 
hinweisen, so lasse ich sie vorläufig mit dieser Gattung ver- 
einigt. 


s0* 


460 


I Zoantharia perforata M. Eow. u. Hame. 


Polyastrea FRoMmENT. 
Familie: Poritinidae M. Eow. u. Haınr. 
Microsolena Lamouroox. 


25. Microsolena Roemeri n. sp. 


- Astraea agaricites Rorm., Verst. d. nordd. Oolith. G. p. 22, t.1, f.1. 1830. 
Agaricia agaricites z. Th. n’Ors., Prod. de Paleont. T. I. p. 387. 1850. 
Thamnastraea ? boletiformis z. Th. M. Epw. u. Hame, Hist. nat. d. 

Corall. T. U. p. 572. 1857. 

Thamnastraea ? boletiformis z. Th. Faoment., Introd. & Et d. Polyp. 

foss. p. 213. 1858. 

Polypenstock knollig mit stark gewölbter Oberfläche, aus 
dicht über einander liegenden Schichten gebildet. Epithek dick, 
stark quergefaltet. Kelche kreisförmig, mit deutlicher Kelch- 
Grube, ungleich gross. 32--44 Septen, dicht gedrängt, ziem- 
lich dick, nach dem Kelch-Rande hin oft schwach gebogen, 
sich mit denen der benachbarten Kelche vereinigend. Skleren- 
chym der Septen stark porös. Querbälkchen zahlreich (auf 
eine Höhe von 2 Mm. kommen 5—6). Papillöse Columella 
schwach entwickelt. Kelch-Durchmesser. 5—7 Mm. Das 
grösste Exemplar besitzt einen Durchmesser von 13 Mm. 

Microsolena Roemeri steht der M. excavata und gibbosa sehr 
nahe. Von ersterer unterscheidet sie sich durch die geringere 
Anzahl der Septen und von letzterer durch den grösseren 
Durchmesser der Kelche. 

Vorkommen. Es lagen 10 Exemplare vor aus der Ko- 
rallenbank des Lindner- Berges (Göttingen, RoEmer). Nach 
A. RokmER soll sie auch vorgekommen sein an der Arensburg 
bei Rinteln. 

Bemerkungen. Diese Species wurde zuerst beschrieben 
von A. Rormer als Astraea agaricites, indem er sie für iden- 
tisch Lielt mit einer von GoLpruss unter diesem Namen von 
Nusslach im Salzburgischen beschriebenen und abgebildeten Art 
(Petref. Germ. T.I. p. 66, t. 22). Wie sich jedoch durch die 
Untersuchungen von MıLne EpwaArps und HaıuE und von Reuss 
herausgestellt hat, gehört die Astraea agaricites GOLDF. zu der 
Gattung Thamnastraea. Die beste Beschreibung und Abbildung 
derselben findet man bei Rzuss (Beiträge zur Charakteristik 
der Kreideschichten in den Ostalpen p. 118, t.19, f. 1u. 2. 1854). 


En, che in er PORN 
.- 
' 


461 


Mıuye Epwarps und Ham und später FROMENTEL vereinig- 
ten die Agaricia boletiformis GouLpr. (Petref. Germ. T. I. p. 43, 
t. 12, f. 12), die sie vorläufig noch als eine Thamnastraea 
aufführen, von der jedoch MıLse Epwarps und Haıne ausdrück- 
lich bemerken, dass sie wahrscheinlich zu der Gattung Micro- 
solena gestellt werden musste. Von der Agaricia boletiformis 


_ unterscheidet sich die vorliegende Species jedoch durch den weit 


kleineren Durchmesser der Kelche. Bei ersterer beträgt der- 
selbe 12—15 Mm. 


Korallen der Kreide. 


l. Zoantharia aporosa M. Eow. u. Hame. 
A. Monastrea Fronenr. 
a. Turbinolacea FROMENT. 
Familie: Caryophyllidae Faonenr. 
Caryophyllia Stores. 
26. Caryophyllia eylindracea Reuss sp. 
Anthophyllum ceylindraceum Reuss, Verst. d. böhm Kreidef. Abth. II. 
p: 61, 1. 14, £ 2330, 1846. | 
Cyathina laevigata M. Eow. u. Haınz, Brit. foss. Corals. p. 44, t. 9, 
f. 1. 1850. 
Caryophyllia eylindracea M. Eow. u. Haıwz, Hist. nat. d. Corall. T. II. 
p. 18. 1857, 
Caryophyllia eylindracea Fronent., Introd. 3 I’Et. d. Polyp. foss. p. 79. 
1855—61. | 
Caryophyllia cylindracea Frouent., Paleont. frang. Terr. eret. T. VIU. 
Zooph. p. 165, t.7, £.1. 1869. 
Polypenstock einfach, eylindrisch kegelföormig, gerade, mit 
verhältnissmässig breiter Basis festgewachsen. Mauer in der 
unteren Hälfte ganz glatt. Rippen treten nur in der Nähe des 
Kelch-Randes deutlich auf. Kelch .kreisformig. 4 Cyclen in 
6 Systemen ausgebildet. Septen dünn, die des ersten und 


zweiten Cyclus gleich gross. Ihre Seitenflächen gekörnelt. 
' Pfählchen diek, vor den Septen des dritten. Cyclus stehend. 


Columella büschelföormig, schwach entwickelt. Höhe 30 bis 
40 Mm.. Kelch-Durchmesser 10 Mm. 

Vorkommen. Es lagen sechs Exemplare vor aus den 
Senon-Schichten mit Bel. mucronatus von Rosenthal bei Peine 
(CREDNER) — Ahlten (ob Mucronaten- oder Quadraten-Schich- 
ten ?) (Göttingen). | 


462 3 
Bemerkungen. Die Exemplare gehören noch jungen 
Individuen an; das grösste derselben besitzt eine Höhe von 
10 Mm. und einen Kelch-Durchmesser von 6 Mm. 


Thecocyathus M. Eow. u. Haıme. 
27. Thecocyathus? cenomaniensis n. sp. 


Polypenstock sehr kurz und fast scheibenförmig; das Epithek 
umgiebt den unteren Theil des Polypenstockes. Rippen fein 
gekörnelt. 48 Septen. Zwei Reihen von dieken Pfählchen. 
Höhe 2 Mm.; Kelch-Durchmesser 5 Mm. 

Diese Species unterscheidet sich von den zu der Gattung 
Thecocyathus gehörenden Arten durch das Auftreteu von nur 
zwei Reihen von Pfählchen. 

Vorkommen. Es lag ein Exemplar vor aus dem Ceno- 

man, dem unteren Pläner mit Amm. varians vom Mehnerberg 
bei Salzgitter (SCHLÖNBACH). 
Bemerkungen. Das Exemplar ist in einem schlechten 
Erhaltungs-Zustande, so dass von .der Columella keine Spur 
zu sehen war. Sollte sich später finden, dass dieselbe buschel- 
förmig ist, so wäre die Zugehörigkeit zur Gattung Thecocyathus 
bewiesen, und diese Species würde dann grosses Interesse 
bieten, indem es die zweite Art von jener Gattung wäre, die 
sich in der Kreide findet. Ausser dem TA. cretaceus aus der 
französischen Kreide haben: sich alle anderen Species in der 
Jura-Formation gefunden. 


b. Trochosmilacea FRoMmENT. 
Familie: Trochosmilidae FRroment. 
Coelosmilia M. Eow. u. Hame. 
28. Coelosmilia minima n. sp. (Taf. VIII, Fig. 1). 


Polypenstock mit ausgebreiteter Basis festgewachsen, lang 
eylindrisch, fast gar nicht an Breite zunehmend, oft unregel- 
mässig in verschiedenen Richtungen gebogen und ein inter- 
mittirendes Wachsthum zeigend. Kelch kreisformig. Rippen 
nur schwach hervorragend. Mauer sehr fein quergestreift. 
2 Cyclen in 6 Systemen entwickelt. Septen fast gleich gross, 
gerade. Höhe 13 Mm.; Kelch-Durchmesser 2 Mm. £ 

Coelosmilia minima unterscheidet sich von allen Arten der- 
selben Gattung durch die geringere Anzahl der Septen. 


463 


Vorkommen. Es lagen 9 Exemplare vor aus dem Ce- 
noman, dem unteren Pläner mit Amm. varians vom Mehnerberge, 
 Österholz und Boihwelle bei Salzgitter (Scuuöngach). Zwei 
andere stammen aus dem Pläner (oberem oder unterem?) von 
Sarstedt (RoENMER). 


29. Coelosmilia laxa M. Epw. u. Ham. 
Coelosmilia laxa M. Enw. u. Haıme, Brit. foss. Coral. p. 52, t. 8, f. 4. 

1850. 

Coelosmilia laxa M. Eow. u. Hame, Hist. nat. d. Corall, T. U. p. 178. 

1857. 

Coelosmilia laxa Froment., Introd. a ’Et d. Polyp. foss. p. 102. 1858 — 61. 

Polypenstock verkehrt kegelförmig, nach einer Richtung 

ziemlich stark gebogen, wahrscheinlich nur mit ganz kleiner 
"Basis festgewachsen. Rippen in der ganzen Länge des Poly- 
penstockes sichtbar, flach. In dem unteren Theile tritt jede 
funfte Rippe etwas stärker hervor. Nach dem Kelch - Rande 
zu wird die Rippe, die einem vierten Septen-Cyclus entspre- 
chen würde, ganz undeutlich und ist mit feinen, horizontalen 
Streifen bedeckt. Kelch kreisföormig. 3 Cyclen von Septen 
in 6 Systemen entwickelt. Septen dünn, 2 Mm. aus einander 
stehend. Höhe 17 Mm.; Kelch - Durchmesser 13 Mm. Coelo- 
smilia laxa unterscheidet sich von der C. Sacheri und cupuli- 
Jormis leicht durch die geringere Anzahl ihrer Septen. 

Vorkommen. Das einzige mir vorliegende Exemplar, 
welches der vorstehenden Beschreibung zu Grunde liegt, stammt 
aus dem Senon von Ahlten (Göttingen) — ob aus Quadraten- 
oder Mucronaten-Schichten ? 

Bemerkungen. Nach den Beschreibungen und Abbil- 
dungen bei Mıune EpwaArps und HaımE treten bei den aus dem 
Senon von England stammenden Exemplaren die Rippen, die 
den 3 Cyclen entsprechen, mit schärferem Rande hervor als 
bei unserem norddeutschen Exemplare. 


30. Coelosmilia cupuliformis Rauss. . 
Coelosmilia cupuliformis Rruss, Palaeontograph. Bd. III. p. 119, t. 17, 
f. 9—5. 1854. 
Bei dem vorliegenden Exemplare ist der Polypenstock breit 
becherförmig, gerade, nach unten sich rasch. zu einem kurzen 
Stiele verschmälernd, mit kurzer Basis festgewachsen. Rippen 


464 


fein gekörnt, in der Nähe der Basis flach, gedrängt und fast 
gleich. Nach oben treten sie weiter aus einander; jede zweite 
Rippe erhebt sich etwas mehr. Kelch breit elliptisch. 70 Sep- 
ten in 6 Systemen entwickelt. Septen dünn, gerade, nach der 
Ordnung der Cyclen an Grösse abnehmend, die des fünften 
Cyelus sehr klein. Hohe 25 Mm.; grösserer Kelch-Durchmesser 
23 Mm., kleinerer 20 Mm. | 

Vorkommen. Das vorliegende Exemplar stammt aus 
den Senon-Schichten mit Belemnites mucronatus von Lüneburg 
(STEINVORTH). 


31. Coelosmilia Sacheri Reuss. 


Coelosmilia Sacheri Reuss, Palaeontograph. Bd. III. p. 119, t. 17, f.2a—e. 

1854. 

Polypenstock verkehrt kegelförmig, nach oben rasch an 
Breite zunehmend, in der Richtung der kleineren Axe stark 
gebogen, mit kleiner Basis festgewachsen. Die Rippen sind’ in 
der ganzen Länge des Polypenstockes sichtbar. In der Nähe der 
Basis sind sie gleich stark, weiter nach oben hin ragt jede 
zweite Rippe etwas stärker hervor; die dazwischen liegende 
Rippe verflacht sich etwas und wird zuweilen durch zarte, hori- 
zontale Streifen bedeckt. Alle Rippen sind mit feinen Körn- 
chen besetzt. Kelch breit elliptisch.h Ein Kelch von 30 Mm. 
Längs-Durchmesser und 26 Mm. Quer-Durchmesser zeigt 87 
Septen; ein kleinerer, dessen grössere Axe 20 Mm., und dessen 
kleinere 16 Mm. beträst, 70 in 6 Systemen entwickelt. Septen 
dünn, 1 Mm. entfernt, nach der Ordnung der Cyclen an Grösse 
abnehmend, die des fünften rudimentär. Höhe 23—30 Mm. 

Coelosmilia Sacheri unterscheidet sich von der (: cupuli- 
Jormis sogleich durch den stark gekrümmten Polypenstock. 

Vorkommen. Es lagen 2 Exemplare vor aus den Se- 
non-Schichten mit Belemnites mucronatus von Lüneburg (STEI- 
VORTH, ÜREDNER). 

Bemerkungen. Die Beschreibung, die ich nach den 
beiden Exemplaren von Lüneburg gegeben habe, stimmt: im 
Wesentlichen mit der von Reuss aus dem Senon (Mucronaten- 
Schichten) von Lemberg beschriebenen Art überein. Die Exem-. 
plare, die ihm vorlagen, gehören älteren Individuen an. Ihr 
Polypenstock ist im oberen Theile fast ceylindrisch. 5 Cyelen 
und der Anfang eines sechsten Oyclus sind entwickelt. Ihr 


- 


465. 


Stiel ist dieker als bei den Exemplaren von Lüneburg, ein 
Unterschied, der jedenfalls nicht als specifisch anzusehen ist. 


Parasmilia M. Eow. u. Haıne. 


32. Parasmilia cylindrica M. Epw. u. Hammer. 
(Taf. VII. Fig. 2 u. 3.) 
Parasmilia cylindrica M. Epw. u. Haıme, Brit. foss. Coral. p. 50, t. 8, 


f. 5. 1850. 
Parasmilia eylindrica M. Eow. u. Hame, Hist. nat. d. Corall. T.II. p. 174. 1657. 


x 


Parasmilia cylindrica Froment,, Introd. & Et. d. Polyp. foss. p. 508. 

1858—61. 

Polypenstock im oberen Theile fast cylindrisch, sich nach 
unten allmälig verschmälernd und mit kleiner Basis fest ge- 
wachsen. Er ist meistens unregelmässig in verschiedener Rich- 
tung gebogen und zeigt zahlreiche kreisförmige Anschwellun- 
gen und seichte Einschnürungen, die auf ein intermittirendes 
Wachsthum hinweisen. Rippen in der ganzen Länge des 
Stockes vorhanden. In der Nähe der Basis sind sie nur 
schwach angedeutet; weiter nach oben treten sie deutlich her- 
vor. Sie sind dünn, mehr oder weniger stark gebogen und 
meistens gleich stark; zuweilen findet sich jedoch zwischen 
je zwei gleich starken Rippen eine schwächer entwickelte. Sie 
werden durch verhältnissmässig breite Furchen getrennt. Letz- 
tere sind mit feinen Körnchen bedeckt und durch zahlreiche 
Rudimente von feinen exothecalen Querleisten getheilt. Vier 
Cyclen von Septen in 6 Systemen entwickelt. Dieselhen wa- 
ren schon bei einem Exemplare von 8 Mm. Kelch - Durchmesser 
vollständig ausgebildet. Septen dunn, schwach gebogen; die 
des ersten und zweiten Oyclus gleich gross, die Columella er- 
reichend; die Septen des dritten Oyclus nur wenig kleiner, die 
des vierten sehr klein. Columella schwammig, wenig ent- 
wickelt. Höhe 283 —65 Mm.; Kelch-Durchmesser 6— 13 Mm. 

Parasmilia cylindrica wurde in Norddeutschland bis jetzt 
immer mit der Parasmilia centralis verwechselt; sie unterschei- 
det sich jedoch von ihr sehr leicht durch die exothecalen Quer- 
leisten. Dieses Kennzeichen trennt sie auch scharf von den 
folgenden Species. 

Vorkommen. Es lagen 25 Exemplare vor aus den Se- 
non-Schichten mit Belemnites mucronatus von Rosenthal bei 
Peine, den Schichten mit Bel. quadratus von Linden bei Hanno- 


466 


r, Lochtum bei Vienenburg und Schwiechelt. (Ob aus Quadra- 
tete ‘oder Mucronaten-Schichten?): von Ahlten, Sottmar (Göttin- 
gen, BECKMANN, ÜREDNER, GROTRIAN). 

Bemerkungen. Der Beschreibung, die MILNE Epwanos 
und Hans in British fossil Corals von der Parasmilia eylindrica 
geben, lag nur ein abgebrochenes Exemplar aus dem Senon 
von Norwich zu Grunde. Der einzige Unterschied, den ich 
bei der Vergleichung ihrer Beschreibung mit den vorliegenden 
Exemplaren finden konnte, besteht in der Angabe, dass die- 
Intercostal-Furchen des englischen Exemplars nur sehr wenig 
granulirt sein sollen. Da jedoch bei verschiedenen Exempla- 
ren einer schönen Suite, die von dieser Species in der hiesi- 
gen Sammlung vorhanden ist, zuweilen manche Theile des 
Polypenstockes fast ganz ohne Körnelung sind, so musste die- 
ser Unterschied als ein specifischer wegfallen. 


33. Parasmilia Gravesiana M. Epw. u. Ham. 
(Taf. VII. Fig. 4.) - 
Parasmilia Gravesiana M. Eow. u. Haınz, Ann. d. science. nat., 3 ser. 

T. X. p. 245. 1549. 

Parasmilia @ravesana M. Enw. u. Haıne, -Hist. nat. d. Corall. T. H. 

p. 173. 1857, 

Parasmilia Gravesana Fromaxt., Introd. & V’Et. d. Polyp. foss. p. 103. 

1858-61. 

Parasmilia Gravesi Froment , Paleont. franc. Terr. eret. T. VIII. Zooph. 

p. 42, t. 22, f. 1. 1864. 

Polypenstock im oberen Theile fast cylindrisch, sich nach 
unten allmälig verschmälernd, mit kleiner Basis fest gewach- 
sen, unregelmässig in verschiedenen Richtungen gebogen und 
ein intermittirendes Wachsthum zeigend. Die Aussenwand zeigt 
bei den einzelnen Exemplaren oft eine verschiedene Beschaffen- 
heit. Die Rippen sind in der ganzen Länge des Polypen- 
stockes sichtbar und sind fein gekörnelt. Meistens sind sie 
zugleich fein concentrisch gestreift. Diese concentrische Strei- 
fung tritt bei vielen Exemplaren nur an einzelnen Stellen auf 
und kann sogar ganz verloren gehen. In der Nähe der Basis 
sind die Rippen dunn und meistens gleich stark, zuweilen ist 
jede vierte Rippe etwas stärker angedeutet. Weiter nach oben 
sind die Rippen abwechselnd breiter und dunner. Diejenigen, 
die dem vierten Cyclus entsprechen, werden sehr flach. Die 
Rippen der ersten 3 Cyelen verflachen sich entweder ebenfalls, 


467 


/ 
oder ragen mit etwas schärferem Rande hervor. Kelch kreis- 
förmig.. Vier Cycelen von Septen in 6 Systemen entwickelt. 
Septen dünn, ein wenig gebogen, nach der Ordnung der Cyclen 
an Grösse abnehmend; die des vierten Oyclus meist ganz ru- 
dimentär. Columella schwammig, schwach entwickelt. Höhe 
25—74 Mm.; Kelch-Durchmesser 10—14 Mm. 

Diese Species wurde bis jetzt, ebenso wie die Parasmilia 
eylindrica, stets als eine P. centralis angesehen. Diese unter- 
scheidet sich von ihr durch die von 4 zu 4 stärker hervortre- 
tenden Rippen. P. Fittoni ist von der P. Gravesiana zu tren- 
nen durch,die grössere Ausbildung der Columella. 

Vorkommen. Es lagen 24 Exemplare vor aus dem Se- 
non: Schichten mit Delemnites mucronatus von Rosenthal bei 
Peine, Höver — Schichten mit Bel. quadratus von Schwiechelt 
— Abhılten, Vordorf bei Braunschweig (ob Mueronaten- oder 
Quadraten-Schichten ?). 

Bemerkungen. Die verschiedene Beschaffenheit der 
Mauer bei einzelnen Exemplaren berechtigt nicht dazu, diesel- 
ben als Typen verschiedener Species aufzustellen, indem ver- 
schiedene Exemplare vorliegen, die die deutlichsten Ueber- 
gänge zeigen. Die Beschreibung, die FROMENTEL in der Pale- 
ontologie francaise von dieser Species giebt, bezieht sich auf 
noch junge Individuen. Bei dem von ihm dort abgebildeten 
Exemplare haben sich die 4 Cyclen schon sehr früh entwickelt. 
Bei den vorliegenden Exemplaren ist bei gleicher Höhe der 
vierte Cycelus in den meisten Fällen noch gar nicht vorhanden. 


34. Parasmilia laticostata n. sp. (Taf. VIII. Fig. 5.) 


Polypenstock eylindrisch-konisch, mit kleiner Basis fest 
gewachsen, ein intermittirendes Wachsthum zeigend. Rippen 
in der ganzen Länge des Polypenstockes sichtbar, nur schwach 
hervorragend, gleich stark. Kelch kreisförmig. Vier Cyclen 
von Septen in 6 Systemen entwickelt. Septen dünn, gerade, 
nach der Ordnung der Cyclen an Grösse abnehmend. Colu- 
mella schwammig, schwach entwickelt. Höhe 29 Mm.; Kelch- 
Durchmesser 11 Mm. : 

Diese Species unterscheidet sich leicht von den vorher- 
gehenden durch die gleich starken Rippen. Sehr grosse Ver- 
wandtschaft scheint sie mit der Parasmilia (?) elongata zu be- 
sitzen, die Mıuse Epwarps und Ham aus dem Senon von 


168 = 


Ciply beschrieben haben, und ist vielleicht sogar mit ihr iden- 
tisch. Ihre Beschreibungen sind nicht vollständig genug, um 
hierüber zu entscheiden. 

Vorkommen. Die 4 vorliegenden Exemplare stammen 
aus dem oberen Senon: Schichten mit Belemnites mueronatus 
von Höver — Schichten mit Bel. quadratus von Schwiechelt 
zwischen Andern und Ahlten (CrEDxer, ROoEMER). 

Bemerkungen. Interessant sind 2 Exemplare, die ich 
durch die Güte der Herren GRoTRIAN und CREDSER aus dem 
oberen Senon von Vordorf und Ahlten erhalten habe, Diesel- 
ben sind in dem unteren Theile des Polypenstockes so dicht 
"mit sehr feinen Körnchen bedeckt, dass fast jede Spur einer 
Rippe verwischt wird. Vielleicht sind dieselben nur als Va- 
rietät dieser Species anzusehen; eine grössere Menge von 
Exemplaren wird darüber erst entscheiden können. 

Ausserdem will ich die Aufmerksamkeit noch auf einige 
Korallen lenken, die ich der gütigen Mittheilung des Herrn U. 
SCHLÖNBACH verdanke. Sie stammen theils aus dem Turon, 
dem oberen Pläner mit Galerites conicus vom Fleischerkamp bei 
Salzgitter, zwischen Beuchte und Weddingen bei Goslar, theils 
aus dern unteren Senon, oberen Pläner mit Scaphites Geinitzi 
vom Flöteberge bei Liebenburg, Fuchsberge.bei Salzgitter und 
Heiningen bei Wolfenbüttel. Leider sind sie in schlechtem 
Erhaltungszustande. Mehrere Exemplare vom Fleischerkampe 
bei Salzgitter zeigen deutlich eine schwammige Oolumella. Ein 
anderes Exemplar von demselben Fundorte besitzt‘ 4 voll- 
ständig entwickelte Cyclen von dünnen Septen. Das grösste 
Exemplar besitzt eine Höhe von 30 Mm. und einen Kelch- 
Durchmesser von 10 Mm. Die. fast gleich starken Rippen 
weisen auf eine Verwandtschaft mit der P. laticostata hin. 


85. „Parasmilia. conica.n. sp... (Taf. VII. Big..6.) 


Polypenstock konisch, mit kleiner Basis fest gewachsen. 
Mauer Rudimente von Epithek zeigend. Rippen von der Basis 
an sichtbar, wenig ungleich. Vier Cyclen von Septen in 6 
Systemen entwickelt. Die Septen des ersten und zweiten Cy- 
clus gleich gross. Septen dünn, gerade, sehr dicht gedrängt. 
Kelch kreisföormig. Columella schwammig, gut entwickelt. 
Höhe 10 Mm.; Kelch-Durchmesser 6 Mm. 

- Parasmilia conica wird leicht von den vorhergehenden Spe- 


469 


cies durch das Vorhandensein eines rudimentären Epitheks un- 
terschieden. Bei P. cylindrica, die am meisten noch mit ihr 
wegen der exothecalen Querleisten verwechselt werden könnte, 
sind die Rippen viel dünner. 

Vorkommen. Es lagen 7 Exemplare vor aus dem obe- 
ren Senon, den Quadraten-Schichten vom Sudmerberge bei 
Goslar (ROEMER, ÜREDNER). 


Familie: Pleurosmilidae FkrumEnT. 


Brevismilia n. g. 
Anthophyllum (z. Th.) Rorm. Verst. d. nordd. Oolith. G. p. 20. 1836. — 

Reuss, Verst. d. böhm. Kreidef. Abth. 2, p. 62. 1846. 
Amblocyathus (z. Th.) p’Ors. Rev. et Mag. d. Zool. p. 173. 1850. 
Cladophyllia (z. Th.) M. Eow. u. Haıme, Polyp. foss. d. terr. palaeoz. 

p. 82. 1851. — Fromest. Descript. d. Polyp. foss. d. l’Et. neoc. 

p. 29. 1857. 

Polypenstock einfach, breit angewachsen. Mauer bedeckt 
mit einem vollständig entwickelten Epithek. Columella feh- 
lend. Septalrand ganz. Querleisten stark entwickelt, concentrisch 
um den Mittelpunkt angeordnet. Im Grunde des Kelches ver- 
wachsen die uber einander liegenden Querleisten vollständig 
mit einander. 

Die Species der norddeutschen Kreide, die bis jetzt allein - 
diese Gattung bildet, wurde nach einander zu Anthophyllum, 
Amblocyathus und Cladophyllia gestellt. Die von SCHWEIGGER 
aufgestellte Gattung Anthophyllum umfasst Species, die ganz 
anderen Familien angehören. Die Gattung Amblocyathus hat 
sich als synonym mit Caryophyllia erwiesen. Von Cladophyl- 
lia unterscheidet sich Brevismilia sogleich durch den einfachen 
Polypenstock. Die grösste Verwandtschaft hat letztere Gattung 
mit der von FROMENTEL in letzterer Zeit (Introd. aPEt. d. Po- 
lyp. foss. p. 104) aufgestellten Gattung Epismilia. Mit der- 
selben hat sie gemeinschaftlich den ungezähnten Septalrand, 
das Fehlen der Columella und das vollständig entwickelte Epithek. 
Sie unterscheidet sich von ihr jedoch durch die mit einander 
verwachsenen, concentrisch angeordneten Querleisten. 


36. Brevismilia conica Rornm. sp. 


Anthophyllum conicum Roem. Verst. d. nordd. Ool. G. p. 2, t. 1, f. 2. 
1836. — Nachtrag p. 57. 1839. — Verst. d. nordd. Kreide p. 26. 
1840, 


470 


Amblocyathus conicus. n’Orp. Rev. et Mag. d. Zool. p. 173. 1850. — 
Prodr.. d.: Paleont. T.. I, p.-91.. 1850. 

Anthophyllum conicum ? Reuss, Verst. d. böhm, Kreidef. Abth. 2, p. 62, 
121% Lro1. 1840, 


Cladophyllia nana (z. Th.) M. Eow. u. Haıme, Polyp. foss. d. ierr. pa- 
laeoz. p.82. 1851. — Fromext., Descript. d. Polyp. foss. d. P’Et. neoe. 
p. 29. 1857. — M. Eow.u. zu Hist. nat. d. Corall. T.II. p. 368. 

1857. — Froment. Introd. & P’Et. d. Polyp. foss. p. 146. 1858 — 61. 

Polypenstock verkehrt kegelförmig, oben schräg abgestutzt. 
Epithek dünn, den Kelch bis zum Rande umgebend. Kelch 
kreisförmig. Drei Cyelen von Septen in 6 Systemen vollstän- 
dig ausgebildet und die Anfänge eines vierten Cycelus. Die 
Septen des ersten und zweiten Cyclus gleich gross, die des 
dritten nur halb so gross; der vierte Cyclus ganz rudimentär. 
Höhe 1 Mm.; Kelch-Durchmesser 2; Mm. 

Vorkommen. Die Anzahl der untersuchten Exemplare 
beträgt 16. Sie stammen aus dem oberen Hilsconglomerate 
vom Elligser-Brink bei Delligsen, Kissenbrink bei Wolfen- 
büttel, Engerode bei Salzgitter und der Grube Glück-auf bei 
Gitter (SCHLÖNBACH). 


Familie: Litbophyllidae Feronmext. 
Leptophyllia Revss. 

Ebenso wie die von FROMENTEL aus dem französischen 
Neocomien beschriebenen Leptophyllien, zeichnen sich auch die 
des norddeutschen Hilsconglomerates dadurch aus, dass die 
jüngeren Septen sich mit den älteren vereinigen. 

Der Polypenstock der hiesigen Species ist stets mit einer 
feinen, Firniss-ähnlichen Lage bedeckt. 


37. Leptophyllia recta n. sp. (Taf. VII. Fig. 7.) 


Polypenstock cylindrisch, gerade. Die Basis, mit der der- 
selbe fest gewachsen ist, fast ebenso breit wie der Kelch. Letz- 
terer fast kreisförmig. 56 ungleich grosse Septen (auf 2 Mm. 
kommen 4—5). Höhe 14 Mm.; Kelch-Durchmesser 8 Mm. 

“  Leptophyllia recta ist der L. sessilis sehr nahe verwandt. 
„Sie unterscheidet sich von ‚Ihr durch die geringere Anzahl der 
Septen. 

Vorkommen. Es lag ein Exemplar vor aus dem mitt- 

leren Hilsconglomerate von Agelnstedt (GROTRIAN). 


AT 


38. Deptophyllia Grotriani n. sp. (Taf. VII. Fig. 8.) 


Polypenstock mit breiter Basis fest gewachsen, nach oben 
rasch an Breite zunehmend. Kelch kreisförmig, etwas gewölbt. 
106 Septen, dicht gedrängt (auf 2 Mm. kommen 6). Septen 
des ersten und zweiten Cyclus frei, die anderen mit einander 
vereinigt. Höhe 7 Mm.; Kelch-Durchmesser 13 Mm.; Breite 
der Basis 9 Mm. 

Leptophyllia Grotriani unterscheidet sich von der L. Etur- 
bensis und Tombecki, mit denen sie durch ihre äussere Form 
grosse Aehnlichkeit besitzt, durch die geringere Anzahl der 
Septen. 

Vorkommen. Das einzige mir vorliegende Exemplar 
stammt aus dem mittleren Hilsconglomerate von Agelnstedt 
(GROTRIAN). 


39. Leptophyllia alta n. sp. (Taf. VII. Fig. 9.) 


Polypenstock eylindrisch - kegelförmig, mit kleiner Basis 
fest gewachsen, in seinem oberen Theile eine kreisföormige 
Anschwellung zeigend, die auf ein intermittirendes Wachsthum 
hinweist. Kelch kreisföormig, Kelch-Grube flach. 56 Septen 
(auf 2 Mm. kommen 4), sehr ungleich an Grösse. Höhe 26 Mm.; 
Kelch-Durchmesser 13 Mm. 

Die äussere Gestalt trennt diese Species leicht von den 
beiden vorhergehenden. 

Vorkommen. Es lag ein Exemplar vor aus dem mitt- 
leren Hilsconglomerate von Agelnstedt (GROTRIAN). 


40. Leptophyllia ? neocomiensis n. sp. 
(Taf. VII. Fig, 10.) 


Polypenstock mit ziemlich breiter Basis fest gewachsen. 
Rippen gleich dick, nur in der Nähe des Kelchrandes sichtbar. 
Kelch elliptisch. Kelch-Grube sehr flach. 70 Septen, von de- 
nen gegen 20 die Mitte erreichen ; die anderen vereinigen sich 
mit ihrer inneren Kante mit denselben (auf 2 Mm. kommen 4). 
Höhe 14 Mm.; grösserer Durchmesser des Kelches 19 Mm., klei- 
nerer 14 Mm.; Breite der Basis 9 Mm. Der elliptische Kelch 
trennt diese Species leicht von den vorhergehenden. Von der 
Leptophyllia poculum des französischen N&ocomien, mit der sie 
durch die äussere Gestalt grosse Aehnlichkeit besitzt, wird sie 
streng durch die geringere Anzahl der Septen unterschieden. 


€ 


472 
Vorkommen. Es lag ein Exemplar vor aus dem mitt- 
leren Hilsconglomerat von Agelnstedt (GROTRIAN). 
Bemerkung. Die Stellung dieser Species muss noch 
zweifelhaft bleiben, indem sich nicht darüber entscheiden lässt, 
ob die Kalkmasse, welche die Mitte des Kelches einnimmt, einer 
_Columella angehört oder nicht. | 


c. Fongidea. 
Familie: Anabacidae Fromenrt. 
Micrabacia M. Eow. u. Haıms. 
4]. Micrabacia senoniensis n. sp. (Taf. IX. Fig. 1.) 


Polypenstock halbkugelig; untere Fläche eben, mit dicht 
gedrängt stehenden, 2—3 mal getheilten, vom Mittelpunkte nach 
der Peripherie ausstrahlenden und hier mit den Septen alter- 
nirenden Rippen. Kelch kreisförmig, regelmässig gewölbt. 
Kelch-Grube eng, rund. Fünf Cyclen von dicht gedrängt ste- 
henden (auf 2 Mm. kommen 10) Septen in 6 Systemen voll- 
ständig entwickelt. Septen des ersten Cyclus gerade, fast 
gleich gross. Die Septen des dritten Oyclus neigen sich gegen 
' die des zweiten und vereinigen sich mit ihnen mit ihrer inneren 
Kante nicht weit von der Columella. Die Septen des vierten 
Cyclus sind etwas gekrümmt und zeigen ebenfalls das Bestre- 
ben, sich mit den vorhergehenden Cyclen zu vereinigen. Der 
fünfte Cyclus noch sehr deutlich entwickelt, gerade. Septalrand 
fein gekörnelt. Höhe 35 Mm.; Kelch-Durchmesser 6 Mm. 

Micrabacia senoniensis unterscheidet sich von der M. coro- 
nula durch die gleichmässige Wölbung des Kelches und die 
grössere Krümmung der Septen. Bei den meisten Exemplaren 
-der M. coronula sind die Septen in ihrem ganzen Verlaufe ge- 
rade; nur bei einem in der Sammlung des Herrn v. STROMBECK 
befindlichen Exemplare dieser Species. neigten sich die Septen 
des dritten Cyclus an ihrem innersten Ende gegen die des 
zweiten und vereinigten sich mit ihnen. 

Vorkommen. Die beiden vorliegenden Exemplare stam- 
men aus den oberen Senon-Schichten mit Delemnites quadra- 
tus von Gehrden und mit Bel. mucronatus von Lüneburg (Ror- 
MER, SCHLÖNBACH). 

Bemerkung. Das bei Lüneburg gefundene Exemplar 
gehört einem noch jungen Individuum an. Es besitzt eine 


473 


Höhe von- 22 Mm. und einen Kelch-Durchmesser von 4 Mm. 
‚ Sein fünfter Septen-Cycelus ist noch nicht ganz ausgebildet. 


Cyeclabacia n. g. 


Polypenstock einfach, frei, scheibenförmig, oben gewölbt, 
unten mehr oder weniger fach. Mauer durchbohrt. Die vom 
Mittelpunkte ausstrahlenden Rippen fein gekörnelt; die einzel- 
nen Körner zuweilen zu concentrischen Streifen mit einander 
verbunden. Rippen nicht am Rande mit den Septen alternirend, 
sondern unmittelbar in dieselben übergehend. Epithek fehlend. 
Septen des ersten und zweiten Cyclus gerade, die der anderen 
Cyelen mehr oder weniger gebogen und zum grossen Theil 
sich mit einander vereinigend. Septalrand gezähnt. Seitenflä- 
chen der Septen stark gekörnelt und in feine Spitzen ausgezogen, 
- die das Bestreben zeigen, sich mit denen der benachbarten Septen 
zu vereinigen. Columella stark entwickelt oder‘ rudimentär. 

Die Species, welche diese Gattung bilden, haben sich im 
oberen Senon der norddeutschen Kreide gefunden. 

Von Anabacia trennt diese Gattung das Vorhandensein 
einer durchbohrten Mauer, von Mierabacia trennen sie die nicht 
am Rande mit den Septen alternirenden Rippen. Letzterer Cha- 
rakter trennt sie auch von der Gattung Stephanophyllia. Fro- 
MENTEL führt in der von derselben gegebenen Diagnose (Introd. 
a l’Et. d. Polyp. foss. p. 242) ausdrücklich an, dass die Rippen 
den Zwischenräumen der Rippen entsprechen. 


42. Cyelabacia semiglobosa.n. sp. (Taf. IX. Fig. 2.) 


Halbkugelförmig. Unterseite schwach gewölbt. Kelch 
kreisformig. Kelch-Grube undeutlich. Fünf Cycelen von Septen 
in 6 Systemen vollständig entwickelt. Der erste und zweite 
Cyelus gleich gross, die Columella erreichend; der dritte Oyelus 
erreicht fast die Grösse der beiden vorhergehenden. Septen der 
ersten beiden Cyclen gerade; die der anderen gekrümmt und 
sich mit den benachbarten unregelmässig vereinigend. Septen 

- sehr. dieht gedrängt (auf 2 Mm. kommen 9). Columella stark 
entwickelt, hervorragend und aus hohlen, mit einander ver- 
schmolzenen Stäbchen bestehend. Ihr nach aussen hervorra- 
gendes Ende ist compakt, abgerundet, in die Länge gezogen 
und mit kleinen Warzen besetzt. Hohe 4 Mm.; Breite 7 Mm. 


Vorkommen. Es lagen 8 Exemplare vor aus dem obe- 
Zeits. d.d,geol.Ges. XVIIl. 3. 31 


474 


‚ren Senon, den Schichten mit Belemnites quadratus von Gehrden 
(Göttingen, ROEMER). 


"43. Cyclabacia stellifera n. sp. (Taf. IX. Fig. 3.) 


Halbkugelförmig. Unterseite etwas convex, besonders nach 
der Mitte zu, die als ein niedriger Kegel hervortritt. Ausser 
den vom Mittelpunkte nach der Peripherie ausstrahlenden Rip- 
pen zeigt die Unterseite noch eine starke, über jene hinweg- 
gehende, concentrische Streifung. Kelch kreisförmig, regel- 
mässig stark gewölbt.- Kelch-Grube sehr flach, etwas in die 
Länge gezogen. Fünf Cyclen von Septen vollständig in 6 
Systemen ausgebildet, ausserdem in der einen Hälfte eines 
Systemes die ersten Ordnungen eines sechsten Cyelus. Septen 
des ersten und zweiten Cyclus gerade, bis zur Columella rei- 
chend. Die Septen des ersten Oyclus bleiben allein frei; die 
sämmtlichen anderen Oyclen sind durch ihre inneren Kanten 
in allen Systemen auf ganz gleichmässige Weise vereinigt. 
Die Septen der dritten Ordnung krümmen sich gegen den zwei- 
ten Oyelus hin und vereinigen sich mit ihnen durch die innere 
Kante nicht weit von der Columella; die vierte und fünfte 
Ordnung vereinigt sich mit der dritten, die sechste mit der 
vierten, die siebente mit der fünften, die achte mit der vierten und 
die neunte wieder mit der fünften. Columella von aussen sicht- 
bar, jedoch nicht hervorragend, in die Länge gezogen. Durch- 
messer des Kelches 7 Mm., Höhe 3; Mm. 

Diese Species unterscheidet sich leicht von der vorhergehen- 
den schon durch die stark concentrische Streifung der Unterseite. 

Vorkommen. Es lagen 5 Exemplare vor aus dem 
oberen Senon, den Schichten mit Bel. mueronatus von Lüneburg, 
Ahlten und Rosenthal bei Peine (SCHLÖNBACH u. ÜREDNER). 

Bemerkungen. Jungere Exemplare zeichnen sich durch 
die stärkere Wolbung der Unterseite und etwas flachere der 
Oberseite aus. Bei dem kleinsten Exemplare von 2: Mm. 
Breite und 1 Mm. Höhe sind schon 4 Oyclen vollständig ent- 
wickelt. 


44. Cyclabacia Fromenteli n. sp. (Taf. IX. Fig. 4.) 


Halbkugelförmig; Unterseite horizontal oder flach concav. 
Kelch kreisförmig, regelmässig gewölbt. Kelch-Gruhe deutlich, 
eng, etwas in die Länge gezogen. 5 Cyclen vollständig in 


475 


6 Systemen entwickelt; Septen des ersten und zweiten Cyclus 
gleich gross, gerade; Septen der anderen Oyclen mehr oder 
weniger gebogen und sich meistens nur unregelmässig mit 
einander vereinigend. Septen dicht gedrängt (auf 2 Mm. kom- 
men acht bis neun). Columella rudimentär. Höhe 4 Mm.; 
Breite des Kelches 8; Mm. 

Diese Species unterscheidet sich von der Cyclabacia semi- 
globosa durch die rudimentäre Columella und von der (. stelli- 
era durch das Fehlen der concentrischen Streifung der Unter- 
seite. 

Vorkommen. Die 18 untersuchten Exemplare stammen 
aus dem oberen Senon: den Schichten mit Bel. quadratus von 
Gehrden, Haidberge und Teufelsmauer bei Quedlinburg (Göt- 
tingen, ÜREDNER, ROEMER, BECKMANN). 

Bemerkungen. Nur bei einem in der Sammlung des 
Herrn H. Rormer befindlichen Exemplare waren die Septen in 
den sechs Systemen ganz regelmässig in der Weise vereinigt, 
wie ich es bei der vorhergehenden Species beschrieben habe. 


B. Polyastraea Fromenr. 


Familie: Favidae Froment. 
Favia M. Eow. u. Haıme. 


45. Favia conferta FROoMENT. 


Favia conferta Froment., Descript. d. Polyp. foss. de l’et. n&oc. p. 36, 
t. 3, f. 10 u. 11. 1857. 
Favia conferta Fromenr., Introd. & Et. d. Polyp. foss. p. 173. 1858—61. 
Polypenstock nach oben rasch an Breite zunehmend, mit 
convexer Oberfläche und kleiner Basis. Kelche dicht gedrängt, 
polygonal. Eine feine Furche zwischen den Kelchen zeigt an, 
dass die Mauern nicht unmittelbar mit einander verschmolzen 
sind. Kelch-Grube flach. 50—56 Septen. Dieselben stehen 
dicht gedrängt (auf ] Mm. kommen vier), sind gleich stark; 
“ die jüngeren vereinigen sich mit ihrer inneren Kante mit den 
- älteren. Querleisten zahlreich. Columella schwammig. Kelch- 
Durchmesser .5—6 Mm. Höhe des Polypenstockes 8—10 Mm. 
Vorkommen. Es lagen 2 Exemplare vor aus dem 
mittleren Hilsconglomeräte von Apelnstedt (GROTRIAN). 
Bemerkungen. Die Exemplare, die FROMENTEL aus 
dem französischen N6&ocomien von Gy l’Eveque vorlagen, be- 


3l* 


476 


sitzen einen Polypenstock von 20 Mm. Höhe. In ihren 5 Mm. 
breiten Kelchen sind 42-48 Septen entwickelt. 


Familie: Oeulinidae FromenTt. 
Synhelia M. Eow. u. Hame. 
46. Synhelia Meyeri Koch u. Dunck. sp. 


Synhelia Meyeri Koch u. Dunck., Beitr. z. Kenntn. d. nordd. Ool. p. 55, 
1. 0..1°14.41837 
Lithodendron Meyeri A. Rorm., Verst. d. nordd. Kreide. p. 113. 1840. 
Synhelia Meyeri M. Evw. u, Haıne, Hist. nat. d. Corall. T. H. p. 115. 1857. 
Synhelia Meyeri Froment., Intr. a PEt. d. Polyp. foss. p.176. 1858—61. 
Polypenstock ästig; die einzelnen Aeste cylindrisch, dünn. 
Kelche mit erhabenen Rändern über das sie trennende com- 
pakte Cönenchym hervorragend, weit getrennt, kreisförmig. 
Kelch-Grube tief. Cönenchym fein längsgestreift, bei abgerie- 
benen Exemplaren fein warzig. 3 Septen-Cyclen scheinen 
entwickelt zu sein. Kelch-Durchmesser 1!—2 Mm. 
Vorkommen. Die 6 untersuchten Exemplare stammen 
aus dem oberen Hilsconglomerate des Elligser-Brink bei Deli- 
ligsen (RoEMER). 


Familie: Stylinidae Fromenrt, 
Holocoenia M. Eow. u. Haıne. 
47. Holocoenia micrantha RoEnM. Sp. 


Astraea micrantha A. Rorm., Verst. d. nordd. Kreide. p. 113, t. 16, f. 27. 
1840. 

Synastraea micrantha u. Centrastraea collinaria, microphyllia u. excavata 
»’Ore., Prodr. d. paleont. T. II. p.93 u. 94. 1850. 

Holocoenia micrantha M. Eow. u. Haıms, Brit. foss. Corals. p. 59. 1851. 

Holocoenia micrantha u. collinaria Fromsnt., Descript. d. Polyp. foss. 
de l’et. neoc. p. 53 u. 54, t. 7, f. 9-10. 1857. 

Holocoenia micrantha u. Thamnastraea? collinaria, microphyllia u. ex- 
caxata M. Eow. u. Haınz, Hist. nat. d. Corall. T.II. p. 289 u. p. 583. 
1857, 

Holocoenia micrantha u. collinaria Froment., Introd. & PEt. da. Polyp. 
foss. p. 200. 1858—61. 


Polypenstock nach oben sich stark ausbreitend mit 
mässig convexer oder ebener Oberfläche. . Ein dickes, deutlich 
quergefaltetes Epithek umgiebt den ganzen Stock. Kelch kreis- 
' förmig. Kelch-Grube eng. 20 Septen, gerade, sich mit denen 
der benachbarten Kelche vereinigend. Zehn derselben sind 
gleich gross und erreichen fast die Columella; die anderen 


j 477 


zwischen sie eingeschobenen Septen sind nur halb so gross. 
Columella griffelförmig, stark entwickelt; ihr oberes Ende ab- 
gerundet. Kelch-Durchmesser 1; Mm. 

Vorkommen. Es lagen 7 Exemplare vor aus dem 
mittleren Hilsconglomerate von Apelustedt (Grorrıan). Nach 
A. RoEMER findet sich diese Species auch bei Berklingen. 

Bemerkungen. Zuerst von A. RoEMER als Astraea 
micrantha beschrieben, wurde diese Species im Jahre 1851 von 
M. Epwaprs und Haımz zum Typus ihrer neuen Gattung Ho- 
locoenia erhoben, die sich von den nahverwandten Tham- 
nastraeen durch den ungezähnten Septal-Rand unterscheidet. 
Ein Jahr vorher hatte D’ORBIGNY seine Centrastraea collinaria, 
microphyllia und excavata aufgestellt. FROMENTEL wies nach, 
dass letztere beiden Species mit der ersteren identisch seien, 
und beschrieb sie unter dem Namen Holocoenia collinaria. 
Seine von derselben gegebene Beschreibung stimmt jedoch 
vollständig überein :mit den mir vorliegenden Exemplaren der 
Holocoenia micrantha, so dass beide Species als identisch an- 
zusehen sind. 

Unter den Korallen des französischen Ne&ocomien, die ich 
der gütigen Mittheilung des Herrn U. ScHaLöngacH verdanke, 
befinden sich 3 Exemplare der H. micrantha. Sie haben sich 
bei Gy l’Ereque und Marolles (Aube) gefunden. Abgerollte 
Exemplare dieser Species, bei denen die polygonalen, dicken 
Keleh-Mauern deutlich zum Vorschein kommen, können leicht 
irrthumlicher Weise zu der Gattung Astrocoenia gestellt werden. 


Familie: Astraeidae FRronenrt. 
Dimorphastraea M. Eow. u. Hiıne. 
48. Dimorphastraea vario-septalis.n. sp. 


(Taf. IX. Fig. 56). 


Polypenstock auf mehr oder weniger langem Stiele mit 
kleiner Basis festgewachsen, oben sehr rasch an Breite zu- 
nehmend, mit gewölbter Oberfläche. Hauptkelch 6—9 Mm. 
breit mit 42 — 70 Septen, mehr oder weniger geschlängelt. 
Die 6 Hauptsepten sind frei in ihrer ganzen Ausdehnung; alle 
anderen sind sehr ungleich und bündelweise mit einander ver- 
einigt. Die kleineren Kelche 4—5 Mm. breit mit 20 bis 
32 Septen, meistens concentrisch um den Hauptkelch . an- 
geordnet. Columella deutlich entwickelt, papillös. Seiten- 


478 


flächen der Septen in zahlreiche, konische Spitzen ausgezogen, 
die sich mit den benachbarten zu Querbälkchen oft vereinigen. | 
Eine Firniss-ähnliche Schicht umhüllt den ganzen Stock. 

Es lassen sich zwei Varietäten bei dieser Species unter- 
scheiden, die in ihren Extremen leicht getrennt werden kön- 
nen, jedoch durch vielfache Uebergänge mit einander verbun- 
den sind. Bei der ersten Varietät sind 42—54 Septen in dem 
Hauptkelche vorhanden; auf 2 Mm. kommen vier bis fünf; bei 
der zweiten besitzt der grosse Kelch 60-—-70 Septen, sechs 
kommen auf 2 Mm. 

Dimorphastraea vario -septalis unterscheidet sich von der 
D. grandiflora und excelsa durch den kleineren Hauptkelch. Bei 
D. bellula enthält letzterer weniger Septen; bei D. explanata 
sind die kleineren Kelche grösser. 

Vorkommen. Es lagen 32 Exemplare vor aus dem 
mittleren Hilsconglomerate von Apelnstedt (GROTRIAN). 

Bemerkungen. Die kleineren Kelche bilden sich zu 
sehr verschiedenen Zeiten nach einander um den Hauptkelch 
herum. So zeigt das eine Exemplar von 17 Mm. Breite nur 
einen Kelch, zwei andere von derselben Breite sechs und 
sieben. 

Eine grosse Anzahl von -Exemplaren lagen mir vor, bei 
denen sich gar keine neuen Kelche um das Mutter-Individuum 
herum gebildet haben. Das kleinste derselben enthält bei 
einem Durchmesser von ll Mm. 78, das grösste bei einer 
Breite von 17 Mm. 122 Septen. 


49. Dimorphastraea tenuiseptalis n. sp. (Taf. IX. Fig. 7.) 


Polypenstock mit sehr kleiner Basis fest gewachsen, sehr 
rasch an Breite zunehmend. Oberfläche eben. Hauptkelch 8 
oder 12 Mm. breit; im ersteren Falle mit 80, im letzteren mit 
95 Septen. Dieselben sind gleich stark, dünn, dicht gedrängt (auf 
2 Mm. kommen 6—7). Die 6 Hauptsepten sind allein frei, 
die anderen mit einander durch ihre inneren Kanten vereinigt. 
Die kleineren Kelche 3—4 Mm. breit mit 19— 27 Septen. In dem 
grösseren Exemplare stehen um den Centralkelch 10 kleinere 
angeordnet, ziemlich dicht gedrängt. Ausser diesem Kreise sind 
noch 3 andere, concentrisch um den Hauptkelch angeordnete 
Kreise von kleineren Kelchen vorhanden. Die Entfernung zwi- 
schen den Kelcheentren je zweier solcher Kreise beträgt 6 Mm, 


479 


Die Seitenflächen der Septen sind in zahlreiche, konische Spitzen 
ausgezogen. Eine Columella scheint zu fehlen. Eine Firniss- 
ähnliche Schicht umhüllt den ganzen Stock. 

Höhe des grösseren Exemplares 12 Mm., Breite 38 Mm. 

Dimorphastraea. tenuiseptalis unterscheidet sich von der vor- 
hergehenden durch die grössere Anzahl der Septen des Haupt- 
kelches. D. cupuliformis, excelsa und grandiflora, bei denen im 
Hauptkelch ungefähr dieselbe Anzahl von Septen entwickelt 
ist, trennen sich von ihr leicht durch den grösseren Durch- 
messer der kleinen Kelche. 

Vorkommen. Es lagen 2 Exemplare vor aus dem 
mittleren Hilsconglomerate von Apelnstedt (GROTRIAN). 


50. Dimorphastraea Edwardsi.n. sp. (Taf. IX. Fig. 8.) 


Polypenstock sehr rasch an Breite zunehmend, mit stark 
gewölbter Oberfläche. Hauptkelch 16 Mm. breit mit 67 Septen. 
Letztere sind dick (auf 3 Mm. kommen 5), sehr ungleich an 
Grösse; die jüngeren vereinigen sich mit den älteren. Um den 
Haupikelch stehen 9 kleinere Kelche. - Sie sind 6 Mm. breit 
und enthalten 25 - 30. Septen. Columella deutlich entwickelt, 
papillös. Höhe des Stockes 12 Mm. | 

Dimorphastraeas Edwardsi unterscheidet sich von den bei- 
den vorhergehenden Species leicht durch die grössere Breite 
der kleineren Kelche. Nahe verwandt sind ihr die D. excelsa 
und grandiflora des französischen Neocom. Die erstere unter- 
scheidet sich durch die fast gleichen Septen des Hauptkelches- 
und die letztere durch die geringere Anzahl der Septen in den 
kleineren Kelchen. 

Vorkommen. Das einzige vorliegende Exemplar stammt 
aus dem Hilsconglomerate (wahrscheinlich mittleren) von Berk- 
lingen (RoEuer). 


Zum Schluss der Beschreibung der einzelnen Species muss 
ich einige Korallen erwähnen, die ausserdem noch aus der 
norddeutschen Jura- und Kreideformation aufgeführt werden, über 
deren Stellung im Systeme ich nach den vorliegenden Beschrei- 
bungen oder Exemplaren nur ein ganz unbestimmtes Urtheil 
gewinnen konnte. Das Vorkommen von mehreren dieser Species 
in Norddeutschland muss noch sehr bezweifelt werden. 


480 

Aus dem Jura sind anzuführen: 

Anthophyllum sessile Rom. (Verst. d. nordd. Ool. 
p. 20, t. 1, f. 7). Was für eine Montlivaultia unter diesem 
Namen verstanden wird, lässt sich nicht entscheiden. Jeden- 
falls ist sie nicht identisch mit der oben beschriebenen Montli- 
vaultia sessilis; von derselben unterscheidet sie sich nach den 
gegebenen Beschreibungen und Abbildungen durch das höher 
hinaufreichende Epithek. Sie soll sich in der Korallenbank 
des Lindner-Berges und den Heersumer Schichten von Heer- 
sum gefunden haben. 

Lithodendron stellariaeforme ZENK. (Nova act. nat. 
curios. Bd. 17, Th. 1, p. 387, t. 28, f. 1). Wie schon MicnE 
EpwaArps und Haıme vermutheten, gehört diese Koralle wahr- 
scheinlich zur Gattung Goniocora. Nach der Beschreibung von 
ZENKER gäbeln sich die einzelnen Aeste unter einem sehr 
spitzen Winkel. Die Oberfläche wird von zarten, erhabenen 
und glatten Streifen der Länge nach durchzogen. 12 Septen 
sind ausgebildet. Sie soll sich im Lias (in calce gryphitica) 
vom Speckenbrink finden. 

Maeandrina astroides und Astraea confluens Roen. 
(Verst. d. nordd. Ool. p. 21 u. 22). Die Rormer’schen Ori- 
 ginal-Exemplare, die ich zu untersuchen Gelegenheit hatte, wa- 
ren in einem so schlechten Erhaltungszustande, dass sich we- 
der Gattung, noch Species mit einiger Gewissheit bestimmen 
liess. Sie haben sich gefunden in der Korallenbank des Lind- 
ner-Berges. 

Astraea cristata Rorm. (Nachtr. zu Verst. d. nordd. 
Ool. p. 15) aus der Korallenbank von Heersum. 

Astraea formosa Ron. (Nachtr. zu Verst. d. nordd. Ool. 
p. 16) aus der Nerineen-Bank vom Knebel bei Uppen unweit 
Hildesheim. 

Astraea limbata Rokm. Sersr. d. nordd. Ool. p. 23) 
aus der Korallenbank des Lindner-Berges ist nach der von ihm 
gegebenen Beschreibung nicht identisch mit der oben beschrie- 
benen Stylina limbata. Sie unterscheidet sich von letzterer 
durch die Ausbildung der Septen in 8 Systemen. | 

Astraea sexradiata Rorm. (Verst. d. nordd. Ool. p. 23) 
aus der Korallenbank des Lindner-Berges. 

Anomophyllium Münsteri RoEn. (Verst. d. nordd. Ool. 
p. 21, t. 1, £. 6). Durch die Untersuchung der Roruer’schen 


481 

Original-Exemplare bin ich in den Stand gesetzt, die von 
MıLn& EpwaArps und HaımE ausgesprochene Ansicht, dass das- 
selbe zu den Zoantharia perforata zu stellen sei, zu bestätigen. 
Im Uebrigen ist dasselbe so stark abgerieben, dass man nicht 
mehr entscheiden kann, mit welchen Formen es am nächsten 
verwandt ist. Auf dasselbe hin lässt sich keine neue Species, 
viel weniger noch eine neue Gattung begründen. 

Aus.der Kreide sind noch anzuführen: 

Turbinolia centralis Rorm. (Verst. d. nordd. Kreideg. 
p: 26). ‘Von dieser Species kenne ich kein einziges Exemplar 
aus der norddeutschen Kreide. Die von RoEMER gegebene Be- 
schreibung ist vollständig ungenügend. Sie lässt sich auf sammt- 
liche Species der Gattung Parasmilia und Coelosmilia anwen- 
den, die ich oben beschrieben habe. 

Turbinolia conulus GisBEL (Zeit. f. Zool., Zoot. und 
Paläoz. p. 9) aus dem lockeren Sande an der Steinholzmuhle 
bei Quedlinburg (wahrscheinlich Tourtia). | 

Anthophyllum explanatum Rorm. (Nachtr. zu Verst. 
e hordd. O0l. pp. 15, 1.17, 8.27 u Verst!"dnordd. ’Kreid. 
p- 26). Diese von RoEmER aus dem Hilsconglomerate von 
Schandelah und Schöppenstedt beschriebene Koralle ist ein 
einfacher Polypenstock von niedrig kreiselförmiger Gestalt, mit 
 'stark gewölbter‘ Oberfläche und mehrfach dichotomen, zahlrei- 
chen, gekörnten Septen. Der Kelch-Durchmesser beträgt 1 Zoll. 
Sie gehört sehr wahrscheinlich zu der Gattung Leptophyllia; 
sie scheint der oben beschriebenen ZDeptophyllia Grotriani nahe 
verwandt zu sein. 

Lithodendron gibbosum GisBEL (Zeit. f. Zool., Zoot. 
u. Paläoz. p. 10) von der Steinholzmühle bei Quedlinburg. 

Lithodendron similis GieBEL (Zeit. f. Zool., Zoot. u. 
Paläoz. p. 10). Diese von der Steinholzmühle bei Quedlinburg 
beschriebene Species gehört vielleicht zur Gattung Synhelia. 
Die gegebene Beschreibung ist nach stark abgeriebenen Exem- 
plaren geliefert. 

Astraea Leunisii Rom. (Verst. der Kreide p. 113, t. 16, 
f. 26) aus dem Hilsconglomerat von Berklingen mit 16 dicken, 
fast geraden Septen. Diese von RoEMER aufgestellte Species 
gehört wahrscheinlich zur Gattung Thamnastraea. 

Fungia coronula GiEBEL (Zeit. f. Zool., Zoot. u. Pa- 
laoz. p. 10) von der Steinholzmühle bei Quedlinburg. 


482 


Fungia obliqua Gisseu (Zeit. f. Zool., Zoot. u. Paläoz. 
p. 10) von der Steinholzmühle bei Quedlinburg. Nach Gizger’s 
Beschreibung soll sich diese von ihm aufgestellte Species von 
der vorhergehenden durch die niedergedrückt kegelförmige 
Gestalt mit nicht mittelständigem Scheitel unterscheiden, _ Die 
Septen sollen schon am Scheitel regelmässig dichotomiren. 

Dieser letztere Charakter weist auf eine Verwandtschaft 
mit Species der Gattungen Cyclabacia und Stephanophyllia hin. 


Werbreitung der Korallen in den verschiedenen 
Formationsgliedern der norddeutschen Jura- und 
Mreideformation. 


In der folgenden Tabelle habe ich alle Species, von de- 
nen bei vorliegenden Exemplaren oben genauere Beschreibun- 
gen geliefert sind, noch einmal übersichtlich zusammengestellt 
mit Angabe ihrer vertikalen Verbreitung in den Schichten der. 
norddeutschen Jura- und Kreideformation. Ausserdem ist in 
der letzten Columne ihr hauptsächlichstes anderweitiges Vor- 
kommen. kurz angeführt. Für Frankreich und England habe 
ich dabei ohne Ausnahme die Angaben von :FROMENTEL und 
für Deutschland zuverlässige Citate anderer Paläontologen be- 
nutzt. Beim Jura ist die Eintheilung desselben nach Herrn v. SEE- 
BACH und bei der Kreide die nach Herrn v. STROMBECK zu Grunde 
gelegt. Das Zeichen 7 bedeutet, dass das Vorkommen der 
Species unzweifelhaft ist, 7? soll anzeigen, dass mir Exem- 
plare vorlagen, deren Auftreten in der betreffenden Schicht 
nicht absolut gewiss, aber sehr wahrscheinlich ist. Mit ? will 
ich bezeichnen, dass das Vorkommen sich auf die Angabe 
eines fremden Autors stützt. 


483 


Korallen des Jura. 


Jr 
N 
als ınla=1.2|9 
SS ,18#=[3% 
sale 22123 
Ss'S5/2821519 
Sr See ee 9 
: &ı8|2]5]8|3|@ 
SS So MIMIz A 
1. Theeoeyathus macira GoLnwF sp. |- |T Ahle Zone des Am. jurensis u. opalinus 
| ; in Würtemberg. — Et. toarcien von 
an Avallon, Besangon etc. in Frankreich. 
2. Th. tintinnabulum GoLpF. sp. hr Zone des Am. jurensis in Würtem- 
berg. — Et. toareien von Mendes in 
Frankreich. 
3. Montlivaultia subdispar From. T|+|- _Nattheimer Coralrag. — Et..coral- 
al: lien: Charcenne, Champlitte in Frank- 
en | reich und Malton in England. 
4.M. ? sessilis Münsr. sp Far; Thurnau im Bayreuthischen. 
MM. brevis n: sp. . - SUSE BB SE ISE is 
6.M. turbinata? Münst, spe Se N are Nattheimer Coralrag. 
MM. ? excavata Rorn. sp. ee . 
8.M. obesa n. sp. u r 
9, Bi Deckoloma Ser Nattheimer Coralrag. — Et. coral- 
R e& ; ; > n 2 Te i . lien von Champlitte in Frankreich. 
adophyllia ? nana Rorn. SP RT : 
11. Cl. grandis n. sp. . 1’ i . 
12. Goniocora socialis Rosen, sp. . . ü T Et. corallien: Steeple Ashton in 
England. 
13. Latimaeandra plicataGoLDr. sp. |» ? | Esel Nattheimer Coralr ag. 
14. Stylina limbata Goupr. sp. . |- tretn ; |  Nattheimer Coralvag. 
15. St. Labechet M. Eow.u. Hammer |. -|Tj* | |» }  Nattheimer Coralrag. — Et. coral- 
| | lien von Belfort in. Frankreich und 
Steeple Ashton in England. 
16. Thamnastraea concinna GoLDr. ß | '  Nattheimer Coralrag. — Et. coral- 
ESD- . |tIr|: |. | lien von Charcenne, Champlitte etc. 
| in Frankreich und Steeple Ashton 
etc. in England. 
1. Th. Armbrusti n. sp. ar + 2 
18. Th. Credneri n. sp. ER + 
19. Th)? dimorpha n. sp. au ” 
Wiraea helianthoides Gounr. Nattheimer Coralrag. — Et. coral- 
Sp. ?IT - | lien von Nantua, Tonnerre etc. in 
Frankreich. 
2. Isastr. Goldfussiana D’Ors. sp. #1: j* |» | Nattheimer Coralrag. 
2, Er Koechlini M. Eow. u. Et. corallien von Oltingen in Frank- 
. AIME TI- |» reich. 
3. Plerastraca ? tenuicostata n. sp. des golden 
U. Astrocoenia nn Heam. 
Cren. . 1 Be&bssrheh 
BMierosolena Roemeri n. sp. +|. | Re 


90. 


. Caryophyllia a acea 


d ige ? cenomaniensis 


. Coelosmilia minima n. sp. 
C: 

. C. cupuliformis Reuss . 

» C. Sacheri Rruss 

. Parasmilia cylindrica M, Eow. 


:P. GravesianaM. Bo u. Home 


.P. laticostata n. sp. 
.P. conica n. 3 
. Brevismilia conica Roc 


. Leptophyllia recta n. sp. 

.L. Grotriani n. sp. 

.L. alta.n. sp. ; 

.L. ? neocomiensis n. sp. 

. Micrabacia senoniensis n. sp. 
. Cyclabacia semiglobosa n. sp. 
. C. stellifera n. sp. 

. C. Fromenteli n. sp. 

. Favia conferta FRoMEnT. 


. Synhelia Meyeri Koca u.Dunck. 
. Holocoenia micrantha Rorn.sp. 
. Dimorphastraea ge 


49. 


484 


Korallen der Kreide. 


Rom. Sp: . . . 


n. sp. 


laxa M. Eow. u. Hatte 


u. Haıme 


Sp. Bu 
sp. 


n. sp. e. 
D. tenui-septalis n. Sp. 
D. Edwardsi n. sp. 


Neocom 
_ . 
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n © 2 
25 Dee 
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a SS Ü 
2225 
=3035 
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+ 
+ 
+ 
+ 
+ 
er 


Ceno- 
man 


Unterer Pläner mit 
Am. varians. 


++ 


Ober- 
Senon 


Schichten mit. 
Bel. mucronatus. 


Schichten mit 
Bel. quadratus. 


| 


[ 
unbestimmt, 


+ 

+ 
Eee 
+ les 
A 
E E 
Fi 
ei: 


DO — . 


. . . . . . . . . . - 
De nn nl Be See nn u cc... .200 2 30 120. 1. a 


Senon: Bilin und Weisskirch- 
litz in Böhmen — Nehou in 
Frankreich — Dinton in = 
land. “ 


A 


$ 
Senon: Norwich in England, 
Senon-von Lemberg (Schich- 
ten mit Bel. mueronatus.) 
Senon: Westphalen und Nor. 
wich, 
Senon: Chalons-sur- Marne 
und Beauvais in Frankreich. | 


Neocom: Saint - Dizier ? in 
Frankreich. 


Neocom: Gy I’Eveque in 
Frankreich. 
Neocom: Saint-Dizier ? in 
Frankreich. 
Neocom: Gy l’Evöque, Ma- 
rolles etc, in Frankreich. 


485 


Aus der Tabelle ersieht man, dass von den 50 aufgeführ- 
ten Species 26 sich bis jetzt nur in Norddeutschland gefunden 
haben. Von denselben gehören 11 dem Jura und 15 der Kreide 
an. Die anderen besitzen eine mehr oder weniger grosse hori- 
zontale Verbreitung. Ich möchte hier besonders auf ein Factum 
noch die Aufmersamkeit lenken, nämlich auf die Identität von 
9 Species der norddeutschen Korallenschichten und des Natt- 
heimer Coralrag, und zwar von Arten, die hauptsächlich zur 
Bildung dieser nord- und süddeutschen Korallenriffe beigetragen 
zu haben scheinen. Es sind: Montlivaultia subdispar FROMENT., 
M. turbinata? MvnstT. sp., Thecosmilia trichotoma GOLDF. Sp., 
Latimaeandra plicata GOoLDF. sp., Stylina limbata GOLDF. sp., 
St. Labechei M. Evw. u.Harue, Thamnastraea concinna GoLDF. sp., 
Isastraea helianthoides GoLDF. sp., Isastr. Goldfussiana D'ORB. 
sp. Dies scheint darauf hinzuweisen, dass diese nord- und süd- 
deutschen Korallenriffie sich unter gleichen oder wenigstens 
ähnlichen Verhältnissen gebildet haben. 


Erklärnng der Abbildungen auf Tafel VIl., VI. und I. 


Tafel VII. 
Fig. 1. Montlivaultia -brevis n. sp. Seitenansicht; nat. Grösse. — Ko- 
rallenbank; Lindner-Berg. 
- 2. Montlivaultia obesa n. sp. Seitenansicht; nat. Grösse. — Schich- 


ten mit Pieroceras Oceani; Lindner-Berg. 

- 8. Latimaeandra plicata M. Eow. u. Haıme. Seitenansicht; nat. 
Grösse. — Korallenbank; Lindner-Berg. 

- 4. Thamnastraea dimorpha n. sp. a. Seitenansicht; 3/, nat. Grösse. 


b. Ansicht von oben; ®/, nat. Grösse. — Schichten mit Piero- 
ceras Oceani; Lindner-Berg. 
- 5. Dieselbe. Seitenansicht; nat. Grösse. — Ebendaher. 
Tafel VII. 


Fig. 1. Coelosmilia_minima n.sp. a. Seitenansicht in natürlicher Grösse. 
b. Vergrössert. — Unterer Pläner mit Ammonites varians; 
Kothwelle bei Salzgitter. 

- 2. Parasmilia cylindrica M. Eow. u. Haıme. Seitenansicht; nat. 


Grösse. — Oberes Senon; Ahlten. 

- 3. Dieselbe. Seitenansicht; schwach vergrössert. — Ebendaher. 

- 4. Parasmilia Gravesiana M.Epw. u. Haıme. Seitenansicht; schwach 
vergrössert. — Oberes Senon; Ahlten. 


- 5. Parasmilia laticostata n.sp,. Seitenansicht; nat. Grösse, — Oberes 
Senon mit Belemnites quadratus; zwischen Andern und Ahlten. 


Fig. 6. 
RT 
-..8 
ER 
- 10. 

Fig. 1. 
U: 
Sn, 
= ni, 
ED, 
-..6. 
SERIE 
cr 


486 


Parasmilia conica n. sp. Seitenansicht. (2/, n. Gr.) — Obe- 
res Senon mit Belemnites quadratus; Sudmerberg. 
Leptophyllia recta n.sp. &. Seitenansicht; schwach vergrössert. 
b. Ansicht von oben. (?/, n. Gr.) — Mittleres Hilsconglome- 
rat; Apelnstedt. ; 

Leptophyllia Grotriani n. sp. a. Seitenansicht; nat. Grösse. 
b. Ansicht von oben. (?/, n. Gr.) — Ebendaher. 
Leptophyllia alta n. sp. a. Seitenansicht; schwach vergrössert. 


b. Vergrösserte Ansicht von oben. — Ebendaher. 

Leptophyllia ? neocomiensis n. sp. a. Seitenansicht; nat. Grösse. 

b. Vergrösserte Ansicht von oben. — Ebendaher. | 
Tafel IX. 


Micrabacia senoniensis n. sp. Seitenansicht. (?/, n. Gr.) — 
Oberes Senon mit Belemnites quadratus; Gehrden. 

Cyclabacia semiglobosa n. sp. Ein Stück des Vertikalschnittes, 
die Columella und die mit Warzen bedeckten Seitenflächen der 
Septen zeigend. (?/, n. Gr.) Oberes Senon mit Belemnites 
quadratus; Gehrden. 3 
Cyclabacia stellifera n. sp. a. Seitenansicht in natürlicher 
Grösse. b. Vergrössert. c. Unterseite vergrössert. — Oberes 
Senon mit Belemnites mucronatus; Ahlten. 

Cyclabacia Fromenteli n. sp. Unterseite. (*/, n. Gr,) — Obe- 
res Senon mit Belemnites quadraius; Gehrden. 
Dimorphastraea vario-seplalis n. sp. Erste Varietät. a. Seiten- 
ansicht; nat. Grösse. b. Ansicht von oben; schwach ver- 
grössert. — Mittleres Hilsconglomerat; Apelnstedt. 

Dieselbe. Zweite Varietät. Ansicht von oben. (?/, n.Gr.) — 
Ebendaher. : 

Dimorphastraea tenuiseptalis n. sp. Ansicht von oben. (?/, n. 
Gr.) — Ebendaher. 

Dimorphasiraea Edwardsi. Ansicht von oben; nat. Grösse. — 
Hilsconglomerat von Berklingen. 


Nachtrag. 


Da, wie ich leider erst nachträglich gefunden habe, der 
Name Montlivaultia brevis (Taf. VII. Fig. 1) schon für eine 
- Species aus der Tertiärformation von Sinde in Vorder -Indien 
vergeben ist, so ändere ich denselben in Montlivaultia Strom- 


becki um. 


- 487 


5. Mineralogisch - geognostische Fragmente aus Italien. 


Von Herrn G. vom Raıs ın Bonn. 


Hierzu Tafel X, XI, XI. 


Erster Theil. 2 
I. Rom und die Römische Campagna. 


In Rom, wo seit zwei und einem halben Jahrtausend die 
Menschen so ausserordentliche Thaten und Werke ausgeführt, 
ist es für den Naturforscher nicht ganz leicht, seine Erinne- 
rung und Beobachtung von jenen Thaten der Menschheit und 
jenen ewigen Denkmälern der Kunst abzulenken und die na- 
türliche Beschaffenheit des Bodens zu erforschen, welcher zum 
Schauplatze so grosser Ereignisse bestimmt war. Und doch 
verdient Roms Lage und Umgebung in ausgezeichnetem Grade 
das Interesse des Geognosten; denn hier ist ein Gebiet gross- 
artiger und mannichfaltiger vulkanischer Thätigkeit, deren Pro- 
dukte den weiten Raum erfüllen zwischen dem Appennin und 
dem Tyrrhenischen Meere und von der Toskanischen Grenze 
bis zu den Pontinischen Sumpfen und dem Lande der alten Her- 
niker. Dies Römische Vulkangebiet wird durch die vulkani- 
schen Punkte von Tiechiena und Pofi im Sacco-Thale mit dem 
Neapolitanischen Gebiete verbunden. 

Roms nähere Umgebung bildet die vielfach geschilderte 
Campagna; es liegt die Stadt mit ihren zweihundert Tausend 
Bewohnern, eine Welthauptstadt, inmitten eines fruchtbaren, 
menschenleeren, nur zum kleinsten Theile angebauten Gebiets, 
welches sich meilenweit in jeder Richtung ausdehnt: gegen 
Nordost und Ost bis zu den Appenninen, gegen Sudost bis 
zum Albaner-Gebirge, in nordwestlicher Richtung bis zu den 
Bergen von Bracciano und gegen Sud und West bis an das 
Meer. Die Campagna ist eine breitwellige Ebene, deren Ge- 
staltung bedingt wird theils durch breite, sanfte Hebungen 
und Senkungen des Bodens, theils durch Erosionsthäler, wel- 
che in grosser Zahl den lockeren: Boden zerschneiden und 


488 


ihre geognostische Beschaffenheit blosslegen. Unter diesen 
Thälern ist vor allen dasjenige der Tiber zu nennen, dann 
das Thal des Aniene, welcher sich oberhalb Roms mit der 
Tiber verbindet. Die Tiber, nachdem sie nahe der Stadt Or- 
vieto aus einer Appenninen-Spalte hervorgebrochen und mit 
der Paglia vereinigt ihren Lauf gegen Sudost genommen, bildet 
auf einer Strecke von 40 Miglien (deren 60 auf einen Grad), 
hart am Fusse der Appenninen hinfliessend, die Begrenzung 
des vulkanischen Gebiets. Nahe dem südöstlichen Fusse des 
Monte S. Oreste, des alten Soracte, wendet der Strom seinen 
Lauf gegen Sud und Südwest und durchschneidet der Breite 
nach das vulkanische Gebiet. Das Tiberthal, welches im 
Durchschnitt wenig mehr als 100 Fuss unter die wellige Cam- 
pagna-Fläche eingesenkt ist, hat eine völlig ebene Sohle, deren 
Breite zwischen einer und fünf Miglien beträgt. In dieser 
Ebene beschreibt der Strom einen vielgewundenen Lauf, so 
dass er bald das rechte, bald das linke Gehänge beruhrt. Ober- 
halb Roms beträgt die Breite der Thalsohle durchschnittlich 
2* Miglien; an der Einmündung des Aniene verengt sich die- 
selbe auf 1}. Bei der Porta del Popolo ist die Tiberebene 
1- Miglie breit und zieht sich im unteren Theile des Stadtgebiets 
noch mehr zusammen, so dass sie bei der Kirche S. Paolo 
kaum eine Miglie misst. Weiter hinab erweitert sich dann das 
Thal schnell. Bei Ponte Galera, noch 7 bis 8 Miglien vom Meere 
entfernt, treten die Thalgehänge weit aus einander und lassen 
Raum für das alte Mündungsdelta des Stroms, welcher jetzt 
auf einer weit vorgeschobenen Landspitze seine gelben Fluthen 
mit dem Meere vereinigt. Die Gehänge des Tiberthals sind 
meist steil, zuweilen jah absturzend. Häufig vermitteln mannich- 
fach verzweigte Schluchten und isolirte Vorhöhen den Ueber- 
gang von der Thalebene zu dem Plateau der Campagna. Nir- 
gends im Tiberthale auf der Strecke, wo dasselbe das vul- 
kanische Gebiet durchschneidet, ist die Gestaltung des Bodens 
mannichfaltiger als auf dem Raume, den die weit gedehnten 
Mauern Roms umziehen. Die Höhen der rechten Tiberseite 
überragen bedeutend die linkseitigen Hügel, welche letztere theils 
als Ausläufer des Plateaus, theils isolirt sich aus der Thal- 
ebene erheben. Vorspringende Theile der Tuffhochebene sind: 
der M. Pinecio, Quirinal, Viminal, Esquilin, Celio und der falsche 
Aventin. Isolirt erheben sich aus der Thalsohle als Reste der 


489 


einst verbundenen rechts- und linksseitigen Höhen: der Capitolin 
mit zweien, durch eine Thalsenkung getrennten Gipfeln, der 
Palatin und der Aventin. Auf der rechten Tiberseite fallen 
in die Stadtumgrenzung der Gianicolo und der Vatican, wel-. 
chen sich ausserhalb der Stadt gegen Norden der alle Römische 
Hügel überragende M. Mario anschliesst, wie gegen Sud an 
den Gianicolo der M. Verde. Die der Tiber zugewandte 
Seite der Römischen Hügel ist meist jäh, während allmälig 
 gesenkte Schluchten zwischen den Hugeln zum Plateau hinauf- 
steigen. Solche zum Theil senkrechte Abstürze bieten dar: 
der Pineio, der .Capitolin in der Rupe Tarpeja, der Palatin 
und der Aventin. Die Gestalt der Hugel und der Thalsen- 
kungen ist indess durch die Hände der Menschen so verändert 
— theils abgetragen, theils durch den Schutt der Jahrtausende 
bedeckt —, dass es nicht leicht ist, sich ein genaues Bild von 
dem natürlichen Zustande der Siebenhügelstadt zu entwerfen. 
„Die Autorität des Menschen ist wohl keiner Planetenstelle 
so sichtbar eingegraben — — wie dem Boden der siebenhuge- 
ligen Roma, wo die Berge versanken, die Thäler erhöht sind, 
der Tiberstrom einen anderen Lauf genommen hat‘‘ (CARL 
Rırter ). 

Die Quellbäche des Aniene nehmen ihren Ursprung in 
den Bergkesseln von Vallepietra und Filettino. Der Oberlauf 
des Flusses ist bezeichnet durch einen Wechsel von Thaäl- 
weitungen und Gebirgsengen, zwischen denen das Wasser sich 
 schäumend hindurchdrängt. Bei Tivoli tritt der Fluss, indem 
er die beruhmten Kaskaden bildet, aus seinem Oberlaufe in den 
Unterlauf ein. Sogleich unterhalb Tivoli dehnt sich auf der 
rechten Flussseite eine weite, von Hügeln umschlossene Ebene 
aus, welche ehemals von einem See eingenommen war, dessen 
letzte Ueberbleibsel sich in dem Lago di Tartaro und dem 
Lago della Solfatara finden. In seinem Unterlauf durchschneidet 
der Aniene unter dem Namen Teverone den Tuff der Römischen 
Campagna in einer breiten Thalfurche, in deren ebener Sohle 
der Fluss viele Windungen beschreibt, bis er sich am Ponte 
Salaro, 2 M. oberhalb Roms mit der Tiber verbindet. 

Indem wir von Üer geognostischen Beschaffenheit des Rö- 
mischen Bodens ein Bild zu gewinnen suchen, müssen wir an 
einige Forscher erinnern, welche sich um die Kenntniss dieses 
klassischen Gebietes besondere Verdienste erworben haben. 

Zeits.d.d.geol.Ges. XVIIL. 3. 32 


E e | 


490 


Nächst L. v. Buc#, welcher durch sein Werk „Geogn. 
Reisen durch Deutschland und Italien“ (1802 und 1809) die 
Kenntniss des Römischen Gebietes ausserordentlich förderte, 
sind vorzugsweise zu nennen: 

Gıov. Bart. Brocc#i (geb. 1772 zu Bassano, gest. 1826 
zu Chartum), der Verfasser der „Conchiologia fossile subappen- 
nina“ (1814), gab im J. 1820 sein wichtiges Werk: „Dello stato 
fisico del suolo di Roma“, begleitet von einer petrographischen 
Karte des Stadtgebiets, heraus. Seine muhevollen Untersuchun- 
gen bildeten die Grundlage aller späteren Forschungen in die- 
sen Gegenden und wurden nebst den Arbeiten v. Buc#’s durch 
FRIEDR. Horrmann vor seiner italienischen Reise zu einem 
übersichtlichen Bilde zusammengestellt: „‚Ueber die Beschaffen- 
heit des römischen Bodens, nebst einigen allgemeinen Betrach- 
tungen über den geognostischen Charakter Italiens“, s. Poe- 
GENDORFF’S Ann. B. XVl. Brocchr gebührt auch das Verdienst, 
die erloschenen Vulkane des Hernikerlandes aufgefunden und 
dadurch eine Verbindung des Römischen und des Neapolita- 
nischen Vulkangebiets nachgewiesen zu haben. 

Lorenzo PARFTO, gest. 1865 zu Genua, legte in seiner 
Arbeit: „Osservazioni geologiche dal Monte Amiata a. Roma“, 
Giorn. Arcadico, 1844, viele genaue Beobachtungen nieder 
in Bezug auf die geognostische Beschaffenheit des Landes 
zwischen den Flüssen Fiora, Paglia, Tiber und dem Meere, 
von welchem Lande er zuerst eine gevgnostische Karte entwarf. 

Unter den Lebenden hat sich die grössten Verdienste um 
die geognostische Kenntniss des Römischen Gebietes erworben 
GıusepPprE Poxzı, Prof. der vergleichenden Anatomie und Minera- 
logie an der Universität (Sapienza) zu Rom. Poxzi’s Unter- 
suchungen dehnen sich über sämmtliche fünf Provinzen des 
Römischen Staates in seinem jetzigen Umfange aus, von denen 
er auch bereits handschriftliche geognostische Karteı entworfen 
- hat. Der Verfasser fühlt sich verpflichtet, für vielfache münd- 
liche Belehrung öffentlichen Dank Herrn Ponzı auszusprechen, 
der in der Priesterstadt rastlos für den Fortschritt der Wissen- 
schaft arbeitet. *) | 


3 


*) Im Folgenden gebe ich eine ZBSEHREH DIE der mir bekannt 


gewordenen Aufsätze und Notizen Ponzı’s 
Osservazioni geologiche lungo la Valle Latina, nebst Karte; Raccolta 


scientifica, 1849. 


491 


Für die Erforschung der geognostischen Bildung der Um- 
gebung Roms sind die Höhen der rechten Tiberseite, der M. 
Gianicolo, M. Vaticano, M. Mario, welcher sich im M. della 
Farnesina zur Brücke Acquatraversa herabsenkt, von beson- . 
derer Wichtigkeit, indem sie in dem steilen östlichen, gegen 
die Tiber gerichteten Abhang ein natürliches Profil aller in 
Roms Umgebung vorkommenden Schichten darbieten. 

Am tiefsten Fusse dieser Hohen, namentlich des M. Mario 
und des Vatikanischen Berges, dann in der Thalsenkung, welche 
westlich vom M. Gianicolo hinzieht, erscheint als un- 
terste Bildung, überhaupt als älteste Schicht der näheren Um- 
gebung Roms, ein blaugrauer Thon, welcher der Pliocänfor- 
 mation, der Subappenninen-Bildung, angehört. Es ist derselbe 
Thon, welcher in Toscana, um Siena und Volterra, weit ver- 
breitet ist. Die Thonschichten des Vaticans und des M. Mario, 
welche abwechselnd lichtere und dunklere, mehr reine oder 


Memoire sur la zone volcanique d’Italie etc., nebst Karte; Bull. de 
la soc. geol. de France, T. VII, 1850. 

Storia fisica del bacino di Roma, memoria da servire di appendice 
all’ opera ‚‚il suolo fisico di Roma‘“ di Broccur, nebst Karte. Ann. d. 
scienze fis. e mat., 1850. 

Descrizione della carta geologica della Provincia di Viterbo. Atti 
della accad. pont. de’ Nuovs Lincei, 1851. 

Sopra un nuovo cono vulcanico rinvenuto nella valle di Cona Ib. 
1852. 

Sulla eruzione solforosa avvenuta nei giorni 28. 29. 30. Ottohre (1856) 
sotto ıl paese di Leprignano, nebst Karte. Ib. 1857. 

Note sur les diverses zones de la formation pliocene des environs de 
Rome. Bull, de la soc. geol. de France, 1858. 

Sullo stato fisico del suolo di Roma. Giorn. Arcadico, 1858. 

_ Sulla origine dell’ Alluminite e Cuolino della Tolfa. Atti dell’ accad. 
pont. de’ Nuovi Lincei, 1858. 

Sui lavori della srada ferrat@« di Cwitavecchia da Roma alla Ma- 
gliana. Ib. 1858. 

Sui vulcani spenti degli Ernici. Ib. 1858. 

Nota sulla carta geologica della Provincia di F'rosinone e Velletri. 
Ib. 1858. 

Storia nalturale del Lazio. Giorn. Arcadico, 1859. 

Dell’ Aniene e dei suoi relitti. Atti dell’ accad. pont. de’ Nuovi Lincei, 1562. 

Osservazioni geologiche suwi vulcani Sabatini. Ih. 1863. 

Sopra ti diversi periodi erutlivi determinali nell’ Italia centrale. Ib. 
1864. 

Il periodo glaciale e lantichita! dell’ uomo, wltimo brano di storia 
naturale. Ib. 1869. 


32 * 


492 


sandig- mergelige Straten zeigen, liegen horizontal oder neigen 
sich unter wenigen Graden gegen Norden. Heute noch, wie vor 
Jahrtausenden, wird dieser Thon für Töpferarbeiten gewonnen 
in der Thalschlucht zwischen den Hügeln Gianicolo und Va- 
tican, und namentlich in der Cava Vannutelli am Vatican. An 
diesem letzteren Orte ist nach Ponzı die untere Hälfte der 
Schichtenfolge sehr versteinerungsreich, während die obere 
Hälfte der Thonmasse ganz frei von organischen Resten ist. 
Von dieser Oertlichkeit führt Ponzı Arten von folgenden Gat- 
tungen auf: Argonauta, Pecten, Cleodora, Cuvieria, Dentalium, 
Phorus, Cassidaria, Conus, Solemya, Pholadomya, Syndosmya, 
Limopsis, Leda, Ostrea, Nucula, Cidaris, Hemiaster, Flabel- 
lum, Trochocyathus; es sind zum Theil nur benannte, noch 
nicht beschriebene Formen. Diese fossilreichen Thonmergel 
des Vaticans bilden die unterste der sechs Etagen, welche 
Poxzı im Römischen Pliocan, auf charakteristische -Versteine- 
rungen gestützt, unterscheidet. Die oberen versteinerungsleeren 
Thonschichten des Vaticans setzen am östlichen Abhang des 
M. Mario fort. Die für diese zweite Etage des Pliocäns 
charakteristischen Versteinerungen finden sich bei Formello 
auf einer den Piano di Tivoli gegen Nordwest umrandenden 
Höhe. Diese unteren und oberen, bald sandigen, bald merge- 
ligen oder reinen Thone, welche das untere Pliocan vertreten, 
lassen sich nun nebst den sogleich zu erwähnenden, gelben 
Sanden und Conglomeraten als mehr oder weniger schmale 
Säume sowohl von Rom abwärts durch das Tiberthal und am 
alten Meeresufer hin gegen Corneto, als auch stromaufwärts 
bis Orvieto und höher im Thale der Paglia hinauf verfolgen. 
Die von jenen Säumen umschlossene gewaltige Masse vulka- 
nischen Tuffs ruht demnach auf Thonen als ihrer Unterlage. 
Die graublauen 'Thone: des Vaticans und des M. Mario gehen in 
ihren oberen Lagen in gelbe Mergelsande über und wechsellagern 
mit denselben, welche leiztere oft zu einer kalkig-sandigen Breccie 
verkittet sind. Diese gelben Sande sind uns gleichfalls von Tos- 
cana bekannt (Volterra und Siena); sie bilden die versteinerungs- 
reiche obere Subappenninen- Bildung. So verschieden aueh in 
petrographischer Hinsicht der graublaue Thon und der gelbe 
Sand sind, so gehören sie doch in geognostischer Hinsicht auf 
das Engste zusammen. Ponzı unterscheidet drei durch Verstei- 
nerungen charakterisirte Etagen der gelben Sande. Die untere 


493 

ist entwickelt an der bereits erwähnten Oertlichkeit Formello 
nahe Tivoli, sowie auch bei Cornetoim Thale des Martaflusses; 
die mittlere am M. Mario, während die obere besonders ver- 
steinerungsreich bei Acquatraversa sich zeigt. Am M. Mario 
kommen vor als bezeichnend für die mittlere Abtheilung der 
Sande oder die vierte Etage des gesammten Römischen Pliocäns: 
Panopaea Faujasii Mrn., Mactra triangula Ren., Astarte incras- 
sata Broc., Cardium rusticum L., ©. aculeatum L., ©. multi- 
costatum Broc., ©. hians Broc., Arca mytiloides BRoc., Chama 
squamata D#snH., Pecten Jacobaeus Lin., P. polymorphus BRONN, 
Ostrea edulis L., Terebratula ampulla Broc., Natica tigrina 
DerR., Vermetus gigas Bıv., Trochus conulus L., Turritella tri- 
carinata Broc., Buccinum polygonum BRoc., Oypraea coccinella 
Lam., Dentalium elephantinum Broc. nebst sehr vielen anderen 
Arten. Der Catalogue des coquilles fossiles du M. Mario, wel- 
chen im J. 1854 Ponzı in Gemeinschaft mit dem Grafen Ray- 
NEVAL und Herrn van DEN HEckE veröffentlichte (welcher in- 
dess leider in Folge des Todes Raynevar’s unvollendet blieb), 
führt aus dieser Etage vom M. Mario allein 272 Arten auf. 
Dieselbe versteinerungsführende Etage fand Ponzı wieder 
wenig südöstlich von Corneto im Thale des Mignone, auf 
beiden Seiten dieses Flusses, nahe seiner Mündung. 

Die obere Abtheilung der pliocanen Sande oder die fünfte 
Etage des Römischen Pliocans ist nahe dem Gipfel des M. 
Mario und besonders versteinerungsreich bei Acquatraversa. 
entwickelt, wo die Via Cassia aus dem Tiberthale zum Tuff- 
‘ plateau emporsteigt. Einige der bezeichnendsten Formen von 
letzterem Fundorte sind nach Ponzı: Solen siligua L., Mactra 
stultorum L., Astarte incrassata Broc., Venus senilis BROoc., 
V. Chione L., Cardium rusticum L., ©. sulcatum Lam., C. hians 
Broc., Arca mytiloides Broc., Leda emarginata Lam. Pecten 
varius L., P. opercularis L., P. Jacobaeus L., Ostrea edulis L., 
Natica millepunctata Lam., Scalaria communis Lam., Turritella 
tricarinala Broc., Cerithium trieinctum Broc., Buccinum prismati- 
cum BRoc. 
| Ueber den gelben Sanden und Breccien ruhen Geschiebe- 
lager, welche gleichfalls dem Pliocan angehören. Ponzı und 
der vor Kurzem verstorbene Msgr. Lav. de’ Medici SpanAa ha- 
ben das Verdienst, diese Geschiebe von den die Thäler der 
Tiber und des Aniene erfüllenden, diluvialen Flussgeschieben 


2 | 494 

bestimmt gesondert zu haben. Die pliocänen Geschiebelager be- 
stehen aus Kalk- und Feuersteinstüucken, deren Ursprungsstätte 
im Appennin sich findet. Ihr unterscheidendes Kennzeichen 
besteht ausser ihrer Lage darin, dass sie durchaus keine vul- 
kanischen Gerölle enthalten. Dies beobachtete L. v. Bvuc#: 
„Unter den Geschieben, welche diese Sandsteinhöhen (M.Vaticano 
und Mario) bilden, sucht man vergebens Produkte, die vom Monte 
Cavo, von Marino oder Frascati herabkamen; vergebens Stücke 
von Travertino, von Tuff, Peperino, Leucit, Basalt und an- 
deren Fossilien, die man doch in geringer Entfernung und auf 
diesen Hügeln selbst sehr häufig antrifft. Dagegen schen wir 
andere Fossilien aus dem Innern der Appenninen, Jaspis und 
Feuerstein, die häufig kleine Schichten im Alpenkalksteine bil- 
den, viele Stücke vom Kalksteine selbst und andere Geschiebe, 
welche von ungleich entfernteren Orten hergefuhrt werden mussten, 
als es bei den Gesteinen des Gebirges zwischen Velletri und 
Frascati bedurft hätte.* Die pliocanen Geschiebebänke bilden 
den Gipfel des Vaticans; sie treten nahe dem Scheitel des M. 
Mario auf und erscheinen auf der Höhe des M. della Farne- 
sina bei Acquatraversa auf beiden Seiten der Via Cassia. 
Diese Schichten bilden Ponzr’s sechste Etage des Römischen 
Pliocäns, bezeichnet durch Knochen grosser Säugethiere, welche 
zuweilen noch in ganzen Skeletten vereinigt und wenig gerollt 
sind. Sie lieferten bei Acquatraversa ein Skelett von Elephas 
"meridionalis Nestı, welches sich in der Universitäts- Sammlung 
zu Rom befindet. Auch Reste von Mastodon arvernensis CRoIx. 
et JoB., Rhinoceros incisivus Cuv., Bos primigenius Cuv. führt 
Poxzı aus diesen Schichten an. | 

Mit diesen Geschieben endet das Römische versteinerungs- 
führende Pliocan, welches von der mächtigen Decke vulkani- 
schen Tuffs überlagert wird. Bevor wir diese letztere naher 
kennen lernen, müssen wir noch einige merkwürdige Oertlich- 
keiten des Römischen Pliocäns erwähnen. 

‘Südlich des Bergs Soracte, bei Rignano, ist in einer tiefen 
Schlucht (Fosso di Don Aurelio) unter der Tuffdecke Mergel- 
thon entblösst, welcher von Poxzı seiner zweiten Etage zuge- 
zählt wird. Die Schichtenfolge ist hier: Mergelthen, gelber 
Sand, vulkanischer: Tuff, welche Schichten mit horizontaler 
Lage auf den gegen Westen fallenden Kalkschichten des Soraete 
ruhen. In dem Mergelthon wurde (1857) ein vollständiges 


B 495 


Elephanten - Skelett gefunden, welches nach Larrer’s Bestim- 
mung*) der Species E. antiguus Fauc. angehört. Es möchte 
dieser Fund von Rignano demnach eines der ältesten Vorkomm- 
nisse von Elephanten sein und beweisen, dass diese Thiere 
lange vor der älteren, längst erloschenen vulkanischen Thätig- 
keit Italien bewohnten und dieselbe überdauerten. 

Während auf der linken Tiberseite im Römischen Stadtgebiet 
und weiter den Strom hinab keine tertiären Bildungen auftreten, 
sind dieselben unterhalb Roms auf der rechten Seite ganz ähnlich 
wie am M. Mario gelagert und durch den Eisenbahnbau deutlich 
entblösst. Auch dem flüchtigen Reisenden kann die Ueber- 
lagerung der mächtigen tertiären Geröllschichten durch den 
vulkanischen Tuff langs der Bahn von der Station Magliana 
bis gegenüber der Kirche S. Paolo nicht entgehen. Genauer 
wurde dieses Verbalten durch Poxzı beschrieben. Der Hugel- 
zug des Gianicolo besteht in seiner unteren, grösseren Hälfte 
aus fast horizontalen Bänken von gelbem Sande und von ver- 
kitteter Muschelbreceie, welche wie am M. Mario von einer 
wenig mächtigen Schicht vulkanischen Tuffs bedeckt werden. 
An dem gegen Suden angrenzenden M. Verde (welcher der Kirche 
S. Paolo gegenüberliegt), geht plötzlich der Tuff bis zur Thal- 
sohle hinunter, und dies Verhalten hält an bis zur Kirche Sta. 
Passera, etwa eine Miglie weit, wo eben so plötzlich am un- 
teren Berggehänge der Tuff verschwindet und die Sande und 
Breccien des Gianicolo von Neuem erscheinen. Dieses eigen- 
thumliche Auftreten, dass am M. Verde der Tuff tief hinab- 
reicht, während oberhalb wie unterhalb in demselben Niveau 
ältere Schichten sich zeigen, findet nach Poxzı seine Erklärung 
in einer Verrutschung oder Senkung, welche zwischen verti- 
kalen Spalten erfolgte. Am M. delle Piche nahe der Station 
Magliana beobachtete Ponzı in einer durch den Bahnbau ver- 
anlassten Entblössung unten graue Thonmergel, dann Schich- 
ten von Sand und Geröll, darüber den vulkanischen Tuff. 
Auf der Grenze von Mergel und Sand treten viele Lignitlager 
auf, zwischen denen eine grosse Menge vor Meeresconchylien 
sich finden. Dieselben Straten umschliessen auch zahlreiche 


*, Observations de M. Larter ad propos des debris fossiles des divers 
elephants dont la decouverte a ete signalee par M. Ponzı, aux environs 
de Rome. Buli, de la soc. geol. de Fr., T. XV., Ser. II. p. 564. 


496° 


Gypskrystalle und kleine Schwefelpartieen. Die Lignite werden 
durch Stämme und Zweige der Gattung Pinus und Ulmus ge- 
bildet, welche hierhin geschwemmt‘ zu sein scheinen. Diese 
Lignitlager stellen den M. delle Piche in vollkommene Parallele 
zum Vatican und zum M. delle erete (westlich vom Gianicolo), 
woselbst bei der Thongewinnung häufig bituminöse Hölzer ge- 
funden werden. Die Thonmergel des M. delle Piche lieferten 
Arten der Gattungen Venus, Tellina, Cardium, Nucula, Natica, 
Trochus, Buceinum,. Einzelne Lager von sandigem Thone 
zwischen den Ligniten zeigen, unter der Lupe betrachtet, den 
Schwefel in zierlichen Krystallen. | 

Die pliocäanen Meeresgerölle sind nicht auf die Römische 
Campagna beschränkt, sondern dringen an einzelnen Stellen 
durch die Oeffnungen der Appenninen bis in die inneren Berg- 
kessel dieses Gebirges ein, zum Beweise, dass das pliocäne 
Meer in zahlreichen Buchten das felsige Ufer zerschnitt. Ein 
solches - Lager pliocäner Geschiebe findet sich in der Thalwei- 
weitung von Subiaco; hier fanden sich (am Wege gegen das 
Kapuziner-Kloster) im J. 1862 ein ‘Stosszahn und verschie- 
dene andere Elephantenknochen im Geröll und Sand. Ponzıer- 
innert daran, dass vor den vulkanischen Eruptionen in diesem 
Theile Italiens das Appenninenland mit einer subtropischen Vege- 
tation bedeckt war, welche durch CH. THEoPH. GaAuDIN und 
den Marchese C. Strozzı beschrieben worden ist. - 

Kehren wir wieder zum M. Mario zurück. Es bildet vulkani- 
scher Tuff die oberste Bedeckung des Berges. Dieser Tuffbildet in 
zusammenhängender Masse das mittelitalienische Vulkangebiet, 
100 Miglien lang von Nordwesten (Acquapendente und Sovana) 
gegen Sudosten (Segni uud Cisterna) und im Mittel 30 M. breit, von 
der Linie der Fiora und dem Meeresgestade bis zum Mittellauf der 
Tiber und zum Fusse des Appennins. Vereinzelte, ehemals wohl 
zusammenhängende Partieen lassen sieh in den Verzweigungen 
dieses Gebirges verfolgen. Der Römische Tuff ist von dunkel- 
oder lichtbrauner Farbe und deutlich geschichtet. Schon diese 
Schichtung, welche horizontal sich über weite Räume verfolgen 
lasst, beweist, dass wir hier eine untermeerische Bildung vor 
uns haben. Denn so gleichmässig und weit fortsetzende Schich- 
ten auf Ebenen, die gegen das Meer hin offen sind, können sich 
nur im Meere gebildet haben. Der Tuff wechselt vielfach in seiner 
Beschaffenheit; die herrschende Varietät ist locker und zerreib- 


497 


lich; feinerdige wechseln mit grobstückigen Schichten. Von 
festen Gesteinstucken finden sich in diesem Tuffe viele durch 
ihre weisse Farbe sogleich in die Augen fallende, welche aus 
bimssteinartigem Trachyt bestehen (in welchem Sanidin 
und schwarzer Glimmer beobachtet werden). Dieser Trachyt 
geht auch wohl in echten Bimsstein über, welcher sich zuwei- 
len — auch im Stadtgebiete Roms — zu selbstständigen 
Schichten aussondert. Ausserdem umschliesst der Tuff zahl- 
lose, kleine, gerundete, schwarze Leucitophyr- Schlacken. 
Mehr oder weniger häufig finden sich als Einschlüsse Kalk- 
steinstucke, bald von dichter, halbkrystallinischer, bald von 
deutlich körniger Beschaffenheit. Diese Kalksteine, veränderte 
Reste des Grundgebirges, sind den beiden grössten italienischen 
Vulkangebieten gemeinsam und finden sich vom Vesuv und 
von Pompejis Bimssteindecke an bis Pitigliano, nahe der Nord- 
grenze des Römischen Gebietes. Von den dem Tuffe einge- 
mengten Mineralien ist namentlich hervorzuheben der Leueit in 
mehlartig zersetztem Zustande. Durch diesen, wahrscheinlich 
zu Analcim veränderten Leueit erhält der Tuff der Römischen 
Campagna eine überraschende Aehnlichkeit mit unserem Rie- 
dener Tuff. Es möchte dies indess wohl das einzige Ana- 
logon der merkwürdigen Bildung unseres Laacher Gebietes sein, 
da bekanntlich die Umgebungen Neapels keinen Leucittuff be- 
sitzen. Ausserdem enthält der Tuff Augite theils von schwarzer, 
theils von grüner Farbe, mehr oder weniger zerstörte Glimmer- 
blätter, Magneteisen, seltener Sanidin. Von diesem gewöhn- 
-Jichen, überaus verbreiteten Tuff unterschied Brocchi eine feste, 
mehr homogene Abänderung unter dem Namen Steintuff. Dieser 
gleichfalls in Schichten geordnete Tuff ist von einer solchen 
Festigkeit, dass er als Baustein vielfach verwandt wird; von 
seindr röthlichbraunen Farbe führt er den Namen „pietra rossa.* 
Aus diesem Steintuff besteht innerhalb des Stadtgebiets na- 
mentlich die Rupe Tarpeja, sowie auch der nördliche Gipfel 
des Capitolins, welcher die Kirche $S. Maria in Ara Oaeli trägt. 
Ausserdem führt BroccHı als Fundstätten des Steintuffs an 
den Aventin und den westlichen Theil des Celio. PLixıus 
sagt von diesem Tuff, dass, um denselben mit Vortheil als 
Baustein verwenden zu konnen, man ihn im Sommer brechen 
und wenigstens zwei Jahre an der Luft trocknen müsse. 
Poxzı betrachtet den Römischen Tuff als die jüngste Bildung 


| 498 

der pliocänen Formation, worüber die Entscheidung bei der 
äussersten Seltenheit der darin gefundenen organischen Reste 
schwierig sein möchte. Ausser einigen kleinen Zähnen, einem 
Roditoren angehorig und bei Rivo gefunden, sowie vereinzelten 
Bruchstucken von Conchylien und Resten von Landpflanzen 
ist bisher nichts Organisches im Tuff vorgekommen. Die. 
_ Pflanzenreste finden sich vorzugsweise in einer Zone längs des 
Appennins und scheinen die alte Küstenlinie anzudeuten. 

In allen vulkanischen Gebieten ist bekanntlich die Frage 
nach der Ausbruchsstelle des Tuffs eine sehr schwierige. 
Werfen wir diese Frage für die ungeheure Masse des Roömi- 
schen Tuffs auf, welche einen Raum von etwa zwanzig deutschen 
Quadratmeilen in einer mittleren Mächtigkeit von weit uber 
100 Fuss bedeckt, so können wir deren Ursprungsstätte nur in 
den vulkanischen Bergen um den Ciminischen und Sabatinischen 
See finden. Denn die leucitisch -trachytischen Elemente des 
Tuffs treffen wir dort in den Leueitophyren, Trachyten und 
Leucittrachyten wieder, während das Albaner Gebirge nur Leueito- 
phyr, aber weder Trachyt, noch Bimsstein darbietet und, wie wir 
in der Folge sehen werden, späteren Ursprungs ist als der 
Tuff der Römischen Campagna. Es ist dem Römischen und 
dem Phlegräischen Gebiete gemeinsam (ein Umstand, der ja 
auch bei unserem Riedener Tuff wiederkehrt), dass die anste- 
henden festen Felsmassen so sehr zurücktreten hinter der .un- 
geheuren Masse des Tuffs. Durch die mächtigen Eruptionen, 
welche zu Ende der Tertiärzeit aus den vulkanischen Schlun- 
den der Umgegend von Viterbo und Bracciano sich ereigneten, 
und deren Material sich auf dem Boden eines wenig tiefen 
Meeres ausbreitete, wurde der Seegrund allmälig erhöht. Es 
folgte schliesslich eine Hebung dieses ganzen Landstrichs, wo- 
durch das vorherrschend aus zerreiblichem Tuffe gebildete 
Gebiet der Erosion der Flusse ausgesetzt wurde. Auch die 
vulkanischen Eruptionen der heutigen Zeit, welche im Meere 
stattfinden, müssen mächtige, ausgedehnte Tuffmassen erzeugen, 
deren höchste Punkte nur sich über das Meer erheben und 
den Charakter atmosphärischer Ausbrüche erhalten. So ist es 
im weiten Römischen Gebiete; die höheren Punkte bestehen 
aus Schichten rollender, aus der Luft niedergefallener Schlacken 
und Aschen, die Tuffe des welligen Hügellandes und der Ebene 
sind im Meere geschichtet. Die Flüsse Tiber und Aniene, de- 


499 


ren Mündungen bis zu Ende der pliocänen Epoche an den 
Appenninen-Pforten, nahe Orvieto und bei Tivoli, gewesen, 
setzten nun über das neu gehobene Terrain ihren Lauf weiter 
fort und ergossen sich bei Ponte Galera, 8 Miglien vom heu- 
tigen Meere entfernt, im Hintergrunde einer Bucht in’s Meer. 
Es bildeten sich jene breiten Flussthäler, welche von steilen 
Tuffwänden begrenzt sind, und auf deren ebenem Grunde die 
Flüsse sich in Serpentinen winden. Diese zum Theil mehrere 
Miglien breiten Thäler lassen sich kaum anders erklären, als durch 
die Annahme, dass einst grössere Wassermassen sich in ihnen. 
bewegten. Darauf deuten auch die gewaltigen diluvialen Geröll- 
massen, welche die Römischen Flüsse in ihrem heutigen Stande 
nicht mehr bewegen können. Poxzı hält es, um eine ehemalige 
grössere Fluth der diluvialen Ströme zu erklären, nicht für un- 
wahrscheinlich, dass in jener Zeit die hohen Thalkessel des 
Apennins von Gletschern erfüllt gewesen seien, und er glaubt 
gerade in dem Hochthale von Vallepietra einen solchen Thal- 
circus zu erkennen, ähnlich jenen, welche den alpinen Glet- 
schern zum Ursprunge dienen. Wenngleich aber, besonders 
durch MOoRTILLET und GasTAaLpı, für die südalpinischen Glet- 
scher der Diluvial-Epoche eine unermesslich grössere Ausdeh- 
nung, als die heutige ist, nachgewiesen wurde, so sind doch 
bisher (soviel mir bekannt) direkte Beweise für die einstmalige 
Existenz von Gletschern im Apennin noch nicht aufgefunden 
worden. Ebensowenig scheinen bisher andere Beweise einer 
diluvialen Temperatur-Erniedrigung im mittleren und südlichen 
Italien gesammelt worden zu sein. 

Es folgten nun in der Bildung des Römischen Bodens die 
Ablagerungen der Diluvial-Epoche, Geschiebe und Sand, sowie 
Travertin, welche zum Theil noch heute fortdauern. Diese 
Ablagerungen folgen den weiten Flussthälern, an dessen Ge- 
hängen sie stufenweise herabsteigen und so den ehemaligen 
höheren Stand der Flüsse documentiren. Während die pliocä- 
nen Geschiebe zwischen den gelben Sanden und dem vulkani- 
schen Tuffe ein bestimmtes höheres Niveau behaupten und 
horizontale, weit fortsetzende Schichten bilden, zeigen die dilu- 
vialen Geschiebe ein ziemlich unregelmässiges, auf die Thal- 
gehänge beschränktes Auftreten. Sie bestehen aus Kalksteinen 
und Kieseln der Appenninen, denen sich zahllose vulkanische 
Gerölle sowohl aus dem nördlichen Theile unseres Gebietes, als 


500 


auch aus Latium hinzugesellen. ‘Ueber die Geschiebe des Aniene 
hat Poxzı interessante Beobachtungen gesammelt. Die Geschiebe 
und Sande sind nicht gleichmässig längs des ganzen Fluss- 
laufs verbreitet; sie häufen sich an den Stellen, wo die Strom- 
geschwindigkeit nachlässt. Im Oberlaufe des Aniene lagerten 
sich die Geschiebe besonders an den oberen Stellen der Thal- 
weitungen (von Arsoli und Subiaco), während die Sande weit 
hinabgeführt wurden. Auch die diluvialen Geschiebe, wie man 
sie am Mons Sacer nahe der Brücke Salaro oder bei der Brücke 
Mamolo beobachtet, sind in Bänke und Schichten gesondert. 
Diese sind aber weder so mächtig, noch so weit horizontal 
fortsetzend, noch so grosswellig gewölbt, wie die pliocänen 
Conglomerate; vielmehr stellen sie kurze, unterbrochene, ord- 
nungslos über einander geschichtete Säume dar. Der Wechsel 
zwischen hohem und niederem Stande des Flusses verräth sich 
durch abwechselnde Lagen von gröberen und feinen Geschieben. 
Die Kalk- und Feuersteingerölle sind völlig gerundet und stam- 
men von jenen pliocänen Geschiebemassen her, welche im 
Oberlaufe des Flusses zerstört wurden. Die vulkanischen 
Fragmente von Trachyt und Leucitophyr sind meist ziemlich 
scharfkantig. Durch ein kalkiges Cement sind häufig die dilu- 
vialen Gerölle des Aniene zu einem festen Conglomerate ver- 
kittet. 

Da die diluvialen Geschiebe wesentlich aus dem von Neuem 
transportirten Materiale der pliocänen Geröllschichten gebildet 
sind, so kann es auch nicht Wunder nehraen, die organischen 
Reste und namentlich die Säugethier-Knochen dieser pliocänen 
Schichten hier wiederzufinden. Doch finden wesentliche Unter- 
schiede statt zwischen dem Auftreten jener Knochenreste (von 
Elephanten, Hippopotamen, Rhinoceronten) in den pliocänen und 
in den diluvialen Schichten. In diesen jüngeren Schichten 
nämlich bilden die Knochen nie ganze Skelette, noch liegen 
die Theile desselben Skeletts auf einem engen Raume zusam- 
men, vielmehr sind sie zerstreut und gerollt. Auch finden 
sich diese Knochenreste in den Flussthälern niemals oberhalb 
derjenigen Punkte, wo der Fluss pliocäne knochenführende 
Geschiebelager erreicht, sondern stets nur unterhalb derselben. 
Endlich sollen auch die älteren diluvialen Travertine (welche 
ein treues Bild der diluvialen Fauna dieser Gegend darbieten) 
niemals Gebeine jener pliocänen Pachydermen einschliessen. 


901 


Es sind namentlich die Reste folgender fünf Species, wel- 
che, ursprünglich dem Pliocän angehörend, zerstreut und ver- 
stüummelt durch Ponzı in den diluvialen Geschieben des Aniene 
gefunden wurden: Eiephas primigenius Brum., E. antiquus Fauc., 
E. meridionalis Nestı, Hippopotamus major Cuv., Rhinoceros 
megarhinus ÜRIST. 

Mit diesen Resten zusammen kommen folgende vor: Bos 
primigenius Cuv., Cervus elaphus L., C. intermedius (?) GEOFF., 
Equus fossilis, Castor fiber L., Canis hyaena und einige andere, 
welche nicht aus den pliocänen Geschieben herrühren, sondern 
der Diluvialfauna angehören. Ausserdem enthalten die dilu- 
vialen Sande und Geschiebe eine grosse Menge Schalen von 
Susswasser- und Landmollusken, den Gattungen Bulimus, Cy- 
clas, Helix, Limnaea, Paludina, Planorbis, Pupa angehörig. 

Die Eisenbahn, welche von Rom, zunächst im Tiberthal 
hinab, nach Civitavecchia führt, hat insbesondere nahe der 
Kirche Sta. Passera — gegenüber S. Paolö — eine deutliche 
Entblössung‘ der Diluvial-Gerölle geliefert. Während die Thal- 
gehänge von unten nach oben aus grauem Thone, gelbem Sande, 
marinen Geschieben, endlich aus vulkanischem Tuffe bestehen, 
ziehen sich in dem breiten Thale, an dessen Gehänge gelehnt, 
diluviale Geschiebemassen hin, welche auf eine weite Strecke 
der Bahn zur Unterlage dienen. Die Oonglomeratbrüche des 
M. Verde nahe dem Pozzo Pantaleo haben viele Säugethier- 
knochen geliefert, zum Theil Reste aus pliocänen Schichten, 
zum Theil wirklich diluviale Formen. Auch viele Schalen von 
Susswasser-Gastropoden, Paludinen und Limnaeen finden sich 
in dünnen Mergelschichten, welche jenen Breceien zwischen- 
gelagert sind. Wo man, dem Thale folgend, auf den Pian due 
Torri hinaustritt, sieht man die obersten Lagen so weiss, dass 
man Kalkgerölle vor sich zu haben glaubt; genauer betrachtet 
ergiebt sich, dass es lauter Pferdeknochen sind, dazwischen 
einige Hundezähne. Zur Zeit als jene Absätze sich bildeten, 
scheinen demnach grosse Schaaren von Pferden die Römische 
Ebene durchschweift zu haben. (Ponzı.) 

Wie die Gerölle der mechanischen Wirkung des Wassers 
ihre Lagerung verdanken, so ist der Travertin eine chemische 
Ablagerung der kalkgeschwängerten Appenninen-Flüsse. Der . 
Travertin (Lapis Tiburtinus) giebt der ewigen Stadt ihre archi- 
tektonische Physiognomie. „Des alten Roms Tempel, des 


502 


neueren Roms Paläste und Kirchen hätten von ihrer Majestät 
und Pracht unendlich verloren, hätte sich nicht dem grossen 
Geiste, der sie aufführte, ein Baugestein dargeboten, wie der 
Travertino ist.“ (v. Bucn.) 

Der Travertin ist langs des Laufs des Aniene keineswegs 
zufällig oder unregelmässig vertheilt; vielmehr findet er sich 
einerseits dort, wo der Fluss Kaskaden bildet. oder bildete, 
andererseits dort, wo sein Wasser in seeartigen Weitungen 
stagnirte. Nach dieser Verschiedenheit der Oertlichkeiten ist 
die Beschaffenheit der Travertine eine sehr verschiedene; dort 
gleicht das Gestein einer schwammigen Masse, hier ist es ho- 
mogen und dicht. Der Oberlauf des Aniene, einschliesslich 
des Piano di Tivoli, ist weit reicher an Travertin als der 
Unterlauf, der vorzugsweise von Geröllen begleitet ist. Die 
Becken von Subiaco und Arsoli bieten ungeheuere Massen die- 
ser Kalkbildung dar. Die Vorhöhe des Apennins, auf welcher 
in 646 Par. Fuss Meereshöhe Tivoli liegt, besteht gänzlich aus 
Travertin, welcher in dem am Fusse des Berges sich ausbrei- 
tenden Piano eine noch grössere Ausdehnung gewinnt. Am 
Unterlaufe des Flusses, wo die überschüssig gelöste Koblen- 
saure des Wassers bereits entwichen, wird der Kalktuff selte- 
ner, doch findet er sich noch in der Nähe und innerhalb Roms 
bei Tor di Quinto (Tre Ponti), an der Via Flaminia, am M. 
Parioli vor der Porta del Popolo, am Pincio, am Aventin, bei 
Acquacetosa, am nördlichen Ende des Gianicolo u. a. ©. 
Da eine petrographische Charakteristik des Travertins, vorzugs- 
weise der trefflichen Schilderung v. Bucn’s entnommen, in 
allen betreffenden Werken zu finden ist, so wäre es unnöthig, 
Bekanntes. hier zu wiederholen. Ueber die Entstehung des 
Travertins sagt Ponzı: „die zahlreichen pflanzlichen Gebilde, 
welche vom Travertin umhullt werden, scheinen zu beweisen, 
dass sie zur Bildung des Gesteins wesentlich beigetragen ha- 
ben, indem sie die zu ihrem Lebensprocess nöthige Kohlen- 
saure dem Wasser entzogen.“ Zu demselben Resultate kommt 
in seiner interessanten und gründlichen Arbeit: „Ueber die Ent- 
stehung, des Travertin in den Wasserfällen von Tivoli“ (Neues 
Jahrbuch von LEONHARD und Gemirz, 1864, S. 580 — 610). 
Dr. Ferv. Cons, welcher die Ueberzeugung gewann, dass es 
vorzugsweise Wassermoose und Algen sind, welche die primäre 
Veranlassung zur Entstehung des Gesteins von Tivoli geboten 


503 


haben; der weitere Verlauf der Steinbildung gehe unabhängig 
vom pflanzlichen Leben vor sich; denn wir beobachten: „dass 
die Moosinkrustationen in den lockern, traubig-schuppigen Kalk- 
sinter, dieser wieder in dichten Travertin übergeht, dass also die 
ursprünglich weiten Poren der Masse sich fortdauernd mehr und 
mehr mit krystallinischer Substanz ausfüllen; wir müssen daher 
annehmen, dass der Krystallisationsprocess noch fortdauert, 
auch wenn die in der Kalkkruste erstickten und vermoderten 
Pflanzen keinen Einfluss mehr auszuuben scheinen.* Aus den 
Untersuchungen Convw’s ist noch hervorzuheben, dass auch die 
steinharte, fast dichte Kalkbildung in dem Kanal, welchen der 
Cardinal IppoLıt p’EstE graben liess, um die Gewässer der La- 
gunen von Tivoli zum Aniene abzuleiten, durch pflanzliche Thätig- 
keit gebildet ist, indem die Steinmasse beim Auflösen in Chlor- 
wasserstoffsäure ein fast gleiches Volumen von Algen zurucklässt. 

Die Travertin-Massen von Tivoli und der nördlich angren- 
zenden Hügel haben durch die Untersuchungen des Priesters 
D. Carto Rusconı ein besonderes Interesse erhalten. Die 
mächtigen Travertine des Tiburtinischen Pianos ruhen auf vul- 
kanischem Tuff, welcher am nördlichen Rande des Beckens 
hervortritt, und lassen folgende Schichtenreihe erkennen: zu- 
unterst eine compakte Travertinbank von unbekannter Mäch- 
tigkeit, darüber eine 0,7 M. mächtige Schicht rothbrauner locke- 
rer Pflanzenerde mit massigen rothen Travertinstücken gemengt. 
Auch vulkanische Gerölle finden sich in dieser Schicht, dann 
eine 0,7 M. mächtige Bank weissen, compakten Travertins. 
Auf diesen unzweifelhaft in der Diluvialzeit gebildeten Schich- 
ten ruhen jüngere von leichter und. schaumiger Beschaffenheit 
(die sogenannten Cardelline), welche zur Aufführung leichter 
Zwischenmauern dienen. Schliesslich folgen und bilden die 
Oberfläche der Niederung die um die Pflauzengebilde noch 
beständig fortwachsenden Incrustationen, welche den Lago di 
Tartaro berühmt gemacht haben. 

Nördlich vom Piano di Tivoli erheben sich mehrere Hu- 
gel, darunter namentlich derjenige, welcher das Dorf S. An- 
gelo in Capoceia trägt — 1283 Par. Fuss hoch —, sowie der- 

jenige, auf dem Monticelli steht, 1262 Fuss hoch. Der letztere 
besitzt zwei Gipfel, von denen der eine — Monte Albano — 
ein Kloster, der andere das Dorf Monticelli trägt. Beide Gipfel 
stellen sich deutlich von der Villa d’Este bei Tivoli dar. Diese 


ı 


504 


Hügel, Vorhöhen des Apennins, bestehen aus Schichten der 
Lias- und Oolithformation, welche von Nordwest nach Südost 
streichen und gegen Südwest sich senken. Die unteren Schichten 
sind weisse krystallinische Kalke mit Ammonites bisulcatus, viel- 
leicht dem unteren Lias angehörig. Es folgen andere weisse 
Kalke in mächtigen Bänken, erfüllt mit Terebrateln — mittlerer 
Lias. Ueber den Gipfel des Hugels verläuft eine Zone rothen, 
thonigen Kalksteins mit vielen Ammoniten — oberer Lias. Der 
jenseitige nördliche Abhang des Berges besteht aus feinplatti- 
gem, Majolika-aähnlichem Kalkstein mit vielen weissen Kalk- 
spathadern ‘und Feuersteinknauern, in welchem Aptychen ge- 
funden worden sind, der demnach mit Wahrscheinlichkeit dem 
Oolith zugerechnet werden muss. Die Schichten dieser Hugel 
werden nun von vielen Spalten durchsetzt, welche, von rothen, 
Travertin-ähnlichen Massen erfüllt, eine grosse Menge von 
organischen Resten geliefert haben. Solche Spalten, auf denen 
Rvsconı sammelte, setzen auf am Monte Albano, bei Monti- 
celli und bei Fossavota im mittleren Lias, zu Carcibove, zu 
Collelargo und Collegrosso im Oolith. Aehnliche Bildungen 
wie jene Klüfte bietet auch die Oberfläche der Hügel dar in 
alten Erosionsbetten, welche in der Vorzeit Bächen zu Wegen 
dienten. Die oben aufgeführten Tiburtinischen Travertin-Vor- 
kommnisse im Piano und in den Klüften der Hügel von Monti- 
celli enthalten eine reichhaltige diluviale Fauna, welche von 
dem verdienstvollen Ruscoxı mit jahrelangem Fleisse gesam- 
melt worden ist. Aus dem von Poxzı mitgetheilten Verzeich- 
nisse sei es erlaubt, Folgendes anzuführen. Es lieferten von 
den oben unterschiedenen Etagen der Travertine in den Brü- 
chen „alle Caprine“ unterhalb des Städtchens Monticelli: die 
untere weisse, compakte Travertin-Bank: Canis familiaris fossi- 
lis, ©. vulpes, Lepus, Arvicola, mehrere Gastropoden; die 
rothe Travertin-Bank: Vespertilio, Hyaena, - Felis Iynz, Canis 
Jamiliaris fossilis, C. vulpes, Ursus, Erinaceus (Igel), Lepus, 
Arvicola, Sus aper, Bos primigenius, Cervus elaphus, Equus 
fossilis, viele Gastropoden, namentlich Arten der Gattung He- 
lix. Der obere weisse Travertin lieferte bisher nur Gastro- 
poden, besonders Helix, Bulimus, Pupa, Limnaea ete. Von 
organischen Resten der Spalten der Hügel von Monticelli sind 
zu erwähnen: Hyaena, Canis, Arvicola, Sus scrofa, Bos primi- 
genius, Cervus elaphus, Lepus, Vespertilio, Anas fuligula nebst 


505 * 


vielen unbestimmbaren Vogelresten, Lacerta agilis, dazu viele 
Gastropoden- Schalen, der Abdruck einiger Insekten (Julus 
ovalis L.) und pflanzliche Theile. 


Das Bild der diluvialen Fauna des Römischen Gebietes 
vervollständigt sich noch dadurch, dass Ruscoxı in der rothen 
Travertinschicht in Begleitung der eben angeführten thierischen 
Reste zwei Menschenzähne auffand. 


Wenden wir aus der Gegend des alten Tibur uns wieder 
zum Römischen Stadtgebiete zurück, dessen klassischer Boden 
selbst in historischer Zeit mannichfache Veränderungen erfah- 
ren hat. 


Unter die mittlere Höhe der Campagna (welche man über 
dem Meere etwa zu 50 bis 60 M. annehmen kann) ist die 
breite Thalfläche der Tiber etwa 30 M. eingesenkt. Die Höhe 
des mittleren Standes der diluvialen Strommasse uber der Thal- 
fläche zeichnet sich vor den Thoren und innerhalb der Mauern 
Roms durch die Linie, bis zu welcher längs der Thalgehänge 
die Travertine reichen. Sie sind zwar nur in einzelnen Par- 
tieen vorhanden oder erhalten (Monte Parioli, Aventin, Giani- 
eolo), doch bildet ihre obere Grenze ein ziemlich constantes 
Niveau, welches sich- etwa- 15 M. über die Thalfläche erhebt. 
Denken wir uns bis zu diesem Niveau die Wasserfläche er- 
höht, so würde der Campus Martius und mit ihm die heutige 
Stadt überfluthet, der Capitolin, der Aventin und der Palatin 
würden als Inseln hervorragen und die übrigen Römischen Hu- 
gel sich als weit vorspringende Halbinseln und Landzungen 
darstellen. Selbst zwischen den beiden Gipfeln des Capitolins 
sind einst die Tiberwasser geflossen; denn bis zu jenem Inter- 
montium, zu welchem die berühmte Treppe hinaufführt, rei- 
chen die Flussgeschiebe. Auf solchen ruht die Reiterstatue 
Marc Auvrer’s. In dem Maasse, wie die Tiber die Thalfläche 
erhöhte, hat sie selbst innerhalb des Stadtgebietes mehrfach 
ihren Lauf gewechselt. Zeugnisse dafür sind ihre Sümpfe und 
Hinterwasser, über deren ehemalige Existenz die älteste Ge- 
schichte der Stadt Kunde giebt. Auch vor der Porta del Po- 
polo kann man eine Veränderung des Laufes der Tiber con- 
statiren. Sie floss ehemals dicht unter den Travertinfelsen des 
Monte Parioli hin, so dass die Strasse unter dem Consul FLA- 
Minus im Jahre 187 v. Ch. hier in den Fels gehauen werden 

Zeits. d.d. geol. Ges. XVIIl.3. 33 


| 506 a 


musste. Erst seit dem 7. Jahrhundert n. Ch. nahm der Fluss 
seinen Lauf gegen das rechte Thalgehänge. ; 

Als die erste menschliche Ansiedlung am Unterlaufe der 
Tiber stattfand, war die heutige Stadtfläche noch unbewohnbar; 
denn es breitete sich dort (etwa an der Stelle des heutigen 
Rione della regola) der Capreische Sumpf aus. Zwischen Ca- 
pitolin und Palatin ‚war das Velabrum minus, zwischen letzte- 
rem und dem Aventin das Velabrum majus, welche sich gegen 
die Tiber vereinigten. An letzteren, durch den zweiten TAr- 
guısıus mittelst der Cloaca maxima entwässerten Sumpf knüpft 
bekanntlich die Sage über den Gründer Roms und seine Aus- 
setzung an. Zur Zeit der Gründung Roms überschwemmte der 
Fluss bei Hochwasserstand die weite Thalfläche (s. Livuus B.1. 
Cap. 4), was jetzt nicht mehr geschieht. Was- schon der An- 
blick der gelben Tiber-Fluthen vermuthen lässt, dass sie näm- 
lich an ihrer Mundung viel Land ansetzen mussen, wird auch 
durch geschichtliche Nachrichten bestätigt. So findet sich im 
Alterthum keine Erwähnung der Isola Sacra, welche die beiden 
Tiber -Mundungen umgeben. Sie wird zuerst durch ProcoPıus 
erwähnt. Die Stadt Ostia, welche jetzt über 2 Miglien vom 
Meere entfernt liest, scheint zur Zeit ihrer Gründung am Meere 
gelegen zu haben (s. v. Horr, Natürl. Veränd. der Erdoberfl. 
I. 282). : 

Roms Ruinen stehen bekanntlich mit ihren Basamenten 
unter dem Niveau der heutigen Stadtfläche. Diese Erhöhung 
des Bodens ist hier gewiss zum Theile dem gehäuften Schutte 
der zerstörten Gebäude zuzuschreiben, zum Theile aber hat 
sie allgemeinere Ursachen, welche ihre Wirkungen in ‚gleicher 
Weise an ähnlichen Oertlichkeiten zeigen. Einige interessante, 
hierher gehörige Thatsachen theilt Icıno Coccmı (Di alcuni 
resti umani ete., Memorie d. soc. ital. di Scienze nat. Vol. ]l. 
1865) mit. Die Ebene des Arnothals hat sich in der Gegend 
von Florenz seit dem ersten Jahrhundert n. Ch. um 0,9 M. 
erhoht, während die Thalsohle zur etruskischen Zeit 2,3 M. 
unter der heutigen lag. Auf der Hochfläche von Arezzo liegt 
das mittlere Niveau der Römischen Flur 4 M. unter der heu- 
tigen, und noch tiefer lag die Flur zur Zeit der Etrusker. Durch 
die Eisenbahnbauten zwischen Rom und Fuligno wurde die 
alte Via Oassia aufgedeckt in einer Tiefe von 3 M. unter der 
heutigen Oberfläche. Durch Herrn Narpı in Campiglia mari- 


507 


tima wurde mir mitgetheilt, dass man beim Bau der Eisenbahn- 
brücke uber die Cornia, nahe Piombino, in einer Tiefe von 
etwa 8M. auf das Pflaster der alten Via Emilia gestossen sei. 
In einem gebirgigen Lande alter Cultur wie Italien, wo seit 
den ältesten Zeiten die Oberfläche der mittleren Berglehnen 
für die Bebauung gelockert und die Kämme der Gebirge 
entwaldet sind, erreicht die stetige Erhöhung der Thalflur 
und der Ebenen einen viel bedeutenderen Grad als in un- 
seren nördlichen Ländern, wo der Mensch erst spät und bei 
Weitem nicht in dem Maasse die Erdoberfläche ihrer natür- 
lichen Pflanzendecke beraubte. v. Horr sagt in seinem klassi- 
schen Werke: „So sehr auch Rom selbst den Erderschütte- 
rungen unterworfen ist, so weiss man doch von eigentlich 
vulkanischen Phänomenen daselbst und in der Umgegend in 
neuerer Zeit nichts.“ Wohl aber hat sich in Roms Nähe ein 
pseudovulkanisches Ereigniss 'zugetragen, welches um so in- 
teressanter ist, als es auch einige in Roms Geschichte aufbe- 
wahrte physische Vorgänge in’s Gedächtniss zurückruft und 
wohl auch zur Erklärung dieser vom Dunkel der Vorzeit um- 
hüllter Ereignisse. .beiträgt. Es ist die in den letzten Tagen 
des October 1856 erfolgte pseudovulkanische Eruption von 
Lagopuzzo, welche, da sie diesseits der Alpen wohl nur we- 
nig bekannt geworden sein mag, hier im Wesentlichen nach 
Ponzı’s Bericht wiedergegeben wird. 

Am Südabhange des Soracte entspringt ein Bach, welcher -. 
gegen Suden durch das aus vulkanischem Tuffe gebildete Hu- 
gelland seinen Lauf nimmt, um sich bei Scorano in das hier 
2: Miglien breite Tiberthal zu ergiessen. Dieser Bach führt 
jetzt den Namen Gramiccia (während ihn die Römer Capenas, 
die Etrusker Remigi nannten) und trennt die Bezirke von Le- 
prignano und Fiano. Im Thale dieses Baches, kaum 1 Miglie 
östlich von Leprignano, 15 Miglien nördlich von Rom, breitet 
sich eine von niederen Tuffhöhen umgrenzte (kaum - Miglie 
ausgedehnte) Ebene „Lagopuzzo* auf der rechten Seite aus, 
welcher auf dem jenseitigen Ufer die kleine Ebene Costa del 
lago entspricht. Wie schon diese Namen andeuten und noch 
bestimmter die die Flächen bildenden, thonigen Alluvionen be- 
weisen, stagnirte hier einst das Wasser, welches dann wohl 
unzweifelhaft von Schwefelwasserstoffexhalationen den Namen 
Lagopuzzo („stinkender See“) erhielt, wie der Hafen der Halb- 


33 * 


508 


insel Methana die Bezeichnung „Bromnolimni*. Einige Jahre 
vor dem zu schildernden Ereignisse waren auf der  sumpfigen 
Fläche mehrere neue Quellen hervorgebrochen, darunter auch 
eine hier bisher unbekannte schwefelwasserstoffhaltige. Diese 
letztere scheint indess auch schon in altrömischer Zeit hier 
entsprungen zu sein, wie die in unmittelbarer Nähe befindlichen 
Ruinen von Thermen-Anlagen zu beweisen scheinen. 

Am 28. October 1856 bei Sonnenuntergang bemerkten die 
Feldarbeiter in der Ebene Lagopuzzo, dass sich eine kreisför- 
mige Fläche von der Grösse einer Tenne durch Spalten von 
der umliegenden Ebene loslöste und allmälig senkte. Unter- 
irdisches Getöse liess sich vernehmen, so dass das in jener 
Gegend befindliche Vieh die Flucht ergriff. Das-Getöse wuchs, 
und es mischten sich in dasselbe von Zeit zu Zeit Detonatio- 
nen, ähnlich dem Kanonendonner, wodurch auch die Arbeiter 
bewogen wurden, die Ebene zu verlassen. Sie stiegen die Höhe 
gegen Leprignano hinan, als sie, kaum }! Miglie vom Orte des 
Schreckens entfernt, durch den heftiger werdenden Donner ver- 
anlasst wurden, die Blicke zuruckzuwenden. Sie sahen nun, 
wie an jener Stelle, deren Boden gesenkt und in Spalten zer- 
rissen war, Erde, mit Wassermassen gemengt, emporgeschleu- 
dert wurde. Eine dichte Staubmasse lagerte sich zugleich über 
das ganze Gebiet und bald verbarg sich, während die Intensität 
der Erscheinung zunahm, die Schreckensscene in der zuneh- 
menden Finsterniss. Nach den Berichten eines Schäfers er- 
reichte die Eruption unter fürchterlichen Detonaiionen ihren 
Höhepunkt gegen 7 Uhr Abends. Am folgenden Morgen kehr- 
ten die Landleute zurück -und fanden eiuen von vertikalen 
Wänden umschlossenen, wassergefüllten Schlund, dessen Fläche 
mit weissem Schaume bedeckt war, während der Boden umher 
Wassertümpel und ausgeschleuderte Erdstücke zeigte. Uebel- 
riechender Schwefel- (Wasserstoff-) Geruch. stieg aus dem 
Schlunde auf. Obgleich die Detonationen weniger intensiv und 
seltener statthatten als am Abende vorher, so behielten sie 
denselben Charakter. Nach jeder Eruption stiegen gewaltige 
Gasmassen auf.‘ An drei Stellen der Wasserfläche, wo die 
Gasblasen aufstiegen, war sie rein von Schaum. Dort erhob 
sich das Wallen der kochenden Bewegung bis 1 Palm (= +M.). 
Andere wallende Quellen befanden. sich mehr gegen die Peri- 
pherie der Wasserfläche. Nach jedem Auswurfe vermehrte sich 


5 509 


die aufwallende Gasmasse. So war das Wasser in beständigem 
Aufruhr und die Bewegung so heftig, dass die vertikalen Wände 
des Kessels in wiederholten Erdfällen einstüurzten. Es verfloss 
so der zweite Tag. Am dritten nahmen die beschriebenen Er- 
scheinungen ab, und nach einer Reihe von Tagen blieben als 
Zeugen des Phänomens nur übrig die von einzelnen aufsteigen- 
den Gasblasen bewegte Wasserfläche und die umherliegenden 
Erdstucke. Ob zur Zeit des höchsten Paroxismus ein Beben 
der Erde stattgefunden, konnte mit Bestimmtheit nicht festge- 
stellt werden. Erst am 21. November konnte Ponzı die 
Oertlichkeit besuchen; der kreisföormige Schlund mass damals 
100 M. im Durchmesser, die senkrecht abgeschnittenen Wände 
ragten 5 M. über den Wasserspiegel hervor und zeigten sich 
bestehend aus den Susswasser-Ablagerungen, von denen der 
alte Thalkessel erfullt war. Die herausgeschleuderten Massen, 
aus denselben Schichten bestehend, welche im Schlunde ent- 
blosst sind, lagen zum Theil über 30 M. von diesem entfernt 
und waren bis 2 Cubikmeter gross. Ponzı bestimmte die See- 
höhe der Ebene Lagopuzzo zu 27,6 M., die Tiefe des Schlun- 
des zu 30 M. Die Temperatur des Wassers in demselben war 
6° R., während die Lufttemperatur nur 1° zeigte. Damals 
war kein Geruch nach Schwefelwasserstoff mehr wahrzunehmen 
und überhaupt das Wasser von dem gewöhnlichen Quell- und 
Tagewasser der Gegend nicht verschieden. 

Poxzı erinnert daran, dass ein Theil des Mittelmeerge- 
bietes in der Zeit vom Ende des September jenes Jahres bis 
in den November hinein von vielfachen und heftigen Erdbeben 
betroffen wurde (wenngleich dieselben wohl in keinem Zusam- 
menhange mit der Katastrophe von Lagopuzzo: stehen), Von 
dem sehr heftigen Erdbeben, welches so grosse Verwustungen 
in Candia, Rhodos und Malta anrichtete — am 12. October — 
wurden auch Sizilien, Calabrien und einige Theile des Kirchen- 
staates betroffen. Auf Ventotene, einer der Ponza- Inseln, 
wurde am 26. October, also nur zwei Tage vor der Eruption 
von Lagopuzzo ein Beben des Bodens bemerkt. Ich möchte 
nicht glauben, was Ponzı vermuthet, dass „ein Steinregen“, 
welcher im Gebiete der Vejenter im Jahre Roms 544 (210 v. 
Chr.) nach Livıus’ Bericht sich ereignete, auf eine ähnliche, 
vielleicht an demselben Orte stattgehabte Eruption zu bezie- 
hen sei. Wohl aber möchte ich an das Ereigniss erinnern, 


510 


welches im Jahre Roms 392 (362 v. Chr.) das Volk in 
Schrecken setzte.*) 


I. Bas Albaner- Gebirge. 


Das schöngeformte Albaner- oder Latiner-Gebirge, die 
Wiege der Römischen Grösse, erhebt sich, mit zahlreichen weit- 
hin leuchtenden Dörfern und Villen bedeckt, in einer Entfer- 
nung von 12 bis 15 Miglien am südöstlichen Horizonte Roms. 
Von dem berühmtesten Aussichtspunkte der Stadt, der Terrasse 
von 8. Pietro in Montorio auf dem Gianicolo, erblickt man 
über die todte Fläche der Campagna hinweg, welche nur durch 
alte Ruinen — und namentlich durch die Grabdenkmäler 
der Via Appia — belebt wird, jene herrliche Hügelgruppe, 
deren blühender Anbau und dichte Bewohnung einen seltsamen 
Contrast zu der sich bis zu ihrem Fusse ausbreitenden Ebene 
bildet. Die ganze Berggruppe überragt der M. Cavo, welcher 
seinen steilen Abfall gegen Osten, gegen den sogenannten Campo 
di Annibale wendet, während der westliche Abhang sanfter 
hinabzieht und in allmäliger Senkung sich mit der seegleichen 
Fläche der Küsten-Campagna, dem Laurentischen Gefilde (wo 
Aeneas landete), verbindet. Diese sanft geneigte Linie wird durch 
den M. Gentile bei Ariceia und durch den M. Savelli unterbrochen. 
Letztere Kuppe erinnert in hohem Grade an den Camaldoli-Kegel 
am westlichen Vesuvgehänge, wie denn beide ähnlichen Seiten- 
eruptionen eines grossen Oentralvulkans ihre Entstehung ver- 
danken... Zur Linken des M. Cavo gestaltet sich das Gebirge 
zu einer hocherhobenen, gleichsam schusselförmigen Ebene, an 
deren nördlichem Rande die staffelförmig über einander ge- 


*) In eben dem Jahre soll entweder durch ein Erdbeben, oder sonst 
eine gewaltsame Wirkung etwa die Mitte des Marktplatzes in eine weite 
Kluft zu einer unermesslichen Tiefe hinabgesunken seinys und dieser 
Schlund soll sich durch alle hineingeschüttete Erde, die Jeder nach 
Kräften herbeischaffte, nicht haben ausfüllen lassen. — — Da habe M. 
Courrıus, unter Erhebung seiner Blicke zu den am Markte ragenden 
Tempeln der unsterblichen Götter und zum Capitole und die Hände im 
Gebete bald zum Himmel empor-, bald in die weite Oefinung der Erde 
zu den Göttern der Todten hinabstreckend, sich selbst zum Opfer ge- 
weiht und auf seinem Pferde in voller Rüstung sich. in den Schlund 
hinabgestürzt. Der Curtische See habe von ihm seinen Namen erhalten. 
T. Livivs, VII, 6, 


il 


thürmten Häuser von Rocca di Papa erbaut sind. Jene Ebene 
werden wir alsbald als den Centralkrater des Gebirges kennen 
lernen. Weiter zur Linken erhebt sich ein Ring von Vorber- 
gen, deren untere Gehänge von den schimmernden Städtchen 
Grotta ferrata und Frascati bedeckt werden. Den nordöst- 
liehsten Ausläufer des Gebirges bildet der M. di Colonna. 
(Taf. XI. B.) 

Einen von dem geschilderten sehr verschiedenen Anblick 
gewährt das Gebirge, wenn wir unseren Standpunkt in gleicher 
Entfernung gegen Süden wählen, bei Conca, 6 Miglien nordöstlich 
von Nettuno. Es dominirt nun ein breiter Rücken (ein Theil 
der äusseren Ringumwallung), dessen höchster Gipfel den Na- 
men Monte Artemisio trägt. Am südlichen Gehänge desselben, 
auf einer niederen Vorhöhe, liegt die Stadt Velletri. Wo jener 
wallförmige Rücken mit dem M. Spina abbricht, wird das in- 
nere Gebirge, namentlich der M. Cave, sichtbar. Ein mehr- 
gipfeliges Bergland schliesst sich weiter zur Linken an. Auf 
einer der zahlreichen peripherischen Kuppen erhebt sich Civita- 
Lavinia, das alte Lanuvium. Mit dem M.’Giove und dem M. 
Savelli erhebt sich das Gebirge zum letzten Male und senkt 
sich dann in die Ebene. (Taf. XI. A.) 

Eine dritte Ansicht der Albanischen Berge bietet sich uns 
von Palestrina am Fusse der Appenninen dar. Wir haben hier 
die äussere Ringumwallung gerade vor uns, deren gegen Süden 
und Südwesten ziehende Hälfte im M. Artemisio kulminirt. 
Durch die hochliegenden Dörfer Rocca Priora, M. Campatri, 
M. Porzio wird der weitere Verlauf des Walles bezeichnet, an 
dessen Fusse, als nördlicher Endpunkt des ganzen Gebirges, 
der M. di Colonna aufsteigt. (Taf. XI. C.) 

Tiefebenen breiten sich rings um unser Gebirge aus, indem 
die Römische Campagna sich einerseits durch die Laurentische 
in die Pontinische Ebene, andererseits in die weite Ebene des 
Saceo - Thals fortsetzt. So lagert sich zwischen dem Fusse 
des vulkanischen und demjenigen des Appennin- Gebirges eine 
Ebene von 3 bis 4 Miglien Breite. Wie das Albaner- Gebirge 
hier von dem Hauptstamme des Appennins durch eine breite 
Ebene getrennt ist, so auch von jenem isolirten Zweige des- 
selben, den Lepinischen Bergen, welche vom Thale des Sacco 
und der Pontinischen Ebene begrenzt werden und gegen Nord- 
westen bis Cora, gegen Südosten bis zum unteren Liris sich er- 


512 


strecken. Zwischen dem Albaner- und dem Lepinischen Ge- 
birge zieht eine waldbedeckte Tiefebene hin, welcher die 
Eisenbahn folgt, um in die Thalebene des Sacco, in das Land 
der alten Herniker zu gelangen. Begreiflich, dass sich auf 
den fruchtbaren Albanischen Bergen eine dichte Bevölkerung 
zusammendrängt, da die dieselben rings umschliessenden Ebenen 
in einer Hälfte des Jahres von Fieberluft erfüllt sind. Das arme 
päbstliche Land in seinen heutigen Grenzen wird zur Hälfte 
_ von pernieiösen, tödtlichen Fiebern eingenommen; ein weiteres 
Viertel leidet unter intermittirenden Fiebern; nur ein Viertel 
des Landes erhebt sich inselformig in reinere Lüfte und bildet 
in den Sommermonaten die Zufluchtsstätte der Menschen. Solch 
eine Insel ist das Albaner - Gebirge. 

Ueber einer gemeinsamen, fast kreisförmigen Ba deren 
Umfang etwa 36, deren- Durchmesser etwa 12 M. beträgt, er- 
heben sich von allen Seiten die Abhänge zunächst ungemein 
sanft unter Winkeln von 2 bis 3°, dann von etwa 5 bis 8°. 
Bei einer Vergleichung der Basis des Albaner-Gebirges mit 
derjenigen des vereinigten M. di Somma und Vesuvs stellt 
sich heraus, dass das Römische Gebirge, wenngleich niedriger, 
einen etwas grösseren Flächenraum bedeckt. JuL. Scumipr 
(Eruption des Vesuvs im Mai 1856, S. 92) giebt den Umfang 
des Vesuvgebirges zu 25,6, dessen Durchmesser im Mittel zu 
8,7 Miglien an. 

Die unteren, flachen Gehänge des breiten Albanischen Ge- 
birgskegels werden von einer sehr grossen Zahl radial ange- 
ordneter, meist sanfter Thalmulden durchschnitten, deren Zahl 
weit über Hundert betragen mag. Man sieht diese Configura- 
tionen des Bodens vortrefllich auf der Bahnlinie zwischen Al- 
bano und Velletri, da diese entweder auf Dämmen die "Thäler 
kreuzt oder in Einschnitten die jene Senkungen trennenden 
Höhenrücken durchschneidet. Diese unteren Gehänge sind 
prächtig angebaut und ernähren eine so dichte Bevölkerung, 
wie sie kein anderer Theil des heutigen Kirchenstaates aufzu- 
weisen hat. Es liegen hier die Orte Velletri, Civita- Lavinia, 
Genzano, Ariceia, Albano, Castel- Gandolfo, Marino, Grotta 
ferrata, Frascati, Monte Porzio und Monte Campatri. 

Der grosse, dem ganzen Gebirge gemeinsame Kegel ge- 
staltet sich (ganz ähnlich wie am Vesuv) zu einem mächtigen 
Wallgebirge, welches auf drei Seiten, gegen Norden, Osten und 


513 


Süden, geschlossen, gegen Westen aber geöffnet ist. Als höhere 
Gipfel dieses Ringwalls sind mit besonderen Namen ausge- 
zeichnet: M. Spina, M. Artemisio, M. Peschio, M. Vescovo, 
M. Ceraso, Rocca Priora, M. di Tusculo. Gegen Westen, wo 
- diese Umwallung fehlt (ähnlich wie der Somma-Wall im süd- 
lichen Theile des Vesuvgebirges), finden sich an deren Stelle 
"merkwürdige, tief eingesenkte Kraterseen — Maare. Jener 
Wall ist nicht ein vollkommenes Kreissegment, vielmehr etwas 
unregelmässig gestaltet, indem der nördliche Theil desselben 
einen fast geradlinigen Verlauf hat und sich am M. Ceraso mit 
nahe rechtwinkliger Umbiegung an den östlichen Walltheil an- 
schliesst. Die äusseren Gehänge dieses Ringgebirges sind 
mehr oder weniger sanft, während die inneren steiler absturzen. 
Immerhin ist — sei es, dass man vom hohen Rande des cen- 
tralen Kraters diesen peripherischen überschaut, oder die treff- 
liche Karte des österreichischen Generalstabs, welche bei Aus- 
führung der diesen Aufsatz begleitenden orographischen Karte 
(Taf. XI.) zur Grundlage diente, betrachtet, in Verbindung 
‚ mit der geognostischen Kenntniss dieses Gebirges, — die 
Ueberzeugung unabweisbar, dass wir hier einen mächtigen, 
alten Krater vor uns haben. Dieser grosse Wall umschliesst 
nun ein weites, halbmondförmiges Thal, Val di Molara, welches 
dem sogenannten Atrio des Vesuvs vergleichbar ist. Die 
Flächendimensionen sind im Römischen Gebirge bedeutender 
als am Vulkane Neapels, die absoluten Höhen und noch mehr 
die Neigungen geringer. Mächtige Baumvegetation bedeckt 
- diese schwer zugänglichen Theile des Gebirges. Inmitten des 
halbmondförmigen Thales steigt endlich der fast vollkommen 
zirkelrunde Kranz des centralen Kraters empor, dessen höchster 
Gipfel der M. Cavo ist. Wie die äusseren (fehänge des Ge- 
birges, so sind auch die gegen die Val di Molara gerichteten Ab- 
hänge des Centralkraters von radialen Schluchten zerschnitten, 
und wie der äussere Wall gegen Westen fehlt, so ist auch der 
innere Kraterrand auf seiner nordwestlichen Seite durchrissen. 
Die Kraterebene stürzt hier in vertikalen Wänden gegen Grotta 
ferrata ab. Der Bach, welcher im inneren Kraterboden wie 
ein Wiesenbach hinfliesst, stürzt sich plötzlich über unzugäng- 
liche Felsen in eine enge Schlucht hinab. Eine hohe, isolirte 
nackte Felsmasse überragt den oberen Rand; auf derselben 
stand im Alterthum die Arx Albana, später das jetzt zerstörte 


514 


Castell von Rocca di Papa, dem ersten weltlichen Besitz des 
Pabstthums. r 

Nachdem wir eine allgemeine Uebersicht über das Ge- 
birge gewonnen, wollen wir die einzelnen Theile desselben 
zugleich in ihren horizontalen und vertikalen Dimensionen 
_ genauer kennen lernen. 

Der grosse peripherische Krater, dessen kreisförmige Basis 
12 bis 13 M. im Durchmesser besitzt, hat einen inneren Durch- 
messer von Wall zu Wall in ostwestlicher Richtung von 6 M., 
in nordsüdlicher Richtung von 54 M. Längs der Bahnlinie 
von Fratocchie (wo dieselbe die alte Via Appia kreuzt) bis 
Velletri, auf welcher Strecke man etwa zwei Fünftel des mäch- 
tigen Kegelmantels umkreist, zählt man mindestens 45 Radial- 
thäler. Der Kraterwall ist auf etwa 240° eines Kreisbogens 
erhalten, der Rest zerstört oder nie vorhanden gewesen. Im 
Süden beginnt der Wall in den beiden Gipfeln des M. Spina 
mit Höhen von 2161 uud 2182 Par. Fuss; es folgen der M. 
Artemisio mit mehreren Gipfeln zwischen 2241 und 2915 Fuss, 
M. Vescovo mit einer Höhe von 2752 Fuss. Dann senkt sich der 
Kammi bei La Cava bis etwa 1900 Fuss. Nördlich von dieser Sen- 
kung erhöht sich der Wall wieder und kulminirt in zwei neben 
einander gestellten Gipfeln, dem M. Fiore und dem M. Ceraso, 
mit Höhen von circa 2600 Fuss. Dann senkt er sich allmälig 
in der Höhe von Tusculo zu den’ gegen Frascati vorgescho- 
benen Hügeln hinab. Der südliche Theil des grossen Ringwalls 
ist demnach am höchsten ; ihm folgt an Höhe die nördliche Seite, 
während der östliche Theil sich tiefer senkt und der westliche 
gänzlich fehlt. Das halbmondförmige Thal di Molara besitzt 
in seinem östlichen Theile eine Breite von 2,8 M., während 
in Nord und Süd sich dieselbe auf 2 M. vermindert. Die Aus- 
dehnung dieses weiten Thales erhellt aus der Thatsache, dass 
in seiner östlichen Hälfte die grosse Roma mit ihrem weiten 
Mauergürtel Raum fände. In Ost und Süd ist das Thal dicht 
bewaldet, in Nord theils mit Gras, theils mit Getreidefluren 
bedeckt. Die Höhe des Thalbodens über dem Meere beträgt 
im südlichen Theile 2064, im östlichen 1770, im nördlichen 
1566, im nordwestlichen Theile oberhalb Marino und Grotta 
ferrata 1648. Für folgende Punkte des grossen Ringwalls lie- 
gen noch Höhenbestimmungen vor: Velletri (Thurmkranz des 
Stadthauses) 1228, Monte Campatri (Thurmspitze) 1856, Monte 


. E 


515 
Porzio 1422, Frascati nach -Schupr’s Aneroid-Messung unge- 
fähr 1062. Die mittlere Neigung des äusseren Abhanges des 
Ringwalls schätzt Schumr auf 14°. | 

Ueber dem Thal di Molara erhebt sich auf einer etwa 3,5] M. 
im Durchmesser haltenden, fast kreisrunden Basis der centrale 
Kraterkegel, dessen innere Kraterweite 1,5 M. beträgt. Die 
äusseren Gehänge des Centralkraters mögen im Mittel etwa 
-20 betragen (sind demnach erheblich steiler als die gleich- 
sinnigen Gehänge des äusseren Walls); nur gegen Westen sind 
dieselben zum Theil viel jäher. Von dem Walle des Gipfel- 
kraters laufen zahlreiche, radiale Rippen gegen die Peripherie 
(V.di Molara) aus, so namentlich vom M. Cavo, dem höchsten 
Gipfel, welcher dem centralen Krater im Südwesten aufgesetzt 
ist. M. Cavo (Fussboden der Kirche) hat eine Höhe von 2921 öst. 
Fuss, 2937 franz. Fuss, 2942 nach Schumr’s Aneroid-Messung. 
Ein alter, mit mächtigen Lavablöckeu gepflasterter Weg führt zum 
breiten Gipfel empor. „Dort stand das uralte, berühmte National- 
heilisthum der latinischen Bundesstädte, der Tempel des Jupiter 
latialis. Gleichsam als achte die zerstörende Zeit dieses ehrwür- 
dige Denkmal uralter Kulturepoche, überdauerte wunderbarer 
Weise dieser Tempel die alte und neue Welt. In seinen wesent- 
lichen Theilen unverletzt, beherrschte er noch immer, weithin 
sichtbar das gesammte Latium“ (Foursıer). Erst im Jahre 1783 
wurde er zerstört und aus seinen Trümmern eine Klosterkirche 
gebaut. 

Die an den M. Cavo gegen Osten sich anreihenden, durch 
besondere Namen nicht ausgezeichneten Gipfel messen 2681, 
2838, 2903, 2943 Par. Fuss, während die sich an die Felsen 
von Rocca di Papa anschliessenden Höhen des nördlichen Krater- 
' walls 2897, 2678, 2404, 2309, 2484 Par. Fuss messen. Die 
innere Kraterfläche, ein ehemaliger Seeboden, welcher zum 
' grösseren Theil vollkommen eben und mit Süsswasseralluvio- 
nen erfüllt ist, führt den Namen Campo di Annibale und hat 
eine Höhe von 2318 Fuss. Ueber derselben erhebt sich dem- 
nach, und zwar mit jahem Ansteigen, der M. Cavo noch 619 Fuss. 
Die tiefste Stelle des Kraterrandes, welche der im Campo di 
Annibale entspringende Bach durchbricht, misst nach Scuumr 
2352 Fuss. Mit sanften Abhängen überragt diese innere Ebene 
ein Centralhügel, bis zu 2532 Fuss ansteigend, also 216 Fuss 
über der umliegenden Ebene. Dieser innere Kegel ist aus der 


516 En 

Mitte gegen den östlichen Kratersaum gerückt und durch einen 
niederen Rücken mit demselben verbunden. Der kreisförmige 
Campo di Annibale, über dessen gegen Nord-Westen zerrissenen 
Kraterwall die fernen Gebirge von Bracciano und Vico heruber- 
schauen, inmitten des grossen Vulkangebirges von Albano, 
bietet für den Geognosten einen hohen Reiz dar. Am 26. März 
1865 war dieser Campo noch schneebedeckt, zeigte sich aber 
vierzehn Tage später im ersten Frühlingsgrün. Im Vergleiche 
zum grossen, peripherischen Ringwall erscheint der Krater des 
Campo di Annibale zwar nur klein, nichtsdestoweniger sind 
seine Dimensionen noch bedeutend genug. Denn der Central- 
krater des Albaner-Gebirges hat fast genau die Grösse der 
Gebirgsumrandung des Laacher - Sees. | 

Bei aller Aehnlichkeit des Albanischen und des Vesurv- 
gebirges, wie sie aus Vorstehendem erhellt, fallen die geringere 
Höhe und namentlich die geringeren Neigungen aller Gebirgs- 
theile bei dem ersteren als unterscheidend auf. Diese Ver- 
schiedenheit möchte in dem vereinigten Umstande ihre Er- 
klärung finden, dass der Albanische Vulkan, vorherrschend 
aus lockeren, vulkanischen Tuffen und Aschen aufgebaut, wäh- 
rend einer viel längeren Zeit bereits den zerstörenden Ein- 
wirkungen unterliegt im Vergleiche zum Vesuv, dessen steiler 
Ringwall eine sehr grosse Menge von unzerstörbaren Lava- 
bänken einschliesst. Wer in den letzten Tagen des März 1865 
nach wolkenbruchartigem Regen die gelbbraunen Ströme sah, 
welche sich von unserem Gebirge durch jede der fast zahl- 
losen Radialschluchten herabwälzten, konnte sich eine Vor- 
stellung bilden von dem Maasse der Denudation, welcher dies 
Gebirge im Laufe vieler Jahrtausende unterlag. Die das Ge- 
birge umgebenden Ebenen waren in ein Gewirre breiter, brau- 
sender Strome verwandelt, welche eine unermessliche Menge 
der fruchtbarsten Erde dem Meere zuführten. | 

Wie bereits oben bemerkt; ist die Regelmässigkeit der 
grossen äusseren Umwallung auf der westlichen und südwest- 
lichen Seite gestört, und an ihrer Stelle befinden sich mehrere 
ausgezeichnete Kraterseen. Das grösste und schönste dieser 
Maare*) ist der Lago di Castello oder Albaner-See. 


*) Ich fasse hier den Begriff des Maars etwas weiter als Ar. von 
HumsoLpt, wenn er (Kosmos, B. IV. S. 275) die Maare der Eifel definirt 


517 


Der 903 Fuss hohe Seespiegel nimmt den Grund des 
' Kessels, der ihn birgt, vollständig ein; ringsum senken sich 
zur Wasserfläche die Gehänge ausserordentlich steil. Der See 
stellt eine elliptische Fläche dar, deren längere, von Nordwesten 
nach Südosten gerichtete Axe 1,9 M., die kürzere 1,2 M. be- 
trägt. Die entsprechenden Durchmesser des oberen Kessel- 
randes sind 2,3 und 1,5 M. Die östliche Hälfte des Krater- 
Sees, welche gegen das Centrum des vulkanischen Gebirges 
gerichtet ist, hat keinen selbstständigen Wall, sondern es stellt 
sich nach dieser Seite das Seebecken als ein Einsturz dar. 
In der westlichen Hälfte aber umgiebt den See ein erhöhter 
Wall, welcher steil nach innen,. sanft nach’aussen abfällt. Der 
Seerand ist am höchsten und jahesten an seiner östlichen Seite, 
unter den M. Cavo. Hier ist seine Meereshöhe nach Schmipr 
1689 Fuss. Fast 800 Fuss stürzt demnach mit einer Neigung 
von über 45° der Abhang gegen den See. Der nördliche 
Rand nahe Marino hat eine Höhe von 1134 Fuss, der nord- 
westliche misst nach Scamipt 1182 Fuss. Auf dem westlichen 
Wall liegt mit herrlicher Aussicht über die weite Römische 
Campagna und über die Seetiefe hinweg zum höchsten Gebirgs- 
gipfel der päpstliche Sommerpalast Castel-Gandolfo, 1444 Fuss 
hoch (Laterne der Kuppel). Einen besonderen landschaftlichen 
Reiz erhält die süudwestliche Wallhöhe durch den berühmten 
Laubengang, welcher vom päpstlichen Palast nach dem Kapuziner- 
kloster oberhalb Albano führt. Gegenüber Oastel-Gandolfo 
auf dem hohen, östlichen Steilufer steht das Franziskaner- 
Kloster Palazzola. Daselbst bewundert man die hohe, künst- 
lich abgeschrägte Tuffwand, ferner einen in den Fels gehauenen 
Kanal, Spuren des am Fusse des M. ‚Oavo und auf hoher 


als ‚„kesselförmige Einsenkungen in nicht vulkanischem Gesteine, von 
wenig erhabenen Rändern umgeben, die sie selbst gebildet.‘“ Ueber diese 
Definition vergl. H. Voceısang’s „Die Vulkane der Eifel“ S. 41-46. 
Das Studium der vulkanischen Erscheinungen der Eifel lehrt in über- 
zeugender Weise, dass die Maare und die Vulkankrater durch allmälige 
Uebergänge verbunden sind wie verschiedene Ausbildungsstufen ein und 
derselben Entwickelungsreihe. Diese Ueberzeugung spricht auch Mır- 
SCHERLICH in seinem (von Roru herausgegebenen) Werke ‚über die vul- 
kanischen Erscheinungen in der Eifel“ mit den Worten aus: „Mit wel- 
chen Erscheinungen ein vulkanischer Ausbruch in der Eifel begann, 
kann man am besten am Uelmer Maare beobachten, weil er dort am 
frühesten gleich in der ersten Periode seiner Thätigkeit aufhörte.“ 


BE . 


Uferkante des Sees sich lang hinziehenden Albas. Die Ufer- 
ränder des Sees lassen namentlich in: seiner östlichen Hälfte 
eine deutlich ausgesprochene Terrassenbildung erkennen, welche 
auf nahe horizontale Schichtung des die Seeumwallung bilden- 
den Tuffs hindeutet. 1 

Der regelmässig elliptische Verlauf des Seerandes wird 
auf der nordöstlichen Seite durch einen in den See hinein- 
ragenden Vorsprung übrigens nur wenig gestört. Der See- 
spiegel kann ein bestimmtes Niveau nicht übersteigen, da ein 
unter Castel- Gandolfo durch den Tuffwall getriebener 'Stolln 
das Wasser ableitet. Der Emissar, 6 Fuss hoch, 8160 Fuss 
lang, 34 Fuss breit, wurde im J. 397 v. Chr. ausgeführt. 

'Der Seespiegel liegt jetzt mehr als 250 Fuss ‚selbst unter 
dem tiefsten Punkte der Umwallung. Im hohen Alterthum 
hat derselbe unzweifelhaft einen höheren Stand gehabt. Die 
Schreckenszeichen, welche den Vejischen Krieg begleiteten, 
erwähnend, sagt Lıvıus (B. V. Cap. 15): „Eines erregte _allge- 
meine Besorgniss, dass namlich der See im Albaner Walde ohne 
alle Regengüsse [?] oder sonst einen Grund, der der Sache 
das Wunderbare benommen hätte, zu einer ungewöhnlichen 
Höhe‘ stieg.“ Darüber lautete der Delphi’sche Spruch: „Rö- 
mer, das Albaner Wasser darf der See nicht länger fassen; es 
darf auch nicht in seinem Strome in das Meer hinuberrinnen. 
Lass es die Gefilde netzen, über die Du es durch Kunst lei- 
test, und tilge es, in Bäche zertheilt.“ So wurde der Emissar 
gegraben, welcher noch heute das Albanische Wasser leitet. 
Es fliesst gegen Nordwesten und ergiesst sich, mit der Acqua- 
cetosa vereinigt, in die Tiber. 

Das Maar von Nemi, welches sudsudwestlich vom Gebirgs- 
Centrum in gleicher Entfernung von demselben wie der Alba- 
ner-See liegt, steht an Grösse nur wenig hinter diesem zu- 
rück. Auch seine Gestalt ist elliptisch, der grössere von Nord 
nach Sud gerichtete Durchmesser beträgt 1,8 M., der kleinere 
1,2. In der grösseren nördlichen Hälfte ist die Umrandung 
kein eigentlicher Wall, indem keine peripherische Abdachung 
vorhanden ist, sondern von der Randhöhe aus entweder eine 
weite Ebene gegen das Halbkreisthal von Molara fortsetzt, oder 
sich der Boden allmalig gegen den Wall des centralen Kraters 
und den M. Cavo emporhebt. Die südliche Umrandung fällt 
mit der allgemeinen Senkung der äusseren Gebirgsgehänge 


519 


gegen Civita Lavinia zusammen. Nur die südliche Hälfte des 
Maars ist mit Wasser erfullt, der nördliche Theil liegt jetzt 
trocken. Ehemals nahm der See einen grösseren Theil des 
Maars ein, bevor nämlich ein Emissar vom Nemi-See in das 
Thal von Ariceia hinab getrieben wurde. Ueber dies \Verk 
liest keine geschichtliche Nachricht vor; seine Ausführung 
scheint aber einem überaus hohen Alterthume anzugehören. 
Es beweist nämlich die Beschaffenheit des jetzt trocken liegen- 
den, nördlichen Theiles des Seebodens den ehemaligen höheren 
Stand des Wassers. In ihrem jetzigen fixirtem Stande berührt 
die Fluth beinahe die Stufen, auf denen einst der Tempel der 
Diana Nemorensis ruhte.. Demnach wurde der Emissar vor 
dem Tempelbau ausgeführt. Doch schon SrraBo und Pavsı- 
NIAS sprechen von diesem Tempel und seinem aus Tauris ge- 
kommenen Götterbilde als in unvordenkliche Zeiten zurück- 
reichend (Poxzı). Gleich den Hochflächen, in welche gegen 
Norden und Osten der Kraterrand fortsetzt, sind auch die steilen 
Gehänge des Sees waldbedeckt. Der Spiegel desselben liegt 
1008 Fuss über dem Meere, also reichlich 100 Fuss über dem 
Albaner-See Die Höhe des Nordwalls beträgt nach Scuuipr 
ungefähr 2130, des Sudwalls ungefähr 1200 Fuss. Die zum 
Theil mehr als 1000 Fuss überaus steil abstürzenden Ge- 
hänge, welche durch vertikale dunkle Felswände unterbrochen 
sind, geben diesem in Waldesschatten (daher Lacus nemorensis) 
ruhenden Maare einen ernsten und grossartigen Charakter, 
während der Albaner-See ein liebliches Landschaftsbild ge- 
währt. Da der See, rings umschlossen, ‘in einer tiefen Ein- 
 senkung liegt, so wird er nur selten von Winden bewegt und 
bietet meist eine spiegelglatte Fläche dar; daher eine alte Be- 
zeichnung desselben Speculum Dianae. Der Göttin Tempel 
lag tief unter Nemi, welches auf einer sich fast senkrecht über 
den See erhebenden Klippe steht. Am südwestlichen See- 
rande auf weitausschauender Höhe liegt Genzano. Zwischen 
den Seen von Nemi und von Albano dehnt sich ein etwa 
0,9 M. breiter, plateauähnlicher Gebirgsrücken aus, welchen 
man wohl als einen hier erhaltenen Theil des Kreisthals di 
Molara betrachten kann. Auf diesem gleichfalls bewaldeten 
Bergrücken erhebt sich zu nur geringer relativer Höhe gerade 
zwischen beiden Seekesseln der M. Gentile. 

Ein drittes, ansehnlich grosses, jetzt trocken liegendes 


520 - ? 


Maar. ist die Val d’Ariccia oder Vallericeia. Es liegt sudwest- 
lich vom Gebirgscentrum, seine Form ist ein schönes Oval, in 
der Richtung von Norden nach Süden verlängert. Der grössere 
Durchmesser der Umwallung beträgt 1,6, der kleinere (von 
Osten nach Westen) 1,2 M. Die innere seegleiche Fläche misst 
1,3 und 0,9 M., ihre Meereshöhe im mittleren Theile beträgt 
918 Fuss. Der nördliche Theil der Umrandung, der übrigens 
keinen selbständigen Wall, sondern nur eine der grossen Ge- 
birgsperipherie angehörige Terrasse darstellt, fällt zum Theil 
in unersteiglichen Felsen ab und wird von mehreren sehr tie- 
fen Schluchten zerschnitten. Ueber eine” derselben fuhrt jene 
prächtige (1853 vollendete) Brücke, welche den Weg von Rom 
nach Velletri und Terraeina um 2 Miglien kürzte. Ueber dem 
Kesselthal auf der höchsten Uferkante liegt Ariccia, 1280 Fuss 
hoch. Abgesehen von dem theilweise durch Felsen gebildeten 
Steilraunde von Ariccia, ist der grösste Theil der Circumvallation 
der Vallericcia wenig hoch und sanft geneigt, entsprechend 
der der Peripherie genäherten Lage dieses Maars. Sowohl 
der östliche als der westliche Kraterwall senken sich in der 
Richtung von Norden gegen Suden. Hier in der südlichen Aus- 
buchtung der elliptischen Fläche ist der Wall kaum noch an- 
gedeutet und erhebt sich nur wenige Fuss über die Maar-Ebene. 
Mit geringer Mühe konnte man demnach einen offenen Graben 
ziehen, welcher die Quellwasser der Vallericcia und mit ihnen 
die Gewässer des Nemi-Sees an der auf hohem Tufffelsen lie- 
genden, uralten Stadt Ardea vorbei dem Meere zufuhrt. Der 
Emissar aus dem Nemi-See tritt in das Becken von Ariccia 
an dessen hohem nördlichen Rande. Ueber den westlichen 
Wall des Kreisthals führt jetzt die Strasse, welche Albano mit 
der 2 Miglien entfernten Bahnstation verbindet. 

Gegen Westsüdwest, noch etwas mehr dem Centrum des 
Gebirges entrückt als die Vallericcia, liegt das kleine Maar il 
Laghetto (der alte Lacus Turnus), dessen Name auf eine ehe- 
malige, jetzt indess gänzlich verschwundene Seeerfüllung schlies- 
sen lässt. Die elliptische Umwallung hat einen grösseren, von 
Norden nach Suden gerichteten Durchmesser von 0,7 M. und 
eine Breite von 0;6 M. Die mit Olivenbäumen bepflanzten 
Gehänge senken sich sanft gegen die (578 Fuss über dem 
Meere liegende) Fläche des Maars, welches sich ohne erhöhten 
Wall gleich einer blossen Einsenkung am äusseren Mantel des 


521 


grossen Albanischen Kegels darstellt. Der östliche Wall hat 
bei der Torretta eine Höhe von 920 Fuss. Auch dies Maar 
besitzt einen durch Pabst Paul V. im Anfange des 17. Jahr- 
hunderts angelegten Emissar. 

Ausser diesen Krateren oder Maaren giebt es im weiten 
Umkreise des sanft sich verflachenden Albanischen Kegels noch 
mehrere (von mir nicht besuchte) vulkanische Kesselthäler, 
welche theils nur sehr wenig eingesenkt, theils mehr oder we- 
niger undeutlich, entweder einer nur wenig energischen erup- 
tiven Thätigkeit ihre Entstehung verdanken, oder durch die 
spätere Wirkung strömender Gewässer zerstört worden sind. 
Hierhin gehört der eirkelrunde „Lago di Oastiglione“*, der alte 
Gabiner-See. Derselbe stellt mit einem Durchmesser von 
0,8 Miglien eine flache Einsenkung in der Tufffläche dar und ist 
dem Albanischen Gebirgscentrum schon weit (8 Miglien) gegen 
Norden entruckt. Es bleibt zweifelhaft, ob dies Maar in einer 
engeren Beziehung zum grossen Albanischen Vulkane steht, oder 
ob es eine jener zahlreichen kesselformigen Bodensenkungen 
ist, welche sich in dem transtiberinischen Theile des Römischen 
Gebietes regellos und ohne Beziehung zu einem Centralvulkane 
befinden. Das Wasser des jetzt trocken liegenden Gabiner- 
Sees wurde mittelst der Osa in den Aniene geleitet. Hier ist 
auch der See Regillus zu nennen, jetzt in der nassen Jahres- 
zeit eine sumpfige Fläche (Pantano). Der Lacus Regillus, an 
dessen Ufern im Jahre 499 v. Ch. jene beruhmte Schlacht stattfand, 
in welcher Roms Macht Latium überwand, lag etwa 2 Miglien 
nordwestlich von Colonna an der Via Labicana. Derselbe er- 
füllte eine unregelmässige Depression des Bodens und scheint 
einem Maare nicht entsprochen zu haben. Nach Ponzı erkennt 
"man noch jetzt einen älteren höheren und einen jüngeren nie- 
deren Stand ‚der Seefläche, durch Geschiebe bezeichnet. Der 
altere See soll sich durch den Bach della maecchia di Lun- 
shezza, genannt Monte giardino, der jüngere durch den Bach 
ÖOsa zum Aniene ergossen haben. So lehrt ein genaues Stu- 
dium des Römischen Bodens (zu welchem sich der Natur- und 
der Alterthumsforscher die Hand reichen müssen), wie die 
Oberfläche der Erde theils durch das langsame Wirken natür- 
licher Kräfte, theils im mehrtausendjahrigen Gedränge der 
Völker durchaus verändert und verwandelt ist. 

Noch ist der Lago di Giulianello zu nennen, 3, Miglien 

Zeits. d.d.geol. Ges. X VIIL au | 54 


522 


östlich von Velletri, 7 Miglien gegen Südosten vom Gebirgs- 
centrum entfernt. Derselbe- hat eine von Norden nach Süden 
elliptische Form mit Durchmessern von 0,6 und 0,5 Miglien 
und ist in vulkanischem Tuffe eingesenkt; ferner das Kessel- 
thal il Marciano unterhalb Grotta ferrata, Prataporei und Pan- 
tano secco. 5 

Während die genannten Kesselthäler dem Albanischen Ge- 
birge ein besonderes Interesse und eine besondere Zierde ver- 
leihen, fehlen demselben auch nicht mehr oder weniger isolirte, 
den unteren Gehängen des flachen Kegels aufgesetzte kleine Kup- 
pen, welche als Zeugen seitlicher Eruptionen sich um alle grössere 
vulkanische Gebirge sammeln. Diese kegelförmigen Hügel er- 
heben sich vorzugsweise an der Peripherie des Albanischen Ge- 
birges dort, wo die sanft geneigten Gehänge sich mit der Ebene 
verbinden. Sie verleihen, mit Castellen oder Flecken gekrönt, 
auch der Landschaft einen Schmuck. Hier sind zu nennen: 
M. Savelli (4,5 Miglien vom Gebirgscentrum entfernt), M. delle 
due torri (4,2 Miglien entfernt), die Höhe, auf welcher Velletri 
steht (5 Miglien), M. Giove (5,5), die beiden Berge von Co- 
lonna (4,3) und viele andere. 

Wenig umfangreich ist die geognostische Literatur des 
Albaner-Gebirges. Hier möge erwähnt werden L. v. Buch, 
- welcher in seinen „Geogn. Beob. auf Reisen durch Deutsch- 

land und Italien“, 1802 und 1809, dem M. Albano den zwei- 
ten Abschnitt des zweiten Bandes widmet, S. 69—79. v. Buch 
gab die erste treffliche Schilderung des Peperino und scheint im 
Albaner-Gebirge zuerst zu Zweifeln an der neptunischen Ent- 
stehung des Basaltes angeregt worden zu sein. Vortrefflich, 
aber wenig bekannt geworden sind die geognostischen Be- 
merkungen über die Berge des alten Latiums von Lxor. GaE- 
LIN (in dessen Aufsatze „uber den Hauyn und einige mit ihm 
vorkommende Fossilien“; s. Schweigger’s Journ. f. Chemie und 
Physik, B. V. S. 2—17 1815). GäeLıs sprach zuerst aus, 
dass das Albaner-Gebirge späterer Entstehung sei als der 
Tuff der Römischen Campagna. L. v. Buch nahm an, dass 
die Tuffe des Aventins, des Capitolins ete. durch das Wasser 
von den Bergen des alten Latiums herabgeschwemmt worden 
wären. Da sich jedoch auf den Latinischen Bergen keine 
Stücke eigentlichen Bimssteins finden, so können jene bims- 
steinreichen Tuffe nicht von hier aus entstanden sein. Viel- 


523 


mehr muss man den Tuff der Römischen Hugel zu den ältesten 
vulkanischen Schöpfungen dieser Gegend zählen. GmELIN 
- entwarf auch bereits eine geognostische Karte Latiums, auf 
welcher er die Verbreitung folgender Bildungen angab: des 
vulkanischen Tuffs der Römischen Ebene, der Aschen und 
vulkanischen Sande des Albaner-Gebirges, der Lava Sperone, 
des Peperins und der compakten (Leucitophyr-) Lava. 

FRrIEDR. HOFFMANN scheint dem Albaner-Gebirge nur eine 
sehr kurze Zeit gewidmet zu haben. Ein zweiter Besuch, den 
er nach seiner Rückkehr aus Sicilien in Aussicht genommen, 
und durch welchen die Wissenschaft gewiss mit einer treff- 
lichen Arbeit bereichert: worden wäre, unterblieb. In einem 
Briefe, den Horrmann am 26. Januar 1831 von Catania aus 
an den Oberberghauptmann GERHARD richtete, schildert er den 
Bau des Gebirges als einen Erhebungskrater im Sinne L. von 
Bucn#’s. „Wir haben im Albaner-Gebirge eine Bildung vor 
uns; welche so vollkommen denen der von Herrn v. BucH zu- 
erst scharfsinnig unterschiedenen Erhebungskrater gleich ist, 
dass wir nicht zweifeln dürfen, sie sogleich dafür zu nehmen.* 
(Karsten’s Archiv, Bd. Ill. S. 361.) 

Es ist nicht allgemein bekannt geworden, dass HoFFMANN 
durch seine Studien in Suditalien und Sicilien dahin geführt 
wurde, die Lehre von den Erhebungskrateren zu verlassen und 
das ganze Gerüst. der vulkanischen Kegel, z. B. den M. di 
Somma, als durch Auswurf von Schlacken und Lava entstan- 
den anzusehen. 

Ueber die Topographie des Albaner-Gebirges gab JuL. 
SCHMIDT in seinem trefflichen Werke: „die Eruption des Vesuv* 
nähere Nachrichten, theils auf eigene Beobachtungen, theils auf 
die Karte des österreichischen Generalstabs und die vom fran- 
zösischen Depöt de la guerre herausgegebene Karte sich stutzend. 

Während wir in den vulkanischen Massen der Römischen 
Campagna Meeresbildungen erkannten, welche, in einem plio- 
cäanen Becken abgelagert, später gehoben, von Fluss- 
thälern zerschnitten und von diluvialen Bildungen theilweise 
bedeckt wurden, so finden wir in den Bergen Latiums die 
Zeugnisse einer echten übermeerischen vulkanischen Thätig- 
keit. Drei verschiedene Gesteinsbildungen weist unser Ge- 
birge auf: die sogenannte Lava Sperone, welche in Schlacken- 


tuffe übergeht, feste Lava und Peperin. 
34 * 


524 


Die Lava Sperone (da sie ein ganz charakteristisches 
Gestein ist, so behalte ich den Römischen Localnamen bei) 
stellt eine poröse, leichte, bei dem ersten oberflächlichen Blicke 
fast dicht erscheinende Masse dar von bräunlich- oder gelblich- 
grauer Farbe. Die genauere Untersuchung lehrte, dass diese 
Lava wesentlich bestehe aus kleinen Körnern von farblosem 
Leucit und noch viel kleineren Kryställchen von gelblich- 
braunem Granat. Ausserdem ist Augit, Magneteisen und der 
chemischen Analyse zufolge auch wohl . Nephelin sowie 
Hauyn vorhanden. In der Universitätssammlung zu Rom 
sah ich Stücke dieser Lava, deren Granate mit blossem 
Auge deutlich sichtbar waren. In dem von mir analysirten 
Stucke, welches ich an dem Felsabsturz südlich von Tuscu- 
lum schlug, waren die Granate theils in kleinen Drusen, theils 
in der Grundmasse nur mit Hilfe des Mikroskops- sichtbar. 
An einem geschliffenen Plättchen zeigte ‚das Mikroskop, dass 
die Leucite von zahllosen, äusserst feinen, farblosen Prismen 
durchdrungen sind. Im Gegensatze zu der sogleich zu er- 
wähnenden festen Lava der Ströme fällt die Abwesenheit der 
Nephelin-Melilith-Drusen “auf. Sehr viel Nephelin kann im 
Sperone nicht vorhanden sein, weil nur ein kleiner Theil der 
Gesteinsmasse gelatinirt. In diesem Gesteine oder in den 
Tuffen, in welche der Sperone übergeht, finden sich auch die 
allbekannten Melanite von Frascati, von denen die Kinder 
bei Tusculum den Fremden ganze Beutel voll anbieten. 

Das specifische Gewicht des Sperone von Tusculum 
beträgt 2.810. In der chemischen Zusammensetzung offenbart 
sich die eigenthümliche mineralogische Constitution dieser Lava: 


Kieselsaure . . . 45,67 
Schwefelsäure . . . 0,38 
Thonerder. .,. 2... 719.52 
"Eusenoxydul 2... 0... 12,97 
Kalkerde 2... = .10.94 
Maouesia . 2... 3,00 
al ee Dal 
Natron... 00 5.21 
Glühverust . . . 1,20 

100,80. 


Diese Analyse steht im Einklange mit der Mischung der 


: 525 
oben angegebenen Mineralien ‚des Gemenges, wie ein Blick 
auf folgende Zahlen lehrt: ‚ 
Kiesel- Thon- Eisen- Kalk Magn- Kali Natron 
säure erde oxyd esia 
Leueit 54,89 : 23,51 21,60 
Melanit von 
Frascati, I-an00 6,24 23,12. 32,72...1,04 
n. DamourR 
Nephelin, 2 
RAMMELS- | 
BERG’S 
Mineral- | 
Chemie 


Der Schwefelsäure-Gehalt des Gesteins lässt auf etwa 
3,2 pC. Haüyn in demselben schliessen (die Zusammensetzung 
des Albanischen Hauyns wird unten mitgetheilt werden). 

Was die vorstehende Angabe der Mischungen von Leucit, 
Melanit und Nephelin betrifft, so ist zu bemerken, dass der 
Melanit keinen wesentlichen Bestandtheil des Sperone bildet, 
sondern ein gelblichbrauner Granat, dessen Zusammensetzung 
wir indess nicht kennen. Immerhin steht der geringe Kiesel- 
säure-Gehalt des Gesteins in Uebereinstimmung mit der kie- 
selsäurearmen Mischung des Granats. 

Der Sperone erscheint in mächtigen, bankartigen Massen 
gelagert und bildet wesentlich den Tusculanischen Höhenzug 
und vielleicht die Hauptmasse des ganzen Gebirges. An seiner 
Oberfläche geht der Sperone allmälig in zusammengebackene 
Schlackenconglomerate, dann in lockere Schlacken und Aschen 
über, welche Schichten bilden, wie dieselben einen Niederfall 
aus der Luft beweisen. Diese Massen, theils von rother und 
brauner, theils von schwarzer Farbe, schliessen durch ihre 
Lagerung und unverbundene Beschaffenheit im Vergleiche mit 
dem Römischen Tuffe eine marine Bildung aus. 

Aus diesen lockeren Tuffen besteht der centrale Krater 
mit dem M. Cavo, der grössere Theil der Valle di Molara, so 
wie der ganze peripherische Ringwall. Die Schlacken und 
Aschenmassen bedecken in einem weiten Umkreise das Land 
und verbreiten sich in stets dünneren, durch feiner zertheiltes 


—-44,74 33,16 6,09 16,01 


*) Nebst 1,04 pC. Titanoxyd. 


526 


Material gebildeten Straten bis weit in die Ebenen, indem sie 
die Tuffe der Campagna überlagern. Hierdurch wird für die 
Bildung des Albanischen Vulkans ein jüngeres Alter bewiesen 
als fur die marinen Ausbrüche, welche den Tuff der Romischen 
Campagna erzeugten. Diese Altersverschiedenheit bestimmt 
hervorgehoben zu haben, ist das Verdienst Poxzi's, wenngleich 
dieselbe auch bereits aus den wenig bekannt gewordenen 
Beobachtungen Gmenm’s folgte. Nach Ponzı bedeckt der Al- 
baner Tuff eine fast kreisförmige Fläche, deren Mittelpunkt 
der Campo di Annibale ist und deren Durchmesser 15 Miglien 
beträgt. Die Grenze beider Tuffbildungen, der marinen und 
der atmosphärischen, ist indess begreiflicher Weise nur 
schwierig zu ziehen, da ferne vom Gebirge nur eine dunne 
Aschenschicht über dem marinen Tuffe liest, auch durch fort- 
schreitende Zersetzung der in der Ebene lagernde Albanische. 
Tuff stellenweise dem marinen ähnlich werden kann. « Man 
erinnere sich, wie 'schwierig und unsicher auch im Laacher 
Gebiete die Sonderung der verschiedenen Tuffe ist. Die 
Schlackenstuckchen, welche den Albanischen Tuff constituiren, 
sind meist dicht; zuweilen sieht man darunter auch kleine 
Leucitophyr- Massen verschiedener Art (mit vielen Leueit- 
und wenigen Augitkrystallen, oder auch mit vorherrschenden 
Augiten). Von losen Krystallen findet man im Tuffe: Ausgit, 
Hornblende, Magneteisen, Glimmer, Leueit, Sanidin. Von 
Mineralaggregaten kommen im Tuffe vor: Augit oder Horn- 
blende- Massen mit  Apatit (welche in so vielen Vulkan- 
bezirken zu Hause sind) und rundliche Massen (Bomben) 
von Glimmer. Trachyt oder gar Bimsstein habe ich (Poxzr’s 
_ Angabe bestätigend) nicht im Tuffe gefunden, wodurch ein 
weiteres wichtiges Unterscheidungsmittel zwischen dem Alba- 
nischen und Römischen Tuffe gewonnen wird. Es schien mir, 
als ob in den höheren Theilen des Gebirges die Tuffe eine 
mehr rollende, lapilliartige Beschaffenheit besitzen, während 
sie gegen den Fuss des Gebirges sich zuweilen verbunden 
darstellen. Der kreisrunde Wall des Campo di Annibale be- 
steht aus Schlackentuff mit Ausnahme des nordwestlichen 
Randes, über den ein Lavaguss erfolgte. Aus dem Central- 
Krater wurde (wie mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen) die 
Hauptmasse der Tuffe und Sande ausgeworfen, welche einen 
Raum von etwa 175 Quadratmiglien oder 11 geogr. Quadrat- 


527 


meilen einnehmen. Auch der kleine, zierliche Krater nahe 
der Madonna di Molara besteht aus demselben Schlackentuff. 
Er ist von ausgezeichneter Hufeisenform (s. die obere Ansicht 
der Taf. XI) und öffnet sich gleich dem centralen und dem 
grossen, peripherischen Krater gegen Westen. 

Die feste Lava der Latinischen Berge ist wesentlich ein 
und dasselbe Gestein, Leucitophyr, Vesuvgestein. In einer 
dichten oder feinkörnigen Grundmasse sind ausgeschieden 
Krystalle von Leucit, Augit, Magneteisen, zu denen 
wenigstens zuweilen noch Melilith hinzutritt.*) Das Mengen- 
verhältniss der ausgeschiedenen Bestandtheile ist ein sehr 
wechselndes und demnach auch das Ansehen des Gesteins. 
Bald ist Leueit, bald Augit vorherrschend. Häufig sind die 
Leucite so klein, dass man sie mit blossem Auge nicht 
wahrnimmt, und dann gleicht das Gestein einem Basalt, wenn- 
gleich die Farbe eine mehr lichtgraue bleibt.- Seltener sind 
Varietäten, in denen die Grundmasse von der Menge grosser 
‚ausgeschiedener Leucite fast verdrängt wird. Häufig sieht man 
nur wenige grosse, ausgeschiedene Leucite, welche man in 
Handstücken wohl übersehen könnte, wie bei Capo di Bove. 
Sie sind zuweilen von unregelmässig gerundeter Form, daneben 
andere wohlgebildete Krystalle von charakteristischem Fett- 
glanze. Bei Capo di Bove (unmittelbar am Fusse des Grab- 
mals der Cäcilia Metella, in einem von der dortigen Lava be- 
deckten Tuffe) finden sich mehrere Linien grosse Leucite, 
welche deutlich spaltbar sind parallel den Flächen des Wür- 
fels. Die Spaitungsflächen zeigen einen seidenähnlichen Glanz. 
Die Oberfläche dieser Krystalle besitzt eine bei Leuciten un- 
gewöhnliche Streifung parallel den symmetrischen Diagonalen 
der Flächen. Bereits Hauy giebt an, dass der Leucit parallel 
den Flächen des Wüurfels spalte. Doch ist eine Spaltbarkeit 
fast niemals wahrzunehmen, und die Leucite von Capo di Bove 
bilden eine fast unerwartete Bestätigung der Angabe Havr'’s. 
MittEer und Des CLoIzEaux geben Spuren einer dodeca&drischen 
Spaltbarkeit an, welche ich indess nicht bemerkt habe. Diese 


*) Nach Gmerin soll die Lava von Capo di bove auch Haüyn in blass- 
blauen, durchsichtigen, erbsengrossen Stückchen enthalten, theils in der 
Grundmasse selbst, theils in den ausgeschiedenen Leuciten. In der Lava 
vom westlichen Thore von Nemi glaubt Guerın Feldspath beobachtet zu 
haben. 


528 


parallel dem Würfel spaltbaren Leuceite von Capo di bove, 
welche durch F. Horrmann gesammelt wurden, erhielt ich 
durch die Güte des Herrn G. Rose. Der Augit ist meist 
von grüner Farbe (wie auch in der Vesuvlava), schwankend 
zwischen äusserster Kleinheit. und etwa einem halben Zoll. 
Das Magneteisen, gewöhnlich nur in mikroskopischen Körn- 
chen, giebt sich stets durch den Magneten zu erkennen. Der 
Melilith findet sich in der Nähe der durch sein Vorkommen 
ausgezeichneten Drusen auch in der Grundmasse.*) 

Die mikroskopische Untersuchung dünner Plättchen lehrt, s 
dass auch die scheinbar dichten Varietäten, in denen man mit 
blossem Auge keine Leueite wahrnimmt, aus kleinsten, dicht- 
gedräugten Leuciten zusammengesetzt sind. Die Leueite zei- 
gen zuweilen (z. B. in einer Platte von Rocca di Papa) eine 

eigenthümliche Anordnung fremder, eingemengter Krystallkörner 

oder von Theilen der Grundmasse. Grüne, rundliche Körn- 
chen (vielleicht Augit) bilden im Inneren fast eines jeden 
Leueitkrystalls der betreffenden Platte einen regelmässig geord- 
neten Kranz. Indem man die Focaldistanz des Mikroskops 
ändert, überzeugt man sich leicht, dass die betreffenden Kry- 
stallkörnchen eine Kugelfläche bilden. Ausser diesen Einmen- 
gungen umschliessen die Leueite zahllose durchsichtige, sehr 
kleine Prismen ein, welche vielleicht Apatit sind. 

Der Albanische Leucitophyr enthält theils auf Drusen, 
theils als fremdartig umhüllte Mineral - Aggregate eine grössere 
Anzahl von Mineralien. Zu letzteren gehört ein Aggregat von 
Wollastonit (Tafelspath)**) und sogenanntem Spadait, zu jenen: 
Nephelin, Melilith, Leueit, Glimmer, Augit, Phillipsit, Bi 
Kalkspath, Apatit, Magneteisenerz. 

Der Wollastonit ist in der feinerdigen, unkrystallini- 
schen, röthlichweissen Masse des Spadaits eingewachsen. Die 
bis vier Linien grossen, tafelförmigen Krystalle zeichnen sich 
durch ihre mehrfachen, vollkommenen Spaltungsrichtungen aus. 
Ich beobachtete die in der Fig. 1. Taf. X. dargestellten Flächen: 


*) Melilith findet sich in der dem Gestein von Capo di Bove so ähn- 
lichen Lava vom Herrchenberg im Brohlthale in der Grundmasse und in 
Drusen. j 

#%) Es ist deshalb nicht genau richtig, wenn Des Croızeaux (Mine- 
ralogie, I, 105) vom Wollastonit sagt: „tapissant des caviles dans une 
lave basaltique a Capo di Bove.“ 


529 


c,u, v,a, z und x, welche den gleiehbezeichneten Flächen MiıL- 
LER’S oder beziehungsweise den Flächen p, at, a2, h’, e} und e! 
Des CLoizsaux’s entsprechen. Da die Krystalle haufig Zwil- 
linge (Fig. 2 Taf. X) bilden mit der Fläche c (p), so muss 
diese Fläche als Querfläche genommen werden. Nehmen wir u 
zur Basis, so erhalten obige Flächen folgende einfache Formeln: 


e=(a:00b:o0e) = (2a: ei:;ao.h) 
wald: o8i&.:00.b) 2 =i(>atlen;bis69 ©) 
B— (aäe 930eib) x=( a:4b:ooc). 


An den Krystallen von Capo diBove konnte ich mit Genauig- 
keit die beiden Winkel e:u= 95° 21’ und a:c=110" 13’ be- 
stimmen, welche demnach sehr nahe übereinstimmen mit den 
bei MıtLLer und Des Cwoizsaux angegebenen (95° 23° und 
110° 12°). Entlehnen wir zur Berechnung der Axen-Elemente 
den Winkel e:z = 145° 7’ von Des CLoIzEAUx, so ergeben sich 
die den obigen Formeln zu Grunde liegenden Axen, wie folgt: 

a:b:c= 0,7002 :1: 0,64404 

4,0872 71,55270: 1, 

der Winkel zwischen a und e (a) = 84° 39. 

Auf genau rechtwinklige Axen lässt sich dies System nicht 
zurückführen. Da die Krystalle stets eingewachsen, so sind 
die Flächen nicht vollkommen eben und glänzend, sondern 
feindrusig. Die Flächen z und x fand ich kaum einer anna- 
hernden Messung fähig. Beide treten auffallend unsymmetrisch 
auf; ich fand sie bald auf der rechten, bald auf der linken 
Seite mehr ausgedehnt, doch, wie mir schien, regellos. Voll- 
kommen spaltbar parallel c, auf welcher Fläche bunte Farben- 
ringe, parallel u und a, fast gleich vollkommen wie c. Die 
Spaltungsflächen parallel a sind zuweilen fein gestreift parallel 
der Kante mit c. MitLER und Des CLoizEAux führen noch eine 
vierte Spaltungsrichtung auf, die Kante a:c abstumpfend, so 
dass sie mit ce 129° 42’ bildet. Die beiden obigen Messungen 
wurden an Spaltungsflächen ausgeführt. Der Wollastonit von 
Capo di Bove wurde von v. KoBELL analysirt (s. J. f. prakt. 
Chemie XXX, 469). Derselbe untersuchte auch und benannte 
den Spadait (a. a. O.): Kieselsäure 56,00, Magnesia 30,67, 
Eisenoxydul 0,66, Thonerde 0,66, Wasser 11,34. *) 


*) Die der obigen krystallographischen Beschreibung zu Grunde lie- 
genden Krystalle verdanke ich der gütigen Mittheilung des Herrn Erz- 
herzog STEPHAN. 


530 


Der Nephelin in farblosen, durch die Basis begrenzten 
Prismen ist in Begleitung des gelben Meliliths und äusserst 
feiner Apatit-Nadeln an unzähligen Stellen in den Drusen 
der Leucitophyrlava verbreitet. Es ist mir noch nicht möglich 
gewesen, in der Grundmasse dieser Lava Nephelin aufzufinden, 
wenngleich es wahrscheinlich ist, dass die Mineralien der Drusen, 
insofern ‚sie nicht späterer, secundärer Entstehung sind, auch 
wesentliche Bestandtheile der Grundmasse bilden. Leueit in 
sehr kleinen, aber deutlichen Krystallen findet sich zusammen 
mit Nephelin und Melilith an verschiedenen Orten: bei Capo 
di Bove, Rocca di Papa, Vallerieccia. Die kleinen Leueite, 
welche zuweilen auf den quadratischen Prismen oder Tafeln 
des Meliliths aufgewachsen sind, zeigen nicht selten eine 
äusserst schmale Abstumpfung ihrer langeren Kanten. Man nahm 
bisher allgemein an, dass der Leucit mit Ausnahme gewisser 
Sommablöcke nur eingewachsen, nicht in aufgewachsenen 
Krystallen vorkomme; indess ist diese Annahme irrig. Die 
Lava vom Herrchenberge im Brohlthale, welche wegen ihrer 
mit denjenigen von Capo di Bove so ähnlichen Drusen be- 
kannt ist, enthält neben den Nephelinen, und zwar in überwie- 
gender Menge, Leueite.“) 

Dunklen Glimmer in zierlichen hexagonalen Blättchen 
mit scheinbar monoklinen Randflächen sah ich in Begleitung 
von Nephelin, Melilith, Leueit und Apatit im Vallericeia. In 
derselben Begleitung findet sich bei Capo di Bove schwarzer 
Augit in kleinen Krystallen von der gewöhnlichen Form. 

Der Phillipsit (Kalkharmotom), findet sich in sehr klei- 
nen, farblosen Krystallen: rectanguläre Prismen, auf deren Kan- 
ten Oktaöderflächen aufgesetzt sind. Die doppelte Streifung der 
Okta&derflächen lässt sogleich in diesen scheinbar einfachen For- 
men Zwillinge erkennen. Solche Zwillinge durchkreuzen sich nun 
rechtwinklig zu zweien (s. Fig. 3. Taf. X.) oder zu dreien (s. Des 
. Croizsaux, Atlas, Pl. XXX], Fig. 181). Die Ausbildung dieser 
Doppel - Zwillinge ist eine etwas verschiedene, indem zuweilen 
die Arme des Kreuzes.sich so sehr verkürzen, dass die Pris- 


*) Späterer Zusatz. Nachdem Obiges bereits niedergeschrieben, 
veröffentlichte Herr Dr. Laspeyres seine „Beiträge zur Kenntniss der 
vulkanischen Gesteine des Niederrheins‘‘, aus denen ich ersehe, dass auch 
er bereits die aufgewachsenen Leueite des Herrchenberger Gesteins beob- 
achtet hat. 


531 


menflächen sich nur noch als einspringende Kanten darstellen 
(s. Fig. 4. Taf.X.). Aehnliche Figuren wie 3 und 4 zeichnete bereits 
G. Rose für diesen Phillipsit, s. Krystallo-chemisches Mineral- 
system, 8. 93. Diese Formen gehen indess in einander über. 
Die sehr kleinen Krystalle des Phillipsits gruppiren sich zu- 
weilen zu Kugeln, deren Oberfläche aus Krystallspitzen besteht. 
MarıGnac (Ann. de chimie et de phys. 1845, B. 14. S. 41) 
untersuchte den Phillipsit von Capo di Bove mit folgendem Re- 
sultate: Kieselsäure 43,25, Thonerde 24,69, Kalkerde 7,45, 
Kali 9,78, Wasser 15,25. Diese Zusammensetzung entspricht 
ungefähr der Formel 385, Al, R, AH, welche, wenn man 
R=2Ca+ ıK setzt, verlangt: Kieselsaure 42,27, Thonerde 
23,84, Kalkerde 7,25, Kali 9,81, Wasser 16,83. Der Römische 
Phillipsit unterscheidet sich demnach (gleich demjenigen eben- 
. falls durch MarIGnAcC untersuchten Phillipsit vom Vesuv) von 
den gewöhnlichen Varietäten von Marburg, Annerode etc. durch 
die geringere Menge der Kieselsäure, die grössere der Thon- 
erde und des Kalis. \ 

Der Gismondin (Zeagonit Gısmoxpı, Abrazit BRRISLAK) 
erscheint in quadratischen Oktaädern, deren Winkel sich nicht. 
genau bestimmen lassen. Marıenac nimmt den Endkanten- 
winkel gleich 118° 34’ und den Seitenkantenwinkel gleich 92 30’ 
an. Nach der Analyse Marısnac’s ist die Zusammensetzung: 
Kieselsäure 35,88, Thonerde 27,23, Kalkerde 13,12, Kali 2,85, 
Wasser 21,10, entsprechend der Formel 9$i, 441, A(Ca, K,), 
18H. | 

CREDNER hat die Meinung geäussert, der Gismondin sei mit 
dem Phillipsit identisch, und die quadratischen Octa@der des 
ersteren seien verkürzte Doppel-Zwillinge des Phillipsits, bei 
denen die einspringenden Kanten (s. Fig. 4) gänzlich wegge- 
fallen seien. Indess unterscheidet beide Minerale ausser der 
so verschiedenen Mischung auch das gleichfalls von MARIGNAC 
hervorgehobene, verschiedene Löthrohrverhalten, sowie nach 
Des Cro1zsauvx die optischen Eigenschaften. *) 


*) Vergl.: Des CLoızeaux, Manuel de Miner., I, 378 und 399. G. Rose, 
Krystallo-chemisches Mineralsystem, S. 9Q— 94. Kenseott, Sitzungsber. 
d. math. naturw. Kl. d. Acad. d. Wiss. zu Wien, 1850, S. 248 —270. Cre»- 
° ner, Leons. und Bronn, N. Jahrb, 1847, 558. Marıenac. Ann. de chimie 
et de physique, 1845, T. XIV. 41. 


532 


Der Kalkspath findet sich theils mit den beiden ge- 
nannten Zeolithen zusammen, theils für sich kleine Spalten und 
Drusen erfüllend an der Valleriecia, von brauner Farbe. 

Das Magneteisen in zierlichen granato&drischen Kry- 
stallen in den Nephelin-Drusen von Capo di Bove. 

Ueber die chemische Mischung des Leucitophyrs vom Al- 
baner-Gebirge belehren uns vier von Bunsen ausgeführte Ana- 
lysen (s. RorH, die Gesteins - Analysen, S. 64): 1) oberhalb 
Frascati, am Wege nach Tusculum; 2) Capo di Bove; 3) Rocca 
di Papa, am Campo di Annibale; 4) Lago di Nemi. ” 

1. 2. 3. 4. 
Kieselsäure . 45,30 45,93 47,83 47,93 
Thonerde . . 16,76 18,72 18,96 17,36 
Eisenoxydul . 12,58 10,68 10,91 9.57 


Kalkerde . . 9,16 10,57 11,76 12,03 
Magnesia.. . 2,81 5,67 5,40 Zu 
Kal ae oe 6,83 3,39 5.32 


Natron: 2702.26 1,68 2,02 3.19 
Glühverlust . 4,95 0,59 0,72 1,14 
‚100,00. 100,67. .:.100,938,. 103,05 


„Das Gestein 1) lässt deutlich nur Augit erkennen; 2) zeigt 
in grösseren Krystallen Leucit und Nephelin; 3) Nephelin und 
Augit [kein Leucit?]; 4) Leucit und Nephelin.* 

Was das hier angegebene Vorkommen von Nephelin in 
unseren Leucitophyren betrifft (insofern dasselbe sich nicht 
etwa auf Drusen beziehen sollte), so ist es wohl möglich, 
selbst nicht unwahrscheinlich (wie ja auch Kxoop in dem Ge- 
steine von Meiches im Vogelsgebirge Leuecit neben Nephelin in 
der Grundmasse nachwies), doch habe ich selbst: weder im 
Albaner - Gebirge, noch in den nordrömischen Leucitophyren 
Nephelin als Bestandtheil der Grundmasse gesehen, auch nicht 
in den betreffenden Stücken der Fr. Horrmann’schen Samm- 
lung, welche mir durch die Güte des Herrn G. Rose zugäng- 
lich war. | 

Der Leucitophyr des Albaner-Gebirges bildet Lavaströme,*) 


*) Die Karte Taf. XII giebt in den durch Punktirung schattirten 
Partien die Lavaströme an; ich verdanke die Kenntniss derselben der 
gütigen Mittheilung einer handschriftlichen Karte des verdienstvollen 
Prof. Ponzı. 


533 


bankförmige Massen und Gänge, welche sich im Tuffe aus- 
dehnen, oder auch niedere, isolirte Höhen. 

Einen der deutlichsten Lavaströme, den man bis zu seinem 
Ursprunge aus einem Krater verfolgen kann, ist der Strom della 
Molara, welcher dem oben erwähnten, deutlichen Hufeisen- 
Krater — delle Tartarughe — entfloss. Er fliesst, zunächst 
dem Thale Molara gegen Westen folgend, mit einer Breite von 
etwa 0,1 bis 0,2 Miglie. Man sieht den Strom sehr schön 
dort, wo die Strasse von Marino nach Frascati Bach und Thal 
überschreitet. Durch die spätere Austiefung des Tbales ist 
der Strom hier theilweise zerstört worden; auf beiden Seiten 
des Thales stehen Lavafelsen an. Bevor der Strom Grotta 
ferrata erreicht, wendet er sich in einem Halbkreise um den 
westlichen Fuss der Tuskulanischen Hugel gegen Norden und 
erreicht mit zunehmender Breite nordwestlich von Frascati sein 
Ende. Die Länge dieses Stromes beträgt etwas über 3 Miglien. 
Ein anderer kleiner Lavastrom befindet sich in der Nähe von 
der Station Ciampino, woselbst sich die Bahn nach Frascati 
von der Hauptlinie von Rom nach Neapel abzweigt. Nordwestlich 
vom Casale di Ciampino durchbricht jene Seitenlinie in einem 
kurzen Tunnel den auf einer Strecke von 1 Miglie in der Rich- 
tung von Südosten nach Nordwesten zu verfolgenden Lavastrom, 
dessen Felsen die für Lavaströme so charakteristische verti- 
kale Zerklüftung zeigen. Die Ausbruchsstelle dieses Stromes 
ist nicht mehr festzustellen. 

Die mächtigsten Lavaströme hat unser Vulkangebirge 
gegen Nordwesten, in der Richtung auf Rom, ergossen. Es 
sind die beiden Riesenströme, welche ihr Ende bei Capo di 
Bove, 1+ Miglie südöstlich vor der Porta S. Sebastiano, und bei 
Acquacetosa, 4 Miglien südlich vor Porta S. Paolo, finden. Von 
den Vorhöhen des Albaner-Gebirges die weithügelige Ebene 
der Campagna überblickend, bemerkte ich deutlich, dass von 
Fratocchie aus, d. h. von jenem Punkte, wo die moderne Land- 
strasse sich mit der alten Via Appia verbindet, eine etwas er-. 
habene (wenngleich nur flache), wallartige Höhe in der Rich- 
tung auf Rom fortläuft. Auf diesem, bald mehr, bald weniger 
über die wellige Campagna sich erhebenden Walle zieht die 
Via Appia, fast 8 Miglien weit zwischen Grabmälern hin. Jene 
weithin durch die Campagna zu verfolgende Erhabenheit be- 
zeichnet den Strom, welcher bei Capo di Bove endigt. Nach 


934 


Ponzr’s Beobachtungen haben beide grosse Ströme einen ge- 
meinsamen Ursprung in der Gegend von Fratocchie, wo die 
Lavamasse unter Peperin hervortritt. Die Lava des Stromes 
von Capo di Bove ist am bekanntesten durch jene umfang- 
reichen Steinbrüche, welche den Hügel jenes Namens durch- 
wühlt haben. Man erreicht diesen Punkt, wenn man Rom 
durch die Porta S. Sebastiano verlassen und zunächst das flach- 
eingesenkte Thal des Almone durchschritten hat. Die Strasse 
hebt sich wieder empor, und an dem berühmten Mausoleum der 
Cäcilia Metella betritt man das hier sich verbreiternde Ende 
des Stromes. Da hier der nächste Punkt bei Rom. ist, wo 
festes Gestein sich findet, so wurde hier das Material für den 
Strassenbau seit dem Alterthume bis zur Gegenwart genommen. 
Alle altrömischen Strassen, welche von Rom nach den ver- 
schiedenen Theilen Italiens führten, sind mit mächtigen Lava- 
platten gepflastert. Das Gestein führt den. Vulgärnamen 
Selee Romana, wie auch schon die Alten die Leueitophyrlava 
Silex nannten. Von dem Gestein, welches die Höhe mit dem 
Grabmal der Cäcilia Metella zusammensetzt, sagt v. Buch: 
„Die Masse zeigt, soweit sie entblösst ist, von regelmässiger 
Zerspaltung keine Spur. Man findet sie durchaus mit sonder- 
baren, olivengrünen, bis in’s Honiggelbe übergehenden, runden 
Flecken durchzogen, deren Natur ganz unbestimmbar ist; denn 
-sie verlieren sich, ohne scharf abgeschnitten zu sein, in der 
schwarzen Masse des Basalts.“ *) 

Diese von v. Buch bereits vor mehr als 60 Jahren be- 
obachteten gelblichen Flecken rühren (wie eine mikroskopische 
Betrachtung des Gesteins lehrt) von Zusammenhäufungen sehr 
kleiner Melilithkrystalle her. Am Fusse der Höhe Capo di 


*) Zur Zeit als v. Buch jene Beobachtungen machte, war er im 
Wechsel seiner Ansicht über die Entstehung des Basalts begriffen, In 
Italien galt schon damals der ‚„Basalt‘“ von Capo di Bove „für eine un- 
zubezweifelnde, hierher geflossene Lava“. Der Besuch des Albaner - Ge- 
birges mochte wesentlich beitragen, den grossen Geologen zum Verlassen 
der :Werner’schen Ansicht zu bewegen. Die Lapilli des Albaner-Gebirges 
sind ihm ein Beweis vulkanischer Thätigkeit. „Dann sollte sich doch 
der Vulkan selbst in der Nähe leicht finden. Vielleicht findet er sich auch; 
aber wie wenig kennen wir doch bisjetzt dies merkwürdige und schöne 
Gebirge! — Und die Lavenströome? Hat man doch keinen Beweis, 
dass hier die Basalte nicht Theile solcher Ströme sein können. Wenig- 
stens ist dem weder ihre Lagerung, noch ihre Masse entgegen.“ (1798.) 


935 


Bove sieht man mehrfach die Lava auf dem.marinen Tuffe der 
Römischen Campagna ruhen. Es ist das Verdienst Broccur's, 
diesen Lavastrom aus der unmittelbaren Nähe Roms bis Fra- 
"_toechie verfolgt zu haben, und Ponxzı konnte nach vielfachen 
Beobachtungen den Verlauf des Stromes auf seiner Manuscript- 
karte genau einzeichnen. Auf der Via Appia von Fratocchie 
bis Capo di Bove fortgehend, bemerkte ich an zahllosen Stel- 
len anstehende Lava. Während zu beiden Seiten des über 8 Miglien 
langen Stromes der lockere Campagna - Tuff von zahlreichen 
Erosionsschluchten durchfurcht wurde, widerstand die feste 
Lavamasse mehr der Zerstörung und ragt jetzt, gleich einem 
flachgewälbten Walle, über die Ebene hervor. Wo der Strom 
am Fusse des Albaner-Gebirges zuerst zu Tage tritt, ist er 
von Peperin bedeckt; weiter hinab ruht auf der Lava oft eine 
auf die Albanischen Krater hinweisende Lapilli- Schicht. Nahe 
der Station für Marino durchschneidet die Bahn den Strom von 
Capo diBove und entblösst in einem etwa 25 Fuss hohen Pro- 
file: in der Tiefe Lava, darüber eine 8 bis 10 Fuss mächtige 
Sehieht rother Lapilli, welche wiederum von einer 4 bis 6 Fuss 
mächtigen Lavabank bedeckt wird. Zuoberst endlich folgen 
wieder Lapilli- Tuffe. Der Erguss der Lava wurde demnach 
hier unterbrochen von mächtigen Aschenregen, welche auch 
dem letzten Lavaergusse folgten. Nach Ponzı beträgt die Breite 
i 


des Stromes in seiner oberen Hälfte nur etwa —, bis — 
3 


Miglie, breitet sich dann aber bis zu mehr als # Miglie aus. 
Die Annahme, dass dieser Strom (wie auch derjenige von 
Acquacetosa) aus dem grossen Üentralkrater, dem Campo di 
Annibale, geflossen, ist nicht unwahrscheinlich; doch machen 
die mächtigen Peperin - Massen der Umgegend von Marino einen 
Nachweis jener Annahme unmöglich. Es soll hier nicht mit 
Stillschweigen übergangen werden, dass einige Geologen die 
Auffassung der Masse von Capo di Bove als eines vom Alba- 
ner- Gebirge herstammenden Lavastromes nur mit Bedenken 
getheilt haben. Es fällt hier zwar die Bemerkung MURCHISoV’s: 
„Ich gestehe, dass ich von den Albaner- Hügeln bis zum Grab- 
mal der Oäcilia Metella auch gar nichts entdecken konnte, 
was einem Lavastrome ähnlich gesehen hätte“, nicht sehr in’s 
Gewicht, da der berühmte Forscher wohl nicht auf der damals 
noch unfahrbaren Via Appia hingewandert ist, sondern die in 
Einsenkungen der Campagna hinführende Poststrasse gewählt 


536 


hat; wohl aber mochte ich das Bedenken PırLLa’s erwähnen. 
Der berühmte Neapolitaner (welcher an der Spitze seiner _ 
Schüler zu Curtatone, 29. Mai 1848, ruhmvoll fiel) sagt in 
seiner Schrift „Osserv. geognost. da Napoli a Vienna“, 1834: 
„ich bin durchaus überzeugt von der Wahrheit der Beobachtung. 
Broccars, dass die Lava von Capo di Bove sich verfolgen 
lasse längs der Via Appia bis nahe Fratocchie. Trotzdem 
findet man von jenem Hugel gegen den Fuss des Albanischen 
Gebirges hinwandernd, kein irgend bemerkbares Ansteigen des 
Bodens. Auch bei Cisterna (etwa 3 Miglien gegen Norden 
von der Basis des Vesuvkegels entfernt) befindet sich das 
Ende eines Stromes, in welchem wie bei Rom Steinbrüche er- 
öffnet sind. Aber es hebt sich von Cisterna der Boden sehr 
merklich bis zum Fusse des Somma-Walles, während zwischen 
dem Grabmal der Oäcilia Metella und den Albanischen Höhen 
eine bemerkbare Depression liegt.“ Diese letztere Behauptung 
Pırva’s glaube ich nach eigener Anschauung als eine Täuschung 
bezeichnen zu dürfen. Sieht man doch zu beiden Seiten der 
Via Appia Bäche zur Tiber eilen. Pırıa, der genaue Kenner 
des Vesuvs, mag nicht in gleicher Weise Gebiete eines erlosche- 
nen Vulkanismus zum Gegenstande seiner Beobachtungen ge- 
macht haben. Die Lavaströme unserer Eifel, des Mosenbergs 
und bei Bertrich, welche zu einer Zeit flossen, als die Thalbil- 
dung fast schon ihre heutige Form erreicht hatte, beweisen von 
wie mächtigen Zerstörungen sie betroffen worden sind. Der ° 
von Tuff bedeckte Strom von Niedermendig liefert ein ferneres 
Beispiel für die Thatsache, wie schwierig die sichere Verfol- 
gung eines Lavastromes bis zu seiner Ursprungsstätte ist. 
Von nicht geringerer Ausdehnung als der Strom von Capo 
di Bove ist derjenige, welcher sein Ende bei Acquacetosa findet 
und auch hier in Steinbruchen eröffnet ist. Seine Richtung 
fallt im Wesentlichen zusammen mit dem Verlaufe des Giostra- 
Baches, in dessen Thalfurche die Lava bald zur Rechten, bald 
zur Linken sichtbar ist. Das obere Ende auch dieses Stromes 
wird etwa 1 Miglie”westlich von Fratocchie in einem schönen 
Durchschnitte von der Bahn durchschnitten; mächtige Lapilli- 
Massen bedecken hier die Lava. Je weiter von ihrer Ausbruchs- 
stelle entfernt, um so geringer ist die Masse der jene beiden 
Ströme bedeckenden Asche, doch reicht sie bis Capo di Bove. 
Was die Länge der beiden genannten, an ihrem oberen 


937 


Ende verbundenen Lavaströme betrifft, so ist sie wohl die be- 
“ trächtlichste, welche sich auf dem italienischen Festlande 
findet. Denn ganz abgesehen von dem etwa unter dem Peperin 
von Mariuo verborgenen Theile der Ströme misst die Strom- 
länge von Fratocchie bis Capo di Bove resp. Acquacetosa reich- 
lich 7 Miglien oder nahe 40 Tausend Par. Fuss. Dies ist 
mindestens die doppelte Länge der grössten Vesuvischen Ströme, 
die sechs- bis achtfache der Ströme von Manderscheid und Ge- 
rolstein. Grössere Ströme als jene beiden Albanischen hat 
der Aetna ausgespieen, und dennoch werden auch diese weit 
übertroffen von den Lavamassen Islands. 

Ponzı giebt am Wege von Trefontane nach Acquacetosa 
noch eine kleine Lavapartie an, deren Zusammenhang mit den 
grossen Strömen entweder durch Lapillimassen verdeckt oder 
durch Erosion aufgehoben worden ist. Weiter fortschreitend 
am weiten Mantel des Albanischen Kegels treffen wir westlich 
vom Kesselthal Laghetto wieder einen Lavastrom, welchen die 
Bahn, bevor sie die Station für Albano erreicht, durchschneidet. 
Derselbe nimmt seinen Ursprung in der Nähe des Kessels 
Laghetto, und es ist nicht ganz unwahrscheinlich, dass Strom 
und Maar in Beziehung zu einander stehen. -Poxzı Konnte 
diesen Strom auf einer Strecke von 3+ Miglieim Thale des Rudi- 
celli-Baches verfolgen. Zwei kleinere stromartige Lavapartieen 
lagern nach Poxzı südlich und sudwestlich der Vallericecia. 
Nahe Civita Lavinia durchbricht (in einem Eisenbahn - Ein- 
schnitt) ein mächtiger Lavagang den wohlgeschichteten Tuff, 
indem er, vertikal aufsteigend, in seinem oberen Theile eine 
bankförmige, horizontale Lagerung annimmt. Dieser Gang hat 
- die Tuffmassen auf seiner Ostseite in eine geneigte Lage ge- 
bracht. Das Bahnprofil entblösst hier: unten rothbraunen, in 
mächtige Bänke gesonderten Tuff, oft von solcher Festigkeit, 
dass man denselben sprengen musste — dies ist wohl der 
marine Tuff der Campagna —; darüber lagert eine nur wenige 
Fuss mächtige Bank mit grossen Blöcken und Geröllen von 
Lava, endlich folgen schwarze, dunngeschichtete, sandige La- 
pilli-Massen, welche offenbar einem Niederfall aus der Luft ihre 
Entstehung verdanken. Ausser dem oben erwähnten Lava- 
gange, welcher vermuthlich mit dem von Ponzı beobachteten 
Strome von Civita Lavinia zusammenhängt, durchbrechen zwi- 


schen der bezeichneten Station und Velletri noch mehrere an- 
Zeits.d.d.geol.Ges. X VIII. 3. 35 


938 


dere, vertikal emporsteigend, den Tuff. Bei Velletri wird wie- 
der ein deutlicher Strom durchschnitten, welcher am Fusse des 
Kegels, der die Stadt trägt, beginnt und etwa eine Miglie ge- 
gen Süden zu verfolgen ist. So erinnert die Bahn von Ciam- 
pino bis Velletri wegen der zahlreichen durchbrochenen Lava- 
ströome an die Fahrt von Neapel nach Castellamare. Unter- 
scheidend möchte wesentlich nur sein, dass die unterlagernde 
Hauptmasse des durchschnittenen Tuffs auf der Albanischen 
Linie ein compakter, mariner Tuff ist, während am Rande des 
Gelfs von Neapel lockere Lapilli die Ströme umgeben. Am 
äussersten nördlichen Fusse unseres Gebirges fand Ponzı noch 
einen Lavastrom auf, welcher vermuthlich mit dem Eruptions- 
kegel von Colonna in Verbindung steht. „Bevor man (von 
Rom aus) die Österia di Colonua erreicht, betritt man Lava- 
massen. Ein Strom wird zur Seite der Strasse sichtbar, ver- 
schwindet und erscheint in Unterbrechungen wieder. Derselbe 
nimmt seinen Lauf nach dem kleinen Colonna- See.* 

Dies sind die bisher bekannten Lavaströme unseres Ge- 
birges, welche theils im Albanischen Thale Molara, theils am 
ausseren Abhange des grossen Kegels entspringen und in ihrer 
radialen Anordnung auf den Üentralkrater des Campo di An- 
nibale hindeuten, zu welchem sie sich gleich Seiteneruptionen 
verhalten. Auf mehrere dieser Ströme ist erst durch den Bahn- 
bau die Aufmerksamkeit gelenkt worden, und wie viele mögen 
noch unter den Tuff- und Lapilli- Bedeckungen, namentlich in 
den fast unbetretenen Waldrevieren des östlichen Abhanges, 
verborgen sein. Leucitophyrlava in Lagerungefi, welche man 
nicht sowohl auf Ströme, vielmehr auf Bänke, Gänge und kleine 
Kuppen zurückführen kann, trifft man noch an vielen Orten des- 
Gebirges; so in der unmittelbaren Nähe des Centralkraters in 
der engen Felsenschlucht, welche vom Campo di Annibale ge- 
gen Nordwesten in der Richtung auf Grotta ferrata sich öffnet. 
Die herabgestürzten Blöcke umschliessen viele Drusen mit schö6- 
nen Nephelin- und Melilith-Krystallen. Emporsteigend gegen 
Rocca di Papa sieht man eine Lavabank auf Tuff und Lapilli 
rnhend. Der Felsen der Rocca, welcher über die centrale 
Kraterebene hervorragt, ist gleichfalls feste Lava. Ein Theil 
des Felsens, an welchem die Häuser von Rocca di Papa sich 
staffelförmig erheben, besteht aus Sperone, der in Lapilli über- 
geht, welche als Puzzolane mitten im Dorfe gewonnen werden. 


539 


„Hier, an dem freien, fast senkrechten Felsen hängen die Häuser, 


Dach auf Dach, bis oben zum Gipfel. Der einzige Heraustritt 


aus dem Hause ist auf die Treppe im Felsen oder auf das 
Dach des Nachbars.* (v. BucH.) Der Monte Oavo besteht seiner 
Hauptmasse nach zwar aus Sperone und Schlackentuff, doch 
setzen in demselben mehrere Lavabänke auf; eine solche be- 
merkte ich unter dem Gipfel auf dem südlichen Abhange des 
Berges. Eine andere (die indess vielleicht mit der eben er- 
wähnten zusammenhängt) findet sich am nordwestlichen Ge- 
hänge des Gipfelkegels nahe der Madonna del tufo. Am Wege 
von Palazzola nach Albano tritt aus Peperin eine Masse von 
augitreichem Leucitophyr hervor, die einem vertikal aufsteigen- 
den Gange anzugehören scheint. 

Am Steilrande des Nemi-Sees, wenige Minuten nördlich 
vom Castell gleichen Namens durchbricht ein Gang von fast 
dichtem Leucitophyr die Schlackenschiehten. Der Gang hat 
eine Mächtigkeit von 15 Fuss, streicht h. 3 und fällt sehr 
steil gegen Nordwesten. Dicht bei Nemi steigt vom See eine ge- 
waltige Leucitophyrmasse empor, die angrenzenden Schlacken- 
schichten zu einem Conglomerate zusammenschmelzend. Die 
Lava gestaltet sich zu einem Lagergange, dessen Auflagerung 
auf rothe Schlacken sehr schon zu beobachten ist. Die Lava- 
bank ist durch vertikale Spalten zertheilt; das Gestein, fast 
dicht, blaulichgrau, enthalt nicht viele Krystalle yon Leueit 
und Augit; zuweilen ist es durch,lichtgraue Partieen fleckig und 
streifig. Auch südlich von Nemi, am steilen Absturze des 
Thalkessels treten mehrere Bänke fester Lava in den Lapilli- 
Tuffen auf. Sie erscheinen, wenn man von Genzano den stei- 
len Absturz des östlichen Seerandes betrachtet, als dunkle Fels- 
bänder, welche sich von Norden gegen Süden senken. Der 
Weg von Genzano nach Nemi führt über mehrere dieser Gänge, 
einer ist 10 Fuss mächtig, streicht h. 4. 

Sudlich unter Ariceia hebt sich, vom Peperin bedeckt, aus 
der Kreisebene Vallericcia eine Leucitophyrkuppe hervor. In 
dieser durch einen Steinbruch aufgeschlossenen Masse sah ich 
Einschlusse eines körnig-krystallinischen Gesteins, aus Augit 
und wahrscheinlich Apatit gemengt. Ponzı fand auch am suüd- 
lichen und südöstlichen Rande der Vallericcia kleine Leucitophyr- 
Partieen. 

Unter allen vulkanischen Gesteinen ist. der Peperin das 


35 * 


540 : 


auffallendste und seltsamste; es ist in dieser Weise von kei- 
nem anderen Punkte der Erde bisher bekannt geworden. Eine 
Breccie von meist lichtgrauer Farbe, welche zahllose Einschlüsse 
enthält, oft so dichtgedrängt, dass das erdige Cement beinahe 
verschwindet. Die Einschlüsse sind theils wohlgebildete Kry- 
stalle, theils Gesteinsblöcke, theils endlich interessante Mineral- 
aggregate. Unter den Krystallen sind namentlich zu erwähnen: 
Augit in schwarzen oder schwärzlichgrünen Krystallen der ge- 
wöhnlichen Form; ausserdem kommt Augit in fingergrossen 
gerundeten Stücken von bouteillengrüner Farbe und wie ange- 
schmolzener Oberfläche vor (wie ich dieselben in der Samm- 
lung der Sapienza sah); Glimmer in mehr als zollgrossen 
sechsseitigen Blättern, Magneteisen, Olivin in rundlichen Kör- 
nern, Leueit in deutlichen Krystallen, selten Sanidin. Sein 
eigenthumliches Gepräge erhält aber der Peperin durch die 
umhüllten Massen von schwarzem Leucitophyr und schnee- 
weissem (selten gelbem) Kalkstein”). Die Leueitophyrstücke, 
von geringster Grösse bis zu mehreren Fussen wachsend, mit ge- 
rundeten Kanten, zum Theil löckeriger Oberfläche, stellen alle 
lweucitophyr - Varietäten dar, welche sich im mittelitalienischen 
Vulkangebiete finden. Die Leucite, bald gross und zahlreich, 
bald klein und selten, geben dem Gestein bald ein weissge- 
flecktes, porphyrähnliches, bald ein fast dichtes, basaltisches 
Ansehen. Die Kalksteinstücke zeigen in ihren Dimensionen 
dasselbe Schwanken, gerundete Kanten ; in Bezug auf ihr Korn 
zeigen sie alle Debergänge zwischen dichtem Kalkstein und 
grosskörnigem Marmor. Wenn das Gestein krystallinisch ist, 
so stellen sich kleine Poren und Drusen ein, in welche rhom- 
boödrische Krystalle hineinragen. Die umgebende Peperin- 
masse dringt zuweilen in die Spalten der Kalkstücke ein. 


Ich bestimmte die Zusammensetzung einiger Kalkstein- 
stücke aus dem Peperin, wie folgt: 


- 1) ein höchst feinkörniger, weisser Dolomit mit einzelnen 
Drusen, scharfkantigem Brnche, von Marino: 


*) Unter diesem allgemeinen Namen mögen hier auch Dolomite, so- 
wie wasserhaltige Magnesiakalke verstanden sein, von denen sogleich 
Ausführlicheres mitgetheilt werden wird. 


541 


Unloshe, PP... "whrend « - 0,10 


Kalkerdefea IC... 2. 2 WegenaM - 84,74 
Magnesia ... or, 11.90 
Kohlensäure Cake 5 Verluske best.) 47,26 

‚100,00; 


diese Mischung nähert sich der durch die Formel 2MsC +3 Cab 
verlangten, welche ergeben würde: 

Kalkerde‘; , x. & 35,90 

Magnesia . . . 17,09 

Kohlensäure . . 47,01 


2) ein fast dichter, weisser Dolomit mit ebenem Bruche, 
vom Kloster der Kapuziner oberhalb Albano: 


Unteslich, ie essen O0 
Kalkerde, 2.4 »,.2705.0:7098:08 
Masnesiay. 21 Lena ee 5 21,40 
Koblensäuse ... 22 35,35 
Wasser (aus dem Verluste) 7,87 
100,00; 
dies stimmt ungefähr mit der Formel 
15 | 2Ö+ Mei, 
0,5 Mg 
welche verlangt: 
Kalkerde . . . 33,60 
Magnesia . . .„ 24,00 
Kohlensäure . . 35,20 
| Wasser. .- 0... 3.7.20 
3) ein gelbes, grobkörniges, marmorähnliches Gestein, in 
Chlorwasserstoffsäure nur allmälig löslich. I. gefunden, II. be- 
rechnet nach Abzug des Unlöslichen: 


I. 1. 
Unlöslich . 2... 551 
Kalkerdeo ,. ... 12. 98,09: 40,32 


Masnessa . .. ..2,.0.0.029,34:° 20,47 
Kohlensaure . ...22.229,34 +! 31.06 
Wasser (aus d. Verluste) 1.0 8,15 
100,00 100,00; 
die Zahlen unter II. weichen nicht sehr ab von den durch die 


Formel 4 CaC+-3 MeH verlangten: 


542 


Kalkerde-.. -. =. 39,03? 
- Magnesia .. .. +, 20,91 
Kohlensäure . . 30,66 
- Wasserä# 9 290)9,41 
4) ein drusiger, weisser, krystallinischer Kalkstein, mit 
rauhem Bruche, gefunden nahe der Mühle von Albano, aus 
der Horrmann’schen Sammlung: 


Unlöslick- 22.2. 82: 2. 42°>7 O8 
Kalkerder 2.2. mern... 24956 
Magnesia, . . 0.0. 2.03 °7°6,24 
Kohlensaume . . ....72287 
"Wasser (aus dem Verluste) 1,48 

100,00. 


Diese Zusammensetzung lässt sich nicht gleich gut, wie die der 
drei vorigen Kalk-Einschlüsse durch eine Formel ausdrücken. 
Sehen wir von dem Wassergehalte als unwesentlich ab, und 
berechnen wir eine a von 6CaC-+1 Mg C, so er- 
halten wir: 

Kalkerde.. . „493 

Magnesia . . . 5,8 

Kohlensäure . . 45,03 

100,00, 

welche Zahlen den durch die Analyse gefundenen nicht allzu- 
fern stehen. 

Es ergiebt sich demnach, dass die Kalk- Einschlüsse im 
Peperine der verschiedenartigsten Natur sind in Bezug auf das 
Verhältniss von Kalkerde und Magnesia, auf den Wassergehalt, 
sowie in Rücksicht auf unlösliche Theile (wesentlich Quarz). 

Der Hydrodolomit Nr. 2 stimmt nahe mit dem Predazzit 
Rorw’s überein, dessen Formel gleich 2CaC- 1MgH (Kalk- 
erde 43,41, Magnesia 15,50, Kohlensäure 34,11, Wasser 6,98). 

Ein Theil der Peperin-Kalksteine hat in Mischung und 
physikalischen Eigenschaften die grösste Analogie mit den Hydro- 
dolomiten des Vesuvs, deren Metamorphose sich RortH gewiss 
richtig erklärt durch Einwirkung heisser Wasserdämpfe auf 
‘ Dolomit, wobei das Magnesiacarbonat ganz oder theilweise sich 
in Magnesiahydrat umwandelte. 

- Seltene Einschlusse im Peperin sind Trachytstücke (in 
grauer Grundmasse liegen grosse Sanidine und schwarze Glim- 


r 


543 


merblättchen); ich sah dieselben in der Sammlung zu Rom 
als gefunden bei Genzano. 

Ein noch höheres Interesse wie jene zertrummerten und 
umhullten Gesteinsbruchstüucke verdienen die von Peperin um- 
schlossenen Mineralaggregate, von denen einige den Vesuvischen 
Vorkommnissen überaus ähnlich, andere dem Albanischen Ge- 
birge eigenthumlich sind und wieder andere in den Lesesteinen 
des Laacher Bimssteintuffes ihre Analoga finden. Die häufig- 
sten Gemenge bestehen aus grünem Augit und grünlichbrau- 
nem Glimmer; dazu tritt auch zuweilen kleinkörniger, gel- 
ber Olivin, ganz dem Vesuvischen ähnlich, und Magneteisen, 
‚ Leueit u. a. 

Der Augit ist in den Drusen dieser Stücke zuweilen in 
den zierlichsten Krystallen ausgebildet, deren Form die Figu- 
ren 5. und 5a. Taf.X. darstellen. Die Flächen erhalten unter 
Zugrundelegung der auch von Quenstepr beibehaltenen Weiss’- 
schen Axen folgende Formeln: 

N la.:b3%00e) m MitbeR 
a (a2 09h: voc)|=.a 
bh (b :oo:8 00.0) =b 


s=(a:tb:e) —® 
n=(a:4b;:c) —IZER 
u Caub>e, 30 
m ca. bie) u 


Diese Augite zeigen, wenn sie mit einer Fläche b aufge- 
wachsen sind und die Flächen m, s, und a sehr klein oder 
schmal sind, eine sonst ungewöhnliche, scheinbar dihexa&drische 
Ausbildung. 

Der Glimmer ist der gewöhnlichen Vesuvischen Varietät 
ähnlich und wie diese von erünlichbrauner Farbe und starkem 
Pleochroismus; senkrecht zur Basis gesehen “erscheint die 
Tafel grün, parallel mit derselben hyazinthroth. Der Glimmer, 
welcher zuweilen fast allein die kugeligen oder ellipsoidischen 
Massen zusammensetzt, ist in kleinen Drusen zuweilen deutlich 
krystallisirt, s. Fig. 6. Taf. X. Die Krystalle haben ein rhombisches 
oder häufiger monoklino&drisches Ansehen, mussen indess nach 
HESSENBERG’s meisterhafter Darstellung des Krystallsystems 
des Glimmers vom Vesuv als hexagonal rhombo&drisch aufge- 
fasst werden. Die Deutung der Flächen ist demnach folgende: 
c ist die Basis, a ist eine Fläche des zweiten hexagonalen Prismas, 


R 544 

welche indess nebst ihrer parallelen allein erscheint; die Flä- 
chen z und x gehören Dihexaödern zweiter Ordnung an, wenn 
wir von dem HEssenBerg’schen Rhomboeder R als Grundform 
ausgehen, und sind nur mit zwei Dritteln ihrer Flächen vor- 
handen. z entspricht der Fläche 2P 2 bei Hzssengere (=z 
MiLLER); x erhält bei Hzssengere das Zeichen „P2. Die 
Krystalle von Albano liessen bei ihrer sehr geringen Grösse 
nur ungefähre Messungen zu, welche indess genugten, um die 
Identität der Flächen mit den von HEssenBEer@G beobachteten zu 
constatiren. Es beträgt demnach die Neigung e:z= 95° 53’, 
e:x—=107° 2%, nach Hkssengere’s Messungen an Vesuvischen 
Krystallen. ED 

Die Höhen der Dihexaöder x und z verhalten sich bei 
gleicher Basis wie 1:3. Die Glimmerblättehen sind häufig 
verlängert in der Richtung der Kante c:a. In den Stücken, 
welche vorzugsweise aus Augit und Glimmer bestehen, sind 
noch erwähnenswerth: | 

Melanit oder schwarzer Granat, in der Combination des 
Granatoeders und Leueito@ders. Auf ihren Bruchflächen sind 
diese Krystalle mit bunten metallischen Farben angelaufen. 
Die Formel 3$i, 1Fe, 3 Ca ergiebt Kieselsäure = 35,43, Eisen- 
‚oxyd = 31,50, Kalkerde = 33,07. 

Auf anderen Stücken, gleichfalls im Gemenge von Augit 
und Glimmer, sah ich gelben Granat (in der Combination des 
Granatoöders mit dem Leucito@der). Auch in den Lesesteinen 
des Laacher-Sees findet sich der Granat von den verschieden- 
sten Farben, roth, schwarz und grün (letztere Varietät in 
neuerer Zeit durch Herrn Par. WoLr in Laach gefunden). 


Ceilanit, in Oktaödern, von schwarzer Farbe. Ich sah 
Gemenge von Ceilanit mit grünem, fassaitähnlichem Augit, 
welche in hohem Grade an das Vorkommen dieses Mineral- 
gemenges am Monzoni in Tyrol erinnern. 3 


Melilith (Humboldtilith), die Krystalle sind, im Gegen- 
satze zu den gelben Prismen aus der Leucitophyrlava, farblos; 
ihre Form, s. Fig. 7. Taf. X., zeigt: 

das erste quadratische Prisma M= (a: b:o0oec) 
das achtseitige Prisma . . f=(a:;b:ooe) 
das erste stumpfere Oktaöder t =(a:c:o0a) 
die WBasishsd alewı ab Saft enze Iee soWlasibeo: 


545 


Die Oberfläche der von mir beobachteten Krystalle ist 
raub, genaue Messungen. nicht erlaubend. Die Neigung e:t 
ist ungefähr gleich 147° 9. 


Der Haüyn (Latialith Gısmonoı) findet sich im Peperin 
in verschiedener Weise; theils namlich in körnigem Gemenge 
mit Sodalith, grünem Augit und Magnesiaglimmer, theils mit 
Sanidin, Augit und Glimmer, theils mit braunem Granat und 
Glimmer; auch finden sich schiefrig-körnige Gemenge von Hauyn 
und Glimmer; endlich kommen fast reine, faustgrosse Massen 
von feinkörnigem Hauyn im Peperin vor. Zuweilen bemerkt 
man statt des körnigen Gemenges jener Blöcke concentrische 
Zonen, z. B. von Glimmer, Augit und Hauyn. Nicht selten 
sah ich Augit und Glimmer die peripherischen Zonen bilden; 
dann Hauyn in opalisirenden, körnigen Zusammensetzungsstüucken 
und Krystallen; auf letzteren, in den freien, inneren Drusen- 
raum hineinragend, wieder Augit-Krystalle. Selten zeigt der 
Hauyn deutliche Krystalle (Oktaöder, Granatoöder, Würfel; 
der Laacher Hauyn zeigt, verschieden von dem Albanischen, 
immer das Granato@der herrschend), meist gerundete, wie an- 
geschmolzen aussehende Körner. Dieses gleichsam geschmol- 
zene Ansehen kommt auch zuweilen den Hauynen anderer 
Fundorte (sowie dem Noseane) zu. Die Farbe ist theils himmel- 
blau, theils bläulichgrün, .oft sehr ausgeblasst. Zuweilen haben 
die Krystallkörner einen opalisirenden Schiller. Der Hauyn 
vom Albaner-Gebirge. zog ‚bereits die Aufmerksamkeit Gis- 
MONDIS, MORICHINI Ss, NEERGAARD’S, HauY’s, VAUQUELIN’S auf sich. 
Eine ausführlichere Beschreibung und Untersuchung lieferte 
(1814) L. GuELin *), durch welche die Menge der Kieselsäure, 
Schwefelsaure und der Kalkerde ungefähr richtig bestimmt 
‘wurde, während die Bestimmungen der Thonerde und der Al- 
kalien unzweifelhaft irrig ausgefallen sind. Eine genaue, in 
H. Rosr’s Laboratorium 1847 ausgeführte Analyse des Alba- 
nischen Haüyns verdanken wir Wnuırner (Posc. Ann. LXX, 431). 
Es ist derselben gemäss die Mischung folgende: 


”) L. Gmeuim, Oryktognostische und chemische Beobachtungen über 
den Haüyn und einige mit ihm vorkommende Fossilien, in SchwEIGßER’S 
Journal für Chemie und Physik XV, 1-41. 


546 


Kieselsäure . . .„ 32,44 
Schwefelsäure . . 12,98 
Chlor ara 2 Ada 


Thonerde u... 227058 
Kalkerde ne 2 TR 
Kalten RN ZI 
Natron= ann, 1400 14,28 
Schweiel = r.2, Spur 
II 


Ausser in der blauen oder lichtgrünlichen Varietät kommt der 
Hauyn in den Auswürflingen im Peperin des Albaner-Gebirges 
auch weiss oder farblos vor. Diese Abänderung ist bisher 
irriger Weise als eine eigenthumliche Mineralgattung unter dem 
Namen Berzelin NEckEr aufgefasst worden. Der weisse Hauyn 
findet sich theils in Krystallen, theils in unregelmässig gerun- 
deten Körnern, in Begleitung von grünem auch wohl schwarzem 
Augit, Glimmer und von Melanit. 

Mit diesen Mineralien bildet der weisse Hauyn ein körniges 
Gemenge, in dessen Drusenräumen er bis zwei Linien grosse 
Krystalle bildet, welche bisweilen reine Okta@der, meist aber 
Combinationen des Okta&öders mit dem Granatoeder darstellen. 
Unter den zahlreichen Krystallen, welche ich in der Univer- 
sitäts-Sammlung zu Rom sah, waren viele mit deutlich einge- 
schnittenen Kanten (s. Fig. 8. Taf. X.). 

Diese Erscheinung der eingetieften Oktaöderkanten, Feieh: 
auf eine tetra@drische Hemiedrie hindeutet, ist allbekannt beim 
Diamant; ich kenne sie ausserdem nur noch bei dem gelben, 
zersetzten Pleonast vom südwestlichen Gehänge des Monzoni. 
Der sogenannte Berzelin bildet häufig Zwillinge, deren Zwil- 
lings- und Verbindungs-Ebene eine Okta&derfläche ist (wie beim 
Spinell, Magneteisen etc.) (s. Fig. 9. Taf. X.). 

Die mit Recht von G. Rose als isomorph mit Hauyn be- 
trachteten Mineralien Nosean und Sodalith kenne ich nicht in 
Spinell-Zwillingen, vielmehr nur in Penetrations-Verwachsungen 
(s. Fig. 10. Taf. X.). Bisher scheint der gewöhnliche blaue Haüyn 
überhaupt nicht in Zwillingen beobachtet zu sein. Die Spaltbarkeit 
ist deutlich parallel den Flächen des Granatoäders; durchsichtig 
bis durchscheinend; durch theilweise Zersetzung überziehen sich 
die Krystalle mit einer weissen, undurchsichtigen Rinde. Fett- 
artiger Glasglanz. Härte wie Haüyn; spec. Gewicht (bei 20° C. 
des Wassers) — 2,486, nach dem Glühen (wodurch das vorher 


547 


farblose Mineral eine schwach bläuliche Farbe annahm und 
0,48 p. ©. an Gewicht verlor) = 2,483. Das Pulver ist in 
warmer Chlorwasserstoff- oder Salpetersäure leicht und mit 
Gallertbildung löslich. Zu der von mir ausgeführten Analyse 
des weissen Hauyns wurde das krystallisirte Mineral, welches 
oft im Innern sehr kleine, grüne Augite enthält, auf das Sorg- 
samste ausgesucht. 


Weisser Haüyn von Albano, sogenannter Berzelin: 
Kaeselsaure . ...»....92,./0 
Schwefelsäure . ,„ . 12,15 
Obloce su. 224>2,.. (is 


x Natrium *) nn, 1049 
Eboneide .  ., .„.. .... 28, 

Kalkerder . . ...,..,10.85 

Ban 20. 272..2.07 54.04 

Natran: 2.22. ...2..> 11.13 

Glühverlustt . . » .» 0,48 

101,21. 


Die vorstehenden Zahlen stimmen so nahe mit dem Ergebnisse 
der oben mitgetheilten WHırner’schen Analyse des blauen Hauyns 
von demselben Fundort überein, dass man, hierauf gestützt, den 
Berzelin als ein selbstständiges Mineral streichen muss. Obige 
Analyse stimmt sehr nahe mit derjenigen Mischung überein, 
welche die von RAumELsBERG für den Hauyn angenommene 
Formel verlangt (s. Mineralchemie, S. 707). Berechnet man 
nämlich nach Procenten: 4$i, 1 S, ZÄl, * Ca, 4 Na, UK, so 
erhält man: Kieselsäure 34,19, Schwefelsäure 11,10, Thon- 
erde 28,51, Kalkerde 10,37, Kali 4,35, Natron 11,48. 

Es möchte nicht ganz ohne Interesse sein, jenem Irr- 
thum nachzugehen, durch welchen veranlasst man dem weissen 
Hauyn von Albano, als einem noch nicht genau bekannten 
Minerale, neben dem Leucit (mit welchem keine Aehnlichkeit 
besteht) seine Stelle angewiesen hat. L. GmeELIs unter- 
suchte ausser dem blauen Haüyn von Marino auch ein 
„weisses Fossil“ von demselben Vorkommen, für welches er 
eine derjenigen des Leueits ähnliche Mischung fand, und 
gelangte zu dem Schlusse, „dass dies Fossil nur einen 


*) Das Natrium wurde hier auf das Chlor berechnet. Eine zweite 
Analyse ergab die Kieselsäure — 33,11, das Kali —= 5,00, das Natron 
='12,13. 


548 
Uebergang vom Leueit zum Analcim mache.“ Ein näheres 
Eingehen auf GäeLm’s Arbeit zeigt, dass er zu seiner 
Untersuchung ein Gemenge mehrerer weisser, bei Albano 'vor- 
kommender Mineralien genommen habe, gewiss neben weissem- 
Hauyn, vorherrschend Leucit und vielleicht Sanidin. Es folgt 
dies auch aus dem so verschiedenen spec. Gewichte, welches 
GMELIN angibt: für die späthige Art 2,727, für die körnige 
2,488. Von dem „weissen Fossil“ heisst es: „nie bemerkt 
‘man einen wirklichen Krystall; jedoch lässt es sich in hexa- 
edrische Stücke theilen, an denen man zum Höchsten vier glatte 
Flächen bemerkt, welche einen rechten Winkel mit einander 
bilden, während die zwei übrigen Flächen muschligen Bruch 
zeigen.“ Diese beiden von GueLin hervorgehobenen Spaltungs- 
flächen gingen offenbar zweien Granato&derflächen parallel; er 
suchte eine dritte senkrecht zu jenen a welche sich na- 
turlich nicht fand. 

Das von GMELIn untersuchte Mineral wilde nun von NECKER 
(Regne mineral. Paris. 1835.) als eine eigenthümliche Species 
„Berzeline* aufgestellt. Es werden als Krystallformen das regu- 
läre Oktaeder, sowie kreuzförmige Zwillingsgruppen hervorge- 
hoben. Bestimmte Spaltungsflächen fand NECKER nicht. Er 
giebt an, dass das Mineral mit warmer Chlorwasserstoffsäure 
eine Gallerte bilde, welche Lösung, mit Wasser verdünnt, keinen 
Niederschlag durch zugesetzte Schwefelsäure ergebe. (Sehr 
begreiflich; wohl aber würde durch Chlorbaryum eine Fällung 
entstanden sein.) 

Eine fernere Mittheilung uber das in Rede stehende Mi- 
neral machte KEnneoTT in einer in den Sitzungsber. d. math. 
naturw. Kl. d. K. Akad. d. Wiss. zu Wien, 1850, October, ge- 
druckten Arbeit: „Ueber die mit den Namen Abrazit, Berzelin, 
Gismondin und Zeagonit belegten Mineralien.“ Nach ausführ- 
licher Discussion der Angaben GmeLin’s und NEcker’s. erklärt 
sich auch Kenncorr für die Selbstständigkeit des Berzelins. 
In der durch Kesscort gegebenen Charakteristik möchte die 
irrige Bestimmung der Spaltbarkeit „parallel den Flächen des 
Hexaöders“ sich auf die unklare und deshalb missverstandene 
Angabe Gueuin’s zurückführen lassen. Das spec. Gewicht wird 
angegeben 2,727 — 2,488, gemäss der beiden Bestimmungen 
GäELIN’s für zwei von ihm vermengte, offenbar ganz verschiedene 
Substanzen. In chemischer Hinsicht sah Kenngorr das Mineral 
„für einen wasserhaltigen Leucit, jedoch mit wenig Wasser, an.“ 


549 


Seitdem wurde der „Berzelin“ in den Lehrbuchern bald 
zum Leueit, bald zum Spinell, bald zum Gismondin gestellt. 
Des CroizEAux, welcher unser Mineral beim Leueit abhandelt, 
macht beim Haüyn die richtige Bemerkung: „La Berzeline, 
que j’ai placde & la suite de l’amphisene d’apres une analyse 
de GmEtın accompagne la Hauyne & l’Ariccia et presente avec 
elle la plus grande analogie de forme et d’aspect; elle ne s’en 
distingue pas que par sa c»uleur generalement grisätre.‘ 

Indem nun dies von NECKER dem grossen Chemiker ge- 
widmete, von Ryızo mit dem Namen Marialith bezeichnete 
Mineral als selbstständig in Wegfall kommt, möchte ich daran 
erinnern, dass man noch zwei anderen Mineralien den Namen 
Berzelin oder Berzeliit beigelegt hat. 

In den vom Peperin- umhüllten Blöcken findet sich dem- 
nach der Haüyn theils von blauer und grünlicher Farbe, theils 
weiss und farblos. Diese Verschiedenartigkeit der Farbe kommt, 
wie bekannt, auch dem Hauyn anderer Fundorte, sowie dem 
Sodalithe und dem Noseane zu. Auf demselben Stücke ver- 
einigt habe ich bisher blauen oder grünen Hauyn neben farb- 
losem (sogen. Berzelin) nicht gesehen. 

Wenn blaue Krystalle und weisse Krystalle sich auf den- 
selben Stücken neben einander fänden, so wurde dies aller- 
dings darauf hindeuten, dass irgend eine Verschiedenheit zwi- 
schen den betreffenden Krystallen stattfände. Eine derartige 
Angabe liegt nun allerdings vor, indem Kexneort als Beglei- 
tung des „‚Berzelins‘‘ Hauyn aufführt. Es heisst a. a, O., „dass 
der beigemengte Haüyn von dunkelblauer, fast schwarzer (!) 
Farbe, auf Krystallflächen mit metallischer gelber und blauer 
Farbe angelaufen, meist körnig vorkam, in hohlen Räumen 
aber in sehr kleinen Kryställchen ausgebildet war, welche 
sehr deutlich das Granatoöder mit abgestumpften Kanten dar- 
stellen.“ e: 

Wenn wirklich auf demselben Stücke neben- farblosem, im 
herrschenden Oktaöder, mit charakteristischer Zwillingsbildung 
krystallisirtem „‚Berzelin‘‘ fast schwarzer (!) metallisch angelau- 
fener, in der Combination des Granato&ders mit ‘dem Leuci- 
to@der krystallisirter Haüyn vorkäme, so müsste man, aller obi- 
gen Angaben ungeachtet, die Meinung festhalten, dass Berzelin 
und Haüyn verschiedene Substanzen seien. Dieses Zusammen- 
vorkommen, zwar nicht unmöglich, habe ich jedoch nicht gesehen, 
Nicht unmöglich ist es indess auch, dass Krsscorr für Haüyn 


550 


den Albanischen Melanit genommen, einen gewöhnlichen Be- 
gleiter des farblosen Hauyns, dessen KEnneoTT in seiner Ar- 
beit gar nicht erwähnt. 

Das Vorkommen des weissen Haüyns scheint nicht durch- 
aus auf den Peperin beschränkt zu sein; ich fand denselben 
auch im Campo di Annibale in einem Augit - Glimmer - Aus- 
würfling. Auch wurde es oben als wahrscheinlich hingestellt, 
dass die Lava Sperone Hauyn enthält. 

Der Sodalith erscheint theils in Gesellschaft‘ des mit 
ihm für isomorph gehaltenen Haüuyns, theils ohne denselben, 
vorzugsweise mit Augit und Glimmer; ferner mit Sanidin u. a. 
Mineralien. Er ist farblos, weiss oder licht grünlichweiss, 
die Krystallform zeigt herrschend das Granato@äder mit unter- 
geordneten Würfelflächen. Das Okta&öder, welches herrschend 
namentlich am weissen Hauyn erscheint, beobachtete ich nicht 
' an den Krystallen dieses Fundorts. Dieselben sind theils ein- 
gewachsen, dann meist einfach, bis + Zoll gross, theils auf- 
gewachsen, dann oft zu den zierlichsten Zwillingen verbunden 
(s. Fig. 10. Taf. X.) Letztere stellen hexagonale Prismen dar mit 
stumpfrhomboädrischer Endigung, aus deren Rhomboeder- 
flächen des einen Individuums die Kanten des anderen 
hervorbrechen. Bei dieser Verwachsung ist eine Oktaeder- 
fläche (jene, welche die durch sechs aus--und sechs einsprin- 
gende Kanten gebildete Endecke der Gruppe abstumpfen 
würde) Zwillingsebene; doch nicht mit dieser sind die Indi- 
viduen verwachsen (wie beim Spinellzwilling), sondern sie 
haben sich vielmehr durchdrungen. Ders CLoızEaux beschreibt 
die Sodalithzwillinge: „Axe d’hemitropie perpendiculaire et plan 
d’assemblage parallele a& une face a? (d’Icositetraedre). Quel- 
quefois trois [muss heissen deux] cristaux enchevetres suivant 
cette loi, offrent entre les faces b' [du dodecaedre rhomboidal] 
qui forment l’un des sommets de la mäcle trois angles ren- 
trants et trois angles saillants.*“ Der Anblick der Fig. 10 
lehrt, dass nicht drei, sondern nur zwei Krystall-Individuen 
sich nach jenem Gesetze verbinden können. Da der Albanische 
Sodalith noch nicht chemisch untersucht worden, so ist die Be- 
stimmung dieser Species noch etwas zweifelhaft; die Mög- 
lichkeit, dass es Nosean sei, ist nicht ausgeschlossen. Für 
die Species Sodalith wäre Albano (neben dem Vesuvischen 
Gebiete und den De&jections volcaniques du val di Noto en 
Sicile) das dritte Vorkommen in vulkanischem Gesteine; fur 


551 


Nosean hätten wir es mit dem zweiten Vorkommen dieses 
Minerals zu thun. | 

Ausser den häufigsten, wesentlich aus grünem Augit (in 
der gezeichneten Form) und grünlichbraunem Glimmer be- 
stehenden Auswürflingen finden sich, in gleicher Weise als 
rundliche Massen vom Peperin umhuüllt, noch manche andere 
Gemenge. Von diesen, deren vollständige Kenntniss ein jahre- 
langes Sammeln und Studium erfordern würde, mögen noch 
erwähnt werden: 

Aggregate von schwarzem Augit (von der gewöhnlichen 
Form der eingewachsenen Krystalle), bräunlichschwarzem 
Glimmer, theils mit weissem Hauyn, theils mit Leueit — in 
völlig körnigem Gemenge ohne Anordnung in Zonen. 

Aggregate, wesentlich bestehend aus körnigem Leueit, zu 
welchem sich Wollastonit, Melanit gesellen. In einem derarti- 
gen Stücke der Horrmanw’schen Sammlung bemerkte ich Hobl- 
räume, welche mit einem grünen Glasflusse mehr oder weniger 
erfüllt sind. Diese Erscheinung einer theilweisen Schmelzung 
des Mineralgemenges ist sehr häufig in den Sanidinblöcken von 
Laach; sie betrifft den Augit, vielleicht auch den Glimmer. 
Solche Stücke haben offenbar nach ihrer Bildung eine erneute, 
schnell vorübergehende Erhitzung erlitten. Sanidine, Horn- 
blenden, Granate unseres Laacher Gebiets haben eine ge- 
geschmolzene Oberfläche, wodurch eine ursprüngliche feurige 
Bildung meiner Ansicht nach nicht ausgeschlossen wird. 

Asgregate von Titanit, Sanidin, Glimmer, Augit und 
Hornblende, sowie andere von Sanidin, Magneteisen, Horn- 
blende und farblosem Sodalith erinnern auffallend an Laacher 
Vorkommnisse. Bei letzteren würde nur Sodalith durch Nosean 
vertreten werden. An einem Sanidine solcher Stücke in der 
Römischen Sammlung sah ich eine seltene hintere Schief- 
endfläche, die Kante zwischen x und y abstumpfend. 

Mehr oder weniger ..krystallinisch umgeänderte Kalkstein- 
blöcke bilden ein wesentliches Merkmal des Peperins. Blöcke 
dolomitischen Kalksteins sind es bekanntlich, welche am Ve- 
suv eine so grosse Menge kalkreicher Mineralien umschliessen. 
Sonderbar, dass Vorkommnisse dieser Art in Latium so sel- 
ten sind. Doch fehlen sie nicht ganz und bieten durch ihr 
Erscheinen die interessantesten Beziehungen zum Vesuve dar. 
In der Römischen Sammlung fand ich eineu aus halbkrystalli- 
nischem Kalkstein bestehenden Einschluss im Peperin mit 


N 


er. 
einem — Zoll grossen Vesuviankrystall. Derselbe stellte 
eine Combination dar: des ersten und zweiten quadratischen 
Prismas, sowie des gewöhnlichen achtseitigen Prismas mit 
dem Hauptokta&der, dessen Endkanten schmal durch das erste 
stumpfere abgestumpft sind, einem Diokta@der und der Basis. 
Als Fundort dieses Stückes war angegeben der M. Sociale 
nahe dem M. Oavi. 

Zu den Vorkommnissen derselben Art, welche eine ähn- 
liche Metamorphose des Kalksteins verrathen, gehört ein Stück 
von halbkrystallinischem Kalkstein mit darin auspeeeiNonen 
Tremolithkrystallen. 

Den Vesuvian sah ich auch in einer anderen Weise des 
Vorkommens, nämlich in grosskörnigem Gemenge mit Granat 
und grünem fassaitähnlichem Augit. Dieses Stück erinnerte 
in hohem Grade an Vorkommnisse vom Monzoniberge. 

Der Peperin verbreitet sich, wenn wir seine Hauptmasse 
in’s Auge fassen, über eine elliptische Fläche, deren Mitte der 
Albaner-See einnimmt. Der grössere, von Nordwesten nach 
Südosten gerichtete Durchmesser dieser Ellipse misst etwa 
5 Miglien und erstreckt sich von den nördlichen Uferrändern 
des Nemi-Sees und der Vallerieeia bis gegen Grotta ferrata und 
Fratocchie. Der kleinere Dnrchmesser reicht vom westlichen 
- Abhange des M. Cavo (nahe der Madonna del tufo) bis zum 
Laghetto und misst etwa 4 Miglien. Die Orte Marino, Castel- 
Gandolfo, Albano, Palazzola liegen auf Peperin, welches Ge- 
stein ausser jener Hauptmasse, die mehrere zungenförmige 
Ausläufer bildet, auch noch in einigen isolirten Partieen sich 
findet, namentlich ist hier nach Poxzr’s Angabe eine (von Nor- 
den nach Süden fast 3 Miglien ausgedehnte, fast 1. Miglie 
breite) Peperinmasse zu nennen, an deren nordöstlichem Ende 
Civita Lavinia liegt, ferner eine isolirte Partie, welche einen 
Theil des flachen Sudrandes der Vallericcia bildet. Die Aus- 
dehnung der Hauptmasse des Peperins gab auf seiner oben 
erwähnten Karte TH. GMELIN schon richtig an. 

Im Centrum der Verbreitung, wo der Steilabsturz des 
Sees die Peperinmasse trefflich entblösst, besitzt sie ihre 
grösste Mächtigkeit von mindestens sechs- bis achthundert 
Fuss, während gegen die Peripherie des Verbreitungsbezirks 
die Mächtigkeit bis auf wenige Fuss schwindet. Der Kessel 
des Albanischen Sees ist ganz in den Peperin eingesenkt. 
Wenn wir ferner beobachten, dass in der nächsten Umgebung 


\ 


553 


dieses Sees der Peperin die zahlreichsten und grössten Fels- 
blöcke von Leucitophyrlava und Kalkstein umschliesst, so 
muss die Ansicht GmeLIn’s und Poxzıi’s, dass jener See die 
Stelle des Kraterschlundes einnehme, aus welchem der Pepe- 
rin hervorgestossen worden sei, als durchaus naturgemäss er- 
scheinen. Als eigentlichen Eruptionskrater betrachtet Ponzı 
nur die sudöstliche Hälfte des Albanischen Kessels, welche 
durch grössere Tiefe, höher und steiler aufsteigende Wände 
sich von der nordwestlichen Hälfte unterscheidet, in welcher 
der Römische Geologe eine Einsenkung zu erkennen glaubt. 
Was die Lagerung des Peperins betrifft, so ruht derselbe 
auf den anderen vulkanischen Produkten unseres Gebirges und 
gehört demnach einer späteren Eruptionsthätigkeit derselben 
an. Es wird hierdurch nicht ausgeschlossen, dass hin und 
wieder im Peperine einzelne Lapillistraten, zuweilen von nicht 
geringer Mächtigkeit, eingeschaltet sind. Solche dem Peperine 
zwischengelagerte Lapilli bemerkt man an den Absturzen des 
Albaner- und am nördlichen Rande des Nemi-Sees. Das 
jüngere Alter des Peperins im Vergleiche mit den Laven und 
Schlacken wurde zuerst von Poxzı nachgewiesen; ich hatte an vie- 
len Stellen des Gebirges Gelegenheit, seine Auffassung zu 
bestätigen. Wandert man von der Station Marino nach diesem 
noch 3 Miglien entfernten Städtchen, so befindet man sich zu- 
nächst noch im Gebiete der Albanischen Lapilli und Tuffe. 
Ungefähr in der Wegesmitte sieht man den Peperin als eine 
ein bis wenige Fuss mächtige Schicht auf die Schlacken sich 
lagern. Da der Peperin fester ist als die Schlackentuffe, so 
ragt er in den Wegeinschnitten als eine überhängende Bank 
hervor, welche man mehr als eine Miglie weit verfolgen kann. 
Die Peperinschicht hebt sich mit dem allmälig ansteigenden 
Terrain empor und fügt sich überhaupt dem Relief des Ge- 
birges an. Etwa ] Miglie noch vor Marino fand ich zahl- 
reiche Pflanzenabdrucke im Peperin, die unterste, etwa einen 
Zoll dicke Schicht desselben erfüllend. Diese Pflanzen wuch- 
sen offenbar auf dem aus vulkanischem Tuffe gebildeten Bo- 
den, als der Peperin sich als ein schlammiger Brei über den- 
selben ausbreitete. „Zwischen dem festeren Peperine und den 
unterlagernden, aus lockerer Asche gebildeten Schichten findet 
sich fast immer eine Lage von Landpflanzen, theils Blättern, 


theils halbverkohlten Hölzern, horizontal niedergelegt in der 
Zeits. d.d. geol.Ges. X VI1l. 3. 36 


354 


Richtung, wie die Peperin-Masse sich daruber hinbewegte. 
Diese Pflanzenreste deuten eime Unterbrechung zwischen der 
vulkanischen Thätigkeit an, während welcher der vulkanische 
Boden sich mit einem Pflanzenteppiche schmückte.“ (Poxzı.) 

Auch in der Peperin-Masse wiederholen sich die,an vege- 
tabilischen Abdrücken (Lolium perenne, Rhaigras) reichen 
Schichten und beweisen, wie auch die bankförmige Sonderung 
der Masse, eine während längerer Zeitabschnitte erfolgte Ent- 
stehung des Peperins. Namentlich in der Gegend von Ma- 
rino und auch an vielen anderen Orten des Gebirges sieht 
man, wie die Peperinschichten der Oberflächengestaltung sich 
anschmiegen, über Hügel sich hinweghebend, sich in die Thä- 
ler senkend, zum Beweise ihrer nach der heutigen Oberflächen- 
gestaltung erfolgten Bildung. Die Grenze zwischen den 
Lapilli-Tuffen und dem Peperin überschreitet man auf dem 
reizenden Wege, welcher von Rocca di Papa an der Madonna 
del Tufo vorbei nach Albano führt, 4 Miglie südlich von jener 
Kapelle. Auch hier sieht man auf das Deutlichste den Peperin 
auf- den Schlackentuffen des M. Cavo ruhen. Je mehr man 
sich Palazzola und dem Steilrande des Sees nähert, um so 
grösser und häufiger werden die inliegenden Lava- und Kalk- 
blöcke. Nahe Ariccia sieht man die Peperin-Massen in das 
Kreisthal Valleriecia hinabsinken, zum Beweise, dass dieses 
bereits vorhanden war. Ein interessanter Punkt (auf wel- 
chen meine Aufmerksamkeit gleichfalls durch Poxzı gelenkt 
wurde) für die Lagerung des Peperins ist der M. Gentile, 
welcher, in nahe gleicher Entfernung zwischen den drei 
grossen Maaren liegend, aus Lapilli-Tuff besteht. Dieser 
Hügel wurde fast rings von Peperin umflossen, welchen ich 
am nördlichen und nordwestlichen Rande des Kessels von 
Nemi in meist lockeren, gegen Norden und Nordwesten schwach 
geneigten Schichten über Schlackentuff anstehend sah. Aehn- 
lich wie in der Gegend von Marino der Peperin, zu einer 
dünnen Schicht geschwunden, auf Schlacken ruht, zeigt sich 
seine Lagerung auch in der Gegend des Laghetto. An’ der 
Strasse, östlich von Ariccia, lagert gleichfalls auf das Deut- 
lichste der Peperin auf den Schlackenmassen. Die Grenze 
ist hier nicht, wie gewöhnlich, eben, vielmehr hat sich der 
erstere mit Anschwellungen und Ausbuchtungen in die unter- 
lagernde Masse eingesenkt. Diese Wahrnehmungen, denen ich 


555 


noch andere hinzufügen könnte, bestätigen Ponzr’s Ansicht 
von dem jüngeren Alter des Peperins. Das Altersverhältniss 
zwischen diesem letzteren Gesteine und der dichten Lava 
wurde übrigens bereits durch v. Buch vollkommen richtig er- 
kannt: „Der Basalt [Leueitophyrlava] liegt unter dem Peperin.“ 

Der Peperin ist zwar in Bänke gesondert, einzelne 
Schlackenschichten sind ihm eingeschaltet, aber eine eigent- 
liche Schichtung, wie der marine Römische Tuff sie zeigt, besitzt 
er nicht. Es verdankt der Peperin seine Entstehung vielfach 
wiederholten vulkanischen Auswurfen, deren Material in 
schlammähnlichen Massen sich um die Ausbruchsöffnungen 
lagerte und später erhärtete. Eine spätere Verkittung der 
Bestandtheille des Peperins musste auch durch die Kalk- 
einschlusse desselben befördert werden, deren kohlensaurer 
Kalk durch die atmosphärischen Gewässer theilweise gelöst 
und in den unterliegenden Massen, dieselben verbindend, wie- 
der abgesetzt wurde. In der That braust der Peperin bei Be- 
feuchtung mit Säure fast überall, auch wo man keine Kalk- 
einschlüsse wahrnimmt. Diese verschiedenartige Entstehung er- 
klärt auch die gänzlich verschiedene Beschaffenheit der Ein- 
schlusse beider Gebilde, welche v. Buch trefflich hervörhebt: 
„Es ist leicht, den Peperino vom Tuff zu unterscheiden. In 
jenem ist fast Alles frisch, vollkommen und unzerstört, glan- 
zeud; in diesem matt, todt und zerstört.“ 

Eine Masse gleich dem Peperin hat sich zwar vor den 
Augen der Menschen bisher an keinem thätigen Feuerberge 
gebildet. Dennoch können wir uns die Entstehung desselben 

nach Analogie heutiger vulkanischer Vorgänge wohl erklären. 
Als vulkanischer Sand und Asche, untermischt mit einer un- 
ermesslichen Menge von Felsblöcken, wurde das Material in 
auf einander folgenden Eruptionen ausgeworfen, durch die 
Regenwasser, welche häufig die vulkanischen Katastrophen 
begleiten, in eine tuffartige Masse verwandelt und zum Theil 
stromähnlich in tiefer liegende Theile des Gebirges geführt. 
An Wassermassen, welche die trockenen vulkanischen Aus- 
wurfsstoffe sogleich in Schlammmassen verwandeln und in ver- 
heerenden, Alles bedeckenden Strömen die Berggehänge herab- 
führen, fehlt es auch den heutigen Vulkanen nicht. BREISLAK 
beobachtete als Augenzeuge die furchtbare Vesuv-Eruption von 
1794 und berichtet (Topografia fisica della Campania): „Häufig 

36 * 


556 


hiess es, Wasserströme seien aus dem Krater hervorgesturzt; 
doch waren jene Verderben bringenden Fluthen durch un- 
geheure Regenmassen erzeugt, welche theils auf den Vesuv- 
kegel, theils auf den Somma-Wall niederstürzend, gewaltige 
Schlammmassen zur Tiefe rissen.* Aehnliche Schlammströme 
mögen wenigstens beigetragen haben, Pompeji (79 n. Chr.) 
zu bedecken. Die Tuffe, welche Pompeji verschütteten, bie- 

ten auch durch ihre Kalkeinschlüsse eine Analogie mit dem 
Peperine dar. Am Vesuve wie in Latium weisen die Kalk- 
stücke auf das gemeinsame Grundgebirge hin, den Appennin, 
dessen Kalkschichten von den Vulkanen durchbrochen wurden. 
Wie die Kratermaare unserer Eifel gemengt mit vulkanischen 
Schlacken Schieferfragmente auswarfen, welche sich, zu Tuffen 
verbunden, um den Rand der Kesselthäler ausbreiteten, so 
warf das Albanische Kesselthal mit vulkanischen Produkten 
aller Art die für den Latinischen Tuff so bezeichnenden Kalk- 
steinmassen aus. 

Schwieriger als für die Kalkeinschlusse ist der Ursprung 
der andereu MineralagSregate anzugeben, welche, im Allgemei- 
nen den Vulkanen fremd, die Umgebung des Laacher- Sees, 
den Vesuv und Latium in besonderer Weise auszeichnen. Wir 
haben hier zu sondern einerseits, was durch das vulkanische 
Feuer neugebildet und verändert wurde, andererseits, was be- 
reits älteren vulkanischen oder gar plutonischen Gesteinen an- 
gehörte. Diese Sonderung, welche ein hohes Interesse für 
den Geologen darbietet, ist bei dem heutigen Standpunkte der 
Wissenschaft noch nicht vollständig durchführbar. Die hier 
aufgeworfene Frage ist keineswegs neu; denn schon TR. GuE- 
LIN wirft sie für das Römische Vulkangebiet auf: „Ist jene 
grosse Menge von Augit und Glimmer erst vom Feuer gebil- 
det, oder schon in einem älteren (durch die Eruption) in Staub 
verwandelten Gesteine enthalten gewesen; sind die im Pepe- 
rine sich vorfindenden Basaltstücke neptunischen Ursprungs [?] 
oder auch ältere, im Innern der Erde erstarrte und durch ein 
späteres Feuer in Stücken ausgeworfene Lava? Dies lässt 
sich nach unseren jetzigen Kenntnissen über das Wesen der 
Vulkane noch nicht bestimmt sagen. Sicherer lässt sich wohl 
sagen, dass der Kalkstein nicht durch das Feuer gebildet, 
sondern nur zertrümmert und herausgeworfen ist, und dasselbe 
lässt sich auch ohne Zweifel von den oben genannten ge- 


557 


‚mengten Gebirgsarten sagen und vorzüglich von dem den 
Hauyn enthaltenden Gesteine, obgleich sein Gehalt an Augit 
und Glimmer irgend eine vulkanische. Beziehung verrathen.* 
Bei dem eigentlichen Auswurfe scheinen diese Massen meist 
nur eine schnell vorubergehende, nicht sehr hohe Erbitzung 
überstanden zu haben, der eine rasche Abkühlung folgte. Dies 
beweisen die Sanidine von Wehr und Laach nach den schö- 
nen Untersuchungen Des CLoızEAux’s, denn ihre optischen Eigen- 
schaften zeigen, dass sie weder eine sehr hohe, noch anhal- 
tende Glühung erlitten haben. Dasselbe erhellt aus den Ver- 
glasungen, welche sich an dem Vesuv und in Latium seltener, 
häufiger am Laacher-See finden. Verglast sind nur die leich- 
ter schmelzbaren Mineralien, zum Theil auch nur an ihrer 
Oberfläche und nur in einzelnen Auswürflingen: Augit, Horn- 
blende, Glimmer, Granat u. a. Nicht geschmolzen sind Sani- 
din, Zirkon, Sapphir, Leucit u. a. Nichts würde indess irriger 
sein und eine geringere Kenntniss der vulkanischen Vorgänge 
verrathen als die Behauptung: Es kann nicht ursprünglich 
durch vulkanische Processe gebildet worden sein, was bei dem 
vulkanischen Auswurfe geschmolzen und zerstört wurde. 

Ohne in ein Detail einzugehen, welches gegenwärtiger 
Arbeit fern liegt, hebe ich nur folgende Thatsachen hervor, 
welche des Nachdenkens werth sind. Die Granate, welche 
als ein nicht häufiger Gemengtheil der Laacher Sanidin-Blöcke 
erscheinen, sind fast immer mehr oder weniger geschmolzen. 
Ganz ähnliche rothe Granate in wohl ausgebildeten kleinen 
Krystallen ohne eine Spur von Schmelzung bedecken alle Po- 
ren der Schlacken am östlichen Abhange des Herrchenberges 
(vom Pater Herrn TH. WoLr in Laach aufgefunden), finden sich 
aber nicht als eigentlicher Gemengtheil der Lava. — Hornblende, 
Augit und Glimmer zeigen in den Laacher Auswürflingen nicht 
selten sieh mehr oder weniger verglast; nichtsdestoweniger treten 
alle drei mit dem vulkanischen Eisenglanze als unbezweifelbare 
Produkte vulkanischer Fumarolen-Thätigkeit auf. — Leueitophyr- 
blocke, ganz der Vesuvlava gleich, welche, in den Krater 
zurückgefallen, den vulkanischen Dämpfen längere Zeit ausge- 
setzt waren, erhielten eine verglaste Rinde, in welcher die 
Leueite nicht geschmolzen waren. Die Blöcke zeigten sich 
ganz von Spalten durchzogen, welche von neugebildeter Horn- 
blende erfüllt waren (s. Rotu, Vesuv, 8. 267.). 


998 


Ein Theil der Albanischen und Vesuvischen Auswärflinge 
mag aus losgerissenen Fragmenten älterer Leueit-, Sanidin-, 
Olivin- u. a. Gesteine bestehen, ein anderer Theil aber ver- 
räth durch eine nahe concentrische Lagerung der Gemenstheile, 
dass die späroidische Gestalt der Blöcke innig mit ihrer Ent- 
stehung zusammenhängt. Als ein negatives Merkmal der Aus- 
würflinge des Vesuvs und Latiums ist hervorzuheben, dass 
Fragmente echter krystallinischer Schiefer, sowie auch quarz- 
führender plutonischer Gesteine unter der Zahl derselben nicht 
bekannt sind, vielmehr ein unterscheidendes Merkmal des 
Laacher Gebietes bilden. Hiermit hängt innig zusammen, dass 
trotz des grösseren Mineralreichthums der italienischen Aus- 
würflinge einzelne Mineralien des Laacher Gebietes weder in 
Latium, noch am Vesuv vorkommen. Hierhin gehört nament- 
lich der Cordierit, ferner der von Pater WoLr aufgefundene 
Cyanit. Der Cordierit, welcher durch die den Auswurf be- 
gleitende vulkanische Hitze meist halb oder ganz geschmolzen 
ist, kann ebensowenig wie der Cyanit als ein Erzeugniss we- 
der neu-, noch altvulkanischer Thätigkeit betrachtet werden. 
Welche Bewandtniss aber es mit dem Orthit habe, diesem mit 
Ausnahme des Laacher Vorkommnisses auf plutonische Ge- 
steine beschränkten Minerale, vermag ich nicht zu sagen. 

Latium trägt durchaus das Gepräge von erloschenem Vulka- 
nismus; wenigstens hat die Geschichte kein bestimmtes Zeugniss 
einer vulkanischen Eruption aufbewahrt. Doch mag hier die 
Nachricht erwähnt werden, welche AURELIUS VICTOR von 
dem Versinken der Hauptstadt des Latinischen Königreichs in 
den See von Albano giebt (s. v. Horr, Natürl. Veränd. der 
Erdob., II. Th., 320): „Regem Aremulum Sylvium terrae motu 
prolapsum, simul eum eo regiam in Albanum lacum tradunt.* 

Die beiden Ereignisse, welche Livıus vom Albaner-Ge- 
_birge berichtet, können wegen ihrer langen Dauer nicht wohl 
auf Aörolithen-Fälle, vielleicht richtiger auf Eruptionen, ähn- 
lich derjenigen von Lagopuzzo, bezogen werden. „Es wurde 
gemeldet dem Könige Tullus und den Vätern, auf dem Alba- 
nischen Berge sei ein Steinregen gefallen. Weil man das 
kaum glauben konnte, so wurden zur Untersuchung des Wun- 
ders Leute hingeschickt, und vor ihren Augen fiel eine Menge 
Steime, nicht anders als wenn der Sturm einen dichten Hagel 
auf die Erde niederstürzt, vom Himmel herab.“ TEE, 


559 


Cap. 31.). — „Es gab schreckliche Gewitter. Auf dem Albani- 
schen Berge dauerte ein Steinregen zwei Tage lang“ (im J. 
R.:540, B. XXV. Cap. 7.). 

h Als noch fortdauernde Erscheinungen, welche in einem 
entweder näheren, oder ferneren Oonnexe zu dem erloschenen 
Vulkanismus Latiums stehen, nennt Ponzı die ein Gemenge 
von Kohlensäure und Schwefelwasserstoff aushauchende Mo- 
‚fette von Morena, die Solfataren nahe Fratochie, diejenige an 
der Strasse nach Ardea*) und eine nahe Porto d’Anzo. Auch 
fehlt jene Art von Erdbeben, welche sich in den meisten er- 
loschenen Vulkangebieten bemerkbar machen, nach dem Zeug- 
nisse Ponzr’s im Römischen Gebiete nicht; sie haben Latium 
als Centrum und sind gleichsam die letzten Merkmale der ehe- 
maligen Entzundung jener Berge. Durch diese Erzitterungen 
des Bodens wird gleichfalls eine Verbindung angedeutet zwi- 
schen Latium und den süditalienischen, zum Theil noch thäti- 
gen Vulkangebieten. 


Anmerkung I. Nach Vollendung des ersten Theiles dieser „Frag- 
mente‘‘ ist mir durch die Güte des Verfassers zugekommen: ‚Die Laven 
des Vesuv. Untersuchung der vuikanischen Eruptions-Producte des Ve- 
suv in ihrer chronologischen Folge vom 11. Jahrhundert bis zur Gegen- 


_ wart.“ I. Theil. Von Dr. C. W. C.Fucas. Neues Jahrbuch von Leros- 


HARD und Grisıtz. Jahrg. i866. S. 667-687. Der geehrte Verfasser 
dieser verdienstvollen Arbeit erwähnt in der Einleitung auch des Alba- 
nischen Gebirges und seiner Lavaströme mit folgenden Worten: ‚Es ist 
bekannt, dass die mineralische Zusammensetzung der Laven . . . be- 
deutenden Schwankungen unterworfen ist, dass echte basaltische und 
doleritische Massen mit Strömen von Leueit-, Sodalith-, Nephelin- 
Lava etc. abwechseln. Unter den zahlreichen derartigen Fällen sei hier 
das Albaner-Gebirge genannt, das grossentheils aus Leucitlava besteht, 
dessen gewaltigster Strom jedoch aus Nephelinlava zusammengesetzt ist.‘ 
S. 669. Und ferner: „Es kann ein Strom an seinem Ende oder Anfang 
basaltische Gesteinsmasse zeigen, während der übrige Theil aus Leueit- 
Lava oder einer anderen Varictät besteht, oder es kann die Lava, 
welche am Anfange einer Eruption ergossen wird, etwa doleritisch nach 
dem Erkalten sich zeigen, während die später hervorgepressten Massen 
wieder deutliche Leucitophyre sind, obgleich die anfangs und die später 
ergossene Lava nur einen Strom bildet [?!|. Besonders häufig wechselt 
in einem Strome der Charakter als Leucitgestein und als Sodalithlava. 
Jener berühmte Strom, welcher vom Monte Cavo am Abhange des 
Albaner-Gebirges sich ergoss und bis in die Nähe der Mauern Roms 
sich erstreckt, ist nur stellenweise, so weit meine Untersuchung reicht, 
als Nephelinlava ausgebildet, durch welche er bekannt ist. Es ist be- 
sonders die Umgebung des Grabmals der Cäcilia Metella, in welcher 
sich erkennbare Nephelinkrystalle in den Hohlräumen dieses Stroms zei- 
gen, und die ganze Masse sich deutlich als Nephelinlava ausgebildet hat.“ 


= 


*) Nach den „Römischen Briefen eines Florentiners‘‘ (A. Rzumonr) 
IV, 207 ‚ist dort auf einer bedeutenden Strecke die Erdoberfläche ganz 
weiss von Schwefel, mit dem der Boden geschwängert ist,‘ 


560 


Nachdem ich die vorstehenden Worte gelesen, habe ich von Neuem 
die Laven des Albaner-Gebirges und um den Braccianer-See einer ge- 
nauen mineralogischen Prüfung unterworfen, indem ich zu den zahl- 
reichen Schliffen von Laxen jenes Gebietes, welche ich bereits besass, neue 
anfertigte, und sie mittelst des polarisirenden Mikroskopes studirte. Das 
Resultat dieser zeitraubenden Untersuchungen, zu denen ich mich durch 
jene Aeusserungen des Herrn Dr. Fucus verpflichtet glaubte, ist nun — 
dass alle Lavaströme des Albaner-Gebirges (natürlich abgesehen von der 
Lava Sperone) und des Braccianer-Sees wesentlich durchaus identisch 
sind, nämlich Leueitophyr; sie unterscheiden sich nur durch die Zahl 
der grösseren ausgeschiedenen Leucite und Augite. Die Grundmasse der 
dichten, (nur scheinbar) basaltischen Laven zeigt sich unter dem Mikro- 
skop identisch mit derjenigen der mit grossen Leueiten erfüllten Lava- 
Varietäten. Nephelin- Ausscheidungen in Drusen finden sich in den La- 
ven des Römischen Gebietes an unzähligen Stellen; in der Grundmasse 
habe ich dies Mineral bisher durchaus nicht finden können, selbst nicht 
in mehreren zu dieser Untersuchung geschliffenen Piättchen der Lava von 
Capo di Bove. Es ist demnach nicht gerechtfertigt, den Strom, welcher 
an letzterem Punkte endet, als Nephelinlava zu bezeichnen und den ande- 
ren Römischen Laven entgegenzustellen. Wenngleich gegenwärtige Ar- 
beit den Vesuv nicht zum Gegenstande hat, so möge es doch erlaubt 
sein, die Bemerkung hinzuzufügen, dass ein solcher Unterschied der La- 
ven dieses Vulkanes mir nicht bekannt ist, wie ihn der geehrte Verfasser 
des bezeichneten Aufsatzes mit den Worten andeutet: 

Es kommen am Vesuv „neben Leucitlava auch doleritische Laven 
Nephelinlaven, Sodalithlaven, Haüynlaven u. s. w. vor.“ 

Auch die Laven des Vesuvs sind wesentlich identisch geblieben — 
von jenem urältesten Strome, auf welchem. ein Theil von Pompeji erbaut 
ist (zum Beweise, dass die lavaerzeugende Thätigkeit dieses Berges nicht 
erst mit der Eruption von 79 n. Chr. begann), bis zu jener Schlacke, 
welche ich im April 1865 auf dem Kraterrande aufhob, bald nachdem 
sie aus dem Schlunde herausgeschleudert. 

Die Vesuvischen Laven bestehen zunächst wesentlich aus Leucit 
und Augit; in Drusen finden sich viele Mineralien, von denen einige 
im Verfolge gegenwärtiger Arbeit aufgeführt werden. Nach diesen in- 
dess die Laven Nephelin- oder Sodalith-Laven zu benennen, erscheint 
willkürlich. Doleritische Laven (welche den Aetna kennzeichnen) sind 
mir am Vesuv nicht bekannt; ebensowenig solche, welche die Bezeich- 
nung Haüynlaven rechtfertigen könnten. Die verdienstvollen Analysen, 
welche Herr Dr. Focus ausgeführt hat, bestätigen nur die wesentliche 
Gleichartigkeit der untersuchten Gesteine, — nicht aber die Verschieden- 
heit der Vesuvlaven, welche im Eingange des Aufsatzes als bekannt be- 
zeichnet wird. 

In Bezug auf die Mittheilung S. 683, die Lava von 1717 betreffend: 
„Der Augit scheint aus einer geschmolzenen glasartigen Masse zu be- 
stehen, obgleich die äusseren rectangulären Umrisse der einzelnen Indi- 
viduen grösstentheils noch erhalten sind,‘‘ erlaube ich mir zu bemerken, 
dass eine so ausserordentliche und unglaubliche Erscheinung durch Be- 
trachtung eines Schliffes unter dem polarisirenden Mikroskop sofort hätte 
bewiesen resp. widerlegt werden können. Dies Instrument kann für 
petrographische Untersuchungen dichter Gesteine und namentlich der La- 
ven nicht dringend genug empfohlen werden. Hätte Herr Dr. Fuchs 
sich desselben bedient, so würde die mineralogische Beschreibung der. 
von ihm untersuchten Laven wesentlich anders ausgefallen sein. Auch 
die Discussion der Analysen möchte nicht ganz ohne Widerspruch blei- 
ben können. Wie kann eine Lava mit nur 4.5 pC. Kali neben 10,5 pC. 
Kalkeıde enthalten 90,5 pC. Leueit? Wie ist es zu rechtfertigen, jene 


561 


Menge von Kalkerde, dazu 4,9 pC. Mapness etc., einfach als Leucit zu 
verrechnen ? 

Anmerkung II. Herr pe Rossı soll vor Kurzem bei Marino eine 
umfassende Nekropole entdeckt, und den Beweis geliefert haben, dass 
dieselbe vom Peperin bedeckt, also älter ist als die letzten Ausbrüche der 
Vulcane Latiums —, so berichten vor Kurzem die Tagesblätter. Eine 
autentische Mittheilung über jene merkwürdige Auffindung konnte ich 
bisher leider noch nicht erlangen. 

Anmerkung III. Der Güte des Herrn Hessengers verdanke ieh 
die Ansicht zweier Auswürflinge aus dem Peperin von Marino, welche 
wesentlich aus einem Aggregate von meergrünem Haüyn bestehen. Die 
Krystalle dieses Haüyns sind bis zwei Linien gross, durchsichtig, von 
grosser Schönheit; sie sind Combinationen des Okta@ders mit dem Gra- 
natoöder, yon denen meist das erstere herrscht. An einzelnen Krystallen 
zeigen. die Okta&derflächen in sofern eine tetra@drische Hemiedrie, als 
die abwechselnden Flächen eine sehr verschiedene Ausdehnung besitzen. 
Die Krystalle dieser seltenen und herrlichen Stücke sind theils einfach, 
theils spinellähnliche Zwillinge und begleitet von Wollastonit, nach Hes- 
SENBERG’S zutreffender Bestimmung. 


I. Die Gegend von Braceiano und Viterbo. 


Die Berge, welche am nordwestlichen Horizonte von Rom 
erscheinen, zeigen im Allgemeinen wenig. imposante Formen. 
Die Oberflächengestaltung erinnert in hohem Grade an die 
Bildungen unserer Eifel; denn dort wie hier haben wir es mit 
einem Landstriche zu thun, in welchem die einzelnen vulka- 
nischen Schlünde nicht eine sehr lange Dauer ihrer Thätig- 
keit bewahrten und sich nicht zu hohen Kegeln gestalteten; 
die unterirdischen Kräfte brachen vielmehr bald hier, bald 
dort wechselnd hervor; es bildeten sich in grosser Zahl jene 
Maare, in denen MITSCHERLICH mit so vielem Geiste und 
Scharfsinne Anfänge der Vulkane erkannte. Es entstand aber 
kein dominirender Vulkan, der durch unzählbar sich wieder- 
holende Lava- und Aschen-Eruptionen ein Gebirge um einen 
Centralschlund aufbaute. Bei aller Aehnlichkeit in der Berg- 
gestaltung der vulkanischen Eifel und des nordrömischen 
Landes besteht ein wesentlicher Unterschied in geognostischer 
Hinsicht. Während nämlich die vulkanischen Ausbrüche der 
Eifel als Grundgebirge den devonischen Thonschiefer (und 
Kalkstein) durchbrochen haben, dessen zertrümmerte Bruch- 
stüucke, wenngleich oft innig mit den vulkanischen . Auswürf- 
lingen gemengt, sich stets von diesen sofort unterscheiden 
lassen; so ist bei den nordrömischen Ausbruchen kein anderes 
Grundgebirge sichtbar als der marine vulkanische Tuff, in 
welchem wir oben das Schlussglied der Pliocänformation ken- 


562 

nen lernten. Die nordrömischen Maare haben demnach auf 
ihre Umwallungen wesentlich dieselben Stoffe ausgeworfen, 
welche auch die durchbrochenen marinen Tuffschichten bilden, 
und es ist deshalb oft schwierig, die durch Niederfall aus der 
Luft stratificirten Lapilli und Aschen von den älteren Tuffen 
zu scheiden. So ist es auch im Phlegräischen Gebiete Nea- 
pels, wo die von den Krateren ausgeschleuderten Lapilli we- 
sentlich gleicher Art sind wie die offenbar durch das Meer 
geschichteten Bimssteintuffe des Campanisch-Phlegräischen Ge- 
bietes. Aus diesen Verhältnissen leuchtet auch ein, wie schwie- 
rig es ist, bestimmt nachzuweisen, dass an diesen italienischen 
Vulkanen keine Hebungen, sondern nur Aufschuttungen statt- 
gefunden haben. Denn es unterscheiden sich nicht wesent- 
lich die parallel mit den Gehängen des Eruptionskegels aus- 
geworfenen Lapillischichten von den horizontalen Straten der 
Umgebung.*) Dies ist in der Eifel deutlicher und lehrreicher. 

Um nach Bracciano zu gelangen, verlassen wir Rom 
durch die Porta del Popolo. Die Via Flaminia lauft bis zum 
Ponte Molle im Thalgrunde der Tiber fort; dort trennt sich 
von ihr die Via Cassia, der wir zunächst folgen. Der Ab- 
sturz des vulkanischen Plateaus ist da, wo. die Via Cassia 
dasselbe betritt, durch viele verzweigte Schluchten zerschnitten. 
An der Brücke von Acqua traversa bleibt der Anbau zurück, 
der einen nur schmalen Gürtel um die Weltstadt bildet. Vul- 
kanischer Tuff von brauner und gelblichbrauner Farbe stellt 
sich in mächtige, nahe horizontale Schichten gesondert dar. 
Straten, welche viele runde Trachyt- und Lava-Gerölle um- 
schliessen, wechseln mit feinerdigen ab. Es ist stets Leueit- 
Tuff, der Leueit in mehlig zersetzten Punkten und Körnern; 
häufig ist auch Bimsstein. Der in geognostischer Hinsicht 
interessanteste Punkt des über die wellige, schweigsame Cam- 
pagna führenden Weges ist die Galera-Brucke, wo der Aus- 
fluss des Braccianer-Sees, der Fluss Arrone, überschritten wird. 


*) Einer wie verschiedenen Auffassung diese Verhältnisse fähig sind, 
lehren die Worte v. Bucn’s in seinem unübertrefflichen Werke „Geognosti- 
sche Beobachtungen in Deutsehland und Italien“, über den Monte 
nuovo :Bd. II. S. 211): „Mit Recht eifert ps Luc gegen Diejenigen, 
welche ihn plötzlich gehoben glauben. Er ist in einer Nacht ausge- 
worfen, aber nicht heraufgehoben.“ Hinlänglich bekannt ist es, 
für welche Ansicht und mit weleher Entschiedenheit später v. Buch selbst 
geeifert. 


563 


Während bis dahin nur marine Tuffe sichtbar, erscheint 
im Arrone-Thale eine mächtige Bank von Leucitophyrlava. 
Der Fluss fliesst hier zwischen hohen, dunklen Lavafelsen 
hin, über denen die Kirchenruine St. Maria di Galera, sowie 
die Mauerreste der Stadt Galera, die noch im Mittelalter 
aufrecht stand, hervorragen. Nahe der Strasse sind in dem 
Lavastrome ausgedehnte Steinbrüche eröffnet. Das Gestein, 
überaus ähnlich demjenigen von Capo di Bove und der an- 
deren Albanischen Lavaströme, enthält ausgeschiedene Kry- 
stalle von Leucit und Augit und in den Drusen ausser diesen 
beiden Mineralien noch Nephelin und Melilith. Poxzı hat die- 
sen Strom aufwärts im Arrone-Thale bis Anguillara verfolgt. 
Obgleich diese Lava zum Theil von Tuff bedeckt und durch 
Erosionen an manchen Stellen zerrissen ist, so lässt sich ihr 
Lauf von der südöstlichen Ecke des weiten Braccianer Kessels, 
ihrem Ursprungsorte, bis unterhalb Galera bestimmt verfolgen. 
Von Galera steigt die Strasse an der sanft geneigten äusseren 
Umwallung des Bracceianer-Sees empor. Nahe Crociechie sieht 
man viel anstehendes (scheinbar weiss gesprenkeltes) ‚Leueit- 
gestein, welches, in zahlreichen niederen Kuppen und kurzen 
Strömen hier hervorgebrochen, später von Aschenauswürfen 
bedeckt wurde. Solche Durchbrüche finden sich noch mehrere 
gegen Braeciano hin. Die Annäherung an den See, den alten 
Lacus Sabatinus, auf dem von uns gewählten Wege ähnelt 
sehr (wenn man Grosses mit Kleinem vergleichen darf) dem 
Eintritt in das Laacher Becken auf dem Wege von Plaidt. 
Das Städtchen Bracciano liegt auf einem gegen drei Seiten 
isolirt aufsteigenden, zweigipfeligen Hügel, etwa 300 Fuss 
über dem See. Während auf der südlichen Höhe der Ort 
sich ausbreitet, trägt die nördliche das grosse Schloss der 
Odescalchi. 

Der See von Bracciano ist: unter den vulkanischen Seen 
Italiens nach dem Bolsener See der grösste. Die kreisrunde 
Form desselben wird nur wenig gestört durch eine Ausbuch- 
tung des nördlichen Ufers, sowie durch mehrere kleine Fels- 
vorsprunge bei Anguillara.. Der Durchmesser des Sees in 
ostwestlicher Richtung beträgt 4,8 Miglien, in nordsüdlicher 
4,5 Miglien. Der Umfang misst ohne Rücksicht auf die klei- 
nen Störungen des Uferrandes 16 Miglien oder 4 deutsche 
Meilen. Ich ermittelte die Oberfläche des Sees auf Grundlage 


ee > 


. der Karte des österreichischen Generalstabes auf 16,309 Quadrat- 

Miglien, also nur wenig grösser als eine deutsche Quadrat- 
Meile. ‘Dies ist reichlich 14 Mal die Grösse des Laacher-Sees, 
der nach den Angaben des preussischen topographischen Bureaus 
eine Oberfläche von 0,072 Quadratmeilen — 1,152 Quadrat- 
Miglien besitzt. 

Der Sabatinische See nimmt den Boden eines vulkanischen 
Kesselthales ein, dessen vertikale Dimensionen im Vergleiche 
zu den horizontalen nur gering sind. Ueber den Seespiegel 
erheben sich (sei es unmittelbar die Wasserfläche beruhrend, 
sei es durch einen sehr schmalen Kustensaum von derselben 
getrennt) mehr oder weniger steil bis zu einer relativen Höhe 
von einigen hundert Fuss die inneren Abdachungen der grossen 
Circumvallation, welche nach aussen gegen Westen, Norden 
und Osten in weiten, plateauartigen Flächen sich senkt, nur 
gegen Süden schneller abfällt. Der Seespiegel liegt in einer 
Meereshöhe von 505 Par. Fuss. Den höchsten Punkt in der 
Seeumwallung bildet die Rocca Romana, 1892 Fuss hoch, ein 
spitzer vulkanischer Kegel, mit Hochwald bedeckt. Folgen wir 
der Bergumwallung gegen Westen, so schliesst sich an den 
„Römischen Fels* mit geringerer Erhebung der M. Riceo. 
Dann behält der Wall eine gleichbleibende Höhe von etwa 
1692 Fuss. Die westliche Umwallung senkt sich merkbar. 
Pisciarello liegt 982 Fuss, Bracciano etwa 939 Fuss. Am 
südlichen Seerande tritt der Ringwall in einem Halbkreise zu- 
rück und umschliesst mit steilem Absturze eine kleine halb- 
mondförmige Ebene, die sogenannte Vigna di Valle. Der Wall 
‚erhebt sich hier bis 976 Fuss, die halbmondförmige Ebene bis 
zu 532 Fuss; an ihrem östlichen Ende tritt der Wall mit stei- 
len Felsen unmittelbar an die Wasserfläche heran, so dass der 
Pfad nischenförmig dem Felsen abgewonnen werden musste. 
Dieser Steilrand hält, gegen den See nur eine schmale Ebene 
freilassend, bis Anguillara an. Oestlich dieses Dorfes hat der 
See seinen Abfluss, indem er dem Arrone Entstehung giebt. 
Hier ist die schöne Rundung des Gestades gestört, indem die 
Uferlinien am Ausflusspunkte des Flusses fast zu einem rech- 
ten Winkel zusammenstossen. 

So stellt die Umwallung dieses grossen Sees einen sehr 
flachen Kegel dar, zu dem sich. ringsum die Campagna sanft 
emporhebt. Dadurch entsteht eine gewisse Aehnlichkeit mit 


565 

dem äusseren Walle.des Albaner-Gebirges, wie auch die ho- 
rizontalen Dimensionen des Sees ungefähr dem von dem 
äusseren Albanischen Ringwall umfassten Raume gleichkommen. 

Während indess in Latium sich in dem inneren Raume 
ein centraler Krater aufbaute, fanden in dem Sabatinischen 
Kreisthale keine Eruptionen mehr statt. Doch möchte’ ich 
nicht zugleich mit dieser Vergleichung mich zu der Ansicht 
bekennen, dass unser See eine Kraterebene darstelle, aus de- 
ren Grunde Lapilli ausgeworfen seien und so den plateau- 
ähnlichen Ringwall gebildet hätten. Einer solchen Auffassung 
scheinen sich nämlich zwei Thatsachen entgegenzustellen: 
zunächst, dass die Bergumgebung des Sees in ihrem grösseren, 
nördlichen Theile nicht vollkommen den Charakter eines Ring- 
walles trägt, vielmehr als ein Theil des hier zu einem Plateau 
gestalteten Römischen Vulkangebietes betrachtet werden kann; 
ferner, dass die petrographische Bildung der Umrandung eine 
mannichfaltige ist und theils aus dem marinen Tuffe der Oam- 
pagna, theils aus Lapillimassen, theils aus Leucitophyr, Tra- 
chyt, theils aus Leueitophyr-Conglomeraten besteht, während 
wir bei einem krater- oder maarähnlichen Kesselthale gleich- 
artige Auswurfs-Straten zu finden gewohnt sind. Die Un- 
sicherheit in unserer Auffassung des vulkanischen Beckens 
von Braceiano und seiner Entstehung kann nicht befremden, 
wenn man erwägt, dass in der so vielfach durchforschten 
Eifel weder die Kratere von den Maaren, noch diese letzteren 
von den nicht vulkanischen Kreisthälern allezeit sicher ge- 
trennt werden können. Diese letzteren hebt auch MiTscHER- 
tıcH hervor: „Die Eifel ist durch eigenthümliche Kesselthäler 
ausgezeichnet; diese sind jedoch nicht durch die Vulkane ge- 
bildet, sondern dem Schiefergebirge eigenthümlich, aber nir- 
send so häufig, so schön und so eigenthümlich als in der 
Eifel.“ Die Entstehung dieser Thäler lässt sich, wenigstens 
ohne das Feld allzu kühner Hypothesen zu betreten, noch nicht 
genugend erklären. | 
| Was den Braceianer Kessel betrifft, so entfernen wir uns 
nicht von den durch die Erfahrung gegebenen Thatsachen, 
wenn wir eine mit vulkanischen Kräften in Zusammenhang 
stehende Bodensenkung bei der Entstehung desselben mit- 
wirkend uns vorstellen. Denn an Beispielen von Senkungen 
grösserer oder kleinerer Landstriche als begleitende Erschei- 


566 . 


= 


nungen bei vulkanischen Vorgängen fehlt es nieht (s. Nav- 
MANN, Geognosie. 1. Aufl. B. I., S. 255—257). | 

Wenngleich die Configuration der See-Ufer eine wenig 
mannigfaltige ist, die Höhenlinie der Bergumwallung auf weite 
Strecken fast eben fortläuft, so erschien mir der landschaft- 
liche Charakter des Sees dennoch von einer ernsten Gross- _ 
artigkeit beherrscht, namentlich dort, wo eine Miglie westlich 
von Anguillara der Weg längs eines waldigen Felsvorsprunges 
hinführt. Da die See-Ufer noch fast ganz im Bereiche theils. 
der perniciösen, theils der intermittirenden Fieber liegen, so 
sind sie nur wenig, nur an drei Punkten bewohnt: Bracciano, 
434 Fuss über dem See, Anguillara, dessen mit gelbem Moose 
bedeckte Häuser sich enge auf einem kleinen Felskopfe zu- 
sammendrängen, 175 Fuss über dem See, endlich Trevignano 
am nördlichen Gestade („an der Stelle des alten Sabate, das 
schon zu Ende der Republik unterging; — eine Strasse, welche 
hart am Ufer von hier nach Oriulo führte, ist jetzt vom See 
verschlungen,“ FOURNIER), wo die Luft weniger verderblich 
als auf der südlichen Seite. Diese drei Dörfer sind je zwei 
Wegestunden von einander entfernt. 

‘ Die Zuflüsse des Braceianer-Sees kommen vorzugsweise 
von den westlichen Uferhöhen: die Bäche Bocea Lupo und 
Fiora am Monte Virginio entspringend, der Bach von Vicarello 
aus der Val Ritona kommend. Bei Vicarello entspringt eine 
Therme, die im Alterthum berühmten Aquae Apollinares, mit 
einer Temperatur von 33° R. „Sie soll Eisen und Soda ent- 
halten.“ 

- Von den Ufern des Sabatinischen Sans werden in einem 
36 Miglien langen Aquäducte die Gewässer der Acqua Paola 
nach Rom geleitet, welche sowohl die herrlichen Spring- 
brunnen des S. Peters-Platzes, als- auch die grosse Fontana 
Paolina bei S. Pietro in Montorio speisen. Die Hauptquellen 
liegen eine halbe Miglie östlich von Manziana. Die Leitung 
führt sie längs des nördlichen und östlichen See-Ufers hin. 
Da die Quantität des Quellwassers nicht ausreichte, so wurde 
bei der Mola.di Anguillara ein Theil des Seeabflusses (Arrone) 
mit demselben vereinigt, wodurch indess die Beschaffenheit. 
des Wassers nicht verbessert uazde! Die Tiefe des Be soll 
200-900 Fuss betragen. 


Die Umgebung des Braceianer-Sees ist reich an kreis- 


= 


567 N 

förmigen Thalkesseln, welche wohl sämmtlich kurz dauernden 
oder einmaligen vulkanischen Eruptionen ihre Entstehung ver- 
danken und theils als Kratere, theils als Maare zu betrachten 
sind. Als einen nur zur Hälfte erhaltenen Kraterwall möchte 
ich mit Ponzı die Vigna di Valle am südlichen Ufer ansehen. 
Noch ausgezeichneter ist der halbkreisförmige Wall, welcher 
die Bucht von Trevignano umfasst. Der höchste Punkt dieses 
Walles erhebt sich 185 Fuss über den See. Nordwestlich 
von der Rocca Romana liegt die maarähnliche Valle Ritona, 
deren längerer Durchmesser 1,3 Miglien beträgt. Gegen Suü- 
den ist der Ringwall, der im Nordwesten eine Höhe von 
1517 Fuss erreicht, durchbrochen und gestattet dem Bache 
einen Ausfluss. 

Von diesem Krater gegen Osten liegt eine andere ellip- 
tische Einsenkung, deren nordsudlicher Durchmesser etwas 
über 1 Miglie beträgt. Getrenut sind beide durch den Monte 
Calvi, 1850 Fuss hoch. Von dem nordöstlichen Seegestade etwa 
1 Miglie entfernt liegt der kleine, maarähnliche Kessel Lagu- 
sello, eines der kleinsten vulkanischen 'Kreisthäler; der Durch- 
messer des Wallrandes beträgt 0,4 Miglien, derjenige des 
inneren, mit einem versumpfenden Teiche gefüllten Krater- 
bodens nur etwa 0,15 Miglien. Lagusello besitzt demnach 
ungefähr die Grösse des Holzmaares zwischen Gillenfeld und 
Manderscheid und übertrifft das Dürre- Maarchen oder Torf- 
maar, hinter welchem an Grösse die sogenannte Hütsche noch 
weit zurückbleibt. Derjenige Theil des Walles, welcher Lagu- 
'sello vom Braccianer-See scheidet, erreicht 554 Fuss, erhebt sich 
also nur 50 Fuss über den Spiegel des letzteren. An das östliche 
. Gestade des grossen Sees grenzt das Kreisthal von Polline, 
welches gegen Westen geöffnet ist. Es ist auf drei Viertheilen 
eines Kreises geschlossen und hält fast eine Miglie im Durch- 
messer. Der nördliche Theil des Walles erreicht 794 Fuss, 
der südliche 818 Fuss, der östliche 889 Fuss. Von dieser 
letzteren Höhe, welche den Krater Polline von demjenigen von 
Martignano scheidet, überblickt man einen ansehnlichen Theil 
dieses merkwürdigen vulkanischen Landstrichs, dessen Höhen 
sich vielfach zu Kreiswällen gestalten. Gegen Westen liegt 
ausgebreitet das grosse sabatinische Becken, über dessen west- 
lichem Rande die Trachytberge von Tolfa und Sasso sichtbar 
werden, während jenseits des südwestlichen See-Ufers das 


To 

Meer sich darstellt. Das Kreisthal Polline, welches von Ponzı 
als ein Krater betrachtet wird, erscheint durch Erosion sehr 
zerstört, sein Boden ist zu viel verzweigten Schluchten um- 
gestaltet, deren Ausmüundung in den grossen, unmittelbar an- 
grenzenden See erfolgt. Die ausgezeichneten, an das Kreis- 
thal Polline gegen Osten angrenzenden Kr werden wir als- 
bald kennen lernen. 

Die Umgebung des Sees von Bracciano wird gebildet 
theils durch den herrschenden Tuff der Römischen Campagna, 
theils durch Leueitophyrlava und echte vulkanische Lapilli, 
theils endlich durch Trachyt. 

Der Tuff, ausgezeichnet durch zahlreiche eingemengte Bims- 
steine, Schlackenstücke, Leucitkrystalle scheint vorzugsweise 
die grössere, südliche Hälfte des Seegestades zu bilden. Die 
Schichten desselben bald horizontal, bald flach gewölbt, brechen 
'am Seegestade ab, scheinen demnach nicht aus diesem weiten 
Becken ausgeworfen zu sein. Diese Straten sind an vielen 
Stellen der Seeumgebung durch Leueitophyrlava durchbrochen 
worden, welche in Bänken, Gängen und Strömen erscheint. 
Schön aufgeschlossen sind die Tuffe zwischen Anguillara und 
der Mola di Anguillara, welche durch den Seeabfluss, den 
Arrone, bewegt wird. Die unterste Bildung, welche in den 
Hohlwegen sichtbar, ist ein gelber, massiger Tuff mit vielen 
. Leueitophyr-Eiuschlüssen. Darüber folgt ein dunngeschichteter 
Tuff mit vielen Bimsstein- und kleinen runden Leueitschlacken- 
stucken. In dieser oberen Tuffschicht finden sich viele Ein- 
schlusse vom Ansehen krystallinischer Gesteine, aus Hornblende, 
Glimmer, Sanidin (doch ohne Quarz) bestehend, auch viele gelb- 
lichgrüune körnige Augitstücke. Zuweilen stellt sich der Tuff als 
eine gelbe, feinerdige Masse dar. Dann liegt ihm auch wohl über- 
gelagert eine Geröllschicht von Leucitophyrschlacken, dazwischen 
auch grosse kantige oder runde Lavablöcke. Hier wie in der 
Nähe aller eigentlichen Krater des Römischen Gebietes ist der 
marine Tuff bedeckt von einer durch atmosphärischen Schlacken- 
wurf gebildeten Schicht. Die Grenze zwischen beiden Bildun- 
gen ist aber in jedem Falle nur schwierig zu bestimmen. Bei 
der alten Torre Arrone erreicht man das von sanften Hugeln _ 
eingeschlossene schmale Thal, durch welches der Abfluss des 
weiten Seebeckens seinen Weg nimmt. Die Hugel bestehen 
aus Tuff, während in der 'Thalsohle der Bach einen Lavastrom 


969 


‘entblösst. Dies ist der Strom, welchen Poxzı bis Galera ver- 
folgte, bis wohin von Anguillara aus seine Länge reichlich 
5 Miglien misst. In den bei der Mühle durch den Wasserlauf 
entblössten und geglätteten, schwarzen Felsflächen fällt die un- 
regelmässige Vertheilung der Leucite auf. Bis über einen Zoll gross 
drängen sie sich bald zusammen, bald sieht man sie auf grössere 
Strecken nicht; theils sind es ziemlich regelmässige Krystalle, 
theils ungestaltete Körner, oft mit vielen Augit - Einschlussen, 
welche zuweilen concentrische Zonen bilden. Wie bei den 
Laven des Vesuvs waren gewiss auch hier die Leucite bereits 
erstarrt und wurden als feste Körper in (und vorzugsweise auf) 
der fliessenden Lava fortgeschwemmt. Ihre Bildung in einer 
stark bewegten Masse erklärt hinlänglich die oft unregelmässige 
Gestalt. Zwischen Anguillara und Bracciano herrscht durch- 
aus leueitischer Tuff, welcher an dem erwähnten Vorgebirge 
von Lava durchbrochen wird; man findet hier ein seltsames 
Leueitophyr - Conglomerat mit ungeheuer grossen Leuciten. Von 
dieser Landzunge bis gegen Anguillara sieht man deutlich die 
über 100 Fuss mächtigen Tuffschichten in senkrechten Profilen 
gegen den See hin abbrechen und glaubt die zerstörende Wir- 
kung der Wasser zu erkennen, zu einer Zeit. als der Seeab- 
fluss sein Thal noch nicht bis zur jetzigen Tiefe ausgenagt 
hatte. Nahe Bracciano findet man mehrere in den Tuff ein- 
geschaltete Leucitophyrbänke; das Gestein schliesst hier Trachyt- 
Bruchstücke ein, welche dem Gesteine des nahen Monte Vir- 
ginio ähnlich sind und das höhere Alter des letzteren docu- 
 mentiren. Die Leucitlava, sowohl des Stromes im Arronethale, 
als auch der Vorkommnisse von Bracciano, enthält in Drusen 
Nephelin, bald allein, bald in Begleitung von Melilith. Auch 
am nordwestlichen Ufer des Sees tritt Leucitophyrlava auf, 
und zwar erscheint hier nach Stücken der Horruann'schen 
Sammlung als wesentlicher Gemengtheil neben Leueit auch 
Sanidin, feruer Augit, Magneteisen und in sehr geringer Menge 
auch Hauyn. Die Sanidine bilden schmale Täfelchen, welche 
meist einfach, nur selten Zwillinge nach dem sogenannten Carls- 
bader Gesetze sind. Dies Vorkommen, welches im Albaner- 
Gebirge nicht seines Gleichen hat, weist hin auf die mächtige 
Entwickelung von Sanidin - Leucitophyr im Ciminischen Gebirge. 

Der sanidinführende Leucitophyr vom nordwestlichen 
Ufer des Sabatinischen Sees wird bereits erwähnt in den (durch 

Zeits. d.d. geol. Ges. XVII. 3.. 31 


570 


v. DECHEN nach Horrmann’s Tode herausgegebenen) „Geognost. 
Beobachtungen auf einer Reise durch Italien und Sicilien“, 
Karsten’s Archiv, Band 13, S. 5l, und zwar in einer ver- 
muthlich von G. Rose verfassten Anmerkung, S.5l. Das Zu- 
sammenvorkommen von Leucit und Sanidin ist bisher‘ wenig 
beachtet worden. Bei dem meist nicht geringen Natrongehalte 
der Leucitophyre fand man sich mehr veranlasst, die Existenz 
eines natronreichen Minerals in- der Grundmasse (Nephelin, 
Nosean, Sodalith, schiefwinkliger Feldspath) nachzuweisen. 
Von Sanidin ist der Leucit begleitet (ausser an den genannten 
Oertlichkeiten des nordrömischen Gebietes) in dem Leueitophyr 
von Rieden und dem sogenannten Noseanphonolith von Olbrück, 
dem Englerkopf etc.; ferner nach den Untersuchungen von 
Prof. Kxop im „Nephelindolerit* von Meiches im Vogelsge- 
birge. Was den Sanidin-Gehalt der Vesuv- und Somma - Ge- 
steine betrifft, so können die Untersuchungen noch nicht als 
geschlossen betrachtet werden. 

Ich unterwarf einer sorgsamen mineralogischen Untersu- 
chung die in den Drusen der Lava von la Scala (1631) bei 
Portici vorkommenden Mineralien; sie sind: Sodalith meist 
in einfachen granatoödrischen Krystallen, doch auch (wenn- 
gleich seltener) in Zwillingen, Sanidin in äusserst kleinen 
und dünnen Täfelchen, Augit in den zierlichsten Krystallen, 
zuweilen mit etwas vertieften Flächen des schiefen Prismas, 
Olivin in metallglänzenden, ziemlich dicken, kleinen Tafeln, 
Magneteisen in kleinen Oktaödern. In der Grundmasse 
dieser Lava (und überhaupt der Vesuvischen Laven) scheinen 
beobachtet zu sein: Leucit, Augit, Olivin, Nephelin, Magnet- 
eisen, Glimmer. Der Sodalith scheint demnach noch nicht in 
der Grundmasse (trotz ihres Chlorgehaltes von 0,5 p. C. nach 
Dr. Wenping) erkannt zu sein und der Leueit, welcher die 
überwiegende Menge dieser Lava bildet, sich nicht in deren 
Hohlräumen ausgebildet zu haben. Mit Hulfe des Mikroskopes 
sieht man in dünnen Gesteinsplättchen sowohl der Vesuvlaven, 


. als auch der Gänge und Bänke des Sommaberges ein Gewirre 


von äusserst kleinen, prismatischen Krystallen; diese scheint 
Knop fur Sanidin zu halten. Durch die Auffindung des Feld- 
spathes in dem Gesteine von Meiches wurde er veranlasst, den- 
selben auch im Vesuvischen Leucitophyr zu suchen. „In der 
That war dieser deutlich darin zu entdecken, und zwar in lan- 


571 


gen, lebhaft glasglänzenden Leisten, welche den Eindruck von 
Sanidin machten.“ Der Grundsatz, in der Gesteinsmasse stets 
diejenigen Mineralien anzunehmen, welche man in Drusen findet, 
(ein Grundsatz, dem ich in seiner Verallgemeinerung 
nicht beipflichten kann) möchte vielleicht hier irre führen. 
Wenigstens scheint es mir wahrscheinlicher, dass der prisma- 
tische Gemengtheil der Grundmasse Vesuvischer Laven (soweit 
ich denselben gesehen) einem mejonitähnlichen Minerale an- 
gehöre. Schon Wepning („Untersuchungen der Vesuvlaven“, 
diese Zeitschr. 1858, S. 400) berechnet die Zusammensetzung 
der Lava von Granatello 1631 unter der Voraussetzung, dass 
Mejonit vorhanden sei. Dafür aber wagt derselbe sich doch 
nicht zu entscheiden, ‚da erst nachgewiesen werden müsste, 
dass es auch unlöslichen Mejonit giebt.“ Nun dieser Nach- 
weis ist theils schon geführt -(Mizzonit), theils wird er im Ver- 
lauf dieses Aufsatzes sich herausstellen. Einen gestreiften Feld- 
spath habe ich in den Vesuvlaven bisher nicht gesehen, ent- 
gegen den in Lehrbüchern häufig gemachten Angaben. Nach 
einer gütigen Mittheilung G. Rosr’s ist Sanidin in den Somma- 
laven nicht selten und kommt zuweilen in zollgrossen Krystallen 
darin vor, zollgross nach der schiefen Diagonale von P ge- 
messen.*) 

Die Combination von Leucit und Sanidin in den nord- 
römischen Gesteinen nähert die Leueitgesteine den echten Sa- 
nidin-Trachyten, von denen sie in den verschiedenen petrogra- 
phischen Systemen gewöhnlich weit getrennt werden. Unter 
den Höhen der Seeumgebung besteht aus Trachyt der Monte 
Virginio, welcher sich als eine schildförmige Höhe über einem 
1000 bis 1200 Fuss hohen Tuffplateau bis zu 1706 Fuss er- 
hebt. An seinem südöstlichen Fusse liegt das Dorf Manziana, 
höher am südwestlichen Abhange Canale. Der Trachyt ver- 
breitet sich über einen nahe elliptischen Raum, welcher von 
Osten nach Westen ungefähr 1,5 Miglien misst, während die Breite 
weit geringer ist. Das Gestein des M. Virginio besitzt eine wenig 


» 


%) „Unter den festen Gesteinsblöcken, welche in dem Tuffe liegen 
und bei der Ferriera von Bracciano gefunden worden sind, sind auch 
porphyrartige Granitstücke, etwas lockeren Gefüges, wie von Verwitte- 
rung angegriffen, aus gelblichweissem Feldspath, Quarz und weissem 
Glimmer bestehend, in der von Horruann veranstalteten Sammlung ent- 
halten.“ G. Ross, a. a. O. S. 51. : 


a 


572 


poröse, fast quarzharte, zuweilen streifige, weisse Grundmasse, 


“- in welcher man als ausgeschiedene Gemengtheile nur kleine 


Sanidine wahrnimmt. Die Hohlräume des Gesteins sind zu- 
weilen mit äusserst kleinen Quarzkrystallen bekleidet. Das 
Gestein hat das Ansehen einiger kieselsäurereicher, gleichfalls 
 streifiger Trachyt- Varietäten der Euganaäen. Nach einer Be- 
obachtung Parkro’s (Da Montamiata a Roma, p. 13) tritt nahe 
der südlichen Grenze dieser Trachytkuppe eine kleine Partie 
pliocäner Mergel hervor, überlagert von den Tuffen der Cam- 
pagna. Diese Erscheinung liefert eine Bestätigung für die 
oben bereits ausgesprochene Ansicht, dass der vulkanische Tuff 
in einem Becken von pliocanem Thone ruht, dessen Schichten 
überall unter dem Tuffe vorhanden sind. 

F. Horrmann erwähnt noch eines zweiten Vorkommens von 
Tracbyt, im Hügel von S. Vito, dessen Gestein nach einem 
Stücke in der Sammlung von sehr ähnlicher Beschaffenheit ist, 
wie die Felsart des M. Virginio. Diesen Trachytpunkt kennen 
weder PArero, noch Poxzı. In diesem Trachyte befindet sich 
eine kleine Solfatara, in welcher Schwefel gewonnen“wurde*). 
Die Trachyt-Vorkommnisse am westlichen Gestade des Brac- 
cianer-Sees bilden ein vermittelndes Glied zwischen den Tra- 
chyten von Sasso und Tolfa einerseits und des Ciminischen 
Gebirges andrerseits. 

Von dem Gestade des Braccianer-Sees, .bei dessen Ent- 
. stehung, wie oben angedeutet, wahrscheinlich eine vulkanische 
Bodensenkung mitgewirkt hat, betreten wir gegen Osten und 
Norden ein Gebiet, welches durch zahlreiche maarähnliche 
Kreisthäler besonders ausgezeichnet ist. Auf dem Wege von 
Anguillara zum See von Marfignano -fand ich viele Stücke 
marmorähnlichen Kalksteines, welche ich anfangs für antike 
"Steine hielt, wie man sie häufigin den Einöden um Rom findet. 
Bald aber überzeugte ich mich, dass diese Kalksteinblöcke im 
Tuffe ihre Lagerstätte haben und mit anderen vulkanischen 
Produkten aus den Kesselthälern auf ihre Umwallung sind aus- 
geschleudert worden. Häufiger als reiner magnesiahaltiger 
Kalkstein sind körnige Gemenge von Kalkspath mit Hornblende, 


*) In einer Sammlung zu Allumiere nahe Tolfa sah ich von dieser 
Solfatare ein Stück braunen, vulkanischen Tuffs mit Klüften voll Feder- 
Alaun. 


573 


Augit oder schwarzem Glimmer. Solche merkwürdige Bildun- 
gen haben sich, wenngleich nur als grosse Seltenheiten, auch 
im Tuffe des Laacher Gebietes gefunden. Beim Ueberschreiten 
des östlichen Walles des Kreisthales Polline liest plötzlich 
eines der interessantesten Maare vor uns, welches von dem 
See von Martignano (dem Lacus Alseatinus) erfüllt ist. 
Der Durchmesser des Wallrandes beträgt ungefähr 1,4 Miglien, 
seine Form ist etwas unregelmässig, wahrscheinlich durch die 
drei anderen unmittelbar angrenzenden Maare gestört. Der 
See, welcher den östlichsten Theil der Maarfläche freilässt, 
misst von Norden nach Suden 1,1, von Osten nach Westen 
0,9 Miglien. 

Die stille Wasserfläche liegt in einem von steilen, aber 
wenig hohen Gehängen umschlossenen Becken. Der südliche 
Theil des Walles bildet ein geradliniges Profil, der westliche 
erhebt sich zum Monte S, Catarina, der östliche zum Monte S. 
Angelo. Der elliptisch geformte Wall bildet gegen Osten eine 
Ausbuchtung, welche, jetzt trocken liegend, für spärlichen Anbau 
gewonnen ist. Ein einziges altes Gemäuer erhebt sich am Ge- 
stade dieses Sees, welcher mich an das Weinfelder Maar er- 
innerte, wenngleich das Kreisthal Martignano nicht nur dieses, 
sondern selbst die grössten Eifler Maare, diejenigen von Meer- 
feld und Moosbruch, an Ausdehnung bedeutend übertrifft. Der 
Seespiegel liegt in einer Höhe von 643 Fuss und ist durch 
einen unterirdischen Emissar fixirt, welcher das Wasser in den 
138 Fuss tiefer liegenden Braceianer-See leitet. Die Umwal- 
lung von Martignano wird von dünngeschichteten, ausgewor- 
fenen Tuffen gebildet, welche viele zersetzte Schlackenstück- 
chen und viele grosse Leucitophyrblöcke enthalten. Ueber eine 
flache Senkung der nördlichen Umwallung, durch welche ein 
Abzugsgraben geführt ist, gelangte ich in das Maar von Strac- 
ciacappa, dessen Boden mit einem kleinen, versumpfenden See 
(809 Fuss hoch) bedeckt ist. Die Umwallung dieses Beckens, 
welche nicht völlig 1 Miglie im Durchmesser besitzt, erhebt 
sich über dem vergleichsweise hohen Seeboden zu einer relativ 
geringeren Höhe und mit sanfterer Neigung als bei dem Maare 
von Martignano, in welches das Wasser des kleinen, versumpften 
Sees abgeleitet wird. Am höchsten ist der südliche Walltheil, _ 
welcher etwa 300 Fuss den Maarboden überragt, während der 

nördliche Theil kaum 100 Fuss höher als die innere Fläche 


574 


ist. Auf dieser nördlichen Umwallung hat ein einsames Thurm- 
gemäuer „la torre Straccia* der Verwüstung der Jahrhunderte ge- 
trotzt und überschaut weithin das sich gegen Nordosten, gegen 
Civita- Castellana, senkende vulkanische Land. Ein dichter 
Kranz von Schilfrohr hindert die Annäherung zur Wasserfläche, 
welche auch schon im Alterthume L. Papyrianus hiess. 

Ein noch grösserer Kraterkessel als die bisher im Gebiete 
von Bracciano aufgeführten grenzt unmittelbar gegen Osten 
an Martignano: es ist das vulkanische Kreisthal von Baccano. 
Ein schmaler, bis zu etwa 300 Fuss über den benachbarten 
Maarflächen ansteigender, vulkanischer Rücken trennt beide 
Kesselthäler. Der Weg führt durch eine tiefe, wohl künstlich 
gegrabene Scharte, welche Straten von lockerem, offenbar durch 
atmosphärischen Auswurf geschichtetem Tuff entblösst. Der- 
selbe umschliesst (wie in der Nähe dieser Becken gewöhnlich) 
viel Bimsstein, Leucitophyrlava- und Kalkblöcke. Der Monte S. 
Angelo, südlich des Einschnittes, ist einer der höchsten der 
‚Umgebung; man erblickt von dort nochmals Braceiano und 
die trachytischen Mammeloni von Tolfa. Die Umwallung von 
Baccano misst im Durchmesser 2 Miglien, die ebene, jetzt 
mit Wiesen und Sumpf bedeckte Kreisfläche im Durchmesser 
1,3 Miglien. Der Wall ist gegen Westen und Nordwesten steil 
(der Monte dell’ Impicato 1098 Fuss hoch), gegen Süden niedrig, 
sich sanft verflachend.. Am höchsten ist der ziemlich unregel- 
mässig gebildete Wall im Monte Razzano, 1342 Fuss. Ehemals 
war die Val Baccano mit einem See erfüllt, welcher indess 
bereits von den Alten mittelst eines tiefen Einschnittes ent- 
leert wurde. Der Ausfluss, welcher jetzt die starken Quellen 
des Thales ableitet, berührt Isola Farnese, das alte Veji, um. 
sich 6 Miglien oberhalb Roms mit der Tiber zu vereinigen. Pabst 
Alexander VII versuchte, durch einen unterirdischen Stolln 
die Austrocknung des Kreisthales zu vollenden und dadurch 
die Luft zu verbessern, doch vergeblich. Die alte Via Cassia, 
wie die heutige, nun fast gänzlich verödete Poststrasse führen 
durch diesen Krater. In tiefen Einschnitten, Werken der Rö- 
mer, durchbricht die Strasse den Wall. Der gegen 70 Fuss - 
hohe, nördliche Einschnitt entblösst eine obere Schichtenmasse 
von gelbem, feinerdigem Tuffe, unter welchem ein Conglomerat 
mächtiger Leucitophyrstücke liegt. Die Schichtenmasse neigt 
sich unter 20° vom Centrum des Kraterbeckens weg. 


575 


An die drei von Westen nach Osten einander berührenden 
Circumvallationen (Polline, Martignano, Baccano) reiht sich 
noch eine vierte Bergform ähulicher Art an, auf deren süd- 
östlicher Höhe das Dorf Scerofano liegt. Der Wall mit einem 
Durchmesser von 2,5 Miglien ist gegen Sudwesten geöffnet. Die 
culminirenden Gipfel seines Walles sind: der schon erwähnte 
Monte Razzano, der Monte Fosso (1098 Fuss), der Monte Prato 
(1059), der Monte Mosino (985), der Monte Lupo. Dieser Krater 
(welchen ich nicht selbst gesehen, sondern auf die Autorität Ponzr’s 
anfuhre) besitzt keine ebene Oentralfläche; dieselbe ist vielmehr 
von Schluchten vielfach zerschnitten. Auf dem nordöstlichen 
Wall gibt die Karte Solfataren an, wahrscheinlich Gruben im 
Tuffe, welche sich mit Schwefelsublimationen bedecken. Die 
geradlinige Fortsetzung unserer Kraterreihe trifft auf die kleine 
Ebene von Lagopuzzo, merkwürdig durch die schnell erloschene 
Eruption. 

Vom Kraterwall Baccano, dessen nördlicher Abhang von 
zahlreichen Erosionsschluchten durchschnitten wird, senkt sich 
der Weg gegen Norden in das Thal des Treglia-Baches. Von 
hier stellt sich der Krater als eine charakteristische Sattelform 
dar. Das nur wenig tiefe Tregliathal ist von steilen Tufffelsen 
eingeschlossen. Gleich nördlich der nun wegen der Fieberluft 
verlassenen Poststation Settevene läuft die Strasse über einen 
Leucitophyr-Lavastrom, welcher anscheinend seinen Ursprung 
am Monte Pagliano genommen hat. Auch weiterhin gegen Mon- 
terosi ist der Tuff an vielen Stellen von Leucitophyr durch- 
brochen; es sind stromartige Bänke, welche zwischen den Schich- 
ten des Tuffes lagern. Nahe Monterosi wird der Tuff der Cam- 
pagna von Lapillimassen überlagert, welche augenscheinlich 
von den Schlackenbergen westlich der Strasse ausgeschleudert 
worden sind. Die Strasse führt bei Monterosi (Höhe der Kir- 
. chenfagade 909 Fuss), dessen Häuser aus einem gelben Lapilli- 
tuff erbaut sind, dicht an einem Schlackenkegel, dem Monte Luc- 
chetti vorbei, welcher unzweifelhaft einen derjenigen Punkte 
bezeichnet, von welchen die Lapillimassen der Umgegend 
stammen. Dieselben dehnen sich von Monterosi über Tre- 
vignano längs des nördlichen Ufers des Sabatinischen Sees bis 
an den Trachyt des M. Virginio und fast bis zum oberen Mi- 
gnone aus. Die an der Strasse sichtbaren Laven enthalten nur 
wenige ausgeschiedene Krystalle von Leueit und Augit und 


- 


576 

haben deshalb ein basaltisches Ansehen.. Eine Miglie vom 
Monte Lucchetti gegen Norden liegt der Lago di Monterosi, ein 
ausgezeichnetes, fast kreisrundes Maar, über dessen östlichen 
Rand die Strasse hinführt. Es ist ein nur wenig erhabener 
Wall, im Durchmesser 0,5 M. messend. Der See (698 Fuss 
über dem Meere) ohne sichtbaren Abfluss erfüllt eine Ein-‘ 
senkung in einer schildförmigen Wölbung des Bodens und wird 
etwa 60 Fuss von den steilen Gehängen überragt. Der La- 
puli- Tuff, aus dem Mönterosi erbaut, wird auf der Westseite 
des Maares gebrochen. Es ist eines der kleinsten jener merk- 
wurdigen Kreisthäler des Römischen Landes, dennoch nur um 
Weniges kleiner als das Maar von Gillenfeld. Die Strasse 
führt nun hinab in’s Thal des Cereto-Baches, in welchem man 
einen der schönsten und deutlichsten Lavastrome überschreitet. 

Dieser Strom, echte Leucitophyrlava, derjenigen von Capo 
di Bove gleich, auf dem marinen Campagna-Tuffe ruhend, von 
den Lapillistraten von Monterosi bedeckt, zieht sich von Westen 
nach Osten mit dem Thale hinab. Seine Ausbruchsstelle scheint 
am westlichen Abhange der Hügel von Monterosi zu liegen. 
Längs des Thalgehänges sind viele Grotten ausgehöhlt, offen- 
bar zur Gewinnung der Puzzolane. Hier überschreitet man 
die Grenze der Lapilli-Tuffe und betritt von Neuem das Ge- 
biet der gelben und gelbbraunen Campagna-Tuffe. Nahe der 
Wegscheide Viterbo-Oivita Castellana stellt sich ein in der 
welligen Hochebene des gelben Tuffes flach eingesenktes maar- 
ähnliches Thal dar. 

Am südlichen und östlichen Horizonte treten nun allmälig 
die Rocca Romana, der Schlackenhügel Monterosi’s, die Wall- 
ränder des Kreisthales von Baccano und der weit sichtbare 
isolirte Kalkfelsen Soracte zurück, indem wir an den sanften 
Wallgehängen des Ringgebirges Vico emporsteigen. 

Es wird Niemand auf der Romischen Strasse, welche sich 
5 Miglien weit auf der Kante dieses Gebirgsringes hinzieht, ge- 
reist sein, es wird Niemand vom Gipfel des Soracte den Blick 
gegen Nordwesten gewandt haben, ohne überrascht zu sein 
durch den Anblick des Ringgebirges Vico, aus dessen Tiefe 
der Monte Venere als isolirter Kegel emporsteigt, eine Bergge- 
staltung, deren Gleichen unsere Erde nur wenige darbietet. 

Ueber einer ausgedehnten Basis, welche von Viterbo bis 
in die Gegend von Sutri fast 11 Miglien, von Vetralla bis jen- 


977 


seits Vallerano etwa 10 Miglien misst, baut sich mit sanft an- 
steigenden Gehängen ein mächtiger Kegel auf. Der breitabge- 
stumpfte Scheitel dieses Kegels ist zu einem Kreisthale, einem 
Krater ausgehöhlt, dessen Durchmesser von Wall zu Wall 
4 Miglien beträgt*). Die grandiose Ausdehnung dieses Kreis- 
thales, die dunkelbewaldeten Gehänge, welche meist mit steilem 
Abfalle 600 bis 800 Fuss niedersinken, der die Tiefe erful- 
lende See, an dessen Ufer (und ehemals von demselben rings 
umfluthet) ein steiler Centralpie aufsteigt, fast bis zu gleicher 
Höhe, wie der höchste Punkt des Kreiswalles, — das ist 
keine gewöhnliche Landschaft. Sie erinnert vielmehr an jene 
Schilderungen, welche uns die Astronomen von den Ringge- 
birgen mit einem Centralpie auf dem Monde entwerfen; Schil- 
derungen, welche den Geologen mit dem lebhaftesten Gefühle 
des Bedauerns erfüllen, da er diese wunderbaren Gebirge nie 
betreten und ihre Gesteine nie untersuchen kann. 

Der Ringwall des Vico-Kraters ist auf 2 der Kreisperi- 
pherie zirkelrund, nur auf der westlichen Seite bildet der Wall 
in dem Monte Fogliano einen Vorsprung, durch welchen an 
dieser Stelle die Kraterweite auf 3,1 Miglien verringert wird. 
Die inneren Abhänge mögen sich im Mittel unter etwa 20" 
neigen. Doch ragen an mehreren Punkten, namentlich des 
sudlichen Randes, jähe Felswände über den waldigen Ge- 
hängen hervor. Der tiefste Theil des Walles liegt auf der 
sudöstlichen Seite, wo auch der See einen natürlichen, doch 
durch Kunst tiefer gelegten Ausfluss hat. Derselbe fliesst unter 
dem Namen des Ricano- Baches gegen Osten, verbindet sich 
bei Civita-Castellana mit der (von der nordöstlichen Umwal- 
lung des Braccianer-Sees kommenden) Treglia und vereinigt 
sich dann mit der Tiber. Von dem genannten Einschnitt hebt 
sich der Wall gegen Norden beständig empor. Die mittlere Höhe 
des nordöstlichen und nördlichen Walles mag etwa 2500 Fuss 


*) Von ähnlichen Bildungen seien hier zur Vergleichung mit dem 
_ Ciminischen Ringgebirge noch erwähnt: die berühmte Rocca Monfina, 
deren Kenntniss wir Asıca zu verdanken haben (der elliptische Wall hat 
eine innere Weite von 34 Miglien in der Richtung von Nordwesten nach 
Südosten, von nahe 3 Miglien in der Richtung von Nordosten nach Süd- 
westen); ferner der Krater Astroni, welcher bekanntlich auch mehrere Cen- 
tralerhebungen besitzt und von Osten nach Westen 1800 Met., von Nor- 
den nach Süden 1400 Met. in der inneren Weite misst. 


578 


betragen; höher noch steigt der Monte Fogliano, der erhabenste 
Punkt der ganzen Umwallung hervor. Der Monte Venere steigt 
im nördlichen Theile des Kreisthales über einer kreisförmigen 
Basis von 3; Miglien Umfang mit etwa 20° geneigten Abhän- 
gen empor bis zur Höhe des nördlichen Walles, d.h. bis etwa 
800 Fuss über der inneren Fläche. Diese ist in ihrer süd- 
lichen Hälfte mit einem See erfüllt, welcher sich in zwei Buch- 
ten um den südlichen Fuss des Centralkegels ausdehnt. Der 
nördliche Theil der Kreisfläche, jetzt mit Wiesen erfüllt, be- 
zeichnet den fruheren Stand der Wasserfläche, bevor der künst- 
liche Emissar gegraben wurde. Dass der Thalkessel von Vico 
noch zur Zeit der geschichtlichen Erinnerungen der Schauplatz 
einer grossen Naturveränderung gewesen, wird durch die Frag- 
mente des Sotıon bezeugt, woselbst es heisst: „In Italien ist 
ein See, genannt Sacotos; wenn dessen Wasser klar ist, so er- 
scheinen in der Tiefe viele Mauern und Tempel und eine Menge 
von Bildsaulen. Die Umwohnenden sagen, es sei dort einst 
eine Stadt uberfluthet worden. Dasselbe wird auch erzählt vom 
Ciminischen See in Italien; es- habe nämlich an seiner Stelle 
ehemals eine Stadt gestanden, welche plötzlich verschlungen 
worden sei.“ Auch andere alte Schriftsteller gedenken dieses 
Ereignisses in Betreff des Ciminischen Sees. Eine Sage bringt 
sogar seine Entstehung mit den Thaten des Herakles in Be- 
ziehung (s. v. Horr, Natürl. Veränd. d. Erdoberfläche, I, 329). 

Ich berechnete auf Grund der Generalstabskarte die Grösse 
des Ciminischen Sees = 3,34 Quadratmiglien; die Grösse der 
ganzen ebenen Fläche des Ciminischen Kreisthales = 4,83 
Quadratmiglien. Der nördliche Theil des Ringwalles Vico unter- 
scheidet sich von dem südlichen nicht nur durch die bedeuten- 
dere Höhe, sondern mehr noch durch die weit grössere Breite 
des Kammes. Der südliche Wall stellt eine nur schmale Höhe 
dar, über welche die Strasse sich schnell hinweghebt, um dann 
den Wanderer auf einer Strecke von fast 5 Miglien mit be- 
ständiger Aussicht auf das grandiose Kraterbecken und den 
Centralpie zur Höhe des nördlichen Walles zu führen. Von 
hier wendet sich die Strasse schnell gegen Nord und läuft 
über ein weites und wildes Plateau, an dessen nordwestlichem 
Fusse das quellenreiche Viterbo, 4 Miglien vom nördlichen 
Wallrande entfernt, in einer Höhe von 1136 Fuss (Thurm des 
Stadthauses) liegt. Diese ungleichartige Bildung des Ring- 


579 


walles wird dadurch veranlasst, dass sich an die nördliche 
Seite desselben ein selbstständiges, noch höheres Gebirge, die 
Monti Cimini, anschliesst. | 

Das weitberufene Ciminische Gebirge (bis 308 v. Ch. Mittel- 
Etrurien’s Schutz gegen Roms vordringende Macht) erhebt sich 
zwischen den Städten Viterbo, Vitorchiano und Soriano (Höhe 
des Thurmes der Burg = 1644 Fuss) zu einem breiten, von 
Norden nach Süden ausgedehnten Kamme, dessen höchster Gipfel 
der Monte Cimino oder Monte di Soriano 3252 Fuss erreicht; der 
nördliche, gegen Vitorchiano gerichtete Ausläufer dieses Rückens 
heisst M. Ciliano; gegen Westen zweigen sich von dem Ge- 
birge mehrere Gipfel ab, welche den malerischen Gebirgshinter- 
grund von Viterbo bilden. Gegen Südwesten gestaltet sich 
jener hohe Kamm zu einem Plateau, welches sich mit dem 
Kraterrande Vico vereinigt. Der Monte Cimino hat eine bemer- 
kenswerthe Lage. Verbindet man namlich die beiden hohen 
Gipfel des transappenninischen Italiens, den Monte Amiata und 
den Monte Cavo (die höchsten zwischen den Apuanischen Alpen 
und dem Volsker Gebirge), so trifft diese Linie fast in ihrer 
Mitte den Monte Cimino, welcher auch in seiner Höhe zwischen 
jenen beiden Gipfeln die Mitte. halt. 

Das Ciminische Gebirge mit dem eine deutsche Meile weiten 
Riesenkrater Vico verdient nicht nur wegen seiner Gestaltung, 
sondern ebenso sehr wegen der in ihm auftretenden Gesteine 
das Interesse der Geologen in höherem Grade, als bisher ihnen 
zugewandt worden ist. Mein Besuch derselben war leider von 
‘den ungünstigsten Umständen begleitet, da gegen Ende des 
März 1865 tagelang von den heftigsten Nordwinden Regen- 
güsse und Hagelschauer über diese ohnedies schon unwirth- 
lichen Bergflächen geführt wurden und ich mich mehrfach ge- 
nöthigt sah, wie die päbstliche Gendarmeria, welche in zehn 
starken Posten die Wegstrecke von Ronciglione bis -Viterbo 
bewachte, vor dem Unwetter in einzelnen Grotten Zuflucht zu 
suchen, welche längs der Strasse in den vulkanischen Tuff 
ausgehöhlt waren. 

Während die Laven und Schlacken von Vico aus Leucito- 
phyr bestehen und sich um dieses Kreisthal eine grössere Menge 
von Leuciten darstellt als an irgend einem anderen bekannten 
Punkte, so setzt Trachyt das Oiminische Gebirge zusammen, 


580 


- Das Plateau, welches den Kraterrand mit dem Monte Cimino ver- 
bindet und sich gegen Viterbo herabsenkt, weist Zwischenge- 
steine zwischen Trachyt und Leucitophyr auf, sanidinreiche 
Leueitophyre in Gängen, Bänken und stromartigen Massen, 
welche, vielfach in Tuffe übergehend, dem Petrographen ein 
dankbares Feld seiner Studien darbieten. Von den genannten 
Gesteinen ist der Trachyt das ältere und muthmaasslich von 
gleichzeitiger Entstehung wie die altvulkanischen Gesteine der 
Euganäen, des Amiata, des M. Virginio und der Mammeloni 
von Tolfa. Das Ciminische Gestein, welches zum Bau der 
Strasse dient dort, wo sich dieselbe dem südwestlichen Ab- 
hange des höchsten Gipfels nähert, ist von lichtgrauer Farbe, 
von feinkörniger bis dichter Grundmasse mit fast ebenem Bruche 
und meist kleinen ausgeschiedenen Krystallen von Sanidin 
in tafelformigen, einfachen und Zwillingskrystallen, schwafzem 
Augit,Magneteisen, seltener von gelblichbraunem Titanit, 
lebhaft blauem Hauyn und endlich Leueit. Den letzteren, 

in Trachyten ungewöhnlichen Gemengtheil *), erkannte ich sicher 
mit Hülfe des polarisirenden Mikroskops. Derselbe tritt in 
vereinzelten Körnchen auf, um welche sich in einem Saume 
die kleinsten Augite herumlegen und dadurch sich als eine spa- 
tere Bildung im Vergleiche zum Leueite erweisen. Die Augite 
erscheinen in dunnen Schliffen grün, was ihre gewöhnliche 
Farbe in Gesteinen ist. Die Grundmasse ist vorzugsweise ein 
Gemenge äusserst kleiner, farbloser Prismen, welche vielleicht 
Sanidin, vielleicht aber ein noch nicht näher bekanntes Mineral 
sind. Auffallend ist es, dass dies Gestein bei Behandlung mit 
Chlorwasserstoffsäure eine reichliche Gallerte gibt, welches Ver- 
halten keinem der mineralogisch erkennbaren Mineralien zuge- 
schrieben werden kann; denn der Haüyn ist nür in äusserst ge- 
ringer Menge (zuweilen im Sanidin eingewachsen) vorhanden. 
Das Gestein ist ziemlich stark magnetisch und ist, unter Ver- 
nachlässigung des jedenfalls äusserst geringen Titansäurege- 
haltes, in folgender Weise zusammengesetzt: 


%) Der Lencit ist in den Gesteinen wahrscheinlich mehr verbreitet, 
als man bisher wähnte; auch der Phonohth von der westlichen Seite des- 
Selberges bei Quiddelbach (Adenau) enthält in wesentlicher Menge Leueit, 
wie ich in einem folgenden Bande dieser Zeitschrift darlegen werde. 


581 


Phonolith-ähnlicher Trachyt vom Ciminischen 
| Gebirge. 


Ce. Da 
Nateımm ")e 24.4... 0.09 ' 
Keselsiue , . . 00.13,..0,- 32.09 


Schwefelsäure. . 0,19 0,11 
Dhowerde .......18.20 8,78 
Eisenoxydul . . 3,44 0.06 
Kalkerde,.. .,.. 2,80 0,80 
Maanessa ,. u... 0,32 0,13 
Kae, .. 418. 0,71 
Natıonıı . ..0.2..9.05 2,46 
Glühverlut . . 0,33 
99,92. 


Dividirt man die Summe des Sauerstoffs sämmtlicher Basen 
durch die Summe des Sauerstoffs der Kieselsäure und der 
Schwefelsäure, so erhält man die Zahl 0,422. 

Das speecifische Gewicht des Gesteins bei 20° C. beträgt 
2,522. Die vorstehende Analyse beweist, dass das Ciminische 
Gestein in seiner Mischung keine Verwandtschaft besitzt weder 
mit den von mir analysirten Trachyten der Euganäen, von 
Campiglia, Tolfa, noch mit den sogenannten Noseanphonolithen 
des Laacher Gebietes, dass es hingegen sehr ähnlich gemischt 
ist wie mehrere Trachyte von Neapel, namentlich wie das Ge- 
stein des Oumanischen Felsens, dessen Zusammensetzung weiter 
unten mitgetheilt werden wird. 

Der Ciminische Trachyt verbreitet sich nach der Beobach- 
tung PaArero’s vom Gipfel des Gebirges gegen Westen bis 
Bagnaja, gegen Osten bis Soriano, gegen Norden bis über 
Vitorchiano hinaus, während die südliche Verbreitung gegen 
die Hochebene des nördlichen Vico-Walles sich unter unermess- 
lichen Anhäufungen leucitischer Laven und Lapilli verbirgt. 
Vitorchiano liegt in der Nähe der tiefen Schlucht des Flusses 
Vezza, welcher nach PıArrro folgende Lagerung entblösst: zu- 
unterst die pliocänen Mergel, welche von Rom bis Orvieto im 
Tiberthale sich zeigen, ferner Trachyt in nahe horizontalen 


*) Diese Menge des Natriums wurde auf das Chlor berechnet; die 
ganze Menge des gefundenen Natrons beträgt 9,67 p. C. 


582 


Bänken, dann den marinen Tuff der Campagna. Befremdlich 
sei es, dass vom Trachyt sich nur wenige Einschlüsse in den 
überlagernden Tuffen finden. Die Lagerung des Trachyts bei 
Vitorchiano lässt schliessen, dass dies Gestein hier nach Weise _ 
der Laven geflossen sei, während die Kuppelform des Monte 
Cimino auf einen nicht flüssigen, sondern nur teigartigen Zu- 
stand der trachytischen Masse hindeutet (ParETo). Ein isolirtes 
kleines Trachyt - Vorkommen, rings von Tuff umgeben, fand 
ParETo bei Vignanello, zwei Miglien südöstlich von Soriano. 

Der Körper des Ringgebirges Vico besteht aus dem viel- 
erwähnten Tuffe der Römischen Landschaft, durchsetzt von Lava- 
banken, überdeckt oder überstreut von Lapilli-Massen. Die 
tiefe Erosionsschlucht (Burrone), auf‘: deren hohem südwest- 
lichem Rande Roneiglione (1475 Fuss hoch) sich hinzieht, ent- 
blösst die geognostische Bildung dieses Theiles des Gebirges. 
In der Tiefe stellen sich die Schichten des gelben Campagna- 
tuffes dar, darüber in ansehnlicher Mächtigkeit schwarze, rol- 
lende Lapilli in Straten, wie sie durch atmosphärischen Nieder- 
fall sich bilden. Die gelben oder gelbbraunen Tuffe, welche 
durch die eingemengten Bimssteinstücke charakterisirt sind, 
fallen mit einer Neigung von 8° bis 15° vom Centrum des 
Kraterbeckens ab. Bei einer späteren, eingehenden Untersuchung 
wird die Frage zu entscheiden sein, ob diese gelbbraunen, den 
Lapilli- Massen unterlagernden, in ihrer mineralogischen Be- 
schaffenheit mit den Campagna-Tuffen übereinstimmenden Tuffe 
ringsum sich gegen den Kraterrand emporheben. Dann wird 
sich weiter die Frage darbieten, ob diese unteren Tuffe durch 
Hebung in ihre jetzige Lage gebracht worden sind, oder. ob 
die vulkanischen Explosionen, die ursprünglich horizontalen 
. Schichten des marinen Tuffs durchbrechend, dem Materiale des- 
selben durch Auswurf eine neue Lagerung gegeben haben. 
Wie zu einem Kreiswalle oder Kraterrande die vulkanischen 
Auswurf-Straten sich lagern, ersieht man am deutlichsten am 
Maare von Uelmen und _ am Krater degli Astroni bei Neapel. 
An beiden Orten haben die Lapilli- resp. Bimsstein- Massen 
eine sattelfürmige Lagerung, d. h. sie fallen den Gehängen 
des Walles entsprechend. Dies wird immer stattfinden, wenn 
die Wandungen des Kratertrichters nicht allzu steil sind. 

In einem Einschnitte der Strasse vor Ronciglione zeigt 
sich zuunterst graugelber, feinerdiger Tuff, darüber ein äusserst 


583 


grobes Conglomerat mit unzähligen, 1 bis 4 Fuss grossen Leu- 
eitophyrblöcken, zuoberst wieder feinerdiger Tuff in dünnen 
Straten. Die Grundmasse jenes Conglomerats ist von braun- 
rother Farbe; der Leueitophyr der eingeschlossenen Blöcke 
stellt sich zuweilen als ein Aggregat schneeweisser Leueitkry- 
stalle dar; die Grundmasse des Gesteins ist nur eben hinrei- 
chend, die Leucite zu verkitten. In der Nähe der Kirche des 
verlassenen Dorfes Vico erblickt man Bänke von Leueitophyr- 
lava, welche zwischen Schichten von gelbem und grauem Tuffe 
eingeschaltet sind. Eine etwa 60 Fuss hohe Felswand, in 
welcher der Kraterrand zur Tiefe absturzt, besteht in ihrer 
Hauptmasse aus. gelbem, Bimsstein führendem Tuffe, darüber 
graue und schwarze Lapilli — hier nur in einer wenig mäch- 
tigen Ueberdeckung. Dieselbe Auflagerung zeigt sich vielfach 
am Wege: braune und gelbe Tuffe als Körper des Gebirges, 
darüber Schlackensande, Lapilli, welche durch zahlreiche Ein- 
schlusse von Lavablöcken zuweilen zu einem Leueitophyr-Con- 
glomerate sich gestalten. Die Auflagerungsfläche des Leuci- 
tophyr- Conglomerates und der Lapilli-Massen auf dem gelben 
Tuffe ist oft höchst unregelmässig, so dass sie im vertikalen 
Durchschnitt als eine vielfach sinuose Linie erscheint. Der 
nördliche, höhere Theil des Ringwalles, welcher einen Ueber- 
blick-üuber das weite Kreisthal und den nun in grosser Nähe 
aufragenden (von hier zweigipfelig erscheinenden) Monte Venere 
darbietet, ist hoch überstreut mit rothen und schwarzen, rollen- 
den Schlacken. Es erschien mir glaublich, dass der centrale 
Schlackenkegel die Ausbruchsstelle dieser Auswurfsstoffe be- 
zeichne, welche mächtig namentlich den nördlichen Kraterrand 
bedecken und sich von hier über das Plateau bis zum Trachyt- 
berge Cimino erstrecken. Den Kraterrand verlassend, betrat ich 
ein kahles, nur von vereinzeltem Buschwerk bedecktes Plateau 
von zahlreichen, flachen Schluchten durchfurcht, ein Bild 
ausserster Wildheit. Die Lapillisande des Kratersaumes_zei- 
gen auch auf dieser Hochebene eine weite Verbreitung und 
bieten unter ihren Einschlüssen die verschiedenartigsten Leu- 
citophyr- Varietäten dar, meist weisse, doch auch rothe Leucite 
(wie in manchen Gängen des Somma-Walles), von Zollgrösse 
und wieder bis zu äusserster Kleinheit, bald das Gestein fast 
allein bildend, bald nur vereinzelt in der schwarzen Masse. 
In diesen Lapilli fand ich feinkörnige Stücke, bestehend aus 


584 
lichtgrünem Augit und weissem Sanidin. Andere Stücke haben 
das Ansehen plutonischer Gesteine, indem sie ein grobkörniges 
Gemenge von Feldspath (vom Ansehen des Orthoklases), schwar- 
zer Hornblende, schwarzem Glimmer, etwas Titanit und ein- 
zelnen Quarzkörnern darstellen und demnach manchen Syeniten 
gleichen. z 

Auf dem genannten Plateau tritt an zahllosen Punkten 
zwischen Lapilli und Tuffen anstehendes Gestein in Bänken 
und stromartig ergossenen Massen hervor. Dies Gestein, 
welches einen ansehnlichen Theil des an den Nordrand des 
Vico-Kraters sich anschliessenden Hochlandes bildet, ist ein 
Leueittrachyt und enthält in einer grauen, scheinbar dichten 
Grundmasse ausgeschiedene Krystalle von Sanidin, Leueit, 
Augit, Glimmer, Titanit und Magneteisen. Die beiden ersteren 
Gemengtheile sind in grösster, meist in nahe gleicher Menge 
vorhanden. Die Sanidine erreichen Zollgrösse und ebenso die 
Leueite. Dies interessante Gestein scheint der Verwitterung 
leicht zu unterliegen; es nimmt dann zuweilen ein beinahe tuff- 
ähnliches Ansehen an. In diesem Leueittrachyte treten unregel- 
mässig verlaufende Gänge auf, welche fast nur ein Aggregat 
zahlloser, bis einen halben Zoll grosser Leueite sind. Als ich 
zuerst einer aus diesem leucitreichen Gesteine gebildeten Fels- 
fläche von ferne ansichtig wurde, glaubte ich nicht anders, als 
der Boden sei mit Hagelkörnern bedeckt. 

Vor Viterbo lagert auf dem Leucittrachyt eine mächtige 
Tuffbildung mit vielen Bimssteinstücken. Jene Lava bildet 
in diesem Tuffe wahrscheinlich Lagergänge. PARETO sah in 
der Nähe von Vetralla leueitische Lavastrome, welche vom 
westlichen Abhange des Vico-Kraters bis über die Strasse, 
welche jene Stadt mit Viterbo verbindet, geflossen waren. Die 
Erfahrung, dass die Umgegend thätiger oder erloschener Vulkan- 
gebiete durch Thermen bezeichnet ist (welche Thatsache in 
neuester Zeit durch P. v. TSCHICHATSCHEwW auch für die Trachyt- 
bezirke Kleinasiens hervorgehoben wurde), bewahrheitet sich 
auch in dem Ciminischen Gebiete; denn 1,5 Miglien westlich von 
Viterbo bricht aus der Tuffebene eine der reichlichsten Thermen 
hervor, der seit Jahrhunderten *) berühmte Bollicame. Der Weg 
zum Bollicame führt, nachdem man Viterbo verlassen, durch 


”)  Quale del Bulicame esce ’l ruscelle, 
Che parton poi Ira lor le peccatrici. Dante Inf. XIV, 


585 


eine in den Tuff eingeschnittene, enge Schlucht. Der Tuff ist 
hier grauschwarz und enthält zahlreiche, grössere und kleinere 
 Einschlüsse, unter denen folgende hervorzuheben sind: Leu- 
citophyr in allen Varietäten, darunter auch fladen- und tauför- 
mige Schlackenstücke, bimssteinartige Trachyte, der oben be- 
schriebene Ciminische Trachyt, durch seine lichtgraue,. dichte, 
fast phonolithische Grundmasse ausgezeichnet, ferner körnige 
Aggregate von Sanidin, Augit, Hornblende, Titanit, Magnet- 
eisen, vollkommen vielen Laacher Auswürflingen gleich; end- 
lich Stücke von körnigem Kalke, zuweilen mit Magnesiaglimmer 
und Hornblende gemengt. Bei der einsamen, verfallenen Casa 
del carnefice öffnet sich jene Enge zu einem breiten, ebenen 
Thalgrunde, dessen Boden durch schwarze, überaus fruchtbare 
Erde gebildet wird. Diese Thalfläche wird beiderseits von 30 
bis 90 Fuss hohen vertikalen Tuffwänden eingeschlossen, in 
welche zahlreiche Kammern, Wohnungen der Todten, einge- 
hauen sind. Diese altetruskischen Todtenkammern ziehen sich 
zum Theil mehrere Miglien weit in diesem und anderen Neben- 
thälern des Marta-Flusses hin. Der jetzt fast menschenleere 
Distrikt um Toscanella, ein Raum von über 400 Quadratmiglien, 
muss einst eine dichte Bevölkerung besessen haben; das be- 
weisen jene Todtenkammern. 

Ueber den Tuff lagert sich viele Miglien ausgedehnt eine 
Travertinschale. Der Bollicame liegt auf einer ganz flachen, 
schildförmigen Höhe, welche aus Kalktuff besteht und durch- 
aus an den Montirone von Abano erinnert. Ihr Umfang be- 
trägt etwa 0,5 Miglien. Den Scheitel jener schildförmigen Höhe 
nimmt eine etwa 100 bis 120 Fuss im Durchmesser haltende, 
von ausgeschiedenem Schwefel blaulichweiss gefärbte Wasser- 
fläche ein, in ‘deren Mitte es gewaltig wallt und siedet. 
Die fortwährend aufsteigenden Blasen sollen hauptsächlich aus 
Kohlensäure mit einer geringen Beimengung von Schwefel- 
wasserstoff und atmosphärischer Luft bestehen, und die Tem-- 
peratur des Wassers soll 80° (C?) betragen, nach DAuBEnY, 
Vulkane, deutsch von G. LeoxuArp, S. 101. 


W. Das Bergland von Tolfa. 


Die weite Tuffebene, welche sich vom Amiata zum Albaner- 
Gebirge, vom Appennin bis zum Tyrrhenischen Meere ausdehnt, 


wird in ihrer Mitte namentlich durch zwei bedeutendere Erhe- _ 
Zeits. d.d. geol. Ges. XV Ill. 3. 38 


386 


bungsmassen unterbrochen, von denen wir die eine, ‚das Cimi- 
nische Gebirge mit dem Ringgebirge Vico, im Vorhergehenden 
kennen lernten, während die andere, welche die Berge von 
Tolfa begreift, hier in- Kürze Seschilätct werden soll. Die 
Höhen von Tolfa erstrecken sich von Cerveteri im Süden bis 
nahe Corneto und Monte Romano im Norden, breiten‘ sich 
im Westen bis an’s Meer aus, während sie gegen Osten durch 
den M. Virginio mit der Rocca Romana und den anderen Ber- 
gen um den Braccianer- See zusammenhängen. Während das 
Albaner-Gebirge mit seinem Ringgebirge und seinen Kreis- 
thälern, den Radialthälern und seitlichen Eruptionskegeln eine 
so verständliche Gestaltung uns darbot, durch seine dichte Be- 
wohnung und herrlichen Anbau das Auge erfreute, so ist um 
Tolfa Alles gänzlich verschieden. Ersteigt man die um Tolfa 
und. Allumiere sich erhebenden höchsten Punkte, so schweift 
das Auge über ein gar wildes, schwer aufzufassendes Gebirgs- 
land. Steile, waldige Höhenzuge, von nackten, weissen oder 
auch röthlichweissen Felskuppen überragt, laufen in allen Rich- 
tungen. Tiefe, steilwandige Thalschluchten ziehen hierhin und 
dorthin; man begreift nicht, wie sie sich verbinden. Um zwei 
Punkte, um zwei hochragende Kuppen, den Monte delle Grazie 
(1892 Fuss hoch) und die Rocca della Tolfa (1735 Fuss) sam- 
melt sich die spärliche Bevölkerung; ringsum auf viele Meilen 
in der Runde ist Alles ode und menschenleer. Die Thaltiefen 
sind. mit Fieberluft erfüllt, welcher die Menschen gewichen 
sind. So steht Monterano seit etwa 70 Jahren verlassen, und 
auch Rota, tiefer am Mignone herab, ist fast verödet. In nörd- 
licher Richtung breitet sich vor unseren Blicken ein scheinbar 
ebenes Land gegen den Bolsener-See aus. Auch in diesen 
weiten Flächen, welche von steilwandigen Erosionsschluchten 
durchschnitten werden, sind die Flecken menschenarm und die 
spärlichen Gehöfte durch meilenlange Oeden getrennt. 

Siegreicher als die heutige Bevölkerung bekämpfte die alte 
Römische Welt die Geissel der Malaria. Denn wo ehemals 
grosse Stadtgemeinden und ganze Städtevereine bluhten, da 
dehnen sich jetzt die ungeheuren Latifundien aus mit ihrer wan- 
dernden Bevölkerung, Menschen, besitzlos, kenntnisslos, fast 
rechtlos, voll Devotion und Ergebung. 

Als den Kern des Berglandes von Tolfa kann man eine 
Bodenschwellung betrachten, welche südlich von Allumiere und 


987 


Tolfa durch das Thal des Verginese-Baches, gegen Osten und 
Norden durch den Mignone-Fluss von Rota abwärts begrenzt 
wird, und welche gegen Westen in mehreren Stufen zum Meere 
abfällt. Dies Gebiet, welches wiederum durch den Fosso Cupo 
und andere Thäler zerschnitten wird, ist besonders ausgezeichnet 
durch die die buschigen Höhen überragenden Mammeloni, kolos- 
sale, warzenförmige Felskuppeu. Unter diesen durch ihre lichte 
Farbe ausgezeichneten, zuweilen flammenförmige Felsgestalten 
tragenden Mammeloni verdienen besondere Erwähnung der Monte 
delle Grazie, welcher das Dorf Allumiere überragt, und die Rocca 
della Tolfa, östlich .vom Dorfe gleichen Namens, welche ein 
zerstörtes Castell trägt. Südlich des Verginese- Baches erhebt 
sich das waldbedeckte Gebirge im Monte Tolfaccio zu 1763 Fuss. 
Weiter gegen Suden und Sudosten senkt sich das Bergland, 
um nahe seinem südöstlichen Ende im Monte Santo bei Sasso sich 
wiederum zu 1249 Fuss zu erheben. Man erblickt diese Hö- 
hen bei der Station Casale di Turbino zwischen Rom und 
Civitavecchia; es zeichnet sich namentlich ein schöngestalteter 
Berg aus und neben demselben zur Linken eine mit einer Ruine 
gekrönte Felsenzacke. Bei Ceri und Cerveteri (Altcäre) endet 
das Gebirge von Tolfa, indem sich hier die weitfortsetzenden 
Campagnatuffschichten anlegen. Auf der Strecke von der Torre 
‘di Orlando über Civitavecchia bis Sta. Severa erstrecken sich 
die Vorberge bis an’s Meer; von da gegen Cerveteri legt sich 
eine gegen Osten breiter werdende Alluvialebene zwischen Meer 
und Berge. Die östliche und südöstliche Fortsetzung der Tolfa- 
berge nimmt den Charakter: eines Plateaus an, dessen Baum- 
losigkeit sehr contrastirt gegen das Waldgebirge Tolfas. Von 
der Rocca della Tolfa erblickt man am östlichen Horizonte 
das Tuffplateau sich zu einem wenig erhabenen Walle empor- 
heben, welcher den See von Bracciano umschliesst. Gegen 
Norden über den Mignone hinaus schliessen sich an die centrale 
Bodenschwellung breite, waldbedeckte Plateaus an, welche das 
Gebiet zwischen dem Mignone und der Marta erfüllen und sich 
verflachend noch über den letzteren Fluss fortsetzen. Ueber 
diese Höhen, welche mir als einer der unwirthlichsten Theile 
Italiens erschienen, führt auf und nieder die Strasse von Viterbo 
nach Civita. | 

Das eigenthümlich Verworrene der Bergzüge von Tolfa 
verräth sich auch im Laufe der Gewässer. Der Hauptfluss 


35 * 


588 


dieses Gebietes, der Mignone,; entspringt bei Bassano di Sutri, 
fliesst zunächst gegen Westen bis Viano, dann mit südlicher 


‘Richtung bis Monterano, nimmt hier wieder einen westlichen 


Lauf an bis Rota, fliesst dann: gegen Norden am östlichen 
Fusse der hohen Felswände Coste del Tiglio hin, wendet sich 
dann in vielen Krümmungen gegen Westeu und Südwesten, um 
sich 51 Miglien nordwestlich von Civita mit dem Meere zu ver- 
binden. Von den Zuflüssen des Mignone ist namentlich zu er- 
wähnen der Lenta, welcher nahe Manziana nur 2 Miglien vom 
Braccianer- See entspringt, auf einem gegen Süden gewandten 
Bogen die verlassenen Bäder von Stigliano berührt und nahe 
Rota dem Mignone zufällt. Der Verginese, dessen bereits oben 
gedacht wurde, entspringt nahe Allumiere bei la Bianca, besitzt 
eine schnell abstürzende, tief eingesenkte Thalsohle, fliesst in 
östlicher Richtung gegen Rota. Eine Miglie vor diesem Castell 
verbindet sich mit ihm der Fosso Cupo, welcher nordwestlich 
von Tolfa entspringt und einen stark gekrümmten -Lauf hat. 
Auf der Sudseite des Gebirges laufen viele Bäche dem Meere 
zu. Auch diesem Gebiete fehlen die Thermen nicht, die letzten 
Spuren erloschener Vulkanıtä. Am Fusse des M. Cucco an 
der Strasse von Oivita nach Tolfa sammelt sich noch jetzt in 
den alten Reservoirs des zerstörten Römischen 'Thermenbaues 
lauwarmes Wasser (über 45° ©. nach Coquann’s Angabe). Eine 
andere Therme liegt 2 Miglien südöstlich von Tolfa auf dem 
südlichen Gehänge des Verginese - V'hales. "Ich bestimmte hier 
die Temperatur der Quelle (welche von der ärmeren Bevölke- 
rung zu Bädern benutzt wird) zu 45° C. bei einer Lufttem- 
peratur von 14° C. Ferner sind zu nennen die Bäder von 
Stigliano und eine Therme mehrere Miglien westlich von Sasso. 
Ein erwähnenswerthes Werk ist der Trajanische Aquaeduct, 
welcher, im Centrum des Berglandes von Tolfa beginnend, Civita- 
vecchia mit Wasser versorgt. Das Wasser wird an der West- 
Abdachung der Coste del Tiglio gesammelt; die direete Ent- 
fernung dieses Punktes von Civita beträgt zwar nur 10 Miglien, 
doch misst die Wasserleitung auf ihrem vielgewundenen Laufe, 
mittelst dessen sie die zahlreichen Schluchten umgeht, genau 
das Doppelte. | 
Um Tolfa zu besuchen, wählt man am besten die Strasse 
von Civita, welche über neuere Meeresbildungen und pliocäne 
Ablagerungen sich in allmäligem Ansteigen dem Fusse des 


. 


589 


eigentlichen Gebirges nähert. Eine besonders malerische Ge- 
birgsansicht bietet der Weg dort, wo er am westlichen und 
nördlichen Rande eines grossartig gestalteten, waldigen Thal- 
- kessels hinzieht, aus dessen Mitte sich mehrere (darunter ein 
thurmgekrönter) Kegel erheben. 

Von dort läuft die Strasse auf hohem Gebirgskamme hin, 
nach Norden und Süden weite Fernsichten gestattend. Bald 
wird der Monte delle Grazie sichtbar, unter allen Mammeloni der 
' ausgezeichnetste, an dessen sudlichem Fusse das Alaun - Dorf 
sich angesiedelt hat. Das Gebirge von Tolfa besteht aus 
einem Kern von Trachyt, welcher von einer ausgedehnten 
Masse von Kalk und Sandsteinschichten umlagert wird. Wir 
werden kaum irren, wenn wir im ‚Gebirge von Tolfa ein Glied 
in jener Reihe von Erhebungen zu erkennen glauben, welche 
dem Appennin gegen Sudwesten vorlagern, und deren Gesammt- 
heit P. Savı mit dem Namen der Catena metallifera bezeich- 
net hat. Dieses durch Marmorlagerstätten und Erzreichthum 
charakterisirte System isolirter Erhebungen beginnt in den 
Umgebungen Spezzias und mit den Apuanischen Alpen, lässt 
sich verfolgen im Monte Pisano, Elba, im Gebirge von Campiglia, 
im Vorgebirge Argentaro und scheint in den Gebirgen Civita- 
vecchias sein Ende zu erreichen. Zwar ist in den Bergen 
von Tolfa das Vorkommen von Marmor nur untergeordnet, 
doch die Erzlagerstätten ähneln sehr den Toscanischen Vor- 
kommnissen. i 

Die Kalksteinmassen erstrecken sich in ostwestlicher 
Richtung etwa von den Thermen Trajans 3 Miglien. östlich 
von Civita bis in die Gegend von Monterano. Gegen Suden 
beginnen sie etwas nördlich von Oerveteri und ziehen sich im 
Norden über den Misnone hinaus (wo sie die Bergrüucken von 
Monte Romano bilden) bis gegen Vetralla und üher die Marta. 

Wenn man, von Civita kommend, das sich schneller em- 
porhebende Kalkterrain erreicht, so sieht man die Schichten 
von. Nordwesten nach Sudosten streichen, steil gegen Sud- 
westen bis senkrecht einfallen. Die Gehänge sind hier steinig, 
mit spärlicher Vegetation bedeckt. Das Streichen und Fallen 
der Schichten ist vielfachem Wechsel unterworfen; im Allge- 
meinen indess ist letzteres stets westlich, nordwestlich oder 
südwestlich, also vom Gebirgscentrum ab. Wo die Strasse 
am Rande des waldigen Thalkessels hinzieht, erblickt man 


590 


viele rothe und gelbe Kalksteinstucke umherliegend, welche 
sogleich an den versteinerungsreichen, rothen Ammonitenkalk 
des Campigliesischen erinnern. Diese Schichten stehen am Monte 
Zanfoni und Monte Rotondo auch an. Weiterhin treten unter den 
Kalkschichten schwarze, rothe und braune, zerfallende Schiefer 
hervor, welche auch im Grunde jenes Thalkessels herrschen. 
Weiter gegen Allumiere folgt wieder Kalkstein, dessen Ver- 
breitung hier wenige Schritte östlich von der Wegscheide en- 
det, welche links nach Allumiere, rechts nach Tolfa führt. 
An dieser Stelle betritt man den Trachyt, welcher den centra- 
len Theil des Gebirges bildet. In der Nähe der Grenze des 
Eruptivgesteins ist das Fallen der Kalkschichten besonders 
schwankend und häufig gegen Osten. 

Zu welcher Formation die Kalkschichten gehören, welche 
nebst den ihnen untergeordneten Schiefer- und Sandstein- 
schichten allseitig den Trachyt (wie in den Euganäen) um- 
geben, muss erst durch spätere Untersuchungen ermittelt wer- 
den, denen durch die Seltenheit der Versteinerungen ein schwer 
zu überwindendes Hinderniss im Wege steht. Der mir mund- 
lich geäusserten und in seiner Manuscriptkarte dieser Gegend 
niedergelegten Ansicht Ponzr’s, dass alle jene Kalkschichten 
der unteren Eocänformation angehören, und dass im Gebirge 
von Tolfa keine ältere Formation vorhanden sei, möchte 
ich nicht beitreten. Bereits PArrro glaubte südlich von Allu- 
miere, nahe der Madonna di Cibona, in jenen talkigen Schiefer- 
schichten den sogenannten Verrucano wieder zu erkennen, 
welcher in den Pisanischen Bergen, auf Elba, bei Serravezza 
und an anderen Punkten des Toscanischen Erzgebirges (Ca- 
tena metallifera) die ältesten Bildungen darstellt. Die oben 
erwähnten rothen und gelben Kalkschichten hält ferner auch 
Coquann (Des solfatares des alunieres et des lagoni de la 
Toscane, Bull. soc. geol. Fr., T. VI., 2 S., p. 144), da er in 
denselben den Querschnitt eines Ammoniten beobachtet habe, 
für*entsprechend dem Toscanischen rothen Ammonitenkalke, 
welcher durch zahlreiche Versteinerungen als Lias charakteri- 
sirt ist. Die Hauptmasse der Kalk- und Schieferthonschichten 
des Gebirges von Tolfa scheinen indess der eocänen Abthei- 
lung des Tertiärs anzugehören. 

Vor wenigen Jahren hegte man die Hoffnung, im Tolfa- 
gebiete Kohlenflötze zu finden. Dieselbe hat sich zwar trüge- 


591 


risch erwiesen, doch sind die desfallsigen Arbeiten nicht ohne 
einiges geognostische Interesse geblieben. - Gegenstand der 
Versuchsarbeiten waren schwarze, bituminöse Mergel, welche 
in der Thalschlucht des Fosso Cupo anstehen und den Monte 
Castagno, sowie einen Theil des Bergrückens von Montisola 
bilden. Es wurde eine Aktiengesellschaft constituirt und in 
der genannten Thalschlucht ein Schacht. bis zu einer Teufe 
von etwa 36 Met. niedergebracht. Die durchteuften Schichten 
zeigten einen vielfachen Wechsel von Schieferthon, lichtgrauem, 
dichtem Kalkstein und kohligem Schiefer. Die mit Kohle am 
stärksten imprägnirten Schichten, deren grösste Mächtigkeit 
indess drei Zoll nicht uberstieg, waren, nachdem sie getrock- 
net, leicht zu entzunden und brannten mit Flamme, wie die 
Toscanische Braunkohle. Bei einer Teufe von 29 Met. ging der 
lichtgraue Kalkstein in einen rothen scagliaähnlichen Kalk 
über; dann folgte wieder Schieferthon, in dünnen Straten stark 
mit Kohle imprägnirt. In den durchsunkenen Schichten wur- 
den stets in der Nähe der kohligen Schiefer schöne Pflanzen- 
reste gefunden: dicke Stämme nebst breiten Blättern der Gat- 
‘tung Musa in überaus grosser Zahl, Stamme der Gattung Dra- 
caena und riesige, fächerförmige Blätter eines Sphaerococeites, 
über 1 Met. gross. Ausser diesen pflanzlichen Resten fanden sich 
Schuppen und Flossenstacheln von Cycloidfischen (Poxzı). 
Nach einer gefälligen mündlichen Mittheilung MENEGHINT’sS, 
welcher diese Reste untersuchte, deuten sie auf die eocäne 
Abtheilung des Tertiärs. Erwähnung verdient noch die Auf- 
findung von Abdrücken jener merkwürdigen, schlangenförmigen 
Körper, denen man den Namen Nemertilites gegeben, auf den 
Ablösungsflächen der Kalkschichten. Die Nemertiliten von 
Tolfa sind spiralförmig gewunden, bis uber 1 Met. lang. Diese 
Körper sind bekanntlich in Toscana verbreitet, und dort be- 
zeichnend für die untere Abtheilung des Eocäns (s. Savı e 
‚MeseGuint: Considerazioni stratigrafiche, paleontologiche con- 
cernenti la geologia Toscana, Firenze 1851 p. 145 u. 170). 
In der Sammlung zu Pisa bewundert man eine grosse Kalk- 
steinplatte mit Abdrücken von Nemertilites Strozzüi Savı et 
MEnEGH.; die schlangenförmigen Körper haben 1 Zoll Dicke 
und auf ihrer Oberseite einen Längskanal. Nach der gewiss 
richtigen, mir mündlich geäusserten Ansicht MENEGHINIs sind 
diese Nemertiliten (nicht zu verwechseln mit den gleichbenann- 


592 


ten Körpern aus dem englischen Silur) nicht sowehl orga- 
nische Reste, als vielmehr Fährten irgend eines unbekannten, 
kriechenden Thieres. Altar 

Ueber die gegen Osten gewandten Abhänge unseres Ge- 
birges gegen Rota, welche ich nicht besuchte, besitzen wir 
einige Aufzeichnungen Horruann’s: „Ven Canale herab durch- 
schnitten wir noch den Tuff, welcher dem Systeme des Lago 
di Bracciano angehört, und gelangten dann in den Kalkstein, 
hellfarbig, weiss und grau, von muscheligem Bruche, mit zahl- 
reichen Kalkspathtrummern wie in der Maremme von Toscana; 
das Streichen der Schichten herrschend h. 6.und das Einfallen 
unter geringen Winkeln gegen Norden. Die Thäler sind oft 
in bedeutender Breite und Tiefe mit Peperin [Tuff] angefüllt, 
welcher steile Felsenreihen und Inseln vom Wasser eingerissen 
bildet. Der Kalkstein bildet die Berge; bei Rota wechselt 
derselbe mit rothem Schiefermergel ab, der den Keupergestei- 
nen ähnlich ist. Auf dem stark ansteigenden Wege, welcher 
vom Mignone nach Tolfa führt, findet sich zunächst wieder 
Tuf, dann grauer Kalkstein.“ 
| In den Kalkstein- und Mergelschichten südlich von Tolfa 
und Allumiere wird schon seit Jahrhunderten Bergbau auf 
Eisenerz und silberhaltigen Bleiglanz getrieben. Während 
letztere Gewinnung indess aufgehört hat, ist der Eisenbergbau 
seit mehreren Jahren wieder in schwunghafteren Betrieb ge- 
kommen. Die Eisenerzlagerstätten finden sich namentlich in 
dem südlich von Tolfa mit westöstlicher Richtung streichenden 
Thale des. Verginese-Baches. Es besteht nämlich die untere 
Hälfte des Höhenrückens, auf welchem Allumiere und Tolfa 
liegen, aus Kalkschichten, welche 45° —55° gegen Sudwesten 
fallen. Das Eisenerz, vorzugsweise Brauneisenstein, seltener 
Magneteisen (entsprechend dem merkwürdigen Magneteisengang 
des- Caps Calamita auf Elba, welcher sein Nebengestein in 
körnigen Kalk umänderte und darin Granate als Contaetmineral 
erzeugte) bildet Gänge im Kalkstein, welcher in der Nähe der 
Gänge eine krystallinisch-körnige Beschaffenheit angenommen 
hat. Der jetzt vorzugsweise bearbeitete Gang stellt sich als 
ein mächtiger Lagergang dar, welcher, wie die denselben ein- 
schliessenden Marmorschichten gegen Südwesten mit 50° ein- 
fällt. Der Gang hat am Ausgehenden eine Mächtigkeit von 
mindestens 40 Met. Es stellte sich (Frühjahr 1865) die Eisen- 


593 


erzmasse, hoch über die einschliessenden Schichten hervor- 
ragend, wie ein kleiner Berg dar, wurde durch Tagebau ge- 
wonnen und in einem in der Nähe angelegten, der Societa 
Romana gehörigen Hochofen verschmolzen. Die Zusammen- 
setzung jenes Erzes wurde mir zufolge einer Analyse des Prof. 
BeccHı in Florenz mitgetheilt, wie folgt: Eisenoxyd 80,66, 
Kiesel- und -Thonerde 3,35, Wasser 15,78, Spur von Mangan, 
Verlust 0,21. Ausser Brauneisen findet sich an dem genann- 
ten Punkte auch Gelbeisenstein. Nach VEscovaLı (Sui mine- 
rali di ferro nello stato pontificio, Giorn. Arcad. CLIV, 1858) 
soll der Eisenerz-Bergbau Tolfas bereits 1650 betrieben wor- 
den sein. Während die erwähnte Lagerstätte vortrefiliches 
Eisen giebt, sollen andere Gänge des Gebietes von Tolfa ein 
durch hohen Phosphorgehalt unbrauchbares Eisen liefern. Am 
nördlichen Gehänge des oberen Verginese-Thales sah ich im 
Kalksteine mehrere wenig mächtige Brauneisengänge unregel- 
mässig verlaufen, eine Erscheinung, welche mich durchaus an 
ähnliche Vorkommnisse des Campigliesischen Gebietes er- 
innerte. Dass die Eisenerzgänge auch im Trachyte aufsetzen, 
habe ich nicht gesehen , doch will ich nichtsdestoweniger die 
diesen Punkt betreffenden Angaben Poxzr’s in seiner Nota 
sulla origine dell’ Alluminite della Tolfa (Ac. Pont. d. n. Lyn- 
cei Sess. d. 13 Giug. 1858) hier mittheilen: „Auf der süd- 
‚lichen Grenze zwischen Trachyt und den geschichteten Bil- 
dungen erfolgte eine gewaltige Eruption von oxydischem Eisen- 
erz, deren Gänge beide Formationen durchsetzen. Die Gänge 
_ von geringerer Mächtigkeit und 'entfernter vom Uentrum der 
Eruption bestehen aus derbem Magneteisen; die gewaltigeren 
Massen des Centrums zeigen eine löcherige Beschaffenheit und 
sind Brauneisenstein.“ Die Theorie eruptiver Entstehung ge- 
wisser Erzgänge erweckt vielleicht bei einigen der geehrten 
 Fachgenossen Zweifel, auf welche ich (mir für die Fortsetzung 
dieser Fragmente eine genauere Schilderung der Vorkommnisse 
von Campiglia Maritima vorbehaltend) für jetzt nur mit den 
Worten Coguanp’s antworte: „Cette theorie [que quelques gites 
metalliferes ont joue le röle comme roches Eruptives] ne pour- 
rait trouver des incredules que chez ceux qui n’auraient pas 
visite les mines de fer de l’ile d’Elbe ou les filons amphibo- 
leux [muss heissen pyroxeniques] du Campigliese.“* 

Die schon seit lange verlassene Bleierzgrube befindet sich 


594 


etwa 14. Miglie südlich von Allumiere. Der Gang setzt im 
Kalkstein auf, welcher h. 12 bis 1 streicht, 20° gegen Osten 
einfällt. „Man hat hier deutlich auf einem Gang gebaut, dessen 
Ausgehendes durch eine lange Pinge bezeichnet wird. Auf 
den Halden herrscht Kalkspath vor, darin grüner und weisser 
Flussspath, wenig Schwerspathkrystalle in Drusen, Bleiglanz, 
Schwefelkies und Blende mit wenig Fahlerz.*“ (F. Horrmann.) 
Von dieser Oertlichkeit sah ich Bleiglanz, Blende, Grauspiess- 
glanz, Zinnober, Malachit, grünen Flussspath u. a. Aus den 
bei Tolfa gewonnenen Erzen soll einst auch eine kleine Menge 
von Gold abgeschieden worden sein. 

Der Trachyt bildet im Gebiete von Tolfa eine centrale 
Masse von trapezoidaler Gestalt, deren vier Eckpunkte bezeich- 
net werden durch den Monte delle Grazie, die Rocca, le Coste | 
del Tiglio, den Monte Sasseto. Die Ausdehnung des Trachyt- 
gebietes beträgt von Norden nach Süden etwa 3 Miglien. Die 
Breite ist im nördlichen Theile der Masse bedeutender, etwa 
5 Miglien, als im südlichen, wo+sie auf 2} Miglien herabsinkt. 
Ausser dieser Masse bricht der Trachyt in zahlreichen isolir- 
ten Kuppen hervor, so der Monte Tolfaceio, 17638 Fuss hoch; der 
äusserste Trachytpunkt gegen Westen ist der niedrige Hügel 
(229 Fuss) 24° Miglien nördlich von Civita, auf welchem die 
Torre d’Orlando steht. Eine ansehnliche Verbreitung gewinnt 
der Trachyt im südöstlichen Theile unseres Gebietes, woselbst 
er bei Sasso über einen. ungefähr elliptischen Raum (von 
Norden nach Süden 2! Miglien, von Osten nach Westen 14 Miglie 
messend) verbreitet ist und daselbst zahlreiche ae bildet, 
den Monte Santo, Monte Tosto, Monte la Üerquara u. a. 

Leueitophyr habe ich in der Tolfa-Gegend nicht beob- 
achtet; auch ist das Vorkommen dieses Gesteins dort bisher 
nirgend erwähnt. Doch liegt in der Horrmans’schen Samm- 
lung ein Stück Leueitophyr mit der Bezeichnung „Eisenstein- 
Grube bei Tolfa.* Das betreffende Gestein enthält viele bis 
i Zoll grosse Leueite, Augit und Sanidin. 

Das Trachyt-Gebirge von Tolfa weist (soweit ich es 
kennen gelernt habe) mindestens zwei durchaus Vehliaiige 
Trachyt-Arten auf. 

Die eine Art ist ein Sanidin-Oligoklas-Trachyt eu licht- 
grauer, dichter, wenig poröser Grundmasse, in welcher (bis 
über einen Zoll) grosse Sanidine, kleine, meist zersetzte Oli- 


595 


goklase und Magnesiaglimmer ausgeschieden sind. Dies Gestein 
ist sehr ähnlich mehreren Gesteinsvarietäten des Siebengebirges 
und der Euganäen. Die Klüfte des in Rede stehenden Tra- 
chytes sind häufig (z. B. in dem Steinbruche Uomo morto) mit 
Kieselinerustationen, Fiorit, bedeckt, welche den entsprechen- 
den Gesteinen. der beiden genannten Gebiete fehlen, wohl aber 
in bekannter Schönheit am Monte Amiata sich finden, Perle silicee 
di Santa Fiora genannt. Diese erste Trachytart fand ich sehr 
verbreitet im nordöstlichen Theile des Trachytgebietes; nament- 
lich scheinen die Höhen Ooste del Tiglio und C. Capocaccia 
gänzlich daraus zu bestehen. Das Gestein besitzt eine auf- 
fallend regelmässige bankförmige Absonderung. Die Bänke 
sind 2 bis 4 Fuss mächtig und neigen sich mit nur geringen 
Winkeln gegen Osten, in der Gegend nordöstlich von le Cave, 
so regelmässig, dass man ein geschichtetes Gebirge vor sich 
zu haben wähnen könnte. Diese Bänke: zerfallen bei fort- 
schreitender Verwitterung zu Kugeln, diese zu Sand, in wel- 
chem die Sanidin-Bruchstüucke sich deutlich erkennen lassen. 
Die ausgeschiedenen Sanidine widerstehen demnach der Ver- 
' witterung länger als die Grundmasse des Gesteins. Die durch 
Gesteinsformen und Verwitterung hervorgebrachte Physiogno- 
mik dieses Trachyts bedingt eine grosse Aehnlichkeit mit dem 
Granite. So weit ich den Sanidin-Oligoklas-Trachyt bei Tolfa 
- kennen gelernt habe, fehlen demselben sowohl Alaunstein- 
gänge, als auch Kaolin- Bildungen. 

Die andere Trachytart des Tolfagebietes verdient ein noch 
höheres Interesse als die vorige, vornehmlich wegen der in ihr be- 
findlichen Alaunstein-Lagerstätten. Das Gestein, ursprünglich ein 
kieselsäurereicher, pechsteinartiger Trachyt, ist fast immer zersetzt 
in einem solchen Grade, dass die ursprüngliche Beschaffenheit des 
Gesteins beinahe völlig verwischt ist. In der That kann man die 
zahlreichen Gesteinsaufschlüsse zwischen Allumiere und Tolfa 
durchwandern, ohne das Gestein in seiner ursprünglichen Be- 
schaffenheit anstehend zu finden. Ich hatte bisher kein vul- 
kanisches Gebiet besucht, dessen Gestein eine so allgemeine 
Umänderung erfahren, und vermochte daher anfangs nicht aus 
dem umgeänderten Fels zuruckzuschliessen auf die ursprüng- 
liche Beschaffenheit desselben; sogar war ich eine Zeit lang 
unentschieden, ob die in Rede stehenden Gesteinsmassen mit 
Recht als Trachyt angesehen würden. Doch gewann ich die 


596 < 


Ueberzeugung, dass das ursprüngliche Gestein von Tolfa ein 
pechsteinähnlicher Trachyt gewesen, welcher in seiner frischen 
Beschaffenheit den Poggio della Capanna zusammensetzt. Die- 
ser Hügel steigt aus dem Thale des Verginese-Baches eine 
Miglie südöstlich von Tolfa empor. Von gleich frischem An- 
sehen fand ich zwar diesen Trachyt auf meinen wenig zahl- 
reichen Durchwanderungen des Tolfagebietes an anderen Orten 
anstebend nicht. Wohl aber liegen zerstreut im ganzen Gebiete 
des umgeänderten Gesteins grosse sphäroidische Blöcke dessel- 
ben Pechsteintrachytes umher, deren sorgsame Vergleichung mit 
den metamorphosirten Varietäten mir die Ueberzeugung ver- 
schaffte, dass auch diese letzteren ursprünglich jene eg 
ähnliche Felsart gewesen sind. 

Es besitzt dieser Pechsteintrachyt von Tolfa eine schwärz- 
lichbraune, reichliche, fettglanzende Grundmasse mit muscheli- 
gem Bruche, welche zahlreiche, bis mehrere Linien grosse 
Sanidine, ausserdem Magnesiaglimmer, Augit und in sehr ge- 
ringer Menge eine Schwefelverbindung, Eisenkies oder Magnet- . 
kies, umschliesst. Der Augit ist in äusserst kleinen Krystallen 
vorhanden, deren Form und Winkel ich indess am Goniome- 
ter bestimmen konnte. Mit Hulfe des polarisirenden Mikro- 
skops erkennt man, dass die Grundmasse völlig amorph ist. 
In derselben liegen zahlreiche kurzspiessige, äusserst kleine 
Kryställchen, über deren Natur nichts weiter zu ermitteln war. 
Dieselben vereinigen sich häufig zu zierlichen, sternförmigen 
Gruppen. Das Gestein giebt im Kolben Wasser; vor dem 
Löthrohre bekommt die Grundmasse Risse, bläht sich auf, 
“ wird weiss und schmilzt. Das specifische Gewicht = 2,937. 
Das Gestein wirkt nicht bemerkbar auf die Magnetnadel. 

Die Zusammensetzung dieses pechsteinartigen Tra- 
chytes von Tolfa bestimmte ich, wie folgt: 


e Kieselsäure 67:61: .0.,=::86;06 


Thonerde 14,04 6,57 
Eisenoxydul 5,40 1,19 
Kalkerde Bd 1,06 
Magnesia 0,65 0,26 
Kali 2,41 0,41 
Natron 5,50 1,42 
Wasser 2,28 


101,60 


597 


Der Quotient der Sauerstoffmengen beträgt 0,3025. 

Die vorstehende Analyse lehrt, dass dies Gestein eine 
ziemlich eigenthümliche Mischung besitzt, indem es weniger 
Kieselsäure enthält als die gewöhnlichen Pechsteine, des- 
gleichen als die meisten italienischen Obsidiane und Bims- 
steine. Auch die hornsteinähnlichen Trachyte oder Rhyolithe 
der Euganäen sind weit reicher an Kieselsäure als das Ge- 
stein von Tolfa, welches durch seinen ansehnlichen (durch die 
Einmengung des Augits bedingten) Kalkgehalt sich von den 
genannten Gesteinen unterscheidet. Nicht unähnlich ist in 
chemischer Hinsicht unserem Gesteine ein von KJERULF ana- 
lysirter Pechstein von Island (Baula): Kieselsäure 66,59, 
Thonerde 11,71, Eisenoxydul 3.93, Manganoxydul 0.12, Kalk- 
erde 0,71, Magnesia 0,36, Kali 3,65, Natron 5,94, Glüh- 
verlust 4,86 (s. Roru, Gesteinsanalysen, S. 14). Das von 
KJERULF untersuchte Gestein ist grün, glasig, mit einzelnen 
Sanidinen. 

Aus diesem Trachyte haben sich durch eine Metamorphose 
diejenigen Gesteine herausgebildet, welche zwischen Allumiere 
und Tolfa, Trinit4 und le Cave verbreitet sind. Als fast-all- 
gemeines, hervorstechendes Kennzeichen dieser Umwandlung 
verdient hervorgehoben zu werden, dass die Grundmasse ihren 
Zusammenhalt bewahrt. während die eingesprengten Krystalle 
zerstört werden oder gänzlich verschwinden. Die von ihnen 
eingenommenen Räume sind entweder mit einer schneeweissen, 
kaolinartigen Masse erfüllt, oder leer und in letzterem Falle 
zuweilen mit neugebildeten Krystallen ausgekleidet. 

Die Umwandlung erscheint indess eine zweifache, wesent- 
lich verschiedene zu sein: in dem einen Falle geht allmälig 
das gauze Gestein in Kaolin über; in dem anderen Falle wird 
dasselbe kieselsäurereicher, härter und erscheint endlich als 
eine hornsteinartige Masse, in welcher die ehemals vom Sani- 
din eingenommenen Räume entweder mit Kaolin erfüllt oder 
leer sind. Die Grundmasse dieses silicifieirten Trachytes ver- 
andert sich vor dem Löthrohre nicht bemerkbar.- Beim Schlei- 
fen einer Platte aus diesem Gesteine erhält man ein ganz 
durchlöchertes Präparat, indem die kaolinartige Masse, welche 
die Sanidin-Räume erfüllt, herausfällt. Die Grundmasse giebt, 
mit dem polarisirenden Mikroskop untersucht, keine Farben, 
zum Beweise ihrer amorphen Beschaffenheit. Kleine Kaolin- 


598 


massen und Gänge nn sehr verbreitet in unserem Distrikte ; 
eine grössere Lagerstätte von Kaolin, woselbst diese Substanz 


für die Römische Porzellanmanufactur gewonnen. wird, befin- 


det sich bei la Bianca, + Miglie südlich von Allumiere. Diese 
Lagerstätte liegt am südwestlichen Ende des Trachytzuges, 
welcher von Tolfa gegen Westen zieht, und zwar dicht bei der 
Grenze gegen den Kalkstein. Die Gewinnung des Kaolins, 
welcher von vorzüglicher Beschaffenheit und frei von. Quarz, 
ist von der pabstlichen Regierung verpachtet. 

Der silicifieirte Trachyt ist in unserem Gebiete sehr ver- 
breitet, namentlich in der Nähe der Alaunstein - Lagerstätten, 
woselbst das umgewandelte Gestein in. seinen unzähligen (von 
der Zersetzung der Sanidine herrührenden) Höhlungen mit 


kleinsten Alaunstein-Krystallen bekleidet und erfüllt ist, , 


welche zuweilen auch in die gelockerte Grundmasse eindrin- 
gen. Das Gestein ist röthlichweiss, gefleckt und von höchst 
eigenthüumlichem Aussehen. Von den ursprünglichen Gemeng- 
theilen ist Nichts mehr wahrzunehmen. Das Eisen des Glim- 
mers und Augits hat sich ausgeschieden und bildet das Roth- 
fleckige der Masse. In kleinen Kryställchen ist Schwefel und 
Quarz ausgeschieden. Die Alaunstein - Lagerstätten, welche 
diesen veränderten Trachyten angehören, wurden 1462 unter 
Pabst Pius II von dem Genuesen GIOVANNI DI CASTRO ent- 
deckt. Dieser soll, in Gefangenschaft gerathen, in den Alaun- 
steingruben der Insel Milo gearbeitet haben. Nach seiner Be- 
freiung kam er nach Civitavecchia, erkannte die grosse Aehn- 
lichkeit der Gesteine von Tolfa und von Milo und lehrte die 


Darstellung des Alauns. Bevor wir diese Lagerstätten näher 


kennen lernen, wird es nöthig sein, an einige Ergebnisse der _ 


vorzüuglichen Arbeit von A. MıTscaErLicH „Alaunstein und Löwi- 
git* (s. Beiträge z. analyt. Chemie, S. 23—44) zu erinnern. 
A. MiTScHERLICH bewies, dass die Zusammensetzung des Alaun- 


steins der Formel KS-+ A1S’ 2A] H° entspricht und nicht 


der bisher angenommenen KS+ 3Ä1S + '6H, indem er zeigte, 
dass das Mineral kein Wasser fahren -lasse unter der Tempe- 
ratur des kochenden Schwefels, was bekanntlich beim Kry- 
stallisationswasser stattfindet. Entsprechend dieser Formel 
berechnet RAMMELSBERG die Zusammensetzung des Alaunsteins: 
Schwefelsäure 38,53, Thonerde 37,17, Kalı 11,35, Wasser 
12,95; nahe übereinstimmend mit A. MirtscHeErLicH’s Analyse 


ı 


599 


des Alaunsteins von Tolfa: Schwefelsäure 38,63, Thonerde 
36,83, Kalk 0,70, Baryt 0,29, Kali 8,99, Natron 1 ‚54, Wasser 
(aus dem Verluste) 12,72. 

Der Alaunstein krystallisirt im rhombo&@drischen Systeme. 
und zeigt die Combination eines Rhomboäders r (welches nach 
der Angabe bei MırLer in den Endkanten 92° 50’ misst) mit 
der Basis ce, s. Fig. 11 Taf. X. Andere Flächen habe ich an den 
Krystallen von Tolfa, welche sich von besonderer Schönheit 
in der Grube Castellina finden, nicht beobachtet. Scharf mess- 
bare Krystalle habe ich weder in Rom, noch an Ort und 
Stelle beobachtet. Aus dem oben angegebenen Winkel der 
Endkante berechnet sich das Verhältnis der Hauptaxe zur. 
Nebenaxe == 1,1390: 1. 

A. MITSCHERLICH wies ferner nach, dass der bereits früher 
untersuchte Alaunstein von Zabrze in seinem chemischen und 
physikalischen Verhalten von dem echten Alaunsteine ver- 
chieden sei und als ein zwar verwandtes, aber doch selbst- 
ständiges Mineral — Löwigit — zu betrachten sei. Die For- 


mel des Löwigits ist KS +3AIS {1 9H, welche der Mischung 
Schwefelsäure 36,18, Thonerde 34, 54, Kali 10,66, Wasser 
18,32 entspricht. 

Dies Mineral wies MITSCHERLICH durch seine Analyse 
auch für Tolfa nach, welche nach Abzug der Kieselsäure etc. 
ergab: Schwefelsäure 37,78, Thonerde 35,95, Kali 9,80, Was- 
ser (aus dem Verluste) 16,47. | 

Der Löwigit kommt im Gegensatze zum Alaunstein nur 
amorph vor, „ist etwas löslich in Chlorwasserstoffsäure, wäh- 
rend, der Alaunstein in dieser vollständig unlöslich ist, löst 
sich ferner in Schwefelsaure und Wasser und, im Glasrohre 
mit Chlorwasserstoffsaure eingeschlossen, viel leichter als 
der Alaunstein. Der Löwigit verliert bei viel niedrigerer Tem- ° 
peratur sein Wasser und auch seine Schwefelsäure als der 
Alaunstein. Während letzterer durch Erhitzen zerfällt in Alaun, 
der durch Wasser ausgezogen werden kann, und in Thonerde, 
so zerfällt der Löwigit in schwefelsaures Kali, welches durch 

‚ Wasser ausgezogen werden kann, und in basisch schwefelsaure 
Thonerde.* (MiTScHERLICH.) 

Die derbe Abänderung des N ist übrigens von 
dem Löwigit nicht ganz leicht zu unterscheiden, um so weni- 
ger, da beide mit einander gemengt vorkommen. Ausser den 


E 


600 


Gängen, welche durch sie gebildet werden, durchdringen sie 
(und vorzüglich der Löwigit) den angrenzenden Trachyt, wel- 
cher dadurch alaunsteinhaltig und zuweilen in dem Maasse an- 
gereichert wird, dass: er neben dem reinen Steine zur Alaun- 
fabrikation benutzt werden kann. Solche Gemenge von Alaun- 
stein (Löwigit) mit dem Skelet des veränderten und zerstörten 
 Trachytes bilden den sogenannten Alaunfels. 

Die Alaunsteingruben finden sich hauptsächlich in der Hugel- 
reihe, welche von Tolfa gegen Westen zieht und,ausser der Rocca 
di Tolfa noch in drei anderen Mammeloni eulminirt: Monte Faveto, 
M. Urbano, M. Elsieta (1880 Fuss); ferner in den beiden Höhen- 
zugen, welche von dem Monte delle Grazie bei Allumiere gegen 
le Cave in nordöstlicher und gegen la Trinit4 in nördlicher 
Richtung sich erstrecken. Die wichtigsten Gruben sind fol- 
&ende: Gangalandi zwischen Tolfa und Allumiere, nahe der 
Madonna di Cibona; Bajocco, zwischen der eben genannten 
Grube und la Bianca; Cava del Laghetto sudwestlich von Allu- 
-miere; Castellina auf der nordöstlich an den Monte delle Grazie 
sich anschliessenden Höhe, zunächst bei Allumiere; Cavetta, 
Cava Gregoriana, C©. Ballotta, ©. Grande reihen sich in nord- 
östlicher Richtung an Castellina an. Gegen Norden vom Monte 
delle Grazie liegen die Oava della Trinciera, della Trinita, dei 
Romani. Die Grube Tosti liegt zwischen Tolfa und le Cave. 
Von diesen Gruben sind indess mehrere aufgegeben, darunter 
Cava grande, Gregoriana, Ballotta; die reichste war zur Zeit, 
meines Besuches die Cava dei Romani. 

Vor den anderen Gruben verdient die Grube Gangalandi 
Erwähnung wegen der kolossalen Arbeiten, welche dort seit 
11 Jahrhundert ausgeführt worden, sind. Die Grube, ein 
Tagebau, gleicht einer natürlichen Felsschlucht, welche in un- 
gefähr ostwestlicher Richtung in das Gebirge einschneidet. 
Ueber 100 Fuss starren die blendend weissen Gesteinswände 
empor. Diese grossartige Excavation wurde im vorigen Jahr- 
hundert unternommen, theils um die Gänge ohne unterirdischen - 
Betrieb abbauen zu können, theils um die Berge wegzuschaffen. 
So musste man ungeheure Massen bewegen, was indess nur 
geschehen konnte zu einer Zeit, als der Alaun einen. vielfach 
höheren Preis hatte als jetz. Der Hauptgang Gangalandi 
streicht von Südwesten nach Nordosten, ist 3 Met. mächtig. 
Derselbe theilt sich in vier Arme, von denen jeder über 1 Met. 


601 


mächtig ist, und welche gegen Westen und Norden streichen. 
Die Stelle, wo der Gang sich spaltete, ist ganz weggebaut; 
nur ein mächtiger, tauber Pfeiler, il Pontone, ist stehen ge- ' 
blieben. Die Gänge stehen meist senkrecht und bilden die 
mannichfaltigsten, zuweilen netzförmigen Verzweigungen in den 
veränderten Trachyt des Nebengesteins hinein. Zur Zeit mei- 
ner Anwesenheit wurde in dieser Grube auf dem Hauptgange 
gefördert, und zwar mittelst Stollnarbeit, welche erst vor etwa 
10 Jahren durch den Ingenieur Ması eingeführt worden war. 
Der silieifieirte, hornsteinähnliche Trachyt, welcher die Saal- 
bänder der zum Theil mit Kaolin erfüllten Alaunsteingänge 
bildet, ist zuweilen mit Eisenkieskörnern imprägnirt, welche, 
sich zersetzend, dem Gesteine eine bräunlichgrune Farbe geben. 
Ein Geologe, welcher ähnliche Alaunstein-Territorien nicht be- 
sucht hat und auf die geologischen Verhältnisse Tolfas nicht 
vorbereitet ist, wird sich nur schwierig in der Oava Gangalandi 
zurecht finden. Der Trachyt hat die dies Gestein sonst cha- 
rakterisirenden Eigenschaften eingebüusst. Gänge von Kaolin 
und hornsteinähnlichem Quarz durchsetzen und verästeln sich 
in dem theils zu Alaunfels, theils in Kaolin umgeänderten 
Nebengesteine. Bei Sonnenschein ist es zudem fast unmög- 
lich, die Augen auf die blendendweisse Felsumgebung zu rich- 
ten. So erklärt es sich, dass der ausgezeichnete Genuesische 
Geologe, dem die Geologie des nördlichen und mittleren Ita- 
liens so Vieles verdankt, die Ansicht gewinnen konnte, der 
Alaunstein sei hier durch Umänderung von Schichten der 
Kreideformation entstanden. Zu einer ähnlichen Ansicht be- 
kannte sich der genaue Kenner der Solfataren, der Alaunstein- 
lagerstätten und der Lagoni Toscanas: „on n’apergoit dans 
les alunieres de la Tolfa que des masses argileuses blanchätres 
' meleces & des couches de Quartz; mais le tout dans un tel tat 
de confusion qu'il n’est pas ais& de reconnaitre leurs v£eritables 
rapports. Aussi beaucoup d’observateurs recommandables ont 
eonsider&e les alunieres de la Tolfa comme une dependance 
des tufs trachytiques. Or, nous demontrerons qu’elles appar- 
_ tiennent ä& l’etage des schistes bariol&s de la formation juras- 
sique.* (Bull. Soc. geol. Fr. T. VI, Ser. I, p. 144). Zu dieser 
Meinung hat die irrige Voraussetzung einer Analogie zwischen 
dem Alaunstein-Vorkommen Tolfas und denjenigen Toscanas 
Zeits. d.d.geol. Ges. XVIIL 3. 39 


602 


verleitet. Indess hatte Horrmann bereits die Lagerstätte des 
Römischen Alaunsteins mit wenigen Worten richtig bezeichnet. 

Der Monte delle Grazie, welcher mit nackten, röthlichweiss 
erglänzenden Felsen etwa 200 Fuss sich über. das Alaundorf 
erhebt, ist von vielen Alaunstein-Gängen durchschwärmt. Der 
Trachyt ist auch hier theilweise silicificirt, und auf den Klüf- 
ten und in den vom Sanidine zurückgelassenen Hohlräumen ha- 
ben sich Quarzkrystalle ausgeschieden. Den Alaunstein traf 
ich hier in zierlichen Krystallen. Hier findet sich auch der 
bekannte, in Sammlungen viel verbreitete Schalen - Alaunstein, 
gewissen Varietäten des Alabasters nicht unähnlich. 

Die gleichfalls mittelst Tagebau betriebene Grube Castel- 
lina zeigt einen zersetzten Trachyt. Derselbe wird von einem 
fast unendlich zertheilten Gangnetze durchzogen, welches von 
etwa 1 Fuss Mächtigkeit sich bis zu äusserster Feinheit zer- 
theilt. Inmitten eines Alaunsteinganges tritt hier ein Horn- 
steingang auf. Zwischen dem zersetzten Trachyt setzen Gänge 
von eisenschussigem Kaolin auf. Ich konnte hier schöne 
Stücke schlagen, welche zollmächtige Gänge von Alaunstein, 
mit dünnen Trümern von Hornstein abwechselnd, in einem 
zu Alaunfels umgeänderten Trachyt zeigen. 

Weiterhin folgen die Oavetta, die Cava Gregariana und die 
Cava grande. Diese sind alle verlassen, bieten aber, und na- 
mentlich die beiden letzteren, ein Bild der ungeheueren Arbeiten 
dar, welche hier stattgefunden haben. Es sind kraterförmige 
Vertiefungen von 400 bis 500 Fuss Durchmesser und 150 bis 
200 Fuss Tiefe, welche jetzt mit Baumwuchs bedeckt sind. 
In der Grube la Trineiera treten neben dem Alaunsteine viele 
Hornsteingänge auf, darunter einer, dessen Mächtigkeit 5 Met. 
betragt. Die Gruben della Trinita und dei Romani sind reich 
an reinem Kaolin. Der Alaunstein der Gruben Tosti und 
Ballotta ist durch viel zersetzten Eisenkies verunreinigt. Im 
Aerarialgebaude zu Allumiere befindet sich eine kleine, aber 
lehrreiche Sammlung der verschiedenen Mineral - Erzeugnisse 
des Gebietes von Tolfa: Schalen-Alaunstein vom Monte delle 
Grazie und aus der Cava della Trinita, zierliche Alaunstein- 
Krystalle vom ersteren Orte sowie von Castellina, Brauneisen- 
Stalaktiten gleichfalls aus den Alaunstein-Gruben, gelber und 
_ rother Carneol von -Compaceio, grüner Flussspath. und Blei- 
glanz vom Poggio Ombricolo (bildet einen Gang im Kalkstein), 


605 


blättriges Grauspiessglanzerz von demselben Fundorte, grosse 
Glimmer- und Augit-Krystalle von der Miniera di Zolfo, wahr- 
scheinlich bei Manziana, ein Stuck weissgelben vulkanischen 
Tuffs, von Schnüren fasrigen Alauns durchzogen, von Man- 
ziana. Im Tolfagebiete selbst findet sich kein natürlicher 
Alaun. 

In dem Römischen Alaunfelsgebiete ist (wenn wir von den 
oben erwähnten Thermen absehen) der Vulkanismus vollkom- 
men erloschen; keine Solfatare, keine Fumarole entsteigt jetzt 
mehr den zersetzten und umgewandelten Trachyten, deren 
Spalten und Kluftsysteme mit Alaunstein, Kaolin, Hornstein 
erfullt sind. Processe ähnlicher oder gleicher Art, welche die 
Alaunsteine Tolfas erzeugt haben, sind noch heute an vielen 
Orten, theils von gleicher, theils von verschiedener petro- 
graphischer Beschaffenheit, thätıg.*) Mir selbst kam es fur 
das Verständniss Tolfas sehr zu statten, dass ich kurz vorher 
die Solfatare von Pozzuoli besucht hatte. In der belehrenden 
Gesellschaft des Prof. Guiscarpı hatte ich dort den Trachyt in 
ganz ähnlicher Weise von den vulkanischen Dämpfen zersetzt 
gefunden (so dass die eingesprengten Krystalle verschwunden 
waren, während die Grundmasse ihren Zusammenhalt bewahrt 
hatte) wie bei Tolfa. Es bilden sich dort noch fortwährend 
theils als unmittelbarer Absatz aus den Exhalationen, theils 
durch Wechselwirkung derselben auf den Trachyt und den 
Phlegräischen Tuff eine Menge von Mineralien: Schwefel, Sasso- 
lin (Borsäure), Realgar, Dimorphin, Eisenkies, Arsenikkies, 
Voltait, Coquimbit, Gyps, Bittersalz (Epsomit), Halotrychit, 
schwefelsaures Ammoniak (Mascagnin), Ammoniakalaun, Kali- 
alaun, Opal u. a. Wenngleich in der Solfatare die Bedingun- 
gen zur Alaunsteinbildung nicht vorhanden zu sein scheinen, 
so enthält das zersetzte Gestein ausser dem bereits gebildeten 
Alaun die Materialien desselben, namlich schwefelsaures Kali 
und schwefelsaure Thonerde in solcher Menge, dass dort be- 
kanntlich eine Alaunfabrik von .BREISLAK gegründet wurde. Die 
Fabrik in der Solfatare ist in ähnlich günstiger Lage wie die 
Borsäure-Etablissements Toscanas, bei ihrer Industrie die an 
Ort und Stelle hervorbrechenden, heissen Dämpfe benutzen zu 


®) In Quenstenr’s Mineralogie, II. Aufl. S. 536, Zeile 5 von oben 
lese man statt .„‚Tolfa‘‘ Toscana. 


337 


Er” 


604 


können, während die Werke von Allumiere auf den BEIN 
Wald angewiesen sind. 

Wie G. pı Castro die Alaunfelsbildung Milos bei Tolfa 
wiedererkannte, so geht auch aus neueren Schilderungen jener 
Oykladen-Insel die grosse Aehnlichkeit mit dem Römischen 
Vorkommen hervor, nur mit dem Unterschiede, dass auf Milo 
die alaunsteinerzeugenden Kräfte noch in beständiger Thätig- 
keit sind. i 

Von der Hauptstadt Kastron begab sich RtssesgEr nach 
dem südöstlichen Theile der Insel, dem Schauplatz der Solfa- 
taren und der Alaunfelsbildung. „Nachdem man das Cap Ka- 
lamo erreicht, steht man plötzlich vor steil sich erhebenden, 
wild zerrissenen Felsen von Alaunfels, ganz ähnlich jenen von 
Kimolos und Polinos. Dass die schwefligsauren-Dämpfe das 
Hauptprineip der Umwandlung des Trachyts in Alaunfels bil- 
den, erweist sich hier sehr schon dadurch, dass man diese 
Umänderung nur im Bereiche des Terrains trifft, wo noch 
heutzutage derlei Dampfentwickelung stattfindet; etwas süd- 
licher hingegen, wo dies nicht der Fall ist, sieht mau den 
Trachyt im unveränderten Zustand. In dem zu Alaunfels um- 
gewandelten Trachyt erscheint der Alaunstein theils auf Gän- 
gen und Stöcken, theils durchdringt er stellenweise die ganze 
Felsmasse. Zugleich mit ihm finden sich häufige Schwefel 
sublimationen.*“ RussEGGErR, Reisen Bd. IV, 231). Von dem 
unbewohnten öden Eilande Polinos erzählt derselbe Reisende: 
„Der Alaunfels bildet an der Küste eine an drei Seemeilen 
lange, senkrechte Felswand, die bis zu 600 Fuss über dem 
Meere ansteigen dürfte. Der Ursprung des Gesteins ist nicht 
zu verkennen, denn stellenweise sieht man noch gegenwärtig 
die Feldspathmasse mit ihren eingewachsenen Feldspath- | 
krystallen, obwohl auch da nicht mehr in gänzlich unver- 
ändertem Zustande, und dass das Umwandlungsprodukt nur in 
schwefligsauren Dämpfen zu suchen ist, . dürften das Vorkom- 
men ‘des Alauns, der sich häufig schon dureh den Geschmack 
verräth, die Ausscheidungen von gediegenem Schwefel, das 
aufgelöste, verwitterte Ansehen des ganzen Gebirges und vor 
Allem jene auf der Insel Milos uns vor Augen liegenden 
Facta bestätigen.* (S. 215 u. £.). 

Während man sich indess bisher in Betreff der Ent- 
stehung des Alaunsteins mit -allgemeinen Andeutungen be- 


605 


gnügte, ist es A. MITSCHERLICH gelungen, den Alaunstein und 
den Lowigit künstlich darzustellen und dadurch die Bedingun- 
gen für die Bildung beider Mineralien genau festzustellen. 
Wohl ausgebildete Alaunstein-Krystalle erhielt MitscHerLich, 
indem er durch Kali aus Kali-Alaun gefällte, nicht ganz rein 
ausgewaschene Thonerde in Schwefelsäure 'auflöste, mit vielem 


Wasser versetzte, in ein Rohr von Kaliglas einschloss und 


dasselbe mehrere Stunden einer Temperatur von 230 ° aus- 
setzte. Bei dieser Temperatur wird nämlich das Glas zersetzt 
und das ausgeschiedene Kali zur Alaunsteinbildung verwandt. 
Derselbe Forscher stellte Löwigit als unkrystallinisches Pulver 
von gleicher Beschaffenheit und Zusammensetzung wie der 
natürliche dar, indem er schwefelsaures Kali mit Aluminit 
und Wasser, oder schwefelsaures Kali im Ueberschusse mit 
schwefelsaurer Thonerde in einem Glasrohre einschloss und 
dasselbe bis 200° erhitzte. Alaunstein bildet sich demnach, 
wenn schwefelsaures Kali, dagegen Löwigit, wenn schwefel- 
saure Thonerde im Ueberschusse vorhanden ist. Um die Ent- 
stehung der Alaunmineralien im Tolfaer Trachytgebiete zu er- 
klären, gebrauchen wir demnach nur schwefelige Säure oder 
Schwefelwasserstoff, welche beide Gase in den Fumarolen und 
Solfataren eine so grosse Rolle spielen, und eine hohe Tem- 
peratur. Die schwefelige Säure bildet sich in den Vulkanen 
noch jetzt durch Verbrennen von Schwefel und oxydirt sich 
zu Schwefelsäure. Die vulkanische Entstehung des Schwefel- 
wasserstoffs durch das Experiment erläutert zu haben, ist ein 
Verdienst Bunsen’s (s. Rortu, Vesuv, 505). Den weiteren Vor- 
gang der Alaunsteinbildung sei mir gestattet mit MıTscHER- 
L1c#’s eigenen Worten wiederzugeben. „Ist das Schwefelwasser- 
stoffgas heiss, und mengt es sich mit Luft, so bildet sich 
schwefelige Säure, die sich weiter zu Schwefelsäure oxydirt, 
und Wasser. Die Schwefelsäure zersetzt das sie umgebende 
Gestein, verbindet sich mit dem Kali, der Thonerde und dem 
Eisenoxyde desselben. Ist das Schwefelwasserstoffsas kalt, 
so verbindet sich der Schwefel desselben mit dem Eisen der 
Gesteine zu Eisenkies. Der Eisenkies wird durch die Luft 
. zu schwefelsaurem Eisenoxyd und Schwefelsäure oxydirt, und 
die freie Schwefelsäure und die des Eisenoxydes verbinden 
sich mit der Thonerde und dem Kali des Gesteins. . Das 
Wasser wäscht die schwefelsauren Salze aus dem Gesteine 


606 


und führt sie in tieferliegende Punkte, z. B. in ein Spalten- 
system. Hat dies keinen Ausfluss, so wird das Wasser bis 
zu einer beträchtlichen Höhe steigen; erreicht es eine Höhe 
von 300 Fuss, so kocht es in den Spalten, die dem Drucke 
dieser Wassersäule ausgesetzt sind, nicht mehr bei 180°. 
Kommt zu diesen Umständen noch eine Temperatur von 180° 
hinzu, so bildet sich Alaunstein, wenn schwefelsaure Thon- 
erde, dagegen Löwigit, wenn schwefelsaures Kali über- 
schussig ist.“ 

Die Darstellung des Alauns aus dem Alaunsteine (und 
dem Löwigit) geschieht zu Allumiere in folgender Weise. Das 
in faustgrosse Stücke zerschlagene Mineral wird in Oefen von 
der Gestalt kleiner Kalköfen ungefähr 5 Stunden lang ge- 
gluht. Hierdurch wird der Alaunstein zerlegt, indem ein Theil 
des Wassers des Thonerdehydrats sich verflüchtigt. Das 
Glühen darf nicht zu lange fortgesetzt oder zu sehr verstärkt 
werden, weil sonst die Thonerde der Alaunverbindung selbst 
ihre Schwefelsäure verlieren würde. Man hört mit der Er- 
hitzung auf, wenn eine Entwickelung von schwefeliger Säure 
bemerkbar wird. Die geglühten Stücke werden nun zu langen 
Haufen aufgethurmt und während 90 Tagen täglich mit Wasser 
übergossen. Im Laufe dieser Zeit werden die Stücke weich 
und zerfallen; sie werden dann in grosse Bottiche gebracht 
und unter beständigem Umrühren in Wasser von 75° eine 
Stunde lang digerirt. Es bleibt dabei ein weisser kaolin- 
artiger Thon zurück, während die Alaunlauge in hölzerne Kry- 
stallisationsgefässe gebracht wird, in denen sie bei mässiger 
Wärme 20 Tage bleibt. In der Fabrik sind sechzig soleher grosser 
Krystallisationsgefässe vorhanden und €s werden täglich drei aus- 
geschöpft. Der Alaun krystallisirt theils in kubischen, theils 
in oktaödrischen Krystallen, theils auch in Combinationen von 
Oktaöder und Wurfel. Der Leiter der Fabrik belehrte mich, 
dass die kubischen Krystalle sich vorzugsweise im Winter, 
die okta@drischen im Sommer bilden. Der wahre Grund für 
die Bildung wuürfelförmiger Alaunkrystalle scheint indess in 
der Thatsache zn beruhen, dass die krystallisirende Alaun- 
lösung etwas basisch schwefelsaure Thonerde enthält (s. Hand- 
wörterb. d. reinen u.angew. Chemie von v. LiEBIG, POGGENDORFF 
und WÖHLER, Artik. Alaunfabrikation, und MITscHERLICH a. a. O. 
S. 41). Der zu’ Allumiere erzeugte Alaun ist von besonderer 


607 i 

Güte und Schönheit; man zeigte mir Alaun-Oktaeder, deren 
Kantenlänge 20 Centimetres betrug. Der Leiter der Fabrik 
gab mir das jährlich erzeugte Alaunquantum auf 3—400 Tonne- 
late an (1 Tonn. = 1000 Kilo). Der Verkaufspreis von 
1000 Kilo betrug (Frühjahr 1865) 200 Fres. Die Alaunstein- 
gruben wie die Fabrik sind Eigenthum der pabstlichen Re- 
gierung. Sie versorgten lange Zeit Europa mit dem besten 
und reinsten Alaun. Der jährliche Gewinn soll sich im vorigen 
Jahrhunderte auf etwa 100 Tausend Scudi belaufen haben. Da- 
mals stand der Verkaufspreis von 100 Kilo auf 129 Fres., jetzt 
ist derselbe in Folge der künstlichen Alaunbereitung gesunken 
auf 21+ bis 22 Fres. Das päbstliche Alaunwerk möchte jetzt 
kaum noch einen Reingewinn abwerfen und wird wohl haupt- 
sächlich mit Rücksicht auf die auf diese Industrie angewiesene 
Bevölkerung des Alaundorfes fortgeführt. 


€. Monte di Cuma, Ischia, Pianura. 


Sodalith- Trachyt und Piperno. Ein Beitrag zur Kenntniss 
des Phlegräischen Gebietes. 


Der Monte di Cuma bildet einen der westlichsten Punkte 
des festländischen Vulkangebietes von Neapel und ist von dieser 
Stadt fast 11 Miglien entfernt. Dieser kaum 100 Fuss über 
das Meer sich erhebende Berg (an welchen die Sage von Dä- 
dalus anknüpft) erhebt sich isolirt aus der Tuffebene, von dem 
Seegestade nur { Miglie, von dem langen, schmalen Rücken 
des Monte Grillo etwa doppelt so weit entfernt. Die Gegend, 
einst der Schauplatz hoher Kultur, ist verödet und verwildert, 
auch von der Malaria stark heimgesucht. Der von Norden 
nach Suden ausgedehnte Hügel fällt nach Westen in zerrissenen, 
mauerartigen Felsen ab, während der Abhang gegen Osten 
sanfter ist. Auf den Körper des Berges, welcher aus Trachyt 
besteht, lagert sich gegen Suden, nahe der Stelle, wo das alte 
Amphitheater stand, der Phlegräische Bimssteintuf. Eine Ent- 
blössung zeigt recht deutlich, wie die Bimssteintuffschichten 
sich dem sanften, sudlichen Abhange der Trachytmasse ent- 
. sprechend auflagern, weiter gegen die Ebene hin eine hori- 
zontale Lage annehmend. Es ist dies überhaupt die allge- 
meine Regel im Phlegräischen Gebiete, dass die Tuffschichten 
der Bodengestaltung entsprechend lagern. Die Oberfläche des 


+ 


" 608. 


Felshugels von Cuma ist von eigenthumlicher Beschaffenheit, 
indem sie ein conglomeratähnliches Ansehen hat. Die Masse 
des festeu Trachytes geht in dies Conglomerat über, dessen 


 Eiitstehung offenbar in gleicher Weise erfolgte, wie auch die 


Lavaströme den Boden, über welchen sie sich fortbewegen, 
mit einem Conglomerate bedecken. Die äusseren, zuerst er- 
starrten Theile der sich bewegenden Gesteinsmasse werden 
zerbrochen und von der fliessenden Masse wieder umhuüullt und 
verkittet. Im Bimssteintuff auf der Hohe des Berges zieht 
eine 0,6 Met. mächtige Bank schwärzlichen Tuffes hin, wel- 
cher an den Piperno von Pianura erinnert; auch glaubt man 
einen Lavastrom von schwarzem Trachyt mit wenigen Feld- 
spathkrystallen, etwa 1 Met. mächtig, zu erkennen. Das Her- 
vortreten des Trachytes scheint hier von dem Ergusse eines 
kleinen Lavastroms und dem Auswurf einiger Schlacken und 
Lapilli begleitet worden zu sein, ohne dass sich indess ein 
Krater bildete (s. Arc. ScaccHt, Memorie geologiche sulla Cam- 
pania, S. 60, und Rora, der Vesuv, S. 512). 

Der Trachyt von Cuma, welchen ich einem kleinen Stein- 
bruche am westlichen Absturze des Felshügels entnahm, ist von 
lichtgrauer Farbe und lasst mit blossem Auge in feinkörniger 
Grundmasse nur kleine und seltene Krystalle von Sanidin, 
Augit, Magneteisen wahrnehmen. Unter dem polarisirenden 


Mikroskop löst sich das Gestein fast ganz in krystallinische 


Elemente auf. Neben dem Sanidin (welcher nur vereinzelte 
Ausscheidungen bildet) unterscheidet man ein in quadratischen 
Prismen krystallisirtes Mineral, welches einen überwiegenden 
Antheil an der Constitution der Grundmasse bildet. Wenn- 
gleich man diese Prismen bei Beobachtung mit gewöhnlichem 
Lichte nicht mit Sicherheit von dem Sanidine unterscheiden 
könnte, so ist dies doch sehr leicht bei Anwendung von pola- 
risirtem Lichte. Die Bestimmung dieses quadratischen, auf den 
ersten Blick an Mejonit erinnernden Minerals wird uns bei 
Besprechung des Piperno von Pianura möglich sein. Der 
Sodalith hat sich in der Grundmasse nur unvollkommen aus- 
geschieden. Auf den Klüften, welche dies Gestein vielfach 
durchziehen, fand ich folgende Mineralien in den zierlichsten 
Krystallen aufgewachsen: Sanidin, Sodalith, Augit und Olivin. 

Der Sanidin bildet einfache tafelförmige Kıystalle, an 
denen ich die Flächen 7, x, M, k, P, x, y, o bestimmen 


609 


konnte. Die Fläche k, welche die stumpfe Kante des rhom- 
bischen Prismas 7 abstumpft, gehört zu den selten auftre- 
tenden. = 

Der Sodalith, farblos, weiss oder lichtröthlich, ist meist 
in einfachen Krystallen, Granatoödern, vorhanden, zuweilen 
“ indess in den zierlichsten Zwillingen. Bisweilen erblickt man 
unmittelbar neben einander sehr symmetrisch ausgebildete ein- 
fache Krystalle und nadelförmige Zwillinge, gebildet wie 
Fig. 10. Taf. X. 

Der Augit bildet kleine, zierliche Krystalle von schwarzer 
Farbe und der gewöhnlichen Form. Das Zusammenvorkommen 
von Augit und Sanidin, früher seltener beobachtet, scheint in 
den Neapolitanischen Trachyten allgemein zu sein. 

Olivin in aufgewachsenen Krystallen ist eine nicht ganz 
gewöhnliche Erscheinung. Da dieselben in den von mir ge- 
schlagenen Stucken nur sehr klein, ihre Flächencombination 
und ihre Farbe von den gewöhnlichen Olivinen sehr verschieden 
sind, so hat die sichere Bestimmung mir viele Mühe und Ar- 
beit gemacht. Die Form der Krystalle stellt Fig. 12. Taf. X. in 
schiefer und 12a. in gerader horizontaler Projection dar. Die Flä- 
chenbuchstaben entsprechen den von MILLER gebrauchten mit Aus- 
nahme von a und d, welche bei mir im Vergleiche mit MILLER ' 
vertauscht sind. Wahlen wir das Okta&der e zur Grundform, 
wie es auch G. Ross und Quenstepr gethan, so werden die 
Flächenformeln folgende: 


n=(a:b:ooc) 

S —.1(@.:.0.2.00,6) 
a=(a:005:00e) 
b=(6b:002:80e) 
ERIK) 
k—(5:6:€:004) 


PB (a:e:005): 


Bei MıLLER sind die Formeln für n, s, e, k verschieden von 
den obigen, weil. derselbe nicht n, sondern s ‚als Grundprisma 
genommen hat. Die Krystalle zeigen eine deutliche Spalt- 
barkeit parallel der Längsfläche 5. Ihre Ausbildung ist von 
den bisher bekannten Olivinen dadurch auffallend verschieden, 
dass die Tafelform durch das Vorherrschen der Längsfläche 
bedingt wird. Da die Oberfläche der kleinen Krystalle nicht 


610 


glänzend ist, so konnte ich nur wenige annähernde Messungen 
ausführen, welche indess jeden Zweifel über die Natur des 
Minerals beseitigten. Ich fand die Winkel, welchen die Flächen 
des Längsprismas an der Vertikalaxe ce bilden: 
“PR 1 10, 
ferner 
f | 2b 110° 0. 
Diese Messungen stimmen mit Rücksicht auf die nicht glän- 
zende Öberfläche- der sehr kleinen Krystalle hinlänglich mit 
den bei MıLLER aufgeführten Winkeln 
KEkt= 80° 5a, Ve: 02110988 

und eine ähnliche Uebereinstimmung fand ich für einige an- 
dere Kanten, welche eine Messung zuliessen. Die Farbe der 
Krystalle ist rein schwarz, zuweilen metallisch glänzend. “Von 
derselben Farbe sah G. Rose, einer gütigen brieflichen Mit- 
theilung zufolge, den Olivin, wenngleich nur derb, in dem Gab- 
bro von Buchau bei Neurode. Die schwarze Farbe des Oli- 
vins von Cuma lässt vermuthen, dass derselbe in ähnlicher Weise 
zusammengesetzt sei wie der Fayalit oder die sich aus der 
Eisenfrischschlacke so gewöhnlich ausscheidenden Olivin - Kry- 
stalle. Aufgewachsene Olivine (von dem orientalischen edlen 
Chrysolith abgesehen) beschrieb bereits vor 40 Jahren G. 
Rose aus einem Obsidian ‚von Mexico (s. POGGENDORFF’S Ann. 
B. X, S. 323. „Ueber den sogenannten krystallisirten Obsi- 
dian“). Der Auffindung ähnlicher Olivine in der Lava von la 
Scala (1631) wurde bereits oben gedacht. 

Folgendes ist die Zusammensetzung des Trachyts von 


Cuma (spec. Gewicht —= 2,514 bei 18° C.): 


Chlor 2,7 0.0 1 
Natrium "2.2.7: 7..0,90: "Sanuersien: 
Kieselsäure . . . 61,23 82,65 
Thonerder. 071849 8,62 
Eisenoxydul . .-. 4,55 1,01 
Kalkerde = =, >47 8152558] 0,52 
Magnesia. . 70,34 0,14 
Kal #08, „v7 20822,62 0,44 _ 
Natron. 7702.27°.-2#2107]0;15 2,62 
Glühverlust . . . 0,17 

100,57. 


Sauerstoff - Quotient — 0,407. 


611 


Wir haben auf mineralogischem Wege als Bestandtheile 
der Grundmasse erkannt: Sanidin, Augit, Magneteisen; der Ge- 
halt an Chlor beweist die Gegenwart des Sodaliths. Nehmen 
wir nun alsı Mischung des Sodaliths: Kieselsäure 37,05, Thon- 
erde 31,75, Natron 19,15, Chlor 7,31, Natrium 4,74; als 
Mischung des Sanidins: Kieselsäure 64,60, Thonerde 18,45, 
Kali 16,95, und berechnen aus der Chlor-Menge obiger Ana- 
lyse den Sodalith, aus dem Kali den Sanidin, so re sich, 
dass der Trachyt von Ouma enthalte: 


Sodalith 10,66 pCt. 
Sanidin 15,45 „ 


Ziehen wir nun die Bestandtheile von 10,66 pCt. Sodalith 
(Chlor 0,78, Natrium 0,50, Kieselsäure 3,95, Thonerde 3,39, 
Natron 2,04) und von 15,45 pCt. Sanidin (Kieselsäure 9,98, 
Thonerde 2,85, Kali 2,62) von der gefundenen Mischung des. 
Cumanischen Trachyts ab, so bleiben als Rest 74,46 pCt. 
mit folgenden Bestandtheilen: Kieselsäure 47,30, Thonerde 
12,18, Eisenoxydul 4,55. Kalkerde 1,81, Magnesia 0,354, Na- 
tron 8,11, Glühverlust 0,17. Auf 100 berechnet, werden die 
vorstehenden Zahlen unter Vernachlässigung des kleinen Glüh- 
verlustes: 


Kieselsaure 63,68 _ Kalkerde 2,43 
Thonerde 16,40 Magnesia 0,46 
Eisenoxydul 6,12 Natron 10,91 


Wir sind nicht in der Lage, mit ähnlicher Sicherheit wie für 
Sodalith und Sanidin die procentische Menge des Augits und 
des Magneteisens zu berechnen, weil die Oxydationsstufen des 
Eisens nicht bestimmt worden sind, und jede Annahme der 
_  Augit- Mischung eine willkürliche sein müsste. Da indess das 

' Eisen, die Magnesia und ein Theil der Kalkerde dem Magnet- 
eisen und Augit angehören, so ergiebt sich, dass diese beiden 
Gemengtheile nur in sehr geringer Menge vorhanden sein kön- 
nen. Als wahrscheinlich folgt aus dieser Darlegung, dass So- 
dalitb, Sanidin, Augit und Magneteisen nur etwa 32 pCt. des 
Gesteins bilden können, und dass die Hauptmasse desselben, 
nämlich 68 pCt. eine Zusammensetzung haben müsse von 
etwa 66 pÜt. Kieselsäure,: von 19 bis 20 pCt. Thonerde, 12 
bis 13 pCt. Natron und wahrscheinlich einer kleinen Menge 
Kalkerde. Sollte indess der Chlorgehalt des Gesteins auch 


612 


nur um ein Geringes zu hoch bestimmt sein und die wirklich 
vorhandene Menge von Sodalith weniger betragen als 10,6 pCt., 
so würde sich in der Rest-Mischung die Kieselsäure um 
einige pCt. vermindern, die Thonerde vermehren können. Das 
Ergebniss ist demnach, dass nach Abrechnung der erkenn- 
baren Gemengtheile ein Rest bleibt (dessen Menge gewiss 
reichlich 65 pÜt. beträgt) von der Zusammensetzung des so- 
genannten Oligoklases. Nach dem vielfach geubten Verfahren, 
aus dem Resultate der Analyse eines gemengsten Gesteins. auf 
das Vorhandensein bekannter Mineralien zu schliessen, wurde 
man sich also zu der Annahme berechtigt wähnen können, 
dass Oligoklas der wesentlichste Gemengtheil des Cumanischen 
Trachytes sei, um so mehr, da in vielen Trachyten neben Sa- 
nidin als Bestandtheil Oligoklas nachgewiesen worden ist. 
Und dennoch glaube ich diese Deutung der Analyse als eine 
willkürliche bezeichnen zu müssen, da ich bisher in keinem 
Trachyte Neapels Oligoklas oder einen gestreiften Feldspath 
gefunden habe (mit Ausnahme des Arso-Trachyts, in welchem 
ein gestreifter Feldspath übrigens in höchst geringer Menge 
vorhanden ist), halte mich indess berechtigt zu der Annahme, 
dass als wesentlicher Gemengtheil .des Cumanischen Trachytes 
vorhanden sei ein in quadratischen Prismen krystallisirendes 
Mineral von oligoklasähnlicher Mischung. Ein solches Mineral 
ist zwar bisher noch nicht bekannt, doch ist es nicht unwahr- 
scheinlich, dass es gefunden werde. 

In der Entfernung von 1 Miglie gegen Südosten vom Monte 
di Cuma, von diesem durch den fast geradlinigen Rücken des Monte 
Grillo geschieden, liegt der Averner-See oder Lago Cannito, _ 
welchen im Osten und Norden ein ausgezeichneter Kraterwall 
umgiebt. Wenn ich dieses Maares hier erwähne, so geschieht 
es, um einen Irrthum zu berichtigen. Horrmann sagt in seinen 
„Geogn. Beobachtungen“, Karsten’s Archiv B. XII, S. 222: 
„Am Lago d’Averno fanden wir Bimsstein- Conglomerate mit 
Bänken von Leucitgestein wechselnd, wie am M. Somma 
(folgt eine genauere Beschreibung des Gesteins). Früher sind 
-keine Leucitgesteine in den Phlegräischen Feldern bekannt ge- 
wesen, sondern nur Feldspathgesteine; es interessirte uns da- 
her sehr, dasselbe in diesen Umgebungen aufzufinden.* Nach- 
dem durch Dr. RotTH meine Aufmerksamkeit auf diese Angabe 
gelenkt worden war, habe ich in Guiscarpi’s Begleitung den 


613 


inneren Kraterrand des Averner-Sees einer sorgsamen Beobach- 
tung unterworfen, aber durchaus nichts gefunden, was Horr- 
MANN’S Angabe bestätigen könnte. Es findet sich kein anste- 
hendes Leucitgestein in diesem Kraterkessel, und namentlich 
der Vergleich des Averner Walles mit dem überaus merkwür- 
digen Somma-Ring, welcher aus vielfach wechselnden Bänken 
von Lava und Schlacken (durchsetzt von vielen hundert Gän- 
gen) gebildet wird, ist in keiner Weise zutreffend. Dass Horr- 
MANN’ Ss Angabe auf einem Irrthume beruht, ist mir unzweifel- 
haft, wenngleich ich die Veranlassung dieses Irrthums nicht 
anzugeben weiss. Im Tuffe des Averner-Sees fand ich ein- 
zelne Einschlüsse, Gemenge von Glimmer, Augit und Sanidin, 
manchen Vesuvischen Auswürflingen ähnlich. Vom Ufer des 
Averner-Sees wurde im Alterthume durch den nordwestlichen 
Kraterwall ein unterirdischer Gang (Traforo, ähnlich dem 
Tunnel des Posilipo) gegen Cuma hin gegraben, um diese Stadt 
mit dem See auf nächstem Wege zu verbinden. Das Jahr- 
hunderte lang verschüttete und vergessene Werk ist jetzt wie- 
der aufgegraben. 

Was das Vorkommen des Leueits in Phlegräischen Ge- 
steinen betrifft, so möchte eine genauere Untersuchung na- 
mentlich die trachytische Lava des Monte Nuovo verdienen. 
Lavastucke von diesem Vulkane, welche AL. v. HunsoLpr 
mitgebracht, enthalten in einer grünlichgrauen Grüundmasse 
Sanidin und in grosser Menge kleine, weisse Leucitkörner, nach 
G. Rose’s Bestimmung, s. Karsten’s Arch. B. XIN, S. 219, 
Anmerkung. 

In der Sammlung zu Neapel sah ich die merkwürdigen 
Leucitophyre, welche durch Scaccaı am Monte di Procida, in 
petrographischer Hinsicht einem der wichtigsten Punkte der 
Campi Phlegraei, aufgefunden worden sind. Dieser Berg besteht 
wesentlich aus Tuff, unter dem an verschiedenen Stellen Trachyt 
hervortritt. Der Leueitophyr bildet isolirte Blöcke in einer Tuff- 
schicht, welche am nördlichen Ende des Berges, nahe der Foce 
del Fusaro, erscheint und zeigt die verschiedenartigsten Varie- 
täten, darunter aber keine den Vesuvischen Leucitophyren ähn- 
liche (s. Mem. geol. sulla Campania, p. 64). Da auch auf der 
Insel Procida dem Tuffe untergeordnete leucithaltige Gesteine 
vorkommen, so erkennen wir, dass die Verschiedenheit der 
vulkanischen Erzeugnisse des Vesurs einerseits und der Phle- 


he 614 


gräischen Felder andererseits keine absolute ist; wie an mehre- 
ren Punkten der letzteren Leucitgesteine auftreten, so finden 
wir den Bimsstein als Eruptionsprodukt des Vesuvs 79 n. Ch. 
(Pompeji). 

An den Trachyt von Cuma reiht sich durch das Vorkom- 
men von Sodalith der Trachyt vom Monte Olibano nahe Poz- 
zuoli. Bei unserem Besuche dieses Berges hatte Guıscarnı 
die Gute, mich auf einige, von ihm vor Kurzem beobachtete 
Lagerungsverhältnisse aufmerksam zu machen. 

Der Monte Olibano, 1 Miglie von Pozzuoli gegen Osten ent- 
fernt, erhebt sich unmittelbar aus dem Meere bis 523 Fuss 
(nach Scaccaı). Der Gipfel des Berges ist kaum } Miglie von 
der Solfatare entfernt und von ihr durch eine flache Thalsen- 
kung geschieden. Wenn auch die Trachytmasse des Monte Oli- 
bano aus dem Krater der Solfatare in seiner jetzigen Gestalt 
nicht geflossen sein kann, so steht sie dennoch zu jenem Schlunde 
in enger Beziehung und stellt sich gleichsam als eine Seiten- 
eruption dar. Während der Trachyt mit seiner südlichen Spitze, 
welche durch grosse Steinbrüche eröffnet ist, bis unmittelbar 
zum Meeresniveau hinabsinkt, zieht sich gegen Osten und 
Westen das Eruptivgestein zum Theil in vertikalen Felsen 
anstehend etwas vom Meere zurück und lässt die unterlagern- 
den Schichten erkennen. Der Trachyt bildet demnach eine 
stromartig ergossene Decke über älteren geschichteten Massen 
und hängt gleichsam in einer Zunge über jene hinweg bis zum 
Meere hinab. Besonders deutlich ist diese Auflagerung am 
östlichen Ende der Trachytmasse entblösst. Zuunterst lagert 
ein gelber Bimssteintuff, derselbe, welcher den benachbarten Monte 
Dolce zusammensetzt. Auf dieser ältesten Bildung ruht eine 
im Maximum 1] Met. mächtige Schicht von Meeressand, vorzugs- 
weise aus Sanidinkörnchen bestehend und mit eingeschalteten, 
dunnen® Streifen von Magneteisen. Diese Sandschicht, welche 
jetzt 9 Met. über dem Meeresspiegel sich befindet, bezeichnet 
einen älteren Wasserstand, den man bekanntlich überaus deut- 
lich auch westlich von Pozzuoli längs der Starza erkennt. Es 
folgt eine etwa 10 Met. mächtige Bank von schlackigem Trachyt, 
zum Theil als ein Conglomerat ausgebildet; darüber liegt der 
feste Trachyt, welcher gleichsam die Decke des Berges bildet. 
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass hier zwei Trachytstrome 
über einander geflossen sind. 


615 


DerTrachyt vomM. Olibano, welcher in feinkörniger Grund- 
masse grosse Sanidinzwillinge enthält, zeigt auf zahlreichen Kluf- 
ten folgende Mineralien ausgeschieden: Sanidin, theils in grösse- 
ren Krystallen, theils in ganz kleinen, scheinbar sechsseitigen 
Täfelchen, nicht selten mit der Querlläche; Sodalith in ein- 
fachen und Zwillingskrystallen; Augit in sehr kleinen, grünen 
Krystallkörnern mit etwas gerundeter Oberfläche; Hornblende 
in zierlichen Krystallen von brauner Farbe, welche das eigen- 
thümliche Ansehen jener Hornblende-Krystalle aus der Fuma- 
rolenspalte von Plaidt zeigen, indem sie nämlich aus unzähli- 
gen kleinsten Kryställchen zusammengesetzt erscheinen; end- 
lich Kalkspath in langspiessigen Krystallen. Die Grundmasse 
lässt unter dem Mikroskop Sanidin, Augit, Hornblende, Magnet- 
eisen und wenig Sodalith erkennen. Aus den Kluften dieses 
Trachyts führt Sparzanzanı Eisenglanz auf, welches Mineral 
seitdem dort nicht wieder beobachtet worden ist. 

Sodalith-Trachyt, ein Gestein, welches ebenso bezeichnend 
für die Umgebung Neapels ist, wie die so ähnlichen Nosean- 
Gesteine für das Laacher-See-Gebiet, findet sich wieder auf der 

Insel Ischia. Es giebt wohl keine Oertlichkeit, wel- 
che für das Studium des Trachyts, seiner verschiedenen Lage- 
rungsformen und seiner Entstehung, so wichtig wäre, wie dies 
kleine Eiland. Eine kolossale Bildung von trachytischem Tuff, 
welcher“ zu einem 2450 Fuss hohen, wahrscheinlich ehemals 
'submarinen, kraterförmigen Gipfel sich aufthürmt; eine an den 
Abhängen desselben bis über 1500 Fuss sich hinaufziehende 
Mergelthonschicht, deren organische Einschlüsse fast ganz über- 
einstimmen mit den noch jetzt im Mittelmeere lebenden Ge- 
schöpfen; Trachyt in verschiedenen Abänderungen nebst Obsi- 
dian und Bimsstein setzt theils geschlossene Bergkuppen, theils 
Kratere, Gänge und Lavaströme zusammen, darunter den be- 
ruhmten Strom Arso (den einzigen trachytischen Strom dieses 
Theils von Europa aus historischer Zeit); eine noch fort- 
dauernde vulkanische Thätigkeit, welche sich in den heissen 
Wasserquellen von Casamiceiola offenbart und in noch auffal- 
lenderer Weise in den zahlreichen Dampfquellen, die dem west- 
lichen Abhange des Centralberges entsteigen: dies sind einige 
der wichtigsten Thatsachen, welche sich auf diesem überaus 

merkwürdigen Eilande dem Studium des Geologen darbieten. 
In Gebieten eines erloschenen Vulkanismus, gleich demjenigen 


616 


unseres Niederrheins, dessen Trachytkegel sich während der 
Bildung der Tertiärschichten erhoben, ist die ächt vulkanische 
Entstehung des Trachyts nicht so klar, dass sie nicht auch in 
neuerer Zeit hätte bezweifelt werden können. Wer aber Isehia 
und die Beschaffenheit uud Lagerung der dortigen Gesteine 
untersucht, kann nicht bezweifeln, dass der Trachyt überhaupt 
feuriger Entstehung ist. Die Mineral-Produkte jener Insel, die 
Thermen und Dampfquellen, die sucecessiven Hebungen wie die 
Erschütterungen des Bodens erweisen sich auf der Campani- 
schen Insel in ihrem unleugbaren Zusammenhang als Manifesta- 
tionen derselben vulkanischen Kräfte. + 

Die geologische Kenntniss Ischias verdankt man vorzugs- 
weise Fonseca (Descriz. e .carta geolog. dell’ isola d’Ischia, 
1847) und Scaccaı (Mem. geol. s. Campania, p. 67—78, 1849). 

Die der Arbeit des ersteren beigefügte, sorgsam ausge- 
führte Karte hat den Maassstab 1:25000 (s. Rorz, der Vesuv, 
S. 522—-529). | 

Ischia hat eine rhomboidische Gestalt; ihre grösste Länge 
von Westen nach Osten beträgt 3+ Miglien, die Breite zwi- 
schen 4 (am westlichen Ende der Insel) und 21 Miglien (am 
östlichen Ende). Von der Hauptmasse der Insel laufen meh- 
rere Vorgebirge aus, so der Monte Zale gegen Nordwesten, der 
Monte dell’ Imperatore gegen Sudwesten und die Punta di S. Pan- 
crazio gegen Sudosten, und einige kegelförmige Felsen trennen 
sich gänzlich von der Hauptinsel oder sind nur durch ‘eine 
schmale Nehrung mit derselben verbunden, so die Rocca d’Ischia 
und der Monte S. Angelo. Aufihrer noch nicht völlig eine geogr. 
Quadratmeile (15 auf 1°) grossen Oberfläche bietet die Insel eine 
ausserordentlich verschiedenartige Gestaltung und ein sehr ver- 
schiedenes Ansehen dar. Die mit einer üppigen Vegetation bedeck- 
ten, kleinen Ebenen von Ischia, Bagno, Forio oder die Hügel von 
Casamicciola constrastiren eben so sehr von den nur mit Buschwerk 
versehenen, kegelformigen Trachytbergen des mittleren Insel- 
theils, wie diese von den sterilen Felsen des Monte Zale, oder 
den aus Bimsstein, Obsidian und Schlacken gebildeten Krateren 
des nordöstlichen Inseltheils. Und doch erreichen letztere an 
rauher Wildheit nicht die immer noch todte, unverwitterte Fels- 
fläche Arso, obgleich sie mehr als ein halbes Jahrtausend dem 
zerstöorenden Einflusse der Atmosphäre ausgesetzt ist. Der 
hochragende Epomeo selbst trägt mit Ausnahme der schroffen 


617 


Erosionsschluchten und Rutschflächen dichten Pflanzenwuchs. 
So bietet ein und dieselbe Mineralmasse, in chemischer Hin- 
sicht wesentlich gleich, der trachytische Tuff, der krystallini- 
sche Trachyt, die poröse Lava, Bimsstein und Obsidian, sehr 
verschiedenartige Bedingungen für die mechanische und che- 
mische Zertheilung und demnach für den Pflanzenwuchs dar. 
Die gewaltige Masse des Epomeo besteht aus einem charakte- 
ristischen grünen Tuff, welchen man mit keinem anderen des 
Phlegräischen Gebietes verwechseln kann. Die Hauptmasse 
dieses Tuffs ist von licht graulichgrüner Farbe; darin liegen 
diebtgedrängte} eckige Stückelien von gelber Farbe und fasriger 
Structur, welche zersetzter Bimsstein oder bimssteinähnlicher 
‚ Trachyt sind, ferner viele Krystalle von Sanidin, Augit, Glim- 
mer und Magneteisen. Der grünliche Tuff setzt mit grosser 
Gleichformigkeit das Centrum der Insel mit dem Epomeo, so- 
wie dessen westliches Gehänge bis zum Meeresspiegel zusam- 
men., Bis zu gleicher Höhe wie auf dieser Insel ist der ma- 
rine vulkanische Tuff weder an einem anderen Punkte des 
Phlegräischen Gebietes, noch vielleicht irgendwo in Italien er- 
hoben. Der Tuff enthalt an manchen Stellen, so namentlich 
südlich von Casamiceiola, eine Menge von Einschlüssen obsi- 
dian- oder pechsteinähnlichen Trachyts. Den Beweis einer 
Erhebung des Tuffgebirges und damit des ältesten Theils der 
Insel aus der Meerestiefe empor liefert jene merkwürdige Mer- 
gelthonschicht, welche am nördlichen, östlichen und südlichen 
Gehänge des Epomeo verbreitet ist und vom Meeresspiegel 
bis zu etwa 1500 Fuss hinaufzieht. Dieselbe enthält Mollusken- * 
Schalen, welche fast sämmtlich mit den noch jetzt im Mittel- 
meere lebenden übereinstimmen und dadurch für jene Ablage- 
rung eine posttertiäre Entstehung erweisen. Während die In- 
dividuen sehr zahlreich, sind der Species nur wenige; am häu- 
fissten ist Buceinum prismaticum Broc. (s. Rot, Vesuv, S. 524; 
FonszcA, Ischia, p. 8). Oestlich vom Epomeo erblickt man 
eine grössere Anzahl kegelförmiger Berge (Lo Toppo, Trip- 
piti, Vetta, Telegrafo, Casino Maisto), welche aus porphyr- 
artigem, massigem Sanidin-Trachyte bestehen. Derselbeu Tra- 
chyt-Abtheilung gehören trotz ihrer verschiedenen Erstarrungs- 
modificationen alle Trachyte Ischias an. Das Gestein jener 
Kegelberge ist sehr gleichartig; ohne schlackige Gebilde scheint 
es in seinen jetzigen Formen aus der Tiefe emporgehoben zu 
Zeits.d.d.geol.Ges XVII.3. 40 


618 


sein. Der Thonmergel ruht wahrscheinlich auf diesen Tra- 
chyten, welche sich demnach wie der grüne Tuff des Epomeo 
als die älteste Bildung der Insel darstellen würden. In grösseren 
Massen tritt Trachyt nochmals auf im äussersten Nordwesten 
der Insel, woselbst das Gestein ein vom übrigen Körper der 
Insel scharf gesondertes Glied bildet; es sind hier nicht regel- 
mässig geformte Kegelberge, sondern plateauähnliche, wild 
zerschnittene Höhen, Monte Zale, Vico und Marecoco, Der Tra- 
chyt ist hier durch Bimssteintuff hervorgebrochen, zum Theil 
mit schlackigen Gebilden bedeckt und zu wahren Felsmeeren 
zertrümmert. An einigen Punkten der Küste (M. Vico) ist das 
Gestein- unvollkommen säulenförmig zerklüftett. Das südliche 
Inselgestade wird vorzugsweise durch Schichten trachytischen 
Tuffs gebildet; es zeigen sich aber an diesen meist einige hun- 
dert Fuss hohen, meist felsigen Ufern eine grosse Zahl von 
Trachytgängen,' welche theils steil aus dem Meere emporstei- 
gend die Tuffstraten durchschneiden, theils sich zwischen die- 
selben einsehalten und weit fortsetzen. An ihren Grenzen ver- 
binden sich diese Gänge innig mit den Tuffen, und man kann 
nicht zweifeln, dass sie einer Lava gleich in den lockeren 
Massen emporgedrungen und später durch die Brandung ent- 
blösst worden sind. Im nordöstlichen Inseltheile erscheint 
der Trachyt in deutlichen Krateren, deren Wälle hoch mit 
Bimsstein, gemengt mit Obsidian und trachytischen Schlak- 
ken, überstreut sind, Monte Rotaro, Montagnone. Die Lava 
des Monte Rotaro ist über den Thonmergel geflossen, wel- 
cher sich durch die Hitze gebrannt zeigt. Nur vermuthungs- 
weise kann man auf die Kratere Rötaro oder Montagnone jene 
ältesten bekannten Eruptionen beziehen, deren STRABO und JUL. 
OBSEQUENS erwähnen. Im Strome . Arso (1301)*) aber und» 
seiner noch unverwischten Verwüstung liegt ein Zeugniss der 
noch in vergleichsweise später historischen Zeit fortwirkenden 
vulkanischen Kraft, welche zwar seit Jahrhunderten schlum- 
mert, aber einst sich wieder energischer manifestiren könnte, 
wie jetzt im Archipel der Cykladen. Nach dieser allgemeinen 
Uebersicht lernen wir einige Punkte des Trachyteilandes näher 
kennen. 


*) SPpaLLanzanı setzt den Ausbruch dieses Lavastroms in das Jahr 
1302. 


619 


Kaum tausend Fuss von der Hauptstadt der Insel und 
der Küste entfernt, mit dieser. durch eine Brücke verbunden, 
erhebt sich aus dem Meere mit fast senkrechten Wänden ein 
kegelförmiger Fels, der’das Castel d’Ischia trägt. Eine tafel- 
formige Zerklüftung, steil gegen Süden fallend, zertheilt den 
Fels, welcher aus Sodalith-führendem Sanidin-Trachyt besteht. 
Auf dies Gestein und die in demselben vorkommenden, dode- 
kaödrischen Krystalle scheint Pırıa (s. Rora, Vesuv, S. 200) 
zuerst aufmerksam gemacht zu haben; er hielt sie indess gleich- 
wie auch v. Buch für Granate. Erst FoxsecA*) führt in seiner 
Beschreibung der Insel Ischia jene Krystalle richtig als Soda- 
lithe auf. Die Sodalithe sind theils von weisser, theils von 
röthlicher Farbe. Nach Rora ist der Trachyt der Rocca oft 
durch Chlorwasserstoffsäure zersetzt: „feine Eisenglanzpunkte 
deuten den Ursprung jener Säure an.“ Auch unmittelbar nörd- 
lich der Stadt Ischia am Gestade geht eine Trachytmasse zu 
Tage (auf welcher das Haus des Herrn n’Oro steht), ganz er- 
füllt mit kleinen Eisenglanzblättchen (nach FoxsecA). Die in 
Hohlräumen und Poren des Trachyts erscheinenden Eisenglanze 
weisen darauf hin, dass die Gesteinsmasse von Fumarolen 
durchstrichen wurde. Zu Neapel sah ich aus dem Trachyte 
der Rocca körnig krystallinische Einschlusse aus Sanidin und 
Titanit bestehend, durchaus gewissen Laacher Auswürflingen 
ähnlich. Südlich der Stadt Ischia, mit der Scoglio di S. Anna 
beginnen jene merkwürdigen, dem Bimssteintuff zwischengeschal- 
teten trachytischen Lagergänge, welche längs des grösseren 
Theils der Sudkuste sich wiederholen und besonders ausge- 
zeichnet am zerrissenen südwestlichen Felsgestade der Insel 
erscheinen. Am südlichen Vorsprunge der Insel, der Punta 
di S. Pancrazio, steigt über die Meeresfläche eine gangartige 
_Trachytmasse empor, von welcher sich Gänge ablösen, zwischen 
die Straten des Bimssteintuffs einschieben und sich endlich aus- 
keilen. Westlich von der Klippe S. Pancrazio beginnt das 
Scarrupata genannte Felsgestade, an welchem man gleichfalls 


*, Fern. Fonseca kämpfte 1845 gegen Oesterreich und wurde ge- 


fangen nach Leitmeritz geführt. Nach seiner Befreiung lebte er zwar 
einige Jahre noch in Neapel. sah sich indess dann durch die nun besei- 
tigte Regierung genöthigt, seine Heimath zu verlassen und nach Toscana 
überzusiedeln, woselbst er, ein Geschäft gründete. und der Wissenschaft 
verloren ging. 


40 * 


620 

auf eine Strecke von etwa 1+ Miglie ein den Bimssteintuff- 
schichten horizontal eingeschaltetes Trachytlager beobachtet. 
Von diesem Sodalithtrachyt von Scarrupata hatte Herr G. RosE 
“die Güte, mir einige von ihm selbst 1850 dort geschlagene 
Stücke mitzutheilen. Diese zeigen, wenngleich als von dem- 
selben Fundorte bezeichnet, einige Verschiedenheiten, weshalb 
ich sie als erste, zweite, dritte Varietät aufführen werde. Ich 
strebte zunächst die Zusammensetzung der Sodalithe selbst zu 
ermitteln, wozu die erste Varietät die Möglichkeit darbot. 

Der Sodalithtrachytvon Scarrupata, 1ste Varietät, 
ist seiner Hauptmasse nach ein schuppiges Aggregat kleinster 
tafelformiger Sanidine, welche unter dem Mikroskope deut- 
lich ihre Form erkennen lassen; in gewissen Partieen des Ge- 
steins sind die feinen Sanidine zu einer für das Mikroskop 
unauflöslichen Grundmasse verbunden, in welcher zahllose 
kleine Sanidine eingebettet sind. In dieser Gesteinsmasse lie- 
gen bis } Zoll grosse Sanidintafela von dem bekannten rissigen 
Ansehen. Der Sodalith findet sich theils in einfachen regelmässig 
granato@drischen Krystallen, theils in Penetrationszwillingen, 
s. Taf. X. Fig. 10 (doch ohne Würfelflächen), parallel einer 
trigonalen Axe verlängert, meist kaum 4 Linie gross, von röth- 
lichgelber Farbe, welche gewöhnlich nur der äusseren Zone 
der Krystalle zukommt, da das Innere weiss ist. Die Sodalithe 
sind häufig unrein und umschliessen einen fremdartigen Kern, 
in welchem man ein Gemenge der übrigen Gesteinsbestand- 
theile erkennt. Augit bildet einen zwar untergeordneten, doch 
wesentlichen Gemenstheil, in schön ausgebildeten, doch meist 
so kleinen Krystallen, dass sie dem blossen Auge unsichtbar 
bleiben, von gelblichbrauner Farbe. Ausserdem Titanit in et- 
was grösseren, doch kaum + Linie erreichenden Kryställchen, 
gelb, von Demantglanz; es konnte,an einem Krystalle. (einer 
Combination der herrschenden Flächenpaare n und r) der 
Winkel r:r' (113° 51’) annähernd bestimmt werden. Zahlrei- 
che Magneteisen-Kryställchen. 5 

Das specifische Gewicht der Sodalithkrystalle ist 2,401; 
dasselbe ist indess unzweifelhaft etwas zu hoch bestimmt wegen 
der umschlossenen fremdartigen Mineraltheile. Auch zur Ana- 
lyse war es nicht möglich die Substanz rein auszusuchen trotz 
mehrtägiger, aufgewandter Mühe. Es wurde demnach das Mi- 
neralpulver theils in Chlorwasserstoffsänre, theils in Salpeter- 


621 


säure gelöst, wobei sich bei gehöriger Verdünnung eine klare 
Auflösung des Sodaliths bildete, von welcher die zurückbleiben- 
den Verunreinigungen, Sanidin, Augit, Magneteisen, geschieden 
wurden. Durch Abdampfen der Lösung zur Trockniss wurde 
die Kieselsäure abgeschieden. Demnach ist die Zusammensetzung 
des Sodaliths aus dem Trachyt von Scarrupata: 
Chlor . . 6,96 
Natrium . 4,51 
Kieselsäure 37,30 
Thonerde 27,07 
Eisenoxyd 4,03 
Kalkerde 0,43 
Magnesia 0,73 
Kalx..>b:3314519 
Natron . 16,43 
Glühverlust 3,12 
101,77. 

Dieser eingewachsene Sodalith ist demnach in derselben 
Weise zusammengesetzt, wie der von RAMMELSBERG untersuchte, 
‚mit Augit und Glimmer verbundene, farblose Sodalith aus Vesu- 
vischen Auswürflingen, dessen Formel er bildet aus 6Si, JA, 
3Na, 1Na, 1Cl. Diese Formel verlangt: Chlor 7,31, Natrium 
4,74, Kieselsäure 37,06, Thonerde 31,74, Natron 19,15. Diese 
berechnete Mischung stimmt gewiss mit der gefundenen so gut 
überein (unter Annahme der Vertretung eines Theils der Thon- 
erde durch Eisenoxyd), wie man es überhaupt bei einem so unrein 
aus der Gesteinsmasse ausgeschiedenen Minerale erwarten kann. 

Das ganze Gestein, Sodalithtrachyt 1ste Var. besitzt 


folgende Zusammensetzung (bei einem spec. Gew. = 2,445 

bei 20° C.): 

Chlor . . 0,65 
Natrium . 0,42 Sauerstoff: 
Kieselsäure 62,95 33,971 
Thonerde . 17,26 8,06 
Eisenoxydul 4,46 0,99 
Kalkerde . 0,84 0,24 
Magnesia . -0,63 0,25 
Kalte 22606 1,03 
Natron . 7,17 1,86 
Glühverlust 0,85 

101,29. 


Quotient der Sauerstoffzahlen = 0,3702. 


622 


Die im analysirten Gesteine mineralogisch erkennbaren 
Mineralien genügen nicht, um aus ihnen die Gesammtmischung 
des Gesteins zu erklären, wie man leicht aus folgender De- 
duetion ersieht. Legt man den Chlorgehalt zu Grunde bei 
Berechnung des Sodaliths gemäss der RAmwELSBERG’schen 
Formel, so ergiebt sich die Menge desselben = 8,87 pCt. 
(Chlor 0,65, Natrium 0,42, Kieselsäure 3,3, Thonerde 2,8, 
Natron 1,7). Berechnet man in gleicher Weise aus dem Kali 
den Sanidin, so resultirt dessen Menge = 36,06 pCt. (Kiesel- 
säure 23,3, Thonerde 6,7, Kali 6,06). Die nach Abzug die- 
ser beiden Mineralien übrigbleibenden Bestandtheile betragen 
56,38 pCt. des Gesteins (nämlich Kieselsäure 36,3, Thonerde 
7,8, Eisenoxydul 4,46, Kalkerde 0,84, Magnesia 0,63, Natron 
5,5, Glühverlust 0,85) und enthalten noch die Mischung der 
mineralogisch erkennbaren Gemengtheile Augit und Magnet- 
eisen. Es ist aber aus den vorstehenden Zahlen ersichtlich, 
dass die Menge dieser beiden nur ca. 10 pCt. betragen kann. 
Der Rest (nahe 46 pCt. des ganzen Gesteins) besitzt eine 
derjenigen des Albits ähnliche Mischung. Legen wir indess 
bei obiger Rechnung, statt der durch die Formeln eerheischten 
Mischungen, solche zu Grunde, welche wir in geeigneter Weise 
aus der Zahl der Analysen aussuchen können, so wird es uns 
gelingen, ohne die Fehlergrenze der ausgeführten Gesteinsana- 
Iyse zu überschreiten, die Rechnung der Art zu leiten, dass 
der Rest eine oligoklasähnliche Mischung, erhält. Die Dis- 
_ eussion dieser Analyse führt uns demnach zu einem ähnlichen 
Ergebnisse, wie die Analyse des Cumäischen Trachyts. 

Die 2te Varietät des Sodalithtrachyts von Scarru- 
pata besitzt dasselbe körnig schuppige Sanidin-Gemenzge; darin 
ausgeschieden: Sanidin, Sodalith, grünlichschwarzer Augit, we- . 
nig Titanit und Magneteisen. Eine sonderbare Bewandtniss 
hat es mit den Sodalithen; ihre Form prägt sich bei Betrach- 
tung des Gesteins sogleich aus; denn auf der Bruchfläche sind 
durch feine, schwarze, mehr oder weniger unterbrochene Säume 
die Granato@der-Umrisse gezeichnet. Betrachtet man die Sache 
genauer, so findet man gewöhnlich den Sodalith mehr oder 
weniger zerstört und einen Theil des Krystallraums mit einem 
Aggregat von Sanidin, Augit, Titanit, Magneteisen erfüllt, wel- 
che Mineralien in sehr zierlichen Krystallen zuweilen auch. die 
Innenwände der granatoädrischen Räume bekleiden. Die zer- 


623 


setzte Sodalithmasse hullt zuweilen noch jene Einschlusse ein; 
zuweilen ist dieselbe auch ganz verschwunden. Den Chlorge- 
halt dieser Varietät fand ich = 0,90 pCt., woraus sich eine 
Sodalithmenge von 12,3 pCt. ergiebt. 

Die öte Varietät, der vorigen sehr ähnlich, doch frischer 
und fester, eine körnig schuppige Sanidin- Grundmasse mit 
ausgeschiedenen Krystallen von Sanidin, Sodalith, Augit, dun- 
kelbraunem Glimmer, wenig Titanit. Die Sodalithe fallen auch 
hier in’s Auge durch ihre schwarze Umrandung, welche vor- 
zugsweise durch sehr kleine Augitkrystalle gebildet wird. Die 
Sodalithe sind theils homogen, theils aber auch mit Augit, 
Magneteisen, Titanit verunreinigt. Spec. Gew. = 2,547. 


Chlor)... 0,34 


Bekriin 0. 0,22 Sauerstoff: 
Kieselsäure 65,75 35,06 
Thonerde . 17,87 8,94 
Eisenoxydul 4,25 0,94 
-Kalkerde '. 1,33 0,38 
Magnesia . 0,52 0,21 
Ka MON ag 0,59 
Natron 7.8 251.5236 1,38 
Glühverlust 0,78 

99,90. 


Quotient der Sauerstoffzahlen — 0,3377. 


In keinem der Sodalith- Trachyte konnte eine Spur von 
Schwefelsäure nachgewiesen werden. 

Bei einer Vergleichung der vorstehenden Analyse mit der- 
jenigen der 1sten Varietät offenbart sich, dass dem geringeren 
Chlorgehalte eine Zunahme der Kieselsäure entspricht, was 
mit einer geringeren Beimengung von Sodalith im Einklange 
steht. Wenn wir wieder verfahren wie oben, so ergiebt sich 
aus dem Chlor (= 0,34 pCt.). die Menge des Sodaliths —= 4,66 
pCt. (Chlor 0,34, Natrium 0,22, Kieselsäure 1,7, Thonerde 1,5, 
Natron 0,9). Aus dem Kali berechnet sich die Menge des 
Sanidins — 20,54 pCt. (Kieselsäure 13,3, Thonerde 3,8, Kali 
3,48). Nach Abzug dieser beiden Gemengtheile bleiben 74,72 


5 
*) Bei einer zweiten Chlor-Bestimmung wurde die Menge desselben 
nur 0,25 pCt. gefunden, entsprechend —= 0,16 Natrium. 


: 624 

pCt. des Gesteins übrig (nämlich Kieselsäure 50,76, Thonerde 
12,61, Eisenoxydul 4,25, Kalkerde 1,33, Magnesia 0,52, Na- 
tron 4,47, Glühverlust 0,78). Diese Restbestandtheile‘ enthal- 
ten noch Augit und Magneteisen, nach deren Abrechnung (wel- 
che wir, als auf zu unsicheren Daten beruhend, nicht ausfuh- 
ren) wiederum eine albitähnliche Mischung bleibt, welche in 
diesem Falle etwa zwei Dritteln des ganzen Gesteins zukom- 
men muss. \ 

Ausser an den genannten Orten findet sich Sodalith auf 
dem Eilande als Gemengtheil der Trachyte noch am Monte Toppo 
und an der Punta del Imperatore.*) Diese Vorkommnisse auf 
Ischia sind die einzigen, welche den Sodalith eingewachsen im 
Trachyt dem blossen Auge deutlich sichtbar zeigen. Dies ist 
hier hervorzuheben unter Hinweis auf die ungenaue Angabe 
des hochverdienten Scacchı, welcher in seinem Aufsatze „Sili- 
cati del M. di Somma e del Vesuvio prodotte per effetto di 
sublimazioni* (Rendic. Acc. Scienze, 1852 und RotH, Vesuv, 
S. 380) sagt: „Nella trachite dei Campi flegrei e delle vicine 
isole di Procida e d’Ischia abbiamo pure assai frequenti i cri- 
stalli di sodalite aderenti alle pareti delle piccole cavita o delle 
interne fenditure, e non mai nella massa compatta della 
roccia.* Und doch hatte FosszcA schon ‚5 Jahre zuvor die 
sodalithführenden Trachyte Ischias erwähnt. Die Bedingun- 
gen zur Erzeugung des Sodaliths — dieser so complicirten 
‚chemischen Mischung — scheinen nur selten erfüllt gewesen 
zu sein, da dies Mineral zu den seltensten gehört. Scacchı 
ist der Ansicht, dass die Sodalithe, welehe in Drusen und 
Spalten der Vesuvlaven und der Phlegräischen Trachyte sich 
finden, durch Sublimation (col concorso di materie gassose) 
sich gebildet haben; und ich stimme dieser Ansicht vollkom- 
men bei, indem ich in Bezug auf die im Trachyte eingewach- 


*) Auch der Trachyt des Monte Spina nalie dem Lago d’Agnano ent- 
hält bekanntlich Sodalith (Roru, Vesuv, S. 499; Des Croızeaux, Miner., 
p. 922). Bekannt ist, dass in den Drusen dieses Gesteins Eisenglanz 
theils in rhombo&drischen Formen, theils in den Formen des Magnet- 
eisens erscheint, daneben zierliche kleine Quarzkrystallee. An einigen 
dieser Quarze erscheint ausser dem Dihexa@äder und dem Prisma, mit 
grosser Regelmässigkeit die abwechselnden Combinationskanten .der ge- 
nannten Formen abstumpfend, das Rhombo&der“(4a :4a: wa: c), welches 
bei G. Rese die Bezeichnung 2r, bei Drs Croızeaux e° führt. 


- 


625 


senen Sodalithe die Bemerkung hinzufüge, dass dieses Vor- 
kommen die Mitwirkung von Dämpfen (Chlorwasserstoffsäure 
und Ohloriden) in keiner Weise ausschliesst. Man sieht die 
Lava wohl aus den vulkanischen Schlunden: hervorsturzen ; 
ohne Dämpfe auszustossen, bewegt sich die feurig flüssige 
Masse dahin. Keine erstickenden Gase, nur die Gluth hindert, 
sich dem Strome zu nähern. Doch im Momente der Erstar- 
rung bricht die Lava wieder auf, und nun erst entsteigen ihr 
Gase von Ohlorwasserstoff, schwefliger Säure, Kochsalz, Eisen- 
chlorid, Kupferchlorid etc. Man sieht dies Alles wohl, aber 
die Vorgänge selbst sind noch sehr in Dunkel gehullt. Die 
krystallinische Lava mit ihren krystallerfüllten Drusen ist für 
den Geologen ein Räthsel, dessen Lösung der Erklärung der 
älteren Gesteinsbildungen, der altvulkanischen und plutonischen, 
“ vorhergehen muss. In Bezug auf letztere. ist es wichtig her- 
vorzuheben, dass der Sodalith,- ausser an den genannten vul- 
kanischen Oertlichkeiten, ferner vorkommt im Miaseit des 
Ilmengebirges, im Syenit der Insel Lamo& bei Brevig in Nor- 
wegen, in gleichem Gesteine an einigen Punkten des nördli- 
chen Amerikas, sowie im Gneisse von Kangerdluarsuk in Grön- 
land. Da der Sodalith in den neueren Lavaströmen des Vesuvs 
sich bildet, so müssen wir schliessen, dass die Bedingungen 
für Mineralbildung in jenen alten Gesteinen ähnliche gewesen 
seien, wie in der Vesuvlava. In der Nähe der Stadt Ischia 
bietet sich für den Geognosten eime der grössten Sehenswür- 
digkeiten dar, der Trachytstrom Arso (die verbrannte Flur), 
die einzige bisher bekannte, in historischer Zeit geflossene 
trachytische Lava. Der Krater oder Schlund, dem diese Lava 
entquollen, liegt am östlichen Fusse des Monte Trippiti, 430 
Fuss über dem Meere (der Kraterrand). Der Strom wandte 
sich mit steilem Falle, nur Schlacken zurucklassend, zunächst 
gegen Osten, dann gegen Nordosten, eine sanft geneigte Ebene 
bedeckend, bis in’s Meer hinaus. Die Länge des Stroms ist 
15 Miglie, die grösste Breite zwischen Ischia und Bagno + Misglie. 
Der Ärsokrater (auch le Cremate genannt) ist nicht mehr sehr 
deutlich. Indem ich aber dem Strome an seinem südlichen 
Rande folgte, erfreute ich mich nahe seinem Ursprunge eines 
prächtigen Anblicks: aus dem höher liegenden Schlunde stürzt 
die schlackige Lava beiderseits von hohen Schlackenwällen 
(wie ein Gletscher von seiner Moräne) eingeschlossen.’ Es ist 


626 


z 


jetzt über den ebenen Theil der Lava ihrer Länge nach eine Fahr- 


strasse geführt; hier sollte man, die noch starren und sterilen Fel- 


sen erblickend, kaum glauben einen über 560 Jahre alten Strom 
vor sich zu haben. Die Oberfläche der Lava ist schlackig und 
bietet vielfach jene eingestürzten Gewölbe dar, unter denen 
sich die geschmolzene Masse fortbewegte; auch sieht man 
sonderbare, hoch aufragende Schlackenspitzen, welche dem An- 
‚scheine nach aufsprudelnder Lava ihre Entstehung verdanken. 
Die Dicke des Stroms wird von ScaccHı nur zu 4 Met. ange- 
geben, doch scheint dieselbe in der Ebene bedeutender zu sein; 
denn bei Bagno sieht man den Strom über der Ebene empor- 
steigen gleich einer Wand von mindestens 60 Fuss Höhe. 
Wo die Lava langsam erstarrte, ist sie steinartig, durchaus 
krystallinisch. Die schwarze, poröse Grundmasse, welche nicht 
ganz unähnlich derjenigen unseres Niedermendiger Steins ist, 
umschliesst dem. blossen Auge sichtbar Sanidin, Augit, 
Olivin, Manesiaglimmer und wenig Magneteisen, 
ausserdem sehr wenige, aber deutliche Täfelchen eines trikli- 
no&ädrischen Feldspaths. Von diesen Mineralien herrscht 
Sanidin immer-vor, daneben ist bald Augit, bald Olivin häufiger. 
Unter dem Mikroskop zeigt sich die Grundmasse vorzugsweise 
aus kleinen prismatischen, farblosen Krystallen zusam- 
mengesetzt, welche, wie man sogleich mittelst polarisirten 
Lichtes erkennt, ganz bestimmt nicht Sanidin sind. Die Endi- 
gung dieser Krystalle ist nicht deutlich zu erkennen, doch 
scheinen sie mir dem quadratischen Systeme anzugehören. 
Neben diesen Prismen ist in geringerer Menge ein in regulären, 
rundlichen Körnern krystallisirtes Mineral vorhanden, welches 
ich nur für Leucit halten kann. Während die kleineren Sa- 
nidine (wie die mikroskopische Betrachtung ergiebt) von der 
Lavamasse stets rings umschlossen sind, ist dies bei den 
grösseren nicht immer in gleicher Weise der Fall, indem näm- 
lich häufig Hohlräume die grösseren Krystalle theilweise um- 
geben. Es wird hierdurch offenbar, dass die grösseren Sani- 
dine sich bereits aus der Lava ausgeschieden hatten, als diese 
sich noch bewegte, dass die kleinen Sanidine sich später .bil- 
deten und noch später die quadratischen Prismen; denn diese 
gruppiren sich um die anderen Gemengtheile. Die Poren des 
Gesteins haben eine von sehr feinen Kryställchen, welche auch 
die Grundmasse constituiren, erglänzende Oberfläche, woraus 


627 


zu folgern ist, dass während der Entwicklung und des Durch- 
streichens der Dämpfe durch die Lava die Ausscheidung jener 
kleinsten Krystalle erfolgte. Ich muss hier einen Irrthum 
SPALLANZANIS, des genialen Naturforschers, berühren, welcher 
(Reisen in beide Sicilien, I, 169) bei Gelegenheit eines Besu- 
ches Ischias 1788 einige Beobachtungen üher die Arso-Lava 
mittheilt. „Betrachtet man, sagt SPALLANZANI, die Feldspathe 
der Lava aufmerksam, so wird man zu glauben veranlasst, 
dass der Brand als die Ursache dieses Stroms äusserst stark 
gewesen sein muss. Ich schliesse dieses aus dem Umstande, 
dass die Feldspathe hier mehr oder weniger geschmolzen sind, 
während sie sonst in den Laven unverändert zu bleiben pfle- 
gen. Nimmt man eine Lava von Arso aus dem Mittelpunkte 
des Stroms, so ist die vorgegangene Schmelzung ganz offen- 
bar. Einige sind bloss in runde Kügelchen gemodelt, andere 
sind bloss auf einer Seite geschmolzen und haben hier die 
Krystallform verloren, hingegen hat sich dieselbe auf den an- 
dern Seiten vollkommen erhalten. Zuweilen ist der geschmol- 
zene Feldspath in gewissen leeren Räumen der Lava wie in 
der Luft schwebend und hängt mit den Wänden derselben bloss 
durch strahlenförmige Fäden zusammen, welche von der Lava 
selbst auslaufen, in deren Mitte er sitz. An anderen Stellen 
ist der Feldspath an einer Seite der Höhle herabgeflossen und 
bildet einen hohlen und völlig durchscheinenden Ueberzug der- 
selben.“ In diesen Worten SPALLANZANIs, welcher vor fast 
80 Jahren sich schon ähnliche Fragen stellte, wie wir heute, 
spiegelt sich der Irrthum seiner Zeit, welche in den Trachyten 
ganz oder theilweise umgeschmolzene Granite zu erkennen 
glaubte. Wäre Sparuanzanı’s Beobachtung und Ansicht richtig, 
dass die Sanidine von der Lava umhüllt und zum Theil ein- 
geschmolzen worden wären, so hätten doch zunächst die mi- 
kroskopisch kleinen Sanidine geschmolzen werden müssen. 
Diese haben sich aber so deutlich aus der Lava ausgeschieden 
wie die quadratischen Prismen, welche die Grundmasse fast 
ausschliesslich constituiren. Was der grosse italienische For- 
scher für geschmolzenen Feldspath hält, ist dies nicht, sondern 
glasig erstarrte Lava, welche die Krystalle theilweise bedeckt. 
Die längst widerlegte und fast vergessene Ansicht würde ich 
hier nicht berührt haben, wenn nicht in neuester Zeit fast das- 
. selbe gesagt worden wäre: „Die Mineralien in deu Laven sind 


628 


niemals aus der Lava entstanden, sondern sind bloss von der 
Hitze verschont geblieben“, nicht nur gesagt, sondern auch 
gedruckt — in einem wissenschaftlichen Journal. 

Dass auch nach .dem Erstarren des Arso Fumarolen in 
demselben ihre Wirkung zuruckgelassen haben, bezeugt die 
Mittheilung Fonseca’s: „die Spalten dieser mächtigen Lava sind 
häufig mit blättrigem, selten mit deutlich krystallisirtem Eisen- 
glanze bekleidet.* Durch eine ‚genauere Uutersuchung an Ort 
und Stelle, als ich sie ausführen konnte, mögen vielleicht noch 
andere durch Sublimation gebildete Mineralien in dieser Lava 
sich bestimmen lassen. An einem der von dort mitgebrachten 
Stücke finde ich nämlich, den Wandungen der Hohlräume auf- 
sitzend, viele äusserst kleine, feuerrothe Krystallkörnchen (oder 
vielmehr Zusammenhäufungen von Kryställchen), welche ich 
leider nicht bestimmen konnte; Realgar sind sie nicht. Ueber 
die chemische Mischung des Arso vergl. AgıcH, vulk. Bild., S. 42 
bis 46, und RorH, Gesteins-Analysen. 

Diese schwarze Lava mit gedrängten, glänzenden Sanidinen 
unterscheidet sich leicht von allen anderen Gesteinen der Insel. 
Kleine Stucke des Arso-Trachyts, eingeschlossen in Bimsstein, 
fand ich beim Absteigen vom Monte Trippiti gegen le Cremate. 
Nahe derKirche$. Antonio, 1 Miglie südwestlich von Ischia, tritt 
zwischen hohen Bimssteinmassen eine lagerartige Trachytmasse 
bervor; es ist lichtgrauer Sanidintrachyt ohne Olivin, mit dichter 
Grundmasse. Dies Gestein ist ringsum in losen Blöcken sehr 
verbreitet. Von Uremate wandte ich mich vorbei an den Kra- 
teren Montagnone und Monte Rotaro nach dem Monte Tabor, 
einem der interessantesten Punkte des Eilandes. Dieser Berg 
hat einen undeutlichen, gegen Norden geöffneten Krater, aus 
welchem eine trachytische Lava bis zum Meere (zwischen der 
Punta Perrone und der P. della Serofa) geflossen ist. Der ' 
Trachyt ist grau, bräunlich oder röthlich und lässt stets deut- 
lich Sanidin erkennen. Die Lava führt viel Eisenglanz, ge- 
wöhnlich in dünnen Blättchen als Bekleidung der Spalten, sel- 
tener krystallisirt in sechsseitigen Täfelchen, an welchen das 
Dihexa&@der nebst dem Hauptrhomboeder erscheint (nach Forx- 
sEcA). Der Lavastrom ruht zum Theil auf Schichten von Bims- 
stein-Conglomerat, zum Theil auf dem mehrerwähnten verstei- 
nerungsführenden Thonmergel. Am Monte Tabor befinden sich 
ausgedehnte Steinbruche, in denen man theils Trachyt, theils 


629 


den unter dem Strome liegenden Thon gewinnt. Der untere 
Theil der Lavamasse besteht aus einem Conglomerate von 
zum Theil sehr umfangreichen Trachytblöcken, wie bekannt- 
lich gewöhnlich die Lavaströme ihren Weg mit einem Conglo- 
merate bedecken. Die obere Schicht des Thonmergels ist bis 
auf eine Entfernung von mehreren Fuss Abstand durch die 
Hitze der Lava verändert und umschliesst hier nach Scaccki 
Aragonit. Dem Monte Tabor entsteigen an mehreren Stellen 
sogenannte Stufe, heisse Wasserdämpfe; an der Punta di Casti- 
glione entspringen unmittelbar an der Küste heisse Quellen, 
welche die Meerestemperatur hier bis zu 75° C. erhöhen. Wo 
jene heissen Dampfe die Trachyte durchströmen, ist das Ge-. 
stein zersetzt zu einer weissen Masse, bald von thonsteinarti- 
gem Ansehen, bald von sandig-bröckliger Beschaffenheit. 
Auch an Stellen, wo jetzt keine heissen Dämpfe mehr sicht- 
bar sind, verräth die Beschaffenheit des Gesteins die Thätigkeit 
erloschener Fumarolen. Solche schneeweisse Steinmassen er- 
blickt man auch am nördlichen Ende des Steinbruchs des Monte 
Tabor. Die Felsart ist so locker, dass man sie fast mit der 
Hand zerbröckeln kann; genauer untersucht, bietet sie inter- 
essante Thatsachen dar: die Hauptmasse ist ein schuppig-kör- 
niges Aggregat höchst kleiner, schneeweisser Sanidinblättchen, 
in welchem einzelne grössere, fast wasserhelle Sanidine, ein- 
fache und Zwillingskrystalle liegen, sowie seltene Apatit-Pris- 
men. In einzelnen Partieen ist dies Gestein von ganz unend- 
lich fein zertheilten Spaltensystemen durchzogen, welche sich 
zu kleinen Drusen und Hohlräumen erweitern. Betrachtet man 
diese unter der Lupe, so enthüllt sich eine Menge der zier- 
lichsten Krystalle, welche offenbar neu gebildet sind und höchst 
wahrscheinlich der Fumarolenthätigkeit ihre Entstehung ver- 
danken, gelblichbraune Augite von der allerzierlichsten Bildung 
(in der gewöhnlichen Form des vertikalen achtseitigen Prismas mit 
dem schiefen Prisma von nahe 120°), goldgelbe Glimmerblätt- 
chen, feinste, demantglänzende Titanite, theils in spitzen ein- 
fachen Krystallen, umschlossen vorzugsweise von den beiden Pris- 
men n und r, theils in Zwillingsnadeln nach Art der Laacher und 
Vesuvischen Zwillinge (s. Posg. Ann. Bd. CXV, S. 466, und Fr. 
HrssengEre, Miner. Not. No. VII, 37), dazu Magneteisen. Alle 
diese Krystalle sind nur durch die Lupe deutlich erkennbar 
und sind in ihrem Ansehen sehr verschieden von denjenigen 


630° 


Krystallen, welche sich in der Grundmasse der vulkanischen 
Gesteine auszuscheiden pflegen, während sie an jenen Augit 
und Glimmer erinnern, welche mit sublimirtem Eisenglanze in 
unserer Fumarolenspalte am Eiterkopfe bei Plaidt (Neuwied) 
vorkommen. Es gewährt mir lebhafte Genugthuung, auch hier 
wieder auf die Beobachtungen Scaccur’s in Bezug auf Entste- 
hung von Silikaten durch Sublimation hinweisen zu. können, 
welche, nachdem ich. sie in Bezug auf den Augit über jeden 
Zweifel erhoben habe, nun wohl zu allgemeiner Anerkennung 
kommen werden. 

ScaccHI unterwarf seiner Beobachtung vorzugsweise sol- 
che Leueitophyrblöcke, welche, lange Zeit den glühenden Däm- 
pfen des Vesuvs ausgesetzt, Ausserlich oft Verglasungen zeigen, 
innerlich ganz zersetzt erscheinen, zuweilen kaum noch ihre 
ursprüngliche Beschaffenheit erkennen lassen. Die Spalten und 
Hohlräume dieser Blöcke sind mit zierlichen, glänzenden Kry- 
stallbildungen bekleidet, genau wie bei dem zersetzten Trachyt 
des Monte Tabor. Augit, in dieser Weise gebildet, fand 
ScAaccHI in den Hohlräumen mehrerer Augitophyrblöcke, wahr- 
scheinlich alter Somma-Auswürflinge. Auch in der Grund- 
masse des Gesteins ist Augit ausgeschieden, aber das Ansehen 
beider Augitbildungen ist wesentlich verschieden. In demsel- 
“ben Gesteine hat sich demnach Augit gebildet theils durch 
Erstarrung aus der feurigflüssigen Masse, theils durch Subli- 
mation. Ohne Kenntniss dieser Beobachtungen Scaccar's fand 
ich dieselbe unerwartete Thatsache bei meiner Untersuchung 
der Spalte von Plaidt unter Umständen, welche eine andere 
Bildung als die durch Sublimation gänzlich ausschliessen (s. 
Pose. Ann. Bd. CXXV, $. 420). Röthlichbraune Glimmer- 
blättchen, nur mit einer Kante den Zellenwandungen aufge- 
wachsen, fanden sich in Begleitung von Sanidin und Eisen- 
glanz in Somma-Gesteinen. „Ihre Entstehung durch Sublimation 
scheint unzweifelhaft.“ Lichtgelblicher Titanit in Begleitung 
von Sanidin und Eisenglanz wurde beobachtet aufgewachsen 
auf den Hohlräumen von Sommablöcken, welche durch Wir- 
kung von Fumarolen bis zur Unkenntlichkeit zerstört waren. 

Während die östliche Inselhälfte durch deutliche Kratere und 
neuere Lavenergüsse die - Aufmerksamkeit auf sich zieht, fehlt 
es auch der westlichen Hälfte an interessanten Erscheinungen 
nicht. Es war an einem frischen Frühlingsmorgen, der west- 


631 


liche Abhang des Epomeo lag noch im Schatten, als ich diese 
westliche Gegend durchwanderte und zu meinem nicht geringen 
Erstaunen den Berg mehrere hundert Fuss unter seinem Gipfel 
an wenigstens zwanzig Stellen dampfen sah. Die schöne Er- 
scheinung verschwand, als die Luft sich mehr erwärmte, und 
im Sommer soll sie überhaupt nicht zu beobachten sein. 

Die zersetzenden und verändernden Einwirkungen dieser Fu- 
marolen, sogenannte Stufe, zeigen sich auf weiten Flächen 
schon aus der Ferne durch die rothe oder weisse Färbung der 
Gesteine. Die Exhalationen scheinen jetzt nur aus Woasser- 
dampf zu bestehen. Doch ist es nicht ganz unwahrscheinlich, 
dass diesem Theile des Epomeo ehemals schwefligsaure Dämpfe 
entstiegen; denn „man weiss, dass ehemals auf Ischia schwefel- 
saure Alaunerde gegraben und damit Handel getrieben ward; 
nach Anprra holte man die zur Ausziehung dieses Salzes schick- 
lichen Materialien von Latrico, welches über Lacco nahe dem 
Gipfel des Epomeo liegt“ (SpaLLanzanı). Nach Scaccnı kommt. 
noch jetzt an verschiedenen Stellen Ischias als Produkt der 
Fumarolen wasserhaltige schwefelsaure Thonerde (Halotrichit) 
vor. (Sostanze che si formano presso i fumaroli della regione 
flegrea, Memoria di Scacchi). 

Reich an Exhalationen ist auch das nordwestliche Ende 
‚der Insel, welches aus den Trachytmassen des Monte Vico, 
des Monte Mareeoco und des Monte Zale besteht; es sind dort 
namentlich die Stufe di Sa. Restituta und di S. Lorenzo. An 
letzterem Orte zeigte man mir eine Grotte in zersetztem Tra- 
chyt, in welcher ehemals Schwefel gewonnen wurde. Jetzt 
aber scheint sich dort kein Schwefel mehr zu bilden, wie üuber- 
haupt auf Ischia, im Gegensatze zum Phlegräischen Gebiete des 
Festlandes, Schwefelsublimationen sehr ungewöhnlich sind. Die 
Schwefelbildung scheint in den Solfataren nur nahe der Erd- 
oberfläche vor sich zu gehen, was bereits durch BRrEISLAK, 
welcher Gelegenheit’ hatte, einige tiefe Grabungen auf dem Kra- 
terboden der Solfatare von Pozzuoli ausführen zu lassen, her- 
vorgehoben wurde. ScAccHI, dem wir eine sorgsame Beschrei- 
bung der Schwefelkrystalle dieses letzteren Fundorts verdanken, 
fand daselbst Schwefeladern, Gesteinsklüufte erfullend, bis 9 Centi- 
meter dick. Der Ansatz des Schwefels erfolgt von beiden Sei- 
ten der Spalte, welche sich entweder gänzlich füllt oder in der 
Mitte leer bleibt, in welchem letzteren Falle zierliche Schwefel- 


632 


krystalle in den Hohlraum hineinragen. In den Umgebun-- 
gen der genannten Stufe finden sich die trachytischen Gesteine 
in eigenthümlicher Weise zersetzt, und als Ursache dieser Zer- 
setzung nennen die Inselbewohner allgemein erloschene Fuma- 
rolen; so bekannt sind dieselben mit dieser Erscheinung. Un- 
ter den Erzeugnissen der Fumarolen von S. Lorenzo, von le 
Falanghe und anderen Orten der Insel ist noch Hyalith zu 
nennen, welcher die Poren eines zersetzten Trachyts bekleidet. 
ScaccHI bestimmte den Wassergehalt des Hyaliths von S. Lo- 
renzo in zwei Versuchen zu 4,94 und 5,10 pCt. In dem Thale, 
welches von Lacco gegen Nordwesten zieht, die Berge Zale 
und Vico von einander scheidend, kann man deutlich beobach- 
ten, wie der Trachyt des letztgenannten Berges durch den 
Bimssteintuff emporgedrungen ist. Von der kleinen Bai, in 
welche jenes Thal ausläuft, überstieg ich die eigenthumlich 
wildzerrissene Trachytmasse Zale, deren Gestein zahlreiche 
5 bis } Zoll grosse Sanidintafeln, Glimmer, Augit, Magnet- 
eisen umschliesst. Viele Einschlüsse oder Ausscheidungen, 
Aggregate von Sanidin, dem Laacher Trachyte ähnlich, bemerkt 
man im Gesteine. Von den nackten Trachytfelsen zu der rei- 
zenden Küstenebene von Forio hinabsteigend, beobachtet man, 
dass 'Trachytconglomerate den Uebergang zwischen dem Tra- 
chyt und dem unterlagernden Tuff vermitteln. Das sudöst- 
liche Felsgestade der Insel von der Punta dell’ Imperatore bis 
zur Halbinsel S. Angelo, welches durch die meist von Süden 
her andrängende Meerfluth in viele Buchten zerschnitten ist, 
zeigt in deutlichster Weise das Verhalten des Trachyts zum 
Bimssteintuff. Das Eruptivgestein“bildet an diesen Steilabhän- 
gen bankformige Lagergänge, meist horizontal oder wenig ge- 
neigt, welche zwischen die Bimssteinstraten sich einschieben. 
Mehrfach theilen sich auch diese Gänge und keilen sich zwi- 
schen den Tuffen aus. Auch finden sich vertikal aufsteigende 
Massen, welche mit bankartigen Lagerungsformen zusammen- 
hängen. Die lehrreichsten Punkte sind die Punta dell’ Impera- 
tore, Punta dello Schiavo und die Bucht Scarrupa. Nahe dieser 
Oertlichkeit liegt das Dörfchen Panza; dort. erblickt man in 
den zahlreich umherliegenden und zu Mauern aufgethürmten 
Blöcken einen Trachyt, dessen Grundmasse sich deutlich als 
ein Aggregat unzähliger feinster Sanidinblättchen darstellt. 
Eisenglanz ist häufig in diesem Gesteine zu beobachten. 


633 

‘Die Gestalt Ischias unter Berücksichtigung der petrogra- 
phischen Zusammensetzung derselben lehrt, dass die Insel 
durch den Wogenschlag des Meeres grosse Einbusse ihres Ter- 
rains müsse erfahren haben. Dies beweisen jene Landzungen 
oder vorgelagerten kleinen Felsinseln, welche aus Trachyt be- 
stehen oder aus Tuffmassen, welche durch Trachytgänge gleich- 
.sam gegen die Zerstörung geschützt wurden, so das Vorgebirge 
Zale, die Punta dell’ Imperatore, die Punta S. Angelo, S. Pan- 
crazio, die Rocca d’Ischia u. s.w. Der Tuff, in welchem diese 
Trachytmassen ursprünglich ohne Zweifel aufsetzten, ist zer- 
stört worden, nur die festen Gerüste haben bis jetzt Widerstand 
geleistet. 

i Dreierlei Gesteine sieht man beim Bau Neapels verwandt, 
Vesuvlava, meist von La Scala und Granatello (1631), Phlegräi- 
schen Tuff und endlich eine eigenthümliche trachytische Lava, 
den Piperno. Der letztere fällt Jedem auf durch seine son- 
derbare, flammenformige Farbenstreifung. „An den Palästen 
Neapels, die aus diesem Gesteine erbaut sind, fahren grosse 
Flammen horizontal parallel über die Fagade weg“ (v. Buch). 
In Bezug, auf ihre Verbreitung im Vergleiche mit dem Phlegräi- 
schen Tuffe erscheinen die Massen festen Gesteins in die- 
sem Gebiete nur sehr untergeordnet; es sind die Trachyte vom 
Monte di Procida, Cuma, Olibano, dann- der Piperno; doch 
erheischen sie eben deshalb ein genaueres Studium. Denn 
Tufie und Conglomerate weisen immer zurück auf feste Ge- 
steine, in denen erst die wahre Natur jener zum Vorscheine 
kommt. Während der Trachyt bei Cuma und am Seegestade 
des Monte di Procida eine kuppenförmige oder gangförmige 
Lagerung einzunehmen scheint, die Masse des Monte Olibano 
einen offenbaren Lavastrom bildet, ist die Lagerung und die 
Natur des Piperno-Gesteins schwieriger zu erforschen. 

Das bekannte Camaldulenser-Kloster Camaldoli bei Nea- 
pel liegt auf dem höchsten Punkte eines weiten Kraterwalls 
(des grössten im Phlegräischen Gebiete), welcher sich gegen 
Südwesten in der Richtung des Kraters Astroni und des Lago 
d’Agnano öffnet. Vom Kraterwall umschlossen, am nördlichen 
Ende der Kraterebene liegt das Dorf Pianura, in dessen Nähe 
der Piperno gebrochen wird. Andere Brüche dieses Gesteins 
liegen unfern- des Dorfes Soccavo am südöstlichen äusseren 


. Abhange des Ringwalls. Der Piperno bildet mächtige, bank- 
Zeits. d.d. geol. Ges. XVII. 3. 41 : 


634 | . 


formige, horizontale Massen im Tuff, deren Entstehung man- 
ches Räthselhafte hat, da man nirgendwo die Ausbruchsstelle 
des Gesteins sieht. Tuff und Piperno sind zuweilen an ihrer 
Grenze innig mit einander verschmolzen, so dass es nicht leicht 
ist, eine scharfe Scheidung zwischen den Gesteinen zu ziehen. 
Bei Soccavo enthält der den Piperno überlagernde Tuff bis in 
einer Entfernung von etwa 5 Met. von der Grenze viele grosse 
Blöcke eines schlackigen. obsidianähnlichen Trachyts (s. ScacchI 
a. a. OÖ. p. 36; Roru, der Vesuv, 8.517). Unter den verschiedenen 
Ansichten, welche über die Entstehung des Piperno aufgestellt 
sind, möchte sich diejenige am meisten empfehlen, welche diese 
Masse als horizontale, über den Tuff oder zwischen die Tuff- 
banke ergossene Lavabänke betrachtet. Der Piperno besteht 
aus einer lichtgrauen, ziemlich lockeren Hauptmasse, welche 
linsen-, scheiben- oder flammenförmige Theile einer schwärz- 
Hchakeie, sehr zahen Masse umschliesst. Im anstehenden 
Fels erscheinen nach Scaccars Angabe diese Streifen oder 
Flammen vertikale Sowohl der lichte, als der dunklere Theil 
sind reich an Poren, deren Wandungen in der dunklen Masse 
von mikroskopischen Kryställchen erglänzen. Sanidine, bis 
einen halben Zoll gross, finden sich mehr im dunklen, als im 
lichten Theile. Meist nur von mikroskopischer Kleinheit findet 
sich Augit, röthlicher Glimmer und Magneteisen. RorH nennt 
auch Eisenglanz; das Gestein wirkt nur wenig auf die Magnet- 
nadel. Der interessanteste Gemengtheil des Piperno, wenig- 
stens einer bei Pianura anstehenden Varietät, ist ein in quadra- 
tischen, Mizzonit ähnlichen Prismen krystallisirendes Mineral, 
_ über welches sogleich Genaueres mitzutheilen sein wird. Wir 
verdanken ABıcH eine Analyse des Gesteins von Pianura und 
Roru eine neue Berechnung derselben; demnach besteht das- 
selbe aus: Chlor 0,19, Natrium 0,13, Kieselsäure 61,74, Thon- 
erde 19,24, Eisenoxyd 4,12, Kalkerde 1,14, Magnesia 0,39, 
Kali 5,50, Natron 6,68, Wasser 1,12; Summe = 100,12. 
Spec. Gew. — 2,638. Nicht ohne Interesse bemerken wir, 
dass dieser Piperno in chemischer Hinsicht nahe übereinstimmt 
mit der ersten Varietät des Trachyts von Scarrupata. Ein er- 
heblicher Unterschied liegt nur im Chlorgehalte. Betrachtet man 
denselben auch im Pianura-Gestein an Sodalith gebunden, so 
berechnet sich die Menge dieses Bestandtheils zu 3,7 pCt., 


635 


gegen 10,7 im Scarrupata- Trachyt. Im Piperno konnte ich 
mit Sicherheit Sodalith nicht erkennen. 

Die kleinen quadratischen Prismen, theils in der 
Grundmasse liegend, theils von den kleinen Poren des Gesteins 
umschlossen, sind in grösster Menge in demselben ausgeschieden. 
Sie sind farblos oder mit einem Stich in’s’Röthliche oder auch 
fast schwarz. Betrachtet man diese kleinen Prismen durch 
das Mikroskop, so erkennt man, dass zwei fremde Mineral- 
körper von den wasserhellen Krystallen umschlossen werden, 
Magneteisen und röthlichgelber Glimmer. Je nach der ver- 
schiedenen Menge dieser ein- und aufgewachsenen, kleinsten 
Krystalle erhalten die an sich stets farblosen Prismen einen 
schwach röthlichen oder dunklen Farbenton. Der in zierlichen 
sechsseitigen Täfelchen ausgebildete Glimmer ist stets nur in 
äusserst geringer Menge vorhanden, dem Ansehen nach höch- 
stens 1 bis 2 pCt. der quadratischen Prismen bildend; grösser 
ist die Menge des Magneteisens. Beide fremdartige Mineralien 
sind indess so klein, dass man sie mit blossem Auge niemals 
sehen, demnach auch für die Analyse die wasserhellen Prismen 
von jenen nicht vollständig befreien kann. In Fig. 13 Taf.X. 
ist die Krystallform der quadratischen Prismen dargestellt, eine 
Combination folgender Gestalten: 


Hauptoktaöder . 2.20.00 >= (a:a:e) 
Erstes stumpferes Okta@der t = (a:owa:c) 
Erstes Prisma SM: = (a:32906) 
Zweites Prisma . . ...W=3(32904:00c) 
Achtseitiges Prisma . f = (a:}a:o0c) 
* Basis ; ce 98: 008). 


Mittelst einer ungefähren Messung (eine andere liess die 
Flächenbeschaffenheit und Kleinheit der Krystalle nicht zu) 
bestimmte ich den Endkantenwinkel des Hauptoktaöders = 136°. 

Die Krystalle sind in ihrer Endigung nicht immer so sym- 
metrisch ausgebildet, wie die Fig. 13 es darstellt, sondern von den 
vier Oktaöderflächen dehnt sich zuweilen eine, zuweilen dehnen sich 
aber auch zwei zu einer Endkante zusammenstossende Flächen über 
die anderen aus, ganz so wie es beim Mejonit häufig zu be- 
obachten ist. Häufig sind die Oktaöderflächen nicht eben, 
sondern tragen kastenförmige- Vertiefungen. Niemals fehlt die 
Basis, und immer herrscht das zweite quadratische Prisma über 
das erste, Das specifische Gewicht der durch etwas Magnet- 

41* 


: 636 
eisen und sehr wenig röthlichen Glimmer verunreinigten Kry- 
stalle bestimmte ich = 2,626 (bei 19° C.), und ihre Zusammen- 
setzung, wie folgt: 
" Kieselsäure . 59,50 
Thonerde . . 20,70 
Eisenoxyd . . 4,45 


Kalkerde . . 4,39 
Magnesia . . 0,29 
Kahn da 4 0057598 
Natron!» '%9:.38:890 
Gluhverlust . 0,00 - 
99,32. 


Die vorstehende Analyse lehrt durch ihren geringen Mag- 
nesia-Gehalt, dass der Glimmer nur in sehr geringer Menge 
vorhanden sei, was auch durch den Augenschein bestätigt wird. 
Wir können, ohne einen merklichen Fehler zu begehen, gänzlich 
vom Glimmer absehen. Die vollkommene Farblosigkeit der 
quadratischen Prismen (wie dieselben sich unter dem Mikros- 
kope zeigen) bürgt uns dafür, dass dieselben frei von Eisen sind, 
und giebt uns ein Mittel, aus dem gefundenen Eisenoxyd die 
Menge des eingemengten Magneteisens zu berechnen. Es be- 
trägt dieselbe demnach 4,30 pCt., und die nach Abzug des 
Magneteisens auf 100 berechnete Mischung der quadrati- 
schen Prismen ist: 


R Sauerstofl. 
Kieselsäure . 62,72 33,45 
Thonerde '. 21,82 10,19 
Kalkerde. . 4,63 1,32 2 
Magnesia. . 0,31 0,13 
Kali ash te 0,19 
Natron. 1..3%159;37 2,42 


100,00. 

Da wir die Menge des Magneteisens (4,30 pCt.) kennen, 
welche den quadratischen Prismen (deren specifisches Gewicht 
oben bestimmt wurde) beigemengt war, so ist es leicht, das 
wahre specifische Gewicht des reinen Minerals, dem die vor- 
stehende Mischung zukommt, zu finden. Dasselbe beträgt 2,53, 
wenn das specifische Gewicht des Magneteisens =5 angenom- 
men wird. Die vorstehende Analyse beweist, dass die qua- 
dratischen Prismen im Piperno ein neues Mineral bilden, von 


637 


der Form des Mejonits und mehrerer anderer quadratischer 
Mineralien vom Vesuv und von einer Zusammensetzung, welche 
ungefähr dem sogenannten Oligoklas entspricht. Und so 
glaube ich hier dasjenige Mineral gefunden und nachgewiesen 
zu haben, dessen Existenz uns bei Erwähnung des Trachyts 
von Cuma wahrscheinlich geworden war. Ich werde hier für 
dies Mineral vorläufig den Namen Mizzonit von Pianura ge- 
brauchen. Sollte es nöthig erscheinen, dem neuen Minerale 
einen eigenthümlichen Namen zu geben, so erlaube ich mir, 
als solchen Marialith vorzuschlagen. Mit diesem Namen 
bezeichnete schon Ryıno den weissen Hauyn von Albano, 
welcher Name jedoch durch meine Analyse wieder frei ge- 
worden ist. Die Krystalle aus dem Piperno gehören zu der 
merkwürdigen Gruppe quadratischer Vesuv-Mineralien, welche 
trotz einer verschiedenen Zusammensetzung eine gleiche oder 
fast gleiche Krystallgestalt besitzen. Bekannt sind bereits aus 
dieser Gruppe folgende: 


Sarkolith, spec. Gew. 2,932. Okt.-Endk. = 135° 58’, 
Melilith, spec. Gew.2,90. Okt.-Endk. = 135" 1’(pes CLo1zsAux), 
Mejonit, spec. Gew. 2,735. Okt.-Endk. = 136° 11’, 
Mizzonit vom 
Vesuv, spec. Gew. 2,623. Okt.-Endk. = 135° 59’, 
Mizzonit von 


Pianura, spec. Gew. 2,530. Okt.-Endk. = 136° 0° ungefähr. 


Wie verschieden die Zusammensetzung dieser fünf Mine- 
ralien ist, ergiebt sich aus folgendem Schema ihrer wesent- 
licheren Bestandtheile: 


Kieselsäure. Thonerde. Kalkerde. Magnesia. Kali. Natron. 


Sarkolith 40,5 21,5 32,4 — 1:9,2.3,5 
Melilith 43,9 2.2 31.9 6:5..3.0,4.7.43 
Mejonit 41,95 81,94 26,11 _ = 
Mizzonit vom 

Vesuv 54,7 23,8 8,8 0,2 2.5 .:,.9:8 
Mizzonit von 

Pianura 62,7 21,8 4,6 0,3 1.1.5794. 


Es erscheint unmöglich nach dem Gesetze der Isomorphie 
zu erklären, wie die obigen so verschiedenartigen Mischungen 
“eine gleiche Krystallform besitzen können, wie es in der That 
der Fall ist. Vielleicht lässt es sich rechtfertigen, diesen und 


6358 


. einige verwandte Fälle von Formengleichheit bei verschiedener 
Mischung aus einem anderen Gesichtspunkte zu betrachten. 
In dem regulären Krystallsysteme sehen wir die verschieden- 
sten Stoffe und Mischungen in gleichen Förmen erscheinen. 
Sollte sich nicht etwas Aehnliches auch in anderen Systemen 
finden und namentlich im hexagonal- rhomboädrischen und im 
quadratischen ? Sollte es nicht gewisse Formen (Rhomboeder 
und Oktaöder) ‚geben, in welchen eine grössere Zahl von Mi- 
neralien ganz unabhängig von ihrer Mischung erscheinen könnte? 
Jedem Mineralogen werden in den beiden genannten Systemen 
Thatsachen bekannt sein ‚ welche die oben ausgesprochene 
Vermuthung zu besründen scheinen. Nicht anders möchte es 
auch mit der obigen Mineralgruppe sich verhalten. 

Was das Vorkommen des Mizzonits von Pianura betrifft, 
so glaube ich, dass dasselbe zunächst in den Gesteinen Nea- 
pels eine allgemeine Verbreitung besitzt. Wie in dem Soda- 
lith- Trachyt von Cuma scheint es sich auch‘in den Trachyten 
des Monte di Procida und der Insel Procida zu finden. Von 
dem Gesteine des ersteren Punktes sagt ScAccHL: „es enthält 
nur wenige wohlgebildete Sanidin -Krystalle, ausserdem graue, 
quadratische Prismen.“ Die losen Trachytblöcke, welche sich 
an der Marina di S. Cattolico auf Procida finden, charakteri- 
sirt derselbe Forscher: „sie bestehen vorzugsweise aus Sanidin, 
wozu sich gesellen Augit, Hornblende, Magneteisen und pris- 
matische Krystalle vom Ansehen des Vesuvischen Mejonits.“ 

Die Zusammensetzung mancher oligoklasfreier Sanidin- 
Trachyte, welche bei hohem Kieselsäure-Gehalte reich an Na- 
tron sind, macht es wahrscheinlich, dass in diesen Gesteinen 
neben Sanidin in mikroskopischen Kryställchen ein Mizzonit 
vorhanden ist. Es ist wenigstens jetzt ein Mineral aufgefun- 
den, durch dessen Anwesenheit sich die Mischung vieler oli- 
goklasfreier, natronreicher Gesteine erklären lässt, welche 
sich bisher jeder Deutung entzog. Das Auftreten quadratischer 
Mineralien als Gesteinbildner ist bisher wenig beachtet wor- 
den*). Wenn ich nicht irre, war es. RortH, welcher zuerst für 
die Eifeler Laven die Conjectur aufstellte, sie enthielten als 
wesentlichen Gemengtheil Melilith (s. Mirscueruich, Vulcan. 
Ersch. d. Eifel, herausgegeb. v. Rora, S. 23), für welche An- 


*) Vergl. auch G. Rosı „Bemerkungen über Melaphyr‘‘, Diese Zeit- 
schrift XI. S. 292 (Mitte). 


639 


nahme sich LAsPEYRES in seiner letzten Arbeit (Beitr. z. Kenntn. 
d. vule. Gest. d. Niederrheins, s. d. Zeitschr., Jahrg. 1866, S. 332) 
in zweifelloser Weise ausspricht. Es wurde auch oben wahrschein- 
lichgemacht, dass Melilith ein wesentlicher Gemengtheil einiger 
Albanischer Leueitophyre sei. Für die Laven des Vesuvs ist 
es in hohem Grade wahrscheinlich, dass Mejonit oder Mizzonit 
in ihnen vorhanden sei; denn man sieht in mikroskopischen 
Plättchen Prismen, welche den genannten Mineralien gleichen. 
Den kieselsäurereichen Mizzonit von Pianura möchte ich in 
den Vesuvischen Laven wegen ihrer geringen Kieselsäure- 
Menge nicht annehmen. Nachdem einmal die Aufmerksamkeit 
der Petrographen auf jene Gruppe quadratischer Mineralien 
als Gesteinbildner gelenkt ist, werden dieselben vielleicht häu- 
figer gefunden werden. 


| Anhang. 
Quarzführender Trachyt von Campiglia maritima. 


Campiglia maritima liegt in der Toskanischen Maremme, 
unfern des Städtehens Piombino, nahe dem südlichen Rande 
einer Höhengruppe, deren Culminationspunkt der Monte Calvi 
ist. Die Berggruppe von Campiglia bildet eine jener mehr 
oder weniger isolirten Erhebungen, welche in ihrer Gesammt- 
heit mit dem Namen des Toskanischen Erzgebirges (Catena me- 
tallifera) belegt werden, ausgezeichnet durch das Auftreten‘ 
älterer sedimentärer Schichten (als im Toskanischen Hügellande 
und im Appennin erscheinen) und denselben untergeordneter 
Erzlagerstätten. Indem ich die höchst merkwürdigen geogno- 
stischen und petrographischen Verhältnisse Campiglias (nament- 
lich seine vielleicht einzig dastehenden Gänge von strahligem 
Augit mit Schwefelmetallen) der Fortsetzung dieser „Fragmente“ 
vorbehalte, sei hier nur noch eines Trachyts gedacht, welcher 
nebst anderen Trachytvarietäten jenes niedere Hügelland con- 
stituirt, welches im Westen, dem höheren, nackten Kalkgebirge 
vorgelagert, sich fast bis an’s Meer erstreckt und durch dich- 
tere Vegetation sich von jenem auf den ersten Blick unter- 
scheidet. 

Das Gestein ist von kleinkörnigem Gefüge; die meist we- 
niger als eine Linie grossen Gemengtheile liegen in einer 
dunklen, spärlichen Grundmasse. Durch diese fettglänzende, 


640 | | 


unter dem Mikroskope nicht auflösbare Grundmasse erhält das 
Gestein einige Aehnlichkeit mit Pechstein. 8 
Ausgeschieden sind folgende Mineralien: 


Sanidin von ‚weisser und graulichweisser Farbe, meist . 


klein, selten bis vier Linien gross. Neben diesem rechtwinklig 
spaltbaren Feldspathe ist auch in kaum geringerer Menge 
ein gestreifter vorhanden, sogenannter Oligoklas, welchen man 
nur durch die Zwillingsstreifung von jenem unterscheiden kann. 

Quarz, in meist kleinen (nur selten bis eine Linie grossen) 
Dihexa&dern mit gerundeten Kanten, im Inneren häufig zerklüftet, 
an der Oberfläche mit einer matt weissen Hülle bedeckt. 

Glimmer von dunkelbrauner Farbe, in scharfbegrenzten, 
 sechsseitigen Blättchen, welche in allen Richtungen liegen, so 
dass man im Schliffe zuweilen nadelförmige Krystalle zu sehen 
glaubt. Weder Augit, noch Hornblende scheint vorhanden zu 
sein. Wohl aber wird wenig Magneteisen aus dem grobge- 
pulverten Gesteine durch den Magneten ausgezogen. Der in- 
teressanteste Gemengtheil des Gesteins ist 

Cordierit, bisher in vulkanischen Gesteinen noch nicht 
bekannt. Von schönster violblauer Farbe, pleochroitisch, in 
zahlreichen kleineren, wenigen grossen (bis 3 Linien) Krystallen 
der Grundmasse eingemengt, begrenzt von einem zwölfseitigen 
Prisma, der Combination zweier rhombischer Prismen, von 
denen das eine in der vorderen Kante 119° 10’, das andere 
59° 10° (nach Des Croizeaux’s Winkeln) misst, nebst Quer- 
und Längsfläche. In der Endigung erscheint nur die Basis. 
Die Oberfläche dieser Krystalle ist matt und erlaubt keine 
genaue Messungen. 

Specifisches Gewicht des Trachyts von Campieiis 
— 2,478 (bei 20 C.). Meine Analyse ergab folgende Zusam- 


. mensetzung: 


= Sauerstoff. 

Kieselsäure . 70,64 37,67 
Thonerde . 14,11 6,59 
Eisenoxydul . 2,86 2 0,63 
Kalkerde . 2,02 0,58 
Magnesia . 0,72 0,29 
Kali. 232255295 0,50 
Natron . . 4,67 1,20 
Glühverlust . 2,30 

100527. 


Sauerstoffquotient = 0,260. 


e 641 


Inhaltsverzeichniss. 
I. Rom und die Römische Campagna. 


Einleitung und geographische Uebersicht . 


Literatur (Broccar, v. Buca, Parerto, Poxzi) . . .» 2» 2... 
Blaugrauer Thon und gelber Mergelsand. . . 

ERLERNEN DEE ee  EIRIE 
Vulkanischer Tuff. . . SENSOR. Fe 


Sand und Geschiebe der ke 

Travertin (Rusconı’s Funde im Travertin des Piano ai Tivoli) . 
Veränderungen des Stadtgebiets in historischer Zeit. . . 
Eruption von Lagopuzzo, 28. October 1856. . . .. .» 


II. Das Albaner-Gebirge. 


Ansichten und geographischer Ueberblick 

Der grosse peripherische Ringwall . - 

Der centrale Kraterkegel, Campo di kan 

EEE ee 

Der See von Nemi 

Die Valleriecia, Laghetto 3 

Lava Sperone und Schlackentuffe 

Leueitophyr (Wollastonit, Phillipsit), Tarastrane von Mole von 
Ciampino, von Capo di Bove, von Acquacetosa etc. 

TaiyaBanke und Lavapanpe — „— . one. ae se, 

Peperin, Einschlüsse desselben NA, EBEN. 

Kalksteinstücke und deren chemische ee 

Augit . 


Fe De an en ne 
Mablih.. ..:. . ee ER Te 
Haüyn; Berzelin ist weisser Hana 

Sodalith Sum 

Andere a im Pin > 

Lagerung des Peperins . . sc 


Anmerkung, betreffend die Mittheilungen de are Dr. Be Eee 
die Albanischen und Vesuvischen Laven 


III. Die Gegend von Bracciano und Viterbo, 


Allgemeine Charakterisirung des nordrömischen Vulkangebiets 

Der See von Braceiano. . . . Seen en 

Geognostische Bildung seiner ee a < Sn 

Sanidin-Leucitophyr, Vergleichung mit den Ve Dr von 
La Scala En 


Trachyt 2 
Die Krater von Mia, en Baccano, Sans - 
Krater und Lavastrom von Monterosi. . . . . 


Das Ringgebirge Vico mit dem Monte Venere. 
Phonolithischer Trachyt des Ciminischen Gebirges . 
Leucit- Tuf und Lava ... : 


+ 


642 


IV. Das Bergland von Tolfa. 
Geographische Uebersicht  . . ... Li Eu ee 
Geognostische Zusammensetzung . 2 2 or no 22.589 
Erzlagerstätten. . . 2 00.0392 


Sanidin - Oligoklas- rat. di ET. Trachyt 2 dl 
Alaunstein - Lagerstätten, Vergleichung derselben mit den Vorkomm- 

nissen der Solfatare bei Pozzuoli und der Insel Mio . . . 598 
Bedingungen der Alaunstein-Bildung. . . :. . 2» 2 2 2.604 
‚Darstellung des Alauns aus dem Alaunsteine -. . . 2. 2.2...606 


V. Monte di Cuma, Ischia, Pianura. 


Der Sodalith- Trachyt des Monte di Cuma. . . . 9607 
Aufgewachsene Olivin-Krystalle von re Ausbildung . 609 
Chemische Mischung dieses Trachyts . . . 610 
Horrmann’s Angabe von Leucitophyr - Banken am Aa See 
konnte nicht bestätigt werden. . . . 042 


Trachyt von Monte Olibano bei Pozzuoli A seine oe tt 
Ischia, das Trachyt-Eiland, beweist den Zusammenhang der vulka- 


nischen Erscheinungen '-. 2 u... 0.0 ae 
. Sodalith-Trachyt von ee Chemische Untersuchung zweier 

Varietäten... a ee ee A 57} 
Der Lavastrom dell’ RE ER .. 625 


Monte Tabor;; neugebildete Silikate in einem RL, Trachyt . 628 
en SCACCH!s über an durch Sublimation 630 


Der Piperno . . ER 

Die a rain Koysealle (Marialith) - in en en BE 

Anhang. Quarzführender Trachyt mit Cordierit von DE 
TNARUITRAN EN re ee Be ee are SR 


Erklärung der Tafeln. 


Tafel X. Fig. 1. Wollastonit, einfacher Kıystall. Fig. 2. Wollastonit, 
Zwilling, s. S. 528, vom Hügel Capo di Bove bei Se Fig. 3. Phillipsit, 
Doppelzwilling mit ausgedehnten Prismenflächen. Fig. 4. Phillipsit, Doppel- 
zwilling mit verkürzten Prismenflächen, s. $. 530, von Tre Fontane bei 
Rom. Fig. 5 und 5a. Augit in Auswürflingen von Albano, s. S. 549. 
Fig. 6. Glimmer von Albano, s. S.943. Fig. 7. Melilith, Albano, s. 8.944. 
Fig. 8. Weisser Haüyn, sogenannter Berzelin, mit rinnenartig vertieften 
Kanten, Albano. Fig. 9. Weisser Haüyn, sogenannter Berzelin, Zwilling, 
Albano, s. S. 546. Fig. 10. Sodalith, Zwilling, Albano, Cuma, Scarru- 
pata (Ischia), s. S. 550, 609, 620. Fig. 11. Alaunstein, Grube Castel- 
lina bei Tolfa, s. S. 599. Fig. 12 und 12a. Olivin, tafelförmig durch 
Vorherrschen der Längsfläche, Cuma, s. S. 609. Fig. 13. Mizzonitähn- 
liches Mineral, Marialith, aus dem Piperno von Pianura, Neapel, s. S. 659. 

Tafel XI. Ansichten des Albaner-Gebirges. Die beiden oberen 
Ansichten (des Centralkraters und des Monte Cavo) sind ausgeführt nach 
älteren Handzeichnungen SARTORIUS VON WALTERSHAUSEN’s, welche sich im 
Besitze Ponzı’s befinden. — Die drei unteren Ansichten der Tafel wur- 
den nach Skizzen Ponzı’s gezeichnet. 

Tafel XII. Karte des Römischen Gebietes, Maassstab 1 : 210,000. 


643 


6. Vorläufige Mittheilung über die typischen Verschie- 
denheiten im Bau der Vulkane und über deren 
Ursache. 


Von Herrn v. Sersacn ın Göttingen. 


Die bisherige Eintheilung der Vulkane und vulkanischen Er- 
scheinungen überhaupt, wie sie noch A. v. HUMBOLDT im vierten 
Bande des Kosmos giebt, beruht auf der Hypothese der vulkani- 
schen Erhebungen und der L. v. BucH’schen Erhebungskratere. 
Dass es aber dergleichen nicht giebt, haben schon früher Consr. 
PREVOST, VIRLET, P. ScroPpe und Sir CHARLES LYELL, in Deutsch- 
land besonders Horrmann gezeigt. Alle jüngeren Geologen, 
die sich mit dem Studium der Vulkane beschäftigt haben, schei- 
nen diese Theorie jetzt vollkommen aufgegeben zu haben, Har- 
TUNG, HOoCHSTETTER, Reıss, K. v. Fritsch und auch ich selbst 
haben nirgends Erhebungskratere auffinden können. Die letzte 
Stütze der Erhebungstheorie, die Kaymeni-Inseln im Golfe von 
Santorin, ist ebenfalls geschwunden, seitdem auch in ihnen bloss 
die Resultate massiger Lavaausbrüche erkannt worden sind. 
Dabei hat sich zugleich die v. Humsotpor'’sche Definition für den 
Begriff Vulkan als zu eng erwiesen, indem hier keineswegs 
eine dauernde Verbindung zwischen dem Erdinneren und dem 
Luftkreise existirt. Dies Merkmal scheint in der That einer 
ganzen Kategorie von Vulkanen zu fehlen. 

Eine wirklich allseitig entsprechende Definition für den 
Begriff Vulkan können wir zur Stunde noch nicht geben, eben 
weil unsere Einsicht in das Wesen derselben noch nicht ab- 
geschlossen ist. Die Schwierigkeit, einen Vulkan gegen den 
anderen abzugrenzen, ist besonders gross in den Phlegraeischen 
Feldern, auf den atlantischen Inseln, in gewissen Krater-Quer- 
reihen in Central- Amerika und Java und bei den Explosions- 
krateren ; hier werden noch lange die Meinungen auseinander- 
gehen, wie weit man den Begriff Vulkan ausdehnen solle. Am 
einfachsten und zweckdienlichsten erscheint es immer noch, 


644 


als Vulkan jeden Berg zu bezeichnen, der aus Gesteinen be- 
steht, die an Ort und Stelle aus feurigem Fluss erstarrt sind 
und der in seinen Structurverhältnissen durch radiale oder 
concentrische Anordnung der Massen sich auf eine mehr oder 
minder vertikale Axe beziehen lässt. Man umgeht hierbei die 
Nothwendigkeit eines dauernd geöffneten Hauptschlundes und. 
schliesst gleichzeitig alle parasitischen Seitenkratere als unselbst- 
ständig aus. ; 

In einem früheren Aufsatze über den Vulkan Izalco (Nach- 
richten d. Königl. Gesellsch. der Wissensch. z. Göttingen, 1865, 
S. 521) habe ich zu zeigen versucht, dass die Vulkane ent- 
weder ausser einem centralen Hauptschlunde noch zahlreiche 
radial stehende Nebenkratere, oder nur einen Hauptschlund 
ohne dergleichen besitzen. Ich habe die ersteren nach dem 
Vorgange von SARTORIUS v. WALTERSHAUSEN, aber vielleicht nicht 
ganz glücklich, als Central-Vulkane und die zweiten, die 
sich in engstehende Reihen zu ordnen pflegen, als Reihen- 
Vulkane bezeichnet. Zu meinem Erstaunen sind mir gegen 
die Existenz dieser letzteren öfters Zweifel geäussert worden, 
allein wie in Java, so sind in Amerika die ganglosen Reihen- 
Vulkane ohne Seitenausbrüche trotz ihrer oft so gewaltigen 
relativen Höhe nicht nur sicher vorhanden, sondern auch fast 
ausschliesslich entwickelt. Dass indessen auch diese Trennung 
keine absolute sein kann, wird wohl jeder einsehen; es giebt 
eben auch hier Ausnahmen und allmälige Uebergänge. 

Bei meinem Aufenthalte in Santorin im vergangenen Früh- 
Jahre habe ich mich indessen überzeugt, dass diese beiden Typen 
wieder nur Modalitäten eines gemeinsamen Haupttypus sind, 
der zwar die Mehrheit der gewöhnlich sogenannten Vulkane 
repräsentirt, aber nicht allein steht. Beide zeigen nämlich einen 
Wechsel von gewöhnlich nicht sehr mächtigen Schichten von 
ausgeflossenem und ausgeworfenem Materiale. Sie sind beide 
geschichtete Vulkane (Strato-Vulkane). Ihnen stehen die vul- 
kanischen Berge gegenüber, bei denen die Auswürflinge ganz 
oder fast ganz fehlen. Sie entstehen durch Massen - Ausbrüche 
zähflüssiger Laven. Hierher gehören 'z. B. die, welche Har- 
TunG von den Azoren beschrieben, und die Kaymeni-Inseln bei 
Santorin. Bald verdanken diese Hügel nur einem einmaligen 
Ausbruche ihre Entstehung, bald werden die vorhandenen von 
neuen Ausbrüchen überdeckt. Sie zeigen entweder gar keinen 


645 


Krater, oder doch nur sehr kleine von sehr oberflächlicher Be- 
deutung. So entstehen Kegel von fast gleichartiger petrogra- 
phischer Beschaffenheit ohne jeden oder doch ohne jeden dauern- 
den Krater und Schornstein. Es sind dies homogene Dom- 
"Vulkane. Ihre Entstehungsweise war in der Neubildung zu 
Santorin trefllich zu studiren, und ihre Analogie und innige 
Verwandtschaft mit den Trachyt- und Basalt-Domen und Kup- 
pen war unverkennbar in den gleichartig gebildeten älteren 
Kaymenis ausgeprägt. Sie führen hinüber zu den älteren Eruptiv- 
massen bei denen die Auswürflinge ebenfalls fehlen oder doch 
fast fehlen und keine Schichtung vorhanden ist. 

Alle diese drei Typen setzen eine Ooncentrirung der vul- 
kanischen Eruptionen auf oder um einen Punkt während län- 
gerer Zeit voraus. Es giebt nun aber auch Fälle, wo dies nicht 
der Fall zu sein scheint, wie auf Madeira, den Canaren und 
Azoren und an anderen Punkten mehr; ob hier noch ein be- 
sonderer Typus vorliegt, oder wie die Verhältnisse im Einzelnen 
sich gestalten, vermag ich nicht anzugeben, da ich keinen der- 
artigen Platz aus Autopsie kenne. 

Alsdann ist noch zu berücksichtigen, dass ein Vulkan 
während einer Zeit seit seiner Existenz zu dem einen und dann 
zu dem anderen Typus gehören kann. Santorin war anfänglich 
ein ‚geschichteter Vulkan, fast ohne Nebenspalten. Rocca Mon- 
fina lıefert ein analoges Beispiel. Derartige Vulkane verdienen 
den Namen „gemischte Vulkane“. ” 

Die Ursache dieser verschiedenen Vulkan - Typen ist leicht 
einzusehen. Homogene Dom- Vulkane können nur bei sehr 
strengflüssigen, ihrem Erstarrungspunkte nahen Laven vorkom- 
men. Es lag nahe, zu vermuthen, dass die geschichteten Vul- 
kane leicht und dunnflüssig sein würden, und unter ihnen ver- 
langten wieder die Centralvulkane für die Ausfüllung der Gang- 
spalten eine besonders dunnflüussige Lava. Das Experiment 
hat dies bestätigt. In den Schmelzversuchen, die ich begon- 
nen, und die noch weiter fortgesetzt werden sollen, zeigten sich 
durchweg die Gesteine der Dom-Vulkane schwerer schmelz- 
bar als die der geschichteten Vulkane, und unter diesen waren 

wieder die Felsarten der Reihen-Vulkane schwerer schmelzbar 
_ als die der Centralvulkane, die bei einer Hitze, bei der Nickel 
eben an den Rändern zu erweichen anfing, schon völlig flüssig 


646 


waren. Der specifieirte Nachweis dieser Thatsache soll später 
noch anderorts geliefert werden. 

Ausser der Lava kommen aber bei jedem Vulkane ar 
bei jedem vulkanischen Paroxysmus auch noch die entwei- 
chenden Gase in Betracht. Es ist für uns ganz gleichgültig, 
ob diese Dämpfe die Lava erzeugen oder von der Lava erzeugt 
werden, wie mir am wahrscheinlichsten ist, oder ob beide 
unabhängig von einander sind. Auch ob die Gase die eigent- 
liche motorische Ursache der Eruption seien oder nicht, wie 
Manche neuerdings wollen, kommt hier nicht in Frage, genug, 
die Gase sammeln sich in oder unter Lava an und entweichen, 
sobald ihre Spannung grösser ist als der Druck, der auf’ ihnen 
lastet. / 

Bei den homogenen Dom-Vulkanen muss die so. ausser- 
ordentlich zähe Lava dem Dnrchbruche der Gase einen ganz 
ungeheueren Widerstand entgegensetzen, und dem entsprechend 
zeigen sich hier auch verschwindend wenig Auswürflinge, die 
in einzelnen gewaltigen Explosionen ausgeworfen wurden, aber 
nie eigene Schichten bilden können. Der Intensität der aus- 
werienden Kraft entsprechend sind die Massen auch von ganz 
ungeheueren Dimensionen und erinnern kaum an die gleichartig 
gebildete Asche. Eine Eigenthümlichkeit der geschichteten 
Vulkantypen liegt auch darin, dass bei den Reihenvulkanen 
die losen Materialien die festen und geschlossenen weit über- 
wiegen. Ich habe dies früher durch Lavaarmuth oder, wie ich 
es auch hätte ausdrucken können, Gasreichthum zu erklären 
versucht. Wenn man indess bedenkt, dass die Lava: der Rei- 
henvulkane von mittlerer Flüssigkeit (Schmelzpunkt) ist, so 
werden hier die Gase zwar stets durchbrechen, sie werden aber 
immer noch eine bedeutende Spannung vorher erreichen müssen 
und werden so ebensowohl Material von ihrem Schornsteine mit 
losreissen, als auch Partieen der glühenden Lava mit fortschleu- 
dern. Dies vorherrschend lose Material und die verhältniss- 
mässig geringe Flussigkeit verhindern. beide gleichzeitig die 
Bildung seitlicher Parasitenkegel. Der Schornstein kann in 
Folge längerer Ruhe völlig verstopfen, und der Vulkan bricht 
sich dann eine ganz neue Oeffnung. 

Bei den Centralvulkanen scheinen die Gase eh; nur eine 
weit geringere Spannung zu erreichen, sondern die Lava ist 
wohl oft so dünnflüssig, dass sie völlig zerstiebt und nur we- 


647 


/ 


nig aus dem Kraterschlunde herauskommt. Die dünnflüssige 
Lava und die vorherrschend aus festen Lavabänken bestehen- 
‚den Wände begünstigen hier die Bildung von Gängen und la- 
teralen Eruptionen. Der Hauptschlund wird hier auch nach 
langen Pausen wieder geöffnet. 

Die ganze Vergleichung des Schmelzpunktes und desFlussig- 
keitsgrades bei einer gegebenen Temperatur setzt natürlich die 
Hypothese voraus, dass die verschiedenartigen Laven ursprüng- 
lich einen nahezu gleichen Hitzgrad besessen haben. Einzelne 
Ausnahmen sollen natürlich nicht in Abrede gestellt werden, 
allein sowohl eine Reihe aprioristischer Speculationen, als auch 
eine grosse Anzahl von positiven Thatsachen machen diese 
einfache Voraussetzung sehr wahrscheinlich, wie ich hoffe noch 
ausführlich darthun zu können. 

Die Ursache der verschiedenen Schmelzbarkeit liegt offen- 
bar in der verschiedenen chemischen Zusammensetzung des 
ursprünglichen, glühendflussigen Breies.. Eine rationelle Formel, 
welche diese Beziehung erkennen liesse, ist leider unmöglich, 
da uns hier bekanntlich die Physik völlig im Stiche lässt. Da 
wir jedoch die Gläser als schnell erkaltete Laven ansehen 
können, so dürfen wir uns die empirisch gefundenen Sätze der 
Glasfabrikanten zu Nutze machen und mit den Erfahrungen 
aus den gemachten Schmelzversuchen verbinden. Dabei ergiebt 
sich denn, dass eine Zunahme an alkalischen Erden ebenso- 
wohl, als an Kieselsäure den Schmelzpunkt erhöht, eine Zu- 
nahme dagegen an Alkalimetall (und Thonerde?) ihn erniedrigt. 
Doch sind hierüber noch weitere methodisch gruppirte und 
sehr zahlreiche Schmelzversuche nothwendig, nur so viel ist 
offenbar, dass eine sehr basische Lava eben so schwer und 
schwerer schmelzbar sein kann als eine sehr saure, wenn in 
ihren basischen Bestandtheilen nur recht viel alkalische Erden 
sich vorfinden. 

Als allgemeinste geologische Thatsache würde sich auch 
bei dieser Betrachtung ergeben, dass die recenten Vulkane vor- 
herrschend eine leichter flüssige Lava und eine beträchtliche 
Einwirkung der Gase zeigen, während die tertiären und älteren 
Eruptivmassen zähflüssiger waren und wenig oder gar keinen 
Einfluss von Wasserdampf und anderen Gasen erkennen lassen. 


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Zıeitschrift 


der 


Deutschen geologischen Gesellschaft. 
4. Heft (August, September u. October 1866). 


A. Verhandlungen der Gesellschaft. 


l. Protokoll der August - Sıtzung. 


Verhandelt Berlin, den 1. August 1866. 


Vorsitzender: Herr RANMELSBERG. 

Das Protokoll der Juli- Sitzung wurde verlesen und ge- 
nehmigt. 

Für die Bibliothek sind im Austausch eingegangen: 

Jahrbuch der kais. königl. geologischen Reichsanstalt. 
Jahrg. 1866. Bd. XVI. N. 2. Wien. 

Bulletin de Pacademie imperiale des sciences de St.-Peters- 
bourg. Tome IX. N. 1—4. 

Memoires de l’academie imperiale des sciences de St.- Peters- 
bourg. Tome IX. N. 1—T7. — Tome X. N. 1, 2. 

Memoirs of the geological survey of India. Vol. IV, part 3, 
Vol. V, part 1. Calcutta. 1865. 

Memoirs of the geological survey of India. Palaeontologia In- 
dica. III. 6—9. IV. 1. Calcutta. 1865. 

Annual report of the geologicat survey of India and of the 
Museum of Geology. Ninth year. 18. Caleutta. 1865. 

Catalogue of the specimens of meteoric stones and meteoric 
irons in the Museum of the geological survey. Calcutta. 1869. 

Catalogue of the organic remains belonging to the Echino- 
dermata in the Museum of the geological survey of India. Cal- 
cutta. 1865. 

Der Vorsitzende gab der Gesellschaft Kenntniss von dem 
Inhalte eines Briefes des Herrn TrasensLer in Lüttich, in 
welchem derselbe die Gesellschaft aufgefordert hatte, zu der 
am 17. Juli d. J. stattfindenden feierlichen Enthüllung der 

Zeits. d.d. geol. Ges. XVII. 4. 42 


650 


[2 


Statue Dumonrt’s in Lüttich eines ihrer Mitglieder zu delegiren. 
Der Vorsitzende theilte ferner mit, dass in Folge eines Vor- 
standsbeschlusses Herr v. DECHEN ersucht worden sei, die Ge- 
sellschaft bei dieser Feier zu vertreten, und dass derselbe sich 
hierzu bereit erklärt habe. 

Herr A. SınkBecKk legte Gesteinsstücke vor, welche von 
dem Africa- Reisenden Herrn Dr. STEUDNER gesammelt und an 
das hiesige königl. mineral. Museum geschickt worden sind. 
Redner knüpft daran eine kurze Uebersicht der geographischen 
Verhältnisse eines Theiles der durchreisten Landstriche mit 
besonderer Bezugnahme auf die vielfachen geognostischen Be- 
obachtungen, welehe sich in Steupxer’s Reiseberichten finden. 
Diese Berichte sind in einer Reihe von Heften der Zeitschrift 
für allgemeine Erdkunde veröffentlicht. Der geographische 
Umfang dieser geognostischen Skizze war bedingt durch den 
Umfang der speciellen Karten, welche in Prrermann’s Mitthei- 
lungen, Ergänzungsband III. 1863 und 1864, vorliegen.’ Diese 
Karten lassen die Route von Massowa nach Keren und von 
da nach Adoa und Axum verfolgen. 

Zwischen dem Küstengebirge, welches ungefähr pärallel 
der Küste des rothen Meeres sich hinzieht, und dem Meere 
liegt in dem Striche von Massowa bis zu dem Flusse Lebka 
ein 6— 7 Meilen breites Gebiet. Dasselbe soll Alluvium sein, 
und zwar’ Meeressand, in welchem hier und da Gyps oder 
Mergel zu Tage tritt. An Einförmigkeit verliert dieses Gebiet 
durch das Auftreten vulkanischer Berge; so tritt bei Mai-Ualid 
säulenformig abgesonderter Basalt auf, und die herumliegenden 
Hügel sind nach STEUDNER auch vulkanischen Ursprungs, ebenso 
wie der weiter nördlich liegende Berg Göneb. 

Dieses Gebiet durchreiste STEUDNER quer von Massowa 
aus bis zu der Stelle, wo der Lebka aus dem Küstengebirge 
heraustritt. Von hier an folgte er dem Laufe des Lebka auf- 
_ wärts, das ganze Ainthal durchreisend bis zu seiner Quelle, 
Dann trat er über in. das Flussgebiet der Anseba und reiste 
nach Keren, von da nach Zarega, in dessen Nähe die Quellen 
des Anseba liegen. Dieses ganze Gebirge hat eine sehr ein- 
förmige geognostische Beschaffenheit, indem es theils aus Granit, 
theils aus krystallinischen Schiefern besteht. 

Der Granit tritt in der Umgegend von Keren auf, und 
zwar in zwei Abänderungen, mit weissem und mit rothem Feld- 


i 651 


spathe. Ersterer giebt dem Zad’ambe (weisser Berg) seinen 
Namen, letzterer bildet die Berge in den nächsten Umgebungen 
von Keren. Der 6000 Fuss hohe Debre Sina besteht auch 
aus Granit. In diesem Granit-Gebiete hat Steupner Platten 
von Kaliglimmer gesammelt, welche nach zwei Richtungen ge- 
streift sind, und zwar schneiden sich die Streifen unter einem 
Winkel von 57°. Ferner finden sich in demselben sehr zier- 
liche Eindrucke von Leucito&dern, von welchen der Vortra- 
sende glaubt, dass sie von Granat herrühren. 

Der Glimmerschiefer steht in dem ganzen Ainthale 
an bis uber Mohaber hinaus. Dann tritt er wieder in der 
Nähe von Keren bei dem Dorfe Xabi- Mendel auf und zuletzt 
beiZarega. Von Zarega befindet sich ein Belegstück in STEUDNER’S 
Sammlung, welches jedoch Gneis ist. Das Gestein besteht aus 
einem weissen, nicht mehr frischen Feldspathe, einem grün- 
lichen Glimmer und Quarz, welcher letztere in abgerundeten 
Krystallen auftritt. Die Krystalle zeichnen sich durch den 
deutlich blättrigen Bruch aus und haben im Vergleich zu den 
anderen Gemengtheilen eine bedeutende Grösse. 

Südlich von Zarega ist die Wasserscheide des Quellge- 
bietes des Anseba und des Mareb, welche auch von geognos- 
tischer Wichtigkeit ist, weil hier das krystallinische Gebirge 
aufhört zu Tage zu stehen und von vulkanischen Gesteinen be- 
deckt ist. 

Dieses Gebiet vulkanischen Ursprungs erstreckt sich von 
dieser Wasserscheide bis zu der Stelle, wo der Mareb sich in 
einem grossen Bogen nach Westen biegt, an welcher Stelle 
ihn auch STEUDNER überschritten hat. Von Gesteinen erwähnt 
er auf diesem (sebiete Basalt, Leucitophyr und Trachyt; ausser- 
dem fuhrt er an, dass der Az Schemer, ein etwas westlich 
von seiner Route gelegener Berg, ein erloschener Eruptions- 
Kegel sei. Dieses vulkanische Gebiet beginnt an den Quellen 
des Mareb mit dem sogenannten rothen Plateau, welches 
von dem Thoneisenstein, welcher es bildet, seinen Namen hat. 
Trotz des vulkanischen Ursprungs ist nach STEUDNER horizon- 
tale Schichtung vorhanden, was er auf die Weise erklärt, dass 
secundäre Bildungen vorliegen, deren ursprüngliches Material 
Trachyte, Leucitophyre etc. waren. Eine klare Vorstellung 
liess sich nach STEUDNER’s Angaben von dieser Formation nicht 
erlangen, besonders da sich keine Proben des sogenannten 


42* 


652 


Thoneisensteins in seiner Sammlung vorfinden. Der Verbrei- 
tungsbezirk dieser Bildungen ist ein sehr bedeutender; zwischen 
Adoa und Axum liegt auch ein solches rothes Plateau und er- 
streckt sich noch über Axum hinaus. Derartige Plateaus 
sollen überhaupt im ganzen südlichen Tigre auftreten. Die 
Thoneisensteine, deren Mächtigkeit nicht angegeben wird, ru- 
hen direct auf krystallinischen Schiefern. Auf diesen Plateaus 
finden sich häufig Achat- und Chalcedonkugeln, über deren 
Vorkommen, ob im anstehenden Gestein oder unter Geröll, 
nichts erwähnt wird. 

Hinter Gundet treten der Granit und die krystallinischen 
Schiefer wieder hervor und in den nächsten Umgebungen von 
Adoa steht Thonschiefer an. 

Ferner legte der Redner einige tertiäre Muscheln vor, 
welche Herr Dr. STEUDNER wahrscheinlich in Aegypten gekauft 
hat. Dieselben sind ausgezeichnet durch Schwerspathkrystalle, 
welche zwischen den einzelnen Windungen liegen. Durch das 
Löthrohr war bei diesen Krystallen ein Gehalt an Strontian 
zu erkennen, welches schon nach den gemessenen Winkeln zu 
vermuthen war. Die Winkel liegen nämlich zwischen denen des 
Schwerspaths und des Coelestins. Bei den Krystallen sind vor- 
wiegend ausgebildet die Flächen o(wa:b:c); in derselben 
Zone liegt noch k (x a: wb;c), und die Endigung bilden die 
Flächen d(a: ©b:c), s(a:®05:»0c) und M (a: b:o0c). 

Hierauf ward die Sitzung geschlossen. 

v. w. 0. 


RAMMELSBERG. BEYRICH. Eck. 


653 


B. Briefliche Mittheilungen. 


li. Herr v. Hrımersen an Herrn G. Rose. 


29. Oct. - 
St. Petersburg, den gNov. 1806. 


Magister Schmipr hat das von Ostjaken angezeigte Mam- 
muth wirklich aufgefunden; es befand sich etwa 100 Werst 
westlich von Dudino, einem Dorfe am unteren Jenissei. Vom 
Cadaver war nichts mehr vorhanden, sogar das Skelett nicht 
mehr vollständig; es fanden sich jedoch noch Stücke der ver- 
rotteten Haut und einige Haare vor. Schuipr hat Alles sorg- 
fältig gesammelt. Bald nachdem diese Nachricht eingegangen 
war, erhielt ich einen vom 23. August aus Tschita (am Argun 
unweit Nertschinsk) von meinem Neffen PrrTer v. HELMERSEN 
datirten Brief mit der Anzeige, es hätten heftige Regengüsse 
bei der Festung Tschindan an der chinesischen Grenze an 
einem Flusschen zwei Mammuthskelette blosgelegt. Mein 
Brudersohn, Capitain im kaiserlichen Generalstabe, wollte so- 
gleich selbst nach Tschindan reisen, um zu sehen, wie man 
jene Skelette für unsere Sammlungen gewinnen könne. SCHMIDT 
ward von hier aus telegraphisch.von diesem Funde benachrich- 
tigt und erhielt Auftrag, auch hinzureisen, wenn Zeit und 
Geld es erlauben. Es scheinen doch diese Mammuthreste in 
Sibirien sehr häufig zu sein. Nach mehr oder minder gut er- 
haltenen COadavern dieser Thiere sollte man aber abgerichtete 
Hunde, wie nach Trüffeln, suchen lassen. Dafür kann man 
wohl bürgen, dass diese kolossalen Thiere einen hinlänglich 


starken Geruch verbreiten, selbst wenn sie noch von etwas 
Erde bedeckt sind. 


654 


2 Herr Wessky an Herrn G. Rosr. 


Breslau, den 15. December 1866. 


Herr Ober-Bergrath Runee in Breslau brachte neulich 
von einer Excursion nach Kupferberg einige Handstücke von 
den dortigen Erzgruben mit, die er mit dem Bemerken, dass 
an denselben lichtes Rothgültigerz und Xanthokon vorkommen, 
dem mineralogischen Museum der Universität überliess. 

Es sind Gangstücke, bestehend aus Braunspath von fast 
weisser Farbe, durchwachsen von chloritischen Schaalen; so- 
wohl in letzteren, als auch in Klüften des Braunspathes zeigen 
sich, wenn auch sparsam, doch sehr nett Krystallgruppen von 
liebtem Rothgültigerz, dünne sechsseitige Säulen mit spitzer 
skaleno@drischer Endigung, dazwischen kleine Partieen eines ähn- 
lichen Minerals von hoch orangefarbenem Striche. 

Die sehr kleinen und undeutlichen Krystalle, von denen 
dieses Strichpulver herrührt, und die Herr Rune» als Xanthokon 
bezeichnete, haben eine morgenrothe Farbe und unterscheiden 
sich deutlich von dem Rothgültigerze, dessen Färbung ihnen 
gegenüber eine Neigung in's Bläuliche erkennen lässt. Da Herr 
Rusee in der Zeit seines Aufenthalts in Freiberg Gelegenheit 
gefunden, einige Studien am Xanthokon zu machen, so trat 
ich nach einigen Widerreden dieser Ansicht bei, obgleich ich 
unter dem Mikroskope die Form. des Rittingerits gesehen zu 
haben glaubte, der ein ähnliches Strichpulver giebt. 

Inzwischen wurde die Frage zu beiderseitigen Gunsten 
entschieden ; ich erhielt namlich von dem Bergwerks - Director 
Herrn KLose in Kupferberg vor einigen Tagen einige Exem- 
plare derselben Erze, sowie genaue Nachrichten von dem Vor- 
kommen derselben. Hu 

Auf Anrathen der Werks-Genossen, welche die reichen 
Anbrüche von Silbererzen am Ende vorigen Jahrhunderts auf 
der Grube Friederike Juliane, von denen die Berliner Samm- 
lung so ausgezeichnete Exemplare besitzt, auf ein Kreuz des 
Alt-Adler-Ganges mit dem Silberfirsten-Gange zurückführten, hat 
man in 50 Lacht. Teufe des Neue-Adler-Schachtes begonnen, den 
Silberfirsten-Gang zu untersuchen, und ist auf obige Silbererze 
mit dem Auslenken gegen Südosten gestossen; sieht man von 
dem Mitvorkomwmen von Buntkupfererz ab, das dem Alt-Adler- 


655 


Gange angehört, so gleichen die nn Anbrüche sehr den 
bekannten älteren, obgleich beide Punkte noch etwa 100 Lacht. 
von einander entfernt sind. 

Die übersendeten Stufen bestehen gleichfalls wieder aus 
Braunspath in gross- und kleinkörnigen Aggregaten, stark 
perlmutterglänzend, ziemlich viel Magnesia, etwas Eisen und 
nicht unbedeutend Mangan haltend; der Braunspath ist theils 
mit chloritischen Schnuren, theils mit eckigen Brocken eines 
Gemenges von Arsenik- und Schwefelkies durchzogen, die einer 
älteren Bildungsperiode angehören und fast kein Silber enthalten. 

In Kluften des Braunspathes und der chloritischen Schnüre 
treten dunne Krusten von Kupferkies und Graueisenkies auf, 
die mit kleinen Krystallen von Rothgültigerz und Sprödglaserz 
besetzt sind, von denen das letztere sich oft in dunnen La- 
mellen in dem Braunspathe ausbreitet, sogenannte. „Tigererze* 
bildend; dazwischen sitzen — freilich ausserordentlich sparsam 
— sehr kleine Krystalle von zwei anderen, dem Rothgültigerz 
nahe stehenden Mineralien, an denen ich sowohl die Form 
des Xanthokons, als auch die des Rittingerits zweifellos er- 
kannt habe, beide durch Färbung verschieden. 

Die von mir als Rittingerit in Anspruch genommenen Kry- 
stalle haben genau die von ScHABUS beschriebene Form spitz- 
winkliger rhombischer Tafeln, gerandet durch mehrere pa- 
rallelkantige augitische Paare; die durch die Tafeln gesehene 
Färbung ist ein bräunliches Gelb, das durch die Säulenflächen 
hindurch fallende Licht bräunlichroth, ähnlich rother Zinkblende. 

‘Die für Xanthokon zu haltenden Krystalle sind sechssei- 
tige, etwas blättrige Tafeln von morgenrother Farbe, gerandet 
durch die Flächen eines spitzen Rhomboöders. 

Der Farben-Unterschied tritt am deutlichsten in den Im- 
prägnationen auf der Unterlage des fast weissen Braunspathes 
‘ hervor, wo die von dem Rittingerit herruhrende Farbe ein mit 
Schwarz gemischtes Gelb, die vom Xanthokon herrührende 
Farbe ein blasses Orange ist. 

Eine chemische Prüfung der beiden fraglichen Minerale hat 
bei der geringen Menge der zur Verfügung stehenden Substanz 
allerdings noch nicht stattgefunden; ich glaube aber bereits 
aus den Krystallformen auf die genannten Species schliessen 
zu können; hoffentlich wiederholt sich das Vorkommen, so 
dass auch von jener Seite her Gewissheit verschafft werden kann. 


656 


3. Herr v. Unser an Herrn Beyrıch. 


Seesen, den 15. Januar 1867. 


Es ist mir die Auffindung eines, wie ich glaube, bisher 
unbekannt gewesenen Aufschlusspunktes für den’ Septarienthon 
in hiesiger Gegend vergönnt worden. Als ich im verwichenen 
Herbste die nahe bei dem Dorfe Klein Freden — Station an 
der Hannover - Göttinger Eisenbahn — mir seit lange bekannt 
gewesenen Fundstellen für oberoligocäne Petrefacten nochmals 
besuchen wollte, fand ich sie nicht mehr vor; sie waren bei 
der vor einigen Jahren ausgeführten Separation auf betreffen- 
der Feldmark eingeebnet und mit Ackerkrume überdeckt. 
Meine Bemühung, dort neue Aufschlüsse aufzufinden, blieb 
ohne Erfolg, indessen traf ich auf eine nahe bei der dortigen 
Ziegelei belegene, vor etwa zwei Jahren angelegte Thongrube. 
Wie am Ausgehenden der Thonschicht sehr deutlich zu be- 
obachten ist, ruht sie unmitttelbar auf Muschelkalk , der nach 
Westsüdwest mit etwa 25 bis 30 Grad einfällt. Versteinerun- 
gen vermochte ich in der Thongrube nicht aufzufinden, wohl 
aber enthielt der Schlämmrückstand der mitgenommenen Thon- 
probe eine grosse Menge Foraminiferen, die sie als unzweifel- 
felhaften Septarienthon erkennen liessen, als: 

Haplophragmium placenta Reuss. 
Gaudryina siphonella Reuss. 
- chilostoma REuss. 
Quinqueloculina impressa REUSss. 
Lagena vulgaris P. et Jon. 
- Isabella d’OR». 
- tenuis Born. 

-  apiculata Reuss. 

-  striata d’ORB. 

- gracilicosta REUSS. 
Fissurina alata Reuss. 
Nodosaria bactrydium BEuss. 

- Ludwigi Reüss. 

- Ewaldi Reuss. 

- exilis NEUGEB. 

- capitata BOLL. 

- soluta Reuss. 


657 


Nodosaria conspurcata REUSS. 


indifferens REuss. 
elegans d’ORB. 
pygmaea NEUGER. 
consobrina d’ORB. 
calomorpha ReEuss. 
laxa Reuss. 
vermiculum ReEuss. 
inornata d’ORB. 
spinescens REUss. 
cf. Adolphina d’Ore. 
cf. Böttcheri Russ. 


Glandulina laevigata d’ORB. 


Cristellaria 


globulus Russ. 
rotundata Russ. 
depauperata Russ. 
simplexz d’Ore. 
deformis Reuss. 
paucisepta REuss. 
brachyspira REUSss. 
concinna REuss, 
arcuata d’OR®. 
Böttcheri Reuss. 
nitidissima REuss. 
dimorpha ReEuss. 
Gerlachi REuss. 
inornata d’ORB. 
Beyrichi Born. 
Hauerina d’Ore. 
tumida REuss. 
subangulata Russ. 
cassides REUSS. 
simplicissima Rauss. 


Pullenia bulloides d’Or». 


compressiuscula REUSS. 


Uvigerina gracilis Reuss. 
Polymorphina inflata Reuss. 


amplectens REUSs. 


amygdaloides REUSss. 


acuta Reuss. 


658 


Polymorphina minuta ROEMER. 
.- problema d’OR». 
- semiplana ReEuss. 
- lanceolata Reuss. 
- turgida Reuss. 
Sphaeroidina variabilis REuss. 
Chilostomella cylindroides Russ. 
Allomorphina triloba Russ. 
Bolivina Beyrichi Russ. 
Textilaria carinata d’OR». 
- pectinata Russ. 
- cognata Rruss. 
Truncatulina communis ROEMER. 
- Weinkauffi Reuss. 
- Dutemplei d’OR». 
- Ungerana d’OR». 
- lucida Reuss. 
- cf. Aknerana d’OrB. 
- cf. tenella Reuss. 
Pulvinulina umbonata Russ. 
Rotalia Girardana REuss. 
- hulimoides REuss. 
- cf. Haidingeri d’ORB. 
Nonionina affinis REuss. 


Zu dem Vorstehenden erlaube ich mir noch zu bemerken, 
dass jene Thonschicht eine nicht geringe Mächtigkeit besitzt, 
da das bei der Grube befindlich gewesene, 30 Fuss tiefe Bohr- 


loch den Thon noch nicht durchsunken hat. 


Die jetzt nicht 
mehr vorhandenen Aufschlüsse im dortigen Öberoligocän be- 
finden sich von der Thongrube nur einige hundert Schritte in 
östlicher und sudöstlicher Richtung entfernt, und ist daher hier 
ein Zusammenhang beider Tertiärschichten mehr als wahr- 


Wo jener Septarienthon in oder neben der Thon- 


grube zu beobachten ist, an seinem Ausgehenden nämlich, wird 
er von einer etwa 4 Fuss mächtigen Diluvialmasse überlagert. 


659 


(. Aufsätze 


1. Notiz über die Auffindung von Conchylien im mitt- 
leren Muschelkalke (der Anhydritgruppe v. Alb.) bei 
Rüdersdorf. 


Von Herrn Hkınrıcn Eck ın Berlin. 


In den Gesteinen des mittleren Muschelkalks, welche we- 
gen ihrer dolomitischen Zusammensetzung und der häufigen 
Vergesellschaftung der Dolomite und dolomitischen Kalksteine 
mit Anhydrit, Gyps und Steinsalz von Herrn v. ALBERTI mit 
Recht zu einer selbstständigen Abtheilung zusammengefasst und 
von den vorwiegend kalkigen Niederschlägen des unteren und 
oberen Muschelkalks getrennt wurden, sind organische Reste 
bisher nur an wenigen Localitäten aufgefunden worden. Ausser 
vereiuzelten Pflanzen- Fragmenten beschränken sich dieselben 
fast allein auf diejenigen Fisch- und Saurierreste, welche aus 
den „dolomitischen Saurierkalken“ des Rauthales bei Jena und 
zwischen Unter-Esperstädt und Schrapplau (vergl. ScHMip, 
über den Saurier- Kalk von Jena und Esperstädt, in LECNHARD 
und BRonN’s neuem Jahrb. für Mineralogie u. s. w., Jahrg. 1852, 
S. 911) beschrieben wurden, während Conchylien ausser der 
weiter unten zu erwähnenden Lingula tenuissima Br. aus den 
in Rede stehenden Gesteinen noch gar nicht bekannt gewor- 
den sind. \ & 

Die im Saurierkalke von Jena aufgefundenen organischen 
Reste sind nach den Angaben der Herren Schmp und SCHLEIDEN 
(Geognostische Verhältnisse des Saalthals bei Jena, Leipzig, 
1846), v. Meyer (Palaeontographica, Bd. I, 1851, S. 195) und 
Saurier des Muschelkalks, Frankfurt a. M. 18:2, S. 97, und 
Scamip (Fischzähne der Trias bei Jena, in Nov. aet. acad. 
Caes. Leop. Car. Germ. nat. eur., Bd. 29, 1862) folgende; 


660 


Pflanzen: Fragmente von Endolepis elegans SCHLEID., En- 
. dolepis vulgaris SCHLEID. | 

Fische: Kiefer- Fragment von Colobodus varius GIEB. (gleich 
Sphaerodus globatus Schm.), Schädel und Unterkiefer von Sau- 
richthys tenuirostris MUnsT., Unterkiefer von Saurichthys gracilis 
und procerus ScHm., Unterkiefer von Charitodon glabridens und 
granulosus ScHhm., die von Herrn v. Mxyer, Pal.I, t.31, f. 35 
— 41 abgebildeten Schuppen, eine wahrscheinlich aus dem 
Kiemendeckel- Apparat herrührende Platte und ein Hybodus- 
Flossenstachel. 

Saurier: Schädel von Nothosaurus clavatus sp. MrrY., ein 
Schnauzenende von derselben Species oder von Nothosaurus 
Münsteri Mer., nothosaurusartige Zähne, Wirbel, Rippen, Ha- 
kenschlüusselbeine, Schulterblätter, Schlüusselbeine, Schambeine, 
Sitzbeine, Darmbeine, Oberarme, Oberschenkel und andere 
Gliedmaassenknochen. \ | 

Aus den gleichen Schichten von Esperstädt ‘werden von 
den Herren Acassız (Recherches sur les poissons fossiles, 
Neuchätel, 1822, T. II, p. 105.), GieBEL (LEonHARrD und Bronn’s 
neues Jahrb. für Mineralogie u. s. w., Jahrg. 1848, S. 149 und 
Jahrg. 1849, S. 77) und v. MEYER (Palace Bd. I 
und Saurier des Muschelkalks, S. 105) erwähnt: 

Fische: Gaumenplatten von Colobodus varius GIEB., Schädel 
von Saurichthys tenuirostris MÜNsT., Unterkiefer von Saurichthys 
apicalis Ag., Unterkiefer von Charitodon Tschudü Mey., ein 
fraglich zu Pygopterus gestellter Unterkiefer, Amblypterus Agas- 
siziüi Münst. (fast vollständiger Fisch), Amblypterus ornatus (voll- 
ständiger Fisch) und latimanus GieB. (Kopf mit Brustflossen), 
Gyrolepis tenuistriatus und maximus Ag. (Schuppen), Zähne von 
Acrodus Gaillardoti Ac., Acrodus falsus GieB., Strophodus an- 
gustissimus AG., Strophodus ovalis GiEB., Hybodus plicatilis, Mou-- 
geoti und Flossenstachel von Hybodus major Ac. 

Saurier: Unterkiefer von Nothosaurus mirabilis MUNST., 
Schädel und Unterkiefer von Nothosaurus clavatus MerY., ein 
weiterer Schädel von nothosaurusartiger Bildung, Zähne von 
Placodus gigas A. und Placodus rostratus Münst., Wirbel, 
Rückenrippen, Bauchrippen, ein Hakenschlüsselbein, Darmbein, 
Sitzbein, Oberarme, Oberschenkel, Vorderarmknochen und 
Handwurzelknochen. 

Was sonst noch von organischen Resten aus Gesteinen des 


es 


661 


mittleren Muschelkalkes bekannt geworden ist, beschränkt sich 
auf eine fraglich »als Voltzia heterophylla bestimmte Voltzia, 
Reste von „Znerinus lilüformis“ (d. h. wohl nur Stielglieder 
vom Typus des E. lilüformis) und einen Zahn von Acrodus 
minimus Ag., welche von Herrn v. ALBERTI (in seinem Ueber- 
blick über die Trias, S. 301, 303 und 321) ohne nähere Fund- 
ortsangabe aus der Anhydritgruppe Süddeutschlands aufgeführt 
werden, und endlich auf die Lingula tenuissima Br., welche 
durch Herrn v. SEEBACH im mittleren Muschelkalke bei Göt- 
tingen (Zeitschr. d. deutsch. geol. Gesellsch., Bd. XIII, S. 657) 
und durch Herrn v. Könen in gleichem Niveau bei Rüdersdorf 
(Zeitschr. d. deutsch. geo). Gesellsch., Bd. XV, S. 649) auf- 
gefunden worden sind. 

Von um so grösserem Interesse war mir daher die Auf- 
findung mehrerer conchylienführender Schichten in den Gestei- 
nen des mittleren Muschelkalks bei Rudersdorf, wo dieselben 
neuerdings durch einen vom Schaumkalk an nach dem oberen 
Muschelkalke hin ausgeführten Einschnitt von der ersten bis 
zur letzten Schicht entblösst worden sind. 

Sie sind in einer Mächtigkeit von 177- Fuss entwickelt 
und bestehen aus wechsellagernden Schichtengruppen von gel- 
bem dolomitischem Kalkstein und dunkelgrauem Thon. In der 
ersten versteinerungsführenden dolomitischen Kalkschicht an 
der Basis der ganzen Abtheilung wurden nur Fischschuppen 
aufgefunden; in der zweiten, 73; Fuss über der unteren Grenze 
lagernden und aus 2 Fuss gelblichgrauem dolomitischem Kalk- 
stein bestehenden Schicht fanden sich Lingula tenuissima Br. 
und Saurierreste in grosser Häufigkeit. Die dritte 104 Fuss 
über der unteren Grenze liegende, 8 Zoll mächtige und aus 
braunem dolomitischem Kalkstein bestehende Schicht, welche 
zunächst von 5 Fuss weisslichem dolomitischem Kalkstein und 
gelbem Thon bedeckt wird und mit diesen in eine Ablagerung 
von blauem Thon eingeschaltet ist, lieferte in ausserordent- 
licher Häufigkeit Myophoria vulgaris SCHLOTH. sp., Monotis Al- 
bertiü GoLpr., Myacites sp. (höchst wahrscheinlich ident mit 
der von v. ALBERTI in seinem Ueberblick über die Trias Taf. III, 
Fig. 9 als Myacites Muensteri abgebildeten Form aus der Letten- 
kohlengruppe), Gervillia socialis SCHLOTH. sp., Gervillia costata 
SCHLOTH. sp., Acrodus lateralis Ac., Strophodus angustissimus AG., 
Gyrolepis tenuistriatus Ac., Hybodus plicatilis Ac. und Saurier- 


662 


- knochen. Eine vierte, 134 Fuss über der unteren Grenze lie- 
gende Schicht gelben dolomitischen Kalksteins lieferte wiederum 
zahlreich Lingula tenuissima Br., Fischschuppen und Saurier- 
knochen. 

Der Umstand, dass in unseren Gesteinen bisher nur solche 
organische Reste aufgefunden wurden, welche die zunächst auf- 
lagernden Schichten des oberen Muschelkalks von Rüdersdorf in 
ausserordentlicher Häufigkeit erfüllen ; ferner das Auftreten einer 
höchst wahrscheinlich mit einer Form der Lettenkohlengruppe 
identischen Versteinerung; die Thatsache, dass von den bei Jena 
und Esperstädt in unseren Schichten aufgefundenen organischen 
Einschlussen Saurichthys tenuirostris Münst. seitdem zwar im 
oberen Muschelkalke (von Oberlauter und von Öpatowitz), 
nieht aber im unteren entdeckt wurde; endlich das anschei- 
nende Fehlen der dem unteren Muschelkalke eigenthümlichen 
Conehylien und namentlich der in seinen obersten Schichten 
zu Tausenden angehäuften Myophoria orbicularis Br. — deuten 
vielleicht auf eine innigere Beziehung‘ der Anhydritgruppe zur 
oberen, als zur unteren Abtheilung des Muschelkalkes hin; eine 
Frage, über welche indess endgiltig erst durch fortgesetzte 
Untersuchungen entschieden werden kann. 

"Dieser Annahme möchte die Angabe von Herrn GÜüMBEL 

(die geognostischen Verhältnisse des fränkischen Triasgebiets, 
München, 1865, S. 42), dass der mittlere Muschelkalk der 
Umgegend von Bayreuth mit 8 Fuss mächtigem, gelbem Mergel 
mit vielen Dolomitplatten voll Myophoria orbicularis beginne, 
nicht im Wege stehen, da diese nur 8 Fuss mächtigen Schich- 
ten wohl dem obersten Wellenkalk noch zugerechnet werden 
dürfen. 
Eine Ausschliessung der Saurierkalke von Jena und Esper- 
städt aus der Anhydritgruppe wegen der in ihnen aufgefundenen 
organischen. Reste (vergl. Würzburger naturwissenschaftl. ‘Zeit- 
schrift, Bd. V, 8. 228) wäre daher jetzt nicht mehr gerecht- 
fertigt. et‘ 


663 


2. Neuere Beobachtungen über das Vorkommen mariner 
Conchylien in dem oberschlesisch - polnischen Stein- 
kohlengebirge. 


Von Herrn Ferp. Rormer ın Breslau. 


In einem früheren Bande dieser Zeitschrift*) habe ich 
über die Auffindung einer marinen Conchylien -Fauna in einem 
gewissen tieferen Niveau des oberschlesischen Steinkohlenge- 
birges auf der Caroline-Grube bei Hohenlohehütte und auf 
der Königs-Grube bei Königshütte berichtet und es schon 
damals als wahrscheinlich bezeichnet, dass dieselbe versteine- 
rungsführende Schicht allgemeiner in Oberschlesien verbreitet 
sei. Die letztere Vermuthung hat sich bestätigt. Es sind mir 
seitdem von mehreren anderen Punkten dieselben Versteinerun- 
gen, zum Theil mit einigen an jenen ersten Fundorten 
noch nicht aufgefundenen Arten vereinigt, bekannt geworden, 
welche beweisen, dass auch hier dieselbe Schicht mit marinen 
Resten vorhanden sei. Der erste dieser neuen Fundorte ist 
Rosdzin unweit Myslowitz. Schon vor zwei Jahren wurde 
durch den Director der Gruben bei Rosdzin, den königl. 
Bergrath a. D. Herrn v. KrenskY, dem Verfasser eine An- 
zahl von Versteinerungen zugesendet, welche auf der Grube 
Guter- Traugott bei Rosdzin gefunden waren. Die Mehrzahl 
der Arten sind solche, welche auch auf der Caroline -Grube 
und auf der Königs-Grube vorkommen, wie namentlich Produc- 
tus longispinus und Goniatites Listeri. Einige andere Arten, zu 
denen namentlich ein gekielter Nautilus und ein grösserer Ortho- 
ceras gehören, sind dagegen von jenen beiden anderen Loka- 
litäten bisher nicht bekannt. Am bemerkenswerthesten erscheint, 
dass ein paar Trilobiten-Arten alle anderen Fossilien der Fauna 
an Häufigkeit übertreffen. Namentlich ist eine vielleicht mit 


*) Ueber eine marine Conchylien-Fauna im produktiven Steinkohlen- 
gebirge Oberschlesiens. Jahrg. 1563, S. 567 ff. 


\) 


664 


Griffithides meso-tuberculatus M’Coy identische Art der Gattung 
Phillipsia mit feinen Körnchen auf den Querringen der Mittel-' 
achse des Pygidium, von welcher sich auf der Königs-Grube 
nur wenige Schwanzschilder fanden, hier so haufig, dass ein 
vorliegendes, kaum handgrosses Gessteinsstuck mehr als zehn 
Schwanzschilder derselben einschliesst. Weniger häufig ist eine 
andere Art derselben Gattung, welche sich durch die sehr grobe 
und doch zierliche Granulation der Oberfläche auszeichnet und 
vielleicht mit PorrtLock’s Phillipsia Maccoyi identisch ist. In 
petrographischer Beziehung verhalten sich die versteinerungs- 
führenden Schichten von Rosdzin in mancher Beziehung eigen- 
thümlich. Namentlich ist das Vorkommen einer mehrere Zoll 
dicken Kalksteinschicht zwischen denselben bemerkenswerth. 
Auch fehlen die auf der Caroline-Grube und auf der Königs- 
Grube so bezeichnenden gelblichgrauen Sphärosiderit-Nieren. 

Ein anderer Punkt, an welchem dasselbe Niveau mariner 
Thierreste erkannt wurde, ist die Königin - Louise -Grube bei 
Zabrze. Es ist ein Verdienst des Herrn Berg - Inspectors v. 
GELLHORN, dem man auch verschiedene andere fur die Kennt- 
‚niss der geognostischen Verhältnisse Oberschlesiens wichtige 
Beobachtungen verdankt, an dieser Stelle die fraglichen Thier- 
reste aufgefunden zu haben. Dieselben fanden sich hier in 
einem dickschiefrigem, grauen Schieferthone in dem Skalley- 
Schachte der Königin -Louise-Grube bei 53 Lachter Teufe. 
Die Erhaltung der Petrefacten ist hier viel unvollkommener 
als an den zuvor bekannten Punkten. Die Exemplare sind ge- 
wöhnlich verdeckt oder nur in Bruchstüucken erhalten. Mit 
Sicherheit liess sich unter den durch Herrn v. GELLHORN ge- 
sammelten und dem Verfasser mitgetheilten Stucken Produectus, 
longispinus, Chonetes Hardrensis und eine kleine, mit Lingula my- 
tiloides identische Lingula-Art bestimmen. Productus longispinus 
ist die häufigste Art auf der Caroline- Grube und auf der 
Königs- Grube, und Lingula mytiloides wurde an der ersteren 
dieser beiden Lokalitäten ebenfalls beobachtet. Da auch die 
Lagerungsverhältnisse dazu passen, so ist nicht zu bezweifeln, 
dass die versteinerungsführende Schichtin dem Skalley-Schachte 
in das gleiche Niveau mit der Schicht der Caroline -Grube, 
der Königs-Grube und der Grube Guter-Traugott bei Rosdzin 
gehört. ; ; 

Während uns an diesen sämmtlichen bisher genannten 


665 


Lokalitäten die marinen Conchylien in den Schieferthonen oder 
in den von diesen umschlossenen Sphärosiderit- Nieren vor- 
kommen, so treten nun auch noch ein paar andere Fundstel- 
len hinzu, an welchen die marinen Thierreste in Sandstein- 
schichten des produktiven Kohlengebirges sich finden. Die 
eine dieser neu aufgefundenen Lokalitäten liegt an der von 
Beuthen nach Neudeck führenden Landstrasse, der Unterför- 
sterei Koslowagora gegenuber. Theils durch die Gräben der 
Landstrasse, theils durch andere kleine Entblössungen neben 
der Landstrasse sind hier gegen Norden einfallende, dunn ge- 
schichtete, graue Sandsteinschichten aufgeschlossen, von denen 
einige auf den Schichtflächen mit den Abdrücken und Stein- 
kernen von Schalthieren bedeckt sind. Am häufigsten ist unter 
diesen Chonetes Hardrensis Prıtnıps (cf. Davıpsox, Brit. 
Carbonif. Brachiop. p. 186, t: 47. f. 12 —-18). Ausserdem 
wurde Bellerophon Urü, Phillipsia sp. (dieselbe Art, welche bei 
Rosdzin so häufig ist) beobachtet. In einem wenige Schritte 
östlich von dem Aufschlusse an der Landstrasse gelegenem, klei- 
nen Steinbruche sind hellgraue, den Schichten mit marinen 
Thierresten augenscheinlich aufruhende Sandsteinschichten auf- 
geschlossen, welche Abdrüucke von Lepidodendron und anderen 
bezeichnenden Pflanzenformen des produktiven Steinkohlen- 
gebirges enthalten und ausserdem zwei kleine, taube Kohlen- 
flötze einschliessen. 

Die andere, durch Herrn Berg-Assessor DEGENHARDT auf- 
gefundene Lokalität ist ein Eisenbahneinschnitt an der War- 
schau-Wiener- Bahn östlich von Golonog, einem Orte unweit 
des durch seinen grossen Tagebau auf Steinkohlen und seine 
Hüttenwerke bekannte Dabrowa (Dombrowa). Hier stehen 
Sandsteinschichten von ganz ähnlichem petrographischem Cha- 
rakter wie diejenigen von Koslowagora an. Auch paläonto- 
logisch stimmen diese Schichten im Wesentlichen mit denjeni- 
gen der genannten oberschlesischen Fundstelle überein. Cho- 
netes Hardrensis ist auch hier das häufigste Fossil. Auf einem 
gemeinschaftlich mit Herrn Berg-Assessor DEGENHARDT ausge- 
führten Besuche der Lokalität im August dieses Jahres wurden 
ausserdem noch folgende Arten beobachtet: Streptorhynchus 
- (Orthis) crenistria (sehr häufig!) Bellerophon Urü, Orthoceras 
undatum, Phillipsia sp. und Littorina obscura Sow.(?). Die mei- 
sten dieser Arten sind solche, welche auch auf der Caroline- 

Zeits. d. d, geol. Ges. XVIII. 4. 43 


666 


Grube, Königs-Grube u. s. w. vorkommen, und es ist nicht zu 
bezweifeln, dass auch das geognostische Niveau der Sandstein- 
schichten von Golonog und Koslowagora wesentlich dasselbe 
ist wie dasjenige der versteinerungsfuhrenden Schieferthonschich- 
ten an den genannten Lokalitäten. 

So ist daher die Schicht oder Schichtenfolge mit marinen 
Thierresten über eine weite Ausdehnung in dem oberschlesisch- 
polnischen Steinkohlenbecken — von Zabrze bis Golonog — 
nachgewiesen worden, und es kaun nicht mehr zweifelhaft sein, 
dass sie auch überall anderwärts in dem Becken vorhanden ist. 

Die Auffindung dieser Schicht bei Koslewagora und Gonolog 
ist noch von besonderem Interesse, weil sie sich für: die Fest- 
stellung der Grenzen des oberschlesisch - polnischen Kohlen- 
beckens wird benutzen lassen. Da es jedenfalls Schichten sind, 
welche der unteren Abtheilung des produktiven Steinkohlen- 
gebirges angehören, so wird man auch die nordöstliche Abla- 
gerungsgrenze des Kohlenbeckens nicht weit von diesen Punkten 
vermuthen dürfen. Durch die Auffindung der  devonischen 
’ Kalkstein-Partieen nördlich und nordöstlich von Siewierz, uber 
welche ich $. 433 berichtet habe, erhält jene Vermuthung er- 
höhte Wahrscheinlichkeit. Ueber Golonog und Koslowagora 
hinaus gegen Nordosten, noch mehr aber über Siewierz hin- 
aus, werden Versuche zur Auffindung von Steinkohlen auf kei- 
nen Erfolg rechnen dürfen. 


‚667 


d. Geognostische Beobachtungen im Polnischen Mittel- 
gebirge. 


Von Herrn Ferv. Rormer ın Breslau. 


(Hierzu Tafel XIII.) 


In demjenigen Theile des südlichen Polens, welcher im Süden 
und Osten durch die Weichsel, im Norden und Westen durch 
die Pilica begrenzt wird, erhebt sich ein. bemerkenswerthes 
kleines Gebirge, welches ausser Zusammenhang ebenso mit 
den Karpathen, wie mit den anderen benachbarten Gebirgen 
sowohl nach seinem orographischen Verhalten, als auch nach 
seiner inneren geognostischen Zusammensetzung als eine durch- 
aus selbstständige Erhebung sich darstellt. 

Der verdienstvolle PuscH hat, da es an einer gemeinsamen 
Benennung fehlte, „für dasselbe den Namen Sandomirer oder 
Polnisches Mittelgebirge vorgeschlagen, und mit diesem 
ist es seitdem meistens bezeichnet worden. Passender würde sein, 
es dasKielcer Gebirge zu nennen; denn die Kreisstadt Kielce 
liegt ganz im Bereiche desselben, während Sandomir an der 
Weichsel schon ganz ausserhalb desselben gelegen ist und nur 
die äusserste Grenze seiner östlichen Ausläufer bezeichnet. 

Es besteht dieses kleine Gebirge aus einer Anzahl (5 bis 6) 
schmaler, zum Theil steil abfallender Bergrucken, welche durch 
breite, flache Thäler von einander getrennt werden und bei 
einer Richtung von Westnordwesten nach Ostsudosten fast 
genau mit einander parallel laufen. Während die grösste Länge 
des Gebirges, wie sie durch die Lage der Städte Malagoszez 
und Sandomir bezeichnet wird, gegen achtzehn deutsche Meilen be- 
trägt, ist die Breite nur zwei bis drei Meilen; die grössten Hö- 
hen erreicht das Gebirge in dem nördlichsten der parallelen 
Bergrücken, der Lysagöra (Kahler Berg). Oberhalb des Klo- 
ster Swienta Katharina beträgt die Erhebung dieses Rückens 
nach PuscH, 1813 Fuss, und bei dem dem östlichen Ende des 
Rückens genäherten Kloster Swientp Krzyz (Heiliges Kreuz) er- 

5 E 43 * 


/ 


668 


hebt er sich sogar zu 1908 Par. Fuss. Steht man bei diesem 
in ganz Polen als Wallfahrtsort berühmten und zur Zeit des 
jüngsten Polnischen Aufstandes als Schauplatz kriegerischer 
Vorgänge viel genannten Kloster und blickt über den. pracht- 
voll bewaldeten, steil abfallenden Nordabhang des Berg- 
ruckens in die weit ausgedehnten, fruchtbaren Ebenen, welche 
sich gegen Norden und Nordosten ausdehnen, so glaubt man, 
an den vorherrschend flachen Charakter des polnischen Lan- 
des gewöhnt, nieht mehr in Polen zu sein und könnte glau- 
ben, von den Höhen des Harzes oder eines anderen deutschen 
Mittelgebirges in das Flachland hinabzuschauen. Befindet man 
sich andererseits in einem der mit Diluvial-Sand ausgefüllten, 
flachen und breiten Längsthäler, welche, zwischen den ein- 
zelnen Bergrücken sich hinziehen, so hat man freilich nicht 
den Eindruck, sich in einem Gebirgslande zu befinden. 

Pusch*), der mehr als zehn Jahre (1816 — 1827) als 
Lehrer an der seitdem längst aufgehobenen Bergschule in 
Kielce lebte, hat eine sorgfältige und eingehende geognostische 
Beschreibung des Mittelgebirges geliefert und in seinem geo- 
gnostischen Atlas von Polen eine besondere Karte der Dar- 
stellung desselben gewidmet. Natürlich ist, die Altersbestim- 
mung der einzelnen in dem Gebirge auftretenden Formationen, 
der damaligen beschränkten Kenntniss von der Gliederung der 
sedimentären Ablagerungen entsprechend, eine unvollkommene, 
und namentlich werden die den Haupttheil des Gebirges zu- 
sammensetzenden Gesteine nur einfach als dem Grauwacken- 
oder Uebergangsgebirge zugehörig bezeichnet. 

Seit dem Erscheinen der Puscu’schen Darstellung ist nur 
wenig für die Kenntniss des merkwürdigen Gebirges gesche- 
hen. Die Seltenheit wissenschaftlicher Beobachtung in dem 
Lande selbst und die geringe. Zugänglichkeit des abgelegenen 
Gebietes für fremde Forscher sind daran Schuld. MurcuHıson, 
E. DE VERNEUIL und Graf Keryseruing erklärten zuerst einen 
Theil des Kalksteins bei Kielce für devonisch. Ganz neuer- 
lichst hat L. ZEUSCHNER, der, seit vielen Jahreu mit der geo- 
gnostischen Untersuchung Polens beschäftigt, schon manche 
werthvolle Beiträge zur Kenntniss des Landes geliefert hat, 


*) Gergnostische Beschreibung von Polen u. s. w. Stuttgart und 
Tübingen. Th. I, S. 323, S. 61, — 131. 


„ 


669 


einen Aufsatz über gewisse Schichten des Kielcer Uebergangs- 
gebirges veröffentlicht *). 

Die auf die Mittbeilungen von PuscH sich stüutzende Er- 
wartung, für die Altersbestimmung gewisser in Oberschlesien 
und Polen verbreiteter Gesteine am Nordabhange des Kielcer 
Uebergangsgebirges den Schlüssel zu finden, veranlasste mich, 
im August 1866 in Gesellschaft des Herrn Berg - Assessors 
O. DEsENnHARDT einen Ausflug dahin zu unternehmen. Die 
nachstehenden Bemerkungen sind das Ergebniss desselben. 


1. Devonische &6esteine. 


Eruptiv- Gesteine sind in dem Bereiche des Sandomirer 
Mittelgebirges vollig unbekannt. Quarzite, Kalksteine und 
Kalkmergel setzen die von Westen nach Osten streichenden 
Bergrücken zusammen, aus denen die ganze Gebirgserhebung 
vorzugsweise besteht. Für einen Theil dieser Gesteine ist die 
devonische Natur direct nachweisbar, für die übrigen wenig- 
stens durchaus wahrscheinlich. 

Eine Viertelstunde westlich von der Stadt Kielee ragt ein 
kleiner, felsiger Kalksteinhügel, der Kanzelberg (Kadzielnia- 
göra) aus dem Thale auf. Mehrere Steinbrüche, in welchen 
das Material für einen Kalkofen gewonnen wird, gewähren, 
abgesehen von den natürlichen Entblössungen an den Wänden 
der überall hervortretenden Klippen guten Aufschluss über die 
Natur der den Hügel zusammensetzenden Gesteine. Es ist ein 
fester, weisser oder hellgrauer Kalkstein ohne erkennbare 
Schichtung. Er hat die Natur devonischer Korallen-Kalke und 
gleicht namentlich denjenigen von Grund am Harz. Bei ein- 
wirkender Verwitterung treten auf der Oberfläche der Fels- 
wände unzählige Durchschnitte von Korallen hervor, und na- 
mentlich gewisse Lager des Kalksteins erweisen sich als ein 
wahres Aggregat von Korallen. Zwischen den Korallen liegen 
die Schalen verschiedener Brachiopoden. Auch eine Trilobiten- 
Art wurde beobachtet. Im Ganzen sammelten wir folgende 


*, Ueber das Alter des Grauwackenschiefers und der bräunlichgrauen 
Kalksteine von Swientomarz bei Bodzentyn im Kielcer Uebergangsge- 
birge, Neues Jahrb., 1866, S. 513 ft. 


670 


Arten, deren Zahl sich freilich durch fortgesetzte Nachforschun- 
gen sehr vermehren lassen wird: \ 
1) Alveolites suborbicularis Lan. Die zum Theil faust- 
grossen, knolligen Massen nehmen einen wesentlichen Antheil 
an der Zusammensetzung des Kalksteins. Gewöhnlich erhält 
man nur Durchschnitte des Korallenstocks, wie M. Enwarns 
und J. Hame (Brit. Devon. Corals t. 39, f. 1) einen solchen 
abbilden, auf den angewitterten Flächen des Gesteins zu 
sehen. | 

2) Calamopora cervicornis (Calamopora polymorpha GOLDE. 
var. _ramoso- divaricata. Favosites cervicornis M. EDwArns et 
Haıne). Die walzenrunden Zweige dieser Art sind sehr häufig 
und treten auf der Verwitterungsfläche des Gesteins am deut- 
lichsten hervor. | 

3) Stromatopora polymorpha GoLDF.*Die knolligen Massen 
sind häufig, treten aber selten deutlich erkennbar aus dem Ge- 
steine hervor. 

4) Cyathophyllum caespitosum Goupr. (?) Die kleinen, spe- 
eifisch nicht sicher bestimmbaren, eylindrischen Stämme sind 
nicht selten. 

5) Atrypa reticularis Daum. Unter den. vorkommenden 
Brachiopoden die häufigste Art; theils in der typischen ‚Form, 
theils in der Form einer zusammengedrückten, vielfaltigen Varietät. 

6) Rhynchonella acuminata MorrıS (Terebratula acuminata 
Sow.). Fig. 8 Taf. XIU stellt ein vollständiges Exemplar der typi- 
schen Form dar. Im Sinus und auf dem Wulst ist keine Spur von 
ausstrablenden Falten wahrnehmbar. Auf den Seitentheilen der 
Schale erkennt man Andeutungen von solchen gegen den Rand 
hin. Das Exemplar gleicht in Form und Grösse durchaus der 
typischen Form des englischen Kohlenkalks. In den devoni- 
schen Schichten Deutschlands. erreicht die Art.nicht diese Di- 
mensionen und ist'stets mit Falten im Sinus versehen. Mit dieser 
typischen Form finden sich häufig Exemplare einer kleineren, 
breiteren Form, bei welcher die Breite viel grösser ist als 
die Höhe. 

7) Ehynchonella primipilaris. Eine kleine Form mit breitem, 
9 Falten enthaltendem Sinus. Eine ganz ähnliche kleine Form 
kommt im Kalke von Grund vor. 

8) Orthis striatula pe Konınck. Es wurden zwei vollstän- 


671 


dige Exemplare gesammelt, welche durchaus mit der typischen 
Form der Eifel übereinstimmen. 

9) Pentamerus galeatus DaLman var. Eine kleine Form 
mit zwei Falten im Sinus. Eine ganz ähnliche kleine Form 
ist im Kalke von Grund nicht selten. 

10) Terebratula (2) Kielcensis m. (Terebratula amphitoma 
L. v. BucH (pars), non Broxn). L. v. Buch, welcher Exem- 
plare dieser Art durch PuscH zugeschickt erhielt, identifieirte 
dieselbe mit der durch Bronx aus triassischem Kalke von Dür- 
renberge bei Hallein beschriebenen 7. amphitoma, während in 
Wirklichkeit, wie es sich bei der Altersverschiedenheit der be- 
treffenden Bildungen erwarten liess, beide Arten sehr verschie- 
den sind. Die von L. v. BucH gegebenen Abbildungen der 
T. amphitoma stellen ein Exemplar von Kielce dar. Pusch 
(Polens Palaeontol., S. 16, t. 3, f. 10) nahm die v. Buc#’sche 
Bestimmung an und gab neue Abbildungen der Art. Die von 
Pusca, Fig. 10c, gegebene Ansicht der Innenfläche einer 
Klappe mit Spiralkegeln ist jedoch nicht nach einem Exemplare 
von Kielce, sondern nach einem angeblich von Vise an der 
Maas herrührenden Stücke genommen worden, dessen Zugehö- 
rigkeit zu unserer Art, wenn es wirklich von Vis&e herrüuhrt, 
durchaus unwahrscheinlich ist. Die generische Bestimmung ist 
gauz unsicher, da von dem inneren Armgeruste nichts bekaunt 
ist. Die Zugehörigkeit zu Terebratula (im engeren Sinne) ist 
nach dem allgemeinen Habitus durchaus unwahrscheinlich. 

Nach Pusc#’s Angabe ist die Art an einer gewissen Stelle 
am Kanzelberge in dichter Zusammenhäufung der Individuen 
vorgekommen. Ich selbst habe die Art dort nicht beobachtet, 
aber ich erhielt ein Exemplar in Kielce und sah Pusc#’s 
Original-Exemplare in Warschau). 

11) Bronteus flabellifer GoLpF. 

Pusca (Polens Palaeontol., S. 166, t. XIV, f. 5) hat ein 
kleines Pygidium der Art: aus dem Kalke des Kanzelberges 


*, Es ist als ein besonders glücklicher Umstand anzusehen, dass die 
Sammlung von Gesteinen und Versteinerungen, welche der hoch ver- 
diente Pusch als Belegstücke der in seinen Werken über die Geognosie 
und Paläontologie von Polen mitgetheilten Beobachtungen zusammenge- 
bracht hat, in der ursprünglichen Anordnung vollständig erhalten ist. Sie 
ist in dem mineralogischen Museum der Warschauer Universität auf- 
gestellt. 


672 


beschrieben und abgebildet, ohne eine specifische Benennung 
derselben vorzuschlagen, aber die generische Verwandtschaft 
mit dem Bronteus flabellifer der Eifel schon erkennend. Ich selbst 
sammelte am Kanzelberge zwei Exemplare des Schwanzschildes, 
von denen das eine doppelt so gross wie das von Pvsch# ab- 
gebildete ist. Die Körnelung der ausstrahlenden Rippen ist 
gröber als bei den Exemplaren des Bronteus flabellifer der 
Eifel, etwa wie bei dem B. granulatus GoLDF., welcher wohl 
nur als eine Varietät des DB. flabellifer anzusehen ist. , 

Die devonische Natur des Kalksteins am Kanzelberge kann 
nach diesen organischen Einschlussen nicht zweifelhaft sein, 
und nur um die Bestimmung des näheren Niveaus-innerhalb 
der devonischen Gruppe kann es sich handeln. Die Korallen 
sind für diese Bestimmung wenig zu benutzen. ‘Auch die be- 
obachteten Brachiopoden sind als mehreren Abtheilungen der 
‚devonischen Gruppe gemeinsam der Mehrzahl nach nicht dafür 
geeignet. Nur Zhynchonella acuminata weist auf die. obere 
Abtheilung der devonischen Schichtenreihe, auf ein Niveau über 
dem Eifeler Kalke hin. Am Rhein kennt man Rh. acuminata 
wohl aus den Schichten mit Spirifer Verneuilü, welche unmit- 
telbar unter dem Kohlenkalke liegen, nicht aber aus dem Kalke 
der Eifel oder der mittleren Abtheilung der devonischen Gruppe. 
Da nur eine Gleichstellung mit dem Eifeler Kalke oder eine 
noch höhere Stellung fraglich sein kann, so würde ich deshalb 
die letztere vorziehen. Ich würde den Kalkstein des Kanzel- 
berges etwa für gleichalterig mit dem Kalksteine von Grund am 
Harze halten, welcher entschieden jünger ist, als die Haupt- 
masse des Eifeler Kalkes, aber älter als die Goniatitenschiefer 
von Büdesheim und als die nassauischen Cypridinenschiefer. 

Kalksteine von ganz ähnlicher Beschaffenheit wie diejeni- 
gen des Kanzelberges kommen übrigens auch noch an anderen 
Punkten der Gegend von Kielce vor, ohne dass mir ihr paläon- 
tologisches Verhalten näher bekannt wäre. 

Mit noch grösserer Sicherheit und Schärfe lässt sich das 
geognostische Niveau einer anderen devonischen Schichtenreihe 
bei Kielce bestimmen. Zwischen dem Kanzelberge und der 
Stadt Kielce sind in den Gräben der nach Chencin führenden 
Landstrasse dünne Schichten eines dunkelgrauen oder schwärz- 
lichen, bituminösen Kalksteins aufgeschlossen, welche theils 
mergelig zerfallen, theils etwas grössere Festigkeit und Luft- 


673 


beständigkeit besitzen. Auf den Ackerfeldern zu beiden Sei- 
ten der Landstrasse liegen eckige Bruchstücke desselben dun- 
kelen Kalksteins umher, der augenscheinlich den Untergrund 
(dieser Felder bildet. Das Gestein ist reich an organischen 
Einschlüssen, und kaum wird man irgend ein Stück des Kalk- 
steins zerschlagen, ohne Spuren derselben zu treffen. Freilich 
sind es der Mehrzahl nach kleine Formen, welche wohl über- 
sehen werden können. 

Das häufigste Fossil ist Posidonomya (?) venusta*), die 
dunnschalige kleine Muschel, welche Graf Münster zuerst aus 
dem Clymenien-Kalke des Fichtelgebirges beschrieb und abbildete, 
und welche sich seitdem in der durch das Vorkommen von 
Goniatiten und Clymenien vorzugsweise bezeichneten obersten 
Abtheilung an so zahlreichen Punkten, wie namentlich im 
Nassauischen, bei Büdesheim in der Eifel, im Harze, bei Saal- 
feld, bei Ebersdorf in der Grafschaft Glatz gefunden hat, dass 
sie als eine der bezeichnendsten Fossilien dieser obersten de- 
vonischen Schichten gelten muss. 

Nächst dieser kaum in irgend einem Stucke des Kalk- 
steins fehlenden und gewöhnlich in grösserer Zahl der Indivi- 
duen auftretenden Art sind gewisse mit feinen Längsleisten ge- 
zierte, ellipsoidische kleine Körper von der Grösse eines Mohn- 
kornes am häufigsten. Obgleich in dem unverdrückten Erhal- 
tungszustande anders erscheinend, erweisen sich bei näherer 
Vergleichung diese Körper mit der Oypridina serrato-striata der 
nassauischen Cypridinen-Schiefer so übereinstimmend, dass 
namentlich in Anbetracht der Vergesellschaftung mit den übri- 
gen Fossilien kaum ein Zweifel an der specifischen Identität 
übrig bleibt. Bekanntlich hat sich die Oypridina serrato-striata, 
deren erste Auffindung wir dem Scharfblicke der Gebrüder 
SANDBERGER verdanken, ausser in Nassau auch noch an vielen 
anderen Punkten in Schichten gleichen Alters gefunden, wie 


*) Die Gebrüder Sınnserger (Rhein. Schichtensyst. in Nassau, S. 285, 
t. XXX, f. 1a—c) haben diese Art unter der Benennung Avicula 
obrotundata beschrieben. Aber obgleich die Muschel einen anderen Ha- 
bitus als die typischen Arten der Gattung Posidonomya. hat, so würde 
ich doch vorziehen, sie vorläufig dabei zu belassen, da auch die Zuge- 
hörigkeit zu Avicula sich keinesweges bestimmt nachweisen lässt, viel- 
mehr die anscheinende Gleichklappigkeit kaum dazu passt. 


674 


— 


namentlich bei Saalfeld und in den Goniatiten - Schiefern von 
Büdesheim in der Eifel. 

Sehr häufig ist ferner in den Gesteinen ein kleiner Tri- 
lobit, dessen allgemeiner Habitus mit demjenigen von Phacops 
übereinkommt, aber durch die vollständige Augenlosigkeit aus- 
gezeichnet ist (vgl. Fig. 6,7 Taf. XIIl.). Nach dem Zusammenvor- 
hommen mit Posidonomya venusta und Cypridina serrato - striata 
und nach der allgemeinen Form wird man zunächst an Phacops 
cryptophthalmus EMMRICH denken. Allein diese von EMmMRICH 
aus den Cypridinen-Schiefern von Wailburg in Nassau  be- 
schriebene Art soll nach dem übereinstimmenden Zeugnisse von 
EumricH selbst wie auch der Gebrüder SANDBERGER Augen 
besitzen, wenn auch nur kleine und versteckt liegende. Die 
Kopfschilder von Kielce sind aber völlig augenlos. Es lässt 
sich das mit völliger Sicherheit behaupten, weil eine grössere 
Anzahl: von Exemplaren der Kopfschilder in vortrefflichster Er- 
haltung auch: der äussersten Schalenschicht vorliegt. Man 
würde daher annehmen müssen, dass hier eine verschiedene 
Art vorliegt, wenn nicht auch RıcHter (Beitr. zur‘ Pal. des 
Thüring. Waldes. Wien. 1856. S. 31) die Angabe machte, 
dass die Exemplare des Ph. eryptophthalmus von Saalfeld eben- 
falls völlig augenlos sind. Es scheint daher nur, dass die 
immer sehr kleinen Augen dem Ph. eryptophthalmus auch ganz 
fehlen können. Uebrigens ist bei den Exemplaren von Kielce 
die Oberfläche des Kopfschildes glatt, mit Ausnahme einer 
feinen Granulation auf dem dem vorderen Rande genäherten 
Theile der Glabella. Der Bau des Rumpfes und des Pygidiums 
ist ganz derjenige der Gaitung Phacops. Uebrigens liegen in 
dem Gesteine von Kielce die einzelnen Körpertheile fast immer 
getrennt von einander, 

Viel: seltener sind die Kopfschilder einer anderen kleinen 
Phacops- Art mit sehr grob gekörnelter Oberfläche. 

Ziemlich häufig ist dagegen wieder eine Art der Gattung 
Goniatites, obgleich sie bei der meistens schlechten Erhaltung 
leicht zu übersehen ist. Es ist eine kleine, kaum + Zoll grosse 
Art mit einfachen Loben, welche ausser dem kleinen Dorsal- 
Lobus lediglich nur eine einzige, einem IJ.ateral-Lobus ent- 
sprechende Inflexion auf den Seiten zeigt. Die Erhaltungsart 
ist ganz derjenigen in den bekannten Goniatiten- Schiefern in 
der Eifel gleich, obgleich sich die Exemplare bei der grösseren 


> 


675° | 

Festigkeit des Gesteins nicht wie dort leicht und vollkommen 
aus dem Gesteine auslösen. Es sind aus erdigem Brauneisen- 
steine bestehende Steinkerne. Die ursprüngliche Versteinerungs- 
masse war Schwefelkies, und zuweilen ist dieser auch noch in 
unverändertem Zustande erhalten. Eine sichere Artbestimmung 
ist bei der Abwesenheit der Schale nicht thunlich. Wahrschein- 
lich ist es eine der zahlreichen Formen des @. retrorsus. 
Uebrigens hat auch Pusch diese Goniatiten bereits von der- 
selben Stelle gekannt. Er hat sie unter der Benennung Am- 
monites Humboldti und A. Buchü beschrieben und freilich nur 
unvollkommen abgebildet (Vergl. Polens Palaeontol., S. 151, 
t. XIII, f. 1 und 2). Was er A. Buchi nennt, ist wahr- 
scheinlich nur eine Varietät der als A. Humboldtü beschriebenen 
Art. Die übrigen in dem bituminösen Kalke vorkommenden 
Fossilien scheint dagegen Pusch nicht gekannt zu haben. 

Endlich wurde auch noch ein Exemplar eines Brachiopo- 
den,. welches wahrscheinlich mit der in den oberdevonischen 
Schichten bei Saalfeld häufigen T'erebratula subeurvata MUNSTER 
(vergl. RıcHTer a. a. O. S. 29, t. IE, f. 37— 39) identisch ist, 
beobachtet. 

Auf diese Weise findet sich also hier, weit im Osten, bei 
Kielce eine oberdevonische Fauna, welche auffallend mit der- 
jenigen der Goniatiten-Schiefer von Büdesheim und der Oypri- 
dinen-Schiefer von Nassau und von Saalfeld übereinstimmt. 
Ein Glied der devonischen Schichtenreihe, welche die Höhen- 
zuge des Polnischen Mittelgebirges zusammensetzt, ist damit 
sicher und zweifellos in seinem Alter bestimmt. Es ist unbe- 
dingt die jüngste unter den überhaupt dort "bekannten devoni- 
schen Ablagerungen. In der That könnten ja nur etwa die in 
Beigien und in der Gegend von Aachen entwickelten Schichten 
mit Spirifer Verneuilii darüber liegen, von denen aber nichts 
nachgewiesen ist. 

Das Lagerungsverhältniss dieser Goniatiten führenden, bi- 
tuminösen, schwarzen Kalke gegen den hellgrauen Korallenkalk 
des Kanzelberges ist nicht unmittelbar zu beobachten. Da sie 
sich aber bis nahe an den Fuss des Kanzelberges verfolgen 
lassen, so ist mit Wahrscheinlichkeit auzunehmen, dass beide 
Gesteine in dem Verhältniss von zunächst angrenzenden Schich- 

- tenfolgen stehen. Ist dieses aber der Fall, dann ist der Kalk- 


676 


/ 


stein des Kanzelberges unzweifelhaft das ältere, die schwarzen, 
bituminösen Schichten mit Goniatiten das jüngere Glied*). 
Von ganz anderer petrographischer Beschaffenheit sind 
gewisse ältere Gesteinsschichten, welche südöstlich von Kielce 
anstehen. An einer etwa - Meile südöstlich von Kielce gele- 
genen Lokalität Bukowkagöra werden in mehreren Stein- 
brüchen hellgraue, an der Luft gelbbraun anlaufende, zum 
Theil in Quarzit übergehende Sandsteinschichten, welche mit 
25° gegen Norden einfallen, gebrochen, um als Bausteine in 
Kielce verwendet zu werden. Das Gestein erinnert sehr an 
gewisse devonische Sandsteine des Oberharzes, wie namentlich 
diejenigen des Kahleberges. Im Ganzen ist das Gestein sehr 
arm an organischen Einschlüussen. Nur einzelne dünne Lagen 
des Gesteins sind mit Steinkernen und Abdrücken einiger we- 
niger Brachiopoden-Arten erfüllt. Die häufigste unter diesen 
ist eine kleine Orthis mit convexer grösserer Klappe und flacher 
kleinerer Klappe und mit dachförmigen ausstrahlenden Rippen 
auf der Oberfläche der Schale. Die allgemeine Gestalt dieser 
Art erinnert an diejenige von Orthis calligramma der untersi- 
lurischen Schichten. Allein die Zahl der ausstrahlenden Falten 
ist geringer und beträgt nur 11 (statt 17 bei O. calligramma) 
auf jeder Klappe. Auch ist die Wölbung verhältnissmässig 
grosser als bei der genannten untersilurischen Art. Ich 
halte die Art für neu und nenne sie OÖ. Kielcensis. Ausserdem 
wurde in dem Sandsteine nur eine kleine Form der Atrypa re- 


*) In ein nahezu gleiches, aber doch wohl etwas tieferes geognosti- 
sches Niveau wie die goniatitenführenden Mergel müssen gewisse mer- 
gelige Schichten gehören, welche 4 Stunde nördlich von Kielce bei dem 
Hofe Szydlowek östlich von der Landstrasse austehen. Es sind graue 
Mergelschiefer, welche durch mehrere kleine Entblössungen aufgeschlos- 
sen sind. Die beiden häufigsten Fossilien dieser Schichten sind Atrypa 
relicularis (die gewöhnliche grössere devonische Form!) und ein Brachiopod, 
welches durch den allgemeinen Habitus an Äihynchonella formosa Scunur er- 
innert und wahrscheinlich ebenso wie diese zur Gattung Camarophoria gehört. 
Nur die jugendliche Form gleicht übrigens der Ah. formos«. Im aus- 
gewachsenen Zustande ist sie viel gewölbter und erinnert durch den 
tiefen Stirnlappen an gewisse Formen der Akynch. cuboides. Ich halte 
diese Art für neu und nenne sie Camarophoria (?) Polonica (S. Fig. 9, 
i0 Taf XIIl). Ausserdem wurde in diesen Schichten nur noch ein Exem- 
plar einer Art der Gattung Cyrtoceras beobachtet. Für eine ganz sichere 
Feststellung des Alters dieser Schichten genügen diese bisher daraus be- 
kannten Arten allerdings nicht. 


677 


ticularis, eine nicht näher bestimmbare, fein radial gestreifte 
Orthis und eine kleine, wahrscheinlich mit Calamopora fibrosa 
identische Koralle. Dieselben Versteinerungen fanden sich 
auch an einer } Meile weiter östlich gelegenen Stelle, wo einige 
kleinere Steinbruche betrieben werden. Von anderen Punkten 
als den genannten sind bisher meines Wissens aus dem Quarz- 
fels der Kieleer Gegend organische Einschlüsse nicht bekannt. 
Auf der Grenze des Quarzits gegen kalkige Schichten finden 
sich im Liegenden des Eisensteinlagers von Dabrowa, ? Meilen 
nordöstlich von Kielce, Spiriferen, welche Pusch (a. a. O. 
S. 120 — 122) zu Sp. speciosus, Sp. alatus und Sp. ostiolatus 
bringt. Wir sammelten auf den Halden der Eisensteingruben 
von Dabrowa eine Anzahl von Exemplaren dieser in ein dun- 
kelgraues, kalkig mergeliges Gestein eingeschlossenen Spiri- 
feren. Es sind kurz und lang geflügelte Formen einer und 
derselben Art mit glattem, ungefaltetem Sinus und 10 bis 12 
ausstrahlenden Falten auf jeder Seite des Sinus. Die lang ge- 
flugelten Formen gleichen der Art der Eifel, welche GoLpFuss 
Spürifer micropterus nannte, die kurz geflügelten dem Spirifer 
ostiolatus v. BucH (Sp. laevicosta ScunuUR). Die verschiedenen 
Exemplare der Art stellen eine ganz ähnliche Formenreihe dar, 
wie sie ScHNnuR (Brachiop. der- Eifel, t. XXXIlb. f. 3a—h) 
abbildet. Ich führe deshalb die Art von Dabrowa hier vor- 
laufig als Sp. laevicosta (Sp. ostiolatus) auf, da die Beziehun- 
gen, in welcher die als Sp. micropterus bekaunten Formen der 
Eifel zu den verwandten Formen mit glattem Sinus stehen, 
noch immer nicht genügend festgestellt sind, 

Die sehr festen, hellgrauen Quarzitbänke, welche den das 
Kloster von Swienty Krzyz tragenden, hohen Rücken der Lysa- 
göra zusammensetzen, haben bis jetzt keine Spur von organi- 
schen Einschlussen erkennen lassen. 

Freilich ist es auch durchaus unsicher, ob sämmtliche 
Quarzite und Sandsteine des Mittelgebirges demselben geogno- 
stischen Niveau angehören. 

Versucht man das Altersverhältniss des Quarzits zu den 
kalkigen Schichten zu bestimmen, so wird man zunächst nur 
für die versteinerungsführenden einen Erfolg erwarten dürfen. 
Da zwischen den Kalksteinschichten des Kanzelberges und den 
Sandsteinen von Bukowkagöra eine andere Schichtenfolge 
nicht gekannt ist, so werden wir diese beiden Gesteine als 


678 


aneinander grenzende betrachten dürfen, und da die gonitatiten- 
führenden, dunkelen, bituminösen Kalke jedenfalls das zunächst 
jüngere Glied über dem Kalksteine des Kanzelberges sind, so 
werden die Sandsteine als im Alter beiden vorangehend be- 
'trachtet werden müssen. In der That weist Orthis Kielcensis 
weit eher auf ein tieferes als ein höheres Niveau der devoni- 
schen Schichtenreihe hin. . Da diese Art ihre nächsten Ver- 
wandten in den silurischen Schichten hat, so könnte man - 
daran denken, die quarzitischen Sandsteine von Bukowkagöra 
für silurisch zu halten. Allein dann würden silurische Schich- 
ten von verhältnissmässig jungen devonischen Schichten über- 
lagert werden. Man wird daher bei dieser engen stratographi- 
schen Verbindung in welcher die Sandsteine von Bukowka- 
g0ra zu den anderen devonischen Schichten bei Kielee stehen, 
vorziehen, sie ebenfalls als devonisch anzusehen. ‘In der näch- 
sten Umgebung von Kielce wurden also auf diese Weise drei‘ 
devonische Schichtenfolgen nachgewiesen sein, nämlich der 
Sandstein von Bukowkagöra, der hellgraue Korallen - Kalk- 
stein des Kanzelberges und die dunkelen, bituminösen Kalk- 
mergel mit Goniatiten, Posidonomya (?) venusta u. Ss. W. 
Ausser den bisher angeführten Gesteinen der näheren Um- 
gebungen von Kielce finden wir nun auch noch an einigen an- 
deren Punkten devonische Schichten; allein theils weil die 
Zahl der darin beobachteten Fossilien zu gering ist, theils weil 
die Untersuchung derselben eine zu flüuchtige war, unternehme 
ich nicht, denselben eine bestimmte Altersstellung anzuweisen. 
Zunächst gehören dahin diejenigen bei Chenein. Der die maleri- 
sche Schlossruine tragende, steil abfallende und auffallend 
schmale Schlossberg, der sich unmittelbar über der Stadt er- 
hebt, besteht aus sehr steil aufgerichteten, mit 80° gegen Süden 
einfallenden Schichten eines dunkelgrauen, diebten Kalksteins. 
Eine mir sonst nicht in devonischen Kalkschichten bekannte 
petrographische Eigenthumlichkeit bilden “flache Nieren von 
leberbraunem Hornstein in gewissen Schichten des Kalksteins, 
welche gerade auf dem scharfen Kamme des Berges, neben der 
Schlossruine, zu Tage gehen. Die einzigen organischen Ein- 
schlusse, welche ich wahrnahm, waren Korallen, namentlich 
jene vielleicht mit Cyathophyllum fasciculare GoLDF. identische 
Cyathophyllen, und eine kleine Calamopora oder Chaetetes-Art, . 
welche auch in den neu aufgefundenen devonischen Kalkstein- 


679 


schichten bei Dziwki unweit Siewierz so häufig ist. Nach 
diesen Korallen und dem allgemeinen Habitus würde ich diese 
Kalksteinschiehten des Schlossberges von COhenein für mittel- 
devonisch halten und dem Eifeler Kalke gleichstellen. 

Von ganz anderem äusseren Verhalten sind die in der 
Nähe des etwa 6 Meilen ostnordöstlich von Kielce gelegenen 
Städtehens Bodzentin aufgeschlossenen devonischen Schichten. 
Längs eines Bachufers ist auf einer längeren Erstreckung zwi- 
schen den Ortschaften Swientomarz und Rzepin eine Reihe 
von mehr oder minder steil aufgerichteten, dunkelen Sandsteinen, 
Thonschiefern, Mergeln und dichten Kalksteinen entblösst. 
Pusch hat diese Partie devonischer Gesteine bereits gekannt 
und sie auf seiner Karte mit der Farbe des Uebergangs-Kalk- 
steins bezeichnet. Neuerlichst hat ZEUSCHSER *) diese Schichten 
naher beschrieben und eine Anzahl von Versteinerungen aus 
denselben aufgeführt. Wir selbst besuchten diese Lokalität 
unter der gefälligen Führung des mit den geognostischen Ver- 
hältnissen des Mittelgebirges wohl bekannten Herrn Kosısskı 
in Biallogor bei Kielee und sammelten die dort vorkommen- 
menden organischen Einschlüsse. Die letzteren finden sich 
theils in violettröthlichen Mergelschiefern, theils in dünnen 
Bänken eines dunkelgrauen oder schwärzlichen, dichten Kalk- 
steins.. In den Mergelschiefern ist das häufigste Fossil eine 
radial gestreifte Orthis von fast rundlichem, nur wenig in die 
Quere ausgedehntem Umriss und mit fast gleicher Wölbung der 
beiden Klappen, welche bei näherer Vergleichung als identisch 
mit O. lunata Sow. in der Auftassung von E. DE VERNEUIL (M.V. 
K. II, 8.189, t. XIII, f£.6) sich erweist. Nächstdem ist Atrypa 
reticularis in diesen Mergelschiefern das gewöhnlichste Fossil. 
In den schwarzen Kalken sammelten wir namentlich Stropho- 
mena depressa, Pentamerus galeatus und einen vielleicht mit 
Spirifer concentricus SCHNUR identischen ungefalteten Spirifer. 
ZEUSCHNER führt aus dieser Schichtenfolge noch einige andere 
Arten und namentlich auch Phacops latifrons auf. Die devo- 
nische Natur dieser Schichten bei Bodzentin kann nicht zweifel- 
haft sein, und nur um die Bestimmung ihres näheren Niveaus 
kann es sich handeln. Die wenigen mit Sicherheit daraus be- 
kannt gewordenen Versteinerungen weisen auf die mittlere Ab- 


*) Siehe Neues Jahrbuch, 1866, S. 513. 


680 


theilung- der devonischen Schichtenreihe hin. In jedem Falle 
sind diese Schichten bei Bodzentin älter als der Kalkstein 
des Kanzelberges bei Kielce und wahrscheinlich auch älter als 
die Sandsteine von Bukowkagöra. Sie würden dann. über- 
haupt die ältesten versteinerungsführenden Schichten des Mittel- 
gebirges sein. Nur die sehr festen, anscheinend versteinerungs- 
leeren‘, hellen Quarzite, welche den Höhenzug der Lysagora 
und einige andere Rücken zusammensetzen, würde man etwa 
nach der Gesteinsbeschaffenheit für noch älter zu halten ge- 
neigt sein. 

Hiernach würde sich die nachstehende Aufeinanderfolge 
devonischer Schichten im Mittelgebirge in absteigender Reihe 
ergeben: 

l) Schwarze, bituminöse Kalke und Kalkmergel zwischen 
dem südlichen Ausgange von Kielce und dem Kanzelberge mit 
Posidonomya (?) venusta, Cypridina - serrato-striata, Phacops 
cryptophthalmus und Goniatites retrorsus. 

2) Hellgrüner Korallenkalk des Kanzelberges bei Kielce 
mit Calamopora cervicornis, Alveolites suborbicularis, Stromato- 
pora polymorpha, Atrypa reticularis, Rhynchonella acuminata, 
Bronteus flabellifer u. s. w. 

3) Bräunlichgrauer Sandstein von Bukowkagöra bei Kielce 
mit Orthis Kielcensis m. 

4) Dunkele, kalkig thonige Mergelschiefer der Eisenstein- 
gruben von Dabrowa bei Kielce mit Spirifer ostiolatus. 

5) Dunkele Sandsteine, violette Mergelschiefer und dichte 
dunkelgraue Kalksteinbanke zwischen Swientomarz und Rzepin, 
bei Bodzentin mit Orthis lunaris, Atrypa reticularis, Pentamerus 
galeatus, Strophomena depressa u. Ss. w. 

6) Versteinerungsleere Quarzite der Lysagöra u. s. w. 

Freilich ist diese Aufstellung wahrscheinlich ebensowenig 
vollständig in der Unterscheidung der in dem Mittelgebirge 
überhaupt entwickelten Glieder des devonischen Gebirges, als 
völlig zweifellos in der Anordnung der einzelnen Glieder, na- 
mentlich der unteren. Erst einer eingehenden Untersuchung 
des ganzen. Gebietes, wie sie nur von einem in dem Lande 
wohnenden Beobachter ausgeführt werden kann, wird es mit 
Hülfe einer vollständigen Kenntniss der organischen Einschlüsse 
und unter sorgfältiger Berücksichtigung der Lagerungsverhält- 
nisse gelingen, den Bau dieser so merkwürdigen Erhebung von 


681 


devonischen Gesteinen in der Gegend von Kielce im Einzel- 
nen klar darzulegen. 


2. Permische Gesteine. 


Von Gesteinen des Steinkohlengebirges ist im Polnischen 
Mittelgebirge nichts bekannt. Dagegen sind Gesteine der Per- 
mischen Gruppe unzweifelhaft vorhanden. Aechter Zechstein 
mit Productus .horridus. tritt bei Kajetanow, 1% Meile nordöstlich 
von Kielce, zu Tage. Zur Zeit als Pusch sein Hauptwerk 
über die Geognosie von Polen verfasste, war ihm dieses Vor- 
kommen noch nicht bekannt. Erst in einem später erschiene- 
nen Aufsatze*) bestimmt erihn als solchen nach Exemplaren von 
Produetus .horridus, die von Herrn Rosr aufgefunden und ihm 
mitgetheilt worden waren. Herr ZEUSCHNErR**) hat neuerlichst 
eine nähere Beschreibung von diesem Zechstein- Vorkommen 
geliefert. Mehrere hart an der von Kielce nach Suchedniow 
und Warschau führenden Landstrasse, ganz in der Nähe des 
Dorfes Kajetanow gelegene Steinbrüche, in welchen Wegebau- 
Material gebrochen wird, gewähren gute Aufschlüsse des Ge- 
steins. Es ist ein dunn geschichteter, selten Bänke von mehr 
als , Fuss Stärke bildender, dunkelgrauer bis schwärzlicher, 
bituminöser Kalkstein, welcher mit dünnen Lagen von zerreib- 
lichem -dunkelem Mergelschiefer wechselt. Die Schichten sind 
mit 10 bis 15° gegen Norden geneigt. Productus horridus ist 
sehr häufig. Die Erhaltung ‚mit perlmutterglänzender Schale 
gleicht der typischen Erhaltungsweise in dem Zechsteine von 
Gera, Schmerbach u. s. w. zum Verwechseln. Andere Fos- 
silien sind selten. Ich fand nur noch einige wenige, aber sicher 
bestimmbare Exemplare der Strophalosia Goldfussü. | 

Das Vorkommen von ächtem Zechsteine an einem so weit 
gegen Osten gerückten Punkte ist von grossem Interesse. 
Eine weite Strecke trennt dieses Vorkommen von den nächst- 
liegenden Ablagerungen des Zechsteins in Deutschland, denjeni- 
sen von Löwenberg und Goldberg in Nieder - Schlesien. Nir- 


- *) Ueber die geognostischen Verhältnisse von Polen nach neueren 
Beobachtungen und Aufschlüssen; in Kansten’s Archiv, Bd. XII, 1839, 
S. 159 — 179, 

**) Ueber den Zechstein von Kajetanow zwischen Kielce und Su- 
chedniow. Neues Jahrb. f. Min., Jahrg. 1866, S. 520 - 522. 


Zeits. d.d.geol. Ges. XVIIL, 4. 44 


682 


gends ist namentlich in dem Umfange des grossen oberschle- 
sisch-polnischen Steinkohlenbeckens der Zechstein gekannt. 

Nach seiner Ausdehnung ist das Vorkommen des Zech- 
steins ein auffallend beschränktes. Der Flächenraum, in wel- 
chem es nachgewiesen ist, beträgt nur wenige Morgen. Ver- 
geblich hat man sich bemüht, die Schichten in ihrem Fortstrei-. 
chen gegen Osten und Westen weiter zu verfolgen. Uebrigens 
liest der Zechstein nicht sowohl an dem Nordabhange der 
devonischen Erhebung von Kielce, als vielmehr in einer Bucht 
dieser letzteren; denn nordwestlich von dem Vorkommen des 
Zechsteins von Kajetanow erscheint nochmals bei dem Dorfe 
Zagdansk *) devonisches Gestein. Die Kirche des letzteren Dorfes 
steht, auf einer Anhöhe, welche weiter östlich zu einem steil 
‘abfallenden, schmalen Bergrücken ansteigt. Dieser ganze Berg- 
rücken besteht aus steil aufgerichteten gegen Norden einfallen- 
den Bänken eines dunkelgrauen oder schwärzlichen Dolomits 
und ebenso gefärbten Kalksteinschichten. Die Kirche selbst 
steht auf dunkelem stinkendem Dolomit, und weiter östlich findet 
man an dem mit Buschwerk bewachsenen, nördlichen Abhange 
des Ruckens einen anderen deutlichen Aufschluss, in welchem 
dunne Bänke von dunkelgrauem Kalkstein steil nordwärts ein- 
fallen. Man könnte über die Natur des Gesteins in Zweifel 
sein, wenn nicht glücklicher Weise zuweilen undeutliche orga- 
nische Einschlusse bemerkt würden. Manche Stücke des Do- 
lomits sind namlich mit denselben walzenrunden, dünnen Korallen- 
stämmchen erfüllt, welche in gewissen Schichten des devonischen 
Kalks bei Chencin häufig sind, und welche in gleicher Weise fur 
die erst jüngst aufgefundenen devonischen Kalkschichten bei 
Dziwki unweit Siewierz eines der bezeichnendsten Fossilien 
sind **). 

Leider ist das Liegende des Zechsteins bei Kajetanow 
ebensowenig wie das Hangende deutlich zu beobachten. Da- 
gegen sind an einigen anderen Punkten in der Gegend von 
Kielce eigenthümliche conglomeratische und breecienartige Ge- 
steine aufgeschlossen, welche wohl das im Liegenden des 


*) Nach Zeuschser ist Zagnansko zu schreiben. Die russische 
Generalstabskarte schreibt Zagdansk. 

**) Pusch, a. a. O. Ba. I, S. 199, hat: irrthümlich diese dunkelen 
devonischen Kalke als Einlagerungen in dem Bunten Sandsteine angesehen 


6853 


Zechsteins zunächst zu erwartende Rothliegende vertreten 
könnten. Der westlich von Kielce sich erhebende Karczowka- 
berg besteht aus aufgerichteten Bänken eines hellgrauen, dem- 
jenigen des Kanzelberges ähnlichen devonischen Kalksteins. 
Am Fusse des Berges und zum Theil auch höher an dem Ab- 
hange hinauf beobachtet man wagerechte Bänke eines kalkigen 
Gesteins, welches aus eckigen, seltener gerundeten Brocken 
desselben Kalksteins, die durch ein eisenschussiges und mei- 
stens röthlich gefärbtes, kalkiges Bindemittel zu einem sehr 
festen Aggregate verbunden sind. Dieses Gestein erinnert in 
manchen Abänderungen an die kalkigen Conglomerate der Ge- 
gend von Krzeszowice, namentlich an diejenigen im Thale von 
Filippowice, welche ich früher”) als wahrscheinlich dem Roth- 
liegenden angehörig erwiesen habe. Auch vor Chenein sind 
an der von Kielce nach Chencin führenden Landstrasse ganz 
ähnliche Brececien dem devonischen Kalksteine aufgelagert. 
Pusc#*) hat diese kalkigen Gesteine unter der Benennung 
„Bunte Uebergangskalk-Breccien* beschrieben und betrachtet sie 
als untergeordnete Lager des Kalksteins selbst. Allein ich 
selbst glaube mit Bestimmtheit beobachtet zu haben, dass sie 
dem devonischen Kalksteine abweichend aufgelagert sind, und 
damit ist auch die von PuschH selbst anerkannte Thatsache im 
Einklange, dass diese Breccien nur am Fusse und an den Ab- 
hängen der Kalksteinberge erscheinen. Uebrigens ist dieses Ge- 
stein durch seine technische Verwendung als Marmor wohl be- 
kannt. Die Säulen vor dem Schlosse von Kielce sind daraus 
gearbeitet, und PuscH bemerkt, dass auch die grosse Säule in 
Warschau, welche die Statue König Siegmund’s III. trägt, 
daraus besteht. 


3. Bunter Sandstein. 


Dieses unterste Glied der Trias-Formation ist in der 
Umgebung des Kielcer Uebergangsgebirges in weiter Ausdeh- 
‚nung gekannt. PuscH, der es unter der Benennung „Nördliche 
bunte Sandstein - Formation* beschreibt, hat diese Verbreitung 
auf seiner Karte des Mittelgebirges näher angegeben. Die 
Haupt-Verbreitung des Sandsteins ist am nördlichen Abfalle 


*) S. diese Zeffschrift, Jahrg. 1864, 8. 633 ff. 
**) Geognost. Beschr. von Polen, I, S. 6öff. 
44* 


684 . Ems 
des Gebirges. Hier bildet er eine breite Zone in der ganzen 
Länge des Gebirges. > 

Die Beschaffenheit des Sandsteins betreffend, so ‘ist es 
sehr bemerkenswerth, dass hier im Mittelgebirge der Bunte 
Sandstein wieder mit allen Merkmalen seines typischen deut- 
schen Vorkommens erscheint, während er in Oberschlesien 
und in dem Krakauer Gebiete in einer sehr abweichenden Form 
entwickelt ist. In Oberschlesien ist der Bunte Sandstein eine 
Schichtenfolge von geringer Mächtigkeit, welche vorherrschend 
aus zähen, braunrothen Letten und losen Sandschichten oder 
zerreiblichen, lockeren Sandsteinen besteht und bei dieser un- 
bedeutenden Mächtigkeit und geringen Festigkeit auch durch- 
aus nicht in selbstständigen Bergformen auftritt. In der Ge- 
gend von Kielce dagegen ist der Bunte Sandstein wieder wie 
in Deutschland eine vorherrschend aus braunrothen, zur Verar- 
beitung in Werkstüucken geeigneten, festen Sandsteinbanken be- 
stehende Bildung von ansehnlicher Mächtigkeit, welche selbst- 
ständig mehrere hundert Fuss hohe Hügel und Höhenzüge zu- 
‚sammensetzt. Nur nach oben, gegen den Muschelkalk hin, 
sollen nach Pusch braunrothe Schieferletten herrschend werden. 
Die Lagerungsverhältnisse dieser Sandsteinbildung betreffend, 
so ruht sie gewöhnlich mit flacher Neigung der Schichten ge- 
gen Norden den devonischen Schichten ungleichförmig auf, wäh- 
rend sie nach oben von Muschelkalk gleichformig bedeckt 
wird. Die Hauptmasse des Sandsteins liegt auch in jedem 
Falle uber dem Zechsteine von Kajetanow. Hiernach kann die - 
. Bildung nur Bunter Sandstein sein. Eben so sicher wurde frei- 
lich die Zugehörigkeit der etwa im Liegenden des Zechsteins 
von Kajetanow nachweisbaren, ähnlichen Sandsteinschichten 
zum Rothliegenden sein. 

Während in der Hauptmasse des Sandsteins organische 
Einschlüsse durchaus zu fehlen scheinen, so haben wir-dagegen 
in den obersten, dem Muschelkalke genäherten Schichten der- 
gleichen entdeckt. Wir fanden nämlich bei Mniow 2 Meilen 
nordwestlich von Kielce, in den dort verbreiteten, vom Muschel- 
kalke bedeckten, weissen Sandsteinschichten mehrere plattenför- 
mige Stücke, welche auf den Schichtflächen mit den Abdrücken 
von Myophoria fallax v. SEEBACH (M. costata ZENKER nach 
H. Eck) bedeckt sind. Bekanntlich ist die®e früher mit der 
M. Goldfussii des Keupers vielfach verwechselte, durch v. SEE- 


685 


BACH zuerst unterschiedene Art eine weit verbreitete Leitmuschel 
des Röths, welche namentlich auch überall in Oberschlesien 
und dem Krakauischen Gebiete diese oberste Abtheilung des 
Bunten Sandsteins bezeichnet. Durch die Auffindung dieser 
Muschel bei Mniow wird nicht nur das dortige Vorhandensein 
des Röths erwiesen, sondern auch die Bestimmung des rothen 
Sandsteins als Bunter Sandstein erhält dadurch erhöhte 
Sicherheit. 


4. Muschelkalk. 


Unzweifelhafter Muschelkalk ist sowohl auf der Nord-, 
wie auf der Sudseite des Kielcer Uebergangsgebirges verbreitet. 
Pusc# hat ihn bereits mit Bestimmtheit als solchen erkannt 
und seine Verbreitung näher angegeben. Auf der Nordseite 
bildet er eine schmale Zone, welche überall die nördliche Grenze 
des Bunten Sandsteins bezeichnet. Ohne Zweifel werden sich 
auch die einzelnen Abtheilungen, welche in Oberschlesien und 
in den angrenzenden Theilen von Polen im Muschelkalke sich 
unterscheiden lassen, auch hier in der Umgebung des Kielcer 
Uebergangsgebirges nachweisen lassen. Wir sahen auf dem 
Huüttenwerke Mroczkow Haufen von Muschelkalk , welche an 
einer nahe gelegenen Stelle gebrochen waren, und welche nach 
petrographischem Verhalten und organischen Einschlussen der 
obersten Abtheilung des oberschlesischen Muschelkalks (H. Eck’s 
Kalke von Rybna) durchaus entsprechen. 


“5. Keuper. 


. Nördlich von der dem Nordabfalle des Kielcer Uebergangs- 
gebirges angelagerten, breiten Zone von Buntem Sandstein und 
dem sie begrenzenden, schmalen Muschelkalk - Streifen breitet 
sich eine vorherrschend aus weissen Sandsteinen und bunten 
Thonen bestehende Bildung über ein mehr als 50 Quadratmeilen 
grosses, dicht bewaldetes und spärlich hevölkertes, flach wellen- 
förmiges Gebiet aus. Durch den grossen Reichthum an vor- 
trefflichen thonigen Spaerosideriten hat diese Bildung bedeu- 
tende technische Wichtigkeit. Zahlreiche durch das waldige 
Gebiet zerstreute ärarische und private Eisenhütten verarbeiten 
diese Erze. Die weitaus wichtigste Eisen-Industrie Polens hat seit 
alter Zeit hier ihren Sitz. Die unabsehbaren Wälder liefern das 


j 656 
Material für die Verhüttung der Erze. PuscH*) hat diese 
eisenerzführende Bildung unter der Benennung „Nördliche 
weisse Sandstein-Formation* eingehend beschrieben. Er unter- 
scheidet in derselben eine untere steinkohlenführende und eine 
obere eisensteinreiche Abtheilung. Die erstere bestelit nach 
ihm aus dunkelen Schieferthonen und schiefrigen Sandsteinen 
mit untergeordneten, wenig mächtigen, unregelmässigen Lagern 
von unreiner Steinkohle, die obere aus weissen Sandsteinen 
und bunten Thonen mit Einlagerungen von thonigen Sphäro- 
sideriten. Die Mächtigkeit der ganzen Bildung kann gegen 
500 Fuss beitragen. Die Neigung ist ganz flach gegen Norden 
oder Nordosten. Wir lernten diese Gesteine auf einer Exeur- 
sion kennen, welche wir ebenfalls uuter der freundlichen Fuh- 
rung des Herrn Kosınskı von Kielce aus über Suchedniow, 
Mroczkow, Odrowanz, Mokra, Dziadek und Gliniany Las aus- 
führten. 

Die bunten Thone sahen wir zuerst bei dem Dorfe Odro- 
wanz. Die die flachen Umgebungen weit beherrschende An- 
höhe, auf welcher das Dorf gebaut ist, besteht daraus, und in 
dem Dorfe selbst sahen wir sie an mehreren Stellen gut auf- 
geschlossen. Gleich auf den ersten Blick ist die. Aehnlichkeit 
dieser Thone mit den Keuper-Thonen von Woischnik, Lub- 
linitz u. s. w. in Oberschlesien auffallend. Dieselben braun- 
rothen Letten und bunten Mergel wie dort. Auf der Halde 
eines hinter der Kirche des Dorfes in den braunrothen Letten 
abgeteuften Schachtes fanden wir ausserdem Stücke der grauen 
und bunten Kalkbreecien, deren Einlagerungen für die Keuper- 
Thone Oberschlesiens und der angrenzenden Theile von Polen 
so sehr bezeichnend sind. 

Das Vorkommen der Eisensteine beobachteten wir zunächst 
auf den Eisensteingruben bei dem Dorfe Mokra. Mit den dor- 
tigen Schächten wurden zuoberst 5 Lachter weisse Sandstein- 
schichten, dann 6 Lachter rothe Thone durchsunken. Mit dem 
elften Lachter ‘wurdefi die Lager von thonigem Sphärosiderit 
angetroffen, deren Gesammtmächtigkeit hier 15 Zoll beträgt. 

Auf den Gruben von Dziadek, welche wir zunächst be- 
suchten, unterscheiden sich die Erze in dem äusseren Ansehen 
nur wenig von den bunten, bandförmig gestreiften Thonen, in 


*) Geognostische Beschreibung von Polen, Th. I, S. 292 ff. 


687 


denen sie vorkommen. Es sind handdicke Lager derselben 
braunrothen und grünlichgrauen Thone, mit kohlensaurem Eisen- 
oxydul durchdrungen. Auch hier werden die Thone von weissen 
Sandsteinen bedeckt. In dem ganzen Gebiete von Puscn’s 
„Nördlicher weisser Sandstein-Formation* sieht man überhaupt 
als zu Tage anstehendes Gestein fast nur den weissen Sand- 
stein. Namentlich erscheint er auf den Höhenzügen, während 
in den dazwischen liegenden Thälern Diluvialsand abgelagert 
zu sein pflegt. Die bunten Thone haben sich als leichter zer- 
stöorbare Gesteine viel seltener an der Oberfläche erhalten. 
Durch dieses scheinbare Vorherrschen ist wohl auch PuscH zu 
seiner Benennung „Nördliche weisse Sandstein-Formation* ver- 
anlasst worden, obgleich dieselbe doch in Wirklichkeit keines- 
weges ausschliesslich aus Sandsteinen, sondern zu einem 
grösseren Theile aus Thonen und: Thonmergeln besteht. 

Von Dziadek fuhren wir zu den Eisensteingruben von Gliniany 
Las. Die hier vorkommenden Eisensteine gelten als die besten 
des ganzen Gebietes. Es sind zolldicke bis handdicke Platten 
von röthlichgrauem, thonigem Sphärosiderit, welche auch hier 
wie auf den anderen Gruben bunten 'Thonen untergeordnet 
sind. Eine an keiner anderen Stelle beobachtete Eigenthüm- 
lichkeit bildet aber hier das Vorkommen einer zwischen den 
Eisensteinlagen liegenden, 6 Zoll dicken Lage von röthlich ge- 
färbtem Tutenmergel oder Nagelkalk. Aus dem Keuper Ober- 
schlesiens ist mir nichts Aehnliches bekannt. 

Organische Einschlüsse sind in der ganzen von Pusch 
als „Nördliche weisse Sandstein-Formation* beschriebenen Bil- 
dung äusserst selten und beschränken sich auf einige wenige 
Pflanzen-Abdrücke und noch sparsamere thierische Reste. Von 
Pflanzen führt PuscH *) Neuropteris Scheuchzeri, Pecopteris Scheuch- 

zeri STERNB., Oycadites Nilssonii STERNB. und nicht näher be- 
 stimmbare schilfähnliche Abdrücke auf. Die specifischen Be- 
stimmungen dieser Pflanzen werden kaum als zuverlässig zu 
betrachten sein und für die nähere Altersbestimmung der Bil- 
dung nur ein geringes Anhalten gewähren. Wichtiger ist in 
dieser Beziehung‘ ein Vorkommen von Farrnkraut-Abdrücken 
in einem grauen Schieferthone bei Miedzieczo. Ein Stück dieses 
Gesteins, welches ich durch Herrn Kosınskı erhielt, ist mit 


» A: 2.0. 1,8. 38. 


688 : 


den Blättern eines Farrnkrautes erfüllt, welches sich bei nä- 
herer Vergleichung mit der in den Thoneisensteinen von Lud- 
wigsdorf, Matzdorf, Wilmsdorf u. s. w. in der Gegend von 
Kreuzberg und Landsberg in Oberschlesien häufigen Pecopteris 
Ottonis Göpp. als identisch erweist. 

Von thierischen Resten führt PuscH zunächst „deutliche 
Steinkerne einer kleinen, fachgedrückten Myaciten-Art, welche 
bei 1 bis 1: Zoll Länge z Zoll Breite haben,* aus einem fein- 
körnigen Sandsteine zwischen Mirkowice und Kossowice auf. 
Exemplare dieser Art: sahen wir in Pusc#’s Sammlung‘ in 
Warschau. Es ist, obgleich die Schlosstheile nicht deutlich zu 
erkennen waren, dem allgemeinen Habitus nach, entschieden 
eine kleine Art der Gattung Unio. Dieselbe Art fanden wir 
selbst in dem weissen Sandsteine in dem Dorfe Mokra. Ein- 
zelne Lager der dortigen Sandsteine sind ganz erfüllt mit den 
zusammengedruckten Schalen dieser Art. Ausserdem ‘enthält 
der Sandstein von Mokra nur noch Steinkerne eines ‘kleinen 
Gastropoden, welches wahrscheinlich zur Gattung -Paludina 
gehört. 

Wenn PuscHh*) ausserdem „Mytuliten, Myaciten, Peectini- 
ten, gefaltete Terebrateln und wenige einschalige Schnecken* 
von einer einzelnen Stelle, nämlich in einem rothen Thoneisen- 
stein-Flötze bei Tychow anführt, so gehören die Schichten, 
welche diese augenscheinlich marine Fauna einschliessen, ge- 
wiss nicht seiner „Nördlichen weissen Sandstein- Formation“ 
an, welche allen übrigen Einschlüssen nach durchaus für eine 
Süsswasserbildung anzusehen ist. 

Nach der gleichformigen Auflagerung auf unzweifelhaften 
Muschelkalk, wie nach dem paläontologischen Verhalten kann nun 
diese in Rede stehende „Nördliche weisse Sandstein-Formation* 
von Pusch nicht wohl etwas Anderes als Keuper sein. Wie 
sich nach der geographischen Lage erwarten liess, zeigt sich 
die meiste Verwandtschaft mit dem Keuper Oberschlesiens und 
der an Oberschlesien angrenzenden Theile von Polen. Die 
rothen und bunten, fast kalkfreien Letten, die Einlagerungen 
von grauen oder bunten, kalkigen Breccien in diesen Letten und 
das Vorkommen reicher Ablagerungen von thonigen Sphärosi- 
deriten in den Thonen sind Eigenthümlichkeiten, welche diese 


*, A. 2a..0.-8. Si und 323. - 


689 


Aehnlichkeit mit dem, oberschlesischen Keuper im Gegensatze 
zu den typischen Keuper-Bildungen im mittleren Deutschland 
vorzugsweise begründen. Andererseits ist die mächtige Ent- 
wicklung weisser Sandsteinschichten in dem Keuper vom Nord- 
abhange des Kielcer Uebergangsgebirges auffallend unterschei- 
dend; deun“ in dem Keuper Oberschlesiens sind Sandsteine 
zwar nicht ganz ausgeschlossen, aber gegen die thonigen Ab- 
lagerungen immer ganz untergeordnet. Auch haben sie nie- 
mals die rein weisse Farbe und die eine Verarbeitung zu Werk- 
stucken zulassende Festigkeit wie die Sandsteine der weissen 
Sandstein-Formation von PuscH, sondern sind grau von Farbe 
und mürbe und zerreiblich. Auch darin tritt ein wesentlicher 
Unterschied hervor, ‘dass in dem Keuper‘ nördlich von dem. 
Kieleer Uebergangsgebirge die thonigen Sphärosiderite zum 
Theil wenigstens in einem sehr viel tieferen geognostischen 
Niveau liegen, wie diejenigen in den früher für jurassisch ge- 
haltenen Keuper-Schiehten der Kreuzburger und Landsberger 
Gegend. Das gilt namentlich von denjenigen von Gliniany Las 
und anderen der Auflagerungsgrenze des Keupers auf den 
Muschelkalk sehr genäherten Punkten. Es scheint, dass der 
Keuper am Nordabhange des Kielcer Uebergangsgebirges in 
verschiedenen Niveaus Lager von thonigen Sphärosideriten 
führt, während in dem Keuper Oberschlesiens die bauwürdigen 
Sphärosiderite auf ein einziges, weit über der Mitte der gan- 
zen Bildung liegendes Niveau beschränkt sind. 

Die für den oberschlesischen Keuper im Gegensatze zu 
dem Keuper Mittel - Deutschlands so bezeichnenden, versteine- 
rungsleeren, gelblich weissen, dichten Kalksteine, wie diejenigen 
von Woischnik, Lublinitz u. s. w. scheinen in dem Keuper 
nördlich von dem Kielcer Uebergangsgebirge, nach den Anga- 
ben von PuscH*), nicht ganz zu fehlen, aber doch nicht die 
Mächtigkeit und Verbreitung wie in Oberschlesien zu besitzen. 

Die dem Alter nach auf die „weisse Sandstein-Formation“ 
zunächst folgenden, jüngeren Gesteine sind nicht bekannt. 
Die nach Pvsch am Nordrande des Keuper- Gebietes an meh- 
reren Stellen auftretenden, oolithischen , weissen Jurakalke 
gehören nach der wichtigen Beobachtung von ZEUSCHNER, der 
zufolge sie zum Theil Exoyyra virgula enthalten, der Kim- 
meridgebildung an und sind augenscheinlich ungleichförmig 
oder uübergreifend aufgelagert. Die versteinerungsführenden, 
mitteljurassischen Schichten, welche bei Bodzanowitz, Wichrow 
‘und Sternalitz in Oberschlesien das nächste paläontolo- 


*) Wir selbst beobachteten mit Exogyru virgula erfüllte, dünn ge- 
schichtete, hellgraue Kalksteine auf dem Wege von Petrikan nach Kielce 
vor dem Uebergange über die Pilica, 

5 


690 


'gisch scharf bestimmbare Glied über dem Keuper bilden, sind über 

der „Nördlichen weissen Sandstein-Formation* von Pvsch nir- 
gends nachgewiesen worden. Vielleicht gehören hierher die 
schon erwähnten Schichten von Tychow, wo nach Pusca*) ein 
Flötz von rothem Thoneisenstein „Mytuliten, Myaciten, Pecti- 
niten, gefaltete Terebrateln und wenige einschalige Schnecken“, 
also eine entschieden marine Fauna, einschliesst. 


Nach dem Vorhergehenden dürfen als die bisherige geo- 
logische Kenntniss des Polnischen Mittelgebirges erweiternde 
Thatsachen, zu deren Feststellung der kurze Ausflug geführt hat, 
namentlich folgende gelten: 

1) DieNachweisung der obersten, durch Gonia- 
titen, ÖUypridina serrato-striata, Posidonomya ve- 
nusta u. Ss. w. bezeichneten Abtheilung der devo- 
nischen Gruppe. 

2) Die Ermittelung des Röths durch Auffindung 
der Myophoria fallax v. SEEBACH (M. costata ZENKER 
nach Eck) in weissen Sandsteinen bei Mniow. 

3) Die Gleichstellung von Pusca’s „Nördlicher 
weisser Sandstein-Formation* mit. dem Keuper 
Oberschlesiens. 


Erklärung von Taf. XI. 


Fig. 1. Goniatites retrorsus var. Ansicht eines in ein Stück des bi- 
tuminösen. dunkelen Kaiksteins eingeschlossenen Exemplars von der Seite, 

Fig. 2. Posidonomya (?) venusta Münster. Ansicht der linken Klappe 
in natürlicher Grösse. f 

Fig. 3. Vergrösserte Ansicht derselben Klappe. 

Fig. 4. Cypridina serralo-striata. Ansicht eines Stückes Kalksteins 
mit mehreren eingewachsenen Exemplaren in natürlicher Grösse. 

Fig.5. Vergrösserte Ansicht eines Exemplars von der Seite. 

Fig. 6. Phacops cryptophthalmus. Das Kopfschild in natürlicher 
Grösse. 

Fig. 7. Dasselbe vergrössert. 

Fig. 8. ARhynchonella acuminata. Ansicht eines Exemplars aus dem 
grauen Kalke des Kanzelberges in natürlicher Grösse von der Seite. 

Fig.9. Camarophoria (?) Polonica n. sp. Gegen die nicht durchbohrte 
Klappe gesehen. 

Fig. 10. Ansicht gegen die Stirn. 
Fig. 11. Spirifer ostiolatus. Ansicht gegen die nicht durchbohrte 
Klappe. 

Fig. 12. Orthis Kielcensis n. sp. Ansicht der grösseren Klappe in 
natürlicher Grösse. 

Fig. 13. Ansicht der kleinen Klappe. 

Fig. 14. Ansicht der vereinigten Klappen im Profile. 


*) A, a. O. S. 311 und 323. 


4. Ueber die Bestimmung des Schwefeleisens in 
Meteoriten. 


Von Herro (. Rammeussere ın Berlın. 


Bei der chemischen Untersuchung von Meteoriten haben 
GREWINGK und ScHmipt*) ein neues Mittel benutzt, um Nickel- 
eisen von den Sulfureten des Eisens zu trennen und diese 
Körper quantitativ zu bestimmen. Dieses Mittel ist das Queck- 
silberchlorid. Sie sagen darüber: 

„Erwärmt man Eisensulfuret, FeS, mit einer Lösung 
von Quecksilberchlorid, so entsteht Quecksilbersulfuret, und 
die Flussigkeit enthält nur Eisenchlorür, Sie ist neutral und 
wird von Chlorbaryum nicht getrübt. 

Wendet man Magnetkies an, so ist der Erfolg der- 
selbe, allein die Flussigkeit enthält eine gewisse Menge freier 
Schwefelsaure.“ | 

Die Verfasser betrachten den Magnetkies als Fe’ S°, und 
erklären den Vorgang: 

4Fe’S® + 31HgCl’ - AH’O = 28Fe Cl” 
3lHgS 
6H Cl 
1 20. 

Hiernach müssen 100 Theile Magnetkies eine Flüssigkeit 

geben, in welcher 
12325 308650 --3,(81H »0- 
enthalten sind. 

Wenn nach meinen Versuchen der Magnetkies besser als 
Fe° 5° bezeichnet wird, so könnte der Vorgang sein: 

4Fe® S’ 435 Hg Cl’+4H?0O=32FeCl’ 
35 HgS 
6H Cl 
H° SO"; 


*) Ueber die Meteoritenfälle von Pillistfer, Buschhof und Igast in 
Liv- und Kurland. Dorpat, 1864. 


692 


oder 100 Theile würden geben 
31.087 =80° 2,1717 = H’S0" 3,322. 
Wendet man Schwefelkies, FeS’ an, so ist die Flüssig- 
keit noch saurer: x 
'uu4& Pe 844 7 HgCl? 4.4H:0=4Fe0l? 
7HgSs 
6 “ Cl 
2,0 

In diesem Falle geben 100 Theile Zn en in der - 

sauren Flussigkeit 
8.06,666— SO; 16.66 =.H?’.SO° 20,417: 

Behandelt man aber metallisches Eisen- Nickel oder Me- 
teoreisen mit einer Lösüng von Quecksilberchlorid, so wird 
Quecksilber gefällt, und die Flüssigkeit enthält bloss Eisen- 
oder Nickelchlorür. | 

Auf diese Weise haben die Verfasser gesucht, , Eisensul- 
furet (Troilit), Magnetkies und metallisches Eisen ‚ihren rela- 
tiven Mengen nach zu bestimmen. 

Da sie indessen keine Versuche über die Einwirkung des 
Quecksilberchlorids auf die verschiedenen Sulfurete des Eisens 
mitgetheilt haben, so will ich die Resultate eigener Erfahrun- 
gen hier anführen. 

A. Magnetkies von Bodenmais, 3,408 ee ., sehr fein 
gepulvert. Nach sechstägiger Digestion im Weasserstoffstrome 
war noch viel unzersetz. Aus der Flüssigkeit wurden 0,019 
Ba SO* und 0,887 Fe?’ O° == Fe 0,6209 erhalten. Letztere sind 
—=1,02 Magnetkies d. h. 30 pCt. des Ganzen und hatten 
0,006585 SO’ = 0,64 pCt. (anstatt 2,7) gegeben. 

B. Schwefelkies. 1,491 lieferten 0,1145 Ba SO* und 
0,0979 Fe? O° = Fe 0,0685, welche 0,1468 FeS’ entsprechen, 
die 0,03927 SO? gegeben haben. Es waren also nahe 10 pCt. 
Schwefelkies zersetzt, und diese hätten etwa 27 pCt. SO’ er- 
geben (anstatt der berechneten 16- pCt.): 

Wiederholte Versuche mit Magnet- und Schwefelkies zeig- 
ten, dass selbst nach tagelanger Behandlung mit Quecksilber- 
chlorid der grösste Theil unzersetzt bleibt, und dieser Umstand 
sowohl, als die der Berechnung durchaus nicht entsprechende 
Menge Schwefelsäure, welche man in der Flüssigkeit findet, 
lassen die Methode von GREWINGK und ScHuipt auch für Me- 
teoriten als unsicher erscheinen. 


693 


5. Ueber die Erzgänge des nordwestlichen Oberharzes. 


Von Herrn A. v. Groppeck ın Clausthal. 


(Hierzu Taf. XIV, XV, XVI) 


Einleitung. 


Es giebt wohl kaum ein Ganggebiet, welches bei so be- 
trächtlicher Ausdehnung so gründlich durch den Bergbau auf- 
geschlossen ist, wie das Ganggebiet des nordwestlichen Ober- 
harzes. 

Die anhaltende Erzführung der mehrere tausend Lachter 
langen Gangzüge bis in eine relative Tiefe von über 2000 han- 
noversche Fuss, das insularische Auftreten des von tiefen Thä- 
lern durchschnittenen Gebirges, welches zur Anlage bedeuten- 
der Stolln Gelegenheit bot, der Wasserreichthum der höchsten 
Gebirgsgegenden etc. begunstigten den Bergbau und gaben zu 
immer erneuerten Aufschlüssen Veranlassung. 

So ist denn jetzt ein uber 7000 Lachter langer und 5000 
Lachter breiter Flächenraum, von vielen erzführenden Gängen 
durchzogen, bis in eine Tiefe von 200 bis 300 Lachter recht 
genau bekannt. 

Die Ganguntersuchungen, durch rein bergbauliche Rück- 
sichten geleitet und ausschliesslich von den Markscheidern aus- 
geführt, bezogen sich hauptsächlich auf das räumliche Verhal- 
ten der Gänge und Gangzüge; sie zeigten die Wege, auf de- 
nen die in den Gangräumen regellos vertheilten Erzmittel mit 
Hoffnung aufzusuchen waren. 

Eine umfassende und sehr gründliche Beschreibung der 
räumlichen Verhältnisse der Erzgänge des nordwestlichen Ober- 
harzes hat bereits im Jahre 1837 Zimmermann geliefert (Kar- 
STEN’s Archiv, R. II, Bd. 10). Dieser Beschreibung ist eine 
vom jetzigen Bergmeister BoRCHERS entworfene Gangkarte bei- 
gefugt. 


694 


Die Fortschritte des Bergbaues während der verflossenen 
29 Jahre haben natürlich wieder viele neue Aufschlüsse gege- 
ben, und dadurch sind manche Ansichten jener Zeit modifieirt 
oder gänzlich geändert. | 

Die genannte, Jedem leicht zugängliche Arbeit, genügt 
aber trotzdem auch jetzt noch zur allgemeinen Orientirung über 
die Harzer Gangverhältnisse. 

Eine der jetzigen Kenntniss entsprechende Gangkarte ist 
auf Veranlassung des Königlichen Berg- und Forts- Amtes 
zu Clausthal von dem durch die markscheiderischen Arbeiten 
beim Ernst-August-Stolln-Betriebe rühmlichst bekannten Berg- 
meister BORCHERS ausgeführt. 

Diese Gangkarte, die sich durch grosse Genauigkeit und 
Schönheit auszeichnet, wird demnächst in weiteren Kreisen be- 
kannt werden; nach ihr ist der Verlauf der wichtigsten Gänge 
auf das ÖOrientirungsblatt (Taf. XIV) annähernd richtig auf- 
getragen. 

Ausser diesen wichtigen Arbeiten ist wenig Umfassendes 
über die in Rede stehenden Gänge veröffentlicht. 

Folgende Schriften enthalten Beiträge zur näheren Kennt- 
niss derselben: 

v. TReBRA, Erfahrungen vom Inneren der Gebirge. Dessau 
und Leipzig. 1785. 

O. Lasıus, Beobachtungen über die Harzgebirge. 2 Th. 
Hannover. 1789. 

J. ©. Freiestegen, Bemerkungen über den Harz. 2 Th. 
Leipzig. 1795. 

Hausmann, Skizze zu einer Oryktographie des Harzes. 
Hercynisches Archiv von Horzmans. 1805. 8. 9—29 und 
Ss. 239 — 251. 

Fortsetzung davon: Ueber das Vorkommen und die Ver- 
gesellschaftung verschiedener erdiger und metallischer Minera- 
lien auf den Harzer Erzlagerstätten. Norddeutsche Beiträge 
zur Berg- und Hüttenkunde. Braunschweig. 1806 — 1810. 
Stuck II, S. 1— 18. 

Osruann, Bemerkungen über das Verhalten der Gänge 
der Grube St. Katharina bei Clausthal. Norddeutsche Beiträge 
zur Berg- und Hüttenkunde, Braunschweig. 1807. Stück II, 
S. 32. 


Ostmans, Bergmännische Aphorismen mit besonderer Rück- 


695 


sicht auf den Zellerfelder Hauptzug am Harz. Norddeutsche 
Beiträge etc. Stuck IV,S. 1—8. 

ScHuLtz, Bemerkungen über den Bergbau am Harz. Kuar- 
sten’s Archiv, R. I, Bd. IV, $S. 229 —317 und Bd. V, 8.95 — 
157. 1821 und 1822. 

OSTMANN, Ueber die Anwendung der bisherigen Gang- 
theorien auf den Oberharzer Bergbau mit Rucksicht auf dessen 
Gangverhältnisse. Karsten’s Archiv, R.I, Bd. V, S. 33 — 67. 
1822. 

ZIMMERMANN, Die Wiederausrichtung verworfener Gänge, 
Lager und Flötze. Darmstadt uud Leipzig. 1828. 

ZIMMERMANN, Das Harzgebirge. 2 Th. Darmstadt. 1834. 

ZIMMERMANN, Die Erzgänge und Eisensteins - Lagerstätten 
des Nordwestlichen Hannoverschen Oberharzes.. Karsten’s 
Archiv, R. II, Bd. X, S. 27— 91. 1837. 

Hausmans, Ueber die Bildung des Harzgebirges. Göttin- 
gen. 1842. , 

Fr. Av. Roermer, Notiz über die Harzer Erzgänge. Neues 
Jahrbuch für Mineralogie ete. 1844. S. 57. 

C. GREIFENHAGEN, Ueber das Vorkommen des Rothgiltig- 
erzes auf der Grube Bergwerks-Wohlfahrt bei Zellerfeld. Be- 
richt über die dritte (seneralversammlung des Clausthaler natur- 
wissenschaftlichen Vereins Maja, 1854. S. 11— 1A. 

Fr. W. Wimmer, Die Gänge im Felde der Gruben Ring 
und Silberschnur zu Zellerfeld. Ibid. S. 14—20. 

C. GREIFENHAGEN, Das Nebengestein der Bockwieser Blei- 
glanzgänge. Ibid. S. 20 — 34. 

B. Osass, Ueber ein neues Vorkommen von Zinnober im 
 Grauwackengebirge des nordwestlichen Öberharzes. Mitthei- 
lungen des ÜClausthaler naturwissenschaftlichen Vereins Maja, 
1856. S. 20. 

Fr. ULLricH, Ueber ein Vorkommen von Kupfererzen bei 
Hahnenklee unweit Clausthal. Berg- und Huüttenmännische 
Zeitung, 1859. S. 55 — 56. 

B. Kerz. Die in den Oberharzer - Erzgängen vorkommen- 
den Mineralien. Berg- und Hüttenmännische Zeitung, 1859. 
S.,.21 u. £, 

B. Kerr, Die Oberharzer Blei- und Kupfererzgänge und 
die darauf bauenden Gruben. Berg- und Hüttenmännische Zei- 


tung, 1859.-S. 421 u. f£. 


696 


B. v. Corta, ‘Ueber den sogenannten  Gangthonschiefer 
von Clausthal. Berg- und Hüttenmännische Zeitung, 1864. 
S. 393 — 39: ; 

J. Kroos, Die Erzgänge des III. Burgstädter. Revieres 
(der Gruben Herzog Wilhelm, Anna Eleonore und Kranich) 
bei Clausthal. Berg- und Hüttenmännische‘ Zeitung,‘ 1865. 
5,3881, ET. tun“ 

A. v. GRODDECK, Ueber das Zusammenvorkommen der 
wichtigsten Mineralien in den Oberharzer Gängen westlich vom 
Bruchberge und die von Herrn Corxu bemerkten. Beziehungen 
ihrer Aequivalentgewichte. Berg- und Hüttenmännische Zeitung, 
1866. S..115 — 117. ; 

Die genannten Schriften enthalten, ausser. der von C. 
GREIFENHAGEN über das Nebengestein der Bockswieser Blei- 
glanzgänge, nur vereinzelte Angaben über das Verhalten des 
Nebengesteins zu den Gängen. Ebensowenig ist in denselben 
ausführlich der Ausfüllungsmassen der Gänge und ihrer ' BaRar 
genetischen Verhältnisse gedacht. 

In der Hoffnung, zu bestimmteren Anschauungen uber die 
Bildungsweise der in Rede stehenden Gänge zu gelangen, ist 
es mein Bestreben gewesen, das Verhalten der Gänge zum 
Nebengestein und die Ausfullungsmassen der Gangspalten in 
weitester Ausdehnung zu beobachten. 

Im. Folgenden sollen diese Beobachtungen, und die sich 
daraus ergebenden Schlusse auf die Entsichungesyeige der Gänge 
. niedergelegt werden. 


Geognostische Vorbemerkungen. 


Das durch seine Tannenwälder, Wiesen und Teiche cha- 
rakterisirte, ca. 2000 hannov. Fuss hohe Clausthaler Hoch- 
plateau, welches der Sitz des Oberharzer Bergbaues ist, ge- 
hört bekanntlich der unproductiven unteren Steinkohlenforma- 
tion, und zwar der Facies des Culm, an. | 

Geographisch wird dasselbe im Norden durch die Höhen- 
zuge des Bocksberges und Kahleberges, im Osten durch das 
Okerthal, im Süden durch das Lösethal und im Westen durch. 
das Innerstethal gut begrenzt. Geognostisch aufgefasst muss 
demselben jedoch eine etwas grössere Ausdehnung gegeben 
werden. 


-697 
‘In diesem Sinne wird es im Norden von der Devon- 
formation des Kahle- und Bocksberges begrenzt, welche nach 
den neuesten Aufschlüssen durch den Bergbau bei Lautenthal 
und Bockswiese in concordanter Lagerung die Culmformation 
flach unterteuft und 5{:0—600 hannov. Fuss das Oulmplateau 
überragt. 

Im Osten erhebt sich bis uber 3000 hannov. Fuss der 
Quarzfelsrücken des Bruchberges, der als eine jüngere Schicht 
die OCulmschiehten wahrscheinlich concordant überlagert. 

Im Süden und Westen ist die Grenze des Plateaus das 
Zechgesteingebirge, welches am Abfalle des Gebirges in flacher 
Lagerung den Schichtenköpfen des Culm aufliegt. 

' Diese so ringsum begrenzten Culmschichten bilden im 
grossen Ganzen ein einziges Plateau, welches von den Thä- 
lern der Oker, Sose und Innerste tief durchschnitten wird und 
so in einzelne kleinere Plateaus zerfällt. 

Die Gänge durchsetzen erzführend in nordwestlicher Rich- 
tung die Thäler der Innerste und Oker; sie sind aber nicht im 
Quarzfelse des Bruchberges bekannt, und sicher ist es, dass 
sie nicht in das Zechgesteingebirge hineinsetzen. Auch im 
‘Norden bildet das Devon die Grenze der Erzführung. Bau- 
würdige Gänge durchsetzen zwar noch devonische Schichten an 
der Grenze, weiter nördlich werden die Gänge jedoch  wahr- 
scheinlich unbauwürdig und verschwinden:schliesslich ganz. 

Es ergiebt sich daraus also, dass die Erzgänge im We- 
sentlichen auf das Seognostisch rings umher gut abgegrenzte 
Culmplateau beschränkt sind. 

Die Culmformation dieses Gebietes ist höchst einförmig 
aus einer sich immer wiederholenden Wechsellagerung von 
Grauwacke, Grauwackenschiefer und Thonschiefer gebildet. 
Viele Bänke dieser Gesteine sind versteinerungsleer, die mei- 
sten Thonschieferschichten dagegen, welche zwischen Grau- 
wackenbänken liegen, sind reich an organischen Resten. Die 
Versteinerungen dieses Gebietes sind von Fr. A. RoEMER be- 
schrieben. (Die Versteinerungen des Harzgebirges von Fr. 
A. Rormer, Hannover, 1843, und Beiträge zur geologischen 
Kenntniss des nordwestlichen Harzgebirges von Fr. A. RoEMER, 
Cassel, 1850, 1852 und 1854.) 

Als ein bis jetzt vollständig räthselhaftes Gebilde tritt mitten 

Zeits.d.d geol.Ges XVII. 4. 45 


698 


im Gebiete des Culm der berühmte Grünsteinzug auf, welcher 
von Osterode bis Harzburg bekannt ist und in Verbindung mit 
_ devonischen Schichten, Wissenbacher Schiefern und Stringoce- 
phalen Kalk, von den Culmschichten lagerförmig eingeschlossen 
wird. Ebenso räthselhaft ist in diesem Gebiete der oberde- 
vonische Korallenustock des Iberges bei Grund, da sich die 
Culmschichten demselben nicht ringsum mantelförmig anlagern, 
sondern in ihrem Streichen an demselben abschneiden. 

Es ist sehr schwierig, von der Schichtenstellung der Ober- 
harzer Culmformation und der angrenzenden Gebirgsglieder 
sich. eine ganz klare Vorstellung zu bilden. Es wären dazu um- 
fassende und langwierige Untersuchungen nothwendig, indem 
man an allen Stellen, wo die Gesteinsschichten klar vorlie- 
gen, Streichungsrichtung und Fallen beobachten und in eine 
Karte von sehr grossem Maassstabe eintragen musste. Lasıus 
hat den Wunsch, dass das geschehen möge, schon im Jahre 1789 
(l. ec. I, S. 63) ausgesprochen. 

Das ‚Streichen der Oberharzer Gebirgsschichten schwankt 
zwischen den Stunden 3 und 5 des bergmännischen Compasses. 

Lasıus sagt, (l. c. I, S. 63), dass das Streichen noch 
öfter wechselt als das Fallen, aber immer, mit äusserst weni- 
gen Ausnahmen, zwischen der l2ten und 6ten Stunde. 

ZIMMERMANN giebt in seinem Werke: „Das Harzgebirge* 
S. 80 an, dass er das Streichen der Schichten nordwestlich 
vom Brocken und Bruchberge in der Regel zwischen Stunde 
3 und 4 beobachtet habe. 

Hausmann erwähnt in seinem Werke über die Bildung des 
Harzgebirges S. 7, dass das Streichen der Schichten in den 
verschiedenen Theilen des Harzes sehr gleich sei, indem es 
zwischen der 3. und 5. Stunde des bergmännischen Compasses 
zu schwanken pflegt. 

Diese im Wesentlichen übereinstimmenden Angaben, so- 
wie einzelne an verschiedenen Stellen des Gebirges leicht an- 
zustellende Beobachtungen bestätigen das genannte allgemeine 
Resultat. 

Ich muss hier noch erwähnen, dass in der Gegend von 
Lautenthal, wo die Schichten des Culm den devonischen Schich- 
ten auflagern, die Streichungsrichtung Stunde 6 vorherrscht, 
und dass die Grenze beider Formationen wahrscheinlich  eben- 
falls in dieser Richtung streicht. Dass Verhältniss der Schich- 


699 


tenstellung an den Grenzen der Formationsglieder ist am Harz 
im Allgemeinen, nach den bisherigen Aufschlussen, am schwer- 
sten klar zu erkennen, und wären gerade pn umfassende Un- 
tersuchungen wunsehenswerth. 

Das Fallen der Schichten wird meistens als ein Seh: steiles 
bezeichnet. % 

Lasıus sagt (l. c. I, S. 60 u. 61), dass das Fallen des 
Gesteins seine Richtung sehr oft ändere und alle Zwischen- 
stufen zwischen der seigeren und wagerechten Lage annehme. 
Er setzt hinzu, dass letztere Lage sich selten finde und selten 
auf beträchtliche Strecken fortdauere. 

ZIMMERMANN, in seinem Harzgebirge S. 75, erwähnt, dass 
die Schichten des Harzes eine ziemlich aufrechte le 
hätten, und zwar im Durchschnitte 60 — 70° Fallen. 

Havsmansn (Bildung des Harzgebirges S. 7.), giebt ein 
durchschnittliches Fallen von 50 — 70°’ an und berechnet 
S. 11 die Höhe, bis zu welcher bei einer mittleren Neigung 
der Schichten von 60° dieselben erhoben sein müssten, wenn 
das ganze Gebirge im Zusammenhange gehoben wäre, auf 
mehr als 4 geographische Meilen. Hausmann bemerkt freilich 
ausdrücklich, dass auch kleinere Fallwinkel beobachtet wer- 
den, ja dass sogar horizontale Lagen der Schichten vorkämen. 

Die Angaben solcher Autoritäten, sowie die leicht zu 
wiederholende Beobachtung steiler Schichtenstellungen an 
geognostisch besonders interessanten Punkten, so bei Grund, 
Osterode, Goslar, in der Schalke, haben die Ansicht von der 
durchschnittlich sehr steilen Stellung der Schichten verbreitet 
und befestigt. Man hat dabei wohl das sehr vielfach und 
auf nicht unbeträchtlichen Erstreckungen vorkommende flache, 
ca. 25 — 40° betragende Einfallen der Schichten nicht genug- 
sam beachtet. Ein Gang durch das Innerstethal und seine 
Nebenthäler bietet ebenso oft Gelegenheit, ein flaches, wie ein 
steiles Einfallen der Schichten zu beobachten. — Durchfährt 
man die meilenlangen Revierstolln, so beobachtet man viel 
öfter ein flaches, wie ein steiles Einfallen der Schichten. 
Statt vieler Angaben will ich nur auf das Flügelort des Ernst-- 
August-Stollns hinweisen, welches in nördlicher Richtung vom 
Schreibfeder-Schacht bei Zellerfeld nach Bockswiese hin getrie- 
ben wird, und zwar durch feste Grauwackenbänke, welche nur 
ca. 30° nach Südosten einfallen. 


45 * 


I 700 


Beobachtungen an vielen Stellen im Bezirke der Lauten- 
thaler Gänge geben ein durchschnittliches Einfallen as Schich- 
ten von 20— 30°. - 

Schunz giebt in seinen Bemerkungen über den Bergbau 
am Harz (l. c. Bd. IV, p. 287) ein Einfallen der Grauwacke 
von 23 — 45° an, und zwar im Bereiche des Stuffenthaler Zuges, 
der nach den Angaben daselbst dem jetzigen Zellerfelder Haupt- 
zuge entspricht. 

Ich habe diese EEE über das Fallen der Schichten 
so speciell gemacht, da die Ansicht von dem sehr steilen Ein- 
fallen derselben mit zu der Annahme sogenannter Contactgänge, 
zwischen den Schichten des Culm und des Devon, Veranlas- 
sung gegeben hat. 

C. GREIFENHAGEN (]. c. S. 30 u. f.) hat zuerst nachgewiesen, 
‚ dass die Gänge bei Bockswiese nicht Oontactgänge im gewöhn- 
lichen Sinne seien. Er beobachtete, dass die Gänge nur da 
als Contactgänge auftreten, wo die Gesteinsschichten eine starke 
Biegung zeigen, und nimmt an, „dass sich die Gangspalten da 
am leichtesten bilden mussten, wo das Gestein den geringsten 
Zusammenhang zeigte, d. i. auf den Oontactflächen zweier un- 
gleichartiger Gebirgsschichten, zumal diese gegen einander meist 
abweichende Lagerung zeigen, wie z. B. der Culm gegen die 
devonischen Schichten.“ 

Diese Erklärung würde GREIFENHAGEN nicht gegeben ha- 
ben, wenn er die neuesten Aufschlüsse gekannt hätte, aus de- 
‘nen sich ergiebt, dass die Devonformation die Culmschichter 
flach in concordanter Lagerung unterteuft. 

Alle Angaben der Schriftsteller, sowie alle Beobachtungen 
stimmen darin überein, dass das Fallen der Schichten, mit eini- 
gen Ausnahmen, ein sudliches oder sudöstliches ist, und dass 
Schichten vielfach Mulden und Sättel bilden. Gerade die 
vielen Mulden- und Sattelbildungen erschweren es sehr, über 
das Generaleinfallen der Schichten eine sichere a zu ge- 
winnen. Ä 

Eine fernere Schwierigkeit, die. Schichtenstellung des 
Harzes klar zu machen, liegt in dem bereits von HAUSMANN 
(Bildung des Harzgebirges, S. 12) erwähnten Umstande, dass 
man oft beim Verfolgen der Schichten dem Streichen. nach 
plötzlich von einer Gebirgsschicht in eine andere, von Grau- 
wacke in den Thonschiefer und umgekehrt, gelangt. 


701 

Hausmann stützt darauf wesentlich seine Theorie von der 
stuckweisen Hebung des Gebirges durch den Grünstein und 
erklärt so „das partielle Vorhandensein von horizontalen oder 
schwach geneigten Schichten, die also noch in ihrer ursprüng- 
lichen Lage sich befinden, und ihre Uebergänge in die aufge- 
richtete Stellung“ (l. c. S. 13). 

Wir werden sehen, dass sich dieser eigenthümliche Um- 
stand durch mächtige Verwerfungen des Gebirges bei der Bil- 
dung der Gaugspalten erklären lässt. 


Allgemeines über das räumlıche Verhalten der Gänge. 


Es liegt nicht im Zweck dieser Arbeit, das räumliche Ver- 
halten der Gänge bis in’s Einzelne zu schildern. 

Folgende allgemein geltende Bemerkungen werden zum 
näheren Verständnisse genügen. 

Die Gänge treten in dem Clausthaler Culmplateau in meh- 
reren Zugen gruppirt auf. 

Man unterscheidet von Norden nach Suden folgende Gang- 
zuge (s. Taf. XIV): | 

I. Gegenthaler und Wittenberger Zug. 

II. Lautenthaler und Hahnenkleer Zug. Ge- 
neralstreichen desselben ca. Stunde 7,75. Es baut auf ihm ge- 
genwartig die Grube Lautenthalsglück mit den drei Schächten: 
Gute- des-Herrner-Schacht, Maassner- Schacht und Schwarze- 
Gruber - Schacht. | 

Il. Bockswieser - Festenburger und Schulen- 
berger Zug: Generalstreichen desselben ca. Stunde 8. Es 
bauen auf ihm gegenwärtig die Gruben Herzog-August, Johann- 
Friedrich und Juliane - Sophie mit den Schächten gleichen 
Namens. 

IV. Hütschenthaler und Spiegelthaler Zug. Ge- 
neralstreichen desselben ca. Stunde 7. 

V. Haus Herzberger Zug. Generalstreichen dessel- 
ben ca. Stunde 8. Es baut auf ihm nur die Grube Silber- 
blick. 

VI. Zellerfelder Hauptzug. Generalstreichen des- 
selben ca. Stunde 8,5. Es; bauen auf ihm gegenwärtig die Gru- 
ben Ernst-August mit dem Schachte gleichen Namens, Regen- 


- 


702 


bogen mit dem Schreibfeder- und Jungfrauen-Schacht, Ring und 
Silberschnur mit dem Rheinischweiner-Schacht. 

VI. Burgstädter Zug. Generalstreichen desselben 
ca. Stunde 10. Es bauen auf ihm gegenwärtig die Gruben Char- 
lotte, Herzog-Georg-Wilhelm, Anna-Eleonore, Alte-Margarethe, 
Elisabeth, Bergmannstrost, Dorothea: und Caroline mit den 
Schächten gleichen Namens. Nur die Grube Bergmannstrost 
hat keinen eigenen Schacht. 

VII. Rosenhöfer Zug. Generalstreichen desselben ca. 
Stunde 8. Es bauen auf ihm gegenwärtig die Gruben Neuer- 
Thurm-Rosenhof, Altersegen und Silbersegen mit den Schäch- 
ten gleichen Namens. 

Die Fortsetzung des vereinigten Burgstädter und Rosen- 
höfer Zuges nach Osten bilden den Schulthaler Zug bei Altenau. 

IX. Silbernaaler Zug. Generalstreichen desselben ca. 
"Stunde 8. Es bauen auf ihm gegenwärtig die Gruben Hulfe- 
Gottes mit dem Schachte gleichen Namens und Bergwerkswohl- 
fahrt mit dem Meding-Schachte und Haus-Braunschweiger- 
Schacht. | 

X. Laubhütter Zug. 

Bei dieser Aufzählung sind nur die wichtigsten Gruben 
und Schächte berücksichtigt worden. 

Man sieht aus dieser Zusammenstellung, dass, mit Aus- 
nahme des Burgstädter Zuges, die Gangzuge annähernde Gang- 
parallelen bilden, deren Streichen der Stunde 3 entspricht. 

Das ist eine Richtung, welche dein Nordrande oder der 
Längenaxe des ganzen Harzgebirges parallel ist. Sämmt- 
liche Gänge dieser Zuge haben, mit sehr wenigen Ausnahmen, 
ein sudliches Einfallen von ca. 70— 80°. Ein Einfallen nach 
entgegengesetzter Richtung wird als verkehrtes Einfallen be- 
zeichnet. 

In diesen Gangzüugen unterscheidet man immer einen sehr 
mächtigen, im Wesentlichen mit verändertem Nebengestein er- 
füllten Hauptgang, in welchem gewöhnlich mehrere, Erze und 
“ Gangarten führende, Trümer auftreten. Von diesen Trü- 
mern bezeichnet man das mächfigste, nach Streichen und. 
Fallen ausgedehnteste, als eigentlichen Hauptgang, die übrigen 
als liegende, mittlere und hangende Trüumer. Die Ausdeh- 
nung dieser sich vielfach schaarenden und wieder ablaufenden 
Trümer ist im Verhältnisse zur ganzen Ausdehnung der mit 


703 


verändertem Nebengesteine erfüllten Gangspalte gewöhnlich sehr 
gering. 

Die Trümer thun sich oft zu einer bedeutenden, viele 
Lachter betragenden Maächtigkeit auf, und verfolgt man sie 
ihrem Streichen oder Fallen nach, so. nehmen sie früher oder 
später an Mächtigkeit ab, werden bis auf wenige Zolle zusam- 
mengedruckt, behalten diese geringe Mächtigkeit noch einige 
Zeit bei, um sich dann wieder aufzuthun oder gänzlich auszu- 
keilen. | 

Solchen Charakter zeigen in ausgezeichneter Weise der 
Burgstädter Hauptgang auf den Gruben Carolina, Dorothea, 
Bergmannstrost und Alte-Margarethe, ferner der Zellerfelder 
Hauptgang, der Lautenthalsglücksgang und andere. 

Nimmt eines dieser Trumer ein entschieden anderes Strei- 
chen an als der Hauptgang und setzt weit in das Nebenge- 
stein fort, so wird man auf einen anderen Gang geführt, der 
sich dem Hauptgange gewöhnlich unter spitzem Winkel an- 
schaart, ohne ihn zu durchsetzen. An der Schaarungslinie 
sind die Gänge gewöhnlich schwer zu unterscheiden, da der 
von ihnen eingeschlossene spitze Gebirgskeil gewöhnlich sehr 
zersetzt und von vielen Erztrümern durchschwärmt zu sein 
pflegt. Erst in einiger Entfernung tritt ächtes Nebengestein 
zwischen den sich schaarenden Gängen auf. Der sich an 
den Hauptgang anschaarende Gang hat gewöhnlich denselben 
Charakter, wie er soeben für den Hauptgang geschildert ist. 

Solche unter spitzem Winkel sich einem Hauptgange an- 
schaarende Gänge sind z. B. der Isaaks-Tanner Gang, der 
sich im Hangenden dem Silbernaaler Gange anschaart, der 
Liegende-Alte-Segener Gang, der sich im Liegenden dem Thurm- 
höfer Gange anschaart und in seiner östlichen Fortsetzung die 
sogenannte Faule Ruschel bildet, ferner der Kranicher Gang, 
der sich im Hangenden dem Burgstädter Hauptgange, und der 
Kronkahlenberger Gang, der sich im Liegenden dem Zeller- 
felder Hauptgange anschaart und andere. 

Nach der Schaarung zweier Gänge behält der vereinigte 
Gang manchmal das Streichen des einen dieser Gänge bei. 
So z.B. setzt der Stunde 10,5 streichende Burgstädter Haupt- 
gang nach seiner Schaarung mit dem Stunde 9 streichenden 
Kranicher Gange in der Streichungsrichtung des letzteren fort 
und wird deshalb wohl angenommen, dass der Burgstädter 


704 


Hauptgang nach der Schaarung ganz verschwindet und die Fort- 
setzung der vereinigten Gänge der Kranicher Gang sei. 

In anderen Fällen nimmt der vereinigte Gang eine mitt- 
lere Streichungsrichtung ‚an. So streicht z. B. der Kron- 
kahlenberger Gang Stunde 8, der Burgstädter Hauptgang Stunde 
10,5. Nach ‚ihrer Schaarung setzen sie vereint als Zellerfelder 
Hauptgang mit dem mittleren ‚Streichen Stunde 9,5 fort. 

Wieder in anderen Fällen nimmt der: vereinigte Gang ein 
total anderes Streichen als die einzelnen Gänge an. 

Dieses gilt z. B. von dem :vereinigten: Burgstädter und 
Rosenbuscher Gange. | 

Laufen von einem Gange an' zwei verschiedenen Stellen 
nach entgegengesetzter Richtung zwei Gänge in’s Liegende oder 
Hangende unter spitzem Winkel ab, so müssen sich ‚dieselben 
in ihrer Fortsetzung treffen, und es werden die drei Gänge ein 
längliches, an beiden schmalen Enden keilformig zugespitztes 
Gebirgsstuck 'einschliessen. 

So verhält sich z.B. der Rosenbüscher Gang, der in sei- 
ner Fortsetzung nach Westen Thurmhöfer Gang genannt wird, 
der Liegende-Alte-Segener Gang, der in seiner Fortsetzung nach 
Osten die Faule Ruschel bildet, und. der Burgstädter Hauptgang. 

Ferner schliessen ein solches Gebirgsstück ein: der Kron- 
kahlenberger Gang, die Faule Ruschel und der Burgstädter 
Hauptgang. 

Betrachtet man das Orientirungsblatt Taf. XIV, so sieht 
man, dass dieses Verhältniss sich im Kleinen und Grossen 
immer wiederholt, und dass durch die Gangbildung der Boden . 
des Plateaus in lauter von Westen nach Osten lang gezogene, 
an beiden schmalen Enden keilförmig auslaufende Gebirgsstucke 
zertheilt ist. | 

Wenn man sich die Vereinigung des Charlotter Ganges 
mit dem. Thurmhöfer Gange nach Westen und des Schulen- 
berger Zuges mit den vereinigten Burgstädter- und Rosenbüscher 
Gange nach Osten vollendet denkt, so schliessen diese Gänge 
ein ‘solches Gebirgsstück ein. Dieses grosse Gebirgsstück 
enthält wieder mehrere kleinere, ihm ähnliche. ' Solche Stücke 
schliessen ein: 

1) Der Charlotter Gang, der Zellerfelder Hauptzug, der 
Burgstädter Hauptzug bis zur Faulen Ruschel, die Faule 


Ruschel, der Liegende-Alte-Segener Gang und der Thurmbhofer 
Gang in seiner westlichen Fortsetzung. 

2) Der Kronkahlenberger Gang, die Faule Ruschel und 
der Burgstädter Hauptgang. 

3): Der Thurmhöfer Gang mit seiner östlichen Fortsetzung, 
dem Rosenbüscher Gang, der Burgstädter Hauptgang, der 
Kranicher Gang und der Liegende-Alte-Segener Gang u. s. w. 

Eine bei den Gängen sehr häufige Erscheinung sind die 
sogenannten Bogentrümer.. Es sind das Trüumer, welche unter 
spitzem Winkel von einem Gange ablaufen und ihre Streichungs- 
richtung in einem flachen Bogen so ändern, dass sie weiter 
entfernt dem Gange wieder unter spitzem Winkel zulaufen. 
(Taf. XV. Fig. 1.) 

In manchen Fällen liegen diese Bogentrumer ganz in 

der aus zersetztem. Nebengestein bestehenden Gangmasse 
z.B. das hangende Bogentrum im Tiefbaue der Grube Doro- 
thea. In anderen Fällen entfernen sie sich so wenig von dem 
Hauptgange, dass das Nebengestein, welches diese von letz- 
terem trennt, bei der Gangbildung durch mechanische und. che- 
mische Einflüsse sehr in seiner Structur verändert ist. Bei 
solchen Trümern kann es zweifelhaft sein, ob man sie’ als 
besondere selbstständige Gänge zu bezeichnen hat. Grössere 
Bogentrumer der Art hat man mit besonderen Gangnamen 
belegt, wenn sie besondere bergmännische Wichtigkeit erlangt 
haben, so z. B. den Haus-Israeler Gang, welcher ein Bogen- 
trum des: Burgstädter Hauptganges ist und andere. . Zwischen 
dem ausgedehnten Haus-Israeler Gange und dem Burgstädter 
Hauptgange ist aber nirgends regelmässig geschichtetes, unver- 
ändertes Nebengestein zu finden. 

In wieder anderen Fällen setzen die Bogentrumer : in 
festes Nebengestein, z. B. Grauwacke, hinein und bilden hier 
wenig mächtige, mit‘ besonderen Namen belegte Gänge oder 
Trumer, wie das z. B. auf dem Rosenhöfer Zuge eine häu- 
fige Erscheinung ist. 

Man wird aus dem Gesagten leicht ersehen, dass die Bo, 
gentrumer die Wiederholung derselben Erscheinung im Klei- 
nen sind, welche im Grossen auftritt, dass nämlich die Bogen- 
trumer und ihre Hauptgänge längliche, an beiden Enden sich 
auskeilende Gebirgsstücke resp. Gangmassen einschliessen. 

Wenn ein Trum in seinem Streichen zwei parallele oder 


706 


in ihrer Streichungsriehtung wenig verschiedene Trümer oder 
Gänge verbindet, so nennt man es ein Diagonaltrum (s. Taf. XV, 
’Fie. 2. ER j 

Von diesen Diagonaltrumern gilt ganz dasselbe, was von 
den Bogentrumern gesagt ist; sie liegen entweder in der Gang- 
masse eines Hauptganges, z. B. das Diagonaltrum im Tiefbaue 
der Grube Anna-Eleonore, oder sie setzen in festes Neben- 
gestein hinein und bilden selbstständige Gänge. 

So kann man z. B. den Zellerfelder Hauptgang mit dem 
westlichen Theile des Burgstädter Hauptganges als einen Dia- 
gonalgang zwischen dem Charlotter Gange und der Faulen 
Ruschel betrachten. 

Ebenso ist der Burgstädter Hauptgang als Diagonalgang 
zwischen dem Zellerfelder Hauptgange und Kronkahlenberger 
Gange einerseits und dem Rosenbüuscher Gange andererseits 
anzusehen. 

Man ersieht leicht, wie auch dies Verhalten zur Bildung 
der bezeichneten länglichen, keilförmig sich ausspitzenden Ge- 
birgsstucke beiträgt. 

Bei der bergmännischen Untersuchung der Gänge kommt 
es häufig vor, dass man ein unter spitzem Winkel ablaufendes 
Trum nicht weiter verfolgt, wenn die Erzführung aufhört, das 
Trum sich auskeilt. Man nennt ein solches Trum ein ablau- 
fendes Trum, wenn es grössere Ausdehnung hat; einen Aus- 
reisser, wenn es nur auf kurze Erstreckung fortsetzt. 

Durch eine beständige Wiederholung von sich schaarenden, 
ablaufenden Trümern oder Gängen entsteht im Wesentlichen 
das bogenförmige Streichen mancher Gangzüge (s. Taf. XV, 
Fig. 3), wie ZIMMERMANN in ‚seiner Arbeit über die Erzgänge 
des nordwestlichen Oberharzes |]. ec. S. 40 und 41 vom Lauten- 
thaler und S. 52 vom Zellerfelder Hauptzuge entwickelt. So 
entstehen theils nach Suden, theils nach Norden convexe flache 
Bögen, welche Gebirgsstücke einschliessen, deren horizontaler 
Querschnitt dem Querschnitt einer Linse mehr oder weniger 
gleicht. 

In vielen Fällen hört die Untersuchung ablaufender Truü- 
mer auf, weil man dabei wirklich in reines Nebengestein ge- 
langt, — in anderen Fällen, weil das Trum taub wird und 
bis zu einem schmalen. Bestege zusammengedrückt ist. Im 
letzteren Falle kann die Untersuchung natürlich, unter 'geeig- 


707 


neten Umständen, noch mit einiger Hoffnung fortgesetzt wer- 
den, und es ergiebt sich dabei oft, dass das ablaufende Trum 
sich im Streichen wendet und in ein Bogentrum übergeht. 
- Analoges kommt im Grossen bei der Untersuchung von Gän- 
gen oder Gangzügen vor. 

Wir haben bisher nur das verschiedene Verhalten der 
Gänge ihrem Streichen nach betrachtet. Verfolgt man die 
Gänge in ihrem Fallen, so zeigen sich auffallende Analogieen. 

Es ändern die Gänge sehr oft ihr Fallen, gehen vom 
flachen Fallen in ein steiles und schliesslich sogar in ein ver- 


kehrtes über. Ein ausgezeichnetes Beispiel dafür bietet der 


Burgstädter Hauptgang am Eleonorer Schacht. 

Haben zwei in der Nähe auftretende Gänge oder Trü- 
mer ein verschiedenes, rechtsinniges Fallen, so vereinigen sie 
sich in der Tiefe zu einem Gange, und eben so kommt es vor, 
dass ein Gang in der Tiefe sich in zwei Trumer theilt, die 
dann verschiedenes Fallen haben. 

Sehr viele Beispiele von diesem Verhalten könnten aus 
allen Gangzugen angeführt werden. Statt aller sei hier auf die 
Profile Taf. XV, Fig. 4, 5 und 6 verwiesen, welche ich der 
Güte des Herrn Markscheider PoLze verdanke. Fig. 4 stellt 
einen vertikalen Schnitt durch den Silber-Segener Schacht dar. 
Fig. 5 einen vertikalen Schnitt durch das dritte hangende 
Trum, 35 Lachter westlich vom Alte - Segener Schachte. 
Fig. 6a stellt einen vertikalen Schnitt 22 Lachter westlich vom 
Alte-Segener Schachte und Fig. 6b 4 Lachter westlich vom 
‘' Alte-Segener Schachte dar. 

In ausgezeichneter Weise veranschaulichen das Gesagte 
auch die Profile, welche J. Kroos von den Gängen des III. 
Burgstädter Reviers entworfen und veröffentlicht hat (l. c.). 

Wenn ein Bogentrum in der Tiefe einen Hauptgang an- 
schaart und mit ihm vereinigt fortsetzt (wie z. B. der Haus- 
Israeler Gang und der Burgstädter Hauptgang), so ist es klar, 
dass ein Gebirgsstück von ihnen eingeschlossen wird, welches 
sich nach allen Seiten hin spitz auskeilt und demnach die Ge- 
stalt einer halben Linse hat. 

Im Wesentlichen hat die Bildung der Gangspalten auf dem 
nordwestlichen Oberharze viel Aehnlichkeit mit der Ruschelbil- 
dung im Andreasberger Gangbezirk, wie aus den Abbildungen 
hervorgeht, die H. CREDNER in seiner geognostischen Beschrei- 


% 


708 | 


bung‘ des Bergwerksdistriktes von St. Andreasberg (Zeitschrift 
d. deutsch. geolog. Ges., Bd. XVII, S. 163) veröffentlicht hat. 

Aus den angeführten Thatsachen ergiebt sich, dass die 
häufigste Erscheinungsweise, in welcher die Gänge auf ‚dem 
nordwestlichen Oberharze mit einander in Verbindung treten, die 
einfache Schaarung ohne. Durchsetzung oder VermerTon resp. 
Ablenkung ist. 

Durchsetzungen und Verwerfungen resp. Gangablenkun-- 
gen, die in anderen Gangrevieren eine so häufige Erscheinung 
sind, fehlen in dem in Rede stehenden Gebiete nicht gänzlich, 
sind. aber doch eine verhältnissmässig seltene Erscheinung. 

Durchsetzungen zweier Gänge dem Streichen nach, ohne 
Verwerfungen, zeigt. das Orientirungsblatt (Taf.,XIV) mehrere 
in der Gegend von Wildemann. ; 

Sie kommen ferner vor auf der Schwarze - Grube bei 
Lautenthal (Leopolder Gang und Erzläuferstolln-Gang), auf. der 
der Grube Neuer-Thurm-Rosenhof (Alte-Segener Hauptgang, und 
Zillertrum auf der. zehnten Feldortstrecke) und vielleicht noch 
an anderen Stellen. 

Eine Durchsetzung zweier Gänge dem Fallen nach ohne 
Verwerfung, also ein Durchfallungskreuz, bilden der Burgstädter . 
Hauptgang und der Josuaer Gang im Felde der Grube “on 
Charlotte. 

Das ist das einzige Vorkommen der Art, welches mir hier 
bekannt geworden ist. 

ZIMMERMANN: sagt in seinem Werke über die Wiederaus- 
richtung verworfener Gänge, Lager und Flötze (l. ce. 8..163), 
dass in den Clausthaler und Zellerfelder Revieren Verwer- 
fungen durch eigentliche Gänge sehr selten auftreten, ‚und er 
beschreibt S. 64 nur eine solche Erscheinung. aus dem, Felde 
der Grube Margarethe. 

Gegenwärtig sind ‚auf dem ganzen nordwestlichen Ober- 
harze, so viel ich erkunden konnte, nur zwei derartige Erschei- 
nungen bekannt. 

Erstens verwirft die Faule Ruschel den Kranicher- nid 
den Burgstädter Hauptgang, und zweitens verwirft der Char- 
lotter Gang, den man auch als Charlotter Ruschel bezeichnen 
kann, den Zellerfelder Hauptgang, der in seiner westlichen 
Fortsetzung als Dreizehn-Lachter-Stollngang bezeichnet wird. 


| | 709 


Diese Erscheinungen lassen sich eben so gut nach der 
alten Scuumr’schen Theorie von der Senkung im Hangenden 
des Verwerfers, als auch nach der neueren Theorie von den 
Gangablenkungen erklären, die zuerst von österreichischen 
Geologen aufgestellt (Oesterreichische Zeitschrift für das Berg- 
und Hüttenwesen, 1866, S. 121 und 129) und neuerdings von 
H. OREpneErR zur Erklärung mancher Verwerfungs-Erscheinungen 
im Andreasberger Bergwerksdistrikt mit Erfolg angewandt ist. 

Die Theorie von den Gangablenkungen erklärt bekannt- 
lich die Verwerfungs-Erscheinungen als das ursprüngliche Re- 
sultat der Spaltenbildung, indem an einer bereits schon vor- 
handenen, aber noch nicht ausgefüllten Spalte die Kraft bei 
dem Aufreissen einer neueren Spalte gewissermaassen abge- 
lenkt, d. h. aus ihrer Richtung gebracht sein muss. 

Wir werden später sehen, dass bei der Entstehung der 
Gangspalten auf dem ÖOberharze bedeutende Bewegungen des 
Gebirges, Hebungen oder Senkungen, stattgefunden haben 
mussen, und dem entsprechend ist es nicht unwahrscheinlich, 
dass die genannten Verwerfungen wirklich durch Senkung des 
Hangenden der verwerfenden Spalten entstanden sind. 

Die Hebungen oder Senkungen sind aber gewiss, analog 
den in der Jetztzeit noch zu beobachtenden Hebungen oder 
Senkungen ganzer Länder, keine plötzlichen gewesen, sondern 
ganz langsame, allmälig wirkende. So war in den langsam 
sinkenden, bereits vielfach zerklüfteten Gebirgsstucken, immer 
wieder Gelegenheit zur Aufreissung neuer Gangspalten, die an 
den bereits vorhandenen abgelenkt werden konnten. 

Man sieht daraus, dass die beiden Erklärungsweisen sich 
nicht gegenseitig ausschliessen. 

Wären die besprochenen Verwerfungs-Erscheinungen durch 
wirkliche Verwerfungen zu erklären, so müssten die Faule 
Ruschel und .die Chagotter Ruschel junger sein als die ver- 
worfenen erzführenden Gänge, hat ' man es aber mit Gangab- 
lenkungen zu thun, so müssen jene im Gegentheil älter sein 
als diese. Die Entscheidung dieser Altersfrage hat aber vor- 
laufig kein besonderes Interesse, da, wie wir sehen werden, 
die Ruscheln keinen Einfluss auf die Ausfüllung der erzfüh- 
renden Gänge haben. 

Eine sehr häufige Erscheinung sind die Durchsetzungen 
und Ablenkungen kleiner, mit Gangarten und Erzen erfüllter 


710 


Trümchen, welche das Ganggestein sowie das Nebengestein 
der Gänge nach allen Richtungen durchschwärmen. An diesen 
Vorkommnissen erläuterte ZIMMERMANN die Scumipr’sche Theorie 
und seine darauf gegründete Regel zur Wiederausrichtung ver- 
worfener Gänge. Dass dieselben keine Verwerfungen, son- 
dern Ablenkungen sind, ist unzweifelhaft, da Senkungen und 
Hebungen in diesen compakten, in sich zertrümerten Massen 
nicht anzunehmen sind. | 

Schliesslich sei hier noch der Gangverwerfungen durch 
Schichtungsklufte oder sogenannte Geschiebe erwähnt, welche 
sehr haufig auf dem Rosenhöfer Zuge vorkommen. 

Dass ein Gang durch eine Schichtungskluft verworfen 
wird, scheint im directen Widerspruch mit der Scumipr’schen 
Theorie zu stehen. ZIMMERMANN löste diesen Widerspruch 
(l.c. 8.181) leicht, indem er annahm, dass die Gänge, welche 
durch die weiche Masse der Geschiebe hindurchsetzten, noch 
als offene Spalten durch Sinken des Hangenden des Geschiebes 
verworfen seien. Dieser Vorgang ist sehr leicht begreiflich, 
doch lassen sich die Erscheinungen auch durch Ablenkungen 
wohl ‚erklären und naturgemässer durch solche wohl besonders 
dann, wenn der verworfene Gang an der einen Seite des Ge- 
schiebes zertrumert ist und an der andern Seite desselben 
unzertrümert fortsetzt. 


Das Nebengestein der Gänge. 


Während man in vielen Gangrevieren, besonders in denen 
des sächsischen Erzgebirges, einen entschiedenen Einfluss des 
Nebengesteins auf die Erzführung der Gänge nachwies, waren 
alle Bemühungen, einen solchen auch auf dem Oberharze zu 
entdecken, vergeblich. Auf dem Rosenpöfer Zuge schien sich 
ein solcher Einfluss bemerklich zu machen; denn das. dritte 
hangende Alte-Segener Trum, welches hauptsächlich in Grau- 
wacke auftritt, zeigte sich besonders reich an derben Bleiglanz- 
stuffen, während das zweite und dritte hangende Alte-Segener 
Trum, welche Thonschiefer zum Nebengesteine haben, sich 
erzarm oder taub zeigten. 

Diese Beobachtung steht jedoch vereinzelt da, und es hat 
sich ergeben, dass die Gänge ebensowohl in der Grauwacke 


711 


wie auch im Thonschiefer erzführend und taub auftreten. Ja, 
sogar der devonische Kalk, welcher bei Lautenthal und Bocks- 
wiese mit den erzführenden Gängen in. Berührung tritt, übt 
auf die Erzführung durchaus keinen Einfluss aus. So konnte 
man sich also von einer genauen Untersuchung des Nebenge- 
steins der Gänge keinen praktischen Nutzen versprechen, und 
da ausserdem eine höchst ermüdende Wiederholung von Grau- 
wacke und Thonschiefer die gewöhnliche Erscheinung ist, so 
interessirte man sich nicht weiter lebhaft dafür. 

Die Angaben über das Nebengestein der Gänge sind des- 
halb auch in der Literatur sehr kurz und sporadisch. 

Bei dem Studium des Erzganges der Grube Hülfe- Gottes 
bei Grund fiel es mir auf, dass man im Liegenden dieses Gan- 
ges nur dünn geschichteten, unregelmässig gelagerten Thon- 
schiefer und im Hangenden vorwaltend mächtige, in der Stunde 
3 streichende Bänke eines grobkörnigen Grauwackenconglo- 
merates und nur sehr wenig Thonschiefer findet. Diese Be- 
obachtung wurde mir auch von den Herren Betriebsbeamten 
bestätigt. 

Da die streichende Länge des Erzfeldes, in welcher durch 
den Bau das Liegende und Hangende des Ganges an verschie- 
denen Punkten aufgeschlossen ist, 80 bis 90 Lachter beträgt 
und in dieser Länge bis zu einer Tiefe von 113 Lachtern die 
angegebene Erscheinung immer wieder zu beobachten ist, so 
kann wohl keine andere Erklärung derselben statthaben, als 
dass durch das Aufreissen der Gangspalte eine Verwerfung 
der Gebirgsschichten eingetreten ist. 

Eine andere Erscheinung, die auch nur durch eine Ver- 
werfung zu erklären ist, zeigt das Nebengestein auf dem Burg- 
stadter Zuge am Anna-Eleonorer Schacht. 

Hier finden sich im Hangenden des Burgstädter Haupt- 
ganges mehrere Schichten einer dichten, schönen Grauwacke, 
welche zur Anlage eines unterirdischen Steinbruchs Veranlas- 
sung. gegeben haben. Diese Schichten, welche in der Stunde 
3 bis 4 streichen und ca. 49° südöstlich einfallen, sind am 
Hangenden des Ganges bis in eine Tiefe von 50 Lachtern be- 
kannt und genau untersucht. Da die Steine, welche diese 
Grauwackenschichten liefern, ein sehr werthvolles Material für 
den Grubenbetrieb sind, so ist man vielfach bemuht gewesen, 
dieselben Schichten im Verfolge ihrer Streichungsrichtung auch 


i 712 


im Liegenden des Ganges aufzufinden, aber vergebens, — sie 
sind verworfen. | 

In dem einförmigen Einerlei der Grauwacke und des Thon- 
schiefers, welche die südlichen Gangzuge begleiten, konnte ich 
keine weiteren Thatsachen ermitteln, welche die an und für 
sich sehr wahrscheinliche Theorie stützen, dass bei der Auf- 
reissung der Gangspalten Verwerfungen der Gebirgsschichten 
stattgefunden haben. Die nördlichen Züge dagegen, welche 
bei Lautenthal und Bockswiese bebaut werden, gaben darüber 
sehr erfreuliche Aufschlüsse. Diese Zuge treten, wie das 
Orientirungsblatt (Taf. XIV) zeigt, an der Grenze des Culm 
und der Devonformation auf. | | 

Wir finden, dass das Liegende dieser Gänge an vielen 
Stellen der Devonformation, das Hangende dem Culm an- 
gehört. | | j 

Die Erscheinung erklärt sich leieht durch Annahme einer 

Verwerfung. 

Wir wollen über das Nebengestein der Gänge bei Lauten- 
thal und Bockswiese ausführlicher sprechen. 


a. Nebengestein der Gänge bei Lautenthal. 


Im Süden der Bergstadt Lautenthal hat der Lautenthals- 
glücker Gang und der in seinem Liegenden auftretende Leo- 
polder Gang, welcher ein Bogentrum des ersteren ist, sein 
Ausgehendes (s. Orientirungsblatt Taf. XIV). Hangendes und 
Liegendes der Gänge, ebenso das zwischen den Gängen auf- 
tretende, bis 40 Lachter mächtige Nebengesteinsmittel ist Culm- 
grauwacke. 

Zum Aufschlusse der Gänge ist im Niveau des Innerste 
Flusses schon vor mehreren Jahrhunderten der Tiefe-Sachsen- 
stolln in östlicher Richtung getrieben. Bis in eine Tiefe von 
ca. 130 Lachtern unter diesem Stolln hat man als Nebenge- 
stein der Gänge nur immer Culmgrauwacke und Culmthonschiefer 
beobachtet. Die Schichten dieser Gesteine lassen sich sehr 
gut am östlichen Abhange des Innerstethales beobachten und 
zeigen hier, wie an mehreren Stellen in der Grube, ein Strei- 
chen, welches zwischen der Stunde 5 und der Stunde 7 wech- 
selt, und ein wechselndes Einfallen von 20-—-30° nach Süden. 
An einigen Stellen ist das Einfallen auch steiler, 40 —60'. 


713 


In der genannten Tiefe unter dem Sachsenstolln tritt plötz- 
lich im Liegenden der Gänge Kieselschiefer und devonischer 
Kalk auf, während das hangende Nebengestein Culmgrauwacke 
bleibt. 

Der Kieselschiefer tritt in seiner normalen Beschaffenheit 
dunn geschichtet und vielfach Mulden und Sättel bildend auf. 
Der devonische Kalk ist ein dichter, bläulicher, sehr thoniger 
Kalkstein mit splittrigem Bruche, der beim Streckenbetriebe 
sehr schwer eine deutliche Schichtung wahrnehmen lässt. Vor 
nassen Oertern zeigt das reingewaschene Gestein an vielen 
Stellen ein streifiges Ansehen, wie wenig verwitterter Kra- 
menzelkalk auf frischem Bruche. 

Diese petrographische Beschaffenheit sowie die Lage 
direct unter dem Kieselschiefer und der Culmgrauwacke lassen 
keinen Zweifel darüber, dass der Kalk wirklich Kramenzelkalk 
ist, und dass seine Schichten mit denen im Norden der Berg- 
stadt Lautenthal, am Bielstein, auftretenden zusammenhängen. 
Die hier zu beobachtenden Kramenzelkalkschichten, auch von 
Kieselschiefer und Culmgrauwacke überlagert, fallen ganz flach 
nach Süden ein und konnten desswegen erst in der genannten 
Tiefe durch den Bergbau aufgeschlossen werden (s. S. 715). 

Wir wollen mit dem Namen Kramenzelkalk den Inbegriff 
der nördlich vom Culmplateau auftretenden oberdevonischen 
Schichten, die Kramenzelkalke, Clymenien- und Goniatitenkalke 
und die Cypridinenschiefer verstehen. Ich wähle diese Be- 
zeichnung vorläufig. da die durch den Grubenbau herbeigeführ- 
ten Aufschlüsse dieser Schichten bisher noch keine Versteine- 
rungen geliefert haben, sondern nur durch ihre dem Kramenzel- 
kalke entsprechende petrographische Beschaffenheit und ihre 
Lagerung als solche bestimmt sind. 

Die Lagerungsverhältnisse der genannten Gesteine sind 
sehr schön durch den Gute-des-Herrner Richtschacht und zwei 
von ihm aus in östlicher Richtung getriebene Wasserstrecken 
aufgeschlossen. 

Die Hängebank *) des Güte-des-Herrner Richtschachtes 
befindet sich am östlichen Gehänge des Innerstethales im Lie- 
genden des Lautenthalsglücker Ganges (s. Orientirungsblatt 


*) Unter Hängebank eines Schachtes versteht der Bergmann die 
Mündung desselben am Tage. 
Zeits. d.d. geol. Ges. X VIII. s. 46 


714 


Taf. XIV). Eristin dem ca. 40 Lachter mächtigen Grauwacken- 
mittel zwischen letzterem und dem Leopolder Gange abgeteuft 
und steht in diesem bis zu,ca. 110 Lachter Tiefe, wo er den 
nach Süden einfallenden Leopolder Gang trifft. Der Schacht 
hatte bereits im Jahre 1849 eine Tiefe von 94 Lachtern erreicht, 
und 70 Lachter unter dem Niveau des Tiefen - Sachsenstollns 
war von ihm, in östlicher Richtung, eine erste tiefe Wasser- 
strecke im Liegenden des Lautenthalsglücker Ganges getrieben, 
welche ganz in Grauwacke steht. Aus dieser Wasserstrecke 
werden die Wasser mittelst einer im Richtschachte aufgestellten 
Wassersäulenmaschine bis zum en. Sachsenstolln gehoben 
(s. Karsten’s Archiv, R. II, Bd. 26, S. 244). 


Die Grubenverhältnisse erforderten das weitere Absinken 
des Schachtes zum Einbau einer zweiten Wassersäulenmaschine, 
welche aus einer 60 Lachter tiefer angesetzten zweiten tiefen 
Wasserstrecke die Wasser gewältigen soll. 


Diese zweite tiefe Wasserstrecke ist im Liegenden des 
Leopolder Ganges getrieben und steht ganz im devonischen 
Kalke und im Kieselschiefer. 


Der Richtschacht «a (s. Taf. XV, Fig.7c) hat ac Durch- 
teufung des Leopolder Ganges D erst Kieselschiefer B und 
dann devonischen Kalk, Kramenzelkalk A erreicht. 


Der Grundriss (Taf. XV, Fig. 7a) mit den drei. Vertikal- 
schnitten (Fig. 7b, 7e, 7d) erläutert die Lagerung der Ge- 
 steine am Güte-des-Herrner Richtschachte im Niveau der zwei- 
ten tiefen Wasserstrecke. 


Es bedeutet: 


a Gute-des-Herrner Richtschacht, 

b Zweite tiefe Wasserstrecke, 

c Querschlag nach dem Gange, 

d Hülfsquerschlag, 

A Kramenzelkalk, 

B Kieselschiefer, 

C Culmgrauwacke und Culmthonschiefer, 
D Leopolder Gang. 


Die angegebenen Dimensionen sind abgeschritten, können 
daher auf grosse Genauigkeit keinen Anspruch machen. 


- Folgende Beobachtungen liegen der Darstellung zu Grunde: 


715 


1) Beobachtungen im Richtschachte a. 

Der Richtschacht @ steht bis zum Leopolder Gange D in 
Culmgrauwacke. Nach Durchteufung des Leopolder Ganges 
tritt in seinem Liegenden Kielschiefer 3 auf, der wie gewöhn- 
lich viel Mulden und Sättel bildet. Unter diesem Kieselschiefer 
erscheint der Kramenzelkalk, welcher hier deutlich geschichtet 
ist, in der Stunde 6 bis 7 streicht und 20 — 30° nach Süden 
einfällt. Die Beobachtung - zeigt deutlich die concordante La- 
gerung des Devon und des Culm (vergl. S. 713). 

Dieses Profil entspricht vollkommen dem am Bielstein 
nördlich von Lautenthal, wo auch vom Hangenden zum Lie- 
senden aufeinander folgen: Gulmgrauwacke, Kieselschiefer, 
Kramenzelkalk. 

Die Höhe des Kramenzelkalkes am Bielstein über der 
Innerste beträgt ungefähr 100 Lachter, die horizontale Entfer- 
nung des Bielsteins vom Richtschachte beträgt ungefähr 550 
Lachter. Die Tiefe uuter dem Niveau der Innerste ( Tiefer- 
Sachsenstolln), in welcher der Kramenzelkalk auftritt, ist 
130 luachter. i 

Daraus berechnet sich das General-Einfallen der Kra- 
menzelkalkschichten zu ungefähr 22°, was sehr wohl mit den 
Beobachtungen übereinstimmt. 


2) Beobachtungen im Querschlage c. 

Ungefähr 6 Lachter vom Richtschachte entfernt trifft man 
die Grenze des Kalkes, dessen Schichten hier etwas steiler 
fallen. Der Kieselschiefer tritt dann 1 Lachter mächtig auf; 
seine Schichten stehen unregelmässig steil und treffen unter 
spitzem Winkel die flacher einfallenden Kramenzelkalkschichten 
(s. Fig. 7ec). Im Hangenden des Kieselschiefers tritt der Leo- 
polder Gang auf; sein Streichen in der Stunde 11 entspricht 
hier dem Streichen der Grenze zwischen Kalk und Kiesel- 
schiefer (s. Fig. 7a). Im Hangenden des Leopolder Ganges 
finden sich flach nach Süden einfallende, in der Stunde 6 strei- 
chende Grauwackenbänke bis zum Hauptgange, auf dem hier 
der Güte-des-Herrner Treibschacht liegt. 


3) Beobachtungen in der zweiten tiefen Wasser- 
strecke b. | 
Der Richtschacht « steht im Niveau derselben ganz im 
Kalke A. Ungefähr 12 Lachter vom Schachte entfernt tritt 
46* 


716 


Kieselschiefer auf, welcher den Kalk concordant überlagert, 
in der Stunde 6 streicht und ein Einfallen nach Süden besitzt. 
Er ist, viele Mulden und Sättel bildend, auf eine Länge von 
ungefähr 37 Lachtern zu beobachten. Dann tritt wieder Kalk 
auf; die Grenze des letzteren gegen den Kieselschiefer ist hier 
aber nicht so klar wie früher. Die Kalkschichten sind 'sehr 
schwer vor Ort zu unterscheiden; sie sind sehr wasserreich und 
zeigen mehr oder weniger deutlich die Eigenthümlichkeiten des 
Kramenzelkalkes. 


4) Beobachtungen im Hilfsquerschlage d._ 


Derselbe ist von der Wasserstrecke 5 nach dem Haupt- 
gange in einem 22 Lachter höheren Niveau als erstere getrie- 
ben. . Von der Wasserstrecke aus liegt der Querschlag unge- 
fähr 5 Lachter lang in Kieselschiefer, dann folgt Grauwacke 
bis zum Leopolder Gang, und im Hangenden desselben trifft 
man wieder Grauwacke. \ 

Diese Beobachtungen sind gar nicht anders als durch An- 
nahme einer Verwerfung beim Aufreissen der Gangspalte zu 
erklären. Das Hangende derselben hat sich gesenkt, der de- 
vonische Kalk ist in die Tiefe gesunken, und an seiner Stelle 
finden wir jetzt Culmgrauwacke. Ueber die Grösse der Ver- 
werfung wird man erst urtheilen können, wenn der Bergbau 
so tief eingedrungen sein wird, dass man den Kieselschiefer 
und den Kramenzelkalk im Hangenden der Gänge wieder findet. 

Weitere Beobachtungen auf der Grube Lautenthalsglück 
ergeben, dass in höheren Niveaus als das der zweiten tiefen 
Wasserstrecke in Querschlägen, die in’s liegende Nebengestein 
getrieben sind, kein Kramenzelkalk zu finden ist, wohl aber 
schon Kieselschiefer. So trifft man in einem 80 Lachter lan- 
gen Querschlage, der vom Maassner Schachte, im Niveau der 
ersten tiefen Wasserstrecke, in’s Liegende der Gänge getrie- 
ben ist, zunachst Grauwacke, später  Kieselschiefer. 

In tieferen Niveaus als die zweite tiefe Wasserstrecke 
dagegen findet man an allen Aufschlusspunkten im Liegenden 
des Leopolder Ganges Kramenzelkalk, im Hangenden flach ge- 
lagerte Grauwacke, z. B. auf der vierten und fünften Maassner 
Feldortsstrecke. Wohl zu bemerken ist es, dass hier am 
Kramenzelkalke nicht mehr Kieselschiefer beobachtet wird. Das 
ist leicht erklärlich, da dieser ja gewissermaassen eine Decke 


717 


über dem Kalke bildet, die bei der Verwerfung zerrissen ist. 
Der unregelmässig gelagerte, nur 1 Lachter mächtige Kiesel- 
schiefer im Querschlage ce (Taf. XV, Fig. 7c) stellt ein bei der 
Verwerfung herunter gebrochenes oder gezogenes Stück dieser 
Kieselschieferdecke dar. Der Kieselschiefer fehlt in grösseren 
Tiefen nicht ganz, er kommt hier aber nur in einzelnen, un- 
regelmässigen, heruntergestürzten Partieen in die Gangmasse 
eingebettet vor, so z. B. auf der Gute-des-Herrner Feldort- 
strecke. ‚ 

Nach Angaben der Herren Betriebsbeamten wird Kiesel- 
schiefer dagegen höher als die zweite tiefe Wasserstrecke in 
den Gängen nicht gefunden. 

Eine Notiz im Jahrbuche für Mineralogie ete., 1844, S. 57 
giebt an, dass auf der Schwarzen-Grube viel Kieselschiefer 
vorgekommen sei. Dieses Vorkommen ist noch näher zu unter- 


suchen. 


b. Nebengestein der Gänge bei Bockswiese. 


VILLEFOSSE hat in seinem beruhmten Werke: „De la richesse 
minerale* (Paris, 1819) auf Taf. 34 ein Profil des Auguster 
Ganges (Pisthaler Hauptgang) am Herzog-Auguster Schachte 
abgebildet und bemerkt dazu im dritten Theile S. 43: 

„Au mur de ce filon on distingue des bancs de schiste 
argileux dur, qui alternent avec des bancs de calcaire de tran- 
sition: au toit on ne trouve que des bnnes de schiste argi- 
leux dur.* ; 

ScHaipt, der Begründer der Verwerfungstheorie, citirt diese 
Stelle (Karsten's Archiv, R. I, Bd. VI, 1823, S. 37) und be- 
merkt dazu: „dass bei Entstehung des Herzog Auguster Gan- 
ges eine sehr beträchtliche Senkung des Nebengesteins statt- 
gefunden hat, scheint aus der Verschiedenheit des hangenden 
Nebengesteins von dem im Liegenden vorkommenden hervor- 
zugehen. Letzteres fuhrt bis in die bekannte grösste Tiefe 
von mehr als 100 Lachter Kalksteinlager, von welchen im 
Hangenden keine Spur zu bemerken ist.* 

Jetzt hat es sich, hauptsächlich durch die Forschungen 
meines hochverehrten Chefs, Herru Bergrath F. A. RoENER, 
herausgestellt, dass die im Liegenden vorkommenden kalkigen 
Schichten der Devonformation, und zwar den Calceolaschich- 
ten, angehören, während die hangenden Schichten Culmschich- 


i18 


ten sind, besonders durch das Vorkommen vou ee 
Becheri charakterisirt. 

In einer Tiefe von 130 Lachtern sind diese Culmschichten 
durch das Flügelort des Tiefen-Georg-Stollens, der in südlicher 
Richtung nach Zellerfeld zu getrieben ist, ausgezeichnet auf- 
geschlossen. 

Als der Bergbau eine grössere Tiefe erreichte, traf man 
im Ganggebiete unter den Calceolaschichten einen oft quarzit- 
ahnlichen, weissen bis grauen Sandstein, den zuerst ©. GREI- 
“FENHAGEN seiner petrographischen Beschaffenheit und seiner 
Lage nach richtig als Spiriferen-Sandstein erk:nnte. 

Dieser Spiriferen-Sandstein muss mit dem auf dem Bocks- 
berge auftretenden zusammenhängen. Es ist eine sehr auf- 
fallende Erscheinung, dass sich weiter im Liegenden der Gänge 
unter dem Sandsteine wieder Thonschiefer finden, welche wahr- 
scheinlich den Calceolaschichten angehören (s. ©. GREIFENHAGEN, 
l.c. S, 29). Das Auftreten solcher Schichten mitten im Spiri- 
feren -Sandsteine, auch uber Tage, z. B. in einem langen, 
schmalen Zuge, ‚der sich von Bockswiese über den Auerhahn 
in’s Gosethal hinzieht, bietet eine einigermaassen befriedigende 
Analogie dieser Erscheinung. 

Grosse Verwunderung erregte es nun, als man 60 Lachter 
unter dem Tiefen-Georg-Stolln beim‘ Betriebe des Ernst-Au- 
gust-Stolln-Flugelortes im Hangenden der Gänge ganz flach 
südöstlich einfallende Kalk- und Kieselschieferschichten bis auf 
eine Länge von uber 800 Lachtern aufschloss. Das streifige 
Ansehen dieses Kalkes, das Auftreten des Kieselschiefers und 
die flache Lagerung beider unter den Culmschichten, welche 
der Tiefe-Georg-Stolln aufgeschlossen hat, lassen keinen Zweifel 
darüber, dass man es mit Kramenzelkalkschichten zu thun hat. 

Unter Annahme einer Verwerfung sind diese Erscheinun- 
gen nun auch wieder leicht zu erklären, wie das ideale Profil 
durch den Johann-Friedricher Schacht (Taf. XV, Fig. 8) er- 
läutert. 

Ich habe mich leider darauf ee müssen, nur ein 
ideales Profil zu entwerfen; eine der Wirklichkeit ganz genau 
entsprechende Darstellung der Lagerungen jener Gesteine zu 
geben, konnte ich vorläufig nicht unternehmen, da in dem 
Ganggebiete der Gruben zu Bockswiese ein so buntes Durch- 
einander der Gesteine und eine solche Unregelmässigkeit der 


719 


Lagerung nach Streichen und Fallen vorkommt, dass der Er- 
folg einer detaillirten Aufnahme sehr zweifelhaft ist. 

©. GREIFENHAGEN, dem der Aufschluss des Kramenzelkalkes 
durch den Ernst-August-Stolln noch nicht bekannt war, hat 
es versucht, die Lagerung der Gesteine genau der Wirklich- 
keit entsprechend darzustellen. Er schildert lebhaft die Schwierig- 
keiten, mit welchen er dabei zu kämpfen hatte, und diesen ist 
es auch wohl zuzuschreiben, dass seine Darstellung noch so 
vielen Zweifeln Raum lässt. 

Wir haben. es in diesem Gebiete, wie das ÖOrientirungs- 
blatt (Taf. XIV) zeigt, im Wesentlichen mit drei nach Westen 
sich schaarenden Gängen zu thun, zwischen denen bei Auf- 
‚reissung der Gangspalten und der Senkung des Hangenden 
die Gesteinspartieen eine sehr unregelmässige Lage einnehmen 
mussten. 

Alle Beobachtungen stimmen jedoch darin überein, dass 
das reine hangende Nebengestein der Gänge bis unter den 
Tiefen - Georg - Stolln der Culmformation, tiefer dem Kiesel- 
schiefer und dem Kramenzelkalke angehört, und dass zwischen 


den Gängen und im Liegenden derselben nur unterdevonische 


Schichten (Calceolaschichten und Spiriferen - Sandstein) gefun- 
den wurden. Diesen Beobachtungen entspricht das entworfene 
ideale Profil, ‘und sie genügen, das Vorhandensein einer Ver- 
werfung zu constatiren, worauf es hier ja hauptsächlich an- 
kommt. 


Weiter östlich finden wir in oberen Teufen, z.B. auf dem 


Grumbachstolln, auch im Liegenden der Gänge Kieselschiefer 
und Kramenzelkalk, was sehr wohl mit der Verwerfungstheorie 
vereinbar ist. Leider fehlen hier in der Tiefe die Aufschlusse 
im Hangenden. 

Die Beobachtungen am Johann-Friedricher Schacht ge- 
statten auch eine Schätzung der Grösse der Verwerfung, da 
wiv nahe unter Tage im Liegenden Calceolaschichten (nach 
C. GREIFENHAGEN, 1]. c. S. 23, Orthocerasschiefer mit Kalk- 
einlagerungen) und 190 Lachter tiefer im Hangenden Kra- 
menzelkalk finden. 

Die seigere Höhe der Verwerfung ist also wohl auf min- 
destens 190 Lachter zu schätzen. 


n 


| 


720 


Theorie der Gangspaltenbildung. 


Im Jahre 1821 hat Schmipr zuerst die Ansicht ausgespro- 
chen, dass sich die Gangspalten während sehr langer Zeitperioden 
unter ganz allmäliger Senkung ihres Hangenden gebildet hät- 
ten (s. Kırsten’s Arch., R. I, Bd. IV, S. 13). Dies konnte 
er besonders gut bei den Gängen nachweisen, welche das 
Zechsteingebirge durchsetzen und das Kupferschieferflötz ver- 
werfen; bei den Gängen im älteren Gebirge war der Beweis 
dagegen sehr schwer zu führen, und deshalb hat sich die An- 
sicht Scuum'’s keiner allgemeinen Anerkennung zu erfreuen 
gehabt. 

ZINMERMANN, der gründliche Kenner des Harzgebirges und 
der eifrige Nachfolger ScHhmipr’s, erkannte die Schwierigkeit 
eines solchen Beweises für das Ur- und Uebergangsgebirge 
auch an. (Wiederausrichtung verworfener Gänge etc. S. 35, 
45 und 57). Er konnte die mächtigen Verwerfungen der 
Harzer Gebirgsschichten durch die Gänge noch nicht nach- 
weisen, da zu seiner Zeit die oben beschriebenen Aufschlüsse 
in der Tiefe noch nicht vorhanden waren. Diese Aufschlüsse 
sind eine kräftige Stutze der alten Ansicht ScHmipr’s. 

Wir können jetzt sagen: wie durch eine Verwerfungskluft 
im Kohlengebirge die Kohlenflötze im Hangenden der ersteren 
oft über 100 Lachter und mehr in die Tiefe geworfen sind, 
so sind durch die Harzer Gangspalten die devonischen Schich- 
‘ten und die Culmschichten auch werworfen; die denudirende 
Kraft des Wassers hat aber dort sowohl wie hier die Spuren 
so mächtiger Störungen an der Tagesoberfläche verwischt. 

Nur beim Bockswieser - Festenburger - Schulenberger Zuge 
ist die Spur der Verwerfung auch über Tage sichtbar, indem 
der im Liegenden dieses Zuges auftretende Spiriferen-Sandstein 
des Bocksberges und Kahleberges um 500 bis 600 hannoversche 
Fusse die im Hangenden auftretenden Culmschichten überragt 
(s. S. 697 u. S. 722). Analog den noch jetzt zu beobachtenden 
Senkungen und Hebungen der Erdrinde an einzelnen Stellen 
sind jene Verwerfungen gewiss nicht die Folge einer kurz an- 
dauernden, gewaltsamen Erschütterung, sondern eines durch 
sehr lange Zeiträume andauernden, allmälig wirkenden Pro- 
cesses. 


en 721 


Ebensowenig wie die Erhebungen der Gebirge im Allge- 
meinen nach dem jetzigen Stande der Geognosie und Geologie 
den eruptiven Wirkungen einzelner Gesteine zuzuschreiben 
sind, ebensowenig können wir die Bildung der Oberharzer 
Gangspalten der Eruption der Harzer Grünsteine oder Granite 
zuschreiben, wie es früher geschehen ist (Hausuans, Bildung des 
Harzgebirges, S. 135 u. f.). 

Forschen wir nach den Ursachen der Spaltenbildung, so 
fällt es zunächst auf, dass die Hauptstreichungsrichtung der 
Gänge oder Gangzüge der Stunde 8 oder der Längenaxe des 
Gebirges entspricht (s. S. 701 u. f.). 

Die Thatsache gewinnt noch grössere Bedeutung, wenn 
man erwägt, dass die Edelleuter Ruschel und die ihr parallelen 
Gänge, der Bergmannstroster- und Gnade-Gotteser Gang des 
Andreasberger Gangbezirks, welche der Längenaxe des letzteren 
entsprechen, in der Stunde 7,4 streichen (s. H. CREDNER: geogn. 
Beschreibung des Bergwerksdistriktes von St. Andreasberg, 
Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges., Bd. XVII, S. 182 u. f., Taf. III); 
ferner, dass auch die Gänge des östlichen Harzes bei Gernrode 
vorherrschend von Sudosten nach Nordwesten streichen. (H. 
CREDNER: Uebersicht der geognostischen Verhältnisse Thürin- 
gens und des Harzes. Gotha, 1843, S. 123.) 

_ Auch Hausmann (Bildung des Harzgebirges, S. 136) führt 
an, dass die Streichungsrichtung der Gänge am Harze der Län- 
gen-Erstreckung des Gebirges entspricht. 

Der Parallelismus der Gänge mit der Längenaxe des Ge- 
birges, der Nachweis bedeutender Verwerfungen bei der Gang- 
bildung, die Annahme allmäliger Senkungen resp. Hebungen, 
die Eigenschaften der später beschriebenen Ausfullungsmassen 
der Gänge und die bekannte Anlagerung jüngerer Formationen 
an das Harzgebirge sind die Grundlagen zu folgender Theorie 
über die Bildung der Oberharzer Gangspalten, die ich mit der 
Nachsicht aufzunehmen bitte, welche geologische Theorieen im 
Allgemeinen beanspruchen können. | 

Es wird angenommen, dass vor der Ablagerung der pro- 
ductiven Steinkohlenformation das ganze nordeuropäische palao- 
zoische Gebirge, und mit ihm der Harz, durch einen von Nord- 
westen kommenden Druck aufgerichtet und gefältelt ist. 

Nach diesem Ereignisse muss sich die von Nordwesten 
nach Südosten langgestreckte Harzinsel gebildet haben, wie 


722 A 


die mantelföormige Anlagerung des Zechsteins lehrt. Dabei 
rissen die Hauptgangspalten parallel der Längenaxe der Insel 
auf. (Vielleicht nach der Theorie von Jauzs D. Dana durch 
den Seitendruck auf die Meeresküsten.) Schwer zu erklären 
ist es, dass die Spalten fast alle ein südliches Einfallen an- 
nahmen. | 

Mit der Bildung der ersten Spalten begann das allmälige 
Sinken der im ’Hangenden derselben befindlichen Gebirgsstücke, 
welches naturgemäss nicht gleichmässig stattfand, so dass wäh- 
rend des Sinkens in den Gebirgsstüucken neue Spalten entste- 
hen mussten. 

Solche Spalten konnten leicht in einer diagonalen Rich- 
tung zwischen zweien anderen parallelen aufreissen, und an 
solchen diagonalen Spalten musste wiederum ein Sinken des 
Hangenden stattfinden. Dadurch wurden, wie früher entwickelt 
(s. S. 704 u. f. und S. 706), jene grossen, länglichen, an bei- 
den schmalen Enden sich auskeilenden Gebirgsstücke gebildet, 
die sich gegen einander allmälig verschoben. Solche Diagonal- 
spalten sind z. B. der Charlotter Gang, die Faule Ruschel und 
der Burgstädter Hauptgang (s. Orientirungsblatt, Taf. XIV). 

' Die Niveau-Unterschiede, welche durch diese Senkungen 
allmälig an der Tagesoberfläche entstanden, wurden ebenso all- 
mälig durch Regenfluthen wieder ausgeglichen, welche das 
Material zu neuen Sedimenten von der Insel herunterspulten. 

Da das Fallen der Gangspalten, wie gesagt, nach Süden 
gerichtet ist, so sanken die Culmschichten im Suden immer 
tiefer, während die im Norden höher liegenden immer mehr 
und schliesslich ganz abgetragen wurden, so dass gegenwärtig 
der Spiriferen - Sandstein des Bucksberges und Kahleberges, 
wie schon früher erwähnt, wegen seiner Schwerverwitterbarkeit 
500 bis 600 hannoversche Fusse höher liegt als das Culm- 
plateau (s. S. 720). 

Man hat früher angenommen, dass die im Norden des 
Clausthaler Plateaus auftretenden devonischen Schichten früher 
gehoben sind als die Culmschichten, und (dass letztere dem 
entsprechend discordant auf ersteren aufliegen (s. die neuesten 
Fortschritte der Mineralogie und Geognosie, zusammengestellt 
von F. A. Roemer, Hannover, 1865, S. 22 und 23). 

Da aber jetzt nachgewiesen ist, dass das Devon die Culm - 


723 


schichten in concordanter Lagerung flach unterteuft (s. S. 715), 
so ist diese Annahme jetzt nicht mehr statthaft. 

Die verschiedene Höhe, in welcher wir den Zechstein am 
Harzrande abgelagert finden, das Fehlen des Jura und der 
Kreide im Süden des Gebirges, die grossartige Ueberkippung 
der Schichten am Nordrande vor Ablagerung der Quadraten- 
Kreide und das Vorkommen von eratischen Blöcken im Nor- 
den in einer Höhe von 1000 Fuss, lassen auf vielfache He- 
bungen und Senkungen des Gebirges und des angrenzenden 
vorweltlichen Meeresbodens schliessen. 

Diese Senkungen und Hebungen, gewiss öfters mit ge-_ 
waltsamen Erschütterungen in Verbindung, übten ihren Einfluss 
sicher auf die Gangspalten aus, an denen immer von Neuem 
Zerstörungen der Ausfüllungsmassen und Bewegungen des Ne- 
bengesteins, Senkungen des Hangenden resp. Hebungen des 
Liegenden stattfanden. Ja, es ist sogar sicher, dass auch 
jetzt noch ganz allmälige Bewegungen im Gebirge stattfinden, 
wie ZIMMERMANN an den Gesteins-Senkungen auf dem Julianer Ort 
nachgewiesen hat (s. Wiederausrichtung verworfener Gänge etc. 
Suhl). 

So ist denn die Spaltenbildung ein durch ungeheuer lange 
Zeitperioden fortdauernder, ganz allmälig wirkender Process. 
Wir werden später sehen, dass er mit der Ausfüllung der 
Gangspalten wahrscheinlich Hand in Hand ging, da die Eigen- 
schaften der Ausfüllungsmassen einer solchen Annahme durch- 
aus entsprechen. 

Niemals können die oft 20 Lachter und mehr mächtigen 
Gangspalten vollständig offen gestanden haben. Diese Ansicht 
_ vertritt schon der Zehntner Ostmann im Jahre 1822 (s. Kar- 
sten s Archiv, R. I, Bd. V). Er sagt 1. e. S. 45: „Möchte 
auch ein schmaler meist saigerer Gangraum im Urgebirge sich 
eine Zeit lang offen erhalten haben können, so ist dies doch 
von den mächtigen Harzer Gängen in Grauwacke und Thon- 
schiefer nicht denkbar“, und S. 53: „Sollten die Gangraume 
vormals offene Spalten gewesen und späterhin äusgefullt sein, 
so sehe ich noch immer nicht ein, wie bei so mächtigen mei- 
lenlangen Gangräumen das hangende Gestein bis zur Ausfül- 
lung sich halten konnte.* 

Auch ZIMMERMANN ist dieser Ansicht und, die Anschauun- 
gen SCHMIDT’s vertretend, sagt er: „Die Gänge haben sich mit 


724 


Senkung des Hangenden allmälig geöffnet und sind schon wie- 
der ausgefüllt gewesen, als neue Oeffnungen und Senkungen 
_ entstanden“. (Wiederausrichtung verworfener Gänge $. 35.) 
Dabei ist nicht‘ ausgeschlossen, dass einzelne grössere, 
hohle Räume während längerer oder kürzerer Zeit wirklich 
offen gestanden haben, wie auch schon Schuipr entwickelt. 


- „Gingen die Spalten in einer geraden Ebene nieder, so 


konnte keine Oeffnung derselben durch die Niedersenkung des 
Hangenden entstehen. Machten solche aber niederwärts Bie- 
gungen, so mussten sie sich, aus leicht begreiflichen Ursachen, 
durch das Niedersinken des Hangenden zugleich aufthun; denn 
es wurden dann die Konvexitäten des Hangenden gegen die 
des Liegenden verschoben“ (s. Karsten’s Arch., R.I, Bd. VI, 
5.792): i 

Wir finden also in den Schriften von ScHmipT, OSTMANN 
und ZIMMERMANN Ansichten, denen wir nach den jetzigen Auf- 
schlüssen unsere volle Zustimmung nicht versagen Können. 

Die Annahme ScHuipr’s aber, dass die Senkung einzelner 
Theile der Erdrinde durch die Erweichung und Zersetzung 
eines unter dem Granite befindlichen Stoffes, durch galvani- 
sche Thätigkeit und Zutritt des Wassers veranlasst sei, oder 
die Congenerations- Theorie, welcher Osruans huldigt, — das 
sind Ansichten, welche gegenwärtig nur noch historisches In- 
teresse haben. | 

Als die ersten Gangspalten auf dem Harze parallel der 
Längenaxe des Gebirges aufrissen und die Gebirgsstücke im 
Hangenden der Spalten in eine allmälig sinkende Bewegung 


geriethen, da begann die mechanische und chemische Zerstoö- 


rung des Nebengesteins der Gänge. Regenwasser sickerte oder 
strömte in die Spalten und erzeugte mit dem mechanisch zer- 
riebenen Gestein einen Schlamm; chemische Zersetzung, durch 
die mit dem Wasser eingeführte Kohlensäure veranlasst, beför- 


derte diesen Process, so dass immer mehr und mehr vom Ne- 


bengesteine zerstört wurde. Die Folge davon musste sein, dass 
die Gangspalten immer mächtiger wurden. Grössere Stücke 
vom Nebengesteine lösten sich los und wurden in die Schlamm- 


massen eingebettet oder stürzten in grössere sich öffnende. 


Räume und zertrummerten hier. Neben den Hauptspalten a 
(Taf. XV, Fig. 9) entstanden andere Spalfen 5 und c, indem 
mächtige Gebirgsstücke A und B am, Hangenden oder Liegen- 


725 


den sich loslösten und, von der Zerstörung mehr oder weniger 
ergriffen, allmälig niedersanken. So entstanden Bogentrumer 
. und ablaufende Trümer. 

Diese wenige Andeutungen werden genügen, die Entste- 
hungsweise der Gangspalten des nordwestlichen Oberharzes, 
wie sie ihrem räumlichen Verhalten nach bereits geschildert 
sind, zu erklären. Da Durchsetzungen und Verwerfungen in 
diesem Ganggebiete so selten vorkommen und so schwer zu 
beobachten sind, so hat man niemals eine Altersverschieden- 
heit der Gänge nachweisen können. Aus dem Vorigen ergiebt 
sich, dass das auch, streng genommen, gar nicht möglich ist, 
da die Entstehung eines Ganges keine vollendete Thatsache 
war, als sich ein neuer Gang bildete, vielmehr mit geringen 
Unterbrechungen die Bildung aller Gänge eine gleichzeitige war. 

Ist die entwickelte Theorie richtig, so sind allerdings die 
in der Stunde 8 oder wenig davon abweichend streichenden 
Gänge diejenigen, welche zuerst als wenig mächtige Spalten 
aufrissen (Lautenthaler und Hahnenkleer Zug, Bockswieser- 
Festenburger- Schulenberger Zug, Rosenhöfer Zug und Silber- 
naaler Zug). 

Während diese Gangspalten unter Senkung des Hangen- 
den sich allmälig ausbildeten, entstanden vielleicht die in der 
Stunde 5 bis 6 streichenden diagonalen Spalten, der Charlotter 
Gang und die Faule Ruschel. An ihnen wurden die in den 
sinkenden Gebirgsstucken später sich aufthuenden Spalten ab- 
gelenkt (Hütschenthaler und Spiegelthaler Zug, Haus-Herzber- 
ger Zug, Zellerfelder Hauptzug und Burgstädter Zug). 

Man könnte auch annehmen, dass der Dreizehn - Lachter- 
Stollugang, der Zellerfelder Hauptgang und der Kronkahlenberger 
Gang zusammen eine in der Stunde 8 streichende älteste Gang- 
spalte bilden, dass zwischen dieser Spalte und der des Rosen- 
höfer Zuges der diagonale Burgstädter Hauptgang aufriss, 
worauf der Charlotter Gang und die Faule Ruschel sich bildete, 
welche Verwerfungen des Zellerfelder Hauptzuges und Burg- 
städter Zuges veranlassten. Später entstanden dann der Hut- 
schenthaler und Spiegelthaler und der Haus - Herzberger Zug, 
deren Spalten an dem Charlotter Gang ausgelenkt wurden (8. 
S. 709). i 

Ob die eine oder die andere Annahme richtig sei, — dies 
‘ zu entscheiden, dafür liegen, so viel mir bekannt, noch keine 


726 


schlagenden Beweisgrüunde vor. So viel scheint sicher, dass 
alle Gänge im Laufe der Jahrtausende sich in der oben an- 
gedeuteten Weise, im Wesentlichen gleichzeitig ausbildeten, 
mag die Reihenfolge, in welcher die Gangspalten zuerst auf- 
rissen, sein, welche sie wolle. 

Vergleichen wir die räumlichen Verhältnisse unserer Gänge 
mit denen andere Reviere, z. B. mit denen bei Freiberg, so 
wird es wahrscheinlich, dass nicht alle Gänge auf gleiche 
Weise entstanden sind. EN 

v. Corra unterscheidet einfache und zusammengesetzte 
Gänge (s. Berg- und Hüttenmännische Zeitung, 1864, 8. 395) und 
bezeichnet für erstere die Freiberger, für letztere die Olausthaler 
Gänge als charakteristisch. Die Freiberger Gänge bezeichnet 
v. Cotta als einfache Spalten-Ausfüllungen von geringer, selten 
über 1 Lachter betragenden Mächtigkeit, in denen sich vorherr- 
schend nur krystallinische Mineralien als Erze und Gangarten 
finden. Sie haben meist deutliche Saalbänder und umschliessen 
selten Fragmente des Nebengesteins. Die Clausthaler Gänge da- 
gegen haben immer eine grosse, bis 20 Lachter und mehr be- 
tragende Mächtigkeit, sind in der Hauptsache mit verändertem 
Nebengesteine (Ganggestein) erfüllt, in welchem sich unregel- 
mässige Erz-Einlagerungen finden, und haben selten deutliche 
Saalbänder. Erstere bilden ein Netzwerk sich vielfach kreu- 
zender und nach allen Himmelsgegenden streichender Gänge. 
Letztere bilden mehrere parallele Gangzuge, die aus sich viel- 
fach schaarenden Gängen, Bogentrümern, Diagonaltrümern und 
ablaufenden Trumern gebildet sind und durch wenige diagonal 
durchsetzende Gänge mit einander verbunden werden. 

Diese auffallenden Unterschiede müssen doch wohl ihre 
Ursache in einer verschiedenen Entstehungsweise haben. 

Die Entstehung eines einfachen Ganges kann man sich, 
nach der gewöhnlichen Anschauungsweise, in zwei getrennten 
Perioden vorstellen. Erstens, es bildete sich in einem festen 
Gestein eine offene Spalte ohne beträchtliche Verschiebungen 
des Nebengesteins. Zweitens die offene Spalte wird vollständig 
durch chemische Niederschläge aus wässeriger Lösung erfüllt. 
Damit ist die Gangbildung vollendet. 

Die Entstehung eines zusammengesetzten Ganges ist da- 
gegen mit einer allmäligen Senkung des Hangenden verbunden, 
wodurch beständige Veränderungen des Nebengesteins und der 


727 


bereits gebildeten Ansfüllungsmassen veranlasst wurden. Die 
Grenze zwischen diesen beiden Arten der Gangbildung ist selbst- 
verständlich keine scharfe. 2 | 

Einfache Gänge fehlen in dem Ganggebiete des nordwest- 
lichen Oberharzes nicht ganz. Solche sind z. B. die in wenig 
zersetzter Grauwacke auftretenden Trümer des Rosenhöfer 
Zuges, so das liegende Zillertrum, welches gegenwärtig auf 
der Grube Neuer-TFhurm-Rosenhof in der fünften Firste be- 
baut wird; es ist dort 10 — 15 Zoll mächtig und symmetrisch 
ausgefüllt. Solche einfache Gänge sind hier entstanden, in- 
dem niedersinkende mächtige Gesteinsmassen (s. 8. 724) er- 
schüttert wurden und so Risse und Spalten bekamen, die sich 
später ausfullten. 

Die unendlich vielen Quarz-, Kalkspath-, Spatheisenstein- 
und Bleiglanztrümehen, welche die Grauwacke und den Thon- 
schiefer in und neben den Gängen nach allen Richtungen durch- 
setzen, sind wohl so entstanden und können als einfache Gänge 
betrachtet werden. Andererseits fehlen zusammengesetzte Gänge 
unter denen bei Freiberg nicht, wie z. B. aus den Abbildungen ° 
merkwürdiger Gangverhältnisse aus dem sächsischen Erzgebirge 
von WeıssengacH (Leipzig, 1836, Fig. 2, 15, 16 u. s. w.) her- 


vorgeht. 


Die Ausfüllungsmassen der Gangspalten. 


Im Verlaufe dieser Arbeit ist schon öfters erwähnt worden, 
dass die mächtigen Gänge des nordwestlichen Oberharzes 
srösstentheils mit mehr oder weniger verändertem Nebengesteine 
erfüllt sind, in welchem unregelmässive Einlagerungen von 
Erzen und Gangarten gefunden werden. 

Wir wollen das in den Gängen sich findende veränderte 
Nebengesiein als Ganggestein bezeichnen und nach einander 
betrachten: 

I. Das Ganggestein. 

Il. Die Gangarten und Erze. 


I. Das Ganggestein. 


Das Ganggestein ist zum Theil deutliches, in seiner Be- 
schaffenheit und inneren Structur wenig verändertes Nebenge- 
stein, Grauwacke, Grauwackenschieier und Thonschiefer, in 


728 


verworrener Lagerung und in Bruchstücken von der verschie- 
densten Grösse. Häufig finden sich zollgrosse oder auch noch 
kleinere Stücke, z. B. in den Ringelerzen, oft sind die Bruch- 
stücke so gross, dass die 60 bis 90 Zoll hohen und 40 bis 60 
Zoll breiten, auf dem Gange getriebenen Strecken ganz im 
festen Nebengesteine zu stehen scheinen und keiner Zimme- 
rung bedürfen. 

Die Bruchstücke der Grauwacke und des Grauwacken- 
schiefers zeigen meistens nicht mehr ihre ursprüngliche graue 
bis blauliche, lebhafte Farbe, sie sind milde, matt und oft hell- 
gelblich gefärbt. Die Thonschieferbruchstücke haben auch an 
vieien Stellen ihren Glanz und ihre dunkele Farbe verloren, 
sie sind ebenfalls vielfach hellgelblich gefärbt, ganz mürbe und 
fettig anzufühlen. 

Selbstverständlich kommen alle Uebergangsstadien von 
ganz frischen Gesteinen bis zu den von der chemischen Zer- 
setzung durch und durch ergriffenen vor. 

Zum grössten Theile besteht das Ganggestein aber aus 
einem milden, fettig anzufühlenden, meistens glänzend schwar- 
zen, manchmal jedoch auch hellen, gelblichen, grünlichen oder 
röthlichen Schiefer, der äusserst fein und verworren geschie- 
fert ist und unendlich viele Reibungs- oder Quetschungsflächen 
zeigt. Dieser im Einzelnen sehr verworren, im grossen Gan- 
zen 'aber den Saalbändern der Gänge parallel gelagerte Schiefer 
ist sehr oft in linsenförmigen Massen abgesondert, welche wie 
an einander abgerutscht erscheinen. Zerbricht man eine grös- 
sere Linse der Art, so zerfällt sie in lauter kleinere linsen- 
förmige Stücke, welche aus sehr feinen, vielfach gekrümmten, 
leicht trennbaren, glänzenden Blättchen bestehen. 

Diesen eigenthumlichen schiefrigen Massen, die sich so 
wesentlich vom Nebengesteine unterscheiden, haben die Harzer 
Bergleute den Namen „Gangthonschiefer* gegeben. 

Der am häufigsten in allen Gangzügen massenhaft vor- 
kommende Gangthonschiefer ist glänzend schwarz mit hell- 
grauem Strich. Wenn man ein Stück dieses schwarzen Gang- 
thonschiefers in einer Glasröhre stark erhitzt, so entwickelt 
sich ein eigenthümlicher brenzlicher, bituminöser Geruch. Ueber 
einer Spirituslampe unter Luftzutritt erhitzt, verliert er seine 
schwarze Farbe sowie seinen Glanz und nimmt eine matte, 
hellgraue Farbe an. 


729 


W. Kayser hat einen Gangthonschiefer von der Grube 
Neue-Margarethe analysirt und folgendes Resultat gefunden: 


Rrescheaten. en 0 ee, AST 
Einneme u. wm ne 20 
Bnsenoxydule. . 2 00.0 0 ed 
Kalk e .  e. en e o 
Bere an. ne et NOEBT 
KEIN ee re 


NEN Re in), 
Bdeanosyd. 0. 0 2 ll 


Seen 002 08 
Schwefel NT ae ee: 003 

Kohle (als Kohle) und Kohlensäure 0,65 
| 100,075. 


(S. Neues Jahrb. für Mineral. 1850. S. 682). 


Der Nachweis der Kohle durch diese Analyse und das 
Verhalten des schwarzen Gangthonschiefers im Feuer lassen 
darauf schliessen, dass er seine Farbe organischen, kohligen, 
bituminösen Substanzen verdankt. Wir wollen ihn deshalb 
„schwarzen, bituminösen Gangthonschiefer* nennen und ihn 
unterscheiden von dem „bunten, nicht bituminösen Gangthon- 
‚schiefer.* 

Letzterer, hellgelblich, grünlich oder röthlich gefärbt, ent- 
wickelt, in einer Glasröhre stark erhitzt, keinen brenzlichen, 
bituminösen Geruch; er kommt verhältnissmässig selten vor, 
am ausgezeichnetsten im Hangenden des Isaaks-Tanner Ganges 
auf der Grube Hülfe-Gottes bei Grund, ferner auch auf dem 
Burgstädter Zuge auf der Grube Königin - Charlotte. 

Der Gangthonschiefer, besonders der schwarze, ist überall 
in und bei den Gängen verbreitet. Er erfüllt oft die Schich- 
tungsklufte des reinen Nebengesteins, der Grauwacke und des 
Thonschiefers, dringt in feinen Schmitzen oder unregelmässi- 
gen Massen in die Bruchstücke dieser ein und findet sich in 
der verschiedensten Weise als Begleiter der Erze und Gang- 
arten. 

Linsenförmige schwarze Gangthonschiefermassen umschlies- 
sen manchmal Bruchstücke von Nebengestein, oder unregel- 
mässige, auch flach linsenförmig oder plattenförmig gestaltete, 
Erzkörper finden sich vom schwarzen Gangthonschiefer eingehüllt. 

Zeits. d. d. geol. Ges. XVII. a. 47 


730 


Am ausgezeichnetsten ist dieses. Vorkommen ‚im Silber- 
naaler Gange auf der Grube Bergwerkswohlfahrt; auch auf der 
Grube Dorothea und an anderen Stellen ist es gut zu beobach- 
ten. -Auf letztgenannter Grube werden die vom schwarzen 
Gangthonschiefer eingehüllten plattenförmigen Erzstücke Blech-- 
stucke genannt. | 

Dieser soeben näher charakterisirten, verworrenen, milden 
Schiefermassen erwähnen mehr oder weniger ausführlich und 
genau die meisten älteren und neueren Schriftsteller über den 
Harz. Wunderbarer Weise bedienen sie sich aber nicht der 
Bezeichnung „Gangthonschiefer“, welche jetzt ganz gebräuchlich 
ist. Der erste, welcher den Namen „Gangthonschiefer“ in die 
Literatur eingeführt hat, ist, so viel ich erkunden konnte, v. CoTTA 
(s. Lehre von den Erzlagerstätten. Freiberg, 1859, II, S. 100). 

Da die Eigenschaften des Gangthonschiefers so sehr von 
denen des reinen Nebengesteins abweichen, so ist man uber 
seine Entstehungsweise sehr verschiedener Ansicht gewesen. 

Osrtumasn, welcher der Congenerations-Theorie, und Lasıus, 
welcher. der Lateralsecretions - Theorie huldigte, sahen diesen 
Schiefer natürlich als verändertes Nebengestein an. 

HaAUSMANN, der entschiedene Anhänger der Ascensions- 
Theorie, nimmt an, dass die milden Thonschiefermassen, welche 
sich vom Nebengesteine auffallend unterscheiden, „aus der unter- 
teufenden Thonschiefergruppe in einem durch Reibung und die 
Einwirkung von Dämpfen mehr oder weniger veränderten Zu- 
stande in die Höhe gefördert seien.“ (Bildung des Harzgebirges, 
SuuhaT,) 

Ebenso nimmt Schamrt, seiner Theorie von dem Sinken 
der Erdrinde entsprechend, von dem milden Thonschiefer in 
dem Herzog- Auguster Gange bei Bockswiese an, dass er aus 
der Tiefe in einem schlammigen Zustande emporgetrieben sei 
(s,,Kunsten’s, ‚Archiv, R. 1,;Bd..I1L,.S: 36). 

Die beiden letztgenannten Schriftsteller nehmen also ge- 
wissermaassen eine besondere Gesteinsbildung in den‘ Gang- 
spalten an, und sie sind wahrscheinlich die Urheber der Unter- 
scheidung eines besonderen Gangthonschiefers. 

Den sehr unwahrscheinlichen Annahmen Hausmann’s und 
SCHMIDT’s gegenüber hat man schon lange die Ansicht ausge- 
sprochen, dass der Gangthonschiefer wohl nichts weiter als 
ein verändertes Nebengestein sei. Vertreter dieser Ansicht ist 


731 


unter Anderen z. B. immer F. A. RoEMmER gewesen, der aber 
leider niemals etwas darüber veröffentlicht hat. 

v. Corta hat diese Ansicht auch schon im Jahre 1859 in 
seine Lehre von den Erzlagerstätten aufgenommen. Er sagt 
(l..e. U, S. 100): „Der zerspaltene Schiefer (Thonschiefer des 
Nebengesteins) ist .. dabei, sei es durch Wasser, oder. durch 
Dämpfe, zugleich einigermaassen verändert, und man. unter- 
scheidet ibn deshalb als sogenannten Gangthonschiefer von 
dem gewöhnlichen.“ 

Es fragte sich immer nur, wie hat man sich die Umwand- 
lung zu denken, wie konnten aus den verhältnissmässig dick- 
geschichteten Oulmthonschiefern, die übrigens im Nebengesteine 
sehr häufig gegen die Grauwacke zurücktreten, jene massen- 
weis auftretenden, so milden, zartschiefrigen, schwarzen, glän- 
zenden Massen entstehen ? : e 

Wenn nun v..CortA in seiner Abhandlung „Ueber den so- 
genannten Gangthonschiefer von Clausthal“ (1. e. S. 395, 1864) 
sagt: „Unter diesen Umständen stehe ich nicht an zu behaup- 
ten, dass der sogenannte Gangthonschiefer und Alles, was zu 
ihm gehört, in den Öberharzer Gängen nichts als ein Theil 
des Nebengesteins ist, welcher zwischen zonenartigen Zerspal- 
tungen verschoben, zerquetscht, imprägnirt und sonst noch ver- 
ändert wurde,“ so ist damit nichts Neues gesagt und, wie mir 
scheint, kein Beitrag zur näheren Erklärung des Umwandlungs- 
processes gegeben. 

BıscHor ist der erste und einzige, welcher eine Erklärung 
zu geben versucht hat. Durch ZimMERMANN auf den eigentlichen 
Gangthonschiefer aufmerksam gemacht, hat er durch zwei Ana- 
lysen nachgewiesen, dass der Gangthonschiefer des Silbernaaler 
Zuges und der Thonschiefer seines Nebengesteins nahezu die- 
selbe chemische Zusammensetzung haben. 


Thonschiefer des Neben- Gangthonschiefer 
gesteins (nach Kjerulf). (nach Bischof). 
Iieselsaure . 0... ,0150.82 «3,99 
Thonerde ar DOT 1979 
Bisenoxydı.) .naupl. 432018,41 10,54 
Nalkesdesr 0 ern 20,18 Spur 
Mapnesta. sa... 6587 0,18 
Ralıı se N 419 3,02 
Natron a a aa 0,96 _ 
Koblensaure . .. ...0 2,96 — 
Glühverlust . . .2722.76,98 7,90 
100,00 098,04. 


47* 


u 


732 


„Die Zusammensetzung beider Thonschiefer zeigt eine so 
. nahe Uebereinstimmung, dass ein gleicher Ursprung nicht zu 
bezweifeln ist. Der grössere Eisengehalt im Gangthonschiefer 
ist ihm wahrscheinlich durch Gewässer aus dem Nebengesteine 
zugeführt und dagegen der Kalk und der grösste Theil der 
Magnesia durch sie fortgeführt worden.“  (S. Lehrbuch der 
chemisch. Geologie, 1852. II. S. 1645.) 

Es ist zu wünschen, dass derartige zu vergleichende Ana- 
lysen auch von den Gesteinen anderer Gangzüge angestellt 
werden. Was vorauszusehen, dass die Gangthonschiefer keine 
constante Zusammensetzung haben, lehrt der Vergleich der 
Analysen von BıscHor und Kayser (S. 74 u. 80). Der sehr 
hohe Alkaligehalt der Gangthonschiefer lässt aber vermuthen, 
dass die chemische Zerstörung der Masse des T'honschiefers 
keine tief eingreifende gewesen ist. 

BiscHoF meint, dass es Tagewasser waren, welche, bela- 
den mit schwebenden Theilchen des Thonschiefers, aus den 
Umgebungen der Spalte die Ausfüullung derselben mit Gang- 
thonschiefer bewirkt haben. 

Die Annahme einer mechanischen Zerstörung des Thon- 
schiefers und der Bildung eines Thonschieferschlammes scheint 
mir sehr einleuchtend. Es fragt sich nur, wie konnte die me- 
chanische Zerkleinerung des Thonschiefers zu einem feinen 
Pulver in so grossartigem Maassstabe erfolgen, und wie konnte 
der entstehende Schlamm zu so feinschiefrigen, verworrenen 
Massen erstarren. 

Der Nachweis der bedeutenden Verwerfungen des Neben- 
gesteins durch die Spaltenbildung und die Annahme allmäliger 
Senkungen des Hangenden, geben die Erklärung dafür von 
selbst. 

Indem das Hangende der Gangspalten allmälig über 100 
Lachter und tiefer sank, konnten grosse Massen Nebengestein 
zu dem feinsten Pulver zerrieben werden. Dieses Pulver 
wurde durch die einsickernden Tagewasser zu Schlamm auf- 
gelöst, dieser drang in die feinsten Fugen hinein und erhärtete 
unter dem Drucke der langsam bewegten Gebirgsmassen zu 
Gangthonschiefer. 

Der fein vertheilte Kohlegehalt in dem schwarzen, bitu- 
minösen Gangthonschiefer erklärt sich so auch auf einfache 
Weise. Pflanzeureste sind in der Culmgrauwacke und in den 


733 


zwischen den Bänken derselben liegenden Thonschiefern in 
grosser Masse vorhanden. Die Schichten der letzteren sind 
meist mit den kohligen Resten von Calamitenstengeln wie 
übersäet. Oft finden sich zwischen den Grauwackenbänken 
diese so angehäuft, dass Steinkohle oder anthracitartige Massen 
entstehen, so z. B. in dem unterirdischen Steinbruche am Anna- 
Eleonorer Schachte. 

SCHULTZ sagt vom Nebengesteine bei der Grube Caroline: 
„Merkwurdig ist es, dass hin und wieder ein förmlicher Koh- 
lenbesteg zwischen den Gebirgsschichten liegt, welcher, in 
Feuer gebracht, in Gluth geräth.“ (S. Karsten’s Archiv, R. I. 
Bd. VI. S. 116.) 

Nach Allem scheint es also, als wenn man den Gang- 
thonschiefer doch als eine besondere Gesteinsbildung in den 
Spalien anzusehen hätte, wogegen sich v. Cotta entschieden 
ausspricht. 


B 


II. Die Gangarten und Erze. 


Während einige Gänge (besonders diejenigen, welche sich 
in ihrem Streichen dem des Nebengesteins nähern), z. B. die 
Faule Ruschel und die Charlotter Ruschel (Charlotter Gang), 
fast ausschliesslich mit Ganggestein ausgefüllt sind, treten in 
dem Ganggesteine aller übrigen Gänge Gangarten und Erze in 
unregelmässig gestalteten, bald grösseren, bald kleineren Ein- 
‚lagerungen auf. | 

Hat eine solche Einlagerung eine Ausdehnung von wenig- 
stens einigen Lachtern, und enthält sie so viel Erz, dass sie 
abbauwürdig ist, so nennt man sie ein Erzmittel. 

Was von den Erzmitteln zu sagen ist, gilt ebenso von 
jeder kleineren oder erzarmen Einlagerung. 

Wir wollen nach einander betrachten: 

1) Das Vorkommen der Erzmittel. 

2) Die Formen der Erzmittel. 

3) Die innere Structur der Erzmittel. 

4) Die Texturverhältnisse der Gangarten und Erze. 

- 5) Die Paragenesis der Mineralien. 


1. Das Vorkommen der Erzmittel. 


Die Aufsuchung der Erzmittel ist der wichtigste Zweig 
der bergmännischen Thätigkeit, leider hat sich aber dafür keine 


734 5 


Regel aufstellen lassen, und es ist gar keine Aussicht vorban- 
den, dass das jemals möglich 'sein wird, so durchaus rezellos 
ist die Vertheilung der Erze und Gangarten in den Gangräumen. 

Das einzige Anhalten bietet die Erfahrung, dass die Gänge 
da am reichsten sind, wo sie sich schaaren. So liegen z. B. 
die Erzmittel des Roseuhöfer Zuges da, wo der Thurmhöfer 
und Liegende-Alte-Segener Gang sich schaaren. 

Auf dem DBurgstädter Zuge sind die reichsten Erzmittel 
da gefunden, wo sich der Hauptgang einerseits mit dem Ro- 
senbüscher, andererseits mit dem Kranicher Gange schaart. 

Das bedeutendste Erzmittel des Zellerfelder Hauptzuges 
liegt an der Schaarungslinie des Hauptganges mit dem Kron- 
kahlenberger Gange u. s. w. ZIMMERMANN hat schon darauf 
hingewiesen (Harzgebirge S. 339 u. 540), dass die alten Berg- 
leute ihre Hauptschächte immer da hingelegt haben, wo Gänge 
sich schaaren. : 

Erzmittel finden sich aber auch vielfach an Stellen, wo 
keine Schaarung von Gängen vorhanden ist, so z. B. auf der 
Grube Bergwerkswohlfahrt im  Silbernaaler Gange, auf der 
Grube Bergmannstrost im Burgstädter Hauptgange und. an an- 
deren Stellen. 


9. Die Formen der. Erzmittel. 


Ebenso wie das Vorkommen der Erzmittel ein durchaus 
unregelmässiges ist, so ist auch die Form derseiben unregel- 
mässig und wenig, scharf begreuzt. 

Unter den vielen unregelmässigen Formen, die sich kaum 
beschreiben lassen, kommt häufig, eine annähernd linsenföormige 
Form der Erzmittel vor, indem sich dieselben nach allen Sei- 
ten hin allmälig auskeilen, so z. B. die Erzmittel im Lauten- 
thalsglücker Gange und andere. 

Eine häufige Form ist die der sogenannten Erzfälle, das 
sind meistens schmale, längliche Erzmittel, deren Längenaxe 
gegen den Horizont gewöhnlich fach (ec. 45°) geneigt ist. 

Die Erzfälle haben sehr oft eine Neigung nach Westen, 
so z. B. auf den Gruben: Hülfe-Gottes, Bergwerkswohlfahrt, 
Herzog-August und Johann-Friedrich, Lautenthalsglück u. s. w. 

Selten sind die Erzfälle nach Osten geneigt, so am aus- 
gezeichnetsten auf der Grube Ring und Silberschnur. i 
| Ostmarn führt schon im Jahre 1822 als Ausnahme von 


735 


dem gewöhnlichen Verflächen der Erzmittel von Morgen nach 
Abend ein Erzmittel auf der Grube Juliane-Sophie bei Schu- 
lenberg an, welches sich von Abend nach Morgen verflacht, 
ohne dass man in dem Gange Geschiebe oder Klüfte bemerkt, 
denen man dies Verhalten zuzuschreiben hätte (s. Karsren’s 
Archiv, R. I. Bd. V. 8. 48.) 

Man hat in einzelnen Fällen nachgewiesen, dass die Erz- 
fälle den Schaarungslinien einzelner Trümer oder Gänge fol- 
gen, so z. B. im Bockswieser Grubenreviere (s. ZIMMERMANN, 
Harzgebirge S. 339). 

In anderen Fällen ist das aber durchaus nicht der Fall; so 
fallt z. B. das Erzmittel an der Schaarungslinie des Zellerfel- 
der Hauptganges mit dem Kronkahlenberger Gange nach Osten 
ein, während die Schaarungslinie dieser beiden Gänge in der 
Tiefe immer mehr nach Westen ruckt. Auch der nach Westen 
einschiessende Erzfall auf den "Gruben Caroline, Dorothea und 
Bergmannstrost ist nicht mit der Schaarungslinie des Burg- 
städter Hauptganges und Rosenbüscher Ganges in Verbindung 
zu bringen. 

Erwägt man ferner, dass Erzfälle auch da auftreten, wo 
keine Schaarungslinien vorhanden sind, so ergiebt sich, dass 
eine Beziehung zwischen der eigenthumlichen Erscheinung der 
Erzfälle und dem Auftreten der meisten Erzmittel an Schaa- 
rungslinien nicht vorhanden ist. 

SCHMIDT hat die Erscheinung der Erzfälle unter der Vor- 

aussetzung zu erklären gesucht, dass „das Einschieben der Erz- 
mittel mit dem Einschiessen, welches die Gebirgsschichten ne- 
ben den Gängen niederwärts bemerken lassen, parallel ist.“ 
(S. Karsten’s Archiv, R. I. Bd. VL S. 57.) 
Ein solcher Parallelismus ist aber auf dem Oberharze nicht 
vorhanden, da ja die Schnittlinien der meist nach Südosten 
einfallenden Gebirgsschichten mit den südlich einfallenden 
Gangspalten östlich einschiessen, während ja, wie gesagt, die 
meisten Erzfälle eine Neigung nach Osten haben. Auch durch 
Einfluss des Nebengesteins sind die Erzfälle hier nicht zu er- 
klären, wie das in anderen Gangrevieren bekanntlich möglich 
gewesen ist. 

Wir müssen daher gestehen, dass die die Erzfälle in den 
Oberharzer Gängen bedingenden Ursachen bis jetzt vollkom- 
men unbekannt sind. 


136 


Vielleicht sind es zufällige Erscheinungen, analog dem 
ganz unregelmässigen Erzvorkommen überhaupt.‘ Die jeden- 
falls unregelmässige Circulation der die Erze und Gangarten 
absetzenden Gewässer in den mit Ganggestein erfüllten Spal- 
ten, sowie die beim Sinken des Hangenden erfolgte mechani- 
sche Zerstörung oder Verschiebung bereits 'gebildeter Aus- 
füllungsmassen, lassen solche Zufälligkeiten vermuthen. 


3. Die innere Structur der Erzmittel. 


Die Erzmittel bestehen keinesweges ausschliesslich aus 
Gangarten und Erzen, sie sind vielmehr ein unregelmässiges 
buntes Gemenge der letzteren mit Ganggestein. 

- Unter Structur der Erzmittel verstehe ich die Form und 
Lage, in welcher Gangarten und Erze zwischen dem Gangge- 
steine oder zwischen älteren Gangarten und Erzen auftreten. 

Diese Structur wird also wesentlich von der mechanischen 
Zerstörung des Nebengesteins oder bereits gebildeter Aus- 
füllungsmassen während der Senkung des Hangenden abhängen. 

Man kann drei verschiedene Structuren unterscheiden: 

a. die Trumerstructur, 
b. die Imprägnation, 
c. die Breccien- resp. Conglomeratstructur. 


a. Die Trümerstructur. 
Die Trumerstructur ist die in allen Gängen und Gangzü- 
‚gen am häufigsten auftretende. Sie besteht darin, dass das 
Ganggestein von wenige Linien bis viele Fuss mächtigen Spal- 
ten oder Trümern durchsetzt ist, welche gewöhnlich nicht weit 
fortsetzen, nach allen Himmelsrichtungen streichen, das ver- 


” 


schiedenste Fallen haben, sich vielfach schaaren, kreuzen, schlep- 


pen, ablenken und so ein oft complicirtes Trümernetz bilden. 
Grössere Trümer der Art, öfters gesellig auftretend, zeigen 
gewöhnlich annährend das Streichen und Fallen des Ganges, 
dem sie angehören. 

Diese Trümer sind in der verschiedensten Weise mit Gang- 
arten und Erzen erfüllt. 

Es ist bereits früher, als von den einfachen Gängen die 
Rede war, die Entstehung dieser Trümerstructur angedeutet. 


b. Die Imprägnation. 


In der Nähe durchtrümerter Gangmassen sind die Gang- 


737 


gesteine gewöhnlich mit Gangarten und Erzen imprägnirt, d.h. 
diese finden sich in ersteren in grösseren oder kleineren, ganz 
unregelmässig gestalteten, meist unzusammenhängenden Par- 
tieen. 

Dieser Structur gehören im weitesten Sinne alle ganz 
unregelmässigen Vorkommnisse von Erzen oder Gangarten im 
Ganggestein an. Haben diese Vorkommnisse grössere Aus- 
dehnung, so kann man. die Structur auch wohl mit dem Namen 
„Nesterstructur“ bezeichnen. 

Diese Structurform ist wohl auf die Weise. entstanden, 
dass die Solutionen, welche Erze und Gangarten aufgelöst ent- 
hielten, durch die feinsten Poren, Risse und Sprünge in die 
zerrütteten Ganggesteinsmassen eindrangen und hier an geeig- 
neten Stellen auskrystallisirten. Es ist klar, dass, wenn diese 
Entstehungsweise die richtige ist, damit die wirklich vorhän- 
denen Uebergänge von der feinsten Imprägnation bis zur deut- 
lichen Trumerstructur erklärt sind. Ebenso ist es leicht ein- 
zusehen, wie eine oft wiederholte Durchtrumerung einer Masse 
schliesslich eine Breecienstructur derselben herbeiführen muss. 


ec. Die Breceien- resp. Conglomeratstructur. 


- . Die Breceien- resp. Conglomeratstructur findet sich mit 
Ausnahme der Gänge bei Lautenthal und Bockswiese, wo ich 
sie noch nicht beobachtet habe, recht häufig in den Gängen. 

Sie besteht darin, dass unregelmässig gestaltete, scharf- 
kantige (Breceien) oder seltener abgerundete (Conglomerate) 
Bruchstücke des Nebengesteins von der verschiedensten Grösse 
in Gangarten oder in einem Gemenge der letzteren mit. Erzen 
so eingebettet siud, dass sich die einzelnen Bruchstücke ge- 
wöhnlich gar nicht mehr berühren. Die die Bruchstücke um- 
hullenden Gangarten und Erze bilden gewissermaassen das 
Cäment der Breccie oder des Conglomerates. 

Die Entstehung dieser Structur ist leicht begreiflich. Ent- 
weder es zogen sich einzelne Schollen vom Nebengesteine los 
und wurden so von den auskrystallisirten Erzen und Gangar- 
ten oder auch wohl von Thonschieferschlamm, der später zu 
Gangthonschiefer erhärtete, umgeben, oder es stürzten in hohle 
Räume, welche beim Sinken des Hangenden entstanden, Ne- 
bengesteinsmassen und zertrümmerten hier. 

Diese Bruchstücke wurden beim Auskrystallisiren der Erze 


735 


Sn 


und Gangarten durch die Kraft der Krystallisation ans einander 
getrieben, ebenso wie gefrierendes Wasser Bruchstücke des 
alten Mannes trennt. (S. Rrıch, Beobachtungen über die Tem- 
peratur des Gesteins in verschiedenen Gruben des sächsischen 


Erzgebirges. Freiberg, 1834. S. 186.) 


Wir haben bisher nur immer davon gesprochen, dass Gang- 
gestein durchtrüumert, imprägnirt oder als Breceienbruchstücke 
vorkommt. 

Bei der allmäligen Entwickelung der zusammengesetzten 
Oberharzer Erzgäange mussten aber auch die bereits gebildeten 
Gangarten und Erze in gleicher Weise wieder mechanisch zer- 
stört werden. In der That finden wir Gangarten, z. B. Kalk- 
spath, von Quarz- und Erztrümern durchzogen, ferner Erzmas- 
sen, z. B. Bleiglanz und Blende, von Quarztrumern; auch 
Breccien werden oft von Kalkspath, Quarz und Spatheisen- 
steintrümern durchsetzt. 

An Stelle der Bruchstücke des reinen Nebengesteins in 
den Breccien finden sich auch Bruchstücke von bereits imprä- 
gnirtem Nebengestein, von Kalkspath oder Zinkblende. 

Imprägnationen bereits krystallisirter Gangarten und Erze 
müssen häufig stattgefunden haben, sie lassen sich nur schwerer 
nachweisen. Zu den Imprägnationen der Art gehört das Vor-. 
kommen feiner Quarzlamellen zwischen Spaltungsflächen des 
Bleiglanzes, ferner von feinen Bleiglanzlamellen oder Blei- 
glanzpünktchen zwischen den Spaltungsflächen des Kalkspaths, 
wie man sie häufig beobachten kann. 

‘In den Kalkspathmassen des Lautenthalsglücker Ganges 
bemerkt man eigenthümliche ziekzackförmig gewundene Blende- 
streifen, die schon die Aufmerksamkeit von SCHULTZ auf sich 
gezogen haben, die er aber nicht genau beschreibt, wenn er sagt: 
„Die braune Blende durchzieht in Kreisen und mancherlei krum- 
men Zügen den Gang“ (s. Karsrmen’s Archiv, R.1.’Bd.IV. 8. 299). 

Betrachtet man dieses Vorkommen genauer, so bemerkt 
man lauter theils mit grossen Kalkspathmassen an einer Stelle 
noch zusammenhängende, theils ganz isolirt liegende Kalkspath- 
spaltungsstüucke (Rhombo&der), die zunächst von einer feinen 
Quarzlage und dann von brauner Blende umgeben sind. Das 
Ganze macht den Eindruck, als wenn zuerst die Kalkspath- 
massen zertrümmert seien, darauf sich die Wände der 


739 


Hohlräume mit (Quarz überzogen und schliesslich alle Hohl- 
räume ganz mit brauner Blende erfüllt hätten. 

Es ist wahrscheinlich, dass wir fast alle Erze und Gang- 
arte gegenwärtig nicht mehr an der Stelle finden, an der sie 
sich ursprünglich gebildet haben; denn betrachtet man die 
Firstenstösse in den Gruben, so findet man ein so unregel- 
mässiges Durcheinander von grösseren und kleineren Partieen 
reinen und durchtrümerten oder imprägnirten Ganggesteins, 
von Breccien, von Gangarten und Erzen, die ebenfalls in der 
verschiedensten Weise durchtrümert und imprägnirt sind, dass 
die Vorstellung, dies habe sich Alles so an Ort und Stelle 
gebildet, viel Unwahrscheinliches hat. 

Hält man die Vorstellung von dem durch Jahrtausende 
fortdauernden allmäligeri Senken des Hangenden fest, so erklärt 
es sich leicht, wie diese verschiedenen Massen unter verschie- 
denen lokalen Umständen entstanden, gegen einander verschoben 
und in eine unregelmässige Lage_zu einander gebracht werden 
konnten. | 

In diesem Sinne können wir die Struetur der OÖberharzer 
Gänge im grossen Ganzen als eine breecienförmige bezeichnen, 
welche Structur nach der Entstehungsweise allen zusammen- 
gesetzten Gängen eigen sein muss. 


4. Die Textur der Gangarten und Erze. 


Unter Textur eines Mineral - Aggregates versteht man be- 
kanntliceh die durch die Grösse, Form, Lage und Verwach- 
sungsart seiner einzelnen Individuen bedingte Modalität der Zu- 
sammensetzung. Die Verbindungsweise einfacher Mineral-Aggre- 
gate nach Form und Lage zu Aggregationsformen höherer 
Ordnung bezeichnet man als Structur (NAUMANN). 

Diesen beiden Begriffen lassen sich nicht alle betreffenden 
Erscheinungen «genau unterordnen. In der Petrographie hat 
man diese Unterscheidung bereits aufgegeben, und dasselbe ist 
in der Lehre von den Erzen oder Erzlagerstätten nothig. 

Unter Textur wollen wir ganz allgemein die verschiedenen 
Asgregationsformen der Mineral-Aggregate verstehen. Diese Ab- 
weichung, in welcher ich mich in einer Beziehung an v. OoTTA 
anschliesse (s. Lehre von den Erzlagerstätten, 1859, 8.29), sei 
gestattet, um den wesentlichen Unterschied hervorheben zu kön- 
nen, der in der Aggregation der Mineralien überhaupt von den 


. 740 


Formen ı der Räume liegt, in welchen diese Mineral-Aggregate 
sich bildeten. wie 

Diese Räume waren also entweder 'gangartige Räume 
(Trumer) oder unregelmässige, grössere oder kleinere Hohl- 
räume in zersetzten oder zertrümmerten Massen (Imprägnation) 
oder Zwischenräume zwischen Bruchstucken zertrümmerter Mas- 
sen (Breccien). Wir haben nun also diese verschiedenen For- 
men der Räume als Structurformen bezeichnet (s. S. 733 u. f.). 

Die für unseren Zweck wichtigsten Texturformen der 
Erze und Gangarten sind: 

a. Die lagenförmige Textur, und zwar: 
die eben lagenformige Textur, ; 

.. die concentrisch lagenförmige Textur. 

b. Die drusenförmige Textur, und zwar: 

a. ‚die offen drusenförmige Textur, 
3. die geschlossen drusenförmige Textur. 

c. Die massige Textur. 

Für unsere Zwecke weniger wichtige Texturformen sind: 
die körnige, ‚blättrige, schuppige, stängliche, faserige, dichte etc. 

Die Abweichung dieser Darstellungsweise in mancher Be- 
ziehung von der v. CorrA wird auffallen. Meine Gründe dafür 
sind in dem Vorherigen bereits enthalten. 

a. Die lagenfürmige Textur. 
:@. Die eben lagenförmige Textur, 

Beispiele dieser Textur giebt Taf. XVI. Sie findet sich 
in vielen Trümern deutlich ausgebildet, und’zwar sowohl mit 
einfacher, als auch mit sich wiederhelender Symmetrie der Lagen. 

Eine häufige, sehr oft sich wiederholende Erscheinung ist 
es, dass sich an den Saalbändern der Trumer zunächst feine, 
unregelmässige Quarzlagen finden, darüber folgen dann Lagen 
von Bleiglanz, der oft innig mit Quarz verwachsen ist, und in 
der Mitte tritt wieder Quarz auf oder Kalkspath mit Quarz, 
auch wohl Spatheisenstein oder Schwerspath. j 

Die einzelnen Lagen sind durchaus nicht immer ganz eben, 
sondern stellen oft vielfach gebogene Flächen dar; niemals lau- 
fen die gebogenen, gekrümmten Flächen jedoch wieder in sich 
zurück wie bei der concentrisch lagenförmigen Textur. 

Die einzelnen Lagen wechseln sehr in ihrer Mächtigkeit, 
sie verschwinden stellenweise manchmal ganz und dehnen sich 
dafür an anderen Stellen zu desto grösserer Mächtigkeit aus. 


DI DD 
. 


7a 


Die einzelnen Lagen zeigen sich im Querschnitte niemals 
durch gerade oder gleichmässig gekrümmte Linien getrennt, sie 
greifen vielmehr zickzackföormig oder ganz unregelmässig in 
einander. Man kann sich die lagenförmige Ausfüllung der 
Gangtrumer in zwei verschiedenen Weisen gebildet denken. 

Einmal ist es möglich, dass die Spalte eines Gangtrumes 
vor ihrer Ausfullung in der ganzen Mächtigkeit, die wir jetzt 
beobachten, offen stand. 

Die Solutionen konnten dann an den Spaltenwänden herab- 
sickern, also z. B. erst eine Kieselsäuresolution, welche Quarz- 
krystalle absetzte, dann Solutionen, welche uber den Quarz- 
krystallen BleigJanzkrystalle absetzten u. s. w. Viel wahrschein- 
licher ist es aber, dass die Spalte ganz mit einer Solution 
erfullt war, welche nach einander, je nach den Löslichkeits- 
verhältnissen, verschiedene Mineralien absetzte, oder in der 
sich durch Zuflusse anderer Solutionen verschiedene krystalli- 
nische Niederschläge bildeten. 

Wenn wir die Krystallisation künstlich dargestellter Salze 
beobachten, so zeigt es sich, dass sich die Krystalle in der 
verschiedensten Weise in Krystallkrusten ansetzen oder zu 
kugelförmigen oder eylinderförmigen oder unregelmässig ge- 
stalteten Krystall-Aggregaten anschiessen. 

Nehmen wir dasselbe für die Krystallisation der Gang- _ 
arten und Erze an, so erklären sich dadurch die Unregelmässig- 
keiten der lagenförmigen Textur und die Uebergänge derselben 
in die massige Textur, wovon später die Rede sein soll. 

Eine etwas andere Erklärungsweise hat ScHuminpt gegeben. 
Er nimmt an, dass die Spalte des Gangtrums früher eine ge- 
ringere Mächtigkeit hatte, als wir jetzt beobachten, und dass 
sie durch spätere Erschütterungen und die Kraft der Krystalli- 
sation zu einer grösseren Mächtigkeit erweitert sei, indem sich 
an die Seitenwände der Spalte zunächst Krystallkrusten an- 
setzten, zwischen ihnen neue Solutionen anderer Mineralkörper 
eindrangen und bei ihrem Auskrystallisiren die Spalte erwei- 
terten (s. Karsten’s Archiv, R. I. Bd. VIII. S. 216 u. Taf. 1. 
Fig. 1—5). 

Nehmen wir an, dass bereits lagenförmig erfüllte Gang- 
tramer durch spätere Erschütterungen an irgend einer Stelle 
wieder aufrissen und neue Krystallisationen eintraten, so wei” 
den damit manche Unregelmässigkeiten der Ausfullung erklärt. So 


742 


muss man sich z. B. die Ausfüllungsart des Taf. XVI. Fig. 3 
abgebildeten Gangtrums in ‘folgender Weise denken. An’ den 
Saalbändern bildete. sich zuerst ein Gemenge. von; Quarz ‚und 
Bleiglanz (a u. b.), darauf. krystallisirte der Spatheisenstein (d) 
aus und später, in der Mitte des Trums, der weisse Schwer- 
spath (/). Nach solcher vollständigen Ausfullung riss das Trum 
an der rechten ‚Seite auf, und die so gebildete, unregelmässige 
Spalte wurde durch Braunspath (g) ausgefüllt. 

Beobachtungen über die Entstehung symmetrisch Ben 
miger Ausfüllungen der Trümer werden schwerlich ‚jemals. in 
der Natur anzustellen sein; es ist aber vielleicht nicht. unmög- 
lich, durch Versuche mit künstlichen Salzen die Vorgänge zu 
‚verfolgen. ö | 

Die eben lagenförmige a, aber, ohne symmetrische 
Anordnung der Lagen, findet sich ferner se ausgezeichnet in 
den bekannten Banderzen der Grube Herzog-Georg -Wilhelm. 
Es sind das eigentlich nur mächtige Kalkspathmassen, in. de- 
nen sich in unendlicher Wiederholung unregelmässige, meistens 
sehr schmale, unter sich annähernd parallele und gewöhnlich 
nur wenige Linien oder Zolle von einander abstehende Schnüre 
von Bleiglanz, Zinkblende, Kupferkies und Quarz finden. 

Diese Banderze finden sich nicht als Ausfüllungen beson- 
derer Trümer mit deutlichen Saalbändern, sondern in unregel- 
mässig gestalteten Massen inmitten der mächtigen Gänge, be- 
gleitet von durchtrümerten und imprägnirten Gangmassen, auch 
wohl von Breecien. Die einzelnen Lagen der Banderze sind 
aber immer den Saalbändern der mächtigen Gänge parallel. 

Am ausgezeichnetsten haben sich die Banderze auf der 
verlassenen Grube St. Lorenz auf dem Burgstädter Zuge ge- 
funden. Gegenwärtig treten sie noch in der achten und elften 
Wilhelmer Firste westlich vom Wilhelmer Schachte auf. 

Auf der Grube Lautenthalsglück ist, so viel bekannt, nur 
ein einziges Mal Banderz vorgekommen, und zwar in der zehn- 
ten Firste östlich vom Güte-des-Herrner Schacht inmitten un- 
regelmässig gelagerter Gangmassen; ein ausgezeichnetes Stück 
von diesem Banderze wird in der Olausthaler Bergakademie auf- 
bewahrt. | , 

Die nach den gemachten Angaben selten vorkommenden 
Banderze sind eine sehr räthselhafte Erscheinung, und zwar 
deswegen, weil in ihnen Lagen von Kalkspath mit Lagen von 


743 


= 


Quarz, Bleiglanz, Blende und Kupferkies ‚in so vielfacher Wie- 
derholung. wechseln. Kalkspathlagen zwischen den Lagen ver- 
schiedener Mineralien finden sich sonst niemals, weder bei 
symmetrisch ausgefüllten Trümern, noch bei lagenförmig um- 
hüllten Breccien (s. S. 744). 

Der Kalkspath kommt sonst immer nur in der Mitte 
symmetrisch ausgefüllter 'Trümer drusenförmig vor oder als 
Bindemittel von Breceien, die unregelmässigen Hohlräume zwi- 
schen ihnen erfüllend, oder in mächtigen, derben, vielfach zer- 
trumerten und imprägnirten Massen. 

Ob daher die Banderze eine gleiche Entstehungsweise ha- 
ben, wie die lagenförmige Ausfullung mancher Trumer, bleibt 
noch späteren Untersuchungen zu entscheiden übrig. 


B. Die concentrisch lagenförmige Textur. 


Beispiele dieser Textur giebt Taf. XVI. Sie findet sich 
sehr häufig bei Breccien- resp. Conglomeratstructur, indem die 
einzelnen Bruchstücke von mehr oder weniger mächtigen Lagen 
verschiedener Gangarten und Erze umgeben sind. Dieses Vor- 
kommen wird mit dem Namen „Ringerze oder Ringelerze* belegt. 

Die häufigste Erscheinung ist es, dass zunächst um ein 
Bruchstuck eine .Quarzlage von meist radial krystallinischer 
Textur (Sphärentextur) liegt, darüber folgt‘ dann eine Lage 
Bleiglanz, gewöhnlich innig mit Quarz verwachsen, und als 
letzte Ausfüllungsmasse der noch übrig bleibenden Zwischen- 
raume findet man Quarz oder Quarz mit Kalkspath oder 
Spatheisenstein, auch Schwerspath. 

Wie bei der eben lagenförmigen Textur, so findet auch 
bier ein -vielfacher Wechsel in der Mächtigkeit ein und der- 
selben Lage statt, und die einzelnen Lagen greifen ebenfalls 
unregelmässig, ziekzackförmig ineinander. 

Es wird sogleich auffallen, dass eine vollständige Analogie 
zwischen der eben und der concentrisch lagenförmigen Textur 
vorhanden ist, und dass dieselbe Altersfolge der Lagen bei bei- 
den vorkommt. Beide Texturformen sind auch im Wesentlichen 
identisch, erscheinen nur in verschiedenen Formen, durch die 
Verschiedenheit der Trumer- und Breccienstructur bedingt. 

Für eine concentrisch lagenförmige Textur haben wir eine 
analoge Entstehungsweise wie für die eben lagenförmige an- 
zunehmen. 


744 


Die Zwischenräume zwischen den Bruchstücken waren 
gänzlich mit einer Solution erfüllt, welche nach einander ver- 
schiedene Mineralien absetzte, also z. B. erst Quarz, dann 
Bleiglanz und Quarz, dann wieder Quarz oder Kalkspath mit 
Quarz u. S. w. 

Hier sei noch einmal des Umstandes erwähnt, dass wir 
niemals concentrische Lagen von Kalkspath beobachten. Kalk- 
spath kommt nur als letzte Ausfüllungsmasse der unregelmässig 
gestalteten Zwischenräume der concentrisch umhüllten Bruch- 
stücke vor. 


b. Die drusenförmige Textur. 


Die drusenförmige Textur ist eine unmittelbare Folge der 
sich allmälig entwickelnden lagenförmigen Textur. In der Mitte 
symmetrisch ausgefüllter Spalten finden sich bekauntlich die 
meisten Drusen, und ebenso finden sich solche zwischen den 
Bruchstucken der Breceien. * 

Wir haben oben (S. 740) eine offene drusenförmige und 
eine geschlossen drusenformige Textur unterschieden. Letztere 
entsteht, wenn eine offene Krystalldruse durch irgend ein Mi- 
neral oder Mineralgemenge erfüllt wird, welches die freistehen- 
den Krystalle der Druse umsgiebt. 

Den einfachen Begriff der geschlossen drusenförmigen Textur 
bedürfen wir besonders zur Erklärung der Erscheinung, dass sich 
so häufig Krystalle in den Gangmassen eingewachsen finden. 

Sehr gewöhnlich sind Quarzkrystalle in Kalkspath, Blei- 
glanz, Blende oder Schwerspath eingewachsen. Man sieht ent- 
weder die Eindrücke der Quarzdihexaöder in den genannten 
Mineralien, oder man beobachtet, was seltener vorkommt, auf 
dem Bruche derselben sechseckige Quarzpartikelchen, die Durch- 
schnitte der eingewachsenen Quarzkrystalle. 

Häufig finden sich auch Bleiglanzwürfel in Quarz oder 
Kalkspath eingewachsen. Sie erscheinen auf dem Bruche als 
kleine Rechtecke oder Quadrate, umgeben von Quarz oder Kalk- 
spath. Hatten sich in einem Gangtrume über einer Quarzunter- 
lage Bleiglanzwürfel gebildet, und wurden diese später von 
Quarz oder Kalkspath umhüllt, so wird ein Bruch, welcher 
parallel zu den Saalbändern durch die Lage geht, das be- 
schriebene Ansehen haben. Sehr deutlich. ausgebildet finden 
sich Kalkspathskaleno&der (älterer Kalkspath) eingewachsen 


745 


in den Gangmassen des Burgstädter Zuges, des Zellerfelder 
Hauptzuges, des Rosenhöfer Zuges und der Gänge bei Bockswiese. 
Das auf Taf. XVI, Fig. 8 abgebildete Gangstück von der 
Grube Bergmannstrost zeigt z. B. in einer Bleiglanzmasse ein- 
gebettet, neben Bruchstücken des Nebengesteins, deutliche Kalk- 
spathskalenoeder in verschiedenen Durchschnitten. Die Bruch-. 
stucke des Nebengesteins sowohl, wie auch die Kalkspath- 
skaleno@der, sind zunächst von einer feinen Quarzhülle umge- 
ben, dann folgt Bleiglanz, und als letzte Ausfullungsmasse der 
unregelmässigen Zwischenräume tritt Kalkspath mit Quarz auf. 
Legt man ein solches Stück in verdünnte Salzsäure, welche 
den Kalkspath auflöst, so kann man deutlich die unregelmässig 
‘durch einander liegenden, zusammenhängenden, skaleno&derför- 
 migen Hohlräume beobachten, in welchen die Kalkspathkry- 
stalle sassen, und welche alle mit einer dunneren oder dickeren 
Quarzlage bekleidet sind. Wenn man die Deutung dieser Er- 
scheinung unternimmt, so muss man sich zunächst klar machen, 
dass die eingewachsenen Kalkspathskalenoeder älter sein mus- 
sen als ihre Quarzhüullen und der sie zunächst umgebende 
Bleiglanz; sie können sich nicht etwa wie Gyps- oder Schwe- 
felkieskrystalle im Thon gebildet haben. Einen teigigen, brei- 
 artigen Zustand des Bleiglanzes vor seiner krystallinischen Er- 
härtung anzunehmen, ist gegen alle Erfahrung bei künstlich 
herbeigeführten Krystallisationen. Können aber die Kalkspath- 
skalenoeder in Beziehung auf ihre Umhüllung gleiches Alter 
haben wie die Bruchstücke des Nebengesteins? Können sie 
vielleicht von zertrummerten Kalkspathmassen herrühren, die 
zwischen den Bruchstücken des Nebengesteins gelegen haben? 
In diesem Falle wurden wir unregelmässig gestaltete Bruch- 
stucke oder regelmässige Spaltungsstücke des Kalkspaths fin- 
den, wie es auch vorkommt, aber keine Kalkspathkrystalle. 
Die Deutung wird leicht, wenn man die Breccien mit la- 
.genförmiger und offen drusenförmiger Textur der benachbarten 
Gruben Dorothea und Carolina beachtet. Die Abbildung auf 
Taf. XVI, Fig..7 stellt eine solche Breccie von der Grube 
Carolina dar. Hier sind die Bruchstücke des Nebengesteins 
(A) lagenförmig umgeben von Quarz (a) und Bleiglanz (b). 
Die unregelmässigen Zwischenräume sind mit Kalkspath erfüllt, 
welcher sehr viele Drusenräume enthält, in welchen spitze 
Kalkspathskaleno@der in unregelmässiger Stellung frei ausge- 
Zeits. d.d. geol. Ges. XV III. 4. ? 48 


746 


bildet sind. Ueber diesen Kalkspathskalenoödern liegen kleine 
Quarzkryställchen oft in solcher Menge, dass sie die Kalkspath- 
skalenoöder ganz überkrusten oder kleinere Drusenräume schon 
ganz erfüllen. Ueber dem Quarze folgt dann. wieder Bleiglanz, 
die Kalkspathkrystalle lagenförmig umhüllend. ;, Denkt man sich 
diese Bleiglanzbildung so ausgedehnt, dass alle Drusenräume 
damit erfüllt werden, so muss eine geschlossen drusenförmige 
Textur entstehen, wie sie das Gangstück Fig. 8 zeigt. 

Die auf einander folgenden Bildungen sind also: 

1) Quarz und Bleiglanz, lagenförmig die Bruchstücke 
des Nebengesteins umgebend, 

2) Aelterer Kalkspath, drusenförmig die Zwischen- 
räume der Bruchstücke erfüllend, 

3) Quarz und Bleiglanz, lagenförmig die Kalkspath- 
krystalle der Drusen umhullend. 

Eine andere hierher gehörige Erscheinung sind die in 
Schwerspath eingewachsenen Bournonitkrystalle, die auf dem 
Rosenhöfer Zuge, und zwar auf der Grube Silbersegen, gefun- 
' den sind. Sie erscheinen als kleine dunkle Rechtecke in dem 
weissen Schwerspathe. An einigen Stücken, an welchen auch 
Kalkspath zu beobachten ist, bemerkt man zwei geschlossen 
drusenförmige Texturen über einander. Löst man den Kalk- 
spath eines solchen Stückes mit verdunnter Salzsäure heraus, 
so-werden zusammenhängende skaleno&derföormige Hohlräume 
sichtbar, die in einem massigen Gemenge von Bleiglanz und 
Spatheisenstein sitzen. Ueber diesem Gemenge liegen die 
Bournonitkrystalle, die später von älterem Schwerspathe einge- 
hüllt wurden. Wir haben also folgende Bildungen: 

1) Aelterer Kalkspath in Skalenoedern, - 

- 2) Bleiglanz und Spatheisenstein, 

3) Bournonit, 

4) Aelterer Schwerspath. 


c. Die- massige Textur. 


Unter massiger Textur versteht v. Cotta „eine bei Erz- 
lagerstätten vorzugsweise häufige Modification der körnigen 
Textur, bei welcher die einzelnen individuellen Theile. sehr 
ungleich gross, sehr ungleich gestaltet und sehr ungleich ver- 
theilt sind.* (S. Lehre von den Erzlagerstätten, 1859, S. 29.) 

Solche massige Textur zeigen häufig einzelne Lagen bei 


747 


‘ der lagenförmigen Textur, indem sie ein lagenförmiges Ge- 
menge von Bleiglanz und Quarz, von Bleiglanz und Blende, 
von Blende und Kupferkies, von Spatheisenstein und Bleiglanz, 
von Spatheisenstein und Quarz u. s. w. sind, in denen die 
Körner der einzelnen Mineralien sehr ungleich gross, sehr un- 
gleich gestaltet und sehr ungleich vertheilt sind. 

Massige Textur zeigen ferner manche Ausfullungsmassen 
von Trumern oder grössere unregelmässig gestaltete Gang- 
massen, z. B. sehr ausgezeichnet aus einem Gemenge von 
Kupferkies, Quarz und Kalkspath bestehende Ausfüllungsmas- 
sen des Burgstädter Hauptzuges auf der Grube Königin-Char- 
lotte und andere. 

Es ist wohl nicht zu leugnen, dass gemengte krystallinische 
Niederschläge in Solutionen verschiedener Stoffe entstehen kön- 
nen, wodurch massige Texturen herbeigeführt werden konnten. 

In vielen Fällen ist aber wohl die massige Textur durch 
Imprägnation, Breccienstructur oder geschlossen drusenförmige 
Textur entstanden. Durch Imprägnation, indem z. B. Blende- 
oder Bleiglanzmassen durch Erschütterungen Risse und Sprünge 
bekamen, in welche Solutionen eindrangen, welche an geeigne- 
ten Stellen etwa Quarz oder Kupferkies absetzten. Waren die 
Erschütterungen stärker, so konnten die Massen ganz zertrüm- 
mert werden und sich Breceien bilden. So habe ich z. B. ein 
Stuck aus dem Lautenthalsglucker Gange, welches ein Gemenge 
von lanter kleinen, höchstens + Zoll langen, scharfkantigen 
Bruchstucken von brauner Blende, Quarz und Kalkspath ist. 
Ueber den Blendebruchstücken, welche vorherrschen, liegt ein 
ganz feiner Ueberzug von Kupferkies, welcher die Breccie zu- 
sammen zu halten scheint. Das ganze Stück ist aber noch 
porös und von unendlich vielen feinen, unregelmässigen Hohl- 
räumen zwischen den Bruchstücken durchzogen; denn, wenn 
man das Stück in Wasser legt und es dann trocknen lässt, so 
fliesst noch einige Zeit Wasser aus den Poren, und es dauert 
sehr lange, ehe das Stück ganz trocken wird. Denkt man sich 
nun die feinen Kanäle zwischen den Blendebruchstucken ganz 
mit Kupferkies erfüllt und das Stück durchgeschlagen, so wird 
der Bruch eine massige Textur zeigen. 

Die Entstehung der massigen Textur zeigen manche Spath- 
‚ eisensteinstücke, welche ein drusiges Aggregat von lauter klei- 
nen Spatheisensteinkryställchen sind. Denkt man sich in solche 


48* 


748 


Massen eine Lösung eindringen, welche Bleiglanz' absetzt, so 
muss ein massiges Gemenge von Spatheisenstein und Bleiglanz 
entstehen, welches man so oft beobachtet. Ein Stuck aus dem 
Lautenthalsglücker Gange zeigt ferner diese Entstehungsweise 
“sehr schön. An demselben beobachtet man deutliche Spaltungs- 
rhomboäder von Kalkspath, zwischen denen unendlich viele 
kleine, zusammenhängende, aber ganz unregelmässig liegende 
Quarzkryställchen sich befinden, die viele grössere und kleine 
Drusenräume bilden. Einige dieser Drusenräume sind bereits 
mit Kupferkies erfüllt. Denkt man sich nun auch wieder diese 
drusige Quarzmasse von einer Solution durchdrungen, welche‘ 
Bleiglanz, Blende oder Kupferkies absetzt, so wird eine Masse 
mit massiger Textur entstehen. 


5. Die Paragenesis der Mineralien. 


Die für die Constitution der Oberharzer Erzgänge wesent- 
lichen Mineralien sind: Bleiglanz, Zinkblende, Kupferkies, 
Quarz, Kalkspath, Schwerspath und Spatheisenstein, also drei 
Erze und vier Gangarten. 

Ich habe in der Berg- und Hüttenmännischen ER 1866, 
S. 116 gesagt, dass die drei Erzarten und der Quarz überall, 
wenngleich in sehr verschiedener Vertheilung in den Oberhar- 
zer Gängen zu finden sind, und dass das gesonderte Auftreten 
von Kalkspath einerseits und Schwerspath und Spatheisenstein - 
andererseits zur Unterscheidung zweier Mineralcombinationen 
(Gangformationen) Veranlassung giebt, einer nördlichen, ent- 
haltend: Bleiglanz, Zinkblende, Kupferkies, Quarz und Kalk- 
spath, und einer südlichen, enthaltend: Bleiglanz, Zinkblende, 
Kupferkies, Quarz, Spatheisenstein und Schwerspath. 

Die Bezeichnung „nördliche und südliche Mineralcombina- 
tion* war in der Meinung gewählt, dass Spatheisenstein und 
Schwerspath nur in den beiden südlichen Zügen (Silbernaaler 
Zug und Rosenhöfer Zug) auftreten und Az nur in-den 
nördlicher liegenden Zügen. 

Ich habe mich in der letzten Zeit davon überzeugt, dass 
diese Meinung falsch und deshalb auch die Unterscheidung 
einer südlichen und nördlichen Mineralcombination nicht haltbar 
ist. Folgende Thatsachen verdienen in dieser Beziehung be- 
merkt zu werden: 

l) Auf dem Lautenthaler- Hahnenkleer Zuge tritt östlich 


\ 


749 


von der Innerste kein Schwerspath auf. Dieser Zug scheint 
aber: westlich von der Innerste schwerspathfuhrend zu werden; 
denn das Ausgehende des Lautenthalsglücker Ganges, welches 
man am Steileberg auf der Chaussee von Lautenthal nach 
Seesen beobachten kann, führt hier viel Schwerspath. 

2) Der Bockswieser-Festenburger und Schulenberger- Zug 
führt niemals Schwerspath. 

8) Der östlich von der. Innerste liegende Spiegelthaler 
Gang des Hütschenthaler und Spiegelthaler Zuges führt Quarz, 
Kalkspath und viel Spatheisenstein, der westlich von der In- 
nerste auftretende Hütschenthaler Gang dieses Zuges führt ne- 
ben Quarz und Kalkspath viel Schwerspath. (S. Berg- und 
Hüttenmänn. Zeitung, 1859, S. 431.) 

4) Der Haus-Herzberger Zug führt Quarz und Kalkspath 
und stellenweise auch viel Spatheisenstein, wie z. B. auf der 
Grube Silberblick gegenwärtig. z 

5) Der 13-Lachter-Stolln-Gang bei Wildemann führt ne- 
ben Quarz, Spatheisenstein und Schwerspath auch etwas Kalk- 
spath. Westlich von der Oharlotter Ruschel (Gang) führt der 
Zellerfelder Hauptzug und der Burgstädter Zug hauptsächlich 
Quarz und Kalkspath, sehr wenig Spatheisenstein und keinen 
Schwerspath als wesentlichen Bestandtheil. Erst da, wo der 
Burgstädter Hauptgang sich an den Rosenbüscher Gang an- 
schaart, tritt in den oberen Teufen der Grube Caroline etwas 
Schwerspath auf. 

6) Die Gänge bei Altenau führen viel Quarz und wenig 
Kalkspath. (S. Berg- und Hüttenm. Zeitung, 1859, S. 467.) 

7) Die beiden südlichen Zuge (Rosenhöfer Zug und Sil- 
bernaaler Zug) führen hauptsächlich Spatheisenstein und Schwer- 
spath; der Rosenhöfer Zug mehr Spatheisenstein,, der Silber- 
naaler Zug mehr Schwerspath. Der Kalkspath fehlt nicht ganz, 
tritt jedoch sehr zurück. 

Aus den angeführten Thatsachen ergiebt sich: 

1) Da, wo die Gänge vorherrschend Kalkspath führen, 
fehlt der Schwerspath gewöhnlich ganz oder tritt sehr zurück, 
und umgekehrt. 

2) Die nördlich vom Rosenhöfer Zuge auftretenden Gang- 
züge führen östlich von der Innerste hauptsächlich Kalkspath, 
westlich von der Innerste Schwerspath. 

3) Der Spatheisenstein tritt sowohl mit dem Schwerspathe, 


750 


als auch mit dem Kalkspathe zusammen auf, und ist sein Vor- 
kommen dem des Quarzes sehr ähnlich. (Vergleiche. 8. 751.) 
Wir müssen also unterscheiden: 

.D) eine nordöstliche Kalkspath-Combination, 
enthaltend Bleiglanz, Zinkblende, Kupferkies, Quarz, Spath- 
eisenstein und Kalkspath und 

2) eine südwestliche Schwerspath-Gombina-, 
tion, enthaltend: Bleiglanz, Zinkblende, Kupferkies, Quarz, 
EEE und Schwerspath. 

Die Unterscheidung dieser beiden Mineral- Combinationen 
bekommt durch eine Verschiedenheit der in ihnen auftretenden 
‘ Drusenausfüllungen noch mehr Bedeutung. (8. 8. 753 u. 794.) 

In den Gängen der nordöstlichen Kalkspath - Combination 
ist die Unterlage der in Drusen auftretenden Mineralien ge- 
wöhnlich 'älterer Kalkspath in Skalenoe@dern (s. $. 751) oder 
Quarz, sehr selten Spatheisenstein, und ‚in den Drusen tritt 
niemals oder als grosse Seltenheit Kammkies auf. 

In den Gängen der südwestlichen Schwerspath - Combina- 
tion ist die Unterlage der in Drusen auftretenden Mineralien 
gewöhnlich Spatheisenstein, Bleiglanz oder Schwerspath, und 
in den Drusenräumen tritt sehr häufig Kammkies auf. (Rosen- 
hof, Silbernaal, Grund, Wildemann.) In der Berg- und Hütten- 
männischen Zeitung, 1866, S. 116 ist näher besprochen, wie 
ungleich die genannten Erze und Gangarten in den. Gangräu- 
- men vertheilt sind, und dass die unterschiedenen Mineral-Com- 
binationen nicht mit den in anderen Gegenden vorkommenden 
zu vergleichen sind. Auf das dort Gesagte muss ich hier ver- 
weisen. Als Mineralien von untergeordneter Bedeutung treten 
in den Gängen auf: Fahlerz, Bournonit, Zundererz, Rothgiltig- 
erz, Schwefelkies, Binarkies, Selenquecksilber, Selenkobaltblei, 
Zinnober, Braunspath (Perlspath), Strontianit. Als unzweifel- 
haft secundäre Mineral-Erzeugnisse in oberen Teufen der Gänge 
treten auf: Weissbleierz, Bleivitriol, Malachit, Kupferlasur, 
Kupferschwärze, Grunbleierz, Brauneisenstein, ‚Rotheisenstein, 
Manganit, gediegenes Kupfer und gediegenes Silber, Gyps, 
Bittersalz. Eine genaue mineralogische Beschreibung der ge- 
nannten Mineralien zu geben, würde die Grenzen dieser Arbeit 
weit übersteigen, und muss ich deshalb auf die S. 694 — 696 
angeführte Literatur verweisen. 

Sehr auffallend ist der gänzliche Mangel an Arsenikkies, 


751 


Flussspath und Manganspath in den Gängen des nordwest- 
lichen Oberharzes. 

Die Altersfolge der Mineralien lässt sich meistens sehr 
gut bei lagenförmiger oder drusenförmiger Textur beobachten, 
bei massiger Textur ist es dagegen unmöglich, solche Beob- 
achtungen anzustellen. Nach den früheren Betrachtungen über 
die Entstehungsweise der massigen Textur (S. 747) ist 
aber wohl der Schluss erlaubt, dass bei ihr, wenn auch nicht 
mehr direct nachweisbar, dieselbe Altersfolge der Mineralien 
stattgefunden hat, wie wir sie bei lagenförmiger oder drusen- 
föormiger Textur beobachten. Nach den bisherigen Beobach- 
tangen über die Altersfolgen der Mineralien lassen sich zunächst 
- folgende allgemein- geltende Bemerkungen machen. 

1) Quarz und Spatheisenstein, ebenso Schwefelkies, der 
sehr untergeordnet auftritt, haben sich zu allen Zeiten der 
Gangbildung gebildet. Es lässt sich also für diese Mineralien _ 
kein bestimmtes Alter angeben. Mineralogische Verschieden- 
heiten der verschiedenaltrigen Bildungen dieser Mineralien sind 
bisher nicht nachgewiesen. 

2) Bleiglanz und Zinkblende und wahrscheinlich auch 
Kupferkies haben sich nachweisbar (s. S. 752 — 754) in zwei 
durch die Bildung des älteren Kalkspaths getrennten Zeitperio- 
den gebildet. Mineralogische Verschiedenheiten dieser verschie- 
denaltrigen Bildungen sind ebenfalls bisher nicht nachgewiesen. 

Es bleibt fraglich, ob mehrere Bildungen älteren Kalk- 
spaths vorhanden sind, die immer durch Bildungen der ge- 
nannten Schwefelmetalle getrennt werden. Einschlüsse von 
älterem Kalkspath in Breccienbruchstücken (Taf. XVI. Fig. 7, 
8 u. 12) Kalkspathtramer, welche Kalkspathbreecien durch- 
setzen (Fig. 10) und die Beschaffenheit der Banderze lassen das 
vermuthen. 

3) Man kann in vielen, ja den meisten Fällen einen 
älteren und jüngeren Kalkspath und ebenso einen älteren und 
jüngeren Schwerspath deutlich unterscheiden, die sich durch 
verschiedene mineralogische Ausbildung auszeichnen. 

Der ältere Kalkspath: Das Skalenoeder (a:ta:ta:c) 
herrscht vor, seltener tritt es in Combinationen mit dem ersten 
stumpferen Rhomboeder (20:2«:coa:c) auf; andere Formen 
(Hauptrhomboäder u. s. w.) sind selten. Die Krystalle sind 
meistens ziemlich gross, bis 2 Zoll lang, trübe, milchweiss und 


152 
ihre Flächen gewöhnlich rauh. Die Krystalle treten in der 
Regel in Drusenräumen derber älterer Kalkspathmassen auf. 
Letztere sind ebenfalls trube, milchweiss, oft mit einem: Stich 
in’s Rothe oder Violette. Die Spaltungsflächen sind nicht eben, 
sondern gewöhnlich gewölbt und zeigen oft Zwillingsstreifung 
(Zwillingsgesetz: die Krystalle haben die Fläche des ersten 
stumpferen Rhombo&ders (2@:2a: ca:c) gemein und liegen 
umgekehrt.) Liegt der ältere Kalkspath auf Halden lange an 
der Luft, so nimmt er eine gelbliche bis bräunliche Farbe an 
und verliert seinen Glanz, was von einem Gehalte an Eisen- 
oxydul und Manganoxydul herrührt, welche sich höher oxydiren. 

Der jüngere Kalkspath: Das erste stumpfere Rhom- 
boeder (20: 2a‘: &a:c) in Combination mit einem. gewöhnlich 
kurzen, säulenförmigen, spitzen Rhomboeder (4a:+a:®Xa:c) . 
herrschen vor. Der Formenreichthum ist grösser wie beim 
älteren Kalkspathe. Die Krystalle sind meistens klein, oft zu 
kugeligen oder büschelförmigen Krystall-Aggregaten vereinigt, 
oft wasserhell, manchmal jedoch auch trübe, weiss oder gelb- 
lich. Die Krystalle treten in Drusenräumen über verschiedenen 
Mineralien, gewöhnlich als jüngste Bildung, auf. Haben sich 
jüngere Kalkspathkrystalle auf älteren gebildet, so fallen die 
Spaltungsrichtungen der älteren Individuen mit denen der jun- 
geren stets zusammen. Die Unterschiede zwischen älterem und 
jungerem Kalkspathe sind denen sehr ähnlich, welche H. Crep- 
NER vom Andreasberger älteren und jüngeren Kalkspathe anfuhrt 
(s. Geognostische Beschreibung des Bergwerks-Distriktes von St. 
Andreasberg. Zeitschr. d. d. geol. Ges. Bd. XVII, 1865, S. 223). 

Der ältere Schwerspath: Gewöhnlich ist es der 
krummschalige Schwerspath WErner’s, milchweiss oder röth- 
lich gefärbt; seltener tritt er körnig bis ganz dicht auf, von 
weisser bis gelblicher oder grauer Farbe. 

Der jüngere Schwerspath: Kleine meist tafelförmige, 
gewöhnlich wasserhelle Krystalle, verschieden gefärbt, als 
weiss, gelb, roth, auch bläulich oder grünlich. Er tritt ebenso 
wie der jüngere Kalkspath als sehr junge Bildung in Drusen- 
räumen auf. 

Geht man nun näher auf die bisher gemachten Beobach- 
tungen der Altersfolge der Mineralien ein, so ergeben sich fol- 
gende allgemeine Resultate: 


753 


I. Bei lagenförmiger Textur beobachtet man folgende 
"Altersfolge der Mineralien: 


1) Quarz und Spatheisenstein, 
3) Bleiglanz, Blende und Kupferkies. 


Wo Bleiglanz und Blende zusammen lagenförmig auftreten, 
ist Blende stets junger als Bleiglanz. Kupferkies kommt äusserst 
selten deutlich lagenförmig vor, sondern meistens mit Bleiglanz 
oder Blende massig verwachsen. 


4 


3) Quarz und Spatheisenstein. 
4) Entweder älterer Kalkspath oder älterer Schwerspath. 


Zur Erläuterung dieser und der folgenden Altersreihen sei 
bemerkt, dass durchaus nicht alle der genannten Mineralien an 
jedem Stücke auftreten müssen, dass sehr wohl eines oder meh- 
rere der genannten Mineralien fehlen können; ferner, dass zwei 
oder mehrere Lagen, z. B. Quarz und Bleiglanz, oder Bleiglanz 
und Spatheisenstein u. Ss. w., oft massig verwachsen vorkom- 
men. ‘ (Vergl. $S. 751.) Letzteres gilt nicht in Beziehung auf 
den älteren Kalkspath und den älteren Schwerspath, die nie- 
mals als Lagen zwischen zwei Lagen verschiedener Mineralien 
eingeschlossen vorkommen (s. S. 743). In einigen Fällen wie- 
derholen sich mehrere Bleiglanz- oder Blendebildungen,, ge- 
trennt durch Quarz oder Spatheisenstein (s. S. 760, Beobach- 
tung No. 19). Dieses Vorkommen muss vorläufig als Aus- 
nahmefall betrachtet werden. 


DO. In den Schwerspath enthaltenden Gängen (sudwest- 
- liche Schwerspath - Combination, s. S. 750) ist bis jetzt über 
dem älteren Schwerspathe niemals Blende, als grosse Seltenheit 
Bleiglanz, häufiger Kupferkies in einzelnen Krystallen oder 
Krystall-Aggregaten beobachtet. 


In den Drusenräumen findet sich neben Fahlerz, Bour- 
nonit, Perlspath, jüngerem Kalkspathe, jüngerem Schwerspathe 
hauptsächlich charakteristisch Kammkies,. 

Die Altersfrage der in Drusen vorkommenden Mineralien 
der südwestlichen Schwerspath-Combination ist: 

1) Bleiglanz und Spatheisenstein, meistens die Unterlage 
der in Drusen vorkommenden Mineralien bildend. 


2) Fahlerz mit Kupferkiesuberzug und Bournonit. 


754 


3) Aelterer u, | ATREHRN 
Die Kupferkieskrystalle sind in den 


Schwerspath, ; | | 
4) Kuptenkies : Schwerspath theils eingewachsen, theils 
(selten Bleiglanz). | auf ihm aufgewachsen. Fr 


5) Perlspath. 

6) Kammkies. 

7) Jungerer Kalkspath. 

Jüngere Schwerspathkrystalle finden sich von verschiede- 
nem Alter über dem älteren Schwerspathe. Diesen Mineralien 
gesellt sich Quarz, Spatheisenstein und Schwefelkies von eben- 
falls verschiedenem Alter hinzu (s. 8. 124). 


III. In den Kalkspath enthaltenden Gängen (nordöstliche 
Kalkspath-Combination, s. S. 750) treten en über dem älte- 
ren Kalkspathe auf: 

1) Quarz. 

2) Bleiglanz, Blende, Kupferkies, Fahlerz. 

3) Spatheisenstein und Quarz. 

4) Jüngerer Kalkspath, Zundererz und Bournonit, 

Jüngere Schwerspathkrystalle treten (als Seltenheit) so- 
wohl jünger, als älter wie der jüngere Kalkspath auf. Perl- 
spath tritt als grosse Seltenheit über Quarz und unter jüngerem 
Schwerspathe auf. Kammkies kommt sehr selten ver. Vom 
Quarz, Spatheisenstein. und Schwefelkies gilt dasselbe wie ad II. 
Tritt älterer Kalkspath in den Schwerspath enthaltenden Gän- 
gen auf, so ist er älter wie der ältere Schwerspath m Beob- 


achtung No. 75, S. 769). 


IV. Nach der Bildung des älteren Kalkspaths, wie auch 
- wahrscheinlich zu anderen Zeiten der Gangbildung, haben be- 
deutende Zerstörungen der bereits gebildeten Ausfullungsmas- 
sen stattgefunden. Dafür spricht das Vorkommen von Kalk- 
spath und Blende in Breccienbruchstücken und die Durchtru- 
merung mancher Breccien. Die Umhüllung dieser Bruchstücke 
ist in der bei III. angegebenen Art erfolgt. Verwunderung er- 
regt es, dass bis jetzt noch niemals reiner Quarz und Bleiglanz 
deutlich als Brececienbruchstücke beobachtet sind. Dagegen findet 
man, wie früher schon angedeutet, Bleiglanz mit Kalkspath und 
one in unregelmässigen Stücken, oft von schwarzem, bitumi- 
nösen Gangthonschiefer eingehullt. 


V. Beweise von vielfachen mechanischen Zerstorungen der 


739 . 


bereits gebildeten Gangmassen während des Sinkens des Han- 
genden geben: 

1) Das Vorkommen der sogenannten ‚Schlechten oder 
Sehlichten, das sind feine Klufte, welche gewöhnlich, aber nicht 
immer,‘ parallel den Saalbändern der Gänge sind, und an wel- 
chen sich Rutschflächen oder sogenannte Spiegel (Harnische) 
befinden. 

2) Das Vorkommen von allerhand Bruchstucken in Drusen- 
räumen.. Die Altersfolge der Mineralien ist dabei dieselbe wie 
früher II und Il. 


Diesen Resultaten liegen viele Beobachtungen zu Grunde 
und es soll im Folgenden eine grosse Anzahl derselben mit- 
getheilt werden, einmal, um die Analogie der Altersfolge der 
Mineralien in den verschiedenen Gangzugen darzuthun, und so- 
dann, um die Mannichfaltigkeit zu veranschaulichen, in welcher 
‚dasselbe Gesetz erscheint. 


Ad I. 
A. Symmetrisch ausgefüllte Trümer (Lagenförmige 
Textur). 
a. Nordöstliche Kalkspath - Combination. 
Beobachtung Nr. 1. 

Häufiges Vorkommen in allen hierher gehörigen Zugen: 
1) Quarz und Bleiglanz, massig verwachsen durch geschlossen 
 drusenförmige Textur, — der Bleiglanz wahrscheinlich 

immer jünger als ein Theil des Quarzes (s. S. 744). 
2) Quarz oder Quarz mit älterem Kalkspathe, massig verwach- 


sen durch geschlossen drusenföormige Textur, — der Kalk- 
spath erscheint manchmal auf dem Bruche als Skalenoeder- 
Durchschnitt. 


Beobachtung Nr. 2, 
Grube Bergmannstrost. 
s. Taf. XVI, Fig. 5. 

“ In mit Quarz und Kalkspath durchtrumertem Ganggesteine: 
1) Quarz — radial krystallinisch, weiss — bis + Zoll mächtig. 
2) Bleiglanz, grobkörnig, mit Quarz massig verwachsen, — 

bis + Zoll mächtig. 


3) Braune Blende, a meine, bis + Zoll starke Lage. 


4) Quarz und Kalkspath, — der Quarz krystallinisch 
— sehr wenig älterer Kalkspath. 


756 


Beobachtung Nr. 3. 
Grube Alte- Margarethe. | 

1) Quarz, — radial krystallinisch, weiss, mit einigen u 
fünkchen, bis 4 Linien mächtig. 

2) Spatheisenstein, ganz dünne, feinkörnige Et die Dihexa- 
Ederspitzen der unteren Quarzlage umhullend.- 

3) Bleiglanz, grobkörnig, bis 4 Zoll mächtig. 

4) Quarz, wie 1), bis - Zoll mächtig. 

5) Spatheisenstein, drusig, die Dihexa@derspitzen der Quarz: 
lage 4 einhüllend, bis + Zoll mächtig. 

6) Jüngerer Kalkspath und Schwefelkies, kleine nn 
in den Spatheisensteindrusen. 


b. Südwestliche Schwerspath -Combination. 
Beobachtung Nr. 4, 
Grube Hülfe- Gottes. 
In von Quarz, Spatheisenstein und Schwerspath durchtrü- 
mertem Ganggesteine: 

1) Quarz, dicht, ee grau, bis 1 Linie mächtig. 

2) Bleiglanz, feinkörnig, bis + Zoll mächtig. 

3) Spatheisenstein, stellenweise drusig, bis — Zoll mächtig. 

Beobachtung Nr. 9. 
Grube Hülfe-Gottes. 
Im rothen Grauwackenconglomerate: 

1) Quarz, dicht, grau, hornsteinartig, bis 1 Linie mächtig. 

2) Bleiglanz und Blende, grobkörnig, massig verwachsen, der 
Bleiglanz in einzelnen Krystallen (Würfeln) in den Quarz 
der nächsten Lage eingewachsen, (geschlossen drusenför- 
mige Textur), bis „ Zoll mächtig. 

3) Quarz und älterer Kalkspath. Der Quarz krystallinisch 
körnig, weiss. Der Kalkspath in Krystallen BUBEN: in 
den Quarz eingewachsen. 

Beobachtung Nr. 6. 
Grube Hülfe- Gottes. 
s. Taf. XVI, Fig. 1. 
In einem röthlich gefärbten und von Quarz und Spatheisen- 
stein durchtrümerten und damit imprägnirten Ganggesteine: 

1) Quarz, radial krystallinisch, weiss, bis 5 Zoll mächtig. 

2) Bleiglanz, feinkörnig, bis 5 Zoll mächtig. 

3) Quarz, wie 1), bis 5 Zoll mächtig. 


757 


4) Spatheisenstein und Schwefelkies, drusig, die Krystalle an 
einigen Stellen mit einer dünnen, opalartigen Schicht über- 
zogen, bis # Zoll mächtig. 

Beobachtung Nr. 7. 
Grube Huülfe-Gottes. 
s. Taf. XVl, Fig. 2. 
In einem vielfach von Quarz und Bleiglanz durchtrümerten 
und damit imprägnirten Ganggesteine: 

1) Quarz und Spatheisenstein, dünne Lagen, der Quarz kry- 

stallinisch, weiss, bis 1 Linie mächtig. 
. 2) Bleiglanz, grobkörnig, bis $ Zoll mächtig. 

3) Quarz und Spatheisenstein, massig verwachsen und drusig, 

in den Drusen erscheinen sowohl Quarz, als auch eat 


eisenstein-Krystalle, bis „ Zoll mächtig. 


Beobachtung Nr. ®. 
Grube Hülfe-Gottes. 
s. Taf. XVI, Fig. 3. 
In einem gebleichten, von Spatheisenstein und Schwer- 
spath durchtrümerten Grauwackenconglomerate: 

1) Quarz und Bleiglanz, unter sich und an der Grenze mit 
der folgenden Spatheisensteinlage massig verwachsen, beide 
krystallinisch feinkörnig, bis $ Zoll mächtig. 

2) Spatheisenstein, krystallinisch körnig, bis 4 Zoll mächtig. 

3) Aelterer Schwerspath, ohne Drusen, bis * Zoll mächtig. 

4) Braunspath (s. S. 742), krystallinisch körnig. 

Beobachtung Nr. 9 
Grube Bergwerkswohlfahrt. 


In einem mit Quarz durchtrümerten Ganggesteine : 

1) Quarz, dicht, hornsteinartig, grau, bis 1 Linie mächtig. 

2) Bleiglanz, feinkörnig, mit grauem, hornsteinartigem Quarz 
massig verwachsen, bis + Zoll mächtig. 

3) Quarz, radial krystallinisch, weiss, mit Bleiglanzfünkchen, 
bis 2 Zoll mächtig. 

4) Spatheisenstein, feinkörnig bis dicht, mit Quarz und Blei- 
glanz an einzelnen Stellen noch massig verwachsen. 

Beobachtung Nr. iO. 


Grube Silbersegen. 


Häufiges Vorkommen bei Trümerstructur, besonders auf 
dem Thurmhöfer Gange: 


- 


758 


1) Quarz mit Bleiglanz, massig verwachsen. 
2) Aelterer Schwerspath, ohne Drusen. 
Beobachtung Nr. 11. 
Grube Neuer-Thurm-Rosenhof. 
s. Taf. XVL; Fig; 4 
In einem mit Spatheisenstein, Quarz und Schwefelkies 
durchtrümerten und imprägnirten Ganggesteine: 
1) Spatheisenstein und Quarz, massig verwachsen, krystalli- 
nisch feinkörnig. 
2) Quarz und le grobkörnig bis feinkörnig, massig 
verwachsen, bis * Zoll: mächtig. 
3) Aelterer Kalkspath mit Quarz und Spatheisenstein, massig 
verwachsen, wahrscheinlich durch geschlossen drusenför- 
mige Textur. 


B. Lagenförmig umhüllte Breecien resp. Conglomeraäte. 
a. Nordöstliche Kalkspath -Combination. 
| Beobachtung Nr. 12. 


Grube Carolina und Dorothea. 
s: Tal XV]; Bie..7. 


Unregelmässig gestaltete, grössere und kleinere Bruch- 
stücke von Ganggestein, durchtrümert und imprägnirt von Quarz, 
Bleiglanz und älterem Kalkspath. 

1) Quarz, theils radial krystallinisch, weiss, theils dicht, horn- 
steinartig, grau, bis 1 Zoll mächtig. 

2) Bleiglanz, feinkörnig bis grobkörnig, gewöhnlich mit kry- 
stallinischem, weissen oder dichten, hornsteinartigen Quarz 
massig verwachsen, bis - Zoll mächtig. 

3) Aelterer Kalkspath, drusig, in den Drusen Quarz, Blei- 
glanz, Spatheisenstein, jüngerer Kalkspath, oft eine ge- 
schlossen drusenförmige Textur herbeiführend a S. 745 
und Ad IIl). 

Beobachtung Nr. 19. 
Grube Oarolina. 

Bruchstück von Ganggestein. 

1) Quarz, grau, hornsteinartig. Bleiglanz, feinkörnig. Spath- 
eisenstein; die drei Mineralien theils lagenförmig, theils 
massig verwachsen, bis + Zoll mächtig. 

2) Quärz, radial krystallinisch. 


159 


Beobachtung Nr. 14. 
Grube Bergmannstrost. 
s. Taf. XVI, Fig. 8. 
Unregelmässig gestaltete eckige Bruchstücke von Gang- 
gestein: 
1) Quarz, al krystallinisch, weiss, bis 2 Linien mächtig. 
2) Bleiglanz, feinkörnig bis grobkörnig, mit wenig 22 
massig verwachsen, bis 53 Zoll mächtig. 
3) Aelterer Kalkspath, drusig, in den Drusen Quarz und Blei- 
glanz, die Kalkspathkrystalle umgebend und geschlossen 
drusenförmige Textur herbeiführend (s. S. 745--746 und 


Ad II. 
Beobachtung Nr. 15. 


Grube Carolina. 
s. Taf. XVI, Fig. 11. 


Unregelmässig gestaltete, grössere und kleinere Bruchstücke 
vom Nebengestein. Ein Bruchstück zur Hälfte mit Quarz und 
Bleiglanz imprägnirt. | 

1) Quarz und Bleiglanz. Der Quarz theils hornsteinartig, 
dicht und grau, theils radial krystallinisch, weiss. . Der 
Bleiglanz, theils kleinkörnig, theils grobkörnig. Beide Mi- 
neralien theils lagenformig, theils massig verwachsen. 

Beobachtung Nr. 10. 
Grube Bergmannstrost. 
s. Taf. XVI, Fig. 13 und 14. 

Unregelmässig gestaltete, von Quarz durchtrümerte Bruch- 
stüucke des Nebengesteins: 

‘1) Quarz, dicht, hornsteinartig, grau, bis 1 Linie mächtig. 

2) Bleiglanz, grobkörnig, bis 3 Linien mächtig. 

3) Braune Blende, grobkörnig, bis 3 Linien mächtig. 

4) Aelterer Kalkspath, in Skalenoedern; durch Quarz ge- 
schlossen drusenförmig. 

9) Quarz, theils krystallinisch körnig, theils dicht, hornstein- 
artig, grau. Die Drusenraume des älteren Kalkspathes 
erfüllend oder als Trum die Breccien durchsetzend. 
| Beobachtung Nr. 17. 

Grube Ring und Silberschnur. 
s. Taf. XVI, Fig. 16. 

Bruchstücke von Ganggestein, mit Quarz durchtrümert. Ein 
Bruchstuck ist eine Breceie von kleineren Bruckstücken, deren 
Bindemittel Quarz ist. 


760 


1) Quarz, radial krystallinisch, weiss; oft gesellt sich diesem 
noch Spatheisenstein lagenförmig zu. 

2) Bleiglanz und Quarz, feinkörnig, massig oder lagenförmig 
verwachsen. 

3) Quarz, krystallinisch, weiss. 


Beobachtung Nr. 18. 
Grube Alte-Margarethe. 

Ebenso wie Fig. 17. 

Oft fehlt die letzte Ausfullung zwischen den lagenförmig 
umhüllten Bruchstucken fast ganz, so dass diese nur lose zu- 
sammenhängen und als kugelförmige oder ellipsoidische Bruch- 
stucke gewonnen werden, an denen man noch die Eindrücke 
der anliegenden, ebenfalls lagenformig umhullten Breccienbruch- 
stüucke bemerkt. In den Hohlräumen zwischen so lose zusam- 
menhängenden Breccienbruchstucken oft Kalkspath in buschel- 
förmig gruppirten kleinen Skalenoedern. 


Beobachtung Nr. 19, 
Grube Silberblick. 
s. Taf. XVI, Fig. 17. 
Bruchstücke des Nebengesteins von Quarz und Spatheisen- 
stein durchtrümert und imprägnirt. 

1) Quarz und Bleiglanz. Der Quarz meist dicht, hornstein- 
artig, grau, mit feinkörnigem Bleiglanze massig verwachsen, 
bis + Zoll mächtig. 

2) Quarz, radial krystallinisch, weiss, bis + Zoll rnachtiee 

3) Bleiglanz und Spatheisenstein, beide feinkörnig, gewöhnlich 
in 2 bis 3,2 Linien mächtigen Lagen wechselnd. 


b. Südwestliche Schwerspath - Combination. 
Beobachtung Nr. 20, =» 
Grube Huülfe-Gottes. 


Bruchstücke eines röthlichen, dichten Ganggesteins. 

1) Quarz, dicht, hornsteinartig, grau, bis ] Linie mächtig. 

3) Bleiglanz und Kupferkies, feinkörnig, unter sich und an 
einigen Stellen mit Quarz und Spatheisnestein massig ver- 
wachsen. 

3) Spatheisenstein und Quarz, drusig, in den Diaketttdume 
manchmal Schwerspathkrystalle. 


761 
Beobachtung Nr... 21. 


Grube Hülfe-Gottes. 
s. Taf. XVI,, Fig. 18: 

Grössere Bruchstücke eines dichten Ganggesteins (A) oder 
eine Breccie eines röthlichen, hellen, dichten Ganggesteins (4), 
deren Bindemittel ein massiges Gemenge von feinkörnigem Blei- 
glanz, Quarz und Spatheisenstein ist. 

1) Quarz, Bleiglanz und Spatheisenstein, feinkörnig, massig 

verwachsen, oft etwas lagenförmig, bis 2 Zoll mächtig. 

2) Aelterer Schwerspath, ohne Drusen. 5 

Beobachtung Nr. 22. 
Grube Bergwerkswohlfahrt. 


Bruchstücke von schwarzem bituminösen Gangthonuschiefer 
oder anderem Ganggestein. 

1) Quarz, Bleiglanz und Spatheisenstein, feinkörnig, massig- 
verwachsen. 

2) Aelterer Schwerspath. 

3) Spatheisenstein, theils in älteren Schwerspath eingewach- 
sen (geschlossen drusenförmige Textur), theils als Trum 
die Breccie durchsetzend. 

Beobachtung Nr. 28. 


£ Grube Bergwerkswohlfart. 
1) Quarz. 
2) Bleiglanz, Kupferkies und Quarz, massig verwachsen. 
3) Fahlerz und Kupferkies. Krystalle in den älteren Schwer- 

spath eingewachsen. 

4) Aelterer Schwerspath. 
Beobachtung Nr. 24. 

Grube Silbersegen. 


Auf dem Thurmhöfer Gange häufig. Bruchstücke von 
Ganggestein, hauptsächlich von Spatheisenstein durchtrümert. 
1) Quarz und Bleiglanz, massig verwachsen. 
2) Aelterer Schwerspath. 
Beobachtung Nr. 25. 
Grube Neuer-Thurm-Rosenhof. 

Bruchstücke von Ganggestein. 
1) Quarz, theils hornsteinartig, theils krystallinisch, bis 
+ Linie mächtig. 
Zeits. d.d.geol. Ges. XVIII, 4. 49 


2) 
3) 
4) 


1) 
2) 


3) 


4 


Si 


762 


Bleiglanz, grobkörnig, bis 1# Linie mächtig. 

Aelterer Kalkspath, drusig. 

Spatheisenstein, theils in den Kälkspariee als kleine 
Krystalle, theils als Trum die Breccie durchsetzend. 


Ad I. 


A. Drusenausfüllung auf dem Rosenhöfer Zuge. 


Beobachtung Nr. 26. 
Grube Silbersegen. 
Ueber mit Quarz und Bleiglanz imprägnirter Grauwacke: 
Spatheisenstein und Bleiglanz, in Krystallen. 
Fahlerztetraäder mit Kupferkiesüuberzug, die Bleiglanzkry- 
stalle zum Theil umfassend. 
Jüngerer Schwerspath, gelbliche, kleine, tafelförmige 
Krystalle. 
Perlspath, in einzelnen Krystall - Aggregaten uber den 
vorigen Mineralien liegend. 
Beobachtung Nr. 27. 
Spatheisenstein. 
Fahlerztetra&der mit Kupferkiesüberzug. 
Perlspath und jüngerer Kalkspath. 
Beobachtung Nr. 28. 
Spatheisenstein. 
Bournonit und Kupferkies. 
Beobachtung Nr. 28. 
Grube Alter-Segen. 
Spatheisenstein. 
Jüngerer Schwerspath und Kupferkies-Krystalle. 
Kammkies, nur über den Kupferkies-Krystallen. 
Beobachtung Nr. 30. 
Grube Alter-Segen. 
Spatheisenstein. 
Jungerer Schwerspath. 
Beobachtung Nr. 31. 
Grube Alter-Segen. 
Spatheisenstein und Bleiglanz, in Krystallen. 
Perlspath, in unregelmässig zerstreut liegenden Krystall- 
gruppen. 


763 


3) Kammkies in kugeligen Krystall-Aggregaten. 
4) Jüngerer Kalkspath in kleinen Krystallgruppen. 
Beobachtung Nr. 32. 
Grube Alter-Segen. 
1) Spatheisenstein und Quarz. 
2) Perlspath. | 
3) Jüngerer Schwerspath. 
Beobachtung Nr. 33. 
Grube Silbersegen. 
1) Quarz und Spatheisenstein. 
2) Perlspath. 
3) Kammkies. 
Beobachtung Nr. 34. 
Grube Neuer-Thurm-Rosenhof. 
1) Spatheisenstein und Bleiglanz. 
2) Perlspath. 
3) Jüngerer Kalkspath. 
Beobachtung Nr. 35. 
1) Spatheisenstein. 
2) Kammkies. 
3) Jüngerer Kalkspath. 
Beobachtung Nr. 36. 
Grube Alter-Segen. 
Ueber Grauwacke: 
1) Quarz und Bleiglanz. 
3) Spatheisenstein. 
3) Jüngerer Schwerspath. 
4) Kammkies und jüngerer Kalkspath. 
Beobachtung Nr. 937. | 
Grube Silbersegen. 
1) ‚Spatheisenstein und Bleiglanz. 
2) Jüngerer Kalkspath. 
3) Jüngerer Schwerspath. 
Beobachtung Nr. 38. 
Grube Neuer-Thurm-Rosenhof. 
1) Spatheisenstein und Bleiglanz. 
2) Jüngerer Kalkspath. 
49 * 


764 


Beobachtung Nr. 39. 
Grube Alter-Segen. 
1) Aelterer Schwerspath. 
2) Bleiglanzkrystalle. 
3) Spatheisenstein. 
4) Perlspath. 
Beobachtung Nr. 40. 
Grube Alter-Segen. 
1) Aelterer Schwerspath. 
2) Perlspath. 
3) Kammkies. 
4) Jüngerer Kalkspath. 
Beobachtung Nr, 4t. 
i Grube Alter-Segen. 
1) Aelterer Schwerspath., 
2) Kammkies. 
3) Jüngerer Kalkspath. 
Beobachtung Nr. 42. 
- Grube Braune-Lilie. 
1) Aelterer Schwerspath. 
2) Jüngerer Kalkspath. 


B. Drusenausfüllungen auf den Gängen bei Wıldemann. 


Beobachtung Nr. 49. 
Hütschenthal. 
Ueber von Schwerspath durchtrumerter Grauwacke: 
1) Quarz als dünne Lage. 
2) Spatheisenstein. 
3) Kupferkieskrystalle, auf diesen in kleinen, kugeligen 
Aggregaten. 
4) Kammkies. 
5) Jüngerer Schwerspath. 


Beobachtung Nr. 44. 
Grube Ernst-August. 
1) Quarz mit Bleiglanz. 
2) Spatheisenstein mit Quarz. 
3) Kupferkies in bis 2 Zoll grossen Oktaädern. 
4) Schwefelkies und Quarz. 


769 


Beobachtung Nr. 45. 
-1) Quarz und Bleiglanz. 
2) Spatheisenstein. 
3) Quarz. 
4) Kammkies. 
5) Jüngerer Kalkspath. 
Beobachtung Nr. 46. 


Wen 
or 


1) Spatheisenstein. 
2) Kammkies. 

Beobachtung Nr. 47. 
1) Spatheisenstein. 


2) Quarz. 
3) Jüngerer Schwerspath. 
Beobachtung Nr. 48, 
Auf Thonschiefer: 

1) Spatheisenstein, dünne Lage. 
2) Jüngerer Schwerspath. 

Beobachtung Nr, 4%, 
1) Aelterer Schwerspath. 
2) Kupferkies in Krystallen, über diesen 
3) Kammkies. 


Beobachtung Nr. &%. 
1) Aelterer Schwerspath. 
2) Quarz, die tafelartigen Schwerspathkrystalle überkrustend. 
3) Spatheisenstein und Kupferkies in Krystallen. 
Beobachtung Nr. 51. 
1) Aelterer Schwerspath. 
2) Quarz, die tafelartigen Schwerspathkrystalle ganz über- 
krustend. Löste sich später der Schwerspath auf, so blieb 
der sogenannte zerhackte Quarz zurück. 


C. Drusenausfüllungen auf dem Silbernaaler Zuge. 


Beobachtung Nr. 52, 
Grube Huülfe-Gottes. 

1) Kammkies. 
2) Jungerer Kalkspath und jüngerer Schwerspath. 

Beobachtung Nr. 53. 

Grube Bergwerkswohlfahrt. 

1) Aelterer Schwerspath. 
2) Jüngerer Schwerspath. 


766 


Ad IM. 
A. Drusenausfüllungen auf dem Burgstädter Zuge. 


Beobachtung Nr. 54. 
: Grube Dorothea. 

1) Aelterer Kalkspath in Skaleno£dern. 

2) Quarz und Bleiglanz. Die Quarzdihexaäder bilden einen 
mehr oder weniger gleichmässigen Ueberzug. In der Rich- 
tung der Endkanten der Skalenoeder erscheint der Quarz 
oft streifenweise bläulich gefärbt von fein eingesprengtem 
Bleiglanz. 

3) Spatheisenstein, einzelne sattelformig gebogene Rhombo- 
öder, meistens mit kleinen Schwefelkieskugelchen besetzt. 

4) Jüungerer Kalkspath. | 

Beobachtung Nr. 5. 
Grube Anna-Eleonore. 

1) Aelterer Kalkspath in Skalenoödern. 

2) Quarz, Ueberzug über dem Kalkspathe. - 

3) Blende, in einzelnen Krystallen. 

Beobachtung Nr. 50. 
Grube Herzog-Georg-Wilhelm. 

1) Aelterer Kalkspath, in Skaleno&dern. i 

2) Quarz. Ueberzug über dem Kalkspathe. 

3) Schwefelkies, als dünner Ueberzug. 

4) Kupferkies, in einzelnen Krystallen. 

Beobachtung. Nr. 97. 

Grube Herzog-Georg-Wilhelm. 

1) Aelterer Kalkspath, in Skaleno@dern. 

2) Quarz, als Ueberzug uber dem Kalkspathe. 

ö) Blende und Kupferkies in einzelnen Krystallen. 

4) Jüungerer Kalkspath. 

Beobachtung Nr. 58. 
Grube Carolina. 

1) Aelterer Kalkspath, in Skälenoädern. 

2) Quarz, Ueberzug über dem Kalkspathe. 

3) Spatheisenstein- 

4) Zundererz. 


— 


Beobachtung Nr. 59. 
Grube Anna-Eleonore. 
1) Quarz und Bleiglanz. | 
2) Jüngerer Kalkspath. 


767 & 


Beobachtung Nr. 60. 
Grube Dorothea. 
Auf Ganggestein: 
1) Quarz und Bleiglanz. 
2) Spatheisenstein. 
3) Jüngerer Kalkspath. 
Beobachtung Nr. 61. 
Gruben Oarolina, Dorothea und Bergmannstrost. 
Es kommt häufiger vor, dass über Quarz, Spatheisenstein, 
Bleiglanz und jüngerem Kalkspathe, Zundererz sitzt. Das 
Zundererz hüllt diese Mineralien oft ganz ein, mit dem jün- 
geren Kalkspathe kommt es oft innig verwachsen vor. 
Beobachtung Nr. 62. 
Grube Anna-Eleonore. 
Als grosse Seltenheit. Ueber Ganggestein: 
1) Quarz. 
2) Perlspäth. 
3) Jüngerer Schwerspath. 
Beobachtung Nr. 69. 
Grube Alte-Margarethe. 
Als grosse Seltenheit. Ueber Ganggestein: 
1) Quarz mit Kupferkies. 
2) Spatheisenstein. 
3) Jungerer Kalkspath. 
4) Jüngerer Schwerspath, in sehr kleinen Krystallen uber dem 
Kalkspathe. 
Beobachtung Nr. 04 
Grube Dorothea. 
Als grosse Seltenheit. 
1) Blauer schaliger Schwerspath. 
2) Jüngerer Kalkspath. 


B. Drusenausfüllungen auf dem Spiegelthaler Zuge. 


Beobachtung Nr. 69. 
1) Spatheisenstein. 
2) Perlspath. 


Beobachtung Nr, 66. 
1) Braunspath. 


2) Kammkies, 


En u 2 nn nn 


% 


768 
N Beobachtung Nr. 67. 
1) Braunspath. 
2) Jüngerer Kalkspath. 


C. Drusenausfüllungen auf dem Bockswieser - Festen- 
burger und Schulenberger Zuge. 
Beobachtung Nr. 68. 

Grube Juliane-Sophie. 

1) Aelterer Kalkspath, in Skalenoedern. 
2) Quarz und Bleiglanz, Ueberzug über dem Kalkspathe. 
3) Blende, in einzelnen Krystallen. 
4) Jüngerer Kalkspath. 

Beobachtung Nr. 69, 

Grube Juliane-Sophie. 

1) Aelterer Kalkspath, in Skalenoedern. 
2) Quarz, Ueberzug über dem Kalkspathe. 
3) Bournonit uud jüngerer Kalkspath. 

Beobachtung Nr. 70. 

Grube Herzog-August und Johann-Friedrich. 

1) Braune Blende, in grossen Krystallen. 
2) Quarz. 
3) Jüngerer Kalkspath. 


D.. Geschlossene Drüsen über Krystallen des älteren 
Kalkspaths aus verschiedenen Gangzügen. 


Beobachtung Nr. 71. 
Grube Dorothea und Bergmannstrost 
8.8.2740. .3. 
Beobachtung Nr. 72. 
Gruben Bergmannstrost, Elisabeth, Anna-Eleonore 
und Herzog-Georg-Wilhelm. 

1) Aelterer Kalkspath in Skalenoedern. 

2) Quarz und Bleiglanz, gewöhnlich massig verwachsen und 
eire dünne Lage bildend; an einigen Stücken fehlt sie 
ganz. 

3) Braune Blende und Kupferkies. 

4) Quarz. 

5) Jüngerer Kalkspath. 


769 


Beobachtung Nr. 73, 
Grube Herzog-August und Johann-Friedrich. 
1) Aelterer Kalkspath in Skalenoedern. 
2) Quarz, krystallinisch, weiss, bis ! -Zoll mächtig. 
3) Braune Blende, bis + Zoll mächtig, 
4) Quarz, bis + Zoll mächtig. 
5) Braune Blende, bis ? Zoll mächtig. 
| Beobachtung Nr. 74, 
Grube Neuer-Thurm-Rosenhof. 
1) Quarz mit Bleiglanz. 5 
2) Aelterer Kalkspath, + Zoll lange, spitze Skalenoeder. 
3) Quarz und Bleiglanz, dünne Lage über den Kalkspath- 
Krystallen. 
4) Spatheisenstein mit Fahlerz und Bleiglanz - Krystallen. 
Beobachtung Nr. 79. Sr 


Grube Silbersegen. 
s. S. 746, 


Beobachtung Nr, 76. 
Grube Herzog-August und Johann-Friedrich. 
1) Aelterer Kalkspath, rauhflächiges, 2 Zoll grosses Haupt- 
rhombo£öder mit einem Seitenkanten-Skaleno£der. 
2) Quarz, radial krystallinisch, weiss, bis 1 Linie mächtig. 
3) Bleiglanz, grobblättrig. 


Ad IV. 
Beobachtung Nr. 77, 
Grube Carolina. 

1) Aelterer Kalkspath, unregelmässig geformtes, 5—6 Zoll 
langes Bruchstück. 

2) Quarz und Bleiglanz, feinkörnig, massig. 

3) Quarz, krystallinisch, grosskörnig, mit wenig Blende. 

Beobachtung Nr. 78. 
Grube Carolina. 

1) Aelterer Kalkspath. Kleine Skalenoöder verbunden durch 
hornsteinartigen Quarz und Bleiglariz, bilden ein Breceien- 
bruchstück (s. Beobachtung Nr. 80). 

2) Bleiglanz, feinkörnig. Quarz, hornsteinartig, und Spath- 
eisenstein, feinkörnig. Die drei Mineralien theils massig, 
theils lagenförmig verwachsen. 


3) Quarz. 


770 


Beobachtung Nr. 79, 


Grube Bergmannstrost. 
Ss. +haf,. XV Eig. 9, 

1) Aelterer Kalkspath in Bruchstucken, neben Bruchstüucken 
von Ganggestein, die von älterem Kalkspath, Quafz und 
Kupferkies imprägnirt sind. ne 

2) Quarz, theils radial krystallinisch, weiss, theils dicht, horn- 
steinartig, grau, bis > Zoll mächtig. 


3) Bleiglanz und Quarz. 


Beobachtung Nr, 80. 


Grube Bergmannstrost. 
8.- Tal. XV]. Eig, 12, ? 

1) Aelterer Kalkspath, die eine Hälfte des grösseren Breccien- 
bruchstückes bildend, die andere Hälfte desselben besteht 
aus von Quarz, Bleiglanz und Kalkspath durchtrumertem 
Ganggestein. Das kleinere Bruchstüuck wie in Beobach- 
tung Nr. 78. 

2) Quarz, hornsteinartig, und Bleiglanz, feinkörnig, theils massig, 
theils lagenförmig verwachsen. 

3) Quarz, krystallinisch, weiss, mit wenig Fünkchen brauner 
Blende. 


Beobachtung Nr. 81. 
Grube Alte-Margarethe. 


l) Aelterer Kalkspath, in unregelmässig gestalteten Bruch- 
stüucken. 

2) Quarz, Bleiglanz und Spatheisenstein, feinkörnig, theils 
massig, theils lagenförmig verwachsen. 

3) Quarz und Spatheisenstein. 


Beobachtung Nr. 82, 


Grube Bergmannstrost. 
s. Taf. XVI: Eie. 10. 
1) Aelterer Kalkspath, in Bruchstücken. 
2) Quarz, dicht, hornsteinartig, grau, bis $ Linie mächtig. 
3) Quarz und Bleiglanz, der Quarz hornsteinartig, massig 
oder lagenförmig verwachsen, bis + Zoll mächtig. 
Braune Blende, bis 2 Zoll mächtig. 
Quarz, krystallinisch, weiss. | 
Kalkspath, als Trum die Breccie durchsetzend. 


771 “ 
Beobachtung Nr. 83. 
Grube Bergmannstrost. 
s. Taf. XVI. Fig. 15. 
l) Braune Blende und Quarz, hornsteinartig, beide massig 
verwachsen, als Bruchstücke. 
2) Bleiglanz und Blende, massig verwachsen, bis + Zoll 
mächtig. 
3) Aelterer Kalkspath und Quarz, geschlossen drusenförmig. 
Beobachtung Nr. 84. 
Grube Neuer-Thurm-Rosenhof. 
er Tal XV. Bir, 19. 
1) Aelterer Kalkspath, braune Blende, Bleiglanz und Gang- 
gestein, als Breccienbruchstücke. 
2) Quarz und Bleiglanz, massig verwachsen. Der Quarz 
theils krystallinisch, theils hornsteinartig. 
3) Spatheisenstein und Quarz. 
Beobachtung Nr. 85. 
Grube Lautenthalsglück. 
1) Aelterer Kalkspath, in deutlichen Spaltungsrhombo&dern, 
bis zu 2 Zoll Grösse. 
2) Quarz, radial krystallinisch, weiss, bis „ Zoll mächtig. 
3) Bleiglanz und Quarz, massig verwachsen, bis # Zoll. 
mächtig. 
4) Blende und Kupferkies, massig verwachsen. 
NB. An einigen Stücken liegt über dem Quarze (2) direkt 
Blende, Kupferkies und Bleiglanz, sehr grobkörnig, massig 


verwachsen. 
Beobachtung Nr. 56, 


Grube Oarolina. 
s. Taf. XVI, Fig. 6, 
1) Aelterer Kalkspath, in grossen Massen im Gange liegend. 
2) Quarz und Bleiglanz, ein bis 2 Zoll mächtiges Trum an 
Kalkspath bildend; der Quarz krystallinisch, grobkörnig, 
weiss, manchmal etwas radial krystallinisch; der Bleiglanz 
- in kleinen Fünkchen an den Saalbändern des Trums. 
Beobachtung Nr. 87. 

Die Beobachtungen Nr. 15, 17 und 21 beweisen ebenfalls 
Zerstörungen bereits gebildeter Gangmassen, indem die Breceien, 
welche sich wiederum als Breccienbruchstücke finden, älteren 
Gangausfüllungen angehören. 


772 
Ad V. 


I. Die Schlechten der Schlichten. 


‚ Beobachtung Nr. 88, 

Ausgezeichnete Schlechten finden sich im älteren Kalkspathe, 
mit deutlich gefurchten Rutschflächen, bei Lautenthal, auf den 
Gängen des Burgstädter Zuges und an anderen Stellen. 

Das sogenannte Haus-Israeler Schlechte (siehe Berg- und 
Hüttenmännische Zeitung, 1865, S. 383 und 391) des Burg- 
städter Zuges stellt eine ganz feine Kluft von grosser Aus- 
dehnung dar, an welcher man noch jetzt ein Sinken des Han- 
genden wahrnehmen kann. | 

Dieses Sinken erfolgt ganz langsam, und zwar nach Beob- 
achtungen, die seit dem Jahre 1858 angestellt sind, während 
eines Jahres etwas über einen Zoll. 

Wenn nun auch dieses Sinken unzweifelhaft durch die in 
den Tiefbauen befindlichen, nur mit altem Manne erfüllten, hoh- 
len Räume veranlasst wird, so gehört doch die Entstehung des 
Schlechten ebenso unzweifelhaft einer früheren Periode der 
Gangbildung an. 

Auf den Gruben des Rosenhöfer Zuges findet man oft 
Rutschflächen mitten im älteren Schwerspathe. 

Auf der Grube Alter-Segen beobachtete ich auf dem lie- 
genden verkehrt fallenden Trum (Firste über dem Rabenstolln) 
ein nur 2 Zoll mächtiges Schwerspathtrumchen, durch dessen 
Mitte, parallel zu den Saalbändern, ein deutliches, parallel der 
Fallungsriehtung gefurchtes Schlechte ging. 


2. Bruchstücke ın Drusenräumen. 


Beobachtung Nr. 89. 

In Drusenräumen finden sich häufig, besonders auf den 
Gängen der nordöstlichen Kalkspath - Combination, plattenför- 
mige Quarzstücke, die gewissermaassen auf der hohen Kante 
aufgewachsen sind und nur an einer breiten Seite deutliche 
grosse Dihexaöderspitzen zeigen, an der anderen breiten Seite 
dagegen eine fast rauhe Fläche haben. 

Solche plattenförmige Stücke sind meistens, bis auf die 
Anwachsstellen, mit jungerem Kalkspathe überzogen. 

Die Quarzplatte muss früher mit ihrer rauhen, fast ebenen, 
breiten Fläche aufgewachsen gewesen sein, später hat sie sich . 


773 


durch mechanischen Druck losgelöst, und dann hat sich über 
ihr der jüngere Kalkspath abgesetzt. 


Beobachtung Nr. 90. 

So finden sich auf dem Silbernaaler Zuge Platten von 
Ganggestein, welches mit Bleiglanz und älterem Schwerspathe 
imprägnirt ist. Diese Platten sind auf beiden breiten Seiten 
mit jüngeren Schwerspathkrystallen bedeckt und mussen daher 
früher auch in Drusenräumen auf der hohen Kante aufgewach- 
sen gewesen sein. 


Beobachtung Nr. 9!. 

In der bergakademischen Sammlung liegt ein Stuck Fes- 
tungsquarz von der Grube Juliane-Sophie, auf dessen Etiquette 
bemerkt ist, dass sich dieser Festungsquarz als loses Stuck in. 
Drusenräumen gefunden hat. 


Beobachtung Nr. 92. 
Grube Alter-Segen. 
Bruchstücke von Schwerspathtafeln (Aelterer Schwerspath), 
unregelmässig durcheinanderliegend, durch kleine dazwischen- 
liegende Perlspath- und jüngere Kalkspathkrystalle verbunden. 


Beobachtung Nr. 9. 
Wildemann. 


Kleine Bruchstücke von Ganggestein, mit Spatheisenstein 
überzogen, werden von jüngeren Schwerspathkrystallen zum 
Theil umschlossen und zusammengehalten. 


Beobachtung Nr. 94. 
Grube Dorothea. 

Unregelmässige Brocken von Bleischweif werden durch 
blaue Schwerspathkrystalle zum Theil umschlossen und zu- 
sammengehalten, 

Beobachtung Nr. 3%. 
Grube Herzog-Georg-Wilhelm 
s. Taf. XV, Fig 1. 

Unregelmässig durch einanderliegende ältere Kalkspath- 
skaleno@äder, von Quarz überkrustet, sind bei « in der Druse 
festgewachsen, an welcher Stelle allein der ältere Kalkspath sicht- 
bar ist und zwar in deutlichen, glänzenden, glatten, gebogenen 
Spaltungsflächen. Das überkrustete ältere Kalkspathskalenoeder 
A, welches im Durchschnitte dargestellt ist (@’ gleich Kalkspath, 


774 


b gleich Quarz), muss früher mit seiner Fläche ec fest aufge- 
wachsen gewesen sein und ist dann abgebrochen; denn wir 
finden diese Fläche nicht mit Quarz uberkrustet. Auf ihr finden 
wir ausser einem feinen Ueberzuge von jüngeren Kalkspathkry- 
stallen einen grösseren jüngeren Kalkspathkrystall (d) von 
2 Zoll Durchmesser und * Zoll Höhe. In ihn finden wir 
kleine Bournonitkryställchen eingewachsen. Ueber dem Quarze, 
welcher den älteren Kalkspath uberkrustet, sitzen ebenfalls 
jüngere Kalkspath- und Bournonitkryställchen. 
Wir können also folgende Perioden der Bildung unter- 
scheiden. j 
1) In einem Drusenraume des älteren Kalkspaths finden sich 
aufgewachsene Kalkspathskaleno&der. 
2) Die Skalenoöder werden von Quarzdihexaödern überkrustet. 
3) Durch mechanischen Druck werden einige Kalkspathska- 
leno&der abgebrochen. 
4) Bildung des jüngeren Kalkspaths und des Bournonits. 


Beobachtung Nr. 96. 
Aehnliche Bildungen, wie die soeben beschriebenen, sind 
mir bekannt von den Gruben Carolina, Dorothea und Juliane- 
Sophie. 


Angaben über die paragenetischen Verhältnisse der Mine- 
ralien auf den Erzgängen des nordwestlichen Oberharzes finden 
sich in der Literatur sehr vereinzelt und zerstreut. 

Von besonderer Bedeutung sind die Angaben BREITHAUPT’S 
in seinem epochemachenden Werke über die Paragenesis . der 
Mineralien (Freiberg, 1849), S. 172, 205, die sehr wohl mit 
meinen Beobachtungen übereinstimmen. 

Ferner die Angaben von v. Cotta in seinem Werke „Die 
‘ Lehre von den Erzlagerstätten“ (Freiberg, 1859), I, S. 78. Die 
Angabe daselbst, II, S. 99 muss ich jedoch nach meinen Beob- 
achtungen als nicht genau bezeichnen (s. S.96 und Beobach- 
tung Nr. 85). 

Auch die Arbeit von J. K1oos (Berg- und Hüttenmänni- 
sche Zeitung, 1865, S. 392, Taf. XIII) enthält werthvolle Beob- 
achtungen. 


779 


Schlussbemerkungen. 


Seitdern der grosse WERNER den Satz „Gänge sind aus- 
gefüllte Spalten“ aufgestellt hat, ist das klare Ziel aller wissen- 
schaftlichen Gangstudien gewesen, die beiden Fragen zu be- 
antworten: 

1) Wie haben sich die Spalten gebildet? 
2) Wie sind die Spalten ausgefüllt worden? 


Die Frage nach der Kraft, welche die Spalten aufriss, 
wird, je nach den Theorieen, welche man zur Erklärung der 
Bewegungen der festen Erdrinde aufgestellt hat, verschieden 
beantwortet, und bleiben in dieser Beziehung noch viele Zweifel 
zu lösen ubrig. 

Aus den Erscheinungen aher, welche wir im Nebenge- 
steine und in den Ausfüllungsmassen der Gänge beobachten, 
lassen sich sichere Schlüsse auf die Bewegungen machen, welche 
beim Aufreissen der Gangspalten stattgefunden haben müssen. 

Der Nachweis bedeutender Verwerfungen des Nebenge- 
steins bei der Gangspaltenbildung in einem Gebirge, älter als 
das produktive Kohlengebirge, ist, so viel mir bekannt, hier 
zum ersten Male geführt. 

Dieser Nachweis giebt uber die Lagerung der Gebirgs- 
schichten des Clausthaler Hochplateaus einigen Aufschluss; er 
erklärt die eigenthümlichen räumlichen Verhältnisse der Erz- 
sänge dieses Gebietes und gestattet, die Bildung des Gang- 
thonschiefers durch einen wesentlich mechanischen Process zu 
erklären; schliesslich führt er zur Anschauung uber die Bil- 
dungsweise der zuerst von v. Cotta unterschiedenen zusam- 
mengesetzten Gänge im Gegensatze zu der Bildungsweise ein- 
facher Gänge. 

Bei der zweiten Frage ist es von besonderer Schwierig- 
keit, zu entscheiden, wo die Stoffe, welche sich in den Gang- 
spalten tinden, besonders die metallischen, ihren Ursprung 
haben. So viel ist ausgemacht, dass sie in wässeriger Lösung 
in die Gangspalten geführt wurden. 

Das Auftreten einzelner gesonderter Erzmittel in den mäch- 
tigen, hauptsächlich mit verändertem Nebengesteine erfüllten 
Gangspalten giebt der Idee von einzelnen, aus grosser Tiefe 
in den Gangspalten aufsteigenden Quellen viel Wahrscheinlich- 
keit. In wie weit die Stoffe aus dem Nebengesteine in die 


776 


Gangspalten eingeführt wurden, muss chemischen Untersuchun- 
gen zu entscheiden überlassen bleiben. 

Das weit verbreitete Vorkommen des schwarzen bitumi- 
nösen Gangthonschiefers in Begleitung der geschwefelten Erze 
ist besonders wichtig, weil dadurch die Ansicht, es haben sich 
die Schwefelmetalle aus schwefelsauren Salzen durch Reduction 
mittelst organischer Substanzen gebildet, eine starke Stütze er- 
hält. Auch der ältere Kalkspath enthält bituminöse Bestand- 
theile; denn wenn man ihn zur Darstellung kohlensauren Was- 
sers benutzt, so erhält dieses einen widerlichen bituminösen 
Geschmack, der wohl von einem Kohlenwasserstoffe herruhrt. 

Die Beobachtungen der paragenetischen Verhältnisse der 
Mineralien sind eine wichtige Vorarbeit für den Chemiker, 
welcher nach den Reactionen forscht, welche bei der Bildung 
der Erze und Gangarten in den Gängen stattgefunden haben. 

' Aus dem bunten, unregelmässigen Gemische von Gangge- 
steinen, Erzen und Gangarten, welches das hiesige Vorkommen 
charakterisirt, und welches schon so oft bewundert und ange- 
staunt ist, diejenigen Stücke herauszufinden, welche Fingerzeige 
für die Altersfolge der Mineralien geben, war eine besonders 
mühevolle und zeitraubende Arbeit, der ich mich während 
zweier Jahre mehr oder weniger eifrig unterziehen konnte. 

Auf die so gesammelten Beobachtungen gestützt, ist ein 
erster Versuch gemacht, die Altersreihen der Mineralien zu 
entwickeln. Die Resultate sind im Ganzen einfach, lassen aber 
noch manche Lücken, welche durch spätere Beobachtungen 
hoffentlich ergänzt werden. 

Der Schluss, dass die entwickelten Altersreihen auch für 
die häufigsten Vorkommnisse Gültigkeit haben, bei denen we- 
gen unregelmässiger Imprägnationen oder wegen massiger 
Textur Beobachtungen unmöglich werden, scheint mir durch 
die Beobachtungen und Betrachtungen uber die geschlossen 
drusenförmige Textur und die Entstehungsweisen massiger 
Textur gerechtfertigt. + 

Mögen die im Vorigen niedergelegten Beobachtungen dazu 
beitragen, dem Ziele der Gangstudien um ein Kleines näher 
zu fuhren. 


777 


6. Ueber die Bildung des unteren Oderthals. 
Von Herrn Be»m ın Stettın. 


Sämmtliche aus der norddeutschen Ebene der Nord- und 
Ostsee zuströmende Flüsse bilden ihre Betten in einem meistens 
lockeren, leicht zerstörbaren, namentlich unter der Einwirkung 
des Wassers sehr veränderlichen Boden, so dass ihre Ufer 
überall wenig Stabilität besitzen und fast alljährlich nicht un- 
bedeutenden Veränderungen unterliegen. Diese Veränderungen 
verleihen den Gegenden einen eigenthümlichen Charakter, wel- - 
cher sich ganz besonders an der Oder bemerkbar macht, so 
dass diese sehr wohl als Vorbild auch für die übrigen Flüsse 
angenommen werden kann. Oberhalb Frankfurt und durch 
ganz Schlesien hinauf bieten die Ufer in unwiderleglicher Weise 
und mit höchst geringfügigen Ausnahmen das Bild abgespülter, 
ausgewaschener, lockerer, von leicht veränderlichen Erdschich- 
ten gebildeter, flach gesenkter Hugelländer dar. Sie sind all- 
gemein in sanft abfallenden, ungleichen Profilen ausgesäumt, 
und da sie überall aus den zugeführten Sanden der schlesischen 
Ebene bestehen, denen nur wenige feste oder Festigkeit ge- 
bende Materialien beigemengt sind, dieser Sand aber für sich 
allein keine Bindekraft besitzt, so werden sie von jedem Re- 
gen verändert, in die Niederungen geführt, von jedem Winde 
verwehet und sind kaum im Stande, sich in einer Böschung 
von 10 Graden gegen den Horizont zu tragen. Zwar treten an 
einzelnen Stellen etwas steilere Gehänge auf, aber dann ist 
das Erdreich bereits mit fremdem Materiale gemengt, wohin 
insbesondere diluvialer Lehm, diluvialer Thon oder auch in 
einzelnen Fällen Kalk und Kies gehören. Die natürliche Folge 
der grossen Veränderlichkeit des genannten Materials und seiner 
Transportabilität durch die Atmosphärilien ist es, dass das - 
Flussbette selbst in jedem Augenblicke die frisch eingeschwemm- 


ten Bestandtheile der Ufer mit sich führt, ohne dass diese auch 
Zeits.d.d.geol.Ges XVII. 4. 50 


778 


selbst hier eine Festigkeit gewinnen können, die etwa die Entste- 
hung vegetabilischer Thätigkeit zu begünstigen vermöchte; denn 
wenn‘ auch die Unfruchtbarkeit des Sandes an sich einer sol- 
chen sehr hinderlich ist, so unterliegt es doch keinem Zweifel, 
dass bei gewonnener Beständigkeit des Bodens durch die Ein- 
wirkung der Feuchtigkeit nach und nach Pflanzenwuchs ent- 
stehen musste. Die Beweglichkeit ist aber so gross, dass da- 
durch die Unsicherheit des Flussbettes in Bezug auf die Schiff- 
fahrt begründet wird, und die alljährlich sich steigernde Schwie- 
rigkeit in dem Betriebe dieses wichtigen Verbindungsweges der 
See mit dem Binnenlande beruht nicht ausschliesslich in der 
zunehmenden Versandung des Flussbettes überhaupt durch die 
von den Nebenflüssen herbeigeschwemmten Massen des aus 
dem schlesischen Gebirge entführten Sandes, sondern wesent- 
lich in der Beweglichkeit desselben, indem selbst bei über- 
haupt ausreichendem Wasserstande die eigentliche Fuhrt oder 
Rinne nicht selten im Verlaufe eines Tages sich von einem 
Ufer bloss durch den vom Winde veranlassten en 
in die Nähe des jenseitigen Ufers verlegt. | 

Die hier geschilderte ‚Beschaffenheit muss ohne Zweifel 
für alle im lockeren Erdboden liegenden Flussbetten die glei- 
che sein, und es wird dieselbe daher für die gleichen Verhält- 
nisse als maassgebend angesehen werden können. Anders ge- 
stalten sich natürlich die Verhältnisse derjenigen Auswaschungs- 
Flussthäler, die in einem der Zerstörung grösseren Widerstand 
leistenden Boden liegen. Je grösser der Widerstand ist, wel- 
chen eine solche Unterlage zu leisten vermag, desto längere 
Zeit wird erforderlich, dem Strome einen freien Lauf zu ver- 
schaffen, und es bedarf dauernder und oft gewaltsamer Ein- 
wirkungen der Gewässer, um ihnen den endlichen Sieg über 
' die Gesteine zu verschaffen. Wie viel indess auch bei den här- 
testen Gesteinen durch blosse Ausnagung oder Auswaschung 
erreicht werden kann, zeigt der Simeto auf Sicilien, dem es im 
Laufe der Zeit gelungen ist, seinen durch einen der festesten 
Lavaströme gesperrten Lauf durch allmälige Zerstörung des 
Gesteines vollständig wiederherzustellen. Wie gewaltig die 
Einwirkungen der Gewässer und der Atmosphäre auf Quader- 
sandstein sind, zeigen die Zerstörungen dieses Gesteins in der 
sächsischen Schweiz, bei Adersbach und an anderen Orten, und 
welche mechanische Zertrümmerungen Flüsse herbeizuführen 


779 


vermögen, davon giebt das Bette des Niagara und sein be- 
rühmter Fall ein lautes Zeugniss. 

So werden noch mehrere Abweichungen in der Bildung 
der Erosionsthäler gedacht und nachgewiesen werden können, 
die aber, als von dem vorliegenden Gegenstande verschieden 
und darauf nicht unmittelbar Bezug habend, übergangen werden 
mögen. Für den vorliegenden Gegenstand aber wird zunächst 
die vorher erwähnte allgemeine Physiognomie der diluvialen 
Erosionsthäler in’s Auge zu fassen sein. 'Nächst dieser allge- 
meinen Oberflächen-Physiognomie ist es nun aber einleuchtend, 
dass, wie zerstörbar die diluviale Grundlage eines Erosions- 
thales auch sein möge, die Auswaschung nicht anders als von 
oben nach unten, d. h. von der Oberfläche anfangend, in die 
Tiefe fortschreiten kann, und dass daher, so lange die Aus- 
waschung währt, die Schichten der Ufer nothwendig in ihrer 
natürlichen Lagerung verbleiben müssen und nur durch das 
fortdauernde, allmälige Abnagen des Wassers verändert werden 
können. Unterwaschungen, Unterspülungen und dadurch her- 
beigeführte Abstürze kommen natürlich hierbei vor, wenn die 
Schichten einen gewissen Grad von Cohäsion besitzen, um 
sich. eine Zeit lang in steilerer Böschung tragen zu können; 
aber so weit dies geschieht, sind die eben genannten Einflüsse 
deutlich erkennbar und auf die genannten Veränderungen be- 
schränkt; je weiter aber vom eigentlichen Flussbette die La- 
gerung sich entfernt, um so weniger ist eine Störung des bis- 
herigen regelmässigen Verhältnisses denkbar und möglich. Das 
abgeschwemmte, zertrümmerte Material des Ufers muss aber 
nothwendig ohne alle und jede regelmässige Lagerung seiner 
einzelnen Glieder, sondern vielmehr in inniger Vermengung 
derselben das Flussbette erfüllen, möglicherweise sogar in seine 
constituirenden Bestandtheile wieder geschieden werden können. 
Dass diese Erscheinungen an beiden Ufern des Flusses die . 
gleichen sein oder, wo verschiedene Lagerungsverhältnisse ob- 
walten, wenigstens einander geologisch entsprechen müssen, 
und dass sie sich auch bis auf so weite Entfernungen parallel 
den Ufern und selbst auf Nebenthäler und Nebenflüsse er- 
strecken müssen, als die ursprüngliche Beschaffenheit des Bo- 
dens reicht, braucht wohl kaum erwähnt zu werden. 

Die hier genannten Eigenschaften der im lockeren dilu- 
vialen Boden gelegenen Flussthäler, welche nicht allein vom 


50* 


= 


780 


theoretischen Standpunkte sich ergeben, sondern an grösseren 
und kleineren Flussthälern der genannten Kategorie beobachtet 
werden können, werden kaum nennenswerthe Einwürfe gegen 
ihre Richtigkeit aufstellen lassen, so dass sie als normale Ver- 
hältnisse der in Rede stehenden Flussthäler angesehen werden 
können und für die obere Oder volle Geltung haben, da sie 
zum Theil von dieser entnommen wurden. ; 
Vergleichen wir aber hiermit die Beschaffenheit der Oder- 
ufer abwärts von Frankfurt, so stossen wir bald auf wesent- 
liche Abweichungen nnd Verschiedenheiten rücksichtlich ihrer 
allgemeinen geologischen Physiognomie. Schon in der unmit- 
telbaren Nähe von Frankfurt fangen die Ufer an steiler, zer- 
rissener zu werden; sie bieten in der Linie ihres allgemeinen 
Profils isolirtere Kuppen dar, die Seitenthäler werden schroffer, 
jäher, und diese Beschaffenheit setzt sich über Lebus fort bis 
in die Gegend von Küstrin. Von hier ab gewinnt das Oder- 
thal beträchtlich an Breitenausdehnung, und während es in der 
Nähe von Frankfurt und weiter oberhalb mit Ausnahme der 
Erweiterung bei Neuzelle kaum mehr als 1000 Schritte breit 
sein mag, verbreitert es sich in der Nähe von Wriezen und 
Freienwalde bis auf fast 2 Meilen, indem es auf der ganzen 
Strecke von Küstrin bis Oderberg die zu den gesegnetsten Ge- 
genden unseres Landes gehörenden Niederungen — das Oder- 
bruch — bildet. Von Oderberg bis Schwedt wird das Thal 
wieder enger, die Ufer hugeligter, zerrissener. Von Schwedt 
bis unterhalb Stettin jedoch treten alle geologischen Verhält- 
nisse in eine noch entschiedener veränderte Physiognomie, und 
dieser Theil des Oderthales ist es ganz besonders, welcher 
den gegenwärtigen Untersuchungen zu Grunde gelegt werden 
konnte. = 
Kurz unterhalb Schwedt nämlich öffnet sich auf dem lin- 
ken Oderufer von Nordwesten herkommend ein breites Thal, 
in dessen Mündung gegen das Oderthal das Städtchen Vier- 
raden am Ausflusse der Welse in die Oder gelegen ist. Die- 
ses Seitenthal zieht sich in einem gegen Westen convexen Bo- 
gen nach Norden, nimmt bei der zwischen Süden und Norden 
gelegenen Wasserscheide den Namen des Thales der Randow 
an, welches den Randowschen Kreis gegen Westen abgrenzt, 
und mündet weiter nördlich in das Ueckerthal aus, um bald 
nachher bei Ueckermünde die Gewässer der Randow mit denen 


781 


der Uecker vereinigt dem Haff zuzuführen. _ Die Ränder 
dieses Thales bieten fast überall alle Eigenthumlichkeiten rei- 
ner Erosionsthäler dar, ja in der Nähe des Fleckens Löckenitz 
ist sogar ein doppeltes Bette des ursprünglichen Stromes an- 
- gedeutet, gleichsam als habe derselbe sich nach einer grösse- 
ren Breite erst noch auf ein engeres Bette zurückgezogen, be- 
vor er seine jetzige Unbedeutendheit erlangte. Nachdem nam- 
lich hier ein sandiges Diluvialland mit vielen kleinen Hügeln 
bis an die Niederung heran getreten ist, folgt eine gleich- 
mässige Ebene von schwarzem, fruchtbarem Bruchboden (altes 
Flussbett); diese staffelt sich wieder uferartig ab und geht in 
eine mehrere Fusse tiefer gelegene tiefere Ebene über, welche 
jetzt gleichfalls theilweise im agriculturistischen Betriebe steht, 
aber noch überwiegend Wiesen hat (mittleres Flussbett); und 
nun folgt endlich das Flusschen selbst mit seinem neusten, 
ziemlich unbedeutenden Bette. Weiter hinauf nach Süden zu 
ist der Wasserstand noch ein verhältnissmässig höherer, und 
der Uebergang der \Viesen in Ackerland ist noch nicht zu 
Stande gekommen, wie sich dies bei der Eisenbahnstation 
Passow auf weite Strecken nach Norden und Süden übersehen 
lasst; aber auch hier tragen die Ufer un den diluvia- 
len Charakter an sich. 
- Verfolgt man dagegen von Vierraden das linke Ufer des 
Oderthales weiter nach Norden, so trifft man nach mehreren 
weniger bedeutenden Einschnitten zuerst bei der Stadt Garz 
ein zweites weit in's Land hineingehendes und wenigstens eine 
Viertelmeile breites Thal, das Salweythal, welches, parallel 
dem Randowthale vom Salweybache durchströmt, sich unter 
allmäliger Verflachung nach Norden bis zur Eisenbahnstation 
Tantow fortzieht, in seinen Wiesenniederungen aber noch be- 
trächtlich weiter verfolgt werden kann. Weniger tief in’s Land 
hinein reichend, aber ebenfalls in schroffen Höhen und jähe 
absturzenden Thälern wechselnd sind die malerischen Partieen 
eines Gehölzes, welches der Stadt Garz zugehört und unter 
der Benennung der „Schrei* wegen seiner überaus mannichfal- 
tigen Flora allen Botanikern der Provinz Pommern bekannt 
ist. Ihm folgen nach einer mehr sandigen Uferbildung bei 
dem Dorfe Mescherin die wiederum stark zerrissenen Ufer- 
gehäange der Dominien Staffelde, Pargow, Schöningen, 
Schillersdorf, welche zwar sämmtlich noch mit einer starken 


Diluvialdecke uberkleidet sind, dennoch bei zunehmender Bearbei- 
tung des Bodens schon an vielen Stellen die Hauptglieder der 
Stettiner Tertiar-Formation durch Bloslegung erkennen lassen. 
Nördlich von Schillersdorf hat man bald die schon längst vor- 
her aus der Ferne sichtbare Windmühle von Hohen- Zahden 
vor sich, auf einer 208 Fuss über den OÖderspiegel empor- 
ragenden Anhöhe gelegen, welche den Anfang des Höhenzuges 
bildet, der im weiteren Verlaufe gegen Westen und Norden die 
südliche und westliche Grenze des von mir näher untersuchten 
Stettiner Tertiär-Reviers in engerer Beziehung bildet. Dieser 
Höhenzug ist in seinem Abfalle gegen das Oderthal dergestalt 
zerrissen, dass er hier fast nur kolossale Trümmer eines ehe- 
maligen Berges darstellt, und die Abhänge sind so steil, dass 
sie, ungeachtet aus fruchtbarem Boden bestehend, dennoch der 
landwirthschaftlichen Bearbeitung kaum oder doch nur mit 
grosser Mühe zugänglich sind. Sie enthalten bereits durchweg 
die Glieder der Tertiär-Formation, Glimmersand und Septarien- . 
thon, und bei dem Dorfe Hohen-Zahden wurde bekanntlich in 
60 Fuss Tiefe ein Kohlennest erschürft. Ganz gleiche Ver- 
hältnisse wie die Ufer von Zahden bieten diejenigen des nächst- 
folgenden Dorfes und Dominiums Cunow dar, schroffe Höhen 
mit dazwischen liegenden Thälern, in ersteren von den Glie- 
dern der Tertiär- Formation besonders den Septarienthon zei- 
gend, welcher in den hiesigen Ziegeleien reichlich zu techni- 
schen Zwecken verwendet wird und zuerst Herrn PLETTNER 
auf die geologische Wichtigkeit der hiesigen Gegend aufmerk- 
sam machte, Zwischen den Dörfern Gustow und Pomeräns- 
dorf mündet wieder ein bedeutenderes Bachthal in die Oder- 
niederung ein, nämlich das Buckowthal, welches von der 
Berlin - Stettiner Eisenbahn mittelst des ersten bedeutenderen 
Viaduets überschritten wird und von diesem Uebergangspunkte 
aus die grossen Zerstörungen und Verwerfungen seiner Ufer 
erkennen lässt, ungeachtet sie, fruchtbaren Ackerboden bietend, 
durch vielfältige und langjährige Bearbeitung bedeutend in ih- 
ren Formen verändert sind. Dieses Thal, eines der grösseren, 
lässt sich durch seine Niederungen bis nach den Orten Kra- 
kow und Brunn verfolgen, bei welchem letzteren Orte aus 
dem am Fusse der begrenzenden Anhöhen lagernden Septa- 
rienthone Quellen hervortreten. Zwischen Pomeränsdorf und 
der Stadt Stettin öffnet sich nun wiederum ein Thal, welches 


783 


für die unmittelbare Umgebung dieser Stadt eine grössere geo- 
logische Bedeutung hat als fast alle bisher genannten Seiten- 
thäler und Einschnitte. Es ist das Thal der sogenannten 
Galgwiese, welches, die Stadt Stettin südlich begrenzend, zu- 
nächst in eine feuchte Niederung zwischen dem Fort Preussen 
und der- Vorstadt Torney ausgeht und dann durch eine flache, 
sattelförmige Erhöhung sich an. das viel bedeutendere nördlich 
von Stettin und Grabow liegende Bachthal, „Grüne Wiese‘“ ge- 
nannt, anschliesst, um mit ihm die grosse Niederung zu bil- 
den, welche wiederum parallel mit dem Verlaufe des Randow- 
thales, aber in einem kleineren Bogen, durch verschiedene Seen 
_ bis nach Neuwarp verfolgt werden kann, wo dasselbe gleich 
dem Randowthale in das Haff ausmundet. Dass zwischen die- 
sen beiden Thälern das Terrain, auf welchem die Städte Stettin 
und Grabow gelegen sind, in einer wahren Deltabildung be- 
steht, ist an einem anderen Orte*) nachgewiesen worden. 

Die weiteren Ufer bis zum Städtchen Politz bieten nun 
aber an Zerrissenheit ihrer Gehänge, Schroffheit der Abfälle, 
Unregelmässigkeit der Lagerungsverhältnisse, Verworrenheit 
des Materials Alles dar, was die ausschweifendste Phantasie 
in dieser Hinsicht in einem Terrain erdenken kann, welches 
unter dem Namen eines Flachlandes eine, man könnte sagen, 
traurige Berühmtheit erlangt hat. Muldenartige Auswaschun- 
gen, steile Abgründe, Erdrutsche, Ueberkippungen, vorgescho- 
bene Hügel mit dahinter gelegenen Abgründen, Spaltungen, 
. Einschiebungen diluvialer Ablagerungen in tertiäre kommen 
aller Orten vor, überall deutlicher oder undeutlicher in ihrer 
natürlichen Bildung durch die verschiedensten Schichtungen oder 
. Lagerungen erkennbar, so dass das Ganze nur einem colossa- 
len Trümmerhaufen ähnlich wird, dessen einzelne Theile erst 
gewürdigt und erkannt werden können, wenn man sie von 
einem allgemeineren, in seiner Gesammtheit aufgefassten Stand- 
punkte betrachtet. Hierher gehören ganz besonders die Berge 
von Frauendorf, Stolzenhagen, Scholwin bis herab an das 
Oderufer zu den Dörfern Zullchow, Bollinken, Herrnwiese, 
Gotzlow, Glienke, Kratzwyk, Kavelwisch. 

Vergleichen wir mit diesen Verhältnissen diejenigen des 
rechten Oderufers, so treffen wir gegenüber von Schwedt 


*) Deutsche geologische Zeitschrift, Jahrg. 1863, S. 442. 


784 


zunächst die ziemlich steilen Höhen von Kranig. Von hier ab 
bleiben die Uferränder eine Strecke weit etwas ebener, unter 
geringer Böschung zur Oder abfallend, von weniger tiefen Sei- 
tenthälern und Schluchten zerrissen. Erst wenn man der 
Windmühle von Hohen-Zahden sich nähert, wird das Ufer 
wieder hügeligter, und das Dorf Klütz, fast der genannten Mühle 
gerade gegenüber, 206 Fuss über der Oder gelegen, bezeichnet 
ziemlich deutlich die Fortsetzung desselben Höhenzuges auf 
dem rechten Ufer, der auf dem linken Ufer die Umgrenzung 
des Stettiner Reviers bewirkt. Da jedoch auf dem rechten 
Ufer bei dem Dorfe Klütz die auf mehrere Quadratmeilen sich 
erstreckende königliche Forst beginnt, welche durch die Schön- 
heit ihres Baumwuchses den Stolz unserer Gegend und beson- 
ders unserer Forstmänner ausmacht, so ist die genaue Unter- 
suchung aller Bodenverhältnisse wesentlich erschwert, indessen 
treffen wir hier bald auf die der Industrie bereits zugänglich 
gewordenen Braunkohlenablagerungen von Podejuch und Fin- 
kenwalde und die bei diesen Orten liegenden Kalköfen und die 
Cementfabrik, deren Betrieb bereits einen Einblick in die obe- 
ren tertiären Bodenverhältnisse gewährt. Die Gehänge des 
Oderufers bilden hier bis weit in den Wald hinein die ganz 
ähnlichen Unregelmässigkeiten ihrer Bildung, doch wendet sich 
der Höhenzug unmittelbar bei Finkenwalde unter grösserer 
Verflachung seiner Abhänge mehr nach Osten und eröffnet die 
Aussicht in eine weitere Niederung, welche den bei der Stadt 
Damm gelegenen See umzieht, in einzelnen Punkten noch 
untergeordnete geologische Erscheinungen darbietet, im Allge- 
meinen aber für den gegenwärtigen Zweck .ein geringeres In- 
teresse gewährt. r 

Es braucht kaum erwähnt zu werden, dass eine Beschaffen- 
heit der Stromufer, wie sie hier angegeben wird, der Phy- 
siognomie und Profilirung der Gegend einen eigenthumlichen 
Charakter aufprägen muss, und so möchte ich von der hiesi- 
gen Gegend sagen, sie sei in den Ufern des Stromes einiger- 
maassen ein Abbild der beruhmten Ufer des Rheines zwischen 
Bingen und Coblenz, sich von ihnen nur unterscheidend durch 
die grössere Breite des Stromthales, welche hier etwa gegen 
1 Meile beträgt, und durch die verschiedene Beschaffenheit 
der bildenden Bestandtheile. Aber wie dort, treffen wir auch 
hier die isolirt stehenden, oft wenig abgerundeten Kuppen, die 


785 


schrofien Gehänge, die tiefen Schluchten zwischen den einzel- 
nen Höhen, uberall aber an dem Fusse derselben ein mässi- 
ges, allmälig in die weite Wiesenebene des ganzen Thales sich 
absenkendes Vorland. 

Nach dieser allgemeinen Schilderung der: orographischen 
Beschaffenheit der-Oderufer sind nun zunächst die geognosti- 
schen Bestandtheile derselben in’s Auge zu fassen. Sand und 
Thon, die beiden Hauptglieder der Stettiner Tertiär-Formation 
bilden uberall den Kern dieser schroffen, steil abfallenden Ho- 
hen, die fast überall noch in ihren jetzigen Benennungen die 
Gedächtnissnamen ihrer früheren Bedeutung und Bestimmung 
tragen: Weinberg, Schlossberg, Burgwall, Julo u. s. w. An 
verschiedenen Stellen bieten diese beiden mächtig entwickelten 
Glieder selbst in ihrer Zerrissenheit noch jetzt die unverkenn- 
baren Zeichen ihrer früheren regelmässigen Lagerung, gleich- 
wie ihres früheren petrographischen Verhaltens, so dass der 
Eindruck einer früherhin bestandenen, wahren Gebirgsbildung 
sich unabweisbar aufdrängt. An vielen anderen Stellen des 
Reviers sind sie aber im Laufe der Zeit dergestalt in ihrer 
ursprünglichen Beschaffenheit umgeändert, dass erst eine sorg- 
fältige Untersuchung aller in Betracht kommenden, besonders 
genetischen Umstände zu einem richtigen Verständnisse führt. 
Ueberall aber vermisst man in diesen vereinzelten Hohen, 
Kuppen, Schluchten u. s. w. eine wahre, sich überall gleich- 
mässig- und übereinstimmend darstellende Lagerung und Schich- 
tung, so dass es gänzlich unmöglich ist, von einem einzigen, 
allenfalls nachweisbaren derartigen Verhältnisse mit nur eini- 
ser Wahrscheinlichkeit des Erfolges auf ein anderes benach- 
bartes zu schliessen. Nur nach einer ganz allgemeinen, in 
grossartigerem Maassstabe aufzufassenden Anschauung und 
unter Zuhulfenahme entfernterer Entdeckungen und Ermitte- 
lungen ist es möglich, die Ueberzeugung zu gewinnen, dass 
diese zerrissenen Uferränder ein Trümmerwerk der umfassend- 
sten Art darstellen, und dass erst nach ganz allgemeiner Auf- 
fassung ein einigermaassen ‘sicheres Lagerungsverhältniss auf- 
gestellt werden kann. Was die einzelnen Erscheinungen be- 
trifft, welche sich hierbei der Beobachtung darbieten, so ist 
zwar in meinen früheren Mittheilungen angegeben worden, dass 
durch Bohrungen, welche in etwas weiterer Ferne von den 
Gehängen des Oderufers angestellt wurden, die allgemeine 


786 s 


Lagerung derartig ist, dass unmittelbar unter dem Diluvium 
der Septarienthon und unter diesem erst der Glimmersand 
lagert, gleichwie an den Stellen, wo das Diluvium abgespült 
oder spärlich abgelagert ist, der hervortretende Thon die Frucht- 
barkeit des Bodens begründet; dieses Lagerungsverhältniss 
schliesst aber nicht aus, dass in den zertrummerten Oderufern 
das entgegengesetzte Verhältniss auftritt, ja es liegen Thon und 
Sand dergestalt neben einander, dass an schmalen Wänden 
. die eine Seite vom Thon, die andere vom Sande gebildet wird, 
dass der Sand den Thon überlagert oder in ihn bruchstück- 
weise eingebettet ist und umgekehrt, ja dass beide zertrümmert 
über dem wagerecht darunter lagernden Diluvium liegen, wo- 
bei dann die an ihnen oft noch wahrnehmbaren Streichungs- 
oder Schichtungslinien in den abweichendsten Richtungen zu 
einander getroffen werden. Mehrere dieser Einzelheiten sind 
von mir in meinen früheren Mittheilungen erwähnt worden, es 
möge indess hier noch gestattet sein, zu erwähnen, dass ähn- 
lich wie bei Kavelwisch gelber tertiärer Sand über wagerechtem 
Diluvialsande, so auch der bei Curow in der Ziegelei verar- 
beitete Septarienthon einer neueren Bloslegung zufolge über- 
wagerecht geschichtetem Diluvialsande lagernd gefunden wurde, 
und dass bei der neuen Cementfabrik „‚Stern“ zu Finkenwalde 
über diluvialem Sande Septarienthon lagert, aus welchem sogar 
einige der bezeichnenden Conchylien gewonnen wurden, und 
dass dieser Thon wieder von Kreide überlagert wird, ein 
Verhältniss, welches demjenigen im „Thal der Liebe‘ bei 
Schwedt gefundenen ähnlich ist, wo Kreide über Braunkohle 
lagert. Auf der Höhe der eben genannten Cementfabrik lagert 
dann wieder Septarienthon zwischen diluvialem Sande und bil- 
det eine tiefe Grube, den sogenannten Hertha-See, welcher 
nichts Anderes ist, als ein jetzt ausgebeutetes früheres Kreide- 
geschiebe, worin die Spuren und Ueberreste noch jetzt in der 
Tiefe bemerkbar sind. Kurz, wohin man blickt, wo man in 
die Tiefe dringt, überall ist nichts als die grossartigste Zer- 
trümmerung auch der älteren Formationsglieder, verbunden mit 
der grossartigsten Verwerfung der kolossalen Trümmer. 

Was aber nun für die fernere Deutung dieser Zerstörun- 
gen bezeichnend wird, das ist die Ausbreitung derselben 
nach Osten und Westen, je mehr man sich vom Oderthale 
nach beiden Richtungen entfernt. Hier tritt uns, um Aufschluss 


787 


zu gewinnen, vornehmlich das rechte Ufer erläuternd und be- 
lehrend entgegen. Je mehr man nämlich landeinwärts gegen . 
Östen vordringt, um so mehr fängt die Gegend an in ihrer Zer- 
rissenheit nachzulassen, und obgleich Hugelungen und Schluch- 
ten noch bis etwa auf eine Viertelmeile hinein, oft sogar in 
ziemlich bedeutender Weise auftreten, so wird sietloch jenseits 
dieser Entfernung im Allgemeinen ebener, bis sie endlich in 
die allgemeine Beschaffenheit der gewöhnlichen Profilirung über- 
geht. Weit mehr aber als die Oberfläche geben nunmehr sehr 
bald die Lagerungsverhältnisse der unterirdischen Schichten 
ein überraschendes’ Bild der Regelmässigkeit. Während in der 
Grube ‚‚Gottesgnade“, unmittelbar in den schroffen Gehängen 
bei Podejuch gelegen, die Braunkohle ein so jähes Einfallen 
nach Osten zeigt, dass sie von den Sachverständigen für "ein 
blosses Kopfflötz erklärt wurde, während bei Finkeuwalde die 
verschiedenen Kohlensehurfe der CGementfabrik „‚Stern‘‘ bald 
sattel-, bald muldenförmige Bruchstücke der Kohle darstellen, 
liegt letztere in den Gruben Adolph und Zwillingsstern bei 
Mühlenbeck vollständig regelmässig, so dass nicht allein ihre 
Mächtigkeit, Ausdehnung, ihr Streichen und Einfallswinkel sicher 
festgestellt werden konnten, sondern dass der vollgultige Be- 
weis geführt werden kann, dass die Zerstörung sich nur strei- 
fenformig bis auf eine mässige Parallelausdehnung längs des 
Oderbettes erstreckt. i 
Auf dem linken Ufer ist die Kohle in der Nähe Stettins 
noch nicht als anstehendes Flötz aufgefunden worden, vielmehr 
zeigt sie sich nur in kleineren oder grösseren Bruchstücken 
dem Septarienthone oder selbst den Gliedern des Diluviums 
eingefügt, und verschiedene Versuche von Bohrungen oder an- 
deren Bergwerksunternehmungen haben nur dahin geführt, die 
aufgewendeten Kosten zu beklagen. Selbst der grössere Fund 
von Kohlen in der Nähe des Dorfes Hohen-Zahden, welcher 
seiner Zeit grosses Aufsehen erregte, hat wieder aufgegeben 
werden müssen und kann nach den neueren Ermittelungen nur 
als ein grösseres Fragment angesehen werden. Dagegen bietet 
sich innerhalb -des allgemeinen Feldes der Zertrümmerungen, 
wenn wir dies, wie weiter oben erwähnt, von der Oder bis 
zum Randowthale abgrenzen, die kolossale losgebrochene Ter- 
tiärscholle dar, welche, fast eine Quadratmeile gross, das Hoch- 
plateau bildet, das in meinen früheren Mittheilungen zuerst- als 


788 


nördliche Hälfte des ganzen Stettiner Reviers erwähnt und 
beschrieben wurde, umgrenzt im Osten durch das Oderthal, im 
Süden durch die Grüne Wiese, im Westen durch die Seen und 
Niederungen, welche von hier ab sich bis nach Neuwarp ver- 
folgen lassen, und im Norden durch den Häkelwerksbach.*) 
Auch an dieser Scholle machen sich die vorher vom rechten 
Ufer erwähnten Erscheinungen, jedoch in viel augenfälligerer 
Weise bemerkbar; denn während von dem höchsten Punkte bei 
der Kolonie Vogelsang (400 Fuss über der Oder) nach 
‚allen Richtungen zahlreiche Bäche den Niederungen zuströmen, 
sind die Betten derselben auf der östlichen Seite, also dem 
ÖOderthale zustromend, um so tiefer, schroffer, zahlreicher, die 
Ufer zerrissener, wogegen sie auf der westlichen Seite flacher, 
weniger steil abfallend sind und selbst mehr in reinem Dilu- 
vialboden verlaufen. Die Fläche des Hochplateaus selbst zeigt 
wieder, je naher dem Oderthale, desto .mehr, das Hervortreten 
der tertiären Gebilde, wogegen in weiterer Entfernung nach 
Westen hin, diese mehr und mehr verschwinden, und der Bo- 
den bis in die Niederung nur von diluvialem Sande oder we- 
nigem Lehm gebildet wird. (Dörfer Warsow, Wussow, Pol- 
chow). Nur die mehr am südlichen Abhange des Plateaus ge- 
legenen Ortschaften Nemitz und Zabelsdorf zeigen auf ihren 
Territorien hervortretende Septarienthone. Die Erscheinungen 
aber, welche dieses Plateau in auffälliger Weise darbietet, fin- 
den sich im ganzen Verlaufe des linken Oderufers, nur erfor- 
dern sie nach den Verschiedenheiten der Lokalität eine etwas 
sorgfältigere ‚Behandlung für die Nachweisbarkeit. 

Zur genaueren Charakteristik der ganzen Beschaffenheit 
der Oderufer ist endlich noch die Erhebung derselben über 
dem allgemeinen Niveau der ganzen Gegend zu erwähnen. 
Durch die trigonometrischen Messungen des preussischen Ge- 
neralstabes .ist die Lage Berlins über der Ostsee auf eirca 
70 bis 80 Fuss festgestellt. Dasselbe Niveauverhältniss. findet 
sich auch im Allgemeinen in der ganzen Umgegend Stettins 
vor, wenn man die sandigen Diluvialhügel, die jeden Augen- 
blick unter der Einwirkung der Atmosphäre verändert werden, 
und die Erhebungen, welche in ihrem Inneren Bruchstücke des. 
Tertiären enthalten, ausschliesst. Am deutlichsten und am 


- 


*) Deutsche geologische Zeitschrift, Bd. IX, 1857, S. 327. 


789 


wenigsten der Veränderung unterworfen zeigt sich dasselbe 
jedoch in dem südlichen Theile des Stettiner Reviers, der rings 
von Höhenzugen umgrenzt wird. Gegen dieses allgemeine 
Niveauverhältniss treten nun aber die zerrissenen Oderufer 
entschieden abweichend auf, und namentlich nimmt von Garz 
aus die Erhebung derselben mehr und mehr zu, je weiter sie 
den Lauf des Stromes begleiten, so dass die Höhe von Hohen- 
Zahden und gegenüber bei Klütz bereits 208 und 206 Fuss 
beträgt. Unterhalb sind die Höhen von Frauendorf über Stol- 
zenhagen nach Scholwin in beständiger Zunahme begriffen, bis 
der höchste Punkt in der Mitte des nördlichsten Theils, wie 
dies schon erwähnt, 400 Fuss erreicht. Ganz diesen entspre- 
chend sind die Erhebungen des rechten Ufers, jedoch sind hier 
die einzelnen Punkte noch nicht in gleicher Weise einer ge- 
nauen Messung unterworfen worden. 

Was nun die Beschaffenheit des eigentlichen Oder- 
thales selbst betrifft, so bietet die unbefangene Beobachtung 
auch hier Erscheinungen dar, welche die grösste Aufmerksam- 
keit erregen. Es wurde bereits weiter oben erwähnt, dass von 
Frankfurt und Kustrin ab die ganze Breite des Oderthales 
eine fruchtbare, im uppigsten Kulturzustande stehende Ebene 
bildet. Von Oderberg aber und besonders von Schwedt ab- 
wärts bis zur Mündung desselben in die weite Wasserfläche 
des Dammschen Sees und des Haffs ist dasselbe noch nicht 
bis zu diesem Grade der Trockenlegung vorgeschritten; es 
bildet vielmehr eine weite Wiesenfläche, welche noch jetzt an 
verschiedenen Stellen mit Elsenwäldern bestanden ist und von 
zahlreichen Armen des Oderstromes durchschnitten wird. Für 
den Zweck der gegenwärtigen Untersuchungen bin ich nur im 
Stande diese letztgenannten Theile des Oderthales zu benutzen, 
theils weil sich hier mehr Gelegenheit zu eigenen Beobach- 
tungen überhaupt darbot, theils weil die höher und entfernter 
gelegenen Gegenden nur der grösseren Entfernung von meinem 
- Wohnort wegen zu schwer erreichbar waren. Für diese Zwecke 
genügt aber in dem genannten Theile die Kenntniss der Tiefe 
des Oderthales im Allgemeinen und die Kenntniss der Bestand- 
theile, welche die gegenwärtige Ausfüllung zusammensetzen. 
Als Grundlagen für diese Ermittelungen dienen mir die ver- 
schiedenen baulichen Anlagen grösserer Art, welche besonders 
in der unmittelbaren Nähe der Stadt Stettin im Laufe der Jahre 


| 790 


unternommen wurden, theils weil sie überhaupt ergiebiger sind, 
theils weil in den höher hinauf gelegenen Gegenden, wie 
Schwedt, Oderberg u. A., durch die grössere Austrocknung und 
ackerwirthschaftliche Behandlung die Untersuchung an Zuver- 
läassigkeit verliert. 

Was hier zunächst die Tiefe betrifft, so boten die Brücken 
auf der Chaussee zwischen Tantow und Greiffenhagen die erste 
Gelegenheit, bei Einrammung der Pfähle die Tiefe zu bemessen. 
Da indess die Strasse nur eine für Pferdebetrieb bestimmte 
ist, so können die Brucken nur als leichte Holzbrucken be- 
trachtet werden, bei denen die Befestigung der Pfähle im Bo- 
den nicht weiter nothwendig wurde, als dem angegebenen 
Zwecke entspricht. Den eingezogenen Nachrichten zufolge sind 
die Pfähle durchschnittlich nicht über die gewöhnliche Länge 
ähnlicher Brückenpfähle eingetrieben worden. 

Wichtiger war die Anlage der Eisenbahn zwischen Stettin 
und Damm. Nachdem in der Mitte der vierziger Jahre dieses 
Jahrhunderts die ersten Versuche über die Tragfähigkeit des 
Wiesenbodens unternommen waren, konnte der Bau selbst in 
Angriff genommen werden. Hierbei zeigte sich, dass nicht 
allein bei den Dammschüttungen die aufgehäuften Erdmassen 
an denselben Punkten zu wiederholten Malen spurlos in die 
Tiefe versanken, nachdem sie den Wiesenboden durchbrochen 
hatten, sondern die zum Bau der langen Holzbrücken einge- 
rammten Pfähle reichten ungeachtet ihrer Länge bis zu 60 Fuss 
nicht aus, um die erforderliche Festigkeit zu erlangen, und es 
mussten an vielen Stellen, ja auf längeren Strecken, wie mir 
dies aus den damaligen Mittheilungen der Baumeister noch 
‚wohl erinnerlich ist oft zwei bis drei solcher Pfähle auf einander 
gesetzt werden, deren Verbiudung unter einänder mit eisernen 
Bolzen und Klammern bewirkt wurde. Der nähere, befreundete 
Verkehr, in welchem ich damals sowohl mit den Baubeamten 
als besonders mit dem derzeitigen Ober-Bürgermeister, Geheim- 
Rath MascHE stand, so wie meine damalige Mitgliedschaft im 
Verwaltungsrathe der Eisenbahn und mein lebhaftes Interesse 
an der Förderung des grossartigen Werkes machten mir damals 
eine Menge der von mir gewünschten Nachrichten zugänglich; 
inzwischen bin ich jetzt nicht mehr im Stande die obigen An- 
gaben durch amtliche Belege zu verbürgen, und die Acten sind 
mir jetzt nicht mehr zugänglich, dürften auch rücksichtlich 


791 


mancher hierher gehörigen Einzelheiten nicht mehr existiren. 
Indess geben die folgenden verburgten Nachrichten den Be- 
weis, dass die obige Angabe über die Tiefe der Pfahlbauten 
der Wahrheit nicht allzu fern stehen wird. Innerhalb der 
Stadt Stettin sind nämlich an verschiedenen Stellen Bohrungen 
vorgenommen worden, um nutzbares Wasser zu gewinnen. Die- 
selben sind in meinen früheren Mittheilungen schon ausführ- 
licher erwähnt worden. Jedoch “scheinen mir vorzugsweise 
drei derselben von so grosser Wichtigkeit für den Gegenstand 
zu sein, dass ich sie bis in die Einzelheiten besprechen will, 
welche sich dabei herausstellten, zumal da es mir nachträglich 
gelungen ist, die erbohrten Erdschichten theilweise zur eigenen 
Untersuchung zu erhalten. Das erste Bohrloch, dessen ich 
hier gedenke, ist dasjenige, welches auf dem Hofe der pommer- 
schen Zuckersiederei im eigentlichen Oderthale eingestossen 
wurde; die Arbeit war auf die Gewinnung eines trinkbaren 
und überhaupt für den Betrieb nutzbaren Wassers gerichtet 
und bis auf 140 Fuss Tiefe fortgesetzt, wo sie aufgegeben 
werden musste, weil das Bohrzeug wegen eines härteren Ge- 
steins, welches getroffen wurde, nicht tiefer zu treiben war. 
Durch die Gute der Direktion der Siederei sind mir die bei 
der Bohrarbeit in 21 kleinen Glasgefässen aufbewahrten Pro- _ 
ben der durchsunkenen Erdschichten zur Benutzung überlassen 
worden, und ich gebe sie in der Reihefolge, wie die bezeich- 
nete Tiefe sie ergiebt, wieder: 
bis 134 Fuss fand sich aufgeschütteter Biden, bei der genann- 
\ ten Tiefe mit Pflanzenwurzeln und Holzresten 
durchsetzt; 
bei 16! Fuss grössere Stücke verwittertes Holz; 
bei 24 Fuss grauer, sehr sandiger Thon mit unbestimmbaren 
Schalthierresten ; 
bei 27 Fuss grauer, sandiger Thon, ähnlich dem vorigen, mit 
bestimmbaren Bruchstücken von Leda Deshayes- 


\ 


vana ; 
bei 29 Fuss Quarzsand mit rothen Feldspathbrocken ; 
bei 42 Fuss desgleichen mit kleinen Braunkohlenstückchen ; 
bei 58 Fuss ebenso; 
bei 70 Fuss ebenso; 
bei 74 Fuss grober diluvialer Sand mit kleineren und grösse- 
ren Kiesgeschieben der verschiedensten Art; 


Zi. 


bei 


u 


80 Fuss 


bei 82 Fuss 
bei 92 Fuss 


792 . 


ebensolcher Sand mit grösseren Geschieben nor- 
discher Gesteine bis zur Grösse eines Cubik- 
zolles. Darunter erkennbare silurische Kalk- 
stucke mit Agnostus pisiformis; 

feiner diluvialer Sand; 

ebensolcher Sand mit kleinen Braäunkirkdenkiek: 
chen; 


bei 123 Fuss ebensolcher Sand; 
bei 125 Fuss derselbe Sand mit Braunkohlenstuckehen und 


nordischen Geschieben; 


bei 129 Fuss: ebenso; 
bei 130 Fuss sandiger, blauer Thon mit grösseren Braunkohlen- 


stuckchen; 


bei 132 Fuss grober diluvialer Sand mit Dita a 

bei 133 Fuss ebenso mit grösseren Stückchen Braunkohle; 
bei 135 Fuss diluvialer Sand ohne solche; 

bei 139 Fuss sehr feiner Quarzsand, die Körner von ungleicher 


Grösse, kantig abgerundet, mit vielen Glimmer- 
blättchen und sehr kleinen weissen Kreidekörn- 
chen, auch Braunkohlenpartikelchen, aber nicht 
absolut frei von Feldspathbrocken ; 


bei 140 Fuss sehr feiner, glimmerreicher Quarzsand von fast 


gleichmässigem Korne, mit wenigen sehr kleinen 
Braunkohlenspuren, ohne Feldspath, wie es scheint. 


Die zweite hier besonders hervorzuhebende Bohrung ist 
diejenige, welche im Jahre 1836 auf dem Hofe der Kaserne 
am Schneckenthore unternommen wurde. Sie wurde auf der 
Sohle eines bereits vorhandenen Brunnens bei einer Tiefe von 
24 Fuss unter dem Nullpunkte der Oder begonnen, und die 
erbohrten Schichten ergaben unter dem Nullpunkte der Oder: 


bei 41 Fuss 
bis 44 Fuss 
bis 48 Fuss 
bis 52 Fuss 
bis 60 Fuss 
bis 88 Fuss 
bis 90 Fuss 
bis 105 Fuss 


bei 106 Fuss 


Letten mit Geschieben von 3 bis 6 Zoll Grösse; 
Letten und Sand mit kleinen Geschieben ; 
gelber Sand mit einzelnen Geschieben; 
Letten und Steine; 

scharfen, weissen Triebsand; | 
feinen, weissen, schwimmenden Triebsand; 
Gemenge von Sand und Thon; - 
feinsten, weissgrauen, Triebsand mit Thonschleim 


- 


und einigen Braunkohlenstückchen; ‘ 
schwarzer Thon; 


793 


bei 112 Fuss feinster, weisser, Triebsand mit Kohlenstuckchen; 
bei 114 Fuss Thonadern mit feinem Sande; 
bis 132 Fuss weissgrauer Triebsand, in welchem von 122 bis 
130 Fuss verschiedene Stückchen Bernstein von 
der Grösse einer Erbse bis Bohne gefanden wurden; 
bis 145 Fuss weissgrauer Triebsand mit verschiedenem Gehalt 
an Thon; jetzt traf man einen schwarzen Thon, 
der so bindend war, dass das Rohr nur durch 
Rammen weiter getrieben werden konnte; der- 
selbe hielt 
bis 1684 Fuss an, wo man wieder auf fliessenden Sand stiess. 
Bei 163 Fuss war ein Stuck Bernstein von 2 Zoll 
Durchmesser gefördert worden. Der zuletzt ge- 
troffene Sand wurde in so grosser Menge in das 
Rohr geschwemmt, dass er mit den Schöpfappa- 
raten nicht bewältigt werden konnte. Man ver- 
suchte daher, durch verstärktes Rammen der Röh- 
ren die Schicht schneller zu durchsinken, indess 
widerstanden diese der stärkeren Gewalt nicht, 
° sondern wurden zertrummert, so dass 
bei 192 Fuss Gesammttiefe, von der Oberkante des Brunnens 
gerechnet, die Arbeit aufgegeben werden musste. 
Das dritte Bohrloch ist dasjenige, welches in der grünen 
Schanzstrasse an der Grenze der Neustadt und an dem Be- 
ginne der Senkung des Terrains gelegen ist. Bei der von mir 
aufgestellten Ansicht über die Entstehung des Oderthals halte 
‚ich gerade diese Bohrung für ungemein wichtig, theils weil 
- sie überhaupt die tiefste der hier ausgeführten ist, theils weil 
sie gerade in der Bruchstelle des gehobenen Stromufers liegt. 
Ich gebe die Schichtenfolge nach einem Vortrage, welchen der 
Köhrmeister Prürz, der die Arbeit ausführte, in der hiesigen 
polytechnischen Gesellschaft gehalten hat, welchem ich nur das- 
jenige aus seiner unmittelbaren Mittheilung beifüge, was später 
„noch erbohrt wurde. Der Brunnen wurde anfangs in einer 
Weite von 9 Fuss angelegt und bis zu einer Tiefe von 75 Fuss 
mit Holz -ausgebaut. Da man bei dieser Tiefe einen sehr 
wasserreichen Thon fand (die gewöhnliche Wasserader der 
oberstädtischen Brunnen), so wurden jetzt eiserne, 8 Fuss lange 
und 8 Zoll weite, gegossene Röhren eingesetzt, mit denen man 


. . = . . . a 
bei einer Belastung bis zu 900 Centnern bis zu 280 Fuss Tiefe 
Zeits. d.d. geol. Ges. XVIIl. 4. 51 


7. 


gelangte, wo sie nicht mehr weiter zu treiben waren. Es wur- 
den daher nunmehr schmiedeeiserne Röhren von starkem Eisen- 
blech und geringerer Dimension in die früheren Röhren herab- 
gesenkt und mit: diesen bis zur gegenwärtigen Tiefe  vorge- 
drungen. Die erbohrten Schichten waren: 

6 Fuss aufgeschütteter Boden; 

- bis 30 Fuss Lehm mit Sandadern; 

bis 71 Fuss Thon, worin ein wohlerhaltenes Exemplar von 
Fusus multisulcatus ; 

bis 101 Fuss Triebsand; 

bis 147 Fuss blauer Thon; 

bis 153 Fuss feiner, graublauer Triebsand; 

bis 162 Fuss grauer, sandiger Thon; 

bis 186 Fuss scharfer Sand mit Muschelbrocken und Braunkoh- 
lenstucken; 

bis 256 Fuss grauer, sandiger Thon; 

bis 264Fuss Sand mit verschiedenen kleinen Geschieben von 
Quarz, Kalk, Schiefer und bituminösem Holze; 

bis 275 Fuss Thon mit Sand; 

bis 290 Fuss Kies mit Quarzbrocken und Sand: 

bis 303 Fuss schwarzer Thon; 

bis 335 Fuss blauer Thon mit vielem Sande, kleinen Geschie- 
ben der norddeutschen Diluvialsande und nadel- 
knopfgrossen Muschelfragmenten; 

bis 355 Fuss schwarzer, sehr fester Thon; 

bis 361 Fuss Kreide. 

Mehrere dieser Erdschichten sind von mir persönlich in 
Augenschein genommen und zum Theil selbst untersucht wor- 
den, doch habe ich sie nicht Schicht für Schicht genau verfolgt, 
weil der Anfang des Baues keine von den gewöhnlichen Dilu- 
vialgliedern abweichende Funde gewährte, später die Arbeit 
mehrfach unterbrochen war, während des Sommers 1863 aber 
durch die bevorstehende Versammlung der Aerzte und Natur- 
_forscher meine Zeit zu sehr in Anspruch genommen wurde. 
Jetzt ruht die Arbeit seit längerer Zeit, und es ist wenig Aus- 
sicht vorhanden, dieselbe wieder aufgenommen zu sehen, uu- 
geachtet das Auffinden von Kreide sehr dazu ermuntert. Um 
die Natur und Beschaffenheit dieser Kreide näher bestimmen 
zu können, habe ich dieselbe selbst durch Abschlämmen geprüft, 
und Herr Apotheker MARQUARDT hat dieselbe chemisch unter- 


795 


l 


sucht. Die erstere Operation ergab als Rückstand eine be- 
deutende Quantität diluvialen Sandes und kleiner Kiesgeschiebe, 
zugleich Fragmente von Muscheln, Cidaritenstacheln, Stielgliedern 
von Crinoiden u. s. w. Bei der chemischen Analyse wurden der 
Vergleichung halber auf meinen Wunsch noch einige andere 
pommersche Kreiden untersucht, und es ergaben sich daraus 
folgende Resultate: 
1) Rügener Kreide, bei 100° C. getrocknet, gab 
Kalk Thon 
9259844 102. 
2) Lebbiner Kreide, ebenso behandelt, . 87,3 12,7. 
3) Kreide aus der Wolfsschlucht bei Fin- 


kenwalde . . . 18,69. 21431. 

4) Kreide von der amentierhrils „Stern 
; bei Finkenwalde . . 18:19 225. 

5) Kreide aus dem hole. an ie grü- 
nen Schanze . . ddr AnldiX. 

6) Dieselbe nach der. ae 1 
Bandes. u,"1. a armen: 


Der Thon aus der seen ae ist fast weiss, fuhrt sehr 
wenig Koble; der Thon aus der Lebbiner Kreide spielt sehr 
wenig in’s Graue; dann folgt der noch etwas dunklere Thon 
‚der Kreide aus dem Bohrloche und zuletzt die Kreide von 
Finkenwalde, die einen blaugrauen Thon enthält. Dieser Ana- 
Iyse zufolge steht die Kreide von der Cementfabrik ‚Stern‘ 
derjenigen von der Wolfsschlucht bei Finkenwalde in Bezug auf 
die chemischen Bestandtheile so nahe, dass sie wohl unzweifel- 
haft als identisch angesehen werden können, was auch aus dem 
nahen Aneinanderliegen zu schliessen und von mir auch früher 
so gedeutet worden ist. Es möge hierbei noch erwähnt wer- 
den, dass bei der Oementfabrik aus derselben bereits zahlreiche 
der charakteristischen Kreideversteinerungen ausgewaschen wur- 
den, namentlich Gryphaea vesicularis, Terebratula carnea, pumile, 
elegans,, Ananchytes ovata u. m. a. Die Kreide aus dem hie- 
sigen Bohrloche steht der Lebbiner Kreide am nächsten, und 
es. kann dabei überraschen, wie nahe sie durch das Aus- 
schlämmen des diluvialen Sandes der Finkenwalder Kreide 
tritt. Die wichtige Frage, ob diese Kreide, in welcher das 
Bohrloch gegenwärtig steht, ein blosses Geschiebe sei, oder 
ob sie ‚bereits anstehe, ist bei der Aufgabe der Arbeit freilich 

ol? 


796 


nicht, mehr zu erledigen, indess wird es mir sowohl aus dem 
grossen Gehalte an diluvialem Sande, als auch aus der grossen 
Aehnlichkeit mit der Lebbiner Kreide wahrscheinlicher, dass 
sie aus einem blossen Geschiebe bestehe. Wollte man sie 
unter den jetzigen Verhältnissen als anstehend ansehen, so 
würde eine grössere Aehnlichkeit mit der im Kamminer und 
Saatziger Kreise, höchstens der auf der Insel Gristow anste- 
henden erwartet werden mussen, von welcher sie jedoch wesent- 
lich verschieden ist. 

Fünfzig bis sechszig Schritte von obiger Bohrung entfernt, 
auf dem Hofe der Apotheke „„zum Greifen‘, befindet sich ein 
Brunnen, der nach der Mittheilung des Besitzers derselben, 
Herrn Apotheker MarquArpr, bei 75 Fuss Tiefe ebenfalls im 
Thon ein Wasser gab, welches seiner thonigen Beschaffenheit 
wegen unbrauchbar erachtet werden musste. Die Bohrung 
wurde daher fortgesetzt, und als man bis auf 150 Fuss Tiefe 
gelangt war, füllte sich plötzlich die Röhre mit Wasser bis zu 
dem ungefähren Stande der allgemeinen Wasser oder der ober- 
städtischen Brunnen (zwischen 70—80 Fuss). Dieses Wasser 
war anfangs ebenfalls noch stark thonhaltig, zeigte aber nach 
fleissigem Auspumpen viel Gyps, so dass im Destillirkolben 
bei der Bereitung von Aqua destillata statt des gewöhnlichen 
Kesselsteins sich schöne Gypskrystalle bildeten. Gegenwärtig 
nach mehrjährigem Gebrauche sind die mineralischen Bestand- 
theile ziemlich auf das gleiche Verhältniss aller übrigen ober- 
städtischen Brunnen herabgesunken, und das Wasser ist zu 
allen ökonomischen Zwecken brauchbar. Da die nächstgele- 
genen städtischen Strassenbrunnen nach verschiedenen Rich- 
tungen hin nur die gewöhnlichen Verhältnisse darbieten, so 
kann das in den beiden genannten Bohrbrunnen getroffene 
Thonlager nur in einem grossen diluvialen Thongeschiebe be- 
stehen. 

' Ich halte die bisher angegebenen Thatsachen, denen sich 
noch zahlreiche andere, mit geringerer Genauigkeit aufgenom- 
mene, aber in ihren Resultaten gleiche an die Seite stellen 
lassen, fur ausreichend, um den vollgiltigen Beweis zu führen, 
in wie hohem Grade alle geologischen Erscheinungen, welche 
das Oderthal darbietet, von denjenigen verschieden sind, welche 
oben in Bezug auf Erosionsthäler in diluvialem Boden angegeben 
wurden. Esist nicht eine einzige unter allen Erscheinungen, von 


797 


welcher man eine Uebereinstimmung mit jenen nachweisen 
könnte, wenn man nicht etwa, um doch einen Einwurf zu ma- 
chen, die allerjüungsten geringen Abschwemmungen der Ufer 
dahin rechnen will, welche ein schmales Vorland der Höhen 
bilden, aus ganz bunt durcheinander geschobenem Materiale 
bestehen, sich nicht selten bis über die Wiesen des eigentlichen 
Thales herabsenken, mit der Bildung des grossen, breiten Oder- 
thales zwischen den beiderseitigen Höhenzügen aber gar keine 
Gemeinschaft haben. Eine nähere Vergleichung zeigt dort 
seichte, abgeflachte Ufer mit geringerer Böschung, die sich fast 
gleichmässig wie am Ufer selbst, so in das Flussbette hinein 
fortsetzt, hier jahe, steile Gehänge, welche in geringer Pa- 
rallelrichtung mit dem Thale im schroffsten Absturze bis meh- 
rere hundert Fuss tief fast senkrecht abfallen; dort ebene, vom 
‘ Winde und Wasser abgeschliffene Uferlinien, hier schroffe, 
kuppen- oder domartige Hugel von tiefen, oft erst weiter hinter 
ihnen landeinwärts gelegenen Thälern umgeben; dort Ufer, de- 
ren Inneres die gleichen allgemein verbreiteten Materialien des 
Diluviums in leidlich regelmässiger, übereinstimmender Lage- 
rang in sich schliesst, hier in den kuppenartigen Höhen einen 
dem Diluvium fremden, einer besonderen Gebirgsformation ent- 
nommenen, in sich einigen Kern, der in verschiedenartigster 
Lagerung seiner Schichten das zweifelloseste Bild eines gross- 
artigen Umsturzes der nächstvorhergehenden geologischen Ge- 
birgsformation an sich trägt, überdeckt auf allen Seiten von 
einem durchaus verschiedenen Materiale, welches einer viel 
neueren Epoche angehört; dort Flussthäler, angefullt mit den 
unter einander gespülten Gliedern des Diluviums, hier die sicht- 
baren Trümmer der zerbrochenen Uferränder, gleich den Bau- 
stucken eines mächtigen umgestürzten Mauerwerkes, die der 
gewaltigste Zahn der Zeit, ungeachtet sie der Einwirkung eines 
der mächtigsten Zerstörungsmittel ausgesetzt sind, durch tau- 
sende von Jahren noch nicht aufzulösen und mit anderen Be- 
standtheilen des Bodens zu einem gleichartigen Gemenge zu 
verarbeiten vermochte, wechsellagernd vielmehr mit den reinen 
Schichten des Diluviums und zuletzt mit den jüngsten Forma- 
tionen der Jetztwelt überdeckt! Bei einer unbefangenen Prü- 
fung aller dieser unleugbaren Verschiedenheiten kann man sich 
dem Urtheile nicht verschliessen, dass eine so grosse Ver- 
schiedenheit in der ganzen Bildung, wie in allen einzelnen Er- 


798 | 
scheinungen, unmöglich den gleichen Ursachen ihre Entstehung 
verdanken könne. 

Ebensowenig aber, wie diese Erscheinungen mit den 
Flussbetten oder Flussthälern im lockeren Diluvialboden uber- 
einstimmen, tragen sie die Eigenthümlichkeiten derjenigen Ufer 
und Flussbetten an sich, welche durch Auswaschung harter 
Gesteine entstanden sind, d. h. der Erosionsthäler im harten 
Gesteine, wie sie z. B. die Ufer der Elbe in der sächsischen 
Schweiz oder des Niagara darbieten. Die petrographische Be- 
schaffenheit unserer geologischen Glieder zeigt, dass die locke- 
ren Glimmersande hervorgegangen sind aus der Zertrümmerung 
eines überaus harten Sandsteins, welchen wir noch in den ein- 
zelnen Brucehstucken des grossen Trümmerwerkes wieder zu 
erkennen vermögen, und dessen in früheren Mittheilungen aus- 
führlicher Erwähnung geschehen ist. Nach den Beispielen, 
welche wir an anderen Orten bei ähnlichen Felsarten beobach- 
ten, würde mit Sicherheit angenommen werden können, dass 
die dauernde Einwirkung der Gewässer auch diesen Sandstein 
bewältigt haben würde, gleichwie wir jetzt in den Bruchstücken 
desselben das Wasser als wesentlichstes Auflösungsmaterial 
anerkennen. In diesem Falle aber mussten die Ufer dieselben 
Erscheinungen darbieten, die wir an anderen Orten antreffen, 
wo derselbe Weg der Zerstörung nachweisbar wird; wir wur- 
den hohe, glatte, steil abfallende Wände finden, an denen die 
Wirkungen langsam nagender Gewässer bemerkbar wären, also 
Reibungstlächen, wie wir sie als Wirkungen des Gletschereises 
sehen, selbst Unterwaschungen wurden nicht fehlen dürfen, 
oder im Falle, dass Brüchigkeit des Unterlage-Gesteins einge- 
treten wäre, mussten die Erscheinungen denen ähnlich werden, 
welche der Niagara darbietet; das Oderthal wurde dann bei 
gleicher Tiefe, wie es sich durch die Bohrungen nachweisen 
lässt, lediglich rein diluviale Materialien im innigsten Gemische 
mit aufgelösten Tertiärbestandtheilen, Thon und Sand, darbie- 
ten müssen, höchstens in den oberen Schichten mit Spuren 
beginnender Vegetation wechsellagernd, je nachdem diese durch 
periodisch verschiedenen Wasserstand begünstigt wäre. Nie- 
mals aber würden so grossartige Zerstörungen der Ufer bis 
auf weite Entfernungen landeinwärts mit den vorher angege- 
benen Veränderungen möglich geworden sein, niemals würden 
so grossartige Blöcke des an sich leicht zerstörbaren Thones, 


“ 


799 

nirgend ähnlich :zertrümmerte Bruchstücke des harten Gesteins 
sich haben erhalten können, welche nach allen Anzeichen ihre 
Zerstörung und Auflösung zu Sand erst erfuhren, nachdem die 
grossartigste Zertrümmerung vorangegangen war; niemals würden 
das Oderthal oder seine Uferränder bis auf mehrere Hunderte 
von Fussen hinab die grossen, isolirten Blöcke Thon in sich 
haben bergen und erhalten können, die wir noch jetzt und 
zum Theil in ganz unveränderter petrographischer Beschaffen- 
heit daselbst antreffen. 

Ueber die Art und Weise aber, wie die Entstehung eines 
so abweichend gebildeten Flussthales gedeutet werden könne, 
geben uns die entfernteren Lagerungsverhältnisse unserer Erd- 
schichten Aufschluss, wenn wir diese von einem allgemeineren 
und weiteren Standpunkte aus in’s Auge fassen. 

Durch ältere geologische Untersuchungen GIRARD’s *) ist 
es bereits festgestellt, dass die Aufeinanderfolge der Gebirgs- 
schichten in Norddeutschland von Südosten nach Nordwesten 


vorschreitet; ihre Streichungslinie ist von Nordosten nach Sud- 


westen, ihr Einfallen nach Nordwesten; die Einfallswinkel 
scheinen aber noch nicht überall und übereinstimmend festge- 
stellt zu sein. Was nun die dem Oderthale nahe liegenden 
und zu ihm gehörigen Schichten betrifft, so findet sich, nach- 
dem die durchaus zerstörte und verworfene Parallelstrecke der 
Oderufer verlassen ist, jenseits dieser die erste regelmässige 
Lagerung der Schichten etwa eine bis anderthalb Meile land- 
einwärts auf dem rechten Öderufer in den Braukohlengruben 
von Mühlenbeck, woselbst die fast regelmässig gelagerten Koh- 
lenflötze unter einer Streichungslinie von Nordosten nach Süd- 
westen, jedoch unter einer geringen Neigung von etwa 5 Grad 
nach Südosten, also gerade in der entgegengesetzten Richtung 
einfallen, als das regelmässige Lagerungsverhältniss es erfor- 
dern würde. Auf dem linken Ufer ist nicht nur an keinem 
Punkte ein regelmässiges Einfallen oder Streichen der Schich- 


ten mit Sicherheit nachweisbar, sondern die zertrümmerten 


und verworfenen Bruchstücke der tertiären Glieder senken sich 
so bald von dem höchsten Punkte bei der Kolonie Vogelsang 
(400 Fuss), welchen sie in der Mitte des Hochplateaus einneh- 
men, nach Westen abfallend in die Ebene, dass schon in der 


*) Deutsche geologische Zeitschrift, Bd. I, S. 339 fg., 


800 


Entfernung von kaum einer Viertelmeile die ganze Erhebung 
des Bodens nicht mehr über das allgemeine Niveau von 70 bis 
‘80 Fuss über dem Nullpunkte der Oder herabsinkt, sofort aber 
auch das Diluvium dergestalt die Oberfläche deckt, dass in 
den Höhenzugen nur noch stark mit diluvialem Sande ver- 
 mischte Ueberreste des Septarienthones als oberste Glieder 
erkennbar werden, der tertiäre Sand und Sandstein aber gar 
nicht mehr aufgefunden werden. Regelmässige Lagerung der 
Schichten findet sich auf diesem (linken) Ufer erst in weiter 
Entfernung südlich von Stettin bei dem Dorfe Flemsdorf un- 
weit Schwedt, aber nach PLerrxer’s Mittheilungen *) streicht das- 
selbe in h. 6, also ziemlich genau von Östen nach Westen 
und fällt mit 60—70 Grad gegen Süden ein. Die Kohlenflötze 
in der Nähe der Städte Pyritz und Stargard dürften für die 
gegenwärtigen Untersuchungen als von den Oderufern zu ent- 
fernt liegend von geringerer Bedeutung sein. 

Die unbefangene Prüfung dieser ungewöhnlichen und auf- 
fallenden Lagerungsverhältnisse im Ganzen in Verbindung mit 
der Beschaffenheit des ganzen Oderthales bieten eine so über- 
einstimmende Unregelmässigkeit dar, die Gesammtheit ihrer 
Einzelheiten steht dergestalt nach allen Richtungen hin im 
Widerspruche mit allen Erscheinungen, welche wir bei reinen 
Erosionsthälern anzutreffen gewohnt sind, dass die Annahme einer 
Entstehung des Oderthales auf dem Wege diluvialer Auswa- 
schung gänzlich abgewiesen werden muss, und dass der einzige 
Weg der Erklärung für die Entstehung desselben nur zu der 
Annahme führt, dass das Oderthal eine plutonische Erhebungs- 
spalte ist, bei welcher die Hebung nicht genau senkrecht von 
innen nach aussen erfolgt ist, sondern sich zugleich in gerin- 
gem Grade von Osten nach Westen gerichtet hat, so dass der 
Druck in etwas stärkerem Maasse gegen das linke Ufer als 
gegen das rechte ausgeübt wurde. Nimmt man aber diese Ent- 
stehungsweise zum Ausgangspunkte weiterer Betrachtungen, so 
werden nicht allein alle lokalen Erscheinungen in der unge- 
zwungensten Weise anschaulich, sondern es knüpfen sich daran 
ebenso ungezwungen sehr wichtige Ergebnisse rücksichtlich 
der Zeit der Entstehung und rücksichtlich anderer Thatsachen, 
welche mit den hier sich darbietenden in näherem Verhältnisse 


*) Deutsche geologische Zeitschrift, Bd. IV, 8. 421. 


801 

zu stehen scheinen. Für die Oderufer selbst ist augenfällig 
die Erklärung der furchtbaren Zertrümmerung derselben mit 
ihren in umfassendster Weise sich darstellenden Verwerfnngen 
nicht den geringsten Schwierigkeiten unterworfen, und gleicher- 
weise erklärt sich die ausserordentliche Tiefe der ganzen Spalte 
leicht, da die Mächtigkeit der durchbrochenen Schichten noch 
nirgend weiter als höchstens bis zu den aufgefundenen Braun- 
kohlenlagern nachgewiesen worden, eine tiefere anstehende 
Schicht aber auch hierbei noch nicht einmal aufgeschlossen 
worden ist, alle ermittelten Schichten dagegen den Charakter 
diluvialer Absätze noch nicht eingebüsst haben. Aber auch 
die regelwidrige Lagerung der Kohlenflötze bei Mühlenbeck 
und bei Flemsdorf erklärt sich leicht dadurch, dass die ur- 
sprünglich nach Westen einfallenden Schichten des rechten 
Oderufers durch die Hebung nicht allein bis zur Horizontale, 
sondern sogar noch über diese hinaus bis zum schwachen Ein- 
fallen nach entgegengesetzter Richtung emporgehoben wurden. 
Auf dem linken Ufer musste natürlich der Einfallswinkel nach 
Westen oder Nordwesten noch bedeutender werden, und da 
die Hebung, wie weiterhin noch nachgewiesen werden soll, 
wahrscheinlich mit einer Senkung im Randowthale verbunden 
war, so verschwanden die gesenkten Schichten sowohl dort, 
als auch auf der westlichen Seite des nördlichen Plateaus bei 
Stettin sehr bald in die Tiefe und wurden später vom Dilu- 
vium bedeckt. Auch die ganz abweichende Einfallsrichtung der 
Kohle bei Flemsdorf lässt, sofern bei der Angabe nicht etwa 
ein Irrthum untergelaufen ist, eine Erklärung zu, wenn man 
annimmt, dass mit dem Durchbruche des Haupt- Öderthales 
eine Parallelspaltung im Randowthale erfolgte, von wo aus die 
Hebung dann noch nach Süden fortschritt, wobei jedoch der 
hohe Einfallswinkel der Flemsdorfer Schichten einiges Beden- 
ken erregt. Die vollständige Erklärung wird daher weiteren 
Untersuchungen vorbehalten bleiben müssen. > 

Was die geologische Zeit betrifft, in welche die er- 
wähnte-grosse Katastrophe zu setzen ist, so kann diese nur als 
eine jüngst vergangene angenommen werden, und zwar, da die 
ganze Gegend des unteren Oderthales, gleichwie die weiter 
entfernt gelegenen Gegenden des Landes vom Diluvium über- 
lagert sind, ältere Gebirgsschichten hier aber nicht in Rede 
kommen, ist sie in die Zeit nach Ablagerung des Oligocäns zu 


802 | a: 


stellen. Durch die Bekanntwerdung zahlreicher fossiler Ueber-_ 
reste der untergegangenen Stettiner Fauna ist es festgestellt, 

dass die hiesige Formation dem Mittel-Oligoeän angehört, wo- 
gegen die noch jüngeren, Ober-Oligoecän und Mioeän, hier noch 
nicht mit Sicherheit haben nachgewiesen werden können, un- 
geachtet sie bekanntlich in den benachbarten Ländern, Mek- 
lenburg und Priegnitz, vorkommen. Es muss mithin die He- 
bung nach der Ablagerung des Mittel-Oligocäns und vor der- 
jenigen des Diluviums erfolgt sein. In diese geologische Epoche 
fällt dem gegenwärtigen Standpunkte der betreffenden For- 
schungen gemäss das Hebungssystem der Westalpen, dem die 
jüngsten Hebungen der skandinavischen Gebirge als gleich- 
zeitige angenommen werden. Von letzteren scheint es wenig- 
stens als ausgemacht angesehen werden zu können, dass sie 
erst nach der Ablagerung des Miocäns und jedenfalls vor der 
Ablagerung des eigentlichen Diluviums erfolgt seien. Andere 
noch jetzt in Schweden fortgesetzte Beobachtungen weisen, 
wie bekannt, nach, dass die Erhebung der ganzen skandinavi- 
schen Halbinsel noch dauernd stattfindet, ja es ist als sicher 
anzunehmen, dass diese fortdauernde Hebung im Nordwesten 
der ganzen Halbinsel stärker erfolgt als in der entgegengesetz- 
ten Richtung, und dass sogar im Sudosten an einigen Punkten - 
Erscheinungen beobachtet werden, welche auf eine geringe Sen- 
kung hinweisen. Mit diesen Hebungsverhältnissen Skandina- 
viens stimmen nun aber diejenigen der hiesigen Gegend auf 
das Vollständigste überein; denn auch hier ist die Hebung im 
Norden des Reviers am bedeutendsten (400 Fuss), und ebenso 
ist dieselbe auf der westlichen Seite stärker als auf der ost- 
lichen. Da nun zugleich die Richtung des unteren Oderthales 
mit der Streichungslinie der skandinavischen Gebirge ziemlich 
genau übereinstimmt, so entsteht die an Gewissheit grenzende 
Wahrscheinlichkeit, dass beide einer und derselben geologischen 
Katastrophe ihre Entstehung verdanken. In dieser Annahme 
liegt dann zu gleicher Zeit die Bedingung, dass sich die geologi- 
schen Erscheinungen, welche sich hier an der Ausmundung des 
Oderthals in unverkennbarer Weise darbieten, zugleich im wei- 
teren Verlaufe des Thales nach Süden, und namentlich bis in 
die Mark hinein, verfolgen lassen mussen, und es ist Aufgabe 
weiterer Untersuchungen, diesen Nachweis zu führen. Da in- 
dess der ganzen Natur des Thales und den angegebenen Ver- 


803 


hältnissen gemäss in diesen Gegenden nur die letzten Ueber- 
reste, gleichsam die Ausläufer der Spalte getroffen werden 
können, so werden die Untersuchungen mit etwas grösseren 
Schwierigkeiten verbunden sein, jedenfalls aber würden schon 
die Lagerungsverhältnisse der Braunkohlenflötze von Schwedt, 
Freienwalde und Wriezen mit Nutzen verwendet werden können. 

Das Randowthal, welches schon von GiIRARD a. a. O. als 
ein früherer Arm der Oder angesehen wird und ohne Zweifel 
ein solcher ist, kann der hier aufgestellten Ansicht zufolge 
lediglich als ein grosser, paralleler Seitenspalt neben der durch 
das jetzige Oderthal bezeichneten Hauptspalte betrachtet wer- 
den, so dass aus dem ganzen früher bestandenen Mittel-Oligo- 
cän-Gebiete ein grosses, gleichsam inselförmiges Fragment durch 
die gewaltige Katastrophe der Erhebung ausgesprengt wurde, 
_ im Süden und Westen begrenzt durch das jetzige Welse- und 
Randow-Thal, im Osten durch das Oderthal, im Norden durch 
das Haff. Alle im Eingange der gegenwärtigen Mittheilungen 
erwähnten und petrographisch nachweisbaren Thäler sind aber 
nur als weitere Zertrümmerungen dieser grossen Insel anzu- 
sehen, und unter ihnen stellt die jetzige Niederung der Grünen 
Wiese in ihrem weiteren Verlaufe durch die erwähnten Seen 
bis nach Neuwarp offenbar einen mittleren Nebenarm zwischen 
der Oder und Randow dar. 

Eine grössere Schwierigkeit als die Erklärung der hiesigen 
nächsten Lokalverhältnisse aus der vorgetragenen Ansicht ist 
die Erklärung des Verhältnisses der Ostsee aus derselben. Da 
es jedoch geologisch feststeht, dass mit grossartigen Erhebun- 
gen der Gebirge meistentheils entsprechende Senkungen be- 
nachbarter Gegenden Hand in Hand gehen, so erscheint die 
Annahme zulässig, dass die Ostsee einer solchen Senkung, 
welche in diesem Falle die centrale Erhebung rings umgiebt, 
ihre Entstehung verdanken möge. Dieser Ansicht würde nicht 
allein die Beschaffenheit der schwedischen Küsten das Wort 
reden, die an Zerrissenheit, Schroffheit und Ungleichheit alles 
Erdenkbare übertreffen, wogegen die deutschen Ufer eben, 
sandig, abgeglättet sind, sondern es würde auch die Erschei- 
nung dadurch erklärbar werden, dass die skandinavische Halb- 
insel noch fortwährend emporsteigt, die deutschen Küsten da- 
gegen nicht. 

Für die Beurtheilung aller besprochenen Verhältnisse zu- 


804 


gleich mit Hinblick auf. weitere Umgebungen unserer Gegend 
scheinen noch folgende Umstände in Betracht gezogen werden 
zu müssen. Für die Stettiner Formation ist der Sandstein eines 
der wichtigsten Glieder. Er stellt sich an den verschiedenen 
Fundorten in allen Abstufungen der Härte dar. Soweit meine 
Literaturkenntniss reicht, ist derselbe im Bereiche der märki- 
schen Tertiärglieder noch nicht in gleicher Beschaffenheit wie 
in Pommern aufgefunden werden, und die Magdeburger Sande, 
welche ihm in Bezug auf das geologische Alter gleich stehen, 
sind in Bezug auf Oohäsion unseren Sanden gleich zu stellen, 
welche aus der Zersetzung des harten Gesteins hervorgegan- 
gen sind. Entweder fehlt also das harte Gestein gänzlich, oder 
‚es liegt verhältnissmässig viel tiefer als in Pommern. Dagegen 
traten die Septarienthone überall an die Oberfläche, oder sie 
liegen dicht unter dem Diluvium. Das Letztere ist zwar im 
Allgemeinen auch bei Stettin der Fall, aber die regelmässige . 
Lagerung tritt erst entfernt von den Ufern auf, in deren Ge- 
hängen diese Thone selbst nicht mehr regelmässig gelagert 
sind, und die allgemeine Erhebung hier ist eine bedeutende 
und übertrifft die Niveauverhältnisse der Mark beträchtlich. 
Durch Leor. v. Buch wurde nun zuerst darauf aufmerksam 
gemacht, dass die Oder bei ihrem Austritte aus Schlesien an 
der Grenze der Mark plötzlich ihre bis dahin verfolgte Rich- 
tung von Südosten nach Nordwesten ändert und in fast gerader 
nördlicher Richtung der Ostsee zuströmt. GiRARD*) hat diesem 
Gegenstande eine umfassende Arbeit gewidmet und den fru- 
heren Lanf der Oder durch das Spreethal zur unteren Elbe 
hinuber nachgewiesen. Ebenso hat er für die obere Elbe das 
frühere Bette durch die Oehre und Aller zur Weser nachge- 
wiesen und den älteren Lauf der Weichsel bis zur Oder durch 
das Netze- und Warthethal verfolgt. Verstehe ich dabei seine 
Meinung a. a.0., S. 345, richtig, so spricht er schon dort die 
Vermuthung aus, dass bei der Veränderung des Laufes der ge- 
nannten Strome plutonische Kräfte in’s Mittel getreten sein 
könnten. Setzt man aber die von mir angenommene Aufstel- 
lung mit diesen früher gesammmelten Materialien in Verbin- 
dung, so wird es bei einem prüfenden Blicke auf die Landkarte 
wahrscheinlich, dass das alte Bette der Weichsel nach der 


*) Deutsche geologische Zeitschrift, Bd. I. 


805 


_ Durehströmung der Netze- und Warthe-Niederung ihren Lauf 
noch weiter gegen Westen durch die leichter auflöslichen Thone 
der Mark im jetzigen Finow-Bette bis zur Havel genommen, 
um mit dieser vereinigt sich in den grossen Binnensee zu er- 
giessen, dessen Ueberreste und Grenzen wir jetzt in dem 
fruchtbaren Havellande wieder zu erkennen vermögen, von wo 
aus dann der allgemeine Wasserabfluss der ostwärts herkom- 
menden Ströme durch die jetzige untere Elbe oder frühere 
untere Oder erfolgte. Als nun später die jetzige untere Oder- 
spalte sich aufriss, stürzten die Gewässer der Weichsel zu- 
nächst in die doppelten neuen Betten der Oder und Randow, 
von denen das letztere als flacheres, mit schrägeren Ufer naus- 
gestattete Nebenbette später wieder versandete, wogegen das 
Hauptbette Stand hielt und die Strömung zum Meere führte, 
Indem aber die Spalte noch weiter nach Suden vorschritt, 
wurden auch die Gewässer der aus Schlesien kommenden Oder 
nach Norden geleitet,. bis endlich überall die Ablagerung des 
Diluviums die jetzt noch sichtbaren Umwandlungen allmälig zu 
Stande kommen liess. Zu letzteren gehören die Versandungen 
fast aller Nebenspalten, welche weiter oben aufgeführt wurden 
und die Bildung der Wasserscheiden in ihnen, die dadurch 
hervorgebrachte Deltabildung, auf der die Stadt Stettin mit 
Grabow steht, die Ausfullung des grossen Oderthales selbst 
mittelst diluvialer Schichten, welche mit Thonbänken der zer- 
trümmerten Fragmente der grossen Septarienthonmassen wechsel- 
lagern, und deren grosse Fragmente wir im Diluvium überall 
in kuchenförmiger oder muldenförmiger Gestalt antreffen, und 
die ich in dieser Umänderung, da sie stets mit diluvialem Sande 
gemischt sind, mit dem Namen der diluvialen Septarienthone 
oder der unreinen blauen Thone zu bezeichnen pflegte, da sie 
sich von den in einzelnen grossen Blöcken abgelagerten, sand- 
freien, reinen Septarienthonen, in welchen die Septarien selbst 
in trefflichster Lagerung angetroffen werden, wesentlich unter- 
scheiden. 

Seit ich zuerst die hier weiter ausgeführte Ansicht der 
Oeffentlichkeit übergab, *) hat auch Herr Dr. Born in Neu- 
Brandenburg in Folge seiner Studien über die Ostseeländer 
seine Ansicht dahin ausgesprochen, dass das Oderthal eine 


*) Deutsche geologische Zeitschrift, Bd. XV, 1863, S. 452, 


806 


Hebungsspalte sei. *) Da derselbe ohne die genaue Kenntniss 
der hiesigen Lokalität und von anderen Vordersätzen ausgehend 
zu demselben Resultate gelangt ist, wie ich selbst durch die 
unmittelbare Anschauung, so gewinnt die ganze Auffassung 
wesentlich an wissenschaftlicher Sicherheit. Um dieselbe in- 
dess zu einer allgemein angenommenen wissenschaftlichen That- . 
sache zu erheben, werden noch weitere Untersuchungen noth- 
wendig werden, und es ist namentlich im höchsten Grade 
wünschenswerth, festzustellen, wie die Parallelstrome der Oder 
— Weichsel und Elbe — sich in- dieser Beziehung auf den 
betreffenden Strecken ihrer Ablenkung vom früheren Laufe, also 
von Bromberg bis zur See resp. von Magdeburg bis in die 
Gegend von Havelberg und Wittenberge, verhalten. Wahr- 
scheinlich werden die Hebungserscheinungen nicht in ebenso 
vollständiger Entwickelung erkennbar sein, da beide Ströme 
gleichsam nur die Nebenwirkungen der eruptiven Thätigkeit 
erfahren haben, und wurde dieser Umstand bei den Untersu- 


chungen nicht aus den Augen zu verlieren sein. 


*) Meklenburgisches Archiv für 1869. 


807 


7. Analyse der Glimmer von Utö und Basten und Be- 
merkungen über die Zusammensetzung der Kaliglimmer 
überhaupt. 


Von Herro €. Rammeıssere ın -Berlın. 


Keine der grossen und wichtigen Mineralgruppen bietet 
in krystallographischer, optischer und chemischer Hinsicht so 
viel Eigenthümliches und zum Theil Unerklärbares, wie die 
Glimmer. Ihre Structur und ihre meist wenig messbaren 
Krystalle liessen sie lange für sechsgliedrig halten; eine gut 
krystallisirte Abänderung (vom Vesuv) wurde als zwei- und 
eingliedrig erkannt, später für _zweigliedrig-partialflächig er- 
klart, bis sich zeigte, dass ihre Form geometrisch in aller 
Strenge ebensowohl sechsgliedrig, als zweigliedrig oder zwei- 
und eingliedrig gelten könne. 

Uebrigens ist neuerlich die angebliche zweigliedrige Partial- 
flächigkeit durch ann Beobachtungen widerlegt (Hrs- 
SENBERG). 

In optischer Beridhind unterschied man lange ein- und 
zweiaxige Glimmer. Allein man nimmt jetzt gewöhnlich an, 
dass die anseheinend einaxigen solche sind, deren beide Axen 
einen sehr kleinen Winkel machen, da man gefunden hat, dass 
optisch zweiaxige Blättchen, in einer um 90° gekreuzten Stel- 
lung auf einander gelegt, so dass die Ebenen ihrer optischen 
Axen sich gleicher Art schneiden, die Erscheinungen optisch 
einaxiger Krystalle zeigen. ' : 

Aber nicht allein ist der Winkel der optischen Axen bei 
den Glimmern ein äusserst veränderlicher, von 0° bis 77° ge- 
hend, obwohl die Mittellinie immer senkrecht zur Spaltungs- 
fläche steht und negativ ist, sondern die Ebene der optischen 


808 


Axen ist bei manchen Glimmern senkrecht gegen diejenige 
anderer. Die Untersuchungen lassen erkennen, dass solche 
verschiedene Glimmer, verschieden in der Grösse des Winkels 
und in der Lage der Ebene der optischen Axen, an einem 
Fundorte vorkommen (WARWwICcK). 3 

Unwillkürlich erinnern diese Verhältnisse der Glimmer 
an die von ScaccHı zur Sprache gebrachten Fälle von Poly- 
symmetrie. Das zweigliedrige, optisch zweiaxige schwefelsaure 
Kali ist geometrisch gleich dem schwefelsauren Kali -Nairon, 
welches sechsgliedrig und optisch einaxig ist. Wenn dies be- 
weist, dass die künstlichen Abtheilungen, welche wir den Sym- 
metriegesetzen der Krystalle anpassen — unsere Krystallsysteme 
—, dem Reichthume der Erscheinungen nicht Genüge leisten, 
so müssen die Glimmer besonders zu einem weiteren Studium 
anregen, und es wäre wohl denkbar, dass es unter ihnen auch 
wahre optisch einaxige gäbe. ; 

Die chemische Unterscheidung der Glimmer erfolgt 
vorläufig am besten nach der Natur der sogenannten starken 
Basen, welche die Analyse aus ihnen darstellt. Denn finden 
wir auch manche derselben in allen Glimmern wieder, so tritt 
doch eine in der Regel bei einer ganzen Abtheilung als herr- 
schend hervor. 

Alkaliglimmer nenne ich daher solche, welche durch 
ein Alkali charakterisirt sind. Unter ihnen sind die wichtig- 
sten die Kaliglimmer von heller Farbe, 46 — 50 pCt. Kiesel- 
saure und im Mittel 10 pCt. Kali gebend, neben ihm nur 
wenig Magnesia und höchstens 8 pCt. Eisenoxyd. Viele 
scheinen nur Spuren von Natron, einige bis 5 pCt. zu ent- 
halten. Fluor ist wohl, wenn auch nur in kleiner Menge, doch 
wahrscheinlich in allen enthalten, und vom Wasser, glaube 
ich, gilt dasselbe. Der Winkel ihrer optischen Axen ist. gross. 

Die Natronglimmer (Paragonit), feinschuppige, helle 
Glimmer, sind bis jetzt wenig bekannt. Ausser Natron, dem 
stets Kali beigesellt ist, sind kaum andere starke Basen darin 
enthalten. i 

Die Lithionglimmer, optisch den Kaliglimmern gleich, 
enthalten neben vorherrschendem Kali auch Lithion und Na- 
tron und sind durch ihren hohen Fluorgehalt und ihre Schmelz- 
barkeit ausgezeichnet. Theils eisenfrei ( Lepidolith), theils 
eisenhaltig, entbehren sie aller anderen starken Basen fast ganz. 


809 


Vor Kurzem habe ich zwei Kaliglimmer untersucht, den 
goldgelben von Utö, den H. Rose vor 50 Jahren in BerzeLıus’ 
Laboratorium analysirte bei Gelegenheit der Arbeit, welche 
ihn zur Entdeckung des Fluors in den Glimmern führte. Ich 
wünschte zu wissen, in wie weit die Fortschritte der Mineral- 
analyse bei einer Wiederholung Aenderungen des früheren Re- 
sultats bewirken können, was in’s Besondere fur Fluor, Wasser 
und die Alkalien in Frage kommt. 

Der zweite ist hellbräunlicher, in dünnen Blättchen farb- 
loser Glimmer, der, von Orthoklas und Quarz begleitet, in 
grossen sechsseitigen Prismen zu Easton in Pensylvanien vor- 
kommt. 

Das Volumengewicht des Glimmers von Utö ist —= 2,836, 
des von Easton = 2,904, und das Resultat der Analysen, wo- 
bei ich H. Rose‘; s Zahlen beifüge ist: 

Uto Easton 
H. Rose 
Masger;s :.! = 19:91, 2.923,30 2,50 - 3.96 
Bier ba: ,;....:.0,96 1,32 1,05 
‚ Kieselsaure . .. . ...47,50 45,75 46,74 


Ehonerde usa: 35848420 395,48 35,10 
Bisenaxyd.. ur 20.2. 8,20 1,86 4,00 
Eisenoxydul . . . _— 1,93 
Manganoxydul . . " 0, 90 0,52 —— 

Masnesa,. ..0. .. 0. 0,42 0,80 
Bat Dee. .....%..9, ‚60 10,36 9,63 
Natronss.t, + 4.0 u... — 1,58 Spur 


101,66 3923 10221 
Der Glimmer von Utö enthält so wenig Eisen, dass eine 
besondere Prüfung auf die Oxyde desselben nicht nöthigist. Was 
zunächst den Glimmer von Uto betrifft, so stimmen H. Rose’s 
und meine Analyse in dem Verhältnisse von Kieselsäure und 
Thonerde sehr genau überein. Es ist nämlich 
Al:Si=1:2,18 At. bei H. Rosz, 
| —1 2,20: At,»bei mir. 
Auch wenn das sämmtliche Eisen als Eisenoxyd voraus- 
‚gesetzt und sein Aequivalent dem Al hinzugerechnet wird, bleibt 
das Verhältniss ziemlich unverändert, trotzdem H. Rosz fast 
doppelt so viel Eisen (2,24 pCt.) fand als ich (1,3 pCt.); es 
wird nämlich: | 
Zeits. d.d. geol. Ges. XVIII.4. n 52 


810 


(Al, Ee):Si=1: 2,07 H.R. 
| == It. 2/l33»Re; 

Anders aber gestaltet sich das Verhältniss des Kaliums 
zu jenen beiden Elementen. Denn jenes ist bei H. Rose 
= 7,97, bei mir aber, mit Zurechnung des Natriumäg., = 10,60, 
d. h. ich habe $ mal so viel gefunden als H. Rose. Auch- 
wird diese Differenz nicht ausgeglichen durch die kleinen Mengen 
Mangan und Magnesium, welche bei mir = 1,39, bei H. Rose 
nur = 0,9 Kalium sind. Daher kommt es, dass das Atomen- 
verhältniss K (Na, Mg, Mn): Al oder Si in beiden Analysen 
nicht unerheblich differirt. Es ist namlich: 

K.Al,(Ee) = 1:1,10° .-K: ss = PS 3ER. 
— 16 — Leo: 

Wird das Eisen als Oxydul berechnet oder, richtiger ge- 
sagt, als zweiwerthig dem Mangan und Magnesium zugetheilt, 
so ist nach seiner Verwandlung in das Kaliumäquivalent: 

K«Fe):Al=1:1,1&% KiFe): Ss =1:2,@u 
1:29 =1:3,9 Be 

In der früheren Art in Sauerstoffverhältnissen ausgedrückt, 

würden diese Berechnungen geben: Sauerstoff von 


(H. Rose) (RAMMELSBERG) 
R:R=1: 9,6 1: 70 
R:Si=1: 1,38 1: 1,42 
R:Si=1:13,2 1:10 
R, R:Si=1: 1,25 1: ‚1,24 
also: 
R:R:Si=1: Be ee 
Oder, wenn das Eisen lediglich als Oxydul berechnet wird: 
(H. Rose) (RAMMELSBERG) 
R:Al=1:7 1.,5,9 
M1:Si=1: 1,45 1-35 
R:Si=1:10 1:8,65 
R, ÄAl:Si=1: 1,27 1: 1,26 
also 
RER 10 8,65 
REA1I,SI LT: 1: 1 5,9: 1 gran 


810.15 


81l 


Bei diesen Berechnungen ist aber auf das Wasser keine 
Rücksicht genommen. H. Rose hatte bereits das Wasser als 
chemisch gebundenes bezeichnet, und ich habe mich überzeugt, 
dass die Glimmer, nachdem sie bei einer dem Glühen nahen 
Temperatur erhalten worden, in starker Hitze oft eine bedeu- 
tende Menge Wasser liefern, welches von Fluorkiesel oder 
vielmehr Kieselsäure und Kieselfluorwasserstoffsäure begleitet 
ist. Bei dem Glimmer von Utö betrug dieser Verlust 4,3 pCt.*). 
Rechnet man die dem gefundenen Fluorgehalte entsprechende 
Menge Fluorkiesel ab, so bleiben 2,3 pCt. Wasser. 

Den neueren Ansichten zufolge ist der Wasserstoff des 
Wassers ein Vertreter des gleich ihm einwerthigen Kaliums; 
er muss folglich bei der Berechnung diesem zugefügt werden. 
Thut man dies bei den beiden von mir untersuchten Glimmern, 
so werden die Atomverhältnisse viel einfacher wie sonst. 

Atomverhältniss von 


Bu. 220.K,:Al:;Sı H.K:Al: Si 
Be 0473°7),20,86. 712,193 = 1,65#1 :2,13 
Bastom- 1,0) »0,8 2:1 2212 = 1,8: 1 :2,12: 


Mit einer kleinen Correktion für die am schwersten genau 
bestimmbaren Elemente H und K sind also nicht allein beide 
Glimmer gleich, sondern auch höchst einfach zusammengesetzt, 
denn das Atomverhältniss 2:1:2 giebt, wenn H=K, 


H 
K 


Al | 
Si? 


Mit der Analyse der Glimmer von Aschaffenburg und von 
Gossen beschäftigt, hoffe ich später über die chemische Oon- 
stitution der Kaligllmmer mehr sagen zu können, will aber 
schon jetzt bemerken, dass die Glimmer von Utö und Easton 
mit der Mehrzahl aller anderen 1 Atom Al (Fe) gegen 2 Atome 
Si, eine Minderzahl 1:3 Atome enthalten, und dass in jener 


O°, entsprechend 2H' SiO%. 


*) Die Angaben älterer Analysen lassen sich schwer corrigiren, 
H. Rose fand im Glimmer von Utö 0,53 pCt. Flusssäure und 2,63 Wasser. 
Diese Zahlen wären in 0,96 uud 2,3 zu verwandeln. 

**) Diese Zahlen sind in der Wirklichkeit sicher grösser, weil der 
geglühte Glimmer nicht alles Fluor verloren hat. 


52* 


812 


ersten Abtheilung But 1 Atom Al(Fe) stets 2 Atome der ein- 
werthigen Elemente, K und H, kommen. ’ 

Verwandelt man in der eben entwickelten Formel die 
2 Atome einwerthiger Elemente (K und H) in ihr Aequivalent, 
d. h. in 1 Atom eines zweiwerthigen, z. B, Magnesium, so 
‘erhält man Mg Al Si’ O°. Beide Formeln drucken die Zusam- 
mensetzung von Singulosilikaten aus. 

Nun habe ich langst zu zeigen gesucht *), dass die Magnesia- 
slimmer Singulosilikate sind. Die vorhergehenden Betrachtungen 
lehren, dass auch die untersuchten und noch viele andere 
(vielleicht alle) Kaliglimmer Singulosilikate sind. . Es ist meines 
Wissens dies der erste auf factischen Grundlagen ruhende 
Schritt, die Analogie der Zusammensetzung für beide Glimmer- 
arten zu erweisen. 


*), Handbuch der Mineral-Chemie, S. 669. 


I. Namenregister. 


A. hinter den Titeln bedeutet Aufsatz, B. briefliche Mittheilung, P. Pro- 
tokoll der mündlichen Verhandlungen. 


Seite 

Ahr, Muscheikafk bei Saarbrücken .B. . rasen Dh. 19010,4 A00 

Bsnm, Ueber die Bildung des unteren Bdecchal. A, DERNDRE 727 

Benenot, Marine Diluvial-Fauna in West-Preussen. A. . . . . 174 

Beyrıcn, Nekrolog auf Panner und Hagenow. P. . ... 1 
— Marine tiluvial-Fauna im Weichselgebiet und dorinischen 

SastembeiaMagdesprungr! Prul I vor „usstapiih gob, 19083 716 

— Carcharodonzahn von Freienwalde. P. . 2 2 2 2.220.2.088 

— Rauckwacken des südlichen Harzrandes. P.. . . . 391 
BöLscue, Die Korallen des norddeutschen Jura- und Pireies@es 

binges»s! AR 333); ER 


H. Creonst, Geognostische Size) aus yreinteh, "Nordamerika: ZEN 207, 
Eck, Sandstein von Piekar und Koslawagura in Oberschlesien ; über 


das Bildungsalter des Galmei in Oberschlesien. P. . . . .179 
— Versteinerungen im Grenzdolomit von Bayreuth... P . . . .. 38 
— Ueber die Reichensteiner Quarzzwillinge. A . .. .. 426 
- Notiz über die Auffindung von Conchylien im niittieren Bei 

schelkalke bei Rüdersdorf. A. . . . A Dilosiieargogr 659 
v. EıcuwaLn, Ueber die Neocomschichten Eisslände A. RED AS 


v. Gaoppeck, Ueber die Erzgänge des nordwestlichen Oberharzes. A. 695 
Günssr, Ueber das Vorkommen hohler Kalkgeschiebe in Bayern 4. 299 


v. Heımersen, Ueber neue Mammuthreste in Sibirien. B. . . . 653 
v. Kossen, Ueber einige Aufschlüsse im Diluvium südlich und öst- 
lich von Berlin. A... 2 FTIR AA REBEL A -20 
— Ueber Gastropoden im Hitteloltgocän. a Nr 198 
-- Ueber das Alter der Tertiärschichten bei Bünde in WWestpha- 
leute rA.n9078u ae are Bobo 2. 4.8:8287 


Kuxtn, Ueber die von GerHarnp RokHtrs auf der Reise: von Tripoli 
nach Ghadames im Mai und Juni 1805 gefundenen Verstei- 
Berungen A... en. Nalllecsciil areas 


814 


Lasınp, Diluvium. in Westphalen. IB, Sin. „u... u re 

— Trias in Helgoland. P., ee... 

LAspEyBEs, Ueber Hohlgeschiebe,. PL ....: ..... .. ma 

—  Pfälzische Eruptivgesteine. P. 2 

— Beiträge zur Kenntniss der vulkanischen Gesteine ak Nikae 
rheins. A. a 

Lurtter, Fossilien von Rüdersdorf P. 

v. D. Marc, Kreide in Westphalen. P. 

Meyn, Ueber Schleswig-Holstein. P. 

Ranmmeısßerg, Ueber Kainit. P. 

— Ueber Xonaltit. P. 

— Ueber das Buntkupferz von ro in ifexiko Ana 8 Bin: 
stitution dieses Minerals überhaupt A. N 

— Ueber den Castillit, ein n.ues Mineral aus Mexiko. A. 

— Ueber den Xonaltit, ein neues ee Kalksilikat und 
den Bustamit aus Mexiko. A. 5 

— Ueber die chemische Natur der Heidepathe, mit ; Rücksicht anf 
die neueren Vorstellungen in der Chemie. A... . ». 2... 

— Ueber den Enargit aus Mexiko und einen neuen Fundort des 
Berthierits. A RT arten nr vuubiill Sb ee 

— Ueber Cottait, Carlsbader Zwillinge, Brushit, Metabrushit, 
Zeugit, Ornithit, Eozoon canadense. P. ; 

— Ueber die Bestimmung des Schwefeleisens in Mefeaniten. A. 


— Ueber den Glimmer von Utö und Easton und Bemerkungen. 


über die Zusammensetzung der Glimmer überhaupt. A. 

vom Rarn, Mineralogisch-geognostische Fragmente aus Italien. A. 

R. Rıcuter, Aus dem thüringischen Schiefergebirge. A. 

F. Rosmer, Devonisches System am Altvatergebirge; Skelet von 
Vespentiie murinus im Galmei Oberschlesiens; fossile Spinne 
im Steinkohlengebirge. P£. L 

— Ueber die Auffindung des entäsheh Kalksteinsehichanen bei Sie- 
wierz im Königreich Polen. A. & IE: ; 

— . Neuere Beobachtungen über das Vorkommen mariner neh 
lien in dem oberschlesisch-polnischen Steinkohlengebirge,. A. 
Geognostische Beobachtungen im Polnischen Mittelgebirge. A. 

6. Rose, Geschiebe von Wollin. P. 

— Sublimirte Silikate der Eifel. ?. 

Rort#, Graptolithen bei Lauban. P. 

—  Vesuvkarte von Le Hon; onptikeesteirte der Eifel, Ba P. 

A. Sıpeseck, Kalkführung im Eulengebirge. P. 

— Ein Beitrag zur Kenntniss des baltischen Jura. A. 

— Jura in Pommern. P. } Fir 

-— Ueber die von Steuoxer aus Afrika nesähicktem Fossilien. P. 

U. Scuröxsgacn, Ueber die Brachiopoden aus dem unteren Gault 
von Ahaus in Westphalen. A. . nz R 

ScuLürter, Die Schichten des Teutoburger Waldes bei Altenbeken. A. 

WDEEBACH, . Tijasfossilien. .. Be 4... 2.2 4 2 un sun 22 Rise 


393 
691 


807 


409 


815 


v. SerBacH, Die Zoantharia perforata der palaeozoischen Periode. A. 


— Vorläufige Mittheilung über die typischen Verschiedenheiten 
im Bau der Vulkane und über deren Ursache. A, 

SerrLo, Steinsalz in Lothringen. P. 

— 2 Nekroioe auf Lormmer: "Po: ... .. 

StaPFF, Ueber die Entstehung der Seeerze.. A a ie 

Tamnau, Essbare Erde von Ceram, Coeos-Perlen, Edelsteine von 
Ceylon. P. - 
Bleöieknzkrystalle von Bleialf, P Er 

v. Unger, Septarienthon in der Provinz Hannover. 2. 

Wessky, Silbererze von Kupferberg in Schlesien. B, 


Bee ee ee en 00, een RE 


—  Kıystallisirte Schlacke. P. £ 
— Ueber ve Cızancourt’s Annahme von zwei Hofröprchen Zur 
ständen des Eisens. P. 


Weiss, Rothliegendes im Kohlengebirge Bei Sonrhlcken 52202: 


ZEUSCHNER, Ueber die rothen und bunten Thone und die ihnen 
untergeordneten Glieder im südwestlichen Polen. A... 


- 


Il. Sachregister. 


Seife Seite 
Acanthodes-Schichten beiSaar- |: Berthierit ss Safe ee 244 
brücken.. . un 406,,.)|;;Bollicame „>; ERS & 
Alaunstein von Tolfa . . 598 |  Bonebed im Teutoburger e 
Albaner Gebirge . . . . 510 | Walde ".- 20 = enge 
Alıt. +4». ERIT Braceiano' '? Pe23ugusgEre ul 
Ambilypterus nemopterus . 405 Brevismilia conica . . . . 469 
Ammonites angulatus . . 42 Brushit.. . .. So wrsere s 
= Barmasısı a... Vereine Buntkupfererz . . 19 
— WAuerbachi 20,2 Buntsandstein im Polnischen 
—aBizchu, 2..02..2 2,00 el er FB 
—. Coaninefoni ..- .. .2.22264 Bustamit . . ee 
— een 2200.20 %.0264 
— «Gmündenss . .. ..4 Camarophoria polonica . . 676 
— =Jamesoni =; 2230 | Campagna di Roma . . . 487 
—s, Mayorıanusı.. 2072.82 Candona ...: „un 2 2 
— obliquestriatus . . ..49 | Carcharodon: u Se 
= Oppelir 0.0 2 um eat Cardiola Ba er 
—. Banden... '...2,20=299 — striata . . ee 
— perampluse.7 0 0 ae Cardium coneinnum - „ . 263 
=, "snbtriearınatus. Tu. 22273 Caryophyllia ceylindracea . 461 
Anomophyllum Münsteri . 480 Castillit _ - 22 ee 
Anerthili ... RE Cephalites infundibuliformis 252 
Anthophyllum sessile ir Au — ventricosus . . . . . 20 
—. explanatum -. . . „481 Ciminisches Gebirge . . . 579 
Astarte mosquensis . . . 262 Cladophyllia grandis . . . 448 
Astraea cerıstata” „2... A480 — _nana a. en 
== »Jormesa ar. 3480 Coelosmilia cupuliformis . 463 
nr BBeunisie. 5. vensl uern dsl — laxa „ u Wu 
— oelmbata,. 2..22.2.2%2.580 — -minima. >... 0 a 
— sexradiata . . 2.2400 — Sacher „2. a0 
Astrocoenia suffareinata .. 458 Conularia retienlata . . . 410 
Aucella mosquensis . . . 278 Cordierit’ ». 9.27 wre 
Ausit2 2 Per .2008 le Gottait .. su .2r 202 20 Se 
Auswürflinge am Laacher See 350 Bumaı..xs > ‚u 


Avicula pernoides . . . . 412 | Cyelabacia Fromenteli nn AA 


-- semiglobosa .. . . Fu 
nn a de —  stelliffera . -  , 
Basalt . . ar, FASDESNG Cypridina serrato- a abs 


Bauxit '. 2...» 11. 180. 481 -|: "Cyprina- nuciformis = u 25 


Devon in Polen 

im Polnischen Mittelge- 
birge . 
Diluvial-Fauna . 
Diluvium in Westphalen 
römisches > 
Dimorphastraea Edwardsi 
tenuiseptalis - 
varioseptalis 

Discina Forbesi . 
Discoidea infera . 


Darren  .  . ..58ie 

Enargit : 

Eozoon canadense . 

Epiaster brevis 

Erzgänge im nordwestlichen 
Oberharze 

Erzmittel, Form der 

Structur der Eiyga 

Vorkommen der . . . 

Exogyra conica . 

Matheroniana . 

Overwegi 

Pyrenaica 


Favia conferta 
Feldspath 
Fungia coronula 
—  obliqua 
Gabbro an der Nahe 
Gangarten im nordwestlichen 
Oberharze 
Textur der . 
Ganggesteine im nordwestli- 
chen Oberharze . . 
Gangspaltenbildung 
Gangthonschiefer 
Gault in Mesphaien 
Gismondin F 
Glimmer 
von Utö und Easton 
Gold in Virginia 
Goniocera socialis 
Graptolithen . - 
Grenzdolomit in Franken 
Gryphaea vesicularis 


Hauyn . 
Hohigeschiebe ! 
Holocoenia micrantha 


Inoceramus suleatus 2 
Insekten im Kohlengebirge . 
Isastraea Goldfussiana 


193. 


Isastraea helianthoides 
Koechlini 

Ischia . . Set 8; 
Jura in Polen 

in Pommern 


— 242. 

Kainit . . 

Keuper am Teutoburger Walde 

in Polen 

im Polnischen "Mittelge- 

biege .. ». E 

Kohlengebirge bei ae 
brücken . 

Kreideformation am Teuto- 

burger Walde. 

in Westphalen 


Lagopuzzo e 

Latimaeandra plicata 3 

Lava sperone \ 

der latinischen Berge 

Schmelzbarkeit der . 

Leptaena corrugata 

fugax 

laevigata 

lata 

Verneuili . 

Leptophyllia alta- . 

Grotriani 

neocomiensis 

recta . 

Lettenkohle am Teutoburger 
Walde 

Leueit-Nosean-Gesteine . 

Lias am ae Walde 

- bei Rom 

Lima abrupta 

Fischeri . 

Hoperi 

Royeriana 

Lingula subovalis 

Lithodendron gibbosum 

similis 

stellariaeformis 


Maar von Nemi . 
Val d’Ariceia . 
Maeandrina astroides . 
Mammuth in Sibirien 
Marialith 

Martignano 

Megerlia tamarindus 
Melanit 

Melilith 

Metabrushit : 
Micrabacia senoniensis 


Microsolena Roemeri . 

Mittelgebirge, Polnisches 

Montlivaultia brevis 

excavata 

obesa . 

sessilis 

Strombecki , 

subdispar 

turbinaia 

Muschelkalk im Tentobutger 
Walde 

— mittlerer ß 

im Polnischen Mittelge- 

birge . 

 Myoconcha eretacea 


PS 
un 
Ne. 


Nebengestein der Erzgänge im 
nordwestlichen Oberharze 

— bei Lautenthal 

— bei Bockswiese 

Nemi, Maar von . 

Neocom in Russland 

Nephelin . . 


Oderthal 

Oligocän in Westphalen 
Olivin , Ä 
Oolith bei om 
Ornithit 

Ortbis callactis . 
distorta 

Kielcensis 

pecten 

Ostrea armata 

gibba . 

= lege 

larva . 


— 


Palaeacis compressa 
cuneiformis . 

—  cymba 

enormis SE 
ObDIUSaH a % 04 0:0 
-— umbonata 

Palagonit . B 
Paragenesis der Miner alien i 
Parasmilia conica 

cylindrica 

Gravesiana . 

laticostata . 
Pecten concentrice punctatus 
Cottaldinus . . . 


-—- - erassitesta 
— laevis a 
—  lens 


membranaceus 6 


818 


Pecten orbicularis . 
septemplicatus . 
Penningerz - 
Pentamerus oblongus - 
Peperin 
Permische Gesteine im Pol- 
nischen Mittelgebirge 
Phacops a 
Phillipsit £ ) 
Pholadomya radiata 
Zhonolith .ı = 
Pianura mE 
Pinna Cottae Be 
cretacea „ee Sr 
—  Robinaldina 
Piperno 
Placuna truncata 
Plerastraea tenuicostata . 
Plieatula placunea . 
Pliocän bei Rom -. 
Posidonomya venusta . 
Protaraea vetusta 
Protolycosa anthr acophila 


Quarzzwillinge 


Rauchwacken am Harz 
Rhynchonella acuminata . 
antidichotoma . 

—  deflexa 

Gibbsiana 

Grayi 

Nympha en 
pecten Ye 
plieatilis . 

succisa 

sulcata 

Rothliegendes bei Saarbrücken 


Salenia granulosa . Ä 

Salpeterhöhlen in Virginien 

Sanidin 

Schlacke, krystallisirte 

Schwefeleisen, De des 

Seeerz . 

Septarienthon im Hannöver- 
schen . . 

Serpula antiquata . 

—  uneinella R 

Silbererze in Schlesien 

Silikate, sublimirte 

Silur in Thüringen 

Sodalith 

Spatangus gibbus 

Spirifer ne 

RB alcoN; "AUBR 


"539. 


550. "609. 


Spirifer heteroclytus . 
Nerei 

plicatellus 

Spirigera obovata 
Spirigerina micula . 

—  reticularis Br 
Steinsalz in Lothringen . 
Strophomena curta 
depressa . 

imbrex 2 
Stylaraea Roemeri . 
Stylina Labechei 

limbata 

Styliola ferula 

Synhelia Meyeri 


Terebratella Astieriana 
Terebratula albensis 
biplicata . 
capillata . 
depressa 
Haidingeri . 


ornithocephala 
psendojurensis 
revoluta Sagen 
Robertoni 
sella 
tenuissima . 
vulgaris . 
Thamnastraea vulgaris 
concinna. 
Credneri 
dimorpha 


Moutoniana . . 267. 


454 


819 


Seite 
Thecocyathus cenomaniensis 462 
— mactra 3 441 
— tintinnabulum . 442 
Thecosmilia trichotoma 447 
Tolfa 85 
Trachyb, = 7; 2 150 
— von Cimini. 981 
— von Cuma 610 
— von Scarrupata . 620 
— ‘von Campiglia maritima 639 
Travertin . : D01 
Trias auf Helgoland 386 
Trochus Zetes : 296 
Tuff, vulkanischer, = Bor 496 
Turbinolia centralis - . 481 
—  conulus 481 
Unteroligocän in Westphalen 288 
Ventrieulites costatus 292 
Vico : 876 
Viterbo >61 
Vulkane, Deere der 643 
ee Gesteine am 
Niederrhein gl 
Wollastonit 328 
Xonaltit RL. 
Zechstein im Polnischen Mittel- 
gebirge 681 
eu N Er Re SE RE 


Verbesserungen. 


Seite 18 Zeile 5 von oben lies „‚23“ statt 29, 

Seite 179 Zeile 9 von unten lies „Muquardt“ statt Mugenot 

Seite 191 Zeile 21 von oben lies ‚„intusiv“ statt intrusiv. 

Seite 19! Zeile 24 von oben lies „Trapp, Diorit‘ statt Trappdiorit. 

Seite 206 Zeile 13 von unten lies „Kaliumoxydhydrür“ statt Kalium- 
oxyhydrür. 

Seite 209 Zeile 1 von unten lies „Sis“ statt Si“. 

Seite 287 Zeile 12 von oben lies „Brandhorst“ statt Schwarzhorst. 

Seite 287 Zeile 9 von unten lies „„Göpner“ statt Göpne. 

Seite 258 Zeile 14 von oben lies „Brandhorst‘‘ statt Schwarzhorst. 

Seite 29V ist N. 42 Crassatella tenuistria Desn., var. a Nyst zu streichen, 
die Namen Astarte subquadrata Puır. und Crassatella tenuistriata 
Des». var. a PoıL., non Nvst, sind als Synonyme zu Crassatella Bos- 
quelti Kon. zu betrachten, die Nummern entsprechend abzuändern. 

Seite 290 Zeile 11 von unten lies „Brandhorst‘‘ statt Schwarzhorst. 

Seite 321 Zeile 1 von unten lies „statt“ statt neben. 

Seite 321 Zeile 13 von unten lies „ist es ganz gleich, ob man sie ferner, 
wie Herr Roru thut, Nephelinit‘“‘ u.s w. statt ist es, wie Herr Roru 
thut, ganz gleich, ob man sie ferner Nephelinit u. s. w. 

Seite 328 Zeile 2 von oben lies „sogenannten“ statt genannten. 

Seite 329 Zeile 9 von unten lies „beiläufige“ statt vorläufige. 

Seite 3öl Zeile 3 von unten lies „Dichroit (?)‘‘ statt Dichroit. 

Seite 390 Zeile 11 von oben lies „Sodalith (Nosean nach den Untersu- 
chungen u. s. w.)‘‘ statt Sodalith (nach den Untersuchungen u. s. w.). 

Seite 367 steht der Holzschnitt verkehrt. 

Seite 3bS Zeile 9 von oben ist hinter zurückkehrenden einzuschalten: 
„übergehen, indem nämlich von den nahe der Stirn gelegenen 
Umbiegungsstellen aus die rückkehrenden“. 

Seite 369 Zeile 7 von oben lies ‚nähere‘ statt mehr. 

Seite 370 Zeile 20 von oben fehlt mich hinter ich. 

Seite 372 Zeile 14 von oben lies ‘,,Astierana“ statt Arzierensis. 

Seite 372 Zeile Ib von unten ist zwischen ocioplicata und U. Scur. ein 
. — einzuschalten, 

Seite 373 Zeile 10 von unten lies „den‘ statt dem und Zeile 1 von un- 
ten lies „Rheinl, Westph. 1858“ statt Rheinl. 1858, Westph. 

Seite 376 Zeile 8 von oben lies „Terebratella“ statt Terebratula. 

Seite 46U Zeile 19 von unten lies „13 Cm.“ statt 13 Mm. 

Seite 46) Zeile 2 von ‘oben lies „Mahnerberg‘ statt Mehnerberg. 

Seite 463 Zeile 3 von oben lies „Kothwelle‘ statt Bothwelle. 

Seite 465 Zeile 9 von oben lies „p. 103“ statt p. 509. 

Seite 470 Zeile I von unten lies „Apelnstedt“ statt Agelnstedt. 

Seite 471 Zeile 18 von oben „, ) » D) 

Seite 471 Zeile 25 von oben „  ,„ Re 3 

Seite 471 Zeile b von unten lies „19 Mm.“ statt 14 Mm. 

Seite 647 Zeile 13 von unten lies „Alkali, Metall“ statt Alkalimetall. 


Durck- von J. F. Starcke in Berlin. 


PTLTEIIIENTEIDEEETTEREEIee 


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Jritschr.d. deutsch, geol. Oeseltschaft 18060 


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GPoters gez C Focluutale Lidl 


Zeitschr. d. de EN 


(.vom Rath 


Lith.nst.von A.Henry in Bonn. 


Teilschr.d. dentsch geol Ges 1666 \ 
| TafX. 


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Ü it ibale M.Cavo 
N tsch.deol Ges. 1866 Campo diAnni 
Teilschr.d.deutsch.d Be Be ! Anz hbanpn Rdapa Tafel Al. 


‚Valle Molara 


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SI 
| M.Cavo 

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Der grosse Central Krater (Campo di Annibale) 
At.dTusculo 


ges. aus d Gegend v.Tusculum. 


JA JRUHNT 


N 
MELN 


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Sartv.Wallershansen del d Ostvand des Albaner-Sees 


von Castel Gandolfo. 


0 Monte Cavo un 
Ai ges 
: es. 


1 r Lago Aldano 


M.Gentile . M.Cavo 
Genzano 


MSpina M-Arlemrsio Velletri 
MdVescovo 


Ariecra Civ.Lavinia 


Albano 


M.Savellt M.Grove 


A 
Rocca diPapa MCavo 
Torzio Frascati ‚Valle di Molara Campo diAnnibale = Mas Castel Gandolfo 
4 3 ar. as 
B 
RR Rocca Priora C 
NordöstlRaud des dAmnib. : Compatri Mlorzio 
Velletrr Montt di /Tusculo 
C | 
a — nn 


Ansichten des Albanischen Gebir $ es. 
TithInst von.d Henry in Bonn. 


Nach einer Skizze Tonzis. 


A ges v. Conca SS0 
B $es.v Rom No 
(Ü $es.v. Palestrina N0 


he panen h  hh  hn Satnur Mann en bi Dt an yo 


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| DE ll n 
a AEE —__ TanmEIHRIEHDEEN 


Lith. Inst.von A.Henry,in Bonn. 


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Taf‘ KU. 


Zeitschr.d deutsch.geal des. 1866. 


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7 Öle E ; % I % 2 \ E "MRo Lago d Solfarara 
3 shhermed’Agrıg 


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Via lalsin —— le 
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di Braccian 


‚od. Sabatıno 


(1 
S.roladra) = 


\Ponical arıolum) 


L Süd $ 

41° 54 29°49 östlu.Ferro S / ? E 
Su: Karte der Umgebung von Rom, 
Maalsstab 1: 210,000 


N Gntavecchie Jtaliänische Miglien.(il auf) 


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Er 


LG 


22.Hülfe-Gotteser Schacht. 


20.Haus-Draunschweiger Scht. 
I1.Meding Schacht . 


19. Rosenhofer 


” 


SEE dth. 


Zechstein u jüngere Formationen. 


== 


m 


Zeitschr. d. deutsch 


Seol. Ges, 1866. : ö B = 2 = Tafel XIV. 


Seesen 


62. Bromberg 
2725 


Kranichsborg 


49H 


wulenberg 


Hütsehe, ch, 


x Festenbur« = 
207#*  Ober-Schulen 2 


Grund 


—j hr EZ RE £ Ä N 
IIge a 20 er Rs ne U, - m 
\ NAT Ynnakstanne nn, N RA = A ft ten) Zum 


Br779 
Laubhütte _ rtraade,. Zug \\ 


Verzeichnifs der Schächte. 
Y. Güte-des-Herrner Schacht. 12.Bleonorer Schacht. 
2.AMaafmer . *  YIä.llargareher 
3. Schwarze-6rubr- 14. Blisabether 
4. Vohann Friedercher 15.Derotheer 
SHerzegstuguster 16.Caroliner 


Fezzmufp 


6. Juliane Sophie 7. Silbesegene- 

7. Ernstzluguster ISA lte- Segener 

8. Jungfpauer 19.Rosenhofer- . 

9. Schreibfeder 20 Haus-Braunschmeiger Seht, 
10. Kheinischweiner 21/.Meding Schacht . 
W.Wilheimer 22. Hilfe-Goteser Schacht . 


CE Zaue ülh. 


Devon Culm Quarzit des Bruchbergs  Grünstein Granit Kechstaie u, Türe En en 


Zeitschr.d. Tafel XV. 


Leopolder Ganges am Güte-des-Herrner — 
u der 2 " Tiefen Wasserstrecke zu Lautenthal. 


Vert.Schnitt nach A B. 


Grundriss 


ales Profil durch den Johann-Friedricher Schacht 
Be bei Bockswiese. 


—— = - Pe 


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heitsehr.d.deutsch.geol. Ges. 1866. 


Kiel. 


nomentrum 
er 


U en 
Durohschnitt durch den 
Silbersegener Schacht. S 


Durchschnitt 22 Leite, westl. 
vom Alte-Segener Schachte. 


TuferCcerg. Stollu 
4 Strecke 


DE Strecke 


Zufe- Wasser Stweoken-Sohle 


6 Stwcke 
7. Strecke 


Se Strecke 


Kasendemmer Strecke 


Mittel Strecke 


Ziefer- Gcorg- Stolln 


Obere Zeller Strecke 


An Orvdeiol: gez 


#le Steele 


Durchschnitt 35 Lehtr.westl 
vom Alte-Segener Schachte. 
Futten Strecke 


Hasendammern Strecke 


a — Mittel Strecke 


er 


Fis 
Er ae 
a 
Durchschnitt A Lehtr.westl. 
vom Alte -Segener-Schachte. 


St Strecke 


Fig.7° 


D 


Nebengestein des Leopolder Ganges am Güte-des-Ierrner — 


Tafel AV. 


Richtschachte im Nivean der 2 ©" Tiefen Wasserstrecke zu Lautenthal. 


"t.Schnilt nach CD. Vert.Schnitt nach A B. 


‚Jdeales Profil dureh den Johann-Friedricher Schacht 


bei Bockswiese. 


Auguster Wasserlauf” 


a 


Orunmbach-Stolln 


Hoffiungs-Stolln 


70 behestif. 


Sin 


Schre hten. gi 


Life Georg. Stolln, 


190 hchtr tif: 


Eirnselugust-Stolln. — 


790 ehe: tif Iramensel 


C baue tith. 


| h Tafel XV. 
rube Ber&mannstrost N® 5. Grube Dorothex N2 6. 


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PR MER 3 R GC BD. nm a: 
Grube Dorothea N® IL, Grube Bergmannstrost NO 
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2. DEN ein 
Grube Hülfe-Gottes N2 18. 


Grube Neuer Thurm Rosenhof 


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Aeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1866. 
Grube Ber&mannstrost N® 5.  mube Dorothea N° 6. 


LRIE A Gottes N® 1. £ Bozube au ‚Gottes n2 2. i Uns Uilter Gottes N® 3. 


Grube Neuer-Thurm-Rosenhof N® 4 


Ne 1. Grube Bor 
wen R or 


a u — SER er - 


Ganggesteit Quarz Blerglanz Zinkblende  Sputhetsensteit Et uver: Se Brreunszah 


u 
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Zeitschrift 


Deutschen geologischen Gesellschaft. 


XVIHM. Band. 
Il. Heft. 


November, December 1865 und Januar 1866. 


Berlin, 1866. £; 
Bei Wilhelm | Hertz (Bessersche Bnchhandung)- 


 Behrenstrasse No. 7 en 5 GERT 


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Inhalt des IV. Heftes. 
A. Verhandlungen der Gesellschaft. 


Seite. 
1. Protokoll der August-Sitzung, vom 1. August 1866 . . .. 649 
B. Briefliche Mittheilungen 


der Herren v. Heımersen, Wessev und v. Üncer . . 20.0. 685 


GC. Aufsätze. 


1. Notiz über die Auffindung von Conchylien im mittleren 
Muschelkalke (der Anhydritgruppe v. Aıs.) bei Rüders- 
dorf. Von Herrn Heınsıc# Eck in Berlin . . 639 
Neuere Beobachtungen über das Vorkommen mariner one 

chylien in dem oberschlesisch - polnischen en, 
birge. Von Herın Ferv. Rormer in Breslau. . . . 663 
3.  Geognostische Beobachtungen im Polnischen Mittelgebirge. 
Von Herrn Fzrp. Roruer in Breslau. (Hierzu Tafel XIII.) 667 

4. Ueber die Bestimmung des Schwefeleisens in Meteoriten. 
Von Herrn C. Rımmeıszeng in Berlin . . . a 691 

5. Ueber die Erzgänge des nordwestlichen Oberharzen Von 

Herrn A. v. Groppeck in Clausthal. ee Taf. XIV, 


[N9) 


BEN RNEN. 695 
eh. Ueber die Bildung des taken a Yon Bern Beim 
| in Stettin... . a 


7. Analyse der Clinmer- von Urö En Fasten a Behierkun- 
gen über die Zusammensetzung der Kaliglimmer überhaupt. 
Von Herrn C. Rammersserc in Berlin . - 2 2... 807 


Die Autoren sind allein verantwortlich für den Inhalt ihrer Abhandlungen, 


Im Verlage von Adolph Marcus in Bonn ist jetzt vollständig erschienen: 
Lehrbuch 
der chemischen und physikalischen 


Geologie 
“von 
Dr. Gustav Bischof. 
Drei Bände. 
Zweite gänzlich umgearbeiteie Auflage, 
in gedrängter Kürze, mit Zusätzen und Verbesserungen. 


Mit einer colorirten Karte und Holzschnitten. 


Preis pro Band 5 Thlr. 


Beiträge für die Zeitschrift, Briefe und Anfragen, betreffend . 
Versendung der Zeitschrift, so wie Anzeigen etwaiger Veränderungen des 
Wohnortes sind an Dr. Eck (Lustgarten No. b.) zu richten. Die Bei- 
träge sind pränumerando an die Bessersche Buchhandlung (Fehren- 
strasse 7) einzureichen. 

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