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Deutschen geologischen Gesellschaft.
in
56. Band.
1904.
Mit zwanzig Tafeln.
Berlin 1904.
J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger
Zweigniederlassung
vereinigt mit der Besserschen Buchhandlung (W. Hertz.)
SW. Kochstrasse 53.
Inhalt.
Aufsätze.
Paıuıpp, H.: Paläontologisch- geologische Untersuchungen aus
dem Gebiet von Predazzo. Hierzu Taf. I-VI u. 14 Textfig.
v. Linstow, O.: Neuere Beobachtungen aus dem Fläming und
. seinem südwestlich gelegenen Vorlande. Hierzu 3 Textfig. u.
1 Skizze Do EEE Be er
Rinne, F.: Beitrag zur Gesteinskunde des Kiautschou - Schutz-
Gebietes. Hierzu Taf. IX u. 17 Textfig. ;
FELIX, J.: Studien über tertiäre und quartäre Korallen und Rift-
kalke aus Ägypten und der Sinaihalbinsel. Hierzu Tat. X u.
5 Vexiiie, "REN N RE ER
HORNUNG, F.: Formen, Alter und Ursprung des Kupferschiefer-
erzes. — Zur Beurteilung der Mineralbildungen in Salzformationen
HENKEL, L.: Studien im süddeutschen Muschelkalk. Hierzu
2 Textfig. 0 Re RN a ee ee DD NE Un A
WICHMANN, A.: Uber die Vulkane von Nord-Sumatra. Hierzu
Bo | DRextäg: 's. Kinn ER DES RE SE
SAPPER, K.: Die catalonischen Vulkane. Hierzu Taf. XIV u.
1 Textfig.
STROMER, F.: Myliobatiden aus dem Mitteleocän der bayerischen
Alpen. Hierzu Taf. XVI u. 2 Textfig.
BroıLı, F.: Pelycosaurierreste von Texas. Hierzu Taf. XVII
De Textfig. NER ER
DREVERMANN, F.: Über Pteraspis dunensis F. Röm. sp. Hierzu
MIX _xxI nr
NEHRING: Diluviale Wirbeltierreste aus einer Schlote des
Seveckenberges bei Quedlinburg. Hierzu Taf. XX11
PnaıLippr, E.: Das südafrikanische em". Hier-
zu Taf. XXIV—XXVII ;
TORNQUIST, A.: Ein Rhadinichthys aus dem Karbon Süd- Amerikas
Hierzu Taf. XXXVI u. XXXVIl ER len el
Briefliche Mitteilungen.
MissunAa, A.: Über den Geschiebemergel im Novogrudsker Kreise
Hierzu Taf. VII. ,
ERDMANNSDÖRFFER, OÖ. H.: Über die Umwandlung v von Diabas-
feldspäten in Kontakthöfen von Tiefengesteinen
LANGENHAN, A.: Über fossile Funde am Kitzelberg
Seite.
SD
IV
FIEDLER, O.: Über Versteinerungen aus den Arlbergschichten
bei Bludenz und einige neue Fundorte von Flysch und Ap-
tychenkalken im oberen Großen Walser - Tal Vorarlbergs.
Hierzu 1 Textfig. ‚
KoERT, W.: Bemerkungen zı zu dem Vortrage des Herrn ‘W. WoLrr:
Über einige geologische Beobachtungen auf Helgoland
ur G.: Angeblicher Fund von Spirifer mosquensis bei Krakau
. REHBINDER, B.: Uber den sog. am des Callovien
im südwestlichen Polen \
Maas, G.: Über präglaciale marine Ablagerungen i im östlichen
Norddeutschland
WAHNSCHAFFE, F.: Die glacialen. Störungen in den Kreide-
gruben von Finkenwalde bei Stettin. Hierzu Taf. VII u.
8. Textfie... . 2... Abe A Be
ÖCHSENIUS, C.: Hebungen und Verhinderung des Versalzens ab-
Alußloser Becken . . er ie,
Maas, G.: Zur Entwicklungsgeschichte des sog. “ Thorn-Ebers-
walder Haupttales. (Vorläufige Mitteilung) ;
WOoLFF, W.: Bemerkungen zu DE GEERS neuer Stellung zur
Frage der zweiten Vereisung ?
DEECKE, W.: Über ein reichliches Vorkommen von Tertiär-
gesteinen im Diluvialkies bei Polzin, Hinterpommern
HornunG, F.: Halurgometamorphose } u 5 ee
WICHMANN, A.: Triasschichten (?) von der Östgrenze der
Residenzschaft Tapanuli auf Sumatra
SOBOLEW, D.: Zur Stratigraphie des oberen Mitteldevons im
polnischen Mittelgebirge . E
OcHSENIUS, K.: Die ersten Versteinerungen aus Tiefbohrungen
in der Kaliregion des norddeutschen Zechsteins
DEECKE, W.: Die Bilobiten-artigen Konkretionen und das Alter
der sog. Knollensteine von Finkenwalde bei Stettin. Hierzu
Sy Dexter
JAEKEL, O.: Über ein neues Reptil aus dem Buntsandstein der
Eifel. Hierzu 1 Textfig. :
Bönn, J.: Über Cassianella Ecki nov. spec. Hierzu 1 Texte.
= : Über Nathorstites und Dawsonites aus der arktischen Trias
BRANCO, W.: Fragliche Reste und Fußfährten des tertiären
Menschen. Hierzu 6 Textfig.
KEILHACK, K.: Die große baltische "Endmoräne und das Thorn-
Eberswalder Haupttal
BöhHm, J.!: Über einen Furchenstein und Tertiär in Dahome
Hierzu 2 Textfig. ER
BOEHM, G.: Über tertiäre Brachiopoden- von Oamarn, "Südinsel
Neuseeland. Hierzu Taf. XV SÄER
KoeErT, W.: Notiz über die Auffindung von 'Kelloway bei
Tanga (Deutsch-Ostafrika) ee
ÖCHSENIUS, C.: Die Abtrennung voller Seebecken vom Meere
infolge von Hebungen .
JENTZSCH, A.: Der jüngere baltische Eisstrom in Posen, West-
und Ostpreußen .
Maas, G.: Das Thorn- Eberswalder Tal und seine Eindmoränen.
Ein Schlußwort an Herrn K. KEILHACK { Wr:
Hucke, K.: Gault in Bartin bei Degow (Hinterpommern) Hier-
zu Taf. XXIIL u. 2 Textfig. RR IE.
BRANCco, W.: Über H. Hörers Erklärungsversuch® der hohen
Wärmezunahme im Bohrloche zu Neuffen
Seite.
33
63
E3 V
STREMME, H.: Zur Frage der Eigenwärme bituminöser Gesteine
SALOMON, W.: Erklärung . a N Mn a a 3108
BERG, G.: Zur Geologie des Braunauer Landes und der an-
srenzenden Teile Preußens
STROMER, E.: Ein Beitrag zur Kenntnis des. Myliobatiden-
Gebisses. Hierzu 3 Textfig.
VORWERG, O.: Kantengeschiebe aus “dem Warmbrunner Tal.
Hierzu 2 Textfig.
PETRASCHECK, W.!: Das Bruchgebiet des böhmischen Anteils
der Mittelsudeten westlich des Neissegrabens. Hierzu Taf,
XXXV u. 4 Textfig. u Re
Protokolle.
SCHMIDT, M.: Aufschlüsse im pommerschen Oberjura (Auszug)
JENTzscH, A.: Über die Theorie der artesischen Quellen und
einige damit zusammenhängende Erscheinungen
PsıLıpp1, E.: Die Geologie des von der deutschen Südpolar-
Expedition besuchten antarktischen Gebietes
MEnzEL, H.: Das Vorkommen von Diceras im südlichen
Hannover. Hierzu 3 Textfig. :
JAEKEL, O.!: Vorlage von Tafeln zu "einer Arbeit über fossile
Carcharodonten (Titel)
KAISER, E.: Bauxit- und Lateritartige "Zersetzungsprodukte 5
JAEKEL, O.: Eine neue Darstellung von Ichthyosaurus. Hierzu
I Textfig. RN NER 1a ER
KruscH, P.: Die Zusammensetzung der westfälischen Spalten-
wässer und ihre Beziehungen zur recenten Schwerspatbildung
Krause, P. G.: Neue Funde von Menschen bearbeiteter bezw.
benutzter Gegenstände aus interglacialen Schichten von
Eberswalde. Hierzu 1 Textfigur .
PrıuıppI, E. Die permische Vereletscherung Südafrikas (Titel)
ZIMMERMANN, E.: Die ersten Versteinerungen aus Tiefbohrungen
in der Kaliregion des norddeutschen Zechsteins
JANENScH, W.: Über eine fossile Schlange aus dem Eocän des
Monte Bolca A !
KRAUSE, P. G.: Über das Vorkommen von Kimmeridge in
Ostpreußen N, BILL RARLRUN ROSE BANN.
JAEKEL, O.: Über sogenannte. Lobolithen
Purtippi, E.: Über Windwirkungen . EA:
JANENSCH, W.: Über den Skeletbau der Glyptodontiden. Hier-
zu 8 Textfig. 3 Sehe
VoN WOoLFF, F.: Über das Alter der kristallinen Ostcordillere
in Eeuador
SCHMIDT, W. E.: Über Metriorhynchus Jaekeli nov. sp. Hierzu
Taf. XT, XI u. 3 Textfig. ;
JAEKEL, Ö.: Über die ae der ersten Halswirbel und die
Wirbelbildung im allgemeinen. Hierzu 7 Textfig.
PHILIPPT, E.: Über Moorbildungen auf Kerguelen (Auszug) .
— : Über untersenone Tone bei Warnstedt nördlich von Thale
aeHarz.. sv. ,
V. SCHMIDT, F.: Über die neue Gattung Pseudocucullaea.
GÜRICH, G: Mitteilungen über die Erzlagerstätten des ober-
schlesischen Muschelkalkes. Hierzu Taf. XVII
nu, R.: Über die oberschlesischen Erzlagerstätten .
: Über neuere geologische Aufschlüsse in Oberschlesien .
VI
MıtcH, L.: Über die Ganggesteine des Riesengebirgs- Granites
(Auszug) Rn. -
GÜRICH, G.: Vorlage angeschliffener schlesischer Gesteins-
stücke (Auszug)
TORNQuIsT, A.: Über die Trias auf Sardinien und die Keuper-
Transgression in Europa
JAEKEL, O.: Über neue Wirbeltierfunde im Oberdevon von
Wildungen
FRECH, F.: Über die explosive Entwicklung der oberdevonischen
Ammoneen. Hierzu 1 Textfig.
NöTLıng, F.: Über die paläozoische Eiszeit in der "Salt Range
Ostindiens (Titel) ie
VORWERG! Über ein mmssetrs Feuersteingeschiebe im
Warmbrunner Tal (Titel) ;
Renz, C.: Über den in von Daghestan
FREcH, F.: Vorlage von Ammoniten aus der Kreide Daghestans
(Auszug) Ä
ZIMMERMANN, E.: Vorlage der Blätter F es Friedland
i. Schles. (Titen)
JENTZSCH, A.! Über ein Interglacialprofil in der Tatra (Titel)
GOTTSCHE, C.: Über den Tapes- Sand von Steensigmoos.
Hierzu | Textüg.
ERDMANNSDÖRFER, OÖ. H.: Über die As meine een
Gabbro und Granit im Brockenmassiv . ;
GAGEL, C.: Über ein neues bannen merelacnl v
Elmshorn 5
JENTZSCH, A.: Über das 'nordostdeutsche Erdbeben vom
23. Oktober 1904 3
PAssarGz, S.: Über Rumpfflächen und Inselberge See
JAEKEL, O.: Vorlage zweier Bilder norwegischer Gletscher
(Titel) :
DATHE, E.: Über die Exkursionen vor der Hauptversammlung
in der Grafschaft Glatz und Waldenburger Gegend !
Frech, F.: Allgemeine Übersicht der sea und des
Gebirgsbaus von Oberschlesien
— : Exkursion nach Trebnitz. Hierzu Taf. XXVII—XXNIT u.
2 Textfig. Ma
a A.: Kurzer Überblick a das Neon von Oppeln
Schles. und seine Fauna. Hierzu 1 Textfig. ae
Base, K.: Die obere Kreide in der Gegend von Oppeln
WYSOGORSKL, J.: Die Trias in Oberschlesien a i
— : Das Cenoman, Turon und Basaltvorkommen = dem
Annaberg. Hierzu 2 Textfig. -
SACHS, A.: Die Erzlagerstätten Oberschlesiens. Hikrzu Taf XXX
GEISENHEIMER, P.: Das oberschlesische Steinkohlengebirge.
Hierzu Tat. "XNXIN, XXXIV u. 1 Textfie.
FRECH, F.: Einleitung in den Führer für die geologische Exkursion
in das Schlesische Gebirge
FRIEDRICH, E. G.!: Exkursion in das Recken des alten. Stausees
zwischen Wartha und Camenz
FLEGEL, K: Exkursion in das Kreidegebirge der südlichen
Grafschaft Glatz. Hierzu 2 Textfie.
— : Exkursion auf die Heuscheuer. Hierzu 1 Textfig.
5
Seite.
150
151
151
vu
Nachrute:
BRANCco, W.: KARL ALFRED VON ZITTEL
ZIMMERMANN, E.!: A. HUYSSEN
BRANCo, W.: L. BEUSHAUSEN
JAEKEL, O.: F. HILGENDORF
„73 voN TOLL
BRANCO, W.: ALFONS STÜBEL
Druckfehlerberichtigungen .
Zugänge für die Bibliothek im "Jahre 1904
Mitgliederliste
Namenregister
Sachregister
Seite.
Druckfehlerberichtigungen
zu Band 56.
S. 186 Z. 1 von oben lies: in den von ihnen speziell untersuchten
statt! wahre.
S. 186 Z. 17 von oben lies: Phyllocladus statt: Phyllodatus.
Taf. XVIII Z. 2 von oben lies: Markasit statt: Markosit.
Auf Taf. XXVII sind die Figuren umzustellen.
3.
Inhait des I. Heftes.
Aufsätze.
Hass PnıLıpp: Paläontologisch-geologische Untersuchungen
aus dem Gebiet von Predazzo. (Hierzu Taf. I—-VI u.
14 Textfig.) a ER BE Nat n
O0. v. Linstow: Neuere Beobachtungen aus dem Fläming
und seinem südwestlich gelegenen Vorlande. (Hierzu
2 Lei ste. SZ N ee
F. Rınne: Beitrag zur Gesteinskunde des Kiautschou-
Schutz-Gebietes.. (Taf. IX s. Heft II u. 17 Textfig.)
(Fortsetzung erscheint im nächsten Heft.)
Seite.
co
inhalt des Il. Heftes.
Aufsätze.
F. Rinne: Beitrag zur Gesteinskunde des Kiautschou-
Schutz-Gebietes. Fortsetzung. (Eirerzuebat IX) 2:
J. FELIX: Studien über tertiäre und quartäre Korallen
und Riffkalke aus Ägypten und der Sinaihalbinsel. (Hier-
zus af oX u. 6 Vextiie,)
FERD. HORNUNG: Formen, Alter und Ursprung des Kupfer-
schiefererzes. — Zur Beurteilung der Mineralbildungen in
Salzformationen a
L. Henker: Studien im süddeutschen Muschelkalk. (Hier-
zu 2 Textfig.)
(Fortsetzung erscheint im nächsten Heft.)
Briefliche Mitteilungen.
ANnNnA MıssunA: Über den Geschiebemergel im Novogrudsker
Kreises (Iherzus Dar VI) een
O0. H. ERDMANNSDÖRFFER: Uber die Umwandlung von
Diabasfeldspäten in Kontakthöfen von Tiefengesteinen
A. LANGENHAN! Über fossile Funde am Kitzelberg
OTTO FIEDLER: Über Versteinerungen aus den Arlberg-
schichten bei Bludenz und einige neue Fundorte von
Flysch und Aptychenkalken im oberen Großen Walser-Tal
Vorarlbergs. (Hierzu eine Textfig.)
W. Korrr: Bemerkungen zu dem Vortrage des Herrn
W. WOoLFF: Über einige geologische Beobachtungen auf
Ieleolande re ee
G. GÜRICH: ee Fund von Spirifer mosquensis
bei Krakau ae, ee A ea Fe
B. v. REBBINDER: Über den sog. a! des
Callovien im südwestlichen Polen
G. Maas: Über präglaciale marine Ablagerungen im .öst-
lichen Norddeutschland .
F. WAHNSCHAFFE:! Die elacialen Störungen. in den Kreide-
gruben von Finkenwalde bei Stettin. (Hierzu Taf. VII
u. 3 Textfig.)
C. OCHSENIUS: Hebungen und Verhinderung des Versalzens
abflußloser Becken
G. MAAS: Zur Entwicklungsgeschichte des so8. Thorn-
Eberswalder Haupttales. (Vorläufige Mitteilung).
(Fortsetzung erscheint im nächsten Heft.)
Seite.
161
168
207
218
ud.
Sum
Protokolle. Seite.
M. ScHmiDT: Aufschlüsse im pommerschen Oberjura . . 4
JENTZSCH: Über die Theorie der artesischen Quellen und einige
damit zusammenhängende Erscheinungen . 5
E. PnıLıppı: Die Geologie des von der deutschen Südpolar-
Expedition besuchten antarktischen Gebietes . . 8
MENZEL: Das Vorkommen von Diceras im südlichen Hannover.
(Hierzu 3 Textfig.) ae 10
Erich KAıserR: Bauxit- und Lateritartige Zersetzungsprodukte 17
OTTO JaEKEL: Eine neue Dar stellung von Ichthyosaurus. (Hierzu
[Sex 26
P. KruscH:. Die Zusammensetzung der westfälischen Spalten-
wässer und ihre Beziehungen zur recenten Schwerspat-
bildunsez22 36
PauL GusTar Krause: Neue Funde von Menschen bearbeiteter
bezw. benutzter Gegenstände aus interglacialen Schichten
von Eberswalde. (Hierzu 1 Textfig.). . ar 40
E. PuiLipp1! Die permische Vergletscherung Südafrikas . . 47
ZIMMERMANN: Die ersten Versteinerungen aus Tiefbohrungen
in der Kaliregion des norddeutschen Zechsteins . . . . 47
(Fortsetzung erscheint im nächsten Heft.) |
ale
Inhalt des Ill. Heftes.
Aufsätze.
L. HENKEL: Studien im süddeutschen Muschelkalk. Fort-
setzung. (Hierzu 2 Textfig.)
ARTHUR WICHMANN: Über die Vulkane von Nord-Sumatra.
(Hierzu Taf. XIII u. 1 Textfig.) ee Fr Se
KARL SAarper: Die catalonischen Vulkane. (Hierzu
Bar Xu 21 Nextfis,) SE RE
E. STROMER: Myliobatiden aus dem Mitteleoeän der
bayerischen Alpen. (Hierzu Taf. XVI u. 2 Textfig.)
FE. BroıLı: Pelycosaurierreste von Texas. (Hierzu
TaroXV Eu. IE Textie.)
(Fortsetzung erscheint im nächsten Heft.)
Briefliche Mitteilungen.
G. MAAS: Zur Entwicklungsgeschichte des sog. Thorn-
Eberswalder Haupttales. (Vorläufige Mitteilung). Fort-
setzung N EEE SEEN IE De SORE
W. WOoLFF: Bemerkungen zu DE GEER's neuer Stellung
zur Frage der zweiten Vereisung
W. DEECKE: Über ein reichliches Vorkommen von Tertiär-
gesteinen im Diluvialkies bei Polzin, Hinterpommern
FERD. HoRNUNG: Halurgometamorphose
ARTHUR WICHMANN: Triasschichten (?) von der Österenze
der Residenzschaft Tapanuli auf Sumatra :
D. SOBOLEW: Zur Stratigraphie des oberen Mitteldevons
im polnischen Mittelgebirge
K. Ocusextus: Die ersten Versteinerungen aus Tief-
bohrungen in der Kaliregion des norddeutschen Zechsteins
(Fortsetzung erscheint im nächsten Heft.)
Protokolle.
ZIMMERMANN: Die ersten Versteinerungen aus Tiefbohrungen in
der Kaliregion des norddeutschen Zechsteins. Fortsetzung
JANENSCH! Uber eine fossile Schlange aus dem Eocän des
Monte Bolca .
PAUL GusTar Krause: Über das Vorkommen von Kimmeridge
in Ostpreußen :
OTTO JAEREL:! Über sogenannte Lobolithen
E. PsıLıpp1: Über Windwirkungen :
JANENSCH: Über den Skeletbau der Glyptodontiden
F. von WoLrF: Über das Alter der kristallinen Osteordillere
in Ecuador 5
WILHELM Erich Scumipr: Über Mer n ynehus Jaekeli nov. sp.
(Hierzu Taf. XI, XII und 3 Textfig.) s
OTTO JAEKEL! Über die Bildung der ersten Halswirbel und die
Wirbelbildung im allgemeinen. (MitdeTpxtie).
E. PHILIPPT: Über Moorbildungen auf Kerguelen
: Über untersenone Tone bei Warnstedt nördlich von Thale
ar are
Pu v. Schmipr: Über die neue Gattung Pseudocucullaca
. GürıcH:! Mitteilungen über die Erzlagerstätten des ober-
schlesischen Muschelkalkes. (Hierzu Taf. XV III)
R. MicHaEL:! Über die oberschlesischen Erzlagerstätten .
(Fortsetzung erscheint im nächsten Heft.)
Zeitschrift
der
Deutschen geologischen Gesellschaft.
l. Heft.
. Januar, Februar und März 1904.
(Hierzu Tafel I-VI.)
Berlin I1904.
J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger
Zweigniederlassung
vereinigt mit der Besserschen Buchhandlung (W. Hertz.)
SW. Kochstrasse 53.
A
ee —lilane
56. Band.
Deutsche geologische Gesellschaft,
‘Vorstand für das Jahr 1904.
Vorsitzender: Herr BRANcCO Schriftführer: Herr J. BöHm
Stellvertretende Vor- 9 „ JAEKEL „ ZIMMERMANN ||
sitzende: \ „ WAHNSCHAFFE » DENCKMANN
Schatzmeister: „ DATHE „ GAGEL.
Archivar: „ JENTZSCH
Beirat für das Jahr 1904.
Die Herren: TIETZE-Wien, FRAAS-Stuttgart, KoKEn-Tübingen, ZIRKEL-Leipzig,
BALTZER-Bern, KAysEr-Marburg.
es
Die ordentlichen Sitzungen der Gesellschaft finden in Berlin im Ge-
bäude der K. Preuß. geol. Landesanstalt u. Bergakademie, Invalidenstr. 44, abends
7. Uhr in der Regel am ersten Mittwoch jeden Monats statt, die Jahresversamm-
lungen in einer Stadt Deutschlands oder Österreichs in den Monaten August bis
Oktober. Vorträge für die Monatssitzungen sind dem protokollierenden Schrift-
führer tunlichst S Tage vorher anzumelden, Manuskripte von Vorträgen zum
Druck spätestens 8 Tage nach dem Vortrage einzusenden.
‘2
Die Aufnahme geschieht auf Vorschlag dreier Mitglieder durch Erklärung ||
des Vorsitzenden in einer der Versammlungen. Jedes Mitglied zahlt 10 M. Ein- |)
trittsgeld und einen Jahresbeitrag von 20 Mark. Es erhält dafür die Zeitschrift |
und die Monatsberichte der Gesellschaft. (Preis im Buchhandel für beide zu- '
sammen 24 M.). Die bis zum 1. April nicht eingegangenen Jahresbeiträge
werden durch Postauftrag eingezogen. Jedes außerdeutsche Mitglied kann seine |
Jahresbeiträge durch einmalige Zahlung von 300 M. ablösen.
—
Reklamationen nicht eingegangener Hefte der Zeitschrift können
nur innerhalb eines Jahres nach ihrem Versand berücksiehtigt
werden, solche von einzelnen Monatsberichten überhaupt nicht, da
letztere insgesamt mit dem letzten Hefte jedes Jahrganges nochmals
versandt werden.
.
Die Autoren der aufgenommenen Aufsätze, brieflichen Mit-
teilungen und Pr6tokollnotizen sind für den Inhalt allein verantwort-
lich; sie erhalten 50 Sonderabzüge umsonst, eine grössere Zahl segen
Erstattung der Herstellungskosten.
es
Zu Gunsten der Bücherei der Gesellschaft werden die Herren
Mitglieder ersucht. Sonderabdrücke ihrer Schriften an den Archivar
einzusenden: diese werden in der nächsten Sitzung vorgelegt und
soweit angängig besprochen.
2
Zusendungen an die Gesellschaft: Unter Weglassung jeder
persönlichen Adresse richte man:
1. Manuskripte zum Abdruck in der Zeitschrift oder den Monatsberichten,
sowie darauf bezüglichen Schriftwechsel „An den Redakteur der Zeitschr.
d. Deutschen geologischen Gesellschaft“, |
Einsendungen an die Bücherei, sowie Reklamationen nicht eingegangener |
Hefte „An den Archivar der Deutschen geologischen Gesellschaft“,
3. sonstigen geschäftlichen Briefwechsel, insbesondere Anmeldung neuer
Mitglieder, Anzeigen von Wohnortsveränderungen, Austrittserklärungen
„An den protokollierenden Schriftführer der D. geolog. Gesellschaft“,
sämtlich zu Berlin N. 4, Invalidenstr. 44.
4. Die Beiträge sind an die J. G. Corra’sche Buchhandlung Nachf.,
Berlin SW., Kochstr. 53, durch direkte Übersendung einzuzahlen.
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Zeitschrift
Deutschen Geologischen Gesellschaft
Aufsätze.
1. Paläontologisch-geologische
Untersuchungen aus dem Gebiet von Predazzo.
Von Herrn Hass PnaıLiep in Heidelberg.
Hierzu Taf. I-VI u. 14 Textfig.
Vorwort.
Den Anlaß zu vorliegender Arbeit gab eine Mitteilung des
Herrn Dr. Romgßere in Berlin, daß er, mit der Bearbeitung und
Kartierung der Eruptivgesteine von Predazzo beschäftigt, in der
Umgegend von Predazzo fossilreiche Schichten gefunden habe,
die seiner Meinung nach interessante paläontologische Resultate
zu liefern versprachen. Auf Veranlassung von Herrn Prof.
SALOMON, an den vorstehende Mitteilung gerichtet war, setzte ich
mich mit Herrn Dr. Romgere in Verbindung und reiste auf
Grund seiner Angaben im Frühjahr 1902 nach Predazzo. Die
von Herrn Dr. Romgerg aufgefundenen Fossilbänke erwiesen sich
dabei zwar als bekannte Horizonte, doch gelang es mir, neben
tatsächlich neuem paläontologischen Material eine Reihe neuer
geologischer und stratigraphischer Tatsachen festzustellen, die in
der vorliegenden Arbeit besprochen werden sollen. Ich bin
Herrn Dr. Romgrre zu großem Danke verpflichtet für die An-
regung zu dieser Arbeit, sowie für die liebenswürdige Art, mit
der er auf einer großen Anzahl gemeinsam unternommener Touren
stets bemüht war, mich in die so sehr verwickelten Verhältnisse
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 56. 1. 1
2
der Eruptivgesteine von Predazzo einzuführen und mich auch auf
wichtige Punkte im Sedimentgebirge hinzuweisen.
Die Untersuchungen im Felde wurden während eines drei-
maligen Aufenthaltes im Sommer 1902 und 1903 in der Zeit
von ungefähr 4 Monaten ausgeführt. Die Durcharbeitung des
paläontologischen Materials geschah im stratigraphisch-paläonto-
logischen Institut der hiesigen Universität.
Nach ihren Ergebnissen gliedert sich die Arbeit in einen
stratigraphischen, einen tektonischen und einen paläontologischen
Teil. Bei letzterem muß ich von vornherein darauf hinweisen,
daß er nur einen kleinen Teil des gesammelten Materials umfaßt.
Von den bearbeiteten Fundorten mußte ich außerdem die Gastero-
poden wegen Zeitmangels zurückstellen. Die weitere Bearbeitung
des Materials soll später fortgesetzt werden. Die Präparation
des Materiales wurde von mir selbst ausgeführt. Die Originale,
sowie das übrige Material liegen in der Sammlung des strati-
graphisch-paläontologischen Institutes der Universität Heidelberg.
Die Publikation einer farbigen, ausführlichen geologischen
Karte in 1:25000 in Gemeinschaft mit Herrn Dr. RomBere
war vorgesehen, ist aber neuerdings wieder in Frage gestellt
worden; ich beschränke mich vor der Hand auf die Wiedergabe
einer kleineren Karte in 1:50000, soweit diese zum Verständnis
der vorliegenden Arbeit nötig erscheint. Die granitisch-körnigen
Tiefengesteine sind mit einheitlicher Signatur wiedergegeben, die
zahlreichen Ganggesteine ganz fortgelassen worden, um die Über-
sicht zu erleichtern. In Bezug auf die Tiefen- und Ganggesteine
verweise ich daher, bis die Romserssche Karte erscheint, auf
die Karten von DorLTER, MoJsısovics, RevEr und Hußer.
Die zu berücksichtigende Literatur war naturgemäß schr
zahlreich; in dem nachstehenden Verzeichnis werden jedoch nur
die Schriften angeführt, auf die in der Arbeit speziell hin-
gewiesen ist.
Für Überlassung von Vergleichsmaterial aus den eigenen,
oder den ihnen unterstellten Sammlungen, sowie für schriftliche
und mündliche bereitwilligst erteilte Auskunft bin ich verpflichtet
den Herren: Prof. Bexecke (Straßburg), Dr. Broiuı (München),
Prof. Fraas (Stuttgart), Prof. Frecn (Breslau), Prof. JaEKEL
(Berlin), Dr. Romgere (Berlin), Prof. RortnurLerz (München),
Konservator Dr. Scntosser (München), Prof. Torxauist (Straß-
burg); außerdem Frl. Nora SeELIGER aus Berlin für die große
Sorgfalt, mit der sie die beigegebenen Tafeln ausgeführt hat.
In erster Linie möchte ich aber an dieser Stelle meinem
hochverehrten Lehrer Herrn Prof. Sar.omon danken für das außer-
3
ordentlich warme Interesse, das er dieser Arbeit nicht nur im
hiesigen Institut, sondern auch auf einer eigens nach Predazzo
unternommenen Reise entgegengebracht hat, sowie für die hieraus
entspringenden zahlreichen Anregungen und Förderungen.
Ich möchte dieses Vorwort nicht schließen, ohne auch meines
ständigen Begleiters in Predazzo, des Führers und Mineralien-
sammlers Var. Moranpını, gedacht zu haben, der durch seine
große Ortskenntnis und seine Zuverlässigkeit viel zum Gelingen
dieser Arbeit beigetragen hat.
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!) Im Text der Arbeit sind nur der Name des Autors und die
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Einführung.
An dieser Stelle einen Überblick über die verschiedenen
Streitfragen zu geben, die seit hundert Jahren das Interesse
der Geologen für Predazzo wachgehalten haben, dürfte überflüssig
erscheinen, Hervorheben möchte ich nur, daß die Untersuchungen
sich bis heutigen Tags vorwiegend auf mineralogische und petro-
graphische Probleme bezogen haben. Neuerdings sind speziell
die petrographischen Interessen durch die Arbeiten BröcceRs,
RoMmBERGS, sowie DoELTERS und seiner Schüler wieder in den
Vordergrund getreten.
Die Stratigraphie, z. T. auch die Tektonik fanden in
Predazzo relativ wenig Beachtung.
Abgesehen von älteren Autoren hat F. v. RıcuriorEn
sich seiner Zeit eingehender mit den stratigraphischen Fragen
beschäftigt. Er erkannte, als am Aufbau von Predazzo beteiligt,
über dem Quarzporphyr den Grödner Sandstein, alsdann die
Werfener Schichten, die er in Seißer und Campiler Schichten
gliederte ; darüber folgen in seiner Darstellung Virgloriakalk und
als jüngste Bildung die weißen Kalke und Dolomite, die als
Mendoladolomit zusammengefaßt werden. Er entdeckte in diesen
auch Versteinerungen, die indessen nie beschrieben worden sind.
Günsen!) hat 1876 ein Profil etwas südwestlich von
Predazzo angegeben, oberhalb Zannon, in der Val Averto, doch kann
man sich danach nur schwer orientieren.
E. v. Mossısovics trennt die Bellerophonkalke vom Grödner
Sandstein und gliedert die Sedimente oberhalb der Werfener
Schichten in unteren und oberen Muschelkalk, Buchensteiner und
Wengener Schichten, letztere drei in der dolomitischen Faeies.
Nur am Satteljoch und im Latemar sollen, der Karte nach, die
Buchensteiner Schichten in ihrer eigentümlichen Facies auftreten.
Rever’) hat sich mit den Sedimenten kaum befaßt, und
auch die neue Husersche Karte gibt in Bezug auf die Sedimente
keine neuen Daten, sondern stützt sich ganz auf die alte Karte
von MoJsısovics. |
Es liegen also seit Mossısovıcs keine neuen stratigraphischen
und eingehenden paläontologischen Beobachtungen aus dem Gebiet
von Predazzo vor, mit Ausnahme der Beschreibung einzelner
Fossilien aus dem Latemarkalk durch Saromon°®), Kırrıt) und
Tonması.°) Diese Petrefakten entstammen durchweg der be-
kannten, von DoELTER zuerst aufgefundenen Lokalität zwischen
Forno und Mezzavalle. Weitere Fossilien, die Reyer an der
Forzella gefunden hat, sind bis jetzt nicht näher untersucht
worden.
Die Vernachlässigung der stratigraphischen Verhältnisse im
unteren Fassa- bezw. oberen Fleimstal ist um so befremdender,
als gerade die Grenzgebiete im weiteren Sinne, Marmolata,
Schlern, Sextener Gebiet, Südtirol westlich der Etsch, sowie das
Valsugana und das Vicentin Gegenstand eingehender neuerer
2) 1876: 8. Bi:
?) REYER 1881.
®) SALOMON 1895.
4) Kırrı 1894.
>) Tomması 1895.
Untersuchungen waren, und man folglich im Fassa- und Fleims-
tal, als im Mittelpunkt dieser Gebiete liegend, wichtige Auf-
schlüsse über die stratigraphischen Wechselbeziehungen dieser
Gegenden zu einander erwarten mußte,
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit ist das Gebiet der un-
mittelbaren Umgegend von Predazzo behandelt (vergl. d. Karte
Taf. D. In erster Linie der Dosso Capellozug, also jener
mächtige Gebirgsriegel, der sich vom Latemar über das Sattel-
joch und den Dosso Capello bis zum Agnello zieht und sich
dort in einen östlichen Arm mit der Forzella und einen. west-
lichen mit dem Cornon bezw. Pizzancae als Gipfelpunkt gabelt.
Zwischen diesen beiden Armen schneidet sich das bei Ziauo in
den Avisio mündende Val Averto ein, das in seinem obersten Teil
auch den Namen Val bonetta führt. Es sei hier darauf hin-
gewiesen, daß die Generalstabskarte den Dosso Capello zweimal
nennt. Der eigentliche Dosso Capello ist der Punkt 2266 etwas
südlich des Satteljoches; der zweite als Doss’ Capello angeführte
Gipfel bei 2181 m direkt oberhalb Predazzo trägt nach seiner
zweispitzigen Beschaffenheit in Wirklichkeit den Namen Forzella.
Untersucht wurden ferner das I,atemargebiet westlich und
südlich der Val sorda, die Malgöla, sowie die an das Eruptiv-
gebiet angrenzenden Partieen des Viezzena. Zu Vergleichszwecken
wurden natürlich auch Exkursionen in die Grenzgebiete: Val
Stava, Reiterjoch, Karersee-Rosengarten, Lüsia unternommen.
Das paläontologische Material entstammt der vorbeschriebenen
Gegend mit Ausnahme der Pseudomonotis Telleri, die ich an der
Mendel fand.
Von topographischem Kartenmaterial standen mir zur Ver-
fügung: die Karte 1:75000 des K. K. Militär-geographischen
- Institutes, eine von demselben Institut herausgegebene Detail-
karte 1:50000 der Palagruppe, sowie eine von Herrn Dr. Ron-
BERG mir gütigst überlassene Karte 1:25000, die dieser nach
der Karte 1:50000 hatte anfertigen lassen. Von den beiden -
in Betracht kommenden Blättern der österreichischen General-
stabskarte 1 :25000 ist leider nur das westliche Blatt, dessen
Grenze zwischen Forzella und Predazzo durchschneidet, käuflich.
Das östliche wird wegen kleiner militärischer Grenzanlagen auf
das ängstlichste von der Regierung zurückgehalten.
Die vorliegende Arbeit ist als Ergänzung der Aufnahmen
des Herrn Dr. Romgerg gedacht.
Stratigraphischer Teil.
Perm.
Das Perm findet sich in der Umgebung von Predazzo in
der dreifachen Ausbildung als Quarzporphyr, Grödner Sandstein
und sogenannter „Bellerophonkalk*. Quarzporphyr und Grödner
Sandstein treten. nur unmittelbar am Rande des untersuchten
Gebietes auf und gaben keine Veranlassung zum eingehenderen
Studium. Die Überlagerung des Porphyrs durch den Sandstein
ist gut in dem Tälchen aufgeschlossen, das die Malgöla gegen
Süden und Südwesten begrenzt. Scheinbar ist der Übergang hier
ein allmählicher infolge der Verwitterung und Auflockerung des
Quarzporphyrs, die um so intensiver ist, als die Deckfläche des
Quarzporphyrs einem Quellhorizonte entspricht und damit natürlich
die günstigsten Faktoren für seine Zersetzung gegeben sind. An
der erwähnten Stelle sind eigenartige gangförmige, tonige, grade
Schnüre gut zu beobachten, die den Grödner Sandstein in ver-
schiedenen Richtungen durchziehen. Ich halte sie für Begleit-
erscheinungen der großen Störungen, nämlich für kleine und
kleinste Verwerfungsspalten, die sich nachträglich mit tonigen
Substanzen ausgekleidet haben.
Größeres Interesse beansprucht der Bellerophonkalk bezw.
seine Äquivalentee Gümser!) hatte schon hervorgehoben, daß
westlich des Schlern, sowie im unteren Fleimstal unterhalb
Predazzo an Stelle der schwarzen „Bellerophonkalke* gelbliche
Dolomite auftreten, und RoturL£ertz?) erwähnt speziell von der
Malgöla permische Rauhwacken. Diese gelblichen Rauhwacken,
oder besser gesagt zelligen Dolomite, bilden das charakteristische
Merkmal der „Bellerophonkalke“. Die zellige Beschaffenheit darf:
wohl direkt auf die Auslaugung von Gyps zurückgeführt werden,
da der Komplex zwischen Grödner Sandstein und unteren Werfener
Schichten sehr reich an diesem Mineral ist, das stellenweise,
z. B. oberhalb Bellamonte, früher in Alabastergruben?) technisch
gewonnen wurde. Neben diesen Zellendolomiten und Gypsen
beteiligen sich vorwiegend graue Mergel und Mergelkalke am
Aufbau dieser Schichten, ferner ein eigenartiger krystalliner,
fleckweise rötlich und blauschwarz gefärbter Kalk in festen
I!) GÜMBEL 1876 8. 72.
2) 1894 S. 174.
®) cf. Karte von MoJsısovics 1879.
19) o
Bänken; außerdem in Verbindung mit den zelligen Bänken eine
helle gelbliche Breceie.
Leider war es nicht möglich, ein genaues Profil dieser
Schichtenserie aufzunehmen, da die besten Aufschlüsse grade in
der Nähe bedeutender Störungen liegen. Am Westabhang der
Malgöla, kurz vor dem Hause Miöla, sind die zelligen und
breceiösen Schichten am besten aufgeschlossen, während im Val
Gardone, dort wo die Via Nova gegen Vardärbe einbiegt, die
mergeligen Bänke gut zu beobachten sind. Die Gypse treten, wie
schon erwähnt, bei Bellamonte, sowie zwischen Tesero und Cavalese
auf. — Weitere Aufschlüsse der Bellerophonschichten finden sich
im Val Vardärbe und an der Boscampobrücke. Ihr Auftreten
auf der Südseite der Malgola, wo die Karte von Mossısovics und
Huser sie nicht angiebt, hat sich durch zahlreiche Lesestücke
des Zellendolomits im Gehänge beweisen lassen. Auch die be-
kannte Gymnitfundstelle gegenüber Mezzavalle ist dem „Bellero-
phonkalke“ zuzurechnen.
Leider fanden sich keine ausreichenden Fossilien zur
näheren Bestimmung, doch dürfte die Stellung dieses eigenartigen
Schichtenkomplexes zwischen Grödner Sandstein und unteren
Werfener Schichten, sowie ihre Gypsführung die stratigraphische
Gleichstellung mit den Bellerophonkalken rechtfertigen.
Trias.
A. Werfener Schichten.
Der Übergang aus den „Bellerophonkalken“ zu den untersten
triasischen Schichten läßt sich an der schon erwähnten Stelle des
Val Gardone beobachten. Hier entwickeln sich allmählich aus
den mergeligen und kalkigen Schichten die festen grauen Kalk-
bänke der unteren Werfener Schichten, der Seißer Schichten
v. RiıcHtHorEnS.
Am geeignetesten zum Studium der unteren Trias sind die
guten Aufschlüsse oberhalb der Ortschaft Ziano, im Bachein-
schnitt der Val Averto bei Zannon, und von hier aus in östlicher
Richtung gegen Predazzo. Oberhalb Ziäno sind vorwiegend die
unteren und mittleren Werfener Schichten aufgeschlossen, während
die Val Averto einen vorzüglichen Einblick in die obere Ab-
teilung dieser Schichten, sowie in ihr Hangendes gewährt.
Ein detailliertes Profil oberhalb Ziaäno vom Hangenden zum
Liegenden ergibt folgendes:
Untere Werfener
Gastropod. Oolith-
bänke
L 7
Obere Werfener Schichten.
Mitt]. Werfener Sch.
Schichten.
—
17.
16.
13.
14.
13.
12.
14%
10).
10
Hangendes: Rotbraune glimmerige und kalkige, sandige
Schichten und Bänke in starker. Entwicklung: Cam-
piler Schichten s. str.
2 schmale rote z. T. oolithische Kalkbänke, ähnlich
wie 4—6, im Abstand von 1 m.
Graue sandige, glimmerige, dünnere, weiche Lagen
abwechselnd mit festen grauen Kalkbänkchen und
Zwischenlagen von rötlicher bis brauner Farbe. 20 m.
Unten diekkankige, oben dünnschichtige Kalke von
heller gelber Farbe.
Starke Entwicklung, roter und gelber, sandiger
Bröckelkalke z. T. mit kompakteren Bänken, olıne
gute Fossilien. 30--40 m.
Feste graue, z. T. oolithische Kalkbänke mit Spuren
von Bleiglanz. 1 m.
Helle, rote, gelbe, z. T. rotgefleckte, weiche z. T.
glimmerige Lagen zu oberst schr feinschichtig und
tiefrot mit undeutlichen Muschelsteinkernen. 8— 10 m.
Feste graue Kalkbank mit sandig kalkigen Zwischen-
lagen. * 9.m.
Bröckelige, dünngeschichtete, tonige und sandige
Kalkschichten von grünlicher, gelblicher und rötlicher
Farbe mit festen Kalkbänken (Myaciten). 15 m.
Feste rote Kalkbauk. 0,5 m.
Gelbe, bröckelige Kalke.
Feste rote Kalkbank, oolıthisch wie da (0,5 m) und
graue feste Bänkchen. I m.
Graue bis gelbe, auch rötliche bröckelige sandige
und tonige Kalke z. T. knollig. 5 m.
. Feste rote, oolithische Bank, scharf aus dem Ge-
hänge hervortretend. 0,30 m.
Feste, je etwa 10 cm mächtige, dunkelgrauce Kalk-
bänke.
Knollige massive Bank, gegen oben bröckcelig und fein-
schichtig werdend 10—15 m.
Ähnlich wie 1. Die festen Bänke werden mächtiger
und etwas glaukonitischh 3—4 m.
Grau bis weiße dünngeschichtete Mergel z. T. glimmerig,
mit Fossilien (Zeingula, Myaciten) in Wechsellagerung
mit einigen festen grauen, bräunlich verwitternden
Kalkbänken.!
Liegendes: Graue Mergelkalke und Kalkbänke der
untersten Werfener Schichten.
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ee ee ee
11
Die Hangenden rotbraunen, glimmerigen, sandigen und
kalkigen Schichten erreichen eine Mächtigkeit von etwa 100 m.
Sie sind am besten im Bachbett der Val Averto entblößt und
vermitteln hier gleichzeitig den Übergang zu dem prachtvollen
Profile in den höheren Schichten:
Hangendes: Mächtige, eine steile Wand bildende Dolomit-
bänke.
25. 10—20 cm dicke Bänke von gelbem bis weißem Dolo-
mit,!) wechsellagernd mit tonigmergeligen Zwischenlagen,
den Übergang vermittelnd zu dem mächtigen hangenden
Dolomit. 10—20 m.
24. Rote, kalkige, glimmerreiche Sandsteine, dünnschichtig,
z. T. wellig, knollig, mit grünlichen und weißlichen
Zwischenlagen. Auf den Schichtflächen eigenartige
„Kriechspuren“ und röhrchenartige Gebilde. Etwa 30 nı.
23. Vorwiegend gelbe und braune, auch graue feste gebankte
Dolomite, in deren oberen Particen eine Bank mit großen
Steinkernen von Myophorien*liegt, während sich in den
unteren Lagen eine braune Dolomitbank durch zahlreiche
kleine Zrochiten (Dadocrinus-Bank?) auszeichnet. 30 m.
22. Rote oolithische Kalkbank mit spätigen Trochiten und
zahlreichen dunklen Myophorrtenschalen. 2 m.
21. Oolithdolomite von vorwiegend rötlicher Farbe. 5—8 m.
20. Feingeschichtete rötliche und rotweiße sandig-glimmerige
Schichten mit schlechten Fossilien. 8--10 m.
19. Helle, vorwiegend rötliche Oolithdolomite.e 10—15 m.
18. Graue und gelbliche, dünnbankige, feinschichtige, sandige
Kalke, Dolomite und Mergel mit ANaticella costata.
20— 30 m.
Liegendes:
17. Rotbraune, sandig-glimmerige und kalkige Bänke. Etwa
100 m.
Die Deutung des unteren bei Ziano aufgeschlossenen Kom-
plexes bietet keine Schwierigkeit. Wir haben eine Folge von
dünngeschichteten und gebankten z. T. bröckeligen glimmerigen
Kalken und Mergeln von vorwiegend grauer Farbe mit Pseudo-
monolis Olarai, Anodontophora (Myacıtes) fassaensis, canalenstis
und subundata, Lingula sp., die oft scharenweise, aber in
schlechter Erhaltung die Schichtflächen bedecken. Es sind
") Hier und bei allen Angaben dieser Arbeit über Kalkstein und
Dolomit ist stets Prüfung mit verdünnter Salzsäure erfolgt.
zweifellos die typischen unteren Werfener sog, Seißer Schichten,
die sich nur vielleicht durch ihren größeren Kalkreichtum aus-
zeichnen.
Darüber folgen die bekannten Gastropoden-Oolithbänke mit
bröckeligen, tonig-kalkigen Zwischenlagen. Interessant ist die
fast absolute Übereinstimmung mit den entsprechenden Schichten
an der Mendel und denen des neuerdings von Tornquisr!) aus dem
Vicentin veröffentlichten Profils.. Letzteres sei zum Vergleich an-
geführt:
Ziäno (bei Predazzo). Mendaone (im Vicentin).
a) Bröckelige, dünngeschichtete a) Rote Mergel und gelbe san-
tonig-sandige Kalke, grünlich, dige Kalkbänke.
gelblich und rötlich.
b) Feste rote Kalkbank, gelbe b).Zwei rote oolithische Gast-
bröckelige Kalke, feste rote ropodenbänke, klotzige gelbe
Kalkoolithbank und graue Kalkbank.
feste Bänke.
c) Graue, gelbe, rötliche, bröcke- c) Rote, sandige Schiefer.
lige, sandigeund tonige Kalke.
d) Feste, rote oolithische Bank. d) Rote, oolithische Gastro-
podenbank.
Hier wie dort haben wir drei rote Oolitiibänke, nicht sehr
weit auseinander liegend, mit annähernd den gleichen Zwischen-
lagen. Aus diesen Gastropodenbänken entwickeln sich sandige
und glimmerige weiche Kalke und Mergel, z. T. auch festere
'Kalk- und Kalkdolomitbänke in verschiedenen Farben: grau, gelb
und rötlich mit Anodontophora fassaensıs und anderen zumeist
schlecht erhaltenen Fossilien. Sie gehen gegen oben in einen
sehr einförmigen Komplex von roter bis rotbrauner Färbung über.
Dieser entspricht den „oberen Rötplatten* von Lersıus, die in
den höheren einförmigen Partieen den Charakter der typischen
roten Campiler Schichten Rıc#tHorens annehmen. Sie bestehen
durchweg aus Sandstein und sandigen Kalkbänken mit schlechten
Fossilien. Auf einer gemeinsamen Exkursion fand Herr Prof.
Saromon in diesen Schichten eine Platte mit kleinen Seesternen,
die aber eine genauere Bestimmung leider nicht zulassen.?) —
Auch in diesem Komplex zeigt sich wieder die große Überein-
stimmung mit dem Vicentin, wo über der Wechsellagerung der
unteren und mittleren Werfener Schichten jene beträchtliche Ent-
!) Tornquist: 1901 Vicent. Triasgeb.
?\ In den gleichen Schichten fand auch Herr stud. geol. FREUDEN-
BERG am Karersee eine Platte mit denselben kleinen unbestimmbaren
Seesternen.
13
wickelung von „rotgefärbten, dünnbankigen, glimmerführenden,
sandigen Schiefern mit dubiösen Myacıten“ folgt.
Das eigentliche Leitfossil der Campiler Schichten, die Nat:-
cella costata fand sich aber in diesen Schichten nicht, dagegen
in etwas höher gelegenen sandig-mergeligen Bänken (vergl. Profil
No. 18.) Diese Bänke gehen aus den roten sandigen CGampiler
Schichten hervor, indem sich !?n die obersten roten Kalksand-
schiefer hellere, gelbliche Zwischenlagen und Bänke einschieben.
Das Hangende der Werfener Schichten erfordert ein näheres
Eingehen seines eigenartigen Charakters wegen. Wie aus dem
Profil ersichtlich, folgen über den „Naticellenschichten* ooli-
thische Dolomite in massigen DBänken. Die Färbung ist
verschieden bei vorwiegend roten und rosa Tönen. Fossilien
sind selten. Die Korngröße der Oolithe ist schichtweise ver-
schieden und wechselt von 1 mm bis zu kleinsten nur mit der
Lupe wahrzunehmenden Dimensionen. Die höheren sandigen,
roten und rotweißen Kalksandsteine treten im Gehänge, infolge
der leichteren Zerstörbarkeit gegenüber dem Liegenden und
Hangenden, deutlich zurück. Sie tragen ganz den petrographischen
Charakter der Werfener Schichten, doch sind nur sehr wenige
schlechte Fossilien darin enthalten. Überlagert werden sie
wiederum von verschiedenfarbigen Dolomitbänken z. T. von der
gleichen oolithischen Entwicklung wie die zuvor geschilderten
Dolomite; schwächere sandige Lagen sind in sie eingeschaltet.
In der gleichen oolithischen Entwicklung finden sich die Dolomite
wieder am Sattel- und Reiterjoch, fehlen jedoch im Rosengarten-
profil des Backofens (oberhalb Karersee). Dagegen beteiligen sie
sich am Aufbau der Viezzena östlich von Predazzo, und west-
wärts konnte ich sie bis Tesero verfolgen.
Zum Vergleich zitiere ich GümseL!); dieser erwähnt vom
Mt. Marzola in der Umgegend von Trient eine dreifache Wieder-
holung ziemlich mächtiger Dolomitmassen in den Campiler Schichten,
von denen die oberste: „mit einer oolithischen, weißen, gelblich
verwitternden, z. T. intensiv roten eisenreichen Dolomitlage“
beginnt. Ob es sich bei dem S. 79 (bei Gümser) aus dem
Cembratale mitgeteilten Profile um entsprechende Oolitlidolomite
oder um die Gastropoden-Oolithe der mittleren Werfener Schichten
handelt, ist nicht genau ersichtlich. Weitere Bemerkungen über
Oolithdolomite an der Grenze der oberen Werfener Schichten in
Südtirol habe ich nicht finden können. Dagegen beschreibt
!) GÜMBEL: 1876 S. 75,
14
Biırrser') ähnliche Oolithe aus der Gegend von Trifail und
Sagor in Südsteiermark. Bei der großen Übereinstimmung des
Liegenden sollte man erwarten, im Vicentin ähnliche Gebilde vor-
zufinden, doch auch hier scheinen sie zu fehlen, wenn man nicht
in dem „Grenzdolomit“ Torxauisrs?) ein Äquivalent für dieselben
annehmen will. Dort entwickeln sich nämlich durch Einlagerung
von dünnen Dolomitbänken aus den roten sandigen Campiler
Schichten, z. T. auch sich unmittelbar darüber legend: helle,
gelblich verwitternde schr harte, meist stark zerkläftete Dolomite
mit undeutlicher Schichtung in mehreren Bänken übereinander.
In der Valsugana°) sollen dieselben gleichfalls vorkommen, ebenso
im Nonsberg,°) doch hier schwach entwickelt.
In unserem Profil folgt auf diese Dolomitoolithe mit ihren
Zwischenlagen eine höchst charakteristische dunkelrote oolitlische
Bank, gewissermaßen den Abschluß der eigenartigen Oolithe bildend,
doch besteht dieselbe merkwürdigerweise nicht aus Dolomit, son-
dern aus Kalk. Ausgezeichnet ist die Bank durch ihren Reichtum
an prächtig erhaltenen Fossilien. Vorwiegend sind es Myophorien.
Es wurden bestimmt:
Myophoria laevigata var. elongata GiEB.
3 >>) 7, ovata Br.
» cf. simplex SCHLOTH.
„ cf. costata
Peclen discites v. ScnLoTH. var. tnornata STorr.
Gervillera sp.
Die Schalen sind dunkelrot und springen gut aus dem Gestein.
An manchen Stellen wird der Kalk dunkler oder geht etwas ins
Graue über, dann nehmen die Schalen tiefschwarze Farbe an.
Die Mächtigkeit der Bank wechselt zwischen 1—5 m. Über
dem Ponte Hohenwart bildet eine dieser dunklen, ganz von
Petrefakten erfüllten Bänke die Spitze eines kleinen, von unten
aus deutlich sichtbaren Felsköpfehens. Besonders schön und
fossilreich ist die Bank noch aufgeschlossen in der Störung des
Satteljoches; hier enthält sie auch zahlreiche Trochiten; ferner
in der Val Sorda und am Reiterjoch.
Aus einem Vergleich mit den Lersıusschen Profilen ergibt
sich klar, daß diese Bank keine andere sein kann, als seine
Myophorienbank. Lersıus beschreibt sie als eine: „bis 10°
) Bıriser: 1884. Jahrb. S. 433.
2, Tornauist: 1901 Vicent. Triasgeb. S. S7T—SS.
) zitiert bei TorxqQuıst, am gleichen Ort.
a un
15
mächtige oolithische harte Kalkbank zum größten Teil aus
Myophorien, Gervillien und anderen Fossilien bestehend. ..... In
Judicarien und im Val Trompia nimmt der Kalk an der Ober-
fläche eine tiefrote Farbe an“. Die Versteinerungen erhalten
sich in Judicarien und Val Trompia darin mit schwarzer Schale.
Die petrographische Übereinstimmung der Bank im westlichen
Südtirol und bei Predazzo ist augenfällig. Bırrner!) wies 1884
die Myophorienbank in fast der gleichen Ausbildung und Fossil-
führung in Südsteiermark und in den Nordostalpen nach.?) Im
westlichen Südtirol liegt die Bank im obersten Röt z. T. nahe
unter dem Lersıusschen Zellendolomit.°) Bei Predazzo schließt
sie, wie gesagt, die Entwicklung der eigenartigen Dolomitoolithe
ab und bildet die Grenze gegen ein Schichtensystem, das ich
schon zum Muschelkall stellen möchte, obgleich dasselbe petro-
graphisch noch viele Anklänge an die Werfener Schichten zeigt.
B. Muscheikalk.
Den Muschelkalk leitet, wie es scheint, in dem größten Teil
von Südtirol ein eigentümliches, rot gefärbtes Konglomerat
ein. Im Rosengarten-Profil oberhalb des Karerseepasses konnte
ich es selbst beobachten. Bekannt ist es ferner von der Mendel,
vom Schlernbach, der Pufler Schlucht, vom Nonsberg und bei
Neumarkt, immer in der gleichen Lagerung unmittelbar unter
dem Muschelkalk.) Frau OcıLvır-Gorpox kommt in ihrer
neuesten Arbeit?) gleichfalls auf diese Konglomerate zu sprechen
und glaubt, daß sie dort, wo sie im obersten Fassa auftreten,
keine echten Konglomerate, sondern „shear conglomerates* sind.
Demgegenüber kann ich nur feststellen, daß die Konglomerate
vom Rosengarten und oberhalb des Reiterjoches echte sind.
Sonderbarerweise fehlt dies rote Konglomerat im Profil der Val
Averto, dagegen ließ es sich vom Rosengarten bis hinüber zum
Reiterjoch verfolgen. Hier liegt es unmittelbar über der
Myophorienbank, indem es sich gewissermaßen aus ihr entwickelt.
1) BiTTNER: 1884 Jahrb. S. 467.
?) Ders. 1886 Verh. S. 3837—390.
°) An der Mendel fand ich sie als geib verwitterte Bank mit
zahlreichen Steinkernen von Myophorien und Pseudomonotis Telleri
Bırrn. im Lahnbachgraben oberhalb Eppan. Auffallend ist der Unter-
schied in der Größe der Myophorien, die an der Mendel nur etwa
halb so groß werden als die gleichen Formen in der Myophorienbank
. von Predazzo.
*) GÜMBEL! 1873.
®) OGILVIE-GORDON 1902— 1903 S. 20.
16
Am Satteljoch, also in geringer Entfernung, ließ sich nur noch
die Myophorienbank konstatieren. Danach entspricht die Myo-
phorienbank dem unmittelbar Liegenden des roten Konglomerates,
somit auch des Muschelkalkes und bildet also in der Gegend
von Predazzo den Abschluß der Werfener Schichten. An Stelle des
Konglomerates folgen in der Val Averto über der roten Myophorien-
kalkbank wiederum Dolomite von vorwiegend brauner auch grauer
und gelblicher Farbe, etwa 30 m mächtig, ausgezeichnet durch
zwei relativ schmale Bänke. Eine untere braune Bank besteht
vorwiegend aus spätigen Trochiten von sehr geringem Durch-
messer. Leider fanden sich keine Kelche, sodaß eine spezifische
Bestimmung nicht möglich war, doch weist die Kleinheit der
Glieder auf „Dadoerınus“ hin, eine Annahme, die auch aus
stratigraphischen Rücksichten nicht unbegründet erscheint. Wenige
Meter höher folgt dann die zweite charakteristische Bank von
gelbem, etwas zelligem Dolomit, voll von großen Myophorien-
steinkernen, anscheinend denselben Arten zugehörig wie die-
jenigen der tiefer liegenden Myophorienbank sensu striecto. Die
folgenden 30 m bildet dann ein System von Schichten, die
petrographisch wieder ganz den sandigen oberen Werfener
Schichten gleichen. Es sind helle, kalkige, glimmerreiche Sand-
steine, meist rot gefärbt, aber auch grünlich und weißlich.
Einige von diesen Bänken zeichnen sich durch eigenartige, sog.
Kriechspuren und Röhrchen aus, über deren Bedeutung ich nichts
sagen kann.
Was die Zugehörigkeit der eben beschriebenen Dolomite und
Kalksandsteine anbelangt, so weist, wie gesagt, ihre petrographische
Beschaffenheit auf oberste Werfener Schichten, ihre Lagerung
über der Myophorienkalkbank aber, sowie der Vergleich mit den
Vicentinischen Profilen auf höhere Horizonte hin. Dort, im Vi-
centin, gliedert sich nach Tornguıst der untere Muschelkalk über
dem „Grenz-Dolomit und -Kalk“, der unseren Oolith-Dolomiten
und der Myophorienbank entsprechen würde, von unten nach
oben folgendermaßen:
a) Mergel und Kalke mit Dadoerinus graceilıs mit Gypslagen
im tiefsten Niveau.
b) Bunte Mergel und sandige Tufte.
c) Feste knollige Brachiopodenkalke und braune Dolomite.
Den Dadocrinusmergeln und -Kalken dürften die über der
Myophorienbank folgenden braunen Doiomite mit der vor-
besprochenen Trochitenbank gleichzustellen sein inel. der höheren
Myophoriensteinkernbank. Allerdings haben wir es bei Predazzo
mit Dolomiten und nicht mit Kalken zu tun, dem tst aber
FT
entgegenzuhalten, daß. auch. das Spezialprofil der fraglichen
Schichten bei Tornauist!) verschiedene Bänke von. Dolomit auf-
weist. An der Mendel, im Lahnbachgrabenprofil, fand ich eine
ganz Ähnliche gelbe Kalkbank mit. kleinen Trochiten wieder,
ziemlich dicht unter dem hellen Mendoladolomit in Wechsel-
lagerung mit hellen, z. 'T. rötlichen Kalksandsteinen, also an-
nähernd in gleichem Niveau.
Den bunten Mergeln und sandigen Tuffen im Vicentin würde
danach unser .rötlicher glimmeriger Kalksandstein entspr&chen.
Die Grenze gegen die liegenden ‚‚Dadocrinus-Dolomite‘' ist keine
scharfe. Den Übergang vermitteln etwas zellige Dolomite, in
denen die zweite. Myophorienbank liegt. Das Tornquisrsche Profil
zeigt gleichfalls über den Dadocrinuskalken versteinerungsreiche
Kalkbänkchen und Mergelkalke.. In der nach Benecke mit-
geteilten Fossilliste finden sich in den Dadocrinus-Schichten:
Myophoria laevigata. cardissoides und. vulgaris entsprechend
unserer. zweiten Myophorienbank (Steinkernbank). _
Im oberen Fassa scheint sich eine ähnliche Schichtenserie
zwischen den typischen Campiler Schichten und dem Mendola-
dolomit einzuschalten, wie bei Predazzo.. Frau OcıLvır-GorDON
beschreibt sie?) als. ner ‚Werfen Passage Beds®.
Die ganzen Verhältnisse bei Predazzo deuten darauf hin,
daß wir in dieser Gegend keine scharfe Grenze zwischen Werfener
Schichten und Muschelkalk haben, wie etwa am Rosengarten.
Während dort auf die litoralen Bildungen der Werfener Schichten
direkt eine Strandbildung, die bekannte Konglomeratbank- folgt,
vermutlich sogar das Meer dann für eine Zeitlang zurücktritt
und die Wiederbedeckung zu Beginn des Muschelkalkes mit ganz
anders gestalteten Sedimenten einsetzt, war die Gegend von
Predazzo in dieser Zeit kontinuierlich vom Meer bedeckt und
zwar unter annähernd denselben Bedingungen mit nur geringen
Niveauschwankungen, die ihren Ausdruck finden in dem stetigen
Wechsel zwischen den Dolomit- und Kalkbildungen auf der einen,
und den litoralen Sandsteinbildungen auf der anderen Seite.
Eine scharfe Trennung von Werfener Schichten und Muschel-
kalk im Fleimstal würde daher den wirklichen Verhältnissen nicht
Rechnung tragen. Aus diesem Grunde wurde auf der Karte auch
nicht der „Muschelkalk* mit einer besonderen Farbe versehen,
sondern der ganze Komplex vom Beginn der noch zu den
Werfener Schichten gerechneten Oolith-Dolomite bis zum Hangenden
der als Muschelkalk beschriebenen Bänke; da sich dieser
ya. 2.10..1901°8) 95:
2?) OGILVIE-GORDON 1902—1903.
Zeitschr. d. D. geol, Ges. 56.1. 2
18
Komplex auch im Terrain vielfach deutlich als Steilgehänge von
den tieferen Abteilungen der Werfener Schichten abhebt.
C. Dolomite und Kalke vom Wengener Alter.
Damit kämen wir zur Betrachtung der mächtigen Dolomit-
und Kalkmassen, die sich als steile lichte Wände über den zu-
letzt besprochenen weicheren, sandigen und oolithdolomitischen
Schichten aufbauen.
Den besten Aufschluß über diese Gruppe gibt wieder das Profil
in der Val Averto, und zwar für den unteren Teil nicht im Verlauf
des Baches selbst, sondern in einer der steilen Runsen, die sich
östlich von ihm in gleicher Höhe eingeschnitten haben.
Zunächst über den letztbesprochenen sandigen, etwas mer-
geligen Schichten folgt gelblicher Dolomit. meist deutlich gebankt,
ca. 3 m mächtig!. Darüber ca. 50—70 m grobgebankter
Dolomit von grauer bis weißgelber Farbe, der sich deutlich von
dem vorigen abhebt. Über diesen hinwegkletternd, erreicht man
eine schmale Terrasse, die sich, annähernd in gleicher Höhe
haltend, am Gehänge bis in die Val Averto-Schlucht hinzieht.
Die Veranlassung zu dieser Terrassenbildung ist eine petro-
graphische, indem hier zwischen die hellen, festen Dolomite sich
weiche bituminöse Dolomite einschalten von dunkler Farbe, braun,
grau auch tiefschwarz in dünnen Bänken, z. T. auch nach Art
der Bänderkalke ganz fein geschichtet. Untergeordnet treten
dazwischen dünne sandige Bänkchen auf. Die ganze Mächtigkeit
dieser Zwischenlagen beträgt vielleicht 4—5 m. Fossilien fehlen
leider vollständig. Auf die stratigraphische Bedeutung der Ein-
lagerung komme ich weiter unten zu sprechen.
In einer Mächtigkeit von ca. 150 m bauen sich darüber
ungebankte gelbliche Dolomite auf. In der Val Averto aufwärts
steigend, erreicht man die obere Grenze derselben dort, wo der
schmale Pfad nach Überwindung einer steilen Stelle am West-
abhang eine Art Terrasse bildet. Die steilen Wände neben und
über dieser bestehen bereits aus grauen bis gelblichen Kalken,
die sich eigentlich nur durch einen schwachen Farbenunterschied
von den Dolomitwänden unterscheiden. Vergleicht man beide aus der
Ferne, z. B. vom Avisio aus, so zeigt der Dolomit einen kleinen
!, An der trennenden Fläche bildet sich eine Terrasse heraus.
Die Bänke unmittelbar darüber sind z. T. dicht bedeckt von den
Zeichen der Hirtenjungen. Tag und Jahr, wann sie hier ihre Mittags-
rast gehalten haben, wird genau in roten Strichen vermerkt, dazu ihre
Initialen, sowie andere Zahlen und Kreuze, die sich wohl auf die
Herden und die Häufigkeit ihres Besuches beziehen. Die ältesten
Zeichen, die ich sah, stammen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts.
19
Stich ins rötliche, während der hangende Kalk schwach bläulich
getönt erscheint. Der Farbenunterschied ist zwar sehr gering,
doch reicht er aus, um z. B. von dem Westabhang der Costa di
Viezzena das später zu besprechende gegenseitige Lagerungs-
verhältnis von Dolomit zu Kalk in der Val Sorda zu be-
obachten.
Das einzige, häufigere, allerdings oft in großen Massen auf-
tretende Fossil im Dolomit ist die Diplopora annulata und D.
porosa. In losen Trümmern fanden sich Durchschnitte durch
Ammoniten und Gastropoden und eine große rma-artige
Muschel, doch ließen dieselben keine Präparation und Bestimmung
zu. Dagegen gelang es aus einem losen Block eine ganze An-
zahl Avzculae herauszupräparieren. Der betreffende Block war
ein grauer Dolomit, von spätigen Crinoidengliedern durchsetzt,
die Fossilien als Steinkerne erhalten; er stammt zweifellos
von dem oberhalb des Fundortes anstehenden grauen Dolomit
der Val Avertoe. Die Bestimmung ergab: Avccula caudata
Sropp., bekannt von Esino und aus dem Marmolatakalk. Von
Korallen fand sich nur ein ganz unbedeutender schlechter Rest,
Es folgt über dem Dolomit der Kalk bis zur Höhe der.
Forzella. Leider fehlt ihm an dieser Stelle das Hangende, das
sich erst weiter nördlich am Agnello einstellt. Jedenfalls wird
man die Mächtigkeit desselben auf S00—1000 m veranschlagen
können. In den oberen Partien ist er deutlich gebankt, in den
unteren massig. Die Färbung wechselt von grau zu gelblich zu
hellweiß, welch’ letztere Farbe namentlich in den nördlichen Teilen
der Kalkplatte, im Latemar vorwiegt. Hier zeichnet er sich
speziell durch ein prächtige weißgelbe Farbe und seine fein-
krystallinische Beschaffenheit aus; nur ganz untergeordnet und
lokal treten hell- und dunkelrot gefärbte Kalkbänke auf.
Ehe ich auf die stratigraphische Stellung der vorbeschriebenen
Kalke und Dolomite eingehe, erscheint es zweckmäßig, einige
analoge Profile der Gegend zu besprechen.
Untersucht man im obersten nördlichen Quelltal der Val
Gardone, der Val bona, das Profil in einer Höhe von ca. 2300
bis 2400 m, unterhalb des gegen das Satteljoch vorspringenden
Felsriegels, so findet man dort über den als Muschelkalk be-
schriebenen Schichten merkwürdigerweise keinen Dolomit, sondern
direkt den hellen Kalk. Am Satteljoch selbst fehlt der Dolomit
auch. Hier folgt konkordant über den steilgestellten Muschel-
kalkschichten ein Komplex von dunkeln gebankten Kalken mit
großen schwarzen Hornsteinknollen, die hier vielleicht noch einen
Dr
20
Teil des ' Muschelkalkes vertreten, darüber eine. Partie von
schwarzen,‘ dünnschichtigen, ebenflächigen, etwas bituminösen
Kalken; : dann hornsteinreiche Knollenkalke, : der ganze Komplex:
nicht. sehr mächtig, ohne Fossilien... Die Hornsteinknollenkalle
haben ..das: Aussehen der: sogen. „Buchensteiner Schichten“;
sie finden sich wieder im obersten Teil der Val Vardärbe, hier:
die unteren Partieen des hellen. Kalkes zusammensetzend, und in
ganz ähnlicher Bildung zwischen Forno und Moena an der Straße,
dort wo das Tal sich verengt. An dieser Stelle habe ich das
Liegende und Hangende nicht untersucht. In der Val Sorda ist
unter dem Latemarkalk cin liegender Dolomit entwickelt, aber
nicht sehr mächtig. Hornsteinführende, oder Knollenkalke konnte
ich hier nirgends beobachten. Die Grenzfläche zwischen. Dolomit
und Kalk bildet keine ebene Fläche, sondern der Dolomit ragt
zackenartig in den massigen Kalk hinein, und erst in. höheren
Lagen entwickelt sich die prächtige Plattung und Bankung des
Latemar. Ein ähnliches Verhalten von Dolomit zu Kalk läßt
sich beim Aufstieg vom Karersee zum Ostgipfel des Latemar
beobachten, auch hier findet .keine regelmäßige Überlagerung von
Dolomit durch Kalk statt, sondern ‘der Dolomit sendet Spitzen
und Zungen in den Kalk. hinein, oft.bildet er auch in letzterem
einzelne: größere Nester. Dies nesterartige Auftreten des Dolomits
läßt sich übrigens auch im Forzellazuge feststellen, wo man
überrascht ist, mitten im Kalk wieder einige größere oder kleinere
Partieen von Dolomit oder stark dolomitischem Kalk anzutrefren.!)
Oberhalb. des :Reiterjoches, etwas nördlich vom. Meilenhause,
folgt über einer unteren, vorwiegend aus Dolomit. bestehenden, ca.
100 m. mächtigen Ablagerung eine Schicht ‘von Bänderkalken,
wenige Meter ‘mächtig, . in die sich zwei dunkle Lagergänge ein-
gedrängt haben, darüber danu helle Kalke, bis zu den höchsten
Spitzen. Sur
Ein drittes Beispiel für das wechselnde . Auftreten des
Dolomites bildet die Viezzena. Steigt.man hier oberhalb Bella-
monte im Val Ciope über das normale Profil. der. untertriasischen
Schichten, so triftt man unmittelbar über diesen einen grauen
Kalk, der völlig dem von ‘der ‚Forzella oder dem Dosso Capello
gleicht. Weder Dolomit noch Knollenkalke bilden eine Zwischen-
lage. Dagegen stellt sich Dolomit wieder etwas östlich. gegen
den Luüsiapaß ein, aber auch hier ohne jede sichere Abgrenzung.
Aus den vorbesprochenen Profilen scheint mir zur Genüge
hervorzugehen:
*!) Die Unterscheidung von Dolomit und Kalk geschah stets wie
üblich durch Betupfen mit verdünnter kalter Salzsäure.
— U ———
al
a) daß in dem Gebiete von Predazzo eine stratigraphische
Einteilung in einen Den] Dolomit und einen alssnl al
| Kalk nicht durchführbar ist;
‚ b). daß eine diese. Bildungen ennande enschieht wie
etwa an der Marmolata die sogen. „Buchensteiner Schichten“,
hier durchaus fehlt, Vielmehr sind Kalk und Dolomit als
verschiedene Faciesbildung ein und derselben Periode auf-
zufassen, doch nimmt der -Dolomit, ‚wenn überhaupt in
. größerer Menge vorhanden, die tieferen Partieen ein. Er
kann dabei sehr mächtig werden. So scheinen die steilen
‘ Wände zwischen Val Stava und Rivo Bianco (zwischen T&sero
und Panchiä) sich ausschließlich aus Dolomit aufzubauen.
c) Es können sich innerhalb des .Kalk-Dolomit-Komplexes
Bänke vom Habitus der „Buchensteiner Knollenkalke“ aus-
en bilden, doch. kommt diesen eine stratigraphische Bedeutung
nicht zu. Sie sind lediglich als lokale Gebilde von ab-
weichender Facies aufzufassen. (ef. Buchensteiner Schichten
8 2A)... | |
d) Die Dolomit- und Kalkmassen des Latemar-, des Forzella-,
Dossocapellozuges und der Viezzena sind in stratigraphischer
Hinsicht identisch miteinander und nur petrographisch von
einander unterschieden. _
Fossilführung:
Es glückte mir, mehrere Fossilfundorte zu entdecken, sowie
eine Reihe von losen versteinerungsreichen ‚Blöcken unter Um-
ständen -aufzufinden, die einen Glazialtransport ausschließen. Von
letzteren seien genannt: Ä |
'1) Lose Blöcke von grauem Kalk mit großen Lamellibranchiaten
und einigen Gastropoden (Abhang d. Forzella gegen Süd.).
2) Der schon erwähnte Dolomit mit der Avieula caudata in
‘der Val Averto.
3) Ein ‘großer Kalkblock vom Westabliang der Forzella ober-
- halb Zännon, wesentlich voll von Oruratula carınthiaca.
4) Kleinere Blöcke aus dem Schutt der Forzella.
Vereinzelte, ganz sporadisch auftretende Fossilien, meist Gastro-
poden, fanden sich an verschiedenen Stellen. si
Wichtiger waren natürlich die anstehenden Fossilfunde.
‘Davon wäre in erster Linie zu nennen ° der Fundpunkt auf der
"Ostspitze des Latemar, nicht weit vom Signal entfernt. UÜber-
raschend ist hier vor allen Dingen die große Mannigfaltigkeit der
Formen, und zwar in der Weise, daß jede Spezies 'nur in ver-
hältnismäßig geringer Individuenzahl auftritt. ‘Auffallend ist dabei
die. zwergenhafte Ausbildung der Individuen, die an St. Cassianer
"Verhältnisse ‘erinnert. Vorwiegend vertreten sind Brachiopoden,
22
Gastropoden und Lamellibranchiaten, Cephalopoden treten ganz
zurück.
Das Auftreten ist nesterartig; auf einem ganz geringen
Raum, von kaum einem Kubikfuß, drängen sich hunderte von
Individuen dicht aneinander. Die meisten Formen sind sehr fein
skulpiert und differenziert, so daß die Bearbeitung zum größten
Teil neue Formen, aber aus bekannten Kreisen ergab. Die
Farbe der Fossilien ist rein weiß, die Skulptur bis in die feinsten
Einzelheiten erhalten; nur sind infolge des massenhaften Auf-
tretens bei einem so beschränkten Raum viele Schalen lädiert.
Die Schlösser der Lamellibranchiaten und Brachiopoden ließen
sich leider nicht präparieren.
Des weiteren fand sich anstehendes Material auf dem Gipfel
der Forzella, direkt unterhalb des Signales. Hier liegt eine
Lumachelie, einzig gebildet aus den Schalen zweier Lamelli-
branchiaten, einer Daonella Tommasii nov. sp. ex. aff. paucı-
costatae Tornqu. und der kleinen Damesiella torulosa Tornauv.
Man ist versucht in diesem Falle an eine Art Symbiose beider
Muscheln zu denken. Bemerkenswert ist, daß Daonella pauet-
costata, sowie die Damesiella torulosa bis jetzt nur aus den
„Nodosusschichten“ (Tornau.) des Vicentin bekannt sind.
Ein dritter Fossilfundort von der Viezzena konnte bis jetzt noch
nicht näher. untersucht werden.
Seit langer Zeit bekannt sind die Latemarfossilien zwischen
Forno und Mezzavalle Leider sind es hier nur lose Blöcke,
die die Cephalopodenfauna enthalten. Ich habe mich vergeblich
bemüht, das Anstehende derselben aufzufinden. Petrographisch
gleichen die Kalke ganz und gar den Latemarkalken von den
Abhängen des Cävignon, in denen sich auch ab und zu ein
Fossil, aber nie die charakteristische Fauna der Fornoer Blöcke
fand. Ich hebe dies besonders hervor, da mir von anderer Seite
der Verdacht geäußert wurde, die Blöcke könnten, bei der auf-
fälligen Ubereinstimmung der Formen, von der Marmolata her
transportiert sein. Ich habe eine ganze Reihe der Blöcke unter-
sucht, darnach scheint es mir, daß dieselben alle von einem oder
einigen wenigen großen Blöcken stammen, die glazial aus dem
Val Sordakessel transportiert worden sind, oder von den Aus-
läufern des Cävignon direkt stammen. Das Auftreten der
Cephalopoden ist auch hier nicht Schicht-, sondern Nesterweise,
was sich an einem großen Block feststellen ließ. Daraus erklärt
sich wohl auch, daß das Auffinden des Anstehenden bisher nicht
geglückt ist. Die Forno-Fossilien, da zum großen Teil schon
früher beschrieben, wurden nicht mehr untersucht, dagegen
23
gelangten zur Bearbeitung die losen Blöcke von 2 und 3, sowie
die Fossilien vom Latemar und der Forzella mit Ausnahme der
Gastropoden, die später noch bearbeitet werden sollen.
Des massenhaften Auftretens von Diploporen im Dolomit
wurde schon gedacht, auch im Kalk treten sie häufig auf.
Es hat ganz den Anschein, als ob auch sie, ähnlich wie die
Fossilien, zu Nestern zusammengeschwemmt worden seien, da
sich neben Blöcken, die selbst im frischen Bruch die Diploporen
zahlreich aufweisen, andere Blöcke finden, die auch im an-
gewitterten Zustande keine erkennen lassen.!) Es scheint mir
dieses Verhalten besonders wichtig im Hinblick auf die Hypothese, ?)
daß die großen Tiroler Kalk- und Dolomitmassen in erster Linie
den Anhäufungen von Diploporen ihre Existenz verdanken. Gewiß
mögen diese an einzelnen Stellen gesteinsbildend auftreten, auch
auf größere Strecken hin, doch möchte ich ihnen die wesentliche
Bedeutung, die SAaLomon ihnen giebt, nicht zuschreiben. Vor
allem nicht für die Entstehung der Kalke des Latemar und der
Forzella. Vielmehr tritt hier ein anderer Körper stellenweise
in überwältigender Verbreitung auf, die Evinospongie, die ich mit
STOPPANI, ROTHPLETZ und SALoMoN für Organismen halte An
einigen Stellen, z. B. am Pizzancae, besteht der graue Kalk
wesentlich aus ihnen. Auch im weißen Latemarkalk treten sie
auf, hier besonders schön entwickelt. Diploporen können zu-
sammen mit ihnen vorkommen. Dagegen fand ich in den
Evinospongienblöcken nie ein anderes Fossil, gleichsam als ob
die Evinospongien allen anderen Organismen mit Ausnahme der
Diploporen die Existenzbedingungen geraubt hätten.°) Eine korallo-
gene Entstehung der Kalke und Dolomite möchte ich aus denselben
Gründen, wie ROTHPLETZ und SALoMmon sie anführen, von vornherein
ausschließen. Unter den vielen Stücken, die ich aufgelesen und
untersucht habe, fanden sich im ganzen nur zwei recht kümmer-
liche Fragmente von Korallen. Ich glaube daher, daß den
Evinospongien wenigstens eine ähnliche Rolle bei der Bildung
unserer Kalk-Dolomitmassen zuzuschreiben ist, wie den Diploporen.
!) Herr Prof. SALOMON sprach mir gegenüber Bedenken an der
Richtigkeit dieser Auffassung aus. Er glaubt, daß sich weder bei den
übrigen Fossilien noch bei den Diploporen das nesterartige Auftreten
durch Zusammenschwemmung erklären lasse.
2), Vergl. SALOMON: 1895.
®) Auch SALOMON wies 1895 S. 24 auf die starke Beteiligung
der Evinospongien an dem Aufbau der alpinen triadischen Kalke hin:
„Jedenfalls setzen sie einen ganz wesentlichen Teil der Lommeli-Kalke
und -Dolomite zusammen.“
24
Das Alter der Kalke und Dolomite.
Eine Altersbestimmung unserer Kalke und Dolomite bietet
insofern große Schwierigkeiten, als nur die wenigsten Formen
auch in anderen bekannten Horizonten auftreten. Um einen Ver-
gleich zu bekommen, habe ich daher sämtliche mit „cf.“ oder
„ex. aff.* bezeichnete Formen mit berücksichtigen müssen. Da
aus den besprochenen Gründen eine Gliederung der Dolomit-
Kalkmasse nicht möglich war, so sind in der nebenstehenden
Tabelle die Fossilien der verschiedenen Fundorte gemeinsam auf-
geführt worden, doch nehmen diejenigen des Latemar-Ostgipfels
an Zahl weitaus den größten Platz ein.
Als indifferente Formen und solche, die für die Alters-
bestimmung unwesentlich sind, müssen ausgeschaltet werden: die
beiden Megaphylliten, die Spirzgera trigonella, sowie der Peeten
discites. . Die in der nebenstehenden Tabelle angeführten Horizonte
können nun so zusammengefaßt werden, daß 1—-4 einer unteren
Abteilung der mittleren Trias, etwa bis zum oberen Muschelkalk
entspricht. 5—10 umfaßt die Horizonte bis zu den Raibler
Schichten, also im wesentlichen die Ladinische Stufe Bırrxers,
während die obere Trias in zwei, dem Alter nach verschiedenen
Gruppen, 11 und 12, sowie 13 und 14 in der Tabelle vertreten
ist. _ Bezeichnen wir die 4 Gruppen dem Alter nach als a, b, c
und d, so ist das Verhältnis dieser Gruppen in Bezug auf die
Häufigkeit der in ihnen wiederkehrenden Formen der Predazzaner
Kalkmassen = 3:13 (14):4:7. Es macht sich also ein ganz
entschiedenes Hervortreten der Ladinischen Gruppe bemerkbar.
Für die Latemarfundstelle allein berechnet, würde das Verhältnis
sein: 2:11 (12):2:4, also ein noch stärkeres Hervortreten
der Ladinischen Stufe.
Es weist dieses Resultat jedenfalls auf ein mitteltriadisches
Alter der Kalk-Dolomitmassen, entsprechend der Ladinischen Stufe, |
hin. Die Parallelisierung speziell mit einer der zum Vergleich heran-
gezogenen. Schichten ist nicht möglich, dagegen sind Übergänge
zu denselben vorhanden, sowohl zu jüngeren als älteren. Ein |
ähnliches Resultat hat neuerdings BroıLı für die Pachycardien- |
tuffe der Seißer Alp erhalten, die ja als heteropische, gleich-
alterige Gebilde des Schlerndolomits und somit wohl überhaupt
der Südtiroler Kalk-Dolomitmassen vom „Wengener Alter“ auf-
zufassen sind.
Buchensteiner Schichten.
Die mit einander so sehr in Widerspruch stehenden Resultate,
zu denen SaLomon auf der einen, KırrL auf der anderen Seite
bei ihren Untersuchungen über das Alter des Marmolatakalkes
Muschelkalk
2| Ung. Recoarokalk
l
cH Cephalopoda.
Arpadites ex. aft.
Aypadıs .
Arpadites ind. ex. aft.
.8zaboı. .
Megaphyllites ex. af.
Jarbas-Sandalinus
Megaph. ex. afl. in-
sectum-humnle
"Verwandte Form. d.
Cerat. Rombergin.sp.
Brachiopoda.
Spirigera trigonella .
Spirigera Wissmanni
Eihynchonella c£. baju-
Bitamea: 2 Ä
‚Ih. ex. af: Iycodon Ä
Rh. cf. Attilina
‚Spiriferina ex. aff. piae
var. dinaricae- .
Waldheimia cfr. con-
spieua . .
Cruratula Beyr ich.
Oruratula carinthiaca
Cruratula faucensis .|
Lamellibranchiata.
‚Daonella ex. aft. pauci-
costatae \
Posidonomya obliqua .
- Peeten discites .
Pecten interstriatus
. Pecten Broilii nov. sp.
Avicula cf.. arcoidea .
- Avicula ex.af. concinnad
- Lima Telleri u. paulula
Lima cf. alternans
Ouecull. ex.aff. seisianae
Cueullaea .cf. impressa
Damesiella torulosa _.
Gervillia cf. angusta
3
. Indifferente Formen | 2!
Summe|i
In Gruppen zusammengef.
Nach Abzug der in einer
Gruppe mehrfach Er
zählten Formen . .
+!
1
1
er
Sturia- Kalk
ol Worngansiı
Nodosus-Kalkk
-Marmolata-Kalk
Esino-Kalk
38
4
5
6
7
=8
2
1
f
3
18 (20)
'Weng. Schichten
Pachycardientuffe
St. Cassian
9
10
11
ar
(HH)
+
+ +
+
an
++
+
8(9)| 2
2.1465)
2
1
2 |4(5)178)
13 (14)
_Partnach Schichten||
Karnisch (Rotelst.)
Aonoides. Raibler Sch.
Cardita-Schichten
+
12
13
14
Kalk
Dachsteinkalk
Hallstätt.
+++
Fundort.
Latemar
Ten, u.
Forzella
|
Latemar
+|Latemar
|Forzella
Latemar
u:
Forzella
Laatemar
EEE
„)
Forzella
Latemar
26
gekommen waren, veranlassen mich, genauer auf die sog. „Buchen-
steiner Schichten* einzugehen, obwohl diese im Gebiet von
Predazzo kaum eine Rolle spielen.
SALOMON hatte auf Grund seiner Untersuchungen an Ort
und Stelle nachgewiesen, daß die Buchensteiner Schichten in
gleicher petrographischer Beschaffenheit sich vom Buchenstein bis
zur Marmolata hinüberziehen und hier das Liegende des weißen
Marmolatakalkes bilden. KırrL dagegen kommt auf Grund seiner
rein paläontologischen Untersuchungen zu dem Schluß, daß die
Buchensteiner Schichten im Marmolatakalk mit vertreten sind.
Der Gegensatz beider Anschauungen. ist um so merkwürdiger,
als beide Autoren scheinbar den direkten Beweis für ihre Behaup-
tung liefern. Man wird zwar dem paläontologischen Altersbeweis
den Vorzug vor dem rein petrographischen einräumen müssen,
namentlich dort, wo die fraglichen Gebiete weiter von einander
getrennt sind. Die Marmolata liegt aber in so unmittelbarer
Nähe des Buchensteins, daß dieser Vorzug keine Bedeutung behält.
Die Lösung dieses Widerspruches ist für die ganze Altersfrage
der großen Südtiroler Kalkmassen (Marmolata, Latemar, Esino-
kalk) von Bedeutung. Sie gipfelt in den Fragen: 1. treten Schichten
von der petrographischen Beschaffenheit der Buchensteiner Schichten
des Buchensteins nur in einem bestimmten stratigraphischen
Niveau innerhalb der südlichen Ostalpen auf und 2. gibt es
eine für diese Schichten charakteristische Fauna?
Wie ich im Laufe der Untersuchung sah, kommt Torxquısr‘)
aus denselben Gründen zu der ähnlichen Frage: „Sind die
Knollenkalke mit Protrachyceras Reitzi in Judikarien wirklich
die „Buchensteiner Schichten“, welche bei Buchenstein keine
Ammoniten geliefert haben?* Doch geht Torxauıst auf dieses
Problem nicht weiter ein. Die Lösung desselben mußte vor-
nehmlich in einer Durcharbeitung der Litteratur seit Aufstellung
der Buchensteiner Schichten durch v. RICHTHOFEN liegen, die nach-
stehende Resultate ergeben hat.
v. RıcHTHoOFEN“) gibt an, daß die Buchensteiner Schichten pa-
läontologisch nur durch wenige Formen charakterisiert seien: Ammo-
nites globosus und Halobia Lommeli, also zwei Fossilien, die in der
damaligen Fassung für eine engere stratigraphische Gliederung
unbrauchbar sind. Seine Charakteristik stützt sich im wesent-
lichen auf petrographische Merkmale. Von ihrer Verbreitung heißt
es: „Vom Buchenstein selbst ziehen sich Buchensteiner Schichten
über Pieve dureh das Livinalongo, andererseits in ununterbrochener
Linie über Colle di St. Lucia in die Costalonga und von dort
!) Vicent. Triasgeb. 1901.
?) 1860.
au
in's venezianische Gebiet. Vom den genannten Orten erstreckt
sich das Verbreitungsgebiet über den gesamten nördlichen Teil
des Tuffplateaus allenthalben unmittelbar über dem Mendoladolomit. *
1868 erwähnt Srur „Buchensteiner Schichten “an der Solschiada
(Gröden), sowie aus der Pufler Schlucht: Knollenkalke mit
„Ceratites binodosus“ und „Halobia Sturi“ und identifiziert sie
nach den Petrefakten mit dem Reiflinger Kalk.
In den beiden nächsten Jahren veröffentlicht dann Mossısovıcs?)
eine genauere Untersnchung über die Gliederung der Trias in
den Ostalpen und bespricht 1870 die von Srur gesammelten
Cephalopoden. Er kommt zu dem Resultat, daß die Buchensteiner
Kalke den Pötschen-Kalken des Salzkammergutes entsprechen.
Diese Identifizierung beschränkt sich nicht nur auf das gemein-
same Vorkommen der häufigsten Cephalopodenart, des Arcestes
tridentinus, sondern auch auf die charakteristische petrographische
Beschaffenheit der Schicht und die Erhaltungsweise der Fossilien.
Weiter wird dann gezeigt (S. 102), daß die Stellung der
Buchensteiner Schichten und des Pötschen-Kalkes zu den tieferen
Schichten eine ganz analoge ist, wie die der Kälke mit Arcestes
tridentinus im Bakonywalde; dann heißt es: „Arcestes tridentinus
kann geradezu als Leitfossil für eine bestimmte Abteilung der
oenischen Gruppe betrachtet werden, welche in den Nordalpen
durch die Pötschen-Kalke, in den Südalpen durch die Buchen-
steiner Schichten vertreten ist.“ Dann bei Besprechung des Arcestes
tridentinus hebt Mossısovics nochmals hervor, daß die „ver-
schiedenen Altersstufen angehörigen Exemplare des Arc. tridentinus
aus dem Bakonywalde gestatten, die Art mit Sicherheit in den
Buchensteiner Kalken Rıcnraorens, sowie in den Pötschen-Kalken
des Salzkammergutes wieder zu erkennen“.
Wohl am wichtigsten für die Beurteilung der Buchensteiner
Schichten und „ihrer“ Fauna ist die Arbeit von Böck über die
„geologischen Verhältnisse des südlichen Teiles des Bakony“?).
Zwischen dem Kalk mit Arcestes Studer‘ (also Muschelkalk!) und
dem Kalk mit Arcestes tridentinus liegt kieselreicher, gelblicher
oder grauer Kalk; dieser ist „häufig durch grünliche Mergel
überzogen, enthält öfter selbst grüne Flecke und Punkte“. Zu-
sammen damit finden sich dunkelfarbige, hornsteinreiche, plattflächige
Kalke, Die Fauna dieser Schichten ist scharf abweichend
und getrennt von der des Arcestes Studert und der
des Arcestes tridentinus. Es stammen aus diesen Schichten
(Sch. d. „Ceratites Reitzi“):
1) 1869, 1870.
2) 1873 $. 86.
28
„Arcestes bathyolcus Böckn,
Arcestes angusteumbrlicatus BÖcKR,
Ceratites Reitzi Böckn,
Oeratites Zalaensis Böckn,“
dann heißt es: wörtlich weiter! wir wissen, daß..„wie Bergrat |
Moy,sısovics ' gezeigt, die roten. Kalke des Bakony mit Arcestes
tridentinus dem Pötschen-Kalk des Salzkammergutes, sowie dem
Südtiroler Buchensteiner Kalk entsprechen. . Es: können daher
zum ‘Vergleich nur. jene Schichten herangezogen werden, welche
zwischen dem Reiflinger Kalk und dem Kalk mit Arc.
Tridentinus gelagert sind.“ .Böckk stellt sie infolge dieser
Betrachtung und wegen des Auftretens „grüner Einschlüsse* im
Reitzi-Kalk zur Basis der Oenischen Stufe; denn MosJsısovics
erwähnt aus diesem Horizont in den Norischen Alpen gleichfalls
„grüne glaukonitische Einschlüsse“; das _ letztere Analogon ist
jedenfalls sehr zweideutig und unsicher... Es. folgt dann 8. ‚88
die Besprechung der Tridentinus-Kalke — Buchensteiner Kalk —
Pötschen-Kalk. Es ist ein. - roter, meist sehr. hornsteinreicher |
Kalk, in dem der Hornstein gleichfalls rote. Farbe zeigt. Aus
diesem Zirrdentinus-Kalk werden aufgezählt: er
Trachyceras .cf. Archelaus,
2. pseudoarchelaus,
Phylloceras Böckht,
Orthoceras Sp., .:
Halobia Lommelt,
Arcestes tridentinus,
RR pannonicus,
Ammoniites. Arpadls,
h Szaboz,
Trachyceras Bekononm, |
Schon in den nächsten beiden Jahren erfährt diese Gleich-
stellung eine Änderung. Ich. zitiere zunächst eine Bemerkung
von Mossısoviıcs aus dem Jahrbuch der K. K. geolog. Reichsanstalt
1873 (S. 432): daß es „vorläufig noch zweifelhaft ist, ob alle die
‚Hornstein- und Knollenkalke, auf welche die Bezeichnung „Buchen-
steiner ‚Kalk‘ angewendet worden ist, mit den paläontologisch,
wenn auch. noch sehr dürftig charakterisierten. Bildungen des
Grödner Tales zusammenfallen, welche im Normalprofil der Pufler
Schlucht von v. RıCHTHOFEN Buchensteiner Kalk genannt wurden.“
Diese ‚‚sehr dürftige‘‘ Charakterisierung erstreckt sich im wesent-
lichen auf einen „Zrachyceras cf. Reitzi“, der jedoch mit dem
eigentlichen Zrach. Reitzi nicht in allen Punkten übereinstimmt.
Auf Grund eben dieses Trach. cf. Reitz! wird. nun: .(S.: 433)
die Parallelisierung der Buchensteiner Schichten -aus dem Grödner
Ä
23%
Tal mit den Reitzi-Kalken des Bakony vorgenommen, und im
gleichen Satze finden wir jetzt Arcestes tridentinus als Leitfossil
für die hangenden Schichten der Buchensteiner Kalke, für die
Wengener Schichten angeführt.
Diese neuen, von Mossısovıcs vorgenommenen Verschiebungen
wiederholen sich dann im nächsten Jahre!). Der Kalk mit
| Arcestes. tridentlinus wird als gleichbedeutend mit den Wengener
Schichten zitiert (S. 90, 103), und es wird nochmals auf Grund
| des obenerwähnten Trach. cf. Reitz! die Vermutung ausgesprochen,
ı daß der Reitzi-Kalk des Bakony- identisch sei mit dem Buchen-
| steiner Kalk des Grödner-Tales, der auch in seinen Lagerungs-
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
verhältnissen Ähnlichkeiten mit jenen aufweist. Es mag hier
noch Erwähnung . finden, daß in der gleichen Arbeit (S. 120)
MoJsısovıcs seine frühere Parallelisierung der Buchensteiner.
Schichten mit den Pötschen-Kalken für einen Irrtum erklärt, und
zwar. stellt er letzteren jetzt in die „norische* Abteilung der
Hallstätter Kalke.
Bis zum Jahre 1879?) ist der vorbesprochene Wechsel in
der Auffassung von Mossısovics definitiv vollzogen, ohne daß ich
eine weitere Erklärung dafür gefunden hätte. Arcestes tridentinus
und die übrigen von Böcknu aus seinem Trrdentinus-Buchen-
steiner Kalk zitierten Cephalopoden werden als charakteristische
Fauna der Wengener Schichten aufgezählt, statt dessen figuriert
nun die Fauna der Reetzi-Kalke, zusammen mit einigen anderen
Cephalopoden als die Fauna der Buchensteiner Kalke. |
Ich habe diese von Mossısovıcs gegebene Fossilliste der
Buchensteiner Schichten auf Grund seiner „Cephalopoden der medi-
terranen Triasprovinz“ und späterer Funde von Bittner und 2.T.
auch von Tornquist ergänzt und die Fundorte dazu notiert. Die Da-
onellen, die Mossısovıcs mit anführt, habe ich fortgelassen, da ihr
Lager meist nicht genau mit dem der Buchensteiner Schichten über-
einstimmt, sondern dicht darunter liegt; Sperzferina Menzel aber
und Atractites Böckht können nicht als charakteristisch für eine be-
stimmte Zone gelten. So beschränke ich mich auf die Cephalopoden
als die für die Parallelisierung wichtigsten Petrefakte. (s. S. 30.)
Das aus dieser Zusammenstellung sich - ergebende Resultat
ist überraschend. Aus dem Buchenstein oder auch nur seiner
Nähe finden wir auch nicht einen einzigen Cephalopoden. Die
nächstliegende Fundstelle von analoger petrographischer Be-
schaffenheit wäre Solschiada in Gröden und Wengen mit nur je
einem sicheren und zwar demselben Cephalopoden, dem Arcestes
11874.
?) Dolomit-Riffe.
Arcestes bompianus
Buchenstein
e: cimmensis .
5 marchenanus .
Joannites tnilabiatus
= bathyolcus
Hungarites Mojsisoviesi |
> COSTOSUS .
= sagorensis .
Norites aff. grudolis
Megaph. oenipontanus
Ptychites angusteumbi-
‚hicatus . ERET,
Longobardites Zsigmon-
daR 2.
Monophyllites
gensis
"cf. wen-
Arpadites afl. Arpadis
ei trettensis
5 Liepoldtv
Trachyceras Curionti
A chiensense .
j Reitzi
; mMargarnt-
tosum
“ recubariense
Ceratites Böckhi
felsoe-orsense
m, hungaricus
Zezianus .
Hantkent .
Pufler Schlucht
+
—
‚Solschiada (Gröden)
+ | Wengen
rel
30
Bakony
+++4
++4+++
Fe
Judicarien
Vicentin
Ar iegje |
+
+
a er
Marmolatakalk
Weitere Fundorte
oder }
Angabe der Zone
nach MoJsısoVvIcs
Krain.
Krain mutmaßl. Zone
d. Trrach. Reitzi.
Zone d. Cerat. trino-
dosus.
07,2 Trach. Reitizi
Zone d. Trach. Arche-
laus (?)
Zone d. Trach. Reitzi v.
Idria
Zone d. Trach. Reitzi
» » Trach. Arche-
laus
Zone d. Trach. Arche-
laus
„..a.-Zrach. Reue,
Idria
Caprile i. Bänderkk. d.
Buchenst. Sch. b. Colle
di St. Lucia cf. RICHT-
HOFEN.
+] Monte Cislon.
\
)
|
in
31
trompianus, auf dessen Auftreten bei seiner nahen Verwandtschaft!)
mit älteren und jüngeren Formen nicht so viel Wert gelegt
werden kann. Dann erst folgen die Buchensteiner Schichten aus
der Pufler Schlucht mit 4 Cephalopoden, darunter wieder der eben
angeführte Arcestes trompianus und Monophyllites cf. wengensts,
der gleichfalls keine Bedeutung hat, da er nach MouJsısovics
sowohl in der Zone des TZrach. Reitzi, als in der des Trach.
Archelaus auftritt; die beiden anderen sind Zrach. Ourionii und
Reitzi. Es geht aus der Arbeit leider nicht hervor, ob dies
„Jrachyceras Reitzi“ dasselbe Stück ist, das derselbe Autor
früher als „efr. Reitzi“ bezeichnete und von dem er hervorhob,
daß es „mit dem Reetzi. nicht in allen Punkten übereinstimmt.“
Bei der Fundortangabe des Trach. Reitzi von 1882 figuriert
jedenfalls nur ein einziges Exemplar aus der Pufler Schlucht.
Es ergiebt sich also Folgendes: Obwohl Mossısovics selbst
die Möglichkeit erkannt hat, daß nicht alle diese bisher als
„Buchensteiner Schichten“ bekannten knolligen Kalke wirklich zu
ein und demselben Horizont gehören, faßt er doch 1879 alle diese
„Buchensteiner Kalle wieder zusammen und vereinigt sie auf
Grund eines nicht völlig identifizierten „Zrachyceras Reitzi“ und
eines Zrach. Curionil mit den Rertzi-Kalken des Bakony; er ver-
nachlässigt dabei ganz. daß Böckn diese Reitzi-Kalke ja unter
seine „Buchensteiner Schichten“ = „Tridentinus“-Kalke gestellt hat.
‘ Arcestes tridentinus aber, der noch 1870 als „Leitfossil“ der
Buchensteiner Schichten figuriert, ist jetzt Leitfossil der Wengener
Schichten, wie denn auch 1882?) als Fundort dieses Arcesten stets
die Zone des Trach. Archelaus angegeben wird, Es ist dabei
höchst sonderbar, daß die 1870 S. 104 aus „grauen hornstein-
führenden knolligen Kalksteinen (Buchenusteiner Kalk)“ zitierten
drei Exemplare von Arcestes tridentinus von Solschedia ver-
schwunden sind, sie finden sich weder bei der Fundortangabe des
Joannites tridentinus noch bei der des Arcestes subtridentinus
noch sonst bei einem der besprochenen Arcesten und Joanniten.
Andererseits geht aus der Tabelle aber deutlich hervor,
daß wir offenbar einen gemeinsamen, gut charakterisierten Horizont
im Bakony, in Judikarien und im Vicentin haben, indem Judikarien
mit dem Bakony 6, mit dem Vicentin 4 Cephalopoden gemeinsam
hat und zwar lauter charakteristische Formen, keine Arcesten.
In Wirklichkeit fehlt also jeder Anhaltspunkt dafür, die im
nördlichen und östlichen Südtirol auftretenden, von v. RıcHtnorFEN
1) Arcestes exctralabiatus (Zone d. Cerat. trinodosus), Arcestes
subtridentinus (Zone d. Trach. Archelaus).
2) 1882. Abhandl.
32
zuerst als Buchensteiner Schichten bezeichneten Kalke mit den
Reitzi-Kalken des Bakony, des Vicentin und von Judikarien zu
vereinigen. Höchstens könnte man auf Grund des Auftretens von
Trach. Curionii, dessen Original vielleicht bei dieser Sachlage
noch eine Nachprüfung verdiente, die Vermutung aussprechen,
daß die Knollen- und Bänderkalke der Pufler Schlucht mit den
Reitzi-Kalken des Bakony identisch sind.
Drei Jahre vor dem Erscheinen der „Dolomitriffe“ hatte.
Mossısovics !) in Recoaro die Buchensteiner Schichten „unbedenk-
lich“ bestimmt auf Grund ihres petrographischen Charakters und eines
von Bevrıcn gesammelten Fragmentes, welches mit Trach. Reitz
„nahe verwandt oder identisch ist“. 1878 führte Lersıus, der.
die Buchensteiner Schichten des Vicentin aus eigener Anschauung
kannte, diese in Judikarien ein, beruft sich dabei aber stets auf ihren
petrographischen Charakter: Knollenkalke, Pietraverde, und in den
oberen Abteilungen Hornsteinknollen. Bei. Besprechung einer
Fossilliste bemerkt dann Lersıus, daß Ammonites tridentinus
für die untere Abteilung der Halobienschichten, den Buchensteiner
Kalk, leitend sei. Wie wir gesehen haben, -entspricht das der
älteren Auffassung von Böck# und Moyssısovics, während letzterer
das Fossil im nächsten Jahre als leitend für Wengener Schichten
angiebt. Lersıus fährt dann fort „doch ist die Fauna beider
Stufen“ (Buchensteiner und hangende Halobien — Wengener
Schichten) „überhaupt eine einheitliche, da die meisten Formen durch
das ganze System der Halobienschichten hindurchgehen. . . . . des-
halb habe ich auch die Schichtenreihe zwischen den Brachiopoden-
kalken?) und den Cassianer Tuffen unter dem bezeichnenden
Namen der‘ Halobienschichten ‘zusammengelassen.*“ Somit läßt
Lersıus die Buchensteiner Sch. nur als petrographischen Horizont
gelten, ohne ihm eine palaeontologisch-stratigraphische Selbst-
ständigkeit zu geben. Bei Besprechung einzelner Profile wird
dann später Arcestes trompianus und marchenanus aus diesen
Schichten erwähnt.
Bittner bringt in seinen .‚Geologischen Aufnahmen in
Judicarien‘“?) über die Buchensteiner Schichten im wesentlichen
nichts neues. Er giebt eine Fossilliste aus ihnen, die zum
großen Teile schon bei Lersıus enthalten ist, und die ich in der
Tabelle berücksichtigt habe. Arcestes tridentinus") wird aus
den Wengener Daonellenschiefern angeführt.
') 1876.
2) — Unt. Muschelkalk.
®) 1881 S. 255 und 1883.
4) 1881 S. 262.
39
Wichtiger ist dagegen, was Bırrser im Jahrbuch 1883
über die Buchensteiner Schichten von Recoaro sagt. Er bespricht
diese im wesentlichen im Anschluß an Mossısovics und betont
den petrographischen Charakter. Die Fossilien sind gleichfalls in
der vorstehenden Tabelle schon berücksichtigt. S. 600 heißt es
dann: ‚Nach der Parallelisierung der liegenden Schichten kommt
man dann ferner ganz naturgemäß dazu, in den zunächst über-
lagernden bunten Knollen- und Kieselkalken mit Pietraverde und
anderen Tuffgesteinen eine exakte Vertretung der Buchensteiner
Schichten zu erkennen.‘ Auf S. 603 bespricht dann Bırrner
die möglichen Einwände gegen seine Parallelisierung der Schichten
von Recoaro und sagt dabei: ‚Man müßte in erster Linie die
äußerst gewichtigen Einwürfe, die sich aus der Existenz von den
Buchensteiner Schichten analogen Gebilden ergeben, aus dem
Wege räumen. Etwa mit dem Hinweis darauf, daß eine Ent-
wicklung von Kiesel- und Knollenkalken mit Pietraverde und der
Fauna der Buchensteiner Kalke ja nicht an ein einziges Niveau
sebunden zu sein braucht.‘“... ,,So wenig Wahrscheinlichkeit
eine solche Deutung... haben mag, so läßt sich dieselbe doch
nicht einfach von der Hand weisen, und eine gewisse Berechtigung
wird man derselben immerhin zugestehen müssen!“ ‚Nun haben
wir aber gerade gesehen, daß es in Wirklichkeit gar keine Fauna
der ‚„‚Buchensteiner Schichten‘ (sens. str.) vom Buchenstein und
Umgebung gibt. Auf das petrographische Moment allein darf
aber keine zu große Wichtigkeit gelegt werden.
Rekapitulieren wir diese Ausführung, so ergiebt sich klar,
daß der Begriff der Buchensteiner Schichten eine rein lokale
Bedeutung hat und zwar aufgestellt ist für ein System von
Knollen- und Bänderkallen mit Kieselimprägnation, z. T. auch
mit Zwischenlagen eines grünlichen Tuffes (Pietraverde) in dem
östlichen Südtirol, soweit man diese Schichten in ununterbroche-
nem Zusammenhang vom Buchenstein aus verfolgen kann. Will
man über dies Gebiet hinaus den Namen verwerten, so darf der
Begriff der ‚Buchensteiner Schichten‘‘ nur ein petrographischer
—: facieller sein. Andererseits kennen wir aus aem Bakonywald,
von Judikarien und aus dem Tretto einen bestimmten, durch Leit-
ammoniten ausgezeichneten Horizont, den man ohne zwingende
Gründe bislang mit den Buchensteiner Schichten parallelisiert hat.
Der Name ‚‚Buchensteiner Schichten‘ ist für diesen Horizont
aufzugeben und statt dessen eine Zonenbezeichnung einzuführen:
Zone des Trach. Reitzi, Curioni! und recubartiensis. Hiermit ist
die Lösung des eigenartigen Konfliktes an der Marmolata und
der von Torxquisr aufgeworfenen Frage gegeben. An der Basis
der Marmolatakalke haben wir die typischen „Buchensteiner
Zeitschr. d. D. gcol. Ges. 56. 1. B)
34
Schichten“, in dem Marmolatakalk selbst aber die vorerwähnte
Zone vertreten. Diese Trennung der früheren Buchensteiner
Schichten in - die Zone der Trach. Reitzi- Curionit-recubartensis
und die Buchensteiner Schichten in der engeren Fassung als
lokaler petrographischer Begriff schließt nicht aus, daß beide an
irgend einem Punkte wirklich einmal zusammenfallen, vielleicht
z. B. in der Pufler Schlucht.
Bei Predazzo fehlt ein durchgehender, petrographisch wohl
charakterisierter Horizont von „Buchensteiner Schichten“, wie wir
bei der Besprechung der massigen Dolomite und Kalke gesehen
haben. An einzelnen Stellen ließen sich zwar Knollenkalke, auch
Bänderkalke und -Dolomite beobachten, ihre Verbreitung aber ist
nur eine lokale. Auch dieser Umstand spricht gegen die Be-
wertung der Buchensteiner Schichten als eines konstanten petro-
graphischen Horizontes mit gleichbleibender Fauna. Denn bei
der bisher angenommenen gleichförmigen Entwicklung der Buchen-
steiner Schichten über ein so großes Gebiet von Bakony bis zum
westlichen Süd-Tirol ist es merkwürdig, daß innerhalb einzelner
verhältnismäßig kleiner Gebiete olıne sichtbaren Grund diese kon-
stanten Bildungen aussetzen sollten.
D. Tuffe und Laven von jung triadischem Alter.
Unterhalb des Agnellokopfes an der Treska und auf dem
eigentlichen Dosso Capello-Gipfel entwickeln sich aus den obersten
Wengener Kalken die eigenartigen Tuffbreecien, die zuerst von
Doerter!) und Mossısovics?) kurz beschrieben wurden und
neuerdings von RoMmBERG erhöhte Beachtung erfuhren. Diese
Tuffe sind deutlich gebankt, teilweise fein geschichtet. Für sie
charakteristisch ist ihre hellgrüne bis grüngraue Farbe und die
zahlreichen Kalkeinschlüsse. Letztere wechseln von winzigen
Dimensionen bis zu Kopfgröße und sind vorwiegend in den
unteren Lagen enthalten, treten in den oberen zurück oder
können ganz fehlen. Die Wichtigkeit, die RomBErG diesen Tuffen
für die Auffassung der Tektonik zugeschrieben hat, erwies sich
als völlig berechtigt, wie sich aus dem folgenden Abschnitt
ergeben wird.?) Außer von den obenerwähnten Punkten sind die
), 4870.
2) 18798. 399.
®) Ein merkwürdiges, den Brockentuffen auffallend ähnliches
Gestein, auf das mich Herr Dr. ROMBERG zuerst aufmerksam machte,
findet sich in der Nähe des Mitteraußerlegers beim Karersee. Bei
näherer Untersuchung erkennt man, daß es sich hier aber nicht um
einen Tuff, sondern um ein grünlich verwitterndes, schwarzes Eruptiv-
35
grünen Tuffe schon seit längerem bekannt von Forno und von der
Costa di Viezzena.
Über den Tuffen breiten sich die bekannten Laven des
Asnello aus. Sie bilden als jüngstes Glied den Abschluß
der triadischen Entwicklung im Gebiet von Predazzo. Über ihr
genaues Alter läßt sich natürlich nichts sagen, vermutlich hängen
sie zeitlich mit den mächtigen dunklen obertriadischen Erguß-
gesteinen des oberen Fassa und der Seißer Alp zusammen.
Frau Ocınvız Gorpon hat in ihrer jüngsten Arbeit‘) die
dunklen lavaartigen Gesteine des oberen Fassa als Lagergänge
aufgefaßt. Ich kenne die dortigen Verhältnisse nicht genau
genug, um über die Richtigkeit dieser Auffassung ein Urteil ab-
geben zu können. Für die Gegend von Predazzo ist diese Auf-
fassung nicht denkbar. Allerdings kommen auch hier Lager-
gänge vor, aber nur ganz untergeordnet. Die großen Melaplhyr-
und Porphyritmassen bei Predazzo müssen aber als echte Lava-
decken aufgefaßt werden, da ja an ihrer Basis regelmäßig die
vorbeschriebenen wohlgeschichteten grünen Tuffe auftreten, die
mit Intrusionsbreeeien nicht verwechselt werden dürfen; ganz abge-
sehen von den durch RomBEr6 beschriebenen braunen Tuffen, die
streckenweise zwischen den Melaphyren auftreten.
Was aber das Verhältnis der dunklen Laven zu den
Predazzaner Tiefengesteinen betrifft, so möchte ich schon an
dieser Stelle darauf hinweisen, daß ich auf Grund der tektonischen
Untersuchungen zu demselben Resultat gekommen bin, wie z. T.
schon SALOMon, BRÖGGER und RomBerg, daß beide in keinem
genetischen oder zeitlichen Zusammenhang miteinander stehen,
daß vielmehr die Intrusion der Tiefengesteine von der
Effusion der Laven durch Zeiten intensiver Gebirgs-
bewegung getrennt sind.
» Mossısovics schied auf seiner Karte die „Melaphyrmassen
des Mulat, des Feudale u. s. w.“ als „unzweifelhafte Gangmassen“
von den „wirklich stromförmigen Augitporphyrmassen auf dem
Gipfel des Mt. Agnello und des Cornon“*, hält aber die letzteren
für die gleichen, nur aus dem Eruptionsschlot ausgetretenen
Bildungen, wie die anderen.
gestein handelt, das zahlreiche eckige Kalkfragmente, daneben auch
Brocken von Quarzporphyr in sich schließt. Die Blöcke kommen aus
einem der Risse des Latemarkalkes. Offenbar handelt es sich hier
um ein dunkles, gangförmiges Gestein, das auf einer von Gesteins-
trümmern (Reibungsprodukten) erfüllten Spalte emporgedrungen ist
und das zertrümmerte Material umschlossen hat.
!) OGILVIE-GORDON 1902 — 03.
ame
36
Einen Unterschied in dem geologischen Auftreten beider
habe ich nicht finden können. Die „unzweifelhaften Gangmassen*
sind nach meinen Untersuchungen Teile der ursprünglichen Lava-
decke, die an Verwerfungen in die Tiefe gesunken sind, wie sich
in dem tektonischen Teil dieser Arbeit zeigen wird.
Dr. Romgere !) fand in den „Melaphyrmassen echte schwarz-
braune Melaphyrtuffe* an verschiedenen Punkten auf, eine Er-
scheinung, die unbedingt auf eine stromartige Entstehung der
„Massen“ mit eingeschalteten Tufilagen hinweist.
Nach den neuesten Untersuchungen beteiligen sich wesentlich
zwei Gesteinstypen an dem Aufbau der dunklen Laven: Melaphyr
und Plagioklas-Augit-Porphyrit. Die Hoffnung, durch „sichere
Bestimmung der einzelnen Sedimenthorizonte* ?) eine Entscheidung
über die Altersbeziehungen beider Gesteine zu bekommen, hat
sich leider nicht erfüllt. Für die Stratigraphie der Gegend von
Predazzo dürfte dieselbe auch von keiner wesentlichen Bedeutung
sein, zumal nach Dortrer°®): Plagioklasporphyrite, basischere
Augitporphyre und Melaphyre „alle durch Übergänge ver-
bunden“ sind.
Tektonischer Teil.
(Vergleiche die Karte [Taf. I] 1: 50000).
Die Untersuchung über die Tektonik des Schichtgebirges bei
Predazzo hat eine Reihe neuer Resultate gezeitigt, die auch ein
verändertes Bild von der Intrusion der Tiefengesteine und deren
Verhältnis zu den Effusivgesteinen geben.
An dieser Stelle sollen nur die Störungen innerhalb oder
an der Grenze des Sedimentär- bezw. Lavengebietes besprochen
werden. Die in Gemeinschaft mit Herrn Dr. RomBErG aus-
geführten Untersuchungen über solche Störungen, die aus den
Sedimenten in das eigentliche Eruptivgebiet hinübergreifen, können
erst zusammen mit der gemeinsamen Karte in einer später
erscheinenden Arbeit des Herrn Dr. RomBere publiziert werden.
Es stellte sich bei der Untersuchung heraus, daß der
tektonische Aufbau viel komplizierter ist, als man nach den
früheren Arbeiten glauben sollte. Was zunächst diese älteren
Untersuchungen anbelangt, so hatte v. Rıcmh'rHnoren keine speziellen
Störungslinien aus der Predazzaner Umgegend angeführt; dagegen
finden sich bei Mossısovics genauere Angaben über wichtige
ı) Predazzo 3, S. 11. Predazzo 1, 2, S. 12.
?2) Predazzo 1—2, S. 6. |
®, Führer 1903. Exkursion nach Predazzo, S. 5.
97
Verwerfungen und ihren Zusammenhang mit den Eruptivgesteinen.
In der Val Sorda!) nimmt er einen Sprung an zwischen den
Werfener Schichten, die oberhalb der Malga Val Sorda anstehen,
und einem südlich abgesunkenen Gebirgsteil. Eingehender be-
schäftigt er sich mit der Satteljochstörung, an der seiner Ansicht
nach das südliche Gebirge um 400—500 Meter abgesunken ist.
Er hält diese Linie für die Fortsetzung der Viezzena-Verwerfung.
Da diese Störung die Eruptiva des Mulatto scheinbar überspringt,
also älter ist als diese, Mo,ssısovıcs auch sonst keine Spalte von
größerer Wichtigkeit kennt, so erklärt er diese Linie als die
„Fleimser Eruptivspalte“.
Gegen einen Zusammenhang der Viezzena- mit der Sattel-
jochstörung sprach sich dann Reyer aus, der auf eine Ver-
bindung der Satteljochstörung mit dem plötzlichen Abschneiden
der Vardabescholle hinwies. Er sieht den Mulattorücken für die
Haupteruptionsspalte an. Aus der Verbreitung gewisser bankiger
Kalke und Feldspatsandsteine schließt Rever des weiteren auf
eine Verwerfung, die in ONO-Richtung die Malgola schneidet, mit
Einsinken des Nordflügels. Eine weitere große Verwerfung setzt
nach ihm NO durch das Viezzenagebiet, wobei der Nordflügel um
ca. 1000 Meter sich gesenkt haben soll.
Hugßer beschränkt sich tektonisch auf die Wiedergabe der
von Mossısovıcs und ReyEr gewonnenen Resultate. ohne etwas
neues hinzuzufügen.
Das normale Profil durchschneidet man (cf. S. 9 ff) beim
Aufsticg von Zännon durch die Val Averto und ihren oberen
Teil, die Val bonetta zum Agnello, und zwar von den unteren
Werfener Schichten an bis zu den Decklaven über den Wengener
Kalken. Die Val Averto selber folgt einer Störung; denn während
bei ihrer Ausmündung auf der Ostseite sich über einem unteren
Dolomitsockel die bituminösen Bänderdolomite (S. 18) und
darüber erst die Hauptmasse des Dolomits entwickeln, fehlen
diese unteren Dolomitbildungen scheinbar auf dem Westabhang.
In Wirklichkeit entspricht hier die westliche Dolomitmauer einer
Verwerfungskluft, die zwischen ihr und den liegenden Schichten
(Muschelkalk bezw. Werfener Schichten) hindurchgeht. In der
Höhe der kleinen, durch die bituminösen Bänderdolomite hervor-
gerufenen Terrasse beobachtet man auf der Ostseite des Baches
mehrere annähernd parallele Verwerfungen mit NNO Streichen;
die Sprunghöhe an jeder einzelnen dieser Verwerfungen ist zwar
nur gering, oft nur einen halben Meter, doch scheinen sie zahl-
reich zu sein und sich am Südabhang der Forzella gegen Predazzo
1) 1879 $. 383.
38
hin zu wicderholen. Ein großer Teil der schmalen Querrunsen
dürfte ihnen entsprechen; bei der vielfach nur geringen Sprung-
höhe und der Entwicklung großer Schottermassen ist ihr Verlauf
im einzelnen nur schwer nachweisbar.
Die gleichen Querverwerfungen lassen sich dann weiter oben
am Abhang der Forzella gegen die Val Averto in ciner Höhe von
ca. 2000 m verfolgen. Dort werden die Kalke durch eine
ca. N 70—S0 W laufende Verwerfung gestört, in der Art, daß
die höheren, deutlich gebankten Kalke gegen die tieferen massigen
absinken und eine deutliche, längs des Berges ziehende Terrasse
bilden. Diese wird nun ihrerseits wieder durch die vorerwähnten
Querverwerfungen in einzelne Schollen zerlegt. Von dem Berg-
grat westlich der Val Averto, vom Cornon, lassen sich diese Ver-
hältnisse gut übersehen, so wie es nebenstehende Skizze Fig. 1
darstellt.
Fig. 1. Längs- u. Querverwerfungen an der Forzella.
Ein Verfolgen weiterer Störungen in dem Berggrate von
der Forzella bis zum Agnello wird außerordentlich erschwert,
bezw. unmöglich gemacht durch das Fehlen charakteristischer,
leicht wiederzuerkennender Zwischenlagen; dazu kommt die stark
entwickelte Klüftung, die von der Bankung des Gesteins nicht
unterscheidbar ist. Ich glaube bestimmt, daß der Forzellastock
noch von einer ganzen Reihe von Sprüngen durchsetzt wird, die
den vorbeschriebenen parallel gehen, doch gelang mir der Nach-
weis im einzelnen nicht.
Kreisrunde, flache Bodenvertiefungen, die namentlich auf der
Strecke vom Dosso Capello zur Forzella häufig auftreten und
sich durch eine besondere Flora auszeichnen (Eisenhut und eine
große schöne Distel), dürften nach Art der Dolinen entstanden
39
sein. Eine im Sommer eiskalte, im Winter wärmere Quelle am
Westabhang des Dosso Capello, dicht unter dem Gipfel, weist auf
eine Eisgrotte hin.
Beim Abstieg vom Agnello zur Treska, diesem eigentüm-
lichen karähnlichen Kessel zwischen Agnello und Dosso Capello,
passiert man die auf der Karte als V bezeichnete Verwerfung.
Von dem höchsten Punkt der Treska (2180 m der Generalst.-K.)
fallen die Lavamassen des Agnello gegen die westlich des Karten-
gebietes gelegene Val Stava hin in steilen Wänden ab, während
neben ihnen gegen Norden zu mit einer schwachen Neigung der
Kalk des Dosso Capello liegt. Etwas weiter südöstlich, ungefähr
in gleicher Höhe, an der vorspringenden Nase des Agnello lagert
die gleiche Dislokation den Kalk gegen die schwach nord-
geneigten Tuffe.
Zum besseren Verständnis der jetzt zu beschreibenden
tektonischen Verhältnisse wird es nötig sein, erst die auf der
Karte als I und IV bezeichneten Linien ins Auge zu fassen.
Diese folgen im wesentlichen der Grenze zwischen den dunklen
Porphyrit-Melaphyrmassen und den Sedimenten des Dosso Capello-
Forzellazuges resp. des Latemar. Bisher wurden diese Linien nie
als tektonische aufgefaßt, man hielt sie vielmehr für den Rand
des „alten Kraterschlundes“, der bis oben hinauf mit den dunklen
Gesteinen angefüllt wäre, oder man betrachtete die großen Lava-
massen als „Gangmassen“!) von großer seitlicher Ausdehnung.
Schon im stratigraphischen Teil habe ich darauf hingewiesen,
daß die Erscheinungsform dieser Massen ganz die gleiche ist,
wie die der Agnellolaven.
Eine geologische Trennung der dunklen Massen unterhalb
des Dosso Capello gegen Predazzo von denjenigen zwischen
Mt. Feudale und Mezzavalle bezw. Forno erscheint durch nichts
gerechtfertigt, ist auch bisher nie geschehen, wenn auch petro-
graphisch eine solche denkbar ist. Bei Forno findet sich nun
aber an verschiedenen Stellen das Liegende dieser Laven auf-
geschlossen und zwar ganz analog wie am Agnello, zuerst die
grünen Tuffe mit Kalkbrocken und darunter die Wengener Kalke.?)
Ich glaube, daß diese Aufschlüsse direkt dafür beweisend sind,
daß die gesamten dunklen Massen bei Predazzo, auch die des
Mulatto, die oberste Decke eingebrochener Schollen darstellen.
Vielleicht erscheint auf den ersten Blick die große Mächtigkeit
dieser Porphyrit- und Melaphyrmassen, die am Mulatto bis zu
!) Mossısovics 1879 S. 388. — DOoELTER 1903: Exkursion
nach Predazzo, S. 9.
?), Herr Dr. ROMBERG hat die Tuffe hier bei Forno schon früher
beschrieben und mich speziell auf sie aufmerksam gemacht.
40
einer Höhe von ca. 1000 m über dem Talboden reichen, dem zu
widersprechen. Dagegen ist zu betonen, daß das Denudations-
relikt auf dem Agnellogipfel jetzt noch 2—300 m mächtig ist
und daß eine Reihe von parallelen Brüchen, wie ich sie am Kalk
der Forzella in kleinstem Maßstabe oben beschrieben habe, und
daraus sich ergebendes staffelförmiges Absinken innerhalb der
dunklen Massen leicht diese Mächtigkeit erklären. Im Einzelnen
ließen sich diese Brüche nicht verfolgen, ihre Existenz verrät
sich an zahlreichen Ruschelzonen und Harnischen im Porphyrit
und Melaphyr; auf Figur 6 habe ich sie durch punktierte Linien
angedeutet.
Die Scholle Mt. Feodale-Forno-Mezzavalle ist abgesunken an
der Verwerfung -IV (cf. Karte und Figur 6), in deren Ver-
längerung der Aufbruch des Predazzaner Granites längs des
Avisio Flusses liegt. In dem südlichen Teil folgt ihr der Lauf des
Vardabebaches. Infolgedessen sind hier die Aufschlüsse günstig.
Von ca. 1200 m bis zur Höhe des Vardabeplateaus kommen hier
übereinander die Schichten des Bellerophonkalkes, der unteren
bis oberen Werfener Schichten neben den Melaphyr zu liegen;
in der Nähe der Verwerfung sind diese dann meist stark gestört.
Oberhalb der Quelle des Vardabebaches ca. 1700—1800 m läuft
die Grenze in NNO-Richtung als deutlich im Terrain sich markie-
rende Furche zwischen den Wengener Kalken und den Laven,
bezw. ihren eingeschalteten Tuffen.!) Ich habe diese Störung
bis in die Val Sorda?), über das sie hinwegsetzt, verfolgt. Von
dem Südgehänge des Tales kann man ihr Fortstreichen in NNO-
Richtung gut beobachten. Die Dislokation verläuft hier in einem
kleinen linken Nebental der Val Sorda, der Val Sordäta. West-
lich von dieser erheben sich die steilen Wände des Latemar,
östlich die abgesunkenen dunklen Lavamassen des Toazzo mit
dem liegenden Kalk. Noch weiter östlich sind die Toazzolaven
von einer zweiten Verwerfung abgeschnitten, die wieder den Wengener
Kalk neben sie ‚lagert, so daß die Melaphyre grabenförmig ein-
gesunken erscheinen. Diese zweite Toazzostörung ist vermutlich
die Fortsetzung der später zu besprechenden Linie ).
Im einzelnen sind die Verhältnisse oberhalb Medil noch
komplizierter, indem hier gleichzeitig Querstörungen durchlaufen,
deren Untersuchung aber aus dem Rahmen dieser Arbeit fällt.
Daß hier im Val Sorda Störungen auftreten, war Mossısovics
bereits bekannt, doch hat er diese nicht weiter untersucht.
Die Rolle der Verwerfung IV übernimmt für das Laven-
sebiet östlich des Dosso Capellozuges die Linie I. Leider ist
!) Diese sind nicht mit den grünen Grenztuffen zu verwechseln
?) Nördlich der Kartengrenze.
#
41
im Bereiche der hier abgesunkenen Scholle das Liegende der
Laven, also Grenztuff und Kalk nicht mehr aufgeschlossen.
Dafür erkennt man am SO.-Abhang des Dosso Capello ganz
deutlich das scharfe Abschneiden der schwarzen Laven gegen
den hellen Kalk, ähnlich wie in der Val Sordata. (vergl. Fig. 2
OÖ. W.
Porphyrit = FIT
u. Melaphyr
lan 2%
u. 6). Der Einwand könnte vielleicht gemacht werden, daß die
Kalke hier, wie z. B. im obersten Tovo di Vena (vergl. Karte)
segen den Melaphyr kontakt-metamorph verändert sind, beide
Gesteine also im Primärkontakt zu einander stehen, doch geht
die Umkrystallisation hier von den Syeniten aus, die auf der
Verwerfung emporgedrungen sind und ihre Apophysen in den Kalk
und Melaphyr aussenden.
Mit Sicherheit läßt sich die Grenzlinie I. zwischen Kalk
und Laven südlich verfolgen über Malga Sacina di Sopra bis in’s
obere Tovo di Vena; in diesem läuft sie abwärts, bis’sich auch
hier die granitisch körnigen Gesteine dazwischendrängen. In
ähnlicher Weise treten direkt östlich des Dosso Capello die
Syenite an den Kalk. Die alte Porphyritdecke ist an beiden
Stellen durch Erosion vernichtet. Östlich, unterhalb des Punktes
2209 und des Satteljoches sind die Aufschlüsse sehr schlecht,
das Terrain bis auf wenige Stellen von Matten bedeckt, doch
läßt sich aus den herumliegenden Trümmern und den wenigen
Aufschlüssen wohl die Fortsetzung der Verwerfung I. festlegen
und zwar auch hier wieder als Grenze zwischen den Sedimenten
und den Laven, bis zur Quelle der Val Bona!) zwischen 2100
!) Nördlichster Arm der Val Gardone.
42
bis 2200. Der Porphyrit reicht mit einer spitzen Zunge in
dieses Tal und ist vermutlich auch mit cinem Bruch gegen die °
Sedimente auf der Nord-Ostseite des Tales abgeschnitten. (Auf
der Karte gestrichelt.)
Oberhalb der Quelle wäre die Fortsetzung von Linie I. in
dem Paßeinschnitt, der hinüber zum Meilenhaus und Reiterjoch
führt, zu suchen; hier liegt sie innerhalb der Sedimente, und zwar
liegen die Werfener Schichten an der Nord-Ostseite des Tales
300 m tiefer als auf der Südwestscite, wo sie unter dem
schmalen zackigen Felsriegel aufgeschlossen sind, der vom Latemar
gegen das Satteljoch vorragt. |
Es mag an dieser Stelle gleich die Dislocation II. be-
sprochen werden. Sie streicht durch die gegen Predazzo ge- |
richtete Nase des Cävignon (Latemarkalk) und ruft hier die vom
Satteljoch aus deutlich zu beobachtende Störung der Kalkbänke
hervor. In der Val Bona verwirft sie den Kalk gegen die Werfener
Schichten. Der Kalk ist gegen Westen abgesunken (vgl. Karte) }).
In NO-Richtung streicht die Linie zur Val Sorda, im Terrain
durch ein Trockental in ca. 2000 m Höhe markiert. Diese
Störung ist deswegen von Bedeutung, weil in ihrer nördlichen
Fortsetzung der östliche Toazzobruch, in der südlichen aber |
die Val Stava mit ihrer bedeutenden Störung liegt, die Mossısovics
in Verbindung mit der eigentlichen Satteljochstörung gebracht hatte.
Speziell die südlich des Satteljoches hindurchsetzende
Störung II ist von MoJsısovics genauer untersucht und be-
schrieben worden. Beim Aufstieg von Predazzo zum Joch erkennt
man schon aus der Ferne eigenartige, schräg verlaufende Runsen, |
die in den Hügel (2209 der Karte) zwischen Paß und Dosso
Capello eingeschnitten sind. Sie entsprechen (vgl. Fig. 3)-
S. N ®
|
]
]
|
a.
m
Wengener Kalk Muschelkalk Weırfener Sch.
Fig. 3.
'!, Der Umstand, daß auf der Karte an den Kreuzungsstellen
von Verwerfungen niemals die eine die andere verschiebt, beruht nicht
auf Beobachtung, sondern auf dem Fehlen von günstigen "Aufschlüssen.
45
steil aufgerichteten Schichten des Muschelkalkes und der unteren
Wengener Kalke. Mossısovics hatte sie s. Zt. als eingeklemmte
Scholle von Buchensteiner Schichten aufgefaßt und in seine Karte
eingezeichnet. In Wirklichkeit liegen sie ganz konkordant auf
den obersten Werfener Schichten. In großartiger Weise ist die
steile Aufrichtung der Bänke am Westabhang des vorerwähnten
Hügels, etwas unterhalb des Gipfels, in einer tief eingerissenen
Schlucht aufgeschlossen. Hier stehen die obersten Werfener
Schichten (Oolith-Dolomite) in den unteren Partien senkrecht,
beim Ausstreichen biegen sie sich etwas gegen Nord, fallen also
gegen S ein (vgl. Fig. 4). Ihr Streichen wurde gemessen zu
N.
N60--70°0. Ein Porphyritgang scheint an diesem Aufschluß
mit verworfen und aufgerichtet zu sein, wäre also älter als die
Störung.
Etwas weiter südlich, hinter der Einsattelung zwischen Punkt
2209 und dem Dosso Capello, liegen die obersten Wengener Kalke
und die grünen Tuffe in normaler Lagerung. Durch die Ein-
sattelung selbst läuft die Störungsfläche. Nördlich des vor-
erwähnten Aufschlusses, gegen das Satteljoch, wird die Lagerung
der gestörten Bänke und Schichten eine flachere, über dem
Satteljoch drüben liegen die Werfener Schichten beinahe horizontal.
Mossısovics hatte diese „Satteljochstörung* !) als Verwerfung
aufgefaßt, au der der Südflügel gesunken sei. Nach meinen
Feststellungen handelt cs sich um eine Überschiebung aus N
nach S, also des Latemar auf den Dosso Capellostock. Am
Satteljoch selbst spricht hierfür nur die eigenartige Aufwölbung
und Überkippung der Werfener Schichten und des Muschelkalkes,
die beide der nördlichen Scholle (Latemarstock) angehören.
!) Nicht zu verwechseln mit der nördlich des Joches durch-
streichenden Verwerfung IT,
44
Die Beweise für die Überschiebung finden sich erst in der
Fortsetzung derselben an günstigen Aufschlüssen südwestlich der
Vardäbescholle au der Grenze der abgesunkenen Laven gegen
die Werfener Schichten. Hier erkennt man deutlich, daß die
Werfener Schichten über die Laven geschoben sind. Wäre der
Kontakt hier ein primärer, nach der alten Auffassung der Laven
als eines Stockes oder riesigen Ganges, so sollte man vor allen
Dingen bei der großen Masse des Porphyrits eine, wenigstens
schwache Kontaktmetamorphose beobachten; diese fehlt aber voll-
kommen. Dagegen sind die überschobenen Sedimente, Bellerophon-
und Werfener Schichten, stark aufgefaltet und zertrümmert,
präexistierende Porphyrit- oder Meiaphyrgänge mitgefaltet und
gestört. Den besten Einblick in diese Verhältnisse bekommt man
im Gardonetal, dort, wo die auf der Karte mit v. n. bezeichnete
„via nova“ von Vardabe kommend in das Tal einmündet. Am
östlichen Bachufer sind hier zwei gute Profile entblößt, das eine
direkt an dem kleinen Stege, das andere wenige Meter talabwärts.
In dem ersten Aufschluß sind die Bellerophon- und unteren
Werfener Schichten stark gefaltet, ein Porphyritgang mit gepreßt
und gestört. Das untere Profil zeigt die Sedimente scheinbar
kaum gestört, weil man auf die Schichtköpfe sieht, dagegen ist
deutlich ihre Auflagerung auf cine liegende Porphyritmasse wahr-
nehmbar. Romsere!) hatte diese als „Intrusionsmasse* auf-
gefaßt, die die konkordant darüber liegenden Kalle metamorphosiert.
Auf einer gemeinsam unternommenen Tour konnten wir uns
von dem Fehlen einer Kontaktmetamorphose überzeugen. Diesen
Porphyrit aber als Lagergang oder Intrusivmasse anfzufassen,
liegt nach meinem Dafürhalten kein Grund vor; liegende Sedimente,
die allein eine solche Auffassung rechtfertigen würden, sind
nirgends zu beobachten, vielmehr hängt hier der Porphyrit, soweit
es die Aufschlüsse zu folgern gestatten, dirckt mit dem übrigen
Porphyrit weiter unterhalb und jenseits des Baches zusammen.
Im Verfolg der „Via nova“ hören die Sedimente bald auf.
Es folgt, durch einen Bruch getrennt, von neuem Porphyrit mit
Sedimenteinschlüssen bis zu einem Felstor (bei ca 1570 — 1400 m),
wo sich die gleichen Verhältnisse wie am Ausgang der Via nova
wiederholen: auch hier Auffaltung und Aufbiegen der Werfener
Schichten (Mittlere == Gastropoden-Oolithe) über den Melaphyr.
Eine dritte Stelle, an der man die Überlagerung des Porphyrits
durch die Werfener Schichten beobachten kann, liegt oberhalb
des Punktes, wo bei 1300 m der Weg zum Satteljoch in weitem
Bogen sich von dem Bache fortwendet, in einer steilen Runse des
1) Predazzo I. und II. S. 10.
“
45
östlichen Talgehänges. An der Grenze zwischen Porphyrit und
Werfener Schichten fallen diese hier steil nördlich ein, würden
also über den Porphyrit zu liegen kommen, ohne daß auch hier
eine Spur von Kontaktmetamorphose zu sehen wäre.
Von dieser Stelle an bis zum Satteljoch sind die Aufschlüsse
sehr schlecht, der genaue Lauf der Überschiebung daher nur
annähernd festzustellen, Vielleicht bildet das sanfte Wiesen-
gehänge segen Val Gardone, das aus Porphyrit besteht, die alte
Überschiebungsebene; die br eehobenen Sedimente wären dann
bis auf wenige Partien, deren Anstehen überdies zweifelhaft ist,
zerstört. Die Fortsetzung der Satteljochstörung von Vardabe
weiter gegen Ost würde ursprünglich zu suchen sein zwischen
den Sedimenten und dem Porphyrit, doch hat sich auch hier
der Monzonit in der Fortsetzung des Monzonitaufbruches am
Mulatto emporgedrängt, den ja schon Mossısovics in ursächlichen
Zusammenhang mit der Satteljochstörung gebracht hatte. Es
liegen also die Verhältnisse ähnlich wie im unteren Tovo di Vena
und südlich des Dosso Capello, wo auch die Tiefengesteine auf
der Verwerfung zwischen Kalk und Porphyrit aufsteigen.
Die Satteljochstörung (IH) ist ein neues Beispiel für jene
tertiiren Überschiebungen in den Dolomiten, die SaLomon an der
Marmolata und neuerdings Frau Dem Cowon am Monzoni
nachgewiesen haben und die ihrer Streichrichtung nach zu dem
System der Cima d’Asta-Überschiebungen gehören. Sie ist älter
oder wenigstens gleichaltrig wie die Intrusion der Predazzaner
Tiefengesteine, speziell des Monzonits und Syenits, die, wie ja
gezeigt, auf ihr in die Höhe dringen. Ein weiterer interessanter
Beleg für dieses Altersverhältnis bildet die vorbeschriebene Stelle
in der Val Gardone unterhalb der Via nova; dort setzt ein Syenit-
sang durch Porphyrit und Kalk, also quer durch die Über-
schiebungsfläche hindurch, ist somit unbedingt jünger als diese.
Es ist dies umsomehr von Interesse, als die Cima d’Asta-Über-
schiebung ja jünger ist, als die dortige Granit-Intrusion.
Eine Begleiterscheinung dieser Hauptüberschiebung mag der
erwähnte Bruch und die Wiederholung der Überschiebung in der
Via nova sein, sowie eine Verwerfung in der Val Vardabe auf der
rechten Talseite (1150 —1200 m) zwischen Werfener Schichten
südlich und Bellerophonkalk nördlich.
Mit dieser Nebenverwerfung, vielleicht auch mit der Haupt-
störung ist jedenfalls die südliche Begrenzung der sog.
Mezzavallescholle am linken Avisioufer in Verbindung zu bringen.
Die Scholle selbst besteht, soweit sich feststellen ließ, aus
Bellerophon - Schichten, die an dem aufdringenden Monzonit
46
metamorphosiert werden. Die nördliche Begrenzung dieser Scholle
ist nicht aufgeschlossen; auch hier dürfte die Scholle durch
einen Bruch gegen die Laven abgeschnitten sein.
Mossısovics suchte die Fortsetzung der Überschiebung II
westlich in der Val Stava. Ich habe weiter oben schon gezeigt,
daß dieses Tal wohl mit einer anderen Linie in Verbindung zu
bringen ist. Eher ist ihre Fortsetzung nördlich des Zangenberges
(Lavac&) zu suchen, wo die Karte von Mossısoyıcs den Grödner
Sandstein und die Bellerophonkaike auskeilen läßt. Ich selbst
habe diese Partie nicht untersucht.
Am rechten Avisioufer finden sich deutlich verfolgbare Störungen
noch bei Forno, dort wo an der Straße nach Mezzavalle die
für die Deutung der Laven so wichtigen grünen Grenztuffe auf-
treten. Hier ist die Kalkscholle mit den hangenden Tuffen und
z. T. auch noch Laven an zwei Verwerfungen gegen die Haupt-
masse der Melaphyre an einer ungefähr O—W verlaufenden Störung
abgesunken, und diese kleine Scholle erfährt ihrerseits wieder
eine Querzerreißung mit einer Sprunghöhe von ca. 30—40 m.
Grade diese letztere Verwerfung läßt sich von der Straße aus
gut beovachten (vgl. Fig. 5). Eine steile Geröllhalde führt hier
-- Mezzavalle \_—> /orno__Sfrasse
== an
Kalk Grüne Tufte Melaphyr
kie. 5
in die Höhe gegen den Wald, Südlich derselben, auch nördlich
im Busehwerk, erkennt man deutlich den hellen Kalk in ver-
schiedener Höhe, der nördliche gehört zum abgesunkenen Teil.
Auf beiden Seiten folgen konkordant erst die grünen Tuffe,
darüber die Laven,
47
Die beigegebenen Profile sind so gelegt, daß das eine (Fig. 7)
vom Agnello längs des Gebirgskammes über den Dosso Capello
und das Satteljoch zum Cävignon bezw. der Cima della Val Sorda
läuft. Es schneidet an der Treska die Störung V. und zeigt
zwischen Satteljoch und Dosso Capello die Überschiebung mit
der Schleppung der Sedimente. Das Durchstreichen der Störung 1.
ließ sich im Terrain nicht genau feststellen, dürfte aber dicht
hinter dem: Satteljoch zu suchen sein. Kurz vor dem Steilanstieg
zum Cävignongrat schneidet Linie I. das Profil.
Das zweite Profil (Fig. 6) gelıt gleichfalls vom Agnello aus,
aber gegen ONO. Nach Passieren der Verwerfung V. setzt es quer
über die abgesunkenen Laven hinüber zur Überschiebung ‘der
Vardabescholle. Schematisch wurden die, sicher innerhalb des
Porphyrits auftretenden Brüche gestrichelt eingetragen. Die
Vardabescholle, die sich als eine Mulde darstellt, wird ungefähr
dort, wo die Malgen stehen, durchschnitten. Nach Passieren
des großen Bruches IV. verläuft das Profil in den abgesunkenen
Lavenmassen der Mezzavalle-Feodale-Scholle.
In ihrem Gesamtbild stellt also das Gebiet auf der rechten
Avisioseite ein kompliziertes Bruchfeld dar, wesentlich gebildet von
zwei Grabenbrüchen. Der eine Graben umfaßt das Gebiet östlich
der großen Bruchlinie I bis zum Val Gardone. Sie möge im
Folgenden Sacinascholle genannt sein. Der zweite Graben
liegt nordöstlich der Cävignon - Vardäbescholle, die ihrerseits als
Horst zwischen den beiden Gräben aufzufassen ist. Die Ver-
hältnisse komplizieren sich dadurch, daß der die Sacina-Scholle
östlich begrenzende Bruch zum größten Teil als Überschiebung
ausgeprägt ist und sich oberhalb der Malga Gardon& in zwei Äste
zu spalten scheint.
Auf der Malgöla hatte Revrer aus der Verbreitung kontakt-
metamorpher. Werfener Schichten (die er dem Muschelkalk zu-
rechnete), gegenüber den unveränderten Werfener Schichten auf
eine Störung geschlossen, die quer über den Gipfel läuft. Ich
habe an einzelnen Stellen diese Verwerfung bestätigen können, so
z. B. etwas westlich unterhalb des Gipfels, und zwar direkt aus
dem Aufbruch steilstebender Gastropoden-Oolithbänke, die hier
ca. O-—-W streichen, während ihre normale Lagerung ca. 80. m
tiefer im Südhang der Malgola zu finden ist, oberhalb der Masi,
mit WNW (N 84 W. c.)- Streichen. Dieses WNW-Streichen
hält auf der ganzen S- u. SO-Seite der Malgöla an, soweit die
Aufschlüsse reichen, von den Bellerophon-Schichten oberhalb des
Rivo Maggiore an bis zu den Aufschlüssen an der SW-Ecke der
Malgöla. Hier erst wechselt dasselbe, da die Störung vom
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Gipfel der Malgöla sich an dieser Stelle herunterzicht. An-
scheinend zersplittert sich hier die Störung, ungefähr oberhalb
des Hauses Miöla, und zerlegt die Werfener Schichten und den
Bellerophonkalk in eine Anzahl Schollen von wechselndem
Streichen. Über Miöla hinaus kann man die Malgöla-Ver-
werfungen bis zu dem Hause: „dietro la costa* am Bache unten
verfolgen, wo sie sich durch ein grabenförmiges Einsinken des
Grödner Sandsteines in den Quarzporphyr dokumentieren.
Westlich und nördlich der Malgölaverwerfung ist das
Streichen ONO, wie sich verschiedentlich an den Werfener
Schichten messen ließ, die übrigens, im Gegensatz zu RevErs
Erklärung, erst in einer gewissen Distanz von dem Bruche kontakt-
metamorph verändert sind. Vom Malsölagipfel aus zieht sich
orographisch eine Nase zur Boscampobrücke, die dem Malgöla-
bruche entsprechen dürfte, wenigstens fanden sich hier ver-
schiedentlich steil gestellte Werfener Platten, die ganz den Ein-
druck des Anstehenden machten. Deutliche Aufschlüsse fehlen
hier so gut wie ganz. Im Süden ist die Malgöla durch keine
Verwerfung gegen den Bosco di Gazza abgegrenzt, wie es die
Karte von Moyssısovıcs und HUBER zeigt, sondern in ganz nor-
maler Weise entwickeln sich über dem Quarzporphyr: der Grödner
Sandstein, die Bellerophon- und Werfener Schichten, wie schon
im stratigraphischen Teil näher ausgeführt wurde.
Die Grenze der Sedimente gegen die Eruptivgesteine auf
der Nordseite der Malgöla entspricht meiner Anschauung nach
auch einer ursprünglichen Verwerfung, die hier zwischen den
Sedimenten und den Porphyriten des Mulatto hindurchgegangen ist.
Ich nenne diesen Bruch die Travignölospalte. Beweisen wird sich
derselbe wohl nicht lassen, da unter dem Porphyrit des Mulatto
und den kleineren Porphyritpartien an der Nordseite der Malgola
die Sedimente nicht mehr aufgeschlossen sind. Möglicherweise hänst
er zusammen mit der Fortsetzung der Linie I. oberhalb der Canza-
coli. Visiert man nämlich hier, oberhalb Canzacoli, auf der gut
entblößten Kontaktfläche des Kalkes, die ja einer ursprünglichen
Spaltenwand entspricht, zur Malgöla hinüber, so.trifft man hier
auf die Monzonitmasse mitten zwischen den Sedimenten der
Malgöla und dem Stückchen Porphyrit an der Nordwestecke der
Malgöla. Es entsprechen also die Verhältnisse an der Malgöla
und oberhalb Canzäcoli sich ziemlich genau, indem beiderseits
der Monzonit zwischen dem abgesunkenen Porphyrit und den
Sedimenten aufgedrungen ist. Dabei wäre sehr wohl an ein Aus-
einandertreiben der ursprünglich natürlich schmalen Spalte unter
dem Druck des aufsteigenden Magmas zu denken. Be:
Auf eine ganze Reihe von Querverwerfungen von der Malgöla
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 56. 1. 4
50
zum Mulatto hinüber wird Herr Dr. RomBErG in seiner Arbeit
zu sprechen kommen.
An der Boscampobrücke würden die Malgölaverwerfung und
die Travignölospalte zusammentreffen. Leider. sind auch hier die
Aufschlüsse zu ungünstig, als daß man mit Sicherheit etwas über
die genauen tektonischen Verhältnisse sagen könnte. Wie nicht
anders zu erwarten, tritt eine Zersplitterung der Sedimente hier
ein und zahlreiche Gänge treten in Zusammenhang damit auf,
die über den Travignölo setzen und in der Richtung der Viezzena-
Störung fortstreichen. Daher darf meiner Meinung nach auch
die von Rever!) aufgeworfene Frage, ob die Malgöla- mit der
Viezzenaverwerfung zusammenfällt, bejaht werden.
Diese letztere läuft nicht im Viezzenatale selbst, sondern
schneidet im untersten Teile, hier allerdings nur vermutungsweise,
durch die Wiesen auf der rechten Seite des Baches hindurch
und setzt weiter oben über diesen hinweg, ungefähr dort, wo ein
kleiner horizontaler Fußweg zwischen 1300—1400 m nach Bella-
monte führt. Hier markiert sich die Störung durch das Ab-
schneiden der kontaktmetamorphen Sedimente an den Eruptiv-
gesteinen. Diese Grenze zieht sich dann östlich des Felstores
hinauf, um bei ca. 1600 m das Tal von neuem zu kreuzen.
Von hier aus läuft die Verwerfung in ziemlich grader Richtung
gegen den Kamm der Costa di Viezzena zwischen dem Kalk und
den Porphyriten hindurch, auch hier ähnlich wie am Boscampo
begleitet von einer Zertrümmerung der Grenzpartien. Vielleicht
könnte man für solche Störungen, die sich nicht an einer
einzigen Linie vollziehen, sondern eine Zersplitterung des Gebietes
in ihrer Längserstreckung hervorrufen, den Namen „Iterativ-
störungen oder -Verwerfungen* einführen. Grade die Costa di
Viezzena ist auf diese Weise zertrümmert, was sich insbesondere
an den verstürzten Kalk- und Tuffbänken leicht konstatieren läßt.
Die Grenze dieser verstürzten Partien gegen den Porphyrit, die
dem eigentlichen Bruche entspricht, verläuft vom Kamm aus bei
ca. 2150 m nicht weit von der Kartengrenze entfernt in NNO-
Richtung gegen Moena zu.
Eine Überlagerung der Eruptivmassen durch Wengener Kalk,
wie sie RevEr angibt, ist nirgends zu beobachten. Ganz
besonders kompliziert gestalten sich die Verhältnisse in dem
Dreieck zwischen der Viezzenaquelle (vergl. Karte), dem östlichen
Trockental (Val dei cavalli) und dem höchsten Punkte der Costa
di Viezzena bei 2308 m, Störungen, die vermutlich von Forno
innerhalb der Laven hier heraufziehen, bewirken hier im Verein
1) 1881 S. 46 Anm. 1.
51
mit der Viezzenaverwerfung einen bisher nicht bekannten Auf-
bruch von Monzonit. Daneben tritt Porphyrit auf und zwar
allem Anschein nach nicht in Gängen, sondern vielleicht als
kleine eingesunkene Scholle. Einwandsfrei lassen sich jedenfalls
die Verhältnisse hier noch nicht darstellen, erst müßte der genaue
Verlauf der Störungen weiter im Norden und Osten untersucht
werden.
Das Resultat aus diesen tektonischen Untersuchungen ist
folgendes:
Das Gebiet- von Predazzo ist ein kreisförmiges
Senkungsfeld. Gegen Westen, Süden und Osten voll-
zieht sich der Abbruch des zentralen Teiles wesentlich
an einem einzigen, halbkreisförmig verlaufenden Bruch-
rand, gebildet von der Störung I, der Travignolospalte
und der Viezzenaverwerfung. Gegen Norden ragt das
Bruchfeld mit drei grabenförmig eingesenkten Zipfeln in
das umgebende Gebirge Auf einem Teil der Bruch-
spalten, vornehmlich dort, wo mehrere sich kreuzen,
drangen die Tiefengesteine zur Tertiärzeit in die Höhe,
gelangten aber nicht zur Effusion, sondern erstarrten
subterrestrisch.
Paläontologischer Teil.
Versteinerungen der Werfener Schichten.
a) Untere Werfener Schichten.
Anodontophora fassaensis Wissm.
Myacites Fassaensis WISSM. SCHAUROTH 1885 S. 515 u. 1859 S. 46.
Anoplophora Fassaensis ALBERTI 1864 S. 137.
Anodontophora Fassaensis BITTNER 1899 St. Petersburg. S. 22.
Unter diesem Namen gehen in der Literatur verschiedene
Spezies, namentlich aber solche Formen, die in der Regel eine
genauere Definition nicht zulassen, durch ihr massenhaftes Auf-
treten und ihren Erhaltungszustand aber typisch sind für die
Werfener Schichten.
Abgesehen von jenen zweideutigen Formen kann ich in
meinem Material zwei Spezies unterscheiden, eine kürzere Form,
die Anodontophora subundata, und eine gestreckte die Anodonto-
phora canalensis.
Anodontophora subundata ScHAur.
ass Ir, Bio, >.
Tapes subundata SCHAUROTH 1855, Taf. II, Fig. 7.
Das vorliegende Exemplar ist gut erhalten und stimmt genau
52
überein mit der Abbildung bei Scnaurorn. Auperrı!) hielt die
Zugehörigkeit dieser Form zu seiner Anoplophora Fassaensis für
möglich, doch ergibt sich schon aus dem Vergleich der beiden
Abbildungen bei SCHAUROTH und ALBERTI der Unterschied.
Besonders charakteristisch für die „subundata“ ist die scharfe
Abgrenzung der hinteren Schalenpartie, ähnlich wie die Area bei
den Myophorien. Die konzentrische Anwachsstreifung ist auch
auf dem Steinkern deutlich wahrnehmbar. Von den Myophorien,
z. B. M. ovata, unterscheidet sich A. subundata dadurch,
daß der Wirbel bei ihr nach vorne gebogen ist. Von
A. subundata zu trennen ist
Anodontophora camalensis CATULL. Sp.
Par.alt, Bio 21)
Tellina (Myaecites) canalensis SCHAUROTH 1859 S. 47.
Anodontophora canalensis BITTNER 1899 St. Petersburg. S. 22.
Bei dieser Spezies zieht sich eine kräftige Depression vom
Wirbel in grader Richtung zum Stirnrand; bei dem abgebildeten
Exemplar ist diese etwas durch Gesteinsmasse verdeckt und
deformiert. Die Gesamtform ist bedeutend länger als bei A. subundata;
der hintere Schalenteil ist nicht nach Art einer Area, sondern
flügelartig, wie bei einer Arca, an einer schräg vom Wirbel zur
hinteren Schalenpartie ziehenden Kante abgesetzt. Nach Ab-
bildung und Text ist die Form identisch mit Scnaurortns Tellina
canalensis. ALBERTI?) möchte diese Form gleichfalls zu Myacıtes
fassaensıs stellen; Scmaurorn (S. 46) glaubt ebenfalls canalensıs
identisch mit Myacıtes inaequivalvıs ZieT. und M. fassaensıs
und erklärt die Veränderlichkeit dieser Form durch „Lager und
spätere Einflüsse*. Ich möchte mich dieser Anschauung nicht
anschließen, da die A. camalensis zusammen -mit der sog:
„fassaensis“ auf derselben Platte vorkommt und sich deutlich
von jener durch die gestrecktere Gestalt und die radiale Ein-
buchtung unterscheidet. Neuerdings zieht Tomması (1895) die
subundata zu A. canalensis, wie ich glaube, auch mit Unrecht;
eher könnte man sich Bırrser (1899) anschließen, der unter-
scheidet: Anodontophora camalensis und Jassaensis und bei
letzterer Spezies Formen abbildet, die ganz dem ScHAUROTH schen
Tapes subundata und somit auch unserer subundata entsprechen,
7) 1864 t..-IIL,f. 8:
?) In der Zeichnung ist durch ein Versehen der Schloßrand
etwas geneigt, daher ist die Figur so gedreht zu denken, daß der
hintere Schloßrand horizontal steht.
°) 1864.
53
ohne daß aber der Name „subundata“ bei Bırrner eine Er-
wähnung findet.
Es dürfte sich vielleicht empfehlen, die Namen „Anodonto-
phora subundata“ und „canalensis“ für die vorbesprochenen, gut
individualisierten Formen beizubehalten, den Namen „fassaensıs“
aber fallen zu lassen.
b) Myophorien-Bank am Sattelioch.
In seiner Arbeit über die Fauna von Schwieberdingen hat
Puswiprı (1898) neuerdings den Nachweis geliefert, daß M.
elongata durch Übergänge mit M. „laevigata“ verbunden ist und
somit nur als Varietät der ersteren gelten darf. Die eigentliche
DI. laevigata kommt bei Predazzo nach meinen Beobachtungen
nicht vor, dagegen zahlreich in der Myophorten-Bank die:
Myophoria laevigata var. elongata GiEB,.
Taf. I, Fig. 4.
Neoschizodus elongatus GIEBEL 1856 S. 42, Taf. V, Fig. 3.
Myophoria elongata SEEBACH 1861 8. 616, Taf. XIV, Fig. 13.
Myophoria elongata Lersıus 1878 S. 355, Taf. I, Fig. 8.
Myophoria laevigata var. elongata PnuiLipPpı 1898 S. 166 Taf. VI, Fig. 2.
Von der typischen „Zaevigata“ unterscheidet sie sich durch
größere Längsstreckung; infolgedessen erscheint der Wirbel sehr
stark nach vorne verschoben. Die Kante zwischen dem Hauptteil
der Schale und dem hinteren Felde ist nicht bei allen Formen
gleichmäßig, sondern bei den einen schärfer, bei den anderen
mehr gerundet, ein Unterschied, der sich auch beim Vergleich
der Abbildungen bei GıEBEL, SeeBAacH und Lersıus aufdrängt,
indem die beiden ersteren eine deutliche Kante einzeichnen, die
bei Lersıus durch eine sanfte Wölbung ersctzt wird. Jedenfalls
ist diese Linie vom Wirbel zur hinteren Schalenspitze etwas nach
außen konkav geschwungen, was schon SEEBACH in seinem
Schlüssel!) als Unterschied der elongala gegen die ovata
hervorhebt.
Übergänge zu der eigentlichen I. Zaevigata kommen auch
bei Predazzo vor, desgleichen solche zu der M. ovata, sodaß
auch letztere Form nach dem Vorgang von PrnLıppr zu bezeichnen
wäre als
Myophoria laevigata var. ovata Br.
ar ie 3.
Neoschizodus ovatus GIEB. 1856 S. 42, Tat. 1V, Fig. 6a—b.
Myophoria ovata SCHAUROTH 1859 Taf. II, Fig. 15.
Myophoria ovata SEEBACH 1861 S. 617.
Myophoria ovata ALBERTI 1864 S. 118.
Dyaar 078. 619.
54
Ihr Umriß ist trapezförmig. Der Übergang von dem Haupt-
schalenteil zum hinteren Felde erscheint flach gerundet und tritt
nur im oberen Teile gegen den Wirbel als gerundete Kante
hervor. Dicht unterhalb dieser Kante zieht sich vom Wirbel bis
zur hinteren Schalenecke eine deutliche, sehr feine, schmale
Furche, die in der Abbildung angedeutet ist, aber nicht ganz
scharf zur Geltung kommt. Das hintere Feld dehnt sich breit
aus, feine Anwachsstreifung ist wahrnelımbar. GiEBEL (S.42) zieht
den fraglichen Steinkern bei Hauer!) Taf. IV, Fig. 2 zu seiner
ovata. Dieser stimmt mit unserem Exemplar gut überein. Formen,
wie sie Lersıus Taf. I Fig. 7 mit etwas in die Länge gezogener
Area abbildet, stellen, wie auch im Text hervorgehoben, Über-
gänge zu M. elongata dar und treten auch bei Predazzo häufig auf.
Myophortia ct. simplex v. SCHLOTH.
Taf. II, Fig. 5.
Trigonellites simplex v. SCHLOTH. 1820 S. 192.
? Lyriodon simple GOLDFUSS 1834—40 I, S. 197, Taf. CXXXV, Fig. 14.
Myophoria simplex vV. SEEBACH 1861 S. 614, Taf. XIV, Fig. 12.
Myophoria simplex ALBERTI 1864 S. 107.
Diese Form unterscheidet sich von den übrigen durch die
kielartig gewölbte Kante zwischen der hinteren Area und der
mittleren Schale. Gegen vorn ist diese Kielkante konvex. Die
hintere Area wird durchzogen von einer breiten Depression. Es
nähert sich die Form der M. vulgaris, doch besitzt sie keine
zweite Rippe wie diese. Anwachsstreifung ist deutlich, besonders
auf der hinteren Area.
Myophorta cf. costata = fullax v. SEEB.
Der unvollständig erhaltene Hohldruck einer kräftig gerippten
Form dürfte wohl auf diese Spezies zurückzuführen sein.
Pecten discites v. SCHLOTH. var. inornuta STopr.
Taf. II, Fig. 6 und 7.
Pecten inornatus STOPPANI 1856—60.
Pecten cf. inornatus SALOMON 1895 8. 147.
Zusammen mit den vorbeschriebenen Myophorien treten am
Satteljoch prachtvolle Exemplare dieses Peelen auf, deren Höhe
5 cm erreicht. Sie sind erhalten als Abdruck, als Schalen-
exemplare und teilweise als Steinkerne. Die Wölbung ist nicht
unbeträchtlich, was vielleicht mit der Größe der Exemplare in
Zusammenhang steht. In der Form stimmen diese Pecten gut
1) 1850.
55
überein mit einem P. discites von Mauer b. Heidelberg, der mir
vorliegt. Eine wirkliche Differenz scheint sich nur in einer
schwachen Ungleichseitigkeit auszudrücken. Srorranı bezeichnete
solche ungleichseitigen, glatten Formen als P. inornatus. SALOMON
führt @nornatus gleichfalls als selbständige Form auf, läßt aber
die Frage offen, ob sich nicht Übergänge finden von inornatus
zu discıtes. Da unsere Form sonst in allen Merkmalen so auf-
fällig mit descites übereinstimmt, so dürfte es richtiger sein, sie
als Pecten discıtes var. inornata und nicht als selbständige
Spezies aufzuführen.
Die Ohren sind bei unseren Exemplaren deutlich abgesetzt;
der Kantenwinkel des Wirbels erscheint durch das bei deiscites
bekannte Auftreten eines radialen Furchenpaares zugespitzt. Vor
dem äußeren Schalenrand läuft ein konzentrischer, kräftiger, breiter
Wulst, der bei Fig. 6 gut zum Ausdruck kommt. Das Stein-
kernexemplar Fig. 7 zeigt bei günstiger Beleuchtung eine schwache,
aber deutliche Radialstreifung, die übrigens auch in dem Rand-
wulst der Fig. 6 leicht angedeutet ist.
Zahl und Vorkommen: Mehrere Exemplare aus der dunkel-
roten Myophorien-Bank des Satteljoches.
c) Myophorienbank von der Mendel.
Pseudomonotis (Eumorphotis) Tellert Bırın.
Taf. II, Fie. 8-15.
Pseudomonotis Telleriı BITTNER 1899 Jahrb.
tenuistriata BITTNER 1899 Jahrb.
cf. Telleri BiTTX£R 1901 Jahrh.
asperata BITTNER 1901 Jahrb.
camuna SALOMON 1900 und 1902.
sp. BITTNER 1901.
# sp. nov. aff. Tellerve SALoMmon 1900 und 1902.
Im Anschluß an die vorbeschriebenen Fossilien der Myo-
phorien-Bank von Predazzo möge hier eine Besprechung der
Pseudomonotis Telleri Platz finden, die ich in zahlreichen
Exemplaren in den Myophorienbänken der Mendel oberhalb Eppan
sammelte. Sie liegen dort zusammen mit Myophoriensteinkernen
in einem eisenschüssigen, gelbbraun verwitternden Kalk.
Das Charakteristische dieser Formen ist das große, nicht
abgesetzte hintere Ohr und der kräftige Byssusausschnitt des
vorderen Ohres, das durch eine scharfe Einfurchung von dem
Hauptschalenkörper getrennt ist.
Terrer,') Bırtser und SaLomon haben sich eingehend über
die Charakteristik von Pseudomonotis ausgesprochen. Bıirrser
”
E3)
1) 1886.
56
und Saromon haben speziell eine Anzahl neuer Formen auf-
gestellt, auf die ich näher einzugehen habe.
Bırtner trennt mehrere Spezies und Gruppen darnach, ob
die Schalen gerippt oder glatt sind. Es ist nun schr auffallend,
daß die mir im Steinkern vorliegenden Exemplare von der Mendel
keinerlei Verzierungen aufweisen, sondern glatt sind und voll-
kommen der Ps. Teller! bei Bırrser gleichen, während sämtliche
Hohldrücke eine mehr oder weniger deutliche feine Radialstreifung
zeigen. Dabei muß hervorgehoben werden, daß mir mehrfach
Steinkern und Hohldruck von ein und demselben Individuum vor-
liegen (Fig. S—9, 12—13) und daß die Bırrnerschen Exemplare
der Ps. Tellere vom Bockhara gleichfalls Steinkerne sind (1899
S.700). Die feingestreiften Formen bezeichnete Bırrnrr 1899 als
tenurstriata. Sein Exemplar Taf. XV, Fig. 16 stimmt voll-
kommen mit meinen, z. B. Taf. II, Fig. 11 und 13 überein.
Hierdurch halte ich die Identität der Ps. Teller! mit der Ps.
tenuistriata für erwiesen, ganz abgesehen davon, daß BiıTTnEr
(1901 8. 570) selbst erwähnt: „Der Übergang von der glatt-
schaligen Form der echten Ps. Teller! zu den rauh- oder gerippt-
schaligen Verwandten scheint ein sehr allmählicher zu sein; auch
scheinen beiderlei Formen in demselben Lager vorzukommen.“*
Bittner beschreibt dann noch Taf. XXI, Fig. 8 eine Ps.
cf. Tellert, bei der nur das Ohr gestreift ist. und eine Ps. asperata
Fig. 6, bei der die Schale raulı skulpiert erscheint durch
stärkeres Hervortreten der konzentrischen Verzierung, die aber
sonst ganz der Zenurstriata gleicht. Diese scheinbar spezifischen
Merkmale beider Formen lassen sich auch an meinen Exemplaren
der Ps. Telleri beobachten. Sie beruhen nur auf dem wechselnden
Erhaltungszustand; ich glaube diese Formen daher auch mit
Ps. Telleri vereinigen zu müssen. Leider war mir das Original
zu Ps. sp. Taf. XXIII, Fig. 4 nicht zugänglich, sodaß ich mir
speziell über diese Form kein Urteil erlauben möchte. Der
Unterschied gegen die tenuzstriata soll auf der Ausbildung der
Ohren beruhen. Hierzu wäre aber doch zu bemerken, daß bei
meinen Formen wie eben schon kurz angedeutet, das Aussehen
der Ohren je nach dem Erhaltungszustand und der Ausfüllung
des taschenartigen Byssusausschnittes mit Gesteinsmasse sehr
wechselt. So erscheint bei meinen Exemplaren das Ohr im Stein-
kern ganz anders als im Hohldruck, Taf. 11, Fig. s—9, 12—13.
Im Hohldruck ist das vordere Ohr breit und vor dem eigentlichen
Byssusausschnitt kräftig taschenartig gegen innen eingefaltet, zeigt
deutliche Radialstreifen (Fig. 13) und an zwei Exemplaren an
dem Faltenrücken eine Fiederskulptur. (Fig. 11 und 15a). Auf
dem Steinkern dagegen ist das Ohr schmal, kräftig gewölbt und
51
zeigt nichts von der Tasche bezw. nur den Beginn derselben,
der sich durch die scharfe Furche zwischen Ohr und Wirbel
ausprägt.
Der Längsschnitt Fig. 13a geht durch das Ohr und soll
die kräftige taschenartige Faltung desselben veranschaulichen.
Fig. 12a ist gleichfalls ein Längsschnitt in der Medianebene und
zeigt den am Steinkern fast stets zu beobachtenden scharfen,
tiefen Einschnitt über dem Schloßrand, in den die Schale des
Tieres hineingeragt hat. In der Zeichnung selbst wie auch bei
Biırrser 1899 Taf. XV, Fig. 16 kommt dieses Detail nicht gut
zum Ausdruck.
Saromon hatte 1900 über zwei Formen publiziert: Pseudo-
monotis camuna nov. sp. und Ps. nov. sp. cf. Tellert aus
der Myophorienbank der Val Camonica. Das Charakteristische
der ersten Form ist das horizontale, dem Schloßrand parallele
Vorspringen der Schalenpartie unterhalb des Byssusausschnittes,
das in der Tat auf keiner der Bırrxerschen Abbildungen zu
finden ist. Nun hat sich herausgestellt, daß- auch die vorbe-
schriebenen Exemplare der Ps. Teller! von der Mendel bei ge-
nüsender Präparation den horizontalen Schalenrand aufweisen.
Fig. 14 zeigt das Ohr bei ungenügender Präparation, entsprechend
den Bırrnerschen Abbildungen der Ps. Telleri. Fig. 8 dagegen
beweist das horizontale Vorspringen nach Entfernung der Gesteins-
masse. Bittner meinte s. Zt. (1901) schon, daß Ps. camuna
mit Ps. Teller! sehr nahe verwandt sci. Nach dem Vorstehenden
glaube ich, daß beide Formen identisch sind, und daß folglich
camuna als Spezies einzuzichen ist.
Die andere, von Saromon als cf. Tellerd besprochene Pseudo-
monotis will Bırrner auf Grund des kurzen Schloßrandes nicht
zu Teller stellen, da das „hintere Ohr nur cben so lang ist
als das vordere“. Ich habe das hintere Ohr des Saromonschen
Exemplares möglichst genau untersucht und glaube sicher, daß
es lädiert ist. Sowohl dies Exemplar, als das der Ps. canmuma
Sar. sind Steinkerne und werden von Qolitbkörnern durchsetzt.
Diese treten gerade am hinteren Ohr der cf. TZellerd zahlreicher
auf und machen das Verfolgen der Konturen unsicher, so daß
jedenfalls eine unzweideutige Begrenzung ‘dieser Schalenpartie
nicht wahrnehmbar ist. Da die Saromonsche Form sonst aber
völlig mit Ps. Teller! übereinstimmt, so dürfte auch sie mit dieser
vereinigt werden.
Um noch einmal kurz zusammen zu fassen: Es sind identisch
mit der Pseudomonotis Tellerd Brrrn. jedenfalls
Ps. tenurstriata Bırrz.
Ps. cf. Telleri Bırın.
58
Ps. asperata Brrrn,
Ps. camuna Sau. und höchst wahrscheinlich auch
Ps. sp. bei Bırrner Taf. XXIH, Fig. 4 und
Ps. cf. Telleri Sat.
Aus der gleichen Myophorienbank von der Mendel stammt
Fig. 16 auf Taf. II. Der abgebildete Steinkern zeichnet“ sich
durch seine starke Wölbung, den graden Schloßrand und ein
kleines vorderes (?) Ohr aus. Der Abfall vom Rücken gegen
das Ohr ist steil, sogar etwas überhängend. Die Form erinnert
an das Genus Mysidioptera und zwar speziell an gewisse
glatte Formen, doch besitzen diese alle nicht das kieine Ohr.
Dagegen erinnert letzteres an die Badiotellen z. B. an das Ohr
von Badtotella excellens nov. sp. (Taf. VI, Fig. 4). Da nur ein
einzelner Steinkern vorliegt, möchte ich an ihn keine weitere
Diskussion knüpfen. Ich habe ihn aber abbilden lassen, um die
Aufmerksamkeit auf das Auftreten derartiger Formen in so tiefem
Niveau zu lenken.
Problematicum.
Taf. III, Fig. 1—5.
Bei Predazzo, an drei von einander getrennten Stellen, so:
wie an der Mendel oberhalb Kaltern fanden sich in den Werfener
Schichten sonderbare organische Reste, deren Zugehörigkeit zu
irgend einer Organismengruppe mir ebenso sicher, wie ihre syste-
matische Stellung unsicher erscheint. Das Gestein, in dem diese
Fossilien vorkommen, ist ein plattiger, feinkörniger Kalksandstein
von grauer Farbe, der an der Oberfläche bräunlich verwittert.
Die vorliegenden Platten sind etwa 3 cm dick und zeigen auf
dem Querbruche eine feine, dünne Schichtung.
Auf der angewitterten Oberfläche treten die fraglichen
Fossilien deutlich zu Tage. Sie erscheinen als elliptische, napf-
bezw. flachschüsselartige Gebilde, deren äußere Ränder sich übeı
das Niveau der Platte erheben. Im Zentrum einer jeden solchen
Schüssel erhebt sich ein kleiner, stielförmiger Zapfen, so daß das
Ganze einem vom Stiel her geschenen Coeloptychdum nicht un-
ähnlich wird. Merkwürdigerweise gehen aber diese Gebilde durch
die ganze feingeschichtete Platte hindurch als stammartige Körper
mit unregelmäßigen Einschnürungen, die der Schichtung der
Platte zu entsprechen scheinen. Fig. 1 Taf. Ill stellt ein der-
artiges „Stammstück* dar mit links anhaftender Gesteinsmasse.
Am unteren Ende ist das Stück schräg angeschliffen. Bei an-
gewitterten Exemplaren erscheint der kleine Zapfen auf der Unter-
seite als kleine Vertiefung.
59
Der Durchmesser des äußeren Ringes beträgt bei den größten
Individuen 5, bei den kleinsten 1 cm. Der Zentralstiel bleibt
klein, sein Durchschnitt ist im Maximum 0,2 cm. Oft liegen zwei
dieser sonderbaren Körper dicht beieinander oder scheinen mit-
einander zu der Form einer 8 (Fig. 2 u. 3) zu verschmelzen.
Auf der Unterseite der in Fig. 3 abgebildeten Platte über-
decken sich beide Formen stärker als auf der Oberseite, bei der
die Überdeckung in der Zeichnung etwas zu stark zum Ausdruck
kommt.
Beim Anschleifen eines Stammstückes tritt der Stielkörper
deutlich hervor, desgleichen makroskopisch die Abgrenzung des
Stammkörpers gegen die umhüllende Gesteinsmasse. Fig. 4 Taf. III
sibt den auf das Anderthalbfache vergrößerten Dünnschliff des
darüber abgebildeten Stammstückes, der die Verhältnisse am
besten zeigt. Eine schalenähnliche Umgrenzung des Körpers fehlt;
die umgebende Gesteinsmasse unterscheidet sich im Schliff nur
durch die ein wenig stärkere, wolkenartige Pigmentierung von der
Masse des Stammkörpers, sodaß die mit bloßem Auge deutlich
sichtbare Abgrenzung des Körpers unter dem Mikroskop nur
schwer wiederzuerkennen ist. Dagegen zeigt der Stiel (Fig. 4
u. 5) deutlich einen feingekörnten, offenbar aus Calcit bestehenden,
hellen Ring, dessen Inneres von eckigen Körnchen von Quarz und
Caleit ausgefüllt ist. Eine Kammerung oder septenartige Bildung
war weder im Stamm noch im Stiel wahrnehmbar.
Danach scheint mir das wesentlichste Skeletelement an
diesem Organismus eine Hohlröhre gewesen zu sein. Umgeben
war diese von einer weichen, gallertartigen oder hornigen Masse,
welche sich ihrerseits gegen außen durch eine jedenfalls nicht
verkalkte Membrane (?) abschloß. Nur so erklärt sich auch das
scheinbare Ineinandergreifen zweier verschiedener Individuen. In
die zentrale Röhre des Organismus gelangten wohl bald nach
seinem Tode Sand und Kalkkörner, während sich bei der Ver-
wesung der umgebende Weichkörper mit Meeresschlamm im-
prägnierte. Weiteres kann ich über diese rätselhaften Körper
nicht sagen.
Bei diesen Formen an Orthoceras zu denken, ist ausge-
schlossen, da eine feste äußere Schale ja fehlt und keine Spur
von Kammerung wahrnehmbar ist, ganz abgesehen davon, daß ein
Ineinandergreifen von zwei Individuen, wie es die Fig. 2—3 zeigen,
bei Ortkoceras nicht denkbar ist. Am chesten könnte man viel-
leicht an Hornschwämme denken, mit einem verkalkten langen
schmalen Gastrovascularraum oder auch an Ascidien, wenn es
sich nicht überhaupt bei diesen Organismen um Pflanzen handelt.
60
Herr Dr. Broıcı (München) teilte mir übrigens mit, daß
im diese Körper auch aus den Werfener Schichten der Seißer-
Alp bekannt sind.
| Versteinerungen aus den Wengener Dolomiten und Kalken.
a) Aus einem losen Dolomitblocke der Val Averto.
Avicula cf. caudata Srorr.
Taf. II, Fig. 13 -15.
Avvcula mytiliformis STOPPANT 1858—60 S. 91.
Avticula caudata STOPPANI 1858—60 S. 92.
Avicula decipiens SALOMON 1895 S. 152.
Avicula caudata BiTTNER 1895 8. 72.
Avtcula caudata BroıLı 1903 S. 165, Taf. XVII, Fig. 21--23.
Aus einem losen, von Trochiten erfüllten Dolomitblock in der
Val Averto stammen eine ganze Anzahl von Steinkernen einer
Avtcula, die eine spezifische Bestimmung erlauben. Der Wirbel
dieser Avzcula ist spitz, der Rücken mäßig gewölbt. Das vordere
kleine Ohr ist etwas gewölbt und deutlich abgesetzt. Das hintere
Ohr mit dem langen geraden Schloßrand wird gegen außen durch
cine schmale Leiste begrenzt, die die Lage des Ligaments
bezeichnet.
Von dem Rücken ist das hintere Ohr durch einen scharfen
Abfall getrennt. Die Anwachsstreifen, auf dem Steinkern noch
gut erhalten, ziehen über den Rücken zum hinteren Ohr und
biegen vor der Ligamentleiste kräftig um, und zwar mit einem
gegen den Wirbel konvexen Bogen. Dies Verhalten weist auf
eine rückwärtige Verlängerung des obersten Ohrrandes hin, die
sich auch bei einem leider nur schlecht erhaltenen Exemplare
(Taf. III, Fig. 15) beobachten ließ. Die rechte Klappe erscheint
stärker gewölbt als die linke. Die Form ist jedenfalls zu
Sropranıs Arcula caudata und mytiliformis v. Esıno zu stellen,
die nach Birrner zu vereinigen sind. Wohl mit Recht stellt
Bıriner auch Avzcula decipiens Sar. zu dieser Spezies.
Das Original zu Av. decipiens Taf. IV, Fig. 361) zeigt das
gleiche eigentümliche zipfelförmige vordere Ohr und dieselben
geschwungenen Anwachsstreifen. Des weiteren gehören in die
nahe Verwandtschaft: Birrsers Avdcula pannonica und Avreula
Böckht aus dem Bakonywalde.
Zahl und Vorkommen: Acht Exemplare aus dem Val Averto
oberhalb Zännon.
!). SALOMON 1895.
61
kb. Forzella.
Daonella Tommasitinov. sp. ex. aff. D.paucticostatae Tornau.
Taf. II, Fıg. 16--20.
Daonella paucicostata TORNQUIST 1898 8. 673, Taf. XXIN, Fig. 1-4.
Halobia nov. form. indet. TomMAsı 1895 Fig. 5.
Auf dem Gipfel der Forzella ‚oberhalb Predazzo, dicht. bei
der Signalstange, fand sich eine Lumachelle, die, abgesehen von
der im folgenden zu beschreibenden Damestella torulosa, aus-
schießlich von den massenhaften Schalen einer Daonella gebildet wird.
Ihre Form ist ungleichseitig, indem die lıntere Schalen-
partie ungefähr die doppelte Länge der vorderen erreicht.
Der kräftige Wirbel ist glatt; erst in - einigen mm Entfernung
setzt die Skulptur ein, deren konzentrische Elemente sich wellen-
artig in wechselnder Stärke gegen den Rand hin ausdehnen, -im
allgemeinen aber gegen außen flacher werden, bis sie ganz 'ver-
schwinden. Mitunter sind diese Anwachsrunzeln überhaupt nur
schwach entwickelt und in den oberen Schalenpartien wahrnehn-
bar. Die Radien entwickeln sich als feine scharfe Furchen;
reichen aber nicht bis zum Schloßrand; mamentlich auf der
vorderen kurzen Schalenpartie lassen sie einen beträchtlichen
Sektor frei. Das Verhältnis der Rippenanzalıl auf der vorderen
zu der auf der hinteren Schalenpartie gestaltet sich infolgedessen wie
1:3—4. Zum größten Teil setzen die Rippen gleichzeitig unterhalb
der Wirbelpartie ein. Eine Vermehrung durch Spaltung tritt nur
untergeordnet auf, und zwar so, daß die Sekundärrippen bald die
Stärke der übrigen erreichen. Die Gesamtzahl der Rippen ist
schwankend, so daß man verschiedene Typen unterscheiden kann,
die sich auch in ihrem Gesamthabitus unterscheiden, aber durch
Übergänge miteinander verbunden sind.
Es stellen dar: Fig. 16 u. 17 den Typus der hohen, wenig
berippten Form, die ich als var. alta anführen möchte, Fig. 18—19
in die Breite gezogene Formen, var. lZarga, bei denen die Be-
rippung am stärksten ist, während Fig. 20 eine Mittelstellung
sowohl in der Höhe der Form als auch in der Stärke der Be-
rippung einnimmt. Es ergab sich, abgesehen von einer ganzen
Anzahl anderer Messungen an nicht abgebildeten Exemplaren, die
Dichte der Rippen auf der hinteren Schalenpartie im Abstand
von 15 mm vom Wirbel auf 4,5 mm horizontale Distanz:
bei Fig. 16 u. 17 6 Rippen,
te 199 n
EZ) 7
» b7)
Die Variabilität ist also sehr beträchtlich und wesentlich
größer, als man sonst einer Daonellenspezies zuzugestehen pflegt.
Ein Ohr (Halobienohr) war bei keinem Individuum zu bemerken.
62
Besondere Beachtung verdient der hintere, längere Schloßrand.
Die Radialfurchen werden von diesem durch ein besonders
markiertes, schmales Feld getrennt. Am Steinkern beobachtet man
in letzterem zuerst eine leichte radiale Aufwölbung und dann bis
zum Schloßrande eine etwas breite Depression (Fig. 18, 19 u. 20).
Analog erscheint an einem von innen gesehenen Exemplar zuerst
eine radiale Furchung und dann vor dem Rande eine flache Auf-
wölbung. Es dürfte dieses Feld der Ligamentgrube entsprechen.
Die Größe der Individuen schwankt sehr, neben Jugend-
formen finden sich solche bis zu 4 cm Höhe. Bei diesen alten
großen Exemplaren wird gegen den Rand die radiale Furchung
unregelmäßig und zitterig. Die Tornqausstsche Beschreibung
stimmt zwar in den meisten Punkten mit der vorstehenden über-
ein, doch sind die Originale recht schlecht erhalten, so daß ich
beide Formen nicht vereinigen möchte, bevor besseres Material
aus dem Vicentin vorliegt.
Ein von Tomması aus dem Iaatemarkalk beschriebenes, un-
benanntes Halobienfragment scheint mit meiner Form von der
Forzella übereinzustimmen. Ich nenne daher die Form Daonella
Tommasit nov. sp. ex. aff. D. pauczcostatae ToRNau.
‘ Damestella torulosa Torngu.
Taf. III, Fig. 6-12.
Damesiella torulosa TORNQUIST 1898 S. 677, Taf. XXIH, Fig. 7.
Zusammen mit der vorbesprochenen Daonella tritt auf der
Forzella in Hunderten von Exemplaren eine kleine Spezies von
sehr eigenartiger Gestalt auf. Es sind Schalen von 3—5 mm
Höhe und 4--6 mm Breite, kräftig gewölbt, mit starkem, über-
gebogenem Wirbel, der sich etwas nach der einen Seite ver-
lagert. Die Form der offenen Innenseite ist länglich oval und
ließ, auch beim Anschleifen, keine Zähne erkennen. Die äußerst
charakteristische Verzierung besteht aus 6—8 konzentrischen
Wülsten.
Allem Anschein nach ist diese Form identisch mit jener
kleinen, die Tornauıst als Damestella torulosa beschreibt. Das
Original hat mir vorgelegen, leider ist es schlecht erhalten.
Tornaussr beschreibt seine Form als Gastropoden und ver-
einigt sie generisch mit einer Naticella (?) anomala Kırrı'!).
Daß eine Verwandtschaft zwischen diesen beiden Formen
existieren soll, ist mir nicht verständlich, da die Kırrıschen
statt VI, S. 184, t. 9, £ 28: VII, S. 134, t. (IX) VI, £ 28 u.t. (XM)
IKT;
63
Formen eine deutliche Aufrollung bis zu einem ganzen Umgange
zeigen. vor allem Taf. VI, Fig. 28, während bei dem Tornauıst-
schen Original und auch bei meinen Formen die Spitze des
Gehäuses nnr übergebogen ist. Naticella (?) anomala Kırrı halte
ich jedenfalls für einen Gastropoden, während Damestella torulosa
zweifellos ein Lamellibranchiat ist. Bei näherer Untersuchung
stellt sich nämlich heraus, daß die Spitze des Gehäuses ziemlich
gleich oft nach der einen wie nach der anderen Seite verlagert
ist, daß wir also rechte und linke enantiomorphe Klappen vor
uns haben (Taf. III, Fig. 6—3 u. 9—11), während bei ein und
derselben Gastropodenspezies dieses Verhalten ja nur ausnalıms-
weise vorkommt. Über die systematische Stellung der Damesiellen
bin ich mir nicht schlüssig geworden, vielleicht gehören sie in die
nahe Verwandtschaft der. Posidonomya gebbosa, die GEMELLARO !)
und DE Lorenzo °) übereinstimmend beschreiben. Die Abbildungen
sind nur leider zu undeutlich, um die Frage mit Sicherheit zu
entscheiden.
Taf. III, Fig. 12 gibt die Form Fig. 11 in vergrößertem
Maßstabe wieder: nach den beiden Seiten, von oben und von vorn
und bedarf keiner weiteren Erklärung.
c. Loser Block von dem Abhang der Forzella.
Oruratula carınthiaca RoTurr. Sp.
Taf. IV, Fig. 1-18.
Terebratula carinthiaca ROTHPLETZ 1886 S. 2, SO u. 116, Taf. XV,
Fig. 2/3.
Coenothyris Pironiana ToMmMASI 1887 S. 7, Taf. I, Fig. 1-5.
Oruratula carinthriaca BITTNER 1890 S. 67, Taf. 1, Fig. 15.
Waldheimia (Cruratula) ct. carinthiaca BITTNER 1890 8. 203, 127,
Ira. I. ie, At, 8. 1156, Narr ROM RE)
Terebratula Ramsaueri BEYRICH 1862 S. 35.
Rhynchonella faucensts RoTuPLETZ 1886 S. 134, Taf. XII, Fig. 1—6
il. ls
Waldheimia (Cruratula) faucensis BITTNER 1890 S. 204, Taf. VII,
Hier 21° 92 u 3. 258
Rhynchonella faucensis SKUPHOS 1892 S. 50.
& a 1893 S. 174, Taf. V, Fig. 19—23.
Rhynchonella faucensis ROTHPLETZ 1894 S. 48.
Cruratula faucensis BITTNER 1894 (Verh.) S. 97.
Waldheimia (Cruratula) Beyrichii BITTNER 1890 S. 201, Taf. VI,
Fig. 1—4.
Waldheimia (Oruratula) Bittner 1890 3. 127, Taf. IV, Fig. 18 --23,
8.203, Taf. VI, Eig. 8.
Waldheimia forficula ROTHPLETZ 1886 S. 127, Taf. XV, Fig. 1.
Waldheimia (Cruratula) forficula BiTTNER 1890 S. 128, Taf. IV, Fig. 16,
1) 1882.
2) 1893,
64
Aus einem großen, von den Hängen der Forzella verstürzten
Blocke gelang es, eine Reihe von Brachiopoden zu gewinnen, die
in der äußeren Form an gewisse Waldheimien erinnern, nnd die
durch ihren eigenartigen Erhaltungszustand auffallen. Die Indi-
viduen sind zum größten Teile hohl, zerspringen infolgedessen
sehr leicht und gestatten so einen Einblick in die inneren Ver-
hältnisse des Gehäuses, der sonst nur durch Anschleifen zu
gewinnen wäre. Von den Zahngrubenstützen der kleinen Schale
(vergl. Fig. 10, 11 Taf. IV) hängen in die Klappe zwei schwach
nach außen gekrümmte, breite, ziemlich stark mit feinen Krystallen
inkrustierte Häkchen hinein nach Art. der Crura und zwar erreichen
sie nicht ganz die Mitte der kleinen Schale. Die beiden distalen
Enden der Cruren sind durch keine Brücke oder Schleife ver-
bunden, sondern bleiben getrennt. Gegen hinten, also gegen den
Rücken der kleinen Schale zu, vereinigen sich die beiden Zahn-
grubenstützen zu einem langen kräftigen Medianseptum, das un-
gefähr bis zur Mitte der kleinen Klappe reicht. |
Diese eigentümliche Beschaffenheit des Armgerüstes, ver-
bunden mit der äußeren Form und der punktierten Schalenstruktur
weisen auf das von Brrrxer aufgestellte Subgenus Cruratula hin.
Birrner selbst beschreibt acht verschiedene Spezies dieses
neuen Subgenus und zwar Ör. Beyrichü, carinihiaca, Damest,
Eudora, Eudoxa, faucensis, forfieula und Hantkeni.. Von letz-
terer gibt er keine detaillierte Beschreibung oder Abbildung.
Die Frage, ob und mit welcher dieser verschiedenen Spezies
die Form von der Forzella zu vereinigen wäre, gestaltet sich
ziemlich schwierig, da diese Forzellaformen außerordentlich variabel
in ihrer äußeren Gestaltung sind. Es zeigt sich an dieser Form
wieder, ähnlich wie bei der zuvor besprochenen Daonella, daß
die Variabilität einer Spezies gewissermaßen steigt mit dem An-
wachsen der zu untersuchenden Individuenzahl, und daß man den
Speziesbegriff' eher zu weit als zu eng fassen muß. Ich habe
wegen dieser Variabilität eine größere Anzahl von Stücken meines
Materials abgebildet und lasse zunächst ihre Beschreibung folgen.
Der äußere Umriß zeigt Übergänge von der rundlich pen-
tagonalen Form (Fig. 9, 15) zu länglich elliptischen (Fig. 1);
ein anderer Typus ist die breite mehr dreiseitige Form (Fig. 7,
15). Die große Klappe ist kräftig gewölbt und zeigt in extremen
Fällen eine leichte Abplattung auf dem Rücken (Fig. 1), die sich
zu einer flachen Einbuchtung in der Richtung des Stirnrandes
entwickeln kann. Die kleine Klappe ist in der Regel schwächer
gewölbt als die große, doch finden sich auch hier wieder Über-
gänge zu Formen, bei denen die Wölbung der der großen Klappe
gleichkommt (Fig. 3—4). Das Charakteristische der kleinen
65
Klappe ist das schon besprochene lange Medianseptum, sowie
eine Depression, die manchmal nur schwach entwickelt ist, aber
niemals fehlt. Sie beginnt am Wirbel ziemlich schmal und ver-
breitert sich dann bei entsprechender Verflachung bis zum Stirn-
rand. Die Folge dieser Depression ist eine Abstutzung der Stirn,
sodaß die Kommissur meist horizontal in gerader Linie oder mit
einer ganz leichten Einbuchtung gegen die große Klappe ver-
läuft. Der kräftige, lange und übergebogene Schnabel ist leider
in den meisten Fällen etwas abgebrochen.
Fiel es schon BiTTtner schwer, seine verschiedenen Typen
scharf von einander zu trennen, indem gewisse Übergangsformen
zwischen zwei Spezies aufzutreten schienen, so ist diese Schwierig-
keit bei den Formen von der Forzella noch größer. Um nicht
durch subjektive, vielleicht irrige Eindrücke beim Vergleichen
der Stücke und Abbildungen der verschiedenen Typen getäuscht
zu werden, wurden genau die Dimensionen nach den BiTrxer-
schen Abbildungen gemessen und hieraus zwei Indices I! und I?
berechnet. In nachstehender Tabelle bedeutet I! das Verhältnis
von Höhe zu Breite, I® dasjenige von Breite zu Dicke, und zwar
stehen an erster und zweiter Stelle jedesmal die Extreme, an
dritter Stelle die daraus sich ergebenden Mittelwerte der Be-
rechnung.
Dt = te ee aa = son ne eu nn De ee
I! I?
Min. | Max. | Med. | Min. | Max. | Med.
Cruratula Beyrichü. . . 1 12 22 15542 2,222 71,832
„ -earinthiaca.. .| 1,25 | 1,41. | 1,32. | 1,25 | 1,29 | 1,26
E dose lo lol 71,222 1520201,532 11,30
5 een St 05502 la 0,98 | 2177025832 72,04
„ don 02670 1:,60810.0,99R 171,807 | 2,427 2,16
Die nächste Tabelle gibt die Höhe, Breite und Dicke, sowie
die sich daraus ergebendeu Indices I! und I? der in dieser Arbeit
abgebildeten Formen von der Forzella wieder.
H Bı D I! I?
Oruratula carinthiaca
var. Beyrichti
Eee 13021210 10 Inlon B21.60
Le er et 15 13 Son | mul llon 1508
ala ER DR RER a RT 15 14 9 1,07 | 1,55
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 56. 1. 5
66
| |
| IE? Br. D: 1m =
carinthiaca sens. Str.
Piel NETSIER 17 13 11,5: | 21,30% 22
PISREort en u Ser 17 14 10 1,21 90
LE 14 10 8. || 1,402 2125
ee 12 | a5 1,21
var. cf. Eudoxa
DICH Le en 14 12 8 1,16 02550
es 11 8 1,47
Bio 2N aan ae 13,5 8,5 1,53
var. pseudo-faucensis
Tienlas. sets re 85 len 6° 11,007 21:98
Pieter ee 9 5 1,80
Tiochss ua 12 1,5 1,6
Jugendexemplare
ES ee 35 8 4,5 || 1,18
Rig> 16. SIERT 7 6 B) 1,18) 2,00
Was zunächst Cruratula Beyrichiw betrifft, so würden
nach der Beschreibung Bırrners u. a. die Fig. 5, 6 u. 7 auf
Taf. IV dieser Spezies zuzurechnen sein. In seiner Definition
hebt Bırrner die stärkere Wölbung der großen Klappe gegenüber
der kleineren und den langen, meist stark gekrümmten Schnabel
hervor. Die „hohen, durch wulstige Seitenränder begrenzten
Deltidialflächen*“ auf der Innenseite des Schnabels sind an unseren
Exemplaren leider nicht gut zu beobachten. Ein weiteres Charak-
teristikum bildet die mehr oder weniger flache kleine Klappe mit
einer flachen und weiten Mediandepression, die die Tendenz zeigt,
gegen die Stirn hin noch mehr abzuflachen und nahezu zu ver-
schwinden.
Diese Merkmale stimmen im allgemeinen gut mit meinen
Formen überein, desgleichen die Indices. Die Schnäbel bei
meinen Exemplaren sind meist abgebrochen oder schlecht erhalten,
doch zeigt No. 7 noch einen recht langen gebogenen Schnabel.
Charakteristisch ist die Übereinstimmung der kleinen Klappe
meiner Exemplare mit der Brvrnerschen Beschreibung.
Mit Oruratula carıinthiaca sind die Forzellaformen durch
Exemplare verbunden, wie sie in Fig. 1, 2, 3 u. 4 zur Abbildung
gelangten. Sie zeichnen sich durch ihre langgestreckte, schmälere
Form aus. Die Indices sind aus der Tabelle ersichtlich. Beide
Klappen erscheinen fast gleich stark gewölbt.e Auf der großen
Klappe bildet sich eine Abplattung des Rückens heraus, die, sich
verbreiternd, zur Stirnkommissur hinunterzieht und einer stärker
ausgeprägten Depression in der kleinen Klappe (vergl. Or. Beyrichü)
entspricht. Bei Fig. 4 ist der Schnabel abgebrochen, doch ist
67
gerade dieses Exemplar besonders charakteristisch durch die starke
Aufwölbung beider Klappen und stimmt hierin gut mit Fig. 20
Taf. XXXVI bei Brrrser überein. Fig. 2 entfernt sich in dem
Verhältnis von Breite zu Dicke =1I? um 0,11 von dem Maximal-
wert der „Carinthriaca“, bleibt ihr aber in der Gestalt sehr ähnlich.
Cruratula Eudoxa besitzt ihr Hauptmerkmal in der starken
Überbiegung des Schnabels, die in dem Maßstabe bei den Forzella-
formen nicht zu beobachten war. Auch weisen die Birrtnerschen
Formen eine deutliche Einbuchtung der Stirnkommissur gegen die
sroße Klappe auf, die meinen Exemplaren fehlt. Andererseits
zeigen aber doch einige von ihnen Anklänge an die Zudoxa. So
schließen sich Fig. 8, 9 u. 12, der Form und den Indices nach,
eng an ein Exemplar vom Raschberg an, das Brrrxer Taf. VI
Fig. 8 abbildet und als Oruratula aff. Eudoxae beschreibt, indem
er gleichzeitig auf die Ähnlichkeit dieser Form mit der „Beyrichiü“
hinweist,
Cruratula faucensis bei Biırtner besitzt im allgemeinen
Formen, deren Breite im Verhältnis zur Dicke beträchtlich ist,
was durch den hohen 2. Index zum Ausdruck gelangt. Damit
übereinstimmend, schließen sich diejenigen Forzellaformen, deren
I? hoch wird, recht nahe an die „faucensis“ an. Es sind speziell
Fig. 13, 17, 18. Dei diesen wird die kleine Schale flach, bei-
nahe deckelförmig und zeigt eine breite, deutlich ausgeprägte
Depression. Ob zu dieser Form auch gewisse Jugendexemplare,
z. B. Fig. 14 u. 16 von der Forzella, zu ziehen sind, ist zweifel-
haft, da Bırrner keine Jugendform der „faucensis“ von gleicher
Größe abbildet. Das Eigentümliche dieser ist eine sehr flache
kleine Klappe, mit breiter, flacher Depression. Durch den hohen
zweiten Index kommt die nicht unbeträchtliche Breite dieser
Formen zum Ausdruck.
Oruratula faucensis hat zu verschiedenen Kontroversen
zwischen BiTTxer einerseits und ROTHPLETZ und SKUPHos anderer-
seits geführt. Nach dem Erscheinen des großen Brachiopoden-
werkes, in dem Bırtner 1890 den Cruratulacharakter der faucensts
betonte, haben RoTHPLETZ und SKUPHoS unzweideutig nachgewiesen,
daß ihre „faucensis“ eine Rhynchonella ist. Nun zeigen aber die
Stücke von der Forzella, welche in der äußeren Gestalt dieser
faucensis nahe stehen, deutlich punktierte Schalen. Es dürfte
sich daher die Kontroverse so lösen, daß sowohl Oruratula als
auch ZRhynchonella faucensis bei ihrer großen Variabilität })
Formen bilden, die sich äußerlich, namentlich bei lädiertem
Schnabel, sehr ähnlich werden, im Grunde aber nichts
!) SKUPHOS 1893 S. 175.
H*
68
-
miteinander zu tun haben. Vielleicht könnte man für solche
Nebenformen der Cruratula die Varietät pseudo-faucensis ein-
führen. Zu dieser wären dann auch die beiden Formen zu stellen,
die Bittner aus dem Hallstädter Kalk zitiert mit der Angabe,
daß bei diesen beiden eine deutliche Punktierung der Schale
wahrzunehmen ist.
Bırrnzr beschreibt noch eine Oruratula forficula, die von
RorHPLreTZ aufgestellt worden ist. Leider scheint bis jetzt nur
ein Exemplar dieser Spezies vorzuliegen, sodaß eine Identifizierung
mit einer der Forzellaformen nicht ratsam erscheint, doch möchte
ich nicht unerwäbnt lassen, daß einige von ihnen, z. B. Fig. 15,
das scharfe, scherenartige Hervortreten der Seitenteile gegenüber
der Depression in der kleinen Klappe sehr gut ausgeprägt zeigen.
Nach dem Vorstehenden sind in dem Material von der
Forzella sicher Vertreter der Oruratula Beyrichit, pseudo-faucensts
(faucensis) und der carinthiaca vorhanden, sowie Formen, die
zwischen diesen Typen untereinander und der Oruratula Eudoxa
vermitteln. Dadurch verlieren die besprochenen Spezies das Recht
der Selbständigkeit, mögen aber als Varietäten beibehalten werden.
Als Speziesname für die verschiedenen Varietäten ist Cruratula
carinthiaca beizubehalten. Es wurden ca. 50—40 Exemplare
von dem gesammelten Material untersucht. Die Art ist an der
betreffenden Fundstelle sehr häufig.
Cruratula carinthraca ist bekannt aus dem Füreder Kalk
(= Wengener Schichten), den unteren Megalodus-Bänken (= Grenz-
schichten zwischen Raibler- und Torer-Schichten), St. Cassianer-
Schichten, Raibler-Schichten der Lombardei. Die Cruratula
carinthiaca var. Beyrichit ist bekannt aus rotem Hallstätter Kalk
von Leisling und vom unteren karnischen Rötelstein und Sandling,
Ör. carinthiaca var. faucensis gleichfalls aus dem rötlichen
(karnisch.) Hallstätter Kalk.
Lima Tellerti Bırın.
Taf. VI, Fig. 22.
Lima Telleri BiTTNErR 1895 S. 194, Taf. XXIV,.Fie. 4.
? Lima Spec. SALOMON 1895. S. 108, Taf. IV, Fie. 5.
Diese kleine Zima fand sich in einem Exemplar zusammen
mit der Cruratula carinthiaca. Sie ist kräftig gewölbt und fällt
nach vorn ziemlich steil, nach hinten in gleichmäßiger Rundung
ab. Die ca. 33 Radialrippen nehmen nach den Seiten zu an
Stärke etwas ab und zwar liegen sie dicht beieinander ohne flache
Zwischenräume. Die Berippung des vorderen Feldcehens ist un-
deutlich. Ein nicht wesentlicher Unterschied gegen Bırrners
Beschreibung besteht darin, daß auf der Hinterseite die immer
69
schwächer werdenden Rippen bis dicht an das Ohr gehen. Beide
Ohren sind von annähernd gleicher Größe. Von Bedeutung ist
der Unterschied, den Brrrser gegenüber der Zima striata her-
vorhebt, daß nämlich die vordere Seite bei Zima Telleri steil
abfällt und nicht wie bei Zzma striata ausgehöhlt ist. Einen
weiteren Unterschied sehe ich darin, daß scheinbar Zima striata
viel dichter berippt ist, als Z. Telleri; denn, zählt man die un-
deutlichen Rippen auf der vorderen Seite nicht mit, so hat Zima
striata 36—40 Rippen, während ich auf dem entsprechenden
Teil meines Exemplares nur 26 zähle. Zima Tellert ist be-
kannt von Esino und der Marmolata, die mit ihr sehr nahe
verwandte Z. paulula aus den Carditaschichten von Kärnten und
Veszprem im Bakony.
Megaphyllites ex. aff. Megaph. insectt Moss. und
Megaph. humelis Moss.
Vergl. S. 73, wo diese Form zusammen mit einem Exemplar
vom Latemar beschrieben ist.
d) Loser Block aus dem Val Sorda.
Badiotella excellens nov. sp.
Taf. VI, Fig. 4a—b.
Diese prächtige Art erhielt ich von einem Bauern aus
Medil, oberhalb Forno, der sie im obersten Val Sorda auf den
Lastei am Fuße des Laatemar gesammelt hatte. Es sind zwei
Stücke, die aus einem diploporenreichen Kalk-Dolomit stammen
und als Steinkerne erhalten sind.
Die Form ist ausgezeichnet durch den steilen, sogar über-
hängenden Abfall auf der in Fig. 4 linken (vorderen), in Fig. 4a auf den
Beschauer gerichteten Seite, während nach der anderen Seite die
Schale sich allmählich senkt und ein deutliches Ohr bildet. Der
Rücken ist etwas abgeflacht; ein in Fig. 4 horizontal gelegter
Durchschnitt durch den mittleren Teil
würde den in nebenstehender Figur
abgebildeten Umriß haben. Das un-
gemein Charakteristische dieser Form
= 7» ist der sehr spitze Wirbel, der sich
Fig. 8. nicht wie bei den Limen und Mysi-
diopteren nach vorn gegen den Steil-
abfall wendet, sondern gegen das deutliche, auf der Hinterseite
liegende Ohr. Ob auf der anderen Seite des Wirbels auch ein
Ohr vorhanden ist, ließ sich nicht feststellen. Die Skulptur be-
steht aus ca. 19 kräftigen, vom Wirbel ausstrahlenden, einfachen
70
runden Rippen, deren Stärke gegen das Ohr zu abnimmt, bis sie
ganz verschwinden. Das steile Feld auf der linken vorderen
Seite erscheint glatt, das Schloß ist nicht zu erkennen.
Über die generische Stellung dieser Form bin ich lange im
Zweifel gewesen, bis ich Gelegenheit hatte, die Originale der
Broizıschen!) Badiotellen zu sehen. Zu dieser Familie dürften
meine Formen gehören, da die Badiotellen die gleichen charak-
teristischen Merkmale besitzen, nämlich den überhängenden Steil-
abfall auf der vorderen Seite, die Biegung des Wirbels nach der
entgegengesetzten Richtung und ein kleines Ohr hinter dem Wirbel.
Der beträchtliche Größenunterschied dürfte in genereller Hinsicht
ohne Bedeutung sein.
e) Fundort vom Latemar Ostgipfel (anstehend).
Ceratites Rombergi nov. sp.
Bar, 250,019, Rexihe>9:
Diese flache, stark involute Form liegt in zwei Exemplaren
vor. Im Nabel erkennt man außer dem letzten noch drei bis
vier weitere Umgänge. Die zahlreichen Sichelrippen streben von
der Naht aus nicht ganz bis zur Mitte des Umgangs gegen vorne.
Hier verdicken und verbreitern sie sich, ohne aber eigentliche
Knoten- zu bilden, zerschlitzen sich dann in zwei oder mehr faden-
artige Rippen, biegen sich rückwärts bis zu drei Viertel der
Umgangshöhe und wenden sich dann wieder nach vorne um; und
zwar ist diese Biegung am schärfsten unmittelbar am Rande des
abgeplatteten Externteiles. Über diesen setzen die Rippen in
leichtem Bogen hinweg. In dem älteren Teil des letzten Umganges,
dort wo die Berippung deutlich zurücktritt, sind drei knotige
Dornen zu beobachten, entsprechend der Stelle, - wo die Rippen
sich zerschlitzen. Die größte Dicke erreicht der Umgang gleich-
falls in der Höhe dieser Dornen. Von hier fällt die Schale flach
dachförmig gegen die Naht und den Externteil ab.
Die sehr einfache nebenstehende Lobenlinie
ER wurde durch Anätzen mit verdünnter Essigsäure
ö Vr sichtbar gemacht. Durch weiteres Anätzen ging
sie dann wieder verloren.
Fig. 9. Die Art der Berippung, sowie die Einfachheit
Lobenlinie von der Lobenlinie weisen die Latemarformen zu
Ceratites Rom- Cohen ee ee q Cora
bergi. n. sp. eratites und zwar in die Gruppe des Ceratites
binodosus. Am nächsten steht sie wohl den Cera-
tites aviticus, cordevolicus und suaves bei MoJsısovics,?) von denen
21) 1908 t. XX,
2) 1882 $. 23—26.
— =.
ee
Dr
sie sich aber deutlich unterscheidet. Eine nahe Verwandtschaft
besteht auch zu Ceratites Pretto! Tornau.'), den Tornguisr
gleichfalls in die Gruppe des Ceratites binodosus stellt und zwar
in nahe Beziehung zu Ceratites Beneckei, Ragazzonii und cor-
varensis. Zu beachten ist, daß Ceratites suavis, aviticus, corde-
volcus, Beneckei und Ragazzonı der Zone des Ceratites trino-
dosus == Sturiakalken angehören, während Ceratites Prettor aus
den Subnodosus —= obere Buchensteiner Schichten (Torxau.),
Ceratites corvarensıs aus den Wengener Schichten = Zone des
Trach. Archelaus bekannt ist. Es geht also diese Gruppe der
nächsten Verwandten meiner Form vom Muschelkalk bis zu den
Wengener Schichten, wenngleich die meisten der hier in Betracht
kommenden Formen der Zone des Ceratites trinodosus (Sturia-
kalke) angehören. Die Dimensionen des Ceratites Rombergi sind:
D. = Durchmesser — 19,
= rlonese delletzt nAUme7= 78,5,
Brs=sBreiten. so, id,
Nz = Nabelweite =:
Daraus ergeben sich die Indices D. zu N. = 3,8; D. zu H. =
2,28, Ba 21
Untersucht. wurden: 1 gutes Exemplar und 1 Fragment.
Arpadites sp. ind. ex. aff. A. Szabör Moss.
Taf. IV, Fig. 22a—b.
Arpadites Szaboı MoJsısovıcs Abh. 1882 S. 55, Taf. XXVI, Fig. 2.
Arpadites sp. ind. ex. aff. Szaboi MoJsısovics 1882 S. 56, Taf. XXV,
Fig. 16 u. 28.
Mossısovics bildet auf Taf. XXV, Fig. 16 u. 28 einen
Arpadites ind. ex. aff. Arpadis ab, der im Text auf S. 56 als
Arp. ex. aff. Szabör steht. Mit diesem stimmt ein Fragment
vom Latemar gut überein, dessen Eigenart in den kräftigen,
sichelförmig stark nach vorn geschwungenen Rippen liegt. Auf
dem Externteil bilden die Rippenköpfe je einen deutlichen Seiten-
kiel zu beiden Seiten der Mediankiele. LI;obenlinien ließen sich
nicht beobachten.
Arpadites Szabör ist bekannt: aus der Zone des TZrach.
Archelaus im roten Kalk von Szt. Antalfa (Bakonywald), aus
dem grauen Kalk von Esino, aus dem schwarzen Daonellenkalk
von Prezzo in Judikarien, und der angeführte Arp. ex. aff. Szabör
gleichfalls aus dem grauen Esinokalk der Val di Cino
bei Esino.
1) 1898 $. 645.
72
Arpadiles nov. sp. ex. aff. A. Arpadıs Moss.
Taf. IV, Fig. 21a—b.
cf. Arpadites Arpadis MoJsısovics 1882 S. 54, Taf. XXV, Fig. 29.
Von Arpadües Arpadis unterscheidet sich diese Spezies
durch den breiteren Externteil, was darauf berulit, daß die seit-
lich aus den Rippenenden sich bildenden Kiele annähernd die
Höhe der Mediankiele erreichen. Leider wurde bei einem Ver-
such, die Lobenlinie durch Ätzen freizulegen, der Externteil lädiert,
doch tritt an einem kleinen Fragment die Beschaffenheit des-
selben noch deutlich hervor. Die Berippung stimmt gut mit der
von Arpadites Arpadis bei Mossısovics überein. Die Rippen
sind breit, kräftig nach vorne gebogen, doch bei weitem nicht
in dem Maße, wie bei der zuvor besprochenen Form. Zwischen
die Primärrippen schalten sich regelmäßig etwas schwächere in
1/4 der Windungshöhe ein, die gleichfalls bis zum Externteil
reichen. Am Original sind die Rippen des inneren Umganges
nicht so verschwommen wie bei der Zeichnung. Die Dimensionen
dieser Art (I), verglichen mit denen des Arp. Arpadis (II) aus .
dem Val di Cino, den Mossısovıcs abbildet, sind:
1: 1.
Durchmesser
—— — DU 247
Nabelweite 2 ‚1
Durch }
urc ee 3 3.35
Höhe d. letzt. Umg.
Höl
= d. letzt. Umg. 1,6 1,83
Breite
weichen also wenig von einander ab.
Die Lobenlinie war leider trotz Ätzens nicht zu beobachten.
Arpadites Arpadis fand sich in der Zone des Trach. Archelaus
aus dem Bakonywald; aus gelben Mergeln des Vogelberges bei
Idria und im grauen Esinokalk der Val del Monte bei Esino.
Untersucht wurden: ein vollständiges Individuum und ein
kleines Fragment.
Megaphyllites ex. aft. M. insecti Moss. und des
Meg. humtlis Moss.')
Taf. IV, Fig. 23, -Textüg. 10.
Pinacoceras insectum MOoJSISOoVIcs 1873 S. 44, Taf. XX, Fig. 1— 7.
Pinacoceras humile MoJsısovics S. 46, Taf. XIX, Fig. 2—4, Taf. XX,
Fig. S—9.
Vom Latemar und von der Forzella liegt je ein glatter,
involuter Cephalopode vor. Die Lobenlinien waren bei dem einen
!) Vergl. auch S. 69.
73
Exemplar garnicht, bei dem andern (siehe unten) nicht genau
genug sichtbar zu machen. Varices fehlen auch, so daß die Be-
stimmung auf die Berechnung und die Diskussion der Indices
angewiesen war. Die Form wies auf Megaphylites hin und zwar
speziell auf die etwas abgeflachten Megaph. insectus, humklıs,
applanatus und transiens. Megaph. applanatus dürfte von diesen
wegen seiner eigenartigen Nabelgestaltung auszuschließen sein.
Bei den folgenden Indices des abgebildeten Latemar-
exemplares bedeutet D den Durchmesser der ganzen Form;
H = Höhe und Br. = Breite des letzten Umganges, wobei
Mittelwerte aus verschiedenen Messungen zugrunde gelegt wurden.
D H D
_- — 1 — = 142 — = 2,46.
H IN Br. Br.
Mossısovics erwähnt von Megaph. transiens, daß er zwischen
Megaph. insectus und humilis stehe, was durch seine Indices zum
Ausdruck kommt. Unsere Form steht den Indices nach gleich-
falls zwischen humılis und insectus, doch dürfte es verfehlt sein,
nur auf Grund der angeführten Daten die Latemarform speziell
zu Megaph. transiens zu stellen. Ich ziehe es daher vor, sie
als in die Gruppe des Megaph. insectus-humilis gehörig anzu-
führen. Bei Megaph. humilıs schwankt:
D ’ H Dann |
HT 1,73—1,8 a 253 Be 2,66.
Bei Megaph. insectus:
D H D
= 06 10% — —111- 1,26; — —1,84—-2,09.
an at Be er 20s
Megaph. transiens gibt:
D H D
— 1,63 — 8 —. Di 21.
Hoi Bei Bes: :’
Die Indices des Megaphyllites von der Forzella ergaben:
D H D
= ar gan 5,9000 we
H i Br. Br. ;
ich möchte ihn daher in diese Reihe stellen.
Seine Lobenlinie hat ungefähr folgenden Verlauf (Fig. 10).
ar EAN Man kennt Megaphyllites insectus
ar |: der Norischen Stufe (Sandling);
Megaph. humilıs aus 1. der Norischen
Bier (0) Stufe (Sandling), 2. Karnischen Stufe
zusammen mit Bucephalus subbullatus.
Zahl der untersuchten Exemplare: je ein Exemplar vom
Latemar und von der Forzella.
74
Megaphyllites cf. Jarbas-sandalinus Moss.
"Bat. IV. Rig: 20.
Pinacoceras sandalınum MOoJSIsovIcs 1873 S. 44.
Megaphyllites sandalınus MoJsısovıcs 1882 S. 191, Taf. LII, Fig. 1 u. 2.
Pinacoceras cf. Jarbas MoJsısovics 1873 S. 47, Taf. XIX, Fig.9, 10 u. 16.
Megaphyllites JARBAS, MoJsısoVics 1882 S. 193, Taf. LXXX, Fig. 7—8.
Auf dieselbe Art der spezifischen Bestimmung war ich bei
dieser Form angewiesen, die gleichfalls unverkennbaren Mega-
phylliten-Charakter trägt: gänzliche Involution bei flacher, scheiben-
förmiger Gestalt. Auf dem runden Externteil erkennt man teil-
weise deutliche Epidermiden. Varices sind nicht vorhanden;
die Lobenlinie ließ sich trotz Anätzens nur ganz unvollkommen
und schlecht erkennen.
Die Indices ergaben:
DN H D
> 1,64— 1,75 Br 1,75—1,87 DB 3.
Zum Vergleich führe ich die Indices offenbar nahestehender
Formen an, wie sie sich aus den Arbeiten von MosJsısovics
ergaben:
Megaph. obolus:
Seen nl D _ 9862,76.
H Br.
Megaph. oenipontanus:
D H D
en ei en.
Megaph. Jarbas:
2—1,54—1,08 ne Digg
Br Br.
Megaph. sandalhinus:
D H D |
= —W el en),
H > Br 2 Br. 2
Am wichtigsten für die Beurteilung der Zugehörigkeit sind die
EIER D
Indices Br. und Br
Formen zum Ausdruck bringen. Somit dürfte also der Mega-
phyllit vom Latemar in die Nähe des sandalınus und Jarbas zu
stellen sein. Ich führe ihn auf als „Megaph. cf. Jarbas und
cf. sandalinus Moss.*?), da ich auch in diesem Falle nicht wage,
bloß gestützt auf die Messungen, eine sichere Speziesbestimmung
vorzunehmen.
1) Vergl. S. 73.
?) Diese sind, wie MoJsısovıcs ausdrücklich hervorhebt, eng mit
einander verwandt, ja MoJsısovics hält den M. Jarbas sogar direkt
für einen Nachkommen des M. sandalinus.
da diese die seitliche Abflachung der
19
Megaphyllites Jarbas ist bekannt aus der Zone des Trach.
Aonoides und der Zone des Trach. Aon.: St. Cassian; Mega-
phyliites sandalinus aus der Zone des Ceratites trinodonus.
Zahl der untersuchten Exemplare: 3.
Arcestes sp.
Kleine, ca. °/a cm große indifferente Arcesten treten ver-
hältnismäßig häufig am Tatemar auf. Eine spezifische Bestimmung
ist aber nicht möglich.
Didymospira (Anisactinella) Salomont nov. Sp.
Taf. IV, Fig. 24—28 u. 30, Textfig. 11—14.
. Diese neue Didymospira ist der Individuenzahl nach bei
weitem der wichtigste Brachiopode für die Fundstelle auf dem
Latemar. Die Schalen sind gewölbt, manchmal kugelig. Ihre
Faltung ist außerordentlich kräftig, so daß für den Weichkörper
des Tieres ein relativ kleiner Raum übrig bleibt. Die große
Klappe trägt sechs Falten, und zwar treten die beiden Median-
falten gegen die dominierenden Seitenfalten zurück. Auf letztere
folgt dann je noch eine schwächere Falte dicht neben der Seiten-
kommissur. Die Kommissur ist lorikat!), infolgedessen haben wir
auf der kleinen, der Dorsalklappe, sieben
Falten. Von den fünf mittleren Hauptfalten
ist die median gelegene schwächer entwickelt
als die seitlich unmittelbar folgenden. Diese
sind, analog den Verhältnissen in der Ventral-
klappe, am stärksten und schließen gewissermaßen einen Sinus
ein, in dem die Medianfalte als Sekundär-Erhebung liegt. Das
nächste Faltenpaar ist gleichfalls kräftig entwickelt, während das
äußerste Paar an Stärke die Medianfalte etwas übertrifft. Vielleicht
empfiehlt es sich, bei solchen Formen mit stark ausgeprägter
Faltung eine Formel aufzustellen analog der Zahnformel bei
Lamellibranchiaten oder Wirbeltieren. Es käme dabei gleich
die Art der Kommissur, ob lorikat oder cincet zum Ausdruck.
Es ließe sich hierdurch, bei gleichzeitiger Nummerierung der
Rippen, eine Vereinfachung der Beschreibung erzielen. Die
Ziffern oberhalb des Teilstriches entsprechen dann der Dorsal-,
die unteren der Ventralklappe.. So würde z. B. für unsere
Didymospira die Formel lauten müssen
469, 2.1.2.3 4
Br N
!) Nebenstehende Figuren en die Stirnansichten zu Fig. 25
u. 27 auf Taf. IV an.
76
4,0390: 2 9 Ich Zara
der
2 a ne Kar ea 3
Die konvergierenden Falten in beiden Klappen treffen sich
erst unmittelbar am Wirbel. Das mediane Paar der Ventralklappe
läuft oft fast parallel bis in die Nähe desselben (Fig. 30). Der
kleine spitze Schnabel der großen Klappe krümmt sich etwas.
Eine Area ist in beiden Klappen vorhanden, in der Dorsalschale
klein und schmal, in der ventralen größer, wie es nebenstehende
Figur in vergrößertem Maßstabe wiedergibt. Der Schloßrand
verläuft gerade. Die dicke Schale splittert bei
ihrer faserigen Beschaffenheit namentlich an den
Falten leicht los, so daß bei den lädierten Exem-
plaren das Verhältnis der Falten und ihrer Größe
oft ein ganz anderes ist als bei intakten. Die
Fasern auf der Medianrippe der kleinen Schale
Fig. 13. konvergieren nicht.
An einer Reihe von Exemplaren wurde das Verhältnis von
größter Breite zur Höhe und zur Dicke bestimmt und zwar
wurde letztere von der Tangentialebene an die beiden Median-
rippen (Ventralschale) zur unpaaren Mittelrippe der kleinen Klappe
gemessen:
Ei
ee 9 yo 09 12 105
Höhe
a ee 5 60 tete ee
Dicke
Zwei Exemplare wurden angeschliffen, um den Bau der
Spirale zu studieren (siehe Fig. 14).
Es zeigte sich deutlich eine Doppelspirale und zwar derart,
daß eine breitere Lamelle in parallelem Abstand von einer zweiten
dünneren begleitet wird. In der Abbildung gelangte die Sekundär-
lamelle nicht zum Ausdruck. Die Ansatzstelle der Schleifen
konnte nicht völlig unzweideutig festgestellt werden, doch scheint
es, als ob von den Grura (23—19) eine kräftige Lamelle bis
etwa in ein Drittel der Schalenhöhe von oben abwärts geht und
sich dort mit der entsprechenden anderen Lamelle zu einer
Brücke vereinigt (Il, 13—18). Diese gabelt sich näher der
Dorsalseite (I, 14—8) und sendet nach rechts und links ihre
Spiralkegel aus. Das zweite Exemplar (II) wurde noch ange-
schliffen um die Brücke unzweifelhaft zu beweisen. Eine genaue
Feststellung der Verhältnisse in der Nähe der Anwachsstellen
ließ auch dieses Exemplar nicht zu.
Man könnte Didymospira Salomoni infolge ihrer kräftigen
Ze
eckigen Faltung auf den ersten Blick für eine Rhynchonella
halten, eventuell aus der Gruppe der ZRhynch. decurtata. Das
Vorhandensein einer Area in beiden Schalen, vorzüglich in der
größeren, weist auf Speregera hin. Spürferina kam trotz des
RARARR
9
Fig. 14. Schliffzeichnungen von Didymospira Salomoni nov. SP.
graden Schloßrandes wegen der faserigen Beschaffenheit der
Schale nicht in Frage. Das Vorhandensein der Doppeispirale
reiht unsere Form in die Gruppe der Didymospiren (SALOMON)
ein. Zum Unterschied gegen andere Didymospiren sei folgendes
bemerkt: Am nächsten steht Ded. Salomoni der Did. veneziana
in der Art der kräftigen, etwas steilen Berippung, dem steilen
Abfall der seitlichen Schloßränder, sowie in dem Zurücktreten
der Mittelrippe der kleinen Klappe gegen die übrigen Rippen.
Allein Did. veneziana besitzt nur vier bezw. fünf Falten. Did.
Stoppanid!) besitzt dagegen die gleiche Rippenzahl, doch sind bei
!) SALOMON 1895.
/
78
ihr die Falten flacher, und die Stirnkommissur bildet nicht, wie
bei Did. Salomonti, eine scharf gezackte, sondern eine mehr ein-
heitlich wellenförmig geschwungene Linie.
30—40 Exemplare wurden näher untersucht.
Didymospira (Anisactinella) octo-plicata nov. sp. ex. aff.
D. Salomont.
Taf. IV, Fig. 29.
Unter den zahlreichen Exemplaren der Didymospira Salomont
fanden sich zwei, die durch die Art der Berippung sich deutlich
unterschieden. Leider ist nur das eine von beiden Exemplaren
gut erhalten. Statt sechs bezw. sieben Rippen besitzen diese Formen
acht bezw. neun Rippen. Dadurch erhält die Form eine mehr
fächerförmige Gestalt. Die 4 bezw. 5 Mittelfalten sind unter-
einander ziemlich gleichwertig.
Ein Übergang von Did. Salomoni zu Did. octoplicata
wurde trotz der zahlreichen untersuchten Exemplare der ersteren
Spezies nicht beobachtet.
Didymospira (Anisactinella) pachygaster nov. sp. ex. aff.
D. Salomon.
Taf. IV, Eis-3r u. 33:
Von Deidymospira Salomoni unterscheiden sich auf den
ersten Blick eine Reihe von Individuen durch ihre große Dicke.
Die Messungen an mehreren Exemplaren ergaben das Verhältnis:
Dale 0 oo
Dicke
mit konstanter Abweichung gegen das gleiche Verhältnis bei
Did. Salomoni. Zudem ist bei Did. pachygaster der Wirbel der
großen Klappe viel stärker umgebogen als bei der Did. Salomont,
so daß er sich noch über den Wirbel der kleinen Klappe legt.
(Vergl. Exempl. Fig. 33). Übergänge zwischen beiden Didymospiren
ließen sich nicht feststellen (es wurden 20 Exemplare der Did.
Salomon? zum Vergleich gemessen), sodaß die Aufstellung einer
besonderen Spezies gerechtfertigt erscheint.
Zahl der untersuchten Exemplare: 6.
Sptirigera trigonella SCHLOTH. Sp.
Taf. IV, Fie. 32, 34.
Literatur bei BITTnER 1890 S. 17.
Spirigera trigonella ToMmMASI 1894 S. 72, Taf. I, Fig. 5.
Spirigera trigonella PHıLıppI 1895 S. 121, Taf. XXI, Fig. 4.
Die Formen vom Latemar sind recht klein, 5—6 mm hoch,
ihre Zugehörigkeit zu Sp. trigonella ist sicher. Am meisten
79
stimmt wohl jene Sp. trigonella mit dem Latemartypus überein,
die Bırtner als Sp. cf. trigonella aus dem Dachsteinkalk im
Hochschwabgebiet (Hochsteinwände bei Buchberg) !) abbildet und
beschreibt. Ejn spezifisches Charakteristikum der Latemarformen
ist die tiefere Ausbuchtung der Furchen auf der Ventralklappe
gegenüber denen der Dorsalseite. Hierdurch nähern sich die Formen
vielleicht der var. semecineta (Bittner Taf. XXXVI, Fig. 29),
ohne jedoch die übrigen Merkmale dieser Varietät zu besitzen.
Als var. crassa möchte ich Exemplare (Fig. 34) anführen,
die sich durch die starke Aufblähung ihrer Schalen deutlich von
den übrigen Exemplaren unterscheiden.
Zahl der untersuchten Exemplare: im Ganzen 5, davon zwei
der var. crassa zugehörig.
Spirigera (Diplospirella) Wissmanni Mstr. sp. var.
angulata nov. var.
Taf. V, Fig. 1—2.
Spirigera Wissmanni Mstr. _BITTNER 1890 S. 79, Taf. II, Fig. 6—9.
Von dieser Spezies liegen 16 Exemplare vor, die unter sich
kaum variieren. Die Schale ist glatt und deutlich gefasert, in-
folgedessen springt sie leicht aus dem Gestein heraus. Die
Fasern der Schalen konvergieren in beiden Klappen in der
Medianebene gegen die Stirn, nach Bırrner ein sicheres Kenn-
zeichen für die Zugehörigkeit solcher Formen zu den Spirigeren.
Der kräftige Schnabel der großen Klappe biegt sich über den
Wirbel der kleinen Klappe.
Das Charakteristische unserer Form ist der Umriß der
Kommissur, der ein scharfes Pentagon mit ziemlich geraden
Seiten darstellt (Fig. lab und 2ab). Die Stirnkommissur
bildet die Basalseite und ist etwas kürzer als die übrigen
4 Seiten, die in der kleinen Klappe untereinander ziemlich gleich
sind. In beiden Klappen entspricht sich eine ganz schwache
Depression in der Medianebene, sodaß die Kommissur an der
Stirn sich etwas gegen innen, also einet einbuchtet. Beim An-
schleifen ergab sich eine doppelte Armspirale
Am ehesten gleichen die Latemarformen der Fig. 6 Taf. II
S. 80 bei Bırtner, die einen Spezialfall der Sp. Wissmannı
darstellt. Da aber meine Formen sämtlich diesen 5 seitigen
Habitus aufweisen, so ist ein besonderer Varietätenname am
Platze.. Zur Abtrennung einer besonderen Art reichen die Merk-
male nicht aus.
1) 1890 $. 274.
80
Spiriferina pia var. dinarica Bırım.
Bat.-N, Fig: 16, 17, 18.
Spiriferina aff. pia BITTNER 1890 S. 52.
Spiriferina pia var..dinarica SALOMON 1895 S. 889 u. 140, Taf. II,
Fig. 20—22.
Die deutlich punktierte große Schale trägt einen langen
kräftigen, etwas gekrümmten Schnabel. Bei einem der Exemplare
Fig. 15 bildet sich ein leichter Sinus heraus, der bis an die
Schnabelspitze hinaufreicht. Bei Nr. 16 ist dieser Sinus nur
gerade noch angedeutet. Die gleichmäßige Berippung der großen
Klappe wird gebildet von 18 Radialleisten; eine konzentrische
Anwachsstreifung bildet sich gegen den Stirnrand hin aus, dieser
selbst ist aber an meinen Exemplaren nicht mehr erhalten.
Durch ein Fragment der großen Klappe, an dem das ent-
sprechende Stück der kleinen Klappe noch erhalten war, ließ sich
die spezifische Zugehörigkeit zweier loser kleiner Klappen zu den
vorbeschriebenen großen erweisen. Diese kleinen Klappen (vergl.
Fig. 17) stimmen vollkommen mit der von SaLomon und BiTrTNER
gegebenen Beschreibung der Sperzferina pia var. dinarica überein.
Es ist noch darauf hinzuweisen, daß bei dem Original zu Fig. 18
der Wirbel etwas nach rechts verbogen ist.
Zahl der Exemplare: zwei große, zwei kleine Klappen und
ein Fragment.
Rhynchonella ex. aft. Iycodon Bırrn.
Pa va tie ar (a)
Rhynchonella lycodon BITTNER 1892 (Abh.) S. 31, Taf. IV, Fig. 25—26.
(Rhynchonella cimbria BITTNER 1890 S. 48, Taf. XXXI, Fig. 24).
Diese Rhynchonellen zeichnen sich durch ihre schlanke,
etwas in die Länge gezogene Form aus. Der gerade Schnabel
ist spitz; die wulstartige Berippung bildet eine loricate Kommissur.
Vom Schnabel der großen Klappe aus entwickelt sich ein kräftiger
Wulst, der ungefähr in ein Viertel der Schalenlänge (gerechnet
von der Spitze des Schnabels aus) sich in zwei sehr kräftige
Rippen spaltet, die einen Sinus umschließen, ein Merkmal, das
diese Rhynchonellen in die Gruppe der Decurtata verweist. Die
Seitenfelder zeigen je rechts und links noch die schwache Anr-
deutung einer weiteren Falte. Der mäßig steile Abfall der
Medianrippen zur Seitenkommissur beträgt etwa 45°. Die Dorsal-
schale trägt drei wulstige breite Rippen, von denen die mittlere
dem Sinus der großen Schale entspricht; sie entspringt in !/s der
Schalenhöhe vom Schloßrand an gerechnet und verbreitert sich
kontinuierlich in der Form eines gleichschenkligen schmalen
Dreiecks. Von dem Wirbel wird sie durch die beiden Seiten-
81
wülste ausgeschlossen, die sich zwar nicht vereinigen, doch im
oberen Schalendrittel sich aneinander legen. Es nehmen diese
Seitenwülste ziemlich die ganze Breite der Seitenfelder ein. Die
große Ähnlichkeit mit An. Iycodon Bırrn. tritt sofort entgegen,
nur ist die Latemarform nicht so schlank wie jene: da außerdem
der Stirnrand bei meinen zwei Exemplaren nicht ganz erhalten
ist, so führte ich diese Form unter Zeh. ex. aft. /ycodon auf.
Rh. Iycodon Bırrn. stammt aus den Korallenkalken der Rax,
die nach Bittner entschiedene Beziehungen zur Fauna des Dach-
steinkalkes, vielleicht auch zu jener des Hallstätterkalkes haben,
daneben aber auch Anklänge an St. Cassianer Arten aufweisen.
Anschließend an diese Ih. ex. aff. /ycodon sei eine einzelne
Form von spitz-dreieckiger Gestalt (Fig. 4, Taf. V) angeführt,
die vielleicht als Jugendform der vorbeschriebenen zu gelten hat.
Die Faltung ist analog der bei Zeh. /ycodon, doch nur ganz
schwach entwickelt, die Schale flach, der Schnabel kräftig. Die
Form erinnert an Rh. cimbrica (Bırrner Taf. XXXI, Fig. 24),
doch ist bei dieser der Schnabel nicht so kräftig entwickelt und
die Faltung erscheint in der Abbildung schwächer.
Zahl der Exemplare: Rh. Iycodon 2, cf. cimbria? 1.
Rhynchonella Caressae nov. Sp.
Mara 10250216:
Diese neue Form gehört jedenfalls auch in die Decurtaten-
Reihe der Rhynchonellen und zwar offenbar in die Nähe der vor-
beschriebenen Spezies. Bei gleicher faseriger Schalenstruktur,
Schnabelform und gleichem Gesamthabitus unterscheidet sie sich
von ihr dadurch, daß der Mittelwulst der kleinen Klappe sich
nochmals einfurcht, und dementsprechend sich im Sinus der
sroßen Klappe eine sekundäre Falte bildet. Diese sekundären
Faltungsprodukte sind kurz und reichen, von der Stirn aus ge-
messen, nur bis ca. 1 Drittel der Schalenhöhe. Des weiteren
zeigt sich auch auf der großen Klappe in den Seitenfeldern jeder-
seits noch eine schwache Falte, die bei Ah. ex. aft. Iycodon nur
angedeutet war. Ein anderer Unterschied gegen diese Form ist
die größere Breite, und zwar gibt Zrh. Caressae im Horizontal-
durchschnitt ungefähr die Gestalt eines gleichseitigen Pentagones,
dessen größte Breite im oberen Schalendrittel liegt. Wie bei
Ih. ex. aft. /ycodon ist der Abfall der Seitenteile zur Kommissur
mäßig geneigt, etwas weniger als 45°. Das Verhältnis von Höhe
zu Breite zu Dicke, letztere gemessen von Wulst zum Sinus, gibt
bei dem besten Exemplare 8,5:7,5:4. Ein zweites Exemplar
ist leider nicht vollständig erhalten (Fig. 5). Es unterscheidet
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 56. |. 6
82
sich von dem andern durch stärkere Aufwölbung der kleinen
Klappe, die vornehmlich im Medianwulst zu Tage tritt. Bei
diesem Individuum beträgt das Verhältnis von Breite zu Dicke
9:7. Eine Ähnlichkeit dieser neuen Form mit Rh. alteplecta
speziell der Fig. 12 auf Taf. XXXVII bei Bırrner scheint vor-
zuliegen, doch besitzt dies Exemplar einen übergebogenen Schnabel,
während bei Ah. Caressae der Schnabel gerade gestreckt ist.
Ein weiterer Unterschied ergibt sich aus der schon betonten Lage
der größten Breite im obersten Schalendrittel.e. Biırrser stellt
nun Formen mit gradem Schnabel dieser Art zu Rh. decurtata
var. vivida, die aber mit den unsrigen keine Ähnlichkeit aufweist.
Rhynchonella E. Suessi nov. Sp.
DAN, ie AR:
Von dieser eigenartigen und sehr charakteristischen rorm
liegt leider nur ein einzelnes Exemplar vor, das zudem auch
etwas deformiert ist und kleinere Verletzungen aufweist, die jedoch
die Eigenart der Form nicht berühren. Die Schale ist deutlich
gefasert. Das vorzüglichste Merkmal dieser Rhynchonelle ist der
überaus stark entwickelte Sinus der großen Klappe, dem in der
Dorsalklappe ein hoher Wulst entspricht, so daß diese eigentlich
zur größeren Klappe wird. Der Sinus reicht nicht bis zum
Wirbel, sondern wird durch die Vereinigung seiner beiden Flanken-
rippen von diesem abgetrennt. Ein Verhalten, das auch diese
Form in die Gruppe der Rh. decuriata verweist. In der Ventral-
klappe findet keine weitere Faltung statt. Die Seitenfelder fallen
in glatter Fläche, flügelartig zu den geschweiften Seitenkommissuren
ab. Die den Sinus begrenzenden Kanten sind scharf und zwar
beträgt der Winkel an ihnen zwischen den Sinuswänden und den
Seitenflügeln ungefähr 90°.
Die Entfernung vom Vereinigungspunkte der Sinuskanten bis
zu der Stelle, wo diese Flanken die Stirnkommissur erreichen,
ist ungefähr gleich der Strecke von diesem letzten Punkte bis
zur Zungenspitze, so daß der Sinus eine eigentümliche, regel-
mäßige, eckige Gestalt annimmt, die ungefähr dem Hohldrucke
eines Tetraeders, dessen Kante in der Medianebene der Form
liest, gleicht. Die Dorsalklappe ist bauchig und dreilappieg.
Neben dem Medianwulst liegen jederseits die gleichfalls kräftig
aufgetriebenen Seitenstücke. Der Wirbel der Dorsalklappe ist
kräftig gewölbt.e Am nächsten verwandt nit dieser Rhynchonella
scheint Bırtners Rh. Laucana!) zu sein, die ihrerseits wieder
der Rh. regella aus den Hallstätter Kalken nahesteht, doch unter-
!) Himalaya Foss. 3, S. 2, t. 8, f. 5—6.
en pen; nam
= m—o
83
scheidet sich die Latemarform von der ZLaucana durch die
scharfen Sinuskanten, die an die Rh. teutonica erinnern.
Zum Vergleich wurden die Dimensionen der Rh. Suesst mit
der Zaucana und regella gemessen.
Rh. Suesse | Rh. Lauc. Rh. regilla
(1 Expl.) (2 Expl.) (2 Expl.)
Höhe: 18 52 15,5 24,5
Breite: 18 a 2 1 23
H.
Index: 5, | 1 0,92 0,78 0,91 1,6
Durch die steile Ausbildung des Sinus erscheint Ah. E. Suesst
auch schmäler als Ah. Laucana, wenn auch, wie der Index
zeigt, der Unterschied gegen das erste Exemplar kein sehr großer
ist. Zu erwähnen wäre vielleicht noch die Ähnlichkeit mit Zn.
protractifrons (Birrser Taf. XXXI, Fig. 22), doch besitzt diese
Form einen viel schwächeren und breiteren Sinus.
Anzahl der untersuchten Exemplare: 1. Fundort: Latemar-
Östgipfel.
RBRhynchonella cf. bajuvarica Bırın.
Taf. V, Fie. 89.
Rhynchonella bajuvarıca BiTTNER 1890 S. 162, Taf. XLI, Fig. 1—5.
Drei kleine faserschalige Exemplare. Die Form ist sehr
charakteristisch durch ihre Ähnlichkeit mit einer geballten Faust.
Die größere Klappe besitzt einen Sinus und je eine Seitenfurche.
Im Sinus liegen zwei sekundäre Falten. In der kleinen Klappe
entsprechen diesen eine flache Median- und jederseits eine
Seitenfurche. Die Kommissur ist loricat. Das Verhältnis von
Höhe zu Breite zu Dicke it = 3:3:2.
Es dürfte diese Latemar-Form der Rhynchonella bajuvarica
Bittner entsprechen, doch sind die drei Exemplare zu klein, um
die Bestimmung als ganz gesichert hinzustelen. Am besten
stimmt das Bırrnersche Original zu Fig. 5 mit meiner Form
überein. Die übrigen Exemplare sind flacher. Man kennt
Rh. bajwarıca aus den „sog. St. Cassianer Schichten“
(Partnach-Schichten) der Bayrischen Alpen.
Rhynchonella Richthofent nov. sp.
Mary, Bio. 1115.
Diese neue Arhymchonella besitzt einen äußerst charakteristi-
schen Habitus. Von der großen Klappe gesehen, erscheint die
Form spitz dreieckig mit abgestutzten Basalecken. Die Faltung
6*
84
ist kräftig. Die große Klappe trägt einen breiten Sinus, dem in
der kleinen Klappe eine Bauchung entspricht. Die Kommissur
ist loricat, und zwar entsprechen den zehn Falten der großen
Schale 11 Falten auf der kleinen. In der großen Klappe sind
die beiden den Sinus einschließenden Falten am stärksten ent-
wickelt. Sie konvergieren in spitzem Winkel gegen den Schnabel,
vereinigen sich aber schon vor diesem im obersten Viertel der
Schalenhöhe und schließen so die beiden im Sinus liegenden
Mittelfalten von dem Wirbel selbst aus. Von den 11 Rippen
der kleinen, kräftig aufgewölbten Klappe vereinigen sich die drei
mittleren im oberen Schalendrittel. Die äußersten Rippen sind
z. T. nicht mehr recht deutlich entwickelt. Zu beiden Seiten
des spitzen und kräftigen Schnabels ist der Schloßrand gebogen.
Die Struktur der Schale ist deutlich faserig. Ein Armgerüst
war nicht zu beobachten, doch ergab das Anschleifen der Dorsal-
klappe das Vorhandensein eines kleinen Medianseptums.
Die äußere Form, vor allem der Ausschluß der beiden
Mediansinusfalten in der großen Klappe vom Wirbel durch die
starken, den Sinus einschließenden Falten weisen diese Rhynchonelle
gleichfalls in die Gruppe der Decurtaten. Am nächsten steht ihr
wohl die Rh. Tommasi (cf. Bırrser 1890 S. 53), doch ist
diese Form viel stumpfer dreiseitig. Außerdem liegt bei der
Rh. Richthofen‘ die größte Schalenbreite viel näher dem Stirn-
rand als bei Ah. Tommasi. Letztere ist bekannt vom Mt. Terzadia
in Friaul und zwar aus Schutthalden. Birrrner gliedert sie an
die Brachiopoden des oberen Muschelkalkes an.
Als Jugendform sind wohl zwei Exemplare (Taf. V, Fig. 13
und 14) anzusehen, die bei kleinen Dimensionen eine spitzere
und schmälere Gestalt aufweisen, in den Hauptmerkmalen aber
mit der Rh. Richthofeni! übereinstimmen. Eine einzelne Dorsal-
klappe (Fig. 15) zeichnet sich durch eine unregelmäßige Faltung
der Rippen aus.
Es wurden 6 gute Exemplare und eine Anzahl Fragmente
untersucht.
Rhynchonella cf. Attilina Bırın.
Taf. V, Fig. 7.
Rhynchonella Attilina BITTNER 1890 S. 16, Taf. XXXVI, Fig. 1-8.
Das einzige Exemplar dieser Art zeigt in der Stellung der
Fig. Ta und b einen beinahe kreisrunden Durchschnitt. Die
Schale ist deutlich gefasert, der Schloßrand gebogen. Von den
beiden annähernd gleichgroßen Klappen ist die ventrale stärker
gewölbt.
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IE
85
Die Berippung prägt sich nur gegen die Stirne und die
Seitenränder hin aus, während bis auf eine Depression in der
Dorsalklappe die oberen Schalenhälften glatt bleiben. Der ventrale
Sinus trägt eine Medianfalte, die nur wenig hinter den beiden
Sinusfalten zurücksteht. DBeiderseits des Sinus liegen je noch
eine kräftige und eine ganz schwache Falte. Diesen 7 Ventral-
falten entsprechen 6 in der Dorsalklappe, von denen die zwei
mittleren, dem Sinus entsprechenden, am stärksten entwickelt sind;
die darauf folgenden zeigen annähernd gleiche Stärke, die äußersten
sind dagegen ganz schwach. Die Formel würde also zu lauten
haben:
30 lin len: Dat ©
A ano 2 rar
Brrtner bespricht zwei einander sehr nahestehende Formen:
Irhynchonella trinodost Bırrn. (S. 13 Taf. XXX Fig. 17 —35)
und eine Rh. Attılina. Letztere unterscheidet sich von der
trinodost durch gleichmäßigere Skulptur, während bei der trinodost
der Sinus als solcher stärker hervortritt. Namentlich den „semplex“
Formen der Attilina ist die Latemarform nahe verwandt. Eine
Depression im ungerippten Teil der kleinen Schale kenut Bittner
nur an Exemplaren mit vermehrter Berippung, sie zeigt sich
aber auch bei unserer normal berippten Form. Der einzige
Unterschied dürfte in der stärkeren Aufwölbung der Ventralklappe
liegen, doch halte ich dies für kein besonders wichtiges Merkmal,
vielmehr für eine Folge der eben erwähnten Depression.
Rh. Attitina ist bekannt aus dem Recoarokalk von Felsö Örs.
Untersucht wurde ein Exemplar vom Latemar-Östgipfel.
? Waldheimia (Aulacothyris) cfr. conspieua Bırrın.
ar V, Ki 19.
Wuldhermia (Aul.) conspicua BITTNER 8. 279, Taf. NAVI, Fig. 4—6.
Mit dieser Bırrnerschen Waldherimia zeigt ein einzelnes,
sehr kleines Individuum vom Latemar große Ähnlichkeit. Die
große Klappe ist außerordentlich stark gewölbt, beinahe „gekielt“ !),
wie BirTNnER von seiner conspicua sagt. Die kleine Klappe liegt
deckelförmig konkav in der Ventralschale und zeigt ein sehr
langes Medianseptum. Die Schalendecken sind punktiert. Das
Medianseptum der conspicua scheint noch länger als das der
Latemarform zu sein. Auf der andern Seite ist eine große
Ähnlichkeit mit Waldheimia angusta Scuuoru. .var. Rosaliae
Sar. vorhanden.
') In der Abbildung nicht deutlich genug hervortretend.
86
W. conspicua stellt Bittner in die Gruppe der subangusta;
sie unterscheidet sich von dieser durch die getrennten Zahnstützen,
ein Merkmal, das ihrerseits wieder die angusta besitzt.
Eine genaue Entscheidung, welcher von beiden Formen unser
Exemplar zuzurechnen sei oder ob vielleicht conspicua : eher in
den Kreis der angusta zu ziehen und mit var. Rosaliade zu ver-
einigen sei, wäre natürlich nur bei reichlicherem Materiale möglich.
Waldheimia conspicua ist bekannt aus der Fauna von Dernö
in Ungarn, die Bırrtner den Dachsteinfossilien angliedert.
Avicula (?) sp.
Taf. V, Fig. 3.
Die ungleichseitige Schale hat einen geraden Schloßrand.
Von dem stark gewölbten Mittelteil der Schalen sind scharf zwei
Ohren abgesetzt. Er fällt nach vorn in gleichmäßiger Wölbung
ab, nach hinten erst steil, dann sich abflachend bis zum Hinter-
ohr; dies wird von deutlichen Leisten durchzogen, die parallel
der Linie laufen, an der das Hinterohr vom Hauptkörper sich
absetzt (vgl. Abbildung). Bis auf eine ganz undeutliche Anwachs-
streifung ist der Hauptkörper der Schale glatt. Der spitze Wirbel
ragt etwas über den Schloßrand.
Ob die Form wirklich zu Avzcula gehört, erscheint fraglich.
Der Hinweis auf das Genus Pleuronectites dürfte vielleicht am
Platze sein. Das einzig vorliegende Exemplar genügt aber nicht
zu einer sicheren Bestimmung.
Avicula cf. arcordea Bırım.
Taf, V, Fig. 20—24.
Avieula ae BITTNER 1895 S. 54, Taf. IX, Fig. 21 und Taf. XXIV,
ach
Avicula arcoidea BITTNER 1901 (Bakony) S. 22, Taf. IV, Fig. i.
Diese Avzcula tritt am Latemar in zahlreichen Exemplaren
auf. Die Schalen sind stark ungleichseitig, indem die hintere
Seite flügelartig ausgezogen ist, die vordere dagegen in steiler
Wölbung abfällt. Der lange gerade Schloßrand begrenzt leisten-
förmig aufgewölbt den hinteren Flügel. Das vordere Ohr war
leider nicht ganz vollständig zu beobachten. Der kräftige Wirbel
biegt sich über den Schloßrand hinaus. Acht bis zehn radiale Haupt-
rippen bilden die wesentliche Skulptur, sie stehen in der Mitte
der Schale am weitesten auseinander, gegen die Seiten zu etwas
dichter, lassen aber den Flügel frei. Zwischen je zwei Rippen
schiebt sich in der Regel nur eine (gegen vorne bisweilen auch
2 oder 3) zartere sekundäre Rippen, oft nur gerade noch an-
gedeutet, so daß man glauben könnte, sie fehlen ganz. Im all-
87 .
gemeinen ist die Lage dieser Sekundärrippen genau median zwischen
zwei Hauptrippen, doch kann sie sich auch etwas seitlich ver-
schieben und zwar dann in umgekehrter Weise, wie es BırrTner
von seiner arcordea angibt, indem sie sich auf der linken Klappe
2. B. der vor ihr liegenden Hauptrippe nähert (bei Bırrner der
hinter ihr liegenden). Ich halte aber diesen einzigen Unterschied
für Zu geringfügig, um daraufhin eine neue Spezies aufzustellen.
Analog der Latemarform zeigt die ungarische Form der A. arcordea
auch bisweilen das Einschalten einer weiteren Sekundärrippe
gegen vorn, was unzweifelhaft auf die schon von Birrner hervor-
gehobene nahe Verwandtschaft mit Arwzcula cardüformis MsTr.
hinweist. |
Bei hinlänglicher Vergrößerung mit der Lupe beobachtet man
dann noch an guten Exemplaren eine dichte minutiöse Radial-
skulptur, die durch das Hinzutreien einer womöglich noch
feineren dichten Anwachsstreifung, die aber nur im Ausnahmefall
zu beobachten ist, sich gittern kann.
Die Abbildung Fig. 22 gibt ein größeres Exemplar wieder,
vielleicht einer anderen Spezies zugehörig, mit einer sonderbaren,
schräg zur eigentlichen Radialskulptur laufenden Faserung in
zwei Radialsektoren.
Zu verweisen ist noch auf die nahe Verwandtschaft mit
einer neuen, von Broızı!) beschriebenen Arzcula Salomoni von
der Seißer Alp, doch besitzt diese Form viel stärkere auch zahl-
reichere Rippen, sowie einen breiteren, kräftigeren Wirbel.
Casstianella Rosenbuscht nov. sp.
Taf. V, Fig. 27-380.
Der breite Rücken dieser Form ist abgeflacht und zeigt an
einzelnen Exemplaren sogar das Bestreben, sich leicht einzusenken.
Auf der steilabfallenden breiten hinteren Seite läuft eine leichte
Furche dicht unter der Rückenkante, parallel mit dieser. An-
wachsstreifung fein, dicht gedrängt, aber unregelmäßig. Der
vordere Flügel ist deutlich abgeschnürt, leider aber an keinem
Exemplar vollständig erhalten. Der hintere Flügel, gleichfalls
zerstört, scheint nur ganz schwach ausgebildet gewesen zu sein.
Was diese Form von den bei Bırrner besprochenen Cassi-
anellen unterscheidet, ist in erster Linie der steile Abfall des
breiten Rückens, hauptsächlich gegen den Hinterflügel, während
der Rücken gegen den Vorderflügel sich erst schräg neigt, dann
aber auch kurz vor dessen Ansatz sich vertikal stellt.
1) 8. 166, Taf. XVII, Fig. 25—26.
i 88
Mit Cassvanella Beyrichii‘) hat unsere Form die Radial-
furche auf der steilen Hinterseite gemein. Sie unterscheidet
sich aber von ihr durch den steileren Abfall dieser Seite.
Cass. gryphaeata besitzt keine so scharf abgesetzten Flügel.
Nahe dürfte unsere Form der Fig. 7 auf Taf. VI bei Bırrner
stehen, einer Zwischenform zwischen (ass. gryphaeata und
temutstriata. Die letztere selbst besitzt in den typischen Fällen
Radialverzierung und einen Kiel, die beide unserer Form fehlen.
Mit Cass. angusta hat unsere Form den steilen Abfall zum
Hinterflügel, sowie die Radialdepression an eben diesem Abfall
gemeinsam, doch fehlt dieser Art die Abflachung des Rückens,
ganz abgesehen davon, daß der Rücken an sich bei ©. Rosen-
buscht schon breiter ist als bei C. ungusta. (uss. avicularis
ist wohl flacher, aber nicht so flachrückig wie unsere, besitzt
zudem eine viel stärkere Radialfalte und Furche In der Form
des Rückens erinnert sie an (ass. plantdorsata, besitzt aber
nicht deren Radialskulptur. Die nächste Verwandtschaft scheint
mir zu (ass. angusta und (ass. avecularıs zu bestehen.
Zahl der untersuchten Exemplare: 11.
Pecten discites v. SCHLOTH.
Taf. VI, Fie. 1).
Literatur vgl. SALOMON 1895 S. 145.
Diese glatte Form erreicht im Latemar die Größe von
2,5--3 cm. An dem abgebildeten Exemplar beobachtet man
dort, wo die Schale abgesprungen ist, mit dem bloßen Auge eine
sanz schwache Anwachsstreifung bei günstiger Beleuchtung.
An dem Wachsabdruck eines anderen erkennt man mit der Lupe
jene allerfeinste konzentrische Streifung, die Sropranı (1856 — 60)
von Pecten discites beschreibt. Die Ohren sind scharf abgesetzt,
der Schloßwinkel beträgt etwas über 90°,
Tornausst beschreibt einen Pleuronectites Beyrichti, dessen
Originale mir vorgelegen haben. Die flachen Klappen stimmen
recht gut mit dem vorbeschriebenen Peeten discrites überein, nur
mit dem Unterschied, daß das rechte Ohr bei diesem in grader
Linie, nicht, wie Torngauist von seiner Form beschreibt, in ge-
bogener, an Pleuronectites erinnernder Linie absetzt. Eine
genaue Untersuchung der Tornausstschen Originale läßt aber
diese Rundung als nicht gesichert erscheinen, da sie mit Gesteins-
massen teilweise ausgefüllt ist. Hierdurch wird zwar der Ein-
druck einer Rundung hervorgerufen, doch kann diese Gesteins-
!) BITTNER 1895 8. 54.
2) Vergl, auch 8. 54, t. W467.
89
masse ebensogut eine gradlinige Begrenzung des Ohres bedecken,
was mir äußerst wahrscheinlich ist. Die gewölbte Torxquistsche
Klappe läßt eine Diskussion schon wegen des schlechten Er-
haltungszustandes nicht zu, wie es denn überhaupt schr zweifel-
haft ist, ob dieselbe wirklich zu jener anderen flachen Schale
gehört; das Zusammenvorkommen beider in einem und demselben
Block ist doch kein überzengender Beweis dafür. !)
Im Anschluß an den Pecten discites führe ich als
Pleuronectites ?
Taf. VI, Fig. 3.
eine hochgewölbte Klappe auf, die mit der von Tornauisr als
linke Klappe des Pl. Beyrichi aufgeführten, Ähnlichkeit hat.
Sie ist ungleichseitig, der Abfall der kräftig gewölbten Median-
partie steiler nach der einen (rechten) als nach der anderen Seite.
Durch schwache Furchen deutlich abgesetzt, erscheinen beiderseits
zwei Ohren, von denen das rechte für sich eine ganz leichte
radiale Einfurchung trägt. Das linke Ohr läßt keine Furchung
erkennen, seine Umgrenzung ist in der Zeichnung rekonstruiert.
Ferner gibt
Taf. VI, Fie. 2
ein Exemplar wieder, das mit dem vorhergehenden eine gewisse
Ähnlichkeit zeigt, so daß man geneigt ist, sie als Gegenklappe
zu dem vorbesprochenen Pleuronectites (?) aufzufassen, ist dies
wirklich der Fall, so gehören beide Formen aber nicht melır
dem Genus Pleuromectites an. Bei Fig. 2 sind die Ohren bis
auf einen kleinen, in der Zeichnung wiedergegebenen Rest
nicht zu erkennen. Der steile Abfall der Wirbelpartie geht
nach der entgegengesetzten Seite, als bei der Fig. 3. Bei
letzterer ist der Wirbel etwas nach links, bei Fig. 2 nach rechts
gebogen, wenn auch nur sehr wenig. Im ganzen ist Fig. 2
schlanker und höher gewölbt. Mit der Lupe erkennt man eine
schwache konzentrische Anwachsrunzelung und sehrfeine Radiallinien.
Ein anderes, nicht abgebildetes Fragment mit abgesetzten
Ohren entspricht in der leichten Biegung des Wirbels und in dessen
steilem Abfall der Fig. 2, in der Gesamtform aber mehr der Fig. 3.
Vielleicht ist bei diesen Formen der Hinweis auf die neue
Brrrsersche?) Gattung Tirolidia angebracht. Vor einer defini-
tiven Entscheidung müßte man besseres Material mit gut er-
haltenen Ohren abwarten.
') TornQquist gibt in seinem Text an, daß ihm eine einzige linke
Klappe vorgelegen habe, am Schluß seiner Besprechung aber steht bei
der Zahl der Exemplare: 2 linke Klappen.
271895.
90
Pecten Brotlii nov. sp.
Taf. VI, Fig. 8—12.
Pecten sp. Broili 1903 S. 174, Taf. XIX, Fig. 25.
Dieser Pecten zeichnet sich durch seine regelmäßige schöne
Skulptur aus, ein Gitterwerk, das durch die Kreuzung annähernd
gleichstarker konzentrischer und radialer Elemente hervorgerufen
wird. An jedem Kreuzungspunkt dieser Elemente entsteht eine
leichte knötchenartige Anschwellung. Aus den Radialrippen
heben sich deutlich 15 stärkere Primärrippen vor den Sekundär-
rippen hervor, welch’ letztere aber schon dicht am Wirbel inseriert
sind. Unter den 15 Primärrippen heben sich bei günstiger Be-
leuchtung wieder die Hälfte von den übrigen stärker hervor,
ähnlich wie bei dem noch zu besprechenden Pecien fassaensıs.
Bei genauer Beobachtung mit der Lupe erkennt man auf der
Schale noch eine ganz feine Anwachsstreifung, namentlich gegen
das hintere Ohr zu, die der konzentrischen Hauptverzierung nicht
genau parallel geht, sondern diese kurz vor dem hinteren Ohr
in stumpfem Winkel kreuzt und sich auf das Ohr hinüberzieht.
Der Schloßrand ist scharf und gerade. Von dem spitzen Wirbel
setzen sich die Ohren deutlich ab. Die Radialverzierung fehlt
ihnen ganz. Das hintere Ohr läßt dicht neben der Ansatzstelle
eine lange schmale radiale Falte erkennen, über welche die
konzentrischen Runzeln in schwachgebogener Linie hinwegsetzen
(Fig. Sb). Das vordere Ohr zeigt eine deutliche Einbuchtung
der Runzelverzierung, die jedenfalls mit dem Byssusausschnitt
der anderen Klappe in Zusammenhang steht.
Die vorstehende Beschreibung gilt nur für die linke Klappe.
Die rechten Klappen (Fig. 9 u. 10) zeigen merkwürdigerweise
eine etwas abweichende Skulptur, sodaß ich sie zuerst für eine
gesonderte Spezies hielt. Es zeichnet sich ihre Skulptur durch
das Zurücktreten der radialen Verzierung aus, während die übrige
Skulptur die gleiche bleibt; nur gegen das hintere Ohr zu tritt
auch die Radialverzierung wieder deutlicher hervor und bildet
hier das gleiche Gitterwerk wie auf der linken Klappe. Man
erkennt deutlich den scharfen Byssusausschnitt unter dem vorderen
Ohr. Das Zurücktreten der Radialverzierung durch Abwitterung
zu deuten, geht nicht an, denn dann sollte man vor allen Dingen
das Fehlen der feinen Anwachsstreifung erwarten; auch eine
Erklärung durch Abreibung ist ausgeschlossen, denn es fehlen
die Radien nicht nur auf dem höchstgewölbten, dem zentralen
Teil, sondern auch auf der vorderen Schalenhälfte, während sie
auf der hinteren, wie schon erwähnt, deutlich hervortreten.
Bittner!) hat ähnliche Verhältnisse schon bei .Pecten subalternans,
1) 1895.
91
einer der unsrigen verwandten Form, nachgewiesen, auch hier ist
die Berippung in der rechten Klappe schwächer als in der linken.
Zu derselben Spezies gehört wohl die Form, die Broırı!)
aus den Tuffen des Tschapitbaches als Pecten sp. (S. 174) be-
schreibt und Taf. XIX, Fig. 25 abbildt. Von den zwei
Exemplaren Broıuıs zeigt das größere die Skulptur undeutlicher,
das kleinere dagegen recht genau. Allerdings ist auch bei diesem
Individuum die Skulptur nicht so regelmäßig entwickelt wie bei
den Latemarformen, doch könnte der bestehende Unterschied auf
die verschiedene Facies, in der sich die Formen der Seißer Alp
entwickelt haben, zurückzuführen sein.
Pecten fassaensis nov. Sp.
Taf. VI, Fig. 16--17.
Das Typische dieses Pecten ist die feine, aber scharfe
Radialskulptur, die aus ca. 13 Primärrippen und etwas zarteren
alternierenden Sekundärrippen besteht, die sich noch im oberen
Drittel der Schalenhöhe einschalten. Die konzentrische Skulptur,
gleichfalls fein und scharf, verläuft in regelmäßigen gleichen Ab-
ständen, sie gleicht an Stärke ungefähr den sekundären Radien.
Die Primärrippen kann man ihrerseits wieder in 8 oder 9 Rippen
sondern, die bis zum Wirbel reichen; der dazwischen geschaltete
Rest ist zwar erst etwas tiefer inseriert, erreicht aber die ersten
bald an Stärke, während die eigentlichen Sekundärrippen deutlich
hinter jenen zurückstehen. Der Gesamteindruck der Skulptur
ist der eines feinen regelmäßigen Gitterwerkes, über das sich
die 18 Primärradien etwas erheben. Die Ohren zeigen die
gleiche Gliederung und setzen sich scharf ab. Leider sind sie
an den vorliegenden Exemplaren lädiert, so daß über ihre ge-
nauere Form und über einen eventuellen Byssusausschnitt nichts
gesagt werden kann.
Von verwandten Formen wäre zu erwähneu: Pecten Crampiont
bei Stopranı, der aber bedeutend mehr Rippen hat, ca. 90
bis 100. Dieser soll dem Pecten reticulatus bei GoLDFUSS
(Taf. 89, Fig. 2) sehr nahe stehen, es fehlt letzterem aber
der regelmäßige Wechsel von Primär- und Sekundärrippen, außer-
dem hat er (cf. Saromon S. 112) glatte Ohren. Pecten
inaequralternans bei Parona steht unserer Form wohl nahe,
doch schalten sich, zum Unterschied, bei der Latemarform die
Sekundärrippen median ein. Pecten subalternans?) unterscheidet
sich durch die konzentrische Streifung. Bei Havers Pecten
Margarıthae stehen die konzentrischen Streifungen weiter aus-
ara. 0.
?) BITTNER: St. Cassian.
92
einander. Pecten cerslonensts PoLırkA und P. stenodictyus SAL.
kommen ihrer zahlreichen Rippen wegen nicht in Betracht. Pecten
subalterntcostatus') zeigt nicht die deutliche Gitterung der Latemar-
form.
Torxqauisr bildet dann noch Taf. XX, Fig. 7 -8 (Spitz-
Kalk) einen sehr nahe mit dem unsrigen verwandten „Pecten
treltensis* ab, dessen Original mir vorliegt. Dieser besitzt vor
allen Dingen nicht die regelmäßig netzartige Grundverzierung
wie fussaensıs. Bei letzterem läßt sich das ganz regelmäßige
Netzwerk bis zum Wirbel verfolgen, bei frettensis dagegen liegen
im oberen Schalendrittel die etwas unregelmäßigen, gewebeartigen
Anwachsstreifen einer dicht neben dem andern, und erst in einem
bestimmten Abstande vom Wirbel heben sich einzelne dieser
konzentrischen Streifen etwas kräftiger hervor, ohne aber das
regelmäßige Netz des P. fassaensıs zu bilden.
Pecten predazzensis nov. Sp.
Taf. VI, Fig. 13—14 (15).
Der wesentliche Unterschied dieser Art gegen den vor-
besprochenen Peeten fassaensis liest darin, daß die Primärrippen
sich auflösen in zwei dicht nebeneinander herlaufende Strähnen oder
Fäden, gewissermaßen, als ob die Primärrippen aufgeplatzt wären.
Im übrigen tritt die Gitterstruktur zurück und die Berippung
wird etwas dichter. Die Ohren sind deutlich abgesetzt, wie auch
bei P. fassaensis, leider aber nicht vollständig erhalten, doch
scheint, nach der Anwachsstreifung zu schließen, das vordere Ohr
einen deutlichen Byssusausschnitt getragen zu haben.
Einen Übergang zu P. fussaensis bildet scheinbar das
Fig. 15 abgebildete Exemplar, bei dem die. Spaltung der Primär-
rippen nicht ihrer ganzen Länge nach, sondern nur in ihrem
mittleren Teil erfolgt.
Zahl: 4 Exemplare.
Pecten interstriatus Bırın.
Taf. VI, Fig. 5.
Pecten interstriatus MSTR. BITTNER 1895 S. 159, Taf. XIX, Fig. 1—4.
Dieser Pecten zeichnet sich durch eine schr regelmäßige
Skulptur aus. Vom Wirbel verlaufen ca. 20—22 Rippen, die
nur bei sorgfältigster Beobachtung in der unmittelbaren Nähe des
Wirbels ein leichtes Alternieren in der Stärke erkennen lassen.
Mit der Entfernung vom Wirbel nimmt die Stärke der Rippen
allmählich zu. Im Querschnitt ist die einzelne Rippe spitz drei-
eckig mit etwas gerundeter oberer Ecke. Bei ganz scharfer
') Birrner:! Lamellibranchiaten d. Bakony.
93
Untersuchung mit der Lupe erkennt man auf den Rippenflanken
noch eine minutiöse Netzskulptur, hervorgerufen durch feinste
konzentrische und radiale Elemente. Die Wölbung der Schale
ist mäßig, der kräftige Wirbel scharf abgesetzt von den Ohren,
über die er etwas hinausragt. Leider sind die Ohren etwas lädiert
und lassen keine genaue Untersuchung zu.
Bittner gibt bei seiner Beschreibung der Spezies ausdrück-
lich an, die Zahl der Rippen betrage 16. Bei No. 3 und 1
seiner Abbildung zählt man aber an die 20 Rippen, und tat-
sächlich ließ sich an dem Berliner Original zu Abb. 1 die Zahl
von 20 Rippen konstatieren.
Pecten subaequrcostatus Bırrn.!) gehört jedenfalls in die
allernächste Verwandtschaft, doch besitzt dieser nicht den kräftigen
überragenden Wirbel, und die Rippen sind untereinander nicht so
gleichmäßig. Beide Spezies von St. Cassian.
1 Exemplar wurde untersucht.
Pseudomonotis Bittnert nov. sp.
Taf. VI, Fig. 18—19.
Bitrtser beschreibt in seinen „Lamellibranchiaten des Bakony *
zwei neue Formen: Pseudomonotis Laczköi und Ps. Loczyi?).
Eine Mittelstellung zwischen diesen beiden nehmen die Taf. VI,
Fig. 18--19 abgebildeten Formen ein. Sie zeichnen sich beide
durch den tiefen (Byssus-) Ausschnitt am vorderen, scharf ab-
gesetzten Ohr aus; das andere Ohr ist nicht abgesetzt und ent-
wickelt sich allmählich aus der Schale. Letztere ist mäßig ge-
wölbt und weist außer einer schwachen, nur mit der Lupe wahr-
nehmbaren, aber dichten Anwachsstreifung keinerlei Verzierungen
auf. Besonders gut stimmt, was Bırrner von der linken Klappe
seiner Ps. Zaczkör sagt, nur unterscheidet sich diese Form durch
den Besitz einer feinen Radialskulptur. Die dann bei Bırrxer
beschriebene Ps. Loezye ist glatt, stimmt auch in dem, was über
die Wölbung der linken Klappe und den Abfall zu den Ohren
gesagt wird, gut mit der Ps. Bittner überein, doch läßt sie den
charakteristischen tiefen Byssusausschnitt vermissen.
Pseudomonotis Laczkörl und Loczyı stammen aus den Werfener
Schichten (Sandsteine v. Hidegkut) des Bakony.
Daonella cf. TommasırU nov. sp. ex. aff. D. pauereostatae
Tornauv.
Vergl. diese Arbeit S. 94.
Leider standen mir nur einige schlechterhaltene Fragmente
zur Verfügung. Man erkennt die konzentrischen Runzeln, den
1) 1895 $. 156.
?) Bittner: Lamellibranchiaten d. Bakony S. 88,
94
kräftigen Wirbel und scharfe, gleichstarke Radialfurchen, die erst
in einiger Entfernung vom Wirbel sichtbar werden. Es scheint
dieselbe Daonella zu sein, wie jene von der Forzella.
Über den Gesamtumriß läßt sich nichts genaues sagen, doch
ist er, nach den Anwachsstreifen zu urteilen, ungleichseitig.
Postidonomya obligua Hauer.
Taf.-VI, Fig. 23—24.
Posidonomya obliqua HAvUER 1857 S. 145, Taf. II, Fig. 8—9.
Längliche, quer ovale Form von flacher Wölbung. Durch
Verlagerung des Wirbels wird die Schale ungleichseitig. Be-
zeichnend ist die konzentrische, runzelartige Verzierung, die gegen
den Außenrand an Stärke zunimmt. Die Zahl der Runzeln be-
trägt ungefähr 12. Von vorn gegen hinten nimmt die Höhe der
Klappe zu. Haurrs Exemplare stammen von Lugano und aus
den Hallstätter Schichten von Teltschen b. Aussee. In Bezug
auf ihren Unterschied von .Posidonomya wengensts schreibt
HAUER! „Sie nähert sich ungemein der von Wıssmann be-
schriebenen P. Wengensis, unterscheidet sich aber von ihr durch
eine noch ungleichseitigere, etwas größere Schale, dann durch
höhere, am Schloßrand etwas abstehende Buckel.“ Diese Unter-
scheidungsmerkmale gelten in gleicher Weise von der Latemarform.
Zahl der untersuchten Exemplare: 4.
Posidonomya (?) plana nov. sp. ex. aff. P. concinnae Hörn. sp.
MatV.,, Kim .26.
Avicula concinna HÖRNES 1855 S. 51, Taf. I, Fig. 16.
Eine flach gewölbte, beinahe halbkreisförmige Schale mit
langem, geraden Schloßrand.. Der schwache Wirbel liegt an-
nähernd in dessen Mitte. Die Schale wölbt sich nur in ihrem
Mittelteile und läßt zu beiden Seiten bis zum Schloßrand eine
ohr- oder flügelartige Fläche eben, ohne daß diese scharf ab-
gesetzt wäre. Die sehr feine, dichte Anwachsskulptur erfährt
nur an der linken Seite eine dem Ohr entsprechende leichte Ein-
biegung.
Die einzige Form, die der unsrigen nahe kommt, ist
Avieula concinna Hörn. Nach der Abbildung erscheint sie etwas
stärker gewölbt als A. „plana“. Von der „concinna*“ sagt
Hörnes: „Die beiden Flügel auf der vorderen und rückwärtigen
Seite des Wirbels liegen nicht wie bei Peeten ohrenartig von
dem übrigen Teile der Schale getrennt, sondern die erhabenen
Linien und Furchen laufen ohne Unterbrechung auf den geraden
Schloßrand zu. Die Form scheint gleichsam einen Übergang von
95
Avicula zu Pecten zu bilden.“ Diese Beschreibung ließe sich
direkt auf unsere Form übertragen. Doch ist P. plana flacher
und noch gleichseitiger als A. concinna, so daß man ohne Be-
obachtung der Bucht in der Anwachsstreifung leicht auf die Ver-
mutung kommen könnte, die kleine Klappe eines Brachiopoden
vor sich zu haben.
Ein Exemplar wurde untersucht.
Als
Lima cf. alternans Bırım. !)
dürfte ein Fragment bezeichnet werden, das ganz auf die BiTTnEr-
sche Beschreibung und Abbildung der Form von St. Cassian paßt.
Die Ohren sind zum größten Teil zerstört. Man erkennt an
dem Fragment die Ungleichseitigkeit der Klappe, die die Stellung
zu der Gattung „Lima“ begründet erscheinen läßt. Die Skulptur
besteht aus zahlreichen, kräftigen Radialrippen. Je eine Sekundär-
rippe schiebt sich zwischen zwei Hauptrippen ein, kann aber auch
fehlen, ganz analog der Brrrserschen Beschreibung.
Gervilleia cf. angusia GoLDF.
Taf. VI, Fie. 7.
Gervilleia angusta GOLDFUSS Petr. Germ. S- 122, Tab. 115, Fig. 6.
MsTR. 1841 'S- 79, Tab. VII, Fig. 23.
BiTTNER, St. Cassian S. 85, Tab. IX,
Die m, 1,
Ein Fragment, ausgezeichnet durch die sehr ungleichseitige
Gestalt, geraden Schloßrand und den scharfen Rücken, von dem
nach beiden Seiten hin die Flanken steil abfallen. Anwachs-
streifen sind deutlich wahrnehmbar. Bei G. angulosa ist nach
Birrner der Rückenteil noch schärfer als bei G. angusta.
Gervilleia angusta GoLpr. ist bekannt von St. Cassian und
aus dem Veszpremer Mergel vom Bakony, der nach Brrrxer gleich
ist den Lunzer-, Raiber- oder Oardita-Schichten.
” 2) rk)
2 2
(?) Cucullaea cf. impressa Msrr. sp.
"Bat. vl, Rio. 6:
Macrodon impressum MSTR. SALOMON 1895 S. 163, Taf. V, Fig. 36—37.
Oueullaea ne u sp. BiTTner St. Cassian S. 118, Taf. XV,
Cucullaea es BroıLı 1903 8. 205, Taf. XXIV, Fig. 31—33.
Auch diese Spezies liegt nur in einem unvollständig er-
haltenen Exemplar vor. Der Abfall des kräftigen Wirbels zum
Hinterrand ist scharf. Daher stelle ich, abgesehen von der Größe
SR Se
96
des Individuums, die Form zu Zmpressa und nicht zu „esenense*.
Leider ist die Schale gerade an der Stelle lädiert, wo man die
radiale Einfurchung erwarten sollte. so daß über deren Vor-
handensein nichts gesagt werden kann. Die Skulptur be-
schränkt sich auf konzentrische Anwachsstreifen. Da die Area
nicht deutlich erkennbar ist, bleibt die systematische Stellung der
Form etwas unsicher.
Cucullaea- ex. aff. sersianae Brorlt (?).
Taf. VI, Fig. 20.
Cucallaea Seisiana Broili S. 206, Taf. XXV, F ig. 2.
Das einzige Exemplar ist im wesentlichen Steinkern, nur
am Wirbel und auf einem schmalen radialen Streifen noch von
der Schale bedeckt, die eine kräftige, konzentrische Anwachs-
streifung aufweist. Die Form zeigt länglich querovalen Umriß,
der kräftige breite Wirbel ist etwas seitlich verlagert und ragt
über den graden Schloßrand hinaus. Da das Schloß unsichtbar
ist, kann die Bestimmung als Creullaea nicht als gesichert er-
scheinen, jedenfalls hat die Form eine sehr große Ähnlichkeit
mit der Crcaullaea Serscana, und Herr Dr. Broırı selbst, dem
ich mein Exemplar zeigen konnte, glaubte dasselbe in die un-
mittelbare Nähe seiner Sersiana stellen zu müssen. Jedenfalls
möchte ich noch auf die große Ähnlichkeit der Latemarform mit
Bırrsers Anodontophora Griesbacht hinweisen; nur ist diese
anscheinend nicht so schlank. Ob diese Bırrxersche Form aber
wirklich zu Anodontophora zu stellen ist, scheint mir etwas fraglich,
da ja Anodontophora fassaensis Wıssm., auf die sich BırrnEr
bezieht, eine deutliche radiale Kante besitzt, die sowohl der
Anodontophora Griesbach? (der Abbildung nach), als auch der
Latemarform fehlt.
Cardita latemarensis nov. SP.
Taf. VI, Fie. 2530.
In zahlreichen Exemplaren tritt am Latemar eine zierliche
Cardıta auf und zwar sehr oft noch mit doppelter Schale erhalten.
Der Horizontaldurehschnitt ist trapezoidisch in die Länge gezogen.
In der längeren Diagonale vom Wirbel ausgehend, wölbt sich die
Schale kräftig empor. Der Abfall von dieser Medianwölbung zur
Hinterseite (Area) ist steil, zeigt sogar eine leichte radiale Ein-
senkung, während nach vorne die Schale sich in gleichmäßiger
schwacher Wölbung herabzieht und sich allmählich abflacht gegen
den unteren vorderen Rand. Die Skulptur besteht aus ca. 235—30
gleichförmig gerundeten Radialrippen, über die sich mehr oder
>91
weniger deutlich eine dichte feine Anwachsstreifung zieht. Letztere
prägt sich in unregelmäßigen Etappen deutlich, mit dem bloßen
Auge wahrnehmbar, aus. In vergrößertem Maßstabe gibt Fig. 27
die Area, Fig. 23 die Lunula wieder. Fig. 25—26 stellen linke,
Fig. 29 —30 rechte Klappen dar.
Von Cardita crenata, GuEMmBELI und Pichler! unterscheidet
sich die Latemarform durch zahlreichere Rippen, länglichere
Form und die kielartige Aufwölbung, die bei den eben angeführten
Carditen nur angedeutet ist. Cardita Benecker zeigt zwar eine
dichtere Berippung, desgl. die kielartige Aufwölbung, doch liegt
bei ihr die steile Flauke der Wölbung auf der vorderen Seite
(Lunula), während bei der Latemarform, analog der leichten
Depression bei Cardita crenata, die steile Seite gegen die Area
gerichtet ist. Die Schloßverhältnisse sind leider bei keiner der
Formen zu beobachten. Der Wirbel ist nach vorn und innen
gebogen. Die Area setzt scharf ab und zeigt Andeutung
einer radialen Streifung. Die Lunula ist deutlich, ‘aber nicht so
scharf wie die Area, mit gerundeten Rändern. Während bei
Cardita crenata die Skulptur beinahe in gleicher Stärke bis zur
Lunula weitergeht, wird sie bei Cardita latemarensis gegen
vorne undeutlicher. Damit mag es zusammenhängen, daß die
vordersten Teile der Schale, namentlich der bei Cardıta crenata
flügelartige Vorsprung unter der Lunula, an keinem der Exemplare
erhalten, sondern ganz mit der umgebenden Gesteinsmasse ver-
wachsen ist, so daß es trotz sorgsamer Präparation nicht gelang,
ihn loszulösen, während der hintere Teil mit Leichtigkeit abspringt.
In der Zeichnung ist der rekonstruierte Umriß so gezeichnet,
wie ich ihn mir denke.
Zahl der untersuchten Exemplare: 20—30.
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse.
1. Das Gebiet von Predazzo ist ein kreisförmiges Senkungs-
feld. Gegen Westen, Süden und Osten vollzieht sich der
Abbruch des zentralen Teiles wesentlich an einem einzigen
halbkreisförmigen Bruchrand. Gegen Norden ragt das
Bruchfeld mit grabenförmig eingesenkten Zipfeln in das
umgebende Gebirge.
Auf den nachtriadischen, jedenfalls zur Tertiärzeit ge-
bildeten Spalten drangen die Tiefengesteine (Granit,
Monzonit, Syenit u. a.) in die Höhe.
3. Die Porphyrit- und Melaphyrlaven stehen in keinem un-
mittelbaren geologischen Zusammenhang mit den Tiefen-
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 56. 1. 7
>)
98
gesteinen; ihre Entstehung ist von der der Tiefengesteine,
durch geologische Perioden getrennt. i
Schichten in der Facies der „Buchensteiner Knollenkalke*®
sind im Gebiet von Predazzo nicht constant entwickelt. |
Aus der Literatur ergab sich, daß die Begriffe „Buchen- |
steiner Schichten* und „Zone des Trachyceras Reitzi*.
nicht als synonym gebraucht werden dürfen, da die‘ |
typischen „Buchensteiner Schichten“ aus dem nördliche \
Süd-Tirol nicht mit der Zone des Trachyceras Reitzi zu-
sammenfallen. |
Die Fauna der bis jetzt untersuchten Fundplätze im Kalke |
des Latemar und des Dosso Capello ergaben für diesen ||
ein ladinisches Alter, mit Anklängen an höhere und)!
tiefere Niveaus.
| !
|
|
|
33
3, Neuere Beobachtungen aus dem Fläming
und seinem südwestlich gelegenen Vorlande.
Von Herrn O. v. Lixstow in Berlin.
Mit 3 Fig. u. 1 Skizze.
Die folgenden Notizen bilden das Ergebnis der geologischen
Untersuchungen, die in den Jahren 1901—1903 in dem süd-
westlichen Gebiete des Flämings angestellt wurden. Diese Be-
obachtungen umfassen wesentlich die Meßtischblätter Niemegk,
Klepzig, Stackelitz, Mühlstedt und Dessau.
Als bemerkenswertes Ergebnis mag die Auffindung eigen-
tümlich gelagerter Feinsande hervorgehoben werden; da dieselben
in einer besonderen kleineren Arbeit!) behandelt worden sind,
so kann hier von weiteren Ausführungen Abstand genommen
werden.
Der Obere Sand nimmt in der bekannten Zusammensetzung
einen nicht unbeträchtlichen Teil des ganzen Gebietes ein. Auf-
fallend erscheint, daß in dieser Bildung Kalksteine als Ge-
schiebe stellenweise ganz fehlen. Im Osten wurden allein in der
Gegend von Marzahna häufiger Kalkgeschiebe beobachtet, während
sich im ganzen Westen des Gebietes der Fund auf ein einziges
Stück Beyrichienkalk beschränkte. Es ist das um so mehr zu ver-
wundern, als weiter nach Osten hin von Keıtnack ?) eine Endmoräne
aufgefunden wurde, die ausschließlich aus Orthocerenkalk besteht.
Weiter nach Süden werden Kalkgeschiebe etwas häufiger, so
konnten in der Gegend von Natho, Mühlstedt u. s. w., wenn auch
meist vereinzelt, folgende Kalke beobachtet werden: Beyrichien-
kalk, Wesenberger Gestein, Echinosphaeriten-Kalk, Macrourus-Kalk
und Saltholmskalk.
Um so überraschender war der Fund mehrerer großer Kalk-
steinblöcke im nördlichen Teil des Jagen 3 der Schmerwitzer
1!) O. v. Linstow: Über jungglaciale Feinsande des Fläming.
Jahrb. d. Kgl. Preuß. geol. L.-A. f. 1902. S. 278—295. 1 Taf.
2) Uber eine aus Orthocerenkalk bestehende Endmoräne in der
Niederlausitz. Diese Zeitschr. 53 1901. S. 43.
ME
-100
Forst (Blatt Stackelitz).. Auf Grund der z. T. zahlreichen Ein-
schlüsse ergab sich, daß diese Kalke dem Schaumkalk zu-
zurechnen seien, der sich hier petrographisch in zweifacher Ausbildung
vorfand. Die eine Art stellt einen sehr mürben blaugrauen Kalk
dar, dessen zahlreiche Hohlräume zum großen Teil von intensiv
rot gefärbten Eisenausscheidungen erfüllt sind. Diese ziegelrote
Xlreuenbrietzen
öNıemegk ° /
ca cc
=
zu der Arbeit
Übersichtskarte
abenstein
Uxdor)
Nano
Neve Beobachtungen aus dem Gebiete des Flaming
und seinem südwestlich gelegenen Vorland.
1:600000
Färbung haftet nicht nur an den zahlreichen Abdrücken und
Schalresten der Fossilien, sondern greift z. T. auch flecken-
artig auf die Poren des Schaumkalkes über. An Petrefakten
fanden sich: ein sehr gut erhaltener Abdruck von Mytılus
eduliformis Br., Reste von Peeten descites Br., ein Steinkern
von Myophorra orbicularis Br., sowie Gastropoden und Crinoiden-
Reste, daneben wurden Stylolithen beobachtet.
rOEE
Der andere Typus zeigt einen ebenso mürben Kalkstein,
aber von einheitlich licht gelbbrauner Farbe. Eisenausscheidungen
fehlen oder sind auf wenige, dann aber rostbraune Partien be-
schränkt. Die Schaumkalkstruktur tritt in der Regel mehr zurück,
oft in dem Maße, daß die Kalke als dicht erscheinen. An
Petrefakten konnten bestimmt werden:
Mytilus eduliformis Br., häufig.
Myophoria vulgaris BR. ö
» elegans DER. =
5 orbicularıs BR. „
Gervilia spinosa n. sp., ziemlich häufig.
Pecten cf. liscaviensis GB., 1 Ex.
Unbestimmbare Gastropoden.
Crinoiden-Reste,
Wie so häufig in der Trias fanden sich auch hier aus-
schließlich linke Klappen von Gervellia, was PniLıppr!) darauf
zurückführt, „daß diese gewölbten Klappen dem Wellenschlage
mehr Angriffspunkte boten und deshalb ans Ufer geschleudert
wurden, während die flachen, glatt auf dem Boden liegend, nicht
mitgerissen wurden.“
Es scheint, als ob eine derartige „Aufbereitung“ der Schalen
gerade die entgegengesetzte Wirkung haben müßte. Wenn die
gewölbten linken Schalen tatsächlich an den Strand getrieben
wurden, so waren sie hier infolge der fortwährenden Brandung
der Zerstörung um so leichter ausgesetzt, während die flachen
Schalen zu Boden sanken, sich in den Schlamm einbetten konnten
und so erhalten blieben. Im übrigen ist ein Streit über diese
Fragen deshalb ein müßiger, weil die Gervillien im offenen Meere
lebten und nichts auf eine nahe Küstenbildung hinweist, mögen
diese Kalke nun von Rüdersdorf, aus dem Anhaltinischen oder
aus Nordwestdeutschland stammen.
Es fällt auf, daß sich unter den angeführten Fossilien
Arten befinden, die sonst im Schaumkalk keineswegs zu den
häufigeren gehören. So kommt Mytdlus edulformis zwar bei
Rüdersdorf im Schaumkalk vor?), v. Sersacn’) kennt diese Art
jedoch nicht aus dem Schaumkalk des fossilreichen Gebietes von
Weimar, und Gervella spinosa, von der unsere Abbildung den
Steinkern und Abdruck einer linken Klappe zeigt, ist bisher über-
haupt noch nicht beobachtet.
!) Die Fauna des unteren Trigonodus-Dolomits vom Hühnerfeld
bei Schwiberdingen u. s. w. 1898. S. 148.
2) Eck, Rüdersdorf und Umgegend. Berlin 1872. S. 87.
®) Conchylienfauna der Weimarer Trias. Diss. 1862,
102
Gervillia spinosa n. Sp.
eg
Diese Art unterscheidet sich leicht von allen bisher bekannten
Gervillien der Trias durch den zu einem langen Stachel aus-
gezogenen hinteren Flügel. Der vordere Flügel ist nicht sehr
groß, aber scharf von dem hochgewölbten und aufgetriebenen
mittleren Teile getrennt. Der ungleich breitere hintere Flügel
fällt von dem mittleren Teile. ziemlich steil ab und endet in
einem langen, dünnen Stachel. Der Winkel, den der Steilabfall
Fig. 1. Fig. 2.
Fig. 1, 2. Gervillia spinosa n. Sp.
mit dem Schloßrand bildet, beträgt ziemlich genau 40° Der
Hinterrand ist ziemlich tief kreisförmig ausgeschnitten. Die Schale
ist mit lamellenartig sich erhebenden Anwachsstreifen bedeckt,
Radialrippen fehlen. Das Ligament war leider nicht zu beobachten,
daher ist die Zugehörigkeit dieser Art zu Gervellia nicht ganz
sicher. Schloßrand gerade. Rechte Klappe nicht beobachtet, die
Länge der linken Schale, vom Vorderflügel bis zum Hinterrand
gemessen, beträgt 10—15 mm.
Etwas Ähnlichkeit besitzt unsere Form mit der von Purtıppi')
aus dem unteren Trigonodus-Dolomit aufgestellten G. alata, deren
Hinterflügel ebenfalls zu einer Spitze ausgezogen ist. @. spinosa
unterscheidet sich jedoch von ihr einmal durch die tiefere Aus-
buchtung des Hinterrandes, sodann durch die Form des zu einer
Spitze ausgezogenen Hinterflügels, der bei @. alata ungleich
breiter und massiver ist. Der wichtigste Unterschied besteht aber
in der mittleren, aufgetriebenen Partie, die bei @. spinosa durch
zwei unter ca. 25° nach dem Wirbel zu konvergierenden geraden
Kanten begrenzt wird. Bei @. alata ist dagegen der mittlere
Teil erheblich nach dem Vorderrande zu gekrümmt, und es fehlt
vor allem der vordere Flügel fast gänzlich,
Dan, 20.58, are
103
Nahe verwandt scheint Gervillia Goldfussi v. STROMB. sp.!)
aus dem Schaumkalk zu sein, die sich durch den Mangel des
dornartigen Hinterflügels und durch schwächere Anwachsstreifen
leicht von @. spinosa unterscheidet; doch bemerkt FrANTzen?)
bei Beschreibung jener Art, daß der Hinterflügel breit und ge-
wöhnlich zu einer mehr oder weniger langen Spitze ausgezogen sei.
Da indessen kein einziges der zahlreichen Abbildungen diese
Spitze zeigt, so wird man gut tun, unter G. Goldfussı. Exemplare
ohne scharf ausgezogenen Hinterflügel zusammenzufassen. Ebenso
versteht Pnıtıppr?) unter G. Goldfusse nur solche Formen, deren
Hinterflügel nicht dornartig verlängert ist, vor allem erwähnt
auch v. STROMBEcK selbst*), der diese Art aufstellt, nichts von
dem dornartigen Fortsatz.
Was die Herkunft dieser Kalksteine betrifft, so kann es
keinem Zweifel unterliegen, daß sie von Rüdersdorf oder aus
einer anderen Gegend verschleppt wurden und wohl zum Kalk-
brennen verwandt wurden, worauf auch ihre lockere, mürbe
Struktur hinweist. An eine Benutzung derselben als Baumaterial
wird man kaum denken, da ja große Geschiebe, wie wir weiter
unten sehen werden, in nicht zu großer Entfernung vorhanden
sind (Endmoränen). Daß letztere vielfach Verwendung als Bau-
material gefunden haben, zeigt z. B. die Ruine einer alten, im
dreißigjährigen Kriege zerstörten Kirche nördlich des Forst-
hauses Schleesen.
Paludina dimviana wurde im Oberen Sande in einem
Exemplar südlich von Neuendorf im Tale der gleichnamigen
Rummel beobachtet, häufiger fand sie sich im Oberen Geschiebe-
mergel und in dem darunter liegenden Tonmergel nördlich Rietz,
scheint dagegen in dem der Elbe zunächst liegenden Gebiete
selten zu sein. |
Im übrigen bietet der Obere Sand, abgesehen von den gleich
zu besprechenden Kieselschiefern, nichts Bemerkenswertes; erwähnt
sei noch das Auftreten zahlreicher Kantengeschiebe in z. T.
außerordentlich typischer Ausbildung (Viehweide östlich von
Niemegk).
Von einiger Bedeutung sind die Funde von schwarzen
Kieselschiefern, die sich in der Gegend von Niemegk sehr
selten im Oberen Sand haben nachweisen lassen. Weiter sowohl
!) FRANTZEN, Über Gervillia Goldfussi v. STR. sp. Diese Zeitschr.
1886. S. 807.
2) a,a. 0. 8. 308.
202.24..0.:9..156.
*) Beitrag zur Kenntnis der Muschelkalkbildung im nordwest-
lichen Deutschland. Diese Zeitschr. 1. 1849. 8. 189,
104
nach Süden, nach der Gegend von Wittenberg zu, wie im Westen, F
nach Magdeburg zu werden sie häufiger, eine Beobachtung, die
schon GıRArD!) gemacht hat. Krockmann, der sich ausführlich
mit ihrer Herkunft befaßt?), unterscheidet scharf zwischen solchen
skandinavischer Abstammung und zwischen einheimischen Kiesel-
schiefern mit folgenden Worten®): „Bei den nordischen Kiesel-
schiefern ist die Farbe durchweg eine grauschwarze statt der
tiefschwarzen oder tiefdunkelgrünen der südlichen, das Korn ist
ein gröberes, während bei jenen die Feinheit des Kornes auf
den Bruchflächen einen stumpfen, sammetartigen Glanz bedingt,
und vor allem fehlen den nordischen die zahlreichen weißen
Quarztrümmer, die runden Formen und die glänzende, wie lackiert
aussehende Außenseite. *
Daß diese Unterscheidung in der Tat Wort für Wort zutrifft,
bestätigen neuere Funde, die von Herrn H. ScHrRöbEr gemacht
worden sind. Die zahlreichen, von ihm teils in einer Kiesgrube
von Göritz (Oder), teils im Gebiete des Meßtischblattes Zehden
(nördl. Cüstrin) gesammelten Stücke sowie zwei, die Herr
TornAu bei Megow in der Nähe von Pyritz fand, zeigen in jeder
Weise die von KLOCkMAnn angegebenen Charaktere. Zum Teil
waren diese bis zwei Faust großen, oft scharfkantig entwickelten
Geschiebe auf den Bruchflächen bläulich-schwarz angelaufen und
führten einen dem Muscovit ähnlichen Glimmer sowie zahlreiche
Graptolithen. Letztere gehören sämtlich zweireihigen Formen
an aus der Familie der Diplograptidae *), die ihre Haupt-
verbreitung im Untersilur haben, aber auch noch in das Ober-
silur hinaufgehen. Eine genauere Bestimmung war wegen des
ungünstigen Erhaltungszustandes nicht möglich, am ähnlichsten
scheint Drplograptus foliaceus MurchH. zu sein, der von Bornholm
bekannt ist.?)
Vergleicht man mit diesen nordischen Geschieben die auf
dem Fläming aufgefundenen Kieselschiefer, so zeigt ihre tief-
schwarze Farbe, ihre starke Abrollung und die Führung weißer
Quarzadern, daß sie sämtlich nicht nordischen, sondern heimischen
Ursprungs sind.
Wenn wir nach dem Alter dieses gemischten Diluviums
fragen, d. h. den Zeitpunkt bestimmen wollen, wann zuerst die
!) Die norddeutsche Ebene u.s. w. Berlin 1855. S. 134.
2) KLOCKMANN, Über gemengtes Diluvium und dil. Flußschotter
i. nordd. Flachlande. Jahrb. Kgl. Preuß. geol. L.-A. f. 1883. S. 330— 346.
°®) a. a. 0. S. 338.
4) WIMAN, Über Diplograptidae. Bull. geol. Inst. Univ. Upsala.
1894:% 1.784.497;
°) H. B. GEInITz, Die Graptolithen. Leipzig 1852. S. 24,
105
von Süden kommenden Kieselschiefer sich den nordischen Ge-
schieben beigemengt haben, so müssen wir uns in ein weiter
südlich gelegenes Gebiet begeben, da sämtliche Aufschlüsse und
Tiefbohrungen des Flämings nur nordisches Material erkennen lassen.
In der Gegend von Leipzig hatte zuerst H. Crepner!) be-
obachtet, daß Schotter von gemischtem Diluvium mit „Unterem“*
Geschiebemergel wechsellagern, während Krockmann?) fand, daß
diese Schotter an vielen Punkten von Löß überlagert wurden, und
somit ihre Altersgrenze nach oben hin festlegte.
Die Frage nach dem ersten Auftreten dieser Schotter scheint
nun wenigstens für die Gegend südwestlich des Flämings der
Entscheidung näher gebracht zu sein durch eine ganze Anzahl
von Tiefbohrungen, die 1902 in Cöthen niedergebracht wurden.
Diese Bohrungen, von denen Dank der Freundlichkeit des Herrn
Stadtbaumeisters BunzeL eine Anzahl in den Besitz der Kgl. preuß.
Geolog. Landesanstalt übergegangen ist, ergaben folgendes.
Unter einer 0,5—1,5 m mächtigen Decke lößähnlicher
Feinsande folgt eine Wechsellagerung geschiebearmer Sande und
kiesiger Sande (2—12 m), die auf einem 2—7 m mächtigen
braunen Geschiebemergel liegen. Unter diesem wurde häufig
fluviatiles gemischtes Diluvium angetroffen, welches bis zu 8m
mächtig wird und auf einem dunkelgrauen Geschiebemergel ruht.
Die Mächtigkeit des letzteren konnte nur in einem Falle zu 3 m
ermittelt werden, da er fast nie durchbohrt wurde; andere Boh-
rungen erreichten teils direkt unter dem gemischten Diluvium,
teils unter dem letzten Geschiebemergel in zahlreichen Fällen
Septarienton oder anstehendes Gebirge (Buntsandstein oder Keuper).
Die Bohrungen, von denen 43 untersucht wurden, haben ferner
ergeben, daß wiederholt das gemischte Diluvium fehlt, es bildet
dann die obere und untere Bank des Geschiebemergels eine ein-
heitliche Grundmoräne; des weiteren zeigen einige dieser Bohrungen
eine bis über 2 m mächtige Einlagerung von grauen Sanden und
Kiesen in der oberen Bank des Geschiebemergels, wie wiederum
andere Bohrungen eine Teilung der unteren Bank durch Auf-
treten grober Kiese erkennen lassen.
Aus allen diesen Beobachtungen kann man demnach folgern,
daß hier eine Zersplitterung einer einheitlichen Grundmoräne in
mehrere Bänke stattgefunden hat°?), deren unterste ihre dunkle
Färbung wohl durch Aufarbeitung von Septarienton erhalten hat.
1) Über Glacialerscheinungen in Sachsen. Diese Zeitschr. 32.
1880. 8. 587.
2) 32. 39.08.9..348.
>). Vergl..S. 111 u.: 114.
106
Das gemischte Diluvium bestand aus groben Kiesen mit
wenig sandigen Beimengungen, in ihm ließ sich nachweisen
a) an nordischem Material: Feuersteine, nordische Granite
U. 2550],
b) an einheimischem Material: Milchquarze!), schwarze, ab-
gerollte Kieselschiefer.
Gerade die Feuersteine bilden den sichersten, oft einzigen
Beweis für eine nordische Herkunft, vorausgesetzt, daß sie sich
häufig vorfinden. Denn es ist sehr wohl denkbar, daß dieses
Gestein während der langen Tertiärperiode gelegentlich auf irgend
eine Weise nach Süden gelangte und am Ende des Tertiärs oder
zur Eiszeit durch Ströme wieder nordwärts geführt wurde, wo es
sich nun in einheimischen Schottern und Kiesen wieder vorfindet.
Für die Ablagerungen südlichen Ursprunges haben wir in dem
Vorwalten von tiefschwarzen, abgerundeten Kieselschiefern mit
weißen Quarzadern und von Milchquarzen einen Anhalt.
Wie dieses Bohrprofil ergibt, ist nach Ablagerung der
tieferen Geschiebemergelbank eine Vermischung von nordischem und
einheimischem Material eingetreten, und wir können bei der
gleich zu besprechenden, sehr großen Verbreitung des Oberen
Geschiebemergels im ganzen Gebiete nur annehmen, daß auch
dieser Komplex der Grundmoränen von Cöthen derselben Ver-
eisung angehört.
Grundmoränen.
Das Auftreten des Oberen Geschiebemergels ist des-
wegen von einiger Bedeutung, als derselbe einen Anhalt gibt für
die Ausdehnung der letzten Vereisung. Während KLockManN’)
noch vor 20 Jahren die Ansicht vertrat, daß das letzte Inland-
eis den Fläming nicht mehr überschritten habe, ist durch neuere
Arbeiten?) sowie durch die in diesen Jahren ausgeführten Unter-
. suchungen die Existenz des Oberen Geschiebemergels auf dem
Fläming zur Genüge erwiesen. Im Osten des Gebietes tritt
derselbe vielfach flächenhaft zu Tage, so vor allem in der Gegend
von Pflügkuff und Zeuden. Er besitzt nach einer weiter unten
zu besprechenden Tiefbohrung (Zeuden) eine Mächtigkeit bis zu
14 m und zeigt sonst durchaus die normale Entwicklung. Er-
wähnt sei das Auftreten von Bernstein als Geschiebe und der
oben bereits erwähnte Fund von Paludina diluviana in den
!) Diese Milchquarze des Südens spielen dieselbe Rolle wie die
tiefschwarzen Kieselschiefer (bei KLOCKMANN a. a. O. S. 339).
?) Die südliche Verbreitungsgrenze des Oberen Geschiebemergels.
Diese Zeitschr. 1883, S. 238.
*) Angeführt in: Schöne: Der Fläming. Leipzig 1898, S. 39.
107:
Aufschlüssen nordöstlich Rietz. Verfolgen wir ihn weiter west-
lich, so sind kleine Spuren von ihm in der Nähe von Kl. Mar-
zehns nachweisbar. In größerer Ausdehnung finden wir ihn dann
bei Serno und Stackelitz, also bereits auf der südlichen Ab-
dachung des Flämings nach der Elbe zu, ferner nordwestlich von
Setzsteig und in der Gegend von Medewitz, In dem dazwischen
liegenden Gebiete ist er ebenfalls vorhanden, aber z. T. von einer
verschieden mächtigen Decke Oberen Sandes oder auch von Flug-
sand überlagert, und es ist im hohen Grade wahrscheinlich, daß
der Obere Geschiebemergel in dem gesamten Gebiete, dessen
Grenzen oben angegeben sind, als unterirdische, mehr oder:
minder zusammenhängende Ablagerung sich vorfindet. Unrnittelbar
westlich von Stackelitz ist er zwar weder oberflächlich zu beob-
achten noch auch mittels Handbohrung auf 2 m zu erreichen,
seine Existenz wird aber sehr wahrscheinlich gemacht durch die
konstante Wasserführung der ihn überlagernden Sande. Er
schießt hier flach unter den Oberen Sand ein und scheint
zwischen Stackelitz und etwa Golmenglin ein flaches Becken zu
bilden, auf dessen undurchlässigem Untergrunde sich die Tage-
wässer aufstauen können.
Überaus reichlich ist er ferner im Bereich des Meßtisch-
blattes Mühlstedt verbreitet, von wo er sich in großer flächen-
hafter Entwicklung bis an die Elbe (Gegend von Roßlau) herab-
zieht, z. T. allerdings von jüngeren Sanden bedeckt.
In dem genannten Verbreitungsgebiet des Mergels kommt
nun etwa westlich vom Rabenstein eine sehr bemerkenswerte
Eigenschaft immer deutlicher zum Vorschein, nämlich seine
konstant geringe Mächtigkeit. Die nächsten Aufschlüsse
westlich vom Rabenstein befinden sich unmittelbar beim Dorfe
Lotzschke. Hier besitzt der Obere Geschiebemergel eine Mächtig-
keit von etwa °/a—1'/e m, darunter folgt Sand. Da der Mergel
ziemlich reich an tonigen Bestandteilen ist, so wird er zu
Ziegeleizwecken ausgebeutet, wenngleich begreiflicherweise der
Abbau kein sehr lohnender sein kann. Von nun an bleibt nach
Westen hin diese Mächtigkeit konstant bezw. wird noch geringer.
An vielen Punkten ergaben die bis auf 2 m niedergebrachten
Handbohrungen sogar eine Mächtigkeit von nur 1—2 dem,. doch
mag es dahingestellt sein, wieviel von den überlagernden Sanden
als ausgewaschene und ihrer lehmigen Bestandteile beraubten
Grundmoräne aufzufassen ist.
Gänzlich abweichend ist der Geschiebemergel in der Gegend
von Garitz ausgebildet. Hier wechsellagert er, z. T. sehr gering-
mächtig entwickelt, in unregelmäßiger Weise mit Sand, lehm-
streifigem Sand, Feinsanden, stellenweise auch mit Mergelsanden,
108
und es scheint, daß hier größere Gebiete jüngerer Sande vor-
handen sind, die eine an Ort und Stelle z. T. zerstörte und
verwaschene Grundmoräne darstellen.
Man könnte versucht sein, diese Eigenschaft eines auf
größere Erstreckung gleichmäßig geringmächtig entwickelten Ge-
schiebemergels damit zu erklären, daß wir uns in dieser Gegend
bereits nahe dem KRandgebiet der letzten Vereisung befinden;
dena es läßt sich sehr wohl annehmen, daß einer Eisdecke, die
nur noch geringe Mächtigkeit besitzt, auch eine geringmächtige
Grundmoräne entspricht. Diese Annahme steht aber mit den
folgenden Beobachtungen nicht im Einklang. Untersucht man
nämlich den Geschiebemergel, der weiter nach Süden, nach der
Elbe zu entwickelt ist, so ergibt sich, daß derselbe ziemlich
schnell wieder an Mächtigkeit zunimmt und bald die Werte von
2 m und mehr erreicht. Besonders gelten diese Verhältnisse für
die Gegend unmittelbar nördlich und westlich von Tornau sowie
für das große Mergelplateau westlich von Rodleben (beide Orte
nur 2—-3 km von der Elbe entfernt).
Unmittelbar am Elbufer tritt dieser Geschiebemergel als
steil 'abfallende Wand zu Tage und besitzt jetzt bereits eine
Mächtigkeit von mindestens 8—12 m. Von dem eben er-
wähnten Auftreten bei Rodleben ist er durch eine etwa 1 km
breite Zone grober Kiese und Sande getrennt. Die Annahme,
daß die hier so vorzüglich erschlossene und auf mindestens 7 km
am Elbufer zu verfolgende Grundmoräne tatsächlich mit der
soeben von Rodleben und Tornau erwähnten ident ist, bedarf
indessen noch weiterer Untersuchungen. Denn einmal läßt sich
der Mergel südöstlich von Rodleben fast ununterbrochen bis zur
Elbe verfolgen, nur verschwindet er auf sehr kurze Erstreckung
— kaum 100 m — unter einer Bedeckung von Sand. Anderer-
seits zeigen jedoch die längs der etwa westöstlich verlaufenden
Grenze vom Mergel zum Kies ‚vorgenommenen Handbohrungen
eine plötzliche Verschwächung der Moräne, sodaß regelmäßig ein
unter ihr liegender Sand erreicht werden konnte. Zur Klarlegung
dieser Verhältnisse sollen in der nächsten Zeit rechtwinklig zur
angeführten Grenzlinie einige tiefere Bohrungen ausgeführt
werden.
Versucht man die Entwicklung des Geschiebemergels auf
dem Plateau südlich des Elbtales zu verfolgen, so ist das Er-
gebnis zunächst erfolglos, da die Ziegeleien bei Ragulhn, die
möglicherweise günstige Aufschlüsse hätten geben können, als
Material alluvialen Muldeschlick verwenden. Dagegen ergab die
Untersuchung des diluvialen Steilrandes westlich Raguhn folgendes.
Das Plateau, dessen Rand von Norden nach Süden verläuft,
- 109
fällt in dieser Gegend auf viele Kilometer plötzlich ziemlich steil
zu dem mit tonigen, z. T. auch humosen oder sandigen Alluvial-
bildungen erfüllten Muldetal ab. Der Steilhang selbst, der wohl
5—8 m hoch ist, ist arm an Aufschlüssen und besteht, soweit
man beobachten konnte, aus Sand oder aus einem schr groben
diluvialen Kies, an dessen Zusammensetzung wesentlich weiße
Milchquarze beteiligt sind; daneben finden sich südliche Kiesel-
schiefer, ferner nordische Porphyre — anstehend ist Porplyr
schon 2 km östlich von Raguhn bekannt -— Granite, z. T. Turmalin
führend, Diabase, Quarzite und Feuersteine. Geschiebemergel ist
hier an keinem Punkte des Steilhanges entwickelt, so daß das
Alter der Kiese, in denen Kalksteine ganz zu fehlen scheinen,
vorläufig unbestimmt bleiben muß.
Verfolgt? man den Steilrand weiter nach Süden, so ändert
er zunächst weder morphologisch noch petrographisch sein Aus-
sehen, überall stehen grobe Kiese mit Milchquarzen an. Diese
halten aus bis kurz vor dem Dorfe Bobbau, woselbst ein großer
Aufschluß ein völlig verändertes Bild zeigt. Betritt man diese
Grube von der Nordseite, so sieht man an dem etwas ver-
rutschten Steilhang als jüngste Bildung deutlich einen etwa
1 m mächtigen Geschiebemergel entwickelt, der nach der Mitte
der Grube sehr schnell an Mächtigkeit abnimmt. Letztere sinkt
sehr bald auf etwa 1 dem, die Grundmoräne besteht dann z. T.
nur noch aus einer groben Steinschicht, und wir haben hier das
typische Bild einer größtenteils zerstörten Grundmoräne vor uns,
dessen feinste, tonige und sandige Teile beim Abschmelzen
des Eises durch Auswaschung entfernt worden sind. Über
diesem Residuum des Geschiebemergels lagern 3—5 dem lehmige
Sande. Das Liegende des Mergels wird von Sanden ‚gebildet,
die z. T. ganz ausgezeichnet diskordante Parallelstruktur zeigen
und die stellenweise Einlagerungen von Kiesbänken enthalten.
Unterlagert werden diese Sande und Kiese an der Nordseite der
Grube, d. h. dort, wo sie schon durch den oben erwähnten Ge-
schiebemergel an Mächtigkeit auf Kosten des letzteren abnehmen,
von einem tieferen Geschiebemergel, der mindestens 2 m mächtig
ist. Da der Steilhang hier etwas verrutscht ist, so konnte die
Mächtigkeit der zwischenlagernden Sande und Kiese nicht genau
ermittelt werden, sie beträgt etwa 3—5 nm.
Diese Beobachtungen, die im Sommer 1904 nachgeprüft und
bestätigt wurden, ergeben demnach, daß jene Kiese dem älteren
Diluvium zuzurechnen sind, da sie unter der jüngsten Geschiebe-
mergeldecke liegen. Eine Bestätigung dieser Auffassung wurde
sofort in einer zweiten, nur wenig südlicher gelegenen, etwas kleineren
Grube gefunden. In dieser ist ausschließlich ein Geschiebemergel
110
angeschnitten in einer Mächtigkeit von 2—3 m, der eine direkte
Fortsetzung der obersten Bank des in der zuerst erwähnten
Grube angeschnittenen Mergels darstellt; jede Spur von fluviatilen
Ablagerungen fehlte. Was diesen Aufschluß wichtig macht, ist
die Beobachtung, daß die Geschiebeführung stellenweise einen
auffallenden Reichtum an Milchquarzen erkennen läßt, die nur
aus jenen oben erwähnten, unter der oberen Bank des Ge-
schiebemergels liegenden Kiesen stammen können, und die daher
älter sind als dieser Geschiebemergel, der hier durch Auf-
nalıme der unzähligen Milchquarze als eine Art von Lokalmoräne
entwickelt ist. Dieser Geschiebemergel läßt sich noch etwas
weiter südlich bis in das Dorf Bobbau hinein verfolgen, danach
verschwindet er, und in der Gegend des Bahnhofs Jeßnitz ist auch
der Steilabhang nicht mehr vorhanden, ebenso fehlt jede Spur
von Geschiebemergel und der milchquarzführenden Kiese; das
sehr sanft zum Muldetal abfallende Plateau wird von diluvialen
Sanden mit normaler Geschiebeführung gebildet. Ebenso haben
PS“
die bei Jeßnitz vorhandenen Ziegeleien keine weiteren Aufschlüsse -
von Geschiebemergel nachgewiesen, auch sie verarbeiten als
Material ausschließlich Muldeschlick. Was den oben erwähnten
zweiten Geschiebemergel betrifft, so halten wir diesen nur für
‚eine tiefere Bank ein- und derselben Grundmoräne, da wir eine
:so .geringmächtige Folge von Sanden und Kiesen für nicht ge-
nügend halten, um den hangenden und liegenden Mergel ver-
schiedenen Eiszeiten zuzuweisen. Im übrigen besteht das ganze
: Plateau westlich von Raguhn aus normalem Oberen Geschiebe-
mergel und .aufgelagerten Oberen Sand und Kies. Die den
Steilhang z. T. zusammensetzenden älteren Kiese konnten in’
manchen Fällen mit dem Handbohrer erreicht oder auch in
Gräben u. s. w. nachgewiesen werden. Demnach fassen wir
die Mergelbänke von Bobbau gleich denen der Cöthener Bohrung
als durch Oscillation einer einzigen Grundmoräne entstanden auf.
Die Vermutung, daß in unserm Gebiete in größerer Tiefe
noch ein Geschiebemergel vorhanden sei, der als Grundmoräne
einer früheren Vereisung aufzufassen wäre, hat sich nach dem
Ergebnis zahlreicher Tiefbohrungen als irrig erwiesen. Wohl
' haben diese Bohrungen!) Diluvium in z. T. recht erheblicher
Entwicklung nachgewiesen, doch setzt sich dieses fast aus-
schließlich aus fluviatilem Material zusammen, jede als Grund-
' moräne einer älteren Vereisung anzusprechende Bildung fehlt.
Diese Oscillation des Eisrandes und die dadurch hervor-
gerufene Zersplitterung der Grundmoräne in mehrere Bänke ist
!) Erläuterung zu Blatt Dessau der Spezialkarte.
111
eine häufig beobachtete Tatsache. Aus dem Gebiete des eigent-
lichen Flämings besitzen wir die Bohrung beim Bahnhof Jüterbog
(1902), die ausschließlich Diluvium antraf; das nähere, von
Keınnack aufgestellte Schichtenverzeichnis ist folgendes (die
fluviatilen Bildungen sind zusammengefaßt):
Tiefe Mächtig-
; keit Schichtenfolge
in Metern |jn Metern
0-6 6 Gelbe, steinfreie, glimmerreiche Sande
6—7 1 Sandiger, gelber Geschiebemergel
7—15 8 Grauer, glimmerreicher Sand mit Kies-
einlagerungen
15—16 1 Grauer Geschiebemergel
16—27 11 Grober, grauer Sand ohne Glimmer
27—27,5 0,5 Grauer Geschiebemergel
27,5—36 8,5 Grauer, grobkörniger Sand
86--48 | Dunkelgraubrauner, sehr toniger Ge-
| 10 schiebemergel
43 —47 Grauer Geschiebemergel mit Sandbänk-
chen
46—47 1 Sand
47—51 4 Toniger Geschiebemergel
51—55 4 Mittelkörniger Sand
55 —56 ee Toniger Geschiebemergel.
56—60 4 Sand, mittelkörnig
60—66 6 Grauer, toniger Geschiebemergel
66 — 70 4 Tonmergel, hellgrau
70—86,8 16,8 Sande und Kiese
86,35— 87,16 0,36 Geschiebemergel
S7,16—89,4+ 2,24+ | Sande und Kiese.
Hier sehen wir also, daß ein achtmaliges Vorrücken und
Wiederabschmelzen des Eises stattgefunden hat, das, nach der
z. T. stark differierenden Mächtigkeit der Grundmoräne zu urteilen,
verschieden stark gewesen sein muß. Ob man aber berechtigt
ist, diese verschiedenen Bänke des Geschiebemergels verschiedenen
Eiszeiten zuzurechnen, erscheint mehr als zweifelhaft. Das ganze
Profil läßt zwar eine Gliederung in petrographisch einheitliche
Gruppen zu, aber man wird kaum behaupten dürfen, daß man
- aus einer solchen Zusammenfassung mehrere Eiszeiten ableiten kann.
Es ist ebenso im allgemeinen ganz unmöglich, mit Hülfe
petrographischer Unterschiede, sei es der fluviatilen Zwischen-
schichten, sei es der Grundmoränen selbst auf eine bestimmte
Eiszeit hinzuweisen. Derartige Versuche sind bisher stets fehl-
geschlagen, es sei nur an den sog. „roten Geschiebemergel der
Altmark“ erinnert, dessen Färbung in früherer Zeit genügte, um
Ihn zur Grundmoräne einer älteren Eiszeit zu stempeln.
+ 112
Nur dann wird eine petrographische Unterscheidung ver-
schiedener Grundmoränen oder Bänke derselben möglich sein,
wenn das vordringende Eis über petrographisch und geologisch
verschieden ausgebildete Glieder hinwegging. In diesem Falle
nahm die zuerst vordringende Grundmoräne diejenige Formation
auf, die sie vorfand; ein erneuter Vorstoß des Inlandeises,
einerlei, ob Oscillation oder jüngere Eiszeit, traf dann bereits
ältere Schichten an und verleibte sie ihrer Grundmoräne ein.
Daher kann man in einem bestimmten Gebiete unter gewissen
Verhältnissen in jüngeren Schichten des Diluviums Geschiebe er-
warten, die älter sind als diejenigen, die in tieferen Diluvial-
ablagerungen enthalten sind. Auf diese Weise erklärt auch
Jentzsch!) die Häufigkeit von Kreidegeschieben im jüngeren
Diluvium Nordostdeutschlands, die in tieferen Schichten selten
sind, da während der Bildung der letzteren wesentlich noch
tertiäre Schichten abgetragen wurden.
Bei diesen Erörterungen ist jedoch wohl zu bedenken, daß
sich die Verschiedenheit in der Geschiebeführung in manchen
‘Fällen auch auf tektonische Ursachen zurückführen läßt. Gerade
die Beobachtungen in der letzten Zeit haben wiederholt Krusten-
bewegungen nachgewiesen, die in die Glacialperiode hineinfallen,
und so ist es denkbar, daß nach Ablagerung einer tieferen Grund-
moräne infolge Störungen irgendwelcher Art ältere Schichten zu
Tage gelangten, die von einem jüngeren Geschiebemergel z. T.
verarbeitet wurden.
Ein anderer, sehr ähnlicher Fall der Zersplitterung einer
Grundmoräne in mehrere Bänke ist unten S. 114 angeführt.
Aus diesen Beobachtungen über die Grundmoränen ergibt
sich, daß wir .die bisher als Oberen Geschiebemergel gedeutete
Bildung in fast ununterbrochenem Zusammenhange vom Fläming
an bis weit über die Elbe nach Süden hin verfolgen können;
ein ungleich tiefer liegender Geschiebemergel, den wir einer älteren
Vereisung zurechnen könnten, ist, abgesehen vielleicht von zwei
unten näher besprochenen Punkten, mitten im Gebiet des Flämings
nicht mehr vorhanden. Die geologische Untersuchung der nächsten
Jahre, die sich nach Süden zu bewegen wird, kann dann mög-
licherweise den Beweis für die hier angedeutete Vermutung
bringen, daß auch weiterhin in diesem südlichen Gebiete
kein Unterer Geschiebemergel mehr vorhanden ist,
sondern daß aller Geschiebemergel als direkte Fort-
setzung des Oberen Geschiebemergels anzusehen ist.
Damit würde zugleich die Theorie von der bisher angenommenen
!) Große Schollen im Diluvium. Diese Zeitschr. 53. 1901. S. 105,
113
srößeren Verbreitung der sog. Haupteiszeit wenigstens in dem
näher besprochenen Gebiete stark erschüttert werden.
Diese Ausführungen haben aber auch zugleich gezeigt, in
welch’ erheblichem Maße ein Geschiebemergel auf oft recht kurze
Erstreckung seine Mächtigkeit ändern kann. Als Ursache der
Verminderung einer Endmoräne kann man eine geringmächtige
Eisdecke oder eine teilweise Zerstörung des Geschiebemergels
durch nachfolgende Schmelzwässer annehmen, während man eine
plötzlich stark vergrößerte Moräne entweder auf ein dem vor-
dringenden Eise sich bietendes Hindernis (Rücken eines Tertiär-
gebirges u. s. w.) zurückführen, oder als Ausfüllung eines vor-
gebildeten Tales oder einer anderen Depression auffassen
kann; die letzteren Verhältnisse scheinen bei der Ablagerung
des oben erwähnten, sehr mächtigen Geschiebemergels am nörd-
lichen Elbrande in erheblichem Maße mitgespielt zu haben.
Bei dieser Gelegenheit sei ein kleiner Exkurs entschuldigt.
Wie die Beobachtungen ergeben haben, fanden auf dem
Fläming und in anderen Gegenden im Gebiete nahe der äußersten
Vereisung mehrfach Oseillationen der Eisdecke statt, Erscheinungen,
wie wir sie noch heutigen Tages in verkleinertem Maßstabe an
vielen Alpengletschern beobachten können. Schmolz nun das
letzte Inlandeis ab, nachdem es seine größte Ausdehnung er-
reicht hatte, so rückte der Rand des Eises weiter nach Norden
oder Nordosten vor, und hier vollzog sich genau dasselbe Spiel
wie vorhin: langsam bewegte sich das Eis wieder um mehrere
Meter oder Kilometer nach Süden vor, oft nur einmal, oft
mehrere Male, bis es beim Rückzug seine frühere Lage wieder
erreichte und von nun an seinen Rand noch weiter nach Norden
verleste.e. Daß sich die Eisdecke in ihrem peripheren Teil ihrer
ganzen Ausdehnung nach an diesem Wechselspiel beteiligt hat,
ist nicht wohl anzunehmen; vielleicht waren es größere zusammen-
hängende Massen in einzelnen, örtlich getrennten Gebieten, viel-
leicht waren es auch nur größere oder kleinere Eiszungen, die
noch einmal Depressionen oder neu geschaffene Täler mit ihren
Eismassen erfüllten.
Diese Randverschiebungen, von denen die oben erwähnte
Bohrung Jüterbog ein typisches Beispiel darstellt, sind keines-
wegs auf unser engeres Gebiet beschränkt, an vielen anderen
Punkten der norddeutschen Tiefebene sind gleiche Beobachtungen
gemacht. So berichtet Maas!), um ein weiteres typisches Bei-
spiel aus einem recht entfernten Gebiete anzuführen, von einer
Bohrung Plutowo (Westpreußen), welche einen durch Tonmergel
!) Diese Zeitschr. 1902. S. £.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 56. 1. 8
114
und stellenweise durch Sand in fünf Bänke getrennte Geschiebe-
mergelmasse erschlossen hat, die sämtlich ein und demselben
Geschiebemergel zugerechnet werden.
Aber die Eisdecke zog sich nicht in der Weise gleich-
mäßig zurück, daß sich nach jeder größten Ausdehnung sofort
wieder eine gleichmäßige fortwährende Verlegung des Eisrandes
vollzog: an zahlreichen Stellen blieb das Eis beim Rückzuge
längere Zeit stationär und erzeugte so die Endmoränen und
andere damit in Zusammenhang stehende Bildungen. Diese
geben zugleich einen Anhalt für die Größe der Oscillationen,
die wohl kaum den senkrechten Abstand zweier parelleler, ver-
schiedenaltriger Endmoränenzüge überschritten hat, da in letzterem
Falle der ältere Endmoränenzng von dem wieder vordrin gende
Eise eingeebnet worden wäre.
Ob sich ferner beim Zurückweichen des Eises größere
Partien isoliert erhalten konnten, erscheint ungewiß; KrıLnack !) ist
geneigt, diese Erscheinung für einen größeren Teil des Nordflämings
in Anspruch zu nehmen, eine Ansicht, die Schöne?) lebhaft bekämpft.
Wenn wir dieses fortwährende Vorrücken und Wieder-
abschmelzen des Eises betrachten, so müssen wir uns vergegen-
wärtigen, daß sich diese Verschiebungen in einem äußerst langen
Zeitraum vollzogen. So unsicher die Zeitbestimmungen selbst
der jüngsten geologischen Erscheinungen sind, so sei doch ganz
kurz darauf hingewiesen, daß Prnk°) unter Annahme von zwei
Interglazialzeiten auf die Dauer von einer halben Million Jahre
kommt seit Beginn der ersten Vergletscherung bis zur Gegenwart.
Diese gewiß sehr rohe Angabe zeigt doch wenigstens, daß die
Zeitläufte während des Rückzuges des Eises lang genug waren,
um ein Nachrücken von Tier- und Pflanzenwelt zu ermöglichen.
Breitete sich nun das Eis bei seinem Wiedervorrücken über eine
solche vor dem Eisrande liegende Ablagerung (Süßwasserbecken,
Torf u. s. w.) aus, die vielleicht Jahrhunderte oder Jahrtausende
zu ihrer Bildung gebraucht hatte, so wurden diese Tier- und
Pflanzen-führenden Schichten mit Grundmoränenmaterial bedeckt,
und es entstand in diesem Falle das Bild eines typischen
Interglacials. Ohne des weiteren auf die Einheitlichkeit der
Eiszeit einzugehen, die von anderer Seite‘) neuerdings kritisch
!) Über Deltabildungen am Nordrande des Fläming. Jahrb.
K. Preuß. geol. L.-A. 1886, S. 135 u. f.
2) 2.4 08,44 u
%) WAHNSCHAFFE:! Die Zeitdauer geologischer Vorgänge. Himmel
und Erde. 1902. S. 412.
*) E. GEInITZ: Die Einheitlichkeit der quartären Eiszeit. N. Jahrb.
f. Min. 1902. Beil.-Bd. 16 und W. WoLrr: Zur Kritik der Inter-
glacial-Hypothese. Naturw. Wochenschr. Januar 1903. S. 301.
115
beleuchtet worden ist, muß man doch zugeben, daß das eine
oder andere Interglacial auf diese Weise zwanglos erklärt
werden kann.
Wenn man auch nur zwei getrennte Eiszeiten annimmt —
die Grundmoräne der noch älteren sog. ersten Eiszeit ist ein
höchst problematisches Ding -—-, so fällt vor allem auf, daß
wir zusammenhängende, flächenhaft auftretende Interglacialbildungen
vielleicht mit Ausnahme der Paludinenbank im Herzen der
Mark sowie von Westpreußen nicht kennen, während dagegen
die zwischen dem Unteren und Oberen Geschiebemergel
liegenden, z. T. gleichaltrigen Bildungen (Unterer Sand, Ton-
mergel u. s. w.) in größerer flächenhafter Verbreitung bekannt sind.
In derselben Ausdehnung etwa müßten wir bei den ungeheuren
Zeitläuften doch auch fossilführende Ablagerungen erwarten, falls
wirklich sich das Eis bis weit nach Norden zurückgezogen hat.
Ebenfalls spricht auch die geringe Mächtigkeit und das isolierte
Vorkommen vieler Interglacialbildungen gegen ein größeres eis-
freies Gebiet, obwohl nicht verkannt werden soll, daß jedenfalls
durch die Masse des wieder vordringenden Eises zahlreiche
fossilführende Ablagerungen zerstört worden sind, mag man nun
an mehrere Eiszeiten oder an eine Eiszeit mit fortwährend os-
cillierendem Eisrande glauben.
Bisher wurde oft auch für solche Ablagerungen ein intergla-
ciales Alter in Anspruch genommen, die zwar nicht von einer Grund-
moräne, sondern nur von fluviatilen Diluvialbildungen überdeckt
waren. In vielen Fällen läßt sich die Entstehung solcher Profile
am einfachsten durch die Annahme erklären, daß die in der
Nähe des Eisrandes befindlichen Ablagerungen von Sanden u. s. w.
zugeschüttet wurden, die durch fortwährend den Eisrand ent-
strömende Gewässer nach Süden transportiert wurden. !)
Wie oben angeführt, kann der Betrag einer Oscillation den
Abstand zweier mehr oder weniger gleichlaufender Endmoränen-
züge nicht überschritten haben. Konsequenterweise müßten sich
demnach —- eine einheitliche Eiszeit vorausgesetzt —, dort am
wenigsten Interglacialbildungen vorfinden, wo die Endmoränen-
bogen dicht hintereinander liegen, da ja dann die Zeitdauer zu
kurz war, um es zu einer Bildung von Interglacialablagerungen
kommen zu lassen. Steht man dagegen auf dem Standpunkt
mehrerer getrennter Eiszeiten, so war ja genügend Zeit vor-
handen, um die Möglichkeit zur Bildung von Interglacialschichten
zu gewähren. Vielleicht ist es nicht unwichtig, auf diese Fragen
hinzuweisen, wenngleich sich ihre Entscheidung erst nach genauerer
!) Vergl. auch GEINITZ, a. a. O. Tabelle.
Ei
116
Durchforschung größerer Gebiete wird feststellen lassen.
Bei den Untersuchungen über das Problem der Eiszeit muß
vor allem betont werden, daß man ihre einzelne Phasen nicht in
ein starres System von verschiedenen Eiszeiten mit regelmäßig
sie ablösenden Interglacialzeiten bringen darf. Denn während im
allgemeinen eine derartige geologische Horizontierung auf eine
Altersdifferenz der Schichten hinweist, sind wir hier ge-
zwungen, in einer Aufeinanderfolge von Horizonten z. T. gleich-
altrige Vorgänge zu erblicken. Diese Anschauung ergibt sich
aus der Natur der Sache: halten wir an mehrere Eiszeiten mit
dazwischen liegenden Interglacialen fest, so muß es notwendiger-
weise bei einer älteren Vereisung Zeiten gegeben haben, in
welchen sich das Eis schon über ein nördlich gelegenes Ur-
stromtal zurückgezogen hatte, während sich südlich davon bereits
eine Fauna und Flora ansiedeln konnte. Daß diese Zeitläufte
außerordentlich lange gewesen waren, wurde oben kurz angedeutet,
und so kann es kommen, daß gleichzeitig im Süden inter-
glaciale oder einheimisch-fluviatile, im Norden glaciale Bildungen
zur Ablagerung kamen, die in einem der üblichen Systeme (GEIKIE,
JENTZSCH, KEILHACK) zeitlich verschiedene Vorgänge repräsentieren
würden. Zu gleichen Resultaten gelangt Srivre!) hinsichtlich
gewisser einheimischer Kiese von Paderborn, die von Geschiebe-
mergel bedeckt sind: „diese Schotter wären damit den tieferen
Lagen des Geschiebemergels etwas weiter nördlich gleichaltrig.*
Ein Geschiebemergel, den man nach der bisherigen Auf-
fassung als Grundmoräne einer älteren Vereisung deuten könnte, ist
in unserm Gebiete nur an zwei benachbarten Punkten des Flämings
nachgewiesen, einmal bei Zeuden in einer Tiefbohrung (1901), ein
zweites Mal im sog. Weißen Tal zwischen Zeuden und Hohen-
werbig.. Das Profil der Bohrung, welches wir der Freundlichkeit
des Herrn Pastor Gıeson&e verdanken, war folgendes:
Höhe über NN. + 143 m
Tiefe in m Mächtigkeit in m
206 Oberer Sand 6
6—20 Oberer Geschiebemergel 14
20—23 Unterer Tonmergel 5)
23—85 Unterer Sand 12
35—39 Unterer Geschiebemergel 4
" 89—53 Unterer Sand 14 +
a | 53 m
1) Zur Geschichte des Almetales südwestl. Paderborn. Jahrb. Kgl.
Preuß. geol. L.-A. f. 1903 S. 253.
Mn —
ESS
Die tiefere Grundmoräne bestand aus einem zähen, dunkel-
braunen bis schwarzen, sehr tonigen, aber kalkarmen Mergel, der
nicht sehr reich an Geschieben war. Ein petrographisch in
genau der gleichen Weise ausgebildeter Geschiebemergel ist in
derselben Höhenlage anstehend nur 2 km nordwestlich dieser
Bohrung erschlossen, nämlich an dem östlichen Steilabhange des
Weißen Tales. Überlagert wird hier die. 3—4 m mächtige
Grundmoräne von etwa 3 m Sand, während im Liegenden eben-
falls etwa 3 m Sand zu beobachten sind (siehe Skizze S. 118). Liegt
bei der geringen Entfernung beider Vorkommen und der petro-
sraphisch durchaus übereinstimmenüen Ausbildung dieser Mergel
die Vermutung ihrer Identität nahe, so: wird sie fast zur Gewiß-
heit durch die Beobachtung, daß sich am höchsten Punkte des
Steilrandes im Sande eine Bank von über kopfgroßen Geschieben
und Blöcken befindet, die man wohl mit Recht als das Residuum
des zerstörten Oberen Geschiebemergels auffaßt.
Was die Entstehung dieses eigentümlichen „Unteren“ Ge-
schiebemergels betrifft, so ist sie jedenfalls auf die Aufarbeitung
tertiärer Tone und Letten zurückzuführen, die im Süden und
Südwesten des Flämings teils zu Tage treten, teils unter einer
dünnen Decke von Diluvium verborgen sind.
Ob man eine beim weiteren Abbau diluviaier Tonmergel
unter diesen angetroffene Grundmoräne nördlich Reitz zum
Unteren Geschiebemergel ziehen’kann, ist fraglich.
Sande unbestimmten Alters.
Die in der Bohrung angetroffenen, geschiebearmen Sande
zwischen den beiden Grundmoränen sowie die im Weißen Tal
über und unter dem tonigen Geschiebemergel aufgeschlossenen
Sande enthalten wesentlich nur nordisches Material. Von
gleichem Alter, aber petrographisch etwas abweichend entwickelt
sind Sande, die zwischen Zixdorf und Boßdorf in einem Tale
als schmales Band unter Oberem Geschiebemergel hervortreten.
Hier bestehen diese Schichten, deren Liegendes nicht erschlossen
ist, aus geschiebereichen Sanden, die z. T. in völlig kompakten,
sandireien Kies übergehen. Auch diese Kiese führen meist nur
nordisches Material.
Die Mächtigkeit des Unteren Sandes ist oft eine recht er-
hebliche. So war der Untere Sand in den Tiefbohrungen von
Feldheim und Schmögelsdorf mit 74 bzw. 5l m noch nicht
durchsunken. Das nähere Profil war folgendes:
Feldheim (1901). Terrainnöhe — 150 m
0—2 m Feinsande u. Oberer Sand
2—6 „ Oberer Geschiebemergel
6—80 „ Unterer Sand.
SO.
ze
Fig. 3. Profil durch die Diluvial-Ablagerungen zwischen Zeuden und dem Weißen Tal (Bl, Niemegk)
NW
0 2
Schmögelsdorf (1901). Terrainhöhe + 144 m
0—7 m Proben nicht vorhanden
7—9 „ Oberer Geschiebemergel
9—60 „ Unterer Sand.
In beiden Fällen führten die tieferen Schichten des Unteren
Sandes zahlreiche Braunkohlenpartikelchen, die auf nahes Tertiär
hindeuten.
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119
Endmoränen.
Endmoränen ließen sich in dem besprochenen Gebiet des
Flämings an drei Stellen nachweisen. Einmal fanden sich Bruch-
stücke einer solchen zwischen Dietersdorf und Rietz, die zum
größten Teil von Oberen Sand bedeckt sind. Ihre Fortsetzung
wird durch größere Einzelgeschiebe angedeutet: östlich liegt zu-
nächst ein kleinerer Block, der Markgrafenstein, dem etwa
30 Schritt östlich davon der Schneiderstein (ca. 5,3 m°) folgt.
Jenseits der Chaussee Treuenbrietzen — Wittenberg befindet sich
der Riesenstein (ca. 16,2 m®), an den sich der an der alten
Treuenbrietzen—- Feldheimer Straße befindliche Bismarckstein
(mindestens 12 m?) bei Lüdendorf anschließt. Westlich der
oben erwälinten Blockpackung liegt der Bischofstein (ca. 3,75 m?),
Alle diese in einer Richtung angeordneten Einzelgeschiebe bilden
in Verbindung mit der Blockpackung einen langgestreckten Zug
einer Endmoräne, dessen Residuum sie darstellen.
Ein zweiter, größerer Zug von Endmoränen beginnt nördlich
des Dorfes Göritz i A. auf den Windmühlenbergen als ein zu-
sammenhängender, schmaler Rücken. Diese Endmoräne löst sich
nach Nordwesten zu in zwei nach Nordosten offene und oft im
Zusammenhang unterbrochene größere Bogen auf, die sich
mindestens bis nordwestlich des Dorfes Medewitzerhütten ver-
folgen lassen.
Ein letzter Zug von Endmoränen ist im Südwesten des
Gebietes nachzuweisen. Dort beginnt südwestlich des Dorfes
Ragösen ein über 8 km langer Rücken, der eine von jüngeren
Sanden stark bedeckte Endmoräne verbirgt, deren typische Ent-
wicklung erst bei dem Forsthause Spitzberg zu beobachten ist.
Mit diesem Zuge stehen jedenfalls auch einige kleinere Bruch-
stücke von Endmoränen in Verbindung, die sich östlich und
südlich des Dorfes Neeken als deutliche Blockpackungen vor-
finden.
Unterdiluviale Tonmergel.
Die bei Niemegsk, Rietz und an anderen Punkten durch
zahlreiche Gruben erschlossenen Tonmergel sind gleichaltrig, sie
finden sich häufig in Verbindung mit Oberem Geschiebemergel,
der sie regelmäßig überlagert.
In einem der Aufschlüsse bei Rietz ließ sich (1902) sehr
gut das Phänomen der contorted drift beobachten: stark ge-
störte, nur wenig mächtige Schichten liegen zwischen völlig
horizontalen und durchaus parallel abgelagerten Tonmergel-
bänkehen, eine Erscheinung, die aus dem norddeutschen Flach-
120
lande zuerst durch WannscHArrE!) bekannt gemacht wurde.
Man führt sie darauf zurück, daß Gletschereisblöcke, die sich
zur wärmeren Jahreszeit von der Hauptmasse ablösten, beim
Hingleiten über weiche Tonmassen den Boden aufwühlten und
die angedeuteten Druckwirkungen erzeugten.
Die Mächtigkeit dieser Tone, die oft Paladina diluviana
sowie stark abgerollte größere Braunkohlenstücke enthalten, be-
trägt bis zu 5 m und mehr.
Andere durch Gletscheräruck bewirkte Schichtenstörungen
der Tone sind von KrırLHack”) näher besprochen worden.
Tertiär.
Schichten tertiären Alters sind mehrfach auf dem Fläming
nachgewiesen, sie verteilen sich nach Keınsack’) auf zwei
parallele Zonen, eine nördliche und eine südliche.
In den Bereich der ersteren fällt eine kleine Brunnen-
bohrung im Dorfe Rietz (1901), die in ca. 32 m Tiefe einen
Geschiebemergel unbestimmter Stellung antraf, und in 36,5 m
schwach tonige Glimmersande, wohl miocänen Alters (Terrain-
höhe + 81 m). Zu dem Gebiet der südlichen Zone gehört
eine Brunnenbohrung von Serno i. A. (1902), die in 24 m
Probe | Tiefe in m Bemerkungen.
dr 1—= 453% As
| 8694 Braunkohlen, stark nn:
>y [ verunreinigt Ho £
5. | 96_100 Braunkohlen, stark >
4. [ Sr verunreinigt ee
5. | 100—107| Hellbraune Glimmer- |5 = 33,0 „
sande
6. | Holzreste aus 7. 6 >=. 30
107-109,5
1 j Braunkohlen I 12 Sr
!) Über einige glaciale Druckerscheinungen im norddeutschen
Diluvium. Diese Zeitschr. 1882, S. 579#f.
2?) Geologische Beobachtungen während des Baues der Branden-
burger Städtebahn. Jahrb. Kgl. Preuß. geol. L.-A. f. 1903.
2) Über neuere Tiefbohrungen auf dem Fläming. a. a. O. S.26 u. 27.
121
Tiefe ein Braunkohlenflötz antraf, welches bei 29 m noch nicht
‚durchsunken war (Terrainhöhe —- 121 m). Eine dritte Bohrung,
welche die Kgl. Geol. Landesanstalt verwahrt, trägt den Vermerk:
Zahna, Berendt 1397. Von dieser waren nur die tieferen
Schichten vorhanden, deren Profil vorstehendes war:
In etwas grösserer Ausdehnung tritt südlich Mühlstedt Tertiär
zu Tage oder ist nur von einer dünnen Decke Diluvium verhüllt.
Dort lagern nach dem Ergebnisse zahlreicher Bohrungen glimmer-
führende Quarzsande, dunkle Braunkohlenletten und lichte Form-
sande in einer Mächtigkeit (Diluvium + Tertiär) von 4° — 2177
auf einem Braunkohlenflötz, dessen Mächtigkeit zwischen 3° und
29° schwankt. Ob wir in grösserer Tiefe noch andere Braun-
kohlenflötze zu erwarten haben, läßt sich nicht ohne weiteres
entscheiden. Bemerkenswert erscheint aber die Angabe von
Cosmann !), daß im Gebiet des Flämings regelmäßig 4 Kohlenflötze
auftreten, von denen das oberste Letten und Formsande zum
Hangenden hat; unter diesem Flötz liegen Flaschen- und Töpfer-
tone, darunter braune Letten, Quarzsande u. s. w. Da nun, wie
erwähnt, das Hangende unseres Flötzes ausschließlich aus Braun-
kohlenletten, Formsanden und glimmerführenden Quarzsanden be-
steht, so erscheint es nicht ausgeschlossen, daß hier das hangenste
Flötz angetroffen wurde, dem möglicherweise nach der Tiefe zu
noch weitere liegende Flötze folgen.
Im übrigen besitzt dieses Braunkohlenvorkommen, das etwa
älteren Schichten des Miocän angehört, kaum eine grössere Ver-
breitung, da die zahlreichen, zur Wasserversorgung der Stadt
Roßlau angesetzten Bohrungen keine Kohle getroffen haben.
Die Verhältnisse des im tieferen Untergrunde unseres
ganzen Gebietes weit; verbreiteten Septarientones sind in einer
besonderen kleinen Arbeit behandelt.)
!) Diese Zeitschr. 28, 1876. S. 647 u. 648.
?2) ©. v. Liınstow: Über Verbreitung und Transgression des
Septarientones (Rupeltones) im Gebiet der mittleren Elbe. Jahrb.
Kgl. Preuß. geol. L.-A. f. 1903.
3. Beitrag zur Gesteinskunde des Kiautschou-
Schutz-Gebietes.
Von Herrn F. RınsE in Hannover.
Hierzu Taf. IX u. 17 Textfiguren.
Die geologischen Verhältnisse im Kiautschou - Schutzgebiet
sind bislang so gut wie unbekannt geblieben. Prof. F. v. RıcHr-
HOFEN hat auf seinen bewunderungswürdigen, weiten Unter-
suchungsreisen in China das jetzige Deutsch-China nicht berührt.
Auf der Schantung-Karte, die F. KoeRFer im Auftrage des
Reichs-Marineamts aufgenommen und 1901 veröffentlicht hat, ist
das Schutzgebiet fast gleichmäßig mit dem für „Gneis, Glimmer-
schiefer* vorgesehenen Farbenton überdeckt unter Einzeichnung
einiger Gänge und eines rundlichen Vorkommens von „Eruptiv-
gesteinen* bei Tsingtau bezw. Tsangkou.
Ließ diese Angabe keine große Mannigfaltiskeit in der
Gesteinswelt des Schutzgebietes vermuten, so war es für mich
eine angenehme Überraschung, bei Gelegenheit eines mehrwöchent-
lichen Aufenthaltes in Tsingtau im Frühjahr 1903 eine schöne
Fülle von Typen eruptiver und sedimentärer Gesteine zu finden,
- Sie verdienen eine nähere Erläuterung. Ich gestatte mir, im
folgenden auf die wichtigsten der von mir angetrofienen petro-
graphischen Verhältnisse kurz hinzuweisen.
Wenn man sich auf der Fahrt von Schanghai der Reede von
Tsingtau, der Europäerstadt Deutsch-Chinas, nähert, so bietet sich
ein Bild von nicht geringer landschaftlicher Schönheit dar; sie wird
bedingt durch die Vereinigung von Land und Meer, die sich in
prächtig geschwungenen Küstenlinien berühren, in die weite
Wasserfläche gestreute Inseln und durch den Gegensatz zwischen
im Osten und im Westen hoch aufragenden, merkwürdig zackigen
Gebirgskämmen und einem hügeligen Vordergrunde. Der west-
liche Zug ist das Perlgebirge (Hsiau tschu schan), das schätzens-
weise wohl fast 1000 m Höhe erreicht, das östliche Gebirge der
Lauschan (= beschwerlicher Berg), der im Lauting (ting =
Gipfel) 1130 m aufragt, Erhebungen, die zufolge ihrer Lage
nahe am Strande zu voller Wirkung kommen. Zwischen Lauschan
und dem Vordergrunde, an dessen hügeliger Lehne verstreut die
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124
stattlichen Gebäude Tsingtaus liegen, vermitteln verschiedene
Bergzüge, insbesondere die Prinz Heinrich Berge, früher Fu
schan (der in der Luft schwebende Berg!) genannt (324 m)
und der Kaiserstuhl, ehemals Wu schan (Nebelberg) (400 m).
Der höchste Hügel vor dem im Hafen vor Tsingtau angelangten
Beschauer ist der Bismarckberg mit 132 m. Westlich von
Tsingtau geht es in die weite, an 30 km lange und ebenso
breite Kiautschou-Bucht, deren Eingang durch den nach Osten
vorgreifenden Hai hsi-Bezirk eingeengt wird (vergl. Skizze).
Das Schutzgebiet, von dessen südlichem Teil im folgenden
insbesondere die Rede sein wird, ist ein verhältnismäßig kleiner
Bezirk (540 qkm Land). Seine Grenze hält sich im Westen, wie auch
die Skizze zeigt, Hai hsi einschließend, an das Ufer der Kiau-
tschou-Bucht; im Norden weicht sie beim Einfluß des Pai ho
nach Osten ab, ohne aber den Lauschan zu umfassen; vielmehr
wendet sich die Grenzlinie an dem Westabhang des Gebirges
nach Süden dem Meere zu. Zum Deutschen Besitz gehören
ferner noch einige Inseln. so Tscha lien tau (tau = Insel),
Tai kung tau, Tschu tscha tau, Schui ling schan, Fu tau, Huang
tau, Yin tau und einige andere.)
Auf mancherlei Wanderungen habe ich wohl die wichtigsten
Gesteinstypen im Schutzgebiet und in seiner Umgebung kennen
gelernt, der nachstehende Bericht erhebt aber nicht den Anspruch
auf Vollständigkeit. Vorweg sei vermerkt, daß vom petrographisch-
geologischen Standpunkt aus das Interesse an der Gesteinswelt
des in Rede stehenden Bezirkes beruht auf einer schönen Mannig-
faltigkeit von Eruptivgesteinen, ferner auf dem Vorkommen aus-
gezeichneter Kontaktmetamorphosen, die der Lauschangranit an
benachbarten Sedimenten verursacht hat, und schließlich auf einer
Wechselfolge von Sedimenten wohl oberkarbonischen und per-
mischen Alters mit Eruptivgesteinen und Eruptiv-Breccien.
Natürliche Aufschlüsse des Gesteinsuntergrundes findet
man, wie so oft im bergigen China, auch im Untersuchungs-
gebiete in außerordentlich großer Zahl. Die Wälder sind, ab-
gesehen von einigen bevorzugten Stellen in der Nähe von Tempeln,
bis auf kümmerliche Reste ausgerottet; Wiesen fehlen. Selbst
die Wurzeln der Gräser wurden früher zu Feuerungszwecken dem
!) wenn seine Gipfel aus dem Nebel ragen.
?”) Die Stadt Kiautschou, die eine gute deutsche Meile vom ver-
sandeten Nordufer der Bai entfernt liegt, derem Strande sie wohl
früher näher lag, gehört nicht zum Schutzgebiet, wie man nach dem
Namen des letzteren meinen könnte. Es hat seine Benennung nach
der Kiautschou-Bucht erhalten, die ja auch die Hälfte des Pacht-
gebietes ausmacht. Die Aussprache des Namens durch die Eingeborenen
ist etwa Kiau tsche (a und u getrennt, e kurz).
-u9gozy2.np uagyanyag uoa neysuıs
J
190 JIogpeusıg we YUyospLL,
126
Boden entrissen, der nun olıne den schützenden Pelz der Vege-
tation, von Pflanzenwurzeln nicht mehr zusammengehalten, dem Ab-
schwemmen durch Regenwasser und dem Fortblasen durch
heftige Winde ausgesetzt ist.) So liegt denn auf den Höhen
der steinerne Grund sehr oft auf weite Strecken zu Tage; auch
der Abhangsschutt ist meist gering; am Fuße der Berge findet
sich die lockere Verwitterungskrume öfter in grossen Massen
angehäuft, ihrerseits dann wieder von Schluchten zerrissen, die
das plötzlich von den Höhen kommende Wasser verursacht hat.
Man kann in diesen Wasserrissen sehr merkwürdige scharfe
Formen des erdigen Materials beobachten, wie es durch die
Zeichnung Fig. 3 versinnbildlicht wird.
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i N R Ä NEAR
TEEN)
Fig. 3.
Schluchtenwand im Talschutt. Tsingtau.
Mit diesen Abflußverhältnissen des Regenwassers hängt es
natürlich zusammen, daß die Fiußläufe zumeist trocken daliegen
und als gelbe breite Sandbänder sich durch die Landschaft ziehen.
Unter der dürren Oberfläche dieser Betten findet man mehr oder
minder reichlicr einen unterirdischen Wasserstrom, wie denn
auch Tsingtau aus einem solchen mit Wasser versorgt wird.
') Im Schutzgebiete ist man eifrig mit der Aufforstung beschäftigt
und macht mit vielen Mühen allmählich wieder gut, was die Chinesen
durch Entwaldung des Landes gesündigt haben.
Bei heftigen Niederschlägen füllen sich die Flußbetten, und nicht
selten treten dann bekanntermaßen die Wassermassen über die
Ufer, flache Gegenden weithin überschwemmend.
Prächtige Aufschlüsse bietet die vielfach felsige Uferzone in
der Nähe Tsingtaus, die bei Ebbe bloßgelest wird. Auch
kommen, besonders auf den Inseln, steile Uferabstürze vor, die
z. B. auf Schui ling schan ganz ausgezeichnete Profile darbieten.
Dazu gesellen sich vielerorts künstliche Aufschlüsse, so in den
Steinbruchanlagen, die das Material für die großartigen Hafen-
bauten und für Wegeanlagen und Gebäude geliefert haben.
Weiterhin mußten bei dem hügeligen Gelände, in dem Tsingtau
liegt, Straßen, Verbindungswege und Eisenbahn-Anlagen zwecks
Vermeidung allzu großer Neigungen bezw. langer Umwege öfter
tief in den Fels eingeschnitten werden, sodaß auch dadurch eine
Fülle schöner Aufschlüsse geschaffen ist.
Das Landesgestein bei Tsingtau ist Granit. Mir scheint,
daß in dem ausgedehnten Vorkommen dieses Gesteins ein durch
die Verwitterung aus seiner ihn einst bedeckenden Sediment-
hülle herauspräparierter gewaltiger plutonischer Herd zu Tage
liegt, der sich nach Mineralbestand und Gefüge differenziert hat
und von Gängen, z. T. granitischer, z. T. basischer Magmen,
durchsetzt wurde. Von der Sedimenthülle, in deren Aufwölbungs-
räume das granitische Magma drang, bezw. die es bei seinem
Empordringen emporhob, ist festländisch im Schutzgebiet, so viel
ich gesehen habe, als Auflagerung oder in sonstiger Berührung
mit dem Granit nichts mehr erhalten, wohl aber konnte ich
etwa 30 km östlich von Tsingtau am Fuße des granitischen
Lauschangebirges einen Sedimentrest noch beobachten. Dieses
immerhin noch stattliche Überbleibsel bildet die Halbinsel des
Cap Yatau bis zum Kloster Tai tsching kung bezw. bis zum
Dorfe Tsching schan. Bei Fahrten um die steil abstürzende
Halbinsel gewahrte ich vom Meere aus ausgezeichnete Schichten-
folgen, die in ihrer Verlängerung den benachbarten Granit des
Lauschan überwölben würden, und beim Landen am Dorfe
Tsching schan konnte ich feststellen, daß die Gesteinslagen hier
wesentlich aus Hornfelsen bestehen, die man dann weiter auch
auf dem Paßwege von hier nach dem Kloster Tai tsching kung
neben dem Granit beobachtet. Letzterer dringt in das kontakt-
metamorphe Gestein oft in kleinen Gängen ein.
Jedenfalls ist also hiernach sicher, daß der Granit des
Lauschangebirges nicht, wie wohl angenommen ist, eine archäische
Bildung ist, da ja die oben erwähnten Sedimente am Cap Yatau
eine Kontaktmetamorphose durch ihn erfahren haben. Weil bis-
lang Versteinerungen in den in Rede stehenden Sedimenten nicht
128
ey Al
Steinbruch am Bismarckberge bei Tsingtau. Granit von Eruptivgängen durchzogen.
1293
gefunden sind, kann eine Angabe, wie alt die Graniteruption
höchstens ist, hier nicht gemacht werden. Der einzige allge-
meine Anhalt liegt in der Beobachtung, daß die einstige Sediment-
decke bis auf geringe Reste bereits entfernt ist, eine geologische
Veränderung zwar von großen Verhältnissen, die aber doch auch
ein junges Alter des Granits durchaus nicht ausschließt.
Der Granit der Gegend von Tsingtau wird von zahlreichen
Gängen durchsetzt. Es sind aplitische Ganggranite, ge-
legentlich mit Pegmatit verbunden, Quarzporphyre, weiter
unten zu kennzeichnende Tsingtauite, Spärolithporphyre
und Felsitfelse, Orthoklas-Plagioklas-Biotitporphyre mit
Anklängen an und Übergängen zu porphyritischer Entwicklung,
Diorite, die sich z. T. durch Augitgehalt dem Gabbro bezw.
Diabas nähern, und Kersantitgesteine, die gleichfalls z. T.
dem Diabas bezw. seinen porphyrischen Ausbildungen nahe stehen.
Schließlich ist der Granit auch noch von Basalt durchbrochen.
Alle diese Gesteine sind also jünger als der Granit und als die
Sedimente, die er metamorphosiert hat. |
Auf der zum Schutzgebiet gehörenden Insel Schui ling schan
findet man Eruptivgesteine, die Sedimenten, (Tonschiefern,
mergeligen Sandsteinen, Grauwacken, Konglomeraten und Brececien)
von wahrscheinlich carbonischem oder permischen Alter zwischen-
geschaltet bezw. aufgelagert sind. Als Hangendstes erscheinen
dort diabasische Porphyrit-Eruptivbreccien, eingeschoben
in die Schichtenfolgen Aplit und Orthoklas-Plagioklas-
Biotitporphyre, von denen ersterer wohl als Lagergang auf-
zufassen ist, letztere entweder in nämlicher Weise oder als
einstige Deckenergüsse erklärt werden können.
Granite.
Die granitischen Gesteine der Gegend von Tsingtau wechseln
bezüglich ihrer Gemengteille von Hornblende-Biotit-Granit,
Biotitgranit, biotitarmem Granit zu glimmerfreiem
Granit (Alaskit), ihrem Gefüge nach von ziemlich grobkörnigen
zu mittelkörnigen, von gleichmäßig körnigen zu porphyrischen.
Nicht selten findet man miarolitisch-drusige Entwicklung. Die
Farbe der in Rede stehenden Gesteine ist meist rötlich; weißlich-
rötlich im Falle ein Gegensatz zwischen rötlichen Orthoklasen
und weißlichen Plagioklasen!) erscheint, wobei denn die Biotite
!) Der Umstand, daß so oft in Tiefengesteinen bezw. auch älteren
Ergußgesteinen die Orthoklase rot, die Plagioklase hell sind, verdient
noch nähere Untersuchung. Es ist wohl möglich, daß bei Tiefen-
verwitterung die Kalifeldspate stärker angegriffen werden als Kalk-
natronfeldspate, und infolgedessen für einen Absatz von Eisenoxyd'
günstigere Gelegenheit geben als letztere.
150
Fig. 5
>*® .
Gegend von Scha tsy kou mit dem zackigen Kamm des granitischen
Lauschan im Hintergrunde.
mit besonderer Vorliebe in kleinen Plagioklasansammlungen auf-
treten, sodaß auf die Weise die Ausscheidungsfolge Biotit,
Plagioklas, Orthoklas, Quarz angedeutet wird.
Einige Fundpunkte granitischer Gesteine, die in meiner Samm-
lung vertreten sind, seien hier besonders angeführt. Beim Dorfe
Tsching schan am Kap Yatau und auf dem Paßwege nach Tai sching
kung sammelte ich Hornblende-Biotit-Granit und Biotit-
granit. Man ist hier in der Nähe der Granitgrenze zum Horn-
fels. Die Gesteine zeigen rötlichen Orthoklas (von mikroskopischen
Albitschnüren und Butzen reichlich durchwachsen), weißen Plagioklas,
grauen Quarz, Säulchen dunkler Hornblende (im Schliff grün),
Biotit, Titanit (auch schon makroskopisch), etwas Erz, Zirkon
und vereinzelte, im Dünnschliff braungelbe Lappen von Turmalin,
welch’ letztere Erscheinung gewiß mit der Granitrandnähe der
Proben zusammenhängt. Auch in Stücken, bei welchen im Schliff
keine Hornblende erschien, zeigte sich noch Titanit.
Sei an dieser Stelle erwähnt, daß im Lauschan viele schöne.
meist ziemlich dunkle, gelegentlich auch helle Rauchquarze
vorkommen. Sie werden beim Besuche der Dörfer am Gebirge
von Chinesenkindern zum Kauf angeboten. Fundpunkte selbst
habe ich nicht besuchen können. Wahrscheinlich stammen die
151
Kristalle aus Drusenräumen des Lauschangranits. Sie erreichen
zuweilen sehr beträchtliche Größen; ich sah solche von über
20 em Länge. Zuweilen sind sie nach einer Prismenfläche platt
tafelig, zumeist aber ziemlich regelmäßig nach Art der gewöhn-
lichen Schweizer Rauchquarze entwickelt. An Formen kommen
stets © R (1010); R (1011); — R (Ol1l) vor, nicht selten
dazu steilere Rhomboeder und ferner kleine Rlıomben- und Trapez-
flächen, an deren Verteilung öfter Zwillingsbildung nach © R
(1010) erkannt werden kann.
Ein schöner, dem von Baveno ähnlicher Granit wird in den
Prinz Heinrich Bergen gebrochen. Eine plattige Absonderung
begünstigt die Gewinnung.
Es ist ein Biotitgranit, gelegentlich mit Hornblende.
In den kleinen Drusenräumen findet man ganz hübsche Kristalli-
sationen von Quarz, Orthoklas, Epidot, Chlorit, Büschel eines
Zeolithes, wohl Desmin, ferner auch Hyalit auf Quarz. Braune
Kristalle von Titanit erkennt man öfter schon mit bloßem Auge
im Gestein.
Im Biotitgranit der Pr. Heinrichberge fand ich auch kleine,
etwa wallnußgroße, glimmerreiche und daher dunkle Aus-
scheidungen vom Charakter eines Quarz-Biotit-Diorits.
Ein Schliff zeigt außer Biotit viel Plagioklas, dazu Orthoklas,
sehr reichlich Quarz, in welchem andere Gemengteile, wie Biotit,
Titanit, Erz gelegentlich förmlich zu schwimmen scheinen.
Dazu kommt noch Apatit in dicken Prismen, Zirkon in Biotit,
von pleochroitischen Höfen umgeben.
Von ähnlicher rötlichweißer Farbe wie die Pr. Heinrich Berg-
‘Granite sind Biotit-Granite an den Iltisbergen, gleichmäßiger rot
ist ein sSlimmerarmer Granit mit Neigung seiner Quarze zu
eigengestaltiger Entwicklung von einer Kuppe am Strande gegen-
über dem Polizeiposten an den Prinz Heinrich Bergen, während
bei einem Granit von der kleinen Kuppe bei Tschan schan
östlich von den Iltisbergen sowohl Biotit wie Quarz sehr
zurücktreten. Der Quarz tritt hier selten in Körnern auf, viel-
mehr zeigt ihn der Schliff in Säumen um Feldspat, in dessen
Randpartien er grob mikropegmatitisch eingewachsen ist. Auch
in diesem an .dunklen Gemengteilen armen Granit findet
man ziemlich reichlich Titanit in Nestern mit Erz und Biotit.
Recht grob mit reichlichem grauen Quarz ist ein leicht zer-
fallender Granit auf dem Festlande westlich gegenüber der Insel
Schui ling schan: grober Granitsand bedeckt hier das Ufer, ein
günstiges Material zur Arkosebildung. Einen gleichfalls recht
groben Biotitgranit sammelte ich auf Hai hsi am Tsching
schy schan.
9*
132
Glimmerfreie Granite habe ich am Kaiser Wilhelm
Ufer vor Tsingtau, an einer Kuppe am S.O.-Fuß des Signalberges
(nach dem Artillerie-Lager zu) und im großen Steinbruch am
Bismarckberg beim Friedhof geschlagen. Br
Es sind dies eben wegen dieser Glimmerfreiheit eigenartige
Gesteine; schon wegen ihres mittelgroben Korns kann man sie nicht
sut Aplite nennen, wenn man, wie bier, diesen Namen auf fein-
körnige und in Gangform vorkommende glimmerarme bezw. -freie
granitische Gesteine beschränkt. Sie entsprechen den sog. Alas-
kiten, und sind wie diese ultraleukokrate (oder amelane) Granite.
Löwınson-Lessıng machte s. 7. darauf aufmerksam, daß auch der
Name Feldspatgreisen für entsprechende Gesteine früher an-
gewandt ist.
Die Farbe dieser Alaskite ist im allgemeinen rötlich, be-
dingt durch reichlichen roten Orthoklas.. Der graue Quarz hat
nicht zu verkennende Neigung zu Kristallformentwicklung. Auch
beim Feldspat findet man öfter gradlinige Umrandungsstreelzene
Große und kleine Quarze erscheinen im selben Handstück.
Fig. 6.
Glimmerfreier Granit. Plagioklas, von Orthoklas und Quarz
Hervorzuheben ist eine drusige Struktur meiner Proben,
jedoch sind die kleinen, meist unter '/g cm messenden Hohl-
räume nicht besonders reichlich vorhanden. Als Drusenmineralien,
dann mit Kristallform, wurden beobachtet Orthoklas, Albit, Quarz.
Die Verhältnisse unter dem Mikroskop sind dem obigen ent-
sprechend: Orthoklas und Plagioklas, beide trübe, aber der
erstere mehr als der letztere, Quarz, sehr spärlich Erz teilen
sich in die Schlifffläche. Der Plagioklas, mit Albitzwillings-
133
bildung, auch selteneren Lamellen nach dem Periklingesetz und
mit mäßig großen Auslöschungsschiefen, zeigt öfter, gradlinige,
kristallographische Umrandung; sie fehlt auch nicht beim Ortho-
klas und Quarz,: indeß ist inbezug auf die beiden ‚letzteren zu
vermerken, daß sie oft grob mikropegmatitisch verwachsen sind.
So kann es kommen, daß ein kristallographisch umgrenzter
Plagioklasschnitt von Orthoklas umwachsen ist, der rändlich sich
durch Implikationsstruktur mit Quarz. verästelt,- aber so daß
dieser mikropegmatitische Saum. sich scharf von der einheitlichen
Orthoklaszone abhebt. See |
Gneisgranit. Auf der Korrrerschen: Karte von Schan-
tung ist das ganze Schutzgebiet mit der für „Gneis, Glimmer-
schiefer“ vorgesehenen Farbe überdeckt, ebenso aüch die Inseln
Schui ling schan und Tschu tscha tau. Im Text wird vermerkt,
daß im Urgebirge Gneisgranit vorherrscht und es sich meist um
eine glimmerarme Gesteinsvarietät handelt, die nur selten Parallel-
struktur erkennen läßt. Der Glimmerschiefer tritt nach KoerrEr
in größerer Nerhreiung bei Tschifu ua) des Schutz-
gebietes) auf. =
Nach meinen Beobachtungen eier nun aber. die Granite
des Lauschan am. Kap Yatau wegen der Kontakterscheinungen,
die sie an Sedimenten hervorgerufen haben, aus dem Urgebirge aus.
* Die Granite der Iltisberge, Prinz Heinrich Berge u. a. sind
denen am Kap Yatau ähnlich und wohl verwandt. Sie werden
gleichfalls aus dem Archaikum auszugliedern sein. Und so ist es
recht zweifelhaft, ob die dann noch übrig bleibenden biotitarmen
und schließlich die biotitfreien Granite der Gegend von Tsingtau
dem Urgebirge zuzurechnen sind. Die wünschenswerten späteren
Untersuchungen müssen sich dem geologischen Verhältnis
zwischen diesen und den Biotitgraniten der Iltisberge u. s. w.
zuwenden. Vor der Hand möchte ich mit der nötigen Reserve
die verschiedenen granitischen Gesteine der Gegend von Tsingtau
als eine geologische, petrographisch differenzierte Einheit auf-
fassen.
An Interesse gewinnt die Frage durch das Vorkommen von
Gneisgraniten, also Graniten mit schieferiger Parallelstruktur,
bezw. Gmeisen. Ich habe sie bei Tsingtau nur auf den: kleinen
Inseln Tschu tscha tau und Tscha lien tau gefunden. Die Proben
in meiner Sammlung stammen hauptsächlich von dem letzt-
genannten Eiland, das sehr ‘einsam im Meere, 50 km. östlich
Tsingtau liest. Es setzt sich anscheinend ganz aus Gneisgranit
zusammen, der nach SO mit mittlerer Neigung einfällt und eine
Zerklüftung senkrecht. zum NO- Streichen aufweist. _ Diese NO-
Richtung ist im übrigen eine Hauptleitlinie des Gebirgsbaus in
134
der Gegend von Tsingtauu Der Habitus wechselt von fast
granitischem zu ausgesprochen schieferig-Naserigem. Die Farben
sind grau bis gelblich unter Vertiefung des Farbentons durch
Schmitzen von grünlich-schwarzem oder auch (bei den aus-
gesprochen schieferigen Gesteinen) grünem Glimmer. Die
Glimmerflecke auf den Schieferungsfiächen bestehen aus einer
Unzahl kleiner Schüppchen. Auffällig im Gestein sind häufige,
kleine (ca. 1 mm große), schwarz glänzende Magnetitoktaeder.
Im Dünnschliff findet ınan einsprenglingsartig Körner von Ortho-
klas, oft von Albit durchwachsen, ein Mosaik von gezähnelt in
einander greifenden Quarzen und Feldspat (auch Plagioklas),
Häufchen von grünem, z. T. sehr hell grünem Glimmer, mit
denen gern Körner von Titanit und Erz verbunden sind. Der
Jichtgefärbte Glimmer mit Pleochroismus zwischen fast farblos.
und sehr hellgrün und der dunklere mit den entsprechenden
Farben gelb-grün und braun-grün sind mit einander parallel ver-
wachsen, gehen auch in einander über; bei beiden ist die Doppel-
brechung stark. In abgeschabten Glimmerteilchen ließ sich ein
kleiner Cr-gehalt nachweisen. Es handelt sich also um Fuchsit.
Bemerkenswert sind noch Scharen von roten, wohlgeformten
Eisenglimmern neben Magnetiten in großen Feldspatdurchschnitten.
Die Insel Tschu tscha tau konnte ich leider nur ganz kurz und
nur am Nordende besuchen. Sie verdient aber eine eingehendere
spätere Würdigung wegen ihres Gneisgranites, wegen eigenartiger
.
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Fig. 6.
Gneisgranit. Fluidalerscheinung mit Protoklase.
Ansicht eines Handstücks.
135
Quarzporphyre und wegen ihrer dunklen Ganggesteine. Unter
den granitartigen Gesteinen fielen mir nun ganz besonders Abarten
auf, die einen Wechsel lichtrötlicher Feldspatlagen und grauweißer
Quarzschmitzen aufweisen. Wie Fig. 6 in etwa natürlicher Größe
zeigt, halten die Feldspatstreifen an, während die Quarzlagen sich
auskeilen und in ihrer Fortsetzung oder auch unter paralleler Ver-
schiebung durch andere Quarzzüge ersetzt werden. U.d.M. sieht man,
wie die Quarzstreifen nicht einheitlich, sondern aus meist wirr liegen-
den, rundlich-eckigen Körnern zusammengesetzt sind, die zähnelig in
einander greifen; öfter bemerkt man schwach wellige Auslöschung.
Die rötlichen Zonen bestehen wesentlich aus Orthoklas, auch mit.
Albitschnüren, und Plagioklas in Körnerform; hier und da findet
sich zwischen ihnen ein Bezirk mit reichlichen Fetzen eines
bräunlich-gelben Glimmers und mit Magnetit. Das Ganze ist
wohl als eine Fluidalerscheinung mit Protoklase aufzufassen.
Grade beim Quarz sind solche Erscheinungen wohl erklärlich.
Er ist erfahrungsgemäß ein sprödes Mineral. Insbesondere kommt
dies bei Temperaturwechsel sehr stark zur Geltung. Quarz ver-
trägt schnelle Erhitzung und (dementsprechend wohl auch) plötz-
liche Abkühlung äußerst schlecht. Ein dünner Quarzkristall in
eine Flamme gehalten, zerspringt alsbald mit großer Heftigkeit.
Schnelle Abkühlung ist nun unter Umständen, z. B. am Rande
von Vorkommnissen, leicht möglich, und so mag es dabei zum
Zerspringen von Quarzen in Körnerhaufen kommen, die dann
beim zähen Fluß des Magmas zu länglichen Gruppen wirr liegender
Körner ausgezerrt werden können.
Kontaktmetamorphosen am Granit.
Wie erwähnt, hatte ich am Kap Yatau, insbesondere am
Strande beim Dorfe Tsching schan und auf dem Paß zwischen
dieser Niederlassung und dem Kloster Tai tsching kung, Gelegen-
heit, ein ganz vorzügliches Beispiel der Kontaktmetamorphose an
Granit zu beobachten. Die Mannigfaltigkeit bezüglich der
äußeren Erscheinung der Hornfelse ist sehr groß. Manche
Stücke sind grauweiß, andere grünlich-braun, andere braun,
wieder andere gebändert in braun und grünlich, manche graue
sind von grünlichen, harten, gekrümmten Schalen durchzogen u. s. w.
Vom petrographischen Standpunkt aus ist es von Interesse,
daß die von mir gesammelten Kontaktgesteine zu den Plagio-
klas-Augit-Hornfelsen gehören. Seien einige Abarten hier
kurz berührt. Bei einer von mir auf dem Klosterpaß zwischen
Tsching schan und Tai tsching kung geschlagenen Probe handelt
es sich um ein vom Hornblendegranitit umschlossenes und da-
her besonders stark verändertes Gestein von olivgrüner Farbe.
136
Im Dünnschliff zeigt sich wesentlich Feldspat und lichtgrüner
monokliner Augit. (Fig. 7). Ersterer kennzeichnet sich durch
Ire 7.
Plagioklas-Augit-Hornfels.
Zwillingslamellierung sehr oft als Plagioklas. Durchschnitte ohne
Lamellen mögen z. T. Orthoklas sein. Spärlich kommt dunkles
Erz, selten ein Fetzen tiefgrüner Hornblende vor. Das Gefüge
des Materials ist typisch richtungslos körnig.
Aus einem anderen Stück, das ich dicht bei Tsching schan
sammelte, konnte ein Schliff durch die Grenzzone von Hornblende-
granitit und Hornfels geführt werden. Der Granit selber ist ein
srober Hornblende-Biotitgranit, an der Grenze zum Hornfels ist
er auf etwa 1 cm Breite und mit scharfem Absetzen gegen den
groben Granit ziemlich feinkörnig und dabei durch lagenförmige
Anordnung dunkler Hornblenden streifig. Ein Schliff durch diese
Randzone zeigt insbesondere in der Ausbildung der Hornblende
sog. Kontaktstruktur. Eine Stelle durch solchen Streifen ist in
Fig. 5 dargestellt. Dann folgt scharf abgesetzt der Hornfels,
der bier durch hellere olivgrüne Bänder in rostfarbenem Unter-
grunde gebändert erscheint. - Es ist ein Plagioklas- Augit-Horn-
fels, der durch Ausscheidung von Eisenhydroxyd auf den Augit-
körnern seine gelb-braune Farbe erhielt.
Sehr helle, fast weiße Farben zeigen Hornfelse, die mikro-
skopisch viel Feldspat, auch Quarz und wenig Augit erkennen
137
lassen. Zuweilen ist letzteres Mineral dann in gewundenen
Schalen angereichert, die bei der Verwitterung des Gesteins auf
der Oberfläche als Leisten stehen bleiben. Solche Schnüre be-
stehen wesentlich aus besonders groben Augitkörnern,
E08:
Grenzzone im Granit gegen Hornfels.
Rotbraune Farbentöne stellen sich ein, wenn außer den ge-
nannten Mineralien sich reichlich dunkler Glimmer in den Horn-
felsen findet; z. T. handelt es sich nur um Lagen in den
‚Handstücken, andererseits sind große Partien entsprechend ge-
färbt. Der Biotit mit Pleochrismus zwischen braungelb und grau-
gelb auf Querschnitten zeigt sich dann in zahllosen kleinen
Lappen. Zum Teil sind diese Plagioklas-Biotit-Augit-
Hornfelse durch große, breit leistenförmige trikline Feldspate
porphyrisch. |
So liegt also eine ‘bunte Mamnigfaltigkeit von Kontakt-
gesteinen vor, deren Abarten ‘bei eingehendem Studium der
interessanten Halbinsel am Kap Yatau sieh gewiß noch stark
vermehren wird. |
Nach Kenntnisnahme der Kontaktmetamorphose an der ge-
nannten Örtlichkeit war es mir von großem Interesse, ähnliche
Hornfelse, aber von ganz besonders schöner äußerer Erscheinung,
auf der Insel Tai kung tau zu beobachten. Diese: kleine Insel
liegt an 20 km südöstlich von Tsingtau. Bei der Fahrt auf
138
von Schanghai einlaufenden Schiffen fällt sie durch ihre aus-
gezeichnete Schichtung der Gesteine, die etwa SO fallen, auf.
Ich konnte bei schnellem Besuch einige Proben nehmen. Es
sind Hornfelse von wunderschöner, z. T. sehr zarter Färbung,
die wohl als Ornamentsteine recht gut verwandt werden könnten.
Einige haben grau-grüne Farbe mit weißlichen und braunen
Lagen und Flammen, andere sind von einem sehr schönen lichten
grünlichen Grau mit olivgrünen und rötlich-braunen Lagen, wobei
die verschiedenen Farben z. T. scharf von einander absetzen,
z. T. in einander verschwimmen. Auch diese hübschen Gesteine
sind Plagioklas-Augit-Hornfelse.
Pegmatite
fand ich in den Prinz Heinrich Bergen, wo sie in demselben Biotit-
Granit erscheinen, der von den unten erwähnten Apliten durchsetzt
ist. Sie bilden schlierige Partien aus grauem Quarz und rötlichem
Kalifeldspat. In meinen Proben überwiegt ersterer, seine Körner
erreichen an Faustgröße.
Zuweilen kommt Quarz für sich gangförmig, auch auf kleine
Strecken als Salband von Aplit vor.
Aplitische und Felsitfels-Ganggesteine.
Granitisches Magma ist in der Tsingtau-Gegend einmal in
Form eines mächtigen Massivs erstarrt und andererseits in
Spaltenräumen als Gangbildungen verfestigt. Da die in Rede
stehenden Gänge die Massivgranite durchsetzen, sind sie jünger
als letztere und natürlich auch jünger als die Sedimente, welche
von den Graniten metamorphosiert sind.
In den verhältnismäßig schmalen Spaltenräumen bildeten
sich Gesteine, die zumeist von den in den vorgehenden Ab-
schnitten geschilderten Graniten dem Gefüge nach stark ab-
weichen. Es handelt sich dabei einmal um porphyrische Ent-
wicklungen, die in einem folgenden Abschnitt für sich behandelt
werden sollen. _ Andererseits ist der unmittelbare Anschluß an die
Granite bezüglich des Gefüges in denjenigen Ganggesteinen des
Gebietes gegeben, die bei makroskopisch körniger, wenn auch
feinkörniger Struktur, also ohne daß auffällig Einsprenglinge
und Grundmasse unterschieden werden können, und bei Armut
an Glimmer bezw. Fehlen dieses Minerals, als Aplite zu be-
zeichnen sind. Nun finden sich weiter im Untersuchungsgebiete
in großer Anzahl lichte Ganggesteine, die den Apliten makro-
skopisch ähnlich, aber von feinerem Korn sind, immerhin aber
noch nicht das gleichmäßig dichte von Porphyrgrundmassen er-
reichen. Bei ihnen stellen sich mikroskopisch deutliche Anklänge
139
an die Strukturen von Porphyrgrundmassen, schriftgranitische
Verwachsungen und mikroskopische Büschel- und Sphärolith-
bildungen heraus. Weiterhin beobachtet man, wenn auch nur
sehr spärlich und in geringer Größenentwicklung, Einspreng-
linge von Feldspat, insbesondere Plagioklas.. Oftenbar nähern
sich solche Vorkommnisse den sog. Felsitfelsen, den Gesteinen,
die gewissermaßen nur aus dichter Porphyrgrundmasse bestehen,
und wenn man bei Felsitfelsen nicht gradezu makroskopisch
vollständig jaspisartige Dichte der Grundmasse verlangt, so kann
man die in Rede stehenden Gesteine dazurechnen.
Bemerkenswert ist in der Hinsicht, daß an gut verfolgbaren
Gängen ein Wechsel der Körnigkeit beobachtet wurde. So fand
ich bei einem hierhergehörigen Gange auf der Insel Schui ling
schan zumeist ein makroskopisch sehr feinkörniges Gefüge,
stellenweise und insbesondere an einer Kontaktstelle an der Süd-
ostküste der Insel ganz nahe dem Liegenden des Ganges makro-
skopisch vollständig dichtes Gestein. Schließlich ist noch zu
bemerken, daß auch Vorkommnisse angeschlagen wurden, die,
soweit der Aufschluß reichte, gleichmäßig aus typischem, ganz
dichten Felsitfels bestehen. (Kaiser Wilhelm Ufer).
Man kann also im Gebiete die Verwandtschaft von Aplit-
gängen und Felsitfelsgängen verfolgen, und weil eine Scheidung
hier schwer durchzuführen ist, sind diese Typen in einem Abschnitt
zusammengefaßt. Die folgende Einzelbetrachtung der Vorkomm-
nisse wird die jeweilige Stellung nach den studierten Proben
ergeben.
Aplit findet man z. B. an den Iltisbergen. Die Probe
eines in Granit aufsetzenden, etwa 25 cm mächtigen Ganges am
Wege oberhalb der Oberförsterei zeigt makroskopisch noch
deutlich erkennbar hellrötlichen Feldspat, grauen Quarz und
sehr spärlich kleine dunkle Glimmerschüppchen. Auffallend und
wegen ihres Anklanges an pegmatitische Bildungen interessant
sind im Gestein cm-große Tupfen von Feldspat und Quarz in
grober Entwicklung. Öfter gewahrt man in diesen Ansammlungen
noch große Körner von Eisenkies. U. d. M. erkennt man im
Aplit Orthoklas mit Albitschnüren, Plagioklas und Quarz in
granitisch-körnigem Gefüge, etwas schwarzes Erz und Glimmer.
Letzterer zeigt zwar nicht sehr starken aber deutlichen
Pleochroismus zwischen sehr licht und etwas tiefer gelblich-grün;
es ist wohl gebleichter Biotit.
Weiterhin erwähne ich hier noch die Trümer, die man als
saure Nachschübe kennt, und die von mir im Untersuchungs-
gebiete im Biotitgranit der Prinz Heinrich Berge oft und zwar als
!/& bis wenige cm breite, grauweiße, gelegentlich geschlängelte
140
Gängelchen beobachtet wurden. Im mikroskopischen Bilde. fällt
auf, daß sich aus einem kleinkörnigen Quarz-Feldspat (Orthoklas-
Plagioklas) - Untergrunde viele großkörnige Tupfen, aus Orthoklas,
Plagioklas und Quarz bestehend, herausheben. - Gelegentlich
kommt grob schriftgranitische Struktur an einzelnen Dünnschliff-
stellen vor. Zu erwähnen sind .noch spärlicher Magnetit, Titanit-
körner, sehr wenig gelblicher Glimmer.
konn dem erwähnten Aplit der Iltisberge ähn-
lich, aber dichter, sehen Proben von Ganggesteinen der Prinz
Heinrich Berge ans. Die Vorkommnisse heben sich schon von
weitem heraus als der Längsrichtung des Bergzuges und dem
Küstenverlauf ungefähr parallele, an der Bergflanke als Grate
sich hinziehende Gangzüge. Sie stehen mit ihren scharfen, zer-
klüfteten Formen in starkem Gegensatz zu den zu Wollsäcken
und Schalen grusig verwitternden, Biotitgranit, in dem sie auf-
setzen. Ihre Farbe ist graurötlich. Hier und da treten in den
Handstücken. kleine rote Orthoklase als Einsprenglinge heraus.
Die Struktur der Gesteine wechselt. Granitisch: körniges Gefüge
ließ sich bei ihnen nicht beobachten, vielmehr ist eine Neigung
zur Implikationsstruktur nach Art der Schriftgranite, auch zu
büscheligen Aggregierungen von Feldspat und Quarz festzustellen.
Im Schnitt kurz leistenförmig erscheinende Feldspate gehen un-
vermittelt in ein eutektisches Gemisch von mikropegmatitisch
verwachsenen Quarz und Feldspat über, in dem die Feldspat-
substanz mit dem sich scharf abhebenden eckigen Kern parallel
gelagert ist, oder es setzen sich an die Feldspate büschelige
Bärte der nämlichen Minerale an. . Zwischen diesen sphäro-
lithischen Büscheln ist dasGefüge öfter mikrogranitisch mit wechseln-
dem Korn. Etwas Magnetit und Glimmer, ähnlich dem im erst
erwähnten Aplit, erscheinen auch hier.
Ein verwandtes Gestein von lichtroter Farbe, mit eijelnen hier
verhältnismäßig großen rötlichen Orthoklasen fand ich beim Be-
such des der Insel Schui ling schan westlich gegenüber liegenden
Festlandes am Strande in einem mehrere Meter mächtigen Gange,
der sehr groben Biotitgranit durchbrochen hat.
Prächtig auf mehrere Kilometer im Streichen und melirere
hundert Meter im Fallen aufgeschlossen ist ein eigenartiges, helles,
vielleicht keratophyrisches, hier zu besprechendes Gestein auf der
Insel Schui ling schan. | |
Die Kartenbezeichnung KoERFERs, daß auf letzterer Ur-
gebirge ansteht, trifft nicht zu. . Die Insel besteht vielmehr aus
einer in steilen 'Abstürzen zutage tretenden Schichtenfolge sedi-
mentärer Gesteine, insbesondere dunkler, mergeliger Sandsteine,
Tonschiefer, Grauwacken, . Konglomerate und: Breccien, mit
141
zwischengeschalteten, bezw. das Hangendste bildenden Eruptiv-
gesteinen. Von letzteren fällt an der steilen SO- und S-Küste,
auch an der Westseite eine als weißes Band ausstreichende Bank
ganz besonders auf. Sie lagert an der Westseite der Insel
zwischen Schiefern und Sandsteinen, die hier etwa nordsüdlich
streichen und mit 15-40° nach Osten fallen. Jedoch
hebt sich die weiße Bank nach Süden zu allmählich höher:
während sie bei Hou teng nur etwa 10 m über dem Meeres-
spiegel lagert, bei Nau tsche tsy etwa bei der 50 m-Linie ge-
troffen wird, ragt sie als überhängende Platte an der Südspitze
der Insel schon 90 m über Null aus dem schroffen Abhange heraus.
An der SO-Küste findet man sie bis 200 m zwischen diabasischer
Porphyritbreccie ansteigend, von wo sie dann in einem herr-
lichen Aufschlusse bis zum östlichen Meere niederzieht. Hier
am Strande lagert die Bank zwischen Sandsteinen und Schiefern.
Ihre Mächtigkeit wechselt von 5 zu 10 und selbst etwa 15 m. Nicht
selten gewahrt man eine etwas unregelmäßig scheitförmige Zer-
klüftung des Gesteins senkrecht zu seinen Begrenzungsflächen,
auch gelegentlich eine bankige Absonderung parallel zu letzteren.
Es scheint mir in dem schönen Vorkommen ein Lagergang vor-
zuliegen. Das Gestein sieht einem Quarzit, z. B. einem
Fig. 9.
Aplit, überhängend, concordant auf einer Sedimentfolge.
142
silurischen Harzquarzit, recht ähnlich, ist wie erwähnt grauweiß,
zuweilen mit kleinen eckigen Rosttupfen. Etwa 1—2 mm große
Einsprenglinge von weißem Plagioklas sind spärlich. Unter dem
Mikroskop erkennt man die Zusammensetzung des Materials aus
im Schnitt oft gedrungen, scharf und auch roh leistenförmigen,
nicht parallel gelagerten Feldspaten ohne, gelegentlich mit plagio-
klastischer Zwillingsstreifung und aus einem Mosaik, das, mit
wechselnder Feinheit der aufbauenden Elemente, Feldspat und
Quarz aufweist. Es zeigt gelegentlich Andeutungen von Im-
plikationsstruktur. Ein förmlicher Gegensatz zwischen den
eckigen Feldspaten und dem nach ihrer Verfestigung erstarrten
Mosaik tritt deshalb nicht heraus, weil erstere im Verhältnis zu
den Elementen des letzteren durch Größe sich nicht sonderlich
hervortun, auch wohl durch randliches Weiterwachsen und der-
artige Teilnahme am Aufbau des Mosaiks mit ihm zusammen-
hängen. Noch zu nennen sind ziemlich vereinzelte, kleine
Schuppen und Striemen von grünlichgelbem, stark doppelbrechenden
Glimmer.
Wie bereits erwähnt, ist das im allgemeinen zwar sehr fein-
körnige, aber doch noch rauhe Gestein des in Rede stehenden
Vorkommens stellenweise, insbesondere im Kontakt, makroskopisch
ganz dicht, etwa nach Art mancher Quarzite oder Kalksteine,
denen es mit seiner weißen oder gelblich-grauen Farbe dann
auch beim Anblick der Handstücke ähnelt.
Solche Ausbildungen leiten zu denjenigen Felsitfelsen über,
die ich als Gänge, mit Quarzporphyren und Sphärolithporphyren
zu parallel, etwa NO streichenden Ganggruppen vergesellschattet,
vor dem Kaiser Wilhem Ufer in Tsingtau fand. Meine Proben
ähneln den ganz dichten Arten des Schui ling schan-Gesteins
durchaus im äußeren Ansehen. Im mikroskopischen Bilde ent-
hüllt sich aber eine größere Mannigfaltiekeit der Porphyrgrund-
massenstruktur, mit lagenweisem Wechsel gröberen und feineren
mikrogranitischen Baus, auch stellenweise sehr dichtem Unter-
grunde mit schwacher Wirkung auf das polarisierte Licht und
sphärolithischen Bildungen, wie es bei der folgenden Erörterung
über die Quarzporphyre des Gebietes näher vermerkt ist.
Orthoklas-Quarzporphyre, Tsingtauite, Sphärolith-
porphyre.
Solche Gesteine fand ich bei Tsingtau sehr verbreitet als
meist NO—SW streichende, schmale, auch breitere, d. h. von
Mächtigkeiten unter 1 m beeinnende, aber auch mehrere, selbst
an 20 m starke Gänge, dann aber auch in Aufschlüssen, bei
denen Gangform des Materials nicht ersichtlich war, es vielmehr
143
wahrscheinlich erschien, daß eine Porphyrfacies von Granit
vorliegt.
Bei letzterer Art der Erscheinung nandelt es sich um hell-
rötliche Gesteine, deren Porphyrstruktur meist wenig ausgeprägt
ist, weil die Einsprenglinge von rötlichem Feldspat (Orthoklas,
Plagioklas) und grauem Quarz sich aus einer groben, rauhen Grund-
masse nicht gut berausheben. So ist es z. B. im großen Steinbruch
bei Hsiau pau tau der Fall, wo aber auch schöne Gangquarz-
porphyre vorkommen. Die Grundmasse ist schriftgranitisch ent-
wickelt, besonders in der Umgebung der Einsprenglinge, die also
bei der Kristallisation der Grundmasse mikropegmatitisch weiter-
wuchsen. Entsprechende, aber minder grobe Struktur findet man
auch um die im Schnitt gedrungen leistenförmig erscheinenden
Feldspate der Grundmasse. In ihr sind heller Glimmer (wohl
gebleichter Biotit), Erz, Zirkon spärlich vorhanden.
Ausgepräster porphyrisch infolge sehr zahlreicher, wenn
auch kleiner Quarzkristalle und größerer Feldspate als Einspreng-
linge sind lichtrötliche Quarzporphyre am Massiv des Iltisberges.
Bei ihnen kommt auch dunkler Glimmer ziemlich reichlich als
Einsprengling und zwar in hübscher Formentwicklung, vor. Die
Grundmasse ist schriftgranitisch. Erz ist etwas reichlicher da
als beim erwähnten Hsiau pau tau-Gestein.
Die ausgezeichnet gangförmig erscheinenden, hierher ge-
hörigen Gesteine bieten eine große Mannigfaltigkeit dar, die hier
kurz berührt sei. Die Farben wechseln von graurötlich, violet-
rötlich, grau, gelblichweiß zu grünlich. Letztere Farbe ist augen-
scheinlich durch Verwitterung entstanden und durch ein u. d.M.
sehr fein-schuppig, knorpelig auch striemig aussehendes, wohl
glimmeriges Mineral zuwege gebracht. Dazu kommt, daß die
Farbentöne öfter iagenweise verschieden sind, wobei z. B. rötlich-
graue und grünlich-graue Streifen aufeinander folgen, entweder
törmlich plattig übereinander oder stark fluidal gewunden.
Schließlich wird die Mannigfaltigkeit bedingt durch die mehr
oder minder große Menge von Einsprenglingen und ihre Art.
Bei einem prächtigen Gestein eines stattlichen Ganges im
Steinbruche des Bismarckberges z. B. treten viele, bis °/ı cm
große, gut kristallographisch durch OP(OO1); oa P%(010);
© P(110) auch© P3(130); Po (101) auch 2P © (201)
begrenzte rote Feldspateinsprenglinge neben zahlreichen meist
etwas kleineren, grauen, magmatisch-corrodierten Quarzen in einer
hier rötlich-grauen Grundmasse auf. Entsprechend finden sich
auch bei anderen Vorkommnissen sowohl Feldspat und Quarz als
Einsprenglinge, sodaß sie als Feldspat - Quarzporphyre (bezw.
Orthoklas-Quarzporphyre) bezeichnet werden können. Bei
anderen ist der Quarz spärlich unter den Einsprenglingen, ja zu-
weilen, so bei Nan ying und auch sonst auf Hai hsi, fehlt er als
Einsprengling neben Feldspat ganz. Solche Porphyre verdienen
die Bezeichnung Quarzporphyre nicht recht; jedenfalls erscheint
es angebracht, sie durch einen Namen herauszuheben, und des-
halb sind sie bekanntermaßen von TscHermakX Felsitporphyre
genannt. Diese Benennung hat nicht allgemein Anklang gefunden,
wohl weil der ältere Naumanssche Name Felsitporphyr mit dem
Allgemeinbegriff Quarzporphyr sich ungefähr deckte, und anderer-
seits auch wohl, weil der Name Felsitporphyr, obwohl er ein sog.
„Konstitutionsname* ist, das für die Gesteine Wesentliche, näm-
lich das Vorhandensein nur des Feidspats als Einsprengling, nicht
ausdrückt. Das würde bei der Benennung Feldspatporphyr bezw.
Orthoklasporphyr der Fall sein. Da dieser Name aber bereits
für Porphyre der Syenitreihe vergeben ist, muß man also in vor-
liegender Sache auf einen Mineralkonstitutionsnamen überhaupt
verzichten. So mag sich in diesem Falle empfehlen, einen sog.
„Ehrennamen“* zu gebrauchen. Daher schlage ich die Bezeich-
nung Tsingtauit für diese lediglich durch Feldspat porphyrischen
Entwicklungen granitischer Magmen vor.
In anderen Fällen lagern in der Grundmasse, die Einspreng-
linge vertretend, Sphärolithe. Solche Sphärolithporphyre
fand ich insbesondere zahlreich bei einer Begehung des bei
Ebbe trockenen felsigen Strandes vor dem Kaiser Wilhelm Ufer
in Tsingtau. Es handelt sich um die oben erwähnten streifigen
Porphyre, bei denen gelblich-weiße, grünliche und graue Lagen
miteinander wechseln. Die Sphärolithe, meist unter 1 mm groß,
heben sich mit grau-rötlicher Farbe von dem Untergrunde sehr
zierlich ab. Bei massenhaften Anhäufungen bilden sie schließlich
grau-rötliche Streifen.
Sei es gestattet, einige nähere Angaben zunächst über die
Einsprenglinge der in Rede stehenden Gesteine zu machen. Die
Feldspate sind z. T. Orthoklas, z. T. Plagioklas. Auffallend ist
das gelegentlich sehr starke Durchwachsensein des ersteren
durch Albit, so z. B. bei dem besonders erwähnten schönen
Ganggestein vom Bismarckberge.. Es kann dann vorkommen,
daß statt der erwarteten einheitlichen Auslöschung von Durch-
schnitten, roter Feldspate das ganze Schnittfeld von der plagio-
klastischen Lamellierung eingenommen wird. Ob bei solchen
Porphyren ein Übergang zu Quarzkeratophyren vorliegt, müssen
spätere chemische Analysen zeigen. In verwitterten Durch-
schnitten solcher Feldspate fand ich viele Kalkspatschuppen. Bei
der Gelegenheit sei erwähnt, daß sich um die Feldspate des in
Rede stehenden Porphyrs schon makroskopisch ein schmaler,
145
rötlich-brauner Saum zeigt, eine Aureole, die sich im Dünnschliff
durch etwas dunklere Farbe, als sie die Grundmasse besitzt, von
letzterer abhebt, und die aus lappigen, nicht unter sich parallel
auslöschenden Büscheln und Saumstreifen besteht. Entsprechende,
aber um das eingeschlossene Individuum rundherum gleichzeitig aus-
löschende Aureolen finden sich auch um die Quarze, wobei
petrogenetisch wichtig ist, daß es sich (im vorliegenden Falle
sogar um außerordentlich stark) magmatisch corrodierte Quarze
handelt, sodaß hier also heraustritt, daß auf die Quarzaus-
scheidung eine Periode der Quarzcorrosion und dann eine Zeit
neuen Quarzwachstums folgte, welch letzteres mit der Grund-
massenbildung wohl zusammenfiel. Bei den von Einsprenglings-
quarz freien Porphyren ist es entweder nicht zur Bildung großer
Quarze gekommen oder sie sind wieder aufgelöst. Solche
Tsingtauite fand ich besonders bei Nan ying, auch beim
Tsching schy schan auf Hai hsi. Es sind sehr schön fluidal ent-
wickelte Gesteine, bei denen in eigenartig gewundenen und ge-
stauchten Lagen, Schmitzen und Flammen von abwechselnd
bräunlichen und gelblichen Farben nur rote Feldspate (Orthoklas
und Plagioklas) als Einsprenglinge in meinen Proben erscheinen.
Die Grundmasse ist makroskopisch sehr dicht, hornsteinartig,
ähnlich wie bei gewissen schwedischen Porphyren, bei denen
auch Quarz als Einsprengling feblt.
Bei den Sphärolithporphyren liefern die Sphärolithe, ins-
besondere wenn sie einzeln liegen, gewissermaßen Ersatz für die
Einsprenglinge. Meine schon oben erwähnten Proben vom
Kaiser Wilhelm Ufer in Tsingtau zeigen die Sphärolithe als meist
Fig. 10.
Sphärolithporphyr.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 56. 1. 10
146
runde, zuweilen brotlaibförmige, kleine (bis 1 mm große), im all-
gemeinen grau-rötliche Gebilde, bei denen man in Schnitten
makroskopisch einen dunklen rötlichen Punkt, einen gleichfarbigen
Außensaum und zwischen beiden eine im allmählichen Farben-
übergang nach innen und außen abgestufte etwas hellere Zwischen-
zone bemerkt. Bei abgeplatteten Sphärolithen verlängert sich
das innere dunklere Punktfeldchen zu einem der Längsrichtung
des Schnittes angepaßtem Strich. - Das Scheibenbildchen der
rundlichen Schnitte erscheint natürlich auch u. d. M. Zentrum
und Saum sind rötlich-braun reichlich durchstäubt, das ring-
förmige Zwischenfeld weniger. Das ganze Gebilde besteht aus
einem feinen, nach dem Rande zu gröber werdenden körneligen,
zuweilen auch strahligen Mosaik, wohl von Feldspat und Quarz.
Zuweilen erblickt man im polarisierten Lichte ein leidlich-deut-
liches Auslöschungskreuz mit helleren Sektoren, deren Radial-
richtung Richtung größter optischer Elastizität ist.
Sei hier noch ein. rötlich-grauer Porphyr mit blau-schwarzen
verfließend begrenzten Tupfen, also nicht eigentlich Sphärolithen,
erwähnt, den ich dicht bei der Polizeistation an den Prinz
Heinrich Bergen geschlagen habe. Die Tupfen sind aus einem
äußerst feinen Mosaik aufgebaut, dessen Bestandteile sich infolge
Uberlagerung im Dünnschliff bezüglich der Doppelbrechung soweit
ausgleichen, daß nur geringe Wirkung auf das polarisierte Licht
übrig bleibt. Eine strahlige Struktur tritt nicht heraus. Die
blauschwarze Farbe der Tupfen wird durch reichlicheren Gehalt
an feinem Magnetit verursacht. Randlich wird die Struktur der
Konkretionen gröber als sie im Innern ist.
Die Grundmasse der Porphyre erwies sich sehr wechselnd
aufgebaut. Bei den Gangporphyren wurde schriftgranitisches
Gefüge nicht beobachtet. Die Struktur ist mikrogranitisch und
felsophyrisch, im übrigen sehr ungleich nicht. nur bei ver-
schiedenen Proben desselben Ganges, sondern auch im selben
Schliff. Dazu kommt noch der durch Verwitterung verursachte
Wechsel. Eine Einzelbeschreibung sei wegen dieser großen
Mannigfaltigkeit der Erscheinungen vermieden. Sei nur hervor-
gehoben, daß auch die Korngröße bei mikrogranitischem Gefüge
vielfach im selben Präparat verschieden ist, feinst aufgebaute
und grobe Lagen, Schmitzen und Nester mit einander tauschen,
gelegentlich grob radiale Struktur vorkommt und einmal (Gang
am Kaiser Wilhelm Ufer) eine fast vollständig aus kleinen,
strahlig-büscheligen Spbärolithen mit optisch negativen Radien
aufgebaute Grundmasse bemerkt wurde. Hierbei ließen die
Sphärolithe zwischen sich außer den Einsprenglingen von Ortho-
klas, Plagioklas und Quarz nur schmale Säume von ziemlich
147
Fig. i1. Makroskopisch fluidaler Porphyr. (Natürliche Größe).
grober mikrogranitischer Grundmasse. Bei einigen Porphyren
zeigten sich Besonderheiten in der Fluidalerscheinung, - insofern
bei ihnen im Schliff Streifen, Schmitzen, Striemen u. a.
aus körnigen Quarzaggregaten erscheinen, die Sich mit ihrer
Längserstreckung der Flußrichtung anpassen. Die Quarzkörner
greifen zackig ineinander. Man könnte versucht sein, diese Er-
scheinungen so zu deuten, als seien Quarze beim Fluß zu Körner-
haufen zertrümmert und diese protoklastischen Aggregate dann
in der "Fließrichtung auseinander gezerrt. !)
-Jedoch erscheint: es im vorliegenden Falle wahrscheinlicher,
daß die Körnerhaufen durch Infiltration in fluidal angeordnete
Hohlräume entstanden sind. Dafür spricht der Umstand, daß in.
den: in Rede stehenden Porphyren sich noch andere unzweifelhaft
sekundäre Quarzaggregate in Form von Gängelchen zeigen, die
Einsprenglinge und Sphärolithe durchsetzen, ferner, daß man .bei
manchen: Quarzaggregaten einen. Saum nach Art einer drusigen
Wandbekleidung findet, die aus strahligen Leisten wohl von
Feldspat besteht und schließlich, daß in den Haufen der Quarz
reichlich Einschlüsse von braunen (vielleicht Ti-haltigen) z. T.
hübsch sechsseitig tafelig kristallisierten Eisenglanzblättchen und
auch ein 'nadeliges Mineral enthält, .die beide in den, wenn auch
sehr selten erscheinenden Quarzeinsprenglingen fehlen.
Bei den durch Verwitterung grün gefärbten Porphyren er-
kennt :man als Umänderungsprodukte im Dünnuschliff außer den
schuppigen, knorpeligen, striemigen, anscheinend glimmerigen
Neubildungen zahlreiche Quarzkristalle mit ausgeprägter Längs-
richtung und meist scharf sechsseitigem Querschnitt.
Orthoklasporphyre
habe Sb in meiner Sammlung aus dem Steinbruche bei Bon
') Vergl. Gneisgranit f. 6, S. 134.
10*
148
pau tau. Die Aufschlüsse haben mir bei meinem Besuche keine
sichere Deutung über die geologische Stellung der betreffenden
Gesteine gegeben, wenigstens finde ich in meinem Tagebuch keine
Notiz darüber. Es ist nicht ausgeschlossen, daß es sich nur
um eine Facies von Granit handelt.
Es sind Gesteine mit bis 1 cm großen Einsprenglingen von
roten Orthoklasen, die vielfach wenigstens an den Längsseiten
der Durchschnitte gradlinig begrenzt sind und öfter einen helleren
Plagioklaskern zeigen.
Zuweilen kommt spärlich Biotit als Einsprengling vor, so-
daß Übergänge zu Orthoklas - Biotitporphyren sich einstellen.
Dieser dunkle Gemengteil ist nicht selten sechsseitig umrandet,
meist z. T. chloritisiert. Quarzeinsprenglinge fehlen. Die Grund-
masse besitzt lichtrötliche Farbe. Ihre Zusammensetzung aus
Feldspatleisten kann man gelegentlich makroskopisch noch er-
kennen, z. T. erscheint sie aber dicht. Sie enthält, wie die
mikroskopische “Untersuchung zeigt, nicht grade wenig Quarz als
Fülle in den kleinen eckigen Räumen, welche die meist seitlich
gradlinigen oder auch lappigen Leisten von Feldspat (Orthoklas,
auch Plagioklas) zwischen sich übrig lassen.
Biotitporphyrische bezw. porphyritische Ganggesteine.
Die an den Iltisbergen entlang führenden Promenadenwege
geben zufolge der bei ihrer Anlage ausgeführten Felssprengungen
gute Aufschlüsse des Granits und in ihm auftretender Gang-
gesteine, von denen rötlicher Aplit bereits erwähnt ist. Von
dunkleren Ganggesteinen fallen recht sehr solche auf, die in
grauer dichter Grundmasse zahlreiche Feldspate und mehr oder
minder reichlich Biotit als Einsprenglinge enthalten. Die Feld-
spate dieser Porphyre sind z. T. roter Orthoklas in bis 2 cm
langen Kristallen und Körnern, die oft den Kern weißer Plagio-
klase abgeben, im Übrigen treten letztere in großer Zahl auch
für sich auf. Der Glimmer bildet kleine Blättchen mit zuweilen
regelmäßiger Umrandung und von schwarzer glänzender bezw.
bei Chloritisirung von matt dunkelgrüner Farbe. Quarz findet
man als Einsprengling nicht. Der Reichtum an Plagioklas-
einsprenglingen weist auf eine Verwandtschaft mit Porphyriten hin.
Von mikroskopischen Verhältnissen sei auf die im allgemeinen
geringe Auslöschungsschiefe der zwillingslamellierten Einspreng-
lings-Feldspate und auf die Zusammensetzung der Grundmasse
hingewiesen. In letzterer gewahrt man länglich rechteckige, auch
schmäl leistenförmige oder gelappte Feldspate und unter ihnen
verschiedentlich solche, die sich durch Zwillingsstreifung als Plagio-
klase kennzeichnen, sodaß auch hierdurch eine Verwandtschaft
149
mit Porphyriten angedeutet ist. Quarz füllt die Lücken aus.
Chloritisierte Glimmerfetzen und mäßige Mengen von Magnetit
sind weiterhin in der Grundmassse zu erwähnen.
Noch mehr den dioritischen Gesteinen neigen den obigen
benachbarten Gängen am Iltisberge zu, die u. d. M. in der
Grundmasse noch reichlicher braunen Glimmer (vielfach chloriti-
siert) und dazu braune Hornblende in kleinen im Querschnitt
durch © P co (010) und © P (110) scharf begrenzten an den
Enden zerfaserten Kristallen führen; der Magnetitgehalt ist be-
deutender geworden, auch Apatit in dicken Säulen und in Nadeln
kommt reichlich vor. Die Farbe des rauhen Gesteins ist grün-
lich-grau. Die oben erwähnten großen roten Orthoklase, die
möglicherweise dem durchbrochenen Granit entstammen, wurden
hier nicht beobachtet. Abgesehen von den Plagioklaseinspreng-
lingen bekundet das Gestein eine Verwandtschaft zu Vogesiten
bezw. Kersantiten. Erwähnt sei bei ihnen noch das Vorkommen
von Eisenkiesstaub und von Kalkspat als Verwitterungsprodukt.
Biotitporphyrische bezw. -porphyritische Lagergesteine.
Den soeben erwähnten in Gangform auftretenden Gesteine
petrographisch verwandt sind mächtige Eruptivlager, die sich
zwischen Schiefern und Sandsteinen auf der Insel Schui Img
schan finden‘). Wie der Aplit von Schui ling schan heben sie
sich im Profil der Westseite der Insel zufolge ihrer Widerstands-
fähigkeit gegen die Atmosphaerilien kräftig in steilen Abstürzen
heraus. Die Lager- (ev. Lagergangnatur) der Porphyre macht
sich, z. B. beim querschlägigem Begehen der Insel von Nau
tsche tsy aus, besonders gut am Liegenden des ersten Porphyrs
geltend, dessen Sohle hier deutlich Streichen und Fallen der
unterlagernden Schiefer teilt, ebenso an der SO-Seite der Insel
nahe ihrer Südspitze, wo Porphyr konkordant über Schiefer
lagert.
Es handelt sich um Gesteine, die im frischesten Zustand
eine dichte hornfelsartige grünlichgraue Grundmasse und ziemlich
zahlreiche Einsprenglinge von weißen, z. T. auch etwas durch-
scheinenden Feldspaten und schwarzen Glimmerblättchen zeigen.
Die Größen von Feldspat und Glimmer betragen meist etwa
2—3 mm, wobei ersterer in leistenförmigen Durchschnitten, der
Glimmer in mehr oder minder deutlich sechsseitigen Blättchen,
auch in schmalen blättchenförmigen Leisten erscheint. Bei mehr
verwitterten Proben ist die Grundmasse gelberau, auch wohl
rötlichgrau, die Feldspate sind braungelblich, gelegentlich auch
licht rötlich, der Glimmer matt, schmutzig grün.
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151
U. d. M. erkennt man die Plagioklasnatur sehr vieler Feld-
spateinsprenglinge. Die geringen Auslöschungsschiefen weisen
auf etwa oligoklastische Natur hin. Die Verwitterung zeigt sich
in kaolinischer Trübung und körneliger Epidotbildung. Der Ein-
sprenglingsglimmer ist braun, bei Verwitteruug chloritisiert. Eine
körnelige Erzumrandung des Minerals ist als Veränderung im
Magma aufzufassen, da sie auch bei den frischesten Biotiten
vorhanden ist. Der Aufbau der Grundmasse ist dadurch gekenn-
zeichnet, daß sie aus fein leistenförmigen oder faserigen Feldspaten,
mit Neigung zu trachytischer Anordnung, ferner aus etwas größeren
fast einsprenglingsartig hervortretenden eckigen Feldspatleisten:
im allgemeinen etwas gedrungener Art, vererzten Glimmerstrichen,
zuweilen eckig lappigen Quarzteilchen und schließlich ziemlich
sroben Apatitnadeln, auch gelegentlichen Zirkonsäulchen und
aus Erz besteht. Epidot ist eingewandert. Die erwähnten zwischen
den Feldspateinsprengelingen und den Feldspaten der feinst aufge-
bauten Grundmasse vermittelnden Feldspate, erweisen sich in ein-
zelnen Schliffen durch wiederholte Zwillingslamellierung als
Placioklase und zwar von geringer Schiefe der Auslöschung. In
anderen Schliffen aber trat dies Merkmal plagioklastischer Natur
sehr zurück. Bekanntermaßen sind Übergangsglieder in den in
Betracht kommenden petrographischen Familien nicht ungewöhnlich.
Es scheint, daß auch hier solche Mitteltypen vorkommen.
| Diorite.
Diorite fand ich in stattlichen Gängen von einigen, ja 10
und mehr Metern Breite im Schutzgebiet an der Küste bei Nan ying
auf Hai hsi, ferner an der Nordspitze von Tschu tscha tau, auch
in einer Schlucht zwischen der Oberförsterei und dem Friedhof
bei Tsinstau, außerdem bei der Polizeistation an den Prinz
Heinrich Bergen an zwei Stellen. Wahrscheinlich kommt der
Diorit hier gleichfalls gangförmig vor. Die Aufschlüsse ließen
zur Zeit meines Besuches keine sichere Entscheidung zu. Es
handelt sich um Hornblende-Biotit-Diorite z. T. mit Augit und
um Augit-Biotit-Diorit. Das Gestein von Nan ying zeigt bis 1 cm
lange und 1—2 mm breite schwärzlich-grüne Hornblendsäulchen,
vereinzelt Biotitschuppen und weißen z. T. durchscheinenden
Plagioklas, u. d. M. erscheinen dazu Apatit in groben Kristallen,
Erz, Quarz, spärliche Lücken füllend, gelegentlich Titanit. Der
Tschu tscha tau-Diorit tritt in zwei Abarten auf, einmal nämlich
in einer durch Plagioklasreichtum grauen Art mit zurücktretenden
Tupfen von Hornblende mit Biotit, anderseits in dunkel-grün-
licher Ausbildung, also mit überwiegenden eisenhaltigen Bestand-
teile, und in letzterer Art zuweilen auch verhältnismäßig fein-
körnig erscheinend. Auffallend sind in den dunklen Varietäten
IE
moosgrüne, schwärzlich umrandete bis etwa '/a cm große Tupfen.
Das Charakteristische in der Struktur der hellen Ausbildung ist
das Vorhandensein großer, innen öfter deutlich kristallographisch
entwickelter Plagioklase, die randlich in ein feinkörniges Gemenge
von Feldspat und Quarz übergehen. Die dunklen Tupfen be-
stehen aus lappiger oder auch spreuartig aggregierter ziemlich
heller Hornblende und aus Fetzen braunen Glimmers, dazu Erz,
auch Titanit und Apatit. Der Glimmer bildet gern eine Art
Rahmen um diese Konkretionen. Bei der dunklen Ausbildung
sind die großen Feldspate selten, die Hornblende- und Biotitspreu
verbreitet sich etwas gleichmäßiger in dem hellen aus lappig-
leistenförmigen Plagioklasen bestehendem Untergrunde, doch
fehlen auch nicht aie erwähnten Zusammenballungen von Horn-
blende und Biotit.
Der augsitführende Hornblende-Biotit-Diorit aus der
Schlucht zwischen Oberförsterei und Friedhof bei Tsingtau er-
scheint graugrün durch seine weißlichen Plagioklase und grünlich-
schwarzen Hornblenden und kleinen Biotitfetzen. Ziemlich zahl-
reich sind gelbe Eisenkiesteilchen zu sehen. Unter dem Mikro-
skop erkennt man eine an die Struktur von Diabasen anklingende
Verschränkung von leistenförmigen Plagioklasdurchschnitten, da-
zwischen Fetzen brauner, auch hellgrüner Hornbiende, wobei
letztere öfter mit ersterer parallel und zwar als Randteil ver-
wachsen ist. Heller Augit, zuweilen mit Andeutung kristallo-
graphischer Umgrenzung, ist nicht grade häufig. Dazu kommen
ziemlich reichlich Apatit in groben Nadeln, Erz in rundlichen
Schnitten. Braune neben grünlicher Hornblende führt auch ein
Hornblende-Biotit-Diorit aus dem Wasserriß bei der Station an
den Prinz Heinrich Bergen
Augit-Biotit-Diorit oder Biotit-Gabbro kann man das
Gestein nennen, das ich lose bei der nämlichen Polizeistation an.
den Prinz Heinrich Bergen auf dem Wege zu den nahe gelegenen
Granitsteinbrüchen fand. Man erkennt makroskopisch schwarz-
glänzenden Biotit, matt dunkelgrüne Körner und Säulchen (Augit),
sowie fleischfarbenen Feldspat (verwitterten Plagioklas). Dazu
kommen bei der Schliffbetrachtung Apatit, Erz, wenig Quarz.
Auch hier klingt die Struktur durch Feldspatverschränkung
an das Diabische an, jedoch tritt dies durch die eroße Fülle
von Augit und Biotit mehr zurück als beim Diorit der Ober-
försterei. Der Augit ist im Schliff recht hell, er zeigt öfter
leidliche Kristallentwicklung (Querschnitte: © P& (100); P(110);
oP & (010)) auch Zwillingsbildung nach ©oP & (100), Spalt-
barkeit nach o P (110) und große Schiefe der Auslöschung.
Der Biotit ist braun, oft stark chloritisiert und epidotisiert.
153
Kersantite und Minetten und andere dunkle Gang-
gesteine.
Im Schutzgebiet trifft man öfter dunkle, schmale, d. h. etwa
!/o m, auch 1 und mehrere m breite, vielfach NO — SW
streichende Eruptiveänse, die zu der oben genannten Gang-
gesteinsgeruppe gehören. In den studierten Aufschlüssen war das
Material z. T. von einer für Kersantit sehr bemerkenswerten
Frische, sodaß dann in Schliffen außer den unvermeidlichen
Kalkspatbutzen fast nur noch Olivinverwitterungsprodukte als
Umänderungsbestandteile erscheinen, andernorts zeigen sich die
Proben auch hinsichtlich des Feldspats so stark mitgenommen,
Fig. 13. Kersantit (unten) und Aplit (oben) in einer Sedimentfolge
| auf Schui ling schan.
154
daß es schwer fällt, die Unterscheidung in Kersantit und Minette
zu machen, ein Grund mehr diese verwandten Gesteine zusammen
zu behandeln.
Die Farbe der Gesteine. wechselt von einem durch viele
kleine dunkle Biotite glitzerigen Schwarz durch ein diabasisches
Graugrün zu Grünlich-grau.
Seien einige Funde besonders erwähnt.
Ein prächtig durch einen gewaltigen Steilabsturz auf-
geschlossener Kersantitgang findet sich am Südrand der Insel
'Schui ling schan. Fig. 13. Er bildet eine etwa 75 cm mächtige, etwa
O--W-streichende, unter ca. 70° nördlich fallende Gangplatte
mit Andeutung einer zu den Salbändern parallelen Absonderung.
Das Gestein durchquert flach fallende Schichtenfolgen von dunklen
mergeligen Sandsteinen und Schiefern. Besonders auffällig heben
sich in dem grauschwarzen Gestein stellenweise eine Unzahl
kleiner, meist weniger wie 1 mm aber auch zuweilen mehrere
mm im Durchmesser haltender, von glänzendem schwarzen Biotit
umhäuteter, harter Kügelchen und kugelartiger Gebilde heraus,
die den Kersantit förmlich chondritisch erscheinen lassen.
Entfernt man ein Kügelchen aus seinem Bette, so erscheint es
rundum mit Glimmer bekleidet, und auch die runde Höhlung, in
der es saß, zeigt eine glänzende Glimmertapete. Schon an der
großen Härte der Gebilde erkennt man, daß sie innen nicht aus
Biotit bestehen. In einigen der von mir geschlagenen Hand-
stücke fehlen im übrigen die Kügelchen; ich habe leider in
meinem Tagebuch nicht vermerkt, ob eine Beziehung der Kugel-
führung zur Lage im Gange zu erkennen ist. Im vorliegenden
Falle handelt es sich um einen Olivin-Augit-Kersantit von
meist sehr schöner Frische der Bestandteile, ausgenommen des
Olivins, der stets verwittert erscheint und nur an seiner ja sehr
charakteristischen Form erkannt werden kann. Er ist zu einem
Gemenge von Karbonspat und breitblättrigem, lichtgrünlichen
Serpentin, z. T. auch Talk umgewandelt. Außer dem Olivin tritt
kein Gemengteil ausgesprochen einsprenglingsartig hervor, aus-
genommen bei den kügelchenfreien dichteren Abarten gelegentlich
besonders groß geratene, in den vorliegenden Schliffen chloriti-
sierte Augite.
Das Gefüge der Kügelchen führenden Proben des in Rede
stehenden Kersantits ist, mikroskopisch gedacht, ziemlich grob.
Ölivinpseudmorphosen, scharfe Durchschnitte eines lichten, grau-
rötlichen Augits, brauner Glimmer, Plagioklas, Apatit, Eisenkies
und einstiger, jetzt zu weißlichen Leukoxen umgewandelter Magnetit
als Erz setzen außer den ausgesprochenen Verwitterungs-
erzeugnissen das Gestein hauptsächlich zusammen. Zu letzteren
rechnet auch Magnetit, der sich bei der Serpentinisirung von
Olivin gebildet hat. Er ist nicht in Leukoxen verwandelt, weil er
kein Ti enthält. Der Eisenkies sitzt gern als rauher lückiger
Rahmen um Olivinpseudomorphosen und ist dann wohl auch
Fig. 14 u. 15. Kügelchen in Perl-Kersantit.
sekundär gebildet. Die Augite zeigen © P (110); beide verti-
kale Pinakoide, an den Enden P (111); die größeren häufen sich
gern knäuelartig; die Dimensionen des Minerals gehen, sich in
156
vielen Individuen allmählich abstufend, in kleine Verhältnisse
hinunter. Der Biotit erscheint in zahlreichen, großen und
kleinen leistenförmigen Durchschnitten mit sehr kräftigem Pleochro-
ismus zwischen rotbraun und lichtbräunlich gelb; auf basischen
Schnitten zeigt er sich aus Subindividuen und daher mit lappigem
Rande aufgebaut, wie das ja vielfach bei Minetten und Kersantiten
zu sehen ist. Der Feldspat bildet für die farbigen Gemengteile
einen lichten und im gewöhnlichen Lichte gleichmäßigen Unter-
grund, der sich aber bei Verschärfung des Gesichtssinnes durch
Anwendung polarisierten Lichtes in lappige Leisten und Leisten-
bündel auflöst, in denen man öfters vielfache Zwillingslamellierung
erkennt.
Von besonderem Interesse sind die oben erwähnten
Kügelchen des Gestein. U. d. M. (vergl. auch Tar. IX)
sieht man, daß nur die Haut der Gebilde aus Biotit besteht.
Die kleinen Blättchen legen sich tangential dem. Gesteinstropfen
an, sodaß eine eigenartig eckige Gestalt, öfter gradezu an Leucit-
durchschnitte erinnernd, zuwege kommt. Zuweilen sind Biotitblätt-
chen nicht starr und grade als tangentiale Plättchen zur Kugel
gestellt, sondern in leichtem Bogen oder mit mehreren stumpfen
Knickungen angeschmiegt, wie man auch an ihrer wellig verlaufenden
Auslöschung erkennt. Es deutet das auf eine nicht unbeträchtliche
mechanische Kraft hin, die auf die doch ursprünglich wohl eben
tafelig kristallisierten Blättchen ausgeübt wurde, und unter deren
Einfluß sie sich dem Sphäroid anschmiesten. Das Innere der
Kugeln besteht aus dem Feldspat, der auch sonst den Gesteinsunter-
grund ausmacht und zwar in roh bündelig strahliger Gruppierung,
die zuweilen einigermaßen an die exzentrisch strahlige Chondren-
struktur erinnert, indeß kommt in den vorliegenden Bildungen
nie bloß ein randlicher Strahlungspunkt vor. Ohne regelmäßige
Lagerung finden sieh gewöhnlich einige Glimmerleisten in dem
von Glimmer eingerahmten rundlichen Felde, dazu auch gelegent-
lich Apatit, leukoxenisierter Maenetit, Eisenkies, wohl einge-
wanderter Serpentin und Karbonspat. Olivin oder Aueit wurden
in den Durchschnitten der Sphäroide von mir nicht beobachtet.
Man kann die in Rede stehenden Gebilde meiner Meinung
nach füglich nicht anders denn als Konkretionen im erstarrenden
Magma auffassen, ganz entsprechend den Perlen des Perlits.
Das Bestreben der Flüssigkeiten, sich wenn möglich zu Kugeln
zusammenzuballen, hat sich auch bier geltend gemacht. Einige
Glimmertäfelchen wurden in die Kugeln mit aufgenommen, andere
folgten den Adhäsionskräften, stellten sich tangential zu den
jedenfalls noch zähweichen Magmentropfen und wurden zuweilen
durch die Adhäsionskräfte der Kugelsubstanz so stark gehalten,
157
daß sie sich der Rundung anpaßten. E
Von den Ganggesteinen der Insel Schui ling schan sei hier noch
eins erwähnt, das den Steilrand der Küste südöstlich vom Dorfe
Hsin tschuang als 35 em mächtiger Gang durchquert und auf ein
paar Meter in zwei Gangstücken sichtbar ist. Es ist in grobe,
die ganze Gangmächtigkeit fassende Kugeln gegliedert, von grünlich
srauer, z. T. auch bräunlicher Farbe, zeigt in ungleicher Ver-
teilung an verschiedenen Stellen kleine Einsprenglinge braun-
schwarzen Glimmers, auch von Plagioklas. Es tritt also etwas
aus dem Kersantitrahmen heraus und nähert sich den Glimmer-
porphyriten. Die Grundmasse ist zwar makroskopisch unauflösbar,
jedoch etwas rauh und glitzernd in der Sonne. U. d. M. er-
weist sich der Plagioklas nach den Auslöschungsschiefen als
labradorisch und die Grundmasse wesentlich als ein feines Ge-
wirre von Feldspatleisten und zahllosen Fetzen von sekundärem
Kalkspat.
Bei Tsingtau habe ich an verschiedenen Stellen, so bei
Ebbe auf dem entblößten Strande vor dem Kaiser Wilhelm Ufer,
in dem Steinbruch beim Friedhof am Bismarckberge, im Stein-
bruch bei Hsiau pau tau u. a. OÖ. Ganggesteine geschlagen, deren
Erhaltungszustand für petrographische Entscheidungen wenig
verlockend ist. Ihr Feldspat ist weitgehend in ein glimmeriges
Mineral verwandelt, und Kalkspat durchsetzt das ganze Gewebe.
Ob Minetten oder Kersantite vorliegen, muß ich, bis bessere
Proben zur Verfügung stehen, in der Schwebe lassen, auch
mögen diabasische Gesteine unterlaufen. Bemerkenswert ist der
Gehalt an großen, zu Serpentin, Karbonspat (gelegentlich auch
mit Quarzkörnern) umgewandelten Olivinen, unter denen auch ein
Zwilling nach P & (Oll) beobachtet wurde, bei einem Vor-
kommen am Kaiser Wilhelm Ufer.
Die Grundmasse der in Rede stehenden Gesteine war, wie
sich aus den Verwitterungserscheinungen noch deutlich erkennen
läßt, aus im Schnitt eckig leistenförmigen Feldspaten aufgebaut,
die nicht selten eine typische intersertale Verschränkung auf-
weisen und so an gewisse Diabasstrukturen erinnern. Die
Zwickel sind mit Chlorit erfüllt, der, wie durch Übergänge zu
erweisen ist, jedenfalls z. T. aus braunem Glimmer entstanden
ist, der dann auch, kristallographisch mehr selbständig aus-
gebildet, in langer Leistenform in den Schliffen erscheint. Das
Erz kommt in der Magnetitgestalt vor, gelegentlich auch mit
Annäherung an die Balkenstruktur, die Titaneisenerz gern zeigt.
Zu vermerken ist noch, daß in einigen der in Betracht
kommenden Gesteine, wie das ja bei Minetten und Kersantiten
nicht selten ist, rundlich eckige graue Quarze einsprenglingsartig
158
erscheinen (Steinbruch am Bismarckberge). U. d. M. zeigt sich
die Grenze solcher Quarze ausgezackt als seien sie bei der
Kristallisation der Gemengteile der Grundmasse weiter gewachsen.
Damit im ‚Einklang steht das Vorkommen von vielen Quarz-
zwickeln. zwischen den Feldspaten der Grundmasse, welch letztere
dann: gelegentlich scharf eckig in die von Quarz erfüllten
Räume hineinragen. : |
‚Schließlich sei an dieser Stelle noch ein Vorkommen am
Ntisberg oberhalb der Oberförsterei besonders erwähnt. das sich
beim. damaligen Zustande des Aufschlusses durch Frische aus-
zeichnete. Es ist ein 35 cm mächtiger in Granit aufsetzender
Gang von graugrüner Farbe. Nicht gerade reichliche, kleine Ein-
sprenglinge bestehen aus Plagioklas mit ziemlich großer Schiefe
der Auslöschung, ferner aus u. d. M. sehr hellgrünen Butzen
schwach doppelbrechender Hornblende, die meist Titanit, auch
Erz beherbergt. Die Grundmasse baut sich auf aus sehr zahl-
reichem, _ lappig leistenförmigen Feldspat, bei dem man oft
Zwillingslamellierung, auch Zonenstruktur erkennt, ferner aus
sehr vielen kleinen an den Enden zerfaserten, im Querschnitt
durch © P (110) und auch © P © .(010) begrenzten
Hornblenden von licht bräunlicher Farbe, Erz und Apatit.
Diese Hornblende zeigt. auf Längsschnitten deutliche Schiefe
der Auslöschung, wobei die der Längsrichtung sich anlegende
Richtung = cist. a = gelblich, b = bräunlich, © = gelblich
braun. Randlich geht sie oft in grünliche Horublende über. In
Butzen und Zwickeln erscheint etwas Quarz. Der Gestein er-
innert an Malchite. |
Andere Ganggesteine deuten in dem Verwitterungsbilde
meiner Schliffe auf Augitporphyrit hin; so zeigt ein Gang im
Steinbruche am Bismarckberge in grüner, dichter Grundmasse
zahlreiche chloritisierte kleine Einsprenglinge von früherem Augit
in guter Formbegrenzung, gelegentlich ein fremdes Quarzdihexaeder,
u. d. M. in der von Kalkspat stark durchsetzen Grundmasse ein.
Verwitterungsgewebe von wirr liegenden Leisten ehemaligen Feld-
spats, Erzstaub und Chlorit.
Porphyritische Eruptivbreceien.
Auf der. Insel Schui ling schan lagert als Oberstes über
einer Wechselfolge von Schiefern, mergeligen Sandsteinen, Gräau-
wacken, Konglomeraten, Breccien, einem Aplitlagergang und Por-
phyren eine gewaltige, stellenweise noch 150 und mehr Meter
starke Decke einer groben Eruptivbreccie in geneigter und zwar
nach Osten oder Nordosten fallender Lagerung, sie taucht also
am Ostrand der Insel ins Meer. Dementsprechend findet man den
159
steilen Abbruch, den widerstandsfähige, mächtige Schichten an
ihrem Ausstrich zeigen, an der Westseite von Schui ling schan
(Fig. 12). Die Abbruchkante, durch deren Erosion das schöne Gipfel-
profil der Insel zustande gekommen ist, hat ihre höchste Lage mit etwa
500 m nur doppelt so viel, also 1000 m, von der Westküste
entfernt, nahe dem Südende des nordsüdlich gestreckten Eilandes
und neigt sich dann zur Nordspitze der Insel verlaufend bis zum
Meere hinunter. Die mächtige Gesteinsplatte, die so im wesent-
lichen den Ostabhang von Schui ling schan bildet, ist aber nicht
mehr einheitlich. An mehreren Stellen hat die Erosion sie zer-
schnitten, sodaß die liegenden Sedimente, Sandsteine, Grau-
wacken, grobe Konglomerate und Breccien, zu Tage stehen. Die
Paßwege, die ost-westlich von der einen zur anderen Seite der
Insel führen, benutzen natürlich diese Erosionsdellen, so die Ein-
sattlung, die im südlichen Teil der Insel zwischen den beiden
Kuppen (482 und 507 m) sich findet und bis zur 400 m-Höhen-
linie eingeschnitten ist, sowie die im nördlichen Inselteil, wo.
eine Delle zwischen Höhen von hier nur noch 280 m und
150 m sich einsenkt. Weiter ist zu vermerken, daß nicht nur
die Erosion, sondern auch Verwerfungen die Porphyritdecke zer-
teilt und in sich verschoben haben, wie es z. B. an der S.O.-Küste
nahe der Südspitze der Insel zu sehen ist.
Die Porphyritgesteine haben im allgemeinen dunkle Farben,
ein diabasisches Grün herrscht vor, anderorts machen sich auch
rötliche Farbentöne geltend. Die Brecciennatur erscheint besonders
bei der Verwitterung deutlich ausgeprägt, es fallen dann die
eckigen Bruchstücke aus dem Gestein -heraus, das dadurch ein
sehr rauhes, groblöcheriges Aussehen gewinnt. Die Größe der
Bruchstücke wechselt von kleinen Verhältnissen an bis faust-
und kopfgroßen Trümmern.
‘ Nach meinen Probestücken ist das Gestein, das in der
Breccie als Bindemittel dient, ein Plagioklas-Augit-Porphyrit,
und in dieselbe Gesteinsfamilie oder zu nahe verwandten Gesteins-
gruppen gehören auch die eingewickelten Eruptiv-Bruchstücke.
Dabei kommt es aber doch zu vielen Mannigfaltigkeiten je nach
Größe und Art der umschlossenen Massen und nach dem Grade
und der Art der Verwitterung.
Reichlich vertreten sind Plagioklas-Augitporphyrite, die in
srünlicher, grauer, auch rötlich-grauer Grundmasse sehr reichlich
durch Epidotisierung grünlich weiße kleine Plagioklase und grün-
lich schwarze Augite, letztere in Tupfen und Kristallen, führen.
Eine Abart dieser Gesteine zeigt reichlich runde Blasenräume
von kleinen bis Erbsendimensionen, zuweilen auch mit gestreckter
Form. Die Ausfüllung der Hohlräume ist durch einen makro-
160
skopisch grünlich schwarzen Chlorit, gelegentlich durch weißen
Quarz und grünen Epidot geschehen. Zuweilen treten die
Augiteinsprenglinge stark zurück, ja gelegentlich wurden als
Plagioklasporphyrite zu bezeichnende Gesteine gefunden,
andererseits gibt es auch Augitporphyrite als anderes Extrem.
Zuweilen macht sich eine sehr weitgehende Epidotisierung
geltend. Es liegen dann olivgrüne Gesteine vor, in denen
die früheren Augiteinsprenglinge meist rostfarben und porös
geworden sind.
Unter dem Mikroskop machen die Gesteine bei ihrem Reichı-
tum an Plagioklas im allgemeinen einen andesitischen Eindruck.
Die Feldspate als Einsprenglinge erscheinen in breit leisten-
förmigen Durchschnitten, oft gehen sie durch vermittelnde Größen
in die der Grundmasse über. Die Augite sind zuweilen gut
kristallographisch mit den üblichen Formen begrenzt, oft aber
auch in Trümmern vorhanden. Ihre Farbe ist hell. Zwillings-
bildungen nach © P © (100) fehlen nicht. In der Grundmasse
spielt der Feldspat die Hauptrolle; er zeigt gelegentlich eine
fluidale Anordnung, zumeist aber hat er wirre, an Intersertal-
struktur anklingende Lagerung. Zwischen den Feldspäten findet
man hellen Grundmassenaugit in Säulchen und Körnchen, oft
aber, und vielleicht an seiner Stelle oder anstatt von Glas,
Chlorit, auch Quarzmosaik, Kalkspat, Epidot u. a. Erz und
Apatit sind in wechselnden Mengen da.
Anhang: Porphyrite von Fangtse, Schantung.
Beim Besuch des Steinkohlenvorkommens von Fangtse, das
außerhalb des deutschen Schutzgebietes 170 km von Tsingtau
liegt, konnte ich auf der Halde unter den beim Schachtbau zu-
tage geförderten Gesteinen Porphyrite sammeln. Es handelt sich
um Jlichtrötlicke und um graugrüne Gesteine mit zahlreichen
kleinen Einsprenglingen von weißlichem Feldspat und von Säulen,
Blättehen, auch unregelmäßigen Körnchen von Rostfarbe bei dem
rötlichen, von grünlich schwarzer Farbe bei dem grünen Material.
Der Feldspat ist .gelegentlich in kleinen rundlichen, hellen
Schlieren angereichert.
Die dunklen Gemengteile erweisen sich u. d. M. als vererzte
Hornblenden, Augite und Biotite. Infolge der Umwandlung ist
es nicht möglich, jeden Durchschnitt einem bestimmten dieser
drei Mineralien zuzuschreiben. Reste frischen Materials fand
ich nur noch beim Biotit. Die Hornblende ist öfter an den
Querschnitten der Säulen erkennbar, besonders scharf aber der
Augit, bei dem die Pinakoide gegenüber dem Prisma stark vor-
walten, wie man es bei ÖOrthaugiten beobachtet. Es liegen also
Hornblende-Biotit-Örthaugitporphyrite vor. Die erzdurch-
a Te En Z
v
der
i Deutschen geologischen Gesellschaft.
ST
96. Band.
Il. Heft.
April, Mai, Juni 1904.
(Hierzu Tafel ER X.)
Berlin 1904.
J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger
Zweigniederlassung
vereinigt mit der Bes ser schen ‘Buchhandlung (W. Hertz.)
bs) SW. Koclstrasse 53.
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Zeitschrift
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nenn Tune en nn nn nn nn nn nn nn nn nn ln nl nn nn nn nn nn nn nn nn nn nn Te
Bern
Deutsche geologische Gesellschaft,
Vorstand für das Jahr 1904.
Vorsitzender: Herr BRANCO Schriftführer: Herr J. Böum
Stellvertretende Vor- 9 „ JAEKEL „»„ ZIMMERMANN
sitzende: \ „ WAHNSCHAFFE „» DENCKMANN
Schatzmeister: „ DATHE ». GAGEL.
Archivar: „ JENTZSCH
Beirat für das Jahr 1904.
Die Herren: TIETZE-Wien, FRAAS-Stuttgart, KOKEn-Tübingen, ZIRKEL-Leipzig,
BALTZER-Bern, KAyseEr-Marburg.
—
Die ordentlichen Sitzungen der Gesellschaft finden in Berlin im Ge-
bäude der K. Preuß. geol. Landesanstalt u. Bergakademie, Invalidenstr. 44, abends
7 Uhr in der Regel am ersten Mittwoch jeden Monats statt, die Jahresversamm-
lungen in einer Stadt Deutschlands oder Österreichs in den Monaten August bis
Oktober. Vorträge für die Monatssitzungen sind Herrn Dr. E. ZIMMERMANN
tunlichst S Tage vorher anzumelden, Manuskripte ven Vorträgen zum Druck
spätestens S Tage nach dem Vortrage einzusenden.
223
+
Die Aufnahme geschieht auf Vorschlag dreier Mitglieder durch Erklärung
des Vorsitzenden in einer der Versammlungen. Jedes Mitglied zahlt 10 M. Ein-
trittsgeld und einen Jahresbeitrag von 20 Mark. Es erhält dafür die Zeitschrift
und die Monatsberichte der Gesellschaft. (Preis im Buchhandel für beide zu-
sammen 24 M.). Die bis zum 1. April nicht eingegangenen Jahresbeiträge
werden durch Postauftrag eingezogen. Jedes außerdeutsche Mitglied kann seine
Jahresbeiträge durch einmalige Zahlung von 300 M. ablösen.
2
Reklamationen nieht eingegangener Hefte der Zeitschrift können
nur innerhalb eines Jahres nach ihrem Versand berücksichtigt
werden, solche. von einzelnen MWonatsberichten überhaupt nicht, da
letztere insgesamt mit dem letzten Hefte jedes Jahrganges nochmals
versandt werden.
2
Die Autoren der aufgenommenen Aufsätze, brieflichen Mit-
teilungen und Protokollnotizen sind für den Inhalt allein verantwort-
lich; sie erhalten 50 Sonderabzüge umsonst, eine grössere Zahl gegen
Erstattung der Herstellungskosten.
es
Zu Gunsten der Bücherei der Gesellschaft werden die Herren
Mitglieder ersucht, Sonderabdrücke ihrer Schriften an den Archivar
einzusenden; diese werden in der nächsten Sitzung vorgelegt und
soweit angängig besprochen.
ee — ep
Bei Zusendungen an die Gesellschaft wollen die Mitglieder
folgende Adressen benutzen:
1. Manuskripte zum Abdruck in der Zeitschrift oder den Monatsberichten,
sowie darauf bezüglichen Schriftwechsel Herrn Dr, Joh. Böhm,
2. Einsendungen an die Bücherei, sowie Reklamationen nicht eingegangener
Hefte Herrn Landesgeologen Prof. Dr. Jentzsch,
3. sonstigen geschäftlichen Briefwechsel, insbesondere Anmeldung neuer
Mitglieder, Anzeigen von Wohnortsveränderungen, Austrittserklärungen
Herrn Landesgeologen Dr. E. Zimmermann,
sämtlich zu Berlin N. 4, Invalidenstr. 44.
4. Die Beiträge sind an die J. G. Corra’sche Buchhandlung Nachf.,
Berlin SW., Kochstr. 53, durch direkte Übersendung einzuzahlen.
161
stäubte Grundmasse ist höchst fein faserig oder auch mosaik-
artig körnig aufgebaut. Gelegentlich erkennt man etwas gröbere
Feldspatleisten. Quarz in Ansammlungen und Kalkspat sind
sekundär. Erwähnenswert sind noch ziemlich große Durchschnitte
rötlich bestäubten pleochroitischen Apatits.
Feldspatbasalt.
Bereits v. RicHTHorFrEn hat auf das Vorkommen von Basalten
in Schantung hingewiesen. Es handelte sich dabei um Vor-
kommnisse mehr im nördlichen Teile des Landes. Interessanter-
weise findet sich nun auch im Süden, und zwar in der Nieder-
lassung Tsingtau selber, dicht hinter dem Lazarett, ein und zwar
sanz vereinzeltes, kleines Vorkommen, auf das mich Herr Dr. Beume,
kaiserlicher Richter in Tsingtau, aufmerksam machte. Der Basalt,
dessen Lagerungsverhältnisse, ob Gang oder Kuppe, bei den
damaligen Aufschlußverhältnissen nicht deutlich erkennbar waren,
zeigt bis meterstarke, schräge Säulen, hat dunkelgrauschwarze
Farbe mit den für Basalt charakteristischen graugelben dünnen
Verwitterungszonen auf dem frischeren Material, gelegentlich eckig-
knotiges Gefüge, wobei dann die bekannten weißgrauen „Sonnen-
brennertupfen“ zugleich im Gestein erscheinen. Makroskopisch zeigen
meine Probestücke gelegentlich einige gelbe Olivinkörner als Ein-
sprenglinge. Es handelt sich um Feldspatbasalt. Im Schliff findet
man, die Augite sehr weit an Zahl überwiegend, Olivin als Ein-
sprengling, wobei zu vermerken ist, daß er im allgemeinen
schlecht kristallographisch entwickelt ist; damit hängt denn wohl
das häufige Vorkommen auch kleiner Körner dieses Minerals zu-
sammen, insofern es sich vielleicht um eine protoklastischeZergrusung
srößerer Olivine handelt. Der Einsprenglingsaugit ist licht.
Die Grundmasse zeigt sehr reichlich kleine Plagioklasleisten, die
sich gern zur Flußstruktur zusammenfinden und zahlreiche
Säulchen und Körnchen von Augit sowie Erz zwischen sich
lassen. Dazu kommt noch Apatit in Nadeln.
Bei einem Besuch der Stadt Weihsien in Schantung, die
nunmehr mit der Eisenbahn von Tsingtau in 7 Stunden leicht
zu erreichen ist, sammelte ich gleichfalls Feldspatbasalt, der in
der Nähe gebrochen war und als gutes Straßenbaumaterial ver-
wandt wird. Aus dieser «Gegend hat bereits Schwerpr!), der
durch v. RicHTHoFEn gesammelte Gesteinsproben untersuchte,
Feldspatbasalt beschrieben. Seine Stücke enthielten braunes
Glas, die meinigen stellen, wie der Tsingtau-Basalt, ein holo-
kristallin durch Olivin porphyrisches Material vor.
!) Untersuchungen über Gesteine der chinesischen Provinzen
Schantung und Liautung. Diese Zeitschr. 1886. S. 198.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 56. 2, 11
162
Schließlich erwähne ich hier noch ein Gestein, das ich beim
Befahren der Fangtse-Steinkohlenmine sammelte, und welches aus
der Kohle selbst stammt. Das 3—4 m mächtige Steinkohlen-
flöz ist von einem Eruptivgestein durchtrümert und stellenweise
von ihm verkokt. Dieser für den Betrieb natürlich sehr un-
willkommene Eruptivgast stellt sich als ein grauweißes, vertontes
Gestein dar; es wird in Fangtse als Porphyrit bezeichnet. Meine
Gesteinsprobe erinnert im Schliff ganz an die in der Nachbar-
schaft von Fangtse vorkommenden, von mir gesammelten und
oben erwähnten Feldspatbasalte von Weihsien. Trotz der starken
Verwitterung des Materials, die sich mikroskopisch vornehmlich
in Karbonatbildung geltend macht, erkennt man noch deutlich
die porphyrischen einstigen Olivine, die Grundmassenfeldspate und
die Struktur des Gesteins. Die vorliegende Probe ist also wohl
zum Feldspatbasalt zu stellen.
Metamorphosen durch Basalt.
Im Feldspatbasalt von Tsingtau fand ich verschiedentlich
Einschlüsse eines gleichmäßig grauweißen oder auch auf hellem
Grunde durch schwarze Flammen oder Flecke gemusterten Ge-
steins, das an die gefritteten Sandsteine mancher europäischer
Basaltvorkommnisse erinnert. Ein Dünnschliff dieses Materials
deutet auf einen der oben erwähnten streifigen Porphyre als Ur-
sprungsmaterial hin... Man erkennt nämlich als verbreiteten
Untergrund ein klares Glas und hineingebettet helle Orthoklase,
zuweilen mit eigenartig körneligem Gefüge, Quarze in Körner-
streifen und in zahlreichen kleinen eckigen Fetzen, einzelne Zirkon-
körner, etwas Erz, sowie als Neubildungen gelegentlich um
Orthoklas, aber auch für sich in Haufen und Streifen leisten-
förmige, an den Ecken öfter in Spitzen verlaufende Feldspat-
skelete, die sich zuweilen roh radial gruppieren, ferner kleine
gelbliche isotrope oder randlich mosaikartig polarisierende kreis-
förmige Durchschnitte. Ein weiteres Beispiel kontaktmetamorphen
Einflusses im Basalt liegt wahrscheinlich bei der Veränderung
der Fangtse-Steinkohle vor. Sollte bei weiteren Untersuchungen sich
das Eruptivgestein, das die Fangtse-Steinkohle durchtrümert und
in seiner Nähe verkokt hat, allgemein als Feldspatbasalt erweisen,
wie es bei der von mir leider nur in Einzahl gesammelten Probe
wohl der Fall ist, so würde man ein Analogon zu hessischen
Vorkomninissen haben, bei denen Basalt den natürlichen Ver-
kohlungsvorgang beschleunigt hat. Bekanntermaßen ist dies z. B.
am Meißner der Fall, wo eine Basaltdecke unterlagernde Braun-
kohle in Pechkohle umwandelte, ähnlich am benachbarten Hirschberg,
wo es sich wie bei Fangtse um Gänge und Trümer beim Eruptiv-
gestein handelt.
163
Sedimentgesteine und Steinkohle.
Sedimente fehlen, wie bereits aus der Schilderung der
Kontaktmetamorphosen am Granit sich ergibt, in der Nachbarschaft
von Tsingtau nicht. In ganz besonderer schöner Weise aufge-
schlossen findet man sie auf der Insel Schui ling schan, und zwar
“an der Südseite der Insel, wo sie in sehr schroffen, gelegentlich
an 100 m steil abfallenden Felswänden zu Tage treten, ferner
Fig. 16. Abrasionsfläche am Strande an der Westseite von
Schui ling schan, bei Ebbe.
an dem ganzen etwa 5 km langen Westrande der Insel auf der
Abrasionsfläche, welche das brandende Meer hier geschaffen hat,
dann an dem landeinwärts diese Fläche begrenzenden Steilabsturz
und weiter an der Berglehne hinauf, wo sie mit Aplit und
Porphyr wechseln und unter den porphyritischen Eruptivbreccien,
welche die hangendste Lage der Insel bilden, verschwinden. Wo
tiefere Erosionseinschnitte diese Hülle entfernt haben, erscheinen
die Sedimente natürlich wieder, so z. B. etwa in der Mitte der
SO-Küste, weiter in einem mächtigen natürlichen Aufschlusse
an der Östecke, an der Westseite bei Ku lu kung und nahe dem
Nordende der Insel. Bandartig von einer Inselseite zur anderen
ziehen die Sedimente in den Dellen zwischen Ku lu kung und
Nau tsche tsy, quer über die Insel bei Tang tschüen und weiter
in der nördlichsten kleinen Einsattelung, wo die Erosion die
10
164
hangende Porphyritdecke durchnagt hat. Die Beziehung des
Inselrand-Verlaufes zum Schichtenstreichen ist vielerorts auf
Schui ling schan sehr deutlich, so insbesondere an der im all-
gemeinen nordsüdlich sich erstreckenden Westseite, z. B. auch
an der Östecke, wo die Küste, dem Streichen sich anpassend,
fast rechtwinklig nach Nordwesten umbiegt und anderorts mehr.
Besonders an der Westseite von Schui ling schan und in den
tieferen Horizonten ist die Lagerung im allgemeinen eine ruhige,
bei einem östlichen Einfallen von etwa 15—40°. Weit be-
deutendere Lagerungsstörungen trifft man in den höheren Teilen
der Insel, insbesondere in der Nachbarschaft der mächtigen Decke
eruptiver Breccien, so in der erwähnten Delle zwischen Ku lu kung
Fig. 17. Gestauchte Schiefer zwischen gleichmäßig lagernden Sandsteinen.
Insel Schui ling schan.
und Nau tsche tsy, die zwischen den beiden höchsten aus Por-
phyrit bestehenden Erhebungen der Insel hindurchleitet, und wo
die Schichten bei steilem Einfallen stellenweise quer zur nordsüd-
lichen Inselerstreckung verlaufen; ähnlich ist es auch in der
Senke bei Tang tschüen. Man hat es anscheinend mit Auf-
wölbungen zu tun, die durch die Nähe der mächtigen festen
Eruptivmassen stark beeinflußt sind, welch letztere weniger nach-
gaben als die Sedimente. Deutliche Sattelwölbungen mit Aufbruch
in der Sattellinie beobachtet man nahe dem Nordende der Insel,
165
Daß sich auch innerhalb der Sedimentfolge die einzelnen Schichten
je nach ihrer petrographischen Beschaffenheit dem Faltungsdruck
sehr verschieden anpaßten, kann man vielerorts in sehr hübschen
Aufschlüssen beobachten. So stellt z. B. Abbildung 17 eine
Stelle an der Westseite der Insel bei Hsin tschuang dar, wo
milde Schiefer zwischen härteren Sandsteinen in weitgehender
Weise zusammengeschoben wurden, während letztere wenig durch
Spezialfaltung beeinflußt sind. Die spätere Kartierung der mit
Aufschlüssen so reich ausgestatteten Insel wird gewiß ein inter-
essantes Beispiel der tektonischen Geologie liefern, wobei dann
auch der Einfluß von Verwerfungen zur Geltung kommen wird,
welche Schui ling schan, so z. B. an der SO-Seite nahe der
Südecke, durchsetzen.
Bezüglich der petrographischen Nerkt der Sedimente sei hier
kurz vermerkt, daß es sich, dem Grade der Materialzertrüämmerung
nach geordnet, um grobe Breceien, Konglomerate, Grauwacken,
Sandsteine und Tonschiefer, weiterhin um sandige Mergel und
um anthracitische Kohle handelt.
Breccien und Konglomerate mit grauwackenartigem Binde-
mittel und bis fußgroßen Bruchstücken von hellem Granit, Gneis,
Hornblende-Gneis, Amphibolit, weißen Quarzen u. a. fand ich
besonders nahe den hangenden Porphyritbreccien. Grauwacken,
Sandsteine, Tonschiefer wechseln mit einander. Bituminöse,
schwarze mergelige Sandsteine mit Tonschiefern fand ich be-
sonders in den tiefst sichtbaren Lagen an der Süd- bezw.
Südostseite der Insel. Hier kommen südöstlich vom Dorfe Hsin
tschuang in mergeligen Sandsteinen und dunklen Tonschiefern in
großer Zahl wenig mächtige, nämlich nur bis etwa 3 cm dicke,
jeweils nur auf kurze Strecken von einigen bis etwa 25—30 cm,
in ihrer Gesamtheit auch nur wenige m anhaltende, gelegentlich
stark gefaltete Schmitzen anthracitischer Kohle vor. Sie hat sehr
hohen Glanz, ist hart und spröde. Spaltet man das Gestein, so
erkennt man auf der Schmitzenfläche oft pflanzliche Struktur.
Zuweilen kann man wohl auf Coniferencharakter bei den platt
gedrückten Stengeln schließen. Deutliche Versteinerungen wurden
bislang in den in Betracht kommenden Schichtenfolgen nicht
aufgefunden. Es ist wahrscheinlich, daß die Vorkommnisse auf
Schui ling schan mit den kohlenführenden Schichten auf dem
Schantung-Festlande in Beziehung stehen, welch letztere dem
Karbon zugeschrieben werden. Die an sich technisch wertlosen
Anthraeit-Funde auf Schui ling schan würden dadurch insofern
Bedeutung erlangen, als dann die Möglichkeit vorläge, daß durch
Bohrungen auch auf der genannten Insel brauchbare, bituminöse
Kohlen nachgewiesen werden könnten, wie sie z. B. bei Fangtse
166
vorkommen. In der Hinsicht ist von Interesse, daß die petro-
graphische Untersuchung der bei Fangtse von mir gesammelten
Eruptivgesteine, wie oben erwähnt, ihre Hornblende-Biotit-Augit-
Porphyritnatur, also die Verwandtschaft mit den Augitporphyriten
auf Schui ling schan nachwies, daß ferner bei Fangtse die hier
tuffigen Eruptivmassen mit Sandsteinen und Schiefern wechsel-
lagern, was an den Aufbau von Schui ling schan erinnert, und
schließlich, daß, wie mir Direktor STEINHOFF zeigte, anthracitische
Schmitzen ähnlich denen von Schui ling schan in oberen Teufen
bei Bohrkernen von Fangtse vorkamen.
So erscheint es wohl wahrscheinlich, daß die Gesteinsfolgen
auf Schui ling schan denen bei Fangtse entsprechen. Da man
nun bei Fangtse in der Tiefe bedeutende Kohlenflöze, insbesondere
beim Schachtbau bei 175 m ein 3—4 m mächtiges Flöz bitu-
minöser Steinkohle angetroffen hat, so ist es nicht ausgeschlossen,
daß auch auf Schui ling schan in tieferen Schichtenfolgen Vor-
kommnisse bituminöser Steinkohle lagern. Der Nachweis kann
nur durch Bohrungen erbracht werden.
Für die Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse im
Schutzgebiet würde es ein außerordentlich wesentliches Moment
sein, wenn die Hoffnungen, die man bezüglich des Vorkommens
von Steinkoblen auf Schui ling schan haben kann, sich erfüllten
und wenn ferner ein Abbau solcher unterirdischer Schätze sich ermög-
lichen ließe, zumal die Natur das festländische Schutzgebiet er-
sichtlich in technisch-geologischem Sinne kärglich bedacht bezw.
ihm durch die Erosion der einst die Eruptivgesteine überlagernden
Sedimente ihre Gaben wieder entzogen hat. Allerdings war es
für die Errichtung der gewaltigen Hafenbauten, bei der Anlage
von Straßen und bei der Errichtung von Gebäuden von wesent-
licher Bedeutung, daß der felsige Untergrund vortrefiliches Bau-
material für diese Zwecke in unerschöpflicher Fülle birgt; Erze,
Kohlen und neptunische Sedimente fehlen aber, soweit die Ver-
hältnisse bekannt sind, im festländischen Schutzgebiet. Bezüglich
des praktisch geologisch besonders wichtigen Materials der Kohlen
ist man auf Einfuhr über See und auf den sich jetzt entwickelnden
Bergbau bei Fangtse, später auch bei Poschan in chinesisch
Schantung, angewiesen.
Fangtse liegt ein paar Kilometer von der Eisenbahnstation
Tschang lo yen, 170 km von Tsingtau, entfernt. F. v. RicHr-
HOFEN hat bereits 1869 das Vorkommen studiert und darauf
aufmerksam gemacht. Ich besuchte das Werk unter freundlicher
Führung des Direktors STEINHOFF. Durch Bohrungen hat man
drei Steinkohlenflöze nachgewiesen.!) Sie fallen flach nördlich ein.
!) Vergl. Denkschrift über das Kiautschou-Schutzgebiet. 1904.
re een ee
U
167
Beim Schachtbau durchsank man bei 136 m ein etwa 4 m
mächtiges Flöz und bei 175 m eine zweite 3—4 m starke
Steinkohlenablagerung. Letztere wurde zunächst verfolgt. Im
Streichen hat man über 300 m nach Osten und über 230 m
nach Westen durch Strecken aufgeschlossen und das Flöz im
allgemeinen gleichmäßig mächtig und in guter Qualität angetroffen.
Es ist letzteres aber nicht mehr in den höheren Partien dieser
Ablagerung der Fall. Dort hat nämlich die Durchtrümerung der
Kohle durch ein Eruptivgestein!) besonders reichlich stattgefunden,
demzufolge natürliche Verkokung eingetreten ist und die Kohle
viel Steine enthält. Im Fallen haben sich die Aufschlüsse im
allgemeinen günstiger erwiesen,
Das hangende Flöz hat man von einem Querschlag der
Hauptsohle aus durch ein 40 m hohes Überhauen erreicht. Es
erwies sich leider durch das Eruptivgestein sehr verunreinigt.
So ist man dann zur weiteren Vorrichtung des Hauptflözes zurück-
gekehrt, wird den Schacht um 50-60 m weiter abteufen und
das Flöz durch Querschlag in entsprechender Teufe wiederum fassen.
Zwei Flöze von je ca. 3 m Mächtigkeit hat man auch bei
einer Bohrung ca. 1300 m nördlich vom Schacht in einer dem
Einfallen entsprechenden größeren Teufe bei 333 m und 366 m
festgestellt. Es ist geplant, hier einen zweiten Förderschacht
abzusenken.
Das von v. Rıchrnuoren gleichfalls 1869 besuchte und
von ihm beschriebene Steinkohlenvorkommen von Poschan
ist in neuerer Zeit durch Tiefbohrungen weiter erschlossen.?)
Auch hier haben sich Schwierigkeiten eingestellt. Im Norden
des Poschanfeldes niedergebrachte Bohrlöcher sind z. T. nicht
fündig geworden, z. T. haben sie anthracitische, für Flamm-
feuerung also nicht geeignete Kohle angetroffen. Im mittleren
Felde hingegen wurde gasreiche Steinkohle nachgewiesen, die,
soweit die Bolhrkerne ein Urteil erlauben, von guter Beschaffen-
heit ist. Hier ist eine Schachtanlage vorgesehen. In benach-
barten Bohrlöchern sind neuerdings zwei Flöze von 1,5 und
1,7 m Mächtigkeit nachgewiesen.
!) s. oben Basalt, S. 162.
?) Vergl. Glück auf. Berg- und Hüttenm. Zeitschr. 1904 S. 379,
4. Studien über tertiäre und quartäre Korallen |
und Riffkalke aus Ägypten und der Sinai-
halbinsel.
Von Herrn J. FeLix in Leipzig.
Hierzu Taf. X u. 6 Textfig.
Im Jahre 1903 wurden mir von Herrn Lyonxs, Act. Director
Gen. Survey Department of Egypt, eine größere Suite von ter-
tiären und quartären Korallen und Riffkalken aus der mittel-
ägyptischen Wüste östlich Kairo, von den westlichen Küsten-
gebieten des Roten Meeres und von der Sinaihalbinsel zur Unter-
suchung zugesandt. Zu diesem Material kam noch eine weitere
Kollektion von fossilen Korallen, jetzt im Kgl. Museum für Natur-
kunde zu Berlin befindlich, welche einst von SCHWEINFURTH ge-
sammelt wurden und die ich bereits gelegentlich meiner letzten
Arbeit!) über die Miocänkorallen Ägyptens anhangsweise erwähnt
hatte. Auch was mir sonst an hiehergehörigen Material in Form
einzelner Stücke in verschiedenen Sammlungen zu Gesicht ge-
kommen ist, sowie die zerstreuten Notizen in einschlägiger
Literatur habe ich den folgenden Erörterungen eingefügt und
namentlich bezüglich der postmiocänen Riffe versucht, von ihrer
Fauna — soweit sie aus Korallen besteht — ein Bild zu ent-
werfen, wie es dem heutigen Stande unserer Kenntnis derselben
entspricht. Es ist mir daher ein Bedürfnis, meinen herzlichsten
Dank für die Zusendung des interessanten Materiales Herrn
Gen.-Direktor Lyons in Kairo und Herrn Geheimrat Branco
auch hier zum öffentlichen Ausdruck zu bringen!
Der Erhaltungszustand des Materiales ist leider kein
günstiger. Wie später noch ausführlicher dargelegt werden soll,
hat bei den Korallenskeleten ohne Ausnahme eine Umkristallisierung
stattgefunden, sodaß die Struktur nicht als Hilfsmittel bei der
Bestimmung benutzt werden konnte. Andererseits haben auch
die Oberflächen durch Verwitterung und namentlich durch die
glättende und ausschleifende Wirkung des Flugsandes sehr ge-
litten. Manche Arten Jagen überdies nur in Exemplaren vor,
'!) Korallen. aus ägyptischen Miocänbildungen. Diese Zeitschr.
1903. 85. 5.1 t.1.
169
m
welche allseitig von Bruchflächen begrenzt waren, sodaß über-
haupt von einer wirklichen „Oberfläche“ nicht die Rede sein
konnte. Durch all diese Umstände erklärt es sich, warum
häufiger als sonst von der Beifügung eines Speziesnamens ent-
weder ganz abgesehen wurde, oder doch nur eine solche mit cf.
stattfand. Schon O. Fraas!) macht auf diese Verhältnisse auf-
merksam, wenn er schreibt: „Namentlich ist es mit den größten
Schwierigkeiten der Untersuchung verknüpft, die Korallenstücke
(nämlich aus den fossilen Riffen) noch bestimmen zu wollen“.
Für die Reihenfolge der Behandlung des Materiales
halte ich es am zweckmäßigsten, in erster Linie das geologische
Alter, in zweiter die Herkunft (Ägypten-Sinaihalbinsel) zu Grunde
zu legen. Nach ersterem Gesichtspunkte lassen sich die vor-
liegenden Stücke in drei Gruppen teilen: 1. eocäne, 2. miocäne,
>. pleistocäne. Was die eocänen Stücke anlangt, so gehörten
die in ihnen vorliegenden Korallen sämtlich Arten an, die ich
in einer früheren Arbeit beschrieben habe.”) Ich habe den da-
maligen Angaben nichts hinzuzufügen und wende mich daher gleich
zu dem miocänem Material.
I. Miocäne Korallen.
Auch von den zu dieser Gruppe gehörenden Arten sind die
meisten in der Zusammenstellung enthalten, welehe ich kürzlich?)
von der miocänen Korallenfauna Ägyptens gegeben habe. Da-
neben finden sich indeß einige Stücke, welche ais Vertreter
neuer, oder wenigstens in Ägypten noch unbekannter Arten zu
betrachten sind und deren Besprechung ich zunächst folgen lasse.
A. Exemplare aus Ägypten.
Orbicella ambigua Sısm. Sp.
1871. Hehiastraea ambigua SISMONDA, Mater. p. serv. & la Paleont. du
Piemont S. 48, Taf. X, Fig. 9, 10.
Ein mir vorliegendes Fragment einer größeren Kolonie stellt
eine dicke Platte dar, welche mit Ausnahme der Oberfläche voll-
ständig von Bruchflächen begrenzt erscheint. Die Kelche stehen
ziemlich gedrängt und sind von rundlichem, ovalem oder leicht
verzogenem Umriß. Ihr Durchmesser beträgt, wenn sie ausge-
wachsen sind, 7—8 mm. Es sind meist vier vollständige Septal-
cyklen vorhanden, zu denen sich in den größten Kelchen noch
einige Lamellen eines 5. Cyklus gesellen können, sodaß man
') Geologisches aus dem Orient. Jahresh. Ver. f. Naturk. Würt-
temberg, 23. 1867. S. 333.
?) Korallen aus ägyptischen Tertiärbildungen. Diese Zeitschr.
36. 1884. S. 415.
2, ara. 0.
10
etliche 50 Septen zählt. Andererseits ist in den kleinen,
jüngeren Kelchen der 4. Cyklus oft noch nicht vollständig.
SısmonpA gibt für seine Helhastraes« ambıgua die Zahl der
Septen nicht direkt au. Da er jedoch von den „drei ersten
Cyklen“ spricht, so müssen doch mindestens 4 Cyklen vorhanden
sein. Mit dieser Annahme stimmt auch die Abbildung überein.
Etwa 12 Septen reichen bis an die mäßig entwickelte, spongiöse
Columella, mit welcher sie sich verbinden, wobei sich ihre
inneren Enden zuweilen etwas verdicken. An dem Kelchrand
sind die Septen ziemlich plötzlich verdickt, sodal) ersterer etwas
wulstig erscheint. Da die Oberfläche sehr schlecht erhalten ist,
läßt sich das Emporragen der Kelche nirgends mehr genau be-
stimmen, es dürfte bis 53 mm betragen haben. Die Septocosten
überschreiten den Kelchrand und stoßen in den intercalycinalen
Furchen mit denen der Nachbarkelche entweder winklig zu-
sammen oder endigen frei. Zwischen ihnen werden zahlreiche
Exothecallamellen sichtbar. Diese sind ziemlich groß und
spannen sich, wie man an den Längsbrüchen sieht, gern ziemlich
horizontal aus, wobei auch wohl zwei benachbarte miteinander
verschmelzen. An ganz vereinzelten Stellen sieht man, dab auf
diesen Lamellen feine Spitzchen stehen: unvollständig entwickelte
Trabekelpfeiler, wie man sie in viel größerer Entwicklung z. B.
bei Orbicella Defrancer antrifft').
Nach diesen Merkmalen trage ich kein Bedenken, das be-
treffende Exemplar zu Orb. ambigua zu stellen, welche als
Heliastraea ambıgua von Sısmonpa aus dem Miocän von Sassello
in Piemont?) beschrieben worden ist. Von Orb. Schweinfurtht
Fer. unterscheidet sich diese Art durch größere Anzahl der
Septen und stärkere Hervorragung der Kelchränder; von Orb.
Defrancei besonders durch die viel schwächere Columella.
Das vorliegende Stück stammt aus der mittelägyptischen
Wüste östlich Kairo und befindet sich in der Sammlung der
Geol. Surv. of Egypt. (N. 6997).
Orbicella Schweinfurthi Gregory (FEL. sp.)
1884. Heliastraea Schweinfurthi FELIX, Korallen aus ägypt. Tertiärbild.
Diese Zeitschr. 36. S. 449, Taf. V, Fig. 5.
1898. Orbicella Schweinfurthi GREGORY, A collection of egypt. foss.
Madrepor. Geol. Mag. New ser. Dec. IV, 5. S. 246,
kai IDG, ie: 2%
1903. Orbicella Schweinfurthi FELIx, Korallen aus ägypt. Miocänbild.
Diese Zeitschr. 98. S. 9.
!) Vergl. Reuss, Die fossilen Korallen des österr.-ungar. Miocäns
t. EG.2.ob.au.ccı
a. A, 0.
a
Auch diese Art ist wieder unter dem mir vorliegenden
Material vertreten (Coll. Geol. Surv. Egypt. N. 6994). Wenn
GrEGoRY!) bezüglich derselben angibt: „Ferıxs species is an
ally of O. Defrancei (Ep. & H.), but the calices are deeper,“
so möchte ich dazu bemerken, daß die Hauptunterschiede zwischen
den beiden genannten Arten in folgenden Punkten beruhen: Bei
O. Defrancei ist die Zahl der Septen fast stets größer und die
Columella viel mächtiger entwickelt; es reichen daher bei dieser
Art 20—24 Septen, bei O. Schweinfurtii nur 8—12 bis an die
Columella. Auch sind die bei O. Deframcei zahlreichen, die
Etagen der Exothecaldissepimente durchsetzenden isolierten dorn-
förmigen Trabekelpfeiler?) bei O. Schwernfurthi noch nicht nach-
sewiesen worden.
Orbicella Humphreysed n. sp.
Na 3 I 2,
Die Kolonien dieser Art erreichten sehr beträchtliche
Dimensionen. Das eine der beiden vorliegenden Stücke ist
11 cm hoch, die ganz schwach konvexe Oberfläche 12 cm lang
und 9 cm breit. Die einzelnen Polyparien sind lang röhren-
förmig und stehen dicht gedrängt. Die Kelche sind von sehr
regelmäßig kreisrundem Umriß und besitzen einen Durchmesser
von 2,5—5 mm, ihr Rand ragt 1,5—2 mm empor. Die Ent-
fernung ihrer Zentren beträgt 3,5—5 mm. Man zählt meist
24 Septen, also 3 vollständige Cyklen, zu denen sich noch einige
Septen eines vierten stets unvollständig bleibenden Cyklus gesellen
können. Die Ausbildung der Septen entspricht der Formel
6 +6 + 12. Sind mehr als 24 Septen vorhanden, so liegen
zwischen 2 größten Septen statt 3, stellenweis 5 kleinere. Die
Columella ist schwach entwickelt, bei dem einen Exemplar meist
durch Auslaugung verschwunden; bei dem anderen dagegen durch
Inkrustation verdickt. Über den Kelchrand setzen die Septen
als Rippen fort, welche in den intercalycinalen Furchen mit
denen der Nachbarkelche winklig zusammenstoßen. Traversen
und Exothecallamellen sind zahlreich. Letztere spannen sich
ziemlich horizontal aus.
Die beiden Exemplare stammen aus der mittelägyptischeu
Wüste östlich Kairo und befinden sich in der Coll. Geol. Surv.
of Egypt, N. 6996 (Original zu der Abbildung Taf. X Fig. 2)
und N. 6712. Außerdem befinden sich ebenda 3 weitere hierher
gehörige Stücke (N. 6567b), welche als dünne Krusten den
922.057 2468
?) Vergl. Reuss, Die fossilen Korallen des österr.-ungar. Miocäns
WDR /S3b U. c.
12
Schalen einer Ostrea aufsitzen. Ihre nähere Betrachtung zeigt
jedoch, daß die scheinbare „Oberfläche“ dieser Krusten in Wahr-
heit die Unterfläche der obersten dünnen Lage einer schicht-
weis gewachsenen Korallenkolonie darstellt, auf deren Oberfläche
sich jene Ostreen angesiedelt hatten. Genau das gleiche Ver-
hältnis zeigen zwei weitere Ostreen (N. 6567a), deren Korallen-
unterlage jedoch von Orbicella microcalys herrührt. Die Ober-
fläche aller dieser Krusten entspricht vollkommen der Gattung
Hydnophoropsis Söhutes, welche ich kürzlich als Erhaltungs-
zustände von Phyllocoenia nachgewiesen habe.!)
Orbccella cf. Defrancei E. H. sp.
1848. Esxplanaria thyrsoidea REuss, Die foss. Polyp. d. Wiener
Tertiärbeckens 8. 19, Eat I, Eie.3.
Kool ne M. EpwArps, Hist. nat. des Corall. 2.
1871. Heliastraea Defrancei REuss, Die foss. Korallen des österr.-
ungar. Miocän, S. 43 (239), Taf. IX, Fig. 3, Taf. X, Fig. 1.
Zu dieser Art gehört vielleicht ein Exemplar einer Orbicella,
welches sich von O. Schweinfurthi durch etwas größere Anzahl
der Septen und namentlich durch eine mächtig entwickelte
spongiöse Columelia unterscheidet. Die Entfernung der Kelch-
zentren beträgt 9—13 mm. Die Mauern sind dünn, oft gerade-
zu undeutlich. Dies würde allerdings nicht mit O0. Defrancer
stimmen. Doch hat Krunzınger bei Durchschnitten von ©. laxa
eine recht verschiedenartige Ausbildung der Mauer beobachtet,
sodaß dieses, sonst zur Trennung von Gattungen und Arten mit
Recht benutzte Verhältnis hier mit Vorsicht zu gebrauchen ist.°)
Da nun ferner die Oberfläche nicht erhalten ist und auch die
das Exothecalgewebe durchsetzenden Trabekeln wegen unge-
nügender Erhaltung nicht mehr nachgewiesen werden konnten,
so bleibt die Bestimmung zweifelhaft.
Das Exemplar stammt aus der mittelägyptischen Wüste
östlich Kairo und befindet sich in der Coll. Geol. Surv. Egypt
(N. 6794).
1) Über die Gattung Hydnophoropsis SöHLE. Sitz.-Ber. d. Natur-
forsch. Ges. zu Leipzig. Sitzung vom 1. Dez. 1903.
2), KLUNZINGER gibt bez. O. laxa folgendes an: „Die Mauern sind,
wie der Querdurchschnitt zeigt, dünn, höchstens I mm dick, an
anderen Stellen aber garnicht mehr von dem exo- und endothecalen
Gewebe unterscheidbar.“ (Korallthiere des Rothen Meeres 3. S. 50).
Hier sind also alle Übergänge von unkenntlichen bis zu 1 mm dicken
Mauern vorhanden. Auch die Querflächen des vorliegenden fossilen
Exemplares sind nur Durchschnitte, eine eigentliche Oberfläche ist
nicht erhalten.
173
Solenastraea anomala n. Sp.
Taf. X, Fig. 3.
Das vorliegende Exemplar ist ein plaitenförmiges Fragment
einer sehr großen Kolonie; es ist 140 mm lang, 110 mm breit
und bis 33 mm dick. Die Polyparien sind lang röhrenförmig,
stehen fast parallel nebeneinander und zeigen nur in ihrer
‚ Richtung verlängert eine leichte Konvergenz nach dem ehemaligen
‘ Ansatzpunkte der Kolonie. Die Kelche stehen dicht gedrängt
und sind von sehr regelmäßig kreisrundem Umriß. Der Durch-
messer ihrer Öffnungen beträgt 4—5 mm. Der Kelchrand rast
wenig, 1—1,5 mm über die gemeinsame Oberfläche vor. Es
sind stets 3 vollständige Cyklen von Septen vorhanden, zu denen
sich meist noch einige eines 4. Cyklus gesellen. Die Septen
sind je nach ihrem Cyklus verschieden lang und stark. Über
den Kelchrand setzen sie sich als Rippen fort, doch bleiben
letztere kurz; die Verbindung der einzelnen Polyparien erfolgt
durch Exothecallamellen. Ab und zu verdichten sich letztere zu
den für Solenastraea charakteristischen, horizontalen intercaly-
einalen Brücken. Die Columella scheint rudimentär gewesen zu
sein, denn der innerste Teil der Kelchhöhlung ist stets der Zer-
störung anheimgefallen.
Von den meisten der bisher beschriebenen Solenastraea-
Arten unterscheidet sich die vorliegende Form durch die Größe
ihrer Kelche.. Von der in dieser Beziehung übereinstimmenden,
von Reuss beschriebenen!) großkelchigen Varietät von Sol.
distans durch die gleichmäßige und gedrängte Stellung der
Polyparien. Den Speziesnamen wählte ich mit Rücksicht darauf,
daß ich es nicht für ausgeschlossen halte, daß die von SısmonDA’)
als Zeptastraea anomala beschriebene Koralle mit unserer Form
identisch ist.
Das Exemplar befindet sich in der Coll. Geol. Surv. Egypt
und stammt aus der mittelägyptischen Wüste östlich Kairo.
(N. 6664).
Die folgenden beiden Arten scheinen mir in bezug auf
ihre Provenienz aus dem Miocaen zweifelhaft zu sein. Sie
sind von Mr. Barron gesammelt und befinden sich in der Coll.
Geol. Surv. Egypt. Ich füge sie gleichwohl hier an, da ihre
Bezeichnung lautet: „Desert east of Cairo, probably Miocene“.
Ihrem Erhaltungszustand nach scheinen sie mir indess jünger zu
!) Reuss, Die fossilen Korallen des österr.-ungar. Miocän S. 46
BER) a
2) Mat. p. s. & la Paleont. du terr. tert. du Piemont 8. 52,
BlF YIIL:E 7, ;
174
sein und aus den pleistocänen Riffen zu stammen. Es ist auch
bemerkenswert, daß die eine der beiden Korallen einer noch
jetzt im Roten Meer lebenden Art angehört, der Goniastraea
halkcora Kıunz. Ein Beweis gegen ihr miocänes Alter würde
dieser Umstand allerdings auch in keiner Weise sein, da ich
einige früher beschriebene, unzweifelhaft miocäne Stücke nicht
imstande war, von der gleichfalls noch im Roten Meer
lebenden COyphastraea chalcidıeum zu trennen.
Gontastraea halicora Kıunz. (EHRB. sp.).
1834. Astrea halicora HEMPRICH u. EHRENB. Corallenthiere des roth.
Meer. p. 97.
1857. Prionastraea halicora M. EDwaArps, Hist. nat. 2. p. 517.
1879. Gomiastraea halicora, nen Korallthiere des Roth. Meer.
en an IE NED TE
Das vorliegende Fragment (Coll. Geol. Surv. Egypt. N. 6793),
hat einer sehr großen, ursprünglich wohl knollenförmigen Kolonie
angehört mit flach konvexer Oberfläche. Seine Länge und Breite
beträgt 105 mm, seine Höhe 85 mm. Die Kelche sind 8-—-12
mm grob und zeigen stets polygonale- Umrisse. Doch schließen
die Wandungen der einzelnen Polyparien nicht überall unmittel-
bar an einander an, sondern zuweilen, besonders da wo 3 Kelche
zusammenstoßen, bleiben Zwischenräume, in denen sich Exothecal-
bläschen finden. Die die Kelche trennenden Grate sind bald
schärfer, bald stumpfer. Durch verschiedenartige Ausbildung der
äußeren Enden der Scepten wechselt dies Verhältnis bei dieser
Art derartig, daß Krunziınger daraufhin 2 Varietäten unter-
scheiden konnte: var. obtusa und acuta. Die Kelche selbst sind
ziemlich vertieft, doch ist ein Teil dieser Eigenschaft sicher auf
den Erhaltungszustand bez. die Auswitterung der Kelche zurück-
zuführen. Für die spezifische Bestimmung kommt dieses Moment
hier wenig in Betracht, da die Kelchtiefe nach KrLunzinGer ’!)
ziemlich wechselt, (von 4—7 mm). Die Anzahl der Septen be-
trägt 28— 36. Sie sind wenig ungleich; zwischen ihnen finden
sich zuweilen noch einige rudimentäre. Die Septen zweier be-
nachbarter Kelche gehen bald direkt ineinander über, bald werden
sie unterbrochen. Bei 10—14 der Septen ist der mie: Zahn
ihres Oberrandes bedeutend größer und vorstehender als die
anderen, wodurch ein Kranz von Pseudopalis entsteht. Innerhalb
desselben erblickt man eine meist wohl entwickelte Columella.
Endothecallamellen sind zahlreich. Über die Außenfläche der
Kolonie kann ich nichts angeben, da die Seitenflächen derselben
nur Bruchflächen darstellen.
SBENAE ALOE
175
Die Art findet sich noch lebend im Roten Meer und im
Indischen Ozean bei den Seychellen.
Lithophyllia sp.
Von dem Exemplar liegt leider nur der allerdings außer-
ordentlich scharfe Ausguß des Kelches vor und ist deshalb eine
spezifische Bestimmung nicht ausführbar. Bei der folgenden Be-
schreibung denke ich mir den Kelch als Positiv rekonstruiert.
Er ist von sehr regelmäßigen, breitelliptischen Umriß; die größere
Axe beträgt 57 mm, die kleinere 47 mm. Seine Tiefe war
19 mm. Die Zahl der Septen beträgt gegen 190, also wohl 6
komplete Cyklen. Sie sind von sehr verschiedener, Länge und
Stärke. Etwa 24 sind besonders dick und reichten ehemals bis
an die Columella.. Sie bleiben in ihrer gesamten Länge gleich
stark (1—1,5 mm). Ihr oberer Rand ist in sehr grobe, dorn-
förmige Zähne zerschnitten, deren Zahl 7—-9 beträgt. Zwischen
je 2 dieser großen Septen liegen 5—7 schwächere, die je nach
ihrem Oyklus von verschiedener Länge und Stärke sind.
Eine sehr verwandte Art ist von Reuss!) als Zithophyllia
ampla aus dem Miocän von Siebenbürgen beschrieben worden,
doch ist bei dieser der Kelch seichter vertieft und die Septen-
zahl cine geringere. Auch die noch im Roten Meer lebende
Lith. Savignyi BrüGGem. hat einen Cyklus weniger und scheint
überhaupt kleinere Dimensionen zu besitzen. °)
Das Gestein, in welchem sich der beschriebene Steinkern
befindet, erinnert nun sowohl äußerlich als seiner gleich zu be-
sprechenden Zusammensetzung nach mehr an alt-pleistocäne, als
an miocäne Riffkalke, soweit mir solche aus Ägypten durch
Autopsie bekannt geworden sind. Im Dünnschliff u. d. M. zeigt
es sich erfüllt von organischen Resten, unter denen namentlich
zahlreiche Lithothamnium-Fragmente auffallen. Daneben finden
sich Gehäuse von Foraminiferen, Fragmente von Bryozoön und
Durchschnitte von Conchylien-Schalen. Die Lithothamnien scheinen,
bei schwacher Vergrößerung gesehen, ihre organische Struktur
schön erhalten zu haben; bei stärkerer dagegen zeigen sie sich
ebenfalls in Umwandlung begriffen. Nur stellenweis sind die
Konturen ihrer Zellmembranen noch scharf, meistens dagegen ver-
schwommen und schließlich geht die Pflanze in ein dunkelgefärbtes,
feinkörniges, kalkiges Aggregat über. Der ehemalige, zum
größten Teil organische, kalkige Detritus zwischen den erkenn-
baren Organismenresten ist fast vollständig umkristallisiert. Da-
!) Foss. Korallen des österr.-ungar. Miocän S. 35 (231) t. VI, £. 2.
?) SAVIGNY, Desc. Egypt. t. XXIII. Polyp. p. Audouin S. 54,
Pl. IV, f. 2. KLUNZINGER, Korallenthiere des Rothen Meeres 3. S. 4.
176
bei entstanden zunächst zahlreiche Hohlräume, die später wieder
durch spätige Karbonate ausgefüllt wurden. So besteht die
Grundmasse aus grauen, feinkörnigeren Partieen einerseits und
vollkommen farblosen, aus Lösungen abgeschiedenen gröber-
spätigen Oaleitaggregaten andererseits.
Ein zum Vorgleich von einem unzweifelhaft miocänen
Kalkstein hergestellter Schliff zeigt außer einem eingeschlossenen
Korallenskeletfragment überhaupt keine direkt bestimmbaren or-
sanischen Einschlüsse. Nur durch Vergleich mit dem eben be-
schriebenen Lithophyllia-führenden Kalkstein kann man mit ziem-
licher Sicherheit schließen, dal gewisse dunkler gefärbte, oft
rundlich konturierte Partieen von feinkörniger Struktur umge-
wandelte Lithothamniumfragmente sind.
B. Exemplare aus dem Miocaen (?) der Sinaihalbinsel.
Orbicella cf. Defrancer E. H. sp.
Die Oberfläche der beiden Exemplare, die sicherlich nur
Bruchstücke einer und derselben größeren Kolonie darstellen, sind
sehr schlecht erhalten, indem die Kelche tief und weit ausge-
wittert sind, sodaß sie meist von.polygonalem Umriß und direkt
durch ihre Wandungen verbunden erscheinen. Die Unterflächen
stellen dagegen Querbrüche durch die Kolonie dar, welche sehr
gut erhalten sind und uns in dieser eine ÖOrbicella erkennen
lassen. Nur ein Punkt bleibt bei einer derartigen Bruchfläche
natürlich ungewiß: die Erhebung des Kelchrandes. Das größere
der beiden Stücke ist 75 mm breit und 45 mm hoch. Die
Kelche sind von ziemlich regelmäßig-kreisrunder Form und stehen
mäßig gedrängt. Der Diameter der Kelchgruben beträgt 9—11 mm.
In bezug auf diese Verhältnisse stimmt das vorliegende Exemplar
besser mit dem von Mıicnezuin als Astrea argus Lam.!) als mit
der von Reuss?) gegebenen Abbildung überein. Nach M. Epwarps?)
sehört indess die cit. Abbildung bei MıcHherin ebenfalls zu
O. Defrancei.
Man zählt 30—40 Septen, von denen etwa die Hälfte bis
zur Columella reicht. Diese ist mächtig entwickelt und von spon-
giöser Struktur. In ihrer Nähe sind die Septen von rel. großen
Löchern durchbrochen, wie überhaupt der Längsbruch der Kelche
vollständig mit der von Reuss*) gegebenen Figur eines solchen
übereinstimmt. Die Exothecallamellen spannen sich gern hori-
zontal aus und verschmelzen wohl auch zu horizontalen böden-
!, MICHELIN, Jconogr. zoophyt. Pl. XU, f. 6.
2) Foss. Korallen der österr.-ungar. Miocän t. IX, f. 3.
®) Hist. nat. 2. S. 465.
4).2% 2780;
177
artigen Gebilden. Einzelne der sie durchsetzenden dornförmigen
Trabekel sind deutlich erkennbar.
Nach den angegebenen Merkmalen kann man diese Stücke
zu Orbicella Defrancei rechnen, welche aus dem Miocän von
Bordeaux, Turin, Dego, ferner aus Siebenbügen, Mähren, Un-
sarnı und dem Taurus beschrieben ist und zu welcher vielleicht
auch ein Stück aus der mittelägyptischen Wüste ö. Kairo gehört.!)
Die vorliegenden Stücke stammen aus dem Wadi Werdan in der
n. w. Sinaihalbinsel und befinden sich in der Coll. Geol. Surv.
Esypt. N. 3885. Das Vorkommen von Miocän im Wadi Werdan
ist zwar noch nicht konstatiert, scheint mir jedoch nach dem
was wir über die Geologie der umliegenden Gebiete wissen, nicht
ausgeschlossen zu sein. BLANCKENHORN’) gibt allerdings an:
„Am Karawanenwege, der parallel der Küste von Aijun Musa
bei Sues zum Katharinenkloster führt, scheinen die Miocänab-
lagerungen zwischen dem Wadi Werdan und dem Oberlauf des
Wadi Amara ihren Anfang zu nehmen und zwar in Gestalt aus-
sedehnter petrefaktenioser Gypslager. Spuren einer Fauna (Austern
und Pectiniden) zeigen sich erst in der Gegend des Wadi Cha-
randel und vermehren sich dann südwärts.“ Doch scheint das
Wadi Werdan überhaupt noch nicht eigentlich besucht bez.
untersucht, sonder stets nur in seiner untersten Partie durch-
kreuzt worden zu sein. Auch J. WALTHER folgte dieser Route.
I. Pleistocäne Korallen und Riffkalke.
1. Die fossilen Ritfe der Sinaihalbinsel.
Unsere Kenntnis von denselben beruht fast ausschließlich
auf den Untersuchungen von JOHANNES WALTHER und
W. F. Hume’). Ersterer hat die Resultate seiner Beobachtungen
in einer Arbeit! „Die Korallenriffe der Sinaihalbinsel“ *) nieder-
gelegt, welcher auch die folgenden Angaben entnommen sind.
Die im übrigen so wichtige Arbeit von Mırne#°) enthält über
Korallenkalke nur wenige, kurze Bemerkungen. WALTHER konnte
Dessroben. », 1.90.
?) Neues zur Geologie und Paläontologie Ägyptens. 3. Das
Mioeän. Aeiischr295. 1900.33 79.
®) Sur la geologie du Sinai oriental. ons g£ol. internat.
Compt. rendus de la VIII. Sess. en France. 2. S. 913. Paris 1901.
*) Abh. d. math.-phys. Cl. d. kgl. sächs. Ges. d. Wiss. 14.
No. X. Leipzig 1888. Für die freundliche Erlaubnis, einige seiner
von diesen Riffen aufgenommenen Profile und Ansichten hier reprodu-
zieren zu dürfen, sage ich Herrn Professor J. WALTHER auch an
dieser Stelle meinen herzlichsten Dank!
®) Geolog. Notes on the Sinaitic peninsula and NW-Arabia.
Quart. Journ. Geol. Soc. 31. S. 1, 1875.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 56. 2. 12
178
die fossilen Riffe der Sinaihalbinsel in zwei Gruppen gliedern,
welche er als das jüngere und als das ältere fossile Rift be-
zeichnete. Eirsteres hält er für pleistocän, letzteres für pliocän.
Dagegen nimmt Rornrrerz‘), wie es scheint, für sämtliche
Riffe ein quartäres Alter an. Diese Einteilung WALTHERS einer-
seits und die Altersbestimmung von RoTHPLETZ andererseits
wurde später von Humr bestätigt und die beiden Gruppen als
„Serie corallienne inferieure* bez. „Calcaire corallien superieur“
bezeichnet.
Fig. 1. Das jüngere fossile Riff am Westfuße des Gebel Hammäm-Müsa.
(Nach J. WALTHER).
1. Das jüngere fossile Riff. Es befindet sich gegen-
wärtig 10 m hoch oberhalb des Meeresspiegels. Es besitzt
überall eine gleiche petrographische Beschaffenheit, doch bilden
mehrfach subfossile, z. T. breccienartig ausgebildete Riffgesteine
einen Übergang zum lebenden Saumriff der Küste. Der Riffkalk
setzt sich — abgesehen von den eingeschlossenen Conchylien etc.
-— aus zwei Elementen zusammen: 1. den Korallenstöcken bez.
Fragmenten solcher; 2. der detritogenen Füllmasse. Letztere
wurde ursprünglich als Kalksand gebildet, welcher sich vorzugs-
weise aus den von der Brandung zerriebenen oder von Krebsen
zerbrochenen Gehäusen und Schalen von Organismen, besonders
von Korallen, Mollusken, Crustaceen und Echiniden zusammen-
setzt. Später wird er durch Absätze und Niederschlag von
Caleiumkarbonat, ev. durch völlige Umkristallisierung zu einem
mehr oder minder festen, bald porösen, bald fast dichten Kalk-
stein verfestigt. Von Korallen dürfte sich nach WALTHER
namentlich Madrepora, die brüchigste und daher leicht zerreib-
lichste aller Korallen, an der Bildung des Kalksandes beteiligen,
da diese Gattung auf dem lebenden Rift dominiert, in dem
fossilen zurücktritt, wenn auch Fragmente überall zu erkennen
sind. Ferner sind in dem jüngeren fossilen Riff kleine Nester
von Lithothamnium häufig, welche ihre Struktur vortreftlich er-
!) Stratigraphisches von der Sinaihalbinsel. N. Jahrb. f. Min.
1893 1. S. 104.
halten haben.!) Die Mächtigkeit dieser jüngeren Riffkalke ist
z. B. südlich des Gebel Hammäm Pharaün 3—5 m. Der
Korallenkalk von Abü Suere, Gebel Naküs und Gebel Hammäm
Müsa zeigt 3,5 m in der unteren, 1 m in der oberen Terrasse.
Mächtiger sind die jüngeren Riffkalke am Räs Muhämmed, doch
sind die Aufschlüsse nicht tief genug, um die ganze Mächtigkeit
zu übersehen. WALTHER schätzt sie auf 9 m.
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Fig.2. Westabhang des Gebel Naküs bei Abü Sure. (Nach J. WALTHER).
1. Granit. 2. Nubischer Sandstein. 3. Alteres fossiles Riff. 4. Jüngeres
fossiles Riff. 5. Klingender Sand des Gebel Naküs.
2. Das ältere fossile Riff. Dieses fand WALTHER am
Gebel Hammäm Müsa bei Tör und am Räs Muhämmed, der
Südspitze der Sinaihalbinsel entwickelt. Der es bildende Korallen-
kalk ist überall stark metamorphosiert und dabei in einen
Dolomit verwandelt worden. Die Korallenskelete sind meistens
dabei verschwunden und es liegen nur Abdrücke derselben bez.
die Ausgüsse der Kelche vor. Das Gestein des Gebel Hammäm
Müsa erscheint als ein harter, körniger, z. T. dichter, gebräunter
Kalk, der sehr an gewisse Dolomite der Zechsteinformation er-
innert. Er enthält tatsächlich 80,07 Teile Karbonat mit 60
Prozent CaCO; und 40 Prozent MeCO;3, darf also direkt Dolomit
I Wieiel:.: Wiese) (ea
Fig. 3. Profil durch den Gebel Hammäm Müsa.
(Nach J. WALTHER).
]. Nubischer Sandstein. 2. Exogyra-Mergel. 3. Weiße Flintkalke
4. Nummuliten-Kalk. 5. Riffkalke. 6. Sand der Gaäwüste. 7. Meer.
Zu VersEJWALTHER 34 22.0.0. VL, 84.
12*
180
genannt werden. Auf diesem Berge erreicht das ältere fossile
Riff die bedeutende Höhe von 230 m. Zwischen dieses und die
jungfossilen Riffe am Strande schaltet sich hier sowohl wie am
Räs Muhämmed eine feinkörnige graue Breccie ein, von WALTHER
als Grussandstein bezeichnet. Am Räs Muhämmed findet sich
teils ein korallenreiches Gestein mit einem dem Dolomit des
Gebel Hammäm Müsa sehr ähnlichen Habitus und vielen Nega-
tiven, teils aber ein hellvioletter oder hellroter sehr fester Kalk
mit muschligem Bruch, welcher gänzlich ‘aus Korallen zu be-
stehen scheint und sich durch seine genannten Farben und
seinen glattmuschligen Bruch wesentlich von dem Dolomit des
Gebel Hammäm Müsa unterscheidet. Was schließlich die Mächtig-
keit der älteren Riffkalke und Dolomite anlangt, so beträgt die-
selbe am Ostabhang des G. Hammäm Müsa zwischen 2 und 6 m;
nach NW zu ist sie bedeutender, bleibt jedoch unter dem Be-
trage von 15 m. Am Räs Muhämmed beträgt ihre Mächtiekeit
gesen 7 m; auf der Klippe des Räs ist sie nicht sicher festzu-
stellen, scheint aber die genannten Zahlen nicht zu übersteigen.
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Fig. 4. Profil durch die Ostküste des Räs Muhämmed.
(Nach J. WALTHER).
1. Nubischer Sandstein. 2. Lebendes Se 3. Abgestorbenes Saum-
riff. 4. Jüngeres fossiles Riff. 5. Älteres fossiles Riff.
Aus diesen älteren Riffen auf dem Räs Muhämmed liegen
mir aus der Coll. Geol. Surv. Egypt 5 Exemplare vor (N. 4780
[4 Stück] und 3639), denen als 6. wohl auch das Stück
N. 3592 beizufügen ist. Ihre Untersuchung ergab folgendes:
181
N. 4780a ist ein fester, etwas zellig-poröser Kalkstein !),
welcher die Kelchausgüsse einer Mussa zeigt. Eine spezifische
Bestimmung derselben ist natürlich nicht auszuführen, doch
könnte man nach den regelmäßigen Umrissen der Kelche etwa
an Mussa rudıs E. H. denken. Außen ist das Gestein gebräunt,
auf frischem Bruch dagegen von weißlicher Farbe. Im Dünn-
schliff u. d. M. fanden sich von erkennbaren organischen Resten
der Querschnitt eines Echinidenstachels und einige Lithothamnium-
fragmente mit schön erhaltener Struktur. Das Gestein selbst
gleicht einem sehr gleichmäßig und zwar äußerst feinkörnigen
kristallinischem Kalkstein, ist jedoch stark porös. Die Wan-
dungen der Hohlräume sind meist mit wasserklaren, zuweilen in
scharfen Rhomboödern kristallisierten Kalkspat austapeziert.
N. 4780b ist eine Orbicella Lyonst n. sp. Die Struktur
ist makroskopisch gut erhalten, im Dünnschliff zeigt sich die
Faserstruktur des Skelets verschwunden.
N. 4780c ist eine schlecht erhaltene Echinopora.
N. 4780d ist ein auch generisch nicht sicher bestimmbares
Astraeidenfragment.
N. 5639 ist ein Rifikalk, auf frischem Bruch von blaß-
bräunlicher Farbe mit zahlreichen Versteinerungen, die jedoch
sämtlich nur als Abdrücke bez. Steinkerne erhalten sind. Von
Korallen findet sich Oyeloseris eyclohtes E. H. (Lam. sp.) und
Serialopora sp. Erstere wird bereits von M. Epwarps als „sub-
fossile des terrains röcents de ’Egypte“ angeführt ?).
Es liegt mir ferner ein mit N. 3592 bezeichnetes Stück
aus dem Wadi Jeran am Westabhang des Sinai vor. Es ist die
Bemerkung beigefügt: „appear to be closely associated with the
Miocene beds“. Es ist ein gelblicher Kalkstein, ähnlich N. 3639
mit verschiedenen Versteinerungen, welche nur als Negative er-
halten sind. Auf einer Seite trägt das Stück einen sehr
scharfen Abdruck der Oberfläche einer Plerastraea Savignyi E. H.
Da mir diese Form aus dem ägyptischen Miocän nicht bekannt
geworden ist, wohl aber sie von M. Epwarps’) als „Fossile
des depöts r&ecents des bords de la mer Rouge“ angeführt wird,
halte ich das Stück ebenfalls nur für altpleistocän.
2. Die fossilen Riffe der Ostküste Ägyptens.
Entsprechend der zuerst von J. WALTHER erkannten Zwei-
!) Inwieweit hier und auf folgenden Seiten die als „Kalkstein“
bezeichneten Stücke richtiger „dolomitischer Kalkstein“ bez. „Dolomit“
zu nennen wären, muß natürlich dahingestellt bleiben, da die Stücke
nicht chemisch untersucht wurden.
2, Hist. nat. des Corall. 3. S. 50,
?) Desgl. 2, S, 553,
182
teilung der fossilen Korallenriffe an der Westküste der Sinai-
halbinsel konnten BArron und Hume!) auch an der Westküste
des Golfes von Sues unter den pleistocänen Strand- und Rif-
bildungen zwei Gruppen unterscheiden: eine jüngere — „raised
beaches and lower coral reefs* —, deren Bildungen sich im all-
semeinen längs der Küste hinziehen und an dieser sich bis etwa
25 m Höhe erheben und eine zweite ältere — „higher coral
reefs“ —, welche durchschnittlich 4+—7 km von der Küste entfernt
sind und sich in sehr verschiedener, zuweilen sehr beträchtlicher Höhe
über dem Meeresspiegel finden. Diese kann nach BArRRoN und
Humze 150—170 m betragen; an dem von SCHWEINFURTH unter-
suchten Wedge Hill erreicht sie sogar den Betrag von 366 m.
In typischer Weise sind diese jüngeren Bildungen z. B. nördlich
von Kosseir entwickelt. Sie enthalten dort außer zahlreichen
Molluskeu namentlich folgende Seeigelformen: Laganum depressum,
Olypeaster scutiforme und Heterocentrotus mammillatus. Nach
der Häufigkeit der Gattung ZLaganum wurde diese Ausbildung
der jüngeren Gruppe als „Laganum bed“ bezeichnet. Von der
Korallenfauna sind die typischsten Vertreter Gontastraea-Arten
(Gon. haltcora Kuunz., G. retiformis Lam., @. pectinata Eurs,),
Porites solida Forsk., Coeloria arabica Kıunz., Orbicella laxa-
mammillosa Kuunz., CUyphastraea chalcıidicum Forsk. sp. und
Stderastraea sp. Als einige weitere Vorkommen mögen genannt
sein: die Umgebung des Leuchtturms am Räs Gharib, die
Ebene zwischen Räs Gemsa und Gebel Zeit, der gehobene
Strand am Räs Gemsa in 15 m Höhe, desgleichen östlich vom
Gebel Esh, sowie bei Abü Shigeli in 24 m Höhe; am Wadi
Queh in 18— 24 m Höhe.
In den älteren Riffbildungen trifft man lokal, wie z. B. in
den 178 m über d. M. liegenden Bildungen im Wadi Abü
Shigeli noch Zaganum depressum und Olypeaster scutiforme, die
vorherrschenden Formen sind aber Brissus carinatus, sehr ver-
wandt mit Br. ägyptiacus aus dem Obermiocän und Clypeaster
humilhs, welcher dem obermiocänen Olyp. priemi sehr nahe
steht. Von den Korallen treten die Gomtastraeen zurück; es
findet sich neben noch lebenden Arten wie (Coscinaraea montle
Forsk., COyphastraea chalcidieum FoRsk. sp., COycloseris cyclolites
Lam. eine Anzahl von ausgestorbenen Formen wie ©. Zyonst
n. sp., Oyphastraea intermedia n. sp., und Favia minor n. sp.
Auch kann man wohl mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit an-
nehmen, daß von den von M. Epwarps und J. HaımEe aus den
!) BARRON und Humz, Topography and Geology of the Eastern
desert of Egypt. Geol. Surv. Rep. Cairo 1902. S. 185.
183
„depöts r&ecents des bords de la mer Rouge“ beschriebenen aus-
sestorbenen Arten wenigstens ein Teil aus diesen älteren Riff-
bildungen stammt. Jedenfalls ergibt sich als Resultat der Unter-
suchung der Korallen derselben, daß zahlreiche Arten von ihnen
ausgestorben sind, daß also die Zusammensetzung der Fauna
eine von derjenigen der heutigen Riffe nicht unwesentlich ver-
schiedene war. Der eigentliche Charakter der Korallenfauna ist
z. Z. noch nicht zu definieren, da eben, wie oben erwähnt, die
spezielle Provenienz und Verbreitung der von M. Epwarps und
J. Haıme beschriebenen Arten, unter denen sich allein drei aus-
sestorbene Fungiden befinden (Maeandroseris Bottae L. Rouss.,
Pavonia Ehrenberge E. H. sp. und Agarzcıa Forskali EB. H.)
nicht bekannt ist. Uberhaupt ist im Ganzen genommen unsere
Kenntnis von der Korallenfauna dieser pleistocänen Riffbildungen
eine noch sehr lückenhaftee Es hat dies seinen Grund nament-
lich in dem früher besprochenen mangelhaften Erhaltungszustand
des vorliegenden Materiales, infolgedessen eine sichere spezifische
Bestimmung vieler Exemplare unmöglich geworden ist. Bezüglich
der in weit größerer Zahl vorliegenden und gut erhaltenen
Mollusken ist eine wesentliche Differenz in dem Faunencharakter
der älteren und der jüngeren Strand- und Riffbildungen bereits
nachgewiesen.) Die Molluskenfauna der älteren Bildungen ist
namentlich ausgezeichnet durch das Vorherrschen der Gattungen
Pecten, Chlamys, Alectryonia und Lithophagus, welche in den
jüngeren Bildungen sehr selten sind. Was schließlich das Vor-
kommen der älteren Riffbildungen anlangt, so trifft man diese
in typischer Ausbildung z. B. im Wadi Queh in 72 m, im Wadi
Hamrawein in 90 m, im Wadi Abü Shigeli in 114—165 m
Höhe. An letzterer Stelle lassen sich zwei Lagen unterscheiden:
Eine untere in 114 m Höhe mit Strombus tricornis Lam. (oder
Sir. BonellÜ Brgnt.), Cassis cf. laevigata Derr., Fusus poly-
gonordes Lam., Lithophagus Avitensis May. Eym. und eine obere
in 168 m Höhe. Letztere enthält zahlreiche Echiniden: Brıssus
carinatus, Laganum depressum und Olypeaster scutiforme; von
Mollusken: Venus reticulata Linx., Cardium leucostoma Born.
Weiter finden sich ältere Riffbildungen bei Ambage westlich Kosseir
in 80—156 m Höhe, in welchen das eigentliehe Korallenriff
eine Mächtigkeit von 3 m besitzt. Hier sind diese Bildungen
zuerst von O. Fraas?) beschrieben und später namentlich in
!) Vergl. Newton, Pleistocene shells from the raised beach
deposits of the Red Sea. Geol. Magaz. New Ser. Dec. IV. 7. S. 500
u. 544. BARRON and Hume. a. a. O. S. 142.
?) Geologisches aus dem Orient. Jahresh. des Vereins f. Naturk,
in Württemberg 23. S. 178. 1867.
Fig. 5. Profil zwischen Bir el Jnglis und der Küste des
Roten Meeres. (Nach E. FRAAS.)
G = altes Gebirge. I = Nubischer Sandstein. 11 = Campanien.
III = unt. Eocän. A = Pleistocäne Korallenriffbildungen.
Aı = lebendes Rift.
Bezug auf ihre Lagerung von E. Fraas'), BARRoN und Hums,
in Bezug auf ihre Fauna auch von KLunzınGer und NEWTON
untersucht worden. Sie ruhen teils auf Eocän, teils direkt auf
altem Gebirge. Außer dem eigentlichen Riffkalk bestehen sie
aus zugehörigen Meeresgebilden wie Gypsen, salzführenden Mergeln
und Sanden. Weitere Vorkommen trifft man im Wadi Barud in
238 m Höhe. Hier finden sich zwei Arten von Cyphastraea,
deren eine wahrscheinlich neu ist,
Mächtige derartige Riffbildungen stellen die von SCHWEINFURTH
entdeckten und untersuchten Kalkberge in der Nachbarschaft des
Gebel Dara und Gebel Gharib dar. Östlich von ihnen erheben
sich aus kalkigen Gesteinen bestehende Berge, unter denen. be-
sonders der Wedge Hill zu nennen ist, dessen ganze obere
Masse nach SCHWEINFURTH in einer bis 300 Fuß erreichenden
Mächtigkeit von Korallenriffen gebildet wird.) Ob freilich diese
Angabe des verdienstvollen Forschers bez. dieser kolossalen
Mächtigkeit der dortigen Riffe sich bestätigen wird, bleibt an-
gesichts der Erfahrungen, welche J. WALtHer am Gebel Hammäm
Müsa bei Tör machte, abzuwarten. Auch an diesem Berge war
der genannte Forscher am 1. Tage seines Besuches der sicheren
Meinung, einen 230 m dicken, kompakten Korallenberg vor sich
zu haben. Erst eine eingehende Untersuchung des Berges zeigte
nach Entdeckung einiger guter Aufschlüsse, daß jene Riffkalke
nur eine kappenförmige Bedeckung oder, wo sie tiefer herab-
reichte, mantelförmige Bekleidung des Berges bildeten. Die
Mächtigkeit derselben erreichte im Maximum noch nicht den
Betrag von 15 m. Nach solchen Erfahrungen wird man auch
I) Geognostisches Profil vom Nil zum Rothen Meer. Diese Zeitschr.
52. 1900. S. 569. Für die freundliche Erlaubnis eines der in dieser
Arbeit gegebenen Profile, welches jene fossile Riff bei Kosseir durch-
schneidet, hier reproduzieren zu dürfen, sage ich Herrn Professor
FrAAS auch an dieser Stelle meinen besten Dank!
?) Vergl. dazu SCHWEINFURTHS Aufnahmen von der östlichen
Wüste Agyptens. Blatt V,
Fig. 6. Blick auf den „Wedge Hill“ (der NArzsschen Seekarte) im
N des Wadi Dara von NO aus. (Die Zahlen bedeuten Höhen in engl.
Fuß ü. d. M.)
K = Beginn der Korallenkalke.
G = Gelber Kalk |
H. E. = Schicht mit Hemiaster cubicus und Exogyra. ( Obere Kreide.
S = Sandstein |
in Bezug auf die Beurteilung der Mächtigkeit recenter Riffe
immer vorsichtiger werden müssen, auf welchen Punkt namentlich
L. Fauror!) aufmerksam gemacht hat. Schon Quoy et GAYMARD?)
stellten in ihrer höchst beachtenswerten Arbeit — wenn sie auch
in einigen Behauptungen zu weit gingen — als ein Resultat
ihrer Forschungen im Pazifischen Ozean den Satz auf: „Tous
ces recifs de Taiti, de l’Archipel dangereux, de celui de Na-
vigateurs, des iles des Amis etc., ne sont madreporiques qu’
ä& la surface.“ Auch an anderer Stelle?) sprachen sie, die
Resultate ihrer Beobachtungen irriger Weise zu sehr verall-
gemeinernd, die Meinung aus: „Ces animaux ne forment que des
couches ou des encroütemens de quelques toises d’epaisseur.*
Hierin folgten ihnen EurENBERG®) u. a.
In neuester Zeit kamen Barron und Humr°), sowie G. Boenm‘)
‘) Rapport sur une Mission dans la Mer Rouge. Arch. Zool.
exper. II. ser. 4. S. 128.
?) M&m. sur l’accroissement des Polypes lithophytes consider& g£ol.
Annales Sc. nat. 6. S. 286.
ara. 2.10.0321275.
*) Uber die Natur und Bildung der Korallenbänke des Rothen
Meeres. Abh. k. Akad. d. Wiss. Berlin 1832. T. I. Berlin 1834.
Dear 2.2.02 8.2147.
°%) Geologische Ergebnisse einer Reise in den Molukken. Compt.
Rendus. IX. Congres g£eol. internat. Vienne 1903,
186
ebenfalls zu dem Resultat, daß wahre Korallenriffe keine besonders
große Mächtigkeit erreichen. Erstere fanden bei ihren Aufnahmen
in dem östlichen Teil der mittelägyptischen Wüste kein Riff,
welches dicker als 3,6 m gewesen wäre. G. Bornm schlägt
sogar vor, den Ausdruck „Korallenriff* ganz fallen zu lassen.
Letzteres geht wohl zu weit, da das Wort „Riff“ gleich den
Begriff in sich schließt, daß die betreffenden Organismen (Korallen,
Hydrocorallinen, Kalkalgen) an Ort und Stelle gewachsen sind,
während eine „Bank“ ebensogut aus zusammengeschwemmten
Resten gebildet sein kann. Wo übrigens Senkungen des Bodens
stattfinden, können auch Korallenriffe eine sehr bedeutende
Mächtigkeit erreichen, nur in Hebungsgebieten werden die Riffe
dünn bleiben und ausschließlich an horizontaler Ausdehnung ge-
winnen.
Da man nicht annehmen kann, daß der Spiegel des Roten
Meeres in der Alt-Pleistocän-Zeit um 366 m!) höher gestanden
habe, so muß man tatsächlich wie schon KLUNZINGER aussprach,
annehmen, daß jene Riffkalke wenigstens z. T. durch eine wirkliche
Hebung in jene Höhe gebracht worden seien. Auch RoruPpLErz’)
ist bezüglich der fossilen Riffe an der Sinaihalbinsel der Ansicht,
daß die jetzige Lage dieser Schichten nicht ausschließlich
durch eine Senkung des Meeresspiegels um über 250 m erklärt
werden könne. Jedenfalls hätten Bewegungen in der festen Unter-
lage stattgefunden. Wenn ich Rorsrrerz hierin beistimme, so
nehme ich doch andrerseits an, daß das Emportauchen der sogen.
jüngeren Riffe WALTHERS an der Sinaihalbinsel wohl ausschließlich
durch eine regredierende Bewegung des Meeres bedingt worden ist.
Durch die Forschungen verschiedener Geologen sind in dem
uns beschäftigenden Gebiete zahlreiche Bruchlinien nachgewiesen
worden. Infolge dieser und den damit in Zusammenhang stehenden
Hebungen und Senkungen erheben sich gegenwärtig diese älteren
postmiocänen Riftbildungen bis zu außerordentlich verschiedenen
Höhen über dem Spiegel des Roten Meeres. Es ereibt sich aus
dem Studium der tektonischen Verhältnisse jener Gebiete, dal)
die Verschiebung selbst benachbarter, durch die erwähnten Bruch-
linien entstandener Schollen eine ungleichmäßige gewesen ist.
Die gleiche Anschauung vertritt auch J. WALTHER, wenn er
schreibt: „Wenn ein so zerstücktes und in selbständige Glieder
aufgelöstes Gebirgsland durch „Hebung“ centrifugal bewegt wurde,
so werden sich meiner Ansicht nach die einzelnen Teile in ver-
schiedenem Maße bewegen, und längs der großen und kleinen
!) Höhe des Wedge Hill 1200‘ engl. = 366 m.
2) a. a. O. S. 104.
187
Verwerfungen wird sich eine individualisierte Bewegung der Schollen
geltend machen. Das Ausmaß solcher Bewegungen wird in der
gleichen Zeit an verschiedenen Punkten der Küste ein verschiedenes
sein.“ Dadurch ist es geschehen, daß selbst gleichaltrige Ko-
ralienlager in eine verschiedene absolute Meereshöhe gelangt sind,
ein Umstand, der wiederum die genaue Bestimmung ihres geolo-
gischen Alters erschweren muß. Da jedoch die Hebungen und
Senkungen nicht ruckweise, sondern langsam und allmählich vor sich
gegangen sind, so wird man immerhin denjenigen Riffen, welche sich
bis zur größten Höhe über den jetzigen Meeresspiegel erheben, im
allgemeinen das bedeutendste Alter zuschreiben müssen. Nach
den Resultaten der paläontologischen Untersuchung der einzelnen
Arten der in ihnen enthaltenen Korallenfauna zu urteilen, könnte
man es nicht für ausgeschlossen halten, daß die ältesten der-
artigen Bildungen bis in die Pliocänzeit zurückreichen. Diese
jüngste negative Strandverschiebung scheint heute noch fortzudauern.
Wie Krunzınger!) angibt, ist selbst das Volk dieser Meinung
und die älteren Leute behaupten alle, daß früher da, wo jetzt
trockner Korallboden ist, das Meer stand.
Mir liegen aus der Sammlung der Geol. Surv. of Egypt
Kalke und Korallen aus fossilen Riffbildungen von folgenden
Punkten der Ostküste Ägyptens vor: Gebel Esh, Abü Sha’ar
und Räs Gemsah. Ich gebe zunächst eine kurze Beschreibung
derselben.
1. Exemplare vom Gebel Esh. Es liegen 3. Stück
Rittkalke und 2 isolierte Korallenfragmente vor.
N. 5547 a ist ein sehr fester, makroskopisch nur ver-
einzelte kleine unregelmäßige Hohlräume zeigender Kalk von fast
splittrigem Bruch. Einige eingeschlossene Korallenreste können
als Durchschnitte einer Mussa gedeutet werden. Im Dünnschliff
u. d. M. zeigt sich das Gestein ganz erfüllt von organischen
Resten, die gut erhalten sind. Man findet Lithothamnium mit
noch schön erhaltener Struktur, sehr zahlreiche Foraminiferen,
Durchschnitte von Echinidenstäacheln und von Molluskenschalen,
Fragmente von Bryozoen: Alles eingebettet in einen äußerst
feinkörnigen kalkigen Detritus. Trotz der ziemlich wohl er-
haltenen organischen Reste zeigt der Kalkstein deutliche Anzeigen
der Umbildung. Zu den makroskopisch wahrnehmbaren Hohl-
räumen gesellen sich u. d. M. zahllose andere, welche indes an
ihren Wandungen z. T. mit neugebildeten Calcitpartieen ausge-
kleidet sind. Diese heben sich durch die Klarheit und Reinheit
!) Die Umgegend von Quoseir. Zeitsch. d. Ges. f. Erdkunde zu
Berlin 14. S. 431. Quoseir=Kosseir oder Kosser.
188
ihrer Substanz scharf gegen den ursprünglichen Kalkstein ab.
N. 5547b ist ein sehr fester, weißlich-grauer Riffkalk mit
zahlreichen kleinen Hohlräumen. Auf frischem Bruch gleicht er
einem fein-kristallinischen Kalkstein. In ihm ist eine Cyphastraea
eingeschlossen, welche leider wegen ihrer mangelhaften Erhaltung
keine spezifische Bestimmung zuläßt. Im Dünnschliff zeigt sich
das Gestein fast vollkommen umkristallisiert. Das ehemalige
Vorhandensein von organischen Resten wird nur noch durch
dunklere Konturen und verschwommene, regelmäßiger begrenzte
Partieen angedeutet. Die zahlreichen unregelmäßigen Hohlräume
sind teils leer, teils nachträglich durch farblose Oalcitaggregate
erfüllt. Letztere sind beträchtlich gröberspätig als bei N. 5547a.
N. 5547e ist ein Kalkstein mit einem eingeschlossenen
Fragment eines dickästigen Porites. Die Äste zeigen auf dem
Querbruch konzentrisch-lagenförmigen Aufbau. Eine Oberfläche
ist nicht erhalten.
N. 5547d ist ein nicht näher bestimmbares Fragment einer
Prionastraea.
N. 5555 ist eine Orbicella, wahrscheinlich zu O. Zyonst
n. sp. gehörig. Sie enthält eine große Pholas. Auf der Ober-
fläche ist sie leicht gebräunt, auf frischem Bruch von hellgrauer
Farbe und feinkörnigem Gefüge.
2. Exemplare von Abu Sha’ar.
Die beiden mir unter N. 1796 vorliegenden Stücke Riff-
kalk gehören zusammen. Sie enthalten mehrere dünne Lagen
einer ursprünglich wohl krustenförmig wachsenden Porites-Art
und ein großes Fragment einer Orbicella ef. Lyonst n. sp, Das
Gestein enthält zahllose kleine, unregelmäßige Hohlräume. Im
Dünnschlift u. d. M. sieht man, dal dieselben z. T. aufgelösten
organischen Einschlüssen ihre Entstehung verdanken. Ein anderer
Teil der Organismenreste ist dagegen noch erhalten. Man er-
kennt außer den erwähnten Porites-Lagen Foraminiferen, Durch-
schnitte von Echiniden - Stacheln und -Gehäusfragmenten, von
Muscheln etc. Die Faserstruktur der Korallenskelete ist ver-
schwunden und ein trüber, feinkörniger Kalkstein an ihre Stelle
getreten. In den Septocostalradien der erwähnten Orbicella sind
merkwürdigerweise gerade die Kalzifikationszentren durch Aus-
laugung verschwunden, die sekundären ua iss dagegen
erhalten, allerdings umkristallisiert.
N. 1779 ist ein in einen sehr festen und harten Kalkstein
verwandeltes Korallenfragment, welches von einer nicht näher
bestimmbaren Goniastraea herrührt. Zahlreiche Bohrgäuge einer
Teredo-Art durchsetzen es. Im Dünnschliff u. d. M. zeigte sich
das Korallenskelet in vollständiger Umkristallisierung begriffen;
189
durch Auslaugung ist sein Gefüge gelockert und sind Hohlräume
entstanden, welche sich durch Neubildungen von Caleit wieder
auszufüllen beginnen. Der das Korallenfragment umhüllende Kalk
besitzt ein feinkörniges Gefüge. Er enthält zahlreiche organische
Reste, welche jedoch meist unkenntlich geworden sind; nur ver-
einzelte Foraminiferen lassen sich unterscheiden.
3. Exemplare vom Räs Gemsah.
Unter N. 5546 liegen mir drei äußerst schlecht erhaltene
Korallenfragmente und ein Stück Riffkalk vor. Erstere gehören
vielleicht den Gattungen Prionastraea und Cyphastraea au,
letzterer zeigt sich im Dünnschliff u. d. M. ganz erfüllt von or-
ganischen Resten. Besonders zahlreich sind Fragmente von
Lithothamnium, welche noch schön erhaltene Struktur zeigen;
außerdem erkennt man Foraminiferen, Durchschnitte von Echiniden-
stacheln und von Conchylienschalen. Zwischen den Resten liegt
ein äußerst feinkörniger kalkiger Detritus. In diesem sind kleine,
unregelmäßige Hohlräume nicht selten. Geringe caleitische Neu-
bildungen in diesen einerseits, die gut erhaltene Struktur der
organischen Reste andrerseits zeigen, daß auch dieses Gestein
sich in den ersten Stadien eines Umwandlungsprozesses befindet.
Zu diesem Material gesellen sich einige Korallen, weiche
SCHWEINFURTH in den Jahren 1878 und 1885 im Wadi Gharib
und am Wedge Hill sammelte und die sich jetzt im Kgl. Museum
für Naturkunde in Berlin befinden. Unter ihnen ließen sich
5 Arten unterscheiden, von denen 2, Coscinaraea monile FoRsK.
und eine neue Orbicella, die ich ©. Zyonst nenne, in nur je
einem Exemplar vorliegen. Von den 3 andren Arten ist die
eine als eine ebenfalls neue Favia, —= F. minor, zu betrachten,
nahe verwandt mit der jetzt im Roten Meer lebenden F! Ehren-
berge Krunz., die 2. gehört zu Cyphastraea chalcidieum Forsk.
und die dritte blieb infolge ihres allzu mangelhaften Erhaltungs-
zustandes unbestimmbar. Zwischen den Korallen finden sich
Stöcke von Lithothamnium. Nach dem Charakter dieser ge-
nannten, allerdings sehr formenarmen Fauna dürfte diese Rift-
bildung als eine der ältesten zu betrachten, vielleicht sogar noch
jungpliocän sein: eine Annahme, mit welcher auch ihre bedeutende
Erhebung über dem Meeresspiegel — 276 bis 366 m — im
Einklang stehen würde. Unter den 4 bestimmbaren Arten findet
sich nämlich Cyphastraea chalcidıeum sowohl in ägyptischen
Mioeänbildungen als auch noch lebend im Roten Meer; von den
drei anderen Arten sind 2, Favia minor und Orbicella Lyonst
neu, bez. lebend nicht bekannt, während die dritte, Coscinaraea
monde zwar noch lebend im Roten Meer vorkommt, aber zu
den selteneren Formen gehört. Sie hat überhaupt einen alter-
190
Aelteres fossiles
Anderweitige
Aegypten
Aegypten
Sinai —H.J.
Miocän
von Aegypten
Vorkommen.
Fossile Riffe
am Roten Meer
Jüngeres fossiles
Rift.
Riff.
Aelteres fossiles
Riff. Sinai — H.).
Rotes Meer
Jüngeres fossiles
Indischer Ozean
Riff.
Poritidae.
Porites cf. lutea QuoY et GAYM.| +
= SOHN TIORSKI EN Ir NET
+
+ zn
|
|
Pacifischer Ozean.
+
++
— cf. alveolata E.H. £
Alveopora daedalea FORSK. . .
Madreporidae.
Madıepora''sp. NL Eros) --
Montipora..Sp- u, 0 0 +
Fungidae.
7. Coscinaraea monie FORSK.
8. Fungia tenuifolia DANA .
9. — valida VERR.
10. Siderastraea Savignyv Bat
11. Oycloseris cyclolites Lam. . .
12. Maeandroseris Bottae L. ROUSS.
13. Pavonia Ehrenbergi E. H. sp.
14. Agaricia Forskali E. H. :
Astraeidae
15. Mussa corymbosa FORSK.
16.0 cl mus er: +
17. Plerastraea Savignyı EB. H.
18. Symphyllia (?) sp. . -
19. Orbicella Forskali E. H. .|+
20. — laxa KLunz. . . .I+
+
21. — laza-mammillosa GREG. „|
22. — annularıs ELL. et SOL.
ben a lee
an
+
-
Pacifischer Ozean. £
++
Great Barrier Reef vo
Australien. Greethar
bour in Neu-Pommern.,
SE
++ +++
Great Barrier Reef
von Australien.
+
++
5)
+++
Westlicher Atlantischeg
gen I Plais “
23. — Lyonsi FEL. n. Sp. u: 2 @l oh se Zansibar Mi
24.Oyphastraea chaleidicumF ORSK.SP.
25. — gibbosa KLUNZ. !
26. — intermedia FEL. n. Sp.
27. — serailia FORSK.
98. Favia minor FEL..n. Sp.
29. — Okeni M. Epw.
30. Prionastraea SP. £
31. Goniastraea favus FORSK.
32. — halicora KLUNZ.
33. — retiformis LAM.
34. — pectinata EHRBRG.
35. Acanthastraca hirsuta E. H.
36. Coeloria arabica KLUNZ.
31. — var. leptochila EHRBRG.
38. H; ydnophora lobatu LAM.
39. Galaxea longissima E. H.
40. Echinopora Sp. :
Stylophoridae.
41. Stylophora cf. elongata LAMm.
42. — cf. subseriata EHRBRG.
43. — pistillata Esp. .
+
44444 44 + +
?+
u
2
| Pleistocän von
Christmas Island.
+++ t+444H4 ++ ++
++
nenn,
+
-I-
+| | | TI Greet Barrier Reet
u
= von Australien.
19
tümlichen Habitus und ihre nächste Verwandte in der ober-
cretaceischen Gattung Astraraea.
Im Dünnschliff u. d. M. zeigt sich die erwähnte Orbicella
Lyonst vollkommen umkristallisiert und von gelockertem Gefüge.
Über ihre chemische Zusammensetzung, nach welcher sie sich
als einen Dolomit herausstellte s. u.
3. Die Anthozoenfauna der pleistocänen Riffe.
Durch eigene Untersuchungen in verschiedenen Sammlungen
und aus Angaben in der Literatur sind mir gegenwärtig aus den
pleistocänen Riffen der Küstengebiete des Roten Meeres 43 Formen
von Anthozoen bekannt geworden, welche in der beifolgenden
Tabelle systematisch geordnet, zusammengestellt sind. Der durch-
schnittlich sehr ungenügende Erhaltungszustand bringt es mit sich,
daß bei manchen Formen von einer Bestimmung der Spezies über-
haupt abgesehen werden mußte, oder eine solche doch nur mit
beigesetztem cf. erfolgen konnte. Zuweilen blieb selbst die Be-
stimmung der Gattung zweifelhaft. Die Tabelle zeigt ferner die
Verbreitung der einzelnen Arten. Diese Übersicht wird allerdings
eine noch durchaus unvollständige sein, teils indem eben viele
vorliegende Exemplare keine sichere Bestimmung zuließen, -teils
weil sich in der Literatur, namentlich bei M. Epwarns, bei
vielen Arten als Provenienz nur angegeben findet: Junge Bildungen
an den Küsten des Roten Meeres. Es wurde daher für solche
Arten eine eigene Spalte eingerichtet. Es geht aber aus der
Tabelle hervor, daß von den 33 ohne cf. spezifisch bestimmten
Arten bez. Varietäten 25 sich noch lebend finden, 8 dagegen aus-
gestorben zu sein scheinen. Es ergäbe dies ca. 76 °/o lebende
und 24 °/, erloschene Formen. Das Verhältnis wird jedoch
wesentlich anders, wenn man auch die mit cf. bestimmten Arten
mit in Betracht zieht, da diese sämtlich auf lebende Formen be-
zogen werden konnten. Man erhält dann 38 Arten, von denen
30 noch leben, 8 ausgestorben sind, also 79 °/u lebende und
21 °/, ausgestorbene Arten. Es ist dies im Bezug auf letztere
ein immerhin noch hoher Prozentsatz, wenn man in Erwägung
zieht, daß die betreffenden Bildungen wahrscheinlich sämtlich nur
quartär sind. Wenigstens in Bezug auf die Anthozoen wäre daher
ein wesentlicher Unterschied gegenüber der recenten Fauna des
Roten Meeres und der Indo-Pacifischen Region zu konstatieren.
Am deutlichsten tritt uns dieser, wie ja auch nicht anders zu
erwarten war, in der Fauna der älteren Riffbildungen entgegen.
Von 7 spezifisch bestimmbaren Arten, für welche eine Provenienz
aus letzteren sicher ist, sind 4 ausgestorben oder wenigstens bis
jetzt lebend nicht gekannt. Es sind dies: Orbecella Lyonst,
Oyphastraea intermedia, Favis minor, Plerastraes Savignyi.
Die mit vorkommende Coscinaraea monde gehört in der jetzt
lebenden Fauna zu den selteneren Formen und besitzt einen alter-
tümlichen, an die obercretaceische Gattung Astraraea erinnernden
Habitus; Cyphastraea chaleidieum findet sich bereits im ägyptischen
Miocän. Von weiteren 3 ausgestorbenen, von M. Epwarps be-
schriebeneu Fungiden: Macandroseris Bottae, Pavonia Ehren-
berge und Agaricia Forskali ist leider die genaue Provenienz
nicht bekannt. Immerhin zeigt diese Fauna so gut wie keine
Beziehungen mehr zu der Miocäukorallenfauna der gleichen Ge-
biete. Nur eine, vielleicht zwei Arten, Oyphastraea chalcidieum
und vielleicht Gonzastraea halicora, sind dem ägyptischem Miocän
und den Postmiocänen bez. recenten Riffbildungen gemeinsam.
Während die miocäne Anthozoenfauna noch einen typisch medi-
terranen Charakter trug, treten in jenen pleistocänen Riffen plötz-
lich zahlreiche Arten des Roten Meeres und der Indo-Pacifischen
Region auf und so spiegeln sich auch in diesen, auf paläonto-
logische Untersuchungen beruhenden Ergebnissen die gewaltigen
geologischen Ereignisse ab, die nach dem Miocän in jenen Gegenden
eintraten: die Abschnürung des ägyptisch-arabischen Miocänmeeres
gegen das Mediterrane Becken und der Aufbruch seiner Reste
nach Süden zum Indischen Ozean. Die miocäne Korallenfauna
ging dabei zu Grunde und nur jene zwei oben genannten Arten
wurden, vielleicht in einer schützenden Bucht eingeschlossen, in
das Quartär hinüber gerettet.
Zu der in der Tabelle sub No. 4 aufgeführten Alveopora
daedalea Forsk. mag noch bemerkt werden, daß es die gleiche
Art ist, welche O. Fraas als Poraraea fenestrata E. H. erwähnt?).
Unter No. 32 habe ich Gonvastraea halıcora Kunz. mit in die
Liste aufgenommen, da es wohl nicht zweifelhaft sein konnte,
daß die Art, selbst wenn das mir vorliegende Exemplar trotz
seines abweichenden. Erhaltungszustandes aus dem ägyptischen
Miocän stammen sollte, dann auch in den diluvialen Ritfen vor-
kommt, da sie sich jetzt noch lebend im Roten Meer findet.
Tatsächlich wird auch die Art in der neuesten Arbeit von BARRON
und Humz aus den jungen Strandbildungen bei Kosseir angeführt.
Ich gebe nun eine spezielle Beschreibung einiger neuer oder un-
genügend bekannter Arten dieser Fauna.
Coscinaraea montle ForskÄL sp.
5 n M . . . . .
1775. Madrepora monie FoRSKAL, Descript. animal., quae in it in.
orient. observ. S. 138.
') O. FrRAAS, Geologisches aus dem Orient, a. a. O. S. 8838.
195
1809. Meandrina cf. labyrinthica SAvıeny, Descript. de l’Egypte
Polyp. 1. ed, S. 234, Pl. V, Fig. 4, 2. &d., 28. S.57.
1834. Astraeau Maeandrina EHRENBERG, Korall. des Roth. Meer., S. 98.
1848. Coscinaraea Bottae M. EDWARDS et J. HAIME, Ann. d. sc.
nat# 9, ser.9: BlNV., Eie. 2, 16.3. 49:
1850. — meandrina M. EDpwArnps Hist. nat. 3. S. 204.
1879. — monile KLUNZINGER, Korallthiere des Roth. Meer. 3.
S 79 Tal IX, Bio. A, Taf. 10, Fig, 17.
Von dieser Art liegt mir nur eine, aber nahezu vollständige
Kolonie vor. Sie stellt eine große, mäßig gewölbte Knolle von
rundlichem Umriß dar, welche mit einem kurzen Strunk 'auf-
gewachsen war. Abgesehen von diesem Strunk ist die Unterseite
leicht konkav. Der Durchmesser dieser Kolonie beträgt 170 mm,
die Höhe (mit dem Strunk) 55 mm. An dem stellenweis frei
plattenförmig vorgewachsenen Rande stehen die Kelche gern in
konzentrischen, dem Rande parallel laufenden Reihen. Die Ober-
seite hat durch Abrollung und Verwitterung stark gelitten und
sind daher die Kelche viel seichter, die sie trennenden Rücken
viel niedriger geworden. Die poröse Struktur der Septen ist
ausgezeichnet zu erkennen. Im übrigen vergl. man die Be-
schreibungen dieser Art bei M. Epwarps und KLUNZINGER.
Das subfossile Vorkommen dieser Koralle hat schon FoRskAL
beobachtet. Sie lebt noch im Roten Meer, ist aber nicht häufig.
Das vorliegende Stück befindet sich im Kgl. Museum f. Naturk.
in Berlin.
Mussa cf. rudıs M. Evw. et. J. H.
1857. Mussa rudis M. EDwArps, Hist. nat. 2. S. 3830, Pl. D 3, Fig. 4.
Eine mir aus dem Wadi Jarath el Hashubi (Süd-Sinaj)
wohl aus jüngerem Riffkalk vorliegende Mussa (Coll. Geol. Surv.
Egypt No. 3487) scheint zu Mussa rudıs gerechnet werden zu
können. Doch ist die Bestimmung nicht sicher, da einesteils
die — wie es scheint — einzige existierende Abbildung, welche
M. Epwarps!) von der genannten Art gibt, durchaus
ungenügend ist, andernteils kein intakter Kelch erhalten ist, so-
daß weder die Beschaffenheit des oberen Septalrandes, noch der
Grad der Überragung der Septen im Bezug auf den Kelchrand
ermittelt werden konnte. Das Stück stellt das Fragment einer
großen Kolonie dar. Es ist 110 mm hoch und besitzt bis
85 mm Durchmesser. Auf der Oberfläche erblickt man die
Durehschnitte von 4 vollständigen Kelchen und an ihren Rändern
bez, den Seitenflächen des Stückes eine weitere Anzahl längs
durchgebrochener Polyparien. Die Kelche besitzen unregelmäßige,
leicht verzogene Umrisse, doch scheinen höchstens 2 zu einer
Lara. 0,
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 56. 2.
194
Reihe zu verschmelzen. _ Im allgemeinen trennen sie sich nach
der Teilung rasch und steigen, ziemlich dicht aneinander ge-
drängt und sehr wenig divergierend, ziemlich vertikal empor.
Die unregelmäßig verzogenen Kelche werden bis 30 mm lang.
In einem isolierten Kelch — 26 mm lang und 21 mm breit —
zählte ich ca. 60 Septen, also 4 vollständige und einen 5. un-
vollständigen Cyklus. Die Septen sind wenig ungleich, ihre
innere Hälfte verdünnt sich beträchtlich, während viele von
ihnen in ihrem äußeren Teil die Stärke von 1 mm erreichen.
Die meisten Septen reichen bis zu der wohlentwickelten spongiösen
Columella. Die. kräftige Außenwand erscheint mit 1 mm breiten,
ziemlich flachen und unter sich fast gleichen Rippen bedeckt,
auf denen sich zahlreiche, doch immerhin auf jeder einzelnen
Rippe ziemlich weitläufig angeordnete, nach aufwärts gerichtete
Spitzen erheben. Durch. Verwitterung und Sandschliff haben sie
zweifellos an Höhe und Schärfe eingebüßt.
Plerastraea Savignyi M. Epw. et J: H.
1848. Symastraea Savignyv M. EDWARDS et J. HAIME, Ann. des sc.
nat. 3.,;ser., 10: Dl.#X Hie 412:
1850. : a M. EDwArps et J. HAIME, a. a. 0.
. . 1949.
1857. Plerustraea Savignyi M. EDwArDs, Hist. nat. 2. S. 5583.
Das eine der beiden untersuchten Exemplare, von der West-
küste des Golfes von Sues stammend, ist das Fragment einer
sehr großen Kolonie: obwohl seine sämtlichen Seiten- sowie seine
Unterfläche nur Bruchflächen sind, besitzt es doch eine Länge
von 130 mm, eine Breite von 70 mm und eine Höhe von
50—70 mm. Mit der Beschreibung und Abbildung, welche
M. Eowarps!) von dieser Art gibt, stimmt es im all-
gemeinen gut überein. Über die Gestalt des Polypars und die
starke Epithekbekleidung lie) sich aus dem oben angeführten
Grunde kein Vergleich anstellen. Die Kelche sind 11—14 mm
groß; sie sind. wenig oder doch nur mäßig vertieft. Die Zahl
der Septen beträgt 24; sie stehen sehr weitläufig und gehen von
einem Kelch ununterbrochen in den andern über. Auf ihren
Seitenflächen tragen sie ziemlich grobe, weitläufig stehende
Körnchen. Im Zentrum der Kelche findet sich eine spongiöse,
oben gekörnte Columella. M. Epwarps nennt dieselbe: „papilleuse,
representee par des pointes du bord interne des cloisons.*
Genauer ausgedrückt entsteht dieselbe dadurch, daß die Septen
sich an ihrem Innenrand in einzelne schräg nach aufwärts ge-
richtete Bälkchen auflösen, welche miteinander in unregelmäßige
EEE O0
195
Verbindung treten. In den Interseptalkammern finden sich zahl-
reiche Traversen von sehr ansehnlicher Größe; sie stehen
1—1,5 mm voneinander ab. Die Mauer bleibt sehr unvoll-
ständig und wird nur durch kurze, tangential und vertikal ver-
laufende Lamellen, welche die mittelsten Partieen der Septocostal-
radien verbinden, dargestellt. Wäre sie überall so vollständig
wie in der linken Kelchgrenze auf der oben cit. Abbildung bei
M. Epwarps, so müßte sie auch auf der Querfläche, namentlich
wenn die Oberfläche abgewittert ist, deutlich sichtbar sein. Dies
ist aber nicht der Fall, wie schon M. Epwarps angibt: „Les
murailles, dont on ne voit pas de traces & la surface du
Belypierst!'.. .
Auch ein 2. Exemplar, welches sich in der Coll. Geol.
Surv. of Egypt befindet und aus dem Wadi Jeran am West-
abhang des Sinai stammt, ist dieser Art zuzurechnen. Es ist
nur als Negativ, als ein sehr scharfer Abdruck der Öberffäche
erhalten. Man erkennt, daß der Oberrand der Septen in rel.
große, spitze, weitläufig stehende Zähne von dreiseitigem Umriß
zerschnitten war. Nach dieser Art der Septalrandbeschaftenheit
würde die Gattung wahrscheinlich zu den Lithophylliaceen zu
stellen sein.
Bezüglich des Vorkommens gibt M. Epwarps an: „Fossile
des depöts recentes des bords de la mer Rouge.“ Lebend
scheint diese Form nicht mehr im Roten Meer vorzukommen
und macht überhaupt einen altertümlichen, an die mesozoischen
Confusastraeen erinnernden Eindruck. M. Epwarps führt noch
2 weitere Arten von Plerastraea an, von denen sich die eine im
Jura, die andere im Eocän findet.
Orbicella Lyonsi n. Sp.
EAN Riem Au:
Die Kolonien dieser Art bildeten knollen- oder kopfförmige
Massen und erreichten sehr beträchtliche Dimensionen. Das
größte der mir vorliegenden Exemplare besitzt einen Durchmesser
von 20 cın und eine Höhe von 11 cm, dabei sind aber seine
sämtlichen Seitenflächen sowie die Unterfläche nur Bruchflächen.
Die Oberfläche gewährt ein sehr verschiedenes Bild. Es ist dies
besonders auf zwei Umstände zurückzuführen: 1. Auf den
Erhaltungszustand, 2. auf eine gewisse Variabilität der Art selbst.
Was den ersten Punkt anlangt, so ist die Oberfläche der Stücke
durch Sandschliff, Umkristallisierung oder Verwitterung mannig-
faltig verändert worden. Die Kelchgruben sind zuweilen ihrer
Septen beraubt und erscheinen nur noch als lange, den Stock
durchziehende Röhren. An einem anderen Stück scheinen die
13*
196
Septen stellenweis durch eine gleichzeitig mit der Umkristallisierung
des Skelets stattgefundene Inkrustation verdickt. Die Variabilität
der Art besteht darin, daß zwar in der Regel — wie es für
Orbicella typisch ist — die Septen sich als Rippen über den
Kelchrand in die intercalycinalen Furchen hinein verlängern, bis
sie mit denen der Nachbarkelche winklig zusammenstoßen, daß
aber in anderen Fällen die Rippen kurz bleiben nnd diejenigen
der Nachbarkelche nicht erreichen. Die Verbindung der Polyparien
erfolgt dann nur durch ein blasiges Exothecalgewebe. Zuweilen
wird ein Übergang zwischen beiden Ausbildungsweisen dadurch
hergestellt, daß sich in der Richtung der kurzen Rippen, also
gleichsam ihre Verlängerung darstellend, isolierte Trabekelpfeiler
finden, welche dann eine oder mehrere Etagen der Exothecal-
lamellen durchsetzen. Sie erheben sich nahezu senkrecht, jedoch
etwas gegen die ideelle Mittelebene des intercalycinalen Raumes
geneigt. Wie man an einigen Spuren sieht, waren die Rippen
grob gekörnt. Es mag ferner gleich hier erwähnt sein, daß auch
bei dieser Art, wie so häufig bei den Kolonien der Anthozoen,
das vertikal gerichtete Wachstum nicht gleichmäßig erfolgte,
sondern durch Ruhepausen unterbrochen wurde. Während dieser
bildete sich eine dichtere Oberfläche und auf dieser wohlent-
wickelte Rippen. Daher sind letztere auf solchen deutlicher als
auf den die Kolonie an beliebigen Stellen durchsetzenden Quer-
brüchen oder da wo die ursprüngliche Oberfläche durch Ver-
witterung oder Sandschliff zerstört worden ist. An solchen
Flächen erscheinen die Rippen meist kurz und die Verbindung
ihrer Enden bez. der Polyparien wird durch ein Exothecalgewebe
bewirkt.
Die Kelche stehen nicht besonders gedrängt. Sie sind meist
von ziemlich regelmäßiger, kreisrunder Form, doch kommen auch
breitelliptische Umrisse vor. Der Durchmesser der Kelchöffnungen
beträgt — abgesehen von den jungen Kelchen — meist 3,5 —5 mm.
Der Kelchrand ist niemals völlig intakt erhalten: er ragte wohl
1—2 mm empor. Die Entfernung der Kelchzentren beträgt
6—8 mm. Die Zahl der Septen ist 15—24; nur in einem
einzigen auffallend großen Kelche (5 mm breit und 6 mm lang)
zählte ich 28. Häufig treten die 6 Primärsepten durch größere
Dicke hervor, doch kommen ihnen die des 2. Cyklus oft nahezu
gleich und reichen ebenfalls bis an die gut entwickelte, spongiöse
Columella. Unmittelbar vor letzterer tragen die Ränder der
Septen einen kräftigeren, emporstehenden Zahn. Über die Aus-
bildung der Rippen, der Exothek und die Beschaffenheit der
intercalyeinalen Furchen vergl. oben.
Ich widme die Art Mr. Lyons, dem verdienstvollen Direktor
197
des Survey Department ‘of Egypt!
Die nächst verwandten Arten sind Orbicella laxa Kuunz.,
welche im Roten Meer lebt und Orb. Defrancer E. H. aus dem
Miocän von Frankreich nnd Österreich-Ungarn. Beide unter-
scheiden sich u. a.. durch einen mehr oder weniger vollständig
entwickelten 4. Septaleyklus.
Fundorte: Westküste des Golfes von Sues, Wadi Gharib,
zwischen Nebk und Sherm am Sinai. (Coll. Geol. Surv. Egypt
und Mus. f. Naturk. in Berlin.)
Orbicella annularıs Dana (Er. et Sor. sp.).
1786. Madrepora annularis, ELLIS et SOLANDER, Zooph. S. 169,
21298, Rıosala2:
1821. Astrea annularis LAMOUROUX, Expos. method. des Polyp.,
Se selkab 0582 Kıer 122.
1834. Eixplanaria annularis EHRENBERG, Korall. d. Roth. Meeres,
S. 308 (84).
1846. Orbicella annularis DAnA, Zoophytes, S. 214, Pl. X, Fig. 6.
1880. == — AGAssız, Rep. on the Florida Reefs, Pl. IV,
Fig. 1—10.
1901. Orbicella annularis VERRILL, Variat. and Nomenclat. of Bermudian,
West-Indian and Brazil. Reef Corals S. 94, Pl. XV,
Fig. 1. (Mit vollst. Synonymie-Reg.).
Das vorliegende Exemplar ist ein kleines Fragment einer
ursprünglich wohl knollenförmigen Kolonie. Die Polyparien sind
lang rönrenförmig und stehen dicht gedrängt. Sie werden durch
kurze Rippen und ein kleinblasiges Exothekalgewebe miteinander
verbunden. Auf der Oberfläche sind die Kelche von ziemlich
regelmäßigem, kreisrundem Umriß und besitzen einen Durchmesser
von 2—3 mm. Der Kelchrand ragt nur wenig hervor, ist aber
ziemlich scharf. Die Zahl der Septen beträgt 24; 6 von ihnen
sind stärker entwickelt und verbinden sich mit der schwach aus-
gebildeten Columella. Zwischen ihnen liegen je 3 Septen, von
denen diejenigen des zweiten Cyklus wiederum die des dritten
beträchtlich an Länge übertreffen. Über den Kelchrand setzen
sie sich als Rippen fort, doch bleiben diese kurz und stoßen
nicht immer mit denen der Nachbarkelche zusammen. Dies tritt
auch auf der Figur bei Acassız!) deutlich hervor. In dieser
Beziehung zeigt die Art daher ein Hinüberneigen zur Gattung
Cyphastraea. Sie zeigt übrigens nach verschiedenen Richtungen:
hin ziemliche Schwankungen, so in Bezug auf die gegenseitige
Entfernung der Kelche, das Hervorragen ihrer Ränder, ihren
Durchmesser etc.?). Die Kelchgröße, welche weder Lamouroux
noch M. Epwarps erwähnen, gibt EHRENBERG zu 1 Linie,
!\ Report on the Florida Reefs. Pl. IV, £. 2.
?) Vergl. VERRILL. Bermudian and West Indian Reef Corals S.-96,
198
Dana zu 1,5 Linie an, also reichlich 2—3 mm. Ziemlich
übereinstimmend werden die Kelche auf der Abbildung bei
Lamouroux bis 3,5 mm groß. Bei einem Exemplar im zoolog.
Museum in Leipzig sind sie 2—2,5 mm groß, ebenso bei dem
von Agassız abgebildeten Stück. Gegenwärtig scheint die : Art
im Roten Meere nicht mehr vorzukommen, sie findet sich aber
im westlichen Atlantischen Ozean bei den Westindischen Inseln,
in den Florida Reefs, bei den Bermudas und Bahamas. Von
Weerta!) wird eine Koralle aus einem wahrscheinlich alt-
pleistocänen Schichtenkomplex von Dunga auf Zanzibar als
Orbicella annularıs ? angeführt.
Cyphastraea intermedia n. Sp.
Nat, X, ie a:
Die vorliegenden Exemplare sind Fragmente größerer, ur-
sprünglich wohl knollenförmiger Kolonien. Die Oberfläche zeigt
bei dem einen einige unregelmäfßige, flache Höcker. Die Polyparien
sind röhrenförmig und stehen bald mehr bald minder dicht ge-
drängt, oft berühren sie sich mit ihren Wandungen oder es
werden letztere durch eine ganz schmale Zone sehr kleinzelliger
Exothek verbunden. Diese scheint stellenweis kompakt zu
werden. In anderen Fällen wird die Entfernung der Kelche
etwas größer und es bilden sich kurze Rippen, die zuweilen wie
bei Orbicella mit denen der Nachbarkelche zusammenstoßen.
Die Kelche haben rundlichen Umriß, ihr Durchmesser beträgt
2—3 mm. Ihre Ränder sind dünn und scharf und sie werden
durch schmale aber ehemals wohl relativ ziemlich tiefe Furchen
getrennt. Die Erhebung der Ränder über die gemeinsame Öber-
fläche läßt sich wegen der Abreibung letzterer nicht genau fest-
stellen, sie dürfte 0,5—1,5 mm betragen. Die Zahl der Septen
beträgt 24; die 6 primären sind am stärksten und längsten und
reichen bis dicht an die Columella. Zwischen ihnen liegen je
5 kürzere, von denen wiederum das mittelste die beiden seit-
lichen an Länge und Stärke übertrift. Die Columella ist meist
wohl entwickelt und stellt einen komprimierten Griffel dar, welcher
sich gern zu einer kurzen Lamelle verlängert. Da sie in letzterem
Falle an ihrem Oberrand zuweilen 2—3 Körnchen erkennen läßt,
kann man annehmen, daß sie durch Verschmelzung einer ent-
sprechenden Anzahl einzelner Trabekeln entstanden ist. In den
Interseptalkammern finden sich in mäßiger Anzahl Traversen.
Die im vorstehenden beschriebene Koralle nimmt eine Mittel-
stellung zwischen den Gattungen ZLeptastraea, Orbicella und
!) Zur Kenntnis der jüngeren Ablagerungen im tropischen Ost-
Afrika. Diese Zeitschr. 53. 1901, S, 300,
199
Cyphastraea ein, auf welches Verhältnis der gewählte Spezies-
name hindeuten soll. Die gedrängte Stellung der Kelche und
das stellenweise Kompaktwerden der Exothek stimmt mit Lepta-
straca, die vorwiegende Verbindung der Polyparien durch eine
allerdings äußerst spärliche, kleinzellige Exothek mit Cyphastraea
überein. Das immerhin nicht seltene Zusammenstoßen der Rippen-
enden erinnert an Orbicella.. Die kompakte Columella gleicht in
ihrer Entwickelung derjenigen von ZLeptastraea transversa. Von
den im Roten Meer lebenden Oyphastraea-Arten unterscheidet
_ sich ©. intermedia namentlich durch die letztgenannte Eigen-
schaft. Ich glaube, sie aber doch der Gattung Cyphastraea zu-
weisen zu dürfen, da ja auch bei den äußerst nahe verwandten
Gattungen Leptastraea und Orbecella Schwankungen in Bezug auf
die Entwicklung der Columella vorkommen.
Fundort: Westküste des Golfes von Sues. Zu der gleichen
Art dürfte eine ungenügend erhaltene Uyphastraea der Coll. Geol.
Survey of Egypt (No. 5547b) gehören, welche westlich des
Gebel Esh gefunden wurde.
Favia minor n. f.
Mar ahlier 6:
Die Kolonien dieser Koralle erreichen sehr beträchtliche
Dimensionen: das größte Fragment besitzt eine Höhe von 145 mm
bei einer Breite von 90 mm. Die Oberfläche ist schwach
konvex, stellenweise mit unregelmäßigen Absätzen. Die Kelche
stehen gedrängt und sind von ziemlich regelmäßigem Umriß,
rundlich oder breitoval oder leicht verzogen, niemals werden sie
indeß gyrös oder stark kompreß. Ihr Durchmesser beträgt
5—7 mm, selten bis 8 mm. Sie werden durch schmale und
rel. tiefe Furchen getrennt. Die Oberfläche der Stöcke hat bei
allen Exemplaren durch Verwitterung ziemlich gelitten, doch kann
man konstatieren, daß der Kelchrand scharf war und von den
Septen überragt wurde. Die Kelche erheben sich ziemlich steil
über die Oberfläche und ragen etwa 2—3 mm empor. Es sind
8 meist vollständige und Anfänge eines 4. Cyklus vorhanden.
(21—31 Septen.) Die größeren Septen verflechten sich in der
Kelchmitte mit einer mehr oder weniger entwickelten, lockeren
Columella. Der obere Septalrand ist nirgends intakt erhalten.
Die Interseptalquerblättchen sind sehr zahlreich. Die Rippen
stoßen in den intercalycinalen. Furchen entweder mit denen der
Nachbarkelche winklig zusammen oder bilden zugleich deren
direkte Fortsetzung, sodaß konfluente Septocostalradien ent-
stehen. Die Verbindung der Polyparien geschieht durch die
Rippen und reichlich entwickelte Exothecallamellen, welche sich
200
horizontal ausspannen, sodaß die Kelchzwischenräume auf Längs-
brüchen ein leiterartiges Ansehen gewähren. Auf der Höhe eines
Zentimeters zählt man ihrer 10—12.
Die vorliegende Koralle stimmt mit keiner der schon be-
schriebenen Favea-Arten völlig überein. Die nächstverwandten
Arten sind die im Roten Meer lebenden Farria Ehrenbergi Kuunz.!)
und F. Geoffroy?e E. H. (Valene. sp.)) Von diesen unter-
scheidet sich F! minor durch beträchtlich kleinere und regel-
mäßiger .gestaltete Kelche mit geringerer Septenzahl. Doch
könnte sie immerhin nur eine Varietät einer dieser Arten darstellen.
F. Ehrenbergi neigt überhaupt sehr zur Variabilität und von
F. Geoffroyi hält es KLunzınGer für nicht ausgeschlossen, daß
sie mit ersterer zu vereinigen ist. Ich bezeichne sie daher als
Favia minor, da sich dieser Name auch zur Bezeichnung einer
Varietät gut eignen würde. Infolge der Kelchumrisse, welche
viel regelmäßiger gestaltet sind, als man sie sonst durchschnitt-
lich bei Favien antrifft, war ich einige Zeit im Zweifel, ob nicht
eine Orbicella vorläge. Es mag daher daran erinnert werden,
daß die Kolonien von Favea lobata E. H. an ihren Seiten-
flächen einen durchaus orbicella-artigen Habitus annehmen können.
KLunzinGER gibt bezüglich derselben an: „Diese Art mit ihren
kleinen meist runden Kelchen hat fast mehr das Aussehen einer
Orbicella als einer Favia ...... aber man sieht nirgends
extracalycinale Knospung, sondern deutliche Theilung .....
während an anderen, besonders an den Seitenflächen der Kolonie,
alle Kelche kreisrund sind.“ Auch die sehr häufig von einem
Kelch direkt zum andern fortsetzenden Septocostalradien sprechen
mehr für eine Favia als für eine Orbicella. Außerdem wurde
wenigstens an einer Stelle eine Kelchteilung beobachtet.
Fundort: Wedge Hill ö. Gebel Dara.-Museum f. Naturk. in
Berlin, leg. SCHWEINFURTH.
Stylophora cf. elongata Lam.
1816. Porites elongata LAMARCK, Hist. des anim. s. vert. 2. S. 270.
1846. Sideropora elongata DANA, Zoophytes, S. 516.
1857. Stylophora digitata P.p. M. EDWARDS, Hist. nat. 8.188:
1879. — elongata KLUNZINGER, Korallthiere d. Rothen Be: 2. 8. 64.
Das vorliegende Exemplar ist 100 mm hoch und vor
Gabelungsstellen bis 25 mm breit. Die Kelche stehen ziemlich
sedrängt, ihr Durchmesser beträgt im Mittel kaum 1 mm.
Öfters stehen sie in schrägen Quer-, seltener in Längs-Reihen.
In solchen Reihen kommen auf 5 mm meist 4, seltener 5 Kelche.
!) Korallthiere des Rothen Meeres 3. S. 29. t. IIL£. 5, 7, S. t.
?) M, EpwaArps: Hist. nat. 2, S. 433. KLUNZINGER, a. a. 0. 8, S. 30,
201
Bei beliebig gehaltenem Maßstab findet man auf 5 mm nur
3—4 Kelche. Die Kelchwandungen sind ganz schwach erhaben.
In der Mitte zwischen den einzelnen Polyparien erhebt sich das
Coenenchym zu ganz feinen Leistchen, welche ein polygonales
Maschenwerk bilden; im übrigen ist die Oberfläche gekörnt.
Die Zahl der Septen ist in der Regel 6, doch zählt man in
einzelnen Kelehen, welche sich auch durch beträchtlichere Größe
auszeichnen (bis 1,5 mm) deren bis 10. Die Columella ist ein
wohlentwickelter Griffel.
Im Habitus gleicht dieses Exemplar am meisten der Stylo-
phora elongata Lam., im Bezug auf die Kelche stimmt es besser
mit Styd. pistillata. Die Entscheidung wird um so schwieriger,
als einesteils die Oberfläche des Stückes durch Sand leicht ge-
glättet ist und andernteils von M. Epwarps Styl. elongata mit
Styl. digitata vereinigt wird, während von Krunzınger beide
Arten getrennt gehalten werden. Ferner soll nach KLUNZINGER
Styl. elongata zwischen Styl. digitata und Styl. pestillata in der
Mitte stehen. DBei so schwieriger Artabgrenzung ist die Be-
stimmung eines einzelnen Zweiges aus dieser Stylophora- Gruppe
nicht wohl ausführbar. Auf das Vorhandensein des erwähnten
polygonalen Leistennetzes auf dem intercalycinalen Coenenchym
ist meines Erachtens bei der Bestimmung nicht viel Gewicht zu
legen, da ein solches gelegentlich auch bei anderen Arten, z. B.'
bei Styl. subsertata beobachtet wird.
Das Stück stammt aus einem jungfossilen Riff an der West-
küste des Golfes von Sues und befindet sich in der Samml. des
Verf. Da die im Berliner Museum befindlichen Exemplare von
Styl. elongata nach KLunzıngers Angabe von Lepsius am Gebel
e-Set bei „Gimseh* (= Gemsah) gesammelt worden sind, sind
sie vielleicht ebenfalls jungfossil.
4. Der Umwandlungsprozeß der Riffkalke.
Aus den Strukturverhältnissen, welche man an den Korallen
und Kalken im Dünnschliff u. d. M. wahrnimmt, ergibt sich,
daß sie einem mehr oder minder fortgeschrittenem Umwandlungs-
prozeß unterworfen waren. Das Korallenskelet hatte in allen
Fällen seine ehemalige Faserstruktur verloren und ein kristallinisch-
körniges Gefüge angenommen. Die übrigen in dem Riffkalk ein-
geschlossenen organischen Reste und Fragmente solcher hatten
in manchen Fällen ibre Struktur bewahrt, sodaß man z. B. die
Poren in den Gehäusen der Foraminiferen, die Fasern in den
Schalenfragmenten der Mollusken ete. wahrnehmen konnte. In
andern Fällen dagegen war ein Rest nach dem andern unkennt-
lich geworden, das Gestein hatte ein durchaus kristallinisches
202
Gefüge angenommen und war von zahlreichen, kleinen, unregel-
mäßigen Hohlräumen und neugebildeten caleitischen Aggregaten
erfüllt. Am längsten sich kenntlich erhaltend waren mir die
Fragmente der Lithothamnien erschienen. Mit dieser Umwandlung
in der Struktur und dem Gefüge der Kalke und kalkigen Tier-
skelete hat nun in manchen Fällen auch eine wesentliche che-
mische Umwandlung stattgefunden. Spätere Untersuchungen
müssen zeigen, wie weit dieselbe verbreitet ist. Sie scheint sich
in den Küstengebieten des Roten Meeres hauptsächlich in zweierlei
Arten zu äußern: 1. in einer Vergypsung, 2. in einer Dolo-
mitisierung der Kalke. Der Vergypsungsprozeß ist von BARRON
und Humr besprochen worden, !) so mögen hier nur noch einige
Bemerkungen über den Dolomitisierungsprozeß folgen.
Bereits bei äußcerlicher Betrachtung erinnerte das einem
älteren fossilen Riffmantel angehörende Gestein der sich bis zu
240 m üb. d. Meeresspiegel erhebenden Gipfelpartie des Gebel
Hammäm Müsa bei Tör J. WALTHER an gewisse Dolomite der
Zechsteinformation. Eine Analyse des Gesteins, dessen sp.
Gewicht zu 2,773 gefunden wurde, ergab die sub A, eine Ana-
lyse einer in einem benachbarten Hügel eingeschlossenen Schale
einer Tridacna mit dem sp. Gewicht von 2,775 die sub B mit-
geteilte Zusammensetzung. ?)
Ae B.
SiOa 6,88 0,56
Al2O3 6,43 1,50
Fe203 1,45 0,33
GaO 26,33 80,44
MgO 15,35 1332
K>0 0,32 0,18
Na20 0,48 0,32:
C03 383 45,84
H>0 4,83 1,33
99,96 100,44.
Das Riffgestein enthält also 80,07 Teile Karbonat mit 60°)
Ca CO: und 40° MgCOs, die Tridacna 96,18 Teile Karbonat
mit 56,6% CaCOs und 43,4°/, MgCO;, nähert sich somit
noch mehr als der umschließende Kalk dem normalen Dolomit.
Letzterer Umstand ist um so auffälliger, als z. B. Lıese bei
chemischen Untersuchungen von Zechsteinkalken und -Dolomiten
und den in ihnen eingeschlossenen Mollusken in den Schalen
a. a. 0. S. 192—197.
?) WALTHER, Korallenriffe der Sinaihalbinsel a. a. O0. 5. 488 u. 491.
203
letzterer viel weniger Magnesia fand, als im Gestein selbst.
Die Schalen enthielten nur äußerst geringe Mengen von Magnesia,
welche LıeßE obendrein auf anhaftende Gesteinspartikel zurück-
zuführen geneigt ist, sodaß er seinerseits die Schalen geradezu
für magnesiafrei erklärt. ')
Da zum Vergleich eine Analyse von einem alten Rifikalk
von der ägyptischen Seite des Roten Meeres von großem .Inter-
esse sein mußte, so hatte auf eine diesbezügliche Bitte hin Herr
Hofrat Dr. Guruzeır die große Freundlichkeit, eine solche in der
analytischen Abteilung des chemischen Laboratoriums der hiesigen
Universität vornehmen zu lassen. Ich spreche dafür auch hier
ihm und Herrn cand. chem. WALTER SCHÄFER, welcher mit der
Ausführung betraut wurde, meinen herzlichsten Dank aus. Ich
wählte zur Untersuchung einen von SCHWEINFURTH am Wedge
Hill gesammelten Korallenstock, eine Orbicella Lyonst n. sp.
Der Gipfel des genannten Berges (vergl. Textfig. 6) erhebt sich
bis 366 m (1200’ engl.) über den Spiegel des Roten Meeres.
Die Analyse lieferte folgende Werte:
Bao 0 Ho
Me027 == 21,01,
12033 72.071555
005 = 44,42 „
SO 2 AU
SIQorE 70 ISEH
100,24 %/o
Die 3. Gruppe, als ReO3 bezeichnet, bestand im wesent-
lichen aus Eisen, daneben waren noch Spuren von Ale O3 zu
bemerken.
Die obigen Zahlen sprechen für folgende Zusammensetzung
der Koralle:
Ca COs3 == 318%
Mg CO; —u 2
Ca SO4 —u AS
Ms 0 =)
Si O3 — 05
We-21205 — 2.0573
100,24 %
Die Koralle enthält also 93,30 Teile Karbonat mit 55,5%
Ca 003 und 45,5°/% MgCOs, kommt also vollkommen einem nor-
malen Dolomit gleich. Auffallend ist die ganz außerordentliche
'!) LIEBE, Der Zechstein des Fürstenthums Reuß-Gera. Diese
Zeitschr. 7. 1855, S. 482.
204
Übereinstimmung der Zusammensetzung dieser Koralle mit ‘der
oben angeführten jener Tridaena aus dem Dolomit eines -Vor-
berges des Gebel Hammäm Müsa. Bei der Tridacna fand sich
etwas reichlicher Ale O3 (1,5°/o), dagegen nur höchst unbe-
deutende Mengen von Fea O3, KaO und Na2 ©. Bei der Orbicella
war Ale 0©3 nur in Spuren vorhanden, K und Na fehlten, da-
gegen waren Fe und SiOs etwas reichlicher vertreten. Diese
Differenzen sind übrigens für die Erkenntnis des Vorganges der
Dolomitisation vollkommen belanglos. Bemerkenswert ist dagegen
die Differenz, daß unsere Orbicella 4,08°/ CaSO« enthält. Für
die Entstehung desselben scheinen mir drei Möglichkeiten vorzu-
liegen. Vielleicht bildete er sich durch Einwirkung des Magnesia-
sulfats des Meerwassers auf das Calciumkarbonat des Korallen--
skelets, vielleicht durch Einwirkung von Schwefelwasserstoff auf
letzteres, welcher bei Absterben des Riffes durch Verwesung der
zahlreichen es bewohnenden Tiere entstand, oder schließlich ist
auch die Möglichkeit nicht. von der Hand zu weisen, daß das
Riff während einer gewissen Phase seiner Hebung der Einwirkung
einer schwefelwasserstofthaltigen Quelle ausgesetzt war. Die
konstatierte Dolomitisierung unserer Koralle vom Wedge Hill ist
nun zweifellos auf die Einwirkung des magnesiahaltigen Meer-
wassers zurückzuführen. Zur besseren Veranschaulichung” des
Vorganges führe ich 3 Analysen von Meerwasser aus dem uns
hier speziell interessierenden Roten Meere an.})
n
-1000 Teile enthalten: | A. Beti#? C.
Chlornatrium 28,9512 831,0944 |..30,30
Chlorkalium 0,4977 0,7869, 2,88
Chlorrubidium 0,0185 OROLI2 ==
Chlormagnesium 8,3097 8,8904 4,04
Kalksulfat 1,4552 In men! 1,79
Magnesiasulfat SSL DRS 2,74
Kalkkarbonat 0,0223 0,0076 _
Eisenkarbonat 0,0039 0,0038 =
Kalkphosphat 0,0045 0,0025 —
Brommagnesium 0,0557 0,0607 0,0575
Kieselsäure 0,0052 0,0032 Spur.
| 36,7022 | 39,7590 | 41,8075
!) Entnommen aus Ro’rH, Chemische Geologie 1. S. 529.
205
‚A. Wasser :aus der Straße Bab-el Mandeb. . .. Ei
B. Aus der . Mitte‘ des Roten Meeres 22,1° N. Br. 37,70°
Ö. L. GREENw. re 20:
GC. Geschöpft bei Suez vor dem Durchstich des Isthmus.
Es erhellt aus diesen Analysen, daß das Wasser des Roten
Meeres vor dem Durchstich des Isthmus bis 6,8375 Teile (aufs
1000) Maenesiasalze enthielt. Wenn wir auch nach alledem als
den Urheber der Metamorphose das Meerwasser annehmen, so
braucht diese doch nicht oder doch wenigstens nicht vollständig
erfolgt zu sein, als das Riff noch im Wasser war. Zunächst
mußte überhaupt erst ein Absterben des Riffes erfolgen. Dies
konnte entweder dadurch geschehen, daß eine Senkung des Bodens
stattfand, sodaß die Korallen in eine ilınen nicht mehr die Lebens-
bedingungen bietende Tiefe kamen, oder indem das Riff durch
eine Hebung aufs Trockne gesetzt wurde. Die Dolomitisierung
konnte indes im letzteren Falle noch fortdauern, indem 1. bei
jedem Sturm die höhere Brandung noch über das Riff wegging
und 2. auch sonst der Wind den in der normalen Brandung ent-
stehenden Wasserstaub auf das Rift trug. Da die Strand-
verschiebung jedenfalls eine sehr langsame war, so können immer-
hin — nicht im geologischen Sinne sondern absolut genommen —
sanz beträchtliche Zeiträume verstrichen sein, in welchen das Riff
den Einwirkungen des Meerwassers noch ausgesetzt war. Auch
einen zeitweiligen Stillstand in einer solchen Position könnte man
ja erforderlichen Falls annehmen. Spezieller über die Um-
setzungsvorgänge selbst auszusprechen möchte ich um so weniger
unternehmen, als die neueste physikalische Chemie viele unserer
älteren Anschauungen umgestürzt oder doch beträchtlich modifi-
ziert hat. Zudem liegen bei dem in Rede stehenden Dolomiti-
sierungsprozesse die Verhältnisse ganz außerordentlich kompliziert,
einesteils infolge der Anwesenheit einer größeren Zahl von Lösungs-
genossen, andernteils weil nach Absterben des Riffes durch Zer-
setzung der organischen Substanz der Korallenpolypen und der
sonstigen im ausfüllenden Detritus enthaltenen Organismen, u. a.
Kohlensäure und Schwefelwasserstoff entstanden, welche schon
ihrerseits lösend und zersetzend auf das Korallenskelet einwirkten.
Hierdurch erklärt es sich wohl auch, daß auch bei den Korallen-
fragmenten aus den jüngsten Riffbildungen die Faserstruktur der
Skeletelemente verschwunden ist. Im ganzen genommen wird
man der bereits von WALTHER!) ausgesprochenen Ansicht bei-
stimmen können, daß die kohlensaure Magnesia auf diagenetischem
Wege aus dem Meerwasser niedergeschlagen wurde, und daß es
') Einleitung in die Geologie S. 708.
206
nicht fern liegt zu vermuten, daß auch hier ein durch Bakterien
veranlaßter spezifischer Fäulnisprozeß die Bittererde aus den im
Seewasser enthaltenen Magnesiasalzen zum Absatz gebracht bez.
sie gegen einen Teil des Kalkkarbonates im Korallenskelet aus-
gewechselt habe.
Die auffallende Übereinstimmung der Analysen der mir vor-
liegenden Orbicella und der von WALTHER gesammelten Tridacna
zeigt ferner, daß die skizzierten Umwandlungsvorgänge genau in
gleicher Weise an den ägyptischen wie an den arabischen Ufern
des altdiluvialen Roten Meeres stattfanden.
20
5, Formen, Alter und Ursprung des Kupfer-
schiefererzes. — Zur Beurteilung der Mineral-
bildungen in Salzformationen.
Von Herrn FErD. HornunG in Leipzig-K.Z.
In einer vor Kurzem an dieser Stelle veröffentlichten Ab-
handlung scheint es als gesicherter Besitz der Wissenschaft an-
gesehen zu werden, dal» der Kupferschiefer seinen Metallgehalt
durch Imprägnation aus Mineralquellen nach seiner Ablagerung
empfangen habe.!) Hierdurch wird es notwendig, daß auch jene
Tatsachen ein wenig in das Licht gerückt werden, welche jener
Theorie widersprechen.
Das Kupferschieferflöz in seiner ganzen, gewaltigen Aus-
breitung hat einen nicht nur quantitativ, sondern auch
qualitativ sehr verschiedenen Metallgehalt. Hieraus würde
folgen, daß — Mischungen in Grenzgebieten zugegeben — ziem-
lich viele, verschieden zusammengesetzte Metallquellen gesprudelt
haben müssen. Ist es doch ohnehin nicht besonders wahrschein-
lich, daß sich die Metalllösungen von wenigen oder gar von
einem Punkte aus die vielen, vielen Meilen hin, wo überall
das Flöz metallhaltig ist, verbreitet haben könnten. Das hätte
seine hydraulischen Schwierigkeiten schon für eine regelrechte
Röhrenleitung, geschweige für eine so dichte Gesteinsbildung,
wie der Kupferschiefer eine ist. -—— Also Metallquellen und
immer wieder Metallquellen; hier aus dem Rotliegenden, dort
aus Kulm, Devon, Silur u. s. w. und das alles in einer be-
stimmten, keineswegs reichlich bemessenen Spanne Zeit: nämlich
selbstverständliich nach Ablagerung des Kupferschiefers, aber
vor der Ablagerung sehr wenig jüngerer Schichten. Denn
anders wäre ja jenen Metallquellwässern mindestens an solchen
Stellen, wo der Kupferschiefer fehlt, nichts weiter übrig geblieben,
als wenigstens hier einmal ausnahmsweis jüngere Schichten zu
imprägnieren, z. B. bei Lauterberg am Harze, wo das Flöz
stellenweis nicht abgelagert zu sein scheint, oder lokal zwischen
Cönnern und Sandersleben, wo es nachträglich verdrückt wurde.
!) W. SALOMON, Der Zechstein von Eberbach und die Entstehung
der permischen Manganmulme. Diese Zeitschr. #5. 1903, 5. 429.
208
Das geschah aber nie. Woraus zu schließen, daß die Metall-
quellen auch nicht jünger gewesen sein dürften als der Kupfer-
schiefer und überall vollkommen versiecht sein müßten im selben
Momente, wo es ihnen möglich gewesen wäre, jüngere Schichten
zu imprägnieren. Also, eine große Zahl von Mineralquellen, be-
laden mit sehr verschiedenen Metallen in verschiedenstem gegen-
seitigen Prozentverhältnisse, hervorquellend aus liegenden Gesteinen
von jederlei Art und Alter, genau während einer bestimmten,
zweifellos sehr kurzen Zeit in Funktion; nämlich — man mag
wollen oder nicht — während der Ablagerungszeit des Kupfer-
schiefers selber! — Ist das denkbar?
Ferner ist es eine Eigentümlichkeit einzelner Kupferschiefer-
reviere am Harze, daß sie außer der normalen Art des Erz-
vorkommens: als feinstaubige Einmengung im Gesteine, auch Erz
in Form. weit ausgedehnter, blech- bis dünnplattenförmiger, reiner
Zwischenlagen führen — durchaus nicht zu verwechseln mit ge-
legentlichen, stets nur wenig tief in das Gestein vordringenden
Aufblätterungen an Stellen starker Faltungen oder neben gang-
bildenden Schichtenbrüchen! Wie sollen diese Erzlagen wohl
anders zu erklären sein als durch direkte Sedimentierung relativ
reiner Schwefelmetallniederschläge, anders, denn als echte
Zwischenlagerungen oder Partialflöüze, allemal jünger als ihr
Liegendes und älter als ihr Hangendes? Wie soll es denkbar
sein, daß sich das fertige ebene Mergelschieferlager revierweis (!)
gespalten und samt allem Hangenden parallel in die Höhe ge-
hoben habe, um einer wässerigen Lösung den Raum zu ihrer
Zersetzung zu gewähren? Und selbst wenn schon: warum dann
immer bloß um Millimeter oder Millimeterbruchteile, statt auch
einmal um ein oder ein paar Dezimeter, die doch im Verhältnis
zur Flächenausdehnung des Phänomens noch gar keine Rolle ge-
spielt hätten? — Also wiederum nichts wie Paradoxa, sobald
wir bei den Metalllösungsquellen zu bleiben versuchen.
Im Harzer Kupferschiefer kommt das Erz nicht selten auch
noch in einer. dritten Form vor, neben beiden vorerwähnten
mitunter, in Gestalt der sog. Hicken: das sind in der Regel
kleine, rundliche Körner, unter Erbsengröße, mitunter auch flache
Würstchen oder Wülste von ebenfalls bescheidenen Dimensionen.
Auch diese Hicken können nur primäre Gebilde sein. , Wären
sie das nicht, wären sie etwa spätere Ausfüllungen vorhanden-
gewesener. Hohlräume oder etwa Pseudomorphosen, so wäre es
schwer verständlich, weshalb sich in ilımen nicht eine Struktur,
etwa ein zonaler oder radialer Aufbau der so verschiedenen
Komponenten des Erzgemisches, aus welchem sie bestehen, zeigen
sollte. Ebenso sollte man doch auch einmal Hicken finden, die
209
aus anderen Mineralien, als immer aus dem Erze bestehen;
denn allenthalben ist der Erzreichtum des Flözes keineswegs so
groß -- wie ja gelegentliche Gangspaltenfüllungen deutlich genug
zeigen —, daß nicht auch einmal eher Schwerspat, Kalkspat,
Gips etc. solche hypothetischen Hickenräume, wenn es die ge-
geben hätte, gefüllt haben sollten, statt immer wieder nur Erz.
— Also auch in diesem dritten Falle bringt die Annahme einer
nachträglichen Metallimprägnation des Flözes keine Erklärung
des Phänomens, sondern macht es unbegreiflich.
Übersichtlich, wie mir scheinen will, bis zur Selbstver-
ständlichkeit, wird die gesamte Erscheinung des Kupferschiefers
in allen ihren Einzelheiten und abwechslungsreichen lokalen Be-
sonderheiten, sobald wir zunächst weniger den Kupferschiefer
selber, als vielmehr die seiner Ablagerung vorausgegangenen
geologischen Vorgänge ins Auge fassen, wie ich sie an anderer
Stelle!) beschrieben und auch schon zur Erklärung der Kupfer-
schieferbildung herangezogen habe?) Kurz zusammengefaßt waren
das folgende Vorgänge.
'; Salzlaugen hoher Konzentration, wie sie aus der Verdampfung
des Meerwassers stets hervorgehen, bewirkten, wie zu anderen
früheren ‚und späteren Perioden, so auch im uns interessierenden
Falle nach erfolgter Ablagerung mindestens des allergrößten
Teiles des Rotliegenden, aber vor. Ablagerung der Zechstein-
sedimente, eine tiefgreifende Umwandlung aller ihnen zugäng-
lichen Gesteine. Als auffälligste Merkmale dieser Halurgo-
metamorphose°) können eine starke, überall zu beobachtende
Oxydationswirkung und die sehr oft zu beobachtende Abscheidung
roten (also wasserfreien) Eisenoxydes gelten. — Jene Oxydations-
wirkung, die in letzter Linie auf in Lösung befindliche Eisenoxyd-
salze und den diese, wenn reduziert, ständig von neuem oxy-
dierenden Luftsauerstoff zurückzuführen sein dürfte, ließ die
Salzlaugen sich nach und nach mit allerlei Schwermetallen be-
) F. HoRNUNG, Die Regionalmetamorphose am Harze. Stutt-
gart, 1902.
?) Derselbe a. a. O. und Centralbl. f. Min. 1903, S. 358 u. ft.
®) Ich habe diese Bezeichnung. einführen müssen, weil mit dem
Worte „Regionalmetamorphose“* vorzugsweis geodynamische Vor-
stellungen verknüpft werden. Die Halurgometamorphose hat aber —
abgesehen davon, daß ihr Agens, die Salzlaugen, nur durch Be-
wegungen der Erdoberfläche möglich werden, insofern letztere die
Abschnürung von Meeresteilen bewirken, und abgesehen davon, daß
ihr gelegentlich, wie z. B. lokal am Südostharze, auch einmal stark
zusammengepreßte Gebirgsteile ebenso unterworfen waren, wie sonst
meistenteils, auch am Harze, gewöhnlich beschaffene — nicht das
Geringste mit dynamischen Vorgängen zu tun, sondern ist rein
chemischer Natur.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 56. 2. 14
210
laden, z. B. aus den Diabasen, denen ihre Schwefelmetalle oxy-
diert und weggelöst wurden, aus den krystallinischen Schiefer-
gesteinen, wohl auch aus schon damals vorhandenen Erz-
gängen U. S. W. 2
In diese Salzlaugen nun, die wir uns vielleicht am zu-
treffendsten als nicht allenthalben zusammenhängende Sümpfe,
Teiche und Tümpel vorzustellen haben, abseits vom Ozean, aber
in negativer Meereshöhe gelegen, brach, wohl einfach dureh
Fortdauer des Niedersinkens ihres Verbreitungsgebietes, der
Ozean ein unter Mitführung großer Mengen von Fischen und
alles dessen, was auf dem durchbrochenen und überfluteten Terrain
lag oder wuchs. Die nächste Folge hiervon war die Geröll-
und Sandaufschüttung des Zechsteinkonglomerates oder des Weiß-
liegenden, wo nicht, wie am Westharze, die Stromgeschwindigkeit
nur hie und da ein paar vereinzelte. Bänke ganz grober Gerölle
oder überhaupt keine Ablagerung entstehen ließ — ein Bild
eines Dammbruches mit westöstlicher Flutrichtung — worauf dann
die Metallfällung durch die sich zersetzenden abgetöteten
Organismen und die Ablagerung des Mergelschiefermaterials, beides
im wesentlichen gleichzeitig, vor sich ging.
Wo durch die Strömung zunächst erst einmal anderwärts
entstandene Schwefelmetallniederschläge hingeschwemmt wurden,
da entstanden die „Sanderze* und die „Tressen* an der Sohle
des Kupferschieferflözes.. Wo während der Ablagerung des
Mergelschiefermaterials aufs Neue, nicht selten wiederholt, solcher
Schwefelmetallschlamm eingeschwemmt wurde, da entstanden die
oben erwähnten dünnen, blechförmigen Zwischenlager relativ sehr
reiner Schwefelmetalle..e Wurden irgendwo die schon etwas zu-
sammengeballten reinen Schwefelmetallniederschläge!) wieder auf-
gerührt, so bildeten sie z. T. Klumpen und zusammenhängende,
zusammengerollte Fetzen, welche sich, eingebettet, zu den oben
erwähnten „Hicken“ verdichteten.
Im Übrigen ging die Erzfällung allenthalben ihren bestimmten
Gang, sodaß der Erzgehalt des Kupferschiefers im allgemeinen
von unten nach oben rasch abnehmen mußte, da der ein für
allemal in den ursprünglichen Salzlaugen des Beckens gegebene
Vorrat an Schwermetallen durch das Fällen "immer geringer
!) Schwefelmetallniederscläge — man erinnere sich seiner
Laboratoriumserfahrungen — sind oft schon nach dem Stehen während
einer einzigen Nacht nur mit Mühe wieder in die Höhe zu bringen
und so vollkommen wieder in der überstehenden Flüssigkeit zu ver-
teilen, wie es ihre weitere Behandlung beim Analysieren wünschens-
wert macht. Sie bilden dann ein eigentümlich zusammenhangendes
Sediment, welches den Eindruck eines verfilzten Lappens hervorruft.
211
wurde, und eben kein Nachquellen vermeintlicher Metallsprudel
stattfand. — Die Durchlässigkeit oder Undurchlässigkeit des be-
kanntlich mancherlei lokale Verschiedenheiten zeigenden eigent-
lichen Flözsedimentes, oder hangenderer oder liegenderer Schichten
scheint nirgends eine Rolle zu spielen; ebensowenig wurde der
Metallgehalt des Schieferflözes durch dessen Bitumengehalt
limitiert. Letzterer schwankt von 8 bis 30 Prozent, je nach
den Revieren, was aber für den technischen Metallwert der
Schiefer ganz gleichgiltig ist. Und Schiefer z. B. mit 30 Pro-
zent Bitumen heute noch wären wohl sicher im Stande gewesen
sich in Wege ihres Reduktionsvermögens mit etwas mehr Metall
zu bereichern als den üblichen, eigentlich recht bescheidenen
Prozenten, wenn ihnen jemals mehr Metall zur Verfügung ge-
stellt gewesen wäre.
Daß in diesem primär mit Metallen ausgestatteten Flöze
auf später entstandenen Spalten und an solchen entlang allerlei
Mineralneubildungen, Anreicherungen, Vertaubungen etc. sekundär
verliefen, bedarf in seiner Selbstverständlichkeit nur der Er-
wähnung, kaum der Erklärung, wenn .man nur festhält, daß bei
der verbältnismäßigen Schnelligkeit, in der das Flöz entstanden
sein dürfte, in dessen Liegendem, dem Rotliegenden, oder in den
spaltendurchzogenen, laugendurchtränkten älteren Gesteinen, zu-
nächst wohl noch beträchtliche Mengen schwerer Laugen stag-
nierten, die nur allmählich zu verdrängen standen, hierbei aber
in Berührung mit dem Kupferschiefer kamen, wo sie neuerdings
als Lösungsmittel fungierten, das Bitumen aber das lokal Gelöste
wieder reduzierte und niederschlug.
Wo dagegen weit und breit kein oder nur sehr wenig Metall
im Kupferschiefer, in diesem Falle besser: im bituminösen
Mergelschiefer vorhanden ist, wie z. B. schon am Westharze,
besonders aber in England, wird die Annahme gelten dürfen,
daß die auch dort in den Laugen vorhanden gewesenen Metalle,
mehr oder weniger ausgefällt, gegen Osten hin weggespült seien,
wo wir ja am Zechsteinkonglomerat, dem Weißliegenden, eine
West-Ost-Strömung und außerdem die Anschwemmungen reiner
Schwefelmetalle kennen gelernt haben.
Wenn hiernach also der Kupferschiefer so gar kein Beispiel
für eine nachträgliche sekundäre, eng horizontweis verlaufene
Erzimprägnation ist, so darf die Frage aufgeworfen werden, ob
es in dieser Beziehung mit jenen permotriassischen Verhältnissen,
die er exemplifizieren sollte, anders bestellt ist. Es liegt mir
selbstverständlich sehr fern, Dinge, die ich nicht selber unter-
sucht habe, auf Grund ihrer Beschreibung beurteilen zu wollen.
Trotzdem sei auf ein paar Tatsachen verwiesen, vielleicht, daß
14*
212
aus ihnen einiges Licht strömt, wo aus dem Kupferschiefer für
den Gegenstand nichts zu erzielen stand.
Zunächst steht wohl fest, oberer Zechstein und Buntsand-
stein sind unsere Salzformationen vaT &Soymv.
In ihnen befinden sich unsere berühmtesten Salzvorräte,
deren Ablagerung es natürlich mit sich brachte, daß zu be-
stimmten Zeiten große Mengen von allerlei Laugen vorhanden
waren, zZ. T. Lösungen ausschließlich der allerhygroskopischsten
Ozeansalze, die denn auch nirgends mehr zur Krystallisation ge-
kommen sind, z. T. solche von weniger leicht löslichen Salzen
—- je nach den jeweiligen Umständen.
Mögen diese Laugen nun schließlich im ganzen wieder in
den Ozean geflossen sein, oder, was in anderen Fällen das Wahr-
scheinlichere ist, zunächst im ein- und aufgewehten Wüstenstaub
und Sand aufgestiegen sein! da waren sie damals unter allen
Umständen. Und nichts ist daher natürlicher und selbstverständ-
licher, als daß die in jener Periode zur Ablagerung gekommenen
Letten und Sande durchgängig das Merkmal der Laugenwirkung
tragen: die grelle, bunte Färbung, die in der Oxydation, in der
Bleichung normalerweise durch Kohleteilchen pigmentierter Sedi-
mente und in der lokalen Abscheidung wasserfreien Eisen-
oxydes ihre Ursache hat. |
Dieses zugebilligt, also einzig zugestanden, daß die be-
treffenden westdeutschen Schichten als Teile unseres deutschen
Haupt-Salzgebirges. entweder unter Mitwirkung von Salzlaugen
erzeugt, oder nachträglich von Salzlaugen bearbeitet wurden,
also entweder halurgogen oder halurgometamorph sind, bedürfen
dann die von Herrn Saromon') wiedergegebenen, sehr interessanten
Beobachtungen zu ihrer vollen Erklärung keiner Mineralquellen
mehr; denn was dort letztere getan haben sollen, ist anderwärts
auf das engste mit Salz und Salzlaugenarbeit verknüpft.
So ist Kieselsäure als Quarz in den Salzlagern selber
keine Seltenheit?). In den halurgometamorphen Gebieten bei
Stolberg am Harze füllt ein besonderer, auffällig weißer Quarz
zahlreiche Gänge, entweder allein, oder als Ältestes. Ferner
diente er zur nachträglichen Wiederverfestigung des bei der
gleichen Gelegenheit zunächst gründlichst zersetzten Porphyrites,
ferner zur Bildung von rotem Eisenkiesel im Porphyrit und im
analog zersetzten resp. umgewandelten Melaphyr und Diabas;
bettete die trüben Sandkörner mancher Rotliegenden-Sandsteine
in klar a Berekrystallmosaik; ließ die so sonderbaren
') a
6 ee Die Bildung der Steinsalzlager. Halle 1877.
SEN
215
konaxialen Nachwuchsformen selbst an den feinsten Quarzkörnchen
und -splitterchen der dortigen halurgometamorphen Grauwacken
und Tonschiefer entstehen etc. etc. — In Form von Chalcedon
trifft man die Kieselsäure am „Klippchen“ in der Kleinen Krumm-
schlacht bei Stolberg am Harze im halurgometamorphen Neben-
sesteine des Gangsystems der Zeche Luise; besonders aber als
Mandelfüllung im halurgometamorphen Melaphyr bei Ilfeld. (Die
Mandelfüllung des dortigen normalen Melaphyrs ist in der
Hauptsache weißer Kalkspat.)
Schwerspat ist im ganzen halurgometamorphen Gebiete
des Südharzes sehr häufig. Bei Stolberg und L.auterberg z. B.
füllt er mächtige Gänge im Schiefergebirge. Sehr bekannt ist
auch sein Vorkommen auf den Roteisenstein- und Manganerz-
sängen im umgewandelten Porphyrit bei Ilfeld. Auch im Melaphyr
tritt er analog auf, zumal im umgewandelten Glimmermelaphyr
bei Herrmannsacker. Ebenso in den Sedimenten des Rotliegenden
des Harzes, wie des Kyffhäusers u. s. w., und wurde mit den
Laugen natürlich auch der unteren Zechsteinformation überliefert,
sodaß er in den dortigen Kupferschieferrevieren wohl nirgends
selten ist.
Eng sind auch die Beziehungen, welche zwischen den Salz-
laugen und dem Mangan bestehen. Mangansilikate begleiten
die halurgometamorphen, in Roteisenstein umgewandelten Devon-
kalke des nördlichen Harzes; im Südostharze bildet die Kar-
pholithzone eine sehr auffällige Manganabscheidung auf einem
ganz bestimmten Horizonte des dortigen, durch Salzlaugen umge-
wandelten Schiefergebirges. Dieser letzteren Mangansilikat-
krystallisation entspricht bei Rodishain ein auf das gleiche Niveau
beschränktes Vorkommen primären Mangansuperoxydes!) innerhalb
des umgewandelten Schiefergebirges, woraus man wohl folgern
darf, daß das Mangan an sich das Charakteristische beider
Bildungen ist, nicht aber dessen Silikatisierung; denn letztere
bezeichnet nur eine lokale — die östlichere — Facies des
Ganzen.
Berühmt sind die Manganerze von Ilfeld, welche ehemals
ein ziemlich ausgedehntes Ganggebiet innerhalb des umgewandelten
Porphyrites ausfüllten zusammen mit Schwerspat und wasserfreiem
!) Löst man dasselbe durch Salzsäure aus den Quarztrümern, die es
hier ebenso umschließen, wie im östlicheren Gebiete den Karpholith, so
hinterbleiben unregelmäßig zellige Hohlräume. Löst man dagegen das
sekundär aus Karpholith hervorgegangene Mangansuperoxyd der Kar-
pholith-Quarztrümer auf, so zeigt der Quarz die Faserabformungen
des Karpholithes. — Das Rodishainer primäre Mangansuperoxyd sieht
auch viel „metallischer“ aus als das sekundäre.
214
Eisenoxyd in seinen mancherlei Gestalten, jetzt aber abgebaut
sind. Ihr dortiges Vorkommen verdient besondere Beachtung
deswegen, weil es vielleicht allgemeinere Schlüsse auf die Her-
kunft des Mangans auch mancher anderen Gebiete zu ziehen ge-
stattet, dabei teils an sich schon, teils im Verein mit anderen
dort zu beobachtenden Tatsachen gegen die Thermentheorie nicht
weniger, wie gegen die Lateralsekretionstheorie spricht — selbst-
verständlich soweit es zunächst selber in Frage kommt. DBetreffs
der vermeintlichen Lateralsekretion habe ich schon früher !) nach-
drücklichst hervorgehoben, daß der normale Harzer Porphyrit
ein graues, helles Gestein ist, aus dessen Zersetzung unmöglich
jene gewaltigen Mengen von Eisen- und Manganoxyd hervorgehen
konnten, die teils das zersetzte Gestein pigmentieren, teils in deu
dasselbe durchsetzenden Gängen abgeschieden vorkamen. Soweit
diese Oxyde nun nicht, anderswo in Lösung gegangen, mit den
Laugen hierhergekommen sind, müssen sie aus der Nähe stammen.
Für letzteres spricht ihre eng lokale Anhäufung. Höchst wahr-
scheinlich sind die Sphärosideritlager des Kohlenflözes im Liegenden
der dortigen Schichten die Heimat jener Erze, und allem zu-
sammen, der Spaltenbildung wie ihrer Erzführung, liegt eine.
einzige Ursache zu Grunde: Gerade dort, wo die Roteisen-
und Manganerze ihre Verbreitung haben, fehlt nämlich in der
Tiefe, wie die Beobachtungen an der Oberfläche mit Bestimmtheit
folgern lassen, das Melaphyrlager. Die hier ihre unterirdische
Versteifung entbehrende Porphyritdecke zerbrach und zerriß des-
halb bei gelegentlichen Bewegungen gerade hier in einer Weise,
wie es östlich und nordöstlich von hier, wo unten die gewaltige
Melaphyrdecke vorhanden ist, nicht möglich war. — Das Fehlen
des Melaphyres hatte aber noch die andere Folge, daß der Por-
phyrit die Kohlenstufe mit ihren Sphärosideriteinlagerungen zum
unmittelbaren Liegenden bekam; und so reichte der einzige
stratigraphische Umstand des Sichauskeilens oder Abstoßens eines
Gesteinslagers hin, die Salzlaugen, in deren Wirkung uns gerade
der Porphyrit ohnehin einen hochinteressanten Einblick gewährt,
wie ich dargelegt habe,?) an einer durch die Verhältnisse genau
vorausbestimmten Stelle noch eine ganz besonders komplex aus-
sehende, aber im Grunde doch recht einfache und leicht zu über-
blickende Arbeit verrichten zu lassen. —
Wer "aber trotzdem noch nach besonderen Manganthermen
suchen möchte, möge folgende Tatsachen nicht aus den Augen
lassen.
!) Vergl. Verf., Regionalmetamorphose, S. 85, 96 u. ff., Anm. 40
u. 41.
?) Ebenda S. 85 u. #,
215
Die Ilfelder Manganerze sind auf das engste mit wasser-
freiem Eisenoxyd verknüpft. Beide kommen nicht nur dicht
nebeneinander vor, sondern bilden oft innige Mischungen. Da
nun aber Eisenoxyd, soweit geologisch diskutierbare Verhält-
nisse in Betracht kommen, gemäß unserer Erfahrung nur unter
zwei verschiedenen Bedingungen aus wässeriger Solution wasser-
frei zur Abscheidung kommt, einmal bei sehr hohen Temperaturen,
sodann aus stark konzentrierten Lösungen hygroskopischer Salze,
die erstere Bedingung jedoch den sonstigen Umständen nach hier
nicht weiter in Frage kommen kann, so hat sich auch das Man-
san in diesem Falle aus konzentrierten Salzlaugen abgeschieden:
der Karpholith des Südostharzes, die Manganerze von Ilfeld und
anderen Lokalitäten der halurgometamorphen Harzdistrikte sind
Salzlaugenprodukte wegen ihrer engen Verknüpfung mit wasser-
freiem Eisenoxyd.
Große Quantitäten von Mangan blieben übrigens in den Salz-
laugen gelöst und gelangten auf diese Weise in den Kupfer-
schiefer.
Was das Abschneiden der Gesteinsumwandlung an einer
überlagernden Gesteinsschicht betrifft, wovon in Herrn SALOMoNSs
eitierter Arbeit ebenfalls die Rede war, so sei mir die Bemer-
kung gestattet, daß kaum ein schöneres Beispiel denkbar ist, als
es der Südharz liefert, wo die oxydierten, zersetzten, mit Eisen-
oxyd imprägnierten, rekrystallisierten ete. Gesteine so ziemlich
jeden Alters, vom Silur bis zum oberen Rotliegenden einschließ-
lich, in oft prächtig instruktiven Profilen scharf an der auf-
lagernden kalkigen, bituminösen, nicht metamorphosierten Zech-
steinformation absetzen. Wie ich eingehend auseinandergesetzt
und begründet habe,!) vermag ich aus dieser Tatsache aber
nur den einen Schluß zu ziehen, daß die betreffende Metamorphose
am Harze älter ist als die Zechsteinformation, daß letztere sich
also auf den schon umgewandelten Gesteinen abgelagert hat. —
Es waren eben prä-zechsteinische und im speziellen Falle inter-
permische Salzlaugen, welche in unserer Gegend das ältere Ge-
birge unmittelbar oder durch das Rotliegende hindurch — und
hierbei letzteres natürlich erst recht — in der von mir be-
schriebenen, charakteristischen Weise metamorphosierten. Jenen
jüngeren Laugen, aus und unter denen sich unsere Carnallit-
lager etc. abschieden, war am Harze, wahrscheinlich grade durch
die Salzlager selber, der Weg in die Tiefe versperrt: die Zech-
steinformation zeigt sich hier nirgends metamorphosiert.
Denn selbst von ihrem obersten Horizonte, in welchem sie mit
') a. a. SE OS LOFT T.
216
roten Gipsen, roten Letten u. s. w. in den Buntsandstein übergeht,
ist es einstweilen noch nicht ausgemacht, ob er nicht eine ur-
sprüngliche, eine gewissermaßen halurgogene!) Bildung, statt
einer halurgometamorphischen repräsentiert.
In anderen Gegenden kann das aber sehr wohl anders sein.
Es wäre daher gewiß von einigem Werte, wenn man anderwärts,
wie beispielsweis in Südwestdeutschland, auch die Zechstein-
formation, so viel oder so wenig von ihr dort vorhanden ist,
umgewandelt fände und auf diese Weise eine postpermische
resp: permotriassische Halurgometamorphose nachwiese — oder
aber mit Bestimmtheit festzustellen vermöchte, daß die Ablagerungen
jener Epoche, die ja wie gesagt bei uns von Salzen gradezu
strotzen, in jenen Gebieten trotz roten Eisenoxydes, Hornquarz-
bildungen, Manganerzen, Schwerspat u. s. w. mit Salzen und
Laugen bestimmt nichts zu schaffen haben. — -
- Letzterer Nachweis mag nicht leicht sein. Wir sind zwar
leicht geneigt, die vielen Salzquellen, welche bei uns so lange
schon den permotriassischen Schichten entströmen, wie unsere
historischen Berichte reichen, für unerschöpflich und unveränder-
lich anzusehen. Zweifellos sind sie das eine so wenig, wie das
andere. Sie sind Aussüßwässer, nichts weiter. Im normalen
Laufe des geologischen Geschehens muß die Zeit kommen, zu
der auch sie Süßwasser liefern werden, wie es andere Quellen
und Brunnen in permotriassischen Gebieten längst tun.
Hieraus wird man folgern müssen, daß noch in jüngerer
geologischer Vergangenheit, beispielsweis noch in der Tertiär-
periode in den permotriassischen Sedimenten weit mehr Salze
vorhanden gewesen sind als heute.
Wenn nun wirklich jene südwestdeutschen Mineral-ete.-Bil-
dungen nachweislich tertiären Alters und nachweislich auf Quellen-
tätigkeit zurückzuführen sein sollten, so wäre hierdurch noch
inimer nicht ausgeschlossen, daß nicht auch jene alten Salze, zu
deren Urheimat sie in so enger räumlicher Beziehung stehen,
trotzdem mit im Spiele gewesen sind; eventuell als salinische
Dislokationsspalten- oder salinische Vulkanthermen.
Aber von hier aus betrachtet erscheinen die Dinge dort
noch keineswegs derartig kompliziert, vielmehr besteht die größere
!) Genauer ausgedrückt: halosynergogen; denn bei solchen Bil-
dungen handelt es sich streng genommen nur um ein Mitwirken der
Salze resp. Laugen. Wenn der Wind Lößmaterial oder Sand in rotes
Eisenoxyd absetzende Laugen hineinweht, beispielsweis in Carnallit-
laugen, und auf diese Art rote Letten oder rote Sandsteine resultieren,
so sind natürlich eigentlich nicht diese Letten oder Sandsteine an sich
halurgogen, sondern nur ihr rotes Eisenpigment ist es.
217
Wahrscheinlichkeit, daß auch dort normale Laugenarbeit vorliegt,
allerdings nicht postkarbonischen, genauer interpermischen Alters,
wie zumal am Südharze u. s. w., sondern jüngeren, wahrscheinlich
permotriassischen oder triassischen Datums; die Arbeit vielleicht
grade jener Laugen, die über unseren Kalilagern entstanden sind.
Der eventuelle Nachweis dafür wäre um so wertvoller, weil man
sich grade von diesen Laugen rücksichtlich ihrer chemischen
Zusammensetzung ein leidlich zutreffendes Bild machen kann:
da sie alles einigermaßen Krystallisierbare bei uns deponierten,
müssen sie vorwiegend aus den allerhygroskopischsten Seewasser-
verdampfungsrückständen bestanden haben, vor allem. werden sie
noch große Quantitäten von Chlormagnesium enthalten haben und
außerdem die sämtlichen, noch löslicheren Salze. Grade derartige
Laugen dürften kaum bei jeder beliebigen Gelegenheit entstanden
sein. Um. so reizvoller wäre es daher, womöglich dem Spezial-
chemismus ihrer Tätigkeit auf die Spur zu kommen.
218
6. Studien im süddeutschen Wuscheikalle
Von Herrn L. HEexKEL.
(Hierzu 2 Textfig.).
Der Wellenkalk des Maintals bei Würzburg stimmt in seiner
ganzen Entwicklung noch fast. vollständig mit dem thüringischen
überein, dagegen weicht er sehr erheblich ab von dem der viel
näheren Gegend von Mergentheim und Königshofen an der Tauber.
Die Absicht, den Übergang der Ausbildungsform beider Gebiete
zu verfolgen, führte mich zu den folgenden Beobachtungen.
Zwischen Lengfurt und Homburg, ungefähr 8 km nordöstlich
von Wertheim, hat der Main mit einer großen Schleife sein
linkes Ufer so stark angeschnitten, daß ein Steilabfall mit guten
Aufschlüssen entstanden ist. Ein Blick auf die Bergwand, etwa
vom andern Mainufer aus, überzeugt den mit der thüringischen
Trias Vertrauten, daß man hier noch dieselben Schichten vor
sich hat. Vom Fluß aus erhebt sich zunächst etwa 30 m hoch
eine Steilstufe von Buntsandstein, über dem als sanfter ansteigende
Terrasse das etwa 25 m mächtige Röt liegt. Mit einem Steil-
absturz, der zugleich die obere Grenze der Weinberge bildet,
setzt dann der Wellenkalk ein. Sein unterstes Drittel prägt den
mehrfachen Wechsel härterer und weicherer Schichten in dem
Abwechseln von Felsleisten und Grasbändern aus. In einer Höhe
von etwa 30 m über der unteren Grenze tritt dann eine Ab-
flachung des Hanges ein, wie sie ganz ähnlich an den Steilhängen
des Saaletals, etwa bei Jena oder Kösen, über der Zone der
Oolithbänke sich einstellt. Grasbewachsen steigt der Abhang
dann bis zum Rande der Hochfläche empor, doch noch einmal
unterbrochen durch ein schroffes Felsgesimse, in dem man
schon von ferne den Terebratula-Kalk zu erkennen glaubt, eine
Vermutung, die durch die nähere Untersuchung vollständig be-
stätigt wird.
Im einzelnen beobachtet man noch folgendes:
Über den Weinbergen ist an einer schon von weitem zu
erkennenden Stelle die Grenzzone zwischen Röt und Muschelkalk
vorzüglich aufgeschlossen und zeigt von oben nach unten das
folgende Profil:
29
0,10—0,30
3
Bänkchen von konglomeratischem Kalk.
Wellenkalk, zu unterst mit einer festeren
Bank, deren Dicke zwischen 10 und
40 cm schwankt.
1!/’; m. Kompakter dunkelgelber Kalk.
23/a m. Graue Mergel.
Rote Mergel.
Der gelbe Kalk ist der „Wellendolomit* SANDBERGERS (Der
Ausdruck ist irreführend; das Gestein ist nicht wellig und oft
auch nicht dolomitisch). Er hat eine sehr weite horizontale Ver-
breitung; nordwärts ist er noch in der Gegend von Halberstadt
nachgewiesen; im östlichen Thüringen keilt er sich erst zwischen
Laucha und Freyburg a. d. Unstrut aus. Auf der preußisch-
thüringischen geologischen Spezialkarte hat man ihn südlich des
Thüringer Waldes, sowie in Hessen und Südhannover als untere
Grenze des Muschelkaiks angenommen, während man nördlich vom
Thüringer Wald diese Grenze erst etwa 15 m tiefer zieht. Auch
die badischen und württembergischen Geologen zählen die Schichten
bis zu den obersten roten Lagen hinab ihrem Wellendolomit zu.
Der Abhang höher hinauf besteht, wie schon gesagt, aus
Wellenkalk in seinen verschiedenen Ausbildungsformen. Ungefähr
6 m über dem Konglomeratbänkchen des obigen Profils fällt eine
1!/ı m dicke Lage von SAnDBERGERS „Pseudokonglomerat“ auf, einer
Bildung die in vielen Gegenden vorkommt, z. B. von R. WAGNER!)
als „konglomeratischer Wellenkalk* beschrieben wird (übrigens
- aus etwas höherem Niveau). Der Felsgürtel mit dem die untere,
felsige Region nach oben abschließt, trägt als Dach eine sehr
feste Bank, deren Mächtigkeit zwischen 10 und 40 cm schwankt.
Ihre Ausbildung ist sehr wechselnd, bald konglomeratisch, bald
durch zahlreiche Muschelträmmer pseudoolithisch,h bald völlig
dicht, in der obersten Lage vielfach von ockererfüllten Kriech-
röhren durchzogen. Von Versteinerungen waren nur kleine Tro-
chiten zu bemerken. Nach der Ähnlichkeit mit einem Bänkchen,
das in ungefähr demselben Niveau bei Gambach (zwischen Karl-
stadt und Gemünden, nordwärts von Würzburg) auftritt und deut-
lich die thüringische Oolithbank & zu vertreten scheint, halte ich
auch dies Bänkchen für den letzten verkümmerten Ausläufer jenes
Horizontes Die Oolithbank ß, die bei Karlstadt und Gambach
noch sehr typisch entwickelt ist, war bei Lengfurt nicht aufzu-
finden. Sollte sie noch vorhanden sein, so ist ihre Mächtigkeit
jedenfalls gering, da sie sonst bei der Steilheit des Abhangs
wohl durch die Humusdecke durchragen würde.
535
!) Muschelkalk von Jena, S. 29.
220
Der ZTerebratula-kalk tritt, wie schon gesagt, als steile
Felsbank am Ablang zutage, ungefähr 20 m über dem vorigen
Bänkchen. Er ist 1 m mächtig und besteht aus dunklem Kalk,
mit zahlreichen Muscheltrümmern, die beim Verwittern rostfarbig
werden. Zerebratula vulgaris ist häufig, meist mit erhaltener
Schale. Es ist nur eine Bank sichtbar, doch ist es möglich,
daß die obere Bank, die auch bei Karlstadt schon nicht sehr
viel fester ist als der umgebende Wellenkalk, unter Schutt und
Verwitterungserde verhüllt ist.
Auf der Hochfläche sieht man bald hinter der Aussichts-
hütte, etwa 25 m über der Terebratelbank, zahlreiche Brocken
herumliegen, die der Schaumkalkzone entstammen. Aufschlüsse
darin finden sich aber erst weiter ostwärts in einer Reihe von
Steinbrüchen. Sie liefern zusammen folgendes Profil:
1 m. Hellgraue Kalkschiefer mit mächtigen Linsen von
blauschwarzem, flaserigem, sehr festem Kalk.
0,80 m. Zweite Schaumkalkbank.
4 m. Dünnschichtiger Wellenkalk.
1,20 m. Erste Schaumkalkbank, im unteren Drittel
von dünnen Lagen dichten Kalkes durchzogen.
Der Schaumkalk ist meist typisch ausgebildet, doch in der Farbe
dunkler als in Thüringen. Wie dort, ist auch hier die zweite
Bank im untern Teil oft konglomeratisch, ebenso ist das Gestein
auch hier manchmal nicht schaumig, sondern oolithisch. Von
einer etwaigen dritten Bank — die bei Karlstadt gut entwickelt
ist — ließ sich hier weder das Vorkommen noch das Fehlen
nachweisen.
Das gleiche Profil wie oben, zeigt sich an dem Wege auf-
geschlossen, der von Tiefental auf die südlich davon gelegene
Höhe hinaufführt, darunter noch etwa 10 m Wellenkalk. Am
untern (westlichen) Eingang dieses Dorfs kann man auch den -
Terebratulakalk nochmals gut beobachten.
Wenn man von Wertheim aus die Landstraße verfolgt, die
ostwärts auf der Hochfläche nach Neubrunn führt, so trifft man
Steinbrüche in dem Gelbkalk an der unteren Wellenkalkgrenze
und weiterhin, südlich von Urphar, einen Steinbruch in wenig
höherem Niveau, in dem Wellenkalk ansteht, mit 2 Konglomerat-
bänkchen, die ungefähr 4 m auseinander liegen. An der
höchsten Stelle der Straße, südwestlich von Dietenhan, befinden
sich ganz verschüttete Steinbrüche, in denen Terebratulakalk ab-
gebaut sein muß, denn es liegen noch Brocken davon umher. Südlich
von Neubrunn liegt dann noch ein Steinbruch in der unteren
Schaumkalkbank, die hier sehr petrefaktenreich ist. Ich fand in
kurzer Zeit:
2a
Gervillia socialıs,
2 eostata (Goldfussu),
n subglobosa,
Myophoria elegans,
e ovata,
2 laevigata,
” vulgares (pflegt in Thüringen in diesem
Niveau zu fehlen),
Myophoria curvirostris v. SCHLOTH.
Lima lineata,
Nucula_elliptica, -
Mytılus vetustus,
Pleurotomaria Albertiana,
Dentalium torguatum.
Das Gestein zeigt in höchst lehrreicher Weise alle Über-
sänge von unverwitterten blauschwarzem Kalk, der erst beim
Anschleifen seine oolithische Struktur erkennen läßt, durch
Oolith mit rostbraunen Körnchen zu halb-schaumigem Kalk, der
noch einen Teil der Körnchen enthält, und endlich zu reinem
Schaumkalk, und schließlich findet man auch eine Art von
regeneriertem Oolith, bei dem die Poren des Schaumkalks
durch Absatz von weibem Kalkspat ausgefüllt worden sind.
Ein vorzügliches Profil liefert die Straße von Hochhausen
a. d. Tauber nach Eiersheim. Schon von da an, wo. sie stärker
zu steigen beginnt, kann man in den Gräben den Wellenkalk an-
stehen sehen, von der Stelle an aber, wo sie an der Kapelle
scharf nach Süden umbiegt, ist sie tief in den Felsen gehauen,
sodaß man Schicht für Schicht abmessen kann. Auf der Höhe
geben dann Steinbrüche in der Schaumkalkzone noch eine Fort-
setzung des Profils.
Insgesamt ergibt sich so von oben nach unten die folgende
Schichtenreihe: |
Gelber Dolomit des mittleren Muschelkalkes.
Ungefähr 3 m ebenflächige dunkle Platten,
z. T. mit Myophoria orbicularis.
0,5 m. Dritte Schaumkalkbank.
2 m. Dünne schwarze Platten, z. T. mit Myophoria
orbeculartıs.
0,4 m. Zweite Schaumkalkbank, rostbraun.
4 m. Dünnschichtiger Wellenkalk.
1,60 m. Erste Schaumkalkbank.
6 m. Wellenkalk.
0,05—-0,10 m. Bank mit Spertferina fragelis hh. und
Spiriferina hirsuta.
(Ein Heiligenbild steht auf dem Bänkchen.)
2232
4,5 m. Wellenkalk.
0,3 m. Dunkler Schieferton. (In dieser Gegend wieder-
holt sich die Schichtenfolge durch eine Ver-
werfung von ungefähr 4 m Sprunghöhe.)
1 m. Wulstiger Kalk mit Lettenbestegen.
8 m. Wulstiger Kalk. ie >
0,08 m. Hartes Bänkchen.
2 m. Wulstkalk.
0,08 m. Hartes Bänkchen.
0,70 m. Wellenkalk.
5 m. Wulstiger Kalk 'mit Lettenbestegen.
Ungefähr 20 m Wellenkalk.
0,10 m. DBänkchen von Konglomeratkalk.
2 m. Wellenkalk.
0,10 m. DBänkchen von Konglomeratkalk.
"Ende des Aufschlusses, offenbar nur wenige Meter über der
Basis des Muschelkalks.
Die Ausbildung der dritten Schaumkalkbank ist sehr eigen-
tümlich. Sie besteht aus einem wahren Rogenstein, der in
selber Grundmasse schwarze körnige, nicht schalige, Oolithkörner
von ungefähr °/a mm Dicke führt. Durch Anslaugung der Körnchen
wird cr stellenweise schaumig. Von Versteinerungen fand ich
nur schlecht erhaltene Abdrücke von Gervillia costata. Die Bank
bildet auf beträchtliche Erstreckung das Dach der Hochfläche
und ist durch älteren Steinbruchbetrieb meist zerstört, sodab
man nur große Blöcke von ihr noch sieht. Anstehend ist sie
am besten zu beobachten an dem Weg, der vom oberen Aus-
sang des Hohlweges nach Norden führt; er zieht in sanftem
Ansteigen auf ungefähr 20 Schritt über sie hin. |
Besonders merkwürdig aber ist an dem obigen Profil, daß
der Terebratula-Kalk völlig fehlt. Dieser Horizont
der von der Gegend von Halle bis in die von Wertheim
so gut aushält, hat sich also jetzt plötzlich auf einer
Strecke von etwa zwei Stunden Wegs ausgekeilt.!) Ein
gleiches vollzieht sich nun südwärts mit überraschender Schnellig-
keit an der Schaumkalkzone. Bei Tauberbischofsheim zeigen un-
vollkommene Aufschlüsse westlich. der Stadt so viel, daß die
dritte Schaumkalkbank verschwunden, die erste auf '/s m zurück-
!) Ob die „obere Terebratelbank“ der Freudenstädter Gegend dem
Terebratulakalk entspricht, erscheint mir zweifelhaft. Die „Terebratel-
bänke“ der württembergischen Geologen, besonders die „untere“ (mit
Terebr. Eckii) sind übrigens zwar paläontologische Horizonte, aber
nicht eigentlich Bänke, denn sie heben sich nicht petrographisch von
der Umgebung ab.
225
gegangen ist. Bei Lauda aber (auf der Höhe südwärts, da wo
der Weg von Königshofen heraufkommt) sind die beiden Schaum-
kalkbänke zu Lagen von rund 20 cm braunen oolithischen Ge-
steins zusammengeschrumpft. Der Wellenkalk zwischen ihnen
ist hier ungefähr 5 m mächtig und schließt ein dünnes schwarzes
Bänkchen ein, das runde und fünfeckige Trochiten in Menge
führt. Bei Boxberg endliel lassen sieh in dem guten Aufschluß
an der Straße nach dem Seehof. die letzten Ausläufer des Schaum-
kalks noch eben. erkennen in zwei braunen, aber nicht mehr
eigentlich oolithischen Lagen von 5 bis 10 em Dicke. -
Weiter westlich hält sich der Schaumkalk länger, sodaß er
noch bei Neckarelz und -Mosbach- ansehnliche Bänke bildet, und
ebenso ist er weiter nach Osten noch bis ins Jagsttal zu verfolgen.
Insgesamt geht aus meinen Beobachtungen hervor,
daß die Leithorizonte des mitteldeutschen Wellenkalks
nach Schwaben hin in der Reihenfolge von unten nach
oben sieh auskeilen: Zuerst- verschwinden die Oolith-
bänke, dann der Terebratulakalk, zuletzt der Schaumkalk.
Ganz das gleiche vollzieht -sich im östlichen- Frankenland.
In dem guten. Profil von Harras bei Eisfeld sind die Oolithbänke
nicht mehr vorhanden und der Terebratulakalk schon recht
unbedeutend, bei Koburg verschwindet auch dieser, und am Kreuz-
berg bei Kronach ist auch kein wirklicher Schaunikalk mehr vor-
handen, allerdings dafür eine starke Bank von dichtem Kalk, die
wohl sicher als seine Fortsetzung anzusehen ist, wie ja auch
bei Jena die Oolithbänke durch dichten Kalk vertreten werden.
Die erwähnte Bank läßt sich von Kronach noch bis zum Oschen-
berg bei Baireuth verfolgen.
Ungefähr gleichen Schritt mit: dem Kernen der festen
Bänke hält eine von unten nach oben fortschreitende Verdrängung
des Kalks durch Mergel. (Nicht daß die Schichten in Schwaben
dolomitisch sind, worauf oft so viel. Gewicht. gelegt -wird, ist
meiner Ansicht nach das: wesentliche an der schwäbischen Facies
des unteren Muschelkalks, sondern daß. sie mergelig sind).
Bei Eisfeld sind die untersten-6 Meter über dem Gelbkalk!) an
der Basis schon recht mergelig; bei Baireutli aber reicht die
mergelige Entwicklung bereits bis auf wenige Meter unter den
„Schaumkalk*. Weiter ostwärts, bei Kemnath, tritt an Stelle
der Mergel sogar Sandstein.
Wenn man also in Gedanken z. B. von Meiningen in :der
Richtung über Koburg und Baireuti nach Kemnath etwa im
) Unter dem Gelbkalk liegen hier übrigens die typischen
Modiola-, und Myophoria-Platten, wie bei Meiningen, aber ohne die
dort darüber liegende rote Mergellage.
294
Niveau der Oolithbänke geht, so trifft man nacheinander die
folgenden Gebilde: Oolith. Dichter Kalk. Wellenkalk. Mergel.
Sandstein. |
Da die letzten Glieder dieser Reihe unzweifelhaft
den Ubergang von den Ablagerungen offeneren Wassers
zu solchen des Küstenstrichs darstellen, so ist wohl
klar, daß umgekehrt das erste Glied, der Oolith, der
küstenfernsten Region entstammt, die allerdings, wie
die oft zu beobachtende Kreuzschichtung beweist, immer
noch der Flachsee angehörte. .i
Die Änderungen der Facies sprechen sich scharf in den
Landschaftsformen aus. In Thüringen und Hessen ist der
untere Muschelkalk durch Mächtigkeit und Widerstandsfähigkeit
der wichtigste Teil der ganzen Formation, und ihm verdanken so
viele weitbekannte Berge dieser Landschaften das Charakteristische,
ihres Aufbaus, so die Höhen bei Jena und Kösen, der Frauen-
berg bei Sondershausen, die, Eichsfelder: Pforte bei. Bleicherode,.
die Hörselberge, der Heldrastein und die Masse des Ringgaus,
an der Berrıca Zuerst nachwies, wie die Abtragung einen tek-
tonischen Graben zu. einem orographischen Rücken umformen
kann. Eine große Menge berühmter Burgen steht auf unterem
Muschelkalk; ich nenne nur die Boyneburg und Schloß Spangen-
berg in Hessen (der letztere Name kommt von den „Spangen-
steinen“*, wie das Volk die Eneriniten nennt), die Sachsenburg
an der Unstrutenge, die Neuenburg über Freyburg, die Leuchten-
burg, Lobedaburg, Kunitzburg, Dornburg, Saaleck und Rudels-
burg. Der obere Muschelkalk, zum größeren Teile aus weichen
tonigen Schichten bestehend, tritt dagegen zurück; er gelangt
eigentlich nur im Ettersberg bei Weimar zu beherrschender Be-
deutung im Landschaftsbild (weil dort der Wellenkalk nicht an
die Oberfläche reicht). Typisch für den Aufbau der ganzen
Formation sind die. denkwürdigen Höhen bei Jena, die den Süd-
rand des Schlachtfeldes von 1806 bilden. „Die obere Stufe
des Plateaus mit dem Napoleonstein, dem Jägerhaus u. s. f. be-
steht aus oberem Muschelkalk ‘und setzt sich: als: deutliche
Terrasse ab ‚von der felderreichen Zone des mittleren Muschel-
kalks mit ihrer viel sanfteren Böschung und der gelben Boden-
farbe unbestellter Äcker, während von den Schaumkalkbänken
ab der untere Muschelkalk in mächtigen Bastionen gegen das
Mühltal und Saaltal abstürzt !).* |
Bei Würzburg liegen die Verhältnisse noch ganz ähnlich,
doch kommt hier der obere Muschelkalk bereits mehr zur Geltung,
!) F. REGEL, Thüringen. 1. S. 145.
Zeitschrift
der
- Deutschen geologischen Gesellschaft.
+®
»6. Band.
Ill. Heft.
Juli, August, September 1904.
(Hierzu Tafel VII, VIUL, XI—XIV u. XVI—XVIIL)
Berlin 1904.
J. G. Cotta’sche Buchhandlung
Zweig ee tin,
vereinigt mit der Besserschen Buchhandlung (W. Hertz.
SW. Kochstrasse 53.
Deutsche geologische Gesellschaft.
Vorstand für das Jahr 1905.
Vorsitzender: Herr BEYSCHLAG Schriftführer: Herr J. Bönm
Stellvertretende Vor- 9 „ WAHNSCHAFFE „»„ DENCKMANN
sitzende: . \ „. SCHMEISSER „ GAGEL
Schatzmeister: „ . DATHE : „. PHILppr
Archivar: „ JENTZSCH
Beirat für das Jahr 1905.
Die Herren: TIETZE- Wien, FRAAS- Stuttgart, BALTZER-Bern, KAysEr-Marburg,
ROTHPLETZ-München, STEINMANN-Freiburg i. Br.
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bäude der K. Preuß. geol. Landesanstalt u. Bergakademie, Invalidenstr. 44, abends
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lungen in einer Stadt Deutschlands oder Österreichs in den Monaten August bis
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spätestens 8 Tage nach dem Vortrage einzusenden.
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trittsgeld und einen Jahresbeitrag von 20 Mark. Es erhält dafür die Zeitschrift
und die Monatsberichte der Gesellschaft. (Preis im Buchhandel für beide zu-
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Jahresbeiträge durch einmalige Zahlung von 300 M. ablösen.
“+
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lich; sie erhalten 50 Sonderabzüge umsonst, eine grössere Zahl gegen
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soweit angängig besprochen.
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4. Die Beiträge sind an die J. G. Corra’sche Buchhandlung Nachf.,
Berlin SW., Kochstr. 53, durch direkte Übersendung einzuzahlen.
!
225
Schema des landschaftlichen Aufbaus der Muschelkalk-
formation
in Thüringen:
— 3777) Ar
re a3]
er Tre
ITATIL
x —————— em
ALT AN eek mn U mn Er
mm nn m rn u nn _—nnNnnnen
= —_ mern
in Schwaben:
So
so. Oberer Buntsandstein
mu. Unterer Muschelkalk (Wellengebirge)
mm. Mittlerer Muschelkalk (Anhydritgruppe)
Oberer Muschelkalk (Hauptmuschelkalk)
a. 8. PVolithbänke
<. Terebratulakalk
z. Schaumkalk
moı. Trochitenkalk
oa. Nodosusschichten.
da seine Mächtigkeit größer ist als in Thüringen und gerade im
obersten Teil die dicken Kalkbänke der Semipartitus-Zone liegen.
Je. weiter man dann nach Süden geht, umsomehr wächst im
landschaftlichen Aufbau die Bedeutung des oberen Muschelkalks
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 56. 2, 12
226
mit seiner zunehmenden Mächtigkeit und dem Verschwinden der
tonigen Zwischenlagen, und gleichzeitig geht die des unteren
in dem Maße zurück, wie er durch den Verlust seiner harten
Bänke und Übergang in Mergel seine Widerstandsfähigkeit ein-
büßt und gleichzeitig an Mächtigkeit abnimmt. So erscheint am
Schwarzwaldrande das „Wellengebirge“* nur noch als eine ziem-
lich untergeordnete Vorstufe des „Hauptmuschelkalkes.“ (Vergl.
die Figuren auf S. 186.)
Etwas anders liegen die Verhältnisse in Ostfranken insofern,
als dort der obere Muschelkalk nicht zu solch überwiegender
Entwicklung gelangt. Der untere Muschelkalk aber sinkt auch
dort zu ziemlicher Bedeutungslosigkeit im Landschaftsbild herab.
Die Hänge nordöstlich von Baireuth, die er aufbaut, haben wenig
Ähnlichkeit mit den prallen Felswänden an der thüringischen
Saale.
227
7. Über die Vulkane von Nord-Sumatra.
Von Herrn ARTHUR WICHMANN in Utrecht.
Hierzu Taf. XIII u. 1 Textfig.
Vor einigen Jahren hat W. Vorz eine übersichtliche Dar-
stellung der auf Sumatra, von der Südostspitze bis zur Batak-
Hochfläche, in einer schmalen Zone angeordneten Vulkane ge-
geben. Er läßt alsdann folgen: „Schwieriger zu entscheiden ist
das weitere Verhalten ..... In großartigster Entwicklung
ihrer Kräfte mit dem gewaltigen Graben des Toba-Sees ....
quert sie die Insel und setzt auf die Ostküste über, beim Diamant-
Point scheint sie das Meer zu erreichen. Ein vollständig, vor
allem geologisch unbekanntes Gebiet stellen die Alas- und Gajo-
länder, sowie fast ganz Atjeh dar, und erst, wenn auch diese
Gegenden näher erforscht sein werden, können wir hoffen, voll-
"ständige Klarheit über den Enndverlauf der Vulkanenzone . .. .
zu erhalten .. . . und es wäre immerhin möglich, dal vereinzelte
isolierte Vulkane sich auch noch weiter nördlich auf der West-
küste von Atjeh finden. Der Grund aber, warum die Vulkanen-
zone bei 2° nördlicher Breite sich zur Ostküste hinüberzieht,
bleibt in Dunkel gehüllt, und wenn überhaupt eine Antwort auf
die Frage kommt, so haben wir sie aus Hinterindien zu erwarten. “!)
Um die Bedeutung der im Vorstehenden mitgeteilten Ansicht,
die bereits als Tatsache hingestellt wird, vollauf zu würdigen,
möge daran erinnert werden, daß seit dem Anfange des vorigen
Jahrhunderts eine Anschauung Eingang gefunden hat, der-
zufolge die Vulkane im Bengalischen Meerbusen, Sumatra, Java,
Bali, Lombok u. s. w. in reihenförmiger Anordnung - einander
folgen. Wir finden diesen Gedanken zuerst bei F. SıckLer’),
der sodann aber erst durch LeoroLp von Buch eine nähere
!) Über die Anordnung der Vulkane auf Sumatra. Jahresber.
d. Schles. Gesellsch. f. vaterländ. Cultur. 79. 1901. Breslau 1902.
II. Abt. Naturw.-Sektion S. 10. Eine übereinstimmende Darstellung
findet sich in dem Werk desselben Verfassers: Zur Geologie von Su-
matra. Geolog. u. Paläontolog. Abhandle. von E. KokeEn. N. F. 6.
Jena 1904 S. 158.
?) Ideen zu einem vulkanischen Erdglobus. Geographische Ephe-
meriden. 38. Weimar 1812. S. 153 m. Karte.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 56. 3. 15*
228
Begründung erfährt.!) Ferner haben G. W. EArr?) und F. Junc-
HUHN’) diese Art des Verlaufes durch Mitteilung weiterer Tat-
sachen zu erhärten gesucht.
Was Sumatra im besonderen betrifft, so hat R. D. M. Ver-
BECK der Ansicht Ausdruck verliehen, daß die meisten Vulkane
auf einer Linie liegen, die mit der Längsachse dieser Insel, und
zwar bis zur Atjeh-Spitze, zusammenfalle.*)
Die Behauptung, daß wir über die geologischen Verhältnisse
des nördlichen Sumatra noch sehr wenig wissen, muß im großen
und ganzen als eine durchaus zutreffende bezeichnet werden,
immerhin ist es aber mehr, als man gemeinhin annehmen zu
müssen glaubt. Die folgenden Zeilen sollen denn auch dazu
dienen die bisherigen Darstellungen zu ergänzen, sowie den
Vorzschen Gedanken, auf Grund des gewonnenen Tatsachen-
Materiales, einer Prüfung zu unterziehen.
Wir beginnen die Aufzählung der Berge im unmittelbaren
Anschluß an die von W. Vorz mitgeteilte Übersicht der Vulkane
der Batak-Hochfläche.°)
Gunung Alas®) 2550 m.
J. C. M. RADERMACHER erwähnt zuerst aus dem Innern
von Sumatra den Batu Gapit, der ein brennender Berg sei,
von dem die Eingeborenen ihren Schwefel holten.‘) Auf Grund
einer Angabe von W. Marspen®) führt Leor. von Buca’) den-
!) Über die Natur der canarischen Inseln und ihre Verbindung
mit anderen Vulkanen der Erdoberfläche. Pogg. Ann. 10. 1827,
S. 195—197, t. IV, auch Gesammelte Werke 3. Berlin 1877. S. 562.
?) Contributions to the Physical Geography of South Eastern
Asia and Australia. Journ. of the Ind. Archipelago. 6. Singapore
1852, p. 243.
3) Java. 2. Leipzig 1854, S. 808.
*) Topographische en geologische beschrijving van een gedeelte
van Sumatra’s Westkust. Batavia 1883, p. 402.
>) Beiträge zur geologischen Kenntnis von Nord-Sumatra. Diese
Zeitschr. 51. 1898, S. 42, t. I.
6) Bur Alas (Bur = Berg) bei den Gajos zufolge SNOUCK Hur-
GRONJE.
7) Beschrijving van. het eiland Sumatra. Verhandel. Batav. Gen.
v. K. en W. 3. 1781, S. 42. Zufolge SALoMoN MÜLLER (Bijdragen
tot de kennis van het eiland Sumatra. Leiden 1846, S. 156—157)
stellt diese Abhandlung die wörtliche Abschrift des im Archiv zu Ba-
tavia befindlichen Manuskripts von L. vAN BASEL, hadicale beschrijving
van Sumatra 1761, dar.
®) The History of Sumatra. 34 ed. London 1811. Auf der Karte
dieser Ausgabe findet sich der Name Allas nicht als Bezeichnung
eines Berges, sondern eines Distriktes. Im Text wird seiner über-
haupt nicht gedacht.
aa 2 OS AlS)T-
229
selben unter dem Namen Allas!) auf.
JUNGHUHN bezieht sich in seiner Beschreibung auf die An-
saben von RADERMACHER, denen er die Mitteilung hinzufügt, daß
dieser Berg im Innern von Deli an den Quellen des Flusses
Bulutjina liegen soll.?)
Liang Garas 1850 m.
Delong Gapus + 1400 m.
Tusam 1400 m.
Gulu 2200 m.
Letzterer stellt einen ziemlich ebenen gezähnten Bergrücken dar. |)
Gunung Sarbö Langet.
Bidul 2500 m,
von kegelförmiger Gestalt.°)
Gunung Peperkisön (Pogon Gesong) + 3000 m,
breiter gerundeter Bergrücken mit 3 Gipfeln.)
G. Natam.
Bandahara 3030 m,
breiter Rücken.°)
Deleng Sangkapan,
zwei gerundete kegelförmige Gipfel, 1977 m, bezw. 1955 m.
Deleng Gaju 1962 m.
Deleng Badak 1962 m,
serundeter Gipfel.
Deleng Segama,
zwei Gipfel, von denen der östliche 2080, der westliche 2109 m
hoch ist.
Banesar, (Tar XII, fig. 1) >),
zwei Gipfel, 1538 m, bezw. 1447 m.
Pepandeih 1506 m (Taf XII, fe. 1).
Kein einziger der oben angeführten, zum Alas-Gebiet ge-
hörenden Berge ist bisher untersucht worden. Dieselben werden
für Vulkane gehalten, zumal mehrere derselben zweifelsohne die
entsprechende charakteristische Gestalt besitzen.
In größerem Abstande erst folgt in NNW-Richtung als
hervorragende Erhebung das
!) A. DE BYLANDT-PALSTERCAMP macht in seinem schrecklichen
Buche Theorie des Volcans. 1. Paris 1834, S. 234, daraus einen
G. Atlas.
?) Die Battaländer auf Sumatra. Berlin 1847, S. 38, auch Java
2. Leipzig 1854, S. 809.
®) Zeemansgids voor den Oostindischen Archipel. 2. ’s Gravenhage
1900, 8. 101.
*) Die Figuren 1—7 (Taf. XII) sind den „Landverkenningen“ ent-
nommen, welche dem „Zeemansgids“ beigegeben sind.
230
Temian-, Tumian- oder Semuwang-Gebirge,
das seiner Gestalt nach (Taf. XII, fig. 7) wohl vulkanischen Ur-
sprungs sein könnte. Seine Höhe beträgt 1750 m. Der nord-
westlich davon sich erhebende
Bukit-Pasai (Gunung Udjöen)
ist 1674 m hoch, besitzt aber keinen charakteristischen Gipfel. !)
In einer Entfernung von 85 km, im Westen hiervon,
ragt der
Gunung Görödong (I) oder Bur Köl (Kaul) mit dem
Bur-ni-Telong (Mutelong)?) oder G. Tutong
empor, (Taf. XIII, fig. 6) welcher letzerer der einzige Berg Nord-
Sumatras ist, der während des verflossenen Jahrhunderts eine
lebhafte Tätigkeit entfaltet hat.
Nachdem WestpALm bereits eines „Kraterberges oder Bukit
Tjunda“ Erwähnung getan hatte?), gedachte P. J. Jansen vor
einigen Jahren des Vorkommens von Schwefel, vom „Tilong“,
einem tätigen Krater am Südabfall des G. Görödong.‘)
Näherer Angaben finden sich jedoch erst in dem Werke
von C. SnouUck HURGRONJE, aus denen hervorgeht, daß der
Bur-ni-Telong während des 19. Jahrhunderts mehrfach Ausbrüche
erlebt hat, zum letztenmale, der Aussage von Eingeborenen zu-
folge, „vor 30 —40 Jahren“°).
Über die Lage der einzelnen Glieder dieses Gebirges gibt
eine von einer Kartenskizze begleitete Beschreibung von W. Cor-
NELIS Auskunft.°) Der eigentliche Görödong stellt einen nach
NW geöffneten Kraterrand dar, dessen westlicher Gipfel, von
Corneuis als West - Tjunda bezeichnet, 2930 m hoch ist. Die
Höhe des östlichen Gipfels (Ost-Tjunda) beträgt 2830 m, während
der in dem alten Krater sich erhebende Kegel (Nord-Tjunda)
2825 m mißt. Der tätige Bur-ni-Telong (2720 m) hat sich an
der SSO Flanke des G. Görödong aufgebaut.
Die Mitteilung von Snouck HURGRONJE ermöglicht es uns,
nunmehr drei Eruptionen der Vergessenheit zu entreißen und an
dem gehörigen Orte unterzubringen.
!) Zeemanseids voor den Oost-Indischen Archipel. 2. 1900, S. 56, 61.
?) Telong oder Mutelong bedeutet, SNOUCK HURGRONJE zufolge,
in der Gajosprache „verbrannt“, entsprechend dem Atjeh’schen Tutong.
®) JHR. J. C. R. WESTPALM van Hoorn tot Bursh. Geographische
en hydrographische aanteekeningen over Atjeh. Tijdschr. Aardrijksk.
Genootsch. 2. Amsterdam 1877, S. 80.
*, Verslag van het Mijnwezen over het 4 de kwartaal 1901. Ba-
tavia 1902, S. 19.
5) Het Gajoland en zijne bewoners. Batavia 1905, S. 4, 14, 24, 185.
°, Het Tjoenda-gebergte. Tijdschr. K. Nederl. Aardr. Genootsch.
(2).20. 1903, 3. 17,
231
Zunächst wird aus Pulu Pinang (Penang) unter dem 7. Ok-
tover 1857 das folgende berichtet: „It appears that the earth-
quake which occurred here a fortnight ago was felt at the same
time very severely at Acheen and all along the Pedier coast;
the schooner Farrar GaArıB, which arrived on Wednesday
[4. Octbr.], having brought accounts of several eruptions having
taken place at Telok samoy'!) aud other parts, and particularly
in the interior of Acheen, where it is said the earthquake did
considerable damage during the seven successive days it lastened“ ?).
Den vorstehenden Mitteilungen zufolge wäre demnach der
Ausbruch am Anfange der letzten Septemberwoche 1837 erfolgt.
Über den darauf folgenden Ausbruch hat Au. BRoNGNIART
berichtet. Am 12. Januar 1859 wird an Bord des 40 lieues
NNO von Atjeh segelnden Schiffes BaAoBAB eine heftige Detonation
vernommen. In der darauf folgenden Nacht, gegen 1!/s Uhr,
begann bei nordöstlichem Winde auf Deck ein feiner Aschen-
regen niederzurieseln. Als das Schiff 5 Tage später nach
„Baba Wee“, womit die Insel (Pulu) Weh gemeint ist, gelangte,
erfuhr man, daß daselbst an dem erwähnten Tage ein ziemlich
beträchtlicher Aschenfall stattgefunden habe. Die von BRONGNIART
mitgeteilten Resultate der von MArAcurı ausgeführten chemischen
Untersuchung sind wertlos. °)
Endlich ist auch der letzte Ausbruch nicht unbemerkt ge-
blieben. Einer Mitteilung von P. van Breiswyk-Rıs zufolge
wurde auf der Fregatte Palembang am 14. April 1856 unter
4° 26° N. Br. und 96° 17° Ö. L. ein Aschenfall beobachtet).
Wenn P. Mervırr von Carnbee, sowie O. F. H. J. Hucvenın
es als nicht unwahrscheinlich bezeichneten, daß diese Asche von
Pulu Pinang oder auch von dem Barn-Eilande stammte, so ist
zu bemerken, daß wir seit den Zeiten von J. ÜRAWFURD wissen,
daß die erstgenannte Insel aus Granit besteht.) Die letzt-
genannte heißt eigentlich Pulu Kweel, liest in der Gaspar-Straße
und ist zufolge R. D. M. Verserk von Seesand und Korallen-
!) Telok Semawe oder besser Lho Sömawe.
?) The Asiatic Journal and Monthly Register for British and
foreign India, China and Australasia. N. S. 25. pt. 2 London 1838,
S. 232 aus: Prince of Wales Island Gazette, Octbr. 7. 1837.
®) Extrait du journal du BAoBAB du port de Marseille, command&
par le capitaine ADOLPHE MARTIN. Bull. Soc. geolog. de Fr. 11.
Paris 1840, S. 370-372.
*) Natuurk. Tijdschr. N. Ind. 11. 1856, p. 477. Eine übrigens
unrichtige Analyse wurde von D. W. Rost von Tonningen ausgeführt
(Nat. Tijdschr. XII. 1856—57 S. 475).
®) Geological Observations made on a Voyage from Bengal to
Siam and Cochin China. Transact. Geolog. Soc. (2) 1, London 1824,
S, 406,
232
grus bedeckt, unter welchen wahrscheinlich die Sandstein- und
Quarzitschichten von Pulu Klemar hindurchstreichen.')
Im Anschluß an den Telong möge noch ausdrücklich hervor-
gehoben werden, daß der südöstlich von diesem liegende Tawar-
See (Laut Tawar) nicht vulkanischen Ursprungs ist. P. J. Jansen
führt die Entstehung desselben auf einen Einbruch zurück.
Irgendwelche Auswurfsprodukte werden an seinen Ufern nicht
sefunden.?)
Nordwestlich vom G. Görödong führt die Karte°) den
Gunung Bat&e Köböe
auf, von dem ebensowenig etwas bekannt ist, als von dm
Pöet Sago&ö 2780 m,
der 34 km südlich von Samalanga liegt.
Bekannter ist der
Bukit Goh (Gl& Goh), auch Elefantenberg
oder Friars Hood genannt, von 942 m Höhe. Juncnunn hält
es für möglich, daß derselbe einen Vulkan darstelle.*) Dafür
spricht nun gerade nicht der Umstand, daß er „die Gestalt eines
nach Westen gerichteten Elefanten“ besitzt.°)
Westlich von diesem liegt der
Gle Puntjek 1465 m, an den sich der
Gle Samalanga 1204 m
anschließt. Derselbe besitzt eine kuppelförmige Gestalt und
wird von Westparm als Vulkan bezeichnet. ®)
Hierauf folgt der
Gunung Sala (Gl&E Tambineh) 1503 m,
und sodann noch ein 2085 m hoher Berg, dessen Name un-
bekannt ist.
Sölawaih (Selawa) Inong 993 m (Taf. XIU, fig. 2),
bekannter unter dem Namen Weesberg, Waisenberg, Mount
Orphan, ferner Selawa Bettina und auch Gunung Pedir genannt,
bildet mit dem sogleich zu besprechenden Sölawaih Agam einen
Zwillingsvulkan. Während dieser, als der höhere, den Einge-
borenen als Mann gilt, stellt jener die Frau dar.’) Ausbrüche
in historischer Zeit sind nicht bekannt geworden.
!) Geologische beschrijving van Bangka en Billiton. Jaarboek
van hat Mijnwezen 1897, p. 76.
°) C. Snouck HURGRONIE a. a. 0. p-
®) Overzichtskaart van Atjeh en N 1 : 200 000.
Batavia. Topographisch Bureau 1903. Bl]. VI.
*) Die Battaländer auf Sumatra, p. 38.
°) Zeemansgids. 2. p. 56.
Dr2212,,.0.7p7.780:
7) F. A. LIEFRINCK, Geographische en hydrographische aanteeke-
ningen omtrent den tegenwoordigen toestand van Atjeh proper,
Tijdschr. Aardr. Gen, 5. 1881, p. 48.
239
Sölawaih Agam 1726 m.
Dieser bereits im Mittelalter wiederholt erwähnte Vulkan!)
ist unter allen auf Nord-Sumatra der bekannteste, besonders
bei den Seefahrern, die ihn meistens als Goldberg bezeichnen.)
WestparLm führt noch die weiteren Namen Yah Murah, Glawa-
Lawa, Salawa und Königinberg an.?) Zufolge F. A. Lierrınk
sollen die Eingeborenen ihn auch Gleh Mentelah oder Batu
Mangerah nennen.‘)
In die Literatur ist dieser Berg als Balaluam eingeführt
worden und zwar durch JoAo DE BArrRos, welcher schreibt:
„e no meio tem hum monte como o chamado Ethna em a
Ilha Sicilia, per que lanca fogo, a que os da terra chamam
Balaluam?.*) Diese aus dem Anfange des 16. Jahrhunderts
stammende Nachricht ist zwar in die bekannten Werke von
VARENIUS, KırcHER und Iris übergegangen, kommt aber in
den Vulkankatalogen des 19. Jahrhunderts nicht mehr vor.
In späteren Beschreibungen figuriert dieser Berg als
Schwefelbringer, als welcher er auch noch heutzutage gilt. So
schreibt Augustin DE BEAULIEU in seinen „Memoires du Voyage
aux Indes Orientales* (1621—22)°): „A six lieuös d’Atchen
tirant vers Pedir il y a une haute montagne faite en pic, d’ou
se tire grand nombre de souffre:* ALEXANDER HAMILTON be-
hauptete sogar, daß er jährlich 1000 Pfund dieses Minerals
liefere.‘) Wahrscheinlich hat demnach noch bis in das 18. Jahr-
hundert hinein eine lebhafte Solfatarentätigkeit stattgefunden,
!) Die kürzlich von G. P. ROUFFAER (Encyclopaedie van Neder-
landsch Indie 4. S. 369, 373, 377, 385) zusammengestellten Quellen
sind die folgenden:
Ibn Kordädhbeh. 846 n. Chr. (M. J. DE GoEJE. Bibliotheca Geo-
graphorum Arabicorum. 6. Lugd. Batav. 1889, S. 45).
Edrisi. 1154. (P. A. JAUBERT. La Geographie d’Edrisi 1. Paris
18304782 19):
Kazwini + 1270. (H. Eru#. Zakarija ben Muhammed El-Kaz-
winis Kosmographie 1. Leipzig 1868, S. 230).
Ma Huan. 1416. (W. P. GROENEVELDT. Notes on the Malay
Archipelago and Malacca compiled from Chinese sources. Verhandel.
Batav. Gen. van K. en W. 29. 1880, p. 86).
Fei Hsin. 1436. (W. P. GROENEVELDT a. a. O. S. 97).
(Nachschrift während des Druckes).
2) Stellt jedoch nicht den eigentlichen Goldberg (Gunung Mas)
der Atjeher dar. Dieser liegt näher an Krueng Raja, unweit des
Gle Ajer Panas. (Zeemansgids 2. 1900, p. 2).
rar. 30 048280.
ya a. 0.278.448:
5) Da Asia. Decada III Parte 1. Lisboa 1777, p. 507.
©) [Melchis 'Thevenot]. Relations de divers voyages curieux 2.
Baris2 1666, p. 39:
”) A new Account of the East Indies 2. London 1739, p. 108.
234
worauf wohl auch die Bemerkung von NsuHor: „Op de kruin
van den brandenden bergh Balabaın is een bron, die zeker vocht
uitwerpt“!) zurückzuführen ist. Auch heutigen Tages finden sich
noch einige Solfataren am Nordabhange in etwa 1000 m Höhe.?)
In seinem jetzigen Zustande ist der Sölawaih Agam bis
zum Gipfel bewaldet. Vor einigen Jahren wurde die erste Be-
steigung durch den Oberstleutnant O. Ch. M. Musch für die
Zwecke der Triangulation ausgeführt, doch scheint bisher nichts
über dieselbe veröffentlicht worden zu sein. Den Mitteilungen
von P. J. Jansen zufolge, hat der Berg in posttertiärer Zeit
„Lrachytlaven und Tuffe geliefert, die noch nördlich vom Gle
Jöeng und Sölimom angetroffen werden“.?)
Zwischen der Küste und dem Goldberg finden sich einige
Erhebungen, die aus jungeruptiven Gesteinen bestehen, von denen
es aber unbekannt ist, ob dieselben Kraterbildungen darstellen.
Gunung Melijung (Meliung) ca. 630 m
von kuppelförmiger Gestalt.
Gl&e Ajer Panas ca. 315 m,
bildet einen abgestumpften Kegel, der seinen Namen, den an ihm
auftretenden heißen Quellen zu verdanken hat.
Gl&e Radja 318,5 m,
ein nordwestlicher Ausläufer des Sölawaih Agam.*)
Die Berge, welche, von dem letztgenannten ausgehend, die
Östflanke des Atjeh-Tales bilden und bis zur Pedro-Spitze gehen,
heißen Gl&e Uloö, Gl& Lhö Sömira 249 m, Tjot Alo& Pöguä
432 m, Tjot Tulopo (Gle Gadja) 435 m und Gl& Durung (Tjot
Talöe Daroh) 316 m. Sie setzen sich den Angaben von P. J. JANSEN
zufolge aus Trachyt, Andesit und Tuff zusammen, ohne lockere
Auswurfsmassen geliefert zu haben.?) —
Wir kehren nunmehr zu dem Ausgangspunkte unserer Be-
trachtungen zurück und erörtern die Frage, ob sich auch eine
Fortsetzung der Vulkane der Batak-Hochfläche parallel der West-
küste zu erkennen gibt.
C. J. pE JoneH sagt von diesen, vom Meere aus sicht-
baren Bergen: „Viele der Gipfel, von denen einige die Höhe
von ungefähr 10 000 Fuß erreichen und selbst noch höher sind,
!, JOoHAN NIEUHOFs Gedenkwaerdige Brasiliaensche Zee-en Lant-
Reize. t'Amsterdam. 1682, p. 75.
?) Javasche Courant. 7. Aug. 1900, No. 63, p. 705.
®) Verslag eener geologisch - mijnbouwkundige verkenning der
Atjeh-vallei gedurende het jaar 1902. Jaarboek van het Mijnwezen
32. Batavia 1903, p. 182.
*) Zeemansgids 2. 1900, p. 2.
5) a. a. O. p. 183, Karte No. Il.
235
geben bereits durch die Gestalt ihren vulkanischen Charakter
zu erkennen.“ !)
Gunung Loser 3870 m. (Taf. XII, fig. 3),
auch unter den Namen Luseh oder Loseh bekannt, ist durch
zwei pikförmige Gipfel ausgezeichnet. Derselbe soll den höchsten
Berg des „Sinobong-Gebirges“?) darstellen.
Bur-ni - Djambur Sedjokh, Singgah Mata°) 3557 m.
Mas DR z)
auch Aböeng Aböeng, nach dem an demselben entspringendem
Bache genannt.*) Gewöhnlich wird er unter dem Namen Abong
Abong, oder Abang Abang angeführt. Sein Gipfel ist kuppel-
förmig, schwach gebogen und unterscheidet sich von den um-
liegenden Bergen in Bezug auf seine Gestalt nur durch eine
größere Höhe.?)
Gunung Görödong (I) 1680 m,
bekannter unter dem Namen G. Gredong, wird von K. F. H. LAnGgEn
ausdrücklich als ein Vulkan bezeichnet, der noch jetzt tätig sein
soll.) Auch ©. J. pr Jongn bemerkt, daß man sage, derselbe
stelle den einzigen aktiven Vulkan in Atjeh dar.
Wir kommen nunmehr zu dem eigentlichen Innern des
Gajo-Gebietes, dessen Kenntnis uns erst durch die eingehenden
Untersuchungen von ©. Snouck HURGRONJE erschlossen worden
ist. „Die Gajo-Lande bilden eine ausgedehnte Hochfläche, deren
Hauptwasserscheide in ihrem nördlichen Teile zugleich die poli-
tische Grenze mit Atjeh (s. str) bildet. Dieselbe wendet sich
im ÖOberlaufe des Sönangan-Flusses nach Osten und setzt sich
unter den Namen Bur-Intem, Bur Mugadjah, Buru Alas und
Gunung Sarbö Langet in die Alas- und Batak-Lande fort. Von
dieser Hauptkette zweigen sich Nebenketten ab, wodurch die
Gajo-Lande in vier scharf begrenzte Hochflächen geteilt werden,
nämlich 1) diejenige des Laut Tawar, 2) diejenige des Ober-
laufes des Djambo-Aje, 3) diejenige der Gajo Luos oder Gaju
Tanjo, 4) die Serbö-Djadi.“ ?)
Von den Bergen der Hauptwasserscheide, soweit dieselben
vom Meere aus nicht sichtbar sind, müssen noch erwähnt werden
!) Zeemansgids 1. 2 Aufl. 1904, p. 385.
”) siehe dagegen unter Bur Senubong.
®) Es gibt noch mehrere Berge dieses Namens, sowohl in Atjeh
(s. str.), als auch in den Gajolanden.
*) ©. SNOUCK HURGRONJE a. a. O. S. 40.
°) Zeemansgids I, p. 385.
ä ©) Atjehs Westkust. Tydschr. Nad. Aarch. Gen. (2) 5. 1888,
2228:
‘) Het Gajoland en zijne bewoners. Batavia 1903, 8. 4.
236
der Bur Mugadja unter 4° 15 NBr., 97° 25 ÖL., der Ta-
pakh-ni-Tuön oder Tuon + 2750 m, der Bur Intem-Intem,
der Tanggang. Die geologische Beschaffenheit derselben ist
noch unbekannt. Dagegen kommen für unsere Zwecke noch in
Betracht der
Gunung Api,
des Namens wegen (Feuerberg), der vermuten läßt, daß wir es
mit einem Vulkan zutun haben.
Auf festerem Boden bewegen wir uns mit Bezug auf den
Tanoh Tjempögö oder Tanoh Bau.
„Südwestlich [13 km] vom Gunung Api [entfernt], am
Pfade, der Sekuölön mit Akol verbindet, findet man zwei eigen-
tümliche Moräste, von denen der eine Paja Rineköl senannt
wird... . Am westlichen Rande desselben liegt eine kleine,
dürre verbrannte, vulkanische Ebene, der stinkenden Gase wegen,
Tanoh Tjempögö (Schwefelboden) oder Tanoh Bau (Stinkboden)
genannt. * })
Bur Senubong.
Derselbe wurde oben bereits erwähnt und liest etwa 18 km
vom Gunung Loser und 20 km S z. O von G. Api entfernt.
In SO und S vom Tawar-See ragen noch empor der
Bur-ni-Kera 1915 m, Bur Menguröng 1910 m, ein nicht
benannter Berg 2532 m und der Bur-ni-Telögö 1923 m.
Westlich vom Bur-ni-Telong findet sich noch der Gunung Si
Töp Töp 2646 m. Ich habe diese Berge im Hinblick darauf
genannt, daß JuUnGHUHN einmal den Ausspruch getan hat, alle
Berge auf Sumatra, welche die Höhe von 6000 Fuß über-
schreiten, seien Vulkane. Im großen und ganzen hat er damit
bisher Recht behalten, wenngleich sich inzwischen herausgestellt
hat, daß der Kalabu kein Vulkan ist, worauf L: HoRNER zuerst
aufmerksam gemacht hat.?) Ferner besteht der 1942 m hohe
Batee Mökurah aus Kalkstein, wie P. J. Jansen dargetan hat.°)
Wie aus dem Obenstehenden ersichtlich ist, reicht das vor-
liegende Material nicht hin, um zu einem abschließenden Urteil
über die Anordnung der Vulkane auf Nord-Sumatra zu gelangen.
Soviel ist aber sicher, daß die Vulkanenzone keineswegs an der
Diamantspitze (Udjung Djambu Ajer) ihr Ende. findet, sie bleibt,
!) a. a. 0. S. 11, 12. Auf der dem Werke beigegebenen Karte
auch ausdrücklich als Krater bezeichnet.
?) S. MÜLLER en L, HoRNER, Fragmenten uit de reizen en onder-
zoekingen in Sumatra. Bijdr. t. d. Taal-, Land- en Völkerkunde (1)
2. 1854, S. 215; vergl. auch E. CArTHAuSsS in Tijdschr. Kon. Ned,
Aardr. Gen. (2) 19. 1902, S. 584.
9) 2a. DBIS
DL
selbst wenn sich das Temian-Gebirge als vulkanischen Ursprungs
herausstellen sollte, noch 60 km davon entfernt. Ferner ergibt
sich, daß der parallel der Westküste verlaufenden Barisan - Kette
einzelne Vulkane aufgesetzt sind, daß sich derartige Berge im
Innern der Gajo-Hochfläche vorfinden und auch an deren Nord-
rande auftreten. An der Nordspitze von Sumatra beschränken
sich dagegen die vulkanischen Bildungen auf das rechts vom
Atjeh-Tal gelegene Gebiet.
Verfolgen wir die letztgenannten weiter, so stoßen wir zu-
nächst auf das 120 m lange und 85 m breite Eiland (Pulu)
Buru oder Malora, das eine Anhäufung von Gesteinen un-
bekannten Charakters darstellt. })
In der weiteren Fortsetzung liegt Pulu Weh. WestpALm
schreibt dieser Insel bereits einen vulkanischen Ursprung zu. ?)
Es ist natürlich eine Hyperbel, wenn Aucustiın DE BEAULIEU
sagt, daß der auf derselben gefundene Schwefel „fournit quasi
toute l’Inde pour faire de la poudre“.?) Das Vorkommen dieses
Minerals ist aber sichergestellt. J. A. Hoozs erwähnt dasselbe
als Kruste auf einem Bimsstein.) E. HeLprıng nennt als
Fundort den SO-Abhang des 5838 m hohen Tjot Limau (Lemo)
Mati und äußert sich zu gleicher Zeit über das ziemlich reich-
liche Vorkommen warmer Quellen.°?) Die bekannteste Therme
findet sich an der Peria Laut-Bai. Der Güte des Leutn. z. See
F. C. Brust verdanke ich ein Stück des von derselben abge-
setzten Schwefels. | i
!) Zeemansgeids van den Oost-Indischen Archipel 1. 1904, p. 19.
mas as. 02202,.82.
SR Iheyenor 294,07 5.299:
) Verslag over de artesische drinkwatervoorziening in Groot-
Atjeh. Jaarboek van het Mijnwezen 1878. I, S. 50.
2) Boeloe Weh. Tijdschr. K. Nederl, Ardr. Gen. (2) 18. 1900,
021029
238
Ein ausgezeichneter, 15 m hoher Aufschluß von Bimsstein-
sanden findet sich an der Sabang-Bai in der unmittelbaren Nähe
des Hafens, hinter dem Restaurant Alberti (s. das obenstehende
am 5. Oktober 1903 von mir aufgenommene Profil.) In diesen
Sanden, die nach Atjeh verschifft werden und dort zur Bereitung von
Mörtel dienen. finden sich bis faustgroße Stücke eines Hornblende-
andesit-Bimssteins. Im übrigen besteht das Ostufer der Bai aus
Andesit-Breccien und -Konglomeraten.
In sehr weiter Fortsetzung stößt man, wie ja längst be-
kannt, auf die beiden im Busen von Bengalen liegenden vul-
kanischen Inseln Barren Island und Narcondam.)
Ebensowenig wie der westliche in dem Gle Radja (Goh
Lömo) endigende Teil von Atjeh Vulkane trägt, ist dieses mit
den in der Fortsetzung desselben liegenden Inseln der Fall.
Es wiederholt sich hier die überall im Indischen Archipel
geltende Regel, dal; die außenliegenden Inseln nicht vulkanischer
Natur sind.
Pulu Kalapa (Gomes) und P. Batöe (P. Batu) sind zwei
kleine Inseln, deren Beschaffenheit unbekannt ist.
Es folgen Nasi Besar (Pulu Dödab) und Nasi Ketjil
(P. Korösse), über welche lediglich eine Notiz von J. A. Hoozz
vorliegt, derzufolge auf ihnen dasselbe dunkle Gestein auftritt,
wie auf P. Bras.
Pulu Bras (P. Bröeh oder Lampujang).
R. Everwisın erwähnt Diorit (?), Diabas, kalkhaltiges Ton-
gestein, Kalksteinkonglomerat, Horntonstein, sowie Knollen von
Opal, endlich Serpentin und Serpentinbreccie, diese an der Nord-
küste anstehend.?) H. CrErTIErR weist Malachit und etwas ge-
diegen Kupfer von einem Hügel an der Lembalei-Bucht nach. °)
J. A. Hooze behauptet demgegenüber, daß hier Basaltlava
auftritt, deren Stromrichtung er sogar festzustellen sucht. In
diesem „dunklen Gesteine“ findet er Blasenräume mit einem
weichen glimmerartigen Minerale, das an „Diallag“ erinnert,
ebenso „Zeolithe, gewöhulich von grasgrüner Farbe.“ Auch be-
obachtet er an der Südseite der Westbai „einen Felsitgang den
!) Die Inseln Ramri, Tjeduba und Reguain sind, wie leider noch
immer hervorgehoben werden muß, nicht vulkanisch.
2) Mededeeling naar aanleiding van door Dr. A. G. VORDERMAN
ingezonden gesteenten en ertsen van Poeloe Bras. Natuurk. Tijdschr.
Ned. Ind. 35. 1875, S. 190.
°®) Bydragen wit het scheikundig laboratorium van het hoofd-
bureau van het Mijnwezen te Batavia. Jaarboek van het Mijnwezen
Ike te SH
239
Basalt durchbrechend* und „einen ebensolchen Felsitgang, aus
einem grünlichweißen Gestein bestehend“ in der Lembalei-Bai. !)
Es möge noch daran erinnert werden, daß in der Fort-
setzung dieser Inselgruppe die Nikobaren erscheinen, auf denen
ebenfalls Serpentin verbreitet ist. ?)
2 2.2.0:54423.
2?) Reise der österreichischen Fregatte Novara um die Erde.
Geolog. Teil. 2. von F. vom HOCHSTETTER. Wien 1866, S. 94.
Ss. Die catalonischen Vulkane.
Von Herrn KArL SAPPER in Tübingen.
Hierzu Taf RIVZu. 1 Textie:
In der catalonischen Provinz Gerona beobachtet man eine
ganze Anzahl mehr oder weniger ausgedehnter Basaltströme. so-
wie etliche gut erhaltene Schlackenkegel, welche letztere sich in
der Gegend von Olot zusammendrängen. Diese kleinen Vulkane
sind schon 1796, ausführlicher 1841 von Francısco Boros be-
schrieben worden; LyELL, DE BıLLy, WILLKOMM, STUART-MENTEATH,
VıpaL u. a. haben sich späterhin damit beschäftigt, letztere
beide gelegentlich einer Exkursion der französischen geologischen
Gesellschaft‘); am ausführlichsten aber hat sie L. Carzz?) be-
schrieben. Ich kann seinen Ausführungen fast überall bei-
stimmen; nur in wenigen Fällen bin ich in der Lage, seine Dar-
stellung zu berichtigen, und mehrfach kann ich neue Einzelheiten
über die vulkanischen Gebilde von Olot mitteilen, wie nach-
stehende Zeilen zeigen werden. Leider war mein Aufenthalt in
Olot und Umgebung nur von kurzer Dauer (20.—23. Sept. 1905)
und zudem von häufigen Regenfällen beeinträchtigt, sodaß ich mich
fast ganz auf das Studium der kleinen Schlackenkegel be-
schränken mußte und auf eine genauere Kartierung des Gebiets
und Untersuchung der Basaltströme und -decken verzichtete.
Eine Kartierung ist schon dadurch wesentlich erschwert, daß
eine brauchbare topographische Grundlage fehlt und daher die
topographische Aufnahme mit der geologischen Hand in Hand
gehen mußte. _ Die relativ beste, aber noch keineswegs zuver-
lässige Kartenskizze des Gebiets ist in dem Plan des Flußsystems
des Fluvia (1: 200000) enthalten, der dem Catälech der Ex-
posiciö Regional Olotina 1903 beigegeben ist. Die Vorstudien
für die Bahn Gerona—S. Feliu, die später bis Olot verlängert
werden soll, würden sicherlich für die kartographische Dar-
stellung des Gebiets viel brauchbares Material von völliger Zu-
verlässigkeit bieten; sie sind mir aber leider nicht zugänglich
!) Bull. Soc. geol. France (3) 26. 1898, S. 674ff. S. 679.
’?) „Etude des terrains cretac6s et tertiaires du Nord de I’Espagne*
Parıs 1881.92 299
241
gewesen, weshalb ich meine Kartenskizze auf eigene Itinerar-
aufnahmen stützen muß: die Entfernungen wurden durch Schritte-
zählen bestimmt, die Richtungen durch Peilen mit dem Hand-
kompaß, die Höhen durch Aneroidablesungen. Leider hatte ich
bei Besuch des Montolivet und des Torre de las Bisarocas mein
Aneroid nicht zur Hand, und in einem Falle (Kraterboden des
Vulkans von S. Margarida) ist mir die Ablesung abhanden
gekommen, sodaß ich in diesen Fällen auf Schätzung ange-
wiesen bin.
Die ganze Umgebung von Olot besteht aus Tertiär (Eocän),
dessen Schichten zwar zumeist flach geneigt sind, aber durch
ziemlich häufigen Wechsel des Streichens und Fallens bekunden,
daß die tektonischen Verhältnisse nicht ganz einfach sind. In
den Vertiefungen des Geländes finden sich quartäre Ablagerungen
von geringer Mächtigkeit, und über denselben erst breiten sich
die Basaltlavaströme von Castellfollit und Las Planas aus, wie
schon Francısco Boros und eingehender L. Carzz!) nach-
gewiesen haben. Man erkennt dies Lagerungsverhältnis sehr
deutlich bei Castellfollit an dem Steilabfall vom Dorf zum Rio
Fluvia hin: den oberen Teil des Profils nehmen die in schöne
Säulen gegliederten Basaltmassen ein; L. CArez hat fünf über-
einander angeordnete Reihen von Prismen zu unterscheiden ver-
mocht. Diese etwa 30 m mächtige Basaltmasse ruht auf einer
ca. 8—-10 m mächtigen Lage horizontal-plattig abgesonderten
Basalts, der in seinen unteren Lagen ziemlich porös ist und in
stark blasigen Fetzen sich in die Unebenheiten der quartären
Gerölloberfläche einzwängt. Die Berührungsstelle zwischen dem
plattig und dem prismatisch abgesonderten Basalte konnte ich
nirgends erreichen, weshalb ich nicht ganz sicher bin, ob der
prismatische Basalt einem jüngeren Lavastrom angehört, der über
den plattig abgesonderten älteren hinweggeflossen wäre.
Jenseits des kleinen Bachs, der östlich von dem großen
Steilabbruch von der rechten Flußseite her in den Rio Fluviäa
mündet, bemerkt man einen kleinen Basalthügel, den ich wegen
Zeitmangels freilich nicht besucht habe. Es unterliegt keinem
Zweifel, daß derselbe früher mit der Hauptbasaltmasse zusammen-
hing und erst durch das Einschneiden des Baches davon ge-
trennt wurde.
Der Lavastrom von Castellfollit stammt nach Angabe
L. CArez’?) von der Garrinada.. Er müßte demnach von ge-
nanntem Vulkan aus sich nordwärts und später im Tal des
172022.09323027. wi gr 87%
2), 25.2.4507 323802;
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 56. 3. 16
242
Fluvia ostwärts gewendet haben. Ich konnte diese Mitteilung
nicht kontrolieren, glaube aber, daß sie höchstens für den unteren
Teil der Lavamasse stimmen kann, denn es scheint mir, daß
der obere (jüngere) Teil der Basaltmasse einem Lavastrom
angehört, der dem kleinen bisher unbekannten Vulkan A
bei Begudä entflossen wäre; mit völliger Bestimmtheit
kann ich dies aber nicht versichern, da eine Strecke weit der
Ackerboden das Anstehende verhüllt.e. Die Basaltmassen, die
sich nach Carez zwischen den drei Vulkanen von Olot und
EXT = 72° En
rt flussgeroll
LE 5 chutlt
/Rio Fluvia_£ Terliar
—
Fig. 1.
dem Rio Ridaura vorfinden, entstammen sicherlich jenen
kleinen Feuerbergen, und ebenso ist klar, daß die Lavamassen,
die man auf dem Weg von Olot nach S. Margarida de la Cot
anstehend trifft, von den Vulkänchen der letztgenannten Lokalität
herrühren, aber über die Herkunft der Lavamassen südwestlich
und südöstlich von Olot, sowie des schmalen Bandes porösen
Basalts östlich von S. Cosme vermag ich keinerlei Auskunft
. zu geben.
Die kleinen Vulkane des ÖOlot-Gebiets verteilen sich auf
zwei Gruppen, eine nördliche in der Nähe der Stadt Olot und eine
südliche in der Nähe des Weilers S. Margarida de la Cot. Die
nördliche Gruppe besteht aus den drei seit langem bekannten Vul-
kanen Montolivet, Montsacopa und La Garrinada, sowie aus den
245
kleinen Schlackenvulkänchen Bisarocas und A!) bei Begudä;
die südliche Gruppe umfaßt die beiden Vulkane Santa Margarida
und Cruz Cat, sowie die Schlackenvulkane B und C. ObD, wie
ich vermute, ein Parasit des S. Margarida ist, und ob E ein
Schlackenkegel ist, muß vorläufig unbestimmt bleiben, da ich die
beiden Örtlichkeiten nicht besuchen konnte. Am östlichen Abhang
von E vermochte ich zwar vom Weg aus flach nach N einfallende
Schichten (äußerst wahrscheinlich Tertiär) zu erkennen; aber
die Form des Gipfels läßt mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit auf
eine Schlackenbedeckung schließen.
Im allgemeinen sind sich die Vulkänchen von Olot und
S. Margarida in bezug auf ihre Zusammensetzung sehr ähnlich:
sie sind fast ausschließlich von lockeren Schlacken aufgebaut,
und nur an der Garrinada beobachtet man auch schlackigen Fels
und Schlackenkonglomerate. Ebenso ist die petrographische
Beschaffenheit der lockeren und der stromartig geförderten vul-
kanischen Materialien äußerst einförmig: ausschließlich Basalt.
Die Untersuchung von fünf verschiedenen Gesteinsproben im Dünn-
schliff durch meinen Freund A. BerszrAr ergab Feldspatbasalt.
Sehr häufig beobachtet man hübsche Bomben, so namentlich auf
und in den unregelmäßigen Hügeln westlich von Cruz Cat, aber
auch an der Garrinada, am Montolivet und am Schlacken-
kegelchen A.
Der Montolivet ist der nordwestlichste unter den Vulkanen
von Olot. Er ist (nach CaArzz) mehr als 100 m hoch. Statt
eines einfachen Kraters beobachtet man zwei in nordsüdlicher
Richtung nebeneinander befindliche Krater, bei welchen beiden
die nördliche Kraterumwallung zerstört ist. Da die südliche,
kleinere der beiden Kratervertiefuangen nicht deutlich erhalten ist,
so konnte ich das Altersverhältnis beider nicht feststellen. Während
der Bildung des Montolivet muß starker Westwind geherrscht
haben, sodaß nur wenig Auswurfsmaterial auf die Westseite fiel
und der Krater sich daher unmittelbar an, den tertiären Gebirgs-
zug anlehnt. Dagegen sind ostwärts große Massen von Auswürf-
lingen gefallen und haben eine relativ hohe und auffallend breite,
nicht ganz regelmäßige Umwallung geschaffen, deren Oberfläche
übrigens stellenweise durch menschlichen Eingriff (Erbauung eines
Verteidigungsturms) etwas verändert worden ist. Der Breiten-
durchmesser des Hauptkraters (im Norden) mag etwa 300 m
betragen.
!) Die Vulkänchen, deren Name ich bei meiner Unkenntnis des
Catalonischen von den Anwohnern nicht in Erfahrung bringen konnte,
habe ich nach Buchstaben unterschieden.
100
244
In geringer Entfernung ostnordöstlich vom Montolivet erhebt
sich der sehr regelmäßige gebaute Vulkan Montsacopa etwa 60 m
hoch. Er besteht durchaus aus Schlacken und Sanden, während
Tertiär sich nirgends an dem Aufbau des topographischen Ge-
bildes beteiligt. Kompakte Laven sind nach L. Carkzz!) am
Fuß des Berges vorhanden; es muß dies auf der von mir nicht
besuchten Nordseite der Fall sein, denn auf der Südseite fördert
auch die tiefe, unmittelbar hinter dem Friedhof angelegte Stein-
grube nur Schlacken und Lapilli zutage. Die Kratereinsenkung
ist flach, kreisrund, etwa 120 m im Durchmesser; der tiefste
Punkt des Kraters mag 6 bis 8 m unter dem höchsten Punkt
der breiten Umwallung liegen. Letztere ist freilich durch
menschliche Eingriffe offenbar etwas verändert, namentlich auf
der Südseite, wo die Wallfahrtskirche des Hl. Franciscus (San
Frances) erbaut ist. Aber trotz dieser künstlichen Umgestaltung
ist doch noch mit Sicherheit festzustellen, daß der südliche Teil
der Umwallung, auf der die genannte Kirche steht, sehr viel
breiter ist (ca. 30 m) als die übrigen Teile, womit der Schluß
berechtigt ist, daß z. Z. der Aufschüttung dieses Vulkans nörd-
liche Windströmungen geherrscht haben müssen, aber Wind-
strömungen von mäßiger Stärke, da sonst bedeutsamere Ab-
weichungen von der regelmäßigen Gestalt zu beobachten sein
müßten.
Der östliche Abhang des Montsacopa berührt sich mit dem
westlichen des Vulkans La Garrinada, dessen Gipfel sich etwa
125 m über die Umgebung erhebt. Dieser Vulkan ist wesent-
lich unregelmäßiger in seiner Gestalt als der Montsacopa, be-
steht auch nicht ausschließlich aus lockeren Auswürflingen, viel-
mehr zeigen die nördlichen Gipfelpartien des Berges. porösen:
Basaltfels und ein Konglomerat von gerundeten Basaltbrocken,
die in basaltischem Zement verkittet sind.
Die Unregelmäßigkeit der Gestalt der Garrinada rührt ein-
mal davon her, daß während der Bildung des Berges mäßige
Westwinde geherrscht haben und daher die östliche Umwallung
etwas höher und breiter geworden ist, als die westliche; haupt-
sächlich aber davon, dal der Eruptionspunkt sich mehrfach ver-
schoben hat und infolgedessen drei verschiedene Krater in nord-
südlicher Richtung nebeneinander entstanden sind. Vom nördlichsten
dieser Einzelkrater (III) ist nur noch die südliche Hälfte erhalten.
Der Querdurchmesser mag etwa 150 m betragen; der tiefste
Punkt des erhaltenen Teiles des Kraterbodens dürfte etwa 45 m
unterhalb des Berggipfels, etwa 10 m unterhalb der niedrigsten,
Ira. a, 0,8. 300.
245
durch ein Haus gekrönten Einsattlung der südlichen Krater-
umwallung liegen.
Der mittlere Krater (II) ist ursprünglich ziemlich kreisrund
gewesen, der südliche Teil der Umwallung ist aber — wohl infolge
der Entstehung des Südkraters — nicht mehr vorhanden. Der
Durchmesser des Mittelkraters ist etwa 240 m. Der ebene
Kraterboden dehnt sich in einer Höhe aus, die etwa 60 m unter
dem Berggipfel sich befindet.
Der Südkrater (I), Durchmesser gegen 300 m, ist der best-
erhaltene von allen, indem auch auf seiner Südseite die Um-
wallung, freilich in sehr geringer Höhe, erhalten geblieben ist.
Der Boden des Südkraters dürfte sich etwa 120 m unterhalb
des Bergeipfels befinden; der tiefste südliche Teil der Um-
wallung mag wenig mehr als 2 m höher liegen als der
Kraterboden. In den Kellern des nahe dabei stehenden Hofes
befinden sich mehrere „Bufadores*, d. i. Löcher, aus denen
z. Z. der stärksten Tageshitze kühle atmosphärische Luft mit
ziemlicher Geschwindigkeit hervorströmt.!) Die Form des
Kraterbodens ist ungefähr, elliptisch nach Norden gestreckt;
der Abschluß gegen Süden ist fast geradlinig.
Mit voller Sicherheit läßt sich die Altersfolge der drei
Krater nicht feststellen; wahrscheinlich ist aber, daß, dem mangel-
haften Erhaltungszustand nach zu schließen, der nördliche Krater
der älteste ist, während der schönerhaltene Südkrater der jüngste
sein dürfte. Leider ist an der Stelle. wo die Nordwand des
Südkraters an den ebenen Boden des Mittelkraters anstößt, kein
Rest einer Wallerhebung sichtbar, deren Form (konvex oder
konkav) ein sicheres Urteil über dies Altersverhältnis der beiden
Nachbargebilde erlauben würde.
Etwa 1 km südlich von der Garrinada erhebt sich aus der
Basaltdecke, die den Bershang südöstlich von Olot bekleidet,
eine niedrige, hufeisenförmig geschwungene, aus porösem, schlacken-
haften Basalt bestehende Erhebung, deren nordwestliches Ende
von einem alten Turm gekrönt ist (Torre de las Bisarocas). Die
gegen Norden geöffnete ebene Einsenkung inmitten dieser huf-
eisenförmigen Erhebung ist von Feldern eingenommen, gerade so
wie die Kraterböden der Garrinada und des Montsacopa. Das
Ganze ist als ein recht schlecht erhaltener Überrest eines Kraters
anzusehen, dessen Durchmesser etwa 100 m betragen mag.
Das letzte bisher bekannte Glied der nördlichen Vulka-
!) Ahnliche Bufadores befinden sich nach Ramon BoLos (Catalog
der Olotiner Ausstellung, S. 28) bei Las Feixas, Pont (Sant Cristöfol),
Ventös, Coromina de las Fonts u. a. Orten der Costa de Batet.
246
gruppe von Olot ist der kleine Schlackenkegel A beim Weiler
Begudä, etwa 2 km östlich von der Garrinada. Die Eigenhöhe
dieses Schlackenhügels, der aus lockeren Schlacken, Bomben und
Fladenstücken aufgebaut ist, dürfte 20 m wenig überschreiten.
Eine eigentliche Kratervertiefung ist nicht vorhanden, wohl aber
sieht man an einem ziemlich tiefen, künstlich geschaffenen Auf-
schluß (Sandgrube) sehr schön die nach außen hin abfallenden
Schlackenschichten, die mit Sicherheit beweisen, daß ein Locker-
ausbruch an eben dieser Stelle stattgefunden und den Hügel auf-
geschichtet hat. Möglicherweise sind durch den erwähnten
menschlichen Eingriff auch früher vorhandene Andeutungen eines
Kraters zerstört worden. |
Die südliche Vulkangruppe von Olot befindet sich 2!/a bis
5 km südsüdöstlich von der genannten Stadt, in der Umgebung
des Dorfes Santa Margarida de la Cot. Der besterhaltene
Vulkan dieser Gruppe ist der südlichste, den L. Carez als
Vnlkan von S. Margarida beschrieben hat.!) Bei seiner Bildung
muß sehr heftiger SW-Wind geherrscht, so heftig, daß er im-
stande war, die geförderten Ausbruchsmassen unmittelbar nach
Nordosten zu entführen. Die Folge davon ist, daß das südwest-
liche Drittel der Kraterumwallung gar nicht aus Eruptivmassen
besteht, sondern aus anstehendem tertiärem Sandstein und Kalk;
gegen das Innere des Kraters zu ist hier der Abfall regelmäßig
gekrümmt und steil, wie er es bei einem Maar sein
würde, aber der Kamm dieses Teiles der Umwallung ist natur-
gemäß ziemlich unregelmäßig, indem einzelne Erhebungen wieder
durch Vertiefungen getrennt sind. Die tiefste Einsenkung dieses
Südwestteiles der Umwallung liest 18 m unter der höchsten Er-
hebung dieses sedimentären Wallstückes, aber 24 m unter dem
höchsten Gipfel des vulkanischen Teiles der Umwallung, jedoch
immerhin noch gegen 30 m über dem tiefsten Punkt des
Kraterbodens.
Der von lockeren Auswürflingen gebildete nordöstliche Teil
des Kraterwalls ist recht regelmäßig gestaltet, zeigt aber zwei
ungefähr gleich hohe Gipfelerhebungen (östlich und nordöstlich
vom Kraterzentrum) ca. 750 m überm Meer, ca. 50 m über der
tiefsten nördlichen Einsenkung des Kraterwalls und etwa 150 m
über dem Talkessel von Cot (die Kirche von Cot liegt etwa
630 m überm Meer am Süd-Grat von C.).
Die südwestliche Windströmung, die z. Z. des Ausbruchs
herrschte, hat auch dem ganzen Krater eine nach NO gerichtete
elliptische Gestalt gegeben. Die Längsaxe ist ca. 400 m, die
2 a.fa. 0! 8.7801:
247
Queraxe ca. 350 m lang. Der Kraterboden ist nicht eben,
sondern flach eingebaucht; er mag etwa 200 m Durch-
messer zeigen. Er ist, wie bei den meisten gut erhaltenen
Kratern des Olotgebiets, von Feldern bestanden, während die
Berghänge nur als Weideflächen benutzt werden können.
Die während des Ausbruchs herrschenden südwestlichen
Windströmungen haben natürlich die lockeren Auswurfsmassen
auch in nordöstlicher Richtung über das Gelände verstreut und
den tertiären Kern des Gebiets verhüllt; 900 m NNO. vom
Kratermittelpunkt, da wo der Weg nach S. Pau einen scharfen
Bogen beschreibt, ist die Lapillischicht noch etwa 4 m mächtig.
Ob die ebenfalls mit schwarzen Lapillis überdeckte rundliche
Erhebung D am Nordfuß des Berges ein kleiner Parasit oder im
Kern nur eine sedimentäre Erhebung ist, ist, wie schon oben
erwähnt, noch nicht festgestellt.
Wie der Vulkan von S. Margarida z. T. noch die
Sedimentärformation zutage treten läßt, so auch der Vulkan C,
von welchem aber nur etwa ein Drittel der ehemaligen Krater-
‚umwallung erhalten ist; C erhebt sich etwa 100 m über den
Talkessel von Cot.
Rein vulkanischen Aufbau zeigen die beiden Vulkangebilde
nördlich und nordöstlich von Oot: B und Cruz Cat. KErsterer
ist ein sehr regelmäßig geformtes Vulkänchen, das dem Westrand
eines flach nach Norden ansteigenden Plateaus aufsitzt. Die
Folge dieser Lage ist, dal seine westlichen Hänge wesentlich
tiefer herabreichen, als seine östlichen: der Kraterrand erhebt
sich nur um etwa 15 m über das Gelände im Osten. Wenn
dadurch eine gewisse Unregelmäßigkeit der Form bedingt ist, so
ist dagegen die Ausgestaltung des flachen Kraterchens und seiner
Umwallung äußerst regelmäßig: Form kreisrund, Durchmesser
etwa 30 m; im Norden und Süden flache Einsenkungen, im
Östen und Westen flache Erhebungen der wulstförmigen Krater-
umwallung. Die tiefste Einsenkung der Umwallung befindet sich
im Süden, etwa 2 m über dem tiefsten Punkt des Kraterbodens,
ca. 8 m unter dem höchsten westlichen Gipfel der Umwallung,
der etwa 645 m überm Meer liegt.
Der größte Vulkan des ganzen Gebiets ist der Cruz Cat,
dessen von einem alten Rundturm gekrönter Gipfel sich ca.
1580 m über das Niveau des Meeres, 180 m über den Talkessel
von Cot, ca. 160 m über seine unmittelbare Umgebuug, erhebt.
Sein Erhaltungszustand ist mangelhaft, denn der westliche Teil
seiner Umwallung ist vollständig verschwunden, sodaß der Berg
die Gestalt eines langgestreckten Hufeisens zeigt. Der höchste
Gipfel befindet sich im Osten, gegenüber der Krateröffnung,
248
wie häufig bei derartigen Vulkanruinen. Der Krater dürfte früher
eine etwa von WNW nach OSO gestreckte elliptische Gestalt
besessen haben; der Querdurchmesser beträgt etwa 350 m. Der
von Wald und Schafweiden bestandene Vulkan scheint durchaus
aus Schlacken zu bestehen. Dagegen sind von seinem westlichen
Fuß mächtige Lavaströme ausgegangen, und zahlreiche, aus Schlacken
und Bomben aufgebaute, unregelmäßig geformte Hügel westlich
von Cruz Cat deuten auf eigenartige und sehr intensive Eruptions-
tätigkeit in dieser Gegend hin. Besonders reich an schönen
Bomben!) sind diese Hügelchen in der Nähe des vierten Kilometer-
steins an der. Hauptstraße Olot—Santa Pau. Die Lavaströme,
auf denen män auf genanntem Weg dahinschreitet, sind von
Cruz Cat und dessen Nachbarschaft ausgegangen. Ein Lava-
strom ist auch vom Kraterausgang des Cruz Cat direkt nach
Norden geflossen und man beobachtet südlich von B, westlich
von dem B benachbarten Hof, den Steilrand desselben. Eine
genauere Untersuchung und kartographische Fixierung dieser
Lavaströme konnte ich aber bei der Kürze meines Aufenthalts
nicht ausführen. Ich kann daher angesichts dieser Tatsache und
der Möglichkeit, daß noch mancherlei interessante vulkanische
Vorkommnisse bei genauerer Untersuchung in dieser leicht zu-
gänglichen Gegend entdeckt werden dürften, eine genaue Aufnahme
des interessanten Vulkangebiets von Olot nur dringend empfehlen.
!) Einige Proben solcher Bomben befinden sich nun in der
Sammlung des geologischen u. des geographischen Instituts der
Universität Tübingen.
249
9. Myliobatiden aus dem Mitteleocän der
bayerischen Alpen.
Von Herrn Dr. E. STROMER in München.
Hierzu Taf. XVI u. 2 Textfig.
Zur Bestimmung der Kauplatten von Myliobatiden aus dem
Eocän Ägyptens zog ich mit gütiger Erlaubnis von Herrn Prof.
RoTHPLETZ die in der hiesigen Sammlung befindlichen Myliobatiden-
Reste zum Vergleiche heran und überzeugte mich dabei, daß die
Bestimmungen dieser wie der meisten fossilen Reste der Familie
einer Nachprüfung durch Vergleich mit rezenten Formen bedürfe.
Denn so groß auch die Verdienste von Acassız!) für die
Systematik fossiler Haie sind, so hat er doch durch allzu
geringe Berücksichtigung rezenten Materiales, an dem die Stellung
und Zusammengehörigkeit einzelner Zähne, die systematische Ver-
wertbarkeit der verschiedenen Merkmale und isolierter Reste erst
festgestellt werden muß, und auch durch Benennung ganz un-
genügend erhaltener Fossilien viel Verwirrung angestiftet. Leider
hat er in diesen Fehlern mehr Nachfolger als in seinen Vorzügen
gehabt, denn immer wieder wurden und werden noch isolierte
Teile oder Bruchstücke von Hartgebilden der Fische mit Art-
namen belegt, ohne den Versuch einer Prüfung, ob sie überhaupt
bestimmbar seien. Im vorliegenden Spezialgebiete macht außer
‚IsseL?) nur A. Smirm WoopwArp?), eine Ausnahme, indem
er auf Grund großen und schönen Materials aus dem englischen
Eocän die Merkmale der Myliobatis-Gebisse auf ihren systematischen
Wert prüfte.
In der Überzeugung nun, daß auch das beste und reichste
fossile Material genügende Sicherheit nicht bieten könne, wollte
ich rezentes heranziehen, konnte aber die gemeinste Art, M. aqukla,
aus dem hiesigen, Stuttgarter, Frankfurter und Breslauer Museum
überhaupt nicht und aus dem Berliner durch die Güte Herrn
Geheimrats Mögıus und der Herren Professoren HıLGENDORF und
JÄKEL nur in einigen Exemplaren erhalten. Ein Versuch, von
!) siehe Literatur-Verzeichnis am Schlusse.
?) Literatur-Verzeichnis 1871.
) desgl. 1888.
250
einer zoologischen Station Exemplare zu erhalten, mißglückte
auch, ferner ließen sich an Alkohol-Exemplaren die Gebisse nicht
recht studieren, und die Abbildungen wie die Beschreibungen erwiesen
sich z. T. als ungenügend oder unzuverlässig; ich kann also
leider auf Grund meines geringen rezenten und größeren
fossilen Materials und mit Hilfe der reichen Literatur über
fossile Reste nur einige Ergänzungen zu Smiru Woopwarns Aus-
führungen liefern. Die hier zu beschreibenden Fossilien stammen
übrigens alle aus den mitteleocänen Eisenoolithen!) meist vom
Kressenberg, wenige vom Grünten und befinden sich bis auf das
Original von M. pressidens H. v. M. aus der Stuttgarter
Sammlung und wenigen Stücken aus der Sammlung des hiesigen
Oberbergamtes in der paläontologischen und geologischen Staats-
sammlung (M.).
All den Herren, die mir zur Beschaffung des Materials
behilflich waren, sage ich an dieser Stelle meinen besten Dank.
Dem leider kürzlich verstorbenen Prof. HıLgGenporr kann ich
nur nachrühmen, daß er, wie stets liebenswürdig und zuvor-
kommend, trotz seiner körperlichen Hinfälligkeit kurz vor seinem
Tode sich abmühte, mir die erwähnten rezenten Exemplare von
Ilyliobatıs zu verschaffen.
Myliobatis Cuvier.
Myliobatis aquela Rısso.
Diese vor allem aus dem Mittelmeer bekannte Art wird
von MÜLLER und HrnLE?) eingehend charakterisiert, was GÜNTHER°)
nur kurz repetiert. Das uns speziell interessierende Gebiß ist
vielfach abgebildet und ich konnte es an den in der Tabelle S. 264
genannten Exemplaren der Berliner zoologischen Sammlung studieren,
wobei ich die von TREUENFELs?) angegebenen Male mit ver-
wertete.
JÄKEL°) publizierte schon einige wichtige Mitteilungen und
Abbildungen über die Ontogenie des Gebisses dieser Art, und der
vorher genannte Autor besprach, wie schon Harrzss 1850, sie
und die Struktur so ausführlich, daß ich nichts zuzufügen habe.
Was aber die Form und die Größenverhältnisse der einzelnen
Zähne anlangt, so muß ich einiges ergänzen und berichtigen.
Zunächst dürften, ob die gegen die Concreszenz-Theorie
gerichteten Ausführungen von TREUENFELS richtig sind oder
!) Siehe GÜMBEL, Geognost. Beschreibung des bayer. Alpengebirges,
Gotha 1861, S. 579664.
2) 1841
2).1870
*) 1896
>) 1894
13.
180, 131, £. 24, 25.
num
251
nicht, die Bezeichnungen lang, breit und dick von manchen
Autoren nicht ganz konsequent angewandt sein, denn nach Analogie
der Bezeichnungen bei anderen Haien und Rochen, zu denen
ja Zygobatıs, Hypolophus, Rhombodus etc. zum mindesten morpho-
logisch überleiten, muß von Länge in der Kieferlängsachse, von
Dicke in der Quer- und von Höhe in der Vertikalachse gesprochen
werden. Es empfielilt sich also nicht, von den Querreihen, die
hier wie normal bei den KElasmobranchiern linguobuccal vor-
rücken, auszugehen, sondern die Maße so zu bezeichnen, wie sonst
in der Ordnung.
JÄKEL!) und TREUENFELS zeigten vor allem, daß die Mittel-
zähne in früher Jugend kaum größer als die seitlichen sind, was wohl
bei allen Myliobatis-Arten so sein wird. Indem dann zwar alle
Dimensionen der seitlichen Zähne und Dicke und Höhe der
mittleren allmählich zunehmen, die Länge der letzteren aber sehr
stark, wird bei M. aqua nach älteren Autoren ein Verhältnis
von Länge zur Dicke der Mittelzähne (Verhältnis 1 der Tabellen)
von 4—6:1. nach Trevenrers?) aber von 6—7:1 und nach
dem Gebiß IV seiner Tabelle sogar von 10,5 :1 erreicht. Diese
Tabelle zeigt übrigens auch, wie verschiedene Resultate eine
Messung ergibt, je nachdem sie buccal oder lingual vorgenommen
wird, und daß die Länge der Mittelzähne auch bei großen
Exemplaren noch zunimmt, daß also die Seitenränder der Kau-
platten auch bei ihnen nicht parallel sind oder gar nach hinten
konvergieren, wie IsseL?) angab.
Smirn Woopwarnp*) hat dem Anwachsen des Verhältnisses 1
mit dem Lebensalter d. h. mit der Größenzunahme bei seinen
Reihen fossiler Arten schon Rechnung getragen, und danach wäre
es bei gleicher Länge der Mittelzähne unten und oben oft sehr
verschieden, z. B. bei M. Dixoni VII, IX unten und VI— VII
oben.) Meine Tabelle zeigt nun, daß bei M. aquıla und einer
anderen rezenten Art auber in früher Jugend die obere Kauplatte
in der Transversalrichtung ein wenig bis etwas größer ist, als
die untere desselben Individuums, wie schon MÜLLer und HEnxLr®)
angaben, und daß dies durch größere Länge der oberen Mittel-
zähne bedingt ist, während die beiderseitigen drei Reihen von
His
2: ni
” Das Stadium II (oben) dieser Art fällt übrigens aus der Reihe,
und bei M. striatus ist das Verhältnis 1 bei I unten wie bei II oben,
obwohl bei letzterem die Mittelzähne 2!/; mal so lang sind als unten.
Es ist darauf später noch zurückzukommen,
2.2.2.0.
252
. Seitenzähnen oben sogar weniger Raum einnehmen als unten.
Dem entspricht dann, daß das gleiche Verhältnis unten und oben
ziemlich verschieden sein kann; eine Gesetzmäßigkeit konnte ich
aber leider darin nicht feststellen. Es sind demnach die Ver-
hältniszahlen der. Mittelzähne nur bei Angabe der absoluten
Größe und auch dann nur mit Vorsicht zu verwerten.
Wichtiger dürften die Seitenzähne sein, denn bei ihnen
scheint mir entgegen den Angaben von Isseu!) größere Konstanz
zu herrschen. Sie sind bei M. aqua eher länger als dick und
haben dementsprechend wie die Mittelzähne seitlich spitze Winkel
und sind rhombisch, bis auf die Randzähne, die fünfeckig und,
wie anscheinend stets, am Seitenrande gerade abgestutzt sind.
Sowohl Harress?), P. Gervaıs’) und GisseL?) als TREUENFELS?)
geben diese rhombische, eben quergestreckte Form richtig an,
auch MÜLLER und Hexte‘) bezeichnet sie als viereckig, in der von
Haruess‘) und Trevenreis®) kopierten Abbildung von Owen’)
und in Acassız!?) sind aber die Seitenzähne sechseckig und seit-
lich stumpfwinklig, doch sagt der letztere (S. 317), sie seien un-
regelmäßig sechseckig, und zeichnet sie wenigstens unten innen
spitzwinkliig,. Da ich nun konstant unten wie oben in ver-
schiedenem Lebensalter stets die gleiche Form der Seitenzähne
fand, halte ich sie für wichtig und glaube, daß Owrn wie Acassız
die Gebisse anderer Arten abbildeten und daß die von Isser!)
beobachtete Formänderung der Seitenzähne nur gering sein kann.
Recht konstant scheint mir dann bei M. agqwıla zu sein,
daß die Mittelzähne unten gerade, oben median etwas rückgebogen
sind und daß die Kauplatte unten nur ganz wenig, oben etwas quer-
gewölbt, buccolingual aber unten nur etwas, oben stark gewölbt
ist. Die Wurzelleisten konnte ich leider nur bei einer oberen
Kauplatte sehen. wo sie dicht ohne stärkere transversale Unter-
brechungen an den Zahngrenzen stehen und unter jedem Seiten-
zahn in der Dreizahl vorhanden und alle einfach sind.
Ein Skelet in Alkohol Nr. 8646 und ein trockenes Skelet
Nr. 18003 der Berliner zoologischen Sammlung, beide als
M. aquila bezeichnet, zeigen zwar viel Ähnlichkeit mit dieser
a2 08 il
2) S. 85501. Bf A.
°) 1852 t. 29 £. 9, 10.
4) 1855 $. 1171. 48 f. 4.
2
N ,
DR 25rT NE
DEN OR ge
DHSAORE OHREN
aa: iD. 90
ara OB
IS)
cn
Os
Art und haben dasselbe Verhältnis 1, aber bei ersterem sind
die unteren Mittelzähne etwas rückgebogen und die Querwölbung
ist stärker, und vor allem sind bei beiden oben und unten die
Seitenecken stumpfwinklig und die Seitenzähne schräg sechs-
eckig und gestreckt, wie etwa bei M. Lligusticus Issen!). Da
das Trockenskelet nicht größer ist als einige der echten M. aqurla-
Exemplare, kann hier IsseLs?) Angabe über die Formänderung
der Seitenzähne nicht zutreffen, und es können diese Exemplare
nicht zu M. agwıla gehören. Sekundäre Geschlechtsunterschiede
im Gebiß fand ich übrigens nicht.
Wenn ferner Isser?) angibt, daß die Kauplatten wie
Mühlsteine funktionieren und daß vorn die Seitenzähne zuerst
ausfallen, so ist das richtig, dagegen kann ich seine Beobachtung‘),
daß bei jungen Zähnen die Nähte schwach zackig seien, nicht
bestätigen, sondern im Gegenteil diejenige von Smiru Wo0oDWARD?),
daß die Nähte durch Abreiben oder Kauen zackig werden.
Auch sonst kann ich deu Bemerkungen des letzteren über die
Abnutzung, also vor allem über den systematischen Unwert der
Punktierung, die durch Anschleifen der Vasodentinkanäle ent-
steht, nur beipflichten und möchte noch besonders betonen, daß
man im abgekauten Teil nicht messen darf, da man hier ganz
falsche Verhältnisse bekommt. Die Abkauungsfläche ist ja oben
ziemlich eben, unten aber mehr oder weniger konkav und hat
hier eine nach innen stark konvexe Grenzlinie, entsprechend der
starken Wölbung der oberen Kauplatte.
Ich kann also die Ausführungen von SMITH WOoODWARD nur
bestätigen und in wenigem ergänzen, und mein rezentes Material
reicht nicht hin, um den systematischen Wert oder Unwert des
Verhaltens der Wurzeln, der Höhe und der Krümmung der Zähne
oder gar die Bestimmbarkeit der Hautstacheln festzustellen. Das
scheint mir aber gewiß, daß Kauplatten ohne Seitenreihen zwar
bestimmt werden können, wenn an den gleichen Lokalitäten voll-
ständige Kauplatten derselben Art gefunden sind, daß aber Auf-
stellung von Arten auf solche Reste oder die Bestimmung einzelner
Zähne nur zu Verwirrungen führt.
Besonders wichtig scheint mir endlich die Erwägung, daß
die Myliobatiden zum vagilen Benthos®) gehören, also von der
Facies des Untergrundes sehr abhängig und nach Dönerreın')
z 20454 320,.2. 1.
0297316:
OS 3l5.
02836
| 025438:
6) WALTHER, Diese Zeitschr. 1897, 49. S. 218.
7) Zeitschr. f. Morphol. u. Anthropol., Stuttgart 1902, 4. S. 394— 442.
“ww
>
2» 2 © m ©
PS VE ER SZ)
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.
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5
)
)
)
)
)
254
viel variabler als die nektonischen Elasmobranchier sein dürften.
Fossile Kauplatten von Mylcobattes.
Wende ich mich nun zur Besprechung der fossilen Gebiß-
reste, so kann ich, da mir die Originale von SCHAFHÄUTL?) und
H. v. Meyer’) vorliegen, sicher feststellen, daß M. giganteus
SCHAFH. auf eine obere Kauplatte eines Aötobatıs, M. arcuatus
ScHAFH. und M. eureodon ScHArFH. auf die eines Myliobatıs und M.
presstdens H.v.M. auf eine untere desselben gegründet ist, wobei
allerdings betont werden muß, daß sich nach dem derzeitigen Stand
der Kenntnisse Gebisse von Myliobatis Cuvıer und Promyliobatis
JÄKEL nicht unterscheiden lassen. Besonders mißlich ist aber,
daß an all’ den Stücken höchstens Zähne der inneren oder zweiten
Seitenreihe erhalten sind und daß nur bei dem Original von M.
»presstidens die Basalseite zu studieren ist, daß also die meisten
Kauplatten, von welchen übrigens nie eine obere und untere zu-
sammen erhalten sind, nicht ganz sicher bestimmbar sind.
Myliobatis gontopleurus Ac.
Myliobatis goniopleurus AGASSIz 1843, 3. S. 819, Taf. 47, Fig. 9, 10.
pressidens H. v. M. 1848, S. 149, Taf. 20, Fig. 5, 6.
arcuatus SCHAFHÄUTL 1863, S. 238, Taf. 62, Fig. 14.
3 goniopleurus A. SMITH WOODWARD 1889, S. 115, Taf. 3,
Rio75, 5a,
Untere Kauplatte.
Zu H. v. Meyers genügender Beschreibung und Abbildung
seines Originales habe ich nur zu bemerken, daß meine Messungen
ein ganz wenig verschiedenes Resultat ergaben°) und daß die ein-
fachen, durch Querfurchen nur wenig unterbrochenen Wurzelleisten
abgerieben sind, die ursprüngliche Höhe also größer als die ge-
messene war. Eine kleinere Kauplatte vom Kressenberg in der
hiesigen Sammlung‘) ist zwar der von SmitaH WoopwArn°) als
striatus bestimmten sehr ähnlich und besitzt relativ längere Mittel-
zähne, zeigt aber dieselbe seitliche Abdachung und die Krümmung
der Mittelzähne, die sehr tiefe Kaugrube und gestreckte innere
Seitenzähne wie Meyers Original.
Das Original zu Acassız’ M. gonzopleurus aus dem London-Ton
von Sueppey, das nach Smiru Woopwarn‘) eine untere Kauplatte
ist, gleicht nun zwar in allen erstgenannten Punkten meinen
1) 1868 8. 287 ff.
2) 1848 8. 149 ff.
3) siehe Tabelle S. 264.
*) Signatur: 1873 3. G 27.
5) 1888 8.43 4. 1.1, £ 7.
6, 1888 S. 44.
255
Stücken, hat aber rhombische Seitenzähne mit gleichseitigem inneren
Winkel. Smırtu WoopwaArnp!) bemerkt jedoch, daß es stark
abgerollt sei und damit könnte die Formdifferenz erklärt werden,
denn auch bei anderen mir vorliegenden Exemplaren, die stark
abgerieben sind, erscheinen die Seitenzähne viereckig. Er stellt
auch?) eine untere Kauplatte aus dem Mitteleocän von Bracklesham
zu der gleichen Art, obwohl sie hexagonale Seitenzähne mit un-
gleichseitigem inneren Winkel hat. Dieses Stück unterscheidet sich
aber wieder von Meyers ebenso großem Original durch geringere
Dicke der Mittelzähne und Seitenzähne, sowie durch die Wölbung
der ersteren. |
Von M. striatus Ac., der im Verhältnis 1 so nahe steht,
unterscheiden sich alle diese Exemplare durch das Abfallen der
Oberfläche der Mittelzähne zu den Seitenzähnen und von M. Dixon!
Ac., der in der Form der Seitenzähne und der Höhe der Mittelzähne
sich gleich verhält, durch die etwas andere Querwölbung und
das höhere Verhältnis 1. M. goniopleurus Ac. erscheint mir
also als eine in seiner unteren Kauplatte durch die Höhe, den
seitlichen Abfall und die mäßige Streckung der Mittelzähne, das
hohe Verhältnis 3 (große Dicke und geringe Länge der inneren
Seitenzähne), die stumpfen Seitenwinkel, sowie durch die tiefe
Kaugrube charakterisierte Art des englischen Untereocäns. Die
zwei Kauplatten vom Kressenberg bilden eine dazu gehörige Varietät,
die sich durch hexagonale, mit ungleichseitigem inneren Winkel
versehene Seitenzähne unterscheidet und var. presstidens heißen
muß, und das Stück von Bracklesham repräsentiert wieder eine
etwas deutlicher verschiedene Varietät, die ich var. dubia
nennen möchte.
Wie sich der gleichaltrige M. Ombonit Bassanı’) dazu ver-
verhält, läßt sich aus den dürftigen Angaben leider nicht ersehen;
er hat aber anscheinend ähnliche Seitenzähne. Unter den
amerikanischen, besonders den von Lrıpy 1877 beschriebenen
Kauplatten steht keine im Querschnitt nahe, wohl aber dürfte
der miocäne M. Stokesii Ac. von Mara verwandt sein.
Obere Kauplatte.
Ist schon die untere Kauplatte von M. gomiopleurus von
der des M. striatus fast nur im Querschnitt verschieden, so soll
nach Smıtun WoopwArp*) die obere beider Arten nicht zu
trennen sein. Mir scheinen aber doch, wenn auch geringe
2u22 290:
2) 1889 8. 115.
De 522718, 212.
11989. 5- Klin.
256
Unterscheidungsmerkmale vorhanden zu sein. Nach Analogie
von M. aqwıla müssen ja die Seitenzähne sich oben fast so ver-
halten wie unten, also dicker sein als bei M. siriatus (Verhältnis 3
fast — 2) und bei var. pressidens hexagonal, und dann muß,
nach der unteren Kaugrube zu schließen, die obere Platte besonders
stark gewölbt sein. Beides trifft für das hier befindliche Original
von M. arcuatus SCHAFHÄUTL und ein Stück vom Grünten zu,
und so kann ich diese mit ScharuÄutL!) und SmitH WooDwARD?)
zu M. pressidens H. v. M.,d. h. zu der Varietät von M. gonio-
pleurus Ac. rechnen, wenn auch das zweite Fossil kaum vom
Stadium IV von M. Dixont nach Smirzk WooDwARD°) zu unterscheiden
sein wird. Zu bemerken ist aber, daß die inneren Winkel der
Seitenzähne nicht so ungleichseitig sind wie unten, und daß das
Verhältnis 1 relativ niederer ist. Von anderen Autoren beschrie-
bene obere Kauplatten wage ich nicht hierher zu stellen, da die
Unterschiede von denjenigen von M. striatus und Dixon‘ nur zu
fein sind.
Myliobatis Dixont Ac.
a Dixoni AGAssız 1848, S. 819.
„>. DIXoNN 1850, S 298, Taf.,,10, Fig: 1,00, ae
Die. 14, a1. 9, Fig. 3
b: contractus DIXoN 1850, 5.2200, Pat. 14, Eycz ug
“ striatus Dıxon 1850, Taf. 12, Fig. 2
= eureodon SCHAFHÄUTL 1863, S. 238.
R Dixeni A. SMITH WOODWARD 1888, S. 41, Taf. 1, Fig. 1—4.
Obere Kauplatte (Taf. XVI, Fig. 1, 2).
Diese im Eocän Englands häufige Art ist von Acassız“)
auf Originale von Dixon’) begründet: obere, z. T. recht große
Kauplatten, die sich durch große Dicke der Mittelzähne und
innersten Seitenzähne auszeichnen. Nach Smitu WooDwARD‘)
gehört vielleicht das Original zu Gervaıs’’) dazu, es sind dort
leider aber keine Seitenzähne erhalten. Dıxons Stücke zeigen
übrigens auch höchstens ihre innerste Reihe, doch bemerkt Smitz
WoopwaArn°). daß drei Reihen von vorn nach hinten gestreckter
Seitenzähne vorhanden sejen.
Das hier von mir wieder aufgefundene Original zu ScHar-
HÄUTLS?) M. eureodon (s. Fig. 1) und ein gleich großes anderes
') 8. 288.
2) 1889 S. 123.
’) 1888 S. 41.
)533 319:
2.8. 108,
6) 1889 S. 119.
a) 552, 4 6 m.
8) 1888 S. 41.
Ss aıs
9
291
Stück vom Kressenberg zeigen nun in der leider unvollkommen
erhaltenen innersten Seitenreihe dieselben Verhältnisse wie Dıxons
Originale; die Wölbung der Mittelzähne in transversaler und
sagittaler Richtung ist auch stark; sie sind auch ebenso etwas
rückgebogen und seitlich ganz stumpfwinklig, nur das Verhältnis 1
ist noch niederer als bei dem entsprechenden Stadium V von
Smiru WoopwARrD!).
Ein noch weit größeres Stück (s. Taf. XVI Fig. 2) würde
aber gut zwischen sein Stadium VII und VIII passen, es unter-
scheidet sich jedoch durch geringere Wölbung und stärkere Biegung
der Mittelzähne und etwas anders geformte Seitenzähne von den erst-
genannten. Ich glaube alle einfach zu M. Dixonzt stellen zu dürfen,
wenn auch in eureodon eine durch besonders langsames Wachs-
tum der Länge der Mittelzähne Be Varietät unter-
schieden werden könnte.
Da noch mehrere obere Kannlaten leider ohne Seitenzähne,
aber mit gleichartigen Mittelzähnen vom Kressenberg und in der
Sammlung des Oberbergamtes auch ein Bruchstück vom Grünten
vorliegen, ist die Art offenbar ziemlich häufig gewesen. Charakte-
ristisch für ihre obere Kauplatte ist also die beträchtliche Dicke
der Mittel- und hexagonalen Seitenzähne, die aber doch noch
geringer als die größte Höhe ist. Das Verhältnis 1 steigt hier
bei Mittelzähnen bis zu 40 mm Länge nicht über 4 und selbst
bei ganz langen kaum über 5 und das Verhältnis 3 ist wohl stets
über 2.
Untere Kauplatte (Taf. XVI, Fig. 3).
Nach Smirtu WoopwArD?) gehören zu der Art untere
Kauplatten, die durch ihre quere Wölbung, die Dicke und Höhe
der Mittelzähne sowie Dicke und Kürze der hexagonalen Seiten-
zähne charakterisiert sind. Sie wurden von Dıxon°) z. T. als
M. contractus und striatus bezeichnet und finden sich auch im
Eocän von Bracklesham und Barton. Auch M. tokapiceus GEINITZ*)
gehört nach ersterem’) dazu, ich kann ihm darin aber nicht bei-
pflichten, weil dort das Verhältnis 1 zu hoch, 2 und besonders
3 zu nieder ist, und sehe nur eine ganz nahesteherde Art darin.
Vom Kressenberg liegen mir zwar einige Stücke vor,
die hierher gehören könnten, aber sie sind zu unvollständig; ein
in der Tabelle angeführtes würde übrigens besser in die Reihe
1) 1888 S. 41.
2) 1888 S. 41, 42, t. 1, f, 1—4.
alran 3:0:
=, 188301, 2,12, 22
5) 1889 $. 109.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 56. 3. 17
258
von SMITH WooDWARD!) passen als sein Stadium IX, dessen Ver-
hältnis 1 wie bei dem erwähnten Original von GEinITz zu hoch ist.
Ein dem Stadium VII entsprechendes Stück von Grünten
(s. Fig. 3) hat wie die oberen Kauplatten ein relativ niederes
Verhältnis 1 und seine inneren Seitenzähne gleichen sehr den-
jenigen von Fig. 2, sind jedoch nicht so stark verdickt, also
denjenigen von M. goniopleurus gleich. Bemerkenswert ist auch,
daß die Mittelzähne gebogen sind wie bei M. contractus Dixon,
während sie bei allen andern Stücken gerade sind.
Myldobatis striatus BUCKLAND.
Myliobatis striatus BUCKLAND 1837, S. 46, Taf. 27d, Fig. 14.
® „ Acassız 1848, S. 320.
5 irregularis DIXON 1850, S. 199, Taf. 11, Fig. =
„ toliapicus hs SEI9 SE Bag 10 =
n NÖTLING 1884, S. 19, Taf. 2, Fig. 1
55 striatus SMITH WoODWARD 1888, Ss. 43 1- xl, S. 44 IV.
Untere Kauplatte.
Nach Smirm WoopwArp?) auf eine untere Kauplatte be-
gründet, ist diese Art im Mittel- und ÖObereocän Englands
verbreitet und unterscheidet sich von M. goniopleurus durch die
kaum gewölbte Oberfläche und die weniger von vorn nach hinten
gestreckten Seitenzähne, von M. Dexoni auch durch das höhere
Verhältnis 1. Sein Stadium I°) gehört aber naeh diesem Ver-
hältnis und der Form der Seitenzähne zu M. toliapecus Ac. und
ebenso wohl auch M. punctatus Ac.*); M. Edwardsü Dıxon?)
endlich ist in seiner Zugehörigkeit unsicher. Dafür paßt M. tolia-
picus Dıxon®) etwa zum Stadium IV und M. erregularıs Dixon‘)
sowie vielleicht auch M. toliapicus NörTLına®) gehört hierher, wenn
auch bei letzterem die Querwölbung stärker als gewöhnlich ist.
Vom Kressenberg liegt nur ein kleines Stück vor, dessen
Nähte infolge der starken Abreibung zackig sind, das in seiner
eben quergewölbten Oberfläche und in den mäßig von vorn nach
hinten gestreckten hexagonalen inneren Seitenzähnen zu M. striatus
gehört, im Verhältnis 1 aber von ihm zu M. Dixoni vermittelt.
Vielleicht ist die relativ große Dicke aber nur eine Folge der
Abnutzung und keine besondere Variation.
Die typische untere Kauplatte von M. strialus hat also
1) 1888 $. 42.
2) 1889 S. 112.
3) 388,5 0
en, ©
°) 1850 8. 199, t. 11, f. 16.
BE Ion.
N
8) 1884 8. 19,1. 2, £ 1.
28%)
etwas rückgebogene, wenig oder nicht quergewölbte Mittelzähne
mit einem Verhältnis 1 von 5—10 bei einer Länge zwischen
10 und 100 mm und hexagonale Seitenzähne, mit einem Ver-
hältnis 3 etwa —= 1!)e.
Obere Kauplatte (Taf. XVI, Fig. 4).
Smrtan WooDwArD!) betont die Schwierigkeit der Unterscheidung
der oberen Kauplatten von M. striatus, goniopleurus und toliapreus.
Von letzterer Art dürfte aber die geringere Länge der Seiten-
zähne, von goniopleurus die geringere Wölbung unterscheiden.
Stadium I?) paßt übrigens in der Dicke seiner Mittelzähne
eher zu der eben beschriebenen unteren Kauplatte als zur ent-
sprechenden bei SmirtHu WoopwArD. Viel besser fügt sich in die
Reihe eine hiesige kleine Kauplatte vom Kressenberg (Fig. 4) ein,
an der z. T. zwei Seitenreihen erhalten sind. Sie ist deutlich
quer- und von vorn nach hinten gewölbt, ihre Mittelzähne sind
etwas gebogen und seitlich stumpfwinklig und die rautenförmigen
ersten und zweiten Seitenzähne etwas von vorn nach hinten ge-
streckt. Da auch die normal sechseckigen Seitenzähne dieser Art
vorn und hinten so schmal sind, dab sie fast rautenförmig er-
scheinen, halte ich den Unterschied für zu unwichtig, um
irgend eine Abtrennung der vorliegenden Form zu rechtfertigen,
besonders da an der unteren Kauplatte die Seitenzähne noch
eben sechseckig sind.
Myliobatis tollapicus Ac.
Myliobatis toliapicus AGAssız 1843 8. 321, Taf. 47, Fig. 15—20.
r suturalis 5 1843 S. 822, Taf. 46, Fig. 12—16.
punctatus " 18487232322, af. 47, Eier 11,12:
R toliapicus SMITH WOODWARD 1888, S. 45.
" striatus 5 Sal, Bas Eros:
Untere Kanplatte.
Die Flachheit, geringe Höhe und ziemliche Länge der
Mittelzähne und die regelmäßig sechseckigen, kaum dickeren als
langen Seitenzähne charakterisieren nach Smiru WOooDwARrD?)
diese im ganzen Eocän Englands verbreitete Art. Betreffs der ihm
wahrscheinlich unterlaufenen Irrtümer bei der Zuteilung einiger
Kauplatten habe ich ja schon oben S. 258 Bemerkungen gemacht
und kann deshalb nur noch anfügen, daß lediglich eine kleine
hiesige Kauplatte vom Kressenberg zu der Art gehören kann.
Sie ist ebenso abgerieben wie M. suturalis Ac. und paßt in
den Verhältnissen hierher.
Obere Kauplatten dazu liegen mir nicht vor.
1) 1888 S. 44 u. 1889, S. 112.
2) 1888 S. 44.
s\ 1889 $. 116.
11%
260
Iylvobatıs cfr. latidens Smitu WoopDwaARrn,
Mylvobatis a latıdens SMITH WOODWARD 1888 S. 45, 46, Taf. 1,
18.711932,
Myliobatıs cfr. Tehidere SMITH WOODWARD, 1888 S. 46, Taf. 1, Fig. 13.
Obere Kauplatte.
In ihren Seitenzähnen der vorigen Art gleichend, aber durch
die große Länge der Mittelzähne unterschieden, ist diese Art auf
kleine untere Kauplatten des Eocäns von Bracklesham begründet.
Nur mit Vorbehalt rechnet der Autor eine obere Kauplatte!)
dazu, die etwas weniger quergestreckte, gebogene Mittelzähne hat.
Danach könnten ein wenig gebogene obere Mittelzähne in der
Sammlung des hiesigen ÖOberbergamtes aus dem schwarzen
Emmanuelflöz des Kressenberges zu derselben Art gehören, da
deren Länge — 34, die Dicke — 4 und die Höhe etwa 6 mm
ist. Sie sind jedoch seitlich weniger stumpfwinklig als jene,
und der Verlust der Seitenzähne erlaubt nur eine annähernde
Bestimmung.
Aetobatis MÜLLER u. HENLE.
Aetobatis giganteus SCHAFH. Sp.
Attobatis giganteus SCHAFHÄUTL spec. 1850, S. 237, Taf. 63, Fig. 10.
Da ich irgendwie ausreichendes rezentes Vergleichsmaterial
nicht besitze, kann ich betreffs der Bestimmung nur auf die
Bemerkungen von Smirn WoopwArp?) hinweisen und meine
Fossilien mit bisher beschriebenen Formen vergleichen. Das Ori-
ginal von ScHAFHÄUTL (in Textfig. 1 reproduziert) hat keine Seiten-
zähne, ist also eine obere Kauplatte von Aötobates?), und in seiner
Beschreibung ist vorn und hinten umzukehren. Das Verhältnis
von Länge zur Dicke der Zähne ist 97:12=8. Da nun auaßer
einem Stück einer ebensolchen Kauplatte eine nur etwas kleinere
untere (Textfig. 2) vom gleichen Fundort in der hiesigen Sammlung
ist und deren Verhältniszahlen 76:10=17,6 sind, darf ich sie
wohl zur gleichen Art rechnen. Die Zähne dieser völlig flachen
Platte sind deutlich nach vorn gebogen, sodaß die gerade Ver-
bindungslinie der Enden eines Zahnes in der Mediane etwa
durch das hintere Drittel des zweitnächsten Zahnes läuft.
Aöt. irregularis Ac.*) ist nun zwar dieser Art recht ähnlich,
aber nach Smitu Woopwarn°) ist die obere Kauplatte weniger
quergewölbt, und es sind, wenigstens bei den Originalen von
Acassız, die Biegungen und Enden der Zähne etwas anders als
2) 1888, 1.21, 718.
221889752928,123.
%) Siehe SmiTtH WOODWARD 1889 S. 130.
*) 1843 S. 327, t. 47, f. 8—5.
2, 18893. 128.
nennen nn ne ni ch nn
a
Fig. 1.
Obere Kauplatte, Or. Ex. zu Aötobatis giganteus SCHAFH.,
vom Kressenberg, mit Längs- und Querschnitt, nat. Gr.
bei meinen Stücken. Die Kauplatte von Aöt. sulcatus Ac.!) hat
viel stärker gebogene Zähne und die von Aöt. marginahs Dixon’)
ist stark quergewölbt mit eigentümlichem Seitenrand. At.
arcuatus Ac.?) dürfte wohl in DELFORTRIE?) durch eine wenn
auch nur schwach konvexe obere Platte vertreten sein, die
relativ dickere “und stärker gebogene Zähne hat. Auch Ak.
Omalusii DELFORTRIE?) unterscheidet sich durch viel stärker ge-
Aa BOB, 4.46, 1.45,
a 1850, 1 0, 1.
») S. 397.
sinne A
ZA
Ialaı 2%
Untere Kauplatte von Aötobatis giganteus SCHAFH., vom Kressenberg,
nat. Gr.
bogene Zähne. Die obere Kauplatte von Aöt. Meneghinic
Bassanı !) unterscheidet sich leicht durch andere Verhältnis-
zahlen; und die Originale von Leıpy?) sind nur einzelne, z. T.
nicht einmal vollständige Zähne, also kaum bestimmbar. Demnach
dürfte SchAarsÄurLs Art für Aetobatis getrennt von all diesen
aufrecht zu erhalten sein. |
1) 1878 8. 278.
2) 1877 8. 244 97, t. 31,1. 1900.
263
Vom Grünten liegt endlich in der Sammlung des hiesigen
Obergbergamtes eine kleine obere, leider nicht ganz vollständige _
Kauplatte von Aötobatis, deren Zähne 4,5 mm dick und mindestens
47 lang, gerade und nur wenig quergewölbt sind. Wenn nun
auch nach Smiru Woopwarnp!) Aöt. rectus Dixon’) zu At.
ürregularis Ac. gehören kann, und bei Messung all der zu dieser
Art gezählten Zähne das Verhältnis 1 sich als etwas variabel
erweist, möchte ich doch dieses unvollständige Stück nicht zur
obigen Art rechnen, sondern es unbestimmt lassen und nur sein
Vorkommen anzeigen.
Als Schlußresultat ergibt sich also, daß die Myliobatiden
vom Kressenberg und Grünten sich am besten mit den ungefähr
gleichaltrigen Arten von England in Beziehung bringen lassen;
aber wenn ich auch meist identische Arten annahm, so zeigen
doch fast alle Exemplare wenigstens kleine Unterschiede, die
z. T. zur Aufstellung von Varietäten genügen dürften. Um aber
die Variationen und Mutationen der Arten richtig und sicher
feststellen zu können, müßte man genügend Material zur Zusammen-
stellung von .Altersreihen wie Smiırn WoopwArp°®) haben. Ich
mußte mich deshalb damit begnügen, auf die kleinen Unter-
schiede aufmerksam zu machen, die vielleicht auf eine Ausbildung
von Standortsvarietäten hinweisen.
) 1889 $. 128.
2) 1850, t. 11, f. 8.
2) 1888.
264
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268
10. Pelycosaurierreste von Texas.
Von Herrn F. BroıLı in München.
Hierzu Taf. XVII u. 1 Textfig.
Veranlassung zu folgenden Zeilen geben mir die Bruchstücke
eines Schädels, welche sich unter dem von CH. STERNBERG Aul-
gesammelten Material befinden, das dieser ausgezeichnete Sammler
während des Sommers 1901 in den permischen Ablagerungen
von. Texas im Auftrage des Herrn Geheimrat von ZITTEL
zusammengebracht hatte.
Der Fundpunkt liegt in den roten Tonen des Coffee Creek
(unweit Seymour, Baylor Co.), in dessen Umgebung auch andere
schöne Skeletteile gefunden wurden.
Die hier nun vorliegenden Reste gehören der Haupt-
sache nach der hinteren Partie eines Schädels an, die sich
trotz aller angewendeten Sorgfalt und Mühe nicht mehr vereinigen
ließ; immerhin konnte man einzelne Elemente des Schädels bezw.
einige Teile des Unterkiefers zusammensetzen.
Der Erhaltungszustand unseres Materials ist insofern
ein günstiger, als sich die einzelnen Stücke, ohne große Be-
schädigungen zu erleiden, präparieren ließen. Nähte sind nirgends
mehr zu erkennen, was auf ein altes Individuum schließen läßt.
Die Knochen bleiben im großen und ganzen unskulptiert. An-
deutungen von Höckern oder ähnlichen, warzenartigen Erhöhungen
lassen sich indessen auf der Außenseite des Unterkiefers, sowie
bei den Begrenzungsknochen der Schädeldurchbrüche könstatieren.
Immerhin treten dieselben gegen die regelmäßige Ausbildung der
Skulptur, wie wir sie von den Stegocephalen her gewöhnt sind,
zurück. Dasselbe gilt auch von den Knochen selbst; während
dieselben nämlich bei den letzteren ungemein kräftig und solid
verknöchert sind, haben sie bei unserer Gattung eine im Ver-
hältnis zu den Dimensionen des Schädels sehr schwache Ausbildung
erfahren. Eine Ausnahme davon machen allein die Knochen,
denen die Umrahmung der Schädeldurchbrüche zufällt, welche
wulstartig hervorspringen, wodurch natürlich der Kontrast ein
um so gröberer wird.
269
Das verhältnismäßig schlanke Basioccipitale gliedert sich
in einen vorderen und einen hinteren Abschnitt. Der letztere
wird durch den einfachen, kngeligen Condylus gebildet, während
der vordere sich anscheinend dreieckig nach vorne zuspitzt; die
Fläche desselben ist median tief eingesenkt und mit Längsrunzeln
bedeckt, die mit dem glatten Condylus stark kontrastieren. Am
letzteren selbst ist noch, median und dorsal, eine stecknadelkopf-
große, deutlich begrenzte Vertiefung auffallend. Ob sich an der
Bildung des Condylus in seinen oberen Teilen auch die
Exoccipitalia beteiligen, kann nicht angegeben werden, da die
Suturen völlig verwischt sind.
Leider läßt sigh das Basioceipitale nicht mit einem weiteren
Reste in Verbindung bringen, welcher offenbar gleichfalls dem
Hinterhaupte angehört. Dieses Stück ist nämlich in der Mitte
seines Unterrandes durch eine im allgemeinen zungenförmige
Einbuchtung charakterisiert, welche auf der einen Seite durch
verschiedentliche, später wieder zusammengekittete Brüche nicht
ganz regelmäßig begrenzt ist. Diese Einbuchtung oder, in unserem
Falle, dieser Durchbruch entspricht offenbar dem Foramen magnum,
und die Elemente, die dasselbe begrenzen, dürften die Exoccipitalia
lateralia darstellen. Die Nähte sind, wie bereits gesagt, an dem
ganzen Stücke völlig verwischt, sodaß nicht gesagt werden kann,
ob weitere Knochen daran enthalten sind und insbesondere, ob
das Supraoccipitale noch bis an das Foramen magnum heran-
reicht. Auffallend an unserem Stücke ist noch die starke Ver-
längeruug des Seiten- und Unterrandes, die jederseits zu einem
fortsatzähnlichen Gebilde nach hinten und abwärts ausgezogen
sind. Der Unterrand dieser Fortsätze zeigt namentlich proximal
auf der Innenseite eine starke Einkerbung.
Das Stück erreicht seine größte Dicke in der Umgebung
des Foramen magnum nach oben und zu den Fortsätzen hin
wird es allmählich schwächer.
Des weiteren liegen mir noch etliche Reste der Begrenzung
großer Schädeldurchbrüche vor, von denen sich nicht feststellen
läßt — da sie außer jedem Zusammenhang mit dem übrigen
Schädel stehen — ob sie Augenhöhlen oder Schläfenöffnungen
umralmten. Diese Bruchstücke, von denen das größte anscheinend
der rechten Schädelhälfte angehört, zeigen im Verhältnis zu den
übrigen sehr dünnen Fragmenten, die dem eigentlichen Schädel-
dach angehören, eine sehr kräftige Ausbildung, d. h. sie springen
wulstartig hervor, wobei ihre Ränder teilweise zugeschärft sind.
Während sich diese Reste nicht identifizieren lassen, ist dies
umso besser bei einem anderen Knochen der Fall, der sich auch
anscheinend vollständig erhalten hat. Er ist das linke Quadratum.
2m e
Dasselbe bildet eine flache, dünne Knochenschuppe von länglich
viereckigem Umriß, welche bei allmählicher Stärkezunahme nach
unten sich hier in zwei spindelförmige, kräftige Anschwellungen
auflöst, die durch eine tiefe Grube voneinander getrennt sind.
Dieser Grube entspricht auf der schmalen Hinterseite der Knochen-
schuppe selbst eine dorsoventral verlaufende, rinnenähnliche Ein-
senkung.
Mit diesem fischähnlichen Quadratum nun gelenkt das
Articulare des Unterkiefers, welches von der gleichen Seite eben-
falls vorliegt. Analog den beiden spindelförmigen Anschwellungen
am Quadratum finden sich am Articulare zwei breite, einander
parallele Gelenkrinnen, die durch einen kammähnlichen Rücken
getrennt sind. Nach rückwärts ist das Articulare in einen
flachen, dreieckigen Fortsatz ausgezogen, der auf seiner Innen-
seite, d. h. auf der dem Schädel zugekehrten Fläche, eine ziem-
lich große unregelmäßig begrenzte Grube aufweist. Aller Wahr-
scheinlichkeit nach wird die Unterseite dieses Fortsatzes, welche
durch zwei leistenförmige Erhöhungen charakterisiert ist, die sich
im hinteren Drittel miteinander vereinigen, vom Angulare ein-
genommen. Neben diesem Hauptstück des Unterkiefers ist noch
der größte vordere Teil desselben erhalten geblieben, auf dessen
Dentale sich an den abgebrochenen Sockeln und Zahngruben
ca. 16 Zähne nachweisen lassen. Dieselben scheinen mit Aus-
nahme einiger größerer (1—2) Fangzähne in der Symphysen-
gegend ziemlich gleiche Größe und den nämlichen gegenseitigen
Abstand besessen zu haben.
Die übrigen Reste des Schädels sind leider zu fragmentär,
um mit Sicherheit daraus Schlußfolgerungen ziehen zu können.
Trotz dieser eigentlich recht spärlichen Überbleibsel, können
wir auf Grund derselben feststellen, daß wir. die Schädel-
fragmente eines Reptils und zwar eines Pelycosauriers vor
uns haben, was in erster Linie durch das Vorhandensein der
Schläfendürchbrüche und durch die Beschaffenheit des Schädel-
daches in Bezug auf Bauart und Skulptur bewiesen wird.
Die Schädel, welche nun zu einem Vergleiche mit unserer
Form heranzuziehen sind, gehören den Gattungen Varanosaurus,
Embolophorus und Drimetrodon an. Was Varanosaurus betrifit,
so kommt dies Genus sofort in Wegfall; da es in erster Linie
ein viel zierlicheres, kleineres Tier ist, überdies sind bei dem
Münchener Original gerade die hier in Frage kommenden Teile,
nämlich Schläfengegend, Quadratum und Articulare unvollständig
oder garnicht erhalten.
Anders steht es bei den Gattungen Drmetrodon und Embolo-
phorus, über welche uns die beiden wichtigen Arbeiten von
271
E. C. Case!) bestens unterrichten. In seiner Geschichte der Pely-
cosaurier, der eine Beschreibung der Gattung Dimetrodon bei-
gefügt ist, bringt Case einige Skeletelemente zur Abbildung, welche
den unsrigen sehr ähneln und die deshalb einer kurzen Be-
sprechung unterzogen werden sollten. Auf Taf. I der oberen
Arbeit in Fig. 11 und 12, sowie in der Textfig. 6°) bringt
Case die „Cranial Region“ in zwei Ansichten zur Wiedergabe,
welche dem von mir, als zur Begrenzung des Foramen magnum
gehörig, geschildertem Stücke, ungemein ähnelt, das allerdings
bei weitem nicht durch so einen guten Erhaltungszustand ausge-
zeichnet ist, wie das Original von Case. Bei meinem Exemplar fehlt
nämlich die ganze untere Begrenzung des Foramen magnum
durch das Basioceipitale, und auch die seitliche Umrahmung durch
die Exoccipitalia scheint offenbar nur sehr unvollständig erhalten
zu sein. Ferner sind die von Case als Paroceipitalia gedeuteten
Parteien nur zum größten Teile vorhanden, was namentlich von
dem auffallenden distalen Fortsatz, der nach auswärts, abwärts
und rückwärts gerichtet ist, gilt.
Auf der nämlichen Tafel bringt des weiteren Casz in Fig.
8, 9, 10, 18, zwei Elemente zur Ansicht, die mir ebenfalls vor-
liegen, denen ich aber eine den Ansichten von CAsE entgegen-
gesetzte Deutung gebe. Case hält nämlich Fig. 18 für die
„Articulare region“ des Unterkiefers, welche noch im Konnex
mit dem Angulare steht und Fig. 8, 9, 10 deutet er infolge-
dessen als die „Suspensorial region“ des Schädels, woran er
Quadratum, Quadratojugale, Squamosum und Prosquamosum unter-
scheidet. Durch diese Meinung war er auch in seiner Arbeit
über Embolophorus (s.o.) zur Annahme gezwungen, daß das Articulare
des Unterkiefers sich in verkehrter Lage befinde. Allein in
Wirklichkeit ist dieser Knochen bei Embolophorus nur das wenig
dislozierte Quadratum. Dasselbe gleicht sehr dem entsprechenden
Elemente bei den Cotylosauriern, das sich, wie ich bei Labedo-
saurus?) nachweisen konnte, von außen als dünne Knochenschuppe
fest an den hinteren Flügel des Pterygoids anlegt, während seine
Articulationsfläche selbst von dem die Schädelecke bildenden ?
I) G. Baur and E. C. Case: The History of the Pelycosauria,
with a Description of the Genus Dimetrodon CorpE. Transactions
Americ. Philos. Soc. N.-S. 20. 1899. 8.1.
E. C. Case: The Osteology of Embolophorus Dollovianus COPE,
with an attempted Restoration. Journ. of Geol. 11. No.1. 1903. 8.1.
?, Vergl. auch: CAse, Foramina perforating the Cranial Region
of a Permian Reptile and on a Cast of its Brain Cavity. Americ.
Journ. of Science. 8. 1897. $8. 323, f. 3.
®) BroıLı: Permische Stegocephalen und Reptilien von Texas.
Palaeontographica 51, S. 56, t. VIII, £. 7.
272
Quadratojugale durch einen Knochen getrennt sind, den ich mit
dem Supratemporale in Zusammenhang bringen möchte.
Auch das von Corz!) bei Naosaurus claviger abgebildete
Quadratum zeigt ähnliche Gestaltung und die charakteristischen
Gelenkhöcker. Dabei erwähnt er auch ausdrücklich: „The qua-
drate bone is large and laminiform, aud is truncate above,
having a good deal the shape of the corresponding bone in
a fish.“
Doch nehmen wir an, das Articulare Cases sei ein solches,
wie ließe sich dann sein Angulare rechtfertigen, das allen unseren
Kenntnissen über dieses Element widerspricht, und eine sehr
flache, deutlich umgrenzte Knochenschuppe darstellt? Auch das
Articulare an und für sich wäre in solcher Ausbildung eine ganz
ungewohnte Erscheinung, da wir sonst bei den Reptilien am
Articulare fast nie Gelenkhöcker, sondern stets Gelenkgruben
finden.
Die also unter unrichtigen Voraussetzungen von Case in
Bezug auf einige Schädelknochen abgegebenen Deutungen (Squa-
mosum, Prosquamosum, Quadratojugale) werden demnach hinfällig
und die in Fig. 1, 2, 3, S. 32 gegebenen Rekonstruktionen
müßten in dieser Hinsicht eine Modifikation erfahren.
Schematische Ansicht des Unterkiefers (teilweise ergänzt) von oben
(!/a nat. Größe).
Hoffentlich wird der um die Kenntnis der permischen
Wirbeltiere so sehr verdiente Forscher bald in den Stand gesetzt
an der Hand weiteren Materials meine Aussagen zu prüfen und
zu bestätigen.?)
!) Systematic Catalogue of the species of Vertebrata found in the
beds of the Permian Epoch in North America, with notes and descrip-
tions. Read May 7. 1886. — Americ. Philos. Transact. New Series.
16. 1890. S. 285, 29a m 7
2), Nachschrift: Während der Drucklegung dieses Aufsatzes
erhielt ich durch die Freundlichkeit von Herrn Prof. CAsE seine
jüngst erschienene, hochinteressante Arbeit: The osteology of the
skull of the Pelycosaurian Genus, Dimetrodon (Journ. of Geology, 12.
No. 4, May-June 1904), worin derselbe seine frühere Ansicht
ändert und nunmehr die, von mir oben bezüglich des Quadratums
niedergelegte Meinung, mit mir teilt.
Zeitschrift
der
Deutschen geologischen Gesellschaft.
ei
56. Band.
IV. Heft.
‘“ (Hierzu Tafel XV u. XIX—XXXVM).
Oktober, November, Dezember 1904.
Berlin 1904.
J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolg&,,
Zweigniederlassung 17 ke 6
vereinigt mit der Besserschen Bncangn tung Ti B;
SW. Kochstrasse 53. RER
027
Deutsche geologische Gesellschaft.
Vorstand für das Jahr 1905.
Vorsitzender: IIlerr BEYSCHLAG Schriftführer: Herr J. Bönm
Stellvertretende Vor- | „ _WAHNSCHAFFE „ DENCKMANN
sitzende: \ „ SCHMEISSER „ ‚Gaem
Schatzmeister! ei) ATI „.. PEILIBPT.
Archivar: N BENIZSCH
Beirat für das Jahr 1905
Herren: TIETZE- Wien, FRAAS- Stuttgart, BALTZER-Bern, KAvsEr-Marburg,
ROTHPLETZ-München, STEINMANN-Freiburg i. Br.
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Die ordentlichen Sitzungen der Gesellschaft finden in Berlin im Ge-
bäude der K. Preuß. geol. Landesanstalt u. Bergakademie, Invalidenstr. 44, abends
7 Uhr in der Regel am ersten Mittwoch jeden Monats statt, die Jahresversamm-
lungen in einer Stadt Deutschlands oder Österreichs in den Monaten August bis
Oktober. Vorträge für die Monatssitzungen sind Herrn Dr. C. Gagel
tunlichst 8 Tage vorher anzumelden, Manuskripte ven Vorträgen zum Druck
spätestens 8 Tage nach dem Vortrage einzusenden.
%
Die Aufnahme geschieht auf Vorschlag dreier Mitglieder durch Erklärung
des Vorsitzenden in einer der Versammlungen. Jedes Mitglied zahlt 10 M. Ein-
trittsgeld und einen Jahresbeitrag von 20 Mark. Es erhält dafür die Zeitschrift
und die Monatsberichte der Gesellschaft. (Preis im Buchhandel für beide zu-
sammen 24 M.). Die bis zum 1. April nicht eingegangenen Jahresbeiträge
werden durch Postauftrag eingezogen. Jedes außerdeutsche Mitglied kann seine
Jahresbeiträge durch einmalige Zahlung von 300 M. ablösen.
a
Reklamationen nicht eingegangener Hefte der Zeitschrift können
nur innerhalb eines Jahres nach ihrem Versand berücksichtigt
werden, solche von einzelnen Monatsberichten überhaupt nicht, da
letztere insgesamt mit dem letzten Hefte jedes Jahrganges nochmals
herausgegeben werden.
„
Die Autoren der aufgenemmenen Aufsätze, briefliehen WMit-
teilungen und Protokollnotizen sind für den Inhalt allein verantwort-
lich; sie erhalten 50 Sonderabzüge umsonst, eine grössere Zahl gegen
Erstattung der Herstellungskosten.
ey
Zu Gunsten der Bücherei der Gesellschaft werden die Herren
Mitglieder ersucht, Sonderabdrücke ihrer Schriften an den Archivar
einzusenden: diese werden in der nächsten Siizung vorgelest und
soweit angängig besprochen.
m
Bei Zusendungen an die Gesellschaft wollen die Mitglieder
folgende Adressen benutzen:
1. Manuskripte zum Abdruck in der Zeitschrift oder den Monatsberichten
sowie darauf bezüglichen Schriftwechsel Herrn Dr. Joh. Böhm,
3. Einsendungen an die Bücherei, sowie Reklamationen nicht eingegangener
Hefte Herrn Landesgeologen Prof. Dr. Jentzsch,
3. sonstigen geschäftlichen Briefwechsel, insbesondere Anmeldung neuer
Mitglieder, Anzeigen von Wohnortsveränderungen, Austrittserklärungen
Herrn Landesgeologen Dr. C. Gagel,
sämtlich zu Berlin N. 4, Invalidenstr. 44,
4. Die Beiträge sind an die J. G. Corra’sche Buchhandlung Nachf.,
Berlin SW., Kochstr. 58, durch direkte Übersendung einzuzahlen.
273
Der nebenstehende Rekonstruktionsversuch eines Pelyco-.
sauriersunterkiefers kann natürlich keinen Anspruch auf voll-
ständige Korrektheit machen, da wir nach den bisherigen Funden
über die Länge der Zahnreihen und seine Beschaffenheit zwischen den
letzten Zähnen und dem Articulare nicht unterrichtet sind. Immer-
hin können wir aber aus dem Bekannten ersehen, daß zwischen
dem Unterkiefer eines Pelycosauriers und dem eines Ootylo-
sauriers — ich habe speziell Zabrdosaurus im Auge — unge-
mein viel Ähnlichkeit besteht, welche namentlich in der
Stellung der Gelenkgruben zum Unterkiefer selbst, als auch
in der ungemein flachen, gedrückten Beschaffenheit der
Articulare zum Ausdruck kommt.
Auch dies ist ein Punkt, der für die nahe Verwandt-
schaft der Pelycosaurier mit den Cotylosauriern spricht,
welche sich ja besonders auch im Bau der Extremitätengürtel
und den Extremitäten selbst ausprägt.
Fragen wir nun nach der generischen Zugehörigkeit unserer
Reste, so läßt sich aus dem Vergleiche mit den von Case ge-
gebenen Abbildungen unschwer ersehen, daß wir es in der Tat
mit einer Dimetrodon incısiwus CorEz bezw. Eimbolophorzus
Dollovianus Copz sehr nahestehenden Form zu tun haben.
Trotzdem bin ich vorläufig noch nicht geneigt, die geringen
Reste auf eine der beiden Arten zu beziehen, zumal das mir
vorliegende Quadratum, dadurch, daß es einen mehr rechteckigen
Umriß hat, viel gestreckter erscheint als das entsprechende
Element von Dimetrodon incıisivus, welches eine mehr dreiseitige
Form besitzt.
Wir müssen uns deshalb begnügen, die vorliegenden Reste,
als zu einem Dimetrodon ungemein nahestehenden
Pelycosaurier gehörig, zu betrachten, bis bessere Funde
Lösung in dieser Frage bringen.
Als Anhang seien noch einige histologische Be-
merkungen über die Zähne von Dimetrodon beigefügt.
(Fig. 1—3).
Die Zähne von Dimetrodon, die sehr tief in Alveolen ein-
gelassen sind, besitzen eine spitzkonische Gestalt, ihre vorn und
hinten zu Kanten zugeschärften Seiten sind überdies fein ge-
zähnelt.
Unter dem Mikroskop schließt sich im Querschnitt
bei unserem Schliffe die ziemlich schmale Pulpa P (der Schliff
ist ziemlich weit gegen die Spitze des Zahnes genommen) die
ungemein breite Zone des Dentins an, in welcher man deutlich
die scharf umschriebenen Zuwachsstreifen oder Kontur-
linien C unterscheiden kann. Dieselben treten bei dem vor-
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 1904. 18
274
liegenden Schliffe am dichtesten in der der Pulpa zunächst
liegenden Dentinmasse auf, nach außen hin werden sie an-
scheinend etwas seltener. Das Dentin selbst ist von ungemein
dicht stehenden, sehr feinen Zahnbeinröhrchen (D) durchsetzt,
die von der Pulpa ihren Ausgang nehmen; entsprechend den zu-
geschärften Seiten der Zähne haben die Dentinröhrchen an diesen
Stellen eine fiederförmige Anordnung erfahren. Infolge der un-
gemeinen Dichtigkeit, mit welcher diese Ernährungskanälchen an-
einander anschließen, läßt sich nicht entscheiden, ob distal eine
Teilung derselben erfolgt. Vitrodentin, oder gefäßfreies Dentin,
fehlt den Zähnen von Dermetrodon. Dagegen läßt sich an ver-
schiedenen, unbeschädigten Stellen ein gut entwickeltes Schmelz-
band nachweisen, dessen Prismen bei polarisiertem Lichte aus-
gezeichnet zu unterscheiden sind. |
Der durch die Spitze des Zahnes und die seitlich
zugeschärften, fein gezähnten Seiten, geleste Längs-
schliff zeigt keine Pulpa mehr. sondern ausschließlich Dentin,
das gleichfalls sich von ungemein dicht stehenden Dentinröhrchen
durchsetzt zeigt, welche auch als büschelförmige Garben in die
feineren Zacken, in welche die zugeschärften Seitenkanten des
Zahnes auslaufen, eindringen und so ein äußerst charakteristisches,
schönes Bild erzeugen. Oben, d. h. gegen die eigentliche Spitze
hin, tritt eine Verflachung der Zacken ein. insofern dieselben
allmählich eine mehr flach, wellenförmige Gestalt annehmen.
Die Dentinschicht ist ihrerseits hinwiederum von einem
verhältnismäßig breiten Schmelzband umsäumt, das unter
polarisiertem Lichte wie auf dem Querschnitt, seine eigentümlichen
Eigenschaften, besonders deutlich erkennen läßt.
Im Vergleiche mit dem von mir beschriebenen Zähnen von
Labidosaurus!) konstatieren wir, daß die Zähne des Pelyco-
sauriers Demetrodon ein viel vorgeschritteneres Stadium dar-
stellen. Dort finden wir noch in den radialgestellten von der
Pulpa in das Dentin eindringenden Kanälen, die deutlichen
Spuren ihrer innigen Verwandschaft mit den Stegocephalen, hier
sind dieselben verschwunden und die Zähne von Dimetrodon
zeigen in ihrer Struktur bereits den Charakter voll-
wertiger Reptilien.
3) 12. 7.0 SHARING.
2005
11. Über Pieraspis dunensis F. ROEM. sp.
Von Herrn F. DREVERMANN in Marburg a/Lahn.
Hierzu Taf. XIX —XX1I.
Fischreste gehören im Unterdevon des rheinischen Schiefer-
gebirges zu den Seltenheiten. Zwar werden in vielen Arbeiten
einzelne Bruchstücke von Panzerplatten erwähnt, auch vollständigere
Reste haben sich gelegentlich gefunden, aber im ganzen sind
bisher doch nur spärliche Anzeichen für das Vorhandensein
dieser Tierklasse im rheinischen Unterdevonmeere nachgewiesen
worden. Unter den Placodermen sind es ganz besonders die
seltsamen Pteraspiden, deren Vorkommen im rheinischen Gebirge
zwar schon seit langem bekannt ist, die aber fast stets nur in
einzelnen Bruchstücken sich gefunden haben. Die älteste bekannt
gewordene Eifeler Art Pferaspis dunenses F. Roem. sp. möchte
ich in den folgenden Blättern genauer besprechen. : Außer dieser
sind es rechtsrheinisch nur zwei Arten! Pf. rhenanus SCHLÜTER
aus Grauwacke mit Zerebratula amygdala des Rheinlandes!) und
Pt. (Scaphaspis) bonnensis ScHLürer sp. aus den Schichten mit
Rensselaerta strigiceps (also wohl Siegener Schichten) der Grube
Wildermann zwischen Römlinghofen und Vinxel.) Beide Funde
wurden leider nicht abgebildet, sodaß eine genaue Vergleichung schon
aus diesem Grunde ausgeschlossen ist. Damit sind die rechts-
rheinischen Funde von Pteraspiden erschöpft. Aus dem links-
rheinischen Teil des Schiefergebirges war lange Zeit (außer Pi.
dunensis) nichts von diesen eigenartigen Tieren bekannt. Erst
neuerdings mehren sich die Anzeichen, daß auch hier derartige
Reste recht weit verbreitet sind. Zuerst sammelten Lonsst und
Forır eine Reihe Dorsalschilder von Pt. rostratus Ac. oder
einer nahestehenden Form in Gedinnien bei Ombret (Provinz
Lüttich) in Belgien. °) Dann besprach Gosserer kurz
zahlreiche Pteraspidenreste, die sich bei Lievin (Dep. Pas
!) Ob diese alte Etikette das richtige trifft, ist sehr zweifelhaft;
bei der Unsicherheit fast aller älteren Brachiopodenbestimmungen
könnte hier außer der mitteldevonischen Newberryia amygdala auch
Rensselaeria etc. in Frage kommen.
2?) Verh. Naturhistor. Vereins, Bonn 1887, 44. S. 125.
3) Ann. soc. geol, Belg. 22. 1894/95, S. XXVI.
276
de Calais) in Nordfrankreich gefunden haben. }) Sie
stammen aus einer Quarzitbank, die den „Schistes bigarres“ des
Gedinnien eingelagert ist. Diese Reste wurden von LERicHE
einer genauen Untersuchung unterzogen und als Pf. Oroucht
Lanksester beschrieben und abgebildet.) Im gleichen Heft
(S. 153) bespricht DorzEe kurz einen Fund von mehreren
Pteraspidenresten aus den Gedinnien von Pernes (alte Grafschaft
Artois) in Nordfrankreich. Hier scheint eine reichere Fauna von
Cephalaspiden und Pteraspiden vorzuliegen?), u. a. hat sich außer
Pt. Crouchi Lane. auch Pt. rostratus Ac. gefunden. Und
endlich hat Doro‘) eine kurze Notiz über Pteraspidenreste
gegeben, die er glaubt auf Pf. dunensis zurückführen zu können,
und welche aus dem Gedinnien von Villance bei Saint-Hubert in
Belg. Luxemburg stammen.
Die bisher im Unterdevon des rheinischen Gebirges (im
weitesten Sinne) bekannten Arten von Pferaspis sind also:
) Pt. dunensis F. Roem. sp. Altunterdevonisch.
) „ all. dumensis F. Rorm. sp. Gedinnien.
) „ bonnensis SCHLÜTER Sp. Siegener Schichten.
) „ rostratus Ac. |
5) „ af. rostratus Ac. * Gedinnien.
6) „ Croucht Lank.
Dazu kommt aus unsicherem Horizont:
7) Pt. rhenanus SCHLÜTER.
Anhangweise sei erwähnt, daß auch eine Pferaspis-Art aus
dem Mitteldevon der Eifel (von Gerolstein) bekannt ist.°)
Als ich mich vor längerer Zeit in Siegen zum Studium der
Bergschulsammlung aufhielt, welche mir Herr Bergmeister Borx-
HARDT in liebenswürdigster Weise zugänglich gemacht hatte, fand
ich unter zahlreichen interessanten Fossilien auch einen Rest,
den ich sofort als das dorsale Mittelstüick des Panzers eines
Pteraspiden erkannte. Das Stück ist ein einfacher Steinkern
ohne eine Spur der Schale, zeigt aber stellenweise schwache Ab-
drücke der eigentümlichen mittleren Zellenschicht der Schale und
läßt vor allem die Ansatzstelle des Schwanzstachels erkennen.
Die nahe Verwandtschaft des Stückes mit Pi. dunensıs ging auf
den ersten Blick klar hervor. Es stammt aus dem FEINDLER-
schen Steinbruch bei Siegen, einer altbekannten Fundstelle von
Rensselaeria erassticosta ©. Koch sp. und einer Reihe anderer
!) Compt. rend. Ac. des Sciences 136. S. 540.
2) Annales Soc. geol. du Nord, 32. 1903, S. 161, t. V, VI.
®) LERICHE, dass. Heft, S. 190.
*) Compt. rend. Ac. des Sciences 136. S. 699.
5) LEE, Geol. Mag. (2) 9. S. 104, t. II, f. 4—7.
ZuN
Fossilien dieses Horizontes. Leider. war es das einzige Stück,
and ich bedauerte dies sehr, zumal auch RoemEr nichts über die
weitere Natur des Fisches hatte feststellen können. Um so größer
‚war meine Freude, als ich bei Hamm. an der Sieg bei einer
Jängeren Orientierungsreise durch das Siegerland in einem ver-
lassenen Steinbruch eine größere Zahl derartiger Reste entdeckte.
Zine aus Grauwackenschiefer bestehende Schichtfläche war ganz
bedeckt mit den Panzerplatten eines großen Pteraspiden.: Leider
war die Schicht durch die Witterungsverhältnisse sehr bröckelig
geworden (sie war lange Jahre hindurch offen Wind und Wetter
‚ausgesetzt gewesen), und bei der leisesten Berührung schon fielen
die Fossilien sowohl wie das Gestein selbst auseinander. Immer-
hin gelang es, nach langer mühsamer Arbeit unter Benutzung
<ines Brecheisens eine genügend dicke Platte des Gesteins los-
zuarbeiten und weiterhin sie glücklich bis nach. Marburg zu
transportieren. Auch eine Reine weiterer Reste nahm ich noch
mit, sodaß ich in der Lage bin, die Beschreibung von Pt.
dunensis wesentlich zu ergänzen. Von der Menge der an Ort
und Stelle vorhandenen Reste gibt die beigegebene Photographie
der knapp: 60 cm langen und ca. 35 cm breiten Platte einen
Begriff, und ich übertreibe wohl nicht, wenn ich sage, daß auf
der Schichtfläche im Steinbruch die Reste von mehr als zwanzig In-
dividuen lagen, die leider fast alle der Verwitterung anheimfallen
mußten. |
Der Horizont, aus welchem die große Platte und die
übrigen beschriebenen Reste stammen, ist der gleiche, wie der
des erwähnten Siegener Stückes. Bensselaeria crassicosta hat
sich öfters in den Brüchen gefunden; mir gelang es, noch einige
leider unbestimmbare Zweischaler aufzufinden, die etwa der Gattung
Oypricardella augehören könnten. Außerdem liegen auf der Platte,
sowie auf anderen Stücken zahlreiche stengelartige Abdrücke
pflanzlicher Natur, die wohl in den Bereich dessen gehören, was
man gewöhnlich als Halıserites Dechenianus bezeichnet. Diese
treten in solcher Menge auf, daß man wohl von einer Haliseriten-
schicht reden könnte. |
So sicher der. Horizont der Siegerländer ' Stücke ist, so un-
‚sicher ist einstweilen leider derjenige der Roemerschen Exemplare.
Das erste Stück!) stammt aus der „Grauwacke von Daun“.
Damit ist es wahrscheinlich, daß, das Stück altunterdevonisch
ist, mehr läßt sich schwerlich über sein Alter sagen. Der zweite
Fund?) stammt aus dem „Tonschiefer von Wassenach am Laacher
!) Palaeontographica 4. S. 72, t. XII.
2) N. Jahrb. f. Min. 1858, :S: 583..
278
See*; am gleichen Stück ließen sich „Abdrücke von Halıserztes
Dechenianus und Fragmente von Terebratula (?) strigiceps* fest-
stellen. Hier liegen also wohl Siegener Schichten vor, die in
der dortigen Gegend weit verbreitet sind. Interessant ist die
Analogie in Bezug auf das Vorkommen zahlreicher Pflanzenreste
mit dem Funde von Hamm.
Im allgemeinen können wir sagen, daß die aus Nordfrankreich
und Belgien beschriebenen Reste älter sind, als die aus dem
Kern des rheinischen Gebirges stammenden Stücke. Denn die
ersten stammen olne Ausnahme aus den Gedinneschichten,
während die anderen, soweit sicher bekannt, in den Siegener
Schichten sich gefunden haben.
Auf der mir vorliegenden Platte sind Reste folgender Panzer-
teile erhalten: Das Rostrum von der dorsalen und ventralen
Seite, die mediane dorsale Platte mit dem ansitzenden langen
Rückenstachel und die ventrale Medianplatte. Außerdem liegt
noch ein schmales langes Stück vor, das ich zwar beschreibe,
über dessen Bedeutung als Seitenstück ich aber vollkommene
Sicherheit nicht erlangt habe. Und endlich glaube ich, noch
eine Anzahl größerer und kleinerer Fragmente der Schuppen-
bekleidung des Schwanzes gefunden zu haben.
Die Art der Erhaltung ist nicht ungünstig. An vielen
Stellen ist der Panzer selbst erhalten und ermöglichte ein
Studium seiner feineren Strukturverhältnisse unter dem Mikroskop;
da wo er fehlt, sind die Abdrücke der äußeren Schale meist
außerordentlich scharf und lassen auf das genaueste den Verlauf
der feinen Linien erkennen, die für die Panzerstücke von Pferaspis
so außerordentlich charakteristisch sind.
Das Rostrum. Das vollständigste auf der Platte oben
etwa in der Mitte belegene Exemplar (Abdruck der Oberseite)
läßt leider keine Präparation der Spitze zu, die sicher im
Gestein enthalten ist, da ich sonst gezwungen wäre, das daneben
liegende dorsale Mittelstück zu zerstören. Außer diesem Abdruck
der Oberseite liegen vor: Die Unterseite des Rostrums in vor-
züglicher Erhaltung, leider aber ebenfalls ohne Spitze (rechts
oben auf der Platte) und eine Reihe von isolierten Bruchstücken.
Das Rostrum ist von außerordentlich schlanker eleganter Form.
Die Länge des größten, zuerst erwähnten Abdruckes beträgt
13 cm, die größte Breite an der Wurzel etwa 3!/s cm. Das
Rostrum ist ein Stück, Ober- und Unterseite sind fest, ohne
Naht verschmolzen. Es war wohl flach gewölbt und ist am
Anfang hohl. Wie weit diese Höhlung nach vorn reicht, war
nicht festzustellen, jedenfalls erreichte sie wohl nicht die Hälfte
der Gesamtlänge. Von da ab ist das Rostrum eine massive,
2.9
erst dickere, nach vorn flacher werdende Spitze, deren größte
Dicke bei etwa 1!/s cm Breite rund 2 mm beträgt. (Dies Maß
ist direkt an einem Bruchstück genommen; ob und wie stark
dies Stück durch den Gebirgsdruck deformiert ist, wurde außer
Acht gelassen.) Unbekannt ist, wie hoch die innere Wölbung des
hohlen Anfanges war; jedenfalls war sie nicht sehr bedeutend,
aber zweifellos vorhanden. Die Dicke der Schale. die nach den
Seitenkanten zu regelmäßig langsam abnimmt, beträgt in der
Mitte, wo sie am stärksten ist, etwa 1 mm. Dorsale und
ventrale Fläche stoßen an den Seiten in einer stumpfen Kante
zusammen. Die Form der Oberseite ist etwa die eines gleich-
schenkligen Dreiecks mit sehr langen Seitenkanten und einer
flach nach außen vorgewölbten Basis. Basis und Seiten stoßen
nieht eckig. sondern gerundet zusammen. In der Mitte besitzt
die Basis einen kleinen sekundären abgerundeten Vorsprung, der
bei 41/2 mm Breite etwa 3 mm lang ist und sich, wie wir sehen
werden, genau in eine entsprechende Bucht am Vorderrande des
Mittelschildes einpaßt. Im großen Ganzen ist der Querschnitt
des Rostrums flach gewölbt; mit der Breite nimmt auch die
Wölbung zu, und an der Ansatzstelle erhält das Rostrum einen
gerundet stumpfwinkligen Querschnitt. Die ganze Oberseite ist
bei nicht ganz !/s der Länge eingeknickt, wodurch sie einen
Eindruck macht, der unwillkürlich an eine Hechtschnauze erinnert.
Auf der Oberseite des Rostrums verlaufen jederseits zwei
schwache Längslinien nahe der höchsten Erhebung, die nach
vorn schwächer werden und sich nahe der Spitze wohl ganz ver-
lieren. Sie münden am Ansatz des Rostrums genau an der
Stelle. wo der erwähnte schmale Vorsprung sich heraushebt.
Eine Reihe weiterer, äußerst schwacher, kaum sichtbarer Längs-
linien schaltet sich nahe der breitesten Stelle des Rostrums ein.
Die eigentliche Skulptur der Oberseite besteht an der Spitze aus
überaus feinen, regelmäßigen Längslinien vom gleichen Charakter,
wie sie die ganze Schale bedecken. Etwa 7 solche Linien
kommen auf 1 mm. Bis zu ca. 5 cm der gesamten Länge des
Rostrums laufen diese Längslinien durchaus parallel miteinander
und mit den Rändern des Rostrums Dann biegen sie sich
plötzlich in der Mitte zusammen, und zwar an der Stelle, wo
die erwähnten Längslinien auftreten; es entsteht ein ganz spitzer,
nach vorn offener Winkel. An der gleichen Stelle etwa fangen
die Streifen an nicht mehr der Längsrichtung parallel zu laufen,
sondern entspringen in ganz spitzem Winkel an den Seitenkanten,
laufen ein Stück gerade nach hinten, biegen dann plötzlich an
den Längslinien um und vereinigen sich zu dem nach vorn
offenen Bogen. Bei 7 cm Abstand von der Spitze ist der rand-
280
liche Teil der Skulptur nur noch sehr kurz; die Streifen biegen
gleich nach innen um, laufen ein kleines Stück quer, biegen
dann nochmals nach hinten, verlaufen‘ zwischen den beiden hier
sehon recht deutlichen Längsstreifen etwa parallel der Mittellinie,
um gleich darauf wieder Querrichtung anzunehmen und sich dann
in flachem Bogen in der Mitte zu vereinigen. Diese Skulptur
wird bis zum Ende beibehalten; sie läuft also durchaus parallel
‘der Basalseite des Rostrums, und zwar entspricht dem zwischen
den beiden Längslinien liegenden mittleren flachen Bogen das
kleine, in der Mitte vorspringende Stück des Randes.
Die Unterseite des Rostrums ist 'ganz flach, ohne irgend
eine merkliche Wölbung. Während seine Seitenkanten natürlich
mit denen der Oberseite zusammenfallen, hat der Hinterrand einen
durchaus verschiedenen Verlauf. Er biegt sich nämlich in großem
Bogen nach vorn, also entgegengesetzt wie der 'Hinterrand der
Oberseite, und zwar so stark, daß die Höhe‘ dieses nach hinten
offenen Bogens in der Mitte bei 3!/e cm Gesamtbreite der Unter-
seite mindestens 2 cm beträgt. Die beiden Hinterecken der
Unterseite sind dadurch recht spitzwinkelig, In der Mitte des
nach vorn gebogenen Hinterrandes findet sich wieder ein
schwacher, lippenartiger Vorsprung nach hinten, ähnlich wie an
der entsprechenden Stelle der Oberseite. Die Skulptur besteht
an der Spitze, genau wie bei der Oberseite aus feinen, parallelen
Längslinien. Späterhin neigen sich die mittleren Streifen ein-
ander zu, bilden einen spitzen Winkel und später einen nach
hinten offenen steilen Bogen. Dieser wird immer flacher und
flacher und erhält: schließlich nahe’ der Ansatzstelle eine leichte
mittlere. Ausbiegung- nach hinten;- die wieder zwischen zwei ganz
leichten‘ Längslinien liegt, welche sich hier-einstellen. An der
Ansatzstelle verläuft die Skulptur der Unterseite ‘ durchaus
parallel dem Rande. Die: Streifen der Oberseite setzen sich
ohne Unterbrechung auf die Unterseite fort.
"Das Mittelstück (Discus) der Dorsalseite ist eine große
hochgewölbte, lang ovale, schildförmige Platte, deren Länge in
‘der Mitte von dem Ansatz des Rostrums bis zum freien Austritt
des Stachels über: 10 cm beträgt, wahrscheinlich aber 12 cm
erreichen konnte. Die größte Breite mag etwa 6!/a cm betragen
haben. ‘Der Vorderrand des: Stückes schließt sich durchaus dem
Hinterrand des Rostrums an. Er beschreibt einen flachen, naclı
vorn offenen Bogen, dessen Mitte noch eine weitere kleine Rück-
biegung im gleichen Sinne zeigt, in welche sich der oben er-
wähnte kleine zungenartige Vorsprung an der Hinterseite des
Rostrums einfügt. Jedoch springt das Mittelstück -an den Seiten
über das Rostrum hinaus. Die Seitenränder des Discus 'habeıı
281
in der Hauptsache durchaus einfache flache Bogenform, ohne
wesentliche Ablenkung bis nahe dem hinteren Ende. Hier sind
die Seiten auf einmal leicht nach innen gebogen und springen
dann wieder kräftig nach außen. Dieser Einbuchtung entspricht
jederseits eine leichte Binsenkung auf dem Schild, die am
Rüäckenstachel entspringt und schräg nach vorn verläuft. Der
Hinterrand des Stückes hatte wahrscheinlich Spitzbogenform, leicht
ausgeschweift und au der Spitze den Rückenstachel umfassend.
Das Mittelstück zeigt mehrere überaus schwache, verwischte
radiale Linien, die etwa an der Ansatzstelle des Stachels ent-
springen und spitzwinkelig zu einander an beiden Seiten der
höchsten Erhebung nach vorn verlaufen. Auf Steinkernen bleiben
sie nur selten sichtbar; ‘meist sind sie so schwach, daß sie nur
auf der Oberfläche hervortreten und eigentlich nur sichtbar
werden durch die ganz leichte Ablenkung, welche die konzen-
trische Skulptur an ihnen jedesmal erfährt. Diese besteht aus
den gleichen überaus feinen Haarlinien, wie. sie bei . der Be-
schreibung des Rostrums geschildert wurden. Die Linien laufen
durchaus parallel dem Rande des ganzen Schildes; sie sind
glatt und zeigen nicht jene Seitenzacken, die Ray LANkESTER
abbildet. Ihr Zentrum ließ sich nicht mit Sicherheit feststellen,
wahrscheinlich aber lag es nicht in. der Mitte des Schildes.
sondern weiter nach hinten, in die Nähe des Stachelansatzes ge-
rückt. Der Panzer, der bis :1!/’e mm stark wird, : scheint sich
nach hinten, nach dem Stachelansatz zu also, noch etwas zu
verdicken; auch. an den beiden leichten, vom Stachelansatz aus-
sehenden Einsenkungen ist eine schwache Verstärkung zu kon-
statieren. A:
Der Rückenstachel selbst liegt in einer kräftigen Grube
des Mittelschildes und wird allseitig von der Panzerschicht des
Schildes umfaßt. Diese Grube ist 3—3!/s cm lang und tief
eingesenkt, sodaß sie auf der Innenseite des Panzers als kräftiger
Kiel hervortritt. Die: Gesamtlänge des Stachels betrug 10 bis
12 cm, wovon 3 auf das Innere des Mittelschildes kommen
würden, während er 7—9 cm lang frei hervorragt. Die gröbte
Dicke des Stachels beträgt etwa 7 mm. Der Querschnitt des
massiven Stachels ist nicht ein Kreis, sondern der Stachel ist
auf der Unterseite abgerundet kielförmig, während die Oberseite
gleichmäßig gewölbt ist; gegen das Ende hin nimmt er an Dicke
allmählich ab und sein Querschnitt nähert sich immer mehr
einem Kreise. Das Ende bildet eine abgerundete Spitze. : Die
Skulptur besteht auf der ganzen Oberseite aus den feinen
Linien, welche die ganze Schale bedecken und parallel laufen,
wahrscheinlich bis zum Ansatz des Stachels. Auf den Seiten
282
des Stachels aber biegen sie sich leicht nach unten um und
vereinigen sich auf dem geschilderten Kiel in einem am Ende
sehr spitzen, nach der Ansatzstelle zu immer stumpfer werdenden
Winkel. Dieser Winkel wird sich beim Austritt des Stachels
aus dem Mittelstück wohl vollkommen demjenigen anschließen,
den die Spitzbogenendigung des Mittelschildes selbst beschreibt.
Das Bauchschild unterscheidet sich von dem mittleren
Rückenschild sofort dadurch, daß es vorne nicht schon in
erheblicher Breite beginnt, und vor allem dadurch, daß seine
Umrandung keine wesentliche Ablenkung erfährt. Seine vordere
Begrenzung ist leider an keinem Stück vollständig erhalten; so
kann ich nur sagen, daß die Gesamtform des ovalen Stückes
nach vorn sich zuzuspitzen scheint, um in einer breiten Rundung
zu endigen, die sich durchaus der hinteren Bucht der Ventral-
seite des Rostrums anschließen dürfte. Es ist mir leider trotz
aller Mühe nicht gelungen, über diesen Punkt Klarheit zu be-
kommen, sodaß ich über die Stelle, wo wohl die Mundöffnung
anzunehmen ist, im Unklaren geblieben bin. In hoher Wölbung
und regelmäßig ovaler Begrenzung bildet das Bauchschild im
übrigen ein am Ende breit gerundetes Stück ohne Spur einer
Ausbuchtung oder gar eines Stachelansatzes am Hinterrand.
Einige radiale schwache Linien, ganz ähnlich denen des Rücken-
schildes aussehend, entspringen etwa in der Mitte der Bauch-
platte, verlaufen aber, falls Vorder- und Hinterende dieses
Stückes richtig gedeutet sind, gerade umgekehrt, wie die des
Dorsalstückes, indem sie nach hinten divergieren. Es wäre dies
ein höchst auffallender Charakter, und so ist es wohl denkbar,
daß Vorder- und Hinterende der Bauchplatte verwechselt wurden.
Darüber können aber nur Exemplare, bei denen alle Panzer-
stücke sich in situ befinden, Klarheit geben. Im übrigen gleicht
die Skulptur durchaus derjenigen der übrigen Panzerstücke.
Daß zwei so verschiedenartig gestaltete Panzerplatten nicht
direkt zusammenstoßen können, ist klar. Und es sind auch
schon von vielen Autoren Seitenplatten beschrieben worden, die
eine Verbindung der beiden darstellen sollen. Meist hat man
jederseits zwei derartige Platten angenommen, und auch die neueste
Rekonstruktion von LErIcHE!) zeigt je eine vordere Orbitalplatte
(die das Sehorgan beherbergen soll) und je ein hinteres schmales
Seitenstück. Diese beiden Platten festzustellen, ist mir mit
Sicherheit nicht gelungen, besonders kann ich keins der zahl-
reichen Bruchstücke als Orbitalplatte deuten, während ich ein
schmales langes Stück, das unten näher beschrieben ist, als
Mama: 20 ED RS,
2883
Seitenplatte auffassen zu dürfen glaube. Das Stück, welches
auf der großen Platte rechts unten liegt, ist leider nur unvoll-
kommen erhalten, indem die ganze mittlere Partie zerbrochen ist.
Es ist lang trapezförmig, an dem einen Ende spitzer als am
anderen. Die Maße sind: Die parallelen Längskanten 7 und
41/8 cm, Breite 1 cm, Querseiten 1,8 und 1,2 cm. Die Ecken
sind sämtlich leicht gerundet. Von der spitzeren Ecke aus ver-
läuft ein überaus schwacher Kiel nach der Mitte der gegenüber-
liegenden kurzen Kante. Die Skulptur besteht aus genau den-
selben haarförmigen Linien, wie die des ganzen Panzers; sie
verlaufen den Seiten des spitzen Winkels parallel, den die
längste Längskante mit der längsten. Querseite einschließt,
schließen aber, je weiter sie sich von hier entfernen, einen desto
spitzeren Winkel ein. Es ist wohl wahrscheinlich, daß dies
Stück als eine der Seitenplatten zu betrachten ist; wie seine
Lage war, ist mir unbekannt.
Einen Rekonstruktionsversuch des ganzen Fisches halte ich
für gewagt und vor allem für nutzlos, da mir die wichtigen
Orbitalplatten fehlen. Einige weitere kleine Panzerstücke sind
zu rudimentär, als daß sie eine Beschreibung oder den Versuch,
sie zu deuten, lohnen würden.
Dagegen ist von hohem Interesse, daß schuppenartige
Körper sich gefunden haben, die wahrscheinlich den Schwanz
bedeckten. Ob zwei größere Stücke wirklich als Schuppen zu
deuten sind, ist mir nicht sicher geworden. Es sind 2 Rhomben
von etwa 6 mm Länge und Breite, die dicht nebeneinander
liegen und anscheinend zusammengehört haben, deren Skulptur
aber leider nicht gut erhalten ist. Nur so viel läßt sich sagen,
daß sie aus feinen konzentrischen Linien bestanden zu haben
scheint. Nicht weit davon liegt eine einzelne Platte von 1 cm
Länge und etwa 4 mm Breite, am einen Ende zugespitzt, am
anderen stark verbreitert, und bedeckt mit den echten Skulptur-
linien der Pteraspisplatten, die dem Rand parallel das ganze
Stück konzentrisch bedecken. Auch dieses Stück könnte eine
Schuppe sein. — Viel wahrscheinlicher aber ist dies von
winzigen, polygonalen, dicht aneinander gepreßten Platten, die
mir in mehreren größeren Fetzen vorliegen. Es sind lang-
gestreckte, meist sechseckige Plättchen, deren Länge etwa
1 mm, deren Breite aber nur 1/s—!/s mm beträgt. Sie
sind in der Längsrichtung alternierend angeordnet, während sie in
der Quere dicht aneinander gepreßt stehen. Jedoch kommen
auch wesentlich kürzere Plättchen vor. Außerdem finden sich
stellenweise in Verbindung mit diesen Plättchen größere Stücke,
die mit groben, unregelmäßigen Runzelstrichen bedeckt sind.
284
Ich glaube alle diese meist kleinen Stücke als Reste einer
‚Schuppenbekleidung deuten zu’ dürfen, die wohl besonders oder
vielleicht auch ausschließlich den Schwanz bedeckte.
Diese Schuppen weichen sehr wesentlich ab von denen, die
Ray Lankester!) abgebildet hat. Schon die bedeutende Größe
und die regelmäßige Form dieser letzten läßt eine Vergleichung
nicht zu. Immerhin aber ist wohl der Gedanke nicht ausge-
schlossen, daß der Anfang des Schwanzes mit großen rhombischen
Schuppen bedeckt war, während. sie nach hinten immer kleiner
wurden und die Gestalt annahmen, die oben beschrieben wurde.
Aus der makroskopischen Beschreibung ist leicht zu er-
sehen, daß Pferaspis dunensis sich in seiner allgemeinen Form
‘durchaus den echten Pterasprs-Arten anschließt. Er unterscheidet
sich schon durch seine schlanke, elegante Form, seine Größe
und sein extrem verlängsertes Rostrum leicht von den bekannten
Arten. Noch mehr tritt seine spezifische Selbständigkeit hervor,
wenn man beachtet, mit wie breiter Basis das Rostrum an das
Mittelstück anstößt. Bei allen genauer bekannten Arten be-
rühren sich beide Stücke nur an einer verhältnismäßig kurzen
Strecke, während sich seitlich die Orbitalplatten spitzwinkelig
dazwischenschieben. Dieser Unterschied: allein würde genügen,
um .Pteraspis dunensts F. Rorm. sp. eine spezifische Selb-
ständigkeit zu sichern. Die ganze Literatur. über unsere. Art,
deren Ventralplatte von ROoEMER- zuerst für den Schulp’ eines
nackten Cephalopoden unter dem Namen .Palaeoteuthis (dann
‚Archaeoteuthis) beschrieben wurde, bis Huxrey das zweite
Eifeler Stück in. die Hand bekam und sofort als zu Pleraspis
gehörig erkannte, möchte ich‘ nicht nochmals durchsprechen.
Das Zırrevsche Handbuch ?) gibt alle wichtige ältere Literatur
an. Auch der langjährige Streit, ob Pferaspis und Scaphaspis
als verschiedene Genera oder als zusammengehörige Dorsal- und
Ventralseiten aufzufassen seien, ist wohl durch die Arbeiten von
Kunrn, Fr. Scumipr und Ar. Avın?) als zugunsten der letzten
Ansicht entschieden anzusehen.
Schwieriger ist die Stellung der Blekispiden im ol
System. . Iclı bemerke zunächst, daß die flachen Eindrücke von
6 Visceralbögen, die JaekeL*) beobachtet hat, an meinem ‚Material
nicht erhalten sind. Ebensowenig habe ich das unpaare Scheitel-
loch feststellen können, das von mehreren Autoren am hinteren
Ende des Rostrums gesehen wurde. Jedoch vermute ich, dab
1) Balz Soc. +1868, 21. Vomt. 1, 825,28:
2\ 3. 8. 144.
n ZITTEL a. a. 0. $. 144 u. 14.
*) Sitz.-Ber. 'Ges. natürf. Fr. Berlin, No. 5,1902, S. 104.
285 .
*
dies an der Stelle sich befindet, wo der schmale, zungenartige
Vorsprung des Rostrums nach hinten in das dorsale Mittelschild
eingreift, sodaß also, wie JARKEL meint, das Scheitelloch von
einer dünnen Schicht des Hautskelets überdeckt wurde. Die
vermeintliche Auffindung von paarigen Flossen durch CrLAyProre'!)
ist durch nichts bestätigt worden, und JAEKEL?) sowohl wie
BAsSHFORD DEAN’) und Traquaır*) haben mit vollem Recht aus-
gesprochen, daß die beobachteten vermeintlichen Flossen wohl
nicht als solche aufzufassen sind.
Daß die Pteraspiden als eine besondere Ordnung aufzu-
fassen sind, wie dies besonders durch ZırrkL geschah, halte ich
für richtig. Das Hautskelet weist mit keiner bekannten Gattung
größere Analogien auf, sodaß eine nähere Verwandtschaft einst-
weilen wohl nirgends zu konstatieren ist. Traquaır?) glaubte
eine solche mit Drepanaspis annehmen zu sollen. Obwohl die
Lage der Platten eine gewisse Ähnlichkeit nicht verkennen läßt,
vermag ich doch nicht mich mit diesem Gedanken zu befreunden.
Die Einschaltung zahlreicher polygonaler Platten auf der Dorsal-
und Ventralseite, die gänzlich abweichende Skulptur und viele
andere Unterschiede sind m. E. zu einschneidender Natur, als
daß sie eine nähere Verwandtschaft zulassen könnten.
Es ist daher sehr erfreulich, daß die mikroskopische Unter-
suchung des Panzers erlaubt, den ganz sicheren Schluß zu
ziehen, daß Pferaspis mit echten Ganoiden, wie Osteolepıs,
Glyptolepis ete. verwandtschaftliche Beziehungen besitzt. Dies
war schon durch die Beschreibungen wahrscheinlich geworden,
welche von englischen (HuxLeyY, LANKESTER), podolischen (be-
sonders ALtH) und russischen (PAnDER, ScHMmiDTr, RoHon)
Exemplaren bekannt wurden und die neuerdings LeRICHE be-
stätigen konnte. Auch mein Material gestattete die Anfertigung
einer Anzahl von Dünnschliffen, deren Untersuchung eine noch
nähere Verwandtschaft der Pteraspiden mit den genannten
Ganoidfischen beweist, als sie bisher angenommen werden konnte.
Schon unter der Lupe erkennt man deutlich, dal das Haut-
skelet in drei Lagen zerfällt, eine innere, die aus zahlreichen
feinen horizontalen Schichten zu bestehen scheint, eine mittlere,
die einen löcherig-porösen Eindruck macht, und eine äußere,
wesentlich glatte Deckschicht, welche die Skulptur der Oberfläche
trägt (Taf. XX, Fig. 1). Die innere Schicht, die man mit
!) Quart. Journ. Geol. Soc. 1892, 48. S. 560 etc.
2) N. Jahrb. f. Min. 1894, 2. S. 466.
>) Fishes, Living and fossil, S. 71.
*) Transact. Roy. Soc. Edinburgh, 39. S. 853.
°) Ebenda 39. S. 825 ff., 40. S. 731.
2236
PAnper und Zırren als Isopedinschicht bezeichnen kann,
nimmt stellenweise die halbe Dicke des Hautskelets ein, bleibt
aber meist dünner und geht selten über !/s der Gesamtdicke
hinaus. Bei stärkerer Vergrößerung erkennt man nun sehr bald,
dal» die horizontale Schichtung dadurch hervorgebracht wird, dab
in einer homogenen Grundmasse sich Knochenkörperchen in
großer Masse und parallelen Lagen finden. Sie sind auch im
Dünnschliff schwarz und heben sich so von der bräunlich bis
gelblich aussehenden Substanz scharf ab. Da natürlich .der
Schliff immer nur einen Teil des Knochenkörperchens trifft, so
ist eine bildliche Darstellung sehr schwer, wenn man sie nicht
so schematisch gestalten will, wie dies PAxder getan hat.
Jedenfalls ist die Existenz der Knochenkörperchen in dieser
Isopedinschicht mit Sicherheit nachgewiesen, und ich glaube, die
Photographie Taf. XXI, Fig. 2 gibt ein ungefähres Bild dessen.
was unter dem Mikroskop viel deutlicher erscheint, weil durch
ein vertikales Verschieben des Objekts der Zusammenhang der
Körperchen viel klarer hervortritt. Die Knochenkörperchen sind
in genau der gleichen Weise aneinander gereiht, wie dies bei
Östeolepes in der Isopedinschicht der Fall ist. Sie sind teils
lang gezogen, teils kurz, je nach ihrer Orientierung zur Schliff-
fläche, und manche treten sogar nur als ein Haufwerk von
winzigen Punkten hervor. Es ist zu betonen, dab die Isopedin-
schicht nicht etwa aus Lamellen sich aufbaut, wie dies nach
Ray LaAnKesters Abbildung scheinen möchte, welche auch von
ZiTTEL reproduziert wurde.
Die darüber folgende mittlere Schicht hat den bekannten
srobzelligen Charakter, der schon von zahlreichen Autoren ab-
gebildet wurde. Aber es sind nicht etwa prismatische Hohl-
räume, wie HuxLey annahm und dies mehrfach bestätigt wurde.
sondern es ist ein Haufwerk aus weiten Kanälen, die alle mit-
einander unregelmäßig verbunden sind, die auf der Isopedin-
schicht mit weiter Mündung beginnen und sich nach oben ver-
ästeln und verengen. Die Zwischenmasse ist ziemlich homogen; sie
enthält zwar auch dunklere und hellere Partien, jedoch waren
zweifellose Knochenkörperchen nicht zu erkennen. Diese Schicht
entspricht nach ihrem ganzen Habitus durchaus der mittleren
sog. Knochenschicht mit den Haversischen Kanälen bei den
echten Ganoidfischen, und ich stehe nicht an, die vielen Hohl-
räume direkt als Haversische Kanäle zu bezeichnen. Die
mittlere Lage ist gegen die darunterliegende Isopedinschicht
scharf abgesetzt; keiner der Kanäle besitzt eine Fortsetzung
nach unten. Im Abdruck ergeben die Mündungen der Kanäle,
resp. die dünnen Wandungen dazwischen die bekannten, unregel-
287
mäßigen aneinandergedrängten Prismen, die schon vor langer
Zeit beschrieben wurden.
Zwischen der mittleren und äußeren Schicht (Taf. XX,
Fig. 1) des Hautskelets ist eine scharfe Grenze nicht vorhanden.
Die Haversischen Kanäle münden nach oben hin in ein Haufwerk
von immer dünner werdenden Röhren, die den ganzen inneren
Teil der äußeren Schicht durchsetzen. Die feinen Linien, die
auf der Oberfläche des Panzers verlaufen, sind die Mündungen
von teinen, längs der Oberfläche verlaufenden, sich nach oben
verengenden Kanälen von birnförmigem Querschnitt. Die Aus-
läufer der Haversischen Kanäle münden z. T. in diese feinen
Längsröhren ein; man kaun dies auf den Schliffen an mehreren
Stellen ganz deutlich sehen. Der zwischen den Längsröhrchen
gelegene Teil ist an seiner Oberfläche von einer deutlichen
Schmelzschicht bedeckt, in welche zahlreiche feine Dentinröhrchen
münden. Daß die äußerste, unter dem Mikroskop homogene
Schicht wirklich Schmelz und nicht die schmelzartige Substanz
ist, die bei den ÜOephalaspiden und anderen Formen diesen ver-
tritt, geht m. E. schon aus der überraschend großen Ähnlichkeit
hervor, welche zwischen den Schnitten durch den Pteraspiden-
panzer und die Schuppen beispielsweise von Osteoleprs vorhanden
ist. Der Schmelz ist nur selten erhalten und zwar nur da, wo
dichtes Gestein das Hautskelet vor der angreifenden Wirkung
der Atmosphärilien bewahrte. Lag der Panzer längere Zeit frei,
so ist der Schmelz stets zerstört, und so ist es zu erklären, daß
sein Vorhandensein früheren Bearbeitern entgangen ist. Die darunter-
liegende, von Dentinröhrchen dicht durchwebte Schicht ist etwas
dicker als der eigentliche Schmelz, man kann häufig feine Ver-
zweigungen der feinen Röhrchen beobachten. In den unter
dieser Schicht liegenden Hauptteil der äußersten Lage münden
die Endigungen der Haversischen Kanäle in großer Zahl ein.
SCHMIDT glaubte, in der äußeren, direkt unter dem Schmelz
liegenden Schicht Knochenkörperchen nachweisen zu - können.
Dies beruht, wie ich durch mehrere Schliffe (Taf. XXI, Fig. 1)
feststellen konnte, auf einem Irrtum. Die zahlreichen, recht
großen, zwischen den Kanälen der Oberfläche liegenden ver-
ästelten dunklen Körperchen sind nichts als Querschnitte durch
die Endigungen und Verzweigungen der Dentinröhrchen. Für
Knochenkörperchen sind sie viel zu groß.
Es ist durch die vorhergegangene Beschreibung walırschein-
lich geworden, daß die Gattung Pferaspis sich nur wenig an die
Cephalaspiden und Placodermen anschließt, daß sie vielmehr deut-
liche verwandtschaftliche Beziehungen zu den echten Ganoiden
und darunter besonders zu Osteolepes aufweist. Näher möchte
288
ich mich nicht über diese Frage aussprechen, denn dazu sind
wir einmal über den Gesamtbau von Pferaspis zu wenig unter-
richtet, andererseits aber ist der Abstand der beiden genannten
Gattungen auch ein zu großer, um eine direkte Abstammung
annehmen zu können,
Schnitte durch den Rückenstachel zeigen, daß derselbe
aus Knochensubstanz besteht. Er ist von zahlreichen unregel-
mäßigen Längskanälen durchzogen, die untereinander unregel-
mäßig verbunden sind. Seine Oberfläche war ebenfalls von der
Schmelzschicht überzogen, wie dies bei dem ganzen Panzer der
Fall ist. Den gleichen inneren Bau lassen Querschliffe durch
das Rostrum (Taf. XX, Fig. 2, 3) deutlich erkennen. Auch
hier wird das Innere von der Knochenschicht gebildet; außen
findet sich genau die gleiche, von Längskanälen durchzogene
OÖberflächenschicht. Die Isopedinschicht hatte an der Zusammen-
setzung des vorderen massiven Teiles des Rostrums ebensowenig
Anteil, wie an dem Aufbau des Rückenstachels. Daß ich zu
der detaillierten Zeichnung (Taf. XX, Fig. 3) eines Schnittes
durch die Oberfläche gerade einen solchen durch das Rostrum
gewählt habe, liest einzig und allein daran, daß bei diesem die
Oberfläche noch im Gestein verborgen und deshalb vorzüglich
erhalten war.
An der Hand der neuerdings sich stark vermehrenden
Funde von Pieraspss in echt marinen altunterdevonischen
Schichten (Belgien, Frankreich, Deutschland, England!) dürfte
auch die Frage der Natur der Oldredfacies eine Förderung er-
fahren. Daß der Oldredsandstein keine marine Ablagerung ist,
steht seit längerer Zeit fest; man nahm vielmehr an, daß auf
einem gewaltigen nordischen Festland starke Ströme ihr Material
in großen Binnenseen ablagerten, in denen die eigenartige Tier-
welt des Oldred lebte. Als nur vereinzelte Funde von Oldred-
Fischen im marinen Devon bekannt waren, da war man geneigt,
von einer „Verschleppung“ zu sprechen. Davon kann eigentlich
nicht mehr die Rede sein, seitdem an so vielen Punkten Ptera-
spiden mit echten Meeresformen zusammen bekannt geworden
sind. Auch die Süßwassernatur der Oldredseen erleidet einen
harten Stoß. Vielleicht ist die Annahme gerechtfertigt, daß die
Heimat der Pteraspiden das Obersilurmeer Nordwesteuropas war,
daß sie im südlicheren Unterdevonmeer ruhig fortlebten, während
sie in den gewaltigen, vom Meere sich durch eine Hebung des
Nordkontinentes abtrennenden Salzseen ebenso zusagende Lebens-
bedingungen fanden. Inwiefern die Annahme eines Wüsten-
!) H. WOODWARD, Geol. Mag. (4), 10. 1903, S. 31.
289
klimas auf diesen Nordkontinent Geltung hatte, ist noch nicht
genügend bekannt; jedenfalls spricht das Vorkommen eines
echten Lungenfisches und die petrographische Natur des Oldred
durchaus für diese Ansicht.
Es ist zu hoffen, daß weitere glückliche Funde uns bald
mehr Aufklärung schaffen über die Natur dieser uralten marinen
Fische, deren genaue Kenntnis Vorbedingung ist für Spekulationen
über die Abstammung des Vertebratenstammes überhaupt, für die
uns einstweilen jegliche Anhaltspunkte fehlen.
Für die Ausführung der beigegebenen Mikrophotographien bin ich
Herrn Dr. Tönnıges, 1. Assistenten am hiesigen zoologischen Institut,
sehr zu Dank verpflichtet, für das Bild der ganzen Platte Herrn
Privatdozenten Dr. A. SchwAntke. Die Zeichnungen habe ich
selbst im hiesigen zoologischen Institut mit dem Age schen Zeichen-
prisma ausgeführt, da sich diese Schliffe wegen der Brüchigkeit des
Materials nicht: dünn genug herstellen ließen, um eine Photo-
graphie zu ermöglichen. Ich bemerke ausdrücklich, daß ich mit
Absicht nicht schematisiert habe, um ein möglichst naturgetreues
Bild zu liefern.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 1904. 19
290
12. Diluviale Wirbeltier-Reste aus einer
Schlote des Seveckenberges bei Quedlinburg.
Von Herrn A. NEHRING in Berlin Y.
Hierzu Taf. XXI.
Die nachfolgend besprochenen diluvialen Wirbeltier-Reste
sind von Herrn Rektor Dr. Lampr zu Quedlinburg in der Aus-
füllungsmasse einer sog. Schlote des Seveckenberges bei Qued-
linburg während des Herbstes 1903 und bei verschiedenen Durch-
suchungen des betr. Ablagerungsmaterials im Winter 19053 —4
gesammelt worden. Anfangs hatte auch Herr Cand. rer. nat.
Brannes von der paläontologischen Abteilung des hiesigen Museums
für Naturkunde einen gewissen Anteil an der Sache.
Der Seveckenberg und seine diluvialen Spaltausfüllungen
sind einst von GIEBEL genauer beschrieben worden, namentlich
iin Jahresbericht des Naturwissenschaftl. Vereins in Halle.!)
Danach ist jener Berg etwa 700 Fuß hoch, langgestreckt, „mit
flachwelliger Oberfläche, am nördlichen Abfalle aus steil aufge-
richteten Schichten des Muschelkalks, am südlichen aus bunten
Mergeln des Keupers bestehend, und beide durch eine ‚den Kamm
bildende stockförmige Gipsmasse getrennt“. Dieser Gipsstock,
der einst durch viele Steinbrüche aufgeschlossen wurde, hat eine
durch hervorragende Zacken, aufliegende Bänke und tief ein-
dringende Klüfte sehr unregelmäßige Oberfläche. Die oben er-
wähnte Schlote, der Fundort der Lamr&schen Fossilien, hatte
die Form eines im allgemeinen aufrecht verlaufenden Schornsteins.
Die Ausfüllungsmasse bestand aus einem grauen, kalkreichen
Mergel, welcher nicht selten kleine, eckige Steine aus der un-
mittelbaren Nachbarschaft enthielt. Ich selbst konnte Proben
dieses Mergels, welche an den fossilen Knochen hafteten,
beobachten.
Die horizontale Aufeinanderfolge der unten beschriebenen
Species konnte leider nicht sicher beobachtet werden. In der
Hauptsache handelt es sich aber um eine Steppenfauna von
dem Charakter der heute in Ostrußland und Südwest-Sibirien
lebenden. In diese mischen sich manche arktische Vertreter
ı) 3. Jahrg., 1850, erschienen Berlin 1851, S. 15 ff.
2a!
hinein, hauptsächlich das Renntier, grade so, wie in den von mir
einst beschriebenen Ablagerungen der Gipsbrüche des benachbarten
Westeregeln. |
Besonders interessant erscheint noch der Umstand, daß
mehrere Objekte gefunden wurden (drei liegen mir vor), welche
offenbar von Menschenhand bearbeitet sind. Die mir vorliegenden
sind: ein flaches, unvollständiges Feuersteinmesser und zweiKnochen,
unter denen besonders der zugespitzte, mittlere Teil eines Kqwus-
Unterarms (Radius und Ulna) bemerkenswert erscheint. Es sollen
auch noch einige andere ähnliche Objekte gefunden sein.)
Die nachfolgend beschriebenen Species beginnen mit den be-
sonders wichtigen Nagern.
Alactaga saliens foss. Nur.
Taf. XXIII Fig. 1—6.
Von diesem charakteristischen Steppen-Nager, dessen Osteo-
logie ich im Neuen Jahrb. f. Mineral.?) ausführlich beschrieben
habe, liegen mir aus den Lampeschen Funden eine Anzahl der
hinteren Extremitätenknochen vor. Es sind 7 Tibien, z. T. voll-
ständig erhalten, 2 Femora, 4 Beckenhälften, 4 Hauptmetatarsi,
1 Metatarsus einer Afterzehe, außerdem der vorderste eines
rechten Unterkiefers.
Die 7 Tibien (4 linke, 3 rechte) gehören durchweg er-
wachsenen Tieren an, doch fehlt einigen die spät verwachsende,
obere Epiphyse. Unter den letzteren ist ein auffallend starkes
Exemplar von 74 mm Länge; ein anderes mißt nur 70 mm,
Ein drittes, mit oberer Epiphyse mißt 71,5 mm.
Hinsichtlich der Form und Größe stimmen diese Tibien
ganz mit den von mir?) beschriebenen und Taf. II, Fig. 5, 6,
6a, 6b, 7a und 7b abgebildeten Exemplaren, die ich bei
Westeregeln ausgegraben habe, überein. *)
Merkwürdigerweise hat Herr Dr. Lampe nur 2 Alactaga-
Femora gefunden, 1 ad. und 1 jun., während ich bei Wester-
egeln 31 Exemplare dieses Knochens (neben 20 Tibiae) sammeln
konnte. Den beiden Exemplaren vom Seveckenberge fehlt der
untere Gelenkteil; sie entsprechen übrigens meinen Abbildungen).
Sehr charakteristisch ist für die Springmäuse bekanntlich
der von mir als „Hauptmetatarsus“ bezeichnete, an den Tarso-
!) Die Einleitung beschränkt sich auf das Notwendigste, da der
Verf. nicht wohl ist.
2) 1898, 2. S. 1-38 nebst t. Tu. 1.
ara a. 0:
*) Vergl. auch unsere f. 1 u. 2.
Bnara 0... 2 2, 23 u 3.
19*
232
Metatarsus der Vögel erinnernde Hüftknochen, welcher aus der
Verwachsung von Metatarsus 2, 3 und 4 hervorgeht.!) Herr
Dr. Lampe fand 4 Exemplare, alle lädiert, doch sicher be-
stimmbar; das eine Exemplar fast vollständig.
Von den stark verkümmerten Metatarsen der Afterzehen °)
liegt nur ein lädiertes Exemplar vor.
Das Alactaga-Becken ist durch 4 Hälften vertreten, von
denen eine ziemlich vollständig erhalten ist.°)
Über das oben erwähnte Unterkiefer-Fragment ist nichts
Besonderes zu sagen, da es nur den verdersten Teil des Kiefers
(vor den Molaren) bildet.
Bisher war vom Seveckenberge an Alactaga-Resten nur ein
mangelhaft erhaltenes, juveniles Femur bekannt, das ich zuerst
1880 als solches im Paläontol. Museum der hiesigen Universität
erkannt habe.*) Um so bemerkenswerter erscheinen die neuen
Funde.
Spermophrlus rufescens Keys. u. BLas.
Diese interessante Ziesel-Art, welche zuerst 1847 vom
Seveckenberge in einer Unterkieferhälfte als „Sciurus priscus*
durch GIEBEL beschrieben, später 1856 durch Dr. Hexser als
zu Spermophilus gehörig nachgewiesen wurde, ist unter den
Lamreschen Funden relativ zahlreich vertreten. Vor mir liegen:
der mittlere Teil eines Oberschädels mit den beiden Backenzahn-
reihen, ein zugehöriger rechter Unterkiefer mit allen 4 Backen-
zähnen, ferner 6 andere, rechte Unterkiefer (meist lädiert, aber
sicher bestimmbar), 4 linke Humeri (läd.), 3 rechte und 3 linke
Ulnae, 2 Radii, 6 linke und 5 rechte Beckenhälften, 7 rechte
und 3 linke Femora, 4 linke Tibiae. Hiernach sind 7 Exem-
plare (teils ad., teils jun.) sicher nachweisbar..
Ist dieses Material auch nicht so reichhaltig, wie das von
mir bei Westeregeln ausgegrabene oder dasjenige, welches ich
von Aussig und Türmitz in Nordböhmen durch Herrn F. SEEHARS
für unsere Sammlung erworben habe, so ist es doch relativ
reichhaltig. |
Daß es sich um die über mittelgroße Ziesel- Art handelt,
welche von mir zunächst als Sp. altawcus foss. beschrieben,
später von meinem Freunde Wırk. Brasıus mit Sp. rufescens
Krys. u. Bras. identifiziert worden ist, ergibt sich teils aus
den Form-, teils aus den Größenverhältnissen. Die Superciliar-
1) Siehe a. a. O0. t. IL, f. 8, 8a u. 8b.
2.8: 0:8..1,.4.10 Ne:
>), Merel a. 0 13H 2%
*) Vergl. Diese Zeitschr. 1880 .S. 475.
295
ränder treten bei erwachsenen Schädeln wulstig hervor, oder
umgekehrt ausgedrückt: die Mitte der Stirnbeine erscheint ver-
tieft gegenüber den oberen Augenhöhlenrändern. Dieses zeigt
sich auch deutlich an dem vorliegenden Schädel vom Sevecken-
berge. Ebenso harmonieren die Form und die Größe der
Backenzähne mit der oben bezeichneten Art.!) Der Prämolar
des Unterkiefers ist dreiwurzelig; der vordere Prämolar des
Oberkiefers ist relativ stark entwickelt und steht auffallend senk-
recht, im Vergleich zu Spermophdlus citillus.
Dimensionen: Länge der oberen Backenzahnreihe 11,5, der
unteren 10,3, des oberen Diastema 13,9, Breite des Gaumens
zwischen den vorderen Prämolaren 9, zwischen den letzten
Molaren 6,9, geringste Interorbitalbreite 10, senkrechte Höhe
vom Gaumen bis zur Mitte der Stirn 17,5 mm.
Da auch der rechte Zwischenkiefer erhalten ist, kann man
auch die relativ kurze, seitlich geschweifte, nach vorn deutlich
verbreiterte Form der Nasalia erkennen. ?) — Die erhaltenen
Teile des Quedlinburger Oberschädels lassen auf eine Basilar-
länge von ca. 44 mm schließen. Unsere 3 vollständigen fossilen
Spermophilus-Schädel von Aussig zeigen eine Basilarlänge von
44—46 mm, unsere 4 recenten Schädel des Sp. rufescens eine
solche von 44,5—46,5 mm. — Sp. citillus bleibt hinter diesen
Dimensionen wesentlich zurück. |
Unter den vereinzelten Unterkiefern vom Seveckenberge
zeigt einer eine „Condylarlänge* von 32, eine Backenzahnreihe
von 10,3 mm.
Unter den Extremitätenknochen sind nur wenige, welche
eine vollständige Messung gestatten; doch sieht man an den er-
wachsenen Stücken deutlich, daß die erhaltenen Teile in ihren
Dimensionen den betreffenden Skeletteilen von Sp. rufescens nahe
stehen.
So z.B. zeigt eine fossile Beckenhälfte, welche annähernd aus-
gewachsen ist, eine Hüft-Sitzbein-Länge von 42,2, unser recentes
Exemplar des Sp. rufescens aus Kasan von 42,5 mm; dagegen
bei Sp. cetdllus ad. nur ca. 34 mm. — Ein fossiles Femur vom
Seveckenberge, dem noch die untere (unverwachsene) Epiphyse
fehlt, mißt in der Länge 40,3 mm, bei einer oberen queren
Breite von 10. Einige ältere fossile Femora haben eine obere
quere Breite von 11. Eine vollständige fossile Tibia, deren
obere Epiphyse aber noch nicht völlig verwachsen ist, zeigt eine
!) Siehe meine Abbildungen in d. Zeitschr. f. d. ges. Naturw.,
1816,48. t. Il, f>1:u. 2.
?) Vergl. meine f. 1a a. a. O.
294
Länge von 41, eine obere quere Breite von 8,2 mm.!)
Eine fossile Ulna vom Seveckenberge (ohne unt. Epiphyx)
mißt 38,5 mm.
Hystrix sp. (hürsutirostris BRDT?)
Eine Stachelschwein-Spezies ist durch den oberen Teil eines
juvenilen Femurs angedeutet. Derselbe hat eine quere obere
Breite von 23 mm, ohne Epiphysen. Trotz eifrigsten Nachsuchens
hat Herr Dr. Lampe von dieser interessanten Art nichts weiter
finden können. Immerhin ist schon diese schwache Andeutung
von wesentlichem Interesse.
Unsere Sammlung besitzt einen Unterkiefer (mit allen 4
Backzähnen), ein größeres Oberkiefer-Stück (mit dem Prämolar)
und 3 KNagezähne des diluvialen Stachelschweins, welche Herr
Rück im Dürr-Loch bei Regenstauf (bayr. Oberpfalz) ausgegraben
hat. Ich selbst besitze eine vollständige, erwachsene Ulna aus
der HorscHns Höhle in bayr. Oberfranken.
Lagomys sp. (pusilus PaLL.?)
Eine kleine Pfeifhasen-Spezies ist durch den mittleren
(charakteristischen) Teil einer Backenhälfte angedeutet. Bei
Westeregeln fand ich den ganzen Oberschädel, 1 Unterkiefer,
1 Beckenhälfte, 1 Femur und 1 Tibia eines ausgewachsenen
Exemplars von Lagomys pusilus (jetzt in der hiesigen Geolog.
Landesanstalt). Ich schließe aus diesem Vorkommen bei Westeregeln
und dem Hauptcharakter der vorliegenden Fauna, daß die erst
erwähnte Beckenhälfte von Z. pusellus herrührt.
Lepus sp. (timidus ant.?)
Eine Hasen-Spezies ist durch einen Radius, dessen oberes
Drittel fehlt, 2 Calcanei und 3 Metatarsi angedeutet.
Oricetus vulgarıs L&skk.
Vom gemeinen Hamster liegt mir. nur ein ÖOcciput vor;
sein Fossilitätszustand läßt es etwas jünger als die oben erwähnten
Objekte erscheinen.
Arvicola (Microtus) gregalis PALL.
Die von mir vielfach aus mitteleuropäischen Diluvialablage-
rungen nachgewiesene, sibirische Zwiebelmaus ist unter den
Lampeschen Funden nur durch eine rechte Oberkieferhälfte,
enthaltend m 1 und m 2, vertreten. Ob von den Extremitäten-
Knochen einige hierher gehören, ist schwer zu sagen.
!) Vergl. meine Messungstabelle in der GIEBELSchen Zeitschr.,
1876, 2. S. 219.
295
Myodes (Cuniculus) torquatus PALL.
Diese interessante Lemmings-Spezies, welche zuerst 1885 vom
Seveckenberge zusammen mit der folgenden Art, im fossilen
Zustande durch Reınn. HenseL exakt nachgewiesen und 1875
durch mich und andere Forscher an vielen mitteleuropäischen
Fundorten durch guterhaltene Fossilreste festgestellt ist, wird
unter den Lampeschen Funden durch eine (l.) Unterkieferhälfte
(enth. m 1 und m 2) und durch eine Ulna vertreten. Die Ulna
des Halsband-Lemmings ist leicht erkennbar, wenn man, wie
ich, ein zerlegtes Skelet zur Vergleichung hat; sie hat eine
gewisse Ähnlichkeit mit der Hamster-Ulna.
Myodes obensis Par. (M. lemmus Hexser).
Von dieser Art, welche ich bei Thiede so zahlreich gefunden
habe, liest mir vom Seveckenberge eine (l.) Unterkieferhälfte vor,
enthaltend m 1 und m 2. — Ich nenne diese Art M. obensis
(nicht M. lemmus!), weil jener Lemming neben. M. torguatus
vorkommt, z. B. auf Novaja Semlja und in Nordsibirien, was bei
M. lemmus nicht der Fall ist.
Im Bau des Schädels, des Gebisses und der Extremitäten-
knochen sind M. obensıs und M. lemmus:kaum zu unterscheiden, ins-
besondere wenn es sich um vereinzelte Fossilreste handelt. — Ich
bemerke, daß ich zu meinem früheren Material kürzlich mehrere
schöne Exemplare (mit Schädeln) von M. obensis und M. torguatus
aus Novaja Semlja erhalten habe.) —
Ob die vorliegenden 2 Lemmings-Kiefer ursprünglich in
einem anderen Niveau der Ablagerungsmasse gelegen haben, als
die oben erwähnten Reste der Steppen-Nager, kann man nicht
sicher sagen. Es steht nur fest, daß Herr Dr. Lawmpeg sie bei
der letzten Nachsuche im April 1904 in dem letzten Rest des
Abraums gefunden hat. _-Tedenfalls bilden sie schon der Zahl
nach gegenüber den Resten der Steppentiere nur eine unbe-
deutende arktische Beimischung, wie es auch meine Ausgrabungen
bei Westeregeln erkennen lassen. ?)
Carnivora.
Die unter den Lamrpeschen Funden vertretenen Raubtiere
zeigen (ebenso wie die Nager) in der Hauptsache den Charakter
einer Steppenfauna.
Hyaena spelaea BLumEne. (H. crocuta foss.).
Die Höhlenhyäne, welche früher am Seveckenberge in zahl-
1) Vergl. Heucuın, Fauna ..... von Spitzbergen und Novaja
Semlja, Braunschweig 1874. 8. 7—20.
2) Siehe Arch. f. Anthrop. 1877 u. 1878.
296
reichen Resten festgellt ist, finde ich unter den mir vorliegenden
Fossilien nur relativ schwach vertreten. Es sind vorhanden:
1 oberer Caninus, 1 Unterkiefer-Gelenkteil (ad.), 1 Humerus (ad.),
1 läd. Ulna (ad.), 1 Tibia (juv.). Der genannte Humerus zeigt
über der unteren Gelenkrolle die bekannte rundliche Öffnung.
Herr Prof. KraArtsca soll (nach einer Mitteilung des Herrn
Dr. Lampe) diesen Knochen, dessen oberer Teil fehlt, für einen
„Gewandhalter* erklärt haben; ich selbst kann an ihm nichts
Besonderes sehen. Daß er etwas „blank“ aussieht, ist richtig;
dieses erklärt sich aber hinreichend daraus, daß man ihn mit
Leimlösung getränkt und nachträglich oft angegriffen hat.
Canis aureus L. var.
Taf. XXII Fig. 7.
Von hohem Interesse erscheinen einige Reste, welche ich
auf eine Schakal-Form beziehen zu müssen glaube, und zwar
mit umsomehr Zuversicht, als ich schon seit 25 Jahren eine
Anzahl von diluvialen Schakal-Resten aus den oberfränkischen
Höhlen bei Neumühle besitze. In meiner „Übersicht“!) habe
ich letztere Reste noch auf Canis vulpes bezogen, da es mir
damals noch an ausreichendem Vergleichsmaterial fehlte; aber
durch das Studium der mir seit 1881 unterstellten, an zerlegten
Skeletten reichen Sammlung bin ich zu der Überzeugung ge-
kommen, daß jene Reste nach Form und Größe zu Canis aureus
gehören, und durch die (allerdings weniger vollständigen) LAMPE-
schen Funde bin ich hierin bestärkt worden. Letztere sind:
1 Femur ad. (ob. Hälfte), 1 Calcaneus (etwas benagt), 1 Meta-
tarsus (ob. Teil), 1 juvenile Unterkieferhälfte (etwas zweifelhaft).
Ich selbst besitze aus der Horscns Höhle in bayerisch Ober-
franken 2 Beckenhälften, 1 vollständiges Femur und 1 Tibia
(unt. Teil) von Canıs aureus var.
Nach dem Material der mir unterstellten Sammlung muß ich
diese Fossilien, welche einen echt diluvialen Erhaltungszustand
zeigen, auf eine Schakal-Art beziehen, da sie in Form und Größe
bezw. Stärke der Knochen von C. vulpes wesentlich abweichen
und mit C. aureus harmonieren.?) Nur die oben erwähnte juvenile
Unterkieferhälfte erscheint etwas zweifelhaft.
Der juvenile Unterkiefer vom Seveckenberge enthält den
relativ stark und kompliziert gebauten Milch-Sektorius (11 mm
lang) und den (ebenfalls kräftigen) angrenzenden Milch-Lückzahn
!) Diese Zeitschr. 1880 S. 481 ff.
?, Ob man diese Schakal-Form etwa Canis Mikit WOLDR. nennen
soll, erscheint mir zweifelhaft. Vergl. WOLDRICH, Diluviale Fauna von
Zuzlawitz, 2. T. 1881, S. 11, und 3. T. 1884, .S. 9.
297
Messungs-Tabelle.
GRID. aurensı rec: \@. aureus foss.
ns Kae (indien). nen | se:
ken-
eroß! |No.954|No.955|Frank.| "here.
Größte Länge des Beckens (Os!
innomin.)
>» „ d. Femur (Innenseite) | 140 | 147 | 188 | 146,5 ca. 145
95 110 107 107
„ quereBreite am ob. Gelenkteill 25 31 29,5 30 30
Durchmesser des Caput femoris | 12 | 14,2 | 13,7 | 185 | 18
Quere Breite des unt. Gelenks | 22 | 24 24 23 |
„ Br. d. unt. Gelenks d. Tibia| 16 17 | 18
Größte Länge des Calcaneus (auß.) 31 836,5 35 | 36,5
(6,5 mm lang). Nach den mir vorliegenden zahlreichen Schädeln
von juvenilen Exemplaren von ©. aureus und Ü. vulpes muß ich
jenen fossilen Unterkiefer auf jene Art beziehen.
Ich betone noch, daß die oben erwähnten fossilen Becken-
hälften in ihren Breitendimensionen viel stärker sind, als die
des kräftigsten Fuchses (C. vulpes). Auch die fossilen Femora
sind viel kräftiger gebaut; insbesondere ist der Schenkelhals
länger und somit das Caput femoris weiter abstehend, als beim
Fuchs.
Soviel ich weiß, hat man bisher noch keine anderen
diluvialen Schakalreste aus Deutschland nachgewiesen.
Canis (Vulpes) lagopus 1.
Den Eisfuchs erkenne ich in einigen Extremitäten-Knochen.
Dahin gehört der obere Teil eines ausgewachsenen Femur (quere
Breite des oberen Gelenkteiles 21 mm) und der einer ausge-
wachsenen Ulna (Länge des Olecranon 10,5 mm). Auch gehört
hierher wahrscheinlich ein unterer Sectorius von 14 mm Länge.
Canis vulpes L. (Vulpes vulgarıs).
Der gemeine Fuchs wird durclı den wohlerhaltenen Schnauzen-
teil eines kräftigen Oberschädels und durch die zugehörigen
Unterkieferhälften repräsentiert. Aber der Erhaltungszustand
dieser Objekte erscheint jünger als derjenige der oben er-
wähnten Fossilien; ich gehe deshalb: nicht näher darauf ein.
298
Foetoritus Eversmanni Lesson.
Taf. XXN Kie. 8.
Sehr beachtenswert und für den Charakter der Fauna wichtig
ist das Vorkommen des Steppen-Iltis (Foel. Eversmannı), ver-
treten durch 2 linke Unterkiefer (ad. et jun.) und 1 Tibia (ad.,
lädiert). Den erwachsenen Unterkiefer (Fig. 8) habe ich schon
im „Zentralblatt f. Mineral.“ etc. 1904 No. 1 kurz beschrieben
Der Unterkiefer des Steppeniltis ist im Vergleich zu dem unseres
gemeinen Itis im zahntragenden Teile kurz und hoch; die
Massetergrube erstreckt sich weiter nach vorn, die Kron- und
Winkelfortsätze sind -etwas anders gebaut, der untere Sectorius
ist relativ größer, der untere Höckerzahn viel kleiner als
bei dem gemeinen lltis.!)
Ich habe ein sehr reiches Material an Schädeln von F.
putorius und F. Eversmannı in Händen und habe die oben
erwähnten Unterschiede durchweg beobachtet. Namentlich ist die
Kleinheit des unteren m 2 bei F\ Eversmanni sofort in die Augen
fallend. Der erwachsene fossile Unterkiefer, offenbar von einem
alten, muskelkräftigen Männchen herrührend, mißt von der Mitte des
Condylus bis zur Vorderseite des Canins 588,8 mm; m 2 hat
eine Länge von nur 1,3, der Sectorius (m 1) von 8,3, die ganze
Backenzahnreihe von 19 mm. Der jüngere Unterkiefer enthält nur
m 1, während die anderen Zähne durch ihre Alveolen angedeutet
sind; er mißt vom Condylus bis zur Vorderseite der Caninus-
Alveole 36, der Sectorius hat eine Länge von 8,5 mm; die
Alveole von m 2 ist sehr eng.
Die fossile Tibia, welche sehr wahrscheinlich zu dem obigen
(alten 5‘) Unterkiefer gehört, hat oben am Gelenk eine quere
Breite von 9,5 mm; die Tibia eines erwachsenen lltis-Männchens
aus der Gegend von Braunschweig (in meiner Privatsammlung)
zeigt eine obere quere Breite von 12 mm. Nach den erhaltenen
?/s der fossilen Tibia dürfte diese im unverletzten Zustande (es
fehlt die untere Partie) eine Totallänge von 48—49 mm gehabt
haben; bei einem starken F\ putorius g‘ mißt sie 56—60 mm.
Foetorius Eversmanni lebt heute (zusammen mit Alactaga
sahiens etc.) in den Steppen von Südostrußland, Südwestsibirien
und Turkestan; fossil ist er, soviel ich weiß, noch nicht nachge-
wiesen, doch hat Liıeee bereits 1879 die geringe Größe der
diluvialen Iltisse Thüringens betont.?)
!) Vergl. HENSEL, Craniolog. Studien, in Nova Acta LEOPOLD.,
Halle 1881, S. 149.
2) Sitzgsb. Akad. d. Wiss., Wien, 1879, 1. Abt., Sep.-Abdr. 8. 6.
299
Ursus Sp.
Eine Bären-Spezies ist angedeutet durch ein Unterkiefer-
fragment mit p 4 (nach englischer Zählung) und durch einen
m 2 inf. Letzterer ist 532 mm lang, 15 mm breit. Beide
Zähne, insbesondere p 4, zeigen gewisse Abweichungen von dem
gewöhnlichen Ursus spelaeus,;, p 4 zeigt 2 so stark entwickelte
Innenhöcker, wie ich sie weder bei U. spelaeus, noch bei
U. arctos gesehen habe.
Equus caballus ferus. PALL.
Das wilde. diluviale Pferd, dessen Reste ich in großer
Zahl und ausgezeichneter Erhaltung bei Westeregeln und bei
Thiede ausgegraben habe,!) ist auch am Seveckenberge häufig fest-
gestellt und unter den Lampeschen Funden relativ stark ver-
treten. Es liegen mir vor: 1 oberer Molar. 1 unterer starker
Caninus mit angrenzendem Kieferstück, 2 juvenile untere
Backenzähne, 1 Beckenhälfte (läd), 1 Femur-Fragment, 3 Tibiae
(läd.), 1 Calcanens, 1 Astragalus, 1 Metatarsus (läd.), 4 Meta-
carpi, 5 Fesselbeine.
An den Tibien fehlt der obere Teil (mehr oder weniger);
die größte quere Breite des unteren Gelenkteils beträgt 84 bis
292. mm. Dem Metatarsus fehlt das untere Ende; daher
ist es nicht sicher meßbar. Die Metacarpi variieren ziemlich
bedeutend; der eine (wahrscheinlich von einem alten Hengst her-
rührend) ist auffallend lang (außen 238 lang, oben 54, unten
55,5 breit), ein anderer kürzer, aber etwas breiter: 226 lang,
oben 56, unten 54 breite. Ein dritter (jüngerer, weibl.) Meta-
carpus ist noch schwächer (200, 48 und 46).
Von den 3 Fesselbeinen ist eines sehr kräftig gebaut:
Länge an der Außenseite 93,4, quere Breite oben 65, unten 51.?)
Das wilde Diluvial-Pferd von Westeregeln. Quedlinburg ete.
war offenbar ein Steppenbewohner und paßt vorzüglich in die
Alactaga-Fauna hinein.
Rhinoceros tichorhinus Ouv.
Unter den L,ampeschen Funden, welche mir vorliegen, sind
2 Exemplare vertreten, nämlich ein junges durch 3 obere,
zusammengehörige Milchbackenzäbne und ein altes durch 1 Hu-
merus, 1 Carpalknochen, 1 Metacarpus, 1 Metatarsus und
mehrere Phalangen.
!) Landwirtschaftl. Jahrbücher, 1884, S. 8L—160.
?, Vergl. meine Messungstabellen in den „Landwirtsch. Jahr-
büchern“, herausg. von H. THıErL, 1884, S. 129—140.
300
Die 3 obere Milchbackenzähne entsprechen genau den von
GıeseL!) abgebildeten und S. 89 besprochenen oberen Milch-
prämolaren. Sie gestatten auch die Bestimmung: Rh. ticho-
rhinus Cuv.
Diese Spezies, welche mit dem rezenten Rh. semus von
Südostafrika nahe verwandt ist, war im wesentlichen ein Steppen-
bewohner.?) Ich erwähne noch, daß ich bei Westeregeln das
Milchgebiß eines jungen Ah. techorhinus ete. mithin zwischen
Resten von Alactaga und sSpermophilus eigenhändig ausge-
graben habe. °)
Bison sp. (priscus?)
Ein wohlerhaltener erster Brustwirbel gehört zur Gattung
Bison. Wir haben ein reiches ‚Material zerlegter Skelete von
Bison europaeus und Bison americanus. Der vorliegende fossile
Brustwirbel stimmt in seiner Form fast genau mit dem 1. Brust-
wirbel eines Bison amertcanus Z‘ ad (des sog. „Büffels“ der
Prärien) überein, weicht dagegen von DB. europaeus be-
deutend ab.
Ein m 3 inf. eines Boviden zeigt einen rezenteren Er-
haltungszustand, während jener Wirbel echt fossil ist. Ich gehe
auf ersteren nicht näher ein,
Cervus euryceros POHL.
Der Riesenhirsch (bezw. eine Riesenhirsch-Species) ist ver-
treten durch eine Tibia, deren oberster Teil fehlt, und durch einen
gut erhaltenen Calcaneus, vielleicht durch ein Femur-Fragment.
Die ersten beiden Stücke gehören einem sehr kräftigen In-
dividuum an. Sie machen zunächst einen Boviden-ähnlichen Ein-
druck; aber bei genauerem Studium erkannte ich, dass sie von
einem Riesenhirsch stammen. Der Calcaneus ist wesentlich
schlanker gebaut als bei Bos primigenius und Bison, auch in
der Form der Gelenkflächen abweichend. An der Tibia fand ich
(abgesehen von Differenzen im unteren Gelenk und in den Sehnen-
rinnen) einen Hauptunterschied von den Boviden in der Lage des
Foramen nutritium, das ungefähr auf */s der Höhe des Knochens
(von. unten gerechnet) liegt... Dieses Foramen sieht man bei den
Boviden direkt auf der flachen Hinterseite der Tibia, aber bei
Cerv. alces und CC. euryceros findet es sich auf der äußeren
Seitenfläche, und zwar beim Riesenhirsch noch mehr seitlich
gelegen, als beim Elch.
!) Jahresb. d. naturwiss. Vereins in Halle, 1851, t. III, £. 8.
?\, Vergl. „Tundren u. -Steppen“, S. 137.
8) Siehe Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss., 1876, 47. S. 7, Arch. £.
Anthrop., 1877, S. 369, 396.
301
Da wir hier in Berlin leider kein Riesenhirsch-Skelet haben,
wandte ich mich zur Verifizirung meiner Bestimmungen nach
Hildesheim an Herrn Prof. Dr. A. AnprzAs, den Direktor des
Römermuseums, welches bekanntlich ein vollständiges Riesen-
hirsch-Skelet besitzt. Herr Dr. AnpREAE bestätigte die Richtigkeit
meiner Beobachtungen durchaus, besonders auch hinsichtlich der
Lage des Foram. nutritium der Tibia. Vom unteren Gelenkrande
ist letzteres an dem Hildesheimer Exemplar 245 mm entfernt;
genau ebenso an der Tibia vom Seveckenberge. Die quere
Breite des unteren Teils der Tibia beträgt dort 80, hier 87 mm.
Länge des Calcaneus dort 182, hier 186, größte Höhe des-
selben im Gelenkteil dort 65, hier 69 mm.
Cervus tarandus L.
Taf. XXI Fie. 9.
Das Renntier, dessen Reste früher am Seveckenberge schon
häufig nachgewiesen wurden, ist unter den LAamprschen Funden
durch eine Anzahl sicher bestimmbarer Reste vertreten. Dahıin
gehören: 1 Unterkieferfragment mit m 5 (22 mm lang), 3 obere
Molaren, darunter m 3 (16 mm lang, 14.5 unten an der Basis
breit, 1 oberer Prämolar, 1 Unterkieferfragment von einem
Renntierkalbe mit 2 Milchprämolaren, 1 do. mit einem Milch-
prämolar und den Alveolen des pd 1, 1 Calcaneus-Fragment,
1 juv. Astragalus nebst zugehörigem Navicul.-Cuboideum, einige
juvenile Extremitätenknochen (Humerus, Radius, Tibia, Meta-
tarsus), 1 Metatarsus (ad., läd.), 1 basales Geweihstück, 1 proxi-
males Scapula-Fragment (Gelenkpartie).
Besonders interessant erscheinen die juvenilen Reste. Die
unteren Milchbackenzähne des Rentiers zeigen viele Eigen-
tümlichkeiten in ihrer Form, namentlich gilt dieses von dem
zweiten unteren Milchbackenzahn. Dieser weicht von dem der
anderen Öerviden (außer Cerv. alces) wesentlich ab, insbesondere
dadurch, daß der vordere Teil des Zahns außer der typischen
Außenwand eine scharf ausgeprägte Innenwand besitzt, welche
von jener durch ein schmales, tiefes, völlig abgeschlossenes Tal
getrennt ist. Dieses ist eine durchaus konstante Bildung!
Ich habe mir zur Vergleichung mit den. fossilen Zähnen ein
relativ reiches, rezentes Material verschafft. Herr H. Wınge,
Inspektor am Kgl. Zoolog. Museum in Kopenhagen, sandte mir
leihweise den Unterkiefer eines wilden Rentierkalbes von Jacobs-
havn in Grönland (reines Milchgebiß, wenig abgenutzt); Herr
Professor Dr. Jacogı in Tharandt bei Dresden lieh mir aus der
zoologischen Sammlung der dortigen Kgl. Forstakademie den sehr
zierlichen Unterkiefer eines zahmen . Renntierkalbes, vermutlich
802
aus Skandinavien (reines Milchgebiß, wenig abgenutzt), Herr
Professor P. MarscHıe den Unterkiefer eines wilden, spitz-
bergischen Renntiers aus dem hiesigen Museum für Naturkunde,
der außer den schon ziemlich abgenutzten Milchbackenzähnen
auch schon m 1 aufweist. In ähnlichem Zustande befindet sich
das Gebiß eines zahmen Renntierkalbes der mir unterstellten
Sammlung !); doch ist m 1 etwas weiter zurück in der Ent-
wicklung, während die Milchbackenzähne stark abgenutzt sind.
Sehr interessant zur Vergleichung sind 3 Schädel wilder Renntier-
kälber aus Westsibirien, welche ich im März 1904 in der Wild-
handlung von B. Pfemfert zu Charlottenburg erwerben konnte.
Die betreffenden Tiere waren noch im vollen Fleisch und mit dem
Fell bedeckt, doch ausgeweidet. Nach der zuverlässigen Angabe
des Zwischenhändlers, die ich mir verschaffte, sind diese Renn-
tierkälber im Spätherbst oder Wintersanfang von Samojeden in
den „westsibirischen Steppen“ mit der Kugel erlegt worden. Das
eine Exemplar habe ich für unsere Sammlung vollständig er-
worben, so daß ich auch die Beinkochen etc. vergleichen kann;
von den beiden anderen habe ich nur die Köpfe privatim gekauft.
Vogel-Reste.
Hirundo rustıca L. (H. fosstlis GiEBEL).
Eine Schwalben-Spezies wird durch zwei Ulnae vertreten,
von denen die eine unverletzt, die andere in ihrem unteren
Drittel lädiert ist. Jene hat eine Länge von 24,5 mm und ent-
spricht in ihrer Form durchaus meinen zahlreichen Exemplaren,
welche ich 1875/76 bei Westeregeln ausgegraben habe °).
AÄnser SD.
Eine Wildgans ist angedeutet durch eine gut erhaltene
Phalanx I des Flügels. Dieselbe hat eine größte Länge von
38 mm, eine größte quere Breite von 11,5 mm. Die Form
dieses Knochens ist so charakteristisch, daß man die Gattung
Anser sicher bestimmen kann. Der betreffende Knochen einer alten
Saatgans (A. segetwm) meiner Sammlung mißt 44: 11,7 mm.
Anas sp. (A. boschas L.?).
Von einer größeren Enten-Art liegen zahlreiche Reste vor:
3 Coracoidea (2 vollständige, 1 stark lädiert), 1 ziemlich voll-
ständiges Sternum und 1 lädiertes Vorderstück eines Sternums,
1 Scapula (Gelenkpartie), 1 Humerus (ob. Teil, läd.), I Radius
!) Zoolog. Samml. d. Kgl. Landwirtschaftl. Hochschule in Berlin.
2) Siehe Arch. f. Anthrop. 1878, 9. S. 3.
305
(untere Hälfte), 1 Femur (ob. Teil), 1 Tibia (oben und unten
lädiert),, 1 Phalanx I des Flügels. Die Verletzungen dieses
Knochens sind alten Datums, d. h. nicht erst bei der Ausgrabung
entstanden. Das Coracoid zeigt, wenn man es mit den beiden
Ecken der breiten, proximalen Seite aufsetzt, eine Länge von
43,5; seine größte Breite am proximalen Teil 18,9 mm. Die
oben genannte Flügelphalanx ist 27 mm lang. Nach den
Dimensionen des Coracoids steht diese Wildente vom Sevecken-
berge hinter der von mir bei Westeregeln ausgegrabenen Anas-
Spezies etwas zurück, sowie auch hinter einigen rezenten Männchen
von A. boscas, deren zerlegte Skelete ich besitze. Jedenfalls
handelt es sich aber um eine „Schwimm-Ente“ (nicht „Tauch-
Ente“), wie die Form des Sternums (besonders des vorderen
hakenförmigen Fortsatzes), des Coracoids, etc. beweist.
Anas crecca L.
Eine kleine Art von Schwimm-Enten ist durch 1 Coracoid
{33,3 lang, 12,5 breit, 1 Humerus (ob. Teil) und 1 Meta-
carpus vertreten. Letzterer hat eine Länge von 37,6 mm.
Diese Fossilreste stimmen in Form und Größe genau mit den
entsprechenden Teilen eines rezenten männl. Krickenten - Skelets
meiner Privat-Sammlung überein.
Lagopus sp. (Lagop. albus Keys. u. Bras. ?)
Eine Schneehuhn - Spezies ist durch einen Metacarpus
(33,9 mm lang) angedeutet. Die Gattung kann ich nach meinem
sehr reichen rezenten und fossilen Vergleichsmateriale sicher
feststellen, die Art nicht. Vermutlich handelt es sich um das
sog. Moor- oder Weiden-Schneehuhn (Zag. albusKeys. u. BLas.), das
nach PALtAs, LEHMANN, Fınsch, NAZAROW und ZARUDNOI häufig
in den südwestsibirischen Steppen gefunden wird.)
Endlich sind noch einige Rana-Reste (namentlich ein gut
erhaltener Rana-Unterschenkel) zu erwähnen.
!) Siehe meine Angaben in „Tundren u. Steppen“, S. 1131.
304
13. Das südafrikanische Dwyka-Konglomerat.
Von Herrn E. Paıtıppı in Berlin.
Hierzu Taf. XXIV—XXV1.
Einleitung.
Die Zeit für geologische Pionier-Arbeit ist in Südafrika
endgültig vorüber. Landesuntersuchungen sind in Kapstadt und
Pretoria am Werk, nach Johannesburg hat die Goldindustrie eine
Anzahl hervorragender Gelehrter gerufen und selbst in dem ent-
legenen Buluwayo sind dauernd Fachleute an der Arbeit. Unter
diesen Umständen darf der europäische Geologe, der einige
Monate lang das Land bereist, nicht mehr auf Entdeckungen
hoffen, welche für die südafrikanische Geologie von grundlegender
Bedeutung sind. Wohl aber bieten ihm die verbesserten Ver-
kehrsverhältnisse die Möglichkeit, in verhältnismäßig kurzer Zeit
einen Überblick über die geologischen Verhältnisse zu gewinnen,
wie er sich den früheren Reisenden erst nach langjähriger
Tätigkeit erschloß. ;
Naturgemäß wendet sich das Interesse der südafrikanischen
Geologen vielfach in erster Linie Aufgaben der praktischen Geo-
logie zu. Daß dadurch der Sinn für rein wissenschaftliche
Fragen nicht abgestumpft wird, zeigt aber der Eifer, der von
allen Seiten dem merkwürdigen Problem der jungpaläozoischen
Vereisung entgegengebracht wird. Keine andere theoretische
Frage hat so lebhafte Diskussionen hervorgerufen und keine übt
auf den europäischen Reisenden einen so faszinierenden Reiz aus
wie diese.
Bekanntlich sind jungmesozoische und tertiäre Sedimente im
Innern Südafrikas bisher noch nicht nachgewiesen worden. Die
jüngsten Schichtgesteine gehören dem älteren Mesozoicum und
jüngsten Paläozoicum an und stellen ein mächtiges und weit ver-
breitetes System von kontinentalen Bildungen dar, welche man
als die Karru-Formation zusammenzufassen pflest. Diese ruht
sehr verschiedenen Gesteinen auf, im allgemeinen älteren im
Norden, jüngeren im Süden, fast immer aber tritt an ihrer
Basis ein sehr eigentümliches Konglomerat auf, für welches sich
der Name „Dwyka-Konglomerat*“ eingebürgert hat. Der glaciale
Ursprung dieses Dwyka-Konglomerates ist es, der den Gegen-
stand der nachfolgenden Zeilen bilden soll.
305
1. Geschichtlicher Überblick.')
Zum erstenmale wird das Dwyka-Konglomerat in einem
Briefe SuruerLannps?) an Murcniıson im Jahre 1854 aus Natal
erwähnt; er spricht es für eine Art von Trachyt an und
glaubt daher die Schrammen auf seiner Unterlage, die ihm schon
damals bekannt waren, auf die Bewegung der fließenden Lava
zurückführen zu müssen. Auch Baın°), der wenige Jahre später
das gleiche Gestein aus der südlichen Kap-Kolonie beschreibt,
hält es für eruptiv und bezeichnet es als einen Felsit-Porphyr
(elaystone porphyry). Wvyrey sieht es im Jahre 1859 als vul-
kanisches Agglomerat (trap conglomerate) an, und diese Ansicht
hat sich bei einzelnen Forschern bis in neuere Zeit mit großer
Zähigkeit erhalten.
Neue Bahnen betrat wiederum SUTHERLAND®), als er
14 Jahre nach seiner ersten Mitteilung das fragliche Konglomerat
für glacial und sein Alter für permisch erklärte; ihm schloß sich
in Natal Griessaca’®) an. Srow®) beschrieb ähnliche Konglo-
merate aus Griqualand West; zu seiner Annahme einer jungen
Vereisung Südafrikas führten ihn aber nicht diese, sondern Ober-
flächenbildungen in den südöstlichen Teilen der Kap-Kolonie.
Auf Dunns‘) geologischer Karte werden in der ersten Auf-
lage ein augenscheinlich diluviales .„Glacialkonglomerat“ im
Norden der Kap-Kolonie und ein paläozoisches „Trappkonglomerät“
im Süden ausgeschieden; in der zweiten Auflage®) bezeichnet er
die Konglomerate im Süden und Westen der Karru ebenso wie
die Natals als Dwyka-Konglomerat, hält aber im übrigen an der
Deutung der ersten Auflage fest. Erst später vereinigt Dunn”)
die nördlichen wie die südlichen Konglomerate, stellt sie an die
Y!) Eine recht ausführliche Ubersicht des bis dahin über das
Dwyka-Konglomerat Bekannten gibt der „Annual Report of the Geo-
logical Commission, Cape of Good Hope 1899 S. 4—29.
2, Notes on the Geology of Natal. Quart. Journ. Geol. Soc. 11.
1855 S. 465—68.
®) On the Geology of South Africa, Trans. geol. Soc. (2.) 7.
1856 S. 53—59. Ebenda S. 175—192.
*) On the Geology of Natal. Durban 1868, auch Quart. Journ.
Geol. Soc. 26. 1870, S. 514—516.
5), On the Geology of Natal in South Africa. Quart. Journ.
Geolog. Soc. 27. 1871, S. 58.
6) Geological Notes upon Griqualand West. Ebenda. 30. 1894,
S. 581— 680.
7) Geological Sketch Map of Cape Colony. London. Stanford. 1874.
®) Ebenda 1875.
®) Report on a supposed extensive deposit of coal underlying the
central distriets of the Colony. Capetown 1886 und dritte Auflage
seiner Karte, 1887. |
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 1904. 20
306
Basis der Karruformation und spricht sich für ihren glacialen
Ursprung aus. |
Eine sehr sorgfältige Besprechung der älteren Literatur gibt
im Jahre 1888 Starrr!); er kommt dabei zu eigentümlichen
Schlüssen. Nach ihm sollen bisher zwei Arten von Erscheinungen
miteinander verwechselt worden sein. Erstens reine Oberflächen-
erscheinungen, zu denen die Geschiebe mit echter Glacial-
schrammung und die gekritzten Felsoberflächen gehören. Sie
seien auf antarktische Eisberge, weniger auf lokale Vereisungs-
vorgänge zurückzuführen. Alle diese Ereignisse fallen nach ihm
in die Diluvialzeit; der Boden Südafrikas habe damals 3000 Fuß
tiefer gelegen als heute. Das echte Dwyka-Konglomerat aber sei
karbon; bei ihm handele es sich lediglich um pseudoglaciale
Erscheinungen, wie sie auch andere Konglomerate aufwiesen.
Die Ansicht, daß bei Prince Albert und Matjesfontein die
Oberflächengerölle eine andere Entstehung hätten, als das Dwyka-
Konglomerat, aus dem man sie an jedem Aufschluß auswittern
sieht, ist gänzlich unhaltbar. Hätte Starrr die dortigen Ver-
hältnisse mit eigenen Augen gesehen, so hätte er das wohl nie
behauptet. ScHencek hat diese merkwürdige Auffassung auf Grund
seiner eigenen Beobachtungen bekämpft, und die neueren Arbeiten
haben zur Genüge ihre völlige Unhaltbarkeit dargetan.
Obwohl CoHex?) nachwies, daß die Grundmasse des Dwyka-
Konglomerates nicht vulkanischer, sondern ausschließlich klastischer
Natur wäre, und obwohl Schener?) mit starken Gründen für den
glacialen Ursprung dieser Ablagerungen eintrat, hat es bis in
die neueste Zeit hinein nicht an Gegnern dieser Auffassung ge-
fehlt. Sowohl Sawyer®) wie noch später Harca°) haben den
vulkanischen Ursprung der Konglomerate für wahrscheinlicher
gehalten. Am wenigsten haltbar erscheint Greens‘) Auffassung,
welcher augenscheinlich auf Grund unvollständiger Feldbeobaclı-
tungen in dem „Dwyka“ ein Strandkonglomerat erblicken wollte.
Neue Impulse erhielt die „Dwyka-Frage* in den 90er
!) Das „glaciale“ Dwykakonglomerat Südafrikas. Naturwiss.
Wochenschrift 3. 1888, S. 97 ft.
?\ Geognostisch-petrographische Skizzen aus Süd-Afrika II. Die
Karrooformation etc. N. Jahrb. f. Min. Beil-Bd. 5. 1887, S. 196
‚bis 274.
°) Über Glacialerscheinungen in Süd-Afrika. Verh. d. VIIE.
Deutschen Geographentages in Berlin. Berlin 1889, S. 145—161.
*) Report upon the Geology and Mineral Resources of the Divi-
sion of Prince Albert and surrounding districts. Cape Town 1893, S. 4.
°) A Geological Survey of the Witwaterstrand etc. Quart.
Journ. Geol. Soc. 44. London 1898, S. 94.
6) A contribution to the Geology and physical Geography of the
Cape Colony. Quart. Journ. Geol Soc. 46. 1888, S. 239— 270.
307
Jahren des vorigen Jahrhunderts. 1893 konnte ScHmEisser!) das
Konglomerat auch im südlichen Transvaal nachweisen, wo die
Karruschichten bisher zu Unrecht für Stormberg Beds gehalten
worden waren.
Seit dem Jahre 1896 haben besonders die Untersuchungen
MoLENnGRAAFFS?) im südöstlichen Transvaal und die Aufnahmen
der Kap-Geologen Rogers und Scuwarz°’) am Süd- und West-
rande der Karru und am ÖOranjeflusse so viel neues Material ge-
liefert und so überzeugende Beweise für den glacialen Ursprung
des Dwyka-Konglomerates beigebracht, daß unter den südafrika-
nischen Geologen die Zweifel verstummt sind. Wohl aber dürfte
es außerhalb Südafrikas noch manchen Geologen geben, für den
der glaciale Ursprung des Dwyka-Konglomerates noch durchaus
nieht feststeht. Aus diesem Grunde halte ich es nicht für ganz
überflüssig, die Eindrücke wiederzugeben, welche ich an ver-
schiedenen Punkten Südafrikas erhalten habe. Ich muß dabei
betonen, daß ich weder neue Fundstellen entdeckt noch an den
alten wesentlich neue Dinge beobachtet habe. Meine Darstellung
trägt daher mehr den Charakter eines durch eigene Anschauung
unterstützten Referates als den einer selbständigen wissenschaft-
lichen Untersuchung. Ich habe aber geglaubt, mich nicht lediglich
auf die Beschreibung der Örtlichkeiten beschränken zu sollen, die ich
persönlich besucht habe, sondern habe alles mir bekannte Material
zusammengetragen, soweit ich es für wichtig und einwandsfrei
halten durfte.
2. Geographische Verbreitung.
Die geographische Verbreitung des Dwyka-Konglomerats kann
in großen Zügen als bekannt gelten, soweit die Kap Kolonie,*)
Natal und das südliche Transvaal in Frage kommen. Ob aber
1) Über Vorkommen und Gewinnung der nutzbaren Mineralien in
der südafrikanischen Republik. Berlin 1894, 8. 66.
?, The Glacial Origin of the Dwyka Conglomerate Transact.
Geolog. Soc S. Africa 4. 1898, S. 103.
®) In den Annual Reports of the Geological Commission Cape of
‘Good Hope. Seit 1896.
*) Noch bis vor kurzer Zeit glaubten vorsichtige Forscher, die
Konglomerate der Vaal- und ÖOranje-Gegend als Glacialkonglomerat
oder Vaalkonglomerat vom Dwykakonglomerat am Rande der großen
Karru unterscheiden zu müssen, da. die Identität beider Ablagerungen,
‘obgleich sehr wahrscheinlich, doch noch nicht sicher nachgewiesen
war. Neuerdings ist aber durch die Aufnahmen der Kap Survey der
Übergang aus der einen in die andere Bildnng im Distrikte Calvinia
nachgewiesen worden, sodaß man für alle Konglomerate an der Basis
der Karruformation eine einheitliche Bezeichnung gebrauchen darf.
Ich wähle dafür den Namen Dwyka-Korglomerat, der sich am meisten
‚eingebürgert hat und nichts über die Entstehungsweise aussagt; der
Kürze wegen schreibe ich meist „das Dwyka“.
208
308
nördlich vom 25° s. Br., d. h. im nördlichen Transvaal, in
Betschuana-Land und im südlichen Rhodesia Dwyka-Konglomerat
auftritt oder ob man eines der von dort bekannten Gesteine als
sein Äquivalent ansehen darf, das ist noch eine völlig offene
Frage.
Da das Dwyka den untersten Schichtenkomplex der Karru-
formation bildet, so müßte es überall dort zu Tage treten, wo
diese älteren Gesteinen auflagert. Mit anderen Worten: Das
Dwyka müßte um das gewaltige Areal, welches die Karruformation
im Innern des außertropischen Südafrikas einnimmt, einen Ring
bilden, der nur dort eine Unterbrechung erleidet, wo südlich vom
St. Johns-Fluß höhere Schichten der Karruformation an das
Gestade des Indischen Ozeans herantreten. Tatsächlich ist aber
die Verbreitung des Dwyka keine so gesetzmäßige, denn wir
sehen es am Nordrande des großen Karrukomplexes, im südlichen
Transvaal und im nordwestlichen Freistaat, auf weite Strecken
von den Karten nicht verzeichnet. Am Nordrande des Hooge-
veldes scheint dies darin seinen Grund zu haben, daß höhere
Schichten des Karrusystems übergreifend lagern und daher das
Dwyka verdecken. Ob dies aber so allgemein ist, muß nach den
letzten Aufnahmen der geologischen Landesuntersuchung von
Transvaal füglich bezweifelt werden; denn Merror!) hat das
Dwyka östlich von Pretoria, zwischen dem Elands River und
Balmoral, in großer. Ausdehnung nachgewiesen. Südlich vom
Witwatersrande ist das Dwyka an der Oberfläche anstehend nur
von wenigen Punkten bekannt, häufig aber in den Gruben oder
bei Bohrungen angetroffen worden. Auch Vaal abwärts bis in
die Gegend von Kimberley hin dürfte das Konglomerat überall
an der Nordgrenze der Karrugesteine vorhanden sein, ist aber
erst bei Kimberley selbst wieder nachgewiesen, da junge Steppen-
kalke und Flugsande hier fast überall die älteren Gesteine ver-
decken.
Westlich und südwestlich von Kimberley mehren sich die
Aufschlüsse des Dwyka, und im Westen und Süden der großen
Karru ist es überall in einem geschlossenen Zuge am Außenrande
der Karrugesteine nachgewiesen worden. Das Auftreten mehrerer
paralleler Konglomeratzüge im südlichen und südöstlichen Teil
der Kap Kolonie erklärt sich dadurch, daß hier "die untere
Karruformation an der Faltung der randlichen Ketten, welche im
wesentlichen aus Gesteinen der Kapformation bestehen, mit teil-
genommen hat. Ebenso wird der doppelte Ausstrich von Dwyka
!\ Report on Portions of the Pretoria and Middelburg districts etc.
Geolog. Survey of the Transvaal, Report 1903 p. 7 ft.
5809
in Natal durch die gewaltige Versenkung am Rande des Indischen
Ozeans erklärt, auf die bereits Susss') hinweist.
Solange man der Ansicht war, daß die Karrugesteine sich
in einem Becken niederschlugen, dessen Süd- und Westraud durch
eine karbonische Faltung aufgerichtet wurden, solange mußte man
die heutige Grenze der Karruformation für die ursprüngliche
halten. Heute wissen wir, daß die Faltung der randlichen
Ketten in der südlichen und westlichen Kap-Kolonie sicherlich
erst nach Absatz der unteren Karruschichten erfolgte; es ist mir
sogar wahrscheinlich, daß diese Periode der Gebirgsbildung der
Ablagerung der spätjurassischen Enonkonglomerate, des terrestren
Aquivalents der Uitenhage-Formation, unmittelbar voraufging.
Man darf es also danach für wahrscheinlich ansehen, daß die
ursprüngliche Ausdehnung der Karruformation sehr viel größer
war als die heutige.
Diese Aunahme wird bestätigt durch die neuerdings erfolgte
Entdeckung‘) von Dwyka-Konglomerat innerhalb der Randketten,
im Tale des Breede River bei Worcester in der südwestlichen
Kap-Kolonie.
_ Auch im Norden scheint die Dwyka-Insel von Mafeking auf
eine frühere größere Ausdehnung dieses Gesteines hinzudeuten;
ob die Konglomeräte, welche bei Mapani Pau, südlich von
Palapye, (nördlich vom 23° im Betschuana-Laud) an der Basis
der Karruschichten in einer Mächtigkeit von 8 Fuß erbohrt
worden sind, dem Dwyka entsprechen, ist noch nicht festgestellt.
Es ist fast selbstverständlich, daß eine Geschiebeformation
von so großer Verbreitung lokale Abänderungen erkennen läßt;
es ist mir aber fraglich, ob rein petrographische Momente bereits
‚genügen könnten, um eine Scheidung in eine nördliche und eine
südliche Facies vorzunehmen. Zu den nicht unbedeutenden, aber
nach meiner Auffassung nicht ganz konstanten petrographischen
Unterschiede tritt aber ein geologisches Moment von großer
Tragweite, welches auf alle Fälle diese Unterscheidung eines
nördlichen und südlichen Typus rechtfertigt.
Esliegt nämlich das Dwyka-Konglomerat im Norden
seines Verbreitungsbezirkes diskordant auf sehr ver-
schiedenen Gesteinen, und seine Unterlage zeigt häufig
Schrammung und Rundhöckerformen; im Süden hin-
gegen ruht das Konglomerat stets konkordant auf den
Gesteinen der Kapformation, meist auf deren jüngsten
eAntlitzz.ders Erde 1 S. 507.
2, Vergl. Ann. Report Geol. Comm. Cape of Good Hope. 1897 t. 1.
”) Sedimentary deposits of Southern Rhodesia. Quart. Journ.
Geol. Soc. 1903 'S.: 273.
310
Gliede, dem Wittebergsandstein; die Gesteine der Kap-
formation zeigen an der Berührungsstelle mit dem Kon-
glomerate nie Schrammen.
Die Grenze beider Faciesbezirke würde nach Passarce!)
die Olifant-Komati-Linie bezeichnen, d. h. die Gerade, die man
von der Mündung des Olifant-Flusses in den Atlantischen Ozean
nach dem Durchbruch des Komati durch den Steilrand der
Drakensberge ziehen kann. Da Passarczr nun die südliche
Facies des Dwyka-Konglomerates für eine Driftbildung ansieht,
so ist nach ihm die Olifant-Komati-Linie die Küstenlinie des
permischen Kontinents. Zu einem ähnlichen Schluß kommt
SCHWARZ, nur zieht er seine Grenze etwas südlich von der Mün-
dung des Olifant nach Johannesburg. >
Sowohl PAssarGE wie Schwarz haben bereits bemerkt, daß
der Distrikt von Vryheid im südöstlichen Transvaal, obwohl er
südöstlich von ihrer Grenzlinie liegt, noch der nördlichen Facies
angehört; aber sie erklären ihn für eine vergletscherte Insel, die
vor der mit Inlandeis bedeckten Küste lag. Nun hat aber
bereits SUTHERLAND vor über 30 Jahren auf geschrammte Ge-
steinsoberlächen unter dem Dwyka Konglomerat im mittleren
Natal hingewiesen. Es scheint mir also richtiger, die Grenzlinie
von der Olifantmündung nach einem Punkte in Natal zu ziehen.)
Eine andere Frage ist aber, ob eine solche Grenzlinie
zwischen den beiden Facies des Dwyka-Konglomerates denn auch
wirklich die Küstenlinie des permischen Kontinents darstellt.
Daß die südliche Facies eine Driftbildung ist. ist möglich, aber
noch keineswegs durch Fossilfunde sichergestellt. Aber gesetzt
auch, diese Linie trennte Grundmoränen- und Driftbildungen, so
fällt sie doch keineswegs mit der Küstenlinie unmittelbar zu-
sammen. War das Inlandeis sehr mächtig und der Abfall des
Kontinents ein allmählicher, so kann die eigentliche Küstenlinie
noch sehr weit vom Rande des Inlandeises entfernt sein. Es
ist wichtig, dies im Auge zu behalten; denn man ist nur zu sehr
geneigt, dort eine Senkung des Landes anzunehmen, wo man
marine Schichten auf Grundmoräne auflagernd beobachtet.
Konstante Unterschiede petrographischer Natur sollen nach
Ansicht mehrerer Autoren die Scheidung des Dwyka in eine
Moränen- und eine Driftablagerung unterstützen; bevor wir auf
sie näher eingehen können, müssen wir den Habitus des Dwyka
in großen Zügen einer Betrachtung unterziehen.
!) Die Kalahari. Berlin 1904 S. 63.
?) Auch RoOGERS (Geology of the Cape Colony S. 399) nimmt für
die Dwyka-Küste einen ostwestlichen Verlauf an, läßt sie aber noch
weiter nach Süden rücken. Sie streicht bei ihm durch Karru Poort
und entspricht dem 33° s. Br.
31
3. Petrographische Beschaffenheit.
Das Dwyka-Konglomerat ist in den meisten Fällen als ein
Blocklehm mit verhärteter Matrix zu bezeichnen. In einer fein-
körnigen Grundmasse sind regellos verteilt halbgerundete Ge-
schiebe, deren Durchmesser von wenigen Millimetern bis zu
mehreren Fuß wechselt.
A. Die Matrix.
Die Matrix unterliest in ihrer Zusammensetzung, wie die
unserer heutigen Moräne, ziemlich erheblichen Schwankungen,
die schon makroskopisch hervortreten. So ist sie z. B. bei Ver-
eeniging an der Südgrenze des Transvaal so feinkörnig und
tonig, daß sie als feuerfester Ton abgebaut wird. Bei Matjes-
fontain am Südwestrande der Karru ist sie dagegen tonig-sandig
und sehr fest. Beinahe quarzitisch erscheint sie dem bloßen
Auge bei Mafeking. Die Farbe der Matrix war überall, wo ich
es beobachten konnte, ein helleres oder dunkleres Grau, das
öfters ins Grüne spielt; beim Verwittern zeigen sich bräunliche
und gelbliche Töne.
Conen!) war der erste, welcher die Matrix einer genauen,
petrographischen Untersuchung unterzog und ihre klastische Natur
über jeden Zweifel erhob. Seine Stücke stammten von Karru
Poort und Pataties River in der südwestlichen Kap Kolonie und
von Pietermaritzburg, Thornville und Pinetown in Natal. Er be-
schreibt die’ Matrix als eine Mikrobrececie. Ein Zement, das der
Hauptsache nach isotrop ist und aus amorpher Kieselsäure be-
steht, verkittet eckige, oft geradezu splitterige Gesteinstrümmer
und Mineralfragmente. Unter den mikroskopischen Gesteins-
bruchstücken erwähnt Corrn Quarzit, Hornstein, Granit, Gneis,
zersetzten Diabas oder Diabasporphyrit, Chloritaggregate mit
Einschlüssen von Caleit und Magnetit und verschiedenartige,
wahrscheinlich den kristallinen Schiefern angehörige Gemenge.
Außerdem fanden sich unter den Bruchstücken einzelner Mine-
ralien Quarz, Orthoklas, etwas seltener Mikroklin und Plagioklas,
noch spärlicher Magnesiaglimmer, Kaliglimmer, Augit, Epidot,
Hornblende, Granat, Erzkörner und Zirkon. Die Vorkommen
aus Natal und aus der südwestlichen Kap-Kolonie stimmten mit-
einander überein.
GREEN?) beschreibt die Matrix vom Südrande der Karru als
dunkelgrau, feinkörnig und fest. Harcn fand in ihr Fragmente
!) Geognostisch-petrographische Skizzen aus Südafrika. II. Die
Karrooformation. N. Jahrb. f. Min. Beil.-Bd. 5, 1887, S. 195 ft.
?) A contribution to the geology and physical geography of the
Cape Colony. Quart. Journ. Geol. Soc. 44. 1898, S. 239 ff.
312
von Quarz, Orthoklas, Chlorit, Plagioklas, Mikroklin, Saussurit,
Epidot, Glimmer, Granat, Zoisit, Augit und Olivin, außerdem
noch Trümmer von „Felsit* und „Trap“, Mikropegmatit und
Chiastolith-Fels. Es ist sonderbar, daß bei dieser Zusammen-
setzung der Matrix HarcH zu dem Schlusse kommen konnte, er
habe wahrscheinlich einen vulkanischen Tuff vor sich.
Bisweilen nimmt auch die Matrix den Charakter eines
dunkelblauen oder schwarzen Schiefers an, ohne daß sich die
Anordnung der Geschiebe dabei ändert. Derartige Varietäten
haben Rogers und Schwarz aus dem Distrikt Calvinia be-
schrieben. ') |
Die Matrix ist, soweit ich dies an Stücken, die ich in
Südafrika sammelte, feststellen konnte, teils kalkhaltig, teils
kalkfrei. Am kalkreichsten war die von Mafeking. Als
mäßig kalkhaltig erwies sie sich bei Riverton am Vaal und
Hopetown am ÖOranje, sehr schwach war der Kalkgehalt bei
Karru Poort und Buffels River am Südwestrande der Karru.
Als kalkfrei zeigte sich die Grundmasse hingegen bei Vereeniging
im südlichen Transvaal und Laingsburg am Südrande der Karru.
Dies Resultat überrascht umso mehr, als das Dwyka bei
Vereeniging unmittelbar auf dem dolomitischen Malmami-Kalk
aufruht. Es scheint dies darauf hinzudeuten, daß der ursprünglich
Kalkgehalt des Dwyka vielfach längst ausgelaugt ist und dal:
der Kalk, der sich jetzt in der Matrix bisweilen findet, zum großen
Teil sekundär bei der Verwitterung der Diabase entstanden ist.
Im Einklang mit dieser Deutung steht die Tatsache, daß die
Matrix in allen den Fällen, in denen sie sich als kalkig erwies,
reichlich Diabasfragmente enthielt, während solche z. B. bei
Vereeniging fehlen.
In einzelnen Fällen hat sich der, ursprüngliche oder
sekundäre, Kalkgehalt der Matrix lokal konzentriert und zur
Bildung von Konkretionen geführt, die ihrer Entstehung nach mit
den Lößkindeln .zu vergleichen sind. Derartige kugelige oder
linsenförmige Konkretionen werden aus dem Distrikt Calvinia‘)
und von der Farm Ratelfontein®) im Distrikt Ceres beschrieben;
auch in der südlichen Kalahari, 80 engl. Meilen nördlich von
Upington am Oranje sollen sie vorkommen.
Ich habe die Matrix von 6 verschiedenen Fundpunkten im
Dünnschliff untersucht,*) nämlich von Karru Poort und vom
!) Ann. Report. 1900, S. 44.
2). Ann. Rep. 1900, S. 44,
2 Ann. Rep. 1903,93. 28:
*) Ich wurde bei dieser Untersuchung in liebenswürdigster Weise
durch Herrn Dr. FınckH von der geologischen Landesanstalt unter-
stützt, dem ich an dieser Stelle dafür meinen herzlichsten Dank aus-
sprechen möchte. F
313
Buffels River am Südwestrande der großen Karru, von Hope-
town am Öranje, Riverton am unteren Vaal, Vereeniging im
südlichen Transvaal und endlich von Mafeking.
In allen Fällen bestand sie aus einen regellosen Mosaik
von sehr ungleich großen, eckigen bis halbgeränderten Gesteins-
und Mineralbrocken, die durch verhältnismäßig wenig zementierende
Substanz miteinander verkittet waren; die Matrix ist also mit
Couen als Mikrobreccie zu bezeichnen. Im einzelnen ließen aber
die verschiedenen Fundpunkte doch ziemlich erhebliche Ab-
weichungen voneinander erkennen.
Bei Karru Poort herrschen in der Matrix stark zersetzte
Granitbrocken mit entfärbtem Biotit vor. Daneben findet sich
ein Chloritschiefer, der reich an Epidot ist, stark zersetzter
Diabas, ein sehr feinkörniger Tonschiefer, grobkörniger Kalk mit
chloritischen Produkten, ziemlich stark zersetztem Feldspat und
kleinen Quarzausscheidungen, feinkörniger Kalk, ein quarzitisches
Gestein mit Chlorit und etwas Kalk u. a. m. Unter den
Mineralkörnern herrschte der Quarz weitaus vor, stark zurück
treten gegen ihn Orthoklas, Plagioklas, Kalkspat, Biotit, Horn-
blende und Muscovit.
Die Matrix vom Buffels River ist in ihrer Zusammen-
setzung der von Karru Poort ähnlich, nur ist sie feinkörniger
und enthält mehr Mineralbruchstücke als Gesteinstrümmer.
Bei Hopetown herrschen dagegen stark zersetzter Diabas und
seine Zersetzungsprodukte (Chloritmineralien, Kalk, amorphe
Kieselsäure) weitaus vor, daneben kommen sehr feinkörnige
Quarzite und Kalke vor. Granitisches Material ist zwar vor-
handen, tritt aber ganz in den Hintergrund. Eine ähnliche Zu-
saımmensetzung hat die Matrix von Riverton, doch scheinen hier
die feinkörnigen Quarzite zu fehlen. Au beiden Stellen findet
sich sehr reichlich sekundärer Kalk in kleinen Hohlräumen der
Diabasbrocken oder zwischen den einzelnen Gesteinsfragmenten.
Bei Vereeniging fällt in erster Linie das Fehlen von Diabas-
material auf; dies ist um so merkwürdiger, als Diabas in nicht
sehr großer Entfernung nördlich von diesem Punkte die lange
Kette des Klipriversberges bildet. Es ist jedoch möglich, daß
dieser Zug von basischen Eruptivgesteinen zur Dwyka-Zeit noch
nicht durch die Erosion freigelegt war. Ebenso bemerkenswert
ist das Fehlen von Kalkbrocken bei Vereenigung, besonders da
hier das Dwyka unmittelbar auf dem dolomitischen Malmami-Kalk
aufruht.. Es ist sehr wahrscheinlich, das die Kalke, bezw. Dolo-
mite hier durch spätere Auflösung entfernt wurden; darauf deutet
eine gewisse Porosität hin, ebenso wie das ziemlich reichliche
Vorkommen von Hornstein, der dem Malmami-Horizonte entstammt.
14
Der Hauptsache nach scheint sich die Matrix bei Vereeniging
aus Gesteinen der Pretoriaschichten aufzubauen, deren meist sehr
feinkörnige, sandig-tonige Gesteine weitaus überwiegen.
Bei Mafeking trifft man neben vielen Brocken von ziemlich
frischem Diabas auch wieder reichlich granitisches Material an.
Auch Quarzite und Kalke finden sich hier, reichlich ist sekundäre
Kieselsäure vorhanden. Es fällt auf, daß hier und auch noch bei
Vereeniging die Gesteine und Mineralbrocken viel eckiger sind,
als weiter im Süden.
Im allgemeinen scheint die Matrix des südlichen Dwyka
sehr viel mannigfaltiger zusammengesetzt zu sein, als die des
nördlichen, welche sehr deutlich lokale Beeinflussungen erkennen
läßt. Das Mikroskop bestätigt also die Resultate, welche die
Untersuchung der größeren Geschiebe zutage gefördert hat.
Die Substanz, welche die Gesteins- und Mineralträmmer in
der Matrix verkittet, ist am deutlichsten im Dwyka von Mafeking
zu erkennen. Sie ist durchsichtig, hellgrün, zuweilen fein porös
und im wesentlichen isotrop; augenscheinlich ist es amorphe
Kieselsäure. Diese Substanz umfließt die Gesteinsbrocken und
scheint in den Diabasen die farbigen Gemengteile zu ersetzen,
sodaß die ophitisch angeordneten Feldspate in ihr zu schwimmen
scheinen. Augenscheinlich handelt es sich um einen der Ver-
kieselungsvorgänge, wie sie PassarGr und KALkowsky aus der
Kalahari beschreiben. Daß als Verkieselungsmittel Opal und
nicht Chalcedon vorhanden ist, scheint für ein jugendliches Alter
des Vorganges zu sprechen; denn Passarcze!) gibt an, daß im
Gegensatz zu einer älteren Chalcedon-Verkieselung eine zweite,
jüngere Infiltration aus Opal besteht.
Ähnlich, wie bei Mafeking, ist die Kittsubstanz bei Vereeniging
beschaffen; jedoch ist sie hier lange nicht so rein, ihr-Charakter
ist daher weniger deutlich zu erkennen. Auch ist die Färbung
hier nicht grünlich, sondern zeigt helle, bräunliche Töne.
Im Gegensatz dazu scheint bei Riverton die verkittende
Masse in wesentlichen aus fein verteiltem kohlensaurem Kalk zu
bestehen. Bei Hopetown ist außer Kalk noch ein dunkelbraun-
grünes, aus der Zersetzung des Diabas stammendes Mineral und
möglicherweise auch amorphe Kieselsäure beteiligt.
Gleich zusammengesetzt ist diese Substanz bei Buffels River
und Karru Poort; sie ist in beiden Fällen dunkel gefärbt, mög-
licherweise durch organische Substanz, und besteht in der Haupt-
sache aus amorpher Kieselsäure.
Die leichte Zerstörbarkeit des Dwyka in der Vaal-Gegend
!\) Kalahari, p. 612.
ist wohl auf den Kalkgehalt der Kittsubstanz, bei Vereeniging
jedoch auf die Häufigkeit von Tongesteinsbrocken zurückzuführen.
Die größere Festigkeit der Konglomerate am Südwestrande der
großen Karru wie bei Mafeking beruht aber auf der sekundären
Verkieselung. Aus der verschiedenen Zerstörbarkeit auf eine
primär verschiedene Entstehungsweise der Konglomerate schließen
zu wollen, wie dies vielfach geschehen ist, wäre verkehrt.
B. Die Geschiebe.
Im typischen Dwyka-Konglomerat liegen große und kleine
Geschiebe wie in einer Grundmoräne regellos durcheinander; es
scheinen aber Blöcke von so riesigen Dimensionen, wie wir sie
aus unserem norddeutschen oder alpinen Diluvium kennen, hier
zu fehlen. Auch die Schollen von älteren Sedimentgesteinen,
die wir in den norddeutschen Diluvialbildungen so häufig an-
treffen, sind aus dem Dwyka bisher noch nicht bekannt geworden;
wahrscheinlich beruht dies darauf, daß das Dwyka meist sehr
harten, widerstandsfähigen Gesteinen aufruht, während die
Sedimentschollen des deutschen Geschiebemergels meist weichen
und leicht zerstörbaren Gesteinen angehören.
Mir liegen im Augenblicke 51 Geschiebe von 8 ver-
schiedenen Fundpunkten des südafrikanischen Dwyka vor. Davon
kann ich nur eines, einen schön gefalteten Eisenquarzit, den
ich bei Matjesfontein am Südwestrande der Karru sammelte,
allenfalls als eckig bezeichnen, obgleich auch dessen Kanten
nicht ganz scharf sind. Alle anderen Geschiebe waren kanten-
serundet oder halbgerundet und näherten sich mehr oder minder
einer regelmäßigen, meist ellipsoidalen Form, die aber in keinem
Falle ganz erreicht wurde. Etwa die Hälfte der gesammelten
Geschiebe zeigt auf dem größeren Teile ihrer Oberfläche
Schrammen; diese laufen zuweilen wirr durcheinander, bei den
länglichen Geschieben verläuft aber die hauptsächliche Kritzung
der Längsachse des Stückes annähernd parallel. Bei Geschieben,
die sich der Zylinderform nähern, sind die Längsflächen öfters
stark geschrammt, während die Basalflächen keine oder nur
geringe Schrammung aufweisen, Bei plattigen Stücken tragen
die breiten Flächen Kritzen, die schmalen nicht. Man kann
übrigens genau die gleichen Erscheinungen an diluvialen oder
rezenten Glacialgeschieben beobachten; sie erklären sich dadurch,
daß sich die zylindrischen Geschiebe mit ihrer Längsachse
parallel zur Bewegung des Gletschers stellen und daß die flachen
Stücke ihre breiten Seiten senkrecht zum Drucke orientieren.
Überhaupt lassen sich die meisten geschrammten Dwyka-Geschiebe,
wenn sie einigermaßen frisch sind, nicht von rezenten oder
diluvialen unterscheiden.
816
Neben Geschieben, bei denen sich die Schrammen kreuzen
und mehrere Flächen bedecken, finden sich andere, bei denen
sie hauptsächlich auf eine Fläche beschränkt sind und im all-
gemeinen untereinander parallel verlaufen. Ich habe zwei be-
sonders bezeichnende Geschiebe dieser Art bei Hopetown am
Oranje-Flusse gesammelt. Die eine Fläche ist hier vollkommen
abgeschliffen und mit außergewöhnlich tiefen Schrammen bedeckt,
die anderen Teile sind jedoch nur schwach gerundet und zeigen
lediglich eine sehr undeutliche Schrammung. Ich vermute, daß
es sich bei diesem Typus, der sich auf den ersten Blick von
dem normalen unterscheiden läßt, um losgebrochene Teile des
von der Moräne bedeckten Untergrundes oder um Teile eines
Geschiebepflasters !) handelt.
Ich bin der Ansicht, daß gekritzte Geschiebe im Dwyka
ganz allgemein verbreitet und wahrscheinlich ebenso häufig sind,
wie etwa im norddeutschen Geschiebemergel. Wenn man an
einzelnen Aufschlüssen im Dwyka sehr viele schöngekritzte Ge-
schiebe sammeln kann, während sie an anderen recht selten sind,
so hängt dies augenscheinlich mit der Beschaffenheit der Matrix
zusammen. Ist diese feinkörnig und weich, wie bei Vereenieing
im südlichen Transvaal, so sind Kritzengeschiebe in großer
Anzahl und sehr guter Erhaltung zu sammeln; einige, die ich
dort auflas, sind tatsächlich nicht von Diluvialgeschieben zu
unterscheiden. Ist dagegen die Grundmasse hart, wie bei
Matjesfontein am Südwestrande der großen Karru, so kann man
lange nach einem deutlich gekritzten Geschiebe suchen, und bei
Mafeking, wo sie widerstandsfähiger ist als die meisten Geschiebe,
fand ich überhaupt kein gekritztes Exemplar.
Im allgemeinen macht man die Erfahrung, daß gekritzte
Geschiebe am Süd- und Südwestrande der Karru, wo das Dwyka
gefaltet ist, viel seltener auftreten, als weiter im Norden,?) wo es
völlig flach liest. Es hängt dies möglicherweise damit zusammen,
daß durch den Faltungsprozeß die Kritzen zerstört sein mögen; der
Hauptgrund ist aber wohl der, daß die Matrix durch die gebirgs-
bildenden Kräfte eine Veränderung erfahren hat, die sich sehr
deutlich auch in ihrer groben Schieferung ausspricht, sie ver-
wittert daher im Süden schwerer und gibt nicht so leicht gut
erhaltene Geschiebe her.
Fazettengeschiebe sind im Dwyka selten; trotzdem ich
überall mit Eifer gerade nach ihnen suchte, besitze ich nur
einige wenige, vielleicht sogar nur ein einziges typisches. Nach
2). Verel. S. 335.
?) ROGERS und Du Toıt, Ann. Rep. 1903 S. 20.
317
Koren und Nörrıne!); wären die Fazettengeschiebe zeitweilig
in gefrorenen und festliegenden Teilen der subglacialen Grund-
moräne eingeschlossen gewesen. über die das Inlandeis hinweg-
glitt. Ich halte es für möglich, daß diese Deutung für die
permischen Geschiebe der Schlucht von Makrach in der Salt
Range und für manche andere zutreffend ist. Sie stößt jedoch
‚auf Schwierigkeiten in den Fällen, in welchem auf einem Ge-
schiebe zwei genau parallele Flächen angeschliffen sind. Ich hoffe,
auf diese interessante Fragen in einer späteren Arbeit zurück-
zukommen, welche die Fazettengeschiebe der antarktischen Eis-
berge zum Gegenstande haben wird.
Zuweilen läßt sich eine einigermaßen gesetzmäßige Verteilung
der Geschiebe im Dwyka feststellen. Dort, wo am Südwestrande
der großen Karru, im Distrikt Ceres und bei Laingsburg, Dwyka.
konkordant den Wittebergsandstein überlagert, enthalten seine
untersten und obersten Lagen nur kleinere Geschiebe; die größeren
finden sich ausschließlicb im mittleren Teile, der überhaupt am
geschiebereichsten ist. Zuweilen finden sich Lagen, in denen
die Geschiebe außergewöhnlich groß und zahlreich sind. Ein
solches „boulder bed“ von 10—15’ Mächtigkeit, das sich über
15 englische Meilen. weit verfolgen läßt, beschreiben Rogers und
Dv Toır?) von Elands Vlei im Distrikt Calvinia. Ein anderes
geschiebereiches Band, dessen Blöcke 2—5° Durchmesser auf-
weisen, wird von Van Wyxs Vlei, Calvinia°) erwähnt.
Über die petrographische Beschaffenheit der Dwyka-
Geschiebe liegen ziemlich zahlreiche Mitteilungen in der Literatur vor.
SUTHERLAND führt aus dem Dwyka von Natal an: Granit,
Gneis, graphitische Gesteine, Quarzit, Grünstein und Tonschiefer,
CoHEn aus Natal und dem Südwestrande der Karru: Hornstein,
Quarzit, Schiefer, Gneis und besonders zahlreiche Abarten von
Granit, Auch am Südrande der Karru ist nach GrEEN ein heller,
quarzreicher Granit sehr häufig. Systematische Aufsammlungen
von Dwyka-Geschieben haben neuerdings Rogers und Du Torrt)
bei Stompier-F'ontein, Distrikt Calvinia. am Westrande der großen
Karru gemacht. Nach ihren Angaben enthält das dortige Dwyka:
Quarzite verschiedener Art 35°
Granit und Gneis 17%
Sandstein 14°
Y) Centralblatt f. Mineral. etc. 1903 S. 42, 97 und 625.
2) Ann. Rep. 1903. S.. 22.
= Ann. hep. 19005. 44.
#) ROGERS and Du ToIT, Geolog. Survey of Ceres, SUTHERLAND
and CALVINIA. Ann. Rep. Geol. Comm. Cape of Good Hope 1903 S. 20.
Diabas und Diabasmandelstein 15
Gangquarz 4°
Krystalline Kalke, Tonschiefer, Glimmer-
schiefer, Hornsteine, Quarzporphyr 15 Yen
Im Distrikte von Prieska am Oranje-Fluß sind nach Rogers
und Schwarz!) Quarzite und Jaspis besonders häufig; neben
ihnen finden sich Granit, Gneis, Diabas und Diabasmandelstein
und dolomitischer Kalk. Nach meinen Beobachtungen werden
weiter aufwärts am ÖOranje wie besonders am Vaal Diabas-
gerölle ganz besonders häufig, was nicht verwunderlich ist, da
die riesige Diabasdecke der Vaalgegend meist das Dwyka direkt
unterlagert.
Im Pondolande bestehen die Geschiepde wie gewöhnlich teils
aus Granit. Gneis, Diabas und anderen krystallinen Gesteinen,
teils aus älteren, meist sandigen Sedimenten. Es fehlen jedoch
hier gewisse Gesteine der westlichen Karru, so z. B. die Jaspisse
und Eisenquarzite der Griquatown-Schichten.
Bei Vereeniging im südlichen Transvaal fand ich über-
wiegend Schiefertone und helle „Tonsteine*, die gewissen Mergel-
kalken sehr ähnlich sehen, aber keine Karbonate enthalten; sie
stammen wahrscheinlich aus den Pretoria-Schichten, welche weiter
nördlich anstehen. Unter den Geschieben des Dwyka, welches
östlich von Pretoria auf Waterbergsandstein liegt, sind quarzitische
Sandsteine und Konglomerate, die der Unterlage entnommen
sind, am häufigsten; ihnen zunächst kommen rote Granite, Granit-
porphyre, Syenite, d. h. Gesteine des großen Lakkolithen im
mittleren Transvaal. An einer Lokalität am Wilge River, wo
Dwykä auf Schiefern der Pretoria-Schichten ruht, sind Geschiebe
dieser Schichten besonders häufig.
Im nördlichen Verbreitungsbezirk, wo Dwyka diskordant auf
oft geschrammtem Untergrunde liegt, stammen die Geschiebe
häufig aus der unmittelbaren Nachbarschaft, so daß das Dwyka
zuweilen den Charakter einer Lokalmoräne erhält.
Das Vorkommen von Lokalmoränen betont MOoLENGRAAFF’)
ausdrücklich für den Vryheid-Distrikt. Ein sehr schönes Beispiel
führt Dunsw von den Doornbergen, Griqualand West an.*) Auch
aus dem Distrikt Calvinia?) am Westrande der großen Karru
!) Oranje River Ground Moraine. Transact. S. Afric. Philos. Soc.
11. 1900 S. 115.
?), Geolog. Surv. Transvaal. Report 1903 S. 21.
®, Glacial oriein of the Dwyka-Conglomerate. Transact. Geolog.
Soc. South Africa. 4. 1898. S. 110.
"\ Verel. 'S: 328
°) Ann. Rep. 1900. S. 45.
319
wird das lokale Überwiegen gewisser Geschiebetypen berichtet,
deren Anstehendes zumeist weiter im Norden zu suchen ist.
Ebenso lassen die Mitteilungen MeLLors aus dem Gebiete östlich
von Pretoria erkennen, wie stark der Untergrund die Zusammen-
setzung der Geschiebe beeinflußt.
Im Süden hingegen, wo Dwyka konkordant auf den näclıst
älteren Schichten des Witteberg-Sandsteins aufruht, hat es von
seinem Untergrunde fast nichts aufgenommen. Die Geschiebe
sind also hier fast sämtlich Exoten, die einen langen Transport
erfahren haben.
Es ist nun sehr bemerkenswert, daß diese Geschicbe nicht
auf einen Transport von Süden nach Norden hinweisen, der im
Zusammenhang mit einer antarktischen Vereisung stehen könnte,
sondern durchwegs einen nördlichen Ursprung verraten. So sind
z. B. die Diabase, welche häufig im Dwyka von Prince Albert
Village etc. am Südrande der Karru auftreten, ident. mit denen
des Klipriversberges bei Johannesburg und der Vaalgegend. Die
äußerst charakteristischen Eisenquarzite, wie ich sie z. B. bei
Matjesfontein sammelte, kennt man vom Hospital Hill bei
Johannesburg, aus dem östlichen Transvaal und von. den Doorn-
bergen. Die hornsteinführenden kristallinen Kalke, welche im
Dwyka der westlichen Karru häufig auftreten), finden sich an-
stehend am Campbell Rand in Griqualand West und entsprechen
dem in Transvaal so weit verbreiteten Malmami-Kalk oder Dolomit.
Mikroklin-Granite und Gmneise, welche im Dwyka der Kap Kolonie
eine bedeutende Rolle spielen, kommen in der Gegend des
Oranje vor. Rote Quarzite und Sandsteine, die im Dwyka der
südlichen und westlichen Karru eine sehr gewöhnliche Erscheinung
sind, entsprechen den Matsäp Schichten, helle Quarzite und
Glimmerschiefer den ’Keis Schichten von Griqualand West. Für
viele Dwyka-Gerölle ist jedoch das anstehende z. Z. noch nicht
nachgewiesen.
4, Heterogene Einlagerungen im Dwyka-Konglomerat.
Verhärtete Blocklehme mit echter Grundmoränenstruktur
spielen überall im Dwyka die Hauptrolle; ihnen eingelagert finden
sich aber nicht selten Bänke und Linsen von Schottern, Sanden
oder geschichteten Tonen, deren Ursprung auf Absatz im Wasser
zurückgeführt werden muß. |
Linsen von hellgefärbten Quarziten, die wohl ursprünglich
sehr feinkörnige Sande waren, sieht man besonders häufig bei
Matjesfontein; sie haben zuweilen ziemlich bedeutende Dimensionen
und ragen gleich mächtigen Walfischrücken über die leichter
!) RoGERSs, Geology of Cape Colony. London 1905. 8. 171.
320
verwitternden Konglomerate empor. Taschen von Quarzit be-
schreibt Schwarz!) aus dem Dwyka nördlich von Kandos Poort
im Distrikt Prince Albert am Südrande der Karru. Ähnliche
linsenförmige Einlagerungen erwähnen Rogers und vu Toır’)
von Beukes Fontein und Wardouw im Distrikt Ceres, also vom
Südwestrande der großen Karru; sie bestehen hier aus hell-
gefärbten, teineren und gröberen quarzitischen Sandsteinen, welche
Kreuzschichtung zeigen und Gerölle von Quarz, Quarzit, Feld-
spat, Sandstein und Schiefer führen. Die Mächtigkeit dieser
Quarzitlinsen beträgt im Maximum 25 Fuß. Auch östlich von
Karru Poort sollen sie häufig sein. Von Grahamstown und
Drielings Kloof südlich von Laingsburg erwähnen dieselben Autoren
sogar ganze Schichten von Quarzit, die dem Dwyka einge-
lagert sind.
Ich habe derartige Quarzitlinsen in dem nördlichen
Dwyka nicht mehr beobachten können und finde sie auch in der
Literatur nicht erwähnt. Wohl aber traf ich Bänke von mäßig
verhärtetem feinen Sand und grobem Kies im Dwyka von Hope-
town am Öranje.
MOoLENGRAAFF?°) beschreibt fluviatile Bänke aus dem Distrikt
von Vryheid im südöstlichen Transvaal und erwähnt besonders
Kreuzschichtung von der Farm Umkusberg am Umkuzi- Flusse.
Auch Wellenfurchen gibt er von der Farm Mooiklip an; sie hat
übrigens bereits SUTHERLAnD*) im Dwyka von Natal beobachtet.
Alle diese Erscheinungen deuten wohl auf einen zeitweiligen
Rückgang der Eisbedeckung hin.
Am deutlichsten lassen sich derartige Oscillationen in den
Profilen erkennen, welche Merror°) von dem Dwyka östlich
von Pretoria veröffentlicht hat.
Besonders schön sieht man sie an den hohen Ufern des.
Bronkhorst Spruit, von dem Merror drei Profile angibt. Das
unterste Glied, das hier in einer Mächtigkeit von 5 Fuß aufge-
schlossen ist, ist ein wohlgeschichteter Sandstein, der vereinzelt
größere Geschiebe führt; man könnte ihn in Anlehnung an nord-
deutsche Diluvialbildungen als einen verhärteten Geschiebesand
ansehen. Darüber folgt ein 6 Fuß mächtiges System von gelben
sandigen Schiefertonen, in denen sich ebenfalls bisweilen größere
2) Ann. Rep. 1903 S. 23.
®) On the glacial origin of the Dwyka-Conglomerate. Transact.
Geol. Soc. South-Afrika 4. 1898 S. 110.
*) Notes on an ancient boulder clay of Natal. Quart. Journ.
Geol. Soc. London 26. 1870 S. 514#t.
5) Geological Survey Transvaal Report 1903, t. XVII, f 1—3.
21
Gerölle vorfinden; diese Schiefertone bestehen aus sehr regel-
mäßigen Lagen, deren Dicke von Yıo- bis 1!/a Zoll wechselt.
Es scheint mir, daß diese Bildung mit den norddeutschen
Bändertonen zu vergleichen ist, welche sich in ruhigem Wasser
vor dem Eisrande niederschlugen; auch in ihnen beobachtet man
zuweilen größere Geschiebe, welche die sonst sehr regelmäßige
Schichtung stören. Dem obersten Teile dieser feingeschichteten
Tonschiefer ist am Bronkhorst Spruit bereits ein 3 Zoll dickes
Bänkchen von Geschiebemergel eingelagert. Nach oben folgen
wiederum Sandsteine und erst dann kommt das eigentliche Dwyka,
das aber hier reich an Sandschmitzen ist und eine ziemlich
sandige Matrix besitzt. Den Abschluß nach oben bilden wieder-
um Sandsteine mit vereinzelten größeren Geschieben.
Die Unterlage bis Dwyka ist am Bronkhorst Spruit noch
nicht aufgeschlossen; nach Analogie des Profils am Wilge-Flusse ')
und bei Balmoral?) darf man vermuten, daß die Geschiebe-
sandsteine, welche im Niveau des Bronkhorst Spruit anstehen, -
noch von Dwyka unterlagert werden, welches diskordant der
Oberfläche des Waterberg-Sandsteins auflagert.
Wir beobachten also östlich von Pretoria im allgemeinen
das folgende Profil, (von oben nach unten)
. Kohlenflöz
. Geschichtete Sande
. Geschiebemergel
. Feingeschichtete Tone und geschichtete Sande
. Geschiebemergel.
Da dieses Profil bisher an anderen Punkten im Dwyka noch
nicht nachgewiesen worden ist, so wird man vorläufig wohl gut
daran tun, in ihm eher den Ausdruck lokaler Oscillationen des
Eisrandes als den einer bestimmten Interglacialperiode zu suchen.
Auffallend bleibt es immerhin, daß gerade die Profile, welche
am deutlichsten fluviatile und limnische Einlagerungen im Dwyka
erkennen lassen, dem Zentrum der Vereisung am nächsten liegen,
welches wir für das mittlere oder nördliche Transyaal annehmen
müssen.
Im Einklange damit steht meine Beobachtung, daß manche
Bänke des Dwyka von Mafeking mehr den Eindruck eines sehr
groben Schotters, als den eines verhärteten Geschiebelehnms
machen.
Dort, wo diluviales Inlandeis über fluvioglaciale Ab-
lagerungen hinweggeschritten ist, finden sich diese nicht selten
Or wm —
1) Report 1908 t. XVII, £. 4.
®) Ebenda, t. XIX.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 1905.
322
gestaucht') oder in komplizierter Weise mit der Grundmoräne
verzahnt. Analoge Erscheinungen sind auch aus dem nördlichen
Dwyka bekannt geworden. MOoLENGRAAFF erwähnt sie aus dem
südöstlichen Transvaal und vergleicht sie mit der contorted drift
von Skandinavien und Schottland. Vertikale und horizontale
Zungen von Konglomerat dringen nach Rogers und pu Torr?)
bei Witte Vlakte West (Calvinia) in einen tonigen Sandstein ein;
an spätere- Einfaltung ist hier nicht zu denken.
Nicht auf bewegtes Wasser zurückzuführen ist wohl die
meist nicht besonders deutliche Schichtung der Konglomerat-
bänke, welche vielfach, besonders im südlichen Dwyka zu beob-
achten ist. Sie darf nicht mit der sehr deutlichen Schieferung
verwechselt worden, welche das südliche Dwyka dort kennzeichnet,
wo es von der Faltung der Randketten mit ergriffen ist. Die
Schieferung bedingt den Zerfall in einzelne, mehr oder minder
steil aufgerichtete Gesteinsplatten, welche auffällig an die Grab-
steine eines Kirchhofs erinnern.
5. Mächtigkeit.
Die Mächtigkeit des Dwyka nimmt im allgemeinen in der
Richtung von Nord nach Süd zu, ist aber im einzelnen großen
Schwankungen unterworfen. In der De Beers Mine?) in Kimberley
beobachtet man eine untere Lage von 18 Fuß, welche durch
15 Fuß schwarze Schiefer von einer oberen nur 4 Fuß mächtigen
Konglomeratbank getrennt ist; in der Wesselton Mine bei Kimberley
fand man das Konglomerat 5 Fuß dick. Etwas mächtiger ist es
jedenfalls bei Riverton am Vaal, nordwestlich von Kimberley. Bei
Vereeniging ist das Dwyka nach Angaben von Herrn LesLır, dem
ich hier für seine höchst instruktive Führung noch einmal danken
möchte, etwa 50 Fuß mächtig. Am Öranje, in der Nähe des
Deep River, ist nach Dunn°) die Mächtigkeit bereits auf 300 Fuß
gestiegen, in Natal beträgt ihr Maximum 1200 Fuß. Am West-
und Südwestrande der großen Karru ist der Durchschnittswert
1000 Fuß, er reduziert sich aber gegen Norden.°) Bei
Zoetendaels Vley nördlich von Uniondale, am Südrande der Karru,
hat Schuwarz‘) 500 Fuß gemessen.
!) Vergl. besonders H. CREDNER, Schichtstörungen im Untergrunde
des Geschiebelehms etc. Diese Zeitschr. 32. 1880 S. 75.
2) Geology of Transvaal, 1904 S. 71.
®) Ann. Rep. 1903 S. 23.
*) Nach Corstophine in Ann. Rep. Geolog. Comm. Cape of Good
Hope 1899. S. 23.
5
6) ROGERS u. DU Toıt. Ann. Rep. 1903. S. 24.
?) Ebenda, S. 94.
6. Gesechrammte Felsoberfläche unter dem Dwyka.
Daß die Oberfläche, der das Dwyka in seinem nördlichen
Verbreitungsbezirke diskordant aufruht, häufig Schrammen und
Politur aufweist, hat bereits SUTHERLAND in seinen ersten Publi-
kationen behauptet. Seitdem ist dieses Phänomen von zahlreichen
Autoren und an sehr verschiedenen Punkten beobachtet worden
und hat stets als stärkster Beweis für den glacialen Ursprung des
Dwyka gegolten.
Trotzdem muß ich gestehen, daß ich gerade dieser Er-
scheinung von vorn herein sehr skeptisch gegenüberstand. Zwar
existierten zur Zeit, als ich meine Beobachtungen iu Südafrika
begann, hereits mehrere photographische Darstellungen der per-
mischen Rundhöckerlandschaft; aber es ist, wie ich selbst auf
Kerguelen erfahren habe, ziemlich schwer, gerade diesen Land-
schaftstypus naturwahr auf der Photographie wiederzugeben,
und so konnte mich denn keine der bisherigen Abbildungen davon
ganz überzeugen, daß man in Südafrika unter uralten Konglo-
meraten frische Gletscherspuren finden könne. Es will einem zu
schwer in den Kopf, daß derartige Dinge, deren leichte Ver-
gänglichkeit wir an diluvialen Erscheinungen ja auf Schritt und
Tritt beobachten können, sich aus dem Palaeozoikum erhalten
haben sollen.
An dem allerdings wunderbar schönen Aufschlusse von
Riverton am Vaal habe ich meinen Tag von Damascus erlebt.
Ich habe die Spuren ehemaliger Vergletscherung an sehr vielen
Stellen der Alpen, Norddeutschlands und Nordeuropas gesehen
und hatte vor nicht zu langer Zeit vier Wochen auf der Insel
Kerguelen zugebracht, die außerordentlich reich an glazialen
Phänomenen ist. Und trotzdem muß ich gestehen, daß die Ober-
fläche des Diabases von Riverton so frische und untrügliche
Spuren ehemaliger Vergletscherung aufweist, wie ich sie selten
bisher gesehen habe. Wenn man Rüdersdorf als beweisend für
eine diluviale Eisbedeckung Norddeutschlands angesehen hat, so
muß man Riverton dieselbe Beweiskraft für die permische Eiszeit
in Südafrika zusprechen. Denn die Glaziallandschaft am Vaal
ist mindestens ebenso klar und frisch wie jene märkische.
Die Felsoberfläche, welche bei Riverton in junger Zeit von
der schützenden Decke des Dwyka entblößt worden ist, ist wohl
über 10000 Quadratmeter groß. Ein Teil dieses Areals liegt
am linken Ufer des Vaal in unmittelbarer Nähe des kleinen
Hötels, ein anderer auf der flachen Vaal-Insel ihm gegenüber.
Auf ihr wird das Gestein bei Hochwasser vom Flusse überspült,
aber es ist diesem noch nicht gelungen, die Kritzen zu ver-
2,2
324
wischen; er hat sich damit begnügen müssen, die Gesteinsober-
fläche mit einer dunklen Eisenmanganhaut zu überziehen.
Der Anblick ist der einer typischen Rundhöckerlandschatt.
Die Schrammen gleichen auch darin den echten Gletscherschrammen,
daß sie nicht alle einander genau parallel verlaufen. Die eine
oder andere Kritze weicht etwas von der Hauptrichtung ab und
kreuzt sie unter spitzem Winkel. Hin und wieder ist ein Stückchen
aus der Gesteinsoberfläche ausgebrochen, ein Ansatz zur splittern-
den Glacialerosion, wie sie BALTZER beschreibt. Eine unge-
schrammte Leeseite konnte ich bei Riverton nicht beobachten,
augenscheinlich sind dazu die Rundhöcker zu flach. In der
Richtung der Kritzen verlaufen auch sehr bezeichnende flache
Rinnen und Mulden.
Die Richtung der Schrammen ist nach meinen Messungen
am linken Vaal-Ufer N. 70 W. mißw. = 8. 83 W. rechtw.
auf der Vaal-Insel. N. 78 W. mißw. = 8. 75 W. rechiw.
Selbst Gletschertöpfe fehlen nicht. Ich konnte einen, allerdings-
ziemlich kleinen, auf der Vaal-Insel entdecken; er liegt nicht sehr
hoch über dem mittleren Wasserstande des Vaal, allein bei dem
sehr phlegmatischen Laufe dieses Flusses erscheint seine Bildung:
in moderner Zeit ausgeschlossen. Nach einer freundlichen münd-
lichen Mitteilung von Herrn Professor MOLENGRAAFF sind Gletscher-
töpfe unter dem Dwyka stromabwärts ziemlich häufig.
Daß bei Riverton (und weiter abwärts am Vaal, wie Srow
und MOLENGRAFF berichten), die Kritzen so außerordentlich scharf
und frisch erhalten sind, hängt augenscheinlich mit der Be-
schaffenheit des Gesteins zusammen, das sie trägt. Der fein-
körnige Diabas, der in der Vaalgegend eine so große Verbreitung
besitzt und möglicherweise mit dem Diabasmandelstein am Klip-
riversberge bei Johannesburg in Verbindung steht, ist wie kein
anderes Gestein dazu befähigt, Gletscherschrammen aufzunehmen
und zu konservieren.
Auch diegroße Frische der südafrikanischen Glacialerscheinungen-
kann mich heute nicht mehr wundern. Ich unterschreibe Wort
für Wort, was MOLENGRAAFF!) in Bezug darauf sagt: „In such
parts of the country I found a typical moraine landscape
presenting all the characteristics of such landscapes in a way so
clear and distinet, that it is not surpassed by the best known
parts of the moraineland formed round the Alps, in the planes
of North Germany and Holland, and in many other places in
Europe, where they form the geologist's most valuable evidences-
!) On the glacial origin of the Dwyka Conglomerate. Transact..
Geolog. Soc. South Africa. 4. 1898 S. 107.
325
to prove the great extent of the European glaciers in the
Quarternary ice age. At the first glance it might appear
astonishing that glacial phenomena of such an ancient (Permian?)
date should have preserved their peculiaritiess with as much
elearness as of the glaciers had extended to South Africa in
geologically recent times, but it may be easily understood that
once the glacial deposits were covered by the upper Karroo beds,
nothing could injure tnem and alterations could only take place
by pressure and chemical agency, and we see just the effects of
these agencies in the conversion of our Dwyka boulder clay into
the Dwyka Conglomerate. The destruction of the glacial deposits
and their characteristics only began as soon as the upper Karroo
beds were so far removed by erosion, that they became in places
uncovered.“
Wenn ich hier so lange bei Riverton verweilte, so hat dies
seinen Grund darin, daß ich die dortige Glaciallandschaft mit
eigenen Augen gesehen habe und mich deswegen mit der Sicher-
heit aussprechen darf, welche eigene Anschauung verleiht. Es
erscheint mir aber zweifellos, daß an vielen anderen Punkten im
Bereiche des nördlichen Dwyka die Dinge sehr ähnlich liegen,
wie bei Riverton. |
So findet sich weiter abwärts am Vaal, in Griqua - Land
West, eine Reihe von Aufschlüssen, welche nach MoLENGRAAFF !)
in jeder Hinsicht dem von Riverton entsprechen; sie waren bereits
Stow bekannt. der sie in einem nachgelassenen, bisher noch
nicht publizierten Manuskript beschreibt.
Verfolgt man den Vaal noch weiter abwärts, so kommt man,
nahe seiner Einmündung in den Oranje, an die Stelle, welche
bereits von Dunn?) und später noch einmal ausführlich von
SCHENcK°?) beschrieben worden ist. Das Dwyka ruht hier Ton-
schiefern und Kalksteinen auf, die nach Schenck der Kapformation
angehören, wohl aber sicher*) mit den Lydenburger Schichten
(Transvaal-System MOoLENGRAAFFS) zu indentifizieren und. daher
nach neuerer Auffassung für älter anzusehen sind, als die Kap-
formation. Nur die Schiefer zeigen an dieser Stelle noch Kritzen,
die Oberfläche des Kalksteins ist rauh und verwittert.
Sehr schöne Glacialerscheinungen haben neuere Aufnahmen
') Geology of Transvaal, Edinburgh u. Johannesburg 1904 S. 68.
?) Report on a supposed extensive deposit of coal etc. Cape-
town 1886 8. 9.
>) Uber Glacialerscheinungen in Süd-Afrika. Verhandl. d. 8. Deutsch.
Geographen-Tages, Berlin 1889 S. 152.
*) PASSARGE, Kalahari, S. 70.
326
von Rogers und ScHhwaArz!) am ÖOranje nachgewiesen. Ber
Jackals Water im Bezirke Prieska ist es ein Quarzit, welcher
sehr deutliche Schrammung zeigt. Die einzelnen Kritzen sind zu-
weilen 2 Fuß lang und kreuzen einander unter sehr spitzen
Winkeln. Die Rundhöcker sind auf der Südseite rauh und nicht
gekritzt, haben also hier ihre Leeseite; ein derartiger Rundhöcker
erhebt sich etwa 10 Fuß über die Oberfläche und ist 60 Fuß
lang. An einer Stelle ist eine senkrechte Wand des quarzitischen
Untergrundes mit Kritzen bedeckt, welche denen der Rundhöcker
parallel laufen Ähnlich, aber etwas weniger schön sind die
Erscheinungen bei Klein Modder mn etwa 15 Meilen SSW
von Jackals Water.
Bei Vilets Kuil am Beer Vlei, Distrikt Hopetown, ist nach
Angabe derselben Autoren ein Rücken von Mandelstein-Felsit
geschrammt; auch hier entspricht die Südseite der Leeseite.
Es ist bezeichnend, daß sich in den Distrikten von Prieska
und Hopetown Kritzen nur auf Quarziten und Felsiten. d. h. auf
sehr feinkörnigen und widerstandsfähigen Gesteinen erhalten haben.
Alle anderen Gesteine, welche das Dwyka hier unterlagern, wie
die magnetitreichen Jaspisschichten der Doornberge, Granit,
Gneis, Melaphyr und kristalline Kalke, zeigen keine Schrammen
mehr, wiewohl an Granitoberflächen sich zuweilen noch die Rund-
höckerformen erkennen lassen.
Aus Natal berichtet bereits SuTHERLAnD, daß die Oberfläche
des „Tafelbergsandsteins“ unter dem Dwyka an mehreren Lo-
kalitäten geschrammt sei; so am Umgeni oberhalb Queens
Bridge, bei den Kupferminen am Ifumi und bei Fort Buckingham
am Tugela.”) Fraglich ist nur. ob man es tatsächlich hier mit
Tafelbergsandstein zu tun hat oder ob nicht etwa ein Horizont
der Lydenburger Schichten vorliegt, wie PAssarGE vermutet.
Doch hält auch die Cape Survey die Sandsteine Natals für Tafel-
berg-Sandsteine.
Prachtvolle Glacialerscheinungen beschreibt MOoLENGRAAFF’°)
neuerdings aus dem Distrikt Vryheid im südöstlichen Teile von
Transvaal. Die Schichten, welche hier von Dwyka bedeckt
worden sind, gehören der sogen, Barberton-Serie der süd-
afrikanischen Primärformation an und bestehen aus Tonschiefern,
Quarziten etc. mit intrusiven Graniten. MOoLENGRAAFF erwälhnt
folgende Lokalitäten, an denen gekritzte Gesteinsoberflächen zu
beobachten sind:
!) Oranje River Ground Moraine. Transact. South Afrie. Philos.
Soc. 11. 1900 S. 117.
?) SUTHERLAND, Geology of Natal. Durban 1868 S. 17, zitiert
nach MOLENGRAAFF in
®) MOLENGRAAFF, Origin of the Dwyka Conglomerate. Transact.
Geolog. Soc. South Africa 4. 1898 S. 105.
3an
1. Farm Nauwpoort, unweit des Zwart Umvolosi-Flusses.
Quarzit.
2. Farm Vlakhoek und Tuschenheide. Quarzit, Sandstein
und Konglomerat.
3. Farm Blauwbank. Hornblende-Granit.
4. Farm Doornpan. Tonschiefer.
Sehr schöne Rundhöcker zeigt besonders der Quarzit der
Farm Nauwpoort; sie werden hier bis 50 Fuß hoch und sind so
glatt, daß sich die Sonne in ihnen spiegelt; eine Leeseite läßt
sich an ihnen nicht beobachten.
Aus den südlichen Teilen des mittleren Transvaal waren
bis in neueste Zeit geschrammte Felsoberflächen noch nicht be-
kannt gewesen; es liegt dies z. T. daran, daß hier, wie z. B.
bei Vereeniging, Kalk und Dolomit die Unterlage des Dwyka
bildet, zum anderen Teil aber auch an dem Umstand, daß die
untere Grenze des Dwyka hier vielfach nur in Grubenaufschlüssen
bekannt geworden ist. In allerletzter Zeit haben aber die Auf-
nahmen der Landesuntersuchung!) von Transvaal auch östlich
von Pretoria prachtvclle Glacialerscheinungen nachgewiesen. Das
Dwyka lagert hier diskordant auf dem sogen. Waterberg-Sand-
stein, einem Horizont von noch unbestimmtem Alter, der aber
jedenfalls sehr viel jünger ist als die Lydenburger Schichten,
von denen ihn eine deutliche Diskordanz trennt. Die bis jetzt
bekannten Fundstellen liegen nahe der Bahnstrecke Pretoria—
Delagoa Bay; die eine bei Station Elands River, die andere
östlich von ihr bei Balmoral.
Eine Zusammenstellung der Schliffrichtungen, welche bisher
unter dem Dwyka beobachtet worden sind, ergibt folgendes Bild:
Riverton am Vaal N810 bis N840
Auf dem Gebiete der Vaal River | (MoLen-
Estate Co, Griqualand West, | GRAAFF)
westlich von Kimberley N 370 bis NO
An der Mündung des Vaal in
den Oranje. NNO (SCHENCK)
Jackals Water, District )
nn Prieska NNO
E | Klein Modder Fontein, 15 | nase
z Meilen engl. SSO von ‚Einige Grad östlich und
= Jackals Water von Nord
&. Vilets Kuil nahe dem Beer und)
Vlei, District Hopetown N10W
!) MELLOR, Report on portions of the Pretoria and Middelburg
distriets between the Elands River Valley and Balmoral. Geolog.
Surv. of the Transvaal. Report 1903 S. 21.
328
= < „| Farm Doornpan N 5W| Akon
= &>2! Farm Nauwpoort N35w ı (Moren-
Be | Farm Vlakhoek u. Tuschenheide N10W | Re
Elands River und Balmoral NNW (MELLOR)
OÖ von Pretoria
Abgesehen von einer Ausnahme (Vilets Kuil) sehen wir
also die Schrammen im Westen (Griqua-Land West etc.)
Richtungen zwischen N und OÖ aufweisen, während im O solche
zwischen N und W beobachtet werden. Die Schrammen kon-
vergieren also im allgemeinen gegen N hin. Schon dies läßt
uns das Zentrum der Dwyka-Vereisung im Norden,
etwa im Gebiete des mittleren oder nördlichen
Transvaal, suchen. Weitere Argumente in dieser Richtung
liefern die Gerölle des Dwyka, deren Ursprung sich noch bisweilen
feststellen läßt.
Östlich von der Doornberg-Kette fehlen nach Dunn!) die
gelben Jaspisse und veränderten Krokydolithe vollständig, aus
denen sich diese Erhebungen zusammensetzen, westlich von ihr
finden sie sich jedoch in sehr großer Menge. Es ist also sehr
wahrscheinlich, daß das Eis in der Richtung von O nach W
die Doornberge überströmte. RoGErs und Schwarz nehmen für
die Dwyka-Geschiebe des Prieska-Distriks einen nördlichen
Ursprung an. Die Heimat der Geschiebe von Riverton ist in ONO
zu suchen.
Dazu kommt, daß die Rundhöcker des subglacialen Unter-
grundes in den von RoGERsS und ScHwArz untersuchten Distrikten
nach S gelegene Leeseiten aufweisen.
Alle diese Merkmale weisen mit Bestimmtheit darauf hin,
daß in der Vaal-Oranje-Gegend die Stromrichtung der Dwyka-
Vereisung im Mittel von NÖ gegen SW gerichtet war.
Nicht ganz so klar liegen die Verhältnisse im. südöstlichen
Transvaal. MOoLENGRAAFF hat längere Zeit der Ansicht gehuldigt,
daß das Eis hier von SO nach NW floß. In neuester Zeit hat
er aber beobachtet,®) daß im Vryheid-Distrikte Geschiebe aus
dem mittleren Transvaal vorkommen, und nimmt nunmehr eine
gegen SO gerichtete Stromrichtung des Dwyka-Eises an.
Ebenso hält es Mertor für erwiesen, daß das Eis östlich
von Pretoria von NNW gegen SSO floß.
Es erscheint nach allen diesen Angaben nicht mehr zweifel-
haft, daß sich ein Zentrum der Dwyka-Vereisung im mittleren
!) Dumm, Report on a supposed deposit of coal etc. Capetowir
1886 S. 9.
?), MOLENGRAAFF, Geology of Transvaal S. 69.
329
oder nördlichen Transvaal, etwa in der Gegend der Springbok
Flats oder des Palala-Plateaus befand. Ob sich hier in jung-
paläozoischer Zeit ein hoher Gebirgsstock erhob, ob hier ein
Hochplateau lag, von dessen Rändern das Eis abströmte, das
wissen wir nicht. Wir müssen immer im Auge behalten, daß
uns bisher nur eine Hälfte des gesamten Problems notdürftig
bekannt ist, nämlich die Verbreitung des Eises nach Süden hin.
Wie die Verhältnisse nördlich von dem hier angenommenen
Zentrum der Vereisung lagen, ist uns zur Zeit noch völlig un-
bekannt. Ebensowenig wissen wir etwas darüber, ob nicht neben
diesem in Transvaal gelegenen Mittelpunkt der Vereisung noch
andere in Südafrika existierten.
Man sieht also, die Frage der Dwyka-Vereisung in Südafrika
ist noch keineswegs ganz gelöst und bietet immer noch die
interessantesten Probleme.
| Da das südliche Dwyka ursprünglich wohl in horizontaler
Lage abgelagert worden ist und überall seiner Unterlage konkor-
dant aufliegt, so muß man daraus schließen, daß diese bei Ein-
tritt der Ereignisse, welche die Ablagerung des Dwyka hervor-
riefen, eine horizontale oder höchstens schwach gewellte Platte
bildete. Die z. B. in FrecHhs Lethaea vertretene Ansicht, daß
die Kapformation zur Karbonzeit gefaltet wurde, ist daher zu
korrigieren; die erste Faltung, welche die Kapschichten erfuhren,
abgesehen von einer leichten Hebung, welche ihr Auskeilen im
Distrikt Calvinia veranlaßte, datiert sicher aus dem Mesozoicum.
Es liegt nahe, diese erste Dislokationsperiode mit der Bildung
der Enon-Konglomerate in Zusammenhang zu bringen; sie würde
dementsprechend in die spätere Jurazeit fallen. Das aber die
Randgebirge der großen Karru noch in nachjurassischer Zeit,
vielleicht sogar in einer sehr jungen Periode, noch einmal gefaltet
wurden, beweisen die starken Dislokationen, welche nach Schwarz!)
im Enonkonglomerat des Distriktes Willowmore zu beobachten
sind. Nach meiner?) Auffassung deutet auch die durchaus jugend-
liche Talbildung in: den anal] der Karru auf sehr junge
Dislokationen hin.
Gerade umgekehrt liegen die Dinge im Bereiche des nörd-
lichen Dwyka; dieses liegt auf einer alten, teilweise gefalteten
und sehr heterogen zusammengesetzten Unterlage, hat aber nach
seiner Ablagerung keine wesentlichen Dislokationen, wenigstens
nicht durch Faltung, mehr erfahren.
Die Tatsache, daß das Dwyka im Norden auf sehr ver-
schiedenen und zuweilen stark dislozierten Gesteinen aufliegt,
2) Ann. Rep. 1903 S. 111. RE
?) Vergl. PauıLıpPpI, Geograph. Zeitschr. 1905.
330
besagt natürlich noch nicht ohne weiteres, daß seine Unterlage
auch uneben war; denn sie konnte ja ebensowohl eine glatte
Rumpffläche darstellen, wie sie Passarcze von vielen Stellen in
Afrika beschreibt oder wie sie am Östrande des Ural auftritt.
Es läßt sich nun aber an verschiedenen Punkten nachweisen,
daß die Auflagerungsfläche des nördlichen Dwyka stellenweise
recht uneben war.
Nach MoLENGRAAFF!) verläuft die untere Grenze des
Dwyka im Distrikte Vryheid in sehr verschiedener Meereshöhe;
ein Teil dieser Höhenunterschiede sei zwar auf jüngere Dislo-
kationen zurückzuführen, ein anderer finde aber seine Erklärung
in ursprünglichen Unebenheiten des Untergrundes. MError?)
nimmt an, daß die Täler des Elands River, Bronkhorst Spruit
und Wilge River östlich von Pretoria präglacial seien; sie
scheinen mehr oder weniger vollständig mit Dwyka ausgefüllt
gewesen zu sein und sind erst in jüngster Zeit reexcaviert
worden. Besonders deutlich zeigt dies ein Profil am Wilge.
In den Aufschlüssen am rechten Vaal-Ufer bei Vereeniging
konnte ich selbst die außerordentlich unebene Unterfläche des
Dwyka beobachten, das dort stellenweise in Schluchten des
Malmami - Dolomits lagert. Von Jackals Water im Distrikt
Prieska geben Rogers und Schwarz?) eine Abbildung, nach der
Dwyka an eine senkrechte, mit Kritzen bedeckte Wand von
8 Fuß Höhe anstößt.
Leider ist gerade das nördliche Dwyka zu selten aufge-
schlossen, um eine weitere Verfolgung „präglacialer“* Talzüge zu
gestatten.
Soweit sich aus den spärlichen Angaben, die bisher vor-
liegen, vermuten läßt, war der Untergrund des nördlichen Dwyka
hügelig und zeigte keinen Hochgebirgscharakter. Nach allen
bisherigen Beobachtungen läßt sich auf ein einheitliches Inlandeis
schließen, welches keine Oberflächenmoränen trug.
7. Der Übergang aus der nördlichen in die südliche
Ablagerungsform der Dwyka.
Noch vor wenigen Jahren war die Frage offen, ob das
Vaalkonglomerat, das diskordant auf oft seschrammter Unterlage
aufruht, identisch sei mit dem Dwykakonglomerat, das konkordant
die höchsten Schichten der Kapformation am Südwest- und Süd-
rande der Karru überlagert. Wurde ja doch die Ansicht ge-
!) Origin of the Dwyka, S. 111.
?) Geolog. Surv. Transvaal. Report 1903, S. 20, siehe auch
Prohl. tt. 18,72:
®) Oranje River Ground Moraine, 'S. 118.
391
äußert, das südliche Konglomerat sei alt, aber nicht glacial, das
nördliche zwar glacialen Ursprungs, gehöre aber dem Diluvium an.
Neuere Aufnahmen der Kap-Geologen Rogers und SCHWARZ
haben die Indentität der nördlichen und südlichen Konglomerate
nachgewiesen und zugleich über das Auskeilen der Kapformation
und das Verhalten des Dwyka zu deren Gliedern sehr interessantes
Material zu Tage gefördert.
Der Übergang aus der nördlichen in die südliche Dwyka-
Entwicklung vollzieht sich am Westrande der großen Karru,
hauptsächlich im Distrikt Calvinia. Noch bis zu den Farmen
de Vallei und Kaffırs Kraal am Westrande der Karru liegt
Dwyka dem Wittebergsandstein konkordant auf!) und geht durch
ein System von geschiebefreien, sandigen Schiefern in ihn über,
d. h. bis hierhin ist der südliche Typus in voller Reinheit ent-
wickelt.
Weiter nördlich, bereits bei Elands Vlei an der Westseite des
Doorn River, fehlen die Zwischenschichten zwischen Dwyka und
Wittebergsandstein. Die Oberfläche des Wittebergsandsteins
unter dem Dwyka ist uneben (hummocky), zeigt aber keine deut-
liche Schrammung. Daß aber der Untergrund hier bereits abge-
nutzt wurde, mit anderen Worten, daß das Dwyka hier von In-
landeis und nicht von Eisbergen abgelagert wurde, beweisen die
Geschiebe von glimmerreichem feinplattigem Wittebergquarzit,
welche aus der Unterlage des Konglomerates entnommen und in
dessen untersten Schichten aufgehäuft sind.
Wenig nördlich von Elands Vlei keilt der Wittebergsand-
stein aus und das Dwyka liegt nun diskordant auf dem mittleren
Gliede der Kapformation, den marinen Bokkeveldschichten.?)
Bei Menzies Kraal erinnert die Oberfläche des Bokkeveld-Sand-
steins unter dem Dwyka an Rundhöcker-Formen; Schrammen
fanden sich auf anstehendem Gestein nicht, wohl aber zeigte sie
ein losgelöster Block des Untergrundes. Je weiter nach Norden,
desto tiefere Teile der Bokkeveldschichten traten in Berührung
mit dem Dwyka, bis dieses sich schließlich am Nordende der
Farm Matjesfontein®) direkt auf den Tafelbergsandstein legt. Aber
bereits an der Stink Fontein Poort, wo der Doorn River das
Plateau des Bokkeveld-Berges durchbricht, hat sich auch dieses
unterste Glied der Kapformation ausgekeilt, und das Dwyka be-
deckt nun auf eine längere Strecke die Ibiquas-Schichten, welche
!) Ann. Report. Geolog. Commiss. Cape of Good Hope 1903.
Serleie
2), Ann. Rep. 1901 S. 34.
°®) Nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Station an der
Bahnstrecke Capstadt—De Aar, wo gleichfalls Dwyka ansteht.
392
durch eine Diskordanz von der Kapformation getrennt und jeden-
falls bedeutend älter als diese sind. Nördlich vom Bokkeveld-
berge tritt schließlich Dwyka mit Granit und Gneis in Berührung;
hier endigte vorläufig die Kartierung, aber vom Gipfel des Lange-
berges sahen die aufnehmenden Geologen das Dwyka sich weit
nach Norden in das Buschmannland hinein ziehen.
Somit ist durch die sorgfältigen Aufnahmen der Herren
Rogers und Schwarz der Übergang der nördlichen Facies des
Dwyka alias Vaalkonglomerat in die südliche oder das echte
Dwyka-Konglomerat am Westrande der großen Karru sicher ge-
stellt worden.
Daß sich der petrographische Habitus des Dwyka mit dem
Verschwinden der Diskordanz an seiner Basis ändert, mag sich
teilweise wohl daraus erklären, daß es möglicherweise in einem
anderen Medium abgelagert worden ist. Ich komme auf diesen
Punkt noch zurück. Die stärksten Abweichungen sind aber wohl
darauf zurückzuführen, daß das südliche Dwyka gefaltet ist, das
nördliche nicht. Daß die Grenze zwischen gefaltetem und unge-
faltetem Dwyka nahezu mit der Nordgrenze der konkordanten
Auflagerung zusammenfällt, darf wohl als ein Zufall betrachtet
werden. Jedenfalls trat die Faltung erst lange nach Bildung des
Dwyka, vermutlich erst in spätjurassischer Zeit ein.
Im Süden der großen Karru und in ihrem Westen bis zur
Grenzlinie de Vallei-Kaffırs Kraal, einem Teil der Olifant-Komati
Linie PAssarGes, existiert also zwischen Dwyka und seiner Unter-
lage, dem Wittebergsandstein, keine wahrnehmbare Diskordanz;
beide Formationsglieder sind vielmehr durch ein tonig-sandiges
Schichtsystem miteinander verbunden, das die Landesuntersuchung
der Kapkolonie als die Lower Shales bezeichnet und dem Dwyka
zurechnet. |
8. Verschiedene Deutung des nördlichen und südlichen
Dwyka.
In einer sehr dankenswerten zusammenfassenden Darstellung
des Dwyka-Konglomerates hat Corstorame!) im Jahre 1899 die
Kennzeichen der nördlichen und südlichen Ausbildungsweise ein-
ander gegenübergestellt. Aus der instruktiven Tabelle, die auch
PASSARGE in seinem Werke über die Kalahari wiedergibt, geht
hervor, daß hauptsächlich in drei Punkten Verschiedenheit herrscht.
1. Das nördliche Dwyka ist fast ungeschichtet, während das
südliche öfters Schichtung erkennen läßt.
2. Im nördlichen Dwyka entstammen die Geschiebe zum
großen Teil dem in der Nähe anstehenden Gestein, im südlichen
nicht.
2) Ann. Report 1899, 3. 41m.
333
3. Das nördliche Dwyka liegt diskordant auf oft gekritzter
Unterlage, das südliche konkordant auf dem höchsten Gliede der
Kapformation, dem Wittebergsandstein, mit dem es durch petro-
graphische Übergänge verbunden ist.
Ob der in Punkt 1 berührte Unterschied konstant genug ist,
um eine Trennung in zwei Facies vorzunehmen und für beide
eine verschiedenartige Genese zu befürworten, ist mir nicht be-
kannt. Sehr viel wichtiger ist jedenfalls der dritte Punkt, mit
dem der zweite aufs engste zusammenhängt.
Das nördliche Dwyka halten die südafrikanischen Geologen
wohl übereinstimmend für die Grundmoräne eines Inlandeises;
mir ist keine Tatsache bekannt, die gegen diese Annahme spricht.
Das südliche Dwyka hingegen wird von den meisten, speziell
von den Geologen der Cape Survey. für eine Driftbildung erklärt.
Nach der einen Ansicht trieben die geschiebeführenden Eisberge,
welche sie hervorriefen, in einem riesigen Binnensee, nach der
anderen im offenen Meere.
Ich muß gestehen, daß ich eine Driftbildung in einem In-
landsee nicht grade für sehr wahrscheinlich halte. Um Eisberge
von mittlerer Größe zu tragen, mußte der See mindestens
150—200 m tief sein. Seine Breite läßt sich nicht genau fest-
stellen, da wir den Ost- und Westrand des südlichen Dwyka
nicht genau kennen; sie kam aber wohl mindestens der von
Südafrika unter dem 32° s. Br. gleich. Zu derartigen Riesen-
seen nimmt der Geologe seine Zuflucht, wenn er sich garnicht
mehr anders zu helfen weiß. Ich erinnere nur an die monströsen
Seen, in welchen sich der Old Red Sandstone gebildet haben soll.
Für das südliche Dwyka scheint mir ein derartig gewaltsamer
Erklärungsversuch nicht notwendig zu sein.
Wenn es sich hier wirklich um eine Driftbildung handelt,
so ist eine marine jedenfalls leichter zu erklären als eine limnische.
Für eine marino-glaciale Entstehungsweise des südlichen Dwyka
fehlt allerdings der direkte Nachweis, der durch das Vorhanden-
sein von marinen Tierresten geführt wird; aber auf der anderen
Seite spricht dieser Punkt auch nicht unbedingt gegen die Ab-
lagerung im Meere.
Auf der deutschen Südpolar-Expedition befand sich der
„Gauß“ monatelang in Meeresteilen, in welchen marino-glaciale
Sedimente zur Ablagerung gelangen. Jeder Dretschzug konnte
uns davon überzeugen, daß in der Tiefe das Tierleben sehr reich
entwickelt war und daß dort speziell kalkabsondernde Organismen
in großer Menge lebten. Die oberflächlichen Schichten des
Meeres waren hingegen ganz außerordentlich reich an Diatomeen.
Das Lot aber brachte in den meisten Fällen Sedimente herauf,
welche keinen Kalk und meist nur schr wenig Diatomeenreste
enthielten. Es muß also in diesen antarktischen Gewässern, auch
schon in geringen Tiefen, eine rapide Auflösung von Kalk und
Kieselsäure vor sich gehen, und Driftablagerungen, welche sehr
arm an Organismenresten sind, sind das Resultat.
Man könnte vielleicht am ehesten erwarten, im südlichen
Dwyka Diatomeenreste zu finden. Aber einerseits steht es nicht
fest, ob in jener entlegenen Periode sich diese Pflanzenformen
bereits dem Leben in eiskalten (Gewässern so angepaßt hatten,
wie heutzutage; andrerseits haben im Dwyka starke Umsetzungen
gerade der Kieselsäure stattgefunden, wie die allgemeine Durch-
kieselung der Matrix und die Quarzitbildung in den Sandlinsen
beweist, und es ist wahrscheinlich, daß die leicht lösliche Kiesel-
säure der Diatomeen zu allererst von diesen Vorgängen er-
griffen wurde.
So ist denn eine marinoglaciale Entstehung des südlichen
Dwyka zwar durch Fossilfunde nicht bewiesen, aber auch durch
ihr Fehlen nicht ausgeschlossen.
Für die Annahme, welche im südlichen Dwyka eine marine
Driftbildung sehen will, scheinen auch die „lower shales* zu
sprechen, welche einen petrographischen Übergang zwischen dem
Dwyka - Konglomerat und dem Wittebergsandstein darstellen.
Zwar sieht man auch in unseren Diluvialbildungen oft genug
Grundmoräne feinklastische Bildungen konkordant überlagern;
aber stets ist die Grenze zwischen beiden Bildungen scharf aus-
geprägt, und in keinem Falle entsprechen die geschichteten Bil-
dungen unter unserem Geschiebemergel den „lower shales“, die
ganz allmählich in das Dwyka übergehen. Hingegen entsprechen
die „lower shales“ petrographisch etwa den Bildungen, wie sie
sich vor der Mündung großer Flüsse, etwa in der Nähe der
100 Faden-Linie, niederschlagen.
Auch die Schichtung, welche das südliche Dwyka bisweilen
zeigt, läßt sich mit der Annahme einer Eisdrift gut in Einklang
setzen. Beobachtungen in den antarktischen Meeren haben ge-
zeigt, daß es gewisse Perioden gibt, in denen Eisberge viel
häufiger auftreten und weiter nach Norden schwärmen, als in
gewöhnlichen Zeiten. Es liegt nahe, die Schichtung im süd-
lichen Dwyka, welche ja auf einem Wechsel des Materials be-
ruht, mit derartigen Erscheinungen der Jetztwelt zusammen
zu bringen.
Öseillationen in der Dicke des Inlandeises müssen sich in
einem Vor- oder Zurückgehen des Eisrandes ausprägen. Es
muß also, wenn das Inlandeis im Meere endigt, zuweilen Grund-
moräne auf Driftbildung lagern oder umgekehrt. Anzeichen für
Dy%)
ein derartiges Verhalten scheinen nun neuerdings RoGERs und
ou Toır!) in dem „striated pavement“* von Elands Vlei, am
Westrande der Karru, gefunden zu haben.
Das Geschiebepflaster?) liegt etwa 50 Fuß über dem Boden
des Dwyka. Die zahlreichen Geschiebe, welche an seiner Ober-
Näche liegen, sind sämtlich in der Richtung O. 5 S. (mißweisend
oder rechtweisend?) geschrammt, ältere Kritzen, die in anderen
Richtungen liefen, sind dadurch fast vollständig verwischt. Die
Matrix trägt Furchen bis zu 1 Zoll Tiefe, welche in derselben
Richtung wie die Schrammen verlaufen. Es scheint wohl sicher,
das sich die Unterfläche des Inlandeises hier über bereits ge-
bildetes Dwyka schob, das eine zähe, halbverhärtete Masse dar-
stellte. Wenn das Dwyka, dem das Steinpflaster angehört, eine
Driftbildung war, so hätte man es hier mit einer Überlagerung
durch Moräne zu tun, wie sie jedes Anschwellen, bezw. jeder
Vorstoß des Inlandeises hervorrufen mußte.
Mit völliger Sicherheit läßt sich jedoch z. Z. die Frage,
ob das südliche Dwyka eine marine Driitbildung ist, noch nicht
entscheiden, teils weil wir noch zu wenig über dasselbe wissen,
zum anderen Teile aber auch, weil marine Driftablagerungen der
Jetztwelt, die wir zum Vergleich heranziehen müssen, uns noch
sehr wenig bekannt sind.
9. Die Schichten im Liegenden und Hangenden des
südlichen Dwyka.
Die „lower shales*, welche das Dwyka zumeist vom Witteberg-
sandstein trennen, bestehen am Südwestrande der Karru?) aus
dunkelblauen oder grünlichen Schiefertonen; zu unterst liegen
meist einige Bänke von grobkörnigem Quarzit, welcher Kreuz-
schichtung zeigt. In den letzteren kommen bisweilen Gerölle
von Quarz sowie Bruchstücke von Feldspat und Schiefer vor,
während die große Masse der „lower shales“ frei von gröberen
Beimengungen ist. Die Mächtigkeit beträgt im Distrikt Ceres
und den sich östlich anschließenden Gebieten 350—400 Fuß.
Ein genaues Profil durch die „lower shales“ beschreibt
SCHWARZ von Kandoos Poort im Distrikt Prince Albert, am
Südrande der Karru. Dunkle oder grünliche, oft sehr dünn-
Ann Rep. 190318. 21.
*) Auch aus nordischen Glacialablagerungen sind derartige Ge-
schiebepflaster öfters beschrieben worden. Man vergl. GEINITzZ,
Lethaea Geognostica. II. Teil. 2. Quartär. Lief. 2 S. 201 und
GILBERT, Journ. of Geology 1898 S. 771. Eine analoge Bildung ist
die hier bereits erwähnte aus der Schlucht von Makrach in der
indischen Salt Range.
Senn Rep. 1903782.19.
336
schichtige Tonschiefer walten vor, ihnen schalten sich gelbliche
Sandsteine und weiße Quarzitbänke ein. Die Mächtigkeit beträgt
hier 459V/; yards und wird als außergewöhnlich groß angesehen;
für gewöhnlich sind die „lower shales“ nördlich von den Zwarte-
bergen nur halb so mächtig.
Weiter östlich, bei Zoetendals Vlei,?) sind die „lower
shales“ sehr reich an Quarziten, auch Kalksteine kommen vor.
Besonders auffallend ist hier ein Konglomerat, das sich aus ab-
gerollten oder eckigen Fragmenten von Quarz, großen Feldspat-
kristallen und Kugeln von Kalkstein, von etwa 1 Zoll Durchmesser,
zusammensetzt.
Wenn die „lower shales*“ die marinen Ablagerungen sind,
welche sich bildeten, bevor der Rand des Inlandeises die Küste
erreichte und Eisberge produzieren konnte, so müssen ihnen
„upper shales“ entsprechen, welche über dem Dwyka zur Ab-
lagerung gelangten, als das Inlandeis beim Abschmelzen sich
hinter den Küstensaum zurückzog. Dies ist tatsächlich auch der
Fall. Das südliche Dwyka-Konglomerat geht- nach oben in
„upper shales*°) über, welche in ihrer Zusammensetzung den
„lower shales“ analog sind. Sie bestehen nämlich aus blau-
schwarzen oder grünlichen Tonschiefern, welche weiter nach eben
mit ebenfalls dunklen, dünnschichtigen Sandsteinen wechsellagern.
Den Abschluß nach oben bilden schwarze kohlige Schiefer, welche
reich an Pyrit sind und unter Bildung von Gips schneeweißß ver-
wittern; sie enthalten in ihrer obersten Abteilung Bänke von
Hornstein, welche von den Geologen der Cape Survey als die obere
Grenze der Dwykaschichten angesehen werden. An der Basis
der kohligen Schiefer fanden sich bei Nieuwoudtville in der west-
lichen Karru Reste von Mesosaurus. Die Mächtigkeit der „upper
shales“ beträgt am Südwestrande der Karru 550 Fub.
Schon in den „upper shales* ist der Zusammenhang mit
Glacialbildungen nicht mehr direkt aus der Gesteinsbeschaffenheit
abzuleiten und wird nur aus ihrem allmählichen Übergange in
das Dwykakonglomerat gefolgert. In der nächst jüngeren Ab-
teilung, den Eccaschichten, fehlt am Süd- und Westrande der
sroßen Karru jede Andeutung eines glacialen Ursprunges.
10. Die Eceaschichten.
In ihrer normalen Ausbildung gliedern sich die Eceaschichten %)
im Südrande der großen Karru in vier Horizonte (four phases Ecca)
1!) Ebenda S. 88.
2) Ebenda S. 94. .
®) Ann. Rep. 1903 S. 24 und 89 ff.
2), Ann. Rep. [903.502
Sol
Schiefertone
Kalksteine
Rot verwitternde Sandsteine
. Gelb verwitternde Sandsteine.
An einzelnen Stellen haben die Eccaschichten Reste der
Gangamopteris-Glossopterrs-Flora geliefert.
Eine etwas abweichende Facies stellen die Graaff-Reinet-
Schichten Jar. Sie bestehen aus dunklen, aber mit weißen
Flecken übersäten Schiefern und Sandsteinen und kieselreichen
Kalken und enthalten in großen Mengen verkieseltes Holz.
Die vorwiegend sandige Facies, welche auch als Laingsburg-
Facies bezeichnet worden ist, geht weiter nach N in die rein
tonige der Kimberley-Schiefer über. Doch ist in diesen möglicher-
weise ein Teil der upper shales des Dwyka noch enthalten.?)
Ich muß hier die Frage, in welchem Medium sich die Ecca-
schichten am Süd- und Westrande der großen Karru niederschlugen,
unbeantwortet lassen und betone hier lediglich, daß irgend eine
Mitwirkung des Eises bei ihrer Bildung nicht mehr anzunehmen ist.
Anders scheinen allerdings nach MoLENnGRAAFF die Ver-
hältnisse bei dem Teil der Eccaschichten zu liegen, welche im
südöstlichen Transvaal dem Dwyka auflagern.. Nach diesem
Forscher?) bestehen die Eccaschichten fast ausschließlich aus
einem dunklen Ton, der von der Matrix des Dwyka nicht unter-
schieden werden kaun. Der Übergang beider Gesteine ineinander
ist ein ganz allmählicher; zuweilen ist sogar Wechsellagerung
wahrzunehmen, wie z. B. auf der Farm Vaalklip im Distrikt
Vryheid. An einer anderen Stelle beobachtete MOoLENGRAAFF
sroße eckige Geschiebe in einem sonst geschiebefreien Ecca-
Schiefer.
Zu dieser Auffassung ist folgendes zu bemerken. Morrn-
GRAAFF zählt das Kohlenflöz des südlich"n und südöstlichen
Transvaal bereits den Beaufort-Schichten zu, während eine andere
Ansicht, der ich mich anschließen möchte, in ihm ein Äquivalent
der Ecca-Schichten erkennen will. Besonders wichtig scheint
mir für diese Frage die Flora von Vereeniging zu sein; diese
deutet aber auf untere Dyas, während die Beaufort-Schichten
ziemlich allgemein bereits für triadisch angesprochen werden.
Außerdem ist das Kohlenflöz südlich und östlich von Pretoria
nur durch äußerst geringmächtige Sandstein- und Schieferhorizonte
vom Dwyka getrennt; im südöstlichen Transvaal ist die Mächtig-
keit der Schichten, welche die Kohle vom Dwyka trennen, aller-
dings sehr viel beträchtlicher.
ww
!) ROGERS, Geology of Cape Colony, 1905 S. 184.
?) MOLENGRAAFF, Origin of the Dwyka Conglomerate S. 112.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 1904. 22
338
Unter diesen Umständen halte ich es für nicht unwahrscheinlich,
daß die Eccaschichten MoLENGRAAFFS, die augenscheinlich in der
Rückzugsperiode des Inlandeises abgesetzt wurden, noch dem den
Dwykaschichten im weiteren Sinne, vielleicht den upper shales der
südlichen Facies entsprechen. Es liegt sogar die Annahme nicht
ganz fern, in den kohligen Schiefern am Südrande der Karru ein
Äquivalent des Transvaal-Kohlenflözes zu sehen. Dann würde
dieses sogar aus den Eccaschichten ausscheiden und an die Spitze
der Dwykaschichten rücken.
Aber auch MoLENGRAAFFS Ansicht ist nicht gänzlich zu
verwerfen. Da sich augenscheinlich das Inlandeis nach Norden
zurückzog, so konnten sich recht wohl in Transvaal zur Eccazeit
noch Glacialablagerungen niederschlagen, während die gleichalterigen
Schichten viel weiter im Süden keine Spur mehr von ihnen er-
kennen lassen.
Erst genaue stratigraphische Arbeiten in Natal und am
Westrande des großen südafrikanischen Karru - Beckens oder
glückliche Fossilfunde werden über diese interessante Frage
sicheren Aufschluß geben.
11. Ist für die Dwyka-Bildungen eine einmalige Ver-
eisungsperiode anzunehmen?
Einlagerungen, welche auf Transport durch bewegtes Wasser
hindeuten, sind. wie bereits geschildert, im Dwyka durchaus
nicht selten; allein sie sind im allgemeinen weder so konstant
noch so mächtig, daß man aus ihnen auf Interglacialzeiten
schließen darf. Augenscheinlich handelt es sich um die Tätig-
keit subglacialer Schmelzwasser. vielleicht um geringe Oscillationen
am Eisrande oder, falls das südliche Dwyka im Meere abgelagert
wurde, um die Wirkung von Strömungen. An den meisten
Punkten tritt uns das Dwyka als eine vorwiegend einheitliche
Bildung entgegen, welche nur auf einen einmaligen Vereisungs-
vorgang zurückzuführen ist.
Einzelne Beobachtungen aus dem Gebiete des nördlichen
Dwyka scheinen dieser Auffassung zu widersprechen. Von den
Lagerungsverhältnissen bei Vereeniging, welche nach Ansicht
einiger Autoren die interglaciale Lage des dortigen Kohlenflözes
beweisen sollen, spreche ich ausführlich weiter unten. Ich kann
in dem geringmächtigen (1 Fuß) Konglomerat im Hangenden der
Kohle lediglich eine Flußablagerung sehen, für deren Zusammen-
hang mit einer zweiten Vereisungsperiode bisher noch der
Beweis aussteht.
Ähnlich scheinen die Verhältnisse am unteren Vaal zu
339
liegen, über die Srtow') berichtet. Nahe der Basis der Karru-
Formation liegt ein Konglomerat von 70—80 Fuß Mächtigkeit,
das nach der Beschreibung dem Dwyka entspricht, aber stellen-
weise recht deutliche Spuren fließenden Wassers aufweist. Ent-
gegen dem sonstigen Verhalten des nördlichen Dwyka ruht
aber dieses Konglomerat nicht unmittelbar älteren Gesteinen auf,
sondern ist von ihnen noch durch eine Schichtenfolge von Sand-
steinen und Tonschiefern getrennt, deren Mächtigkeit nicht be-
kannt ist. Diese Schichten erinnern an die analogen Gesteine
an der Basis des südlichen Dwyka, sie berechtigen wohl aber
noch nicht, das Konglomerat in ihrem Hangenden den Ecca-
schichten zuzurechnen, wie dies PAssarGE?) tut. Ich möchte
vielmehr in diesem unteren Konglomerat Srtows echtes Dwyka
erkennen.
Wohl aber dürfte das jüngere oder Backhouse Konglomerat
den Eccaschichten angehören, da es augenscheinlich hoch über
dem älteren Konglomerat liegt und von mächtigen, meist oliv-
farbigen Schiefertonen, den olive shales von Kimberley, unter-
lagert wird. Ich habe das Backhouse Konglomerat nicht mit
eigenen Augen gesehen und kann aus Stows kurzer Beschreibung
nicht den Eindruck gewinnen, daß es sich um eine Grund-
moränenbildung handelt. Da Srtow neben „boulders* auch von
„gravel“ spricht, scheint eher eine fluviatile Bildung anzunehmen
zu sein. In diesem oberen Konglomerate finden sich große ge-
rundete Massen des unteren Konglomerates, dieses scheint also
den erodierenden Flüssen bereits teilweise zum Opfer gefallen
zu sein. Auch für das obere Konglomerat von Vereeniging hat
umgelagertes Dwyka wohl den größten Teil des Materials
geliefert.
So lange ein Zusammenhang dieser oberen Konglomerate
mit echten Grundmoränenbildungen nicht erwiesen ist, wird man
lediglich von einer dyadischen Vereisungsperiode in Südafrika
sprechen dürfen.
12. Alter des Dwyka.
Eine direkte Altersbestimmung des Dwyka ist nicht möglich,
da sich Fossilien in ihm noch nicht gefunden haben. Wohl
aber lassen sich aus der Überlagerung durch fossilführende
Horizonte Schlüsse ziehen, bei denen allerdings eine gewisse
Vorsicht geboten erscheint.
Am klarsten scheinen die Verhältnisse bei Vereeniging im
südlichen Transvaal zu liegen Das Profil, welches am Nord-
!) Notes upon Griqualand-West. Quart. Journ. Geolog. Soc. 30.
1874 S. 598 u. 605.
?) Die Kalahari S. 51.
222
340
ufer des Vaal und in den Kohlengruben aufgeschlossen ist, läßt
in der Reihenfolge von oben nach unten folgendes!) erkennen:
1. Sandstein mit Glossopteris, Gangamopterts, Stigillaria ete.,
20 Fuß.
Verkitteter Schotter, 1 Fuß.
Kohle, 10—12 Fuß.
Dunkle Schiefer mit Wurzeln, 10 Fuß.
. Dwyka-Konglomerat, 50 Fuß.
Nach Corstopnıe?) ist das unter 2 genannte Konglomerat
im Hangenden der Kohle ebenfalls glacialen Ursprungs, das Kohlen-
flöz von Vereeniging wäre dementsprechend interglacial.
In den Kohlengruben von Viljoens Drift unmittelbar südlich
von Vereeniging sollen sogar Dwyka und Kohle wechsellagern.
Ich kenne leider die Verhältnisse "bei Viljoens Drift nicht, kann
aber für Vereeniging CORSTOPHINES Ansicht nicht beitreten. Das
geringmächtige Konglomerat über der Kohle ist nach meinen
Beobachtungen keine Grundmoräne, sondern ein Schotter, in dem
allerdings wenig abgerollte Gesteinsbrocken enthalten sind und sich
im wesentlichen dieselben Gerölle finden, wie im.Dwyka unter der
Kohle. Es ist also denkbar, daß dieses Konglomerat fluvioglacial
ist; dann wäre allerdings die Kohle von Vereeniging interglacial.
Es ist aber ebensowohl möglich, daß das fragliche Konglomerat
eine rein fluviatile Bildung darstellt und daß seine Beziehung zu
den liegenden Glacialbildungen sich darauf beschränkt, daß Dwyka-
Material aufgearbeitet und auf secundärer Lagerstätte deponiert
worden ist.
Wenn also auch das Hangende der Kohle möglicherweise
nicht mehr glacialen Ursprungs ist, so ist doch die Verbindung
zwischen der Kohle und dem Dwyka in ihrem Liegenden eine
sehr intime. Das Profil zeigt bereits, daß das Flöz von einem
dunklen Schiefer unterlagert wird, welcher Wurzeln von Kohlen-
pflanzen enthält; es wäre dies also ein under-clay, die Kohle von
Vereeniging somit als autochton anzusehen. Es dringen aber die
!) Die Mächtigkeits-Zahlen verdanke ich Herrn LESLIE aus Ver-
eeniging, dessen sachkundiger Führung ich mich erfreute.
2) Note on the age of the Central South Africa Coalfield.
Transact. Geolog. Soc. South Africa 6. 1903 S. 16
>) Herr Prof. PoTonIE hat auf meine Bitte diese dunklen Streifen
untersucht und in ihnen Kohle konstatiert. Er rechnet allerdings auch
mit der Möglichkeit, daß es sich um humöse Infiltration handeln
kann. Diese Deutung ist nicht sehr wahrscheinlieh, da das Dwyka
von dem Kohlenflöz durch 10 Fuß Tonschiefer getrennt ist, die wahr-
scheinlich ein Durchsickern von humussauren Lösungen aus dem
ursprünglichen Waldmoore verhinderten. Die Deutung, daß es sich
um echte Wurzelreste handelt, ist die wahrscheinlichere.
341
Wurzeln der Kohlenpflanzen sogar noch bis in das echte Dwyka
vor und haben stellenweise seine Gerölle umschlungen. Taf. XXV
Fig. 2 stellt ein derartiges Geröll dar, welches noch Spuren
von Wurzeln in Gestalt von kohligen Bändern auf seiner Außen-
seite aufweist.
Es ist also wohl zweifellos, daß die Vegetation, deren Reste
sich im Kohlenflöz von Vereeniging aufhäuften, auf dem Dwyka
(und vielleicht den untersten Schichten des Ecca - Horizontes,
wenn wir diesem die Schiefertone mit den Pflanzenwurzeln zu-
zählen wollen) wuchs.
Man kann allerdings immer noch einwenden, daß zwischen
der Bildung des Dwyka und dieser Vegetations-Periode sehr große
Zeiträume liegen können. Es ist dies jedoch nicht grade wahr-
scheinlich. In diesem Falle müßte das Dwyka Spuren starker
Verwitterung erkennen lassen. Aber grade die Gerölle von Ver-
eeniging, welche z. T. aus leicht verwitternden Tonschiefern, Ton-
steinen etc. bestehen, sind ganz außergewöhnlich frisch.
Die fossile Flora, durch welche Vereeniging so bekannt
geworden ist, hat sich nun allerdings in den Sandsteinen im
Hangenden des Kohlenflözes gefunden; man darf aber vermuten,
daß die gleichen Pflanzen an der Bildung des Flözes selbst be-
teiligt waren.
Nun beschreibt Sewarn!) von Vereeniging
Glossopteris Browniana Brogn. var, indica
See angustifolia
Gangamopteris cyclopteroides FEISTM.
Neuropteridium valiıdum Feıstm.
Bothodendron Leshi sp. n.
Psygmophyllum Kidstoni sp. n.
Sıgillaria Brardi Brone.
Noeggerathropsis Hislopi Bune.
Conites Sp.
Cardtocarpus Sp.
Phyllotheca sp.
Schrzoneura Sp.
Es ist also. die auf der Südhemisphäre wohlbekannte
Glossopteris-Gangamopteris-Flora, welche in Australien zusammen
mit marinen Fossilien der Dyas vorkommt; einen etwas anderen
Habitus erhält die Flora von Vereeniging durch das Auftreten
gewisser Typen der Nordhemisphäre, unter denen Sigellarıa
Brardi Bronen. die wichtigste zu sein scheint. Diese Elemente
') Fossil floras of Cape Colony. Ann. South. Afric. Museum.
4. 1903.
342
widersprechen der Deutung der Flora als dyadisch nicht, würden
aber auch ein oberkarbones Alter zulassen.
Solange nicht neue Funde gemacht werden, wird man die
Flora von Vereeniging wohl am besten der unteren Dyas zu-
weisen. Das Dwyka ruht also an der Basis der Dyas oder an
der Spitze des Karbons.
Zusammenfassung.
Die hauptsächlichsten Ergebnisse der bisherigen Forschung.
über das südafrikanische Dwyka-Konglomerat sind in folgende
Punkte zusammenzufassen:
1. Man trennte bisher die Konglomerate am Vaal und
Oranje als Vaal- oder Glacialkonglomerat von dem typischen
Dwykakonglomerat am Süd- und Westrande der großen Karru.
Der Zusammenhang beider Bildungen ist nunmehr erwiesen, man
darf alle Konglomerate an der Basis der Karruformation im
wesentlichen als gleichaltrig auffassen und als Dwyka-Konglomerat
bezeichnen.
2. Das typische Dwyka-Konglomerat ist als ein Blocklehm
mit verhärteter Matrix zu bezeichnen; diese ist zweifellos
klastischer Natur und hat die Struktur einer Mikrobreccie. Die
Verhärtung ist auf eine sekundäre kieselsaure und Kalk-Infiltration
zurückzuführen. Die Geschiebe sind halb gerundet und gleichen
in ihrer äußeren Form durchaus diluvialen oder rezenten Grund-
moränengeschieben. Kritzen waren wohl ursprünglich ganz all-
gemein vorhanden; gekritzte Geschiebe sind aber nur dort häufig
und in guter Erhaltung zu sammeln, wo die Matrix leicht ver-
wittert. Facettengeschiebe sind selten. Im „südlichen* Dwyka
sind die Geschiebe durchweg Exoten, während im „nördlichen“
ein großer Teil dem Untergrunde oder dem in der Nachbarschaft
anstehenden entstammt, wodurch das Dwyka stellenweise den
Charakter einer Lokalmoräne annimmt.
3. Heterogene Einlagerungen finden sich vielfach im Dwyka.
Sie bestehen im Süden meist aus Quarzitlinsen, im Norden aus
verhärteten Sanden, Schottern oder wohlgeschichteten Tonen. Sie
sind in ersterem Falle wohl auf marine Strömungen, im zweiten
auf lokale Oscillationen des Eisrandes etc. zurückzuführen.
4. Die Mächtigkeit des Dwyka ist sehr verschieden, nimmt
aber im allgemeinen von Nord nach Süd zu.
5. Felsoberfächen mit typischer Glacialschrammung und
Rundhöckerbildung sind unter dem nördlichen Dwyka häufig
beobachtet werden. Die Richtungen der Schrammen konvergieren
nach Nord und deuten auf ein Zentrum der Vereisung hin, das im
mittleren und nördlichen Transvaal anzunehmen ist. Auch die
343
Geschiebe lassen nördliche Herkunft erkennen. Die Unterlage
des nördlichen Dwyka war uneben und ließ deutliche Talzüge
erkennen, die heute z. T. reexkaviert sind.
6. Während das nördliche Dwyka diskordant auf der oft
geschrammten Oberfläche verschiedener Gesteine aufruht, liegt
das südliche konkordant auf dem höchsten Gliede der Kap-
formation, dem Wittebergsandstein. Der Übergang beider Ab-
lagerungsformen in einander ist im Distrikt Calvinia in der
westl. Kap-Kolonie beobachtet worden.
7. Das nördliche Dwyka ist bisher ziemlich allgemein als
Grundmoräne eines Inlandeises, das südliche als Driftbildung er-
klärt worden. Eisbergdrift in einem großen Inlandsee, wie viel-
fach vermutet wird, ist sehr unwahrscheinlich. Hingegen ist
eine marine Driftbildung, wenngleich durch Fossilien noch nicht
bewiesen, für das südliche Dwyka recht plausibel.
8. Für diesen Ursprung sprechen auch die lower und .
upper shales im Liegenden und Hangenden des südlichen Dwyka.
9. Die Eccaschichten lassen im Bereiche des südlichen
Dwyka keinen glacialen Ursprang mehr erkennen. Ob sie sich
weiter im Norden noch unter glacialen Bedingungen bildeten, ist
noch nicht mit Sicherheit nachgewiesen.
10. Es ist vorläufig mit Sicherheit nur eine ‚einmalige Ver-
eisung für das Jungpaläozoicum in Südafrika nachzuweisen.
11. Das Dwyka gehört der ältesten Dyas oder dem jüngsten
Karbon an.
Schluß.
An der Hand der hier im Auszuge mitgeteilten Tatsachen
ist es leicht, die über das Dwyka bisher aufgestellten Hypothesen
zu kontrolieren.
Die Deutung des Dwyka als Eruptivgestein (SUTHERLAND
früher, BaAın etc.) ist, nachdem die wahre Beschaffenheit der
Matrix unter dem Mikroskop erkannt worden ist, unhaltbar
geworden. Gegen seine Auffassung als Eruptivbreccie (Wyrery,
Dunn früher, Sawver, HarcH) sprechen 1. das Fehlen von
Kristallen oder Eruptivgesteinsfetzen, welche aus dem Erdinnern
auf explosivem Wege herausgeschleudert sein können. 2. Die
weite und verhältnismäßig gleichmäßige Verbreitung des Dwyka.
3. Der allmähliche Übergang des südlichen Dwyka in die Schiefer
des Hangenden und Liegenden. 4. Die halbgerundete Form der
Geschiebe. 5. Kritzen auf diesen und auf dem Untergrunde.
Ebensowenig ist die Ansicht von GREEN haltbar, welcher
im Dwyka ein Strandkonglomerat sehen will. Sie kann nicht
die Einbettung sehr verschieden großer Geschiebe in eine fein-
körnige Grundmasse erklären. Und noch weniger vermag sie
344
sich mit den Kritzen der Geschiebe und des Untergrundes abzu-
finden.
So bleibt denn nur die einzige Ansicht übrig, welche im
Dwyka eine Glacialablagerung erblicken will. Tatsächlich finden
wir alle jene Kennzeichen, welche wir in erster Linie als Beweise
glacialer Entstehung anzusehen pflegen, beim Dwyka wieder.
Die Struktur dieses Konglomerats ist zumeist echte Grund-
moränen-Struktur. Die Geschiebe sind halbgerundet und oft von
Kritzen bedeckt. Dort, wo in seinem nördlichen Verbreitungs-
bezirk die Unterlage erst kürzlich freigelegt worden ist, zeigt
diese häufig alle Erscheinungen subglacialer Felsböden. Mit
Ablagerungen, welche sich durch typische Grundmoränenstruktur
auszeichnen, stehen fluviatile und lacustre in engster Verbindung.
Vielfach sind Lokalmoränen beobachtet worden u. s. w.
Es wäre nun ja auch denkbar, daß das Dwyka außer diesen
echt glacialen Merkmalen noch andere aufwiese, welche einer
Deutung als Grundmoräne widersprächen. Dies ist jedoch nicht
der Fall, wenn man absieht von der hin und wieder ziemlich
deutlichen Schichtung, die besonders im südlichen Dwyka zu
beobachten ist. Da aber gerade diese Facies als Driftbildung
gedeutet wird und wir die entsprechenden modernen Äquivalente
noch sehr wenig kennen, läßt sich aus diesem Verhalten kein
stichhaltiger Einwurf gegen die Glacialhypothese herleiten.
Mit vollem Recht betont Penck !) die Schwierigkeiten, die
sich aus der Annahme einer jungpaläozoischen Vereisung Süd-
afrikas ergeben und mahnt zu äußerster Vorsicht. Ich gebe zu,
daß Einzelheiten auch auf anderem Wege zu erklären sind; für
die Gesamtheit aller Erscheinungen, wie sie uns z. B. bei
Riverton entgegentreten, gibt es z. Z. nur die eine Erklärung,
die des glacialen Ursprungs.
Solange man an einen Zusammenhang der südafrikanischen
mit antarktischen Eismassen glauben konnte, war das Preblem
noch verhältnismäßig einfach; heute, wo wir wissen, daß das
Zentrum der südafrikanischen Vereisung etwa unter dem Wende-
kreise gelegen haben muß, sind die Schwierigkeiten der Erklärung
noch erheblich gewachsen.
Es erscheint z. Z. unmöglich, sich ein vernünftiges Bild
von den klimatischen Verhältnissen am Ausgange des Paläozoicums
zu machen. Neue Lokalforschungen müssen unser heutiges
Wissen umgestalten oder vervollständigen, ehe sich die theoretische
Spekulation wieder an diese schwierige Aufgabe wagen darf.
!) Die Eiszeiten Australiens. Zeitschr. Ges. f. Erdkunde 35. 1900
S. 240.
345
Auch in Südafrika ist für die Erforschung der jung-
paläozoischen Eiszeit noch sehr viel zu leisten. Zunächst wissen
wir über die nördliche Fortsetzung des Dwyka noch gar nichts;
da aber die Karruformation auch noch im südlichen Rhodesia
kräftig entwickelt ist, so dürfen wir hoffen, auch über die
Schichten an ihrer Basis bald näheres zu erfahren. Ein weiteres
Desideratum sind genaue Profile aus allen Verbreitungsbezirken
des Dwyka. Wichtig ist es ferner, die Herkunft der Geschiebe
von möglichst vielen Lokalitäten festzustellen. Das südafri-
kanische Dwyka ist erst an verhältnismäßig wenig Punkten
genauer bekannt; der uralte Geschiebemergel birgt sicher noch
manches Geheimnis und noch mancher Forscher wird hier für
seine Arbeit reichen Lohn finden.
346
14. Ein Rhadinichthys aus dem Karbon
Süd-Amerikas.
Von Herrn A. Torxquıst in Straßburg.
Hierzu Taf. XXXVI u. XXXVL.
Herr Professor Dr. HaurtHAL hatte die Freundlichkeit, mir
bei seinem vorjährigen Aufenthalt in Straßburg einen vorzüglich
erhaltenen heterocerken Ganoidfisch zur Beschreibung zu übergeben;
derselbe bildet den Gegenstand der folgenden kleinen Untersuchung.
Bei der Estancia Carpinteria zwischen San-Juan und
Mendoza, am Ostfuß der argentinischen Cordillere, sind Sand-
steine, Tonschiefer und Konglomerate bekannt, in denen Herr
Desıperıo Fonseca gute fossile Reste gesammelt hat.
Aus schiefrigen Sandsteinen von schmutzigroter Färbung
stammt auch der vorliegende Fisch, und Herr Professor BopEn-
BENDER !), welcher eine genauere Untersuchung der Lagerungs-
verhältnisse bei Estancia ÜCarpinteria vorgenommen hat, nennt
sein Vorkommen und führt aus dem gleichen Niveau folgende
Pflanzen an:
Sphenopteris (Asplenites) Maesseni KuRTZ
= Salamandra KURTZ
— sanjuanina KURTZ
Rhacopteris Szajnochai KURTZ
Glossopteris Browniana BRne.
Gangamopteris eyclopterordes FEISTM. Sp.
Cordattes (?)
Ginkgo Meısteri KurTz.
Aus demselben Niveau dürfte ferner auch folgende Flora
stammen:
Sphenopteris Bodenbenderi Kurrtz
— Fonsecae KurTz
Cardiopteris polymorpha (GoEPP.) ScHIMP.
Neuropteridium validum Feıstm.
Adtantides antıquus (ETT.) STUR
Lepidodendron sp.
!) Contribucion al conocimiento de la Precordillera de San Juan
de Mendoza. Bol. Acad. nac. de cienc. en Cordoba. 1902. 17.
Se
347
Die ganze Schichtenserie, in welcher diese Flora vor-
kommt, wird als Permo-Karbon bezeichnet, wobei die ältesten
Horizonte dem Karbon angehören würden. Bei Carpinteria be-
finden sich die pflanzenführenden Horizonte direkt in trans-
gredierender Lagerung über der älteren Grauwacke. Sie
gehören einem mindestens 1000 m tieferen Horizont an als die
pflanzenführenden Ablagerungen von Cruz de Caha und Zejenes.
Man würde das Niveau des Fisches also in das Karbon zu
setzen haben, und in der Tat gibt die Bestimmung des Fisches
hierfür ebenfalls den bestimmtesten Anhalt.
Der als Rhadinichthys argentinicus bestimmte Fisch gehört
einer rein karbonischen Gattung an.
Die Erhaltung des Fisches ist eine überaus vorzügliche;
unter einer scharfen Lupe gelingt es, alle Einzelheiten der
Skulptur der Knochenplatten in vollkommener Schärfe aufzulösen;
er hebt sich durch eine dunklere Färbung sehr scharf von dem
schmutzigroten, schiefrigen Sandstein ab. Er liegt genau in der
Spaltungsebene desselben, und außer der vordersten Spitze der
Schnauze ist das Exemplar durchaus vollständig.
Die beigegebene Tafel zeigt eine Photographie und Zeich-
nung des Stückes in doppelter Größe.
Man kann getrost sagen, daß das Stück das besterhaltene
bekannte Exemplar der Gattung Rhadinichthys ist, und eine
spätere Ausbeute dieses Horizontes verspricht weitere gleich
wunderbar erhaltene Funde von karbonischen Fischformen.
Rhadinichthys argentinicus n. Sp.
Taf. XXXV1.
Die Länge des Fisches von der Schnauze bis zur Schwanz-
spitze beträgt ca. 85 mm; die größte Höhe des Rumpfes befindet
sich in der Gegend der Bauchflosse; sie beträgt 15 mm. Die
Gestalt ist demnach schlank; die Länge des Kopfes macht mit
20 mm etwa den vierten Teil der Körperlänge aus.
Der Rumpf ist mit kleinen, rhombischen Schuppen bedeckt,
welche drei bis vier in der Richtung der Körperachse gerichtete,
stark erhabene Leisten tragen; besonders direkt hinter dem Kopfe,
an der oberen Rumpfregion, ist diese Skulptur sehr stark ausgebildet,
eine Erscheinung, welche aber wohl nur auf die hier besonders deut-
liche Erhaltung zurückzuführen ist. In der Mitte der Flanke ziehen
sich von vorn nach hinten zwei etwa °/a mm von einander ent-
fernte, parallele Erhebungen hin, welche man auf den ersten
Blick für die erhaltene Seitenlinie anzusehen geneigt wäre; jedoch
handelt es sich hier meiner Ansicht nach um die bei der
Fossilisierung durchgedrückten, oberen und unteren Ansätze der
348
Dornfortsätze der Wirbelsäule, welche schwach verknöchert ge-
wesen sein müssen.
Die Flossen sind sehr kräftig und lang, sodaß diese Art
das Bild eines gewandten Schwimmers gewährt. ‘ Die Schwanz-
flosse ist ca. 12 mm lang und deutlich heterocerk, aber in ihrer
Gestalt schlank. Der obere Flügel dieser Flosse reicht viel
weiter nach rückwärts als der untere Flügel; die Schuppen
reichen weit in den oberen Flügel hinein, welcher am oberen
Rande eine Anzahl spitzer Fuikren trägt.
Die Analflosse ist der Dorsalflosse fast genau opponiert;
um ein geringes steht die erstere weiter nach hinten. Beide
stehen weit vom Körper ab und sind relativ groß; sie enthalten
anscheinend nicht bifurkate Flossenstrahlen; der Rand der Dorsal-
flosse trägt eine lichte Reihe von spitzen Fulkren.
Etwa in der Mitte der Körperlänge befindet sich der vordere
Ansatz der Bauchflossen; diese Flosse selbst ist an den Körper
herangedrückt erhalten und im einzelnen nicht genau erkennbar,
desgleichen die unten gleich hinter dem Operculum befindlichen
Brustflossen. Die letzteren sind schmal, und ist die rechte Flosse
etwas nach vorne verdreht. |
Die Vorderseite der Schwanz- und Rückenflosse ist mit
zahlreichen spitzen Fulkren besetzt. Auf der Rückenlinie befindet
sich außerdem noch unmittelbar vor den Dorsalflossen eine Reihe
von großen starken Schuppen, welche erheblich derber, als
die übrigen Schuppen, aber in ähnlicher Weise skulpturiert sind.
Am Kopf fällt vor allem das große Orbitalloch auf, in
dessen oberer Partie eine schwarze, bituminöse, elliptische Masse
sichtbar ist, wohl der noch an dem starken Bitumen erkennbare
fossile Rest des Augapfels.
Während die obere Linie des Kopfes etwa in der Ver-
längerung der Rückenlinie des Rumpfes liegt, hebt sich die untere
Begrenzung stark in die Höhe, sodaß die Schnauze ziemlich
schmal endigen muß. Es kommt das daher, daß die Mandibeln
stark aufgerichtet sind. Ausgezeichnet sind die Kopfknochen
selbst zu erkennen. Die Begreuzung der einzelnen Kopfknochen
wird besonders dadurch sehr deutlich, daß die sehr starke
Skulptur der einzelnen Knochen einen von den Nachbarknochen
jeweils abweichenden Verlauf zeigt. Es sind das in jedem Fall
wellig verlaufende, gebogene, starke Erhebungen.
Die Ausbildung der Kopf-Deckknochen weicht nicht un-
erheblich von derjenigen von Palaeoniscus ab, wie sie von
Traquvaır!) genau dargestellt worden ist. Sie entspricht dagegen
!) The ganoid fishes of the carboniferous formations. 1877.
“
e
TR.
349
dem Schema, welches derselbe Autor bei Rhadtnichthys geikiei
entworfen hat, freilich ohne eine Bestimmung der einzelnen
Knochenplatten zu geben. Die Anordnung der Platten ist viel
primitiver als bei Palaeoniscus. Es sind vor allem am hinteren
Teil des Kopfes sehr deutlich zwei vertikale Reihen von Platten
zu erkennen, in denen die einzelnen Platten sehr regelmäßig über-
einander liegen. Die hintere Reihe bildet das Olaviculare mit
dem Supratemporale an der oberen Schädeldecke, dann davor das
große Parietale, von dem aus vertikal das Operculum mit den
branchiostegalen Strahlen folgt. Vor diesem letzteren dehnt
sich nach vorne bis unter und vor das Orbitalloch das große
Maxillare aus, während vor dem Operculum die ziemlich
breite Platte des Postorbitale gelegen ist, an das sich, die
obere Augenhöhle begrenzend, das Suborbitale anschließt,
schließlich ist vor dem Parietale ein Bruchstück des Frontale sicht-
bar. Vor den branchiostegalen Radien schließt sich stark
nach oben gerichtet die Mandibel an. An dieser sowie an dem
Maxillare sind kleine, spitze Zähnchen noch eben erkennbar.
Von den anzunehmenden - Präfrontale und Intermaxillare
ist dagegen nichts sichtbar.
Von srößtem Interesse ist an der vorliegenden Ferm, daß
es die Erhaltung erlaubt, die Gestalt und die Lage der Kopf-
knochenplatten genau zu erkennen. Bei Exemplaren von
europäischen und amerikanischen Fundstellen ist diese Zusammen-
setzung bisher nicht beschrieben worden. Um die Bedeutung
dieser Feststellungen besser hervortreten zu lassen, habe ich auf
Taf. XXXVII den von Traquair bisher bei den Gattungen Nematop-
tychius‘) (Unter Karbon), Rhabdolepis?) (Perm) und bei Palaeo-
niscus?) (Perm), ferner von SCHELLwIEn bei Semionotus‘t)
beschriebenen Aufbau dieser Knochenplatten zusammen mit dem
von mir bei ZAhadinichthys festgestellten abgebildet. Es ist
hieraus ersichtlich, daß bei unserer Gattung die geringste Anzahl
von Kopfplatten vorbanden ist und damit die regelmäßigste
Gliederung in den hintersten Claviculare-Bogen, den dann nach
vorne folgenden Operculum-Bogen und daran anschließend den
direkt hinter der Augenhöhle liegenden Praeoperculare Bogen,
dessen ventralstes Element das Maxillare darstellt. Die aller-
nächsten Beziehungen sind zu der gleichfalls unterkarbonischen
!) R. H. TrAQuUAIR, The ganoid fishes of "the carboniferous
fprmations.; 1877. 1, 1. I, f. 11.
2) Ebenda. 1877, I, t. IL, £. 6.
Sebbenda.s lsı7ı, I... f. 2.
*) E. SCHELLWIEN, Über sSemionotus. Schriften Physik.-ökon.
Ges. zu Königsberg. 1901. 42. S. 9, Textfig. 1.
350
Gattung Nematoptychius vorhanden, bei welcher nur die Sub-
orbitalia zahlreicher vorhanden sind. Die Lage des Parietale
als dorsale Platte des Operculum ist aber auch hier noch
deutlich erkennbar. Bei den jüngeren Gattungen Palaeontscus
und ZRhabdolepis sind speziell die Anordnungen der dorsalen
Platten andere. Das Parietale wird viel kleiner und mehr nach
vorne gedrängt, es tritt hinter ihm ein Posttemporale, ein
von Traquaır als Subtemporale bezeichnetes Plättchen auf.
Auch schiebt sich bei Palaeontscus ein als Squamosale be-
zeichnetes Element zwischen Operculum und Parietale ein.
Bei dem triadischen sSemzionotus ist alles dieses in noch ver-
stärktem Maßstabe der Fall.
Die osteologische und wohl auch entwicklungs-
geschichtliche Bedeutung der Schädelknochen liest in
der regelmäßigen Aneinandergliederung der beiden
hinteren Bögen des Claviculare und des ÖOperculum.
Diese Ausbildung ist gegenüber der unregelmäßigeren bei dem
permischen Palaeontiscus wohl als eine primitivere zu be-
trachten.
Die größte paarige Knochenplatte des oberen Kopfes ist das
Parietale, dasselbe verbreitert sich stark nach hinten und verjüngt
sich nach vorne, der aufsteigenden Umgrenzung des Orbitalloches
entsprechend. Die Skulptur dieser Platte folgt ganz unregel-
mäßig der äußeren Kontur; d. h. auf der oberen Partie verläuft
sie in der Richtung der Körperachse, während sie nach unten
der nach hinten ausgedehnten Gestalt folgt. Sehr breit ist auch
das Maxillare ausgebildet. Die Ausbildung der übrigen Knochen
ist aus der Zeichnung genügend sichtbar.
Bezüglich der Artbestimmung des Fisches stehen mir er-
heblich mehr Einzelheiten zu Verfügung, als die Beschreibungen
der meisten europäischen und nordamerikanischen Arten enthalten,
da die Erhaltung des argentinischen Stückes ganz außerordentlich
viel günstiger ist als diejenige der allermeisten bisher be-
kannten Rhadinichthys-Exemplare.
Die nächstverwandten Arten sind Rhadtinichthys ornatissimus
Ac., R. carinatus Ac., R. elegantulus Traa., alle aus dem
calciferous sandstone Großbritanniens, ferner R. catrust JACKSON
aus dem Unter-Karbon von Neu-Braunschweig. Die übrigen be-
kannten Arten lassen sich z. T. durch die deutlich in Tuberkelu
aufgelösten oder auch durch die flachen Skulpturstreifen der Kopf-
knochen, z. T. aber auch durch die andere Gestaltung der
Körperform leicht unterscheiden.
Die nordamerikanische Art R. cauruse Jackson!) stimmt selbst
!) Rep. coal mine 1851, S. 23, t. I, f. 3, ferner Catalogue öf the
fossil fishes in the British museum Il. 1891, S. 469.
dl
in kleinen Merkmalen der Ausbildung der Flossen und der
Körperform mit unserer Art überein, doch zeigen die Körper-
schuppen eine feinere Skulptur, welche nur teilweise mit dem
unteren Rande der Schuppen parallel verläuft und hinten in eine
sehr feine Auszackung der Schuppe übergeht. Bei R. argentintceus
sind aber meist drei, vielleicht hier und da vier Streifen zu er-
kennen, welche eine relativ grobe Auszackung des Hinterrandes
bedingen. Alle anderen bekannten nordamerikanischen Rhadr-
michthys-Arten weichen noch erheblich weiter von unserer Art ab
oder sind nur in sehr kleinen und viel ungünstiger erhaltenen
Exemplaren beschrieben, welche Be garkeinen eingehenden
Vergleich zulassen.
Die europäischen R. ornatissimus, carinalus und elegantulus
unterscheiden sich vornehmlich durch ihre Körperformen, aber
gerade auf diese dürfte wohl bei der durch die Einbettung und
durch den Zusammendruck in dem Sediment stets bedingten Ver-
drückung wenig entscheidendes Gewicht zuzulegen sein. Außer-
dem soll die Skulptur der Kopfknochen bei AR. elegantulus
„selten in Tuberkeln übergehen“, was einen deutlichen Unterschied
gegenüber der argentinischen Art abgibt. Bei R. carınatus sind
ferner die medianen Schuppen größer ais die ober- und unter-
halb derselben befindlichen. Bei R. ornatıssimus sind die
Schuppen überhaupt höher als lang; es ist dies das umgekehrte
Verhältnis wie bei der argentinischen Art.
Wenn demnach also auch alle diese Arten der argen-
tinischen außerordentlich nahestehen, so ist doch eine absolute
Identität nicht vorhanden, und habe ich es vorgezogen, dieser
Form eine neue Artbezeichnung zu geben.
Andrerseits läßt die nahe Verwandschaft gerade mit
europäischen Arten derselben Gattung aber wohl mit Bestimmtheit
erkennen, daß die argentinische Art nur carbonischen Alters
sein kann, freilich aber sowohl unter- als auch oberkarbonisch.
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ind Huber, Laven u.Grenzen der Esruptiva gegen die Se,
ru Grund gemeinsamer Untersuchungen mit J.Romberg.
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Zeitschr. d. Deutsch.geol. Ges. 1904.
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«Mojsisovies und Huber, Laven u.Grenzen der Esruptiva ‚gegen die Se,
dimente zumTeil auf Grund gemeinsamer Untersuchungen mit J.Romberg.
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Erklärung der Tafel II.
Fig. 1. Anodontophora canalensis CATULL. sp. Aus den Werfener
Schichten von Ziano. S. 52.
Fig. 2. Anodontophora subundata SCHAUR. sp. Werfener Schichten
von Ziano. S8. 51.
Fig. 3. Mwyophoria laevigata v. ALB. var. ovata BR. Myophorien-
bank, Abhang der Forzelaa An dem Original ist der vordere
Schloßrand etwas laediert. S. 53.
Fig. 4. Mwyophoria laevigata v. ALB. var. elongata GIEB. Fund-
punkt derselbe. S. 53.
Fig. 5. Myophoria cf. simple v. SCHLOTH. Fundpunkt derselbe.
Die Spitze des Wirbels ist rekonstruiert. S. 54.
Fig. 6, 7. Pecten discites V. SCHLOTH. -var. inornata STOPP.
Myophorienbank vom Satteljoch. Die Einbuchtungen bei Nr. 7 am
unteren Rand entsprechen einer Bruchfläche. S. 54.
Fig. 8. Pseudomonotis (Eumorphotis) Teller‘ Brrrn. Rechte
Klappe, Steinkern zu Fig. 9. S. 55.
Fig. 9. Desgl. Hohldruck zu No. 8. S. 55.
Fig. 10. Desgl. Steinkern einer rechten Klappe. S. 55.
Fig. 11. Desgl. Hohldruck einer rechten Klappe. S. 53.
Fig. 12. Desgl. Steinkern einer rechten Klappe, deren Hohldruck
Fig. 13 darstellt. Der Hinterrand ist laediert, daher eckig. S. 55.
Fig. 12a. Querschnitt durch 12, in der Richtung der punktierten
TInnie, 8.59.
Fig. 13. Desgl. Hohldruck einer rechten Klappe, dem in Fig. 12
abeebildeten Steinkern zugehörig. In der Rekonstruktion ist die Ver-
längerung des hinteren Schloßrandes nicht berücksichtigt. S. 53.
Fig. 13a. Querschnitt durch 13, in der Richtung der punktierten
Tainie:- 8, 55.
Fig. 14. Desgl. Steinkern einer rechten Klappe. S. 55.
Fig. 15. Desgl. Hohldruck einer rechten Klappe. S. 55.
Fig. 15a. Das vergrößerte Ohr von Fig. 15. S. 55.
Sämtliche abgebildete Exemplare der 7's. Teller Bırrn. stammen
aus der Myophorienbank der Mendel oberhalb Eppan.
Fig. 16. Unbestimmter Zweischaler, gleichfalls aus der Myo-
phorienbank der Mendel S. 58.
Das gesamte Material zu Taf. II—VI befindet sich in der
Sammlung des stratigraphisch-paläontologischen Instituts der Univer-
sität Heidelberg.
Nora Seeliger del. Liehtdruck der Hofkunstanstalt von Martin Rommel & Oo., Btuttgart.
Erklärung der Tafel III.
Fig I. Problematicum, von der Seite gesehen. Werfener Sch.
Vardabe b. Predazzo. S. 58.
Fig. 2, 3. Problematicum, von oben gesehen. Fundort derselbe.
3:58:
Fig. 4. Problematicum im Dünnschliff, anderthalbmal _verer.
SH8:
Fige. 5. Zentralring des Problematicums, im Schliff viermal
vergrößert. S. 58.
Fig. 6, 7, 8. Daimesiella torulosa TOoRNQU Rechte (?) Klappe.
Gipfel der Forzella. S. 62.
Fig. 9—11. Desgl. Linke (?) Klappe. S. 62.
Fig. 12. Desgl. Vergrößerung von Fig. 11. S. 62.
Fig. 13—15. Avicula cf. caudata STopp. Rechte Klappe.
Loser Dolomitblock der Val Averto. S. 60.
Fig. 16. Daonella Tommasit PHILIPP ex. afl. D. paucicostatae
ToRNQu. var. alta Psınıpp. Linke Klappe. Gipfel der Forzella. S. 61.
Fig. 17. Desgl. Rechte Klappe. S. 61.
Fig. 18. Daonella Tommastii PHILIPP var. larga PhHıLıpp. Linke
Klappe. Gipfel der Forzella. S. 61.
Fig. 19. Desgl. Rechte Klappe. S. 61.
Fig. 20. Daonella Tommasü PnıLıpp ex. afl. D. paueicostatae
Torxauv. 8. 61.
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Taf. III.
Nora Seeliger del. Lichtdruck der Hofkunstanstalt von Martin Rommel & Oo,, Stuttgart.
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Erklärung der Tafel IV.
Fig. 1-3. Cruratula carinthiaca ROTHPL. sp. .L.ser Block
vom Abhang der Forzella. S. 63.
Fig. 4 Desgl. Ansicht von vorn, die Schnabelregion ist zer-
stört. Fundort derselbe. S. 68.
Fig. 5-7. Cruratula carinthiaca ROTHPL. sp. var. Beyrichü
Bıttn. Fundort derselbe. S. 63.
Fig. 8, 9. Cruratula carınthiaca ROTHPL. sp. var. cf. ©. Fudoxa
Bırrn. Fundort derselbe S. 63.
Fig. 10, 11. Kleine Schale der Cruratula carinthiaca ROTHPL.
sp., von innen gesehen. Fundort derselbe. S. 63.
Fig. 12. Cruratula carinthiaca RoTHPL. sp. var. cf. ©. Eudoxa
Bıttn. Fundort derselbe S. 68.
Fig. 13. Oruratula carinthiaca RoTHPL. sp. var. pseudofaucensis
Pımtıpp. Fundort derselbe S. 68.
Fig. 14. Jugendexemplar von Cruratula carinthiaca BROTHPL.
sp 28863.
Fig. 15. COruratula carinthiaca RoTHPL. sp. var. cf. ©. forficula
Bırtrn. Fundort derselbe S. 63.
Fig. 16. Jugendexemplar von Cruratula carinthiaca RoTHPL. Sp.
Fundort derselbe. S. 63.
Fig. 17, 18. Oruratula carinthiaca ROTHPL. sp. var. pseudofaucensis
Pmuıpp. Fundort derselbe. S. 68.
Fig. 19. Ceralites Rombergi Puuıtirp. Latemar-Osteipfel. S. 70.
Fig. 20. Megaphyllites cf. M. Jarbas u. sandalınus MoJs. Latemar-
Ostgipfel. 8. 74.
Fig. 2la. Arpadites nov. sp. ex. aff. A. Arpadis Moss. Latemar-
Ostgipfel. S. 72. 3
Bio. 2] bh. Deselz vom? Rückencher ceschen en
Fig. 22a. Arpadites sp. ind. ex. aff. A. Szaboi Moss. Latemar-
Osteipfel. S. 71.
210.022)h2 Desol> vom Rückenshersoeschen Dh
Fig. 23a. Megaphyllites ex. aff. M. insecti u. M. humilis Moss.
Loser Block vom Abhang der Forzella. S. 72.
Fig 23b. Desel. von der Rückseite. S. 72.
Fig. 24—28. Didymospira (Anisactinella) Salomont PHILIPP.
Fie. 25d und 28d sind in umgekehrter Stellung zu denken, so daß
die gewölbte (ventrale) Schale nach unten kommt. Fig. 25a u. 28a
sind von der großen Klappe her gesehen. Die Stirnansicht zu Figur 25
und 27 findet sich im Text. Latemar-Osteipfel. S. 75.
Fig. 29. .Didymospira (Anisactinella) octoplicata PHILIPP.
Latemar-Osteipfel. S. 78.
Fig. 30. Didymospira (Anisactinella) Salomoni PuILıpp. Fig. 30d
ist in umgekehrter Stellung zu denken! Latemar-Osteipfel. S. 75.
Fig. 31. Didymospira (Anisactinella) pachygaster PLILLIPP.
Fig. 31c in umgekehrter Stellung zu denken! Latemar-Ostgipfel. S. 78.
Fig. 32. Spirigera trigonella SCHLOTH. sp. Fig. 32d und e
in umgekehrter Stellung zu denken! Latemar-Östgipfel. S. 78.
Fig. 33. Didymospira (Amtsactinella) pachygaster PHILIPP.
Fig. 33a in umgekehrter Stellung! Latemar-Östgipfel. S. 78.
Figur 34. Spürigera trigonella SCHLOTH. Sp. var. crassa PHILIPP.
Latemar-Östeipfel. S. 78.
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ehr d. Deutsch, geol. Ges. 1904. Taf. IV.
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s Nora Seeliger del, Lichtdruck der Hofkunstanstalt von Martin Rommel & Oo., Stuttgart
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Erklärung der Tafel V.
Fig. 1, 2. Didymospira (Diplospirella) Wissmanni MSTR. sp.
var. angulata PHILIPP. S. 79.
Fig. 3. Rhynchonella sp. ex aff. Iycodon Bırtn. S. 80.
Fig. 4. ? Jugendform der Rhynchonella sp. ex aft. iycodon BıTTn.
S. 80.
Fig. 5, 6. ZRöhynchonella Caressae PurtLipp. Beide Exemplare
sind am Stirnrand laediert und konnten daher von dieser Seite nicht
abgebildet werden. S. 81.
Fig. 7. Rhynchonella cf. Attilina Bırtn. Bei Fig. 7c liegt die
Ventralklappe auf der linken Seite. S. 84.
Fig. 8, 9. Rhynchonella cf. bajuwvarica Bırrn. Fig. Sb und 9e
von der Ventralklappe gesehen. Bei Se liegt die Ventralklappe links,
bei 9ce oben und bei 9d wieder links. Fig. Sa und 9a: die natür-
liche Größe der Formen. S. 83.
Fig. 10. Rhynchonella E. Suessi PHıLipp. Fig. 10a die dorsale,
10c die ventrale Seite. S. 82.
Fig. 11, 12. Rhynchonella Richthofeni PrıLipp. S. 83.
Fig. 13, 14. Desgl. Jugendexemplare. S. 83.
Fig. 15. Desgl. Dorsalklappe mit unregelmäßiger Faltung der
Rippen. 8. 88.
Fig. 16—18. Spiriferina pia BITTN. var. dinarica BirTn.
Fig. 17: die kleine Klappe. S. 80.
Fig. 19. ? Waldheimia (Aulacothyris) cf. conspieua BITTN.
Die beinahe „gekielte* Form der großen Klappe (vgl. Text) kommt in
der Zeichnung nicht genügend zum Ausdruck. 8. 85. Fig. 19a:
natürliche Größe.
Fig. 20. Avicula cf. arcoides Bırrn. Linke Klappe. S. 86.
Fig. 21. Desgl. rechte Klappe. =
Fig. 22. Avicula cf. arcoidea BıTTn. (?), mit eigenartiger Ver-
zierungsstreifung auf zwei Radialsegmenten. S. S6.
Fig. 23. Avicula cf. arcoideı BITTN. Linke Klappe. S. 86
Fig. 24. Desgl. rechte Klappe.
Bios, 25. 222Avveula sp >86:
Fig. 26. Posidonomya (?) plana PHiıLiPP ex. aft. P. concinnae
HöRN. Ss 040
Fig. 27--30. Cassianella Rosenbuschi PHiLıpp. Linke Klappen.
Fig. 285b von der hinteren, 29b von der vorderen Seite. S. 87.
Sämtliche auf dieser Tafel abgebildeten Exemplare stammen vom
Latemar-Osteipfel.
Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1904.
Tai. V.
Nora Seeliger del.
Liehtdruck der Hofkunstanstalt von Martin Rommel & Co., Stuttgart.
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Erklärung der Tafel VI.
Fig. 1. Pecten discites v. SCHLOTH. Latemar-Ostgipfel. S. 88.
Fig. 2. ?. Latemar-Ostgipfel. 8. 89.
Fig. 3. DPleuronectites? Iiatemar-Osteipfel. S. 89.
Fig. 4. Badiotella excellens PruLıpp. Linke Klappe. S. 69.
Val Sorda.
Fig. 4a. Die gleiche Klappe von der Seite gesehen.
Fig. 5. Pecten interstriatus Bırrn. Latemar-Osteipfel. S. 92
Fig. 6. Cucullaea cf. impressa MsTR. sp. Latemar - Ostgipfel.
8205:
Fig. 7. Gervilleia cf. angusta GOLDF. Latemar-Osteiptel. S. 95.
Fig. 8. Pecten Broilii PmıLıpp. Linke Klappe. Latemar-Ost-
eiptel; 3.90:
Fig. 9, 10. Desgl. Rechte Klappe. Latemar-Osteipfel. S. 90.
Fig. 11, 12. Desgl. Linke Klappe. latemar-Osteipfel. S. 90.
Fig. 13, 14. Pecten predazzensis PnıLıpp. Latemar-Osteipfel.
8.292,
Fig. 15. Pecten predazzensis PnıLıpp. Übergangsform zu: Pecten
fassaensis. Latemar-Ostgipfel. S. 92.
Fig. 16, 17. Pecten fassaensis PnıLıpp. Latemar- Ostgipfel.
Ds De
Fig. 18, 19. DPseudomonotis Bittneri PuıLıpp. Linke Klappen.
Latemar-Osteipfel. S. 93.
Fig. 20. (Cucullaca ex. aff. seisianae Broih (2). Latemar-Ost-
eipfel. S. 96,
Fig. 21. Lima cf. alternans Bırrn. Latemar-Ostgipfel. S. 95.-
Fig. 22. Lima Tellerv Bırtn. In der Abbildung kommen nicht
alle Rippen zur Geltung. Loser Block von der Forzella. S. 68.
Fig. 23. Posidonomya obliqua HAUER. Linke Klappe. Latemar-
Östeipfel. S. 94.
Fig. 24. Desgl. Rechte Klappe.
Fig. 25, 26. Cardita latemarensis PuıLipp. Linke Klappe.
Latemar-Osteipfel. S. 96.
Fig. 27. Desgl. Area vergrößert.
Fig. 28. Desel. Lunula vergrößert.
Fig. 29, 30. Desel. Rechte Klappe. Latemar-Osteipfel. S. 96.
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itschr, d. Deutsch. geol. Ges. 1904. Taf. VI.
Nora Seeliger del. wichtdruck der Hofkunstanstait von Martin Rommel & Oo,, Stuttgart.
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Geschiebesand.
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Tafel VII.
— Geschiebemergel.
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Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1904.
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Taf. VII.
. Starcke, Berlin
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Erklärung der Tafel VII.
Westlicher Stoß der Kreidegrube Katharinenhof.
1. Obersenone Mucronaten - Kreide. 2. Grünsand. 3. Mittel-
oligocäner Septarienton. 4. Unterer Geschiebemergel. 5. Unterer
Diluvialkies. 5a. Unterer Diluvialsand. 5b. Unterdiluviales Kon-
glomerat. 6. Oberer Geschiebemergel.
1904,
Ges.
. geol.
Zeitschr. d. Deutsch
Phot.
V.
Th.
Wahnsohaffe 27. IX. 1903.
waıchtdruck der Hotkunstanstalt von Martin Rommel & Co,, Stuttgart.
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4 Bu’
Taf. IX.
Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1904.
Perl-Kersantit
von der Insel Sehui ling schan, Kiautschou-Schutzgebiet, Ostasien.
Lichtdruck der Hofkunstanstalt von Martin Rommel & Oo,, Stuttzart,
F. Rinne 1904.
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Erklärung der Tafel X.
Oyphastraea intermedia n. Sp.
Pleistocän. — Westküste des Golfes von Sues. — Coll.
des Verf.
. desgl. Ein Teil der Oberfläche schwach vergrößert.
Orbicella Humphreysi n. Sp.
Miocän. Mittelägyptische Wüste ö. Cairo. — Coll. Geol.
Survey of Egypt No. 6996.
Solenastraea anomala n. Sp.
Miocän. Mitteläeyptische Wüste ö. Cairo. — Coll. Geol.
Survey of Egypt No. 6664.
Orbicella Lyonsi n. Sp.
Pleistocän. Wadi Gharib. — K. Museum f. Naturk. in
Berlin. (leg. SCHWEINFURTH).
desgl. — Pleistocän. — Westküste des Golfes von Sues.
Coll. des Verf.
Favia minor n. f.
Pleistocän. — Wedge Hill ö. Gebel Dara. — K. Museum
f. Naturkunde in Berlin. (leg. SCHWEINFURTN).
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Erklärung der Tafel XI.
Metriorhynchus Jaekeli ERICH SCHMIDT.
Fig. 1. Schädel von oben
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PF
Ing all) I all A UA N
Prämaxille
Maxille
Nasale
Präfrontale
Frontale
Jugale
Postfrontale
Squamosum
Parietale
Quadratum
Basioccipitale
‚Exoceipitale
Fig 2. Unterkiefer
a) von
b) von
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SP
A
SA
Ar
lelsizellenel!
Ungefähr !/; der
außen
innen
Dentale
Spleniale
Angulare
Supraangulare
Articulare
Complementare
natürl. Größe.
Zeitschr. d. D
l
Tai. XV.
janstalt von Martin Rommel & Co., Stuttgart.
Taf. XVII.
Zeitschr, d. Deutsch, geol. Ges. 1904.
Lichtdruck der Hofk
Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1904. Taf. XVIII.
Oben!
Fiedlersglück b. Beuthen ©.-S.
Trümmer-Dolomit, 20 m von einer Hauptsprunekluft. Die Zwischenräume
sind teils leer, teils mit Markosit-Stalaktiten ausgefüllt. Die freien Wände sind
mit Markasit- und Blende-Krusten überzogen. Rechts oben hängen von einer
solchen Kruste Bleiglanzkristalle herab.
Nach einer Photographie des Photographen LIEBERT-Königshütte.
J. F. Starcke, Berlin W,
i "ra!
1 4 vr N vn,
Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1904.
J. F. Starcke, Berlin W,
Fig.
Fie.
Fig.
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Figur 5 und 6 in natürl. Größe, die Figuren 1—4 in °/s natürl. Größe. _
Orte oo
Erklärung der Tafel XIL.
Metriorhynchus Jaekeli ERICH SCHMIDT.
Linker Schultergürtel mit Humerus.
sc = Scapula )
co — Coracoid\ Externseite
hu = Humerus Dorsalseite
Linkes Becken von der Externseite
il = lleum
pur Pubıs
i85 alschiam
Rechtes Femur
Metatarsus I des rechten Fußes
Rechter Prämaxillarzahn (fälschlich mit ti (Tibia) be-
zeichnet).
a) von der Hinterseite
b) von der Innenseite
Rechter Zahn aus der Mitte des Kiefers von der Außen-
seite.
Zeitschr. d. | Taf. XI.
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Zeitschr.
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Erklärung der Tafel XY.
Fig. 1—5. Terebratulina oamarulica, n. Sp.
Fig. 1. Skulptur und Obren der Dorsalklappe sind von
dem Exemplar Fig. 2 etwas ergänzt.
Fig. 4 u. 5. Brachialschleifen von der Ventral- und der
Stirn-Seite. Ineinandergreifen der en und Zahngruben.
Fig. 6 u. 7a—c. Terebratula oamarutica, n. SP.
Fig. 6. Brachialschleite von de Ventralseite Zähne und
Zahngruben wie bei Fig. 4
Fig. 7a—c. Der eine Seitenrand und die Skulptur etwas
ergänzt.
Fig. 8. Terebratella oamarutica, n. Sp.
Fig. 9. Ein Kalkstück mit ‘den hohlen erlassen
Letztere enthalten Brachialschleifen von Terebratula oamarutica,
ferner links oben die Originale von Terebratulina oamarutica,
Fig. 1 u. 3, sowie sonstige Fossilienreste.
(Fig. 6, 7, 9 in natürlicher Größe.)
Das Material ist von mir in Evererrs Steinbruch. bei
Kakanui, südlich Oamaru, Südinsel Neu-Seeland gesammelt worden *
und befindet sich in meinem Besitz.
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Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1904.
Taf. XV.
Be
Lichtdruck der Hofkunstanstalt von Martin Rommel & Oo,, Stutigarı
Erklärung der Tafel XVI.
Bei allen Figuren ist der abgekaute Teil der Kauplatte unten.
Fig.
1:
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Obere Kauplatte von Myliobatis Dixoni Ac., OR., Ex. zu
eureodon SCHAFH., vom Kressenberg, mit Längs- und Quer-
schnitt, nat. Gr.
Obere Kauplatte von Myliobatıs Dixoni AG. vom Kressenberg,
mit Längs- und Querschnitt, nat. Gr.
Untere Kauplatte von Myliobatis Dixoni Ag. vom Grünten,
mit Querschnitt, nat. Gr.
Obere Kauplatte von Myliobatis striatus BUCKLAND vom
Kressenberg, mit Längs- und Querschnitt, nat. Gr.
Die Originale befinden sich in der paläont. geol. Sammlung in München.
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F. Starcke, Berlin
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Fig. 2.
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Erklärung der Tafel XX.
Fig. 1. Vertikalschnitt durch den Panzer von Pieraspis dunensis
FESRoEMm sp. Vierer 4175:
a) Isopedinschicht; b) Knochenschicht mit Haversischen Kanälen;
c) Oberflächenschicht (der Schmelz ist durch die Einwirkung
der Atmosphärilien zerstört).
Fig. 2. Vertikalschnitt durch einen Teil des Rostrums Der
Schmelz ist erhalten. Vergr. 1: 175.
Fig. 3. Ein Teil des Schnittes Fig. 2. unter Vergr. 1:700. Man
sieht den Schmelz und die Dentinröhrchen sehr deutlich.
Sämtliche Originale befinden sich im geologischen Institut der
Universität Marburg a. L.
Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1904. Taf. XX.
Lichtdruck der Hofkunstanstalt von Martin Rommel & Üo,, Stuttgart
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4.
Erklärung der Tafel XXI.
Fig. 1. Horizontalschnitt durch die Oberflächenschicht des
Panzers. Man sieht die Längskanäle der Oberfläche (der Ziekzack-
verlauf kommt daher, daß die Wandungen des Kanales mit ange-
schnitten sind) und zwischen ihnen die Endigungen der Dentinröhrchen
Verer. 1.700:
Fig. 2. Vertikalschnitt durch die Isopedinschicht. Man sieht
dieinhorizontalen Lagen angeordneten Knochenkörperchen. Vergr. 1:1080.
Die Originale befinden sich im geologischen Institut der Universität
Marburg a. 1.
Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1904. Tai. XXI.
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Dr, G. Tönniges phot. Lichtdruck der Hofkunstanstalt von Mertin Rommel & Oo., Stuttgart.
Erklärung der Tafel XXII.
Diluviale Wirbeltier-Reste
aus einer Schlote des Seveckenberges bei Quedlinburg.
Von Dr. LAmPpE ausgegraben 1903/04.
Fig. 1—6. Knochen von Alactaga saliens foss. NHRG. (Nach dem
N. Jahrb. f. Mineral. 1898. Teilweise verbessert.)
Fig. 1. Beckenhälfte.
„ 2 u. 2a. Femur, restauriert.
„ 8 u. 3a. Hauptmetatarsus, restauriert.
„ 4 u. 4a. Tibia ohne obere Epiphyse.
„ 5. Tibia mit oberer Epiphyse.
„ 6. Metatarsus der innern Afterzehe.
Linker Oberschenkel eines Schakals.
„ Unterkiefer von Foetorius Eversmanni ad., Außenseite.
Die 2 vorderen Milchbackenzähne eines rechten Unterkiefers
von Cervus tarandus: i Innenseite, a Außenseite des zweiten
Zahnes.
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Alle Figuren in natürlicher Größe.
Taf. XXI.
Zeitschr, d, Deutsch. geol. Ges. 1904.
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Lichtäruck der Hofkunstanstalt von Mertın Rommel & Co,, Stuttgart.
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5. Pentacrinites astralis? Qu. Stielglieder
2.
. Ammodiscus bartinensis HUCKE
. Textilaria cordiformis SCHWAGER
. Lagena pura HUCKE
.a u. b. Uncinulina polymorpha |
. Marginulina bicostata TERQUEM
. Marginulina striatocostata REUSS
. Marginulina rostrata HUCKE
. Cristellaria impressa REUSS
Erklärung der Tafel XXIII.
Fischzahn \ BR: e
Fischschuppe f Vergröß. 85 fach
und 4. Epiphysen vom Kauapparat eines Seeigels
a. Obere Ansicht
b. Untere Ansicht Vergröß. 7 fach
gl. Glenoidalgrube
a. Obere Ansicht \
b. Seitenansicht Jam. 12
c. Seitenansicht eines Verticillengliedes, Vergröß. 14fach
Frondicularia ampulla HUCKE
a. Jung, b. Ausgewachsen
Vaginulina arguta REUSS
Strombecki REUSS
incompta REUSS var. striata
”
L Vergröß. 85 fach.
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instabilis TERQUEM
planiuscula BREUSS
parallela REUSS
protosphaera REUSS
pommeranica HUCKE
5 Sp.
Spirillina tenwissimg GÜMBEL
trochiformis SCHACKO
a. Obere Ansicht
b. Seitenansicht, schematisch
c. Untere Ansicht
Anomalina rudıs REUSS.
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Lichtdruck der Hofkunstanstalt von Martın Rommel & Üo., Stuttgart
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Erklärung der Tafel XXIV.
Fig. 1. Geschrammtes Geschiebe aus dem Dwyka- Kun von
Vereeniging, Transvaal.
Verkleinerung 10:13.
Fig. 2. Dasselbe.
Verkleinerung 10:16.
Nach Photographien des Verfassers. Die Originale befinden sich
im Kgl. Museum für Naturkunde in Berlin.
Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1904.
Taf. XXI.
F. Starcke, Berlin W.
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Erklärung der Tafel XXV.
Fig. 1. Geschrammte Gesteinsoberfläche (Diabas) unter dem Dwyka-
Konglomerat.
Riverton am Vaal.
Verkleinerung 1:4.
Fig. 2. Geschiebe aus dem Dwyka-Konglomerat mit anhaftenden,
verkohlten Wurzelresten.
Vereeniging, Transvaal.
Verkleinerung 10:12.
Nach Photographien des Verfassers. Die Originale befinden sich
im Kgl. Museum für Naturkunde in Berlin.
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Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1904.
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Erklärung der Tafel XXVI.
Fig. I. Geschrammte Gesteinsoberfläche (’Keisformation), erst vor
kurzer Zeit von dem auflagernden Dwyka-Konglomerat entblößt.
Jackal’s Water, Distr. Prieska.. NW Kap Kolonie.
Fig. 2. Dwyka-Konglomerat.
Distrikt Prieska.
Nach Aufnahmen von Herrn A. W. RoGERs, Direktor der kap-
ländischen Landesuntersuchung.
Taf. XXVI.
Zeitschr. d. Deutsch. geol.-Ges. 1904.
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Erklärung der Tafel XXVII.
Fig. 1. Dwyka-Konglomerat der südlichen Facies. Das steilgestellte
Geschiebeband in der Mitte des Bildes deutet die Schichtung
an; sie wird unter einem Winkel von 45° von einer groben
Schieferung gekreuzt. Außerdem bemerkt man noch eine
nahezu horizontale Zerklüftung.
Südlich von Laingsburg. SO Kap Kolonie.
Fig. 2. Quarzit-Linse im Dwyka-Konglomerat.
Matjestontein. SO Kap Kolonie.
Nach Aufnahmen von Herrn A. W. RoGERSs, Direktor der kap-
ländischen Landesuntersuchung.
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Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1904.
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J. F. Starcke, Berlin W,
Erklärung zu Tafel XXX und XXXI.
Keil von Geschiebemergel im östlichen Stoß der Ton-
gsrube nördlich von Trebnitz (aufgeschlossen während des
Besuches der Deutschen Geologischen Gesellschaft am
17. September 1904.)
Wie bedeutend die Änderungen sein können, die durch den Abbau
weniger Meter in einer Lehmgrube entstehen, zeigt der Vergleich des
Übersichtsbildes Tafel XXIX mit der Tafel RR Taf RX entspricht
einer Ausschachtung von 10 mim Vergleich zu Taf. XXIX. Die beiden
in verschiedener Größe wiedergegebenen Ansichten, Tafel XXX und XXX1
stellen den Aufschluß oberhalb der Quelle Q dar. Diese nur zehn
Meter betragendeVertiefung hat genügt, um innerhalb des verquetschten
Tonbandes oberhalb der Quelle einen ca. 20—30 cm mächtigen Keil
von Geschiebemergel freizulegen, von dem vorher keine Spur vorhanden
war. Der jederseits scharf zugespitzte Keil ist in der Ansicht XXX1 in
ca. '/ı» natürlicher Größe dargestellt. (Die vorstehende photographische
Wiedergabe beweist die Möglichkeit bedeutender Änderungen des
geol. Bildes infolge geringfügiger Fortschritte des Abbaues. Verfasser
muß daher auch gegenüber einem neuerdings geäußerten Zweifel be-
tonen, daß die von ihm s. Z. bei Finkenwalde beobachteten Profile
vollkommen den 1899 photographierten und gezeichneten Ansichten
entsprechen. Daß WAHNSCHAFFE im Jahre 1898 und dann wieder
1902 und 1903 anders aussehende Aufschlüsse beobachtet hat, sei
deshalb in keiner Weise bestritten. Nur in meiner Höhenangabe der
Grube Katharinenhof ist ein Druckfehler vorgekommen; auch die Ein-
heitlichkeit der Geschiebemergel ist mir jetzt wahrscheinlich. (Vergl.
Monatsber. der Deutschen geol. Ges. 1904 8. 24—29.)
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Der Keil (K) von Geschiebemergel im verquetschten Flammenton.
J. F. Starrcke, Berlin W,
Taf. XXXT.
Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1904.
J. F. Starcke, Berlin W,
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Profil durch die Rokoko-Zinkerzgrube
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Erklärung zu Tafel XXXIIM.
Übersichtskarte des Oberschlesischen Steinkohlengebirges
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Unter Benutzung der SEELIGERSchen Karten in „Wiskott: Die
neueren Aufschlüsse in Oberschlesien, Verhandlungen des Alle.
Deutschen Bergmannstages 1901* und in FrREcH, Die Steinkohlen-
formation, Lethaea palaeozoica 1899.
Die Gleiwitz-Orlauer!) Haupt-Störungszone ist mit einer der
abgesunkenen Scholle entsprechenden Schraffierung (ca. 1600 m Sprung-
höhe) angegeben. Im Osten verlaufen parallel die weniger bedeutenden
Sprünge von Zabrze und Beuthen. Die Flözberge von Zabrze, Königs-
hütte und Rosdzin sind gleichfalls durch eine Schraffierung angedeutet.
I) Orlau liegt auf dem Störungszone zwischen Ostrau und Karwin.
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Rhadinichthys aryentinicus nov. sp. aus dem Karbon von Estancia
Carpinteria in Argentinien in doppelter Größe.
Taf. XXXVI.
1904.
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Erklärung der Taf. XXXVIL
Zusammenstellung der Kopfknochenplatten bei einigen Heterocerken.
Fig. 1.
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Fie. 3.
Rhabdaolepis (Perm) nach TRAQUAIR.
Nematoptychius (Unter Karbon) nach TRAQUAIR
Rhadinichthys (Karkon) argentinicus (vergl. vorher-
gehende Tafel).
ei.
Tags.
Palaeoniscus (Perm) nach TRAQUAIR.
Semionotus (Trias) nach SCHELLWIEN.
T = Frontale, pf’= Praefrontale, m-=’ Nasale, p = Banetaler ei =
Claviculare, scl = Supraclaviculare, pe = Postelaviculare, icl = Infra-
claviculare, pt = Posttemporaie, op = Operculum, sop. = Suborper-
culum, pop = Praeoperculum, iop = Interoperculum, br = Branchi-
ostegalia, so
— Suborbitalia, mx = Maxillare, md = Mandibulare,
sq — Squamosale, st = Subtemporale.
Taf. XXXVII
Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1904.
Starcke, Berlin W,
J. F.
Briefliche Mitteilungen.
1. Uber den Geschiebemergel im Novogrudsker
Kreise.
Von Frl. Anna MiıssunA.
Hierzu Taf. VII.
Moskau, den 8. Januar 1904.
Es sind im Kreise Novogrudek, Gouvernement Minsk, drei
Geschiebemergelarten vorhanden. 1. Ein bräunlich roter bald
sandiger, bald mehr tonhaltiger Geschiebemergel, welcher stets
an Geschieben aller Größe reich ist und meistenteils mit einer
hügeligen Oberflächenform auftritt. Der genannte Geschiebemergel
gehört vorwiegend, wenn auch nicht immer, dem oberen Diluvium
an. 2. Ein aschgrauer Geschiebemergel, dessen Vorkommen an
das Auftreten der Kreide und des tertiären Glaukonitsandes ge-
bunden ist, und deren Farbe von der größeren oder kleineren
Beimengung des Materials der genannten älteren Gesteinsart in
Abhängigkeit steht. 3. Ein lößartiger Moränenmergel: eine fein-
sandige, kalkreiche Gesteinsart, mit in der ganzen Masse gleich-
mäßig verteiltem Glacialkies und geringem Geschiebegehalt,
(meistens nur von Faustgröße). Im feuchten Zustande ist der
lößartige Geschiebemergel braun bis rötlich braun, trocken hat er
eine hellgelbe Farbe. Mit Löß hat der genannte Geschiebemergel
einen reichen Gehalt an feinzerteilten Staubteilchen und die
Neigung, infolge der Erosion in vertikalen Wänden zu brechen,
gemein. Der lößartige Geschiebemergel weist nicht selten nach
unten zu eine sehr deutliche Schichtung auf. Die Gesteinsart ist
dabei durch ziemlich dichtstehende Vertikalklüfte in lauter kleine
Parallelogramme oder vieleckige Platten zersplittert (vergl. Taf. VII).
Da die Schichtung außer aller Abhängigkeit von dem Wechsel in
der Korngröße steht, welche in der ganzen Gesteinsmasse ziemlich
I
2
die gleiche ist, so haben wir es hier augenscheinlich mit einer
falschen, auf der Clivage der Gesteinsart beruhenden Schichtung
zu tun. Die Ursache derselben scheint aber im hohen Druck,
welcher die Gebirgsart ausgesetzt worden ist, zu liegen. In
einem Falle habe ich dabei eine deutliche Faltenbildung be-
obachtet. Die von mir gemachte Beobachtung steht in der
russischen geologischen Litteratur gar nicht vereinzelt da. Im
Gouvernement Grodno hat Herr KRISCHTAFOWITSCH einen in den
untersten Teilen geschichteten Moränenmergel beobachtet. Einen
dickgeschieferten Moränenmergel erwähnt auch Herr IxosTRANZEFF
aus dem Gebiete Nieman. Aus dem Gebiete Dniepr und Dniestr
hat Herr ArMmASCHEwsKky eine schieferige Moränenmergelart be-
schrieben. Die Ursache der Schieferung schreiben die beiden
letztgenannten Forscher ebenfalls dem hohen Druck zu. Herr
Löwınson-Lessıng machte auf das Vorhandensein einer schieferigen
Moränenmergelart im Kreise Lubny, Gouvernement Poltawa, auf-
nerksam.
9. Über die Umwandlung von Diabasfeldspäten
in Kontakthöfen von Tiefengesteinen.
Von Herrn O0. H. ERDMANNSDÖRFFER.
Berlin, den 8. Januar 1904.
Untersuchungen, die ich in letzter Zeit an Diabasen aus
dem Kontakthof des PBrockenmassivs angestellt habe, brachten
mich zu Resultaten, die in Hinsicht auf die Umwandlung des
Feldspates in diesen Gesteinen von den in einigen neueren Lehr-
büchern angegebenen Verhältnissen nicht unerheblich abweichen.
So liefern nach Rosengusch in solchen Fällen die Plagioklase
Neubildungen von Pistazit, Zoisit, auch Granat, neben Albit '),
während WEINSCHENkK geradezu Saussurit als Umwandlungsprodukt
bei der Kontaktmetamorphose angibt?).
Meine Beobachtungen haben mich dagegen zu dem Ergebnis
geführt, daß die Feldspäte von Diabasen, die lediglich einer
Kontaktmetamorphose ausgesetzt waren. einer derartigen Zerlegung
nicht anheim fallen, daß vielmehr der basische Plagioklas dieser
!) Elemente der Gesteinslehre. 2. Aufl. S. 101.
?) Grundzüge der Gesteinskunde 1. S. 104.
>
Gesteine als solcher umkristallisiert und entweder in einer vom
typischen Saussurit gänzlich verschiedenen, mosaikartigen Anord-
nung den Raum der ehemaligen Leisten erfüllt, oder mit den
mannigfaltigen Umwandlungsprodukten der Diabasaugite in typischer
Kontaktstruktur verwebt erscheint.
Auch das Studium der Literatur über diesen Gegenstand
zeigt deutlich, daß eine Zerlegung des Diabasfeldspates zu
Saussurit allein durch die Kontaktmetamorphose niemals mit
Sicherheit beobachtet worden ist. Einige Beispiele seien an-
geführt:
Nach Becx!) haben die neugebildeten Plagioklaskörner der
Diabashornfelse in den Kontakthöfen des Elbtalschiefergebirges
die gleiche Zusammensetzung wie die primären Leisten, und
zwar die des Oligoklases.. Während hier die Natur der durch
die Metamorphose neu entstandenen Feldspatkörner genauer an-
gegeben ist, spricht TeauL?) bei den schon früher von ALLPoRrT
kurz beschriebenen Gesteinen von Südengland nur von den neu-
gebildeten wasserklaren, mosaikartigen Aggregaten von Feldspat-
körnern, deren sekundäre Natur dadurch bewiesen ist, daß sie
mit Hornblendenadeln gemengt sind, derselben Hornblende, die
nachweislich aus dem Diabasaugit hervorgegangen ist.
Ähnlich liegen in dieser Hinsicht die Verhältnisse in den
von BRÖGGER?) beschriebenen, durch Augitsyenite metamorpho-
sierten Augitporphyriten des Langesundfjords im südlichen
Norwegen, die hinsichtlich ihrer Struktur sowohl wie ihrer Um-
wandlungserscheinungen unsern Harzer Gesteinen überraschend
ähnlich zu sein scheinen. Auch hier tritt neugebildeter Plagioklas
auf, gemengt mit den Umwandlungsprodukten des Diabasaugits.
Was jedoch in diesen als Beispiel angeführten Fällen — deren
Zahl sich noch vermehren ließe — durchweg fehlt, sind Angaben
über ein Mineral der Zoisit-Epidotgruppe, dessen Entstehung sich
mit Sicherheit auf den primären Feldspat zurückführen ließe. ')
Hätte in der Tat eine Zerlegung zu Saussurit stattgefunden,
so müßte man in Anbetracht der basischen Natur der Diabas-
!) TSCHERMAKS min. u. petr. Mitt. 13. S. 326.
*, British Petrography S. 235.
%) Spaltenverwerf. i. d. Gegend Langesund-Skien. Nyt Magazin
for Naturvid. 28. S. 352.
*) Der oft nicht unbeträchtliche Gehalt unsrer Harzgesteine an
Klinozoisit, Epidot und Granat läßt sich fast ausnahmslos mit einem
schon vor Eintritt der Kontaktmetamorphose in den Gesteinen vor-
handen gewesenen Gehalt an Kalkspat in Zusammenhang bringen;
vergl. Lossen: Jahrb. kgl. Preuß. geol. L.-A. u. Bergak. f. 1881. S. 47,
Anm. 2.
5
4
feldspäte (in unsern Gesteinen Labrador bis Bytownit) ganz
erhebliche Mengen von Zoisit erwarten.
Es muß meines Erachtens allein schon aus diesem Fehlen
des Zoisits der Schluß gezogen werden, daß die neuge-
bildeten Plagioklaskörner in ihrer Zusammensetzung nicht von
dem primären Feldspat abweichen. Dagegen ist in unsern Harz-
gesteinen eine Umwandlung des Feldspats zu farblosem Glimmer
als Kontaktwirkung mehrfach zu beobachten.
Das Studium metamorphosierter Diabase ist in Deutschland
bekanntlich vom Harze ausgegangen, wo Lossen auf die Bedeu-
tung der Gesteinsumwandlung im Kontakthof des Rambergs und
den sogen. „regionalmetamorphen Zonen“ in zahlreichen Schriften
hingewiesen hat. Bei der Beschreibung der dortigen Diabas-
hornfelse schildert er als das Resultat der Metamorphose der
Diabasteldspäte ein „äußerst fein zusammengesetztes körnig-
strahliges, saussüritartiges Umwandlungsprodukt*, in dem Epidot,
grüner Augit, Hornblende auftreten, sowie „eine die letztere wohl
in einzelnen Nädelchen umhüllende und damit auch trumweise
geeinte Plagioklasneubildung, welche man geneigt ist, dem Albit
zuzurechnen“!),. Die Anwesenheit von Albit in kontaktmetamorphen
Diabasen erwähnt Lossen noch wiederholt in andern seiner Ab-
handlungen und stellt sie in Parallele mit den chemisch und
optisch ganz zweifellos als Albit bestimmten Neubildungsprodukten,
wie sie bei dynamometamorphen Diabasen überall nachgewiesen
sind. Daß Lossen geneigt war, von dieser Tatsache aus auch
ohne genauere Mineralbestimmung auf gleiche Verhältnisse in den
kontaktmetamorphen Diabasen zu schließen, mag damit zusammen-
hängen, daß er glaubte, die Erscheinungen des Kontaktmetamor-
phismus dem „Regionalmetamorphismus schlechthin“ zuzählen zu
müssen, als dessen typische Äußerungen er die Umwandlungs-
erscheinungen der Zone von Wippra und ähnlicher Vorkommnisse
zu betrachten pflegte, da er „den plutonischen Kontaktmetamor-
phismus nur als einen besonderen, durch das örtliche Eingreifen
der aufgepressten Eruptivgesteine bedingten Fall des Dislocations-
metamorphismus“ ansah?).
Auf diese Lossen’sche Beschreibung dürften die oben er-
wähnten Angaben in letzter Linie zurückzuführen sein. Ich bin
auf Grund meiner eigenen Untersuchungen und der Beschreibungen
in der sonstigen Literatur der Überzeugung, daß auch im Ram-
berger Kontakthof die Verhältnisse nicht prinzipiell verschieden
von denen der andern Vorkommen sein werden.
c
!, Erläuterungen zu Bl. Harzgerode, S. 81 u. 83.
?) Jahrb. Kgl. Preuß. geolog. I..-A. u. Bergak. f. 1884. 5. 68.
>
Die genauere Darstellung der Umwandlungserscheinungen
in den von mir untersuchten Harzer Kontaktgesteinen soll in
einer ausführlicheren Arbeit demnächst veröffentlicht werden.
3. Über fossile Funde am Kitzelberg.
Von Herrn A. LANGENHAN.
Liegnitz, den 14. Januar 1904.
Das Hauptgebiet der sog. „Grünen Schiefer* und Ton-
schiefer im Bober - Katzbach - Gebiete wird in der Schönau-Kauf-
funger Gegend durch mächtige, auch für das Laienauge auf-
fällige, kräftig heraustretende Erhebungen kristallinischen
Kalkes unterbrochen. Von der höchsten Erhebung der Hirsch-
berg-Schönauer Straße ziehen sich diese Kalkrücken mit be-
deutenden Einzelerhebungen und zwischenliegenden, scharf ein-
serissenen Quertälern bis in die Gegend von DBolkenhain.
Insbesondere bei Kauffung im Katzbachtale hat sich zur Aus-
beutung der sehr mächtigen und reinen Kalklager eine bedeutende,
stetig wachsende Industrie entwickelt, die zumeist in der Zu-
bereitung des Kalkes zu gebranntem (Mörtel-) Kalke gipfelt.
Der schon aus beträchtlicher Entfernung bemerkbare, 667 m
hohe, von Ost und Nord kegelförmig erscheinende Kitzelberg
bei Kauffung ist der Hauptschauplatz dieser lebhaften Kalk-
industrie und ist durch diese bereits auf seiner Ost- und Nord-
seite so stark angegriffen, daß man bald seine mächtige Form
verändert und namentlich seine Spitze in Trümmer sinken sehen wird.
Der Kalk weist fast durchgängig eine feinkörnige, kristalline
Struktur vom verschiedener, hellerer bis grauer Färbung auf.
Zuweilen treten in ihm mächtige Kluftausfüllungen aus schön-
glänzenden, oft rosettenartig aneinander gruppierten Kalkspat-
Kristallindividuen auf, die eine lebhafte gelbrötliche Färbung
zeigen und an ihrem oberen verbreiterten Ende die Kristall-
endigungen des Hauptrhomboäders aufweisen.
Solche Partien sind namentlich am Südabhange der Spitze
des Kitzelbergs wahrzunehmen, woselbst der früher im Be-
triebe gewesene sog. Friedericianische Bruch (nach
Friedrich dem Großen benannt) ein eingehenderes Studium der
interessanten Kalkbildungen zuläßt. Insbesondere reich ist diese
Fundstelle an großen Brocken eines Konglomerates, welches aus
schwarzen und weißen abgerollten Kieseln, Glimmerschiefer- und
6
Tonschieferbruchstücken, sowie Kalkgeröllen besteht und durch
Kalk fest zusammengesintert ist. Diese eigentümlichen, in
Klüften des Kalkes und selbst scheinbar mitten in dem Kalke
eingebetteten Konglomerate erregten schon seit Jahren meine be-
sondere Aufmerksamkeit.
Gelegentlich einer Exkursion fand Herr Landschafts-Syndikus
Justizrat H. SeıpeL von hier neben den erwähnten Konglomerat-
brocken einige kleine klingendharte Kalksinterplatten, auf denen
er Versteinerungsreste wahrnahm. Eine alsbald von mir mit
diesem Herrn gemeinsam vorgenommene Besichtigung der Fund-
stelle hatte das erfreuliche Ergebnis, daß die von mir als
Fledermaus-Knochenbreccie angesprochene Lagerstätte der
Fossilien hoch oben an der Wand des Kitzelbergbruches ent-
deckt wurde und gemeinsam, soweit als möglich, ausgebeutet
werden konnte.
Auch eine mehrmalige weitere Untersuchung der Fundstelle
führte bei der Höhe der Lagerstelle und der Schwierigkeit der
Herausmeißelung einzelner Bruchstücke des Knochenlagers nur zu
dem Ergebnisse, daß zahlreiche kleinere Stücke der Kalksinter-
bänkchen, erfüllt von sich schneeweiß aus der rotgelben
dichten Sintermasse heraushebenden Knochenbruchstückchen,
Schädel-Teilen, Zähnchen und mit einzelnen Schnecken gefunden
wurden, nicht aber zusammenhängende Skeletreste.
Bei einer späteren Besichtigung der Fundstelle konnte Herr
Rentner Wenks aus Hirschberg, welcher an einer früheren Ex-
kursion bereits teilgenommen hatte, feststellen, daß unter den
insgesamt 20—30 cm starken Bänkchen mit den Knochenresten
eine 1 cm starke Schicht eines weicheren, lehmartigen Absatzes
lagert, welcher ebenfalls die wohlerhaltenen Teile von Fledermaus-
skeletten und Nagetierzähnchen enthält.
Von .den erwähnten Herren und dem Berichterstatter sind
im Laufe des verflossenen Jahres (1903) nach und nach fol-
gende Objekte von z. T. sehr geringer Größe konstatiert worden:
Decken und andere Teile des Schädels, sowie Hirnhöhlen-
ausgüsse verschiedener Fledermäuse;
Ober- und Unterkiefer mehrerer Fledermausarten mit
wohlerhaltenen, weißglänzenden Zähnen, denjenigen von
Vespertilio murtinus sehr ähnlich;
Wirbel, Beckenknochen, Schenkelknochen und Flughaut-
Fingerknochen mehrerer Fledermausarten;
Zähne und Kieferstücke von Nagetieren, (Waldmaus-
ähnlich);
ca. 20 Exemplare einer auscheinend ganz neuen, kreisel-
förmigen Schneckenart von 3 mm Höhe mit einer
auf dem Steinkern als Furche erscheinenden Falte,
die sich, von der Außenlippe aus, spiralig entlang dem
Inneren mindestens des letzten Umgangs hinzieht;
der Mundsaum dieser Schnecke ist eigentümlich ver-
drückt oder durch Zähne eingeengt;
mehrere Exemplare eines tausendfußartigen kleinen Körpers
mit deutlicher Gliederung.
Alle diese Fossilien dürften auf eine frühdiluviale Ein-
schlämmung in Klüfte und Spalten der noch heute z. T. er-
haltenen Kitzelberghöhle hindeuten. — Es hat den Anschein, als
ob die Skelette der bereits toten Tiere durch die eingedrungenen
Wässer zerrissen worden seien. In gleicher Weise lassen
auch die sowohl in unmittelbarer Nähe der Knochenbreccie, wie
auch am Ostabhange des Kitzelberges in bedeutender Höhenlage
von mir gefundenen Konglomerate eine andere Entstehungsart als
diejenige, daß die Kiesel- und Tonschiefer als Gerölle durch
Wasser in die Spalten eingeschwemmt und hier durch gelösten
Kalk versintert worden sind, kaum zu. Bei einer Höhenlage
von 600 m über dem Meeresspiegel, d. h. von rund 240 m
über der heutigen Talsohle, gibt diese Eintstehungsweise zu
mancherlei Betrachtungen über diluviale Vorgänge im Katzbach-
tale Anlaß.
Besonders interessant war es mir auch, aus einer spalten-
artigen Kluft am Ostabhange des Kitzelbergs Teile eines großen
Schädels zu erhalten, dessen teilweise Zusammensetzung gelang.
Es sind von ihm erhalten der ganze Unterkiefer mit den Prä-
molaren und Molaren, doch ohne die Vorderzähne, dann die
sanze Schädeldecke und der linke Oberkiefer mit dem linken
Reißzahne. Diese Reste tragen ausgesprochen fossilen Charakter:
sie sind leicht, auch leichtbrüchig, doch so, daß die Bruchränder
glatt, also nicht ausgezackt erscheinen; die Stücke kleben auch
fest an der Zunge. Der Schädel hat im gegenwärtigen Er-
haltungszustande eine Länge von 19—20 cm und eine Höhe
von ca. 8 cm. Es ist mit Bestimmtheit anzunehmen, daß es
sich um Teile eines Wolfschädels, Canis (Lupus) spelaeus
handelt, von dem NEHRINnG vier Varietäten anführt, die aber in
schlesischen Kalkhöhlen seither kaum gefunden worden sein
dürften.
4. Über Versteinerungen aus den Arlbergschichten
bei Bludenz und einige neue Fundorte von Flysch
und Aptychenkalken im oberen Grofsen Walser-
Tal Vorarlbergs.
Von Herrn Orro FIEDLER.
Hierzu eine Textfigur.
Dresden, den 30. Januar 1904.
Anläßlich eines längeren Sommeraufenthalts im Jahre 1902
in Vorarlberg gelang es mir, in der Nähe von Bludenz bestimm-
bare Fossilien im Komplex der sog. Arlbergschichten aufzufinden
und damit vielleicht etwas zur Unterscheidung dieser Schichten
von den folgenden Raibierschichten beizutragen.
Bereits v. RicHTHOFEN hatte in seinen Arbeiten über die
Kalkalpen von Vorarlberg und Nordtirol zwischen Arlberg-
schichten als Vertreter des Wettersteinkalks und Raiblerschichten
unterschieden, indem er allerdings nur die obersten Rauhwacken
diesen zuzählte. Sxupnos'), der später die schönen Profile am
Nordhang des Klostertals eingehend beschrieb, vereinigte beide
unter dem Namen Raiblerschichten auf Grund ganz ungenügender
Fossilfunde. Die von ihm gegebene Gliederung trifft im all-
gemeinen zu, vor allem dürfte aber ein mächtiger, den Partnach-
schichten auflagernder Kalksteinzug, der die Profile orographisch
weithin kennzeichnet, über große Gebiete konstant sein. In dem
Profile, das ein mächtiger Tobel zwischen Katzenkopf und Stier-
kopf bei Bludenz aufgeschlossen hat, liegen über diesen Kalken
mächtig entwickelte Sandsteine, Rauhwacken und Mergel. Sie
bilden die beiden genannten Gipfel, und auf sie folgt im Hinter-
grunde des sich zirkusartig weitenden Tobels, den die Steilwand
der Elsspitze abschließt, eine neue, bedeutend schwächere Lage
von Kalken, dann abermals Rauhwacken und darauf erst der
Hauptdolomit.
Nachdem nun schon v. WÖHRMANN aus vergleichend strati-
graphischen Gründen für eine Trennung des unteren Kalksteinzuges
') Uber die Entwicklung und Verbreitung der Partnachschichten
in Vorarlberg und im Fürstentum Lichtenstein. Jahrb. k. k. geol. R.-A.
1893.
I
von den Raibler Schichten eingetreten war und auf die Unhalt-
barkeit der von SkurHos gegebenen paläontologischen Begründung
aufmerksam gemacht hatte, hielt auch Bösz in seiner Arbeit
über die Faciesbezirke der Trias in den Nordalpen diesen Kalk-
steinhorizont als westlichen Vertreter des Wettersteinkalks unter
dem Namen Arlbergkalk getrennt. Der sichere Nachweis einer
Zugehörigkelt konnte aber aus Mangel an bestimmbaren Fossilien
nicht erbracht werden.
Die von mir in diesem Horizont gesammelten Versteinerungen
sind nun folgende.
Unweit St. Peter am Rungelin bei Bludenz und zwar
dicht an der Grenze zwischen Partnachmergeln und untersten
Kalken, da wo beide wechsellagern:
Enerinus cassianus LAUBE.
Etwas höher in einem Steinbruch ebendaselbst in grau-
schwarzen porösen Kalken zahlreiche Exemplare des von SKUPHOS
irrtümlich als Megalodon triqueter Wurren beschriebenen kleinen
Megalodon, das ich
Megalodon suwbtriqueter
nennen möchte.
Avreula Sturt Bırım.
in einem Exemplar und zwar der südalpinen, bei Cortina ge-
fundenen und in Fig. 3 Taf. VIII des Bırrnerschen Werkes über
die Lamellibranchiaten von St. Cassian abgebildeten Form am
ähnlichsten.
Aviceula Gea dOrB, (Av. antiqua Münster:).
Das Münstersche Exemplar der Münchener Sammlung, das
als entsprechendstes Vergleichsexemplar herangezogen wurde,
stammt entgegen Bırtners Meinung bestimmt nicht aus einem
Dolomit, da die Schale deutlich erhalten ist. Man muß also an
der Richtigkeit des angegebenen Fundortes: St. Cassian fest-
halten.
Myophoria nov. Sp.
Diese Myophoria ist. der M. Whateleyae v. Bucn in ge-
wisser Hinsicht ähnlich, sie unterscheidet sich jedoch durch die
geringere Anzahl Rippen und breitere und flachere Sulci. Die
Exemplare zeigen zierliche Anwachsstreifung und Fältelung
der Rippen.
10
Macrodon sp.
Anoplophora Sp.
Es fanden sich ferner ein Fischstachel und’ einige Gastero-
poden, offenbar Chemnitzien.
Bei Bings enthalten die von der Arlbergbahn ange-
schnittenen Kalke in großer Menge
Modiola gractlis Kuipst.
Die von Sxurnos ferner aufgeführten Exemplare von
Myophoria fissidentata WÖöHRM. entstammen zweifellos nicht
diesen untersten Kalken, da sie im Galgentobel gefunden wurden
und dieser Tobel diesen unteren Horizont garnicht anschneidet.
Die Pterophyllen finden sich selbstverständlich nur in
den Sandsteinen. -
Ich selbst fand im Galgentobel und zwar in jenen oberen,
wenig mächtigen Kalken, die von Rauhwacke unter- und über-
lagert werden
Pecten ftlosus.
Somit zeigt der untere, den Partnachschichten direkt auf-
lagernde Kalksteinzug die Spuren einer der Cassianer zum
mindesten sehr ähnlichen Fauna. Es gelang zwar nicht, rein
St. Cassianer Formen aufzufinden, aber es ist unter den festgestellten
auch keine einzige, die ausschließlich den Raibler Schichten an-
gehörte. Wichtig erscheint mir, daß die Myophoria deutlich von
der Raibler Art verschieden ist. — Im Gegensatz hierzu steht
der Fund in den oberen, in ihrer faciellen Ausbildung den
unteren ähnlichen Kalken. Hier haben wir im Pecten filosus
eine reine Raibler und zwar Torer Form. Ich schließe mich
daher vorläufig der Ansicht v. Wönrmanns und Böses an und
setze den unteren Kalksteinzug als Arlbergkalk und Vertreter
des Wettersteinkalks in Gegensatz zu dem ganzen Komplex der
darüber folgenden Rauhwacken, Kalken und Sandsteinen, die
sicher den Raibler Schichten zuzuzählen sind.
Im Anschluß hieran möchte ich noch ein Profil aus dem
oberen Großen Walsertal mitteilen, das in doppelter Hinsicht
interessant ist, einmal durch Einfaltung der Aptychenkalke in
die Allgäuschiefer, andererseits durch das isolierte Vorkommen
von Flysch inmitten eines Lias-Triasgebietes.
Das Profil ist dicht oberhalb Buchboden in etwa N-S-
Richtung quer zum Taleinschnitt der Lutz gelegt und reicht von
den Dolomitzinnen des Zitterklapfen bis zum Dolomitklotz der
Wangspitze. Auf die in der Höhe flacher, weiter unten steiler
gestellten, ca. O-W streichenden Schichten des Zitterklapfen-
Hauptdolomits folgt, durch eine Längsverwerfung getrennt, zunächst
11
eine Mulde der Kößner Schichten, des Lias und der Atychen-
kalke, die nach einem Sattel der Kößner Schichten zu einer
zweiten ebensolchen Mulde ansetzen. Die Kößner Schichten
sind überall sehr versteinerungsreich; die Fleckenmergel des
Lias bankweise reich an Harpoceras algovianum, auch ein
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Nautilus fand sich neben zahlreichen Belemniten. Die weißen
und roten hornsteinreichen Aptychenkalke wurden durch die
12
Anwesenheit des Apiychus lamellosus bestimmt. Die Streich-
richtung ist im allgemeinen eine NO--SW-liche, das Einfallen
steil S, hin und wieder auch steil .N. Ein Blick nach Osten
hinweg über die Matten der beiden Überlauter Alpen zeigt in
der charakteristischen Berggestalt der Kunkelspitz und ihrer süd-
lichen Ausläufer auch orographisch deutlich die Zusammensetzung
dieser Talseitee Nur ist hier der Lias des nördlichen Mulden-
flügels durch die Längsverwerfung bereits abgeschnitten. — Über
der zweiten Mulde, und zwar sie zum größten Teil bedeckend,
liegt auf flacher, etwa 30° S geneigter Überschiebungsfläche
Hauptdolomit. Er bildet das Widerlager für die weichen
Liasgesteine.
Besonders deutlich ist die Überschiebung zu beobachten an
einer Bachrunse, die der Weg von der unteren zur oberen Alp
schneidet. Hier erkennt man, daß der überschobene Dolomit
einem Sattel angehört, seine nördlichsten Partieen fallen N, die
tieferen in steter Zunahme des Einfallens S. Die Streichrichtung
ist etwa N 70 O. — Der Hauptdolomit bildet auch den Talboden
der Lutz und wird am jenseitigen Gehänge bald von den normal
folgenden Kalkbänken der Kößner Schichten überlagert. Es folgen
oben an dem mit dichter Vegetation bedeckten steilen Hange un-
deutlich nachweisbar Liashornsteine, und darüber stehen dicht
unterhalb des mächtigen Dolomitklotzes, der die Wangspitze bildet,
schwarze glimmerreiche Schiefer an. Sie führen an dieser Stelle
die charakteristischen Flyschfucoiden, wie den Chondrites intrrcatus.
Außerdem fand sich hier eine Platte mit schönem Gyrophyllites
maltiradtatus, wie er von HErR irrtümlich aus dem vermeintlichen
Lias von Ganei beschrieben wurde. Derselbe ist wohl identisch
mit der ebenfalls von ihm unter den Namen Gyrophyliites galioides
aus dem Flysch beschriebenen Art. — Eine Konglomeratbank, die
große weiße und grüne Quarzbrocken in hartem Zement führt und
weiter unten durch eine Rinne aufgeschlossen ist, charakterisiert
im übrigen diese Gesteine sicher als Flysch. Seine Streich-
richtung ist wegen der Hangverrutschungen nicht einheitlich fest-
zustellen. Der anscheinend steil überlagernde Hauptdolomit
streicht N 65 O und fällt S 45°, also fast wie der den Lias-
mulden überschobene auf der anderen Talseite. Sein Liegendes,
vermutlich Lias, erkennt man auf der Hutlerbachtalseite, wurde
aber von mir nicht untersucht.
Die Ähnlichkeit dieses Profils mit dem von RotTuPLErzZ!) am
Schadonapaß beschriebenen fällt sofort in die Augen. Auch
dort finden wir den Lias des Rothhorns auf sanft geneigter
!) Geolog. Führer durch die Alpen I. 1902.
13
Fläche überschoben vom Hauptdolomit. Es folgt auch dort eine
Verwerfung, die den Hauptdolomit in ein höheres Niveau gehoben
hat und unter ihm sein Liegendes, den Lias, von neuem erscheinen
läßt. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die Fortsetzung dieser
Bruchlinie die etwas geneigte Verwerfungsspalte am Nordhang der
Wangspitze darstellt, nur daß hier über der nördlichen Haupt-
dolomitscholle Kößner, Lias und Flysch erhalten blieben. Die
Liasmulden am Zitterklapfen entsprechen denen des Schadona-
passes am Fuße der Hochkinzel, doch so daß die in beiden Pro-
flen deutliche Längsverwerfung gegen den Hauptdolomit am
Schadonapaß bereits den beschriebenen Kößner Sattel zwischen
den beiden Mulden an den Hauptdolomit herangeschoben hat.
Zum Schluß möchte ich Herrn Professor Dr. A. RoTHPLETZ
für die Anregung zur Veröffentlichung dieser Funde und für seine
freundliche Unterstützung herzlichen Dank sagen.
89. Bemerkungen zu dem Vortrage des Herrn
W. WOLFF: Über einige geologische Beohach-
tungen auf Helgoland.
Von Herrn W. Koerr.
Berlin, den 8. Februar 1904.
In der Dezembersitzung des vergangenen Jahres hat Herr
W. Worrr der Deutschen geologischen Gesellschaft über einige
geologische Beobachtungen auf Helgoland vorgetragen. Da ein
ausführlicher Bericht über den Vortrag in No. 7 der Monatsbe-
richte der Deutschen geologischen Gesellschaft jetzt vorliegt, so
seien mir einige kritische Bemerkungen gestattet, zumal mir der
Gegenstand aus eigener Anschauung wohl bekannt ist.
Wourr glaubt schließen zu müssen, daß nach dem Rück-
zuge des Landeises im Gebiete der heutigen Nordsee eine Fest-
landsperiode geherrscht habe, dann sei durch Senkungen das
Gebiet um Helgoland in eine so tiefe Lage gebracht, daß die
bereits benachbarte See den Angriff eröffnen konnte. Ganz ähn-
liche Ansichten über die Bildung der Nordsee überhaupt hat
übrigens schon Haas!) entwickelt.
Das längst bekannte Vorkommen einer Süßwasserbildung,
des Töck, am Grunde des Helgolander Nordhafens gilt Wourr
‘) Monographien zur Erdkunde. VIII. 1900. Deutsche Nordseeküste.
5. 20—21.
14
als Beweis für eine postglaciale Festlandsperiode, sowie für eine
junge Landsenkung. Als postglacial sieht WoLrr den Töck des-
halb an, weil „er unbedeckt von anderen Schichten daliegt*“.
Gegen diesen Schluß muß denn doch Verwahrung eingelegt werden,
denn, wenn selbst gegenwärtig der Töck am Grunde des Nord-
hafens unbedeckt läge, so ist damit doch noch nicht bewiesen,
daß er von jeher unbedeckt war. Im Gegenteil, da wir in erra-
tischen Blöcken die Belege dafür haben, daß das Landeis über
Helgoland und seine Klippen hinweggegangen ist, und da ferner
feststeht, daß hier ein beträchtlicher Komplex diluvialer Bildungen
der Abrasion zum Opfer gefallen ist, liegt mir die Annahme
näher, daß Diluvialschichten, welche den Töck bedeckten, durch
die Abrasion zerstört sind, während der sehr zähe und stark
zusammengepreßte Töck besser widerstanden hat. Übrigens
dredschte ich auf der Töckbank im Nordhafen auch nordische
Geschiebe, welche noch Reste der ursprünglichen Diluvialbedeckung
sein mögen. Eine ähnliche Auffassung vom Alter hat offenbar
auch Lasarp gehabt, der uns zuerst mit der eigentümlichen Natur
des Töcks bekannt machte, wenn er von „dem Töck, der aus
dem zerstörten Lebmdiluvium stammt“, spricht.!) Leider ist die
Conchylienfauna des Töcks zu indifferent, als daß man aus ihr
auf das genauere Alter schließen könnte, eher dürfte eine sorg-
fältige Untersuchung der Flora in der Weise, wie sie C. A. WEBER
in Bremen für eine große Reihe von diluvialen Pflanzenablage-
rungen Norddentschlands seit Jahren ausgeführt hat, auch hier
brauchbare Resultate ergeben.
Ohne weiter darauf einzugehen, ob die Rentier- und Mammut-
funde auf der Doggerbank zur Annahme einer postglacialen
Festlandsperiode berechtigen, wie WoıLrr ebenfalls ohne nähere
Begründung annehmen möchte. will ich mich lieber gleich mit
seinem Hauptargument dafür, daß Helgoland in junger Zeit eine
Senkung erfahren hat, beschäftigen.
Worrr gibt die Zeit, welche zur Herausbildung des Sockels
der Hauptinsel benötigt wurde, auf etwa 10000 Jahre an und
findet, daß die Abrasion erst spät begann. Bei seiner Berech-
nung hat er aber leider ganz außer acht gelassen, daß die im
SW. der Insel vorgelagerten und bis zu 5 m unter Niedrigwasser
aufragenden Kreideklippen doch auch offenbar abradiert sind,
daß man also, um den Beginn der Abrasion zu ermitteln, die
Entfernung dieser Klippenreihen von dem jetzigen Steilufer der
Insel der Berechnung zu grunde legen muß und nicht nur, wie
er getan hat, den Abstand des Steilufers von der sog. Kante.
‘!) Diese Zeitschr. 21, S. 556.
15
Wenn ich nun auch auf dergleichen Zahlenangaben wenig Wert
lege, so will ich doch erwähnen, daß diese Berechnung den Be-
ginn der Abrasion vor ungefähr 26000 Jahren ergibt.!) Da
aber wohl noch jenseits der Kreideklippen Diluvialschichten in
unbekannter Ausdehnung gelegen haben, so dürfte sich diese Zahl
noch erhöhen. Von einem späten Beginn der Abrasion kann so-
nach kaum die Rede sein.
Ferner vermag ich nicht der Meinung von Wourr beizu-
treten, daß eine Landsenkung erst das Gebiet um Helgoland in
so tiefe Lage versetzt habe, daß die Nordsee ihre Abrasions-
tätiekeit eröffnen konnte. Dieser Ansicht liegt die irrige Vor-
stellung zu grunde, daß die See erhebliche Abrasionsarbeit nur
an sinkenden Küsten verrichten könne. An dieser Stelle kann
ich mir wohl versagen, auf die große Rolle hinzudeuten, welche
in der Nordsee die herrschenden Winde, die Gezeiten und die
Strömungen bei der Schaffung immer neuer Angriffspunkte für
die Abrasion spielen, und möchte nur erwähnen, wie bei Helgo-
land gewisse Organismen die Abrasion wirksam unterstützen. Es
sind das die bohrenden Mollusken (Pholas-Arten nnd Zirphaea
crispata), ferner die Tange, zumal die Laminarien. Letztere sitzen
dem Felsboden noch in 10 m tiefem Wasser auf und zeichnen
sich bekanntlich durch einen mehrere Meter langen, ausgebreiteten
Thallus aus. Jede Woge, welche den Thallus also hebt und
senkt, hebelt und rüttelt damit an dem Felsen, bis vielfach das
von dem Tange umklammerte Stück losgebrochen und weiter zer-
kleinert wird. Solche Gerölle oft von erstaunlicher Größe, mit
noch angeklammerter Laminaria sind am Helgoländer Strande
nach Stürmen ganz gewöhnlich zu finden.
Welche Transportkraft übrigens selbst das tiefere Wasser
der Nordsee besitzt, dafür gibt uns Heıncke?) einen schönen Beleg.
Nach ihm kann man aus 10 und mehr Meter Tiefe allseitig
mit Pflanzenrinden, Bryozoen und Serpeln bedeckte Steine im Ge-
wicht bis zu 2 kg und darüber herausholen und hat darin den
Beweis dafür, daß diese Steine wiederholt von der Gewalt des
bewegten Wassers umgewendet sein müssen.
Nach alledem dürfte es der Abrasionstätigkeit der Nordsee
keine besonderen Schwierigkeiten bereitet haben, anstehendes Ge-
stein, wie Kalke, Sandsteine u. s. w. bis zu Tiefen von ungefähr
10 m abzutragen, ‚weichere Schichten, wie Tone, Mergel, Lehme
und Sande dagegen bis zu noch beträchtlicheren Tiefen hinab,
alles, ohne daß eine Landsenkung stattgefunden hat.
!) Unter Zugrundelegung einer Küstenabnahme von 5 m im Jahr-
hundert.
*) Wissenschaftl. Meeresuntersuchungen. Neue Folge. 1,S. 139.
16
Zusammenfassend möchte ich also meine Meinung dahin ab-
geben, daß die Erscheinungen bei Helgoland hinlänglich als
Wirkungen einer heftigen Abrasionstätigkeit erklärt werden können,
daß Helgoland also für die Annahme einer postglacialen
Landsenkung keine Stütze darbietet.
6. Angebhlicher Fund von Spirifer mosquensis bei Krakau.
Von Herrn G. GÜRICH.
Breslau, den 20. Februar 1904.
Lımanowskı hat im Lemberger Kosmos (1903. XXVIH.
S. 289 ff.) u. a. auch über das Vorkommen von Sperzfer
mosquensis von Zbik bei Debnik und von Sperrfer supra-
mosquensis (?) von der Palkowa Göra in derselben Gegend
berichtet und glaubte, auf Grund dieser Funde im Krakauer
Kohlenkalk Oberkarbon nachgewiesen zu haben. Ich kenne die
Fundpunkte von meiner Untersuchung des Devons von Debnik
her, und gerade von dort lag mir reichliches Spiriferen-Material vor, !)
Bei Zbik, d. h. im Walde oberhalb Zbik, dort wo der von
Paezoltowice nach Siedlec führende Weg westlich der Eysa Göra
an die Talschluchten herantritt, die sich nach Zbik zu einsenken,
ca. '/g km nördlich von dem nördlichsten Hause von Siedleec
finden sich einige unbedeutende Aufschlüsse in schwarzen Mergel-
kalken mit oberdevonischen Zeiorhymchus- und Sperrfer- Arten.
In der Tiefe der Talschlucht, wo sich dieselbe oberhalb der
obersten Häuser von Zbik einengt, findet sich an der östlichen
Talseite ein kleiner verlassener Bruch im Kohlenkalk, der durch
große Productus-Schalen gekennzeichnet ist. Den nächsten Devon-
Aufschluß fand ich ca. 200 m nach NO auf dem Abhansee.
Auch auf der Palkowa Göra sind die äußersten Devon- und
Kohlenkalkaufschlüsse nicht weit von einander entfernt. Als
Palkowa Göra wurde mir von dem Führer der Krakauer Geologen,
dem Marmorbrucharbeiter MacıEJowskı, einem sehr anstelligen
Sammler, der Hügel bezeichnet, der südlich von Paczoftowice
und nördlich von dem Mühlsteinbruche der Zarnöwka liegt und
von dem sich nach SO die Schlucht Laezany döl und nach NO
eine kleine Einsenkung nach dem unteren Ende des Dorfes
!) Beitr. z. Geologie und Paläont. Österr. Ung. 15 1903. 8. 127 ff.
17
Paczoltowice hin erstreckt. ‘Auf dieser Höhe, aber noch an der
Südseite fanden sich. bräunliche Kalke des Oberdevons mit einer
interessanten Spiriferen-Fauna, die ich a. a. O0. beschrieben habe.
Auf dem nordöstlichen, rückenartig sich ausstreckenden Ausläufer
beobachtete ich große Kohlenkalkblöcke mit dieken großen Brachio-
podenschalen, wohl der sog. Chonetes comoides.
Es lag demnach der Verdacht nahe, daß Limanowskı
devonische Spiriferen in den Händen gehabt hat.
Auf meine Bitte sandte mir die Verwaltung des Museums
der Krakauer Akademie der Wissenschaften bereitwilligst die
Originale LiMmAnowskIıs.
Sein Sperifer mosquensts ist in der Tat nichts weiter als
eine Form des Sperifer Murchisonianus; sie kommt der von mir
a.a. OÖ. Taf. XV. Fig. 3 abgebildeten var. „iypus“ sehr nahe, ist
aber durch eine noch deutlichere Rundung an Stelle der Sinus-
kanten ausgezeichnet. Ich besitze übereinstimmende Exemplare,
unterschied sie aber nicht als besondere Varietät, sondern rechnete
sie zu der obengenannten var, „iypus“ Eine gewisse äußere
Ähnlichkeit mit Spürfer mosquensis ist wohl vorhanden,
Limaxnowskıs Bestimmung ist begreiflich: die Berippung ist aber
anders; die Rippen sind zahlreicher, enger gestellt, auf den
Seiten nie gegabelt. Auch sind die Schloßzähne bei weitem nicht
so kräftig, wie sie bei Sp. mosquensis nach den Figuren bei
DaAvıpson und in Frecns Lethaea (dessen Original mir vorlag) sind.
Weniger verständlich ist die andere Bestimmung LımAnowskıs,
die des Sperrfer supramosquensis, zu der er allerdings ein Frage-
zeichen setzt. Die Originale gehören zu der von mir beschrie-
benen Form: Spörfer Murchisomanus var. globosa (a. a. ©.
Taf. XIV. Fig. 10, 11). Die Originale Limanowskıs sind
augenscheinlich auch von MaAcıEJowskı gesammelt, der sonst
Devon und Kohlenkalk durch ZARECZNY sehr wohl zu unter-
scheiden gelernt hat. Bei solch einschneidenden Bestimmungen
ist aber doch Vorsicht, bezw. Bestätigung des Fundes an Ort
und Stelle erwünscht.
Mit der Richtigstellung der Bestimmungen LimAnowskıs
werden nun auch seine Schlußfolgerungen, das Auftreten marinen
Oberkarbons bei Krakau betreffend, widerlegt.
18
7) Über den sog. Glaukonitmergel des Callovien
im südwestlichen Polen.
Von Herrn B. v. REHBINDER.
Warschau, den 22. Februar 1904.
Die bisherigen Beschreibungen!) dieser das Callovien nach
oben hin abschließenden Schicht stimmen nicht ganz miteinander,
indem bald von einer stellenweise grünen Färbung des Gesteins,
bald von einer solchen überhaupt gesprochen wird. Darin sind
sie aber alle einig, daß diese Färbung durch Körner eines grünen
Minerals (nach ZeuscHner Chlorit, nach anderen Autoren Glau-
konit) bedingt wird, welche im Gesteine selbst, oder (nach Bu-
KOwskı) in dem demselben beigemengten Tone enthalten sind.
Die grüne Färbung läßt die aus dieser Schicht stammenden
Fossilien auch auf den Halden leicht von denen des weißen
Cordatus-Mergel unterscheiden, obgleich auch dieser in seinem
unteren Teile noch etwas Glaukonitkörner enthält. Von seinem
Liegenden, dem braunen (ev. grauen) sandigen Macrocephalus-
Kalkstein ist der Glaukonitmergel nicht scharf getrennt, weil
jener in diesen durch allmähliche Zunahme an Ton und kohlen-
saurem Kalk, verbunden mit dem Auftreten von Glaukonitkörnern,
übergeht. Bukowskı hebt noch den besonderen Reichtum an
Ton im obersten Teil des Mergels hervor. Die Mächtigkeit des
letzteren wird auf ca. 0,1 und ca. 0,5 m angegeben.
Auf meinen Exkursionen in der Umgebung von Czenstochau
habe ich Gelegenheit gehabt, diese Schicht an sehr guten Auf-
schlüssen kennen zu lernen, und dabei konstatieren können, daß
deren Zusammensetzung eine viel kompliziertere ist, als bisher
angenommen wurde.
Zunächst fiel mir auf, daß die Grenze der betreffenden Schicht
gegen das Liegende eine viel schärfere ist, als man nach der
oben angeführten Beschreibung annehmen könnte. Die Ursache
davon ist die, daß im gleichmäßigen Gesteine des Liegenden
knollenartige Konkretionen runder, länglicher oder auch von mehr
oder minder bizarrer Form auftreten. Dieselben nehmen ge-
wöhnlich nach oben hin rasch an Zahl zu, bis das Gestein
schließlich von ihnen vollgespickt ist. Darauf kommt eine dicke
oder 2 bis 6 dünnere Platten, womit das Callovien sein Ende
erreicht. Das Ganze ist höchstens 0,30 m mächtig.
') Vergl. ZEUSCHNER (diese Zeitschr. 1869, S. 565 u. 784), sowie
die in meinem vorjährigen Artikel (Ebenda. Monatsbericht No. 1)
erwähnte Literatur.
19
Die Grenze zwischen dem Knollenlager und den Platten ist wellig
und an keine bestimmte Höhe gebunden. Manchmal fehlen die
Platten, wobei die Knollen bis nach oben gehen. Bisweilen weist
in diesem Falle das ganze Gestein nur vereinzelt auftretende
Knollen auf. Alle diese Verhältnisse können auf kurzer Strecke
und sogar in einem und demselben Steinbruche auftreten.
Die Färbung ist an mehr oder minder frischen Aufschlüssen
grünlich, oft mit Rostflecken, besonders sind die Knollen häufig
rostig.. Dagegen ist in alten Brüchen, namentlich denjenigen
beim Gute Pierzchno, so gut wie nichts von der grünen Farbe
zu sehen; die Platten sind hier gelblich grau, stellenweise rot,
das Knollenlager rostig. Auch in denjenigen Steinbrüchen, in
denen die grüne Farbe deutlich auftritt, ist sie nur bei nassem
Zustande des Gesteins intensiv.
Dies alles ist dadurch zu erklären, daß die grüne Färbung
der Schicht nicht durch Glaukonitkörner, sondern hauptsächlich
durch Einschlüsse und Zwischenlagerungen von grünem Ton be-
dingt wird. Die denselben färbende Substanz tritt im Gesteine
zwischen den Knollen z. T. auch unabhängig vom Tone auf,
Beide sind nicht an die obere Schicht des Callovien gebunden,
sondern kommen auch im Liegenden (grüne Flecken in ver-
schiedener Höhenlage, seltener durchweg grünliche Färbung
seines oberen Teils), sowie in den demselben untergeordneten
kalkigtonigen Sanden resp. Sandsteinen vor; derselbe Ton ist
auch dem unteren Teile des Oxfordien-Mergels eingelagert.
Es kommen, sowohl in der in Frage stehenden Schicht,
als auch etwas unterhalb derselben, karminrote Flecke vor, die
von einem roten Ton bedingt werden. Der Gehalt an glaukonit-
ähnlichen Körnern ist zwar für die betreffende Schicht nicht ganz
zu leugnen: sie kommen aber in den von mir untersuchten Stein-
brüchen bei Özenstochau, Klobucko und Pierzchno nur selten und
in zu geringer Menge vor, als daß sie die Färbung der Schicht
bedingen könnten.) Die Platten sind frei davon. Die eigent-
liche Färbung des Gesteins ist für die gesamte Schicht gelbgrau,
an und für sich ist das Gestein nicht besonders tonig. Das
Gestein zwischen den Knollen besteht aus sandigem Kalk, die
Knollen selbst meist aus festem Kalksandstein. Nur in einem
der auf dem Berge Jasnaja Gora bei Czenstochau liegenden Stein-
') Dagegen findet man häufig glaukonitähnliche Körner in den
oben erwähnten, viel tiefer liegenden Zwischenlagen der Macrocephalus-
Schichten und zwar manchmal in viel erößerer Menge. Somit kann
die obere Schicht des Callovien weder als Glaukonit-Schicht bezeichnet
werden, noch kann man jedes grüne Gestein auf den Halden als aus
dieser Schicht stammend ansehen,
20
brüche (namentlich in demjenigen, weicher westlich vom Kloster
und südlich von dem von diesem nach dem Vorwerke Lyseniee
führenden Wege liegt), in dem die Platten fehlen, fand ich, daß
an einer Stelle, wo die Knollen sehr spärlich verteilt und die sie
enthaltende Schicht sehr wenig mächtig waren, diese Knollen ans
Hornstein bestanden. Die Platten bieten ein besonderes Interesse,
Die obere Fläche jeder Platte ist gewöhnlich von ziemlich
flachen, unregelmäßig rundlichen Höckern, die untere Fläche
(mit Ausnahme der untersten Platte, deren untere Fläche keine
eigene Form zeigt) mit entsprechenden Einsenkungen bedeckt.
Die Zwischenräume zwischen den Höckern bilden ein Netz, das
an der unteren Fläche in der Gestalt von Kämmen zwischen den
Einsenkungen hervortritt.. Im Vertikalschnitt erscheint dieses
Netz in der Form von vertikalen Septen, so daß man annehmen
möchte, dasselbe sei Kittsubstanz, welche die einzelnen (den
Höckern und Senkungen entsprechenden) zylindrischen Körper
verbindet. Die Einzelkörper zeigen eine flache, konzentrisch-
schalige Struktur, die an verwitterten Stücken sehr deutlich
hervortritt; die Schichtung ist eine horizontale. Zu gleicher Zeit
bemerkt man eine unregelmäßig radiäre Strahlung, welche zu-
sammen mit der Schichtung ein unregelmäßiges Netzgewebe er-
zeugt, dessen Maschen mit gelbem Ocker ausgefüllt sind.
Durch den konzentrischen Aufbau (manchmal auch durch
Toneinlagen) erklärt es sich leicht, weshalb bald eine, bald, oft
dicht daneben, mehrere Platten vorhanden sind. Solche Trennung
kann man oft auch durch Schlagen hervorrufen.
Die eben gegebene Beschreibung behandelt den typischen
Fall. Die Ausbildung kann aber im ganzen verschieden sein,
sowohl in Bezug auf die Größe und Lage der Einzelkörper, als
auch auf Deutlichkeit der Struktur und Form. der Oberflächen-
beschaffenheit.
Die obenerwähnte Struktur läßt an der organischen Natur
dieser Platten keinen Zweifel aufkommen. Unter dem Mikroskop
sieht man viele Nadeln. Ich möchte diese Gebilde für Schwämme
halten; diese Ansicht hat auch nach der Meinung des Herrn
Professors JÄREL das meiste für sich. Die ganze Substanz bis
auf den Ocker der Zwischenräume löst sich in Salzsäure auf;
also sind es Kalkschwämme. Von einer näheren Untersuchung
sche ich ab, indem ich sie einem Spezialisten überlassen will.
Diese Kalkschwammbildung besitzt nur eine geringe Mächtigkeit
(höchstens 0,18 m), aber eine große horizontale Verbreitung:
denn von den zwölf Steinbrüchen bei Pierzehno, Libidza, Klobucko
und Üzenstochau, die ich untersuchte, habe ich nur in zweien
bei Czenstochau diese Schwämme nicht nachweisen können und
zwar in dem schon oben erwähnten Steinbruche westlich vom
Kloster, sowie in einem, der südlich vom ersten und westlich
von der kleinen Befestigung auf demselben Berge liegt. Dabei
ist zu bemerken, daß Klobucko von Czenstochau 16 km entfernt
liegt, die übrigen Orte liegen dazwischen. Weitere Untersuchungen
werden wohl auch eine weitere Verbreitung dieser Schwämme
nachweisen.
8. Uber präglaciale marine Ablagerungen im
östlichen Norddeutschland.
Von Herrn G. Maas.
Berlin, den 6. März 1904.
Im Jahre 1899 beschrieb G. MürLLer!) marine Ablagerungen
von Boizenburg a. d. Elbe, die dort das Glacialdiluvium unter-
lagern und als Aequivalent der Cardiumsande von Lauenburg
und Bleckede angesprochen wurden, für Präglacial, während
Gorrsche diese Bildungen als ältestes Interglacial auffassen wollte.
Ähnliche Verhältnisse haben sich nun seit einer Reihe von Jahren
an mehreren Punkten des nordostdeutschen Flachlandes gezeigt,
die im folgenden ganz kurz angeführt sein sollen, während ich
mir eine genaue Darstellung für später vorbehalte,
Bereits im Jahre 1884 wies JentzscH ?) im Anschluß an Berenpr
auf das Vorkommen mariner Conchylien bei Bromberg und Ostro-
metzko hin, die sich hier in dem die Tertiärtone unmittelbar über-
lagernden Diluvialsanden finden; doch glaubte er, sie als ungelagert
ansprechen zu müssen, besonders da sie bei Ostrometzko zusammen
mit Dreissena beobachtet wurden. Bei mehrfachen Besuchen der
Ostrometzkoer Ziegelei, deren Grubenaufschlüsse oft ihr Aus-
sehen wechseln, konnte ich nun feststellen, daß die Miocäntone
unmittelbar von einer dünnen Bank schwach kalkiger und meist
völlig feldspatfreier Sande überlagert werden, in denen sich
Cardium edule und Cyprina sp. finden. Auf diese Sande
legen sich, von ilmen oft durch eine Geröllebank getrennt,
echte kies- und feinsandstreifige Diluvialsande, die in den tieferen
Teilen marine Fauna mit Süßwasserchonchylien, Anodonta und
Dreissena, gemischt, enthalten und nach oben zu nur noch letztere
aufweisen. Wie bereits Jentzscu erkannte, bilden diese Sande
die tiefste Schicht des gesamten Diluviums von Ostrometzko.
!) Präglaciale marine und Süßwasserablagerungen bei Boizenburg
a.d. Elbe. Arch. Ver. Freunde d. Naturgesch. Mecklenburg 53. 1899.
?) Jahrb. Kgl. Preuß. geol. L.-A. Berlin 1884. 8. 505—506.
22
Ähnlich liegen die Verhältnisse bei Bromberg. Hier ist das
Tertiär zusammen mit dem unteren Diluvium in eine Reihe
nordwestlich streichender Sättel und Mulden zusammengeschoben,
die diskordant vom oberen Diluvium überlagert werden. In
einigen Ziegeleien sieht man nun die Miocäntone stellenweise
von Geschiebemergel überlagert, der nach Lage der Dinge nur
unterer sein kann. Dieser untere Geschiebemergel enthält aber
zuweilen als Geschiebe Einlagerungen sekundär mit Kalk infiltrierter
feldspatfreier Sande, aus denen sich im Laufe der Zeit folgende
Schalreste sammeln ließen: Cardium edule, Cardium echinatum,
Tellina baltıca, Oyprina, Mytdus edulis, Tapes und Nassa reticulata.
Die gleichen Sande, gleichfalls durch vereinzelte Schalreste be-
zeichnet, treten auch hin und wieder als linsenförmige Massen
an der Unterseite des Geschiebemergels auf, schieben sich also
zwischen Miocän und Diluvium ein. Dieselbe Beobachtung konnte
ich auch bei Bethkenhammer nördlich von Schneidemühl machen,
wo gleichfalls sowohl unter als auch in dem zusammen mit dem
Miocän stark dislocierten unteren Geschiebemergel Schollen feld-
spatfreier Sande auftreten, die hier allerdings nur wenige un-
bestimmbare glatte Schalenbruchstücke lieferten. Gut erhaltene,
z. T. noch zusammenhängende Schalen von Cardium edule,
Tellina baltıca und Bruchstücke einer großen Cyprina fanden
sich auch in großer Menge in der untersten Geschiebemergelbank
der Schächte und Bohrlöcher der Gegend von Filehne, Czarnikau
und Schoeulanke, zuweilen noch von Ballen schwach toniger
und glimmerreicher, aber kalk- und feldspatfreier Sande umgeben;
und die gleichen Sande, teils mit, teils ohne Fossilien treten
sogar noch weiter südlich bei Zirke in dem einzigen dort vor-
handenen Geschiebemergel, zuweilen in mehrere Kubikmeter halten-
den Massen auf und wurden als dünne Linse. von etwa 10 m
Länge auf dem Miocänton der Ziegelei zu Kulm bei Birnbaum
festgestellt, hier allerdings wohl ebenfalls nur als Scholle an der
Basis des unteren Geschiebemergels, aber charakterisiert durch
Cardium edule und Nassa reticulata.. Ähnliche Massen mit
vereinzelten Schalenresten zeigten sich auch in den tiefsten Teilen
des Diluviums bei Grone a. Br. und südlich von Tuchel sowie an
den miocänen Aufragungen des Kreises Wirsitz; doch ließ sich
bier noch nicht mit Sicherheit bestimmen, ob man es mit diluvialen
Geschieben oder mit teilweise verunreinigten anstehenden Massen
zu tun hat. Jedenfalls treten die fraglichen Bildungen stets
unmittelbar über dem Miocän und in den tiefsten Schichten des
Diluviums auf, Sicher als Geschiebe zu deuten sind Reste von
Cardıum, Tellina und Oyprina aus Bohrproben von Lindenwald
bei Vandsburg, Krojanten bei Konitz, Försterei Döberitz,
en.
Kreis Deutsch Krone, und Belgard in Pommern. Überall fanden
sich hier die Schalreste nur in der das Miocän unmittelbar über-
lagernden Geschiebemergelbank, die in Belgard und Fh. Doeberitz
durch ein darüber liegendes Süßwasserinterglacial sicher als
unterer Geschiebemergel erwiesen ist. Nicht mit Geschieben,
sondern mit anstehenden Ablagerungen hat man es dagegen wieder
zwischen Inowrazlaw und Thorn, besonders in der Umgebung
von Argenau, zu tun, wo eine ganze Anzahl von Bohrungen
wieder marine Schichten in unmittelbaren Hangenden des Miocän
erwiesen. Überall handelt es sich hier um feinkörnige, kalkarme
oder kalkfreie, stets feldspatfreie, reine oder schwach tonige und
zuweilen glimmerhaltige Quarzsande verschiedener Farbe, deren
Mächtigkeit meist weniger als ein Meter beträgt. Aus diesen
Sanden ließen sich neben zahlreichem Schalengrus viele Exemplare
folgender Fossilien auslesen: Cardium edule, Cardium echinatum,
Tellina baltica, Ostrea, Mytilus edulıs, Cyprina und Nassa retteulata.
Viele der Schalen, unter denen sich mehrere zweiklappige Exemplare
befanden, zeigten noch Farbenspuren und glänzende Innenseiten,
audere dagegen waren stark korrodiert, aber nicht abgerieben,
sondern, wie das maschenförmige Netzwerk von Lamellen zeigte,
aufgelöst, vielleicht durch Sickerwässer in den kalkfreien Sanden,
vielleicht auch gleich nach der Ablagerung. Die ganze Ablagerung
mit dem reichlichen Schalengrus macht durchaus den Eindruck
einer Strandbildung. Keinesfalls hat man es hier mit diluvial
umgelagerten Massen zu tun. Dagegen spricht einmal die gleich-
mäßige Art der Ausbildung und Verbreitung, dann aber besonders
der Schichtenverband, in dem diese Cardiumsande auftreten,
Überall zeigt sich nämlich über diesen Sanden zunächst eine
0,5—1 m mächtige Bank nordischer Gerölle von Hasel- bis
Wallnußgröße, die wieder von mehreren Metern feiner bis kiesiger
Spatsande überlagert werden, bevor die unterste Geschiebemergel-
bank sich einstellt. Da überall, auch in der ganzen Umgebung,
zwei, durch mächtige geschichtete Sedimente getrennte Geschiebe-
mergel vorhanden sind, so ist sicher, daß auch in der Gegend
von Argenau die marinen Ablagerungen sich zwischen Miocän und
das unterste Glacialdiluvium einschieben.
Setzt man die Richtigkeit der für Norddeutschland angenommenen
Gliederung des Diluviums voraus, so ist sicher, daß die beschriebenen
marinen Ablagerungen nicht mit dem neuerdings mehrfach in Zweifel
gezogenen, der letzten Interglacialzeit zugerechneten marinen Inter-
glacial des unteren Weichselgebietes und Ostpreußens vereinigt werden
können; denn diesem letzten Interglacial würde das Süßwasserinter-
glacial unseres Gebietes entsprechen, von dem die marinen Bildungen
durch Geschiebemergel und andere mächtige nordische Sedimente
24
getrennt sind.“ Unsere marinen Ablagerungen müssen also ent-
weder einem älteren Interglacial oder dem Präglacial angehören.
Etwas bestimmtes hierüber läßt sich vorläufig noch nicht aussagen,
da die älteste Grundmoräne bei Annahme dreier Eiszeiten bisher
zwischen Oder und Weichsel weder nördlich noch südlich des
baltischen Höhenrückens mit einiger Sicherheit nachgewiesen ist.
Bei dem gänzlichen Fehlen nordischen bezw. glacialen Materiales
in unseren marinen Sanden würde sich bis auf weiteres aber
wohl ihre Zurechnung zum Präglacial empfehlen.
9, Die elacialen Störungen in den Kreidesruben von
oO oO @)
Finkenwalde beı Stettin.
Von Herrn F. WAHNSCHAFFE.
Hierzu Taf. VIII u. 3 Textfig.
Berlin, den 7. März 1904.
In einem Aufsatze „Über glaciale Druck- und Faltungs-
erscheinungen im Oder-Gebiet*, der sich vorwiegend mit den
Störungserscheinungen in den Aufschlüssen des Katzengebirges
bei Trebnitz beschäftigt, zieht F. Frecm!) zum Vergleich die von
mir beschriebenen glacialen Schichtenstörungen in den Kreide-
gruben von Finkenwalde bei Stettin heran. Er erläutert kurz
die dortigen Lagerungsverhältnisses an der Hand einer nach
photographischen Aufnahmen hergestellten Skizze des westlichen
Stoßes der Kreidegrube Katharinenhof (Taf. 29), sowie einer
Profilzeichnung der Grube der Zementfabrik Stern (Taf. 30).
Durch diese seine Darstellung sehe ich mich veranlaßt, auf
Grund einer Reihe neuer Beobachtungen in den erweiterten
Grubenaufschlüssen und unter Bezugnahme auf meine früheren
Veröffentlichungen?) zu den Mitteilungen Frecns einige Berichti-
gungen und Ergänzungen zu geben.
') Zeitschr. d. Ges. f. Erdkunde Berlin 1901. 36 Nr.5, S.225 —226,
T. 29 u. 30. — Der Besuch der Gruben durch FRECH hat am 26. II. 1898
stattgefunden, wie aus S. 225, Anm. 5, hervorgeht.
°) Die Kreidegruben von Finkenwalde. Jahrb. d. Kgl. Preuss.
geolog. L.-A. für 1898. 18, S. 52-58. — Die Ursachen der Ober-
tlächengestaltung des norddeutschen Flachlandes 1901. 8. 110-112.
— Frecn bezieht sich nur auf mein Buch und mußte nach einem
Druckfehler auf S. 112 allerdings annehmen, daß mein Profil des
westlichen Stoßes der Grube Katharinenhof aus dem Jahre 1889 stamme.
35
Frecn meint, daß der Maßstab meiner Profile von Finken-
walde zu klein sei, um eine Vorstellung von der Großartigkeit
der glacialen Faltungen zu geben. Ganz abgesehen davon, daß
jeder Geologe imstande ist, sich nach dem beigegebenen Maß-
stabe eine richtige Vorstellung von den Größenverhältnissen eines
Profiles zu machen, ist die Angabe Frecus von der Höhe des
Aufschlusses in der Grube Katharinenhof („86 m“) ganz unzu-
treffend, während meine von ihm in Zweifel gezogene Angabe
von 57 m, die ich Herrn Inspektor Brunn verdankte, den tat-
sächlichen Verhältnissen entspricht Um mich davon zu über-
zeugen, habe ich im Oktober 1902 die Höhe der Grubenwand
mittels eines Bindfadens z. T. nachgemessen. Danach betrug
der Abstand von der untersten Sohle der Grube bis zur mittleren
Abbausohle 20 m, von dort bis zur obersten 17 m und von
hier bis zur Oberfläche schätzungsweise wieder 20 m. Zu einem
ganz ähnlichen Resultat kommt man, wenn man die Aufnahmen
des Kgl. Preuß. Generalstabes vom Jahre 1886 (Sektion Podejuch)
zu Rate zieht. Die Sohle der Grube Katharinenhof liegt gegen-
wärtig 24 m über dem Reglitzspiegel, der dem Ostseespiegel
nahezu gleich ist, während die 80- und 85 m-Kurven die oberen
Ränder der Grube durchziehen. Daraus folgt, daß seit 1886 die
Höhe der Grubenwände 61 m nicht überschritten haben kann und
daß demnach die Angabe Frechs auf einem Irrtume beruhen muß.
Ferner weist FrecH darauf hin, daß in meinem Profile der
von ilım dargestellte oberoligocäne Grünsand fehlt, weil dieser
„1289“ offenbar noch nicht aufgeschlossen gewesen sci. Mein
Profil von 1898 zeigt unter der mittleren Abbausohle allerdings
nur muldenförmig in die Kreide eingelagerte diluviale Kicse.
Ich habe damals dieselben, die vorwiegend im unteren Teile der
Glacialmulde in stark gebogenen Schichten auftraten, nicht aus-
drücklich von dem darüber liegenden feineren Diluvialsande unter-
schieden, weil auch diese wiederum von einer dünnen Kies- und
Gerölleschicht bedeckt waren, wie auf verschiedenen älteren
Photographien noch deutlich zu erkennen ist. Da Frecı aber
das Vorkommen von oberoligocänem Grünsand in dieser Partie
des Profiles besonders betont und ihn als Schicht 3 darstellt, so
habe ich das Profil im Sommer 1902 und 1903 nochmals genau
untersucht und wiederholt photographiert und gezeichnet.
Er führte daher die Differenzen in unseren Darstellungen auf das
von ihm angenommene verschiedene Alter der Profile zurück. Mein
Profil ist jedoch für den Führer für die Glacialexkursionen der Deutschen
geologischen Gesellschaft nach einer von mir am 24. Juli 1898 auf-
genommenen Photographie und nach wiederholten Besichtigungen des
Aufschlusses gezeichnet worden.
26
Der Abbau ist am westlichen Stoße der zur Zementfabrik
Züllchow gehörigen Kreidegrube Katharinenhof seit 1898 bedeutend
weiter vorgeschritten, sodaß die kleinere Kiespartie unmittelbar
über der mittleren Abbausohle bereits verschwunden und an dieser
Stelle die dahinterliegende Kreide zum Vorschein gekommen ist.
Ebenso ist die schmale apophysenartige Einpressung des Septarien-
tones in die Kreide auf der rechten Seite meines früheren Profiles
bereits abgebaut. Was nun die in die Kreide eingefalteten
diluvialen Kiese und Sande unterhalb der mittleren Sohle
betrifft, so hat auch hier der Abbau bedeutende Fortschritte
gemacht. Zu unterst sieht man (Profil 1 und Taf. VII) noch
immer die muldenartig gebogenen und schließlich steil aufge-
richteten groben nordischen Kiese (5), die aber jetzt unter der
Grubensohle verschwinden, während sie früher noch oberhalb der
Sohle von Kreide unterlagert wurden. Der senkrechte Flügel
dieser Kiese wird zunächst von einer dünnen Schicht feinen
Diluvialsandes unterlagert, sodann folgt eine unten breite, nach
oben spitzer zulaufende Partie Geschiebemergel (4) und schließ-
lich eine wenige Zentimeter mächtige Grünsandschicht (2), die
unmittelbar an die Kreide (1) anstößt. Diese letztgenannten drei
Schichten waren früher von der davorliegenden Kreide verdeckt,
doch habe ich schon im Jahre 1898 eine dünne Grünsandschicht
als unmittelbare Bedeckung der Kreide beobachten können. !)
Über dem diluvialen Kiese, dessen oberste Schicht infolge
von Verkittung als starke Rippe aus der Grubenwand hervortritt
(Tafel VII), folgt ein schwach grünlich gefärbter feinkörniger
Sand (5a), dessen Schichten die Aufbiegung der Kiesbank
senau wiederholen. Eine Untersuchung mehrerer Proben dieses
Sandes ergab, daß er im wesentlichen ein Quarzsand ist, der
durch eine mäßige Beimengung von Glaukonitkörnern, besonders
in den feineren Partien, grünlich gefärbt ist. Daneben fanden
sich außer Feldspatkörnchen auch solche eines harten grauen,
wahrscheinlich silurischen Kalkes, ferner ziemlich große Kreide-
und zahlreiche Braunkohlenbröckchen. Der Sand ist daher nicht
als oberoligocän zu bezeichnen, sondern stellt einen während der
Eiszeit abgelagerten, aber vorwiegend aus umgelagertem ter-
tiären Materiale gebildeten Diluvialsand dar. Es sei hier
noch hervorgehoben, daß die Glacialbildungen in den Finken-
walder Gruben, wie bei den großartigen Störungen gar nicht
anders zu erwarten ist, vielfach reichlich mit tertiärem Materiale
gemischt sind. Der untere Geschiebemergel zeigt in seinen
tiefsten Partien häufig eine schwärzliche Farbe, die von dem auf-
') Jahrb. d. Kgl. Preuß. geolog. L.-A. 1897, S. 54,
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Westlicher Stoß der Kreidegrube Katharinenhot.
1. Obersenone Mucronaten-Kreide. 2. Grünsand. 3. Mitteloligocäner Septarienton. 4. Unterer Geschiebemergel. 5. Unterer
Diluvialkies. 5a. Unterer Diluvialsand. 5b. Unterdiluviales Konglomerat. 6. Oberer Geschiebemergel. Kn Knollenstein.
28
searbeiteten Septarientone herstammt; in der Grube Katharinenhof
bildete er an einer Stelle der Westwand mit dem verkneteten
Septarienton eine typische Lokalmoräne. In derselben Grube
treten an der Nordwand neben der jetzt fast abgebauten steilen
Kreideklippe ebenso steil gestellte Diluvialsande auf, deren
Schichtung durch eingeschwemmte Braunkohlenreste scharf mar-
kiert ist. Außerdem zeigen die obersten Partien des Septarien-
tones schmitzenweis vorkommende, offenbar durch glaciale Druck-
wirkungen in ihn hineingepreßte Grünsandreste von dunkelgrüner
Farbe.
Der schwach grünlich gefärbte Diluvialsand wird von einer
dünnen Konglomeratschicht (5b) bedeckt, die aus großen
und kleinen nordischen Blöcken besteht und in der Grube „Stern“
gegenwärtig in größerer Ausdehnung und mächtigerer Ausbildung
auftritt. Auf dem Konglomerat der Grube Katharinenhof werden
vereinzelte Braunkohlenquarzite mit knolliger, aber glatter Ober-
fläche und senkrecht auftretenden Wurzelresten angetroffen, auf
die wir bei Besprechung der Grube Stern noch näher eingehen
werden. Die eben beschriebene Glacialmulde hat eine Länge von
etwa 7O m.
Der im südlichen Teile des Profils (Fig. 1) bis an die Oberfläche
reichende feinkörnige hellgelbe Diluvialsand ist im unteren Teile
stark gewunden und scheint mit den eingefalteten Diluvialschichten
in Verbindung zu stehen. Der untere Geschiebemergel (4), der
von einem Septarientonrest schweifartig umgeben ist, zeigt infolge
kiesig-sandiger Einlagerungen eine deutliche Bankung und tritt
auch am Nordstoße der Grube noch in mächtiger Entwicklung
auf. Die von FrecHn gegebene summarische Darstellung der
Glacialbildungen als „unterer Diluvialsand* auf der linken Seite
seines Profiles ist daher nur als flüchtige Skizze: zu betrachten,
weshalb die Reproduktion in der Lethaea geognostica!) in ver-
größertem Maßstabe besser unterblieben wäre,
Nicht minder unvollständig ist das Freenusche Profil der
Grube Stern. Es stellt einen Teil der Nordwand dar und zeigt
eine bis zu 32 m mächtige Kreidebank, die auf Septarienton
liest und von diluvialen Sanden und Geschiebemergel überlagert
wird. Da hiermit jedoch die Lagerungsverhältnisse nicht er-
schöpfend dargestellt sind und Frecu auch in der Erklärung nur
von einer Überschiebung der Kreide auf Septarienton spricht, so
!) Lethaea geognostica 1903. III. Teil. 2. I. Abt. Lief. 1. S. 77.—
Auch die Deutung der Einzelansicht auf $S. 78 ist unrichtig. Nicht
die Kreide ist intrusiv, sondern der Septarienton ist in die Kreide
eingefaltet.
29
sehe ich mich genötigt, auf diesen interessanten Aufschluß noch-
mals näher einzugehen. Ich muß dies umsomehr, als auch Dezcke
neuerdings verschiedene Beobachtungen über die Lagerungsver-
hältnisse in dieser Grube mitgeteilt hat und dabei zu abweichen-
den Ansichten über das Alter der von Berenpr!) und mir zum
Unteroligocän gestellten Braunkohlenquarzite gelangt ist.
Das von mir 1898 für die Glacialexkursion der Deutschen
geologischen Gesellschaft veröffentlichte schematische Profil, wel-
ches in Nordost-Südwest-Richtung durch die gemeinsame Kreide-
srube der Zementfabriken Stern und Züllchow gelegt worden ist,
sollte nur die allgemeinen Lagerungsverhältnisse unter Fortlassung
der Details zum Ausdruck bringen. Durch ein Gutachten, welches
ich für die Stettiner Portlandzementfabrik in Züllchow abgegeben
hatte, war ich genötigt, Ende Januar 1899 nochmals eine genaue,
meine Auffassung der Lagerungsverhältnisse bestätigende Revision
dieses schematischen Profiles auszuführen. Die hier im Text
wiedergegebene Abbildung (Fig. 2) bringt dasselbe mit einigen
Ergänzungen, die sich infolge fortschreitenden Abbaus und voll-
ständigerer Bloßlegung der nördlichen Grubenwand im Herbst
1903 ergaben.
Beim Eintritt in die Grube unmittelbar am Tunnel sieht
man jetzt an der nördlichen Grubenwand auf der Kreide eine
nur schwach entwickelte diluviale Konglomeratschicht,
welche sehr viele Feuersteine und vereinzelte Braunkohlenquarzite
enthält. Im weiteren Verlauf verschwindet dies Konglomerat, und
einzelne große Platten des Braunkohlenquarzits liegen ohne
diluviale Zwischenschicht, unmittelbar auf der Kreide. Diese
Platten, welche einen Durchmesser von ungefähr einem Meter besitzen,
waren bereits von den darüber liegenden Schichten entblößt, doch
scheinen, nach den Aufschlüssen an der Grubenwand zu urteilen,
feinere Sande darüber gelegen zu haben. Das soeben erwähnte
Konglomerat ist nur wenige Zentimeter stark und geht nach oben
in kiesige Sande über. Dann folgt eine Bank von unterem
Geschiebemergel, der sich nach Osten zu auskeilt und durch
eine ebenfalls auskeilende Kiesschicht fortgesetzt wird. Über
dem Geschiebemergel folgen mächtige fein geschichtete Dilu-
vialsande, die im vorderen Teile der nördlichen Grubenwand
zu Tage ausstreichen, aber weiter nach Osten hin von oberem
Geschiebemergel überlagert werden, der hier eine Mächtigkeit
bis zu 10 m besitzt. Frecn gibt auf seinem Profile der Nord-
wand (Taf. 30) eine Bank unteren Geschiebemergels an, die nach
!) Kreide und Tertiär von Finkenwalde bei Stettin. Diese Zeitschr.
36. 1884. S. 866-874,
30
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31
Westen zu sich in den Diluvialsand einschiebt, nach Osten zu
direkt vom oberen Geschiebemergel überlagert sein soll. Ich
glaube jedoch nicht, daß es sich hier um zwei getrennte Geschiebe-
mergel handelt, da die Ablagerung nach Osten zu völlig einheit-
lich erscheint. Meiner Ansicht nach liegt hier nur eine spitz in
den oberen Geschiebemergel hineingepreßte Apophyse des darunter
liegenden Diluvialsandes vor.
An derselben Nordwand der Grube sieht man gegenwärtig
ziemlich nahe unter dem oberen Geschiebemergel eine harte
Konglomeratschicht von einem halben Meter Mächtigkeit in
den geschichteten Diluvialsand eingelagert. Dieses schon von
Deeeke beschriebene Konglomerat, welches größtenteils aus nor-
dischen Blöcken und Geröllen besteht, ist sehr verdrückt und
zeigt zerquetschte und wieder verkittete Geschiebe. Braunkohlen-
quarzite habe ich hier, wo große Schollen des Konglomerates von
der Grubenwand heruntergestürzt waren und auf der obersten Ab-
bausohle dicht gedrängt umher lagen, nicht beobachten können.
Südlich von dieser Stelle jedoch liegt unmittelbar auf der Kreide
gegenwärtig eine dünne Konglomeratschicht, die aus nordischem
Materiale besteht und wie am Eingang beim Tunnel vereinzelte
große Braunkohlenquarzite enthält. Diese mischen sich nach
meinen Beobachtungen dem Konglomerat nur dort bei, wo es
direkt der Kreide aufsitzt. Deeck#!) dagegen stellt es in seinen
Ausführungen über Tektonik und Eisdruck S. 23 so dar, als ob
diese Quarzite der Grube Stern stets in dem diluvialen Konglomerat
lägen und ihre Zurechnung zum Unteroligocän demnach unberechtigt
sei; denn das Konglomerat si — woran allerdings nicht zu
zweifeln ist — typisch diluvial und umschließe die Quarzite
als Auswaschungsrückstände von miocänen, den pommerschen
Braunkohlen zugehörigen Schichten.
Diese Auffassung kann ich nach meinen langjährigen Be-
obachtungen in der Grube Stern, die mit der Kartierung von
Blatt Podejuch 1889 begannen, nicht teilen. Durch den fort-
schreitenden Abbau haben sich seit dem Jahre 1898 die Ver-
hältnisse allerdings so wesentlich geändert, daß die Knollensteine
jetzt nur noch vereinzelt in der Grube zu finden sind. Früher
war, wie dies auch mein schematisches Profil darstellt, im süd-
östlichen Teile der Grube eine ausgedehnte, ursprünglich von
unterem Geschiebemergel bedeckt gewesene Kreideoberfläche ent-
blößt, und auf dieser lag ohne diluviale Zwischenschicht auf
!) Geologische Miscellen aus Pommern. Mitteil. naturw. Ver.
für Neu-Vorpommern und Rügen zu Greifswald. 85. 1903. 8. 23.
weite Erstreckung ein dichtes Pflaster von Quarziten'),
sodaß nur an eine ursprüngliche Lagerung gedacht werden konnte,
umsomehr, als an einer Stelle, die jetzt ebenfalls abgebaut ist,
die Quarzite durch einen Rest Septarienton vom überlagernden
Geschiebemergel getrennt wurden. Ebenso wichtig für die Alters-
bestimmung der Quarzite ist eine Stelle im südlichsten Teile der
Grube an dem liegenden Sattel der Kreide und des Septarientones.
Hier sieht man noch jetzt einen, von diluvialen Beimengungen
ganz freien, groben glaukonitischen Sand zwischen Kreide und
Septarienton und in diesen eingebettet einige Braunkohlenquarzite.
Dieser von mir nachgewiesene, braun verwitterte glaukonitische
Sand?) kann wegen des Fehlens von nordischem Materiale nicht
mit dem oben erwähnten blockreichen Konglomerat von typisch
diluvialem Charakter identifiziert werden, wie dies Dssck£°) irr-
tümlich tut. In der Grube Katharinenhof finden sich, wie schon
erwälnt, vereinzelte große Braunkohlenquarzite auf der Konglomerat-
schicht im Profil 1 bei Kn. Hier sind jedoch diese Blöcke
sichtlich erst bei der Faltung disloziert worden und bieten durch
ihre Lagerung keinen Anhalt für ihre Altersbestimmung. An und
für sich wäre ja das Vorkommen von Knollensteinen in den
sandigen Bildungen der norddeutschen miocänen Braunkohlen-
formation nicht weiter auffallend, bisher jedoch ist meines Wissens
im Verbreitungsgebiet dieser Ablagerungen keine Stelle bekannt
geworden, wo derartige Knollensteine anstehend vorkommen. In
den unteroligocänen Braunkohlenbildungen des subhercynen Ge-
bietes treten sie dagegen in mehreren Horizonten außererdentlich
häufig auf und es lag nahe, sie mit diesen ihrem Alter nach
zu parallelisieren. Nach meiner Ansicht muß man auf grund der
Lagerungsverhältnisse an der zuerst von BERENDT vertretenen
Zurechnung der Braunkohlenquarzite zum Unteroligocän festhalten.
Es ist ein Irrtum von Deercke, wenn er das Vorkommen der
Quarzite in der Grube Stern an das diluviale Konglomerat ge-
knüpft glaubt, da dieses gerade dort, wo die Knollensteine früher
am massenhaftesten auftraten, nicht vorhanden war.
!) G. BERENDT berichtete 1884 (Diese Zeitschr. S. 867 u. 871),
daß die Quarzitblöcke „zu Hunderten“ die ganze Oberfläche der Kreide
bedeckten, und Herr Inspektor BRuHN hat mir noch kürzlich bestätigt,
daß sie früher zeitweise den Eindruck einer zusammenhängenden
Schicht gemacht hätten.
?) Erläuterungen zu Blatt Podejuch S. 14. — Das Heft wurde
zwar erst 1899 mit der ganzen Lieferung ausgegeben, lag jedoch
bereits seit 1893 gedruckt vor, weshalb es mir leider nicht mehr
möglich war, meine Beobachtungen vom Jahre 1898 noch zu verwerten.
2.9.28, 0, 8,28.
33
Um zu zeigen, wie sehr sich die Profile durch den weiteren
Fortschritt des Abbaus verändern, mag noch ein Detailprofil (Fig. 5)
< N Q N
: Fig: 8.
Südlicher Stoß der Grube der Zementfabriken „Stern“ und
„Züllchow“. f
1. Obersenone Mucronaten-Kreide. 2. Unterer Geschiebemergel.
3. Unterer Diluvialsand. 4. Unterdiluviale Konglomeratschicht.
5. Oberer Geschiebemergel. 6. Oberer Diluvialsand. Kn Knollenstein.
hier Aufnahme finden, welches am südöstlichen Stoße der Grube
Stern gegenwärtig die Umbiegung des Kreidesattels und die ihn
überlagernden Diluvialschichten zeigt. Von dem Knollenstein-
pflaster auf der Kreide ist nichts mehr zu sehen, nur erinnern
daran einige große Quarzite, die von dem die Kreide überlagernden
unteren Geschiebemergel aufgenommen sind. Stellte dieser früher
eine einheitliche Bank dar (Profil 2), so ist jetzt eine nach Süd-
west sich auskeilende Bank geschichteten Diluvialsandes (3) in ihn
eingeschaltet, während in diesem wiederum eine grobe Konglomerat-
schicht (4) auftritt, die in ihrem unteren Teile einen schön aus-
geprägten Harnisch auf einem großen Block zeigte. Ob das
Konglomerat wirklich als eine einheitliche Schicht an der Basis
des Diluviums anzusehen ist und erst später durch Überfaltung
und Einpressung der hangenden Diluvialschichten von der Kreide
abgehoben wurde, wie DEECKE annimmt, erscheint mir nach seinem
Vorkommen in den geschichteten Diluvialsanden der Nord- und
Südwestwand der Grube Stern und als Hangendes der Glaeial-
-- mulde der Grube Katharinenhof sehr zweifelhaft. Allem Anscheine
nach tritt es in verschiedenen Niveaus auf.
Der Septarienton, der die ganze Kreidefalte der Grube
Stern unterlagert, erschien 1899, wie auch Profil 2 zeigt, als
B)
34
apophysenartige Bank von 1 m Mächtigkeit tief in den Kreide-
sattel eingepreßt.!), Auf der untersten Abbausohle wird seit
Jahren im mittleren Teile der Grube unter der größtenteils schon
abgebauten, früher etwa 30 m mächtigen Kreide ein 4—6 m
mächtiger Septarienton gegraben, der durch seine schön aus-
gebildeten glänzenden Ablösungsflächen und Harnische
den gewaltigen Druck erkennen läßt, dem er durch das Inlandeis
ausgesetzt war. Er wird, wie zeitweise in kleinen Aufgrabungen
sichtbar war, von 0,4 m Diluvialsand unterlagert, darunter folgt
Geschiebemergel von 1,5 m Mächtigkeit und unter diesem ist
Diluvialsand bis zu 31 m Tiefe erbohrt worden. Auch an der
Nordwand wird jetzt Septarienton unter der Kreide abgebaut.
Die glänzenden Ablösungsflächen waren auch im September
1903 an der Westwand der Grube Katharinenhof an dem in die
Kreide eingefalteten Septarienton unmittelbar über der Gruben-
sohle sehr gut zu beobachten. Auch die breccienartige Struktur
der Finkenwalder Kreide, die besonders deutlich an den zer-
trümmerten Belemniten ‚zu erkennen ist, beweist im Verein mit
den Faltungen und Uberschiebungen die großartigen Druck-
wirkungen des Inlandeises.
Was die Entstehung der hier dargestellten Störungen bei
Finkenwalde betrifft, so stimme ich mit Derecke darin überein,
daß den glacialen Faltungen bedeutende tektonische Verschiebungen
vorangegangen sein müssen. Wie DerckeE*) seiner Zeit in einem
Aufsatze über die Oderbucht ausgeführt hat, ist die Bildung
des Haffes durch drei verschiedene Bruchrichtungen zu erklären,
die dem alten skandinavischen, dem hercynischen und variseischen
System angehören und zur Entstehung von Horsten und Gräben
führten. Diese tektonischen Störungen, deren Wiederauftreten
während der Eiszeit Dercke neuerdings auf Gleichgewichts-
störungen infolge ungleicher Belastung durch das mächtige Inland-
eis zurückführen möchte, müssen sich bis in die letzte Inter-
glacialzeit fortgesetzt haben, sodaß beispielsweise auf Rügen
Kreide und unteres Diluvium an diesen Dislokationen teilnahmen.
Das hierdurch im Oderbuchtgebiete geschaffene unregelmäßige
Relief bot der Inlandeisdecke der letzten Vereisung die erforder-
lichen Angriffspunkte zur Entfaltung seiner Druckwirkung dar,
!) Der Aufschluß wurde im Oktober 1899 von der Glacialexkursion
des VII. Internationalen Geographen-Kongresses unter meiner Führung
besichtigt. Im Liegenden dieses eingefalteten Septarientons zeigten
sich damals glaukonitische Sande. Siehe Verhandlungen d. Kongresses
S. 380.
?) Ein Versuch zur Erklärung des Oderbucht. Diese Zeitschr,
45. 1893. 563—73.
35
Derartige tektonische Brüche und Dislokationen voraus-
gesetzt, denke ich mir jedoch den Vorgang der glacialen
Störungen bei Finkenwalde wesentlich anders, als Dercre!) ihn
nach Analogie der Zerstückelung der Rügenschen Kreide dar-
stellt. Nach meinem Profile der Grube Stern liegt nicht eine
durch die Eisbewegung überkippte Kreidescholle vor, sondern
eine durch das Inlandeis bewirkte Aufstauchung, Faltung und
Überkippung von Kreide, Tertiir und älterem Diluvium. Die
durch Bohrungen innerhalb und außerhalb der Grube bekannt
sewordenen Lagerungsverhältnisse haben ergeben, daß die über-
kippte Kreidefalte mit dem Anstehenden wahrscheinlich nicht
mehr in Verbindung steht, sondern durch den Schub des
mächtigen Inlandeises vom Muttergestein abgequetscht und über
älteres Diluvium hinweggeschoben wurde. Dabei wurde sie, wie
dies bei stark zusammengeschobenen Falten häufig zu beobachten
ist, in Gewölbe verdickt und in den Schenkeln ausgewalzt, wes-
halb ihre Mächtigkeit nach Südwesten zu und nach Nordosten
abnimmt. Weniger klar liegen die Verhältnisse in der Grube
Katharinenhof, doch sind sie nicht derartig verschieden, daß man,
wie DEECKE, eine ursprüngliche Trennung des Tertiärs beider
Gruben annehmen müßte. Auch in der Grube Katharinenhof
reicht an der Südwand der Septarienton als Liegendes der steil
abbrechenden und jetzt fast ganz abgebauten Kreide bis auf die
Grubensohle herab und wird von dem ebenfalls saiger stehenden
unteren Geschiebemergel unterlagert. Auch hier läßt sich also
eine Faltung und Überschiebung nach Süden zu nachweisen,
wenn auch nicht in so großem Maßstabe wie in der Grube Stern.
Dafür geben die Spezialfaltungen und -störungen der Grube
Katharinenhof einen eigenen Reiz.
10. Hebungen und Verhinderung des Versalzens
abflussloser Becken.
Von Herrn C. OcHsEnIus.
Marburg, den 8. März 1904.
Im letzt erschienenen Heft 3 vom Jahrgange 1903 dieser
Zeitschrift sagt Prof. Dr. W. Saromon, daß Prof. Dr. Saver
schon vor einer Reihe von Jahren die Vermutung ausgesprochen
habe, daß der Odenwald noch jetzt in einer langsamen Hebung
begriffen sei (S. 408), und weiter, daß man dann bei der Definition
2E2..02..0. 8. 24,
g%*
36
der Horste nicht ganz, wie unser großer Meister Surss, Hebungs-
erscheinungen ausschließen dürfe. — ; Schade, daß man erst jetzt
so etwas liest. Als ich vor 20. Jahren zuerst für die Existenz
von Hebungen unserer Erdrinde eintrat, während noch‘ ganz.
Deutschland an Ozeansberge und -täler glaubte, war es .nur
Le Conre-Berkeley, Cal., der mir zur Seite sich stellte. und
später BoDExB£EnDER-Cordoba, Arg. |
Jetzt ist die Frage erledigt. Man schrieb mir neulich von
sehr kompetenter Seite aus München: „An der seismischen Hebung
der Westküste Südamerikas ist wohl nun nicht mehr zu zweifeln.“
Hans Mever!) sagt am Schlusse seines Berichts über Reisen
im Hochland von Ecuador: „Und wenn wir bedenken, daß die
ecuatorianischen hohen, gletschertragenden Vulkanberge (Chimborazo,
Cotopaxi u. s. w.) erst im Ausgang des Tertiärs und im Verlauf
des Quartärs entstanden sind, wenn wir ferner die übrigen ältern
Glacialvorkommnisse Südamerikas und die tier- und pflanzen-
geographischen Verhältnisse mit in Betracht ziehen, so können wir
die Entstehungszeit jener alten Glacialzone der ecuatorianischen
Anden in das spätere Diluvium verlegen.“
Das ist ein sehr wichtiger Ausspruch eines berühmten Geo-
graphen zur Bestätigung meiner Behauptung der Jugendlichkeit von
Teilen der Anden. Es liegen also jetzt Beweise vor von Cali-
fornien, Ecuador, Bolivia (Potosi), der Argentina und von Chile
bis zur Magelhaensstraße. In Mitteleuropa sind junge Aufwärts-
bewegungen von Gebirgen in der Schweiz und am Harze kon-
statiert. Dazu gesellt sich jetzt nun auch der Odenwald.
Jom. WALTHER drückte das letzthin sehr bezeichnend in
seinem Buche: „Das Gesetz der Wüstenbildung“ so aus, daß er
sagte: „jeder Teil unserer Erde ist einmal Festland und Meeres-
grund gewesen.“ Nicht ganz richtig ist aber seine früher schon
wiederholt aufgestellte Behauptung, daß jede abflußlose Depression
zuletzt versalzen muß, weil alle einströmenden Gewässer etwas
Salz enthalten.
Zu den Tatsachen, welche beweisen, daß diese Behauptung
nicht immer richtig ist — ich hatte s. Z. nur Merv, Fayum und
den Tsadsee angeführt —, kann ich eine weitere bezeichnen.
A. Worıkor hat im vorigen Jahre den Balchaschsee im
russischen Turkestan erforscht. Derselbe ist an 693 km lang
und 59—85 km breit, also vierzigmal so groß wie der Bodensee. -
Seine Umgebungen bestehen aus krystallinischen Gesteinen von
rundlichen Formen. Neuere Sedimente fehlen ganz, von aralo-
kaspischen Muscheln keine Spur; die lebende Fauna hat auch
keine Ähnlichkeit mit der aralokaspischen, wohl aber mit der-
') Zeitschr. Ges. f. Erdkunde, Berlin, 1904, Nr. 2, S. 149,
=)
u
jenigen des Lob-nor. Das interessanteste Ergebnis ist, daß dieser
abflußlose See, in einem sehr trockenen Klima gelegen, ein
seichter Süßwassersee mit ebenem Boden und einer Maximaltiefe
von 11 m ist. Sein Plankton ist denen von Teichen ähnlich,
und sein Niveau seit Jahren im Steigen begriffen. Gruppen von
Populus diversifolia stehen am Ufer schon im flüssigen Element
selbst, das auch niedrige Stellen der Fahrwege am Ufer bereits
überschwemmt hat.
Überhaupt mehren sich die Nachrichten über die Zunahme
des Wassers in Seen eines großen Teils von Centralasien.
Die ganze lange Südseite des Sees begrenzt die Wüsten
Tau-kum, Sanyischikatrau und Sjuk-kum, und von dieser Seite
her erhält der Balchasch mehrere seiner zahlreichen Zuflüsse,
darunter den 1310 km langen bedeutenden Strom Ili, der vom
Nordabhang des Tianschan kommt. Da entsteht die Frage: wa-
rum ist das Wasser des Balchasch süß geblieben, obgleich seine
'hauptsächlichsten Zuflüsse Wüsten durchströmen, die jedenfalls
salzig sind? Die Antwort lautet: weil die Vegetation an seinen
Ufern stark genug ist, um die salinischen Bestandteile des Wüsten-
wassers, welche den Salzgeschmack desselben hervorrufen, in
nicht salzig schmeckende umzusetzen. Diese These bedarf der
Begründung und zwar um so eher, als ich die anscheinend ent-
segengesetzte These: „Salze, besonders bittere, machen die Wüste“
auch aufgestellt habe.
Es handelt sich dabei nur um die Machtfrage der Masse.
Am schädlichsten sind die Wüstensalze des Magnesiuns,
d. h. Magnesiumchlorid und Magnesiumsulfat, weniger schlimm
ist ihr steter Begleiter, das eigentliche Salz, Chlornatrium, wo-
gegen das schwächst vertretene Chlorkalium nicht schädlich, son-
dern befruchtend wirkt, so lange es nicht im Übermaß der
Vegetation zugeführt wird.
Ich behaupte also, daß die in Frage kommenden Pflanzen
die beiden Chloride zersetzen (das Salz dumm machen) und das
Bittersalz in die weniger schädliche Verbindung der Schwefelsäure
mit Kalk, d. h. in Gips, den man ja direkt zum Düngen des
Klees verwendet, verwandele, soweit der Schwefelgehalt nicht vergast.
Sulfate werden nämlich durch organische Substanz zu
Schwefelmetallen reduziert, die, z. T. leicht durch Wasser-
dampf oder schwache Säuren zersetzbar, Schwefelwasserstoff liefern.
Eine Flasche Bitterwasser verdirbt schon durch ein hineingeratenes
Stückchen Stroh oder durch die Berührung mit dem Kork.
Der Urmiasee zeigt eine starke Entwicklung von Schwefel-
wasserstoff. Gleiches habe ich am Großen Salzsee in Utah be-
obachtet.
38
Wenn nach dem Winterregen flache bewachsene Ufer-
partien überschwemmt werden, trocknen im Frühling die Tümpel
langsam aus; es bildet sich zuerst eine etwas elastische trockene
Kruste aus dem abgestorbenen Gewirr von Pflanzenresten. Das
Betreten dieser trügerischen Decke ist gefährlich; so lange sie
noch trägt, entstehen um den Standpunkt des Fußgängers reich-
liche Bläser, die Schwefelwasserstoff ausströmen lassen. Die
Sulfate werden vom organischen Detritus zerlegt, und ihr Schwefel-
gehalt wird z. T. in die umgebende Luft geschickt. Organische
Säuren (wohl vorzugsweise kohlen- oder oxalsäureartige) vertreiben
die Schwefelsäure.
Das giftige Chlormagnesium zersetzt dagegen sogar die sonst
so widerstandsfähige Cellulose und gibt dabei natürlich seinen
Chlorgehalt ab. Das Chlor, soweit es von den Pflanzen abge-
stoßen werden muß, geht in die Atmosphäre und kommt später
aus ihr in Form von pulverförmigem Salmiak, Chlorammonium,
auf die Erde irgend wo zurück. Mit anderen Worten: die
Chloride werden ebenso wie die meisten Sulfate zum größten
Teile in Carbonate oder Verbindungen mit einer der Kohlensäure
verwandten organischen Säure verwandelt und in dieser Form
zum Aufbau des Pflanzenkörpers verwendet. Aus dem Chlor-
natrium geht Soda, aus dem Chlorkalium Pottasche hervor. Be-
legen wir das auch für den konkreten Fall Balchasch, soweit das
allgemeine Material ausreicht.
Pflanzennährstoffe und nie fehlende Aschenbestandteile sind:
Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff, Phosphor, Schwefel,
Silicium, Chlor, Kalium, Natrium, Calcium, Magnesium, Eisen.
Keiner dieser Körper ist in seinem elementaren Zustand
vorhanden, sondern in chemischer Verbindung als
Basen mit den Säuren
Kali Phosphorsäure,
Natron Kieselsäure,
Kalk Schwefelsäure,
Magnesia Kohlensäure,
Eisenoxyd Chlor etc.,
verbunden hauptsächlich zu folgenden Salzen: schwefelsaurem
und phosphorsaurem Kalk, kohlensaurem Kali, Natron, Kalk,
Magnesium, Chlorkalium und Chlornatrium.
Nun gilt es, zu zeigen, daß die Repräsentanten der höheren
Vegetation um den Balchasch nur wenig Chlor enthalten, d. h.
daß sie imstande sind und warum, das ihnen im Boden zugeführte
und aufgedrungene Salz zu vernichten und so das Wasser des
Sces süß zu erhalten.
39
Die Umgebung gehört zu den Steppen und Wüsten mit
hartem Gesträuch. Die Gräser sind die des aralo-kaspischen
Gebietes (Elymus, Triticum, Stipa, Lastagrostis, Aristida u. s. w.),
baumartige Gewächse sind Pappeln, Birken u. a., Kulturpflanzen
Roggen, Weizen, Buchweizen.
Sehen wir zu, wieviel Chlor diese bezw. ihre nächsten Ver-
wandten — weil Aschen-Analysen der dortigen noch nicht vor-
liegen — in der Asche neben andern Hauptbestandteilen enthalten.
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ara el, BE N 2
Substanz FE ae 5, Ei ® Rn |
sa@laals|al|se®
| aaıiHıo
Birken - Blätter. 85,2) 8,213,4/10,9/4,2) —| 8,0,0,7| 0,7/0,1
Holz 6,4, 0,7/0,1| 3,1/0,5| —| 0,3)0,1| 1,0) —
Rinde . 3,8| 0,30,1| 1,8/0,5| —| 0,410,1| 0,1
Buchen-Blätter . . . . | 42,2] 8,2/0,9|14,2|3,0|0,6| 4,0/0,8| 8,5I0,2
R Holz . . .... 49| 0,9) —| 3,002] —| 0,2] —| 0,2) —
Fichten-Nadeln 2.2 558.27.2.0 0-8.7.28.0,1,9142,6 122) 41,20,2
Holz 8,8] 0,8|0,2| 1,1/0,2|0,2| 0,2|0,1| 1,4 —
Die Blätter lassen also kein aufgenommenes Chlorid in Holz
und Rinde übergehen.
Futterroggen . . . ... || 16,3| 6,3/0,1| 1,2/0,5] —| 2,40,2]| 5,21 —
Sommerroggen, Stroh . . | 54,4113,0| —| 4,812,0) —| 8,5|1,4 30,4] —
Weizen, Stroh . . || 44,5[12,911,2] 3,1/1,110,3| 2,3|1,4) 21,2]1,0
Spreu . . [140,3] 5,5[1,2| 4,611,710,6| 3,8[0,91121,710,5
Kömer . | 21,4 6,40,4| 0,6|2,6/0,1110,4I0,3| 0,410,1
Buchweizen-Stroh . . . || 61,5/28,8|1,4111,3]2,3) —| 7,3|3,3| 3,4|4,9
Körner . . . || 13,7| 8,2]0,8| 0,6|1,7/0,2] 6,7|0,31 0,3/0,2
Kleie . . . |) 34,611,20,7| 3,4|4,6| —|12,5|1,0| 0,7) —
Auch hier zeigt es sich, daß die Pflanzen die Chloride nicht
sanz als solche in die Endprodukte aufnehmen. Dieselben werden
also annehmbar vorher zu andern Verbindungen gemacht. Kleie,
Mehl und Kleber von Weizen sind vollkommen chlorfrei Das
Buchweizenstroh, das offenbar von deutschem, nicht von tatarischem
Gewächs der Balchaschgegend herrührt, deutet auf eine voraus-
gegangene reichliche Kainitdüngung hin,
11,6l0,4
4,60,8
9,1
4,9
2,2
3,0
0,6
1,1
0,8
0,8
2,2
Mieseneras, junge ..ı .... ... 120,7
1,5
in der Blüte . | 18,1
Hier scheinen die etwa aufgenommenen Chloride schon in
der Wurzelregion ruiniert zu werden.
Nun mögen die Dünenpflanzen an den Südufern des Balchasch-
sees wohl mehr Arbeit haben, um die Salze zu zersetzen, d. h.
sie in weniger salinische Körper überzuführen, aber die Tatsache,
40
daß dergleichen Vorgänge stattfinden, ist wohl nicht zu bestreiten,
und damit erklärt in der asian daß abflußlose Senken
ein gewisses Quantum von sogar etwas salinischem
Wasser aufnehmen können, ohne zu versalzen, d.h.
wenn die heimatliche Vegetation stark genug ist, die
angebrachte Salzmenge in unschädliche Carbonate,
Sulfate u. dergl. zu verwandeln.
Vielleicht treten in solchen Fällen auch halurgometamorphe
Erscheinungen helfend ein, wie solche kürzlich von F. Hornuze
vom Harze näher beschrieben worden sind.
Zu den kalifressenden Pflanzen gesellen sich da noch kali-
fressende Gesteine. |
Eine abflußlose Strecke muß also nur dann zur
Salzwüste werden, wenn ihr ursprünglicher Inhalt nicht
imstande ist, die angebrachten Salze von ihrer Giftig-
keit zu befreien.
11. Zur Entwicklungsgeschichte des sog. Thorn-
Eberswalder Haupttales.
(Vorläufige Mitteilung.)
Von Herrn G. Maas.
Berlin, den 16. März 1994.
In seiner Arbeit „Die Stillstandslagen des letzten Inland-
eises und die hydrographische Entwicklung des pommerschen Küsten-
gebietes“!) gibt K. Keınnack eine ausführliche und anscheinend
recht genaue Entwicklungsgeschichte des sog. Thorn-Eberswalder
Haupttales, das den von der großen baltischen Endmoräne herab-
kommenden Schmelzwassern seine Entstehung verdanken soll, und
bringt die einzelnen Phasen dieser Entwicklung aufGrund der Terrassen
in unmittelbare Beziehung zur hydrographischen Entwicklung des
Haffgebietes. Es hat sich aber schon seit längerer Zeit?) gezeigt,
daß die von KeıLnack vorausgesetzten Beziehungen zwischen dem
Urstromtal und der großen baltischen Endmoräne nicht bestehen.
Die von ihm angenommenen gewaltigen Sande sind als einheitliche
Gebilde, soweit es sich überhaupt um Sandflächen handelt, nicht
vorhanden. Dafür aber findet sich eine große Zahl ostwestlich
verlaufender Endmoränenzüge, die meist der baltischen” an Be-
deutung nicht nachstehen und sich stets bis dicht an diese ver-
n ah, Kgl. Preuß. geol. L.-A. Berlin 1898 S. 107—112.
?) Ebenda 1900 8. 143—147.
4
folgen lassen, in dem Gebiete östlich der Drage, in dem Gebiete
also, in dem sie nach Keınnacks Darstellung fehlen müßten, und
zwar fast unmittelbar vom Nordrande des Netzetales an bis an
den Südrand der Elbing-Danziger Niederung. Das Vorhandensein
dieser Endmoränenzüge, die sich unmittelbar an die ostpreußischen
anschließen, beweist aber, daß ein Weichselgletscher im Sinne
Keivhacks niemals vorhanden war. Damit fallen aber auch ge-
wisse, nur auf Konstruktion beruhende Zeitbestimmungen Keır-
HACKS in der hydrographischen Entwicklungsgeschichte. So läßt
es KrEıLHack noch unbestimmt, ob im Weichselgebiete der Rück-
zug des Eises schon begann, als in Hinterpommern der Eisrand
bereits zwischen Köslin und Schlawe lag, neigt aber der Ansicht
zu, daß dieser Rückzug erst später stattfand.!) Nun schließen
sich aber die nördlichsten Endmoränen Westpreußens südlich der
Danziger Niederungund ihre ostpreußischen Fortsetzungen unmittelbar
an die große baltische Endmoräne an und daraus folgt im Gegen-
satz zu den Anschauungen KeıLHAcks: wenn wirklich die große
baltische Endmoräne KeıLuacks ein einheitliches Gebilde ist, wenn
in der Tat ein Odergletscher im Sinne KeEıLHacks einmal bestand,
so war dies zu einer Zeit, als bereits ganz Westpreußen mit Aus-
schluß des unmittelbaren Haffgebietes und der größte Teil Ost-
preußens eisfrei waren. Merkwürdigerweise bestehen aber im
Westen der noch niemals im Zusammenhange verfolgten auffallenden
Endmoräne zwischen Schwachenwalde und Reetz?) die gleichen
Erscheinungen wie östlich dieser Linie, zahlreiche westöstlich
streichende Endmoränenstaffeln, von denen die Keıruack sche
Karte von Pommern die Züge von Fiddichow und Bahn sowie
die von MicnAzı.°) aus der Gegend von Ravenstein und Jakobs-
hagen angegebenen nicht zeigt; und doch bilden diese neu-
märkischen Endmoränen die fast unmittelbaren Fortsetzungen der
westpreußisch-posenschen Züge, was schwerlich zu Gunsten des
Odergletschers zu deuten sein dürfte. Aber trotzdem wollen wir
annehmen, daß Krırnacks Odergletscher einmal bestand, da sein
Fehlen die folgenden Darstellungen nur hinsichtlich der Zeit-
bestimmung beeinflussen könnte. Die Eisfreiheit West- und Ost-
preußens mußte dann aber in dem ganzen Zuflußgebiete des sog.
Thorn-Eberswalder Haupttales hydrographische Verhältnisse ver-
anlassen, die von den von KEILHACK angenommenen wesentlich
abweichen, aber durch die nahen Beziehungen zwischen den
!) Jahrb. Kgl. Preuß. geol. L.-A. Berlin 1898 S. 141 —142
(Phase VI), S. 144 (Phase IX) und Verh, Ges. f. Erdkunde Berlin 1599
S. 186—138.
?) Ebenda 1893 S. 183.
2) Diese Zeitschr. 1899 Verh. S. 25.
42
einzelnen Endmoränenstaffeln mit ihren Staubecken und Sandfllächen
und den Terrassen in den zugehörigen Abflußrinnen sicher gestellt
werden. Auf diese Verhältnisse, die sich in gleicher Weise in den
Tälern der Drewenz, Weichsei, Brahe, Küddow und Drage wieder-
finden, gedenke ich an anderer Stelle ausführlich einzugehen. Hier
sollen nur in Kürze einige Verhältnisse des Haupttales selbst unter
besonderer Berücksichtigung der Terrassen erörtert werden. Dabei
ergibt sich aber von vornherein eine gewaltige Schwierigkeit. Keır-
HACK läßt die Terrassen, wie dies für Gebirgsflüsse wohl sicher
richtig ist, von dem die ganze vorher tief ausgefurchte Talrinne aus-
füllenden Flusse aufschütten, sodaß die Terrassexfläche etwa dem
alten Wasserspiegel entspricht, und damit hängt auch seine Vor-
stellung von Wasserpässen und der durch plötzliche Senkuug des
Wasserspiegels bewirkten Tieferlegung der Terrassen zusammen.
Nun bestehen aber die Terrassen in dem hier in Frage kommenden
Gebiete zum weitaus größten Teile aus eingeebneten älteren
Bildungen: Tertiärtonen, Geschiebemergeln, Sanden, Granden und
Tonmergeln des Diluviums. Diese Einebnungsterrassen entsprechen
aber dem Boden des alten Flußbettes, das in Gestalt weit aus-
sedehnter Senken schon lange vorgebildet und meist von den
jüngeren Glacialbildungen ausgekleidet war, oder vielleicht der
durch Verlegung der Stromrinne eines kleineren Gewässers in
einer solchen älteren Senke geschaffenen Abrasionsfläche, und die
tieferen Terrassen lassen sich dann ganz ungezwungen, ohne plötz-
licbe Wasserverminderung, durch Verringerung der Stoßkraft des
Wassers und damit der Seitwärtsverschiebung der Stromrinne er-
klären. Für das KeıtLHack aus eigener Anschauung genau be-
kannte Gebiet des Oder- und Warthebruches mag seine Ansicht
über die Entstehung der Terrassen vielleicht giltig sein. Doch
werden dann die Abweichungen der nachfolgenden Darstellungen
von den von KeırLHack in seinen diesbezüglichen Arbeiten und
auf der „Geologisch-morphologischen Übersichtskarte der Provinz
Pommern“ vertretenen noch größer. Bekamntlich legt KeıLHAack
in das Netze-Warthetal mit seinen zwei Staubecken bei Bromberg
und Küstrin zwei Terrassen, deren oberste als die des Thorn-
Eberswalder Haupttales bezeichnet wird, während die tiefere als
höchste Stufe der Pommerschen Urstromtäler angesprochen wird,
zu der sich im Küstriner Stausee unterhalb Landsberg a. W. noch
eine mittlere Stufe der pommerschen Urstromtäler gesellt. Diese
Talstufen des Küstriner Stausees endigen nun nach Osten hin
an einer Eisrandlage, die nördlich des Tales in der Gegend öst-
lich von Massin durch Kames bezeichnet wird und im Süden etwa
von Schwerin a. W. an über Kähme und Kwiltsch in die Provinz
45
Posen hineinzieht.!) In der etwa 20 km breiten Niederung, wo
die deutliche Endmoräne heute allerdings fehlt, wird diese Eisrand-
lage durch Blockansammlungen und dergl. ebenso deutlich angezeigt,
wie diejenigen, welche nach KzıuLnack den Haffstausce schufen.
Dieser Abschluß scheint aber nicht lange bestanden zu baben, denn
die Terrassen setzen sich ziemlich unvermittelt in das Wartlıetal
fort, auch die tieferen, die für diese Phase allerdings noch nicht
in Betracht kommen. In das Netzetal setzt sich die Hoch-
terrasse des Stausees aber nicht fort. Denn bei Zantoch kreuzt
abermals eine durch Steinreichtum gekennzeichnete Eisrandlage
das Tal und läßt sich verhältnismäßig gut in Stein- und Lehm-
kuppen durch den nördlichen Teil des Dünengebietes zwischen
Warthe und Netze bis Lubasch und Czarnikau hin verfolgen, wo
sie sich dann an die Endmoränen von Kolmar, Margonin u. s. w.
anschließt. Die östlich Zantoch bis Czarnikau gelegene, als Hoch-
terrasse aufgefaßte Verebnung ist keine Stromterrasse, sondern
ein Staubecken hinter der genannten Endmoräne, das durch diesen
Wall mehrfache Abflüsse nach dem Warthetale besaß und in
seinen nördlichen Teilen durch Sandrbildungen von Endmoränen der
Friedeberger Platte und der Gegend von Eichberg, Drensen,
Schönlanke bis Schneidemühl beeinflußt wurde. In dieses Becken
mündete das einem tektonischen Nordsüdgraben seine Entstehung
verdankende Dragetal und das ebenso vorgebildete Küddowtal
neben einer ganzen Reihe anderer von der Endmoräne herab-
kommender Rinnen. Mit dem Küddowtale, zu dem man auch
das nordsüdlich gerichtete Stück des Netzetales oberhalb Czarnikau
zu rechnen hat, erreichte dieses hydrographische System hier
seine Ostgrenze, da der Netzedurchbruch bei Usch, in dem alle
Terrassen fehlen, sicher viel jünger ist, jünger auch noch als
die tiefere Terrasse, die sich allein aus dem Küddowtale bis in
den Küstriner Stausee verfolgen läßt. In dieser späteren Phase,
als nach KeıLnack der Küstriner Stausee bereits Abfluß zum
Haff hatte, war also erst eine direkte Verbindung der vorher
!) Ausdrücklich will ich hier darauf hinweisen, daß sich sowohl
im Gebiete des Thorn-Eberswalder Haupttales, als auch des Warschau-
Berliner Tales und vieler anderer Teile der Provinzen Posen und
Westpreußen Erscheinungen nicht allzu selten finden, die sich nicht
mit der KEILHAcKschen Meinung, „das jedem der Längstäler auf der
ganzen Linie von der russischen Grenze bis zur Nordsee eine von
der vorhergenden und der folgenden abweichende selbständige Eis-
randlage entspricht“, vereinigen lassen. Vielfach sieht man End-
moränen oder entsprechende Spuren einer Eisrandlage die Täler
kreuzen, sodaß man auch der BERENDTschen Ansicht über den Zu-
sammenhang der uckermärkischen Endmoräne mit solchen der Provinz
Posen nicht jede Berechtigung absprechen kann.
44
getrennten Staubecken eingetreten. Östlich der Enge von Usch
schließt sich bis: Nakel ein Talstück an, dessen Erklärung einige
Schwierigkeiten bietet. Hier ist am Südrande des heutigen
Tales eine anscheinend ganz schwach westwärts geneigte Terrasse
in etwa 70 m Höhe vorhanden. Aber über derselben, zwischen
80 und 90 m finden -sich abermals z. T. sandige Verebnungen,
die im Westen scharf zu der 70 m-Stufe abfallen, während nach
Osten hin der Ubergang allmählicher wird. Früher war ich ge-
neigt, in dieser höheren Stufe Sandflächen zu sehen !), neige aber
nunmehr -der Annahme zu, daß man es mit denselben hoch-
gelegenen Terrassen zu tun hat, die sich auch südlich von
Bromberg finden, und daß das ganze Talstück zwischen Kolmar
und Nakel abermals einen langgestreckten Stausee darstellt.
Nur haben sich hier infolge besonderer, an dieser Stelle nicht
näher zu erörternder Vorgänge, mit denen die gestörten Lagerungs-
verhältnisse in dem Tale. und seinen Randgebieten in unmittel-
barem Zusammenhange stehen, abnorme Erscheinungen, wie die
stellenweise Zerreißung der einheitlichen -Hochterrasse in zwei
Stufen und noch später zu erörternde Gefällsänderungen heraus-
gcbildet. Die von KeEıLnack angenommene tiefere Terrasse: fehlt
in diesem Talstücke, denn die dafür angesprochenen Bildungen
sind, wie man an:Ort und Stelle fast überall deutlich sehen
kann, Abschlämmmassen und Gehängeschutt, z. T. sogar Dünen
und am Gehänge sich hinaufziehende humose Alluvionen.?) Der
Kolmar-Nakeler Stausee bildete sich hinter der Kolmar-Margonin-
Exiner Endmoräne bei einer. Eisrandlage, : die sich zwischen
Usch _ und Kolmar von der genannten trennte, weiterhin durch
die Höhen von Morzewo, Friedheim, Wirsitz und Sadke bezeichnet
wird. und sich von Nakel über Schubin und Labischin weiter
verfolgen läßt. Das Hinterland dieses Zuges, an den sich die
schöne Endmoränenstaffel von. Schmilau, Wissek, Mrotschen,
!\ Jahrb. Kgl. Preuß. :geol. L.-A. 1900 S 46.
2
°), Wollte man aber z. B. den kiesigen und steinigen Sockel der
Dünen von Steinach und Milsch, nördlich von Kolmar, in dem ich
nur den durch das grobe Material und dadurch, daß er bereits außer-
halb des eigentlichen Durchbruchgebietes lag, vor völliger Erosion
bewahrten Rest des durchschnittenen Endmoränenriegels von, Kami-
onken und Morzewo sehe, für die tiefere Terrasse ansprechen, SO
ergäbe sich die unmögliche Tatsache, daß hier oberhalb Usch dieselbe
Terrasse bei etwa 53 m liegt, die weiter unterhalb auf größere Er-
streckung hin sich bis über 60 m erhebt. Allerdings ist dieses wider-
sinnige Gefälle der Terrassen in den Urstromtälern nach der bisherigen
besonders KEILHACKS Darstellung keine seltene Erscheinung, oft auf,
meilenlange Strecken, auch da, wo es sich nicht um Druckfehler der
Karten oder ,„subglaciale“ Rinnen handeln kann; doch wird die durch
diese Verhältnisse geschaffene Schwierigkeit durch ihre häufige Wieder-
kehr nicht verringert.
45
Trzementowo, die östliche Fortsetzung der Springberge nördlich
von Schneidemühl, fast unmittelbar anlehnt, wurde. durch. das
Stromgebiet der Lobsonka entwässert, das aber nur als schwache
Rinne in die Kujaner Heide zurückgreift. Dieses von mehreren
Sandrflächen begrenzte große Staubecken hinter der großartigen
Endmoräne von Skietz, Dreidorf, Vandsburg-Runowo, Wiskittno fand
vielmehr seine Hauptentwässerung westwärts zum Küddowtale. Im
Gebiete des Netzetales schließt sich nach Osten das Becken von
Bromberg an, dem sich oberhalb Thorn, im Drewenzgebiete noch
mehrere ursprünglich getrennte und erst später zu einem Talzuge
vereinigte Becken anreihen. Für die Gegend von Thorn und
Bromberg nimmt KeıtHack einen 15 —20 m tiefen See an, dessen
Spiegel bei etwa 75 m lag und der über einen in 7O m Meeres-
höhe nahe Nakel gelegenen Wasserpass abfloss, während er durch
das im Norden vorgelagerte Inlandeis aufgestaut wurde. Eine
solehe Aufstauung war aber unter den von KEILHACK voraus-
gesetzten Verhältnissen hier gar nicht möglich. Denn wenn wirklich
der Eisrand in der Gegend von Schwetz lag, so erreichte von
hier aus ein freier, d. h. nicht subglacialer Schmelzwasserstrom
mit südlichem Gefälle die Gegend von Bromberg und damit war
ein Aufstauen im unteren Weichseltal ausgeschlossen. Aber selbst
wenn, wie sich tatsächlich nachweisen läßt, der Eisrand unmittel-
bar nördlich von Bromberg lag, war bei der Krırnackschen
Deutung der Terrassen ein Aufstauen nicht möglich. Denn nach
ihm lag der Seespiegel bei etwa 75 m, was allerdings mit dem
Wasserpass von 70 m Höhe nur schwer zu vereinigen ist,
während die Unterkante des oberen Geschiebemergels, also die
Unterkante des Inlandeises hier stets zwischen 80 und 90 m
liest. Nun besteht aber die Bromberger Hochterrasse bis über
70 m hinaus fast ausschließlich aus eingeebneten älteren Schichten,
die hier zu mehreren nordwestlich streichenden Sätteln und Mulden
zusammengeschoben waren, und wenn wir uns auf diesem Tal-
boden, der sich nach dem Südrande zu bis etwa SO m hebt, einen
15—20 m tiefen See denken, so mussten allerdings seine Wasser-
massen den Eisrand unmittelbar erreichen. Dieses Seebecken
besaß dann aber auch noch andere anscheinend auffallende Er-
scheinungen. Wenn sein Spiegel, unter Voraussetzung der von
KEınLHnack angenommenen Tiefe, bei etwa 90 m lag, so mußten
die Gewässer weit in die südwärts angrenzenden Talrinnen ein-
greifen. In der Tat finden sich nun im Netzetale oberhalb
Labischin zwischen 79 und 85 m Meereshöhe Reste südwärts
fallender Terrassen bis zum Goplo-See, von dem aus schon lange
eine Verbindung mit dem Warschau-Berliner Tal bei Konin bekannt
ist, und ebenso finden sich Spuren südwärts gerichteter Terrassen
46
im Weichseltale oberhalb Thorn, die ich bisher aber nur bis in
die Gegend von Wlozlawsk verfolgen konnte, wo sie anscheinend
aus dem Weichseltal in ein von Südwesten einmündendes Nebental
verschwinden. Es hat also eine Zeitlang eine direkte Verbindung
der vom Eisrande in West- und Östpreussen herabkommenden
Schmelzwasser mit dem Warschau-Berliner Haupttal bestanden.
Dies ist an sich auch garnicht so wunderbar. Zwischen den beiden
sog. Urstromtälern liegen hier im Osten wie auch sonst fast
überall zahlreiche Endmoränenstaffeln, die vorläufig nicht immer
scharf von einander zu trennen sind, die ich aber z. T. bis nach
Russland hinein verfolgen konnte. Dem abschmelzenden Iuland-
eise folgend, verlängerten sich die jedenfalls sämtlich schon vor-
gebildeten Schmelzwasserrinnen nach Norden, und so ist das
Überfließen des hochgelegenen Bromberger Stausees durch die sein
Südufer fast unmittelbar begleitende Endmoräne hindurch nach
dem tief ausgehöhlten Netzetal hin eine einfache Erscheinung.
Innerhalb des Bromberger Stausees finden sich nun in dem Höhen-
gebiet südlich von Bromberg und zwischen Schulitz und Argenau
inselartige Spuren einer ursprünglichen Eisrandlage, die für die
Folgezeit die Bedeutung hatte, daß sie die Anlage des nordwestlich
verlaufenden Netzetales zwischen Hopfengarten und Nakel ver-
anlaßte. Westlich von diesem Talstück zeigt sich die bereits
erwähnte Zerteilung der ursprünglich einheitlichen hohen Talstufe
in zwei nach Westen zu immer weiter anseinandertretender Ab-
schnitte unter Bildung einer schwachen Wasserscheide, die in einer
späteren Phase der Entwicklung noch viel bedeutender wurde.
Diese Phase war die Verbindung und Trennung des Weichsel- und Oder-
stromgebietes durch Bildung des Netzedurchbruches von Usch und des
sroßen Weichseldurchbruches bei Fordon. Ob sich diese beiden
Durchbrüche gleichzeitig oder nacheinander bildeten, ist augen-
blicklich noch nicht sicher zu entscheiden, doch scheint der
Weichseldurchbruch in der Tat etwas jünger zu sein, als der
auf tektonische Ursachen zurückzuführende Durchbruch von Usch,
sodass man, allerdings erst in einer sehr späten Phase der Ent-
wickelung, von einem Thorn-Eberswalder Haupttal sprechen kann,
das aber durch das untere Odertal abfloss. Dieses Tal bestand
aber nur solange, bis der sinkende Wasserspiegel die Barre östlich
Nakel erreicht hatte, wodurch eine Trennung des Netzegebietes
vom Bromberger Stausee geschaffen wurde. Eine Verbindung mit
der unteren Elbe aber bestand nur zu Anfang, vor Bildung des
Oderdurchbruches, für das Warthegebiet und den untersten Teil
des Netzetales, sofern sich nicht auch im Osten die Verbindung
zwischen dem Bromberger See und dem Warschau-Berliner Tal
4%
später geltend machte.) Für das geologische Alter des Weichsel-
durchbruches ergeben sich nun folgende Anhaltspunkte. Unter-
halb der Hochterrasse finden sich bei Bromberg noch zwei deut-
lich ausgebildete Talstufen in 53 und 45 m Höhe, die aus dem
Brahetal mit südlichem Gefälle heraustreten, scharf nach Osten
umbiesen und sich in das untere Weichseltal fortsetzen. Die
gleichen Terrassen, wenn auch meist nicht scharf von einander
zu trennen, finden sich auch im Drewenztal und im Weichseltal
oberhalb Thorn, sodaß sie ersichtlich einem System angehören.
Bei Bromberg ist das Material dieser Terrassen, soweit sie nicht
aus eingeebneten älteren Bildungen bestehen, sehr grob, sodaß es
augenscheinlich von sehr stark bewegten Gewässern bearbeitet
wurde. KeırHnAack bezeichnet auf der Karte von Pommern diese
in eine zusammengefaßten Terrassen als „höchste Stufe der pom-
merschen Urstromtäler* und setzt sie damit in Verbindung mit der
mittleren Stufe des Küstriner Stausees, die sich netzeaufwärts bis
in das Küddowtal verfolgen läßt. Bestände aber ein solcher Zu-
sammenlıang, so wäre in der Gegend von Nakel eine unerklärliche
mehrere Meilen lange Wasserscheide vorhanden, da hier das
!) Hier sei nebenbei auch auf einige historische Angaben hin-
gewiesen. Die Fortsetzung des Thorn-Eberswalder Haupttals über
Eberswalde hinaus nach Westen erwähnt BERENDT anscheinend zuerst
im Jahre 1877 (Die Umgegend von Berlin, S. 1—4), obwohl ihm diese
Verhältnisse wohl schon länger bekannt waren. Daß es sich hier um
etwas ganz neues handeln soll, geht aber sowohl aus der Angabe (8.1)
hervor: „ich sehe mich genöthigt, hier noch von einem zweiten, ebenso
alten und bisher als gleichwerthig stets unbeachtet gebliebenen, großen
Thale zu sprechen“ als auch aus dem gesperrt gedruckten Schlußsatz
(S. 4): „Die alte untere Elbe, dieser norddeutsche Urstrom, ist somit,
so arg es klingen mag, nichts anderes als die Vereinigung der ehe-
maligen Oder und Weichsel.“ Nun findet sich aber in einer 1867 zu
Thorn erschienenen „Geschichte des Deutsch-Croner Kreises‘ von Dr.
F. W. F. Schmitt folgende Angabe (S. 3): „Die Weichsel soll früher
ihr Bett im Netze- und Warthethal gehabt haben, somit bei Cüstrin
segsen das Plateau von Frankfurt-Freienwalde geströmt und dann
zwischen Freienwalde und Oderberg nach Liebenwalde, Cremmen und
Fehrbellin abgeflossen sein. Ein anderer Abfluß ging dann nach N.
und teilte sich hinter Schwedt so, daß der eine Arm das jetzige Oder-
Bett, der andere das z. T. ausgetrocknete Randow-Thal erfüllte. Nach
dieser Annahme floß ferner die Oder von Fürstenberg nach Müllrose,
von da im Thale der Spree und Havel durch das Havelländische Luch
über Spandow und Nauen nach Havelberg, und traf dort mit dem Ab-
flusse der Weichsel zusammen. Dort wusch sie die Wische bei See-
hausen aus, wie die Weichsel den Oderbruch bei Cüstrin (vergl. auch
Foss, die Mark Brandenburg in der Zeitschrift für das Gymnasial-
wesen, S. 901)“. Die Kenntnis des alten Odertales zwischen Fürsten-
berg und Havelberg ist offenbar auf GIRARD zurückzuführen. Aber
woher stammt im Jahre 1867 die Kenntnis vom Weichseltal Freien-
walde-Havelberg?
48
moorige Alluvium bis 60 m, die von Keirnack als tiefere Tal-
stufe gedeuteten Gehängebildungen u. s. w. sogar bis 65 m an-
steigen. Und doch kann hier, wie man vielleicht annehmen
möchte, kein Druckfehler der Karte, keine Verwechslung vorliegen;
denn da nach Keıtrack das Weichseltal noch durch Eis versperrt
war, konnten sich hier die tieferen Terrassen der pommerschen
Urstromtäler, an die man vielleicht denken könnte, noch garnicht
bilden. Eier zeigt sich also ganz deutlich die Unhaltbarkeit der
Terrassenkonstruktion über weite Gebiete hin. Es ist bereits
darauf hingewiesen worden, daß sich von Bromberg bis nahe an
Dirschau zahlreiche Endmoränenzüge nachweisen lassen und daß
man mit diesen die Rinne des unteren Weichseltales als eine
offene; nicht subglaciale, Sclmelzwasserrinne in unmittelbare Be-
ziehung setzen kann, sodaß wir hier eine bis fast unmittelbar an
die Danziger Niederung heranreichende im Laufe der Zeit tief
ausgearbeitete Furche vor uns haben, in der noch mehrfach Reste
der südwärts geneigten Terrassen vorhanden sind. Ob eine direkte
Verbindung zwischen dieser Rinne und dem Staubecken der
Niederung bestand, läßt sich aus Mangel an Beobachtungen nicht
sagen, ist aber wahrscheinlich, wenn man den Deekton im süd-
lichen Randgebiete der Niederung für eine Beckenbildung an-
spricht, und besonders wenn man mit KeıLmack!), WoLrF°)
u. A. eine postglaciale Senkung des Niederungsgebietes an-
nimmt. Mit dieser postglacialen Senkung und den dadurch
geschaffenen neuen Eintwässerungsbedingungen steht nun. augen-
scheinlich auch der Weichseldurchbruch in ursächlichem Zusammen-
hang, indem sich von der Niederung her ein Gewässer in die
immer wasserärmer werdende tiefe Furche des Weichseltales ein-
grub. Der endgiltige Durchbruch aber erfolgte in sehr jugend-
licher Zeit und dafür finden sich sichere Beweise bei Bromberg.
Die Weichseldurchbr uchsterı rassen liegen hier bei 53 und 48 m und
senken sich bis Fordon auf etwa 40 m. Bei Jaegerhof, Prinzental
und Prondy aber steigt das viele Meter mächtige moorige Alluvium,
dessen Unterlage aus sog. Diatomeenerde und dergl. besteht, auf
60 m Meereshöhe, die es bis Nakel beibehält, und ist deutlich
gegen die angelagerten kiesigen Terrassen abgeböscht. Die Kies-
terrassen können sich also erst gebildet haben, als das alte Brom-
berger Becken bereits hoch hinauf vertorft war. Mithin kann die
3ildung des Weichseldurchbruches erst in alluvialer Zeit erfolgt
sein. Trotzdem aber muß man hier noch eine Scheidung vor-
De denn unmöglich kann man diese Terrassen des Weichsel-
an. Tafkh: Kgl. Preuß. geol. L.-A. 1898 S. 146.
a) Erläuterungen zu Blatt Trutenau der gcol. Spezialkarte von
Preußen u. s. w. 5. 3—4 und S. 12-14.
49
durchbruches mit den 10 und mehr Meter tiefer liegenden jugend-
lichen Alluvialbildungen zusammenfassen, und zwar möchte ich
für diese höheren Terrassen den alten Benrenprschen Begriff
„altalluvial“ wieder einführen im Gegensatz zu den der Abschmelz-
periode des Inlandeises angehörigen jungdiluvialen Talsanden einer-
seits und den jugendlichen Flußbildungen andererseits. Mit einer
postglacialen Senkung im Ostseegebiet läßt sich also die Entstehung
des großen Weichseldurchbruches in ursächlichen Zusammenhang
bringen und es liegt nahe, hierbei an die Senkungen der sog. Litorina-
zeit zu denken, deren Einfluß auf die südlichen Ostseeküsten leider
noch so wenig untersucht ist. Mit dem altalluvialen Weichseldurch-
bruch steht offenbar die spätere Ausgestaltung der Nebentäler,
die alle einen sehr jugendlichen Charakter besitzen, in engstem
Zusammenhange. Von solchen besonderen, durch die schnelle Ver-
tiefung der Stromrinnen verursachten Änderungen sei hier nur
kurz auf die Einbeziehung des früher zum Küddowsysteme ge-
hörigen Gr. Zietliener Sees nordwestlich von Schlochau und seines
Zuflußgebietes in das Brahesystem hingewiesen.
Neben dieser Altersbestimmung für den großen Weichsel-
durchbruch, der für die ganze hydrographische Entwicklung großer
Landesteile von einschneidendster Bedeutung war, war der Zweck
dieser vorläufigen Mitteilung der Hinweis darauf, daß das sog.
Thorn-Eberswalder Haupttal kein cinheitliches Gebilde und nicht
nur mit einer Eisrandlage beim Rückzuge des letzten Inland-
eises in ursächlichen Zusammenhang zu bringen ist. Es sei aber
hier sogleich darauf hingewiesen, daß auch für das sog. Warschau-
Berliner und das Glogau-Baruther Haupttal bereits eine große
Reihe von Beweisen dafür vorliegt, daß auch diese Talzüge aus
Reihen perlschnurartig aneinander gereihter Einzelbecken bestanden
und daß auch für diese hydrographischen Systeme die KrıLHAckK-
sche Anschauung über den ursächlichen Zusammenhang zwischen
der Talbildung und einer genau anzugebenden Eisrandlage nicht
aufrecht zu erhalten ist.
12. Bemerkungen zu DE GEER’s neuer Stellung
zur Frage der zweiten Vereisung.
Von Herrn W. WOLFF.
Berlin, den 22. März 1904.
In der Februarversammlung des geologischen Vereins zu
Stockholm hielt Freiherr pE GeeR einen bemerkenswerten Vor-
trag!), in welchem der verdiente schwedische Forscher seine all-
!) Geol. För. Förhandl. 26, 2. 4
50
gemein bekannt gewordene „Arbeitshypothese“* über den baltischen
Eisstrom, jenen eigenartig geformten, bereits von Horst als un-
möglich erwiesenen Ausläufer der zweiten (jüngsten) Vereisung,
aufgibt. Es ist namentlich der von Ussıng kürzlich erbrachte
Nachweis, daß die baltische Endmoräne sich im nördlichen Jüt-
land nicht, wie es der vermeintlich von ihr begrenzte baltische
Eisstrom erfordern würde, dem Kattegatt, sondern der Nordsee
zuwendet, der pr Gunr zu dieser Änderung seiner Ansicht be-
wogen hat. Im Lauf der Verhandlung sprach er dAnn hinsicht-
lich der Grenzen der letzten Vereisung die Vermutung aus, daß
dieselben mit der westbaltischen Endmoräne zusammenfielen, und
stützte sich ferner auf die Lehre, daß im östlichen Deutschland
die sog. diluviale Nordseefauna interglacial sei.
Was den ersten Punkt betrifft, so muß daran erinnert
werden, daß es nach den neueren Forschungen eine einheit-
liche „baltische* Endmoräne in Deutschland nicht gibt.
Wir haben vielmehr im Westen wie im Osten eine oft kaum zu
entwirrende Zahl von Endmoränenstaffeln, die eine außerordentlich
breite und bis jetzt noch nicht klar zu übersehende Zone be-
herrschen, in welcher in den verschiedenen Landschaften bald
südlichere, bald nördlichere Moränen besonders mächtig entwickelt
sind. Alle diese Moränen gehören dem letzten Eis-Vorstoß an,
und wo die äußersten Grenzen desselben liegen, wissen wir noch
nicht. Wir wissen z. B. noch nicht sicher, ob im Westen
Deutschlands der letzte Vorstoß geschlossen das Elbtal über-
schritten hat, und wie weit er vorgedrungen ist; nur das wissen
wir, daß jenseits der Weser nur noch eine einzige Vereisung
nachweisbar ist. Die neuesten Arbeiten haben im allgemeinen
die gesuchte Grenze immer weiter nach Süden gerückt, beträcht-
lich über den baltischen Höhenrücken hinaus. Was speziell die
eimbrische Halbinsel betrifft, so ist ja schon lange bekannt, daß
noch westlich von Hamburg und somit weit außerhalb des Be-
reichs der sog. baltischen Endmoränen oberer Geschiebemergel
vorkommt.
Wenn ferner DE Geer die sog. „Nordseefauna“ von
West- und Ostpreußen als interglacial betrachtet, so ist das ein
unzuverlässiges Argument. Der sichere Nachweis einer primären
Lagerung dieser Fauna zwischen zwei Grundmoränen ist meines
Wrachtens noch immer nicht gelungen. Prüft man die in der
Literatur vorhandenen Beschreibungen der einzelnen Vorkommen
mit den heutigen Maßstäben der Kritik, so bleibt bei allen die
Möglichkeit bestehen, daß es sich nicht um echtes Interglaeial,
sondern entweder um verschleppte Schollen oder um gänzlich
umgelagerte Materialien aus älteren Schichten handelt. Schon
die Höhenlage zeigt, wie große Störungen diese Materialien er-
51
litten haben. Bei Marienburg!) liegt das marine „Interglacial“
bei —16 m (bezogen auf NN), bei Neudeck in + 114 m?), bei
Domachau in + 165 m; an allen drei Orten aber handelt es
sich vorwiegend um eine Strand- oder Flachseefauna (Tellina,
Cardium, COyprina, Nassa u. s. w.) Was Neudeck betrifft, so
sagt Jentzsch selbst „Zur Entscheidung der Frage: ob inter-
glacial, altglacial oder frühglacial, bietet der AufschluR — für
sich allein betrachtet — zwar keine sichere Handhabe*, und
erst durch Kombination mit Beobachtungen in der weiteren Um-
sebung gelangt er zu einer Entscheidung, die ich eben wegen
dieser Kombination nicht als absolut verbindlich betrachte. Die
Fundorte Jakobsmühle, Grünhof und Kl. Schlanz?) hat bereits
Schröper®) als nicht stichhaltig ausgeschieden; auch der Fundort
Vogelsang bei Elbing, an dem eine Unterteufung des „Interglacials*
durch Geschiebemergel nicht nachgewiesen ist, muß einstweilen
zurückstelen.. Bei Heilsberg?) liegt die Fauna in einem
Sande, der vielleicht eine Scholle im Glacialdiluvium dar-
stellt. Die Darstellungen von Krsss enthalten einen erheb-
lichen Widerspruch. 1383 beschreibt er die marine Fauna
als interglacial, 1884 dagegen führt er Tatsachen an, die für
dieselbe (oder meint er eine andere?) Fauna ein präglaciales Alter
wahrscheinlich machen. Es scheint, daß auch dort die marinen
CGonchylien an zweiter Lagerstätte liegen. . Herr P. G. Krause,
welcher in einer bevorstehenden größeren Veröffentlichung auch
diese Verhältnisse klarlegen wird, teilt mir freundlichst mit, daß
letztere Auffassung berechtigt sei. In Dirschau und Marien-
burg®) handelt es sich um Tiefbohrprofile, die von vornherein
viel vorsichtiger beurteilt werden müssen als Tagesaufschlüsse;
für beide Orte ist der Nachweis, daß rein crhaltene Ab-
lagerungen in situ getroffen sind, nicht erbracht. Zur Ent-
scheidung der aus den beiden „Interglacial“proflen in
Marienburg nicht vollends lösbaren Frage nach dem Liegenden
der Meeresschichten nimmt Jentzscn eine dritte Bohrung von
dort zu Hülfe, aus der aber grade zu erselien ist, wie nahe
die Möglichkeit liegt, daß das dortige „Interglacial* nur wenig
verunreinigtes älteres Material ist. In dieser dritten Bohrung
findet sich nämlich bei 69,5— 74 m Tiefe ein kalk- und spat-
armer, glaukonitreicher Sand — d. h. eine nur wenig ver-
unreinigte Tertiärmasse — über typischem Glacialgrand mit Ge-
!, Vergel. JEnTzscH, Jahrb. Kgl. preuß. geol. L.-A. 1895.
2?) JENTZSCH, Diese Zeitschr. 42, (3).
°®) JENTZSCH, Jahrb. Kgl. preuß. geol. L.-A. 1884.
*) Ebenda 1885.
>) Vergl. KLesBs, Ebenda 1883 u. 1884.
6) JENTZSCH a. a. O.
4*
32
schiebemergelstücken. Sollte das „Interglacial* nicht vielleicht
ein Analogon hierzu sein? Die Yoldia- und Oyprina-Tone vom
Haffufer bei Elbing endlich kann man wohl auf Grund der Tat-
sache, daß sie „im entscheidenden Aufschluß*!) von einer
30 cm mächtigen Geschiebemergelbank unterteuft werden, noch
nicht endgültig ins Interglacial I versetzen; es sind kolossal
sestörte und vom Eis unterfaßte Massen. Von der bei
Tolkemit aufgefundenen, gleich Neudeck ins Interglacial HI
gestellten Cardiumbank über Diatomeenerde, die JENTzscH mit
dem 18 km entferuten Vorkommen bei Vogelsang parallelisiert,
liegt eine detaillierte Beschreibung noch nicht vor. Am besten
beglaubigt ist der Fundort Kiwitten in Ostpreußen; aber auch
dort konnten Scuröpers?) sorgfältige Untersuchungen die Lagerung
der Fauna zwischen zwei Moränen nicht direkt aufzeigen,
sondern nur durch einen Analogieschluß wahrscheinlich machen.
Ich selbst habe endlich das zuerst von JENTzscH be-
obachtete Vorkommen bei Domachau in der Gegend von Danzig
seinerzeit als interglacial beschrieven, habe mich aber durch
tiefergehende Schurfarbeiten davon überzeugen müssen, daß es
sich hier nur um eine dislocierte und teilweise aufbereitete
Scholle einer höchst wahrscheinlich präglacialen Ablagerung
handelt. (Der interessante Aufschluß ist jetzt leider zum Pferde-
begräbnis degradiert.) Nun ist neuerdings durch G. Maas —
vergl. dessen vorstehende Mitteilung — der außerordentlich wichtige
Nachweis erbracht worden, daß zu Beginn des Quartärs, aber
vor der Eisinvasion, eine breite Meeresbucht tief nach West-
preußen und sogar Posen hineingrif, und diese Tatsache läßt
nun auch die vielen, in den verschiedensten Höhenlagen und
Schichtenverbänden auftretenden Überreste der „Nordseefauna*
bei Elbing, Neudeck, Domachau, Marienburg u. s. w. in ganz
anderem Licht erscheinen. Wenn nicht neue, unzweideutige
Aufschlüsse ergeben sollten, daß in der mittleren Diluvialzeit
eine zweite Meerestransgression von ganz gleichem Charakter
wie diese erste Westpreußen und das ostpreußische Nachbar-
gebiet heimgesucht hätte, so müssen wir die Hypothese eines
marinen Interglacials in diesem Gebiet wohl fallen lassen.
DE GEER hat unzweifelhaft Recht, wenn er die „Nordseefauna“
als Beweis eines gemäßigten Klimas betrachtet, aber dies Klima
würde als präglaciales nichts merkwürdiges mehr haben.
') JENTZSCH, Jahrb. Kel. Preuß. geol. L.-A. 1898.
?) Ebenda 1885.
13. Uber ein reichliches Vorkommen von Tertiär-
sesteinen im Diluvialkies bei Polzin, Hinterpommern.
Von Herrn W. DeEEcKE.
Greifswald, Ende April 1904.
Bei einem Vortrag in dieser Gesellschaft hat K. KerıLHnAck
schon 1896 erörtert, daß ein großer Teil der glacialen Sande
Norddeutschlands dem einheimischen Tertiär entstammen müsse.
Ich bin nun heute in der Lage, cinen schönen Beweis für die
Richtigkeit dieses Satzes zu erbringen an der Hand eines geradezu
massenhaften Vorkommens härterer tertiärer Gesteine im Diluvial-
kies und -Gerölle, in dem sich die weniger leicht zerstörbaren
Knollen des Mittel- und Oberoligocäns angehäuft haben, während
die Sande wahrscheinlich durch das Eis und seine Schmelzwasser
weithin fortgeführt sind.
In diesem Frühjahr wurde ich durch die Herren Oberlehrer
WAGENKNECHT zu Schivelbein und Oberinspektor HERZENSKRON
zu Erfurt darauf aufmerksam gemacht, daß in Kiesgruben bei
Polzin (Hinterpommern) massenhaft braune Knollen vorkämen mit
einer Versteinerung als Kern. Eingesandte Stücke zeigten, daß
es sich um Stettiner Sandkugeln handele mit trefflich erhaltenen
Muscheln, und ich habe daher gleich nach Ostern unter freund-
licher Führung des Herrn WAGEnKnecHtr den Fundort besucht.
Polzin liest an der Innenseite der großen baltischen End-
moräne, die durch KeıLHack in ihrem Verlaufe festgestellt worden
ist. An diese nördliche Flanke lehnen sich mächtige Kies- und
Grandlager an, die, wie ebenfalls KrıLnack bei Aufnahmen des
Bahnprofils Polzin - Schivelbein konstatierte, sich ziemlich weit
gegen Norden und unter das Gebiet des jüngeren pommerschen
Urstromtales fortziehen. Aus diesen unteren eisenschüssigen Sanden
treten die Quellen heraus, welche in Polzin die Anlage der ver-
schiedenen Bäder veranlaßt haben. Bei Polzin selbst in einer
Senke hinter der Endmoräne und an dem südlichen Rande des
Tales, wo das Gelände zu dem Hügelzuge ansteigt, haben wir
54
an der Straße nach Jagertow mächtige Kiesgruben. Dieselben
werden von Herrn Baumeister SAnpEr seit 5—6 Jahren abgebaut,
und dient ihr Material zur Beschotterung der Eisenbalndämme.
Die Aufschlüsse sind z. T. S m hoch; leider waren sie in diesem
Frühjahr z. T. verstürzt, so daß man keinen völlig klaren Ein-
blick in die Lagerung gewinnen konnte. Soviel ist jedoch ohne
weiteres deutlich, daß hier die Ablagerungen mächtiger Schmelz-
wasser vorliegen, die den tertiären Untergrund und den Geschicbe-
mergel stark ausgewaschen haben. In diese Kiese sind Tone in
verschiedenen Horizonten eingelagert, bilden am Eingange und
am Ende der Gruben zusammen mit Geschiebemergel unregel-
mäßige Kuppen, die entweder eingeschoben, aufgepreßt oder bei
ruhigerem Flusse zwischen die Kiese abgelagert sind. Lokal
herrschen grobe Sande mit deutlicher Delta- und Übergußschichtung,
an anderen Stellen ist Geröll aus kopfgroßen Rollsteinen vor-
handen und als scharf abgesetzte Bank sichtbar. Die gesamte
Neigung richtet sich nach Osten und Südosten, entsprechend der
natürlichen Richtung der Schmelzwasserbäche.
In diesem Kiese liegen zahllose braune oder gelbrote eisen-
schüssige Kugeln von oft idealer Gestalt, wie sie bei Stettin
oderabwärts bei Züllchow, Frauendorf und Cavelwisch in dem
gelben mitteloligocänen Sande enthalten sind.
Neben den runden kommen auch ellivsoidische, brotlaib-
förmige und solche vor, die Imatrastein-ähnlich doppelt sind.
Diese Knollen sind außen etwas gelockert, innen oft fest, außen
gelbrot, innen bräunlich mit Eisenkarbonat als Zement und um-
schließen fast immer einen organischen Rest. Dei mäßiger Ver-
witterung springen sie nach deu Einschlüssen auseinander, und
ich habe bei Polzin schönere Muscheln auf diese Weise erhalten
als bei Stettin.
Die von mir bisher beobachtete Fauna ist folgende:
Rippe von Halitherdum.
Flossenstachel und Zähne von Zamna.
Zahlreiche Fischwirbel, Kopfknochen und große Schuppen.
Fusus multisuleatus Beyr. in vielen Exemplaren.
‚ erralicus BEYR.
Natica Nysti D’Ore. in Stücken mit erhaltenen farbigen Bändern,
N. hantoniensts Pırk.
Pyrula plicatula Beyr.
„ concinna BEYR.
Pleurotoma Selysii pe Kon.
is turbula SoL.
flexuosa Münsrr.
latielavıa BEYR.
I)
Cassidarin modosa Son. häufig.
A evulsa SOL.
Aporrhars speciosa ScHL. nicht selten,
Dentalium KRieckzii Nysr
B fissura Lam.
Bulla lignaria L. sehr zahlreich.
Tornatella globosa BEyR. . :
Pecten Stettinensis v. Korn. häufig.
„ . permistus BeyRr.
Modtola micans A. Br.
Pectunculus obovatus Liam. häufig.
Nucula Chastelii NysT selten.
Oytherea splendida Mer.
S incrassata Dest.
Oyprina subtransversa D’ORB.
Cardium. cingulatum GoLpr. häufig.
Tellina Nysti Desn.
Syndosmya Bosqueti SEMP.
Psammobra sp. (große Art, häufig).
Lucina sp.
Solen sp. (1 Exempl.)
Teredo in Holz, ziemlich häufig.
Wurmröhren von cf. Arentcola.
Lamndites radıatus GOLDF.
Hemipatagus ef. Hofmanni (mehrere Fragmente).
Zu dieser Liste ist zu bemerken, daß alles typische Formen
des Stettiner Sandes sind. Aber bei Stettin ist die Gesanmt-
gruppierung etwas anders, da die Gastropoden viel zahlreicher
und die Zweischaler seltener sind. Wenigstens kommen die
Oytherea-Arten und die Isocardia bei Cavelwisch nur vereinzelt
vor, die in Polzin so häufigen Psammobria hatte ich an der Oder
überhaupt noch nicht gefunden. Reichlicher erscheint ferner an-
gebohrtes Treibholz, und neu ist der Nachweis von Halitherium
in unserem Mitteloligocän. Obwohl der petrographische Charakter
dem Stettiner recht ähnlich ist, möchte ich doch infolge der
vielen Bivalven, des Treibholzes etc. annehmen, daß. die Kugeln
einer Schicht etwas flacheren Wassers entstammen, also der Küste
näher abgelagert sind als die Schichten der unteren Oder.
. Anstehend kennt man in Hinterpommern diese Schicht nur
durch eine Tiefbohrung in Cöslin, wo auf dem Marktplatze von
51.85 —63.25 m Tiefe „rötlich-brauner, feiner Sand mit Glaukonit
und Septarien und Steinkernen von Fusus multisuleatus“ gefunden
wurde, Diese durch das Leitfossil bestimmte Bank wird unter-
und überlagert von Sanden ähnlicher Natur, die oben in tonige
nicht gerade häufig.
56
Glimmersande des Oberoligocän und vielleicht in Miocän, nach unten
hin in Septarienton übergehen, der dort 37.45 m Mächtigkeit
besitzt. Seinerseits wird dieser von Kreide unterteuf. Es ist
nicht uninteressant zu sehen, daß in diesem Diluvialkies auch
die übrigen Stufen des Tertiärs vertreten sind.
Zunächst findet sich in dem Kies oder Diluvialmergel deut-
liche Beimengung von Septarienton. Große zerfallende Tonbrocken
trifft man gar nicht selten, und der Geschiebemergel hat zweifel-
los viel davon in sich aufgenommen, auch einzelne regenerierte
Bänke oder Schichten finden sich eingeschaltet. Ferner bemerkte
ich mehrfach abgerollte typische Septarien mit der radialen,
säulenartigen Zerklüftung und dem Kalk- nebst Gypsüberzug auf
den inneren Wandungen.
Aber wichtiger scheint mir das massenhafte Auftreten von
oberoligocänen Eisensteinen zu sein, weil möglicherweise Fossilien
in denselben gefunden werden. Denn in ganz Pommern sind diese
Schichten, trotzdem sie an manchen Stellen gut aufgeschlossen
sind, ganz und gar fossilleer geblieben.
In dem Cösliner Bohrloch haben wir von 38.20 m unter Tag an:
3.25 m Groben Quarzkies, unten braungefärbt, Körner von
3—10 mm Größe.
83.00 „ Groben Sand mit kleinen Quarzsteinen, die unteren
Lagen durch Kohle schwärzlich.
0 „ Dunkelbraunen Ton mit Glimmerschuppen.
)O „ Groben ungleichen Quarzsand.
.»0 „ Dunkelbraunen Ton mit Glimmer.
0 „. Mäßig feinen Quarzsand, ungleichkörnig von bräunlich
grauer Farbe. '
2.30 „ Weißen Quarzsand.
In den Kiesgruben sind ebenso häufig wie die Stettiner
Kugeln unregelmäßige dunkelbraune Eisensteinnieren mit dünner
Schale und einem hellen elimmerreichen Sandkerne oder mit Ein-
schluß von fettem dunkelbraunen bis schwarzen Ton. Manche
dieser Konkretionen haben sehr grobes Sandkorn, erinnern an
Grand, manche sind völlig ungleichkörnig. Ihre Gestalt ist ge-
rundet eckig, ellipsoidisch, selten kugelig, ihr Gewicht oft groß,
5—10 Pfd. erreichend.. Daß diese Stücke nicht dem Mittel-
oligocän entstammen, ist ohne weiteres klar. Ich kenne von
keinem Punkte derartige Knollen aus dem Stettiner Sand oder
Septarienton, wohl aber ähnliche Dinge aus dem Oberoligocän
des Odergebietes, freilich nicht so grob und groß. Deshalb habe
ich das Profil von Cöslin herangezogen, das verwandte Dinge
enthält, und das in diesen Lagen wohl hauptsächlich das Ober-
oligoeän umschließt, nicht Miocän, wie noch vor kurzem an-
genommen wurde. Denn unter diesen hellen grauen glimmerigen
5
Polziner Knauern mit dunkler, brauner Schale kommen : marine
Versteinerungen vor, leider selten und schlecht erhalten. Ich
“ habe nur 2 Stück gesammelt, die solehe organischen Reste bergen,
aber bei der Ausdehnung der Gruben ist Aussicht, bei einiger
Aufmerksamkeit mehr zu finden. In dem einen hellgrauen,
elimmerigen Knollen saßen Natica Nysti D’OrB., Cassidaria
nodosa v. B., Cytherea splendida Mer., Formen, welche zwar
nicht gerade für das Oberoligocän bezeichnend sind, aber vor-
kommen können. Ein anderes Stück ist leider zu sehr mit-
genommen, um die Spezies zu bestimmen. Schließlich haben
wir auch noch viele kleine Trümmer eines hellen verkieselten
Coniferenholzes, das ich dem Miocän zuschreibe. |
Somit ist das gesamte obere pommersche Tertiär in diesem
Kieslager auf sekundärer Lagerstätte enthalten; es fehlen nur
das Unteroligocän und das Eocän, die vielleicht zu tief lagen,
um durch das Eis und seine Schmelzbäche angegriffen zu werden.
Ein kleines Bruchstück von Paleocänsandstein beobachtete ich freilich ;
jedoch kann das auch ein echtes südbaltisches Geschiebe sein.
Es ist wohl keine Frage, daß alle diese Knollen, Eisen-
steine, Hölzer etc. aus dem Gebiete direkt N, resp. NNO von
Polzin herrühren und einheimischen Ursprungs sind. Sie zeigen
zugleich, daß ganz gewaltige Massen der oberen und mittleren
Tertiärsande zerstört sein müssen, um solche Anhäufungen zu
erzeugen. Von diesen -Sanden ist nun im Diluvium nicht viel
zu sehen, größere reinere Partien fehlen, sie sind eben ganz in
dem neuen Gestein aufgegangen. Es ist aber sehr wahrscheinlich,
daß die starke Beimischung der mittel- und oberoligocänen eisen-
schüssigen Sande zu dem unteren Diluvium die Eisenquellen be-
dinst, auf denen die Bedeutung von Polzin als Badeort beruht.
Erwähnt sei schließlich, daß in dem Kies auch ein Mammuth-
Stoßzahn zutage kam, dessen erhaltenes Alveolarende ca. 40 cm
lang und 8 cm am proximalen, 6 cm am distalen Ende breit ist.
Das Stück liegt auf dem Polziner Rathause. |
Da bei Stettin die Fundorte für diese mitteloligocäne Sand-
fauna bald ganz ausgebeutet zu sein drohen oder mehr und mehr
verfallen, ist dieses neue, reichliche, freilich diluviale Vorkommen
von einem speziellen Interesse.
14. Halurgsometamorphose.
Von Herrn FERD. HORNUNG.
| Leipzig-K. Z., den 12. Mai 1904.
In seinen dankenswerten Ausführungen über Bauxit- und
Lateritartige Zersetzungsprodukte in No. 3 dieser Monatsberichte
meint Herr Erıca Kaıser, daß ich die Kalianreicherung der
Gesteine schlechthin — und, wie es dort aussieht, ausschließlich
sie — Halurgometamorphose genannt habe. Das ist in dieser
Weise nicht ganz zutreffend; ich bezeichne mit jenem Namen
vielmehr einen der Natur der Sache nach oft recht zusammen-
gesetzten Vorgang, wie er sich an den Gesteinen gewisser Ge-
genden vollzogen hat, zu welchem mitunter auch eine Kali-
zuführung gehört. Um konkrete Beispiele anzuführen: dasjenige,
was man am Harze bisher als Regionalmetamorphose bezeichnete,
als solche mit Recht von der Granitkontaktmetamorphose unter-
schied, aber mit Unrecht auf den stark gepreßten, aufgestauten
Südostrand dieses Gebirges beschränkt glaubte; ferner die chemisch
gleichwertigen Veränderungen, welche im unmittelbaren Anschluß
an jenes Pressungsgebiet westlich und rordwestlich von ihm und
überall vorzugsweis am Harzrande angetroffen werden, so weit
ihre Spuren nicht durch spätere Erosion getilgt wurden, und
unter letzterer Voraussetzung auch noch relativ weiter gegen das
Innere dieses Gebirges hin leicht zu konstatieren sind; ferner
die Veränderungen, welchen das Rotliegende jener Gegend, aber
auch anderwärts, z. B. am Kyffhäuser, bei Magdeburg, bei
Leipzig unterlag und auch dessen Liegendes mehr oder weniger-
deutlich erkennbar mitbetrafen: alles dieses nenne ich Halurgo-
metamorphose. Denn alle diese Besonderheiten sind meinen Be-
obachtungen und Untersuchungen gemäß die Ergebnisse eines
hydrochemischen Prozesses, dessen Agens konzentrierte Salzlaugen
gewesen sind, wie sie aus der Verdampfung von Özeanwasser
nach Abscheidung von dessen weniger leicht löslichen Bestand-
teilen resultieren, zuzüglich aller jener Stoffe, welche durch
solche Laugen unter Mitwirkung des Luftsauerstoffes aus den von
ihnen durchtränkten Gesteinen in Lösung übergeführt werden.
Unbeschadet der Tatsache, daß sein Agens auf offenen oder
von ihm ausgeräumten Spalten den Weg in oft beträchtliche
Tiefen fand, ist dieser Prozeß dadurch zunächst charakterisiert,
daß er deutlichst erkennbar von oben nach unten wirkte —
oben und unten natürlich im Sinne der damaligen Oberflächen-
konfiguration. Daher präsentiert er sich heute z. T. als „Rand-
metamorphose*, wo infolge nachträglicher Emporwölbung oder
Aufrichtung die Erosion durch Wegnahme der allzu stark ex-
ponierten Teile der ehemaligen Ebene Niveaus bloßlegte, die dem
Agens damals nicht zugänglich gewesen waren.
Die chemischen Charakteristika dieser Metamorphose bilden
eine, allerdings nicht überall lückenlos entwickelte, Summe von
Einzelerscheinungen. Folgende sind die wesentlichsten:
l. Eine oft tief eingreifende Oxydationswirkung, durch
59
welche die Gesteine ihr Kohle-Pigment und ihre etwaigen
Schwefelmetalle verloren.
2. Die Abscheidung wasserfreien Eisenoxydes, bald
als zonale Imprägnation, bald als mehr oder weniger gleich-
mäßige Rötung oder Violetfärbung ganzer Schichtenfolgen,
bald als Ersatz für hierbei weggelöstes Calciumcarbonat, bald
in reinen Krystallisationen auf Gängen oder überhaupt in
Hohlräumen.
3. Kieselsäure - Aktion, teils physikalischer Natur, wie
im orientierten Weiterwachsen schon vorhandenen Quarzes,
z. B. selbst der feinsten Quarzsplitterchen und Körnchen
der Tonschiefer, Höfebildung um die Quarze der Kruptiv-
gesteine, allgemeine Verkieselung von Gesteinen, Hohlraum-
füllung durch gewisse Quarzvarietäten oder auch durch
Chalcedon; teils chemischer Natur, in der Bildung von
Albit, auch Karpholith, aber nie von Granat, Biotit und
dergleichen Mineralien anderer Metamorphosen.
4. Die Heranschaffung von Substanzen, welche in den
betreffenden Gebieten entweder überhaupt noch nicht, oder
doch gewiß nicht in der großen Quantität vorhanden waren,
in der wir sie nunmehr finden. Ersteres trifft vor allem
auf den Baryt zu, letzteres gilt vorwiegend von zahlreichen
Roteisensteinvorkommnissen, sodann aber auch von jenen
bedeutenden Mengen von Kali, die gewisse Gesteine so auf-
fällig anreicherten.
Zur bequemen Beurteilung des letzterwähnten, speziell in
Rede stehenden Vorganges mögen nun hier zunächst noch einmal
die betreffenden Analysen der Ilfelder Gesteine folgen:
Melaphyr Porphyrit
Nr. 16, schwarz, Nr. 46, zersetzt, Nr. 4, Grau, Nr. 6, zersetzt,
frisch, vom vom Netzberge, v. Kohlen- aus dem Stein-
Poppenberge Bähretal schacht mühlentale
Kunzental
Kieselsäure Di. 55.34 59.04 63.41
Tonerde 10.58 16.21 15.16 16.33
Eisenoxydul 10.95 6.63 1.95 8.11
Manganoxydul 0.17 — 0.29 —
Kalkerde 1.39 3.09 6.97 0.68
Masnesia OT on 1.80 059
Kali 1.89 7.07 1.67 2
Natron 2.00 1.393 2.41 0.30
Wasser 1.70 3.94 3.01 2.92
Kohlensäure 3.56 2.45 2.84 0.17
Summe 102.53 99.77 100.74 99.78
60
Stellen wir nun die Prozentziffern des Kalis aus Herrn
Kaısers Basaltanalysen mit den vorstehenden zusammen, so
haben wir folgendes: |
Basalt v. Kuckstein, frisch, KO = 0,52; zersetzt, KO —= 2,35
2 Bramburg, cz) 2,01% » » 1,50
Melaphyr v.. Iifeld, 5 a 15895 5 = 1,07
Porphyrit „ 5 8 5 15075 5 5 12a
Man sieht schon hieraus .ohne weiteres, daß die Kali-
vermehrung in den Ilfelder Gesteinen — es sind obenein zwei
verschiedene Gesteine! — doch wohl etwas anderes besagt, als
in Herrn Kaisers Basalten. In den Ilfelder Gesteinen eine Zu-
nahme des Kalis bis auf die Hälfte von dem, welches im reinen
Orthoklas vorhanden ist; im Basalt dagegen in einem der mit-
geteilten Fälle eine ganz. wesentlich geringere Zunahme, im
anderen sogar eine Abnahme!
Lehrreich scheinen mir auch die bezüglichen Wassergehalte
zu sein!
Kuckstein-Basalt, frisch, H,O — 1,20°)o; zersetzt, H,O — 13,07°/o
Bramburg-Basalt, „ % 20% R a 15,995
Ilfelder Melaphyr, „ > 17005 > = 3,94 „
Ilfelder Porphyrit, „ a 3.0175 Ss 5 2.925
Aus diesen Zahlen geht. wiederum deutlich die totale Ver-
schiedenheit der in Frage kommenden Zersetzungsprozesse her-
vor; man sieht sofort, daß das Wasser in der Halurgometa-
morphose ein recht. rarer Artikel gewesen sein muß, wenn zer-
setzte Gesteine sogar weniger davon enthalten als frische, wie
die Porphyritanalyse zeigt. Und das noch immer; obgleich diese
Gesteine bis zu jenem Tage, an welchem STRENG sein Unter-
suchungsmaterial davon abschlug, reichlich Zeit und Gelegenheit
hatten, sich anderweitig mit Wasser zu versehen. Das dürfte
denn wohl auch geschehen sein, so daß die Annahme, sie hätten
damals, als sie aus dem halurgometamorphischen Prozesse hervor-
gingen, noch weniger, vielleicht sogar überhaupt kein Wasser
enthalten, mindestens nicht unbegründet ist; gestützt wird sie
außerdem durch das im wasserfreien Zustande vorhandene Eisen-
oxyd, welches die betreffenden umgewandelten Ilfelder Gesteine
allgemein pigmentiert, außerdem auch im reinen, krystallinischen
oder krystallisierten Zustande auf Gängen ebendort vorkommt.
Wie stark hydratisiert sind dagegen jene Basalte!
Es sei darauf hingewiesen, daß durch Umrechnen an den
in Rede stehenden Analysen nichts Wesentliches zu ändern ist.
Auf die ausgezeichnete chemische wie petrographische Vergleich-
barkeit gerade von Basalt und Melaphyr mache ich noch speziell
aufmerksam. Die totale Verschiedenartigkeit der beiden Zer-
setzungsprozesse tritt hierdurch. noch mehr hervor. Sie lehrt,
daß Verwitterung und Halurgometamorphose genau so viel oder
so wenig mit einander gemein haben, wie eben Regenwasser und
konzentrierte Salzlaugen.
15. Triasschichten (!) von der Östgrenze der
Residenzschaft Tapanuli auf Sumatra.
Von Herrn ARTHUR WICHMANN.
i Utrecht, den 22. Mai 1904.
Vor einigen Jahren brachte W. Vorz die überraschende
Kunde von dem Auffinden obertriadischer Schichten im Gebiete
. des oberen Kwalu in der Residenzschaft Sumatras Ostküste, einer
Schichtenfolge, die etwa den Raibler Schichten in den Alpen
entspricht.) | |
Zwar hatte STEFANO TRAvVERSoO schon früher einige Kalk-
steine aus dem Gebiete des Toba-Sees auf Grund ihres petro-
graphischen Charakters für „permo-triadisch* angesehen, ohne
daß Lagerungsverhältnisse und Fossilführung einen Anhaltspunkt
für diese Annahme ergeben hatten.?) Trotz alledem erscheint
es sehr wahrscheinlich, daß auch in der westlichen Hälfte der
Insel der oberen Trias zuzuzählende Ablagerungen auftreten, und
möchte ich zu diesem Zwecke umsomehr die Aufmerksamkeit auf
die einer längst vergangenen Zeit angehörenden Aufzeichnungen
von Lupwıg Horner lenken, als der Fundort leicht zu er-
mitteln ist.
Am 23. September 1838 legte dieser Forscher den Weg
von Rau (Abteilung Ajer Bangis und Rau der Residenzschaft
Padangsche Benedenlanden) nach dem Orte Pahantan (Unter-
Abteilung Klein-Mandailing, Ulu und Pahantan der Residenz-
schaft Tapanuli) zurück. Auf diesem Pfade wurde nach dem
Verlassen des Tales des Gadis der Ort Tjubadakh Limomanis’°)
erreicht und darauf, in der Richtung des gleichnamigen Flusses
!) Trias auf Sumatra. Diese Zeitschr. 50. 1898, S. 137 P. —
Beiträge zur geologischen Kenntnis von Nord-Sumatra. Ebenda. 51.
1899, S. 26—38.
?) Rocce vulcaniche e metamorfiche dell’alte piano di Toba nell’
isola di Sumatra. Annali del Mus. Civ. Storia nat. (2) XVI. Genova
1896 S. 325.
3) ca. 99° 55° O. L., 0° 36° N. Br.
62
aufwärts, die Wasserscheide überschritten. Horxer schreibt nun ?):
„Am rechten Ufer des Ajer (Fluß) Tjubadaklı Limomanis
finden sich unweit, und zwar oberhalb der Brücke, einige Schichten
von einem schwarzgrauen Mergel von beinahe einem Fuß Mächtig-
keit. Das Streichen derselben ist OSO—WSW, bei einem Fallen
von 60° nach NNW. In diesem Mergel findet sich häufig eine
kleine, sehr dünne Peeten-artige Muschel. Wir vermochten kein
Exemplar mit vollständigem Schloß zu finden, doch gleicht
dieselbe im allgemeinen Bronns Geschlecht Monotis (Pecten
salinarius).* ?)
Spätere Untersuchungen sind in dem beregten Gebiete ledig-
lich von R. FEnnemaA angestellt worden. Die zu demselben ge-
hörenden Kalksteinablagerungen werden kurz erwähnt und auf
der Karte dem Carbon zugewiesen, augenscheinlich auf Grund
ihres petrographischen Habitus, denn nirgends wurde auch nur
die geringste Spur einer Versteinerung aufgefunden.)
Aus dem Vorstehenden ergibt sich zugleich, daß es nicht
mehr angängig ist, die bis zur NW-Spitze von Atjeh durch-
streichenden grauen Kalksteine ohne weiteres dem Carbon zu-
zuweisen. |
!) S. MÜLLER en L. HORNER:!: Fragmenten van de reizen en
onderzoekingen in Sumatra. Bijdr. t. d. Taal-, Land- en Volkenk. (1)
2, 's Gravenhage 1854, S. 215.
?) Könnte auch eine Daonella oder eine Halobia sein.
®) Topographische en geologische beschrijving van het noordelijk
gedeelte van het Gouvernement Sumatras Westkust. Jaarboek van
het Mijnwezen. 1887 Amsterdam. Wet. Ged. S. 177. — E. CARTHAUS
erwähnt aus dem Flußgebiet des Gadis „Kohlenkalk außerordentlich
arm an Versteinerungen“, unterläßt aber hinzuzufügen, welcher Art
dieselben sind. Tijschr. K. Nederl. Aardr. Gen. (2) XIX. 1902 S. 585.
63
16. Zur Stratigraphie des oberen Mitteldevons im
polnischen Mittelgebirge.
Von Herrn D. SOBOLEW.
Warschau, den 10. Juni 1904.
Bis zur letzten Zeit waren die Stringocephalen-Schichten im
polnischen Mittelgebirge ausschließlich in ihrer Kalk-Facies be-
kannt und wurden meist den mittleren und oberen Horizonten
des Stringocephalen-Kalkes der Eifel parallelisiert.
Nach der von GüÜrIcCH in seiner großen Schrift „Das
Palaeozoicum im polnischen Mittelgebirge“ !) niedergelegten und
in seinen „Nachträge zum Palaeozoicum im polnischen Mittel-
gebirge*?) etwas abgeänderten und ergänzten Anschauungen, kann
die Zusammensetzung der Stringocephalen-Schichten Polens durch
folgende Tabelle dargestellt werden:
Obere
Oberstufe: 17b. Stinkkalk von Szydluwek en
17a. Amphipora-Kalk und -Dolomit j Schichten
=
S Mittelstufe: 16c. Caiqua-Dolomit von Broni-
z schowice - e
Be 16b. Stringocephalus-Bänke von ee
z Zagöje, Dziwki ; Schichten
R 16a. Korallenkalke von Cheneciny r /
| Unterstufe: 15. Korallendolomit von Litoszka
Be)
© | Sniatka: 14. Crinoidenbank erinoiden:
13. Bifida-Bänke. Skaly: 11 Ko- Schichten
| rallenkalk
Die erste Andeutung über die Möglichkeit des Vorkommens
klastischer Sedimente in den Stringocephalen-Schichten Polens
ist in meiner vor kurzem erschienenen Schrift: „Die devonischen
Ablagerungen des Profils Grzegorzewice-Skaly-Wlochy“?) enthalten.
Dort (S. 16) rechne ich zu den Stringocephalen-Schichten einen
zwischen den Crinoiden-Schichten und dem von mir beschriebenen
1) Verhandl. d. Russ.-Kaiserl. mineralog. Ges. 32, 1896, S. 104— 105.
— Vergl. auch FREcH, Lethaea, 2, S. 180—181.
2) N. Jahrb. f. Min., Beil.-Bd. 13, 1900, S. 386.
®) Nachrichten des Warschauer Polytechnischen Institutes, Lief. 2,
1903. (Russisch.)
64
oberdevonischen Kalke des Dorfes Wlochy enthaltenen Komplex
von Tonschiefer, Grauwackenschiefer und-Sandsteine und Dolomit (?).
Gesteine, welche den obenerwähnten petrographisch ähnlich
sind, sind in der Umgebung des Dorfes Swentomarz, welches
nördlich vom Swentykrzyz-Zug und in einer Entfernung von ca.
4 km östlich vom Flecken Bodzentin liegt, sehr verbreitet. Diese
Gegend ist während mehrerer Jahre der Gegenstand meiner Unter-
suchungen gewesen, und das von mir hier gesammelte Material
gibt mir die Möglichkeit, die Überzeugung auszusprechen, daß
die Stringocephalen-Schichten auf dem nördlichen Abhange des
polnischen Mittelgebirges in stratigraphischer und facieller Hinsicht
nicht dem Eifelkalke, sondern den entsprechenden Horizonten des
rechtsrheinischen Gebietes ähnlich sind.
Die ausführliche Bearbeitung und Darstellung der Tatsachen,
welche mich zu diesem Schlusse geführt haben, wird den Inhalt
einer speziellen Arbeit ausmachen; in der jetzigen Mitteilung will
ich nur eine sehr zusammengedrängte Übersicht der stratigra-
phischen Verhältnisse der Stringocephalen-Schichten von Swentomarz
und seiner Umgegend geben.
Das mitteldevonische Alter der Gesteine des Profils von
Swentomarz-Sitka ist noch von ZeuscHner!) festgestellt worden,
welcher in dem hier entwickelten Komplex von „Grauwacken-
Schiefer und bräunlichem Kalke* mehrere einzelne Horizonte
unterscheidet, wobei er jedoch unrichtig eine vom S. (liegende
Seite) nach N. (hangende Seite) verlaufende normale Schichten-
folge annimmt. GürıcH?) unterscheidet verschiedene paläonto-
logisch charakterisierte und zwar mehrere mitteldevonische Horizonte
und einen oberdevonischen. Diese Horizonte, von jüngeren zu
älteren übergehend, sind folgende:
Retrostriata-Schiefer. OÖberdevon.
a \ Unt. Stringocephalen-
Korallendolomit von Sitoszka ?
j Schichten.
Crinoiden-Bank |
Bifida-Bänke
Reticularien - Schichten \ sehen
Grauwacken-Tonschiefer j
Crinoiden-Schichten.
Die Einteilung des ganzen Komplexes der devonischen Ab-
lagerungen des Profils in diese Horizonte ist als gelungen zu
bezeichnen, die stratigraphischen Verhältnisse sind jedoch von
Gürıcan in der angeführten Tabelle unrichtig angegeben, weil die
Schichten, die er als Calceola-Schichten betrachtet, in Wirk-
') N. Jahrb. f. Min. 1866, S. 513; Diese Zeitschr. 1869, S. 263.
?) Palaeozoicum etc, S. 56.
65
lichkeit zu den Stringocephalen-Schichten und z. T. zu deren‘
oberen Horizonten gehören.
Nach meinen Beobachtungen kann man in dem Profile von
Swentomarz folgende stratigraphische Horizonte unterscheiden:
1) Schichten mit Aphyllctes evexus und Aphyllites
discoides (= Reticularien-Schichten von Gürıca), welche die
jüngsten mir bekannten Horizonten des Profils sind. Es sind
Tonschiefer mit mehr oder weniger zahlreichen Zwischen-
lagen von grauem Kalke, gelbem Mergelschiefer, Knollenkalken
und schwarzem Plattenkalke. Dieser Horizont ist im Profil drei-
mal aufgeschlossen, wobei die Zahl der Kalkeinlagerungen von
S. nach N. wächst. Die Kalke und besonders der Mergel ent-
halten eine reiche Brachiopoden-Fauna, in den Schiefern ist eine
charakteristische Tiefsee-Fauna enthalten, welche aus Gephalopoden,
Gastropoden und Lamellibranchiaten zusammengesetzt ist. Die
Hauptvertreter der Fauna dieses Horizontes sind:
Produetella subaculeata MURCH. Orthoceras arcuatellum (?) SAND-
Kayserella lepida SCHNUR. BERG.
— lepidiformis GÜRICH. Orthoceras amgustum HOLZAPFEL.
Skenidinum fallae GÜRICH. — subfleeuosum MÜNST.
Dalmanella eifliensis VERN. Aphyllites evexus L. v. B. var.
Reticularia simple PHILLIPS. costulata Arch. VERN.
— triquetra GÜRICH. Aphyllites evexus L. v. B. var.
— dorsoplana GÜRICH. polonica GÜRICH.
Martinia inflata SCHNUR. Aphyllites evexus L. v. B. var.
Anoplotheca lepida GOLDF. subeostulata nov. var.
Pentamerus globus BRONN. Aphyllites discoides WALDSCHM.
— brilonensis KAYSER. var. (?)
Camarophoria brachyptyeta Tornoceras cincetum (?) KEYSER-
SCHNUR. LING.
Camarophoria gracııis GÜRICH. Tornoceras angulato-striatum (?)
— cf. formosa (SCHNUR) KAYSER. (Koch) KAYseEr.
Rhynchonella cf. implexa SOW. Tornoceras simplex L. v. B. var.
— procuboides KAYSER. typus SANDBERG.
Stringocephalus Burtini DEFR. Tornoceras simple L. v. B. var.
Buchrola ferrugines HOLZAPFEL. Ortilonense KAYSER.
— trijugata BEUSHAUSEN. . - Tornoceras -sinplex L. v. B. :var.-
Loxonema Kayseri HOLZAPFEL. magnosellarıs (?) HOLZAPFEL.
Platyceras compressum ROEM. Maeneceras terebratum SANDBERG.
Pleurotomaria ef. minutula SAND- — Decheni (?) (BEYRICH) KAYSER.
BERG. — Dechent (BEYR.) Kays. var.
Bellerophon Sp. Phacops breviceps BARR.
Die aufgezählte Fauna ist an drei Punkten gesammelt worden,
wobei die Identität des an diesen drei Stellen aufgeschlossenen
Horizontes wegen der großen Zahl gemeinsamer Arten keinem
Zweifel unterliegen kann. Das Oberstringocephalen-Alter dieser
Schichten ist auch zweifellos.
2) Schiefer mit Posidonia hrians und Stylvolina
J
66
sp. Es sind grünliche weiche Tonschiefer mit Posidonia hians
Waupschm., Buchrola ferruginea HOLZAPFEL var. polonica n. var.,
Buchiola trüjugata BeusuAausen, Stylolina sp., Tentaculites sp.,
Orthoceras sp. und ÖOstracoda (diese Fauna ist an mehrere
Punkten gesammelt worden). Sie sind im Profile viermal aufge-
schlossen. In allen Fällen liegen sie unmittelbar im Liegenden
des obenbeschriebenen Horizontes, obgleich sie in zwei Fällen,
dank einer umgekehrten Sehichtenfolge darauf zu liegen scheinen.
Im. S. ist die Mächtigkeit dieser Schiefer unbedeutend, sie liegen
zwischen den Schichten mit Aphyllites evexus und dem tiefer
liegenden Komplexe der „Grauwacken-Schiefer* und sind mit
beiden durch petrographische Übergänge verbunden. Im N. nimmt
ihre Mächtigkeit zu und sie scheinen die eben erwähnten hier
sehr reduzierten Grauwacken-Schiefer z. T. zu ersetzen. Es ist
möglich, daß man hier auch einen Teil des früher erwähnten
schwarzen Platteukalkes, in welchem außer einer großen Zahl
meist nicht bestimmbarer Brachiopoden auch Styholina sp. und
Buchrola sp. enthalten sind, demselben Horizonte zurechnen müßte.
Trotzdem die stratigraphische Lage der Schiefer mit Poszdonia
hians und Styliolina sp. ganz klar ist, begegnet man bei der
Bestimmung ihres Alters einigen Schwierigkeiten, weil man sie
mit gleichem Rechte zu den unteren Horizonten der oberen
Stringocephalen-Schichten. als auch zu den oberen Horizonten der
unteren Stringocephalen- Schichten rechnen kann. Jedenfalls,
trotz der großen Menge von Posidonia hrans an einigen Punkten,
können wir nicht diese Schichten für ein Äquivalent des ganzen
Odershäuser-Kalkes anerkennen, weil unter ihnen noch ein bedeutend
mächtiger Komplex der unteren Stringocephalen-Schichten liegt.
Außerdem deutet Buchtola tröjugata, welehe auch in höher liegenden
Schichten mit Aphyllites evexus vorkommt, auf ein jüngeres Alter
hin. Es ist möglich, daß der in Frage stehende Horizont im
N., die tiefer liegenden „Grauwacken-Schiefer“ z. T. ersetzend,
eine tiefere Lage als im S. besitzt. Nebenbei muß ich bemerken,
daß ich im N. Buchrola trijugata in diesen Schichten nicht ge-
funden habe.
3) Der Grauwacken-Schiefer ist im Profil zweimal
aufgeschlossen, jedesmal unmittelbar im Liegenden, wegen umge-
kehrter Schichtenfolge scheinbar im Hangenden des vorher-
gehenden Horizontes. Besonders mächtig entwickelt ist er im S.,
wo sein ganzer Komplex zwischen dem. Schiefer mit .Posidonia
hians im S. und den grauen Kalksteinen des Crinoiden-Alters im
N. liegt.
Infolgedessen muß man dem Grauwacken- Schiefer ein Unter-
stringocephalen-Alter zuschreiben, welches annähernd dem Alter
6
des Lenneschiefers von Westfalen, dem unser Schiefer auch faciell
ähnlich ist, entspricht. Im nördlichen Teile des Profils liegt der
Grauwacken-Schiefer zwischen dem Tonschiefer mit Buchrola fer-
ruginea HoLZAPFEL var. polonica n. var. (im N.) und den Schichten
mit Aphyllites discordes (— Reticularien-Schichten, Schicht 10,
GürıcHhs) (im S.), so, daß sein Aufschluß wahrscheinlich dem
Gipfel der Anticlinale entspricht. Die Mächtigkeit des Grau-
wacken-Schiefers ist im nördlichen Aufschlusse bedeutend kleiner
als im südlichen, und außerdem nimmt ein bedeutender Teil seiner
oberen Horizonte in petrographischer Hinsicht eine Mittelstellung
zwischen dem echten „Grauwacken-Schiefer* (mit einer großen
Zahl von Sandsteinzwischenlagen) und dem Tonschiefer des Typus
der Schiefer mit Posidoma hians ein. In den sandigeren
Varietäten des Schiefers dieser oberen Horizonte gibt es eine
Menge von Pflanzenresten. Außerdem kommen im Schiefer Stylr-
olina sp., Buchrola sp. und ziemlich viel anderer Lamellibran-
chiaten (mehrere Arten), die ich wegen schlechter Erhaltung nicht
bestimmen konnte, vor. Also wie schon erwähnt, scheint hier im N.
die untere Grenze der Schiefer mit Stykiolina tiefer als im S.
zu liegen, und die Schiefer des letzteren Typus ersetzen z. T. den
„Grauwacken-Schiefer*.
4) Die Sierzawy-Schichten (= Bifida-Bänke Gürıcn s).
Ich erlaube mir diese Benennung für die zu beschreibenden
Schichten einzuführen, weil letztere besonders typisch in Schluchten
eutwickelt sind, deren Anfang das Dorf Sierzawy beinahe erreicht.
Die Benennung „Schichten mit _Anoplotheca lepida* ist nicht
passend, weil diese Art auch in höher liegenden Horizonten vor-
kommt. Chonetes cf. nana Vern., welche GürıcH als für diesen
Horizont charakteristisch ansieht, ist augenscheinlich eine seltene
Art, weil ich sie in diesen Schichten nicht gefunden habe. Des-
halb kann auch diese Art für die Bezeichnung dieses Horizontes
nicht für ganz passend gehalten werden.
Die Sierzawy-Schichten stellen einen bunten Wechsel grün-
licher, oft auch rötlicher und dunkler Tonschiefer dar, welche mehr-
mals mit Kalksteinschichten von geringer Mächtigkeit wechsel-
lagern. Dieser Komplex ist im Profil zweimal aufgeschlossen,
wobei seine Mächtigkeit im N. bedeutender als im S. ist. Im
nördlichen Teile des Profils liegen die Sierzawa-Schichten zwischen
dem Crinoiden-Kalke (im N.) und dem Schiefer mit Posidonia
hians (im S.), - In der Mitte des Profils, wo die Mächtigkeit
der Sierzawy-Schichten weniger bedeutend ist, kommen sie nach
S. hin auf einen grauen Kalkstein zu liegen, welcher sich wenig
von den, wie erwähnt, häufig auch in der Mitte des Komplexes
vorkommenden Zwischenlagen unterscheidet, den ich aber als
5*
68
einen besonderen Horizont auszuscheiden für nötig halte, weil
dieser Kalkstein sowohl in petrographischer als auch in paläonto-
logischer Hinsicht dem „Crinoiden-Kalke“ von Skarr!) ganz ähnlich
ist, wo dieser zweifellos den niedrigsten Horizont der Stringoce-
phalen-Schichten darstellt. An der zu beschreibenden Stelle werden
die Sierzawy-Schichten vom N. her von den Schichten mit
Aphyllites discoides bedeckt, obgleich es möglich ist, daß zwischen
diesen beiden Horizonten Zwischenschichten vorhanden sind. Es
ist interessant, daß, soweit man nach der Beschreibung urteilen
kann, gerade hier das von ZEUSCHNER?) beschriebene, aber weder
GürıcHh, noch mir bekannte „rote Komglomerat, zusammengesetzt
aus eckigen und abgerundeten Stücken von grauem Kalkstein und
Rollstücken von weißem.Quarz, verbunden durch roten Tonschiefer“,
vorkommen soll. Die Hauptvertreter der in verschiedenen Hori-
zonten: der .Sierzawy-Schiehten (ausschließlich des darunter liegen-
den grauen Kalksteins) gesammelten- Fauna sind folgende:
Metriophyllum gracile (?) SCHLÜTER. Cyrtina heteroclyta DEFR.
Haploerinus stellaris RoEM. Anoplotheca lepida GOLDF.
Produetella subaculeata MURCH. Athyris concentrica L. v. B:
Leptaena depressa SOW. Atrypa reticularis L.
Strophodonta anaglypha KAYSER. — desquamata SOW.
—- interstrialis PHILLIPS, — aspera SCHLOTH.
Kayserella lepidiformis: GÜRICH. Pentamerus globus BRONN.
Skenidium fallax GÜRICH. Camarophoria gracilis GÜRICH.
— polonicum. GÜRICH. — cf. formosa (SCHNUR) KAYSER.
Dalmanella eifliensis VERN. Rhynchonella parallepipeda BRONN.
— crassa (2) GÜRICH. — cf. implexa SOWERBY.
— polonica n. Sp. — Wahlenbergi GOLDF.
— striatula SCHLOTH. — amisodonta. PHILLIPS.
Reticeuwlaria aviceps KAYSER. — procuboides KAYSER.
— simple PHILIPPS. Stringocephalus Burtini DEFR.
— triquetra GÜRICH. Turbonitella sp.
— dorsoplana. Pleurotomaria Orbignyi ARCH. VERN.
Martinia inflata SCHNUR.
Die stratigraphische Lage dieses Horizontes ist dieselbe,
wie die des „Grauwacken-Schiefers“, so daß wir annehmen können,
daß der letzte gegen N. auskeilt und dort von Sierzawy-Schichten
ersetzt wird.
Es muß jedoch bemerkt werden, daß da, wo sich diese Hori-
zonte berühren, die Sierzawy-Schichten tiefer als der Grauwacken-
Schiefer liegen.
5) Korallendolomit. Er ist das nördlichste Glied des
Profils. Seine Aufschlüsse, welche Gürıcn nur längs des linken
Il, SOBOLEW, a.'2.:0. S. 12.
) N. Jahrb. f. Min. 1866, S. 514. Das Konglomerat ist im
Liegenden des Amphipora-Dolomits in Zagnansk schr verbreitet. Diese
Tatsache ist in der Literatur nicht bekannt.
69
Swislina-Ufers bekannt waren, finden sich tatsächlich auch auf
ihrem rechten Ufer, wo er sogar viel mehr verbreitet ist. Dieser
Dolomit legt sich vom N. her auf den Crinoiden-Kalk und, wie
GürıcH!) richtig annimmt, kann sein Alter als unterstringocephal
betrachtet werden, d. h., er entspricht seinem Alter nach dem
Grauwacken-Schiefer und den Sierzawy-Schichten. Es ist übrigens,
wenn man die bedeutende Mächtigkeit des Dolomits in Betracht zieht,
anzunehmen möglich, daß seine oberen Horizonte schon ein ober-
stringocephales Alter besitzen. Ich glaube diesen Dolomit mit
dem Teil des Dolomites, welcher das Liegende der Amphipora-
und Stringocephalen-Schichten (Bänke) von Zagaje?) bildet, paral-
lelisieren zu können.
6) Der Crinoiden-Kalk liegt im Liegenden des eben
beschriebenen Korallendolomits. Infolge der umgekehrten Schichten-
folge scheinen die Sierzawy-Schichten unter ihm zu liegen. Dieser
Kalkstein ist dunkelgrau, krystallinisch, stellenweise fast aus-
schließlich aus Gliedern von Crinoidenstengel gebildet. Stromato-
poren und Korallen treten hier z. T. auch gesteinbildend auf.
Von hier habe ich bestimmt:
Actinostroma stellulatwm NICHOLS. Unmittelbar im Liegenden des
Stromotoporella eifliensis NICHOLS. Kalksteines istein Tonschiefer
Alveolites sp. entwickelt mit:
Cyathophyllum heterophyllum Mierocyelus eifliensis KAYSER.
M. Epw. Leptaena depressa SoW.
Fenestella sp. — scalensis SOBOLEW.
Pentamerus galeatus BRONN. var. Skenidium cf. areola QUENSTEDT.
multiplicata ROEM. Atrypa reticularis L.
Platyceras priscum GOLDF.
Das Vorkommen von Mkerocyclus erfliensis, Leptaena scalensıs,
Pentamerus galeatus var. multiplicata, welche sich in Skaly
entweder im Calceola- (Brachiopoden-) Mergel (Pentamerus) oder
in den denselben unmittelbar überdeckenden Schichten finden,
veranlassen mich, den Crinoiden-Kalk als den ältesten Horizont
der Stringocephalen-Schichten (des oberen Mitteldevous) im Profil
Swentomarz-Sitka zu betrachten.
Ein anderer Aufschluß eines Kalksteines gleichen Alters, aber
in einer etwas anderen Facies, befindet sich, wie es schon mehrmals
erwähnt wurde, in der Mitte des Profils im Liegenden der Sierzawy-
Schichten einerseits (im N.) und des Grauwacken-Schiefers anderer-
seits (im 8.). Die Schichtenfolge ist umgekehrt, so daß der Kalkstein
sich auf den Grauwacken-Schiefer zu legen scheint. Hier ist ein
ziemlich bedeutender Schichtenkomplex, (dessen Kopfenden auf einer
Strecke von einigen 10 Meter aufgeschlossen sind) bestehend
') a. a. 0. Palaeozoicum etc. 8. 64.
?) ZEUSCHNER, Diese Zeitschr. 1869 >. 265,
dl
aus einem grauem, geschichteten Kalkstein, welcher bei der Ver-
witterung in eckige Stücke zerfällt, entwickelt. Unmittelbar
auf der Oberfläche liegt eine Menge von Versteinerungen, die
sich durch Verwitterung aus dem Gesteine gelöst haben. In
bezug auf Arten unterscheidet sich die hier gesammelte Fauna
fast gar nicht von der oben beschriebenen Fauna der Sierzawy-
Schichten; einige qualitative Unterschiede sind jedoch vorhanden.
So fällt in der ersten Fauna die große Zahl von Einzel-Korallen
und die merkwürdig große Menge von Anoplotheca Tlepıda
auf; dagegen sind Reticularien und Camarophorien in der
zweiten Fauna zahlreicher. Besonders interessant ist das Ver-
hältnis zwischen Rhynchonella parallepipeda Bronn und Rrhyncho-
nella cf. implexa Sow. in bezug auf ihre Verbreitung. Die
letzte ist für die Sierzawy-Schichten, besonders für ihre oberen
Horizonte, charakteristisch, wogegen in dem zu beschreibenden Kalk-
stein nur ein Exemplar dieser Art gefunden worden ist. Um-
gekehrt ist Ahynchonella parallepipeda im letzteren sehr gemein,
kommt aber in den Sierzawy-Schichten sehr selten vor. Endlich
muß ich bemerken, daß ich in diesem Kalksteine keine Stringoce-
phalus gefunden habe. Dies alles gibt Veranlassung, dem Kalk-
steine im Vergleich mit den Sierzawy-Schichten ein höheres
Alter zuzuschreiben und ihn mit dem vor ihm beschriebenen
Crinoiden-Kalke, mit dem er noch in der Hinsicht ähnlich ist,
daß auch er Glieder von Crinoiden-Stengel massenhaft enthält,
für gleichalt zu halten. Diese Ansicht wird noch dadurch
bekräftigt, daß er petrographisch und faunistisch dem schon
mehrmals erwähnten Crinoiden-Kalke von „Skaly“ ähnlich ist,
der unmittelbar im Hangenden des Calceola-Mergels liegt. Des-
halb halte ich für erlaubt, auch für den in Frage stehenden
Kalkstein den Namen „Crinoiden-Kalk* zu behalten. Obgleich
man diesen Kaikstein, wie schon erwähnt wurde, als den
unteren Horizont der Sierzawy-Schichten betrachten kann, ergibt
sich jedoch seine Unabhängigkeit von den letzteren aus der Tat-
sache, daß der Crinoiden-Kalk weder hier noch in „Skaly* von
Grauwacken-Schiefer ersetzt wird, wie wir es für die Sierzawy-
Schichten angenommen haben.
Die Fanna des zuletzt beschriebenen Crinoiden-Kalkes ist
folgende:
Aulopora repens GOLDF. Strophodonta interstrialis
Metriophyllum gracile SCHLÜTER. PHILIPPS.
Diphyphyllum intermedium GÜrIcH. Orthothetes umbraculum SCHLOTH.
_ (und andere Korallen). — —- var. biconvexa KAYSER
Haploerinus stellaris ROEM. Kayserella lepida SCHNUR.
Productella subaculeata MUuRCH. — lepidiformis GÜRICH.
Leptaena depressa SOW, Skenidium cf. areola QUENSTEDT,
dal
Skenidium cf. fallax GÜRICH.
— polonicum GÜRICH.
Dalmanella eifliensis VERN.
— crassa ? GÜRICH
— polonica n. SP.
— striatula SCHLOTH.
— krotowv 'TSCHERNYSCHEW.
Reticularia aviceps KAYSER.
— dorsoplana GÜRICH.
Martinia inflata SCHNUR.
Oyrtina heteroclyta DEFR.
Nucleospira lens SCHNUR.
Anoplotheca lepida GOLDF.
Athyris concentrica L. v. B.
Athyris concentrica var.
KAYSER.
— — var. squamosa KAYSER.
Atrypa reticularis L.
— desquamata DOW.
— aspera SCHLOTH.
— alinensis VERN.
Pentamerus ylobus BRONN.
Camarophoria. bijugata SCHNUR.
— cf. formosa (SCHNUR) KAYSER.
Rihynchonella parallepipeda BRONN.
— subcardiformis SCHNUR.
— cf. implexa Sow.
— Wahlenbergi GOLDF.
ventrosa
Rechts-
2 umsche Swientomarz Skaly Eifel
Aquiva-
_ Tem (je aa Se Where EEE EEE
o a lenkaik von |" obs von Ober-
a er devon
Schichten | Ton- und Mergelschiefer Amphr- Obere
mit (mit Einlagerungen von pora- Stringo-
Aphyllites | Platten- und Knollenkalken) ? Dolomit | cephalen-
discoides mit Stringocephalus, und Schichten
(Wil- Aphyllites discoides, Aph.
dungen). evexzus u. 8. W. Stringo-
cephalen-
Styliolinenschiefer Kalk
? Oders- mit |
häuser Posidonia hians
Kalk ?
(z. Teil)
= Grau- » Untere
Lenne- | 2 | Grauwacken-Tonschiefer | WAcken- = Stringo-
schiefer | On- = . | cephalen-
A schiefer 52 Schichten
(@}
em)
Haina- Sierzawy-Schichten . Korallen
Kalk und und
Crinoiden-Korallenkalk |Crinoiden- Crinoiden-
er Be BER 8 DE A Kalles ch 13157=4% | Schichten Schichten
Calceola- Calceola-
? (Brachi- Schichten
opoden-)
Mergel
Die Untersuchung des Profils von Swentomarz veranlaßte
mich, meine Ansicht über den Bau des Profils Gregorzewice-
Wlochi!) abzuändern. Nördlich vom Aufschlusse des Calceola-
(Brachiopoden-) Mergels (Aufschluß 7) muß man eine normale
Schichtenfolge annehmen, wobei man die Tonschiefer (Aufschlüsse 7a
und 9) mit Zwischenlagen vom Crinoiden-Kalk (Aufschluß 8),
Korallen - Mergel (Aufschluß 10) und Kalkstein (mit Spörzfer
Davidsont, Aufschluß 11) dem Crinoiden-Kalke und vielleicht
teilweise den Sierzawy-Schichten parallelisieren, und die höher
liegenden Grauwacken-Schiefer ebensolchen Schiefern des Profils
Swentomarz-Sitka gleichstellen muß.
Auf diese Weise existiert die auf dem von mir angegebenen
geologischen Profile zwischen dem Crinoiden-Kalke und dem ihn
überlagernden Tonschiefer dargestellte Überschiebung in Wirk-
lichkeit nicht.
Folgende Tabelle stellt schematisch die stratigraphischen
Verhältnisse des oberen Mitteldevons von Swentomarz und
„Skaly“ dar.
Ich habe hier den oberdevonischen Schiefer mit Buchrola
restrostriata L. v. B., dessen Vorkommen im Profil Swentomarz-
Sitka Gürıcn?) angibt, nicht gefunden. Im südlichen Profilende
tritt an seiner Stelle der Schiefer mit Postdonia hians auf, im
nördlichen Ende ist es wegen des schematischen Charakters der
kleinen Karte von GürıcHa schwer, die Lage seiner Aufschlüsse
genau zu bestimmen; es ist aber auch möglich, daß auch hier
. diese Aufschlüsse mit denen des Styliolinenschiefers zusammen-
fallen.
17. Die ersten Versteinerungen aus Tiefbohrungen
in der Kaliregion des norddeutschen Zechsteins.
Von Herrn K. OcHsENIUS.
Marburg, den 13. Juni 1904.
Herr Dr. E. Zimmermann hat obige in der Sitzung unserer
Gesellschaft am 6. April d. J. vorgelegt. Es sind Gervdka,
? Liebea, ? Schizodus, ein Brachiopode, Pleurophorus costatus,
kleine Gastropoden und Chondrites -artige Tange, nach ihm
marine Versteinerungen, aus dem Salzton von Sperenberg, Quer-
furt, Frankleben unweit Merseburg u. a. O.
1) SOBOLEW, a. a. 0.
?) Palaeozoicum, S. 59 u. 68,
Diese Funde in Verbindung mit ausgezeichneter Dünn-
“schichtung des Salztons, dessen geringer Mächtigkeit und. Gehalt
an Magnesiumkarbonat, lassen ihn die meiner Ansicht nach
subaörische Entstehung des Salztons bezweifeln.
Gehen wir einmal auf seine Idee etwas näher ein, indem
wir uns die Vorgänge nach Absatz der Garnallitregion, über die
sich der Salzton ausbreitete, zu vergegenwärtigen suchen.
Die Oberfläche der Salzsenke von der Weser bis nach
Inowrazlaw hin wird schwerlich glatt und genau wagerecht ge-
wesen sein, die Salze kehren sich beim Anskristallisieren nicht
immer an die Gesetze der Schwere. |
In den tiefern Teilen der Senke wird über dem festgewordenen
Carnallit Lauge, sehr konzentrierte Lauge stehen geblieben sein,
höhere Teile werden trocken emporgeragt haben.
Nun kommt der Staub, vom Winde oder Sturm der Wüste
angebracht. Er ist vom Festlande, denn er enthält Tonerdesilicat
in vorherrschender Menge (bis zu 72,7%), Kalk- und Magnesia-
karbonat, Eisen, Kalksulfat und zuweilen auch Bitumen neben
löslichen Salzen. (Analysen bei G. Bıschor nach ScHAFHÄUTL
und bei J. RorTk, OcHsenıvs).
Seine erdigen Hauptbestandteile gehören also den unter ihm
befindlichen Salzen nicht an, und sein Bitumen beweist, daß
auch Organisches mitkam, das sicher in den konzentrierten Laugen
fehlte. Organismen werden ja von Mutterlaugen zu Bitumen ge-
macht. Da, wo der Staub auf flüssige Lakenreste fiel, wurde er
eingetränkt, nahm vielleicht die feine Schichtung an, wenn er
sie nicht schon auf subaörischem Wege erhalten hatte, und wurde
bituminös; da, wo er trocken blieb, nahm er nur wenig Salz
aus dem Untergrund auf. Hier konnten sich Tümpel aus Luft-
feuchtigkeit — es regnet ja, wenn auch seltenst, zuweilen stark
in der Wüste — bilden, die organisches Leben aufkommen ließen,
Reines Chlornatrium allein ist der Vegetation viel weniger schädlich
als die Magnesiumsalze — Chlorid und — Sulfat. Schlammig ist
vielleicht der Boden gewesen.
Derartige Verhältnisse können sowohl auf trockenem, wie
auf nassem Wege zustande kommen, das sieht man beim Bunt-
sandstein. Der ist auch das Produkt einer Wüstenbildung, wie
sie die Aralokaspische Gegend aufweist mit allen möglichen
Varianten. Dasselbe glaube ich für die erste trockene Bedeckung
der Salzwüste in unseren Zechsteinbecken, d. h. die subaörische
Formation beanspruchen zu müssen.
In dem großen Terrain zwischen der Wesergegend und
Inowrazlaw, zwischen Thüringen und der Nord- und Ostsee
können die vielfachsten Modifikationen Platz gegriffen haben.
4
2
Tümpel mit Salzwasser, welche sicherlich nicht gefehlt baben,
können recht gut von kleinem Getier bevölkert worden sein,
das darin fortkam. Dipterenlarven wimmelten s. Z. in der Oeyn-
hauser Sole, und in einem Zoologiewerk las ich, daß Fliegen-
larven sogar in Küchensalz leben, wachsen und gedeihen. Keime
von Gervilleia, kleinen Gastropoden u. s. w. sind doch .nicht so
groß, daß sie nicht von Stürmen, die gewiß in der Salzwüste
gerast haben, von den Festlandsrändern hätten angebracht werden
können. Von kleinen Käfern im Steinsalz von Wieliezka be-
richtete schon RENDSCHMIDT, über Cerithien und Polythalamien
darin R. A. PnıLıppı. Wirbelstürme transportieren ja auch zu-
weilen recht schwere Trümmer. In den Tümpeln der Salzton-
oberfläche müssen auch Algen oder dergl. vegetiert haben als Futter
für die Tiere, die schwerlich alle so wie die Larven im Küchen-
salz fortgekommen sind. Die massenhaft in Salztümpeln vor-
kommende Artemia salina muß sich doch auch von Algen direkt
oder indirekt nähren. Gerade die von ZIMMERMANN beobachtete
Anhäufung von kleinen Salztieren an nur vereinzelten Stellen
spricht gegen eine allgemeine Wasserbedeckung, die ja der Ver-
breitung der kleinen armseligen Fauna günstiger gewesen wäre,
als die Lebensbedingungen in scharf umgrenzten Lachen.
Interessant würde es sein, zu erfahren, wie stark die Salzton-
mächtigkeit unterhalb der fossilführenden Horizonte ist. Daraus
könnte man auf den Grad der Salinität des Tümpelinhaltes
schließen. Ich denke, daß in Lachen über mächtig entwickeltem
Salzton günstigere Bedingungen für organisches Leben vorhanden
waren, als über dünnen Schichten, die leichter von den Salzen
des Untergrundes durchdrungen wurden. Die ausgezeichnete
Dünnschichtung schließt keineswegs eine subaärische Zuführung
des Materiales aus. Schon Beyrıcn führte die papierdünne
Schichtung in den die salinischen Betten von Kelbra und Franken-
hausen ‚begleitenden Gesteinen auf eingewehten Kalkstaub zurück.
Auch ich kann mir nicht denken, daß die bygroskopischen,
nur in der Sonnenglut fest gewordenen carnallitischen Salze eine
Schicht von einigen hundert Metern Wasser, aus welchen das
sog. jüngere Steinsalzflötz hervorging, über sich stehen gelassen
haben, ohne wieder in Lösung zu gehen.
L. Mrazec, der die rumänischen Salzlager eingehend studiert
hat, sagt auch: „Die die Salzmasse verunreinigenden Tone
und gewisse in ihr fein verteilten Sande sind größtenteils zweifel-
los aeolischen Ursprungs.“*!) Ebenso macht der Plattendolomit
von Westthüringen durch seine ungleichartige poröse Beschaffenheit
') Osterr. Zeitschr. f. Berg- u. Hüttenw. 51. 1903. S,-A. S. 14,
7
ganz den Eindruck von zusammengewchtem Material.
Hiernach muß ich behaupten, daß weder das Auffinden von
einzelnen Kolonien oder Individuen von kleinen Salzwassertieren
in unserm. Zechstein-Salzton oder (durch v. Ammon) im Platten-
dolomit, noch die stellenweise auftretende feine Schichtung einen
Beweis dafür abgibt, daß die genannten Gebilde ganz aus Wasser
abgesetzt worden sind. Eine Mitwirkung dieses flüssigen Elementes
in vergleichsweise sehr beschränkten Lokalitäten, sagen wir in
einzelnen isolierten Lachen, mag stattgefunden haben; aber weiter
nichts.
Über die nachträgliche konkretionäre Entstehung von Gips-
gebilden in trockenen Massen, z. B. in Ton, habe ich bis zum
Überdruß schon seit Jahren Belege beigebracht, u. a. aus den
Kasematten von Ehrenbreitstein. Dort formierten sich sogar
fingerlange Kristalle in lufttrocken eingedecktem Ton. Im untern
Buntsandstein ist es ähnlich zugegangen.
ZIMMERMANN sagt dann S. 50, daß der Salzton bei un-
sestörter Lagerung ! nur ca. 4 m Mächtigkeit habe und führt
diese überraschend geringe Stärke als Argument gegen dessen
subaärische Bildung an.
Ich muß gestehen, daß mich von den ZIMMERMANNSchen
Mächtigkeitszahlen für Salzton und die auf S. 48 auch für
andere Schichtenglieder angegebenen als Bergmann eigentlich nur
eine einzige hinlänglich interessiert, um darüber zu diskutieren,
d.h. die der Carnallitregion.
Ob Salzton stark oder schwach entwickelt ist, ob Anhydrit
oder (nicht erwähnter) Gips nur eine durchsunkene, erbohrte oder
eine absolute Meterzahl aufweist, ob der Anhydrit als Haupt-
oder Nebenglied sich verewigt hat, alles das besitzt in meinen
Augen nur eine höchst nebensächliche Bedeutung. Am liebsten
würde ich alles außer Kali mit dem Namen „Abraum“ belegen.
Solcher soll nur seine Rolle als gutes Deckgebirge spielen oder
als Füllmaterial zum Versetzen der bergbaulich entstandenen
Hohlräume. Das Zeug ist über Tage kaum als splendid material
for filling ditches with zu gebrauchen, weil es fast immer Wasser
anzieht und schlammig wird.
Da wir nun aber einmal beim Salzton sind, mag er zuerst
erledigt werden.
Die angeführte Mächtigkeit von 4 m bei ungestörter Lagerung
wird auf S. 49 auf 4-10 m erweitert. Hierzu muß ich be-
merken, daß m. W. kein einziges Kalibett in Norddeutschland in
ungestörter Lagerung existiert.
Die am wenigsten affızierten Kalibetten sind die west-
thüringischen, da liegen z. B. bei Gasteroda 12,1 m und an
76
der Kesselbrücke südlich von Dietlas, noch unter dem Platten-
dolomit und Letten, 15,92 m graue und rote Salztone, und zwar
in notorisch und durchgehend fast ganz horizontal gebliebener
Position. Mag auch an einzelnen Punkten Norddeutschlands der
Salzton nur 4 m stark sein, im allgemeinen ist seine Mächtigkeit
sicher eine viel größere, so weist der Mansfelder Georgischacht
16,5 m grauen Salztons auf. M. E. spricht gerade die große
Variabilität der Stärke einer. Schicht gegen den Absatz aus
ruhigem Wasser. Trotzdem kann sich das bischen Salzton
nicht mit dem zusammengewehten chinesischen Löß und dem
argentinischen Pampaslehm messen.
Wenn nun ZIMMERMAnN den Ausdruck „Salzton* für un-
sachgemäß hält und dafür „Salzmergel“ gebrauchen will, so dürfte
dieser gewiß nicht für jeden Salzton passen, z. B. nicht für einige
Sorten von Berchtesgaden, welche nur 1,85 und 4,85°/o kohlen-
sauren Kalk im Unlöslichen nach SchAarsÄurL (bei G. BiscHor)
enthalten; Mergel soll doch im Minimum 15°/ Kalk aufweisen.
Eine andere Probe von Berchtesgaden hatte dagegen 42,4°/, Kalk.
Schon in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts bezeichnete
Senrr den Salzton so, und später glaubte auch J. Rorn, daß
„Salzmergel* besser passe, allein der alte Ausdruck hat sich
mit Recht erhalten. ;
Wo kam nun der kohlensaure Kalk im Salzton her?
Özeanwasser enthält zu wenig davon; also von den kalk-
haltigen Gesteinen der PBusenränder. Aber in Gestalt von
Lösung — schwerlich; denn der zur Tiefsee gehörige Zechstein-
busen von Norddeutschland war doch zu groß, als daß sich
kalkige Gewässer von den Uferrändern weit hinaus in die
konzentriert salzige Wasserwüste hätten verbreiten können. Der
Gehalt an Magnesiumhydrat und -karbonat ließe sich wohl auch
auf die Felsen des Litorales wenigstens z. T. zurückleiten;
denn die meisten unserer festen Gesteine enthalten ja Magnesium-
silicat. Allein ich glaube eher an die Herkunft aus dem leicht
zersetzbaren Magnesiumsulfat und dem mitgegangenen Magnesium-
chlorid. Die Begleitwasser des Erdöls sind meist sulfatfrei, weil
die Kohlenwasserstoffe das einzig in Betracht kommende Bitter-
salz zerlegen; der Berchtesgadener Salzton weist 2,53 und 4,18"
Bitumen auf, im löslichen Teile Chlornatrium und Chlormagnesium,
kein Magnesiumsulfat. Solches findet sich jedoch mit den Chloriden
von Natrium, Kalium und Magnesium in dem Salzton von Wester-
egeln.
Sollten nicht gerade die giftigen Magnesiumsalze Ursache
sein, daß die Organismen in den Salztontümpeln so vergleichs-
weise selten sich finden?
Umfassende genaue Analysen wären sehr wünschenswert,
aber die Chemiker unserer Chlorkaliumfabriken haben wichtigeres
zu tun.
Für den Kalkgehalt gibt die Annahme aeolischer ungleich-
mäßiger Verbreitung des trockenen, staubartigen Materials von
verschiedener Zusammensetzung je nach der Natur der verwitterten
und zerblasenen Ufergesteine die einzige plausibele Erklärung.
Und nun gar der Ton selbst. In Süßwasser hält sich Ton-
trübe unter Umständen monatelang, im Salzwasser kaum stunden-
lang; deshalb schlägt sich der suspendierte Tonschlamm der
Flüsse bei deren Eintritt ins Meer alsbald nieder. Wenn nun
Rinnsale von den Gestaden des Zechsteinsalzbusens Ton an-
gebracht hätten, müßte dieser als Salzton in der Nähe der Ufer
und namentlich der Mündungsgegenden enorm mächtig sein, dagegen
in den zentralen Partien fehlen.
Im Gegensatze hierzu betont ZımmERrMAnN selbst S. 50
die bestehende ununterbrochene Verbreitung dieser Salztonschicht
von nur ca. 4 m Mächtigkeit von Bleicherode über Heldrungen
und Staßfurt bis Lübtheen und Rüdersdorf.
Da helfen Mitteilungen über Staubfälle in und aus Wüsten
viel leichter hinweg über das Dilemma, bei dem es uns Geologen
als Zeitprotzen ja auf einige Millionen Jahre nicht anzukommen
braucht. In Parenthese will ich hier bemerken, daß der Platten-
dolomit jünger als der Salzton ist. Dieser ist in Westthüringen
überlagert von Zechsteinletten, auf die erst nach oben der Platten-
dolomit folgt. Beide Bildungen können also nicht Äquivalent sein.
An den Bericht über den Salzton und die darin angetroffenen
organischen Reste, die den Salzleuten wohl deshalb so lange ent-
sangen sind, weil sie sich mit unnützen Wesen nicht beschäftigen,
knüpft ZımmERMANnN verschiedene interessante Bemerkungen, auf
welche ich eingehen muß, weil ich sie nicht alle bestätigen kann.
Sehr richtig ist die Unterscheidung der zwei Typen unserer
Kalilager, von denen er sagt, daß sie sich räumlich streng von
einander sondern, deren Beziehungen zu einander aber noch
nicht genügend erklärt sind. Der eine Typus ist im Werra-
gebiet und in Hessen verbreitet, der andere ist der Staßfurter,
der sich bis nach Mecklenburg und die Mark erstreckt, westwärts
in die Provinz Hannover, wo er vielleicht durch einen dritten
Typus, der Zımmermann aber nicht näher bekannt ist, abgelöst wird.
Dazu muß ich sagen, daß leider der thüringische Typus
sich gar nicht weit naclı Hessen, meiner Heimatprovinz, verbreitet
hat. Bohrungen bei Fulda und Bebra, Eschwege u. s. w. haben
zwar in den. Fachblättern gestanden, aber nichts weiter von sich
hören lassen.
«8
Im Mai sind allerdings der Gewerkschaft Wintershall zwei
weitere Salzfelder im Kreise Hersfeld, in der Nähe von Heringen.
an der Werra zum frühern Besitze verliehen worden; das ist
aber auch nahezu alles; denn die andern benachbarten Unter-
nehmungen scheinen nicht zur Perfektion gelangt zu sein. Der
kleine Kalizipfel in Kurhessen kann also keine Verbreitung be-
anspruchen.
Über die Beziehung der Thüringer Kalibetten zu denen
Norddeutschlands habe ich mich bereits in dieser Zeitschrift
1902, S. 613 geäußert.
Die Annahme einer flachgründigen thüringischen, von Kalk-
sebirgen teilweise begrenzten Nebenbucht des großen Zechstein-
busens erklärt bis jetzt alle Unterschiede der beiden Typen,
u. a. das Fehlen der Kieserit- und Polyhalitregion. Der Spiegel
des Magnesiumsulfathorizontes lag eben tiefer als der Grund der
Meerenge zwischen dem großen norddeutschen Zechsteinbusen
und der kleinen thüringischen Bucht, die nach meinem Dafür-
halten über Creuzburg a. d. Werra mit dem Teil, der heute vom
preußischen Eichsfelde eingenommen wird, kommunizierte.
Jod findet sich in keinem der beiden Typen. Ich habe
längst behauptet, daß die obersten Horizonte des Buseninhaltes,
bestehend aus den rebellischen Jod- und Lithiumverbindungen,
die Salzpfanne über die Barre hinaus verließen, ihnen folgte der
größte Teil der Bromide und ein großer Teil des Chlormagnesiums.
Da schloß der Ozean durch Versandung die Barre.
Im Hauptbusen erstarrten die Salze so, wie wir sie jetzt
finden und bildeten die drei Regionen: Polyhalit- (lokal), Kieserit-
und Carnallitregion. Nun scheinen die obersten Chlormagnesium-
schichten über Creuzburg hinaus mitgegangen zu sein in den
großen Busen; denn der im allgegenwärtigen Steinsalz liegende
obere Kalihorizont besteht in Westthüringen aus sylvinitischen
Salzen, d. h. ohne viel Chlormagnesium. Dieses erscheint erst
im unteren Kalihorizont in Gestalt von Carnallit u. s. w. in
Gesellschaft von Chlorkalium.
Man sieht daraus, daß die räumliche Anordnung der ver-
schiedenen salinischen Substanzen nach ihrer Löslichkeit zu den
tatsächlich beobachteten Umständen recht gut paßt, wenn damit
auch nicht gesagt sein soll, daß alle und jede Scheidung sehr
reinlich gewesen ist; es handelt sich dabei nur um die Vor-
herrschaft; ausschließlich braucht solche nicht immer gewesen
zu sein.
Hier will ich noch eines Umstandes erwähnen, der
wichtig genug für die Erklärung der Trennung der verschiedenen
|
a
Salzlösungen erscheint. |
Ich habe bereits mehrfach angeführt, daß im Westen Nord-
amerikas in jetzt ausgetrockneten Salzseen sich räumlich, sagen
wir in horizontaler Richtung, Chloride und Sulfate, Karbonate
und Borate. gesondert haben. Dasselbe findet statt in den
Salares der Argentina, wo reines Steinsalz das Zentrum, Gips
den Rand einnimmt. In Transkaspien gibt es Binnenseen, die
ausschließlich Sulfate, andere die nur Chloride enthalten. J. RornH
eitiert ein (nach ihm schwer erklärliches) Beispiel, nach welchem
ein Bach beim Eltonsee nur die eine Art, der benachbarte bloß
die andere Art der Salze anbringt.
Die Deutung wird erleichtert durch die Betrachtung der
Tatsache, daß die thüringischen Kalilager sehr wenig Magnesium-
sulfat enthalten. Das ist ja so ziemlich das einzige Sulfat, das
hier in Frage kommt. Nach Löslichkeitsverhältnissen geordnet,
haben wir also unten in Mutterlaugen Chlornatrium, darüber
Bittersalz, dann Chlorkalium, Chlormagnesium und Brom- nebst
Jodmagnesium.
Denkt man sich nun eine Senke so schichtenweise gefüllt,
und einen nachträglich entstandenen Abfluß, der so seicht ist,
daß nur die obersten Horizonte ruhig ablaufen, so treten die
Verschiedenheiten des Gehaltes benachbarter Salzseen in Deutlich-
keit. Chlornatrium bleibt in den meisten Fällen ständiger Be-
gleiter. J. Rorn führt davon sehr zahlreiche Beispiele an. Wir
sehen, daß sich da eine vertikale Bodenänderung, eine Barren-
wirkung, in eklatanter Weise bemerklich machen kann, indem sie
die verschiedenen Komponenten eines Salzgemisches in horizontaler
Richtung separiert. Sie bleibt nicht auf die ozeanischen Gestade
beschränkt, sondern äußert sich auch im Binnenlande.
AnıKkın glaubt allerdings als gemeinsames Agens den Wind
gefunden zu haben, der die leichten, blasigen und bröckeligen
Krusten der erst zuletzt über dem Kochsalze fest werdenden
Bittersalze anfaßt, verstäubt und durch die Ebene trägt.') Ohne
derartige Vorgänge bestreiten zu wollen, glaube ich dennoch nicht
an ihre Wirkung insoweit, daß sie die z. T. große Verschiedenheit
des Seeinhaltes erklären, weil dann alle Seen in den wechselnd
hin und her laufenden Windrichtungen Bittersalzstaub erhalten
haben müßten. Eher müßte dann wohl jeder Chlornatriumsee ein
gewisses Quantum Sulfate aufweisen, weil eher ein Ausgleich als
ein Unterschied im Laufe der Zeit die Folge des Verwehens von
Bittersalzstaub sein dürfte. Ich glaube, meine Deutung ist näher-
liegend.
1) Zeitschr. f. prakt. Geol. 1899, 397; 1902, 23, 79.
80
Salzseen, Bitterseen, Natronseen, Boraxseen u. s. w. ergeben
ihre Entstehung somit auf einfache Art; denn einmal geschieden,
können die Salze ihren eigenen Weg abseits später verfolgen,
wenn sie von Lösungsmitteln wieder angefaßt werden. |
So erklärt sich, daß der Kreuznacher Porphyr von Salz-
lösungen eingelaugt worden ist, denen alle Sulfate fehlten, und
so wird sich auch, wie bereits angeführt, das Fehlen der Kieserit-
region in Westthüringen ableiten von der Wirkung der Schwelle,
der Barre, welche eine Nebenbucht von dem Hauptzechsteinmeer'
partiell so hoch trennte, daß die Magnesiumsulfatschichten von
ihr überragt wurden. Ich hoffe, mit Analysen der Kalisalze aus
dem Lager, nicht bloß aus Bohrkernen, das bestätigen zu können.
ZIMMERMANN deutet dann in seinem Vortrage noch an, daß
vielleicht ein dritter Kalitypus, der hannoversche, existiere, daß
er aber nur zahlreiche Tiefbohrungen .in dem sog. Staßfurter
untersucht habe.
Dagegen behaupten die hannoverschen Kalileute, die ja fast
ausnahmslos die Staßfurter Schule mitdurchgemacht haben, und
ich mit ihnen, daß kein Unterschied existiert. So berichtete
man noch am 30. 5. d. J. den Gewerken von Siegfried I (bei
Salzderhelden): i
„Die Zusammensetzung des Lagers, welches durch Ver-
sleichung der teilweise in großer Entfernung von einander nieder-
gebrachten Bohrungen als ein durchgehendes, von seltener Über-
einstimmung der Ablagerung nachgewiesen ist, entspricht völlig
den von den älteren Staßfurter Kaliwerken aufgeschlossenen
Kalilagern. Seine wirkliche Mächtigkeit beträgt 40 m.“
Ich habe seit langen Jahren die vollständige Gleichartigkeit
der Staßfurter und der hannoverschen Kalibetten in Anspruch
genommen, ebenso für die mecklenburger. -
Das schematische Normalprofil, welches ZımmERMANN S. 48
aufstellt, ist abgesehen von den Mächtigkeitszahlen und Neben-
sachen, das meinige.
ZIMMERMANN führt an:
Hangendes: Unterer Buntsandstein (250—2S0 m).
Hierzu ist zu bemerken, daß dieser oft viel schwächer
und manchmal gar nicht vorhanden ist.
1. Braunrote massige, bis undeutlich geschichtete Bröckel-
letten mit Anhydritknollen (20—30 m).
2. Anhydrit (0,3—3 m).
Dieses ist der Anhydritlut des sog. jüngeren Steinsalzes.,
3. Jüngeres Steinsalz (50—200 m), regelmäßig mit einer Ein-
!) Industrie N. 124, 1. 6.. 1904.
F
s1
lagerung von rotem Salzton und eigenartigem (pegmatitartigem)
Anhydrit, zuweilen mit dünnen kalihaltigen Zonen.
Bestätigt meine Ansicht! rotes Eisenoxyd in der Regel
aus Salzwasser, gelbes oder braunes Eisenoxydhydrat aus
Süßwasser.
4. Hauptanhydrit (40—50—90 m). |
Diese Benennung scheint mir nicht glücklich gewählt. Es
ist der liegende Gips des jüngeren Steinsalzes, der nach-
träglich wasserfrei geworden ist da, wo er als Anhydrit
erscheint.
Grauer Salzton (4—10 m).
Darüber habe ich bereits meine Ansicht im Eingange
dargelegt.
6. Kalisalzregion (30--40 m).
Hier erscheint mir die Mächtigkeitsziffer ebenfalls viel
zu gering.
F. Bıschor, der doch in Staßfurt lange Zeit tätig und
ein gewissenhafter Beobachter war, gibt an als prozentualische
Zusammensetzung des Staßfurter Salzlagers: „Die obersten 42 m
bestehen aus Carnallit 55 °/, Kieserit 16, Steinsalz 25 °/o.
Die folgenden 56 haben 13 °/ Carnallit, 17 Kieserit, 65 Stein-
salz, die darunter liegenden 62 m bestehen aus 6,6 °/, Polyhalit
mit 91 Steinsalz.*
Freilich hat Bergreferendar Leo Löwe in Heft 9 der
Zeitschr. f. prakt. Geologie vom Sept. 1905 die ganze Kieserit-
und Polyhalitregion zum älteren Steinsalz gerechnet, m. E. sehr
mit Unrecht; denn Kieserit kommt nur in unsern Kalisalzlagern
vor, und Polyhalit erscheint außer bei Staßfurt einzig in einigen
alpinen Salzflötzen schwach vertreten. Winzige Repräsentanten
unserer Kalisalze finden sich ja zuweilen im Steinsalz regulärer
Salzflötze, aber zu Regionen haben sie es anderwärts nie gebracht.
Wenn auch die Polyhalitregion in der Staßfurter Gegend nicht
scharf nach oben und unten abgegrenzt sein sollte, so gehört sie
doch zu den Kalisalzen, und die Kieseritregion erst recht.
Soll also in dem angegebenen Normalprofil die Zahl 30— 40 m
nicht für die ganze Kaliablagerung, sondern nur für die Carnallit-
region gelten, so mag man das hinnehmen.
Daß bei den Dislocationen diese Region hie und da zu-
sammengedrückt worden ist, bedarf keiner besonderen Hervor-
hebung. Auch Störungen kommen vor; so verzeichnet der Herzog-
Regent-Schacht bei Jessenitz 50 und 83 m absoluter Carnallit-
mächtigkeit.
7. Älteres oder Hauptsteinsalzlager (100—900 m).
8. Mehrmaliger Wechsel von z. T. sehr mächtigen Anhydriten
6
Or
32
und-Dplomiten. „7. ...2U.,85,
Zu 7 habe ich zu erwähnen, daß ZımMERMANN in einer An-
merkung auf S. 50 mir vorwirft, ich hätte die in Bohrlöchern
erlangten Werte als Mächtigkeit des älteren Steinsalzes ange-
nommen.
Er bezielit sich da wahrscheinlich auf die von mir gemachten
Angaben über den enormen Reichtum an Steinsalz unter unserem
Flachlande in dieser Zeitschr. 1902, S. 608, welche sämtlich
über 1000 m Bohrtiefe hinausgehen.
Nur diesen Reichtum habe ich da darlegen wollen, ohne
Rücksicht darauf, ob es z. T. jüngeres Steinsalz ist oder bloß
älteres; die Zahlen sind ja auch ausdrücklich da als Bohrresultate
bezeichnet; daraus weiß jeder Sachverständige, daß sie keineswegs
die absolute Mächtigkeit darstellen sollen.
Gerade ich bin derjenige, der zuerst behauptet hat, daß
kein einziges unserer norddeutschen Kalibetten seine ursprünglich
horizontale Position bewahrt hat.
Da ZiMmMERMANnN nun speziell erwähnt, das Steinsalz im
Bohrloch bei Oldau solle 1472 m mächtig durchbohrt sein, aber
auch jüngeres sein, C-förmig u. s. w., so kann ich ihm mit ge-
nauem Profil dienen.
Bohrloch IV von Prinz Adalbert hatte Tertiär bis 72,7 m,
Gips bis 104 m, jüngeres Steinsalz bis 592 m. Hierauf folgten
Kalisalze und eine nahezu 100 m starke Steinsalzbank, dann
wieder Kalisalze und bis 1260 m (im Oktober 1900) älteres Stein-
salz. Die Bohrung wurde danach auf Privatkosten von H. Tau-
MANN noch weiter fortgesetzt, und in der „Industrie* wurde publi-
ziert, daß er bei Oldau 1472 m in Salz durchbohrt hätte. Bei
1613 m stellte er die Bohrung (immer noch in Salz) ein. Zieht
man Tertiär, Gips und Kali von der Zahl 1613 ab, so kommt
1472 für Salz heraus.
Bohrloch III dagegen erwies bis 73,5 m Tertiär, bis 132
Gips, bis 190 Steinsalz, bis 266 m Kalisalze und von da an
älteres Steinzalz.
Eine C-förmige Lagerung vermag ich daraus nicht zu kon-
struieren.
Diesen hannoverschen Fall hätte ZımmERMANN, der ja gesteht,
daß er die Verhältnisse in Hannover nicht näher kenne, besser
nicht gegen mich verwertet.
S. 49 sagt Zimmermann, daß an den (im Normalprofil) an-
gegebenen Schichten jede einzelne für den Erfahrenen an ganz
besonderen Merkmalen auch außerhalb ihres Lagerungsverbandes
erkennbar ist, so z. B. auch jeder der genannten Anhydrite von
anderen unterscheidbar, und daß, wenn die besonderen Merkmale
33
besser beachtet werden, viele Millionen für verfehlte Aufschluß-
arbeiten gespart werden können.
Das wäre, obgleich ich beim reinen Steinsalze noch nicht so
recht daran glaube, doch ein großer Fortschritt. Schade, daß
sich dieser nur auf das kaum noch erreichbare Staßfurter bezw.
norddeutsche Gebiet bezieht, denn anderswo als in Hannover ist
jetzt kaum noch mit Kali anzukommen. Allein auch da muß,
soweit ich die Situation übersehe, die ZımMmErMAnNsche Ansicht
stimmen, weil sich in einer so großen Tiefsee, wie das Zech-
steinmeer des norddeutschen Busens war, doch nicht die Sedimente
brockenweise bloß hie und da absetzen; äquivalent müssen sie
durchweg einen gemeinsamen Charakter aufweisen.
Ich komme zum Schluß.
Die Ableitung von (dem nicht in unsern Kalilagern existie-
renden) Jod aus Chondriten ist nicht statthaft; denn woher sollten
es denn diese genommen haben? Doch nur aus dem Seewasser
selbst. Noch im Jahre 1885 versuchte man allerdings in Staß-
furt das Salzlager aus Salzbächen entstehen zu lassen und diese
wiederum von Salzfelsen abzuleiten, aber „sowas“ geht heute
nicht mehr.
Wenn endlich ZımMmERMmAnN 8. 50 sagt, mein Aufsatz in
der Zeitschr. f. prakt. Geologie 12, 1904, .S. 24 enthalte teils
falsche, teils unklare oder sehr mißdeutige Angaben, so brauche
ich wohl nicht näher darauf einzugehen; ich vertrete alles da
von mir publizierte voll und ganz.
18. Die Bilobiten-artigen Konkretionen und das Alter
der sog. Knollensteine von Finkenwalde bei Stettin.
Von Herrn W. DEEcKE
Hierzu 3 Textfig.
Greifswald, den 12. Juni 1904.
In dieser Zeitschrift ist vor anderthalb Jahrzehnten von
eigentümlichen „Bilobiten-ähnlichen* Körpern die Rede gewesen,
die sich bei Finkenwalde unweit Stettin finden. Kein Geringerer
als Fern. Römer beschrieb diese Dinge!) und gab einige im ganzen
zutreffende Textfiguren. Dann ist im nächsten Jahre Damzs auf
diese Gebilde zurückgekommen?), indem er feststellte, daß dieselben
!) Diese Zeitschr. 38, 1886, S. 762—765.
2) Ebenda 39, 1887, S. 512.
6*
s4
in dem bekannten Bruche der „Stern“-Zementfabrik auf der Kreide in
einer eisenschüssigen, wenige Zentimeter dicken Bank unmittelbar
über der Kreide ihre Lagerstätte hätten. In der Bank sei auch
Magas pumillus gefunden und beweise, daß diese nebst den
merkwürdigen Stengeln und Zylindern dem ÖObersenon angehört.
Über die Natur und Verwandtschaft dieser Körper wollte Dames
eine besondere Abhandlung erscheinen lassen, die meines Wissens
nicht gedruckt worden ist.
Kopie der Römerschen Figuren.
Bei meinen wiederholten Exkursionen nach den Finkenwalder
Gruben habe ich nun diese Zylinder mit ihrer sonderbaren
Skulptur reichlich gesammelt und neuerdings von Herrn Direktor
Pausen eine größere Zahl trefflich erhaltener Exemplare über-
sandt bekommen. An diesen läßt sich die auffallende Riefung
studieren, und da außerdem die Lagerung in der Sterngrube
deutlicher erschlossen ist, als 1887 bei dem Besuche von Dames,
mag erlaubt sein, kurz auf diese Gebilde und ihre Entstehung
zurückzukommen.
Zunächst hat DAames Recht, wenn er sagt, daß die Lager-
stätte die Oberfläche der Kreide und eine eisenschüssige Bank
sei. In dieser liegen die walzen- oder zylinderförmigen, finger-
65)
bis daumendicken Stengel horizontal und immer zerbrochen, nie-
mals mit unverletzten Enden; gelegentlich sind sie gegabelt oder
unregelmäßig platten- bis knollenförmig und gehen in ihren
Dimensionen bis zur Dicke eines Federkieles herunter. Die
Bank ist das Liegende eines eisenschüssigen Diluvialkonglomerates,
von mächtigen Sandbänken und tonigem älterem Geschiebemergel
und umschließt mächtige Quarzitblöcke mit verkieselten schwarzen
Pflanzenwurzeln, die sog. Knollensteine, die ich als Reste des
Miocän ansehe; warum, werde ich weiter unten ausführlich be-
sründen. Dies altdiluviale Konglomerat, der Geschiebemergel
und die interglacialen Sande im Hangenden haben bekanntlich
an der gewaltigen Verschiebung und Überkippung von Kreide und
Tertiär teilgenommen. In dem Konglomerat sind die Gerölle
zerquetscht, ebenso wie in der Kreide die Fossilien, vor allem
die Belemniten zerrissen sind. Deshalb kommen auch die
fraglichen Körper nur in abgebrochenen oder zerrissenen Frag-
menten vor, müssen demnach älter sein, als die oberdiluvialen
Störungen. — Betrachtet man ihre Querschnitte, so gibt schon
Römer an, daß „in der Masse des Toneisensteins sehr kleine
Quarzkörner und auch einzelne stärkere bis linsengroße gerundete
Stücke von weißem Quarz eingestreut sind“. „In den Ver-
tiefungen der Oberfläche haften geringe Mengen eines feinen
weißen Tones und erzeugen den Anschein, als ob in diesen die
Körper eingebettet gewesen seien“. Die weißen Quarze und der
helle, kaolinartige Ton sind typische Merkmale des pommerschen
Miocän. Dasselbe hat, wie die Knollensteine zeigen, auf der
Kreide gelegen; ferner kommt unten in der Grube auf einer
Kluft noch eine größere Scholle typischen miocänen Quarzsandes
zutage. Jun der Kreide fehlen diese weißen Quarze ganz und
gar. Also sind die Stengel kaum Gebilde des Senon, sondern
des hangenden, zum größten Teile denudirten Miocäns.. Damit
soll aber nicht behauptet sein, daß sie tertiären Alters sind, im
Gegenteil halte ich sie für altdiluvial, weil aus den übrigen
Mioeänbildungen Pommerns mir derartige Toneisensteine nicht
bekannt geworden sind. Bei Finkenwalde ruht dicht über ihrer
Fundstätte das eisenschüssige Diluvium. Aus diesem haben
die Sickerwasser das Eisen fortgeführt und bei ihrem
Laufe über die undurchlässige wellige Kreideoberfläche wieder
abgesetzt, indem sie die Reste der miocänen Sande verkitteten
und in diesen Eisenabsatz auch die obersten, aufgewühlten
lockeren Kreidepartien hineinzogen. So erklärt sich der von
Dames gemachte Fund von zwei Magas pumialus-Individuen,
Schwierigkeiten bietet nur die zylindrisch-walzenförmige
Gestalt, die aber keineswegs ausschließlich herrscht, sondern
36
plattigen oder verzweigten, resp. knolligen Formen weicht.
Überblickt man die Gesamtheit der Gestalten, so stellt sich von
selbst die Meinung ein, es handle sich um Ausfüllung von
Hohlräumen, entweder von Gängen oder von hohlen Pflanzen-
stengeln und Wurzeln. Dabei ist von der organischen Struktur
der Hülle nichts mehr erhalten. Die ganze Masse ist \krypto-
kristalliner Eisenspat mit Sand und Ton, ohne bestimmtes Ge-
füge. Selbst die Außenseiten, welche das von Römer geschilderte
Flechtwerk feiner Fäden zeigen, haben nichts mit Organischem
zu tun. Neuere, gut erhaltene Stücke brachten mich auf den
Gedanken, daß diese Oberflächenskulptur rein kristallinisch sei,
aus Kanten von Spateisensteinrhomboedern bestünde, die, freilich
nur schmal und unvollkommen entwickelt, den Gyps- oder
Schwefeleisenkonkretionen mit freien Kristallenden entsprächen.
Schon die Römerschen Figuren erinnern an gestricktes Kristall-
wachstum, und da die Winkel nach. meinen Messungen durch-
schnittlich 30, 60 oder 120° betragen, ist damit das hexagonale
(rhomboedrische) System als Grundlage recht wahrscheinlich ge-
macht. Die Kristallisation flacher Rhomboeder (z. B + !ı R
oder — '/s R) hat gleichzeitig an vielen Stellen der Oberfläche
begonnen, dieselben haben sich gestört und sind in Zwillings-
stellung getreten. Berücksichtigt man, daß infolge sattelförmiger,
diesem Karbonate charakteristischer Krümmung der Flächen auch
Bogen und Haken entstehen, so erklärt sich die scheinbar regellose
und sonderbare Skulptur auf das einfachste. :
Damit aber diese Zylinder und Walzen zustande kommen
konnten, glaube ich auf vertikale und horizontal verzweigte Hohl-
räume oder auf lockere Gewebe in den miocänen Sanden und
Tonen über der Kreide zurückgreifen zu müssen. Das Nächst-
liegende wären vom Sediment umschlossene Pflanzenwurzeln oder
aus diesen entstandene Kohlenstücke entweder von miocänen oder
altdiluvialen Pflanzen. Es liesse sich an Rohr oder an Rhizome
von Equiseten denken, die sich in dem Miocängrand und über
der für Pflanzenwurzeln in der Regel undurchdringlichen Kreide
verzweigten. Natürlich sind Wurmröhren a priori nicht aus-
geschlossen, aber die so sehr verschiedene Dicke und feine Ver-
zweigung spricht gegen die tierische, aber für die ursprünglich
pflanzliche Anlage, daß in den Quarziten der Nachbarschaft solche
Wurzelreste massenhaft erhalten sind. Poröse Kohlenmassen oder
vom Ton umschlossene hohle Stengel zogen die mit Eisensalzen
beladenen Sickermassen an und brachten jene zur Ausscheidung,
wobei die organischen Bestandteile nahezu völlig zerstört wurden.
Stammt der Eisengehalt aus dem Konglomerat oder dem Diluvium
überhaupt, so sind diese Körper natürlich diluvial, sonst muß
5
man sie als prädiluvial und vielleicht als miocän ansehen, wofür
freilich bisher Analoga nicht existieren.
Immerhin zeigt dies Beispiel, wie kompliziert die Entstehung
solcher Gebilde sein kann, daß sie bei scheinbar organischer
Skulptur und möglicherweise ursprünglich organischer Mitwirkung
doch rein anorganische Dinge sind; ferner, daß die Lagerstätte
nicht notwendig das Alter angibt, und daß äußere Ähnlichkeit keines-
wegs auf Gleichartigkeit schliessen läßt. Denn die Bilobiten,
Rhizokorallien u. s. w. müssen ganz andere Bildungen sein.
Ich benutze diese Gelegenheit, um mich noch einmal näher
über das Alter der Knollensteine zu äußern. In einer brief-
lichen Mitteilung des Märzheftes dieser Zeitschrift hat auf S. 31
und 32 WaAnunscHArrE Einspruch dagegen erhoben, daß ich
die von Wurzelresten durchzogenen Quarzitknollen für Miocän
gehalten habe. Ohne mich in eine Polemik einzulassen, möchte
ich gerne etwas ausführlicher meine Auffassung begründen; denn
nicht die Finkenwalder Vorkommen waren es, die mich an der
bisher giltigen Auffassung zweifeln ließen. Aber in dem Aufsatze
über die Tektonik und den Eisdruck hatte ich keine Gelegenheit
die Frage aufzurollen. In meinem Aufsatze über das pommersche
Tertiär!) habe ich noch die Ansicht von G. Berexpr, daß diese
Knollensteine unteroligocän seien, geteilt. Ich bin seitdem davon
zurückgekommen aus folgenden Gründen.
Es ist bisher keine Spur einer limnischen Bildung im älteren
baltisch-pommerschen Tertiär bekannt geworden. Solange man
glauben konnte, daß in der Eocänzeit das Meer unsere pommerschen
Gebiete verlassen habe, mußte man dazu gelangen eine zwischen
Obersenon und Mitteloligocän eingeschaltete terrestische Sediment-
reihe zu vermuten. Es hat sich nun herausgestellt, daß Eocän
mit dem älteren und mittleren Schichtenkomplex ganz sicher in
der westlichen Ostsee, und zwar in mariner Facies abgelagert
worden ist; im Osten haben wir die unteroligocänen Bernstein-
sande ebenfalls mit marinen Versteinerungen; deshalb ist heute
in unserem Gebiete eigentlich kaum mehr Platz für eine Braun-
kohlenbildung. Die Bernsteinschichten reichen sicher weit nach
Pommern herüber und dürften hier wenigstens vorläufig mit der-
selben Ausbildung anzunehmen sein, wie weiter im Osten. Dort
ist mir aber von solchen quarzitischen Knollensteinen im Unter-
oligocän nichts bekannt, wohl aber in vielen Stellen im Miocän.
In keinem der Stettiner Tiefbohrlöcher, die bis auf die
Kreide hinabgeführt sind, hat man je zwischen Septarienton und
!) Neue Materialien zur Geologie von Pommern. Mitteil. d. Naturw.
Ver. Greifswald 34. 1903. S. 13.
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Kreide eine Spur von diesen Knollensteinen gefunden. Die einzige
Zwischenlage besteht in einem grünen Sande von geringer Dicke,
ähnlich wie er von WAHNSCHAFFE in dem Friedensburger Lager
zwischen Kreide und Septarienton erwähnt wird. Ich will zu-
geben, daß dieser Sand möglicherweise nichts mit demDiluvialkonglo-
merate zu tun hat. Die Verhältnisse sind an der entscheidenden
Stelle durch den Abbau so verändert, daß darüber völlige Klarheit
nicht mehr zu gewinnen ist. Da aber WAnHnscHAFFE die Gruben
jedenfalls in den letzten zehn Jahren noch häufiger begangen hat
als ich, will ich der Einfachheit wegen auf seinen Standpunkt
hinübertreten. Bemerken möchte ich, daß solche Sandlage in
dem tiefen Bohrloch zu Treptow a/Toll. beobachtet wurde in
231 m Tiefe mit '/g m Dicke, bestehend aus Quarzkörnern und
abgerollten Feuersteinbrocken. Ebenso wird ein eisenschüssiger
Sand erwähnt von Jatznick aus dem Bohrloch in der Zement-
fabrik etwa bei 115—117 m Tiefe und zwar mit Bernstein, der
mit einzelnen Braunkohlestücken in den tieferen Septarienton-
schichten gelegen haben soll. Genaueres fehlt leider. Drittens
dürfen wir das Cösliner Tiefbohrloch heranziehen. Unter Stettiner
Sand mit Fusus multisulcatus Beyr. (68.25 — 71.80) lag Septarien-
ton (71.80— 106.00), dann kam feiner Quarzsand mit vielem
Glaukonit und wenig Ton, von lebhaft grüner Farbe mit ab-
geschliffenen Quarzkörnern und gelblich weißen glaukonithaltigen
Mergelstücken 8.15 m dick (106.00— 114.15) und eine zweite
ähnliche Schicht (114—117.40), darauf Kreide, sog. toter Kalk.
Das Alter dieser Glaukonitsande bleibt unsicher; sie sind zwischen
Kreide und Mitteloligocän eingeschaltet, Knollensteine und Braun-
kohlenlagen fehlen jedenfalls. Das ist für die hier behandelte
Frage das Ausschlaggebende.
Wenn wir also eine ältere glaukonitische Sandbildung aı-
nehmen, so könnten diese Knollensteine, falls sie dazu gehören,
doch nur Konkretionen in derselben darstellen; sie müßten also
Glaukonit reichlich enthalten. Das ist aber eigentlich nicht der
Fall. Schliffe, die ich habe anfertigen lassen, weisen nur ein
kryptokristallines Aggregat von Quarzkörnern und einige Eisen-
körner auf. Außerdem ist ganz unsicher, ob Glaukonit primär
in Brak- oder gar Süßwassersanden überhaupt vorkommt. Man
könnte dies Mineral sogar eher als Beweis für rein marine Ent-
wicklung der betreffenden Schichten ansehen, wie es bisher durch-
weg geschehen ist, und dann stimmt die typische Süßwasserfacies
der von Wurzeln durchzogenen Knollensteine gar nicht dazu.
Schließlich haben wir in den letzteren zwischen den Quarzkörnern
einen weißlichen, kaolinartigen Ton, der eher auf die Kaolin-
sande des Miocän als auf Grünsande hinweist.
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Diese geforderten miocänen Sande sind in der Sterngrube
wirklich vorhanden. Unten im Bruche ragt mitten in der Kreide
nahe der Basis von Septarienton ein Nest dieser nicht zu ver-
kennenden Schichten hervor, was schon oben erwähnt wurde.
Es ist augenscheinlich ein Überbleibsel der sonst zerstörten
Quarzkiese, von denen aber auf der Unterfläche zwischen der
überschobenen Kreide und dem Diluvialsand ein Knoten oder eine
Tasche erhalten blieb. Auch die kleinen, vorher beschriebenen
Eisenkonkretionen enthalten die charakteristischen weißen Quarze,
was schon RÖMER sah. Reichlich steckt Kohle in den Diluvialsanden.
Also vorhanden war das Miocän vor der Diluvialperiode über dem
Septarienton oder der Kreide. Auch die naheliegenden Quarz-
sandgruben der Chamottesteinfabrik von Podejuch beweisen dies.
An einer anderen Stelle, nämlich bei Hohen-Zahden am linken
Oderufer oberhalb Stettin, kommen am Gehänge der zur Oder
hinabführenden Täler und Rinnen solche Knollensteine massen-
haft vor, und auch dort ist Miocän in Form weißer Quarzsande
in der Nähe dem Diluvium eingeschaltet.
Vor allem wäre auf die Danziger Gegend hinzuweisen. Am
Karlsberge bei Oliva haben wir Quarzite mit schönen Blattresten,
bei Hoch-Strieß in der Nähe von Langfuhr Sande mit Braun-
kohlenbänkchen und dünnen, von Wurzelresten durchsetzten weißen
Quarziten; in den kaolinigen Quarzsanden der Ziegelei von Lang-
fulır ist ein über 2 m langer verkieselter (upressinoxylon-Stamm
sefunden, der jetzt im Danziger Provinzialmuseum steht. Diese
Schichten können nur als Miocän aufgefaßt werden. Das ist
also unzweifelhaft dieselbe Facies wie bei Stettin und wie die
Knollensteine von Finkenwalde.e WAHNSCHAFFE ist also seiner-
seits im Irrtum, wenn er sagt, daß man dergleichen im Miocän
nicht kenne. Das Naturgemäße scheint mir, da die Quarzsande
sich in der gleichen Ausbildung von Danzig bis Neubrandenburg
verfolgen lassen, nun auch in Pommern die quarzitischen Kon-
kretionen mit Pflanzenresten demselben Niveau zuzuschreiben und
nicht eine Rekurrenz der Facies im Unteroligocän und Miocän
vorauszusetzen, wofür in Pommern und Westpreußen ein Anhalt
vorläufig felılt.
Der einzige Beweis für die Berenprsche Ansicht wäre, daß
in der Friedensburger Grube einige Knollensteine in dem Grün-
sand und unter einer dünnen Decke von Septarienton gelegen
haben. Dabei ist zu bedenken, daß nach Angaben von WAHNSCHAFFE
die Knollensteine auch direkt auf der Kreide vorkommen, daß
sie z. T. in dem Geschiebemergel und Konglomerat stecken, daß
petrographisch kein unmittelbarer Zusammenhang mit dem „Grün-
sande“* nachweisbar ist. Bei Finkenwalde sind die Schichten
I0
derart durcheinander geknetet, daß wenigstens für mich die paar
Konkretionen in dem Grünsande, dessen Alter übrigens noch nicht
ganz sicher ist, gegenüber den bisher vorgebrachten Bedenken
und Analogien nicht in Frage kommen. Wie sehr gerade am
Kopf der Falte, an der hier interessierenden Stelle die Schichten
verdrückt und in einander gequetscht waren, zeigt der Septarien-
ton, der tief in die Kreide eindrang, eine große Schleife in
derselben bildete, ja als Ausfüllung jeder kleinen Kluft beinahe
sangförmig in dem Senon auftrat. Mir liegt eine treffliche
Photographie vom Zustande des Friedensburger Lagers Anfang
der neunziger Jahre vor, die ich Herrn Direktor Dr. GosLıca
verdanke. Sie beweist, wie gewaltig die Schichten in einander
gepreßt sind. Dabei können sehr wohl einige Knollensteine in
die Grünsandlage geraten sein.
Wenn wir diese Betrachtungen zusammenfassen wollen, so
ergibt sich meiner Meinung nach, daß bei Finkenwalde auf
Kreide und Septarienton noch jüngeres Tertiär, vor allem
Miocänkies lag. Die Stettiner und oberoligocänen Sande mögen
lokal bereits im Miocän, in der fluviatilen Phase des Tertiärs
zerstört worden sein. Aus den Kiesen ist dann durch die
präglacialen Wasser die Masse der Knollensteine herausgespült;
diese selbst waren zu schwer, um verfrachtet zu werden, und
blieben daher teils auf Kreide und Septarienton liegen, teils ge-
rieten sie in das unterste Diluvium und machten mit diesem alle
Stauchungen und Verschiebungen in der jüngeren Diluvialzeit mit.
Ein zwingender Grund, die subhercynen Verhältnisse des Unter-
oligocäns nach Pommern und Westpreußen zu übertragen, existiert
meines Wissens nicht.
19. Über ein neues Reptil aus dem Buntsandstein
der Eifel.
Von Herrn O. JAEKKEL.
Hierzu 1 Textfig.
Berlin, den 27. Juni 1904.
Bei Hillesheim in der Eifel, wo die letzten Reste typischen
Buntsandsteins die Verbreitung der deutschen Trias-Facies nach
Westen kennzeichnen, fand sich in Schichten, die vermutlich dem
oberen Buntsandstein zuzurechnen sind, der Rumpf eines Reptils,
das jene Fauna erfreulich bereichert. Es ist in den Besitz des
Herrn Hauptlehrers Donm in Gerolstein übergegangen, der es
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mir im letzten Herbst bei einem Besuch daselbst zeigte und
freundlicherweise zur Untersuchung überließ. Leider mußte sich
dieselbe zunächst auf oberflächliche Feststellungen beschränken,
da der Besitzer in eine durchgreifende Präparation des Fossils
vor der Hand nicht einwilligen wollte.
Ich habe es daher in beistehender Textfigur so abbilden
lassen, wie es sich in der Spaltungsebene des Gesteins dem Auge
darbietet, doch konnte ich mir im Interesse der Deutlichkeit
nicht versagen, einige unbedenkliche Ergänzungen einzelner
Knochenteile mit punktierten Linien in die Zeichnung einzutragen.
Die Knochensubstanz ist weißlich, sehr mürbe und deshalb so
zerborsten, daß sie nur hier und da noch die ursprüngliche
Wölbung der Knochenteile erkennen läßt. Andererseits wäre es
natürlich ein leichtes, diese mürben Knochenreste zu entfernen
und dadurch ein klares Negativ der einen Seite des Skeletes zu
erhalten. Das wäre namentlich zur Feststellung der genaueren
Form der Wirbel und der Beckenelemente wichtig.
In seinem jetzigen Erhaltungszustand zeigt das Fossil die
ventrale Seite des Rumpfes mit 14 Wirbeln, die dazu gehörigen
Rippen, den Bauchpanzer, 2 Sacralwirbel und die 5 vordersten
Schwanzwirbel, das Becken, das rechte Femur allein, das linke
mit dem Eindruck eines ansitzenden Unterbeinknochens. Schließlich
ist noch am vorderen Ende des Rumpfes der Eindruck eines
Knochens zu sehen, der dem Schulterapparat oder dem Arm-
skelet zuzusprechen ist. Kopf, Hals, Extremitäten und Schwanz
fehlen also dem Stück und lassen alle Schlüsse über seine syste-
matische Stellung nur mit Vorbehalt äußern.
Die Wirbel sind holospondyl, d. h. sie haben ein einfach
gebautes Wirbelzentrum, dessen Seitenwände flach eingesenkt und
dessen Endflächen mit einer deutlich gesonderten Epiphyse wenig
ausgehöhlt zu sein scheinen. In der erhaltenen Rumpfregion
liegen 14 Wirbel; da der vorderste der Schulterregion schon
sehr nahe lag, wird man die Gesamtzahl der Rumpfwirbel auf
17--18 schätzen dürfen. An den von unten gesehenen Wirbeln
sind z. T. die Querfortsätze sichtbar. Dieselben sind ziemlich
lang. Es ist sehr zu wünschen, daß eine spätere Präparation
des Fossils klar stellen wird, ob diese Processus transversi vom
übrigen Wirbel und den oberen Bögen durch eine Naht gesondert
waren. Ich bin geneigt anzunehmen, daß diese Stücke die obersten
Elemente der primär vierteiligen Rippenbögen waren, und hofie,
auch hier eine Bestätigung dieser Ansicht zu finden.
Das Sacrum besteht aus zwei Wirbeln, wie dies ja für die
weniger spezialisierten Reptilien die Regel und jedenfalls das
primäre Verhalten aller ist. Der vordere dieser zwei Sacralwirbel
Eifelosaurus triadieus IKL.
33
ist der primäre, an dem auch das Ileum hauptsächlich befestigt
ist, während der hintere Sacralwirbel durch Verbreiterung seiner
Querfortsätze sekundär zum Tragen des Ileums herangezogen ist.
Die vorderen fünf Schwanzwirbel, die erhalten sind, zeigen
einen normalen Körper, aber lange messerförmige Querfortsätze,
wie sie bei den langschwänzigen Eidechsen und Sphenodonten
typisch sind.
Die Rippen sind auf der linken Seite der Abbildung in fast
normaler Lage vollzählig sichtbar, auf der anderen rechten
Seite des Bildes größtenteils durch den Bauchpanzer bedekt.
Nur die vorderen fünf treten hier unter dem Bauchpanzer teilweise
heraus, aber so, daß sie das Bild der anderen Seite nicht wesent-
lich ergänzen. Sie sind einköpfig, oder wenigstens nur sehr
schwach am Wirbelansatz verbreitert, hinter dem Rippenkopf
etwas rückwärts ausgebogen, dann ziemlich gestreckt säbelförmig
ohne irgendwelche besonderen Spezialisierungen. Der Brustkorb
erscheint durch die relative Länge der Rippen sehr breit, aber
man muß dabei berücksichtigen, daß Eidechsen ihren Rumpf
- durch steife Breitstellung der Rippen wie ein Segel ausspannen
können, um sich flach auf den Boden zu legen oder den wärmenden
Lichtstrahlen eine möglichst breite Fläche zu bieten.
Die Bauchrippen sind schmal zahnstocherförmig und so ange-
bracht, daß etwa 2—3 auf die Querzone je einer Rippe entfallen.
Die hintersten Bauchrippen laufen ziemlich geradlinig über die
ganze Bauchfläche, während in der vorderen Rumpfregion „mediane
Spitzstücke“*, wie ich sie kurz nennen will, zwischen den seitlichen
Stabstücken nach vorn gebogen sind. Diese medianen Stücke,
die in ihrer Form an die der Nothosaurier und Sphenodonten
erinnern, sind rechts neben dem zweiten bis vierten der erhaltenen
Wirbel deutlich sichtbar.
Vom Becken sind Teile aller Elemente rechts oder links
sichtbar, sodaß sich bei sorgfältiger Präparation wohl ein ziem-
lich vollständiges Bild desselben wird ermitteln lassen. Zunächst
läßt sich links am Kopfe des Femur das Ileum erkennen, aller-
dings nicht in seiner genaueren Form. Ob der in ähnlicher
Lage rechts erhaltene Knochenrest ebenfalls dem Ileum, oder, wie
ich eher vermute, dem proximalen Teil des Ischium angehört,
wird erst durch die Präparation zu ermitteln sein. Leidlich
übersehbar sind schon jetzt die beiden Ossa pubis, nur der
Hinterrand derselben ist noch nicht klar, so daß auch die
Existenz oder der Mangel eines Foramen obturatum noch nicht
festzustellen war.
Von den Extremitäten sind nur die beiden Femora voll-
ständig erhalten und zeigen eine starke Krümmung und kräftige
94
Ausbildung eines knieförmig angesetzten proximalen Gelenkkopfes. |
Diese Form spricht für eine starke Inanspruchnahme der Hinter-
füße, wie sie für kriechende Landtiere charakteristisch ist. An
dem im Bilde rechts gelegenen Hinterfuß ist noch der Eindruck
eines kräftigen Unterschenkelknochens sichtbar, der etwa die
Länge des Femur hat und vermutlich als Fibula zu deuten sein
wird. Rechts am Vorderrande der Gesteinsplatte ist noch der
Hinterrand eines Knochens eingedrückt, dessen Deutung unsicher
bleiben wird, da man nicht sagen kann, ob der Schulter-
apparat in normaler Lage geblieben war. Im letzteren Fall
dürfte der fragliche Eindruck wohl von dem Hinterrande eines
Armknochens stammen.
Durch ihren echten Eidechsen-Habitus unterscheidet sich
diese Form von den bisher bekannten Reptilien der Trias und
dürfte, da Vertreter der Eidechsen bisher erst aus wesentlich
jüngeren Schichten bekannt waren, einen neuen Typus vorstellen. Ich
möchte ihn daher mit einem neuen Namen Kifelosaurus
triadicus provisorisch benennen und hoffe, wie gesagt, daß eine
sorgfältige Präparation des Fossils eine genauere Definition dieser
Tierform ermöglichen wird. Nachdem ich vor einiger Zeit über den
Fund eines neuen Sphenodonten, Polysphenodon Müller! aus dem
Keuper von Hannover, berichtet habe, vervollständigt sich die
Reptilien - Fauna der Trias um zwei Typen, die wir ihrer
primitiven Organisation nach für ziemlich alt halten mußten, aber
aus älteren als oberjurassischen Schichten bisher nicht kannten.
Die Erhaltung der Bauchrippen bei unserem triadischen Eidechsen-
typus deutet darauf hin, daß dieser Besitz allen älteren Eidechsen
zukam, und macht es wahrscheinlich, daß diese auch in anderen
Punkten den älteren Sphenodonten noch näherstanden. Daß das
Skelet dieses typischen Landtieres keine Spuren eines postletalen
Transportes zeigt, spricht auch für den terrigenen Charakter des
Buntsandsteins, dem es eingebettet ist.
35
20. Über Cassianella Ecki nov. sp.
Von Herrn Jon. Bönn.
Hierzu Textfig. 1, a—d.
Berlin, den 1. Juli 1904.
Das Vorkommen der Gattung Oassianella im oberschlesischen
Muschelkalk ist schon seit geraumer Zeit bekannt; 1850 erwähnt
‚Beyrıca!) als ihre dortige Vertreterin Avzcula tenuistria MsTr.
Ein in dem hiesigen Geologischen Landesmuseum aufbewahrtes
Exemplar von Groß Hartmannsdorf zeigt nun, daß ihre Ver-
breitung auch nach Niederschlesien hineinreichte. Da es mit der
Schale erhalten ist, so ist ihre Artbestimmung an der Hand von
Bırtners Monographie der St. Cassianer Bivalven leichter durch-
zuführen als an den oberschlesischen Vorkommnissen, die als
Steinkerne vorliegen. Die Prüfung ergab nun, daß hier eine
neue Form vorliegt, für die ich mir den Namen Cassıanella Ecki
vorzuschlagen erlaube.
Fig. 1, a—d, Cassianella Ecki nov. sp. Gr. Hartmannsdorf.
Die oberste Figur in Originalgröße.
Die linke Klappe ist von rhombischem Umriß, gewölbt, mit
stark übergebogenem, prosogyrem und weit nach vorn gerücktem
Wirbel. Die breit abgeflachte Rückenseite erscheint ganz wenig
eingebogen; sie steigt sanft von vorn nach hinten an und fällt
mit gerundeten Kanten steil nach beiden Seiten ab. Die Vorder-
seite ist sehr niedrig. Der vordere Flügel ist hoch, jedoch sehr
schmal, gekrümmt und durch eine tiefe Furche von dem Haupt-
körper abgesetzt. Der hintere Flügel wie der Unterrand sind
I) Diese Zeitschr. 2. S. 256.
I6
nicht erhalten. Die Oberfläche ist konzentrisch gestreift, zeigt
Wachstumsunterbrechungen und war anscheinend, in ähnlicher
Weise wie C. tenuistria Mstr., mit feinen radialen Linien ver-
ziert, wenigstens sind solche an einzelnen Stellen unter der
Lupe erkennbar.
Durch den breit abgeflachten Rücken steht C. Ecki der
C. dorsata MsTr. sp. nahe, unterscheidet sich jedoch von ihr
durch die nur sehr geringe Einsenkung desselben wie den schmalen
hohen vorderen Flügel. Auch von Ü. tenuistria MsTr. sp. weicht
die niederschlesische Form durch den abgeplatteten Rücken, der
nicht, wie bei jener Species, durch eine Kante begrenzt wird,
sowie durch den vorderen Flügel ab.
Die in der eingangs erwähnten Sammlung befindlichen Stein-
kerne von Schimischow, Mikultschütz und Laband, von denen die
beiden größten eine Höhe von 11, eine Länge von 9 mm haben,
weisen dieselbe Wölbung wie C. Eckt auf, haben einen ebenso
breit abgeflachten Rücken, ganz niedrige Vorderseite und einen ge-
krümmten, schmalen vorderen Flügel. Ich vereinige sie mit
C©. Ecki. Sie ergänzen obige Darstellung insofern, als an ihnen
noch der hintere Flügel erhalten ist, welcher in derselben
Weise wie bei C. gryphaeata Msrtr. sp.!) gebildet erscheint.
In die Synoymie von ©. Eckt mihi fallen somit Avzcula
tenuistria MsTR. bei Beyrıcn?), Cassianella tenuistri« MsTr. bei
Beyrıcn’), CO. tenuistria Msrr. sp. bei Eck!) und (. af
tenuistria MsTr. bei FRECH?).
21. Über Nathorstites und Dawsonites aus der
arktischen Trias.
Von Herrn JoH. BöHM.
Berlin, den 5. Juli 1904.
In einer vorläufigen Mitteilung über Fossilien aus der oberen
Trias der Bären-Insel habe ich‘) auch die neue Cephalopoden-
!) BiTTnEr: Lamellibranchiaten der alpinen Trias. Abhandl. k. k.
geol. R.-A. 18. 1895, t. 8, £. 2.
2) Diese Zeitschr. 2. S. 256.
8%) Ebenda 14. 1892. S. 9.
*) Über die Formationen des bunten Sandsteins und des Muschel-
kalks in Oberschlesien. 1865 S. 98.
5) Lethaea geognostica 2. Das Mesozoicum 1903 S. 54.
6) Diese Zeitschr. 91. 1899 S. 325.
97
gattung Arctoceras erwähnt. Da einige Zeit darauf Hyarr den-
selben Namen für die wohlbekannte Gruppe des Ceratites polaris
v. Moss. in Anwendung gebracht hat, so erlaube ich mir, an
Stelle meines Namens nunmehr Nathorstites in Vorschlag zu
bringen. Dieser Gattung gehören aus der Trias von Britisch
Columbien zwei Arten an, und zwar hat sie Wnrreaves!) als
Popanoceras MeConnelli und P. Me Connelli var. lenticularis
beschrieben; sie kommen nun auch in der von J. G. ANDERSSON‘)
als Myophoriensandstein bezeichneten Abteilung am Mt. Misery auf
der Bären-Insel vor.
Noch eine weitere, von WHırTzEAvss gleichfalls vom Liard river
als Trachyceras camadense?) dargestellte Species hat sich sowohl in
dem erwähnten Myophoriensandstein als auch in den ihn unterlagern-
den Schichten wiedergefunden. Obwohl sie dieselbe Art der
Einrollung, Berippung und Spaltung des Externknotens wie die
typischen Vertreter der Gattung Trachyceras aufweist, so weicht
sie doch durch die gerundeten, ungezähnten Sättel von jenen ab,
sodaß. ich Tr. canadense WHITEAvES als Vertreter einer besonderen
Formenreihe ansehe und für sie die Bezeichnung Dawsonites vor-
schlage. |
Die Fauna, welche die drei Arten am Mt. Misery begleitet,
weist auf deren karnisches Alter hin, welchem somit auch diejenige
am Liard river angehört.
22. Fragliche Reste und Fussfährten des tertiären
Menschen.
Von Herrn W. BRANCOo.
Mit 6 Textfig.
Berlin, den 20. Juli 1904.
Inhalt:
Fragliche Spuren menschlicher Tätigkeit aus tertiären Schichten
S. 98. Fragliche tertiäre Menschen-Knochen S. 101 und Zähne S. 101.
Calaveras-Schädel S. 102. Skeletreste in Kalifornien S. 104; in
Italien und Frankreich S. 105; in Südamerika. S. 106.
Fragliche Fußspuren S. 109: Sibirien S. 109, Fig. 1. Nord-Ame-
rika: in Georgia S. 110. St. Louis S. 112, Fig. 2. Nevada S. 113.
Australien bei Warnambool S.114, Fig. 3. Hie-Hie Station S. 116;
im Flußbett S. 116. Deutsch-Südwestafrika S. 121, Fig. 4, 5, 6.
!), Contributions to Canadian Palaeontology I. Geological Survey of
Canada. 1885—1898. S. 138 t. 18f. 2,a,bu.f.3,a, b.
2?) Über die Stratigraphie u. Tektonik der Bären-Insel. Bull. geol.
Inst. Upsala. 4. 1899. Upsala 1900. S. 265.
°) a. a. O. Contributions to Canadian Palaeontology I S. 142,
BulBıT. 24,82.
35
Zur. Zeit, da Cuvıer dominierte, galt der Satz, daß
Menschenreste nur in alluvialen Schichten vorkämen. Dann zog
mit BouUcHER DE PERTHEsS die Zeit heran, in welcher man dem
Menschen auch ein diluviales Alter zugestehen mußte. Eine
zeitlang begnügste man sich damit; bald aber ging man weiter
und begann bald hier, bald da an den Schranken zu rütteln, die
den Weg abschlossen, der zu dem tertiären Menschen führt.
Galt so der Mensch zuerst als Leitfossil nur für das Al-
luvium, so ward später aus ihm auch ein solches für das Dilu-
vium, wenigstens für dessen mittlere und jüngste Abteilung. An-
scheinend wird er bald auch noch als für das Tertiär leitend
anerkannt werden. Mit dieser Langlebiekeit würde er aber
schließlich die hervorragendste Eigenschaft eines Leitfossils,
Kurzlebigkeit, Beschränktheit auf nur einen einzigen kurzen Zeit-
‚abschnitt, verlieren — fall® dann, wozu freilich wenig Aussicht ist,
der Nachweis nicht gelingen sollte, daß dieser „tertiäre Mensch“
mindestens einer anderen Species, der ältere Tertiärmensch viel-
leicht sogar einer anderen Gattung, als Homo sapiens, zugehöre.
An sich ist es nicht unwahrscheinlich, daß die Gattung
Homo schon in der jüngsten Tertiärzeit, der pliocänen, bestanden
haben dürfte, wenngleich die damalige Species desselben wohl
vom heutigen A. sapiens abgewichen haben mag. Max ScHLOSSER
betont mit Recht, daß die meisten wichtigeren der heute leben-
den Säugetiergattungen bereits in oberpliocäner Zeit bestanden,
sodaß nicht einzusehen sei, warum die Gattung Homo notwendig
davon ausgeschlossen gewesen sein sollte.
Die Beweise, welche man für das Dasein des Menschen
zu bereits tertiärer Zeit geltend zu machen suchte, zerfallen in
zwei Kategorien von ganz verschiedener Bedeutung: Durch Nach-
weis von Spuren menschlicher Tätigkeit suchte man einen in-
direkten Beweis zu führen; durch Nachweis von Knochenresten
des Menschen einen direkten: Der erstere ist, meines Erachtens,
in bedingter Weise geglückt; der letztere noch nicht.
Fragliche Spuren menschlicher Tätigkeit.
Ich sagte, der Beweis für das ehemalige Dasein des Tertiär-
menschen sei „in bedingter Weise“ nach meinem Dafürhalten
erbracht. Diese Spuren bestehen nämlich aus Steinwerkzeugen,
Einschnitten in Knochen, zerschlagenen Knochen und Kohlen-
stücken. Daß solche Dinge in zweifellos tertiären Schichten liegen,
wird niemand ernstlich bestreiten können; und daß sie nicht in
allen fraglichen Fällen stets nur zufällige, nur durch Naturkräfte
bez. Tiere hervorgerufene Bildungen sind, dürfte wohl mehr und mehr
anerkannt werden. Aber — und darauf bezieht sich mein
II
„bedingter Weise“ — nie wird sich auf solche Weise feststellen
Jassen, daß es sich wirklich um Spuren der Gattung Homo
handelt. Stets wird man, mindestens bei den ältesten, primitivsten
der fraglichen Steinwerkzeuge, nur ganz allgemein auf ein Wesen
von noch außerordentlich beschränkter Denkfähigkeit schließen
können. -
Aber gerade nur durch eine solche Auffassung, nur durch
eine so geringwertige Meinung von der Denkfähigkeit des frag-
Jichen Wesens wird das Verständnis dieser tertiären Steinwerk-
zeuge uns nahe gebracht, ja z. T. erst ermöglicht. A. Ruror
in Belgien ist es gewesen, dem wir das namentlich verdanken.
Bisher hatte man die Geschichte des prähistorischen Menschen,
das ist wesentlich die Geschichte seiner Werkzeuge, nicht mit
der ersten, sondern gleich mit der dritten .Stufe seiner Ent-
wicklüungsleiter begonnen; einer Stufe, auf welcher der palä-
olithische, diluviale Mensch sich seine Steinwerkzeuge, wenn auch
in rohester Weise, so doch bereits durch Zuschlagen. und Brechen
aus dem Stein heraus formte. Das ist die Stufe der pierres taillees.
Mit zwingender Logik ergibt sich jedoch, daß noch tiefere
Stufen vorangegangen sein müssen; denn auch hier muß ja eine
Entwicklung, die vom Niedersten ausging, stattgefunden haben.
Dieses Niederste aber kann nur gefunden werden in dem, was
A. Ruror jenen pierres taillees als pierres utilisees gegen-
über stellt. |
Wie die Affen das, was ihnen zunächst liegt, Früchte,
Kokosnüsse, Äste, ergreifen, um es gegen Menschen, von denen
sie sich bedroht fühlen, zu schleudern, oder sonstwie zu ge-
brauchen, so muß auch jenes älteste denkende Wesen zunächst
das ergriffen haben, was die Erde ihm darbot: Steine; und
zwar in der Form, welche sie von Natur besaßen. Der Gedanke,
aus diesen Steinen eine bestimmte Form herausspalten zu
können, muß diesem Wesen noch völlig fern gelegen haben.
Nur unter solchem Gesichtspunkte können wir die fraglichen
ältesten Steinwerkzeuge als Werkzeuge verstehen.
Steine, die sich an einem Ende bequem: anfassen ließen,
wurden ergriffen und mit dem anderen Ende zum Schlagen be-
nutzt. So erklärt es sich, warum diese Steinstücke nur an
einem Ende abgesplitterte Stellen aufweisen, im übrigen aber
unverletzt sind. Ein so beschaffener Stein muß natürlich einem
solchen gleichen, der zufällig, durch Naturkraft an einer Seite
angestoßen, daher abgesplittert wurde. Aber das zahlreiche Vor-
kommen solcher Steine auf einer Stelle und der Umstand, daß
derartige, verletzte Steine so geformt sind, daß sie am anderen
Ende einen natürlichen Handgrift besitzen, können dafür sprechen,
ze
100
daß hier Werkzeuge vorliegen.
Außer diesen zum Schlagen benutzten Steinen hat jenes
Wesen aber auch noch solche von der Natur erzeugte Gesteins-
splitter aufgelesen und benützt, welche eine Spitze oder eine
Schneide besaßen, um mit ihnen zu kratzen oder zu schaben.
Waren die Spitze oder Schneide abgenutzt, so wurden die Steine
weggeworfen und liegen nun mitten unter jenen Schlagsteinen.
Eigentliche Waffen also besaß dieses älteste denkende Wesen
noch nicht; höchstens, daß es die Steine vielleicht auch einmal
schleuderte.
Ganz allmählich dann wird es die zweite Stufe erstiegen
haben, auf der es sein bisheriges, rein rezeptives Verhalten auf-
gab, um zu einem produktiven überzugehen, auf der es, wie
A. Ruror sich ausdrückt, die rein passive Intelligenz mit einer
aktiven vertauschte; auf der es also die als Werkzeuge benutzten
Steine zu adaptieren, anzupassen begann, indem es die von der
Natur dem Steine gegebene Form durch einige Schläge zu ver-
bessern suchte. Vielleicht würde man diese Stufe als diejenige
der pierres adaptees zwischen diejenigen der utilisees und taillees.
einschieben können: „Benutzte, angepaßte, geschlagene Steine.“
Dieser zweite Schritt auf der Stufenleiter aber war der
folgenschwerste; denn indem die von der Natur gelieferten Ge-
steinsstücke in ihrer Form zunächst nur ein wenig verbessert
wurden, mußte wiederum ganz allmählich der Gedanke sich ent-
wickeln, völlig unabhängig von der durch die Natur gegebenen
Gesteinsform, selbständig vorzugehen; also nach einem der Fantasie
vorschwebenden Bilde aus dem Steine durch Schlagen oder
Brechen Werkzeuge herauszuarbeiten, den rohen Stein schöpferisch
umzugestalten, ihn nicht mehr als gegebene Form, nur noch als.
Material zu benützen. Nun erst vermag dieses Wesen sich
Waffen zu erzeugen.
Das ist also erst die späterworbene dritte Stufe, die der
geschlagenen Steine; künstlich aber wird sie zur bereits ersten
gemacht, wird mit ihr die Geschichte des prähistorischen Menschen
und seiner Werkzeuge begonnen von denen, welche sich ab-
lehnend verhalten gegenüber den beiden älteren Stufen eines
denkenden Wesens tertiärer Zeit.
Sicher ist die größeste Vorsicht nötig in der Deutung von
Steinen, welche der ersten und zweiten dieser Stufen angehören
sollen; denn ganz abgesehen davon, daß die Natur ähnliches zu
erzeugen vermag, so können auch Affen, es brauchen garnicht
einmal Anthropomorphe zu sein, ähnliches erzeugen. Herr
Kollege F. E. Schurze teilte mir mit, daß vor seinen Augen
ein ihm gehöriger kleiner Affe, als er die ihm gegebenen Nüsse
101
wit Hilfe seiner Zähne nicht zu Öffnen vermochte, einen Stein
ergriff und sie mit diesem aufschlug, Das aber wäre ganz die
erste Stufe jenes „tertiären Menschen“.
Ich brauche daher kaum zu betonen, daß es mir sehr fern
liest, für alle diese Fälle, in denen man Spuren menschlicher
Tätigkeit in tertiären Schichten erblicken zu können gemeint hat,
eintreten zu wollen.
Sehr wesentlich scheint es mir auch zu sein, daß
man sich bei Prüfung derartiger Gesteinsfunde nicht
etwa von der vorgefaßten Meinung unwillkürlich be-
einflussen lasse, es müßten notwendig in Europa
menschliche Werkzeuge tertiären Alters darum sich
finden, weil die Logik die Annahme eines tertiären
Menschen notwendig macht; denn dann vergrößert sich
die Gefahr einer Täuschung außerordentlich.
So sehr ich von der Existenz eines tertiären
denkenden Wesens überzeugt bin, liegt der Möglich-
keit doch nichts im Wege, daß dasselbe in tertiärer
Zeit entweder ganz auf andere Erdteile beschränkt
gewesen sein könnte, sodaß man dann Reste desselben
in Europa ganz vergeblich suchen würde; oder daß es
zu tertiärer Zeit in Europa nur erst über ein ganz
kleines Gebiet verbreitet gewesen sein könnte, sodaß
man nur in diesem Teile Werkzeuge von ihm würde
finden können.
So sehr daher die Logik das Auffinden tertiärer
menschlicher Werkzeuge fordert, so wenig ist es doch
an. sich eine logische Notwendigkeit, daß dieselben
nun gerade auch in Europa gefunden werden müssen.
Ich glaube freilich, daß sieauchhierbereitsgefunden sind,
Fragliche tertiäre Skeletreste des Menschen.
Gegenüber diesen notwendig anzunehmenden und zu er-
wartenden, aber meines Erachtens auch sicher vorhandenen
Spuren der Tätigkeit stehen die fraglichen Skeletreste dieses
tertiären Wesens. Solche sind bisher noch nicht gefunden; denn
die vermeintlichen Erfunde lassen sich mit Wahrscheinlichkeit
bis Sicherheit als irrtümlich erweisen.
Mit völliger Sicherheit gilt das bezüglich der Deutung als
tertiärer Menschenzahn, welche KraArscn einem der von
mir als Anthropomorphenzähne (Dryopithecus)‘) beschriebenen
!) KLAATSCH, Die fossilen Knochenreste des Menschen. Wies-
baden, 1900, S. 4755. — W. Branco, Die menschenähnlichen Zähne
aus dem Bohnerz der schwäbischen Alb. Jahresh. d. Vereins f. vater-
länd. Naturk. Württemberg 1898.
102
Reste aus dem Bohnerz der Schwäbischen Alb gegeben wissen
will, indem er schreibt, er vermute, daß ich mir hier den Nach-
weis des tertiären Menschen habe entgehen lassen.
Ich habe mich indessen in dieser Beziehung — ich muß
hier wirklich sagen, leider — nicht geirrt; denn ich wollte den
Irrtum gerne auf mich nehmen, wenn wir dadurch den hand-
greiflichen Beweis des tertiären Menschen erhalten könnten.
Ganz dieselben Zähne nämlich, wie ich sie einzeln aus dem aller-
dings tertiären Bohnerz abbildete, hat man in Südfrankreich in
Unterkiefern sitzend gefunden. Die Zähne sind in der Tat über-
aus menschen-ähnlich; und darin liegt eben ihr hohes Interesse.
Aber die Gestalt des Unterkiefers schließt jeden Gedanken an
die Gattung Homo, bez. an eine ihr ganz nahestehende, etwaige
ältere Menschengattung aus. Auch M. ScHLosser, den eine so über-
aus reiche Erfahrung auf dem Gebiete fossiler Säugerzähne zu
Gebote steht, hat sich mit völliger Entschiedenheit gegen die
Menschennatur des fraglichen Zahnes ausgesprochen, sodaß
Kraatscns Vermutung nicht aufrecht erhalten werden kann.
Es wäre zudem von vornherein nicht wahrscheinlich, daß unter
diesen elf losen Anthropomorphen-Zähnen aus dem Bohnerz sich
ein Menschenzahn befinden sollte. Die anderen Unterkieferzähne
sind mit diesem einen so eng verbunden, daß dann auch die
anderen als Menschenzähne aufgefaßt werden müßten; dem aber
widerspricht das erwähnte Vorkommen ganz ebenso gestalteter
Zähne in fossilen Affen-Unterkiefern.
Ebenfalls nur eine Täuschung dürfte uns der berühmte, nach
Waıtney pliocäne Calaveras-Menschenschädel bereitet
haben, den man 1866 in Kalifornien im goldführenden Sande
der County of Calaveras, am Westabhange der Sierra Nevada
gefunden haben wollte. Der Schädel zeichnet sich ähnlich durch
stark vorspringende Augenbrauenbögen aus, wie sie bekanntlich
dem fossilen Neandertal-Typus in so hohem Maaße eigen, jedoch
auch heute noch nicht selten sind.
Es findet dort eine etwa 150 Fuß mächtige Wechsellagerung
von Lavaströmen mit Kiesschichten statt, welche letztere z. T.
das Gold führen. Ein in diesem Schichtensysteme abgeteufter
Schacht sollte den Schädel, wie die Arbeiter sagten, in einer
Tiefe von ungefähr 120 Fuß aufgedeckt haben.
Was zunächst den Nachweis des tertiären Alters dieser
Schichten betrifitt, so waren die aus dem Schachte geförderten
!) M. SCHLOSSER, Die menschenähnlichen Zähne aus dem Bohn-
erz der schwäbischen Alb. Zoologischer Anzeiger 24. N. 643, 13. Mai
1901, S. 220.
105
‚Säugetierreste ganz ungenügend zur Entscheidung dieser Frage.
An mehreren anderen Punkten fand man jedoch in anscheinend
gleichaltrigen Schichten nicht nur Steinwerkzeuge und Menschen-
konchen, sondern auch Reste des Mastodon amertcanus.
Wenn nun auch letztere Gattung in Europa nur dem Tertiär
angehört, so hat sie doch in Nord-Amerika bekanntlich als M.
amerticanus noch in diluvialer Zeit gelebt; und wenn auch die
vulkanische Tätigkeit in der Sierra Nevada bereits zu tertiärer
Zeit begonnen haben mag, so hat sie doch auch noch während
der diluvialen Epoche, ja bis in noch jüngere Zeiten hinein
fortgedauert.
Das Alter der fraglichen Schichten ist mithin durch die ihnen
eingeschalteten Lavaströme nicht, und noch weniger durch die in
ihnen gefundenen Steinwaffen und Menschenknochen, irgendwie
sicher als ein tertiäres gekennzeichnet; es ist aber durch den in
ihnen - gefundenen Mastodon amertcanus sogar entschieden als
ein quartäres erwiesen. Der Calaveras-Schädel könnte daher,
wenn er wirklich aus diesen Schichten stammte, nur ein diluviales,
nicht aber ein tertiäres Alter haben.
Aber es scheint, daß ihm auch nicht einmal ein diluviales
Alter zukomme. Zunächst ist überhaupt das Niveau, in welchem
dieser Calaveras-Schädel in dem Schachte von den Arbeitern
gefunden worden sein sollte, nicht von wissenschaftlicher Seite
sofort festgestellt worden; jene Angabe der Arbeiter ist und
bleibt daher unkontrolierbar.
Das tertiäre Alter des Calaveras-Schädels ist auch noch in
anderer Beziehung verdächtigt worden; darum nämlich, weil
durch chemische Analyse Spuren von organischer Substanz in
dem Knochen nachgewiesen worden sind. Das wäre indessen
keineswegs ein sicherer Beweis gegen ein tertiäres Alter; denn
auch tertiäire Knochen enthalten noch organische Substanz.
Führen ja doch auch vielfach sehr viel ältere Gesteine, denen
man das z. T. gar nicht ansieht, wie z. B. manche hellfarbige
Malmkalke, noch organische Substanz.
_ Auf meine Bitte wurden im ersten chemischen Laboratorium
in Berlin diluviale und tertiäre Tierknochen auf ihren Gehalt an
organischer Substanz untersucht. Es zeigte sich dabei, daß zwar
die diluvialen reicher an derselben sind, als die tertiären, daß
jedoch auch diese letzteren durchaus mehr als nur „Spuren“ da-
von enthielten. Aus den Spuren organischer Substanz, die man
im Calaveras-Schädel fand, darf man daher einen Schluß auf
ein sehr jugendliches Alter desselben nicht ziehen.
Ganz neuerdings ist nun aber durch eine Arbeit von Wiır-
104
vıam H. Hormes!) neues Licht auf das Alter dieses Schädels
geworfen worden.
Calaveras heißt auf Spanisch Schädel; diesen Namen hat
man einst der ganzen Gegend, in der man diesen Schädel fand,
gegeben, weil dort rezente Schädel und andere Skeletteile in
sroßer Anzahl vorkommen. Es besteht nämlich bei den Indianern
der hohen Sierra seit Generationen die Sitte, ihre Toten in
Höhlen oder Schluchten zu legen. Durch hineingespülte Erde
wurden sie in diesen allmählich bedeckt und umhüllt und liegen
nun zu vielen übereinander in den Spalten.
Diese Sitte erinnert durchaus an die in neolithischer, also
alluvialer, aber wohl auch schon in jung paläolithischer Zeit in
Europa geübte Sitte, die Toten in Höhlen zu bringen. Infolge-
dessen erwecken jetzt ihre Knochen, da sie mit denen der älteren
diluvialen Tiere im Höhlenlehm vermischt zu sein scheinen, den
trügerischen Anschein, als seien diese alluvialen Menschenskelete
gleichaltrig mit den diluvialen Tieren.
Durch eingehende Untersuchung aller einschlägigen Verhält-
nisse an Ort und Stelle gelangte nun HoLmzs, wie er meint zu
dem völlig gesicherten Ergebnisse, daß der Calaveras-Schädel
garnicht aus den Tiefen des Schachtes der Mattison Grube
stamme. Er sei vielmehr einer jener zahlreichen rezenten Indianer-
schädel der Calaveras-Gegend, den die Arbeiter in betrügerischer
Absicht Wnırney mit der Angabe überbracht hätten, er sei im
Schachte gefunden.
Es sind übrigens Menschenknochen auch noch an mehr-
fachen anderen Orten Californiens in diesen von Lavaströmen
überdeckten, goldführenden Flußschottern und zwar im Verein
mit Steinwerkzeugen gefunden worden; und für alle diese ergibt
sich bisher immer noch ein ziemlich rätselhafter Widerspruch.?)
Die Steinwerkzeuge sind nämlich entschieden neolithisch,
wie aus ihrer Form sicher hervorgeht. Folglich muß man wohl
den mit ihnen ‘vorkommenden menschlichen Knochenresten eben-
falls ein neolithisches, somit alluviales Alter zuschreiben.
Nun finden sich aber, und darin liest das Rätselhafte, in
denselben Schichten auch tertiäre Pflanzen und pliocäne Wirbel-
tiere. Wollte man daraufhin jene menschlichen Knochen und
menschlichen Werkzeuge ebenfalls für pliocän erklären, so ergäbe
sich Unmögliches; denn die kunstreiche Gestalt der Werkzeuge
!) Auriferous gravel. Man in California. Annual report of the
board of regents, Smithsonian Institution for 1899. Washington 1901.
S. 419— 472.
?) G. F. BECKER. Antiquities from under Tuolumne table
Mountain in California. Bull. geolog. soc. America 2, 1891. S. 189.
105
widerspricht dem auf das Äußerste. Wenn auch zweifellos die
verschiedenen Entwicklungsstufen menschlicher Industrie sich
nicht überall auf Erden gleichzeitig, vielmehr an verschiedenen
Orten, wenigstens vielfach, zu recht verschiedenen Zeiten, also
nacheinander sich herausgebildet haben — wie denn gewisse
Völker ja noch heut sich im Steinzeitalter befinden, wie denn
umgekehrt, z. B. in Frankreich, bereits zu paläolithischer Zeit
‘ ein hoher Grad von Kunstfertigkeit vorhanden war, den an
anderen Orten die Menschen erst viel später erwarben — so
weit wird man doch unmöglich gehen können, der kalifornischen
Urbevölkerung pliocäner Zeiten bereits eine hochgradige neoli-
thische Kunstfertigkeit zuschreiben zu wollen.
Es bleibt daher für jene Erscheinung nur die Alternative
übrig, daß entweder die Steinwerkzeuge und Menschenknochen zu
neolithischer Zeit in pliocänen Schichten begraben worden sind;
oder daß, wie Becker!) will, in Kalifornien pliocäne Tiere und
Pflanzen noch bis in die neolithische Zeit hinein gelebt haben.
Auf ähnlicher, wenn auch völlig unbeabsichtigter Täuschung
. beruhen andere Funde ganzer Skelete aus tertiären Schichten.
So ist das Menschenskelet aus dem marinen Pliocän
bei Savona in Ligurien, bei welchem alle Knochen bei einander
lagen, mit höchster Wahrscheinlichkeit nur der Inhalt eines Grabes,
welches man viel später in diese marinen Schichten gegraben
hat. Leider sind nur einige Knochen dieses Skeletes aufbe-
wahrt worden.
Ein gleiches Urteil gilt ganz sicher bezüglich eines anderen
Skeletfundes, welcher in miocänen Schichten Frankreichs bei
Lamassas, Lot-et-Garonne, gemacht wurde; denn hier fand
man sogar ein Stück Eisen bei dem Skelete.e Nicht minder
bilden die vier Menschenskelete, die nahe Brescia bei Castelnedolo
in marinem Miocän gefunden wurden, den Inhalt von Gräbern.
Es leuchtet ein, daß, seit die Gewohnheit des Menschen
entstand, seine Toten in Gräber zu versenken, eine unerschöpf-
liche Quelle von Irrtümern fließen mußte. Nichts steht
seit diesem Augenblicke dem im Wege, daß man auf solche
Weise auch vermeintliche Reste des Kreide-, des Keuper-, des
Silur-Menschen finden müßte, sobald nur die Schichten, in welche
sein Grab gegraben wurde, tonig-weich genug waren, sodaß nach
einiger Zeit die durch das Graben des Grabes bewirkte Störung
ihres Zusammenhanges sich wieder verwischen konnte.
Auch in Süd-Amerika wurden in dem Pampeano durch
1) Vergl. darüber die Bemerkungen über „gleichaltrig“ und gleich-
wertig“ auf S. 108.
106
AMEGHINo zahlreiche zweifellose Spuren menschlicher Tätigkeit,
Steinwaffen, aufgeschlagene Röhrenknochen, aber auch Menschen-
zähne, selbst Skelete des Menschen gefunden und als tertiären
Alters erklärt. Selbst eine menschliche Wohnstätte originellster
Art ward von AmzcHıno entdeckt: der gewölbte Rückenpanzer
eines gewaltigen fossilen Gürteltieres, eines Glyptodon, hatte einst
als Dach des in die Erde eingegrabenen menschlichen Wohn-
raumes gedient.
AMmEGHINoO stellte nun dieses Pampeano in das Pliocän!), wie
das vor ihm schon BrAvarnp getan hatte Auch GAupDrY und
Cope taten das; und Koken) stimmte dem neuerdings wieder darin
bei, weil, wie schon Cork betonte, die in dem Pampeano be-
srabene fossile Fauna einen so hohen Prozentsatz erloschener
Arten und Gattungen birgt, „daß man sie sicher für tertiär
halten muß.“
BUrRMEISTER und D’ÖrBIGNnY dagegen hatten ihrerzeit das
Pampeano für diluvial erklärt, und diese Ansicht fand vielleicht
allgemeineren Anklang. Ich bin in einer vergleichenden Unter-
suchung über die fossilen Säugetierfaunen Europas und Amerikas?)
ebenfalls zu dem’ Ergebnisse gelangt, daß die untere Pampas-
Fauna, also auch der Mensch derselben, quartären Alters
ist. In neuerer Zeit ist auch G. STEINMAnN“) mit Entschieden-
heit für ein diluviales Alter eingetreten.
So stehen sich also, wie früher, so auch in neuerer Zeit
zwei ganz verschiedene Deutungen des Alters des Pampeano und
damit der unzweifelhaften Reste seines Menschen gegenüber. Wir
müssen daher hier dieser Frage näher treten.
Die Fauna gliedert sich nach Amesnıno?) dort in der fol-
genden Weise.
1) Historische Epoche: Haustiere.
2) Neolithische Epoche: Die gegenwärtige eingeborene
Fauna.
3) Meso- und paläolithische Epoche (Quartär Amke-
HINOS)! Menschliche Reste, Zagostomus diuu-
vianus, Palaeolama mesolitica, Auchenia diluviana,
Cervus diluvianus.
'") L’antiquite de Ihomme ä La Plate. 2 volumes. Paris 1881.
Revue d’Anthropologie (2) 2. 1879. S. 210—249.
°) Jahreshefte des Vereins f. vaterländische Naturkunde in Würt-
temberg 54. 1898. S. 85.
°) W. Branco. Eine fossile Säugetierfauna von Punin bei Rio-
bamba in Ecuador. Paläontolog. Abhandl. v. DAMES und KAYSER.
177188377.32.160:
*) American Naturalist 1891. S. 855. — N. Jahrb. f. Min.
Beil.-Bd. 10. 1896. S. 583. -
®) Bull. soc. geol. France. 1881. (3) 9, S. 370.
107
4) Pampeano (Pliocän AmE@Hınos):
a) Oberes Pampeano (Ob. Pl.): Menschliche
Reste, ZLagostomus fossilis, Canıs Azarae fos-
stlıs, Canis cultridens, Cervus pampeanus, Toxodor
platensis, Mastodon.
b) Mittleres Pampeano (M. Pl.): Menschliche
Reste, Zagostomus angustidens, Macharrodus,
Arctothertum, Canıs vulpinus, Doedicurus, Ma-
craucheniu.
c) Unteres Pampeano: (U. Pl.): Ctenomys latıdens,
Typotherium cristatum, Hoplophorus ceristatus,
Protopithecus bonartensıs.
Das höhere Pampeano wird bekanntlich durch eine unge-
schichtete Ablagerung eines überaus feinerdigen, weichen Gesteines
gebildet, welches petrographisch dem Löß entspricht und sich
auch in seiner Lagerung demselben gleich verhält. Wie dieser
hat es, einer mächtigen Schneedecke gleich, alle Unebenheiten
seines Untergrundes eingeebnet und zieht sich vom Meeresniveau
an hinauf bis zu mehreren 1000 m Höhe im Gebirge, ganz wie
das in China der Fall ist. Offenbar ist seine Entstehung auch
dieselbe aeolische wie dort.
Nach STEINMAnN ist daher das Pampeano gleichaltrig mit
dem Löß in Europa. Erst in den tieferen Schichten finden sich
die zahlreichen fossilen Reste jetzt ausgestorbener Gattungen und
Arten, welche paläontologisch ein so großes Interesse gewähren,
Es läßt sich aber von diesen noch eine untere Abteilung ab-
trennen, welche, wie Kokrn will, erst das eigentliche „Pampeano“
repräsentiert; und diese unterste Abteilung ist durch einen so
hohen Prozentsatz ausgestorbener Arten gekennzeichnet, daß
Koken wie Copr daraufhin sie für pliocän erklären.
Nun ist aber in den allertiefsten Schichten eine Mollusken-
Fauna gefunden, deren Arten sämtlich noch heut an der ÖOst-
küste Süd-Amerikas leben. Auf diese wieder stützte sich STEIN-
MANN, wenn er das ganze Pampeano für diluvial erklärte.
A. BorcuAarpr!) bestätigte neuerdings diese von BURMEISTER,
d’Orbigny, mir und Steınmann vertretene Ansicht durch Untersuchung
der in der Paranä-Stufe gefundenen Mollusken-Fauna. Dieselbe ge-
hört danach in das Pliocän; eine Ansicht, zu welcher auch
Woopwarn bereits auf Grund seiner Untersuchung der fossilen
Fische aus der Paranä-Stufe gelangt war?).
Ist nun die Paranä-Stufe sicher pliocän, so muß alles
1) Die Molluskenfauna und das Alter der Paranä-Stufe. N. Jahrb.
f. Min. Beil.-Bd. 14, 1901, 8. 171—245, t. 6—10. |
?) Annals and Magazine of Natur. Hist. 1900, (7), 6. N. 31, 8.7.
108
Hangende, somit die Pampas-Fauna, jünger als dieses Pliocän sein.
Auf der einen Seite also haben wir den hohen Prozentsatz
ausgestorbener Säugetiere, welcher für ein pliocänes, auf der
anderen Seite die Mollusken, welche für ein diluviales Alter des
Pampeano und damit seines fossilen Menschen angeführt werden.
Ich habe 1833!) diese Frage nur mit Rücksicht auf die
Säuger dahin zu lösen mich bemüht, daß man gleichaltrig und
gleichwertig unterscheiden solle.
Vergleicht man nämlich die quartären und tertiären Säuge-
tierfaunen Europas und Amerikas mit einander”), so zeigt sich,
daß Amerikas Fauna dieselbe Erscheinung darbietet, wie diejenige
Indiens: Formen, welche in Europa während der Tertiär-Periode
bereits verschwanden, (abstarben? auswanderten?), lebten in jenen
Ländern noch länger fort, ragten in jüngere geologische Zeiten
hinein. Wenn daher Corpr und Koken auf Grund gewisser,
einen europäisch-tertiären Habitus besitzender Genera und des
großen Prozentsatzes ausgestorbener Geschlechter der Pampas-
Fauna diese als gleichaltrig mit der pliocänen Europas betrachtet,
so möchte ich das in gleichwertig umwandeln. Gleichaltrig
mit der pliocänen Fauna Europas kann die irgend eines anderen
Landes nur dann sein, wenn sie wirklich genau zu derselben
Zeit mit jener gelebt hat; gleichwertig aber, d. h. eine, ungefähr
mit der pliocänen Fauna Europas analoge Entwicklungsstufe
repräsentierend, kann theoretisch jede nächstältere oder nächst-
jüngere, also obermiocäne oder unterpleistocäne Fauna eines
anderen Erdteiles sein.
Aus solchen Erwägungen heraus habe ich damals ein quar-
täres Alter des Pampeano für das Wahrscheinlichere erklärt, und
ich kann mich heute, nachdem Sreınmann und BoRCHARDT jene
Mollusken-Fauna als neues Beweismittel hinzugefügt haben, nur
umsomehr in demselben Sinne aussprechen.
Jene Mollusken sprechen zu stark dafür, daß wir auch hier
nur diluviale Schichten, mithin nur einen diluvialen Menschen
vor uns haben.
Es ist indessen wohl zu bemerken, daß im tieferen
Pampeano lediglich einige Schneidezähne des Menschen gefunden
wurden. Diese würden mithin nur diluvialen Alters sein. Tertiäre
Menschenknochen scheiden ganz aus.
Die in den oberen Schichten des Pampeano gefundenen
Schädel und Skeletreste leiden vollends an derselben Unsicher-
heit, wie das in Europa bei solchen Erfunden der Fall ist. Sie
.) a. a 0. W. Branco, Eine fossile Säugetierfauna von Punin
bei Riobamba in Ecuador. S. 154—158.
2) a. a. 0.8. 147 ff.
109
könnten möglicherweise doch durch Begräbnis oder eine andere
Weise später in diese Schichten gelangt sein, dürfen mithin
nicht als sicher diluvial angesprochen werden.
Fragliche fossile Fussfährten des tertiären oder jüngeren
Menschen.
Außer den vermeintlichen Skeletresten des tertiären
Menschen hat man aber auch an den verschiedensten Orten
fossile Fußspuren gefunden, welche man dem Menschen, z. T.
auch dem tertiären, zugeschrieben hat. In Nordamerika, Australien,
und ganz neuerdings auch Deutsch-Südwestafrika sind solche
fraglichen Menschenfußspuren, und zwar jedesmal zusammen mit
Tierfußspuren, gefunden worden. Bereits der Nachweis diluvialer
Fußfährten des Menschen wäre von hohem Interesse; noch viel-
mehr natürlich derjenige tertiärer.
Die Untersuchung derartiger Vorkommnisse wird versuchen
müssen, einmal das Alter des betreffenden Gesteins, zweitens
die menschliche bez. tierische Herkunft der betreffenden Fuß-
spuren festzustellen -— soweit das eben möglich ist.
Fussspuren am Ufer der Buchtarma in Sibirien.
Schon im Jahre 1805 hatten die Abdrücke von zwei Menschen-
füßen und mehreren Pferdehufen in Sibirien am Ufer der Buch-
tarma, einem Nebenflusse des Irtish, 56 Fuß über dem Wasser-
spiegel, die Aufmerksamkeit erregt, sodaß sie abgebildet und
besprochen wurden. Das Gestein, in dem man sie fand, bestand
aus einem „Granit“, der „wie Tonschiefer geschichtet“, d. h.
also wohl ein Gneis war. Später hatte SpasskJ sie aufgesucht
und 1831 abermals beschrieben. Er erklärte sie für echt mensch-
liche, da die Eingeborenen jede Möglichkeit ablehnten, daß etwa
ein Mitglied ihres Stammes so natürlich aussehende Fußfährten
künstlich machen könne. Diese Deutung wurde dann durch
ErmAann 1841 widerlegt.!) Ich gebe in Fig. 1 seine Abbildung
wieder.
Wenn man obige, von ERMAnN ?) gegebene Abbildung betrachtet,
ergibt sich ohne weiteres, daß dieser mit seiner Deutung das
Richtige traf. Schon der Umstand, daß der eine Fuß groß,
der andere aber klein ist, ohne etwa verkrüppelt zu sein, machen
es klar, daß sie nicht von einem und demselben Menschen her-
rühren können, sondern künstlich in den Stein gemeißelt sein
!) Über vermeintliche Ichniolithen bei Buchtarminsk. Archiv £.
wissenschaft. Kunde von Rußland. Herausgegeben von ERMANN.
Berlin 1. 1841 S. 529 u. 2. 1842 S. 175—76.
27 2.3.021.°4841.° 1: I.
Fig. 1. Am Ufer der Buchtarma.
müssen. Zu derselben Ansicht wird man durch die Stellung der
oeiden Füße geführt, denn sie stehen genau rechtwinklig zu ein-
ander, so wie ein Mensch nie steht. Auch die beiden großen
und vier kleinen Eindrücke, welche offenbar Pferde-Hufeisen dar-
stellen sollen und völlig regellos im Gesteine sitzen, deuten mit
‘Sicherheit auf ein Kunstprodukt hin; und dasselbe Urteil dränst
sich durch die Natur des Gesteins auf, gleichviel ob es ein
Granit oder Gneis sei.
Da die Eingeborenen aber nicht die Urheber sein können,
so werden letztere in fremden Arbeitern gesucht werden müssen; wie
ERMANN wahrscheinlich macht, in solchen, die 1791 bei dem
Bau der Zitadelle beschäftigt gewesen sein mögen.
Aus Nordamerika liegen von drei verschiedenen Punkten
Mitteilungen über angebliche Fährten menschlicher Füße vor.
Fussspuren NNW vom Athensgebirge.
Auf der höchsten Spitze des sogen. „bezauberten Berges“,
welcher etwa 90 englische Meilen NNW vom Athensgebirge in
Georgia liegt, hatte man gleichfalls menschliche Fußspuren, hier
aber in größerer Zahl und in völlig natürlicher Anordnung, ge-
111
funden. Diese Fährten bildeten eine lange Reihe, abwechselnd
dem rechten und linken Fuße angehörig und in der Entfernung
eines gewöhnlichen Schrittes von einander. Außer den Fährten
von Erwachsenen zeigten sich auch solche von Kindern und von
unbeschlagenen Pferden, deren Schritte wie auf schlüpfrigem
Boden ausgeglitten erschienen.
Da keinerlei Spuren meißelartiger Instrumente an diesen
Fährten bemerkbar waren, dieselben vielmehr völlig den Eindruck
einer Modellierung in weichem Tone hervorriefen, die Ureinwohner
auch in diesem Falle garnicht so kunstfertig gewesen sein dürften,
so .wies BuckInGHa=m die Deutung derselben als Kunstprodukte
zurück und erklärte sie für echt menschliche Fußfährten. Die
Arbeit BuckıncHams!) war mir leider nicht erreichbar. Ich bin
daher angewiesen auf den Bericht im L’Institut?) welcher darüber
das folgende sagt:
Die menschlichen Fährten, welche etwa !/a Zoll tief in das
Gestein gedrückt waren, wichen von normalen Füßen nur dadurch
ab, daß sie etwas breiter und um etwa 1/s länger als solche
waren; auch besaßen sie stark gespreizte Zehen, als ob diese
Menschen nie Sandalen oder Schuhe getragen hätten.
Sollte es sich in der Tat um menschliche Fußtapfen handeln,
so würde die etwas zu große Länge vielleicht ebenso durch ein
Vorwärtsgleiten auf schlüpfrigem Boden sich erklären lassen,
wie das bezüglich der Pferde-Fährten geltend gemacht wurde.
Vielleicht würde auch das Spreizen der Zehen wenigstens z. T.
mit durch das Bestreben, in schlüpfrigem Boden festeren Halt
zu gewinnen, erklärbar sein.
Für eine auffallende Länge, und ebenso auch für eine auf-
fallende Breite von Fußspuren gibt es indessen auch noch eine
andere Erklärung: Daß nämlich eine jede solcher Fährten
nicht durch einen, sondern durch zwei Fußtritte erzeugt worden
ist, von denen der zweite nicht genau die erste Fährte deckte.
Denkt man sich zwei (bez. mehr) Menschen hintereinander
gehend, so wird die einzelne Fußspur länger als normal werden,
sobald der hintere Mann entweder etwas weiter oder aber etwas
weniger weit ausschreitet als der vordere; denn je nachdem
wird die erstgemachte Fußtapfe durch die zweite entweder am
vorderen Ende oder aber am hinteren etwas verlängert werden.
Enntsprechendes ergibt sich bezüglich der Verbreiterung der erst-
gemachten Fußtapfe, sobald die zweite entweder etwas mehr nach
der Innen- oder nach der Außenseite übergreift.
Das Gesagte gilt nun aber, ebenso wie für zwei Zweifüßler,
!) The slave states of America, 1841 (oder 42).
2, 10. Paris 1842 S. 140.
112
auch für einen Vierfüßler, bei dem dann die Hinterfüße die Rolle
des zweiten Menschen spielen können.-
Es ist daher, ohne jene Fährten gesehen zu haben nicht
möglich, zu einem eigenen Urteile zu gelangen.
Der Umstand jedoch, daß alle Zehen gespreizt gewesen sein
sollen, macht es mir sehr wahrscheinlich, daß keine wirklichen
menschlichen Fußtapfen vorliegen.
Fussspuren bei St. Louis.
Des weiteren berichtete ScHooLcrarr!) über zwei zierliche
menschliche Fußtapfen aus den Kalksteinbrüchen von St. Louis,
auf der Westseite des Missisippj. Schon seit dem Beginn der
Siedelung von St. Louis waren sie bekannt. Später wurde der
Block, in dem sie saßen, von dem bekannten, 1504 aus Württem-
berg ausgewanderten Geistlichen RAarpe, welcher die Harmonites-
Sekte gründete, entführt und in seinem Hause aufgestellt, dann
wieder nach Pensylvanien gebracht und als Eindrücke von Christi
Füßen von manchen verehrt. Ich gebe in Fig. 2 das Bild der-
selben wieder.
Fig. 2. Bei St. Louis.
N SILLIMAN gewann aus der Untersuchung dieser Fährten die
Überzeugung, daß die bis ins Kleinste gehende Naturwahrheit
jeden Gedanken an künstliche Erzeugung ausschlösse. Ohne
Stahl und Eisen sei eine solche in dem harten Gestein überhaupt
undenkbar und die Ureinwohner Amerikas hätten Stahl und Eisen
!) American journal of science and arts. 5. 1822. S. 223 u. Taf.
113
nicht gekannt. Augenscheinlich also seien diese Eindrücke natür-
licher Entstehung in einer Zeit gemacht, in welcher das Gestein
noch weich war.
Schon Cor. BERToN hob en das Fehlen anderer
Fußtapfen hervor, welche zu diesen beiden hinführten und schloß
daraus auf künstliche Entstehungsweise. Auch ErMAnN!) ge-
langte zu demselben Urteil, weil die Stellung der Aue keine
schreitende, sondern eine ruhige, stehende sei.
In letzterer Beziehung erinnern sie. sehr an die beiden
Fährten von Warnambool in Australien (s. S. 114); nur daß man
bei letzteren auch noch andere Fährten beobachtet haben will,
die zu ihnen hinführten. Mir scheinen aber vor allem die Zehen
so unnatürlich zu sein, daß ein Gedanke ‘an natürliche Ent-
stehungsweise ausgeschlossen ist; denn sie sind ähnlich schlank,
wenn auch nicht eben so lang, wie Finger; und derartiges Ver-
halten zeigen menschliche Zehen nicht.
Fussspuren bei Carson, Nevada.
Eine andere Fundstätte versteinerter Eindrücke „mensch-
licher“ Füße in Nordamerika liegt in den Steinbrüchen des
Berges, auf weichem das Gefängnis bei Carson Nevada sich be-
findet. Über diese Fährten hatte vor zwei Jahrzehnten HARrkNESS
berichtet. Es wurden dort sandige, aber bereits verfestigte Ge-
steine einer ehemaligen Süßwasserablagerung abgebaut, welche
Physa und Anodonta führte.) Auf einer freigelegten Schicht
entdeckte man eine große Anzahl von Fußspuren, die. auf Vögel,
Mammut, Hirsch, Wolf, Pferd und den Menschen zurückgeführt
wurden. Große beckenartige Fußtapfen erschienen um so sicherer
in ihrer Deutung als solche des Elefanten, als man auch dessen
Stoßzähne fand.
Für die Altersbestimmung erscheint dieser letztere Umstand
von Wichtiekeit; denn das Mammut würde für ein diluviales
Alter sprechen. Die Fußspuren und Reste von Pferden machen
es weiter ebenso wahrscheinlich, daß hier den sogen. Equus-beds
gleichaltrige Schichten vorliegen, welche den Übergang aus dem
Pliocän in das Quartär bilden, also je nach der Auffassung,
ganz jung pliocänen oder alt quartären Alters sind.
Was nun aber die angeblichen Menschenfährten anbetrifft,
so können dieselben nur im Umrisse ungefähr mit denen der
Menschen übereingestimmt haben, denn Harknzss wurde durch
!) Archiv f. wissenschaft. Kunde von Rußland 1841. 1. S. 531.
?) Foot-prints found at the Carson State Prison. Proceed. Cali-
fornia Academy of Sciences. 1882. Aug.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 56. 1904. fe)
114
ihren Anblick zu der Meinung geführt, daß die Füße mit San-
dalen bekleidet gewesen seien.
Demgegenüber hat wohl MarsH die richtigere Deutung ge-
funden, indem er!) ihre menschliche Herkunft ablehnt und sie
zurückführt auf Tiere wie Mylodon oder Morotherium, welche
beim Gehen den Hinterfuß ungefähr, aber nicht genau auf die
Fußtapfe des Vorderfußes gesetzt hätten. Auf solche Weise
würde sich die starke Krümmung der Außenseite und zugleich
die große Länge der fraglichen Fährten erklären, nämlich 45 cm
Länge bei 20 cm Breite; beides Umstände, welche mit einer
menschlichen Fährte nicht gut vereinbar wären. Dadurch, daß
der weiche Ton an den Klauen haften blieb, fände das Fehlen
der Eindrücke der Klauen eine Erklärung. Auch die Größe der
seitlichen Entfernung der Spuren des rechten Fußes von denen
des linken, welche 20 cm beträgt, spricht gegen eine Ableitung
vom Menschen; denn bei diesem dürfte die Entfernung von Innen-
wand zu Innenwand der Füße nur ungefähr halb so viel betragen.
Es zeigt sich mithin, daß die angeblichen menschlichen
Fußspuren von Carson in Nevada mit höchster Wahrscheinlichkeit
nur tierischer Herkunft sind und daß das Alter der fraglichen
Schichten vielleicht nur ein altquartäres, höchstens aber jung-
pliocänes ist.
Fussspuren in Australien, bei Warnambool, Victoria
und anderen Orten.
Allem Anscheine nach doch menschenähnlicher sind die Fuß-
spuren, welche man, wiederum im Vereine mit solchen von Tieren
wie Emu und Dingo (Hund), in Australien fand. ARCHIBALD ent-
deckte sie zuerst in Victoria nahe der Stadt Warnambool in
einem Sandsteine und zwar in Schichten, die 18 m unter Tage
anstanden.
Bekannt sind diese Fährten bei Warnambool bereits seit
dem Jahre 1873, und nach und nach sollen sie in einer ganzen
Anzahl von Steinbrüchen bei dieser Stadt gefunden worden sein.
Auch sollen sie, wie der Besitzer von Keras”) Steinbruch be-
richtet, sich nicht nur an der Oberfläche einer einzigen Schicht,
sondern „more or less through the stone“ hindurch finden.
ARCHIBALD berichtet aber weiter auch noch über die Ein-
drücke von zwei menschlichen Gesäßen (s. Fig. 3), die zu zwei
!) Supposed Human Foot-prints, recently found in Nevada.
American Journal of Science 26. 1883. S. 139.
?) Evidence collected to etablish the discovery of the most ancient
Men in Australia. 'T’he Australasian anthropological journal. Sydney.
New South Wales. 1 N. 2. 1898, S. 54—56.
Fig. 3. Aus Australien. Fuß- und Sitzspuren.
Fußpaaren gehörten, von denen allerdings nur das eine erhalten
zu sein scheint. Hier sollten also zwei Menschen gesessen
haben, und ArchHıBaALp berichtet ferner, daß, wie sich bei
weiterem Abbau dieser Schicht zeigte, in der Tat die Fährten
zweier Menschen, eines größeren und eines kleineren, nebst der
eines Hundes von jener Sitzstelle fortführten.
g+
116
Ich gebe im vorstehenden die Photographie wieder, welche ich '
der Liebenswürdigkeit des Herrn Professor GrEeGorY in Melbourne
verdanke.
Auch aus einer anderen Gegend Victorias, von der Hie-Hie-
Station, wurde durch Jonas SkLier über den Fund solcher
Fußspuren in einem Sandsteine berichtet, welche dem Menschen,
dem Emu und dem Känguruh angehören sollten.)
Wiederum auf eine anscheinend andere Stelle bezieht sich eine
Nachricht in Science of Man, in welcher gesagt wird,?) Mr. Skeer
aus Moare habe im Sandstein eines Flußbettes ebensolche
Spuren von Hund, Känguruh, Emu und Mensch gefunden.
In derselben Zeitschrift?) schreibt weiter Me Doweur, daß
eine viertel Meile von der Poststation an der Straße nach
Port Fairy in einem Sandsteinbruche ebenfalls zahlreiche Fuß-
spuren des Dingo aufgedeckt seien. Eine Photographie läßt die
ziemlich steile Schichtenstellung und, freilich undeutlich, die Fuß-
spuren erkennen. Diese Dingo-Spuren aber würden, wie sogleich
zu zeigen, gleichbedeutend mit dem Erfunde menschlicher Fuß-
spuren sein.
ARCHIBALD hat in Science of Man“) die Funde bei Warnam-
bool nochmals besprochen und darauf hingewiesen, daß für die
Frage nach dem Alter des Menschen zwei Tatsachen von Belang
seien! Einmal die, daß der Hund (Dingo), dessen Spuren ja eben-
falls auf den genannten Platten sich finden, erst durch den
Menschen nach Australien eingeführt worden ist; und zweitens
die, daß an anderer Stelle ein fossiles Hundeskelet in jung
tertiären Schichten Australiens, Victoria, gefunden wurde.
Sind nun beide Tatsachen richtig, dann würden beide im
Verein natürlich ein mindestens jung tertiäres Alter des Menschen
in Australien, ganz unabhängig von jenen fraglichen Menschen-
Fußspuren, beweisen. Nun ist an der Richtigkeit der ersten
Tatsache, daß erst der Mensch den Hund zum Mitgliede der
australischen Fauna gemacht hat, wohl nicht zu zweifeln. Ob
19.330. 1 N.-4..489878.95.
2) SYDNEY 1899, 22002792792:
2) 8a. 12.20,.01899 2229 N 41153. 216.
*) SypneY 1898, 1.N.25.40. Die folgenden drei weiteren Arbeiten
über dieses Thema, deren Nennung ich der Freundlichkeit des Herrn Pro-
fessor GREGORY in Melbourne, von nun an in Edinburg, verdanke, konnte
ich leider nicht erhalten; ich möchte sie aber doch hier anführen.
OFFICER, C. G. W., The Discovery of Supposed Human Footprints
on Aeolian Rock at Warnambool. Viect. Nat. 9. 1892. 8. 32—39.
PRITCHARD, G.B. The Sand Dunes of the Coast. Geelong Naturalist.
4. N. 3. March. 1895. S. 43 etc.
Alleged Traces of Primitive Man. Austral. Min. Stand. 31. S. 230 —
251, 273—274. Melbourne. 1904.
‘
110
aber auch die zweite richtig ist, daß jenes Skelet eines Hundes
in wirklich tertiären Schichten gefunden wurde, das entzieht sich
für mich der Beurteilung; und es ist zu hoffen, dal) eine so über-
aus wichtige Frage bald eingehender, nämlich durch Aufführung
der Beweise für das jung tertiäre Alter der fraglichen Schichten,
behandelt werden möchte. !)
Die Angaben über das Alter der“Schichten, in welchen man
die fraglichen Menschen-Fußspuren fand, lauten sehr verschieden.
Bonwick?) sagt, daß der Kalkstein der Warnambool- und Port
Fairy-Distrikte dem Tertiär angehöre und derselben Entstehungs-
weise sei wie die Kalke, die entlang der ganzen Küste von Süd-
Australien, mit gewissen Unterbrechungen durch vulkanische Ge-
steine, auf Tausende von miles sich hinziehen.
Angaben Anderer lauten sogar auf Miocän, wieder Anderer
auf Pleistocän; doch fand ich in den eitierten Schriften keine
Begründung dieser Angaben, namentlich keine spezifische Be-
stimmung der marinen Muscheln, welche sich in dem, den frag-
lichen Sandstein überlagernden Kalksteine gefunden haben. Selbst
die aufgeführten Gattungsnamen sind z. T. mißhandelt. Es werden
namhaft gemacht, außer Terebratula noch „Echtinus, Nautilus und
Pecten.“ Auf das Alter läßt sich hieraus also kein Schluß ziehen,
wenngleich in europäischen Ablagerungen das Auftreten von
Terebratula, Echinus und Nautilus eher für ein tertiäres als für
ein quartäres sprechen könnte.
Eine Prüfung des nach ArcHIBALD hier wiedergegebenen
Profiles bei Warnambool scheint mir nun die im folgenden dar-
gelegten Schlüsse zu gestatten. Von oben nach unten gliedert sich
das Profil in folgender Weise:
1) Waldboden.
2), Bon:
3) Vulkanisches Gestein.
4) Kalksteinlager, zuoberst mit marinen Muscheln.
5) Kalkhaltiger Sandstein mit Fußspuren vom Menschen,
Emu und Dingo. Bei Tower Hill in 60 Fuß Tiefe ein
Dingo-Skelet.
!) Erwähnenswert ist vielleicht eine weitere Mitteilung (a. a. O. 1.
N. 1. 1898 S. 41), nach welcher bei Peak Hill, in einem behufs Gold-
graben gemachten Digging, 200 Fuß unter der Erdoberfläche eine ge-
schlagene Feuersteinaxt von einem Goldgräber gefunden worden sein
sol. Das Gestein war derselbe harte, weiße Ton, in welchem dort
das Gold liest. Uberaus unsicher will aber der Hinweis erscheinen,
daß dieser Ton dem Geschiebelehm Europas ähnlich, daher diesem
wohl gleichaltrig sei, daß daher dieser Axt, bez. dem Menschen, der
sie machte, ein diluviales Alter zukomme.
?) Science of Man and Australasian anthropological journal 1. N. 1
SYDNEY 1898, S. 86.
115
Über die Gesamtmächtigkeit dieser Ablagerung fehlen genauere
Angaben; doch kann man aus der Abbildung 1, bei ArCHIBALD,
ersehen, daß der Sandstein keineswegs geringmächtig ist;
und von Haruıwerıs Steinbruch wird direkt angegeben, daß in
dem festen Sandsteine in 25 Fuß Tiefe Reste von Asche und
Kohlen gefunden wurden, während man an einer anderen Örtlich-
keit solche Feuerspuren sogar erst in 60 Fuß Tiefe traf.
Immerhin zeigt sich also, daß allein schon der Sandstein, in
welchem die fraglichen Menschenspuren auftreten, eine ansehnliche
Mächtigkeit besitzt; und eine solche bedingt wiederum ein nicht zu
geringes Alter der Ablagerung, vorausgesetzt, daß es sich um ein
marines Sediment handelt. In der Tat ist das Gestein, wie Herr
Sanitätsrat Dr. med. Ausgere in Cassel zeigen wird, ein Fora-
miniferensand bez. -Kalk. Nun wird freilich in dem oben citierten
Berichte gesagt, daß eine Dünenbildung vorliege; und eine solche
würde sich natürlich in relativ kurzer Zeit zu der Mächtigkeit von
über 60 Fuß anhäufen können.
So recht überzeugend will mir indessen die echte Dünen-
natur dieses Foraminiferensandsteines nicht erscheinen. Die an-
scheinend vorhandene deutliche Schichtung spricht nicht sehr
dafür; und direkt dagegen spricht der fernere Umstand, daß in
trocknem, losem, durch Wind aufgehäuftem Dünensande sich
schwerlich so verschiedenartige und so häufige Tier- und
Menschenspuren hätten erhalten können. Dazu bedurfte es doch
eines mehr feuchten Sandes, wie man ihn hart am Strande findet.
Der Ausdruck „Strandbildung* dürfte daher eine richtigere Vor-
stellung erwecken, als der Ausdruck „Düne“, bei dem man ge-
neigt ist, mehr an ein dem Meere bereits ganz Entrücktes zu denken.
Es scheint also die nicht unbedeutende Mächtigkeit des
Sandsteines immerhin dafür zu sprechen, daß zu seiner Ablagerung
eine nicht ganz unbedeutende Zeit nötig gewesen ist; dazu aber
gesellen sich noch weitere Momente, aus welchen gleichfalls her-
vorgeht, daß auch seit seiner Ablagerung noch sehr viel mehr
ein längerer Zeitraum verstrichen sein muß. Dieselben gehen aus
dem oben mitgeteilten Profile hervor.
Zunächst ist der Sand, nachdem die ersten Feuer- etc.
Spuren in ihm entstanden waren, noch 60 Fuß mächtiger ge-
worden. Dann ist er unter den Meeresspiegel hinabgesunken,
tief und lange genug, daß über ihm sich die Kalkablagerung,
N 4, bilden konnte, in welcher die marinen Versteinerungen
liegen. Darauf ist das vulkanische Gestein darüber gebreitet, und
gleichzeitig oder vorher bezw. nachher die ganze Ablagerung
wieder gehoben, aufgerichtet und der Sand zum festen Sandstein
verkittet worden.
119
Wenn also auf der einen Seite durch jene oben genannten
Versteinerungen der Beweis eines auch nur jungtertiären Alters
nicht erbracht worden ist, so scheint mir auf der anderen Seite
doch aus den soeben angeführten Gründen hervorzugehen, daß
der Sandstein kein so sehr jugendliches Alter besitzen kann.
Ob ein altquartäres oder ein noch älteres, das freilich entzieht
sich für mich der Beurteilung.
Ein Grund jedoch ist vorhanden, welcher, im Gegensatze zu
dem Gefolgerten, für ein jugendlicheres Alter der ganzen Ab-
lagerung sprechen könnte: An anderen Lokalitäten, aber eben-
falls nahe Warnambool und, wie gesagt wird, in demselben Sand-
'steine, haben zich zwei große und andere, wohl kleinere, Äxte
aus Basalt gefunden. Äxte' das würden also vielleicht nicht
einmal paläolithische, primitive Waffen sein, sondern gar neo-
lithische, falls man nicht ganz beliebig für die australische
Menschheit einen rascheren, frühreiferen Entwicklungsgang an-
nehmen will, als für die übrige Menschheit; und dazu liegt doch
bisher nicht der mindeste Grund vor.
Aus diesem Widerspruche könnte nur die Annahme befreien,
daß diese Äxte nicht, wie die Feuer- und Fußspuren, ursprüng-
lich in den Sandstein gebettet worden sind, sondern daß sie aus
Gräbern stammen, die nachträglich in dem Sandstein gemacht
wurden.
Ist das nicht der Fall, liegen sie in diesem Sandsteine
auf primärer Lagerstätte, dann könnten auch die fraglichen Fuß-
spuren bei Warnambool höchstens jungdiluvialen Alters sein. Das
sind Widersprüche, die sich nur an Ort und Stelle lösen lassen.
Was nun Jie Fährten selbst anbetrifft (Fig. 3, S. 115),
welche mir nur aus der verkleinerten Photographie bekannt. sind,
so lassen sich Zehen an denselben anscheinend nicht unter-
scheiden. Darin liest ein Gegensatz zu allen anderen von mir
wiedergegebenen Fußspuren. Der Umriß erinnert freilich an den
Menschen mehr als an ein anderes Wesen. Die angeblichen
Gesäß-Eindrücke entbehren aber der Kerbe, liegen auch nicht
hinter, sondern etwas seitlich von den zugehörigen Fußspuren.
Herr Professor GreGory in Melbourne legt diesen Spuren,
wie ich einem freundlichen Schreiben desselben entnehmen darf,
keine Beziehung zum Menschen bei; er hat dieselben freilich nicht
selbst gesehen.
Da gerade in neuester Zeit SCHORTENSACK für das hohe
Alter des Menschengeschlechtes in Australien eingetreten ist, SO
interessiert wohl die völlig gegenteilige Ansicht, zu welcher Herr
GreGorY als Geolog durch seinen langen Aufenthalt in Australien
hinsichtlich des Menschen in Victoria gelangt ist. Er hegt die
120
Überzeugung, daß Victoria seit nicht länger als 1000 -+ 50
Prozent Jahren bevölkert sei. Hand in Hand mit dieser seiner
Überzeugung geht dann natürlich die obige, daß jene Fährten
von Warnambool nicht dem Menschen angehören. Ich glaube,
den betreffenden Teil des Briefes!), welchen ich seiner Liebens-
würdigkeit verdanke, hier nicht vorenthalten zu sollen.
LAroy?) berichtet indessen, daß ErTHErıpeE in einer der
Wellingtonhöhlen in Neu-Süd-Wales zwei menschliche Molaren,
sitzend in einer Knochenbreccie, gefunden hat, welche auch Reste
von .Diprotodon und Thylacoleo enthielt. Die Gleichzeitigkeit
des australischen Menschen mit diesen ausgestorbenen quartären
Tierformen würde nun freilich für ein relativ hohes Alter auch
des Menschen sprechen — vorausgesetzt, daß eben jene Mit-
teilung von ETHERIDGE richtig sein sollte.
WiLser’), welcher auf der Naturforscherversammlung zu
Cassel die von Herrn ALsBRERG ausgestellten Gipsabgüsse dieser
Fußspuren und Gesäßeindrücke von Warnambool gesehen hat,
t) „After consideration of the evidence my impression is that man has
been an extremely short time in Victoria, say 1000 years, __ 50 per cent.
All our human records are in most superficial deposits. No country
in the world has had its gravels searched as ours have been. You
can find stretehes of these gravels for hundreds of acres, turned up,
and the underlying surface exposed. The work was done by men, very
keen observers, many of whom took great interest in the aborigines.
But except on the surface layer, no reliable human implements have
ever been found. In our sand dunes we find old camping grounds upon
the hardened dune surface, but it is only in the top surface that abor-
iginal remains occur. Old dune surfaces, in places where the aborigin-
es would first have camped, and which probably were not formed 500
years ago, are quite barren of human remains. The slight distance
which the aborigines penetrated into our forests also suggests their
conparatively recent arrival. If they had been in the country for a
prolonged period we should probably have had specialized hill tribes.“
„Many of our volcanic rocks are very recent date; we have craters
in excellent preservation. There are stories, said to be evidence of
the aborigines having seen the eruptions; these all break down on
examination and none of them refer to the most recent of our volcanoes.
None of the names of those mountains have any reference to fire or
smoke, the names indicate that the mountains were in their present
conditions when natives first saw them. Considering the extravagant
untidiness with which the aborigines scattered flint chips around their
camps it seems to me inconceivable that we should not find abundance
of these chips in our lower dunes, and our gravels, if man had been
alive during their deposition. I have seen myself no traces of worked
stones or other traces of man in the Warrnambool sandstones, which
are a series of dune limestones.“
?) I,’antiquite de l’homme en Australie. L’Antropologie. Paris 1902.
S. 41b.
°) Die Germanen. Eisenach, Thüringische Verlagsanstalt S. 22.
Anm. 25.
121
spricht sich ebenfalls dahin aus, daß ihm, wie anderen auch,
kein zwingender Grund, dieselben auf den Menschen zurückzu-
führen, vorzuliegen scheine. Er kommt also zu demselben Urteile,
welches Herr GrEGoRY ausgesprochen hat.
Wenn aber Wırser das Alter des betreffenden Gesteines,
gleichviel, ob es nun ein Sandstein oder ein Kalkstein ist, auf
„vielleicht nur wenige Jahrhunderte“ beziffert, so ist angesichts der
oben gegebenen Darlegung eine solche Ansicht entschieden irrtümlich.
Herr Sanitätsrat Dr. ALsSBERG, der im Gegensatze zu jener
Auffassung, bereits in Cassel die menschliche Natur dieser Fährten
vertreten hat, gedenkt auf der diesjährigen Naturforscherver-
sammlung (1904) in Greifswald die Zugehörigkeit zum Menschen
weiter zu vertreten.!) |
Wie zufällige Bildungen oder wie Kunstprodukte wollen mir
diese Fußfährten nicht erscheinen; irgend einem lebenden Wesen
sind sie doch wohl zuzuschreiben. Menschenaften, an die man
nächst dem Menschen denken könnte, sind, bisher wenigstens, fossil
in Australien nicht bekannt geworden. Auf den Sunda-Inseln leben
sie aber noch heute, und in jungtertiärer bez. altdiluvialer Zeit
hat auf Java der vielumstrittene Prthecanthropus gelebt, der —
sei er nun Mensch oder Menschenaffe, oder Bindeglied zwischen
beiden, oder Bastard von beiden?) — eine ansehnliche Größe
sehabt haben muß. Könnte man an ihn denken?
Fragliche Fussspuren aus Deutsch-Südwest-Afrika.
Ganz kürzlich sind in einem dritten Erdteile Fußspuren ge-
funden worden, welche ebenfalls dem Menschen angehören sollten.
Herr Dr. Pıuz Ronrsacn, deutscher Reichskommissar für das An-
siedlungswesen in Deutsch-Südwestafrika, hat dieselben dort ent-
deckt und zunächst in Löschpapier abgeklatscht, da er erst
weiterer Hilfe bedurfte, um die Spuren aus dem Gesteine heraus-
zuarbeiten und an die Küste zu transportieren.
Diese Abklatsche sind, mit einem Briefe an den Assistenten
an der geologisch-paläontologischen Sammlung Herrn E. KırscHstein,
in den Besitz unseres Museums gelangt; auch ein Abklatsch der
Fußspur eines Zweihufers und ein Gesteinsstück mit der Fußspur
eines anderen, etwas kleineren Zweihufers sind hier eingetroffen,
Leider aber sind gerade die „Menschen“spuren, obgleich sie
', Es sei mir an dieser Stelle gestattet, dem genannten Herrn
Dank zu sagen, für die Liebenswürdigkeit, mit welcher er den Gips-
abguß der Fährten, ihre Photographie und Dokumente über diesen
Fund unserer Sammlung übermachen will.
?) W. BrAnco, Der fossile Mensch. Verhandl. d. V. International.
Zoologen-Kongresses Berlin 1901, Sep.-Abdr. S. 23.
122
nnd
später doch noch, wie ein weiterer Brief meldet, vom Gesteine
abgelöst, verpackt und an die Küste geschickt wurden, bisher
nicht angelangt. Da nun der betreffende Dampfer, der sie hätte
bringen müssen, ohne dieselben angekommen ist, während andere
Sendungen aus dieser Zeit richtig in Empfang genommen werden
konnten, so scheint leider gerade diese so interessante Sendung
in den jetzigen Wirren verloren gegangen zu sein. Ich gebe
daher im folgenden eine Abbildung der genannten Abklatsche
und eine kurze Besprechung derselben.
Herr Dr. RonrBacH schreibt über diese Funde unter dem
12. Dezember 1903 von der a Gaub, der Gegend
von Grootfontein:
Die beiden Menschenfährten wurden in demselben Gestein
wie die Tierfährten gefunden; aber nicht au derselben Stelle,
sondern an zwei verschiedenen Orten, deren jeder etwa eine halbe
Reitstunde von Gaub entfernt lag.
„Die Spuren, auch die beiden menschlichen, von denen ich
Ihnen Abklatsch sandte, liegen alle zweifellos auf gefalteten
Schichten; das Gestein, in dem sie zu sehen sind, ist dasselbe
wie das, aus dem das ganze umliegende Gebirge aufgebaut ist;
einzelne der Schichten, auf denen Spuren zu sehen sind, er-
scheinen außerordentlich steil gestellt — die meisten aber in
einem Winkel von 10—20° Die Streichungsrichtungen sind
verschieden. Die angeblichen Spuren in einer Höhle haben sich
als Buschmannszeichnungen herausgestellt. An dem paläontolo-
gischen Charakter der Spuren ist meines Erachtens jeder Zweifel
ausgeschlossen. *
Die in diesem Briefe erwähnte Erscheinung, daß einzelne
Schichten so sehr viel steiler als alle anderen sind, ist vielleicht
am einfachsten dahin zu erklären, daß Herr Roursack nicht
einzelne Schichten, sondern einzelne Schollen meint und daß
letztere am Gehänge abgerutscht und infolgedessen so steil auf-
gerichtet sind.
Das Gestein selbst, von dem ein großes Stück vorliegt,
erweist sich als ein grobkörniger Sandstein, welcher aus Körnern
von Quarz und von rötlichem, verwittertem Freldspate, dem Aus-
sehen nach Orthoklas, besteht. Dieser Sandstein scheint mithin
aus der Zerstörung von Granit oder Gneis hervorgegangen zu
sein. Er besitzt ziemliche Festigkeit und ist an seiner Ober-
fläche mit einer dicken Verwitterungsrinde bedeckt, in welche die
sogleich zu besprechende Fußfährte eingesenkt liegt.
Was nun diese Fußspur anbetrifft, die mir im Gesteine,
also in natura vorliegt, so handelt es sich anscheinend um eine
Tierfährte, Der Wiederkäuer-Charakter tritt unverkennbar hervor,
123
cf
—
Fig. 4. Antilopen-Spur.
da beide Hufe und die sie trennende Spalte deutlich zu erkennen sind.
Die obige Abbildung zeigt das vielleicht weniger klar, als
der Gipsabguß das tut, welch’ letzterer ein Bild der Unteransicht
der betreffenden Hufe gibt.
Diese Fährte mißt 8 cm von vorn nach hinten und 5 cm
von rechts nach links. Sie stimmt, wie Herr Marscnuız im geo-
logischen Museum freundlichst durch Vergleich feststellte, mit
den Hufen eines Tieres, wie die heutige Kudu-Antilope es ist,
überein; sie ist jedoch sehr wenig vertieft.
Die andere Tierfährte liegt nur im Abklatsch vor; obwohl etwas
vom hinteren Ende abgebrochen ist, mißt doch ihr größter
Durchmesser von vorn nach hinten 12 cm, derjenige von rechts
nach links 10 cm. Es handelt sich hier also um einen größeren
Zweihufer, als vorher. Ist auch der Abklatsch nicht sehr scharf,
so zeigt er doch deutlich die Spalte zwischen den beiden Hufen.
Die beiden „menschlichen“ Fährten liegen, wie gesagt, nur
im Abklatsch vor, und dieser hat auf der Seereise etwas an
Deutlichkeit eingebüßt. Es läßt sich somit der Umriß leider
nicht mit völliger Sicherheit an allen Stellen wiedergeben. Ich
bemerke daher, wie außerordentlich schwer es ist, einen solchen
nicht völlig scharf umrandeten Abklatsch mit dem Bleistifte
völlig objektiv zu umziehen, weil gar zu leicht das subjek-
tive Gefühl für die wohlbekannte Form die Hand regiert. Ich
kann daher eine Garantie für die völlige Richtigkeit des Ver-
laufes der Umrandung nicht geben, sondern nur sagen, daß ich
mich bemüht habe den Bleistiftstrich da zu ziehen, wo das Pa-
pier die Spur erkennen ließ.
Deutlich jedenfalls läßt sich erkennen, daß beide Fährten
Zehen besitzen, daß die eine, innere Zehe größer ist, als die
anderen; daß der eine Fuß schmal und länger, der andere auf-
fallend kurz und breit erscheint; daß endlich der lange Fuß
Fig. 5) 5 Zehen, der kurze (Fig. 6) jedoch 6 besitzt.-
Fig. 5. Afrika, lange Spur. Fig. 6. Kurze Spur, 6 Zehen.
Die lange Spur (Fig. 5) gehört einem linken Fuße an; sie mißt
21 bis 22 cm in die Länge und hat 6 cm Breite hinten am
Hacken, 9,6 cm Breite vorn an den Zehen, Ein seitliches Vor-
springen des Ballens ist nicht erkennbar, vielmehr scheint die
große Zehe der am meisten seitlich vorspringende Punkt zu sein.
Wohl aber ist die hinter der Gegend des Ballens erfolgende
normale Einschnürung des Umrisses des Fußes unverkennbar;
seine Breite mißt hier 5,6 cm, ist also nur etwas geringer als
die Breite am Hacken.
Ich stelle im folgenden die Maße dieser langen Fährte,
sowie der später zu besprechenden kurzen, neben die der künst-
lich hergestellten Fährte eines Mannes -von nur mittlerer Größe.
Vergleichen wir die absolute Länge dieser langen Spur,
21 cm, mit der eines Menschen, so ergibt sich, daß selbst diese
lange Fährte noch so auffallend kurz ist, daß sie nur einem sehr
kleinen Menschen angehört haben könnte. Indessen Pygmäen,
deren es ja auch in Afrika gibt, wenngleich nicht jetzt in Deutsch-
Südwest-Afrika, oder Kinder könnten ja als Urheber gedacht
werden.
| Künstliche | Fragliche | Fragliche
Menschen lange kurze
| Fussspur | Fährte. | Fährte.
ANGST an! 2 cm 212 5.cm
Breite vorn an den Zehen. . De) rn 0,0 „N
Mr amp Ballen: au. war Ins U.® 5 D
Fl inirderi Mitten sn Se 3.6 De,
ı .ams Hackennı: Azım Sr, O0 6,4 „
Aber die Breiten-Dimensionen der Fußspur sind auffallend.
Ich sagte schon, daß die größte Breite nicht am Ballen liegt,
sondern vor, an den Zehen; und das kommt nicht etwa daher,
daß die Zehen spreizen (S. 111), sondern daher, daß die äußere
Grenzlinie der letzteren nicht, wie beim Menschen, in schräger
Richtung von innen-vorn nach außen-hinten (also von der
sroßen zur kleinen Zehe) verläuft, sonden in gerader Richtung,
somit senkrecht zur Längsaxe des Fußes. Das ist höchst auf-
fallend für eine angebliche Menschenspur.
Sodann aber fällt es auf, daß diese Breite über die Zehen
(9,6 em) nicht übertroffen wird von der Breite in der Gegend
des Ballens, sondern daß letztere im Gegenteil geringer ist
(7,5 em). Auf solche Weise tritt der Ballen gar nicht als
solcher hervor, was wiederum höchst auffallend ist bei einem
Menschenfuße, der durch Barfußgehen wohl gerade recht breit
ausgetreten sein müßte.
Die Breite von der schmalsten Stelle der Fährte (5,6 cm)
ist gering, ebenso die am Hacken (6 cm); denn diese Dimension
beträgt nur den O,27ten Teil der Länge des Fußes.
Zum Vergleich stellte ich oben die Maße der künstlichen
Fußspur eines Mannes mittlerer Größe daneben.
Es ergibt sich, daß die fragliche, fossile, lange Fährte in
allen absoluten Dimensionen, aber auch in den relativen von der
menschlichen ziemlich stark abweicht.
Natürlich darf man bei der Vergleichung nicht vergessen,
daß der Fuß eines Kulturmenschen notwendig etwas anders sein
wird als der eines Wilden. Wie relativ stark diese Abweichung
sein kann, hat Anrnony?) dargetan, indem er den Fuß des
Negers mit dem des Kulturmenschen, zugleich aber auch mit dem
!) Diese Breite ist senkrecht zur Längenausdehnung des Fußes
. gemessen, da die fossile lange Fährte das bedingte, indem hier die
äußere Zehenlinie nicht schräg, sondern senkrecht zur Längs-
ausdehnung des Fußes verläuft.
2, L’evolution du pied humain. Bull. soc. d’Anthropologie de
Paris 1902. S. 818—35.
126
der Anthropomorphen verglichen hat. Es zeigte sich, daß von
dem Fuße des Menschenaffen, durch den des Negers, zu dem
des Kulturmenschen sich eine Reihe von Verschiedenheiten fest-
stellen läßt, in welcher der Neger den Ubergang zwischen den
beiden anderen Typen bildet.
Nach Antnony ist bei dem Neger die große Zehe noch
besser entwickelt als beim Europäer, da infolge von Nicht-
scbrauch eine Verschmälerung eintritt. Auch geht die Längs-
axe des Fußes beim Menschenaffen durch die dritte Zehe, beim
Europäer durch die zweite (sie kann indessen auch durch die
sroße Zehe verlaufen); und der Negerfuß zeigt nach Ax'tHony
ein Verhalten, das zwischen jenen beiden liest. Die anderen
Verschiedenheiten?) würden sich an einer fossilen Fußspur nicht
erkennen lassen.
Nun könnten im vorliegenden Falle allerdings kaum Neger
in Frage kommen; aber es dürfte von den Buschleuten und
Kaffern doch auch so viel gelten, daß ihr Fuß nicht der des
Kulturmenschen sein wird. Der Vergleich ist folglich nur mit
Vorsicht zu ziehen. Wilde wie Kulturmenschen haben indessen
doch das gemeinsam, daß ihre äußere Zehenlinie nicht senkrecht
zur Längsaxe des Fußes verläuft, wie das eben doch bei der in
Fig. 5 abgebildeten fraglichen Fußspur der Fall ist, sondern
schräg, da ungefähr die zweite Zehe am längsten, die fünfte am
kürzesten ist.
Das Gegenteil dieser langen fossilen Fährte bildet die kurze
Fährte eines rechten Fußes, Fig. 6, deren Maße ich in der
Tabelle bereits angegeben habe. War schon die lange Fährte
kürzer als die eines Mannes mittlerer Größe, so ist diese kurze
mit 17,5 em Länge so kurz, daß sie, falls menschlich, kaum
einem Pygmäen angehören würde. |
Nun ist allerdings von Herrn Dr. Ronrsachns Hand auf
dem Abklatsch bemerkt, daß an dieser Fährte der Hacken ab-
gebrochen sei, sodaß sie in Wirklichkeit länger sein müßte. Ich
vermag jedoch an dem Abklatsch gerade dort, wo der Hacken
ist, keinen Abbruch zu erkennen, sondern nur seitlich, da, wo
ich die Linie punktiert gezogen habe.
Die äußere Grenzlinie der Zehen verläuft hier entschieden
etwas schräger, also menschenähnlicher, als das bei der langen
2
”) Es finden sich noch andere Unterschiede: Beim Neger liegt
der ganze Fuß glatt auf dem Boden, während er sich beim Europäer
aufwölbt, sodaß nur nach vorn die zweite und dritte Phalanx, hinten
der distale Teil des Calcaneus den Boden berühren, der dazwischen
liegende Teil des Fußes aber schon nicht mehr. Damit Hand in
Hand geht auch eine Umgestaltung der Gelenkflächen des Calcaneus
und Astraealus,
127
Fährte der Fall it. Aber — es sind deutlich sechs Zehen
vorhanden, wodurch natürlich die Breite über die Zehen relativ
noch viel größer wird, als bei der langen Fährte; denn wir
haben hier das Verhältnis 10 :17,5, dagegen bei der langen
Fährte nur 9,6:21. Auch Herr Roursacnh hat auf dem Ab-
klatsche vermerkt, daß der Fuß sechs Zehen habe. Ein Irrtum ist
somit ausgeschlossen.
Im Gegensatze zu der langen Fährte, welcher der vor-
springende Ballen ganz fehlt, springt bei der kurzen der Ballen
überaus kräftig vor. Die dahinterfolgende Einschnürung des
Fußes ist infolgedessen sehr bemerkbar; aber das ist nur auf
der Innenseite der Fall, denn auf der Außenseite scheint die
Grenzlinie des Fußes, wie ich sie ‚erkennen zu müssen glaube,
so auffallend gerade zu verlaufen, daß hier entweder der Ab-
klatsch Schaden gelitten hat, oder daß eben hier die von Herrn
Dr. RonursacH gemeinte Abbruchsstelle sich befindet.
Sucht man nun eine generische Bestimmung der beiden
Fährten vorzunehmen, so ergeben sich große Schwierigkeiten.
Bei der langen Fährte, Fig. 5, sprechen das völlige Fehlen
eines vorspringenden Ballens, das namentlich bei einem durch
Barfußgehen ausgetretenen Fuße auffallend wäre, vor allem aber
der gerade Verlauf der Zehenlinie entschieden gegen den Menschen.
Eine derartige Zehenlinie hat kein Mensch; entweder die große
oder die zweite Zehe springen am weitesten vor, die kleine Zehe
bleibt am weitesten zurück.
Bei der kurzen Fährte sind diese Einwürfe nicht zu machen.
Der Ballen springt sehr, fast abnorm stark hervor, jedenfalls so
stark, daß der in Fig. 6 wiedergegebene Umriß sogar denselben
Eindruck erweckt, als wenn man einen Fuß in verkürzter Ansicht
gezeichnet hätte. Auch der zu fordernde schräge Verlauf der
Zehenlinie ist hier vorhanden. Aber die abnorme Kürze des
Fußes spricht gegen den Menschen, und vollends tut das die
eigentümliche Grenzlinie auf ihrer rechten Seite.
Frägt man sich nun, ob etwa und wie weit diese Fährten
zu Menschenaffen in Beziehung gebracht werden könnten, so
würden überhaupt doch wohl nur Schimpanse und Gorilla, die
beiden afrikanischen Arten, in Frage kommen.
Hier spricht sofort gegen Affen der Umstand, daß bei beiden
Fährten die große Zehe den anderen anliegt; wogegen beim
Affen die opponierbare, große Zche, soviel ich sehen kann, auch
beim Gehen von den übrigen Zehen abgespreizt ist. Eine Affen-
fährte müßte dies also mehr oder weniger zeigen. Da es
durchaus nicht der Fall ist, so fällt der Gedanke an Affen
eigentlich bereits damit fort.
123
Auch ein weiteres Merkmal spricht mindestens gegen den
Schimpanse. Dieser tritt, wenn er auf ebenem Boden geht, nicht
gleichmäßig mit der vollen Fläche des Fußes, sondern stärker
mit der äußeren Kante desselben auf. Viele Menschen verhalten
sich zwar bekanntlich etwas ähnlich, wie sich an den nach außen
schief getretenen Absätzen des Schuhwerks verrät; aber das
findet doch nur in ganz geringem Maße statt, sodaß es auf
der Fährte eines solchen Menschen kaum zum Ausdruck gelangen
würde. Bei einem Schimpansen dagegen müßte die Fußfährte
dadurch schmaler und zugleich an der Außenseite tiefer werden
als an der Innenseite. Da die Affen nun schon an sich durch
sehr lange, schmale Füße und Hände gekennzeichnet sind, so
müßte durch jene, infolge des seitlichen Auftretens erfolgende
Verschmälerung der Fährte diese letztere noch schmaler werden.
Ich kann aber auf den Abklatschen weder von einer solchen
Vertiefung längs der Außenseite etwas entdecken, was indessen
doch nur auf dem Steine, nicht aber auf dem Abklatsch, sichtbar
zu sein brauchte, noch zeigt sich die Fährte in solchem Grade schmal,
wie man das nach dem oben gesagten erwarten sollte.
Wie sich Gorilla in dieser Hinsicht verhält, ist mir nicht
bekannt, da er ja so viel seltener in Europa zu sehen ist, als
Schimpanse. Im Breslauer zoologischen Garten befindet sich in-
dessen ein erwachsenes Gorilla-Weib, welches, wie ich der freund-
lichen Mitteilung des Herrn Direktor Dr. Hrcx vom Berliner
zoologischen Garten, entnehmen darf, nicht stärker mit der
Außenseite, sondern gleichmäßig mit dem flachen Fuße auf-
treten soll. |
Auch ein drittes Merkmal wäre zu beachten. Da diese
Affen nur ausnahmsweise aufrecht gehen, !) so müßten auch die
Eindrücke ihrer Hand auf den Gesteinsplatten sichtbar sein. Deren
Eindrücke aber würden sich infolge ihres völlig anderen Aus-
sehens leicht als solche verraten; denn diese Affen, mindestens
der Schimpanse, gehen auf der zweiten Phalanx des zweiten, dritten,
(vierten, fünften) Fingers ihrer zusammengeballten Hand und auf
dem Endgliede des Daumens. Eine solche Fährte würde nichts
einer Hand Ähnliches an sich haben.
Leider kann ich über Vorhandensein oder Fehlen solcher
Hand-Fährten in dem betreffenden Gesteine nichts aussagen.
Man könnte vielleicht meinen, daß, wenn sie im Gestein sichtbar
gewesen wären, Herr Dr. RourgacHh sie gleichfalls mit abge-
klatscht haben würde. Da aber eine solche nur mit der
') Hylobates tut das relativ öfter, aber diese asiatische Form kann
hier wohl nicht in Betracht kommen.
129
zweiten Phalanx und dem Daumen-Endgliede gemachte Handfährte
garnichts Hand-Ähnliches an sich haben würde, so läßt sich wohl
annehmen, daß derartige, wenn ich so sagen darf, unartikulierte
Fährten unberücksichtigt geblieben sein würden. ;
So bemerkenswert das Auftreten einer sechsten Zehe an der
kurzen Fährte darum ist, weil es doch immerhin einen seltenen:
Zufall bedeuten würde, daß gerade ein mit solcher Abnormität ver-
sehenes Wesen eine Fährte hinterließ — für die Aufklärung
dieser Fährte ist das ohne Belang.
Beim Menschen ist Polydactylie durchaus keine so seltene
Erscheinung; sie wird nur vielfach als etwas zu Verheimlichendes
angesehen und durch Operation zum Verschwinden gebracht, also
künstlich, scheinbar sehr selten gemacht. Aber auch beim Affen
ist sie anscheinend nicht so selten, wie sich daraus schließen
läßt, daß trotz der gegenüber der Zahl der untersuchten Menschen
verschwindend geringen Zahl untersuchter Affen verschiedentliche
Fälle beim Affen bekannt sind. Ich verdanke Herrn Professor
Tornıer den Hinweis auf das unten zitierte Werk BarTksons,
in welchem der Polydactylie, auch bei Affen, eingehende Be-
trachtung zuteil wird. Barzson!) unterscheidet ganz allgemein die
folgenden Fälle, die sich auf Hand und Fuß beziehen:
1. Auftreten eines einzigen überzähligen, vollständigen oder
unvollständigen Fingers, der an der Außenseite des kleinen Fingers
auftritt, und zwar
a) entweder in gleicher Reihe mit den anderen,
b) oder in anderer Stellung.
2. Verdoppelung einzelner Finger, besonders entweder des
Daumens oder des kleinen Fingers.
3. Kombination dieser beiden Fälle.
4. Außergewöhnliche Fälle.
Die gewöhnlichste Form ist die suab 1 bezeichnete; und
gerade eine solche scheint bei der in Fig. 6 auf S. 124 wiederge-
gebenen fossilen Fährte vorzuliegen. Die große Zehe derselben
ist deutlich als solche zu erkennen; bei den anderen ist keinerlei
Störung in der Reihenfolge zu sehen. Man wird daher wohl an-
nehmen können, daß hier als überzählige Zehe die letzte der
Reihe, also eine außerhalb der kleinen Zehe gelegenen anzusehen
ist. . Da dieselbe zwar in Reih und Glied mit den anderen steht,
aber der Fuß hinter ihr schmaler als die Zehenreihe ist, so wird
man vielleicht weiter annehmen dürfen, daß sie nicht vermittels
eines sechsten Metatarsus an der Fußwurzel, sondern daß sie
!) Materials for the study of variation. London. Macmillan 1894.
7230,97 8. 341, 842.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 56. 1904. J
150
nur am distalen Ende des fünften Metatarsus hing; denn bei
Vorhandensein auch eines sechsten Metatarsus würde der Fuß etwas
breiter als die Zehenreihe sein müssen.
Derartiges ist nun ebenso vom Menschen, wie vom Menschen-
affen bekannt. Bareson erwähnt von letzteren einen Aylobates
leuciscus und einen Orang-utan. Bei dem letzteren saß die sechste
Zehe an der Innenseite der kleinen Zehe, bei dem ersteren an
der Außenseite; er citiert auch einen neunzehigen Macacus.
Es läßt sich somit aus dieser Sechszehigkeit der
fossilen Fährte weder für noch gegen den Affen bez.
Menschen ein Beweis ableiten.
Auf Grund der anderen Merkmale aber ergab sich,
daß die lange Fährte keinem Menschen angehört haben
kann;
Daß die kurze Fährte dem Menschen eher, aber
doch nur dann zugerechnet werden könnte, wenn sie
länger wäre; denn Menschenfüße von solcher Kürze gibt
es außer bei Krüppeln nicht. Sie kann daher ebenfalls
kaum ein Menschenfuß sein;
Daß beide Fährten schwerlich einem Affen angehört
haben können; aber auch nicht einem anderen Sohlen-
sänger, welcher etwa Krallen hatte — ganz abgesehen
von der Frage, ob solche anderen Sohlengänger dort
gelebt haben.
Somit führt die Untersuchung dieser afrikanischen
Fährten zu demselben Ergebnis, zu welchem die Be-
trachtung der in Sibirien und an verschiedenen Orten
von Nord-Amerika geführt hatte, daß nämlich die an-
seblichen Menschenfährten nicht durch menschliche
Füße hervorgerufen sein dürften. Ob dieses Ergebnis
auch auf die aus Australien bekannt gewordenen Fuß-
fährten ausgedehnt werden muß, oder ob hier wirklich
menschliche Fußfährten vorliegen, entzieht sich meinem
Urteil; umsomehr, als mir nur die Photographie, nicht
der Abdruck bekannt sind.
Nachschrift. Das Rätsel dieser auffallenden Fährten
scheint sich in einfacher Weise zu lösen. Ein im letzten Augen-
blicke eingetroffener Brief des Herrn Dr. RonrgBacn spricht es
als wahrscheinlich aus, daß die Fährten künstlich sind, da bei
erneutem Besuche der Örtlichkeit auch der Umriß eines Nil-
pferdes auf dem Gestein gefunden wurde.
Ob nun bloß die „Menschen-*, oder zugleich auch die
151
Wiederkäuer-Fährten künstlich sind, läßt sich schwer sagen.
Denkbar wäre es immerhin, daß letztere natürlich, erstere künst-
lich gemacht sein könnten; wahrscheinlich wäre indessen solche
diphyletische Herkunft wohl nicht.
Herr Dr. RonrsacH hält diese Kunsterzeugnisse für prä-
historisch, sodaß dies die erste Kunde des vorgeschichtlichen
Menschen jener Gegenden sein würde.
Ich möchte hinzufügen!), daß im südlichen Oran und in der
Sahara jetzt bereits fast fünfzig Stellen bekannt sind, an denen
Zeichnungen verschiedenartigster Tiere, eingeritzt in das Gestein,
sefunden wurden, welche ebenfalls dem neolithischen Menschen zu-
geschrieben werden, Boviden, Antilopen, Ziege, Schaf, Hippo-
potamus, Sus, Elephas, Rhinozeros, Pferd, Esel, Windhund,
Schakal, Löwe, Panther, Gepard, Hyäne, Strauß, Bussard,
Schnepfe. Zusammen 34 verschiedene, deutlich erkennbare Tier-
formen — nur nicht der Mensch selbst.
Herr Dr. Paur Ronrsaca schreibt aus Windhuk vom
23. Juni 1904:
„Bei nochmaliger eingehender Besichtigung der Fundstelle
gelegentlich eines militärischen Patrouillenrittes im März d. J.,
an dem auch Bergingenieur GoTHMANnN in seiner Eigenschaft als
Vicefeldwebel teilnahm, entdeckte ich nämlich nicht weit von der
Felsplatte mit den Spuren das genau auf dieselbe Art. in das
Gestein eingetiefte Bild eines Nilpferdes (ca. 15 cm lang und
entsprechend hoch) — also ein zweifellos von Menschenhand
herrührendes Gebildee Dazu kam, daß Herr Gorumann mich
darüber aufklärte, daß ein großer Teil der Spuren, und zwar
gerade die menschlichen, nicht auf einer Schichtfläche des
Felsens, sondern auf einer zwar auffallend glatten, aber durch
seitlichen resp. halbseitlichen Druck entstandenen, also sekundär
gebildeten Fläche liegen. Damit fällt natürlich die Möglichkeit
weg, daß sie während der Periode der Ablagerung der Schichten
entstanden sein können — sie müssen menschliche Artefakte
sein. Ein Teil der Spuren liegt allerdings ganz richtig auf der
durch die Verwitterung blosgelegten Schichtoberfläche, aber wenn
die eines künstlichen Ursprungs sind, werden es die anderen
wahrscheinlich auch sein; die gleiche Wahrscheinlichkeit besteht
sicher auch für die zweite etwas entferntere Fundstelle, die uns
!) Wie ich dem neuesten der so verdienstlichen Referate
M. SCHLOSSERS entnehme. Zoologie. Literaturbericht in Beziehung zur
Anthropologie mit Einschluß der lebenden und fossilen Säugetiere für
das Jahr 1901. Archiv f. Anthropologie.
?) Flamand. Hadjrat Mektonbad ou les pierres &crites; premieres
manifestations artistiques dans le Nord Africain. Lyon 1902. 8°,
9*
132
zu besuchen leider nicht möglich war.“
„Die erste Fundstelle liegt an dem Flußweg der Ein-
seborenen von Gaub zum 8 bis 9 Stunden entfernten Otjikotosee,
und es befinden sich dort noch viele Hunderte ähnlicher Ein-
arbeitungen in den Fels. Das Land ist von vagierenden Busch-
leuten und sog. Klippkaffern bewohnt, und bekanntlich sind von den
Buschleuten in Südafrika öfters Felsenzeichnungen und Malereien
mit Röthel und dergl. Material zur Beobachtung gelangt. Dar-
gestellt sind Menschen und Tiere. Hier aber handelt es sich
um eine Skulptur im Gestein, wie solche ohne Eisen, das die
Buschleute und Klippkaffern vor der europäischen Zeit nicht be-
sessen haben, kaum hergestellt werden kann. Einzelne der
Spuren sind mit der Zeit durch die Füße derer, die auf dem
Pfad darübergingen, trotz der oberflächlichen Härte des Gesteins
fast bis zur Unkenntlichkeit abgeschliffen, und wenn man bedenkt,
daß nackte Eingeborenenfüße bei einem wahrscheinlich sehr ge-
ringen Verkehr auf dem Pfade (das Land ist fast menschenleer,
weil es sehr wasserarm ist) das zuwege gebracht haben, so muß
man jedenfalls ein sehr hohes Alter dieser Arbeiten annehmen.
Es ist dies aus dem deutschen südwestafrikanischen Schutzgebiet
meines Wissens der erste „prähistorische* Fund. “!)
23. Die grosse baltische Endmoräne und das Thorn-
Eberswalder Haupttal.
Eine Antwort an Herrn G. Maas.
Von Herrn K. KEILHACK.
Berlin, den 99. Juli 1904.
In den Monatsberichten der Deutschen Geologischen Gesell-
schaft 1904, No. 3, S. 40, veröffentlicht, Herr G. Maas unter
dem Titel: „Zur Entwicklungsgeschichte des sog. Thorn - Ebers-
walder Haupttales“ eine Reihe von Mitteilungen und Auf-
fassungen, die im Wesentlichen auf eine Polemik gegen die von
mir vertretenen Anschauungen über die Beziehungen zwischen
!) Auch die Gesteinsstücke mit Fährten, unter denen jedoch
nur die in Fig. 5 abgebildete lange Menschenfährte, nicht die
kurze (Fig. 6) sich findet, sind im letzten Augenblicke noch eingetroffen.
Ein Vergleich dieser langen Fußfährte mit der von mir auf Grund des
Abklatsches gegebenen Abbildung (S. 124) ergibt, daß ich den Umriß
des Abklatsches richtig erkannt hatte, sodaß also die dort nur punk-
tiert gezogenen Linien als richtige zu gelten haben.
153
den großen ostwestlichen Urstromtälern und gewissen Stillstands-
lagen des letzten Inlandeises hinauslaufen. Da Herr Maas seine
Ausführungen selbst als „vorläufige Mitteilung“ bezeichnet und
ein ausführliches Eingehen auf dieselben nur an der Hand einer
größeren Karte möglich sein würde, so will ich mich bei der
Abweisung der Maasschen Kritik gleichfalls tunlichst einschränken,
indem ich mir eine eingehendere Widerlegung für die Zeit nach
dem Erscheinen der angekündigten größeren Abhandlung des
Herrn Maas vorbehalte.
Herr Maas bestreitet im Wesentlichen zweierlei:
1) die Einheitlichkeit der sog. Großen baltischen Endmoräne;
2) die Einheitlichkeit des sog. Thorn-Eberswalder Haupt-
tales.
ad 1) Die Ausführungen des Herrn Maas haben meine
Überzeugung von der Einheitlichkeit und gleichzeitigen Ent-
stehung der großen baltischen Endmoräne, wie sie auf meiner
„Geologisch - morphologischen Übersichtskarte der Provinz
Pommern“ dargestellt ist, in keiner Weise erschüttern können.
Eine Reihe der gewichtigsten Gründe sprechen für eine solche
Einheitlichkeit und die von Herrn Maas neu entdeckten End-
moränen und ihnen ähnlichen Bildungen sprechen durchaus nicht
dagegen. Dafür spricht, daß a) diese Endmoräne in ihrer
sanzen Ausdehnung, von Mecklenburg und der Uckermark bis in
die Kassubai von einem breiten, zusammenhängenden Zuge von
Grundmoränenlandschaft begleitet wird, daß b) diese Endmoräne
auf der gleichen Strecke allenthalben auf der höchsten Erhebung
des baltischen Höhenrückens liegt und mit der Wasserscheide
außerordentlich genau zusammenfällt und daß c) sie außerordent-
lich einheitlich, d. h. ganz ungeheuer überwiegend als Block-
packung, zumeist in langgestreckten Wällen, entwickelt ist.
a) Der enge Zusammenhang unserer Hauptendmoränenzüge
mit der so außerordentlich charakteristischen Grundmoränen-
landschaft ist längst erkannt und schon oft hervorgehoben, und
ganz neuerdings erst hat Herr Struck in Lübeck in sehr ge-
schickter Weise für die vollkommene Gleichartigkeit beider eine
Lanze gebrochen. In Nordamerika versteht man bekanntlich
unter „Terminal Moraine“ unsere kuppige Grundmoränenlandschaft
einschließlich der mit ihr verbundenen Blockpackungen. Wenn
also ein solcher Zug von Grundmoränenlandschaft sich in ab-
solut ununterbrochenem Zusammenhange von der Oder bis zur
Weichsel verfolgen läßt, und wenn überall mit diesem Zuge
Blockpackungen verknüpft sind, so würde dies allein schon die
Gleichzeitigkeit der Entstehung in hohem Grade wahrscheinlich
machen. Nur an einer Stelle, südlich von Polzin und Bärwalde,
154
zweigt sich von der großen Endmoräne ein Zug von Moränen-
landschaft in östlicher Richtung ab, aber er kommt nur bis
mittewegs zwischen Neustettin und Hammerstein und endet dort
an dem eine Meile breiten Küddow-Sandr. Auch diese einzige
Abzweigung kann also als evtl. östliche Fortsetzung der Haupt-
endmoräne nicht in Frage kommen.
b) Die Lage dieser Endmoräne und des von ihr be-
gleiteten Zuges von Grundmoränenlandschaft auf dem Kamme
und der Wasserscheide der baltischen Seenplatte ist ein außer-
ordentlich zwingender Beweis für ihre Einheitlichkeit und gleich-
zeitige Entstehung. Das Zusammenfallen der Endmoräne mit
der Wasserscheide, bezw. mit dem Zuge abflußloser Gebiete auf
der Höhe der baltischen Seenplatte habe ich in PETERMAnNS
Mitteilungen, 1891, S. 38 beschrieben und kartographisch dar-
gestellt.
c) Schließlich kommt die Einheitlichkeit dieser Endmoräne
auch in ihrer gleichmäßigen Entwicklung als Blockpackung zum
Ausdrucke, die sie als Resultat eines lange anhaltenden
Stillstandes im Rückzuge des letzten Inlandeises deutlich
kennzeichnet. Denn das ist sicher, daß wir unter den als End-
moränen gedeuteten Bildungen Unterscheidungen zu treffen haben
zwischen einfachen endmoränenartigen Randbildungen des sich
zurückziehenden und gelegentlich einmal in diesem Rückzuge
kurz pausierenden Eises, und zwischen den großartigen Block-
packungen der Hauptendmoränen, die auf einen lange anhaltenden
Stillstand in der Rückzugsbewegung schließen lassen. Es ist
kein Zufall, daß die letzteren die Kämme unserer Höhenrücken
krönen, während die ersteren, ohne orographisch besonders
markiert zu sein, auf den Abdachungen der Höhenrücken verteilt
sind und in ihrer Lage auch zur Hydrographie des Gebietes
nur sehr untergeordnete Beziehungen aufweisen.
Wie verhalten sich nun in den 3 angedeuteten Beziehungen
die von Herrn Maas neu entdeckten Endmoränen, die nach der
Meinung ihres Entdeckers die eigentlichen Hauptendmoränen
des Landes nördlich der Warthe und Netze darstellen und die
Fortsetzung einzelner Stücke meiner vermeintlichen baltischen
Hauptendmoräne bilden sollen?
Ich kann hier auf die zahlreichen von Herrn Maas in seiner
letzten kleinen Schrift angedeuteten neuen Endmoränen nicht ein-
gehen, weil sie erstens nicht genauer beschrieben und zweitens
nicht in einem Kartenbilde dargestellt sind, und muß mich auf
das beschränken, was er in seinem Aufsatze: „Über Endmoränen
in Westpreußen und angrenzenden Gebieten“!) gegeben hat.
!) Jahrb. d. K. Pr. Geol. L.-A. u. Berg-Akad. 21. S. 93—147.
155
Danach sind in dem Gebiete zwischen dem von mir angenommenen
Oder- und Weichselbogen des Inlandeises und südlich von der
von mir entdeckten und beschriebenen Großen baltischen End-
moräne zwei Endmoränenzüge zu unterscheiden, deren einer bei
Dramburg beginnt und, z. T. doppelt entwickelt, über Jastrow
nach Tuchel verläuft, während der zweite, nördlichere, östlich
von Hammerstein beginnt und sich bei Tuchel mit dem ersten zu
einem sich vielfach durchkreuzenden, verwickelten Systeme von
Endmoränenbildungen vereinigt. Wie verhalten sich nun diese
Maasschen Endmoränen inbezug auf die drei bedeutungsvollen
Kriterien der Hauptendmoräne?
a) Sie sind weder fortlaufend von Moränenlandschaft be-
gleitet, noch in ununterbrochenem Zuge entwickelt. In ihrer Be-
gleitung finden sich teils schmale Züge von typischer Grund-
moränenlandschaft, teils schwachwellige Geschiebemergelflächen,
teils endlich sandige und kiesige Flächen. Der Zusammenhang
der einzelnen Teilstücke aber ist erheblich viel lockerer als bei
der Hauptendmoräne. Das zeigt schon ein Blick auf die MAassche
Karte.) Eine 6—8 km breite Lücke liegt südlich vom Piel-
burger See, eine solche von fast 30 km zwischen Ratzebuhr und
Grunau. Innerhalb dieser großen Unterbrechung liegt nur der
Bauchberg bei Krummenfließ, aber nach der eigenen Beschreibung
des Herrn Maas ist er nur mit großer Vorsicht als Endmoräne
aufzufassen. ?)
b) Die Lage der von Herrn Maas beschriebenen Endmoräne
ist meist unabhängig vom Terrain, was Herr Maas S. 102 selbst
wie folgt angibt: „es gilt überhaupt für den ganzen Zug der
südpommersch-baltischen Endmoräne, daß dieselbe nicht immer
die höchsten Erhebungen ihres Verbreitungsgebietes einnimmt,
daß sie vielmehr oftmals unabhängig von den Höhenverhältnissen
dahinzieht“.
c) Die Zusammensetzung der von Herrn Maas beschriebenen
Endmoränen besitzt bei weitem nicht die Einheitlichkeit und
Großartigkeit derjenigen der Hauptendmoräne, sondern wird von
ihm charakterisiert als Blockbestreuung mit Grandkuppen (S. 95),
Grand und Steine, zu Blockpackungen getürmt (S. 96), nicht
sehr hervortretende Blockbestreuungen und Grandkuppen (8. 97),
als schmale Bestreuungszone (S. 97), als zahlreiche Kuppen und
Rücken aus Grand und Blockpackungen (S. 97), als schneller
Wechsel von Grand, steinigem Lehm und ebensolchem Sande (S. 93),
als Zug von Grandkuppen (S. 99) und sogar als leichte ostwest-
223. 051 XV.
2. a. 0. S.-104.
L>}
N
136
lich streichende DBodenwellen, hin und wieder mit deutlicher
Geschiebebestreuung, oder aneinandergereihte Bestreuungsgebiete
(S. 104).
Nach alledem charakterisieren sich diese Endmoränen in der
Hauptsache als Produkte kürzerer, bald hier bald da eingetretener
Stillstände des Eisrandes, aber nicht als Resultate lange an-
dauernder, über große Flächen gleichzeitig eingetretener voll-
ständiger Beharrungsphasen.
2) Die Einheitlichkeit des Thorn-Eberswalder Haupttales.
Nach Herrn Maas ist dieses in Rußland beginnende und
durch das untere Elbtal die Nordsee errreichende Tal niemals in
seiner vollen Länge von einem Schmelzwasserstrome benutzt worden,
sondern stellt eine Reihe perlschnurartis aneinander gereihter
Einzelbecken dar. Dasselbe soll, „wofür bereits eine große Reihe
von beweisen vorliegt,“ auch hinsichtlich des Warschau-Berliner
und Glogau-Baruther Hauptthales der Fall sein.
Was zunächst den letzten Punkt betrifft, so stehe ich, da
ich mich mit der Geologie der beiden letztgenannten Täler sehr
häufig und in den verschiedensten Gebieten von Schlesien bis zur
Provinz Sachsen zu beschäftigen hatte, zunächst ziemlich fassungs-
los der „großen Reihe von Beweisen“ des Herrn Maas gegen-
über, da mir leider bis heute nicht ein einziger bekannt geworden
ist, obwohl ich mich vielleicht mehr wie irgend ein anderer
Geologe mit diesen Tälern beschäftigt habe. Ich muß also in
Geduld die Beweise des Herrn Maas abwarten; wenn sie aber
nicht mehr Beweiskraft besitzen, wie das, was er gegen die Ein-
heitlichkeit des Thorn-Eberswalder Haupttales anführt, so wird er
nicht viele überzeugen.
Bezüglich dieses letzteren Tales führt Herr Maas aus, daß
dasselbe aus mehreren, von Westen nach Osten sich einander
folgenden Staubecken zusammengesetzt sei. Diese Staubecken
wieder seien geschaffen durch Endmoränen, die in einer gewissen
Phase des Eisrückzuges quer über das jetzige Tal hinüber auf-
geschüttet wurden.
Abgesehen von der Schwierigkeit, die Zusammengehörigkeit
von Endmoränenstücken zu konstatieren, welche durch 20— 30 km
breite Täler von einander getrennt sind, ist gegen die Möglich-
keit der Entstehung solcher Riegel, während der Eisrand die
Stelle des heutigen Tales passiert, sicher nichts einzuwenden.
Aber das ist doch eine rasch vorübergehende Phase, und kurze
Zeit später schon liegt das Eis weiter im Norden und erzeugt
eine Endmoräne mehr oder weniger parallel mit dem Haupttale;
mußten dann nicht die Schmelzwasser auf der ganzen Eisrandlinie
zwischen Oder und Weichsel diesem großen Sammeltale zuströmen
137
und in ihm ihren Weg nehmen? Können die von Herrn Maas
behaupteten Staubecken von Usch-Nakel u. s. w. etwas anderes
sein, als rasch vorübergehende Anfangsstadien der Entwicklung?
Eine Reihe von weiteren Fragen werden sich noch ergeben im
folgenden Teile, in welchem ich gezwungen bin, eine Reihe teils
unrichtiger Behauptungen, teils falscher Deutungen in den beiden
zitierten MAAsschen Arbeiten richtig zu stellen.
Herr Maas schreibt in den Monatsberichten S. 40: „Die
von ihm (KEILHAcCK) angenommenen gewaltigen Sandr sind als
einheitliche Gebilde, soweit es sich überhaupt um Sandflächen
handelt, nicht vorhanden. Dafür aber findet sich eine große Zahl
ostwestlich verlaufender Eudmoränenzüge, die meist der baltischen
an Bedeutung nicht nachstehen und sich stets bis dicht an diese
verfolgen lassen, in dem Gebiete östlich der Drage.“
Ich habe die von Herrn Maas im Jahrb. 21 Taf. XVIM
dargestellten Endmoränen auf meine geologisch-morphologische
Übersichtskarte übertragen und gefunden, daß sie fast ausnahms-
los auf die von mir dargestellten Hochflächen und zwar so zu liegen
kommen, daß die von mir dargestellten und von Herrn Maas
beschriebenen Sandr sich unmittelbar an sie anschließen. Das
spricht nicht gegen meine Darstellung und Herr MaAAs wird die
Pflicht haben, nun seinerseits seinem Vorwurfe durch eine karto-
graphische Darstellung seiner Auffassung eine etwas greifbarere
Unterlage zu geben. Ich bin zu dieser Forderung umsomehr
berechtigt, als die Ausführungen des Herrn Maas eine Reihe
krasser Übertreibungen und beträchtlicher Irrtümer enthalten —
wie ich nachweisen werde. Schon der zweite der oben ange-
führten Sätze enthält beides: die „große Zahl ostwestlich
streichender Endmoränenzüge“ schrumpft auf drei zusammen, da
alles übrige zusammenhangslose Stücke sind, und das Wort
„dicht“ des Satzes: sich stets bis dicht an diese (die große
baltische Endmoräne) verfolgen lassen, bedeutet rücksichtlich der
Endmoräne von Dramburg 10—12 km, der von Tempelburg
16 km und der von Hammerstein gar 37 Kilometer!
„Das Vorhandensein dieser Endmoränenzüge, die sich un-
mittelbar an die ostpreußischen anschließen, beweist aber, daß
ein Weichselgletscher im Sinne KeıtHacks niemals vorhanden
war.“!) Selbst wenn der Anschluß dieser Endmoränen an die
ostpreußischen etwas „unmittelbarer“ ist, als der „dichte* An-
schluß im Westen, würde darin noch lange kein Beweis gegen
die zeitweilige Existenz eines nach Süden erheblich vorspringenden
Lobus des Inlandeises, den man als Weichselbogen bezeichnen
1) Maas im Mon.-Ber. a. a. O. S. 41.
158
könnte, liegen. Man wird eine genauere kartographische Dar-
stellung dieser Verhältnisse durch Herrn MAAs abwarten müssen.
Sicher beruht aber der für die weitere Beweisführung des
Herrn Maas sehr wichtige Schluß, daß Westpreußen bis an das
Haffgebiet und der größte Teil Ostpreußens bereits eisfrei waren,
als der ÖOderbogen des Inlandeises noch bestand, auf so un-
sicheren Grundlagen und entbehrt so sehr aller inneren Wahr-
scheinlichkeit, daß man auf die eingehendere Begründung gespannt
sein darf. Ich muß es mir deshalb auch versagen, auf die
weitausgedehnten Schlußfolgerungen einzugehen, die Herr Maas
auf dieser schwankenden Grundlage aufbaut.
Auf derselben S. 41 der Maasschen Schrift findet sich
folgender Satz: „Merkwürdigerweise bestehen aber im Westen
der noch niemals im Zusammenhange verfolgten auffallenden End-
moräne zwischen Schwachenwalde und Reetz die gleichen Er-
scheinungen wie östlich dieser Linie, zahlreiche westöstlich
streichende Endmoränenstaffeln, von denen die KEıLHAcksche
Karte die Züge von Fiddichow und Bahn, sowie die von MicHAEL
aus der Gegend von Ravenstein und Jakobshagen angegebenen
nicht zeigt; und doch bilden diese neumärkischen Endmoränen
die fast unmittelbaren Festsetzungen der westpreußisch-posenschen
Züge, was schwerlich zu Gunsten des Odergletschers zu deuten
sein dürfte.“
Dieser Satz ist so charakteristisch für die Beweisführung
des Herrn Maas und für seine Art der Polemik, daß ich etwas
näher auf ihn eingehen muß, denn sein gesamter Inhalt besteht,
um es gelinde auszudrücken, aus Irrtümern.
Erstens ist die Endmoräne zwischen Reetz und Schwachen-
walde im Zusammenhange verfolgt worden, und zwar von mir
selbst, und an der von Herrn Maas citierten Stelle beschrieben
worden. Daß die Blockpackungen hier so lückenhaft entwickelt
sind, wie in vielen der von Herrn Maas beschriebenen End-
moränen, ändert an der Tatsache ihrer Existenz nichts. Ubrigens
lassen die Meßtischblätter Reetz, Sellnow und Schwachenwalde die
nordsüdlich verlaufende Grenze der Moränenlandschaft gegen den
im Osten sich anschließenden Sandr so deutlich erkennen, daß
diesem Endmoränenzuge durchaus nichts „merkwürdiges“ anhaftet.
Zweitens gibt es westlich dieser Linie keine „zahlreichen,
westöstlich streichenden Endmoränenstaffeln“, denn die von der
Geol. Landesanstalt veröffentlichten Blätter geben nur eine einzige,
der großen baltischen parallel verlaufende Endmoränenstaffel
zwischen Wildenbruch und Schönow. (Beyersdorfer Endmoräne.)
Drittens bilden diese neumärkischen Endmoränen nicht die
fast unmittelbaren Fortsetzungen der westpreußisch-posenschen
159
Züge, erstens nicht, weil sie garnicht existieren, und zweitens
nicht, weil die einzig übrig bleibende Beyersdorfer Endmoräne
mindestens 50—60 km von den nächsten im Osten oder
Süden folgenden Endmoränen des Herrn Maas entfernt bleibt.
Das einzig Richtige an dem oben citierten Satze ist die
Behauptung des Herrn MAaAs, daß in meiner Karte von Pommern
die Endmoränenzüge von Fiddichow und Bahn fehlen. Das ist
aber für Herrn Maas um so schlimmer, denn diese End-
moränenzüge existieren garnicht, weder auf der geolo-
gischen Spezialkarte, Lief. S9, Blätter Fiddichow und Bahn,
noch in den zugehörigen Erläuterungen ist auch nur mit einem
Worte das Auftreten von Endmoränen erwähnt worden. Sollte
er aber die auf den beiden südlich anstoßenden Blättern auf-
tretenden Endmoränen meinen, so bessert das die Sache nicht,
denn diese sind vollkommen richtig in meiner Übersichtskarte
dargestellt.
Herr Maas erhebt diesen Vorwurf gegenüber meiner Karte
nicht zum erstenmale.!) Wer in der Kritik fremder wissen-
schaftlicher Tätigkeit so streng ist, wie Herr Maas, dürfte sich
derartig grobe Irrtümer nicht zu Schulden kommen lassen, wenn
er sich nicht des Rechtes auf Kritik überhaupt begeben will.
Ebensowenig begründet ist der Vorwurf, ich hätte die
von Herrn MıcHAer bei Ravenstein und Jakobshagen angegebenen
Endmoränen in meiner Karte darzustellen vergessen. An der
citierten Stelle?) steht zu lesen: „Herr Mıcnaeı bemerkte zu der
Entgegnung des Herrn Keınnack, daß er mit den zu der End-
moräne parallel verlaufenden Bogenstücken . . . . Höhenzüge
meine, an die sich südlich Jakobshagen die Feuerberge anschließen
und die auf Blatt Ravenstein in südlicher, dann südwestlicher
und westlicher Richtung fortsetzen und nach ihrer Zusammen-
setzung und ihrem Auftreten keinesfalls von den übrigen zu trennen
seien; eine andere Erklärung, als daß es Endmoränen seien, wäre
für diese kaum denkbar“.
Ich glaube, durchaus Recht getan zu haben, wenn ich auf
solche allgemeine, durch keinerlei Kartendarstellung unterstützte,
auch später nie wieder erwähnte Angaben hin keine Endmoräne
in meiner Übersichtskarte eingetragen habe,
Einer argen Übertreibung macht sich Herr Maas ferner in
dem Satze (S. 42) schuldig: „nun bestehen aber die Terrassen
in dem hier n Frage kommenden Gebiete (dem Thorn-Eberswalder
Haupttale) zum weitaus größten Teile aus cingeebneten älteren
!) Vergl. PETERMANNS Mitteilungen, Literaturbericht, 1902, No. 629
?) Diese Zeitschr. 1899, Verhandl. S. 23, Fußnote.
140
Bildungen: Tertiärtonen, Geschiebemergeln, Sanden, Granden und
Tonmergeln des Diluviums“. Aus dem Gebiete der Terrassen-
landschaft an der Oder und Warthe liegen 30--40 geologisch
aufgenommene Meßtischblätter vor, und dort sind reine Abrasions-
terrassen die allergrößte Seltenheit. Es wäre mehr wie wunder-
bar, wenn sie in den noch nicht kartierten Gebieten im Osten
plötzlich überwiegen sollten. Ich glaube, Herr Maas verwechselt
hier Abrasionsterrassen und solche Aufschüttungsterrassen, die in
wenig unter der Aufschüttungsebene liegendem Gelände entstanden.
Sie sind dadurch charakterisiert, daß die durch Aufschüttung
eingeebneten Bildungen oftmals in geringer Tiefe unter den Tal-
sanden erbohrt werden, häufig auch diese durchragen und dann
als flache Rücken zu Tage liegen, und daß Erosionstäler in
solchen Terrassen Abschnittsprofile der älteren Bildungen zeigen;
das alles bedingt aber noch nicht den Charakter einer Abrasions-
terrasse.
S. 45 läßt mich Herr Maas den Wasserpiegel des Bromberger
Stausees erst bei 75 und wenige Zeilen später bei 95 m an-
nehmen. Das hängt offenbar damit zusammen, daß er über die
Beziehungen der Höhenlage der Terrassen zu der des Wasser-
spiegels bei Strömen und Seen sich nicht klar ist; er würde
sonst wissen, daß Seeterrassen mit dem Wasserspiegel des Sees
ziemlich genau zusammenfallen, während Flußterrassen natürlich
mit dem Boden des Flusses eine Höhe haben, und er würde dann
nicht zu der von mir als in 75 m Höhe liegenden Stausee-
terrasse von Bromberg 20 m hinzu addieren, um den ehemaligen
Wasserspiegel des Sees zu erhalten!
Die S. 42 ausgesprochene Anschauung von der Entstehung
der Terrassen „ohne plötzliche Wasserverminderung durch Ver-
minderung der Stoßkraft des Wassers und damit der Seitwärts-
vorschiebung der Stromrinne* brauche ich wohl nicht kritisch zu
beleuchten; sie sagt für sich selbst genug. Bei Frankfurt a/O.
liegen drei Terrassen bei 60, 45 und 25 m; man stelle sich
ihre Entstehung durch Verminderung der Stoßkraft des Wassers vor!
S. 44 sagt Herr Maas bez. der Strecke des Thorn-
Eberswalder Haupttales Usch-Nakel, daß demselben die von mir
angenommene Terrasse fehlt und daß die dafür angesprochenen
Bildungen aus Gehängeschutt, Dünen und moorigen am Gehänge
sich hinaufziehenden Alluvionen bestehen. Ja, worauf sitzen denn
die Dünen? Worauf ziehen sich denn die moorigen Bildungen
hinauf? Doch wohl auf über dem heutigen Alluvialniveau
liegenden Flächen. Und wie ist es mit den ausgedehnten bei
60—65 m Höhe liegenden bewaldeten Ebenen am Südrand von
Bl. Sadke, die von der Ostbahn durchschnitten werden und nach
141
Süden stel 10 m zum Alluvium abbrechen? Unter welche
Kategorie stellt Herr Maas diese Fläche?
Nur noch auf eine Behauptung des Herrn MAAs möchte ich
hinweisen, weil er selbst indirekt ihre Unrichtigkeit anerkennt.
In seinem Aufsatze!) sagt er am Schlusse, „daß im O der Drage-
mündung die durch die große baltische Endmoräne KEIKHACK Ss
bezeichnete Eisrandlage, abgesehen von dem Durchbruche der
Weichsel, die äußerste Grenze einer Beeinflussung dieses Tales von
Norden her bildete.“ In der diesem Aufsatze beigegebenen Karte
aber läßt er ganz richtig das Tal der Küddow eine Meile breit
seine Jastrower Endmoräne nach N, nach der großen baltischen
Endmoräne hin, überschreiten und zieht damit ein weiteres
100 km langes Stück meiner großen Endmoräne in die Be-
einflussungszone des Thorn-Eberswalder Haupttales hinein. Wo
aber blieben denn, darf ich Herrn Maas wohl fragen, die Schmelz-
wässer der Stillstandsiage Rummelsburg - Sullenschin? Weiß
Herr Maas für sie einen andern Wee, als hinunter ins Thorn-
Eberswalder Haupttal? Und beeinflußten sie dieses mit ihren
Wassermassen etwa weniger als weiter im Westen?
Die Zahl der bedenklichen Punkte in den Ausführungen
des Herrn Maas ist noch lange nicht erschöpft. Aber Fragen,
wie die nach dem alluvialen Alter des Weichseldurchbruches, nach
dem Abflußwege der Wasser, die in 50 m Meereshöhe im Weichsel-
tale offen, d. h. nicht subglacial, nach Süden flossen, nach den
Kiesterrassen, die sich an moorige, mächtige Alluvialbildungen
anlehnen, also jünger sind als diese, und andere mehr möchte
ich mir bis zum Erscheinen der angekündigten ausführlicheren
Mitteilungen des Herrn Maas aufsparen.
Dann möchte ich auch auseinandersetzen, wie die von Herrn
Maas neuentdeckten Endmoränenzüge sich gänzlich ungezwungen
dem von mir vertretenen Entwicklungsgange einordnen.
94. Über einen Furchenstein und Tertiär in Dahome.
Von Herrn Jom. Börm.
Hierzu 2 Textfig.
Berlin, den 30. Juli 1904.
Herr Bergassessor a. D. Hurrenp, Direktor der Deutschen
Togogesellschaft, hat auf seiner Reise durch Togo auch das östlich
an unsere Kolonie anschließende französische Gebiet berührt und
!) Jahrb. Kel. Pr. Geol. L.-A. 21. 1900, $. 93147.
142
vom Lamasumpfe in Dahome eine Probe eines hellbraunen merg-
ligen Kalksteins mitgebracht, welcher nach zwei Richtungen hin
Interesse bietet.
Das Handstück ist unregelmäßig begrenzt, am nächsten
kommt es in seinem Umriß einem Fünfeck. Die Höhe der fast
flachen Grundfläche beträgt 12, die Breite 11 cm. Die Seiten-
flächen steigen senkrecht aufwärts, drei davon sind ungefähr gleich
lang und stoßen unter etwa rechten Winkeln aneinander, während
die übrigen zwei nur je etwa halb so lang wie jene sind und die
eine stumpfwinklig begrenzt wird. Die eine (in der Figur linke) Seiten-
fläche ist durch Abschlagen von dem ursprünglich größeren Gesteins-
block künstlich hergestellt; desgleichen ist auch die untere rechte
Ecke nicht mehr in ihrer ehemaligen Gestalt erhalten, zwei frische
Flächen zeigen, daß hier ein nicht kleines Stück abgespalten ist.
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Fig. 1. Furchenstein vom Lamasumpfe in Dahome; verkleinert.
143
Die Oberseite ist dagegen kräftig modelliert (vergl. Fig. 1).
Ihre linke Hälfte bietet das Bild zweier, von der vorderen und
linken Seite gegen die Mitte hin aufsteigender Ebenen, ihre
rechte das eines durch Einmuldungen und abschüssige Runsen
skulpturierten Plateaus.. Auf der Grenze beider Terrainformen
zieht sich eine seichte, breite Rinne hin.
Die eine Ebene steigt, wie erwähnt, von der Oberkante der
linken Seitenfläche, welche an ihrer hinteren Kante 4 cm, an
ihrer vorderen wenig über 3 cm hoch ist, her auf, die andere von
der Oberkante der nur 2,5 cm hohen Vorderfläche. Der Scheitel- '
punkt ihrer verrundeten Schnittlinie ist etwa im vorderen Drittel der
Gesamtlänge gelegen — das Handstück hat hier eine Dicke von
6 cm — es fällt somit die kürzere vordere Ebene stärker
als die langgestreckte, linksseitige Ebene ab.
Die zentral gelegene und leicht gebogene Rinne ist 1—2 mm
tief und 10 mm breit. Sie setzt einerseits auf die vordere
Seitenfläche mit tiefer Einfurchung fort und gabelt sich anderer-
seits kurz vor der stumpfwinkligen Ecke, in der die beiden
Hinterflächen zusammenstoßen. Während der rechte Gabelast
kurz und seicht ist, gräbt sich der rechte bis zu °/ı cm Tiefe
ein. Letzteres ist auch mit der steil abschießenden vorderseitigen
Einfurchung der Fall, die, durch einen Grat getrennt, von einer
ebenso breiten und etwa doppelt so tiefen Furche flankiert wird.
Die plateauartige rechte Hälfte begleitet die zentrale Rinne
mit steilem, 1—1,5 cm hohem Abfall. Auf ihr liegen einige
flache Wannen, die ineinander übergehen, und kurze, quer dazu
verlaufende Eintiefungen. Radial strahlen drei Einfurchungen
aus, die durch gratartige oder nach unten hin sich verbreiternde
Kämme getrennt werden und runsenartig zu einem quer vor-
liegenden, canonartig zwischen senkrechten Wänden eingetieften
Tale abstürzen. Dieses Tal öffnet sich gegen den rechten Gabel-
ast der zentralen Rinne; seine Nordwand, wenn ich mich so aus-
drücken darf, hat 2, seine Südwand 1 cm Höhe. Auch die
Oberfläche des keilförmigen Stückes, das sich in der rechten
unteren Ecke an das Tal anschließt, ist von zwei Flächen durch-
zogen.
Ein Vergleich mit den von G. Mürner!) gesammelten, sowie
mit den in der geologischen Sammlung der hiesigen Bergakademie
aufbewahrten Furchensteinen vom Starnberger See, deren Durch-
sicht ich der liebenswürdigen Erlaubnis des Herrn Geheimrats
WAHNSCHAFFE verdanke, zeigt zwischen jenen und dem afrikanischen
Handstücke so nahe Übereinstimmung, daß ich nicht anstehe, es
!) Furchensteine aus Masuren. Diese Zeitschr. 49. 1897, S. 27-39.
144
als einen der an Seerändern weit verbreiteten Furchensteine
aufzufassen.
Ferner ist das Handstück von Bruchstücken einer Siphonee
und von Bivalvenschalen dicht erfüllt; sie ragen aus der ein-
bettenden, tonreichen Kalkmasse bis zu 2 mm Höhe über die
gesamte Oberfläche hervor. Die natürlichen Quer- und Längs-
schnitte der kreisrunden und elliptischen Kalkalge, sowie die
Schnitte in einem Querschliffe lassen ihren inneren Bau trefilich
erkennen. Sie stimmen mit den Abbildungen, welche STEINMANN')
von Dactylopora cylindracen Lam gibt, überein.
Foraminiferen treten mehrfach auf der Gesteinsoberfläche
hervor, sie scheinen den Gattungen Textularia und Nodosarta
anzugehören;, im Dünnschliffe wurden Längsschnitte von Globigerina,
Oristellaria und ? Operculina beobachtet.
Unter den Fragmenten von Bivalvenschalen, die auf die
Gattungen Pecten, Lima und Arca hindeuten, treten solche von
Venus Hwupfeldi nov. sp.
insbesonders hervor. Diese Art liegt auch in einer linken Klappe
(Fig. 2) vor, welche zwar in ihrer unteren Hälfte mehrfach zer-
brochen ist, deren Teilstücke jedoch ihre ursprüngliche Lage zu
einander behalten haben, sodaß ihr Gesamthabitus dadurch nicht
beeinträchtigt ist. Allerdings ist der Vorderrand nicht vollständig
erhalten, jedoch ist sein Verlauf nach dem der Anwachsstreifen
wohl richtig wiedergegeben. Sie ist von breit ovalem Umriß
(18 mm hoch, 20 mm lang), flach gewölbt, wenig ungleichseitig.
Von dem wenig vor der Mitte gelegenen
Wirbel steigen der hintere Schloßrand ziem-
lich rasch, der vordere nur allmählich ab-
wärts. Lunula nicht vorhanden. Die Ober-
fläche ist mit vertieften, eng stehenden
konzentrischen Linien bedeckt, welche mit
einem Maschwerk zarter, unter der Lupe
sichtbarer Radiallinien bedeckt sind, wobei
an einer Stelle das eine, an einer anderen
Fig. 2. Venus Hupfeldi das kreuzende Liniensystem deutlicher her-
n. sp. '/h. Lamasumpf. yortritt, Nach dieser Skulptur gehört die
vorliegende Art wohl der Untergattung Textivenus Cossmann
an. Da nun die mir bekannten Arten sich durch ihren Umriß
und ihre Skulptur von der afrikanischen Form unterscheiden,
so trenne ich sie unter obigem Namen davon ab.
Ferner finden sich zwei Bruchstücke einer schlanken
Turritella, auf deren wenig gewölbten Umgängen drei kielartig
u ERERNERSR nn...
!) Einführung in die Paläontologie. 1903, S. 15, t.5 A—C.
145
hervortretende Spiralrippen in gleichmäßiger Entfernung von ein-
ander sich hinziehen. Die oberste liegt näher der Naht als die
untere; eine vierte feine Linie liegt hart über der flachen Naht.
Herr Dr. OrrEnHeım ist geneigt, diese Form als mit seiner
T. Escht ident oder ihr doch sehr nahe stehend anzusehen.
Hierzu gesellt sich noch ein Fischzähnchen von schief
kegelförmiger Gestalt.
Was das Alter dieser Fauna anbetrifft, so weist ihr Gesamt-
habitus auf ein alttertiäres hin. Es fehlen auch hier, obschon
man sie in dieser Facies erwarten könnte, wie in Kamerun die
Nummuliten. Da Turritella Esch! Oprm. sich in Kamerun in
Gesellschaft eocäner Fossilien findet!), so bin ich überzeugt, daß
auch die Fauna vom Lamasumpfe dieser Stufe angehört, womit
auch das Vorkommen von Dactylopora cylindracea« Lamk in
Übereinstimmung steht. Es sei mir gestattet, an dieser Stelle
auf die Ausführungen über die Verbreitung des Tertiärs in Ober-
Guinea in der demnächst erscheinenden Arbeit von P. OrpenHEım
hinzuweisen.
Zum Schluß sei noch hinzugefügt, daß Bröckchen eines
srünlichen, stark zersetzten, sowie Splitter eines roten Minerals,
welches in Salzsäure löslich ist, vielfach auf der Oberfläche des
Handstücks sichtbar sind. Eine kleine Partie der Oberfläche
deckt eine glänzend schwarze Schutzrinde und an zahlreichen
anderen sind die Anzeichen des Beginnes ihrer Bildung wahr-
nehmbar.
!) Vergl. P. OPPENHEIM, Vorläufige Mitteilung über das Auftreten
von Eocän in Kamerun. Centralblatt f. Min. u. s. w. 1903.. S. 873.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 56. 1904. 10
146
25. Über tertiäre Brachiopoden von Oamaru,
Südinsel Neu-Seeland.
Von Herrn GEORG BOoEHM.
Hierzu Taf. XV.
Freiburg i/Brg., den 26. August 1904.
In dieser Zeitschrift 52, 1900, S. 174 berichtete ich über
geologische Untersuchungen, die ich im Februar jenes Jahres bei
Oamaru auf der Südinsel Neu-Seelands ausgeführt habe. Das
Städtchen Oamaru ist mit der Bahn bequem zu erreichen und
auch die vier Fundpunkte, die a. a. O. genannt werden, sind
leicht zugänglich. Alle vier haben manche interessante, palä-
ontologische Funde geliefert, aber ich muß die Bearbeitung hinaus-
schieben, weil mich das überaus reiche Material aus den Moluliken
und aus Niederländisch Neu-Guinea völlig in Anspruch nimmt.
Deshalb beschränke ich mich auch im nachfolgenden auf ein
Brachiopoden-Vorkommen in „Evererrts Steinbruch bei Kakanui“}),
das mir eigenartig genug erscheint, um kurz für sich beschrieben
zu werden.
EvEretts Steinbruch mit Kalkofen liest an einer Fahr-
straße ca. 12 km südlich von Oamaru. Der dort gewonnene
Kalk ist meist rein weiß, zuweilen aber auch durch Verwitterung
gelblich gefärbt. Er besteht häufig fast ausschließlich aus
Trümmern von Fossilien, wie Bryozoen, Brachiopoden, Pelecypoden
und Gastropoden. Die Brachiopoden besonders bilden zuweilen
förmlich Schichten, und mit Vorsicht kann man ihre ganzen Ge-
häuse, speziell aus den gelblichen, etwas verwitterten Schichten,
herauspräparieren. Man unterscheidet äußerlich eine kleine
"9, a. O8, 174,
147
Terebratulina mit feinen, radialen Linien und eine größere
Terebrateln-Art ohne radiale Skulptur. Das alles ist nicht
weiter auffallend. Eigenartig aber scheint mir, daß die Brachiopoden-
Gehäuse fast immer hohl sind — nur hier und da enthalten sie
etwas Fossiliengrus — und daß in den hohlen Gehäusen die
Gerüste sich stets tadellos erhalten haben. Bei dem Zerschlagen
des Gesteins springt bald die Ventral-, bald die Dorsalklappe ab,
alsdann sieht man die Zähne, die Zahngruben, den Schloßfortsatz
und überaus häufig die Armschleifen von vorn oder von hinten.
In anderen Fällen zerbricht der Stirnteil der Schalen, dann be-
obachtet man vom Stirnrande aus aufs klarste die Armschleife,
sowie den Schloßfortsatz und das Ineinandergreifen der Zähne
und Zahngruben. Das Auffälligste aber dürfte sein, daß die
überaus zarten Gerüste fast nie zerbrechen, wie roh man auch
das sie enthaltende Trumm behandeln mag. Schon im
Steinbruch selbst staunte ich, daß die Gerüste im allgemeinen
heil blieben, wenn ich Handstücke zurechtschlug. Beim Ein-
packen, auf dem weiten Transport von Neu-Seeland nach Frei-
burg i/Brg., und beim Auspacken ist kaum eine Armschleife
zerbrochen. Beim Studium zuhause habe ich, da ich denn
doch ängstlich war, zunächst zu große Stücke mit der Maschine
zerschneiden lassen. Das ist natürlich mühsam und zeitraubend,
und so bin ich schließlich zu dem ganz brutalen Zerschlagen
mit dem Hammer zurückgekehrt. Es ist fast unglaublich, daß
hierbei nicht alle Brachialschleifen sofort zerbrechen, aber selbst,
wenn dies bei einer oder der anderen geschieht, so erscheinen
dafür an einer neuen Bruchstelle zwei oder drei weitere, tadel-
lose Gerüste. Ich besitze ein Kalktrumm von 22 cm Länge und
11 cm Breite, an ihm zähle ich neben zahlreichen zerbrochenen
auch 22 vollkommene Schleifen. In dem Schutt, der sich unter
den Hammerschlägen ergibt, findet man, an ihrer Wirbelregion
befestigt, zahlreich und vielfach ganz intakt, die zartesten
Terebratulinengerüste. Wie ich glaube, erklärt sich das durch die
geringe Leitungsfähigkeit für Stöße bei einem so lockeren, so
lufterfüllten Gesteine; vor allem bricht wohl auch die Luftschicht
des Hohlraumes, in dem die Gerüste herabhängen, die Fort-
pflanzung des Stoßes. Es entspricht dies der Erfahrung, daß
über Hohlräumen und über Geröllschichten Erdbeben nicht oder
doch nur wenig gespürt werden. Die Widerstandsfähigkeit liest
nicht etwa in den zarten Gerüsten selbst, denn wenn man sie
auch nur etwas unsanft direkt berührt, so zerbrechen sie
augenblicklich. Ubrigens sind sie nicht etwa verkieselt, sondern
bestehen aus der ursprünglichen Kalksubstanz und lösen sich in
verdünnter Salzsäure ohne Rückstand auf.
10%
148
Nach den Armschleifen liegen mir, abgesehen von noch
nicht näher studierten Formen, drei Gattungen vor, zu denen
ich im nachfolgenden je eine Art als „oamarutica“ n. sp. be-
schreiben möchte. Etwaige Beziehungen zu anderen Arten ver-
mag ich, aus Mangel an einschlägigem Vergleichsmaterial, vor-
läufig nicht festzustellen. Wohl möglich, daß diese oder jene
der drei Spezies sich später als identisch mit einer schon be-
schriebenen erweist. Auf jeden Fall habe ich von diesem ganzen
auffälligen Vorkommen in allen Sammlungen Neu-Seelands nichts
gesehen, auch glaube ich nicht, daß die Formen schon irgendwo
eingehender behandelt worden sind. Mein verehrter Freund
A. Hamıtron, jetzt Direktor des Kolonial-Museums in Wellington,
hat 1903 eine höchst dankenswerte „List of Papers on the
Geology of New Zealand“!) veröffentlicht, in der unsere Brachio-
poden als beschrieben nicht erwähnt sind. Auch hat Herr Professor
JAMES PARK von der ÖOtago-Universität in Dunedin mir im
Dezember 1903 gütigst mitgeteilt, daß „no figures of Oamaru
series of Brachiopoda have been published except those in HocH-
STETTER. * |
1. Terebratulina oamarutica n. sp.
NIS SO Di
Das kleine Gehäuse ist länglich oder rundlich oval, bald
mehr bald weniger länger als breit, die Ventralklappe kräftig
sewölbt, die Dorsalklappe verhältnismäßig flach. Beide sind fein
berippt, mit kürzeren eingeschalteten Rippen, die in verschiedener
Entfernung vom Wirbel beginnen, außerdem sind zarte, kon-
zentrische Linien vorhanden. Der Wirbel der Ventralklappe ist
kurz, durch ein großes, rundes Loch abgestumpft. Die Ohren
der Dorsalklappe, die kleinen Deltidialplatten, das Ineinander-
greifen der Zähne und Zahngruben, alles ist aufs klarste zu be-
obaehten. Die bezeichnende Brachialschleife hat ca. ein Drittel
der Schalenlänge, sie liegt auch an ganz kleinen Individuen vor.
Bemerkungen: In der „Paläontologie von Neu-Seeland“?)
beschreibt.! Ep: 'Surss®) eine Zerebratulina sp. von Waikato
Soutlihead' beivv Auckland an der Westküste der Nordinsel. Äußer-
lich, steht’ die :Form: der ' unserigen jedenfalls sehr nahe, auch
zeigen Fig; 6a u. 6b einerseits, 6c andererseits ein ähnliches
Variieren’ der Ausmaße; ' wie’ die uns vorliegenden Exemplare. Ob
') Transaect: New Zealand Institute, 35. Art. LX, S. 489.
?) Reise der! österreichischen Fregätte-Novara:um die Erde in den
Jahren; 1857,,1858,,1859.,.,Geolog; Teil, ;1., Abtl.,2. ‚Wien 1864.
2) 8.51, 1. IX, Gac, ac Ra 2.
149
jene und unsere Terebratulina identisch sind, vermag ich nicht zu
entscheiden. |
Untersuchte Stücke: ca. 100, dabei intakte Gerüste ca. 40.
2. Terebratula oamarutıca n. sp.
Bar XV. BRier6 ae.
Das Gehäuse ist rundlich oval, etwas länger als breit, die
Ventralklappe ist kräftig gewölbt, die Dorsalklappe flacher. Die
Skulptur ist nur mangelhaft erhalten, doch sieht man feine kon-
zentrische Linien und Anwachsstreifen. Der Wirbel der Ventral-
klappe ist stark übergebogen, durch ein großes, rundes Loch ab-
gestumpft. Die Deltidialplatten dürften nur schwach entwickelt
gewesen sein, ich vermag sie nicht deutlich zu beobachten. Der
Schloßfortsatz ist kräftig entwickelt. Auch hier ist das Ineinander-
sreifen der Zähne und Zahngruben an vielen Stücken aufs deut-
lichste zu beobachten, besonders gut bei Gehäusen, die am Stirn-
rande aufgebrochen sind. Die Brachialschleife hat ca. ein Viertel
bis ein Drittel der Schalenlänge, liegt aufs beste erhalten von
allen Seiten vor und zwar in Längen von 2—12 mm.
Untersuchte Stücke: ca. 60, dabei Gerüste ca. 50, die
Hälfte der letzteren intakt.
3. Terebratella oamarutica n. Sp.
Taf. XV, Fig. 8.
Es liegen in Hohlräumen vier Terebratellen-Gerüste vor —
Terebratella im weitesten Sinne genommen — vom Gehäuse ist
an ihnen nichts zu sehen. Unter den zahlreichen Einzelklappen
meines Materials befinden sich auch solche mit Medianseptum,
die wohl die artlich hierher gehörigen Dorsalklappen sein
könnten, doch läßt sich das mit Sicherheit nicht feststellen. Ich
beschränke mich deshalb im nachfolgenden auf die Gerüste. Ihr
Medianseptum ist breit und kräftig entwickelt, seine Länge vom
Wirbel bis zum oberen Rande der Querbrücke beträgt nicht
ganz die Hälfte, aber mehr als ein Drittel der gesamten Schleifen-
länge.
Bemerkungen: In der oben zitierten „Paläontologie von
Neu-Seeland“ beschreibt Ev. Surss!) eine Terebratella dorsata,
Gmel. sp. und zwar von Kohuroa (Mahe Point) südlich von Rod-
ney Point, Provinz Auckland, Nordinsel. In meinem Material
von Oamaru ist keine Klappe vorhanden, die nach Form und
Skulptur den Abbildungen bei Surss entspräche.
Untersuchte Stücke: 4 (Gerüste).
Ye
150
Die eben skizzierten drei Arten sind nur ein Bruchteil der
Brachiopoden, die ich bei Oamaru gesammelt habe, selbst aus
Evererrs Steinbruch scheinen noch weitere Arten vorzuliegen.
Unsere Formen haben ein besonderes Interesse wegen der so
massenhaft und tadellos erhaltenen Gerüste. Wie oben angedeutet,
liegen mir Brachialschleifen auch an ganz kleinen Gehäusen von
Terebratulina und Terebratula vor. Aber das ist Zufall, ich
habe draußen darauf nicht geachtet. Sollte sich bei speziellem
Sammeln kleinster Individuen nicht Material für die Veränderungen
der Gerüste während ihrer ontogenetischen Entwicklung ergeben?
Was das Alter unserer Kalke betrifft, so darfich auf meine früheren
Ausführungen!) hinweisen. Es unterliegt wohl heute keinem Zweifel
mehr, daß eine „Cretaceo-tertiary formation“ im Sinne HxzcTors
weder bei Oamaru noch sonst irgendwo in Neu-Seeland vorhanden
ist. Hurrox rechnet die „Oamaru-Formation* zum Oligoeän?).
Die geologische Landesaufnahme von Neu-Seeland wird unter ihrer
neuen Leitung hoffentlich diese Frage neben vielen anderen lösen.
26. Notiz über die Auffindung von Kelloway bei
Tanga (Deutsch-Ostafrika).
Von Herrn W. KoERT.
Haren a/Ems, den 28. August 1904.
Eine mir vom Kais. Gouvernement von Deutsch-Ostafrika
gestellte Aufgabe gab mir am Ende des Jahres 1902 Gelegen-
heit, den Jura der Gegend von Tanga kennen zu lernen. Das
bemerkenswerteste Ergebnis meiner Untersuchungen scheint mir
die Auffindung der durch Cephalopoden gut charakterisierten
Kellowaystufe zu sein, zumal hierdurch einige Unklarheiten,
welche hinsichtlich der Altersauffassung des Jura von Tanga be-
standen, einigermaßen beseitigt werden.
Einige Meter vor dem Kilometerstein 5,5 der Usambara-
balın, welche bekanntlich von Tanga ausgeht, zweigt sich von
dem Parallelwege zur Bahn in annähernd nordnordwestlicher
Richtung ein Negerpfad ab. An diesem Fußpfade werden im
Abstande von ungefähr 1,5 km von der Bahn jurassische, kalkige
Schiefertone mit einzelnen fossilarmen Geoden sichtbar und
setzen von da ab den Boden einer flachwelligen, von Wasser-
!) Diese Zeitschr. 1900, S. 174.
2) Vergl. N. Jahrb. f. Min. 1888, 2. S. 439.
151
rissen durchzogenen und z. T. mit dichtem Buschwald bestandenen
Landschaft zusammen. In ungefähr 2,1 km Entfernung von der
Bahn trifft man als Einlagerung in ähnlichen Schiefertonen einen
Eisenoolith an, der einen großen Reichtum von Cephalopoden,
Brachiopoden, weniger von Pelecypoden aufweist. Die Fundstelle
liest an der südlichen Seite der letzten Bodenwelle, welche sich
vor dem von BoRnHArRDT bereits näher beschriebenen Kalkzuge
erhebt. Der Eisenoolith ist im frischen Zustande ein grauer
Kalk mit zahlreichen gelbbraunen, schalig aufgebauten Eisenstein-
körnchen, aber infolge der tropischen Verwitterung ist meist das
sanze Gestein dunkelrot geworden. Die Fossilien liegen z. T.
ausgewittertt umher oder lassen sich doch leicht herauslösen.
Herr Landesgeologe Dr. G. MürrLer, dem ich das gesammelte
Material zur Bearbeitung übergab, konnte bis jetzt folgende Arten
feststellen:
Phylloceras mediterraneum NEUMAYR.
Phylloceras Fedden! Waac.
Sphaeroceras bullatum »’ORB.
Perisphinctes funatus OPPre.
Macrocephalites macrocephalus SCHL.
Diese Fauna würde demnach eine solche des Kelloway sein,
welches bisher im Jura von Tanga noch nicht bekannt war.
Vielleicht zu einer etwas tieferen Stufe mul) eine glimmerhaltige, fein-
sandige Geodenkalkbank gezogen werden, welche ungefähr 75 m
nordnordwestlich vom ersten Auftreten des Eisenooliths an der
nördlichen Seite des Rückens in Schiefertonen eingelagert ansteht,
und zwar anscheinend im Liegenden des Eisenooliths. In ihr
fanden sich einige noch näher zu bestimmende Ammoniten und
Hamiten oder Ancyloceren. Herr Dr. MÜLLER wird s. Zt. auch
über diese Fossilien, welche wie aile übrigen im Kolonial-Museum
der geologischen Landesanstalt niedergelegt sind, ausführlicher
berichten.
Von dem letzterwähnten Vorkommen legt man noch ungefähr
240 m in nordnordwestlicher Richtung auf sumpfisem Talgrund
zurück bis zu dem steil aufragenden und dort mit Urwald be-
standenen Kalkplateau, welches vom Flüßchen Mkulumusi durch-
brochen wird. Das steile Heraustreten jenes Kalkplateaus erklärt
sich, glaube ich, zur Genüge als Wirkung der Erosion, die in
Ostafrika in der Nähe der Wasserläufe besonders tief einzu-
schneiden pflegt und die hier nahe dem Mkulumusi an der
Grenze zwischen Schieferton und Kalk sehr leicht das skizzierte
Landschaftsbild herausmodellieren konnte, ohne daß ihr dies durch
eine Verwerfung erleichtert wurde.
Bei dem östlichen Einfallen, das in der Hauptsache die
152
jurassischen Schichten bei Tanga zeigen, würde sich aus der
obigen Schilderung — die Abwesenheit von größeren Störungen
vorausgesetzt — ergeben, daß im Hangenden des von BORNHARDT
bereits beschriebenen Kalkzuges u. a. ein Eisenoolith mit Fossilien
der Kellowaystufe auftritt, daß mithin jener Kalk älter als Kelloway
sein muß.
Für diese Altersauffassung sprechen auch die Ergebnisse
von Bohrungen, die unter meiner Aufsicht an der Usambarabahn
ausgeführt wurden. Hier trafen nämlich zwei Bohrlöcher, die
ungefähr 1,35 km südlich von km 8,5 der Bahn angesetzt
wurden, einen Eisenoolith von 0,1—0,5 m Mächtigkeit an und
zwar in der einen Bohrung unmittelbar auf Kalk, in der anderen
getrennt von diesem durch 0,5 m mächtigen rotgeflammten
Schieferton. Andere Bohrungen in dieser Gegend ließen entweder
keine Spur des Eisenooliths erkennen oder nur eine Geodenbank
an ungefähr entsprechender Stelle, und ich möchte hieraus schließen,
daß der Eisenoolith keinen durchgehenden Horizont bildet, sondern
nur lokal auftritt und vielleicht durch eine Geodenbank vertreten sein
kann. Wenn sich auch die Gleichaltrigkeit des Eisenooliths der
Bohrungen mit dem oben beschriebenen Vorkommen am Mkulumusi
nicht durch Fossilien belegen läßt, weil bei der angewandten
Bohrmethode nur kleine Gesteinsstücke zutage gefördert wurden,
so möchte ich doch für beide Vorkommen das gleiche Alter an-
nehmen, da mir im dortigen Jura kein ähnliches Gestein wieder
begegnet ist. Durch alle diese Bohrungen, insgesamt zehn,
wurde einmal bestätigt, daß der liegende Kalk derselbe ist, wie
der weiter westlich in dem Kalkzuge sich allmählich heraus-
hebende, daß also das Einfallen flach nach Osten gerichtet ist,
zweitens zeigte sich auch, daß Längs- und Querbrüche zwar nicht
fehlen, aber nur eine geringe Sprunghöhe besitzen.
Der hieraus sich ergebenden Auffassung, daß der Kalkzug
der Gegend von Tanga älter ist als Kelloway, steht die Ansicht
von JAEKEL entgegen, welcher auf Grund der von LiEDER aus
jenem Kalke gesammelten Fossilien die Schichten zum oberen
Oxford stellte!) BornHARDT ist JAEKEL hierin gefolgt?) und
erklärt demzufolge die Schichten des Mkulumusi-Ästuars, welche
G. MüÜLrer als fragliches unteres Oxford bestimmte, für das Liegende
desKalkzuges, während sie in Wirklichkeit beträchtlich im Hangenden
liegen, was schon durch ihre nach Osten gerückte Lage?) wahr-
scheinlich wird. Das Fossilmaterial JArKELs erweist sich aber
!) Diese Zeitschr. 45. S. 507.
?) Zur Oberflächengestaltung und Geologie Deutsch-Ostafrikas
S. 465.
®) Verel. das Kärtchen S. 424 bei BORNHARDT.
153
bei näherer Prüfung als nicht beweiskräftig, denn auf (Okdarıs
glandifera GoLpr., Rhynchonella lacunosa dichotoma Qu. (Über-
gang zu R. jordanica NoertL.), Terebratula biplicata v. Buch,
Ostrea dextrorsum Qu. dürfte sich in einem unbekannten Gebiete
kaum eine genauere Horizontbestimmung gründen lassen. Dagegen
ist BoRNHARDT!) bereits die große Ähnlichkeit der Kalke von
Tanga mit denen der Gongaroguaberge aufgefallen, und er er-
wähnt, daß die an letzterer Örtlichkeit sich findenden Bildungen.
zu den ältesten in Deutsch-Ostafrika vorhandenen jurassischen
Schichten, welche G. MürLLer zum Bath gestellt hat, ge-
hören. Nach dem Ausgeführten neige ich dazu, die Kalke
von Tanga ebenfalls als Bath anzusprechen, und glaube,
daß dadurch eine bessere Übereinstimmung des Jura von Tanga
mit den übrigen ostafrikanischen Juravorkommnissen erzielt wird.
In Form einer Tabelle sei zum Schlusse die von mir ver-
tretene Altersauffassung des Jura von Tanga wiedergegeben.
Schichten im Mkulumusi-Ästuar
en (nach G. MÜLLER).
Bellasa Schiefertone mit Eisenoolith am Mkulumusi
M und an der Usambarabahn.
Bath Kalkzug am Sigi, Mkulumusi und bei Station
Steinbruch der Usambarabahn
2) a272...0.) 8.7425.
154
27. Die Abtrennung voller Seebecken vom Meere
infolge von Hebungen.
Von Herrn CARL ÖCHSsENIUS.
Marburg, den 28. November 1904.
Eine solche habe ich 1886 für die Region des Titicacas
in Südamerika erläutert und dazu noch die gleiche Situation
beim Baikalsee und bei dem Tanganyika angeführt. In letzterem
findet sich eine lebende Schnecke, die mit der Pyrgulifera hume-
rosa MEER aus den Laramieschichten Nordamerikas als identisch
angesehen wird. Sie hat sich hiernach wie die marinen Kruster
des Titicaca dem Süßwasser anbequemt.
Nach und nach finden sich mehr Beweise für die Richtigkeit
meiner Ansicht.
Der Tanganyika enthält neben einer normalen Sühwasser-
fauna eine ganze Reihe von Tieren, die als ursprüngliche Meeres-
formen anzusprechen sind. Das typischste Beispiel für diese
Tiergesellschaft bietet eine Qualle, Zimnocnida Tanganyicae, die
kürzlichst von CH. ArLLuaup auch aus dem nordöstlich vom
Tanganyika gelegenen großen Victoria Nyanzasee mitgebracht
worden. Offenbar ist Zzimnocnida nicht das einzige Geschöpf in
der Fauna des Victoria Nyanza, dessen Ursprung unbedingt
marin ist. Die gewaltigen Wasserbecken des Victoria, Tanganyika.
Kaihura, Albert u. s. w. sind sicherlich durch Hebungen von
dem Ozean abgetrennt worden. Der Vulkanknoten des 6050 m
hohen Kilimanscharo ist situiert zwischen dem Ozean und dem
Vietoria Nyanza, dessen Niveau etwa 1200 m über dem Meeres-
spiegel liegt, wogegen die weiter westlich befindlichen Wasser-
flächen des Tanganyika und seiner genannten Nachbarn nur
800, 1000 und 700 m betragen.
Der Kaihura mit 1000 m liegt rein westlich vom Victoria.
Man ersieht daraus, daß die Hebung in der Zentralpartie am
stärksten war.
Über die marine Fauna des Baikals, von der ich s. Z.))
nur die Seehunde zitieren konnte, will ich nachträglich wieder-
1) Diese Zeitschr. 1886, S. 767.
|
155
holen, daß nach W. Dysowskı dort auch eine dem fliegenden
Fisch ähnliche Glomynka (Callıonymus barcal) vorkommt, sowie
mehrere Tiere, deren Verwandte nur im Meere leben, wie
Lubomirskia baicalensis, Trochophora, Ancylodorıs barcalensis
u. a., alles marine Tierformen, die dem Süßwasser ursprünglich
nicht angehören, deren Repräsentanten sich aber, wie die Kruster
des Titicaca, jetzt ohne den gewohnten Salzgehalt behelfen.
28. Der jüngere baltische Eisstrom in Posen,
West- und Ostpreussen.
Von Herrn A. JENTZSCH.
Vorläufige Mitteilung.
Berlin, den 16. November 1904.
Eine der auffallendsten Erscheinungen in dem geologischen
Kartenbilde des norddeutschen Flachlandes ist die weitklaffende
Lücke, welche die große pommersche Endmoräne von den aus
Ostpreussen beschriebenen Eindmoränenstücken trennt. Diese
Lücke umfaßt einen erheblichen Teil der Provinz Westpreußen
und insbesondere das ganze, vom Verf. kartierte Gebiet vom
Weichseldelta bei Marienburg bis zur russischen Grenze bei
Gollub. Ein kartierter Streifen durchquert also die Gegend, in
welcher Theoretiker die Fortsetzung der pommerschen Haupt-
Endmoräne nach Osten gesucht haben. Zwar finden sich hier,
wie in anderen Gegenden des norddeutschen Flachlandes, viele,
z. T. sehr deutliche Endmoränen. Aber keiner derselben ver-.
mochte Verf. jene grundlegende Bedeutung beizumessen, welche
nach den vorliegenden Schilderungen der hinterpommerschen
Endmoräne vermöge ihres langen, fast ununterbrochenen Ver-
laufes und vermöge der Ausdehnung der angrenzenden Sandr zu-
kommt. Meine nach dieser Richtung durch viele Jahre geübte
Kritik war berechtigt: Jene auffallende Lücke entspricht der
Wirklichkeit; in einem großen Teile Westpreußens war die Fort-
setzung der hinterpommerschen Haupt-Endmoräne entweder nie-
mals vorhanden oder sie ist durch ein späteres Ereignis zerstört
bezw. verhüllt worden. Dieses Ereignis ‚war der jüngere baltische
Eisstrom.
Wie ich seit mehr als 20 Jahren gezeigt habe, umfassen
die Ablagerungen der jüngsten Vereisung („das Jungglacial*) in
Westpreußen mehrere Geschiebemergelbänke, welche durch ge-
schichtete Sande und Tonmergel vielorts getrennt sind, stellenweise
156
aber sich zu einer einzigen Bank zusammenschließen. Sobald dies
feststand, begann ich eine planmäßige Aufsammlung aller, in je einer
Greschiebemergelbank liegenden Geschiebe der Tages- Aufschlüsse,
wie insbesondere der von mir im Königsberger Provinzialmuseum
zusammengebrachten zahlreichen Tiefbohrprofile Ost- und West-
preußens zu dem Zwecke, das Vorkommen und die Häufigkeit
(der verschiedenen Geschiebearten für die einzelnen Schichten des
Diluviums statistisch zu ermitteln. Das erste Ergebnis meiner
statistischen Aufsammlungen ist in der Arbeit von J. Korn!)
„Über diluviale Geschiebe der Königsberger Tiefbohrungen“
niedergelegt. Herr Korn stellte hier auf Grund des von mir
gesammelten Materiales endgiltig fest, daß in Königsberg in ge-
wissen oberen Schichten des Diluviums eine plötzliche Zunahme
der Kreidegeschiebe stattfand. Diese Erscheinung ist nicht auf
Königsberg beschränkt. Ich habe vielmehr die gleiche Er-
scheinung an vielen andern Orten, z. B. mit voller Sicherheit
für die Gegend von Marienburg, Marienwerder, Graudenz in
Westpreußen nachgewiesen, wo sich zeigte, daß speziell die
oberste der von mir kartierten Geschiebemergelbänke sich durch
Reichtum an Senongeschieben auszeichnet, während die nächst-
tiefere Geschiebemergelbank des Jungglacials, welche ich für
Westpreußen als „Rothofer Geschiebemergelbank“ bezeichnete,
daran sehr arm ist, aber statt dessen vielorts Schalreste des
marinen Interglacials als Geschiebe enthält.
Wir sind demnach zwar keineswegs für ganz Norddeutsch-
land, wohl aber für Tausende von Geviertkilometern Ost- und
Westpreußens berechtigt und verpflichtet, eine reichliche Führung
von Senongeschieben als leitend zu betrachten für die jüngsten
. Glieder der dortigen Glacialbildungen. Nach diesem Maßstabe
reichte die Vereisung Westpreußens in ihrem jüngsten Stadium
von der Ostsee südwärts bis zur russischen Grenze bei Gollub
und Leibitsch, also bis zur Mündung des Drewenztales in das
Weichseltal. Zur selben Zeit aber überschritt sie noch das
heutige Weichseltal nach Süden, da sie eine mit Senongeschieben
erfüllte Endmoräne noch jenseits desselben, bei der Haltestelle
Suchatowko der Thorn-Posener Eisenbahn zurückließ. Der Ge-
danke, diese jüngste senonreiche Stufe des westpreußischen
Jung-Glacials dem „Jüngeren baltischen Eisstrom“ der Schweden
zuzurechnen, liegt um so näher, als auch der „Ostseekalk“ der
Schweden, das sog. Wesenberger Gestein, vielorts als Begleiter
der Senongeschiebe in Westpreußen auftritt.
Links der Weichsel konnte ich die senonreiche Stufe des
»), Jahrb. Kgl. preuß. geol. L.-A. 1894, S. 1—66.
157
Jungglacial von Schwetz über Dirschau bis Danzig verfolgen,
und von dort westwärts bis Schöneck'). Hier aber ist eine
Grenze. Wenige Kilometer westlich von Schöneck werden die
Senongeschiebe selten, während Geschiebe interglacialer Schal-
reste darauf hinweisen, dal dort (also westlich von Schöneck)
die nächstältere Stufe des Jungglacial der Oberfläche nahetritt.
Auch die von mir aufgefundene, durch WoLrr näher untersuchte
muschelführende „Schliere“ im Geschiebemergel von Dommachau
(160 m Meereshöhe) bestätigt diese Auffassung. Ebenso fehlt
die senonreiche Jungglacialstufe im Danziger Hochlande bei
Carthaus und von dort bis in der Gegend von Lauenburg in
Pommern — also in Gebieten, welche nördlich der hinter-
pommerschen Haupt-Endmoräne liegen. Der jüngere baltische
Eisstrom schickte also einen mächtigen und viele Meilen breiten
Eisstrom beiderseits der Weichsel und bis südwärts von Thorn
zu einer Zeit, in welcher das Danziger Hochland und die hinter-
pommersche Hauptmoräne keine Geschiebe mehr empfingen,
wenngleich eine Eisdecke auch dorthin vielleicht noch reichte.
Der baltische Eisstrom fehlte auch an der Nordspitze West-
preußens bei Rixhöft und Putzig, hinterließ aber seine Spuren
bei Zoppot und in der Hochredlauer Kämpe, von wo die Schmelz-
wässer in dem altbekannten Diluvialtale über Neustadt und
Lauenburg nach Westen abflossen. Auch die Stadt Posen liegt,
soweit meine Beobachtungen erkennen lassen, außerhalb des
Jungbaltischen Eisstromes.
Man wird sich vorzustellen haben, daß zu der Zeit, als
das Inlandeis viele Senongeschiebe vorwärts schob, seine Höhe
nicht mehr hinreichte, um merkliche Mengen derselben auf das
200 bis 330 m über das Meer aufragende Danziger Hochland zu
befördern, wohl aber, um jene breite Stufe von 100 bis 120 m
Meereshöhe, welche sich beiderseits der Weichsel bis zur
russischen Grenze erstreckt, mit senonreichem Geschiebemergel
oder Geschiebesand zu überkleiden.
Östwärts bedeckte der senonreiche Eisstrom den größten
Teil Westpreußens bis zur ostpreußischen Grenze, jedoch mit
Ausschluß einzelner höherer »Gebiete; ferner einen sehr großen
Teil Ostpreußens, nämlich das Samland und die angrenzenden
Gegenden von Königsberg bis Tilsit, Darkehmen, Rastenburg,
Mehlsack und Pr. Holland, sowie darüber hinaus bis in die
Gegend von Passenheim. Dagegen scheinen die höchsten
Gegenden Masurens außerhalb dieses Stromes gelegen zu haben.
Die Ursache der Zurahme der Kreidegeschiebe sehe ich
') Vergl. JENTZSCH, Jahrb. Kgl. preuß. geol. L.-A. 1885, S. 398—415.
158
nicht sowohl, wie die Mehrheit der Fachgenossen, in einer ||
Änderung der Stromrichtung, als vielmehr (wie ich bereits am
2. Mai 1900 der Gesellschaft vortrug), in dem Umstande, daß
im Laufe der Diluvialzeit die ursprünglich weit verbreiteten |
Tertiärschichten mehr und mehr abgetragen wurden, sodaß immer
größere Flächen senoner Schichten an die Sohle des Eises |
herantraten und der Zerstörung anheimfielen. Mit dieser Auf-
fassung stimmt trefflich überein meine Beobachtung, daß in |
Westpreußen schon die der Senon-Massen-Einwanderung nächst-
vorhergehenden Jungglacialschichten verhältnismäßig reich an
Phosphoritknollen und an gerollten Feuersteinen (Wallsteinen) |)
sind, welche als Geschiebe der örtlich ältesten, das Senon be-
deckenden Tertiärstufe zu betrachten sind. Innerhalb des Ver-
breitungsgebietes der Senongeschiebe sind die Geschiebe der
nächstälteren Schichten, also des Genoman, Oxford und Kelloway
an entsprechend engere Kreise gebunden.
Der Zeitpunkt, in welchem der Senonreichtum mit dem
Eise am Ablagerungsplatze eintraf. mul) selbstredend in den
einzelnen Provinzen der Ostsee-Gestade etwas verschieden ge-
wesen sein und bedarf deshalb in jeder Provinz gesonderter
Untersuchung. Für diejenigen Landesteile aber, in denen er,
wie für West- und Ostpreußen, ermittelt wird, bietet er einen
Anhaltspunkt zur vertikalen und horizontalen Gliederung des
Jungglacial und damit auch gelegentlich zur Altersbestimmung
einzelner Moränen. Insbesondere sind viele der kleinen Rück-
zugsmoränen Westpreußens (einschließlich der äußersten Nordost-
ecke Posens) nun für jünger zu erachten als die weiter nördlich
gelegene hinterpommersche Haupt-Endmoräne. Damit wird auch
der Verlauf dieser Endmoräne begreiflicher, und ebenso erscheint
die bekannte Beobachtung, daß in der Gegend von Marienwerder
der örtlich oberste Geschiebemergel weit weniger tief als im ||
gewissen Gebieten Hinterpommerns entkalkt ist, als selbstver-
ständliche Folge des Altersunterschiedes.
|
159
29. Das Thorn-Eberswalder Tal und seine
Endmoränen.
Ein Schlußwort an Herrn K. KEILHACK.
Von Herrn G. Maas.
Berlin, den 29. November 1904.
Leider muß ich an dieser Stelle noch einmal auf dieses Thema
zurückkommen. Es zwingen mich dazu eine Reihe von Angaben
in der Antwort des Herrn Krırsack!), die eine schleunige
Richtigstellung dringend erfordern.
Herr KeıLuack will einen Gegensatz konstruieren zwischen
seiner baltischen Endmoräne und den von mir aus Westpreußen
u. s. w. nachgewiesenen Zügen, in denen er nur Produkte
kürzerer, bald hier bald da eingetretener Stillstände des Eisrandes
erblickt, obgleich es schon auffallen müßte, daß sich derartige
untergeordnete Gebilde bereits bei gelegentlichen Begehungen un-
gezwungen zu einem über 200 km langen Zuge zusammen-
schließen. Indessen kann ich auch den anderen Kriterien des
Herrn KzırLnAack einen entscheidenden Wert nicht beimessen.
Was zunächst die Zusammensetzung meiner Endmoränen
betrifft, so habe ich allerdings von Blockpackungen nur da ge-
sprochen, wo ich Gebilde aufgeschlossen fand, die einigermaßen
an Chorin u. s. w. erinnerten. Seitdem ich aber kennen. lernte,
was in anderen Gebieten alles als Blockpackung bezeichnet wird,
z. B. von Herrn KeıtHack bei Wırkowo°’) und GRÜNBERE°), würde
ich den größten Teil dessen, was ich 1901 als Grand mit
Steinen, steinigen Lehm, steinigen Sand, dichte Bestreuung
beschrieb, heute als Blockpackung anführen, sodaß auch die
westpreußischen Endmoränen überwiegend als Blockpackung ent-
wickelt sein würden. Aber das wäre an sich ganz belanglos.
Denn schon 1892 schrieb ScHRoEDER*) bei der Bearbeitung eines
der klassischsten Teile der Endmoräne: „Die Blockpackung ist
kein „Leitfossil“ für Endmoränen“ und „Nicht überall, wo sich
Blockpackung findet, sind Endmoränen und nicht überall, wo
Endmoränen sich finden, ist Blockpackung“. Diese Tatsache
!) Diese Monatsber. 1904 S. 132.
2) Jahrb. Kgl. Preuß. geol. L.-A. 1894 S. 249.
*®) Ebenda 1898 S. 151—152.
*\ Ebenda 1892 S. LXU.
160
hat sich bei weiterer Kartierung der Endmoränen, besonders der
ostpreußischen, in denen Herr KEıLHAck trotzdem die Fortsetzung:
seiner baltischen Endmoräne sieht!), immer mehr bewahrheitet,
sodaß heute wohl niemand mehr ernstlich an die größere Beweis-
kraft der Blockpackungen glauben dürfte, zumal auch die große
baltische Endmoräne vielfach nicht aus solchen besteht. ?)
Die von mir 1901 beschriebenen Endmoränenzüge weisen
allerdings verschiedentlich Lücken auf, auch in den Anschlüssen
an die baltische, die aber nicht immer so groß sind, wie Herr
KeıLnack angibt.) Das hat aber seinen Grund z. T. darin,
daß meine Arbeit, ‘wie ausdrücklich gesagt ist*), Beobachtungs-
ergebnisse „gelegentlicher*“ Reisen, nicht, wie bei Herrn Keır-
HACK, einer eigens diesem Zweck gewidmeten Begehung?) ist. -
Ich konnte daher nicht angeben, ob sich etwa in den Lücken
noch kleine verstreute Kuppen finden. Dann aber stelle ich
grundsätzlich nur das dar, was ich wirklich gesehen habe, in-
dem ich das Übrige weiteren Begehungen und der Spezialaufnahme
vorbehalte, und diesen Grundsatz werde ich auch weiter befolgen.
Ist nun aber die große baltische Endmoräne so lückenlos, wie
es den Anschein erwecken soll? Die Übersichtskarte von Pommern
zeigt allerdings nur je eine etwa 6 km lange Unterbrechung:
östlich von Mohrin und am Mauschsee. Aber Herr KeıtHAack
spricht selbst in dem ihm genau bekannten Gebiet von der auf-
fallenden Lücke nördlich und westlich vom großen Virchowsee®),
die nur durch einige kleine Steinkuppen unterbrochen sind, und
!) Jahrb. Kgl. Preuß. geol. L.-A. 1898 S. 104.
?) Neben den Berichten aus Ostpreußen vergl. Jahrb. Kgl. Preuß.
geol. L.-A. 1889 S. 175—177 (sehr starke Geschiebebeschüttung mit.
vereinzelten Endmoränenkuppen, Reichtum an Geschieben hat be-
trächtlich abgenommen, etwas spärlich entwickelt). Ebenda 1893
S. 181 ff. (nirgends nennenswerte Geschiebeanhäufungen, Kieskuppen
und ungeheure Steinhaufen auf den Feldern (also Lesesteine!), Reihe
von Steinkuppen, die durch geschiebebedeckte Grundmoräne verbunden
sind, Rand der Grundmoränenlandschaft wird von großen Mengen
großer und kleiner Geschiebe bedeckt, zwischen denen eine Anzahl
aus Blockpackung bestehender Kuppen liegen, einige kleine Stein-
kuppen und zusammengelesene Steinhaufen, Geschiebebeschüttung der
ott sehr sandigen Oberfläche).
®) Bei der Lücke Ratzebuhr—Grunau ist übersehen, daß die End-
moräne noch mehrere km über Ratzebuhr hinaus ostwärts angegeben
ist. Der Bauchberg ist ein ebenso typisches Endmoränenstück, wie
eins der von Herrn K. beschriebenen, und östlich schließen sich an
denselben, wie Text und Karte deutlich zeigen, zusammenhängende
Beschüttungsgebiete an.
*) Jahrb. Kgl. Preuß. geol. L.-A. 1900 S. 98.
°) Ebenda 1889 S. 150—151.
6) Ebenda 1889 S. 176.
161
gibt an, daß von Gr. Dallenthin bis Raddatz die Endmoräne bis.
auf wenige kleine Kuppen auf 6 km Länge aussetzt.!) Weiter
wird eine große Unterbrechung bei Dramburg?) vom Sarranzig-
See bis westlich Janikow, 10 km, angegeben, in der sogar die:
Steine sehr zurücktreten, und für die Strecke von Nantikow bei.
Reetz bis Schwachenwalde?) werden auf 30 km Entfernung nur
von fünf Stellen kleine Steinkuppen erwähnt, deren Zusammen-
hang und Endmoränennatur noch zu beweisen ist.
Auch bezüglich ihrer Höhenlage unterscheiden sich die von:
mir beschriebenen Endmoränen durchaus nicht von den übrigen
Hauptendmoränen; denn auch diese liegen, wie mehrfach ausdrücklich
erwähnt wird, nicht immer auf den höchsten Höhen und fallen
auch nicht immer, wie die Karten zeigen, mit der Wasserscheide-
zusammen. Auch die baltische Endmoräne gleicht hierin ihren.
Geschwistern, wie Herr Keıthack selbst angibt*): „Auf der
anderen Seite aber kümmert sich der Geschiebezug in keiner
Weise um die Terrainverhältnisse,*
Es ist also in keiner Beziehung ein nennenswerter Unter-
schied zwischen den von mir beschriebenen Endmoränenzügen
und den sonst bekannten sog. Hauptendmoränen, auch der
baltischen, vorhanden.
Die von mir vermißten Endmoränenzüge von Fiddichow und
Bahn sollen nicht vorhanden sein, während die auf den beiden
südlich anstoßenden Blättern, Uchtdorf und Wildenbruch, auf-
tretenden Züge in der Karte von Pommern dargestellt sein
sollen.) Diese Karte zeigt aber hinter der baltischen Endmoräne
nur einen Zug auf Blatt Zachow, westlich Königsberg Nm. und
die sog. Beiersdorfer Endmoräne. Ich vermisse die Züge auf
Blatt Uchtdorf, in der Nordhälfte der Blätter Wildenbruch und
Beiersdorf, sowie die der Blätter Schwochow und Neumark.
Diese also sollen nicht existieren! Demnach befanden sich die
Bearbeiter dieser Blätter in einem bedauerlichen Irrtum, da sie
jene Züge sowohl in ihren Aufnahmeberichten®) als auch in dem
Erläuterungen ?) ausdrücklich angeben. Ja, MicHAeu sagt sogar):
") Jahrb. Kgl. Preuß. geol. L.-A. 1889 S. 176.
?\, Ebenda 1893 S. 181.
®) Ebenda 1893 S. 188.
*) Ebenda 1889 S. 181, vergl. auch 1897 S. 101—102.
5) Diese Monatsber. 1904 S. 138—139.
6) Jahrb. Kgl. Preuß. geol. L.-A. 1894 S. LXX, 1896 S. LXXIH bis
LXXIV, 1897 S. LIII und LV—LVI.
7) Erläut. zu Bl. Uchtdorf S. 1—2, Erl. z. Bl. Neumark S. 2, Erl. z.
Bl. Schwochow S. 4—7, Erl. z. Bl. Wildenbruch S. 7—8, Erl. z. Bl.
Beiersdorf S. 9—10.
®) Jahrb. Kgl. Preuß. geol. L.-A. 1896 S. LXXIV, vergl. auch
Erl. z. Bl. Schwochow S. 4.
Zeitschr. d.D. geol. Ges. 1904. 11
162
„Es steht also bislang fest, daß wir auch östlich der Oder An-
zeichen einer viermaligen Unterbrechung beim Rückzuge der Eis-
massen haben.“ Das wäre demnach alles falsch, denn jene
Züge sind ja nicht vorhanden. Nun hat aber neben SCcHROEDER,
der diese Züge gleichfalls angibt!), auch Herr KrıLnack selbst
bis in die neueste Zeit ihr Vorhandensein vertreten. Die End-
moräne südlich Fiddichow findet sich auf einer Karte der Drumlin-
landschaft von 1896 ?), und diese sowohl als auch zwei nördlichere
Züge, die Endmoräne von Bahn und die der Blätter Neumark
und Schwochow, sind noch auf der vervollständigten Übersichts-
karte der Endmoränen und Urstromtäler in der 1903 erschienenen
dritten Auflage der „Einführung in das Verständnis der geologisch-
agronomischen Spezialkarte u. s. w.“ sehr ausführlich eingetragen.
Ich muß also bei meiner Ansicht bleiben, daß diese
Endmoränenzüge tatsächlich vorhanden sind, in der
Karte von Pommern aber fehlen.
Ebensowenig stichhaltig ist der Grund für das Fehlen der
von MicHaeL angegebenen Endmoräne der Feuerberge.?) Wo ist
denn die genaue Beschreibung und die Kartendarstellung für den
zwischen Storchnest und Priment angegebenen Teil der süd-
posenschen Hauptendmoräne?*) Es werden hier nur wenige weit
auseinander liegende Punkte angeführt, deren Zusammengehörigkeit
in keiner Weise erwiesen ist und von denen einige sicher keine
Endmoränenbildungen sind. Wo ist weiter die Beschreibung und
Karte der Endmoränen von Birnbaum und Betsche°) innerhalb
der Grundmoränenlandschaft, „die auf etwaige Endmoränen noch
nicht näher untersucht ist*?®)
Zwischen Reetz und Schwachenwalde wurde kein End-
moränenzug beschrieben, sondern nur vereinzelte, weit von ein-
ander getrennte steinige Kuppen angegeben, ”) deren Zusammenhang
nicht erwiesen ist. Auch die über drei Meßtischblätter verfolg-
bare Grenze zwischen einer bewegten Grundmoränenlandschaft
und einem flacheren Sandgebiet kann hierfür noch nichts be-
weisen. Die gleichen Verhältnisse treten westlich der Brahe auf
den Blättern Schüttenwalde, Tuchel, Klonowo und Krone auf.
Anfangs war ich daher geneigt, hier gleichfalls einen nordsüdlich
streichenden Endmoränenzug anzunehmen.) Doch zeigte die
!) Jahrb. Kgl. Preuß. geol. L.-A. 1897 S. 99, S. 96.
?) Ebenda 1896 t. 7 u. Textkarte S. 184.
®) Diese Monatsber. 1904 S. 139.
*) Jahrb. Kgl. Preuß. geol. L.-A. 1894 S. 248.
>) Ebenda 1898 S. 152.
°) Ebenda 1898 S. 102.
?) Ebenda. 1893 $. 183.
®) Schrift. Naturf. Ges. Danzig N. F. 10. (1899) S. 2 und 4—5.
163
Spezialaufnahme, daß man es mit mehreren ostwestlich ver-
laufenden Zügen zu tun hat, die erst weiter nach Westen hin
‚deutlich aus der Grundmoränenlandschaft hervorgehen.
Nirgends habe ich behauptet, daß Ost- und Westpreußen
eisfrei waren, als der sogen. ÖOdergletscher KEıLHACKS noch be-
stand,') da ich ja die Einheitlichkeit der großen baltischen End-
möräne, mithin die Existenz des Odergletschers anzweifle. Eben-
‚so unverständlich ist, worin in meiner Angabe über die baltische
Endmoräne östlich der Drage als Nordgrenze der Beeinflussung für
das Thorn-Eberswalder Tal ein Widerspruch liegen soll, der die
Unrichtigkeit dieser Angabe beweist.) Gehört die Endmoräne
Rummelsburg-Sullenschin etwa nicht zur baltischen Endmoräne?
Bis wohin sollte dann also das Küddowtal bei dieser Stillstands-
lage des Eisrandes nach Norden reichen, wenn das Haupttal zu
dieser Zeit noch von hier aus beeinflußt wurde? Etwa nur bis
an einen der südlicheren Endmoränenzüge, z. B. meine süd-
pommerisch-westpreußische Endmoräne? Dann würde ich eine
Beeinflussung des Haupttales von der baltischen Endmoräne her
ganz entschieden bestreiten.
Zweimal macht mir Herr Krıukack den Vorwurf, dab mir
die Bildung der Terrassen nicht klar sei. Leider hat er dabei
verschiedene sehr wichtige Punkte übersehen. Nicht nach meiner,
sondern gerade nach seiner Darstellung gehen die Fluß- und
'Seeterrassen, die entgegen Herrn Keıtnacks früherer Ansicht?)
einerseits dem Boden, andererseits dem Spiegel des Gewässers
entsprechen sollen, unvermittelt in einander über. Das wäre
aber doch nur möglich, wenn die Seeterrassen durch deltaartige
Aufschüttung in einem bereits vorhandenen tieferen Becken, wie
beispielsweise am Bodensee, entstanden wären. Hierfür liegt aber
keinerlei Beweis vor. Zumal bei Bromberg handelt es sich nicht
am derartige Aufschüttungen in einem alten Becken. Denn hier
besteht, wie ausdrücklich angegeben wurde,*) die sogen. Hoch-
terrasse fast vollständig aus anstehenden älteren Bildungen, kann
also nieht dem Spiegel. sondern nur dem Boden eines Sees ent-
sprechen. Wenn man hier also einen See annimmt, dessen Tiefe
einer Angabe des Herrn KeıuHacr°) entspricht, der sie aus mir
unbekannten Grundlagen abgeleitet hat,°) so muß dessen Spiegel
!) Diese Monatsber. 1904 S. 138.
?\, Ebenda 1904 8. 141.
®, Vergl. z. B. Jahrb. Kgl. Preuß. geol. L.-A. 1898 S. 111.
*) Diese Monatsber. 1904 S. 45.
°) Verh. d. Ges. f. Erdkande, Berlin 1899 S. 134.
°) Die Tiefenbestimmung von 15—20 m kann doch kaum darauf
beruhen, daß heute in dieser Gegend Niederungen 25 m unterhalb der
le
164
um die angenommene Tiefe höher liegen als der Boden. Indessen
ist die Keisacksche Angabe unrichtig, daß ich ihn den See-
spiegel bei 95 m annehmen lasse,!) was schon daraus genugsam
hervorgeht, daß sein Seespiegel bei mir dem Seegrunde ent-
spricht. Hinsichtlich meiner Auffassung der Wartheterrassen als Ein-
ebnungsterrassen und ihrer Entstehung durch seitliche Ver-
schiebung der Stromrinne verweise ich auf Jahrb. 1898
S. 87 und Erläuterungen zu Blatt Gurtschn S. 18—19
und bemerke außerdem. daß ich oberflächlich umgelagerte
Bildungen nicht ais Neuaufschüttungen auffassen kann, wenngleich
dieselben in der geologischen Karte als Talbildungen dargestellt
werden. Ebenso erachte ich die Frage nach der Unterlage der
Dünen und der sich am: Gehänge hinaufziehenden humosen
Bildungen, da ja die Terrassen des Herrn KEILHAcCK einzig auf
der Höhe ihrer Oberfläche beruhen, durch die Fußnote S. 44
dieser Monatsberichte für erledigt. Das dort Gesagte gilt natür-
lich nicht nur für Milsch.
Die Frage, ob die Abtrennung eines Talstückes durch eine
Endmoräne „eine rasch vorübergehende Phase“, ein rasch
vorübergehendes Anfangsstadium der Entwicklung?) war, dürfte in
dieser Allgemeinheit doch nur sehr schwer zu entscheiden sein.
Das hängt doch ganz von dem Widerstande des trennenden
Riegels ab, für den es ohne weiteres keinen Maßstab gibt,
selbst wenn schen kurze Zeit später das Eis weiter im Norden.
liegt.
Woraus schließt Herr Ksıtuack endlich, daß der Spiegel
der im Weichseltal nach Süden strömenden Gewässer in 50 m
Höhe lag??) Die 50 m-Terasse unterhalb Fordon hat nörd-
liches Gefälle, während die südwärts sich neigenden Terrassen-
stücke des Weichseltales oberhalb des Schwarzwassers bei 78
und 75 m Meereshöhe liegen gegenüber der 72 m-Terrasse des
Bromberger Sees.
Terrasse liegen. Einmal sind noch größere Höhenunterschiede vor-
handen, zweitens aber wäre erst zu beweisen, daß diese Tiefen bereits.
in diluvialer Zeit bestanden.
!) Diese Monatsber. 1904 S. 140.
?) Ebenda 1904, S. 186—137.
®, Diese Monatsber. 1904, S. 141.
165
30. Gault in Bartin bei Degow (lntemenmern).
Von Herrn Kurr Huckt.
Hierzu Taf. XXIII u. 2 Textfig..
Berlin, den 1. Dezember 1904.
Auf-einer geologischen Exkursion nach Pommern und Born-
holm im Sommer 1903 besuchte ich auch Bartin unweit Kolberg,
wo eine Klippe von Kalken des oberen Malm zu Tage steht.
„Die Schichten fallen steil 40° gegen Westen ein. Die unterste
Schicht ist ein zum Kalkbrennen geeigneter Oolith mit kleinen
Austern, Pecten- und Avticula-Arten, sowie Pygurus Blumenbacht,
einem in Kalzit versteinerten Seeigel. Darüber zum Düngen be-
nutzte oolithische Kalke und einige sehr fossilreiche, etwa fuß-
dicke feste Bänke mit großen Trigonien (Trigonia Bronnt,
suprajurensts), vielen Ammoniten bis Wagenradgröße (Perisphinctes-
und Aspidoceras-Arten), zahlreiche Pecten (P. Buchü), Austern
(Ostrea virgula) und Serpuliden (Serp. spuamosa). Die obersten
Bänke bildet ein grüner bis gelblicher magerer Letten, der schon
z. T. mit Diluvium gemengt ist und nur kalzinierte Versteine-
rungen führt.“*!) Wahrscheinlich ist dieser letztgenannte Letten
identisch mit der etwa 30 cm dicken Tonschicht, von der ich
bei meinem Besuche der Bartiner Grube zwecks mikroskopischer
Untersuchung einige Stücke mitnahm.
SEEZEEREEE GLOETTTIER EEE GLEISE SESLSTRICHICHN
C Kalke des oberen
Malm.
N
Big;
Das Material wurde geschlämmt und aus dem Rückstande
die Petrefacten herausgelesen, welche im Folgenden aufgeführt sind.
!) W. DEECKE, Geologischer Führer durch Pommern. S. 94.
166
Pisces.
Zähne, und Schuppen. Taf. XXIN Fig. 1 und 2.
Die Zähne sind konisch, mit kreisförmigem Querschnitt.
Die vom Mittelkanal ausgehenden Dentinröhren treten deutlich in
Erscheinung. Doch war es mir auch bei stärkerer Vergrößerung
nicht möglich, die den Mittelkanal und den Anfang der Dentin-
röhren umgebenden Haverschen Lamellen zu sehen. Eiensowenig
ließ sich der Übergang der Dentinröhren in den Plakoinschmelz
und die Bildung feiner Röhrchen in demselben verfolgen.
Die Schuppen sind rund bis rhombisch; der Stiel liegt
zentral oder etwas exzentrisch; bei einem Exemplar bildet er die
Fortsetzung des Randes. |
Die meisten Schuppen sind mit Bohrgängen des Fadenpilzes-
Mycelites ossifraga Roux durchsetzt.
Lamellibranchiata.
Ostrea virgula. Häufig, doch nur in kleinen Exemplaren
und meist zertrümmert.
Echinodermata.
Echinoidea.
Es liegen einzelne Tafeln und Stacheln vor. — Die auf
Taf. XXIII Fig. 3 und 4 zur Anschauung gebrachten Körperchen
halte ich für Teile des Kauapparates. Derselbe besteht bei rezenten
Seeigeln meist aus 40 Kalkstücken, nämlich 5 Paar Halbpyramiden.
von denen je ein Paar einen Zahn umschließt und oben vom
5 paarigen Ergänzungsstücken (H. Meyer) oder Epiphysen (LovEn)
zusammengehalten wird. In dem Zwischenraum zwischen je zwei
Halbpyramidenpaaren liegen oben radial 5 unpaare Schaltstücke,
(rotulae Desmouuins, falces VALENTIN), die wiederum
von 5 inneren und 5 äußeren Gabel- oder Bügel-
stücken, (compas VALENTIn), überlagert werden.
Echinus esculentus zeigt an den inneren Seiten der
Epiphysen deutliche Zähnelung, ähnlich der in
unseren Figuren dargestellten. Die Vertiefung gl
in Fig. 3 ist die Glenoidalgrube für den Vorsprung
der Schaltstücke.
Wir haben es demnach in Fig. 3 und 4 wohl
mit fossilen Epiphysen zu tun.
Hie 2,
Asterias_cft. Asteroidea.
impressae Qu. Randtäfelchen (s. nebenstehende Figur) von Asterras
impressae?!)
!) Vergl. QUEENSTEDT, Petrefaktenkunde t. 71, f. 15, 17, 18.
167
Crinoidea.
Stielglieder, wahrscheinlich von Pentacrinites astralis Fig. 5.')
Fig. 5e zeig ein Verticillenglied mit den Ansatzstellen für die
Cirren.
Im Gault des Lindener Berges bei Hannover kommen
Stielglieder in großer Menge vor,. die mit den vorliegenden
identisch sind.
Holothuroidea.
Uncinulina polymorpha TERQUEM.?)
Nas SO NEE
Diese gekrümmten Stäbe sind wahrscheinlich Teile des Haut-
skeletes von Seewalzen. Die rezente Cherodota japonica v. MARENZ
zeigt ganz Ähnliche Kalkkörper in der Haut.) Es ist jedoch auch
möglich, daß die Umcinulina Reste von Kalcispongien darstellt,
da unter den rezenten Kalkschwämmen die Gattungen Myxilla
und Syculmis hakenförmige Gebilde ausscheiden, die den vor-
liegenden ebenfalls ähnlich sind.
OÖstracoda.
Oythere plicata v. MÜNSTER.
Häufig. Kommt auch im Gault des Lindener Berges bei
Hannover vor.
Oythere quadrilatera RoEMER.
Cytheridea subperforata Rupert u. JONES.
Oytheridea trigonalis Rupert u. JoxEs.
Foramünifera.
Die Foraminiferen sind durchweg ziemlich schlecht erhalten.
Wegen der vorgeschrittenen Kalcination muß man auf genauere
Untersuchungen z. B. über Perforation oder spezielle Mündungs-
verhältnisse verzichten. Wie es häufig vorkommt, daß bestimmte
Genera dominieren, z. B. Fusulinen im Kohlenkalk, Globigerinen
in der Kreide oder Nummuliten im Tertiär, so hier die Spiril-
linen, welche das größte Kontingent, etwa 90°, aller vor-
kommenden Foraminiferen, stellen. Unter den Ostrakoden herrscht
Cythere plicata v. MÜNSTER vor.
Alle Abbildungen sind nach Kanadabalsampräparaten bei
durchfallendem Licht gezeichnet. — Die Aufzählung geschieht
nach dem von Brapy im Challenger Report verfolgten System.
!, Vergl. QUEENSTEDT, a. a. O. t. 72, £. 31.
2) Vergl. TERQUEM, II. Mem. du Lias t. V. f. 7.
°) Vergl. Bronn, Tierreich, Aufl. 1889—1892, 2; 3, 1;
En We
1685
Lituolidae.
Ammodiscus bartinensis n. Sp.
Taf: XXINS@EISET
Gehäuse flach, mit etwa 4 Umgängen, die letzte Windung
viel breiter als die vorgehenden. Die Schale ist ziemlich
durchsichtig, doch läßt sich ihre Struktur nicht mehr erkennen.
Größter Durchmesser: 0,3 mm. Eine ähnliche Form bildet’
ANDREAE!) als A. pellucidus n. sp. ab.
Textularidae.
Textularia cordıformis SCHWAGER?)
Taf. XXIII, Fig. 8; nähert sich der Kreideform 7. globulosa
Revss —= IT. striata EHRENBERG.
Lagenidae.
Lagena pura u. Sp.
Bar RN TE 9.
Längsschnitt oval bis elliptisch, Querschnitt kreisrund, Hals
fehlt. Die schlitzförmige Mündung verengert sich zu einer Röhre,
die sich noch’mehr oder weniger weit ins Innere hinein ver-
folgen lässt. Die Schale ist sehr dünn und entbehrt jeglichen
Zierrates. Nur bei wenigen Exemplaren befindet sich am abo-
ralen Pol eine kleine Spitze. Länge 0,13 mm, Breite 0,085 mm.
Nicht selten. Diese Lagene hält etwa die Mitte zwischen
L. Iucida WırLL. und ZL. apzculata Reuss?). Eine verwandte
Form, Lagena apieulata var. elliptica, führt Reuss*) aus dem
Gault an, doch ist diese Varietät bedeutend schlanker und an
beiden Enden scharf zugespitzt.
Lingulina furcilata BERTHELIN).
Frondicularia concinna Kocn°).
Frondieularia ampulla n. sp.
Taf. XXIII Fig. 10.
Das ziemlich große Gehäuse ist flach blattförmig, mit
1) Beitrag zur Kenntnis des Elsasser Tertiärs, Straßburg 1883
HET
2) Vergl. SCHWAGER, Beitrag zur Kenntnis der mikroskopischen
Fauna jurassischer Schichten; Schicht der Terebratula impressa.
Jahresh. d. Ver. für vaterl. Naturk. in Württemberg; 21. 1865,
1. Mesa:
>) Vergl. Reuss, Die Foraminiferenfamilie der Lageniden; Sitz.-Ber.
K. Akad. d. Wiss. Math.-naturw. Kl. Wien 1863. 46. t. II f. 3
und t. If. 4-8, 10, 1].
*) Die Foraminiferen des norddeutschen Hils und Gault. Ebenda
tr}
5) Vergl. V. Memoire sur les Foraminiferes fossiles de l’etage
Albien de Montcley (Doubs); M&m. Soc. G£ol. de France, (3) 1. Paris 1880,
PISIV 2236;
6) Vergl. Reuss, Hils und Gault, t. IV £. 13.
169
scharf markierten Streifen bedeckt. Rückenkante fast gerade,
Bauchlinie stark geschwungen. Die etwas plumpe äußere Form
erinnert an Crzstellaria, die Kammern reiten jedoch, und die
Mündungen sind nicht wand- sondern mittelständig. Länge:
0,47 mm. Breite: 0,13 mm.
Rhabdogonium acutangulalum Beuss!).
Marginulina becostata Terquem’). Taf. XXIII Fig. 11.
Marginulina striatocostata Reuss. Taf. XXIIM Fig. 12°). Häufig.
Marginulina robusta? Reuss?).
Marginulina rostrata n. SP.
Par XXIakier 19.
Langgestreckt, walzenförmig; Kammern fast rund, auf der
Bauchseite deutlich gegeneinander abgesetzt, Rückenlinie fast ge-
rade.e Mündung in einen langen röhrenförmigen, etwas gebogenen
Schnabel ausgezogen. Vier Längsstreifen. Länge: 0,37 mm.
Breite: 0,16 mm.
Diese neue schöne Form erinnert an einen älteren Reprä-
sentanten dieses Genus: Marginulina radrata Ta.?). Letztere ist
jedoch ziemlich stark gekrümmt und hat eine unverhältnismäßig
lange Embryonalkammer. Unsere Form ist auch mehr konisch
gebaut.
Vaginulina argula Reuss Taf. XXIII Fig. 14°)
Vaginulina Strombecki Reuss Taf. XXIII Fig. 15°).
Vaginulina incompta Reuss?).
Wie schon der Name sagt, ist diese Form ungestreift.
Doch kommt bei sonstiger völliger Übereinstimmung mit V.
incompta auch Streifung vor:
Vaginulina incompta var. striata Taf. XXIII Fig. 16.
Vaginulina truncata Reuss?).
Vaginulina orthonata Reuss!). Häufig.
Vaginulina angustissima Reuss!!).
Vaginulina harpa RoEMmer”).
Reuss stellt diese Spezies mit V. Dunkert Kocn zusammen.
a Verels 302.0, Vf. 14.
2, Vergl. III. Mem. du Lias, Pl. X, £. 14.
aMerslar2# 0% VI TW2.
allerolssasar Ort: VE. 8,76:
>) VI. Mem. du Lias, Pl. XXI f. 16.
Diallerotzar 2.507. IE 1. 13.
"Wesel, Er es es JUNE
Dillerslmas a8 OH: WIE:
Sr NMerela. 3.°0. it. TI f. 9.
en Mersltara., 0rt IV E23.
aierslaa 3 Ott IE. :3:
Ey Verslehrussar 3.0. 1. IV £ 7.
170
Oristellarta impressa Reuss. Taf. XXIII Fig. 172.
Cristellaria instabiis Terqguem. Taf. XXIII Fig. 182).
Cristellaria plantuscula Reuss. Taf. XXIII Fig. 19°).
Oristellaria parallela Reuss
Tat. XXUr Re 20
Unsere Abbildung ist zwar etwas schlank, doch kann diese
Form noch sehr gut für Cr. parallela genommen werden. Die
außerdem noch bei der Bestimmung in Betracht kommenden
Or. perobligua Reuss und Or. linearis Reuss scheiden bei näherer
Vergleichung aus, da Or. perobligua eine andere Embryonalanlage
zeigt und Or. lineata. wenn auch schwach, gekrümmt ist.
Oristellaria protosphaera Reuss. Taf. XXIN Fig. 21%).
Orzistellaria pommeranica n. Sp.
Tat RR ie 722
Ziemlich langgestreckt und flach, mit scharfem Kiel, meist
mit 5 Längsstreifen bedeckt. Mündungsschnabel kurz. Länge:
0,29 mm. Breite: 0,19 mm.
Cristellaria Münster‘ Reuss?).
Cristellaria laevıgata Reuss°).
Cristellarta Dunkeri Reuss').
Oristellarta Schloenbachi? Reuss?°).
Oristellaria perobligua Reuss?).
Cristellaria pulchella Reuss!")
Taf. XXIH Fig. 23 stellt eine abnorme Form dar. Der-
artige Wachstumsanomalien sind bei Öristellarien nicht selten:
Or. eentralis Terqurm!!) ist ähnlich. Im Jura kommt es häufig
vor, daß echte Cristellarien plötzlich nach Flabellinen-Art weiter
wachsen, z. B. Flabellina obligqua Terqauem!). Im Gault des
Lindener Berges bei Hannover kommen Formen vor, die unserer
Abbildung durchaus gleichen. — Systematisch wäre die vor-
Sllerel 3273. 0,3 IR}
?) Vergl. II. M&m. sur les Foram. du Systeme Oolithique, Zone
a Amm. Parkinsoni, Metz 1869; Pl. XVII £. 25.
Sr Nerolrar.200, 1. VII
SNersl, 2.280. G.VvaTTs
a Nerels 23.22.°0, t. IST ers
Nero zara. 0... XI ar
Dr Verel "a a. VII 126,
Were ara Oet. VIER 14.158.
lern] 3.2. 0%. VIHT>.
ID Verol723°0. 6.00. 11%
11) ]I. Mem. sur les Foram. du Syst. Oolith. Pl. XV. f. 17.
Aa. Mem. du’ Täas, P1.X, 178.
171
liegende Cristellarie etwa zu (Or. macrodısca Reuss!) oder Or.
sternalis BERTHELIN’) zu stellen.
Guttulina strumosa GÜMBEL.?)
Globigerinidae.
Globigerina cretacea D ÖRB.
Rotalidae.
Spirillina tenuissima GÜMBEL,
Pat XXEIN KIT 245):
Steht der Sp. minima Scuacko sehr nahe.°)
Spiredllina trochiformis SCHACKO,
Bar NIT Ri02 025,5)
Diese Foraminifere,. die ScuAacko aus der Cenomankreide
beschreibt, kommt in Bartin in außerordentlich großer Zahl vor.
Der Querschnitt ist teils spitz kegelförmig, teils bildet er oben eine
runde Kuppe. Der untere Hohlraum ist häufig von einem Netz er-
habener Leisten überzogen, die sich wegen ihrer dunkleren Farbe
deutlich abheben.) Die Bedeutung dieser sehr eigenartigen Struktur-
verhältnisse vermag ich nicht anzugeben. Doch scheint TERQUEM bei
Involutina jonesi?) etwas Ähnliches gesehen zu haben: seine Ab-
bildung der Unterseite dieser Foraminifere zeigt auch Netzstruktur.
Anomalina (Rosalina) rudis Reuss. Taf. XXIII Fig. 26.°)
Rotalia spinulifera Reuss.!)
Altersbestimmung.
Nach Deeck& sind die Bartiner Kalke gleichaltrig mit dem
oberen Kimmeridge, dem Virgulien des Schweizer Jura, des
hannoverschen Gebietes und ÖOberschlesiens. Man könnte daher
erwarten, daß der Ton, über dessen Untersuchung oben berichtet
ist, ebenfalls zum Malm gehört. Die nachstehende Tabelle 1
über die vorkommenden Foraminiferen jedoch, die hauptsächlich
nach den Listen von Revuss über Neocom und Gault aufgestellt
wurde, zeigt dal wir es mit Neocom und Gault zu tun haben,
!) In BERTHELIN, V. Mem. sur les For. foss. de l’etage Albien,
ERSTE, 11, 14.
2, Ebenda PI. III, f. 2.
®) Die Streitberger Schwammlager und ihre Foraminiferenein-
schlüsse. Jahresh. Ver. für vaterl. Naturk. in Württemberg. 18.
1862, t. IV, £. 13, 14.
Nasa Os TVo. 12%
®) Foraminiferen und Ostrakoden aus der Kreide von Moltzow; Ar-
chiv der Freunde der Naturgesch. in Mecklenburg; Jahrg. 1891, f. 4.
aa: 04.8.8,
SaVersl41 25 c.
EZ Men du: Bias’ Bl. VI, f. 22.
ara OA LORT, ET.
mind 0, BEXTN, TE 8,5.
172
eine Angabe, die ich in Hinsicht auf Tabelle 2 dahin präzisieren
möchte, daß unterer Gault vorliegt. Dieser Schluß wird noch
unterstützt durch die Übereinstimmung des erwähnten Pentakriniten
mit dem im Gault des Lindener Berges bei Hannover gefundenen
und das Vorkommen von Cythere plicata v. Münster. Schließt
man sich dieser Parallelisierung an, so klafft in Bartin zwischen
den obersten Kalkschichten und unserem Tone eine Lücke: es
fehlt das Tithon, die Wealdenbildung und obere Hilsformation.
JBajbrelliesie
Jura Kreide
=
Bartin Ü ae
a En
2|°\8|32|&:2|5
ala le ls
Ammodiscus bartinensis n. SP. . . :
Tesxtilarıa cordıformis SCHWAGER . -
Lagena pura n. Sp... « 3 -
Lingulina fureillata BERTHELIN .|I+
Frondicularia concinna KOCH | ++
ampulla n. Sp. | BR:
Rhabdoo gonium acutangulatum REUSS. li + +
Marginulina bicostata TERQEUM . . . . .|+ Sn
a striatocostata REUSS . | +.
5 robusta? REUSS Ar,
> rostrata n. SP. . JElNEe
Vaginulina arguta REuss . ++
r Strombecki REUSS It
= incompta REUSS . = -
S truncata REUSS . RT ER N. — | n
® o2thonota. REuUSSL ER +|.
$ angustissima REUSS “ar
2 harpa ROEMER +|+
Cristellaria impressa REUSS . DE ne oe RE . | +
N instabilis TERQUEM. . . -. . .|\.ı+
ri planiuscula REUSS ES IERT AR | N DR 2:
N panallela REUSS. ve: | +|.
4 Drotosphaera REuss? Kir. ze er Zen or
" Bommeranica n.. Sp. | a:
N Münsteri REuss . | | lan
5 laevigata REUSS . | +
r Dunkeri REUSS Sm. ==
ns Schloenbachi? REUSS oo or
5, perobligqua REUSS ./+
pulchella REUSS . .I+|+
Guttulina strumosa GÜMBEL . N er
Globigerina, eretacen DIÖRBIENY -. . . za ea + +
Spirillina tenuissuna GÜMBEL'\...7.0..0 22 EIER
” trochiformis SCHACKO.Y. ‚1. 14. ln Re RE
Anomalına rudis REUSS +
Rotalia spinulifera REUSS | +
'
|
175
Tabelle 2.
Unterer | Mittlerer || Oberer
Gaultt | Gault | Gault
. I 8 [e>]
Bartin 5 alsals |& |e=
e=|28|l582 =,.|5;|5%
esse lea 8585 | 58
> Ba 32 le> 5» Ss =
07) (do) = = ei Fu
Frondicularia concinna KOocH . | + Ä
Rhabdogonium acutangulatum REus . + | +
Marginulina robusta? REUS . . . .| + |. | +]. 5 .
Waginulınaranzgwe Reussn me : I
& SeRomibeepnEeussa zur nn: . | +| -
P} truncata REUSSs . ...|+|. 2 !
5 amgustissima REUS . . .| . & . I +
& RaNDAEROEMERL. 2 re A
Oristellaria planiuscula REUSS +
3 impressa REUSS . I + Tr
= Münsteri REUSS +|. ;
” laevigata REUSS 2 —
54 Dunkeri REUSS . } 2 .
A Schloenbachi? REUSS . +
> perobligqua REUSS ; +
;5 pulchella REUSS . ; . +
Globigerina cretacew D’OÖRBIGNY . > | ar
Anomalina rudis REUSS . + Ä
Rotalia spinulifera REUSS . | +
Nachtrag.
In der vorstehenden Untersuchung benutzte ich bei der
Altersbestimmung die Gliederung der unteren Kreide, welche
A. v. STRoMBEcK!) aufgestellt hat. Dieselbe läßt sich jedoch
nicht aufrecht erhalten, da der Speetonclay die ganze untere
Kreide vertritt, und die Gargasmergel neuerdings noch zum
Neocom gerechnet werden. Die Spalte 1 in Tabelle 2 (Speetonclay)
verliert somit völlig ihre Bedeutung für eine genauere Niveau-
bestimmung, und der untersuchte Bartiner Ton muß daher einer
höheren Schicht des Gault, etwa der Zone des Belemnites minimus,
zugeschrieben werden.
!) Über den Gault und insbesondere die Gargasmergel im
nordwestlichen Deutschland. Diese Zeitschr. 13.
174
31. Über H. HÖFERS Erklärungsversuch der hohen
Wärmezunahme im Bohrloche zu Neuffen.
Von Herrn W. BRANCOo.
Berlin, den 1. Dezember 1904.
In seiner Abhandlung über „Die Wärmeverhältnisse im
Kohle führenden Gebirge“!) zeigt H. Hörer an der Hand von
Beispielen aus dem bölımischen Braunkohlenrevier, daß mit der
Annäherung an ein Braunkohlenflöz die Größe der geothermischen
Tiefenstufe stark sinken, sogar den abnorm kleinen Wert von
5,2 m erreichen könne. Die Ursache liege in der durch die
Zersetzung der Kohle erzeugten Wärmemenge,. in der man ja in
der Tat schon längst eine der Fehlerquellen gefunden hätte,
welche die Erkennung der normalen Wärmezunahme zu ver-
schleiern vermögen.
In Übereinstimmung mit diesen Beobachtungen führt Hörer
aber auch die ungewöhnlich große Wärmezunahme in dem be-
kannten Bohrloche zu Neuffen am Fuße der schwäbischen Alb
mit Entschiedenheit darauf zurück, daß hier der angeblich durch
die ganze! (1186 Fuß! Württ. = 1045 Pariser Fuß betragende)
Tiefe des Bohrloches verbreitete bituminöse Liasschiefer die Ur-
sache der so großen Wärmezunahme sei. Damit im Zusammen-
hange stehend verwirft er die von mir früher gegebene Deutung
des Bohrprofiles sowie den von mir gemachten Erklärungs-
versuch und erklärt. daß letzterer zudem im Widerspruche mit
A. ScHMIDTs, später zu besprechender,. Auffassung stehe.
Die Unhaltbarkeit dieser Ansicht H. Hörers soll im Folgen-
den gezeigt werden.
Vor einem Jahrzehnte hatte ich eine kritische Besprechung
der im Jahre 1344 vom Grafen von MANDELSLOR veröffentlichten
Temperatur-Beobachtungen gegeben, welche er in dem Bohrloche
von Neuffen angestellt hatte; indem ich einerseits das verwendete
Geothermometer einer Prüfung, andererseits das Bohrregister
einer Deutung unterwarf.?)
Dieses in Stuttgart bei den Akten aufbewahrte alte Bohr-
register war mir freundlichst von dem Direktor des Königlichen
!) Österreichische Zeitschr. f. Berg- und Hüttenwesen Leoben 1901.
Sonderabdruck 39 S.
?) W. BRANCcO, Schwabens Vulkan-Embryonen. Teil I, s. den
Abschnitt S. 607—664: „Versuch einer Kritik der Beobachtungen
über die auffallend starke Wärmezunahme in dem vulkanischen Ge-
biete von Urach“. Jahresh. des Vereins f. vaterländ. Naturkunde in
Württemberg 50. 1894.
W. BRANCo, Die außergewöhnliche Wärmezunahme im Bohrloche
zu Neuffen verglichen mit ähnlichem Verhalten anderer Bohrlöcher.
Ebenda 53. 1897, S. 28—55.
175
Bergrates Herrn Dr. von Baur übergeben worden. Ungezwungen
ließ sich aus den Angaben des Registers eine Schichtenfolge
erkennen, welche von oben nach unten den Braun-Jura 3 und c,
darunter die ganze Reihenfolge des Lias von | bis &, und zu-
unterst anscheinend noch Keuper, als Bonebed-Sandstein, umfaßt.
Nur die Mächtigkeit des Braun-Jura erwies sich hierbei als
überraschend groß; die petrographische Beschaffenheit der
Schichtenfolge aber ermöglichte sehr wohl den Vergleich mit dem
bekannten Profile des Jura in der dortigen Gegend.
Ich lasse nun dieses Bohrregister und die Deutung folgen,
welche ich demselben gab, wobei ich die bituminösen Schiefer
des Lias e durch Druck hervorhebe, um damit sofort ihre ver-
schwindend geringe Mächtigkeit und somit ihre absolute Unfähig-
keit hervortreten zu lassen, durch die in ihnen stattfindenden
chemischen Prozesse, wie Hörzr will, die hohe Wärmezunahme
in dem Bohrloche zu erzeugen.
Meine Deutung | Bohrregister
Braun-Jura 1. Liasschiefer 126° 6°
R DR do. mit Kalkstein und Sandstein wech-
5 selnd 84' 9°
do. Soll).
. Liasschiefer 313° 5°
. Liaskalk mit Schiefer wechselnd 39' 7
. Harte Kalkflöze und darauf dunkler Schiefer
32 n..
7. Liasschiefer 75’ 6°
ne
%
|
|
r 8. Liaskalk 17° 6”
E 9. Schwarzer sehr bituminöser Schiefer 30° 4
N 10. Kalk und Schiefer wechselnd 35’ 2°
g 11. Liasschiefer 42’ 6°
. Schiefer mit Liaskalk 16‘
13. Lichtgrauer Liaskalk 11‘ 2
14. Sehr fester Liaskalk 18° 11°
15. Liaskalk 7’ 11“
3 | 16. Weicher Schiefer 156‘ 8°
17. Ziemlich schwarzer etwas sandiger Schiefer 9' 6‘'
18. Liaskalk m. grauen sandigen Schichten wechselnd
5' g"
19. Sandiger Liaskalk 4’ 10°
. Weicher Schiefer mit Kalk abwechselnd 11
21. Liaskalk und Sandstein wechselnd 12° 3°
22. Schiefer mit weißlichem Kalk wechselnd 7°
23. Grauer Sandstein 9° 2°
Aa m u a mn mn — 7 AN
feat
D&D
&
m nn a nn nn
D&D
je)
Bonebed 24. Sandstein, sehr harter 16’ 10°
Sandstein 25. (Bei 1206’ 3° Tiefe) Sandige Liasschichten 3' 9”
176
Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß dieses bei den
Akten der Königlichen Bergwerksverwaltung aufbewahrte Bohr-
register als ein zuverlässiges Dokument anzusehen ist. Man
merkt deutlich, daß der Bohrmeister soweit ein petrographischer
Sachverständiger gewesen ist, daß er die verschiedenen Arten der
in Frage kommenden Sedimentgesteine gut kannte; denn sonst
würde er nicht imstande gewesen sein, in dem Bohrschmand
nicht weniger als 5 verschiedene Gesteinsarten zu unterscheiden:
nämlich Sandstein, Kalkstein, sandige Schiefer, „Liasschiefer*
und „schwarze, sehr bituminöse Schiefer“.
Da Kalksteine und Sandsteine als mögliche Ursachen der
so hohen Wärmezunahme ausscheiden, so bleiben nur die beiden
letztgenannten Gesteinsarten als solche übrig. Hierbei muß aber
einem jeden kritisch Lesenden der Umstand auffallen, daß der
Bohrmeister, obgleich ihm doch nur völlig zerstampfte Gesteins-
masse vorlag, dennoch zwei verschiedene Gesteine auseinanderhielt:
Die wirklichen „schwarzen, sehr bituminösen Schiefer“ (des Lias e),
welche nur eine verschwindend geringe Mächtigkeit aufwiesen,
und gewisse andere Gesteine, die, umgekehrt, sehr mächtig waren,
aber von dem Bohrmeister nur als „Liasschiefer* kurzweg be-
zeichnet wurden.
Was für Gesteine waren diese „Liasschiefer*? Warum
unterschied sie der Bohrmeister von den „schwarzen sehr bitu-
minösen Schiefern*? Die Beantwortung dieser Frage ist ent-
scheidend für oder gegen Hörers Darlegung. HörFER nimmt an,
dal) diese „Liasschiefer* ebenfalls bituminöse Schiefer seien, daß
folglich die ganze Mächtigkeit des dortigen Schichtenprofiles aus
vorwiegenden bituminösen Schiefern bestehe; und auf diese An-
nahme gründet er seine Hypothese. Ich dagegen habe dargetan,
daß diese angeblichen „Schiefer“ nur Tone sind und sein können,
die mit bituminösen Schiefern nichts gemein haben. Auf welcher
Seite liegt hier der Irrtum?
Das Bohrloch, dessen Lage noch heute genau bekannt ist,
setzt im Braun-Jura 3 auf; zum Überflusse sagt aber auch Graf
von MANDELSLOH, auf den sich H. Hörer stützt, ausdrücklich,
dal es im Unter-Oolith, der bis über 700 Fuß Tiefe hinabreicht,
gelegen sei. Es ist mithin zunächst einmal klar, daß die vom
Bohrmeister angewandte Bezeichnung „Liasschiefer* für die
oberen Teufen, und zwar für die größere Hälfte der ganzen
Mächtigkeit des Profiles, richtiger „Braun-Jura“ Schiefer ge-
lautet haben müßte.
Im Braun-Jura aber gibt es in Schwaben, wie allbekannt,
keine solchen bituminösen Schiefer, wie sie Hörer im Auge
hat und für seinen Erklärungsversuch benötigt; sondern neben
anderen Gesteinen nur Tone.
177
Indessen auch im Lias finden sich solche bituminösen
Schiefer, wie sie Hörer im Sinne hat, in Schwaben lediglich
im Lias e; und wieder auch hier nur in der geringen Mächtig-
keit von etwa 30 Fuß).
Für jeden Geologen sind diese Verhältnisse so selbst-
verständlich, daß einem solchen ihre Darlegung überflüssig er-
scheinen, jedenfalls aber ein Zweifel daran überhaupt nicht ent-
stehen kann. Er wird vielmehr die Worte des Grafen von
MANDELSLOH, die Hörer als „für ihn allein maßgebend“ erklärt:
„Durch die ganze Tiefe des Bohrloches zeigte sich stets schwarzer,
bituminöser Schiefer-Ton, mit welchem 1 —4' mächtige Flöze
von Kalkstein wechselten“?) sofort als etwas nicht wörtlich zu
Nehmendes erkennen. Vermutlich weniger deswegen nicht
wörtlich zu nehmen, weil MaAnpEeLsLon garnicht Geolog,
sondern Forstmann war; sondern vielmehr deswegen, weil für
MANDELSLOH, der nur die Wärmezunahme, nicht aber ihre Ur-
sache feststellen wollte, die petrographische Beschaffenheit hier
völlige Nebensache war. MAnDELsLoH hat mit jenen Worten
vermutlich den Inhalt des Bohrregisters nur summarisch zu-
sammenfassen wollen, ohne zu ahnen, daß man sich einst aı
seinen Wortlaut klammern, denselben so irrtümlich mißdeuten
könne.
Wenn aber trotzdem H. Hörer meine, für einen Geologen
selbstverständliche, zudem noch durch das Bohrregister gestützte
Deutung des Schichtenprofiles verwirft, auch trotz meines noch
brieflich erfolgten Einspruches dabei verharrt und seine Hypothese
dennoch auf die unrichtige Vorstellung gründet, bei Neuffen be-
ständen der ganze Untere Braun-Jura und der ganze Lias aus
vorherrschenden bituminösen Schiefern —
dann erweist sich H. Hörzrs chemischer Erklärungs-
versuch der Ursache der so starken Wärmezunahme
im Bohrloche zu Neuffen notwendigerweise als ebenso
unrichtig, wie die geologische Vorstellung das ist, auf
die er sich gründet.
Sicher ist für allgemein geologische Fragen eine Mitwirkung
des Chemikers und Physikers überaus wünschenswert und dank-
barlichst anzuerkennen. Indessen beide müssen hierbei doch die
geologischen Tatsachen anerkennen, nicht aber statt dieser etwas
ganz Unmögliches für richtig erklären und darauf dann eine
Hypothese gründen. Was würde ein Chemiker sagen, wenn ein
Nicht-Chemiker eine Hypothese begründen wollte mit der Be-
!) Die ganz geringmächtigen im obersten Lias « spielen gar keine
Rolle.
2) N. Jahrb. f. Min., 1844 S. 441.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 1904. 12
£
175
hauptung, die Seife z. B., palmitinsaures Natrium, habe garnicht
die Formel Cı5 Hzı COO Na, sondern bestehe wesentlich nur
aus Natrium?
Dieser Vergleich ist hart, aber völlig zutreffend, denn un-
sefähr ebenso klingt dem Ohre des Geologen HökeErs Annahme,
die ganze durchbohrte Schichtenfolge des Unteren Braun-Jura und
des Lias bestehe wesentlich aus bituminösen Schiefern.
Genau wie dort das Natrium nur einen kleinen Anteil an
dem Aufbau der Seife nimmt, so nehmen auch hier die bituminösen
Schiefer mit ihrer Mächtigkeit von rund 30 Fuß nur etwa 1/a!
von der Gesamtmächtigkeit des durchbohrten Schichtenprofiles
(1006 Fuß) ein; und trotzdem bleibt H. Hörer dabei, daß sie nicht
30 Fuß messen, sondern sich in der von MAnDELSLoH angegebenen
Weise durch die ganze Mächtigkeit des Profiles hindurchziehen.
Nun könnte aber vielleicht doch noch ein Einwurf mit der
Behauptung versucht werden, daß, wenn auch nicht bituminöse
Schiefer, so doch die Tone des Braun-Jura und Lias in ihrem
Kohlenstoffgehalte die Ursache der so abnorm großen Wärme-
zunahme bei Neuffen gewesen seien. Ich will daher diesen möglichen
Einwurf mit zwei Gründen abschneiden.
Der erste liegt in der Tatsache, daß bei Neuffen natürlich
doch nur ganz dieselben Gesteinsarten des Braun-Jura und Lias
durchbohrt werden konnten, wie sie allerorten dem Typus des
schwäbischen Jura eigen sind, daß folglich über sehr weite
Strecken: nämlich nicht nur im ganzen Gebiete des schwäbischen
Jura, sondern auch überall da, wo dieselbe petrographische Ent-
wicklung des Jura herrscht, ja, allgemein auch überall da, wo
in anderen Formationen solche dunklen Tone auftreten — daß
überall dort eine abnorm starke Wärmezunahme sich zeigen
müßte, wenn wirklich in ihrem Kohlenstoffgehalte die Ursache
dieser Erscheinung zu suchen sei. Nichts derartiges ist bisher
bekannt geworden.
Wohl aber hat sich, und das ist der zweite Grund, in
‘ Württemberg, nicht weit von Neuffen entfernt, ebenfalls eine
abnorm große Wärmezunahme gezeigt, obgleich dort keinerlei
Juraschichten anstehen. Schon in der auf S. 174 erstzitierten
meiner beiden Arbeiten!) habe ich darauf hingewiesen, daß auch
in dem Bohrloche bei Sulz, nur 8 Meilen?) von Neuffen entfernt,
1) ara. OIS7140.
?) Sulz liegt in grader Linie entfernt:
40 km westlich von den westlichsten vulkanischen Vorkommen der
Gruppe von Urach.
50 km nördlich von den nördlichsten Vorposten der vulkanischen
Gruppe im Hegau.
60 km westlich von dem Bohrloche bei Neuffen.
179
eine ganz ungewöhnlich kleine Tiefenstufe von 24 m festgestellt
worden ist, wenngleich dieselbe immer noch nennenswert größer
als bei Neuffen (ca. 11 m) ist. Nun zeigt ein Blick auf die geolo-
gische Karte sofort, daß Sulz bereits im Gebiete der Trias, also
älterer Schichten, liegt, als Neuffen. Mit anderen Worten: Obgleich in
dem Bohrloche von Sulz, 8 Meilen von Neuffen, weder Braun-Jura
noch Lias-Schichten durchsunken wurden, sondern nur die gewil
nicht bituminösen Trias-Schichten, so findet sich dennoch auch
dort eine abnorm große Wärmezunahme. Ein etwaiger Bitumen-
gehalt ist dort also mit absoluter Sicherheit als Ursache der
Erscheinung ausgeschlossen.
Aber noch ein Drittes: Wenn auch das Profil von Neuffen
zwar nicht, wieHÖFER meint, aus vorwiegenden bituminösen Schiefern
besteht, so entbelrt es derselben doch nicht völlig; denn von
770 bis 800 Fuß Tiefe sind solche vorhanden.
Es läßt sich daher ganz allgemein, wenn ich so sagen darf,
eine Probe zu der von Hörer angestellten Berechnung machen.
Trifft die Ansicht dieses Autors, daß bituminöse Schiefer durch
ihre chemischen Prozesse abnorm hohe Wärmesteigerung hervor-
rufen, ganz allgemein das Richtige, so müßte bei Neuffen doch
wenigstens von 770 — 800 Fuß Tiefe eine abnorme Wärme-
steigerung sich zeigen.
Davon ist indessen nicht das mindeste zu sehen, wie
die folgende Reihe der Tiefenstufen erkennen läßt, in welcher
ich die Teufe 7—--800 durch Druck hervorhebe, da in dieser
von 770 bis 800, die bituminösen Schiefer liegen.
Tiefe Tiefenstufe
von 100 bis 200 Fuß MITE,
„ 200 » 800 » 2,95 „
S0lse 500m, Ib
” 400 ” 500 ” 2,29 „
” 500 ” 600 ” Sn )
= ET, 1005; ES ER
” 700 „ 300 ” 2,4° ”
e S00 „ SID Sa
00 Da
000% 1100 > Bachs
allooe, one. 1.0
Die Tiefenstufen für 300--400, 400—500, 1000—1100, 1100— 1200
sind berechnet auf Grund der wirklich gemessenen Tiefen: 300—409
(Wärmezunahme 1,9° C.); 409—500 (W.-Z. 2,0° C.); 1000— 1080 (W.-Z.
2,8° C.); 1080-1180 (W.-Z. 2,4° C.)
Überblickt man diese Reihe, so zeigt sich, daß je die stärkste
12%
180
Wärmezunahme: 3,1° C., bez. 3,4° C., bez. 3,3° C., sich
gerade dort einstellt, wo keine bituminösen Schiefer vorhanden
sind; daß dagegen dort, wo diese auftreten, nur 2,4° C. be-
obachet wurden. Folglich triftt Hörsrs Hypothese für Neuffen
auch nicht einmal dort das Richtige, wo wirklich bituminöse
Schiefer liegen, wo also besonders starke Wärmezunahme seiner
Ansicht nach auf jeden Fall sich zeigen müßte. |
H. Hörer hatte aber noch einen weiteren Beweis gegen die
von mir geäußerte Ansicht erbringen zu können geglaubt. zu
dessen Verständnis ich das Folgende vorausschicken muß:
In meiner erstzitierten Arbeit hatte ich ausgeführt, daß ich
mir als Ursache der dortigen vulkanischen Erscheinungen einen
unter dem Gebiete von Urach befindlichen, isolierten, flachgelegenen
Schmelzherd denke, von dem aus die zahlreichen (weit über
hundert) Durchbruchsröhren durch die darüberliegeuden Erd-
schichten senkrecht hindurchgeschossen seien. Man würde viel-
leicht einen solchen Schmelzherd mit seinen Ausläufern sich vor-
stellen können unter dem Bilde eines auf der Unterseite liegenden
Seeigels, dessen Stacheln, die Durchbruchsröhren bez. deren Füll-
masse, sämtlich nach aufwärts gerichtet wären.
Nähert man sich nun von der Erdoberfläche aus einem
solchen flachgelegenen kleinen Schmelzherde, so wird die Wärme
abnorm schnell anwachsen. Denkt man sich dagegen unterhalb
dieses Schmelzherdes die Untersuchung fortgesetzt, so wird die
Wärmezunahme nach der Tiefe hin notwendig allmählich wieder
eine normale werden müssen.
Eine solche Annahme des Vorhandenseins flachgelegener,
isolierter Schmelzherde beginnt jetzt wieder mehr und mehr
Boden zu fassen. Nach SrügzLscher Anschauungsweise würden
dieselben nach abwärts vollkommen isoliert, d. h, vom Zusammen-
hange mit irgendwelchen etwa noch vorhandenen, tiefer gelegenen
Schmelzmassen abgeschnitten sein. Hier würde also meine obige
Darlegung, daß unterhalb dieses isolierten Schmelzherdes die
Wärmezunahme wieder normal werden müsse, zutreffen.
Aber auch wenn man annimmt, der Schmelzfluß des isolierten
Herdes sei auf einer Röhre oder Spalte aus der Tiefe herauf-
gestiegen, so würde jene Darlegung im allgemeinen ebenfalls zu-
treffen; denn nur in der Nähe dieser, gegenüber dem umfang-
reichen Schmelzkuchen doch nur engen Röhre oder Spalte würde
auch nach abwärts eine größere Wärmezunahme erfolgen können ;
aber auch das nur so lange, als die doch geringe Füllmasse der
engen Röhre bez. Spalte noch nicht abgekühlt wäre.
Die Frage, ob isolierte, flachgelegene Schmelzherde den
Vulkanen zu Grunde liegen, oder ob das allgemeine, tiefgelegene:
151
Erdinnere sie speist, mag freilich strittig sein. Speziell für das
Gebiet von Urach aber wird man, wie ich gezeigt habe, jeden-
falls von der Vorstellung absehen müssen, daß der Vulkanismus
hier aus einem großen, allgemeinen Herde, dem Erdinnern, ge-
nährt worden sein könne. Denn wenn auf räumlich so be-
schränktem Gebiete wie dort nicht weniger als ca. 125 senkrechter
Röhren von dem Schmelzherde aus durch die überliegende Erd-
rinde hindurch geschossen wurden, dann kann das wohl nur von
einem flachliegenden, isolierten Herde aus geschehen sein, nicht
aber von einem tiefgelegenen, allgemeinen Erdinnern.
Nachdem ich dies vorausgeschickt, komme ich zu dem von
H. Hörer mir gemachten Einwurfe. A. Schmipr hatte nämlich die
Ansicht!) geäußert, bei Neufien möchte unterhalb dieser Region
starker Wärmezunahme eine solche langsamerer Wärmezunahme
folgen. Wie aus meiner obigen Darlegung erhellt, würde eine
solche Ansicht durchaus mit meiner Annahme eines isolierten,
flachgelegenen Schmelzherdes in logischem Einklang stehen.
Es ist daher völlig unverständlich, wenn H. Hörer als
weiteren Grund gegen den von mir gegebenen Erklärungsversuch
gerade diese Ansicht A. Scamiprs anführt und erklärt, daß sie
im Widerspruch mit demselben stehe. Sie steht ja, gerade um-
gekehrt, im besten Einklange mit demselben.
Zugleich aber übersieht H. Hörkr völlig den Umstand, daß
diese Ansicht ScHmiDTs, wenn sie wirklich, wie er meint, gegen
meinen Erklärungsversuch spräche, doch genau ebenso auch gegen
seinen eigenen Erklärungsversuch sprechen müßte! Indem also
H. Hörer meine Ansicht auf diese Weise zu entkräften sucht,
untergräbt er genau in demselben Maße seine eigene; denn er
setzt ja nur au Stelle des von mir angenommenen vulkanischen
Wärmeherdes einen chemischen. Ob man einen lokalen, noch
heut etwas Wärme ausstrahlenden, ehemaligen Schmelzherd an-
nimmt, wie ich das tue, oder einen lokalen Herd chemischer
Zersetzung pflanzlicher Substanz, von welchem Wärme ausgeht,
wie H. Hörkr will, — das ist hierbei gleichgiltig. Das, worauf
es hierbei ankommt, ist die Isolation des Wärmeherdes, mit der
Annäherung an den die Wärmezunahme nach allen Seiten
hin abnorm stark anwachsen, mit der Entfernung von dem
sie nach allen Seiten hin wieder normal werden muß.
Also auch die von Hörer mir entgegen gehaltene Dis-
harmonie zwischen der von A. ScHmipr geäußerten Ansicht und
meinem Erklärungsversuch besteht nicht nur nicht, sondern er-
weist sich gerade umgekehrt, als vollkommene Harmonie.
') s. die zweite der auf S. 17% in Anm. angeführten Arbeiten S. 52.
Ba 1.7
Zusammenfassung.
1) H. Hörer sucht die abnorm große Wärmezunahme ine
Bohrloche zu- Neuffen durch chemische Prozesse, Zersetzung bitu-
minöser Schiefer, zu erklären. Es ist aber irrtümlich, wenn
Hörer behauptet, bei Neuffen sei eine solche Wärmequelle in
Gestalt einer mächtigen, durch alle Teufen des Bohrloches ver-
breiteten, bituminösen Schieferablagerung vorhanden. Im Gegenteil,
an der 1200 Fuß betragenden Gesamtmächtigkeit der fraglichen
Schichten sind solche Schiefer nur mit etwa 30 Fuß beteiligt.
2) Auch die etwaige Annahme, bei Neuffen könne der Kohlen-
stoffgehalt der allerdings sehr mächtigen Tone des Jura und
Lias die Ursache dieser abnormen großen Wärmezunahme sein,
würde auf die Schwierigkeit stoßen, daß dann überall da auf
Erden, wo solche dunklen Tone auftreten, Gleiches sich zeigen
müßte; und das ist nicht der Fall.
3) Vielmehr umgekehrt tritt eine abnorm große Wärme-
zunahme in Württemberg bei Sulz, nicht weit von Neuffen, gerade
auch dort auf, wo keinerlei kohlenhaltige Tone und keinerlei
bituminöse Schiefer in Frage kommen.
4) Hörers Ansicht, daß bituminöse Schiefer eine so abnorme
Wärmesteigerung hervorrufen, erweist sich aber auch ganz
allgemein betrachtet bei Neuffen als nicht haltbar. Denn in der
Teufe von 7—800 Fuß, in der nun wirklich solche Schiefer dort
liegen, zeigt sich gerade kein Anwachsen der Temperatur.
5) Es ist nicht richtig, wenn Hörer meint, A. SCHMIDTS
Ansicht sei beweisend gegen meinen Erkliruns versuch im Gegen-
teil, sie steht in Übereinstimmung mit demselben.
6) Die große Wärmezunahme bei Neuffen möge nun eine
Ursache haben, welche sie wolle, eine Ursache kann sie jeden-
falls nicht haben, nämlich die von H. Hörer angegebene, da sie
sich auf eine den Tatsachen widersprechende Voraussetzung.
gründet.
Bei dem wissenschaftlichen Interesse, welches die Frage be-
sitzt, ob eine sehr starke Steigerung der Wärmezunahme durch
Bitumengehalt bez. Kohlenstoffgehalt der Gesteine hervor-
scerufen werden kann, dürfte die an diese meine Abwehr sich
anschließende, hier folgende Arbeit von Dr. Stremme!) „Zur
Frage der Eigenwärme bituminöser Gesteine“ von Belang sein.
!) Diese Zeitschr. 1904 S. 183.
155
32. Zur Frage der Eisenwärme bituminöser Gesteine.
Von Herrn H. STREMME.
Berlin, den 1. Dezember 1904.
Im Jahre 1901 veröffentlichte Hörer!) eine Arbeit, betitelt
„Die Wärmeverhältnisse im Kohle führenden Gebirge“. Hörer
führt darin, gestützt auf sehr interessante kalorimetrische Be-
rechnungen von ToLpr und v. JÜPTNER, in die Lehre von der
Entstehung der Steinkohle ein neues Moment ein durch den
Nachweis, daß der Verkohlungsprozeß (ohne Zutritt von Luft)
unter Wärmeabgabe vor sich gehen muß. Die im Prinzip sicher
richtigen Berechnungen laufen darauf hinaus, daß in der Reihe:
Holz, Torf, Braunkohle, Steinkohle, Anthracit, die als Differenz
von theoretischer und empirischer Verbrennungswärme berechnete
Bildungswärme mit steigendem Kohlenstoffgehalt abnimmt. Dem-
nach muß bei dem Übergang von der einen Substanz in die
andere Wärme frei werden, und zwar soviel, als die Bildungs-
wärme der vorhergehenden größer ist als die der folgenden.
Diese freiwerdende Wärmemenge erteilt dem Kohlenflöz eine ge-
wisse Eigenwärme, die, höher als die Wärme der umgebenden
Schichten, also die Erdwärme des betreffenden Punktes, durch-
aus geeignet ist, die geothermische Tiefenstufe zu erniedrigen,
wie dies tatsächlich bei vielen, wenn auch keineswegs allen
Kohlenlagern beobachtet ist.
Hörer geht nun noch einen Schritt weiter, indem er für
bituminösen Schiefer ohne weitere Berechnung ebenfalls eine be-
stimmte Eigenwärme annimmt, die wohl durch „Verkohlung“ des
Bitumengehaltes?) hervorgerufen gedacht ist. Es geschieht dies
bei der von Mandelsloh im Bohrloche zu Neuffen aufgefundenen,
ungewöhnlich niedrigen Tiefenstufe, die von Branco in „Schwabens
125 Vulkanembryonen und deren tufferfüllte Ausbruchsröhren;
das größte Maargebiet der Erde“®) in Verbindung gebracht
wurde mit diesen vulkanischen Erscheinungen. Die von HörER
nicht versuchte Berechnung über etwaige Eigenwärme des bitu-
minösen Schiefers anzustellen, hat mich Herr Geheimrat Professor
Dr. Branco gebeten.
!) Österreich. Zeitschr. f. Berg- u. Hüttenwesen.
?) Als „Bitumen‘ der bituminösen Schichten, wie die Posidonien-
schiefer, Kupferschiefer u. s. w. Stinkschiefer und -Kalke, sind natür-
lich die organischen Reste von Lebewesen anzusehen, nicht etwa die
(erst durch Destillation aus diesen Gesteinen entstehenden) Petrolea
und Schieferteeröle.
2) Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturk. i. Württ. 1897 (S. 607
bis 664, Bohrl. zu Neuffen).
1854
Zunächst lag es mir daran, für die Möglichkeit der.Wärme-
steigerung in der Erde infolge des Vorhandenseins bituminöser
Schichten außer der einen von Hörer dahin gedeuteten Angabe
des Neuffener Bohrloches noch andere etwa hierhergehörige
Daten zu erlangen. Ich habe mich dabei hauptsächlich an die
Untersuchungen und Zusammenstellungen von BıscHor !), Huyssen ?),
Dunker°’) und Branco*) gehalten. Nach diesen Autoren kann
ich mit Sicherheit nur zwei in geothermischer Hinsicht unter-
suchte Bohrlöcher anführen, die bituminöse Schichten durch-
sunken haben, nämlich die von Sudenburg bei Magdeburg und
Schladebach bei Merseburg.
Das Sudenburger Bohrloch (Dunker S. 147) wurde durch
Zechstein, Rotliegendes und Kulm niedergebracht. Im unteren
Zechstein findet sich dort nach AxprAar°) und KLockmann°)
Kupferschiefer in typischer Ausbildung als dunkle, dünnplattige
bituminöse Mergelschiefer, ferner im oberen Zechstein Stink-
schiefer und die (teilweise bituminöse) Rauchwacke. Die Ge-
samtmächtigkeit dieser bituminösen Schichten läßt sich nicht an-
seben, da die Rauchwacke nicht durchgehend bituminös ist. Die
Wärmezunahme in dem Bohrloch betrug auf je 50 m Tiefe
i. D. 1,42° R, doch wurde dieser Durchschnittswert mehrfach
nicht unerheblich überschritten, so zwischen 30 und 66 m Tiefe
mit (auf 50 m umgerechnet) 2,240 R, zwischen 101 und 117 m
mit (auf 50 m umger.) 5,65° R, zwischen 395 und 419 m mit
(auf 50 m umger.) 2,40° R. Hiervon dürfte die erstere Tem-
peraturerhöhung — 2,24° R auf 50 m oder 1° C auf 18 m
— noch im Gebiet des Zechsteins stattgefunden haben, der nach
4 Angaben Anprazs in Sudenburg bei 56, 81, 71 und 110
Ful Teufe (also im Durchschnitt bei etwa 25—30 m) erbohrt
und nach dem von KLockMmann ‘) für statthaft erklärten Vergleich
mit dem Alvenslebener Zechsteinvorkommen nur etwa 60 m
mächtig zu sein scheint. Nach der Dungerschen Tabelle °®)
'!) Die Wärmelehre im Innern unseres Erdkörpers. 1837.
?\, a) Übersicht über die bisherigen Ergebnisse der vom preuß.
Staate ausgeführten Tiefbohrungen u. s. w. Diese Zeitschr. 1880
S. 612.. Ferner b) Die Tiefbohrung im Dienste der Wissenschaft
u. s. w. Verhandl. d. 8. Dtsch. Geographentages 1889 S. 225—235.
2) Über die Wärme im Innern der Erde. 1895.
*) Die außergewöhnliche Wärmezunahme im Bohrloche von Neuffen,
vergl. mit ähnlichem Verhalten anderer Bohrlöcher. Jahresh. d. Vereins
f. vaterl. Naturk. i. Württ. 1897.
°) Die geognostischen Verhältnisse Magdeburges mit Rücksicht
auf die Steinkohlenfrage 1851 S. 13.
°) Der geologische Aufbau des sog. Magdeburger Uferrandes.
Jahrb. Kgl. Preuß. L.-A. 1890 S. 233.
a0.
9) 2.220. 8.3149.
185
Beobachtungen je 2; 3. 4. U.S.W.
Tiefen, Meter 30.03) 66.46| 87.62 .101.02
Deren Zunahmen — | 36.43| 21.16, 13.40
2 5 [ Temperaturen Gr. R. 9,622111,254 11,272|11,484
= S Deren Zunahmen — 515,632) 70.078| 0,212)
= 2 | Berechnet für 50 m| — 2,24 nn 0,79
beträgt die Temperaturerhöhung bis 101 m 1,02° R auf 50 m,
woraus sich für die ersten 100 m eine geothermische Tiefen-
stufe von 39,06 m auf 1° GC ergibt. In dem ganzen Bohrloch
von 568 m Tiefe entspricht nach Dunker einer Wärmezunahme
von 1° C, eine Tiefeuzunahme von 32.3 m,
Das Bohrloch von Schladebach !) durchteufte Buntsandstein,
Zechstein, Rotliegendes, Karbon und Oberdevon. Nach v. Fritsch ?)
wurde der 163 m mächtige Zechstein in 164 bis 529 m Tiefe
vorgefunden, und zwar als gipsführende Letten, (bituminöse)
Rauchwacke, Anhydrit, Kupferschiefer und Konglomerat. Für
die Tiefen von 156 bis 5336 m verzeichnet Dunker eine durch-
schnittliche Wärmezunahme von 3,9/6 —= 0,65’ C für je 30 m
(die einzelnen Zahlen sind 0,9; 0,8; 0,6; 0,7; 0,2; 0,7); d.h.
die Tiefenstufe ist nur 46 m für 1° GC, während die des ganzen,
1748 m tiefen Bohrlochs nach Dunker 35,7 m, nach Huyvssen
36,87 m betrug.
So zeigt sich die Wärmezunahme in diesen Bohr-
löchern als sehr wahrscheinlich unabhängig von den
durehstoßenen bituminösen Gesteinen. Aber selbst das
zu Neuffen ist keineswegs einwandsfrei für Hörsrs Annahme
heranzuziehen. In seinem PBohrregister verzeichnet allerdings
MANDELSLOH sehr viele Schiefer als durchsunken. Wie sich
aber aus der Deutung Brancos ergibt, sind bei weitem die
meisten dieser Schiefer als schiefrige Tone und Letten anzu-
sprechen. Bituminös ist in der Hauptsache nur der etwa 9 m
mächtige Posidonienschiefer des Lias e, außer ihm vielleicht noch
der möglicherweise auch vorhandene, in Schwaben nicht vielmehr
als handhohe Ölschiefer mit Pentacrinus tuberculatus im Lias a.
Die Bronnizone des Lias e ist wohl unzweideutig aus dem im
!) Vergl. DuUnKEr S. 165.
?) BEYSCHLAG u. V. FRITSCH, Das jüngere Steinkohlengebirge und
das Rotliegende in der Provinz Sachsen. Abhandl. d. Kgl. Preuß.
geol. L.-A. Neue Folge, H. 10, 1899, 8. 1.
186
Bohrregister (unter 9) bei 774 Fuß 2 Zoll bis 804 Fuß 5 Zoll
verzeichneten schwarzen, sehr bituminösen Schiefer zu erkennen.
Wie nun ein Vergleich mit der Temperaturtabelle ergibt, zeigen
gerade die auf diese Schichten nach unten folgenden 100 Fuß mit
3,4°C die höchste Wärmesteigerung, während die 100 Fuß, in denen
die 30 Fuß der Posidonienschiefer einbegriffen sind, mit 2,4°
unter dem Durchschnitt 2,5° bleiben, und gar die nach oben
folgenden 100 Fuß mit 1,9° C die niedrigste Temperaturerhöhung
des Bohrloches aufweisen.
Läßt sich also aus geologischen Daten keine
Stütze für Hörers Annahme gewinnen, so scheinen Er-
wägungen chemischer Natur von vornherein durchaus dafür ge-
eignet. Sämtliche von organisierten Wesen herrührende or-
ganische Substanz hat in hohem Grade die Neigung sich zu zer-
setzen. Bei Gegenwart von Sauerstoft und Erhöhung der Tem-
peratur ist diese Tatsache ja so bekannt, daß sie als selbst-
verständlich hingenommen wird. Aber auch bei gewöhnlicher
Temperatur und Luftabschluß finden Zersetzungen statt. Ein
beliebtes Beispiel dafür sind die Konserven, die im Laufe einiger
Jahrzehnte in ihren festverschlossenen luftdichten Büchsen sich
verändern, namentlich Geruch und Geschmack verlieren. Auch
die Bildung der Steinkohlen aus pflanzlicher Substanz ist ein
Beispiel von Zersetzung unter Luftabschluß und bei niedriger
Temperatur. Nach EnGLer !) zeigen ferner die Erdöle bei Luft-
abschluß und gewöhnlicher Temperatur eine Veränderung, indem
das spezifische Gewicht zunimmt. Daß mit solcher Zersetzung
auch eine Energieabgabe verbunden ist, scheint nur für Kohle
durch die von Hörer angeregten Berechnungen von ToLpr und
v. Jürtner bewiesen. Aber danach dürfte wohl für jeden der
Verkohlung ähnlichen Prozeß auf Freiwerden von Wärme ge-
schlossen werden. Da nun die Anreicherung von Kohlenstofi in
bituminösen Gesteinen auf Kosten des Wasserstoffs und Sauer-
stoffs ihrer organischen Bestandteile durchaus möglich ist, so hat
auch vielleicht eine gewisse Wärmeentwicklung dabei stattgefunden.
Fraglich ist allerdings, ob sie hoch genug war, irgendwie nennens-
wert die Erdwärme zu steigern.
Um aber diese Frage zu entscheiden, ist es natürlich un-
bedingt nötig, die rezenten Urmaterialien bituminöser Gesteine
kennen zu lernen und durch Vergleich der Analysen von den
rezenten und fossilen Materialien wennmöglich den Übergang der
jungen in die alten Gesteine zu ermitteln, wie wir ihn für die
!) Zur Frage der Entstehung des Erdöls und über die Selbst-
polymerisation der Kohlenwasserstoffe. Ber. d. Dtsch. chem. Ges.
30. 2358.
187
Steinkohblen in der Reihe: Holz, Torf, Braunkohle, Steinkohle,
Anthraeit besitzen. Bis jetzt sind aber die rezenten „bituminösen“
Ablagerungen, speziell nach der Seite der organischen Bestand-
teile, kaum bekannt und in ihren Beziehungen zu den fossilen
fast garnicht untersucht.
Daß der Bitumengehalt organogener Herkunft ist, unterliegt
wohl keinem Zweifel. Bıscnor hat nach Naumann!) in der
ersten Auflage seines Lehrbuchs der chemischen und physikalischen
Geologie?) (in der zweiten Auflage vermochte ich diese Stelle
nicht mehr zu finden) den Bitumengehalt der Stinkkalke in erster
Linie auf charaähnliche Pflanzen zurückgeführt, eine Annahme,
die sicher für gewisse Kalke zutreffend ist. Aber allgemeiner
ist wohl die Ansicht verbreitet, daß die Bitumina von Tieren
herstammen. Speziell bei dem Posidonienschiefer des Lias e ist
man von der zoogenen Entstehung durchaus überzeugt. Dafür
nur zwei Beispiele: Nach L. v. Bucn°) bestehen die Schiefer
„fast gänzlich aus kleinen zerdrückten, zerriebenen und wohl
srößtenteils auch zerfressenen Teilen“ von Tieren. Er hält es
sogar für denkbar,*) „daß sie nur als zerteilte Koprolithen zu
betrachten sind.“ Naumann’) spricht die Vermutung aus, daß
„sie sich in ruhigen geschützten Meerbusen oder in Asian
gebildet haben, die von vielen Tieren belebt waren. Nach ihrem
Tode zu Boden sinkend, wurden sie in dem feinen Schlamm be-
graben und durchdrangen solchen mit Bitumen, als dem Produkte
ihrer Verwesung.“ Ähnlich sprechen sich auch die meisten
anderen Forscher aus. Aber zu einem Vergleich mit gleich-
artigen rezenten Bildungen ist es bisher nur selten gekommen.
Die Bedingungen, unter denen organische, namentlich tierische
Substanz sich überhaupt derart ablagert, daß sie nicht verwest,
sondern als feste Substanz erhalten bleibt, sind grundlegend erst
neuerdings von Poronıs°) untersucht worden, aus dessen unten
zitierter Mitteilung ich hier die nachstehende Tabelle abdrucken
möchte.
DrGeoenosie 1: 8. 517.
2) 2. S. 1621.
2) Über den Jura in Deutschland S. 19.
3.8. Al.
>) Geognosie 2. S. 834.
°) Eine rezente organogene Schlammbildung des Cannelkohlen-
Typus. Jahrb. Kgl. Preuß. geol. L.-A. 1908, 24. H. 3. Herr Prof.
Dr. PoTonIE gestattete mir in liebenswürdigster Weise die Einsicht-
nahme in das Manuskript seines demnächst erscheinenden Werkes
über „Die Entstehung der Steinkohlen, sowie der Humus- und ver-
wandten Bildungen,“ dem ein Teil der Grundgedanken der nachfolgenden
Ausführungen entnommen sind.
2
155
Bezeichnung 2 Entstehende
der Pisa Verhalten des OÖ Verhalten des H>O Gesteine |
: |
|
Es bleiben
Verwesung| bei Gegenwart keine C hal-
‘; findet statt von OÖ und Vorhanden- tigen Pro-
sein von dukte zurück,
| Ver- Ä Feuchtigkeit
| bei Gegenwart 5 es entsteht
. moderung : Moder
ander sta ar ur 0
| |
Vertorfung!zunächst bei Gegen-, und zunächst bei | es entsteht
', findet statt |wart sodann bei Ab-| Gegenwart von Torf
| schluß von O Feuchtigkeit, so-
dann in stagnieren-
Fäulnis | bei Abschluß von dem H>0 es entsteht |
findet statt (0) und in stagnieren- Faul-
dem H>0 schlamm
Der zuletzt erwähnte Faulschlamm findet sich in stehenden
Gewässern mit Tier- und Pflanzenleben. Er enthält in toniger,
kalkiger oder sandiger Grundmasse die Reste von Organismen, die
innerhalb oder in der Umgebung des Wassers vorkommen. So
sind bekannt als Schlammbildner in den norddeutschen Seen:
- Limnobios: Benthos: Characeen, Nymphaceen und andere Wasser-
pflanzen; Muscheln (Anodonta, Sphaercum) und Schwämme
(Spongilla). Plankton: Bacillarien (Diatomeen) und andere Algen;
Protozoen. Crustaceen, Insektenlarven; Pleuston (= Schwimm-
flora): z. B. Lemna, Utricularia, Saleinia. Nekton: Fische,
(außerordentlich häufig sind namentlich Fischexkremente, die
wahrscheinlich einen Hauptteil der organischen Substanz bilden).
Geobios: Pollen, Früchte, Blätter, Holz- und Gewebefetzen von
höheren Pflanzen.
Einzelne dieser Faulschlammgesteine sind hier und da in
ihren Beziehungen zu fossilen Gesteinen erkannt. So haben
GümseL?) und Ramann°) auf die Analogie zwischen Lebertorfen,
den subfossilen Faulschlammen, und Cannel- und DBoghead-
kohlen, auf Grund des mikroskopischen Befundes hingewiesen.
!) Über die Definitionen von 1 und 4; s. auch RAMANN, Organo-
gene Ablagerungen der Jetztzeite N. Jahrbuch, X Beil.-Bd. S 119.
?\ Beiträge der Texturverhältnisse der Mineralkohlen. Sitz.-Ber.
d. math.-phys. Klasse der Bayr. Akademie der Wissensch. 1883 S. 133.
®) Über Torf- und Mineralkohlen. Diese Zeitschr. 1896 S. 426.
)
159
Die Faulschlammkalke (Kalkschlamme, Wiesenkalke) sind in
ihren Beziehungen zur fossilen Seekreide mehrfach untersucht,
zuletzt von Passarczk !). Aber im Großen und Ganzen sind wir
erst durch Poroxnı& eingehend über die Bedeutung der See-
schlamme unterrichtet, und zwar in der Art, daß aus Faul-
schlammen, die wesentlich aus organischer Substanz bestehen,
Faulkohlen (Oannel-, Boghead-, Algenkohlen) entstehen, aus den
mehr oder weniger kalkreichen Faulschlammkalken je nach dem
Tongehalt Stinkkalke bezw. bituminöse Mergelschiefer, aus den
fast nur aus Kieselsäure (Diatomeenpanzer) und organischer
Substanz bestehenden Kieselguhren gewisse Polierschiefer und
Kieselschieferr. Es ist selbstverständliich, daß man zwischen
diesen drei extremen Ausbildungen zahlreiche Übergänge kennt.
Die organischen Bestandteile der Faulschlammgesteine
zerfallen nach RAMAnN?) einerseits in einfacher zusammen-
gesetzte Verbindungen („zumal Kohlensäure, Kohlenwasserstoffe
[evtl. Wasserstoff] und Stickstoffverbindungen [evtl. Stickstoff] *),
andrerseits in kohlenstoffreichere. Dieser Prozeß, die Fäulnis,
setzt sich in den von Poronı£e Bituminierung genannten der
fossilen Gesteine fort, ebenso wie die ähnlich definierte
Verkohlung sich an die Vertorfung anschließt.
Marine Faulschlamme werden sich überall da bilden können,
wo stille, nicht allzu bewegte Stellen im Meere vorhanden sind,
2. B. in Buchten und Häfen; bekannt sind solche Schlamme aus
den Häfen von Bahia Blanca°), Kiel und Cuxhaven (nach dem
mir vorliegenden Material von Herrn Prof. PoroxıE) Accessible
Bay von Kerguelensland®); ferner auf Flachküsten, nament-
lich durch Inselreihen oder Halbinseln geschützte, wie die
Watten®), das Gelbe Meer‘), große Teile des Roten Meeres’);
sodann in den durch üppige Vegetation festgehaltenen Mangrove-
sümpfen und Schlammstranden des indischen Archipels®). Be-
fördert werden naturgemäß diese Bildungen in an sich ruhigen,
weniger durch die Gezeiten erregten Meeren, wie ÖOstsee?),
Mittelmeer?) und Schwarzes Meer !°), die selber in gewissen Tiefen
!) Die Kalkschlammablagerungen in den Seen von Lychen, Ucker-
marck. Jahrb. Kgl. Preuß. geol. L.-A. 1901 S. 79.
28-121:
®) DArwın, Reise eines Naturforschers. S. 90.
*) STUDER, Forschungsreise der „Gazelle“ 2. S. 142.
®) z. B. Meyn, Insel Sylt S. 125.
6) RICHTHOFEN, China 2. S. 30.
7) WALTHER, Einleitung in die Geologie S. 347.
®) WALTHER 2. a. 0.
°) v. BOGUSLAWSKI, Ozeanographie 1. S. 90 und 95.
10) ANDRUSSOw, La mer noire. Exkursionsführer des VII. inter-
nationalen Geologenkongresses in St. Petersburg Nr. XXIX 1897.
190
mit tonigem, dunklem, an organischer Substanz relativ reichem
Schlamm erfüllt sind. Seichte Uferzonen solcher Meere dürften
wahrscheinlich mit Faulschlammgestein bedeckt sein, zumal wenn
die andere Grundbedingung für die Bildung der Faulschlamme,
das reichliche Vorhandensein von Organismen, namentlich plank-
tonischer, erfüllt ist. Leider ist bisher kaum einer dieser
Schlamme genauer untersucht worden, besonders nicht in mikro-
skopischer und chemischer Hinsicht.
Was nun speziell die Posidonienschiefer des Lias e angeht,
so ist andeutungsweise für diese kürzlich von Pompecks!) eine
ähnliche Entstehungsart angenommen, wie sie hier nach PoToniE
für die bituminösen Schichten im allgemeinen geltend gemacht
worden ist. PoMmPEcKJ hat die Bronni-Zone des Lias e als ein
liasisches „Schwarzes Meer“ bezeichnet, namentlich im Hinblick
auf den Sauerstoffmangel, der allein zur Bewahrung so reicher
organischer Reste führen kann. Jedoch erkennt PompecksJ die
sroße Verschiedenheit der geographischen Verhältnisse beider
Meere, des Schwarzen und des Bronni-Meeres. an; ebenso auch
den Unterschied in der Verteilung des Benthos und in der
Erhaltung der Tierreste. Ferner möchte ich auf eine weiter
unten folgende Analyse einer Grundprobe des Schwarzen Meeres
hinweisen, die einen erheblichen Unterschied in der Zusammen-
setzung des vorwiegend tonigen Pontusschlammes gegenüber dem
weit stärker bituminösen, kalkreicheren Mergel(schiefer) der
schwäbischen Bronni-Zone zeigt. Es scheinen also auch viele
Gründe gegen die Deutung des Posidonienschiefers als Ab-
lagerung eines liasischen Schwarzen Meeres zu sprechen, was
übrigens PomreckJ selbst betont hat. Doch kann ich mich hier
auf eine nähere Erörterung dieser wichtigen und interessanten
Frage nicht einlassen, zumal ich vorläufig einen heutigen Meeres-
teil überhaupt nicht kenne, dessen Sedimente - wirklich einiger-
mabßen mit dem Posidonienschiefer übereinstimmten. Nur soviel
kann ich wohl feststellen, daß letzterer ein fossiles Faulschlamm-
gestein ist.
Ein Vergleich der häufigen Organismenreste des Posidonien-
schiefers mit denen der Faulschlammgesteine ergibt deutlich
die nahe Verwandtschaft beider Gesteine. Als marines Faul-
schlammgestein möchte ich hier einen von Gorrscur?) be-
!, Die Juraablagerungen zwischen Regensburg und Regenstauf.
Geogn. Jahresh. 14. 1901 S. 178—186.
?) Der Tapessand von Steensigmos. Diese Zeitschr. 1904.
Sitzungsbericht vom 2. November 1904. Es ist der als Mytiluston im
Küstenprofil von Steensigmoos bezeichnete bituminöse Mergel. Herr Prof.
Dr. GOTTSCHE hatte die Güte, mir ein Stück desselben zur Unter-
suchung zu überlassen.
191
schriebenen bituminösen Mergel aus dem marinen Diluvium von
Steensigmoos unweit Sonderburg zum Vergleich heranziehen,
Faulschlammgesteine
die rezenten
sucht sind.
marinen
Posidonienschiefer
Halobios: Benthos:
Tange?
Spongien,
Crinoideen, Lamelli-
branchiaten
Plankton: Bacillarien
Coceolithen
Foraminiferen
Pseudoplankton:Ce-
phalopoden
Nekton: Fische, Rep-
tilien
Geobios: Landpflanzen
limnisches
Faulschlammgestein
Benthos:
Wasserpflanz.
Spongien,
Lamellibranchiaten
Plankton:Bacillarienu.
andere Algen
Protozoen, Crusta-
ceen.
Nekton: Fische
Geobios: Landpflanzen
Limnobios:
da
sehr wenig unter-
Mytiluston
Halobios: Benthos!: —
Spongien (Nadeln)
Mytilus
Plankton Bacillarien,
Foraminiferen
Nekton: Fische
(Schuppen)
Geobios: Landpflanzen
(Blätter)
Selten sind im Lias & die zum Geobios gehörigen Insekten
und Flugreptilien,
Cephalopodenschalen
PompeckJ betont,
ferner
Seeigel, Brachiopoden, Schnecken, Würmer und Crustaceen.
und -schulpe werden wohl,
zum größten Teil nach dem Tode der Tiere
leer in den Schlamm hineingedriftet worden
die
in der Hauptsache benthonischen
Die
wie dies auch
sein, wie es ja
heute noch mit den vom Meer an die Küsten gespülten Schalen
von Nautilus und den Schulpen von Sepia geschehen kann.
Auch in chemischer Hinsicht erweisen sich die Faulschlamm-
gesteine durchaus als die rezenten Urmaterialien bituminöser Ge-
steine. Der Gehalt
gemäß sehr stark.
all
organischer Substanz variiert natur-
Bei fossilen bituminösen Schiefern z. B.
von 0,1°/s des Ohioschiefers!) bis zu etwa 36°/ des zur ÖI-
fabrikation verwendeten schottischen Schiefers?). Faulkohlen
(Cannel- und Bogheadkohlen) haben zwischen 99 und 55°/% or-
ganische Bestandteile; der untersilurische schwarze Kieselschiefer
von Triebendorf im Fichtelgebirge enthält nach Lorerz°) bei
96,74°/ Kieselsäure 2,28% „Kohle“. Was die rezenten
Gesteine anbetrifft, so schwankt z. B. in den Kalkschlammen der
Seen von Lychen nach Passarcz der Gehalt an organischer
!) HÖFER, Erdöl S. 131.
?) SCHEITHAUER, Fabrikation der Mineralöle S. 27 in Bolley-
Englers Handbuch der chem. Technologie.
®) GÜMBEL, Fichtelgebirge S. 265.
192
Substanz zwischen 0,89 und 44,74°/,; ein von mir untersuchter |
Faulschlammton aus dem Teltowkanal enthielt über 24°/; in den
Kieselguhren sind nach Rorm!) bis zu 15°/, organischer Sub- ||
stanz. Die anorganischen Bestandteile bei beiden Gruppen sind
vorwiegend Kalkstein, Ton und Sand (bezw. Kieselsäure und
kohlensaurer Kalk von Organismen herrührend) oder ein oder |
zwei dieser Gemengteile. Bei der Destillation geben Faulkohlen
(„Olkohlen*) und bituminöse Schiefer („Olschiefer“) dem Pe-
troleum nahestehende Öle?). Aus dem Faulschlamm des Sees.
von Ludwigshof in Vorpommern (nicht Uckermark) erhielten
KRÄMER und SPpitker?) bei der Druckdestillation Petroleum.
So dürften in der Tat die Faulschlamme diejenigen
Gesteine sein, die in Bezug auf bituminöse Schichten
von derselben Bedeutung sind, wie die Torfe in Bezug
auf die Glanzkohlen. Es lässt sich also denken, daß es.
durchaus möglich ist, von den rezenten bis zu den paläozoischen
bituminösen Gesteinen eine allmähliche Steigerung des Kohlen- |
stoffgehaltes der organischen Substanz nachzuweisen. Ich muß
jedoch bekennen, daß meine dahinzielenden Bemühungen bis
jetzt noch nicht den gewünschten Erfolg hatten, da die Zahl der
Analysen vorläufig noch zu gering ist. Doch andeutungsweise
lassen sich jetzt schon einige Schlüsse aus dem vorliegenden
Analysenmaterial ziehen.
Nach Rorn liefert das Material zahlreicher Analysen von .
Bogheadkohlen (Ölkoblen, Kerosinschiefer) aus Schottland, Ruß-
land, Australien und Amerika schwefel- und aschefrei berechnet
81,09%, C; 11,395 7655900, 0.2 Ja
Der Durchschnitt von Analysen der in Schottland zur Öl-
fabrikation verwendeten Schiefer des unteren Karbons ist nach.
Mıts*)
Asche: 63,74 °/o; organische Substanz: 36,22%
0:25, 22700 N:1.14%
1: 03.203405 3:00.10
0:7 9.1655
umgerechnet auf 100 Teile organischer Substanz:
0769729 02105294 SE
He=21,02209 N. 02er:
!) RotH, Allgemeine und chemische Geologie 2. S. 655, 668,
669, 672.
?) S. z. B. HEUSLER, Über die Zusammensetzung der schottischen
Schieferöle. Ber. d. Dtsch. chem. Ges. 30,'S. 2743.
®) KRÄMER u. SPILKER, Das Wachs der Bacillariaceen und seim.
Zusammenhang mit dem Erdöl. Ebenda 32. S. 2940.
*) SCHEITHAUER a. a. O. S. 27.
4
1953
Der Schieferton von Broxburn in Schottland, der ebenfalls
zur Öldestillation dient, hat nach StewARrr!)
Asche: 66 ' 8°%% C:etwa 20°/o
Wasser: 2.8.20, Hese, 33,
org. Subst.: 25.2, NE: 0
100 ..0°% Se: 0, 0129r,
in 100 Teilen .org. Substanz!
C: etwa 80° N: etwa 2.8°%
ee Seae „6.0.0, ,;
Bituminöser Schiefer aus dem Rotliegenden von Oberlangenau
in Böhmen hat nach Reuss?)
bei 31 bis 37°/o organischer Substanz:
C:24.8°o Auf 100 Teile umgerechnet etwa 70° C
ER 22 9,
NE le,
In diesem Schiefer aufgefundene Koprolithen hatten in 7 4°
organischer Substanz
0:61. 7°/o oder auf 100 Teile umgerechnet C: 83. 30%
nen, » jEa 0) 2 20,
Ne » D) » NE 227202,
Best IS.3.7.. „ „u. Rest (O+S): 5.05,
Was endlich den bituminösen Schiefer des Lias e anbetrifft,
so besteht dieser nach GmeLin!) und Fırric!) aus
GMELIN FITTIG
43 bezw. 41° Ton
Ad ne 41 „ Kalkstein
12 5 12, org. Substanz (Bitumen)
5 > 6 „ Schwefelkies
100 100°
Unter Bitumen wird wohl das bei der Destillation auf-
gefangene Schieferöl verstanden sein, denn in der Tat erhielt ich
bei verschiedenen Destillationen etwa 12°) Öl. Auch die von
HARBoRDT!) angegebene Analyse deutet an, daß mehr als 12°
organische Substanz vorhanden ist; er Emiı 10,57°%% C und
2,20°/ H. Die von mir ausgeführte Analyse ergab etwas höhere
Werte. Den ganz frischen Schiefer verdanke ich der Freundlich-
keit des Herrn Steinbruchsbesitzerss BERNHARD HAUurFF in Holz-
maden, der ihn „aus der Schichte“ brach, „welche am meisten
Bitumen hat.“
Glührückstand (rot): 68.64°/ Kohlensäure: 11. 98°/o
Wasser2219946°, orc;Substanz: 17.932 ,
Glühverlust (ohne Wasser): 29.90 „
2) 'SCHEITHAUER. a. a. 0. 8. 27.
?\ BISCHOF, Chem. u. Phys. Geologie JI. Aufl. 1. S. 752.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 1904. 13
194
In diesen 17 92%), organischer Substanz waren
C:14.32 oder auf 100 Teile umgerechnet: C : 79. 60°/,
BT E90, 808
N A038 N, 20
Rest (0 +S):1.53 . Rest (O0 +S): 8.49 „
Die Analyse der lufttrockenen Substanz wurde, wie auch
alle späteren so ausgeführt, daß in einer Portion Wasser, Glüh-
verlust und Rückstand bestimmt wurden (Wasser durch Erwärmen
auf 105° bis 110° im Trockenschrank). Die Kohlensäure wurde
im Dietrich - Frühlingschen Apparat als Gas gemessen. Zur
Elementaranalyse, die ich von einem als zuverlässig bekannten
Analytiker ausführen ließ, wurde die Substanz wegen des Schwefel-
gehaltes mit Kaliumbichromat gemischt und langsam im Sauerstoff-
strome verbrannt. —
Im Durchschnitt ergeben alle diese Analysen von Boghead-
kohlen und bituminösen Schiefern, den fossilen Paulsqh aus
gesteinen vom Karbon bis zum Lias, etwa
77°/a Kohlenstoff und 10°, Wasserstoff
und der Rest von etwa 13°/o ist Stickstoff, Sauerstoff und Schwefel.
Analysen von rezenten Faulschlammgesteinen, die auch die
organische Substanz in ihren einzelnen Bestandteilen zeigten,
sind in der Literatur nicht aufzufinden.
Einige lufttrockene Faulschlamme wurden von mir analysiert.
Zur Orientierung möchte ich vorausschicken: Die Faulschlamm-
sesteine sind in frischem Zustande schwarz, braun oder grau.
An der Luft werden die schwarzen Faulschlammkalke oft schmutzig
grau, die dunklen Faulschlamme und helleren Kieselguhre hellen
sich nur wenig auf. Unter Sedimentbedeckung sind fast alle ge-
schiefer. — In lufttrockenem Zustand sind die an organischen
Bestandteilen reichen Faulschlammgesteine zäh und stark leder-
hart. Die übrigen neigen in ihrer Beschaffenheit den Tonen,
Mergeln, mergeligen Sanden und Seekreiden zu. — Bei der Destil-
lation entstehen braunschwarze Teeröle, die manchmal im Geruch an
Schieferöle erinnern, manchmal höchst unangenehm brenzlich riechen.
1. Faulschlammkalk von Beelitzhof bei Berlin:
Glührückstand (weiß): 52. 54°/o
Wasser: 5.30 „
CO: :29.17 „ Glühverlust (ohne Wasser) 42.16°/
org. Subst. 12. 99,
hiervon sind C: 9.13°/, oder auf 100 Teile org. Substanz
berechnet: G:70.220)
Hrır1226,, H 2: 9a
N=1,09, N: Saue
Rest (0 +S): 1.51, Rest (O + 8): 11.84,
195
2. Eine andere Probe, die möglicherweise an anderer
Stelle desselben verlandeten Sees bei Beelitzhof gestochen war,
ergab:
Glührückstand (weiß) :51 .. 24°)
Wasser: 5.50,
Glühverlust (0. W.): 45.26 „
COs 31.01’
org. Subst. 14.25,
Hiervon C:8.65 oder auf 100 Teile umgerechnet:
0:60:72
21.230..98 ki: 0,588 1.
Rest (N,0,S):5.62 (N+0+5):32.40,
3. Baecillarien-Faulschlammkalk aus dem Untergrunde
von Berlin.
Sehr reich an Bacillarien.
Glührückstand (grauweiß) : 54. 59°
Wasser: ;3. 0,
CO3 :30.08 „ Glühverlust (0.W.):42. 31°
org. Substanz: 12.23 „
Hiervon C:8.71 In 1008 Eeilen? - G# 7T1 25
| | E748226
Rest (N,0,5):2.51 . Rest (N,0,S):20.49
4. Faulsehlammton aus dem Teltowkanal.
Glührückstand (rot) : 65. 46°/,
Wasser: 10.35 „
Glühverlust (o. W.):24.19,
C0O3 : Spur.
org. Substanz : 24. 19%.
Hiervon GC: 14.47 in 100 Teilen: C: 59.90
re H: 5.05
Rest (N,0,$): 8.50, Rest (N,0.8):35..05
Außer diesen vier Analysen von limnischen Faulschlamm-
gesteinen wurden noch vier von rezenten und diluvialen marinen
Faulschlammgesteinen ausgeführt. Jedoch ergaben die wegen
der geringen Menge organischer Bestandteile und bei Gegenwart
von kohlensaurem Kalk sehr schwierigen Elementaranalysen trotz
der Wiederholung durchaus unbefriedigende Resultate.
5. Hafenschlamm von Kuxhaven,
gedretsct am Eingange zum alten Hafen. Der lufttrockene
Schlamm war dunkelgrau und enthielt viel Ton und Sand.
13*
196
Glührückstand (rot)! 89. 34°/o
Wasser ar1 221%
Glühverlust (0. W.) 9.45 „
COeBr 30°
org. Subst 0. 1925
6. Schlamm aus dem Schwarzen Meer.
Der lufttrockene Schlamm ist tongrau und enthält sehr viel
Ton, wenig Sand. Er entstammt der Expedition des „Tscherno-
moretz* 1890 und wurde Herrn Prof. Poronıs von Herrn
N. Anprussow übersandt. Ersterer überließ mir einen Teil zur
Analyse. Der Schlamm ist in 200 Faden Tiefe auf der
34. Station der Reise gedretscht und gehört zu den von
ANDRUSSOW !) beschriebenen schwarzen Tiefseeschlammen des
Pontus, die an der Luft grau werden, eine auch bei limnischen
Faulschlammgesteinen sehr häufige Eigenschaft.
Glührückstand (rot) : 84. 04°/,
Wasser: "3.225
Glühverlust (o. W.):10.74 „
CO2: 4.81%
organische Subst.: 5.93,
7. „Mytiluston* von Steensigmoos.
(S. Anm. 1 S. 9). Der Mergel ist ein graues, festes, ge-
schiefertes Gestein. Es waren makroskopisch sichtbar Muschel-
schalen- und Laubblattreste.e Das Mikroskop zeigte reichlich
Bacillarien, ferner Foraminiferen und Spongiennadeln.
Glührückstand (rot): 86 ..18°%
Wasser 22 73:5297,
Glühverlust (o. W.): 10.58,
COs3: TR 72.
org. Substanz: 2.81,
8. Süßwassermergel von Steensigmoos.
Auch üiesen Mergel verdanke ich Herrn Prof. Dr. GoTTscHE
in Hamburg. Das Gestein entstammt dem Liegenden des Mytilus-
tones. Es ist weich, locker, hellgrau und geschiefert. Die
mikroskopische Untersuchung zeigt massenhaft Bacillarien, auch
Spongiennadeln.
Glührückstand (rötlich weiß): 63 .55°%
Wasser: - 3:23,
Glühverlust (o. W.): 33.22,
CO2: 25. 74%
org.. Substanz! 7.48 „
!) ANDRUSSOW, Einige Resultate der Tiefseeuntersuchungen im
Schwarzen Meer. Mitteil. der k. k. geogr. Ges. Wien 1893 8. 391.
197
Der Durchschnitt durch Elementarbestandteile der vier ersten
Analysen ergibt etwa 65°/» Kohlenstoff und 8°/s Wasserstoff.
Der Rest von 27°, wäre N, O, S. Ein Vergleich mit der
Zusammensetzung des Bitumens der fossilen Gesteine:
fossile Faulschlammgesteine: 77°, C; 10° H; Rest 13°/o (N,O,S)
rezente a ODER. Sn; .2775°UN, 0,8)
zeigt gut (um 12 bezw. 2°) eine geringere Menge von Kohlen-
stoff und Wasserstoff in den rezenten. Der Prozeß der Bitu-
minierung scheint danach so vor sich zu gehen, daß Kohlenstoff
und Wasserstoff auf Kosten von Stickstoff, Sauerstoff und Schwefel
angereichert werden. Dies bedeutet einen nicht unerheblichen
Unterschied gegenüber der Verkohlung, bei der Kohlenstoff auf
Kosten aller anderen Bestandteile angereichert wird. Diese Ver-
mutung steht auch mit der Tatsache durchaus im Einklang, daß
bei fossilen Faulschlammgesteinen meines Wissens Gasentwicklung.
die nicht pyrogener Entstehung ist, also etwa Entwicklung von
Kohlensäure wie in der Braunkohle und Kohlenwasserstoffen wie
in der Steinkohle, nicht bekannt ist. Es mag dieser Umstand
einen Grund haben in der von vornherein erheblich kompakteren
und festeren Beschaffenheit vieler Faulschlammgesteine, die gegen
Wasser hervorragend undurchlässig sind.
Bemerkenswert ist auch der erheblich geringere Grad der
Anreicherung von Kohlenstoff bei der Bituminierung. Während
bei der Verkohlung vom Torf (60°/ C) bis zur Steinkohle
(80°/5 C) der Kohlenstoff um 20°/, angereichert wird, be-
trägt der Unterschied im Kohlenstoffgehalt zwischen rezentem
Faulschlammgestein und karbonischem bituminösem Schiefer nur
etwa 12°. Die etwaige Wärmeentwicklung wird also erheblich
geringer sein, wobei auch die Tatsache ins Gewicht fällt, daß
speziell bei den bituminösen Schiefern die anorganischen Bestand-
teile erheblich die organischen überwiegen. Wie groß nun die
Wärmeentwicklung etwa sein könnte, vermag ich vorläufig nicht
zu sagen, da ich Verbrennungswärme und Wärmeleitfähigkeit der
rezenten und fossilen Faulschlammgesteine nicht kenne. Erstere
ist bedeutend schwerer zu bestimmen als die der fast nur aus
organischer Substanz bestehenden Glanzkohlen und ihrer Ür-
gesteine.e Herr Dr. F. Wrepe im 1. chemischen Universitäts-
institut, Berlin, hatte die Güte, in der Berthelotschen Bombe bei
einem Druck von 25 Atmosphären Sauerstoff eine Verbrennung
zu versuchen. Er teilte mir mit, daß der bituminöse Schiefer
oberflächlich zu einer schwarzen Schlacke zusammenschmolz, die
einen Teil der Substanz durch Umhüllung vor dem Sauerstoff
schützte.
Auch die etwaige Oxydation des Schwefelkieses der bitumi-
1985
nösen Gesteine kann für Wärmeentwicklung nicht von Bedeutung
sein. Allerdings berechnet RıcHters!) für einen Gehalt von 1°/
Schwefelkies bei plötzlicker Oxydation und Ausschluß von
Wärmeverlusten eine Erwärmung der Kohle um 72°. Aber wenn
schon bei den Glanzkohlen die angenommenen Bedingungen nie-
mals eintreten, so noch viel weniger bei bituminösen Schiefern,
mögen diese auch erheblich mehr Schwefelkies enthalten, da
ihre Undurchlässigkeit für Wasser und der Umstand, daß sie
sehr schwer verwittern, in hohem Maße die Oxydation zu hindern
imstande sind.
Diese Frage der Eigenwärme bituminöser Gesteine ist
natürlich mit der vorliegenden Arbeit erst angeschnitten. Es
bleibt noch viel darüber zu arbeiten. Ich hoffe jedoch in nicht
allzuferner Zeit eine Reihe der vorhandenen Lücken ausfüllen
zu können. Auch vom Erdöl durchtränkte Schichten gedenke ich
zu untersuchen. Geologische und chemische Angaben deuten
nämlich darauf hin, daß das Petroleum unter Luftabschluß Ver-
änderungen erleidet, die mit Wärmeentwicklung verbunden sind;
vor allen Dingen kennen wir mehrere in geothermischer Hinsicht
untersuchte Bohrlöcher, die in petroleumhaltigen Schichten eine
überaus niedrige Tiefenstufe zeigen.
Zum Schluß möchte ich nicht unterlassen, auch an dieser
Stelle Herrn Geheimrat Prof. Dr. Branco und Herrn Prof.
Dr. Poronı£E für Anregung und Unterstützung verbindlich zu
danken.
Zusammenfassung.
Das Resultat der vorstehenden Untersuchungen
ist, daß zwar eine Wärmeentwicklung bei der Bitumi-
nierung, also dem der Verkohlung analogen Prozeß
der Kohlenstoffanreicherung in der organischen Sub-
stanz bituminöser Gesteine, theoretisch stattgefunden
haben kann. Der Wärmebetrag scheint aber, dafür
sprechen geologische und chemische Tatsachen, so
gering zu sein, daß er für die Erhöhung der Erd-
wärme wohl nicht von wesentlicher Bedeutung ist.
!) Muck, Chemie der Steinkohlen, 2. Aufl. S. 131.
199
33. Erklärung.
Von Herrn WILHELM SALOMON.
Heidelberg, den 6. Dezember 1904.
Hinsichtlich meiner Äußerung in der Fußnote 2 auf: Seite
415 dieser Zeitschrift (Jahrgang 1903) habe ich Folgendes zu
bemerken. Herr FREUDENBERG versichert mir, daß er den in
meinen beiden Arbeiten!) geschilderten Hergang in der gleichen
Weise ansieht wie ich selbst, und daß diese Tatsache nur durch
ein Versehen in seiner Publikation?) nicht klar zum Ausdruck
gekommen ist. Er erkennt an, daß ich seinen Fund in durch-
aus loyaler und unserer Vereinbarung entsprechender Weise
hervorgehoben habe. Unter diesen Umständen freue ich mich
aufrichtig erklären zu können, daß die Angelegenheit einen mich
völlig befriedigenden Abschluß gefunden hat.
34. Zur Geologie des Braunauer Landes und der
angrenzenden Teile Preussens.
Von Herrn GEORG BERG.
Berlin, den 14. Dezember 1904.
Den Teilnehmern an der letzten Jahresversammlung der
Deutschen Geologischen Gesellschaft wurde von der Schlesischen
Gesellschaft für vaterländische Kultur ein Buch überreicht mit
dem Titel: „Zur Geologie des böhmisch-schlesischen Grenz-
sebirges“, bestehend aus drei Einzelabhandlungen von Herrn
Dr. AxeL ScHamipr, Herrn Bergbaubeflissenen HErBInG und Herrn
Bergbaubeflissenen Assistent FLegeL. Dem Buche ist auch eine
von den drei Herren gemeinsam verfaßte „Exkursionskarte“ bei-
gegeben. Die gesamten Arbeiten wurden im geologischen Institut
der Universität Breslau unter der Leitung von Herrn Professor
Dr. FrecH ausgeführt, der dem Werke ein gemeinsames Vorwort
beigegeben hat.
Von der Kgl. Geologischen Landesanstalt mit Aufnahme-
arbeiten in jener Gegend betraut, habe ich das Gebiet vielfach
durchwandert und sehe mich veranlaßt, einige Irrtümer, welche
!\ Diese Zeitschr. a. a. O. 414—515 und Centralblatt für
Mineralogie 1902. S. 652—653.
?) Der Jura am Katzenbuckel. Bericht über die 36. Versamml.
des Oberrhein. geolog. Vereins. S. 28—30.
200
die besagte Schrift und namentlich die Karte enthalten, hier zu
erwähnen. Die letztere kann auf den Namen einer Exkursions-
karte kaum Anspruch erheben, sie stellt vielmehr eine Skizze der
Lagerungsverhältnisse im erwähnten Gebiet dar, lest sie doch
weitaus mehr Wert auf die Darstellung der Zusammengehörig-
keit einzelner Vorkommnisse, als auf die Übereinstimmung der Karte
mit der an der Oberfläche wirklich sichtbaren Gesteinsverbreitung.
Zum Beispiel sind mehrfach zwei weit auseinanderliegende Kalk-
linsen als einheitliches Kalklager dargestellt, um die Zusammen-
gehörigkeit der Aufschlüsse zu markieren, auch wenn zwischen
ihnen der Kalk kilometerweit nicht nachweisbar ist.
Der Hauptsache nach lehnt sich die Karte an BEYRICHs
frühere Aufnahmen an; hier und da sind Verbesserungen ein-
veführt, leider sind aber auch einige Änderungen im Kartenbild ein-
getreten, die als offenbare Rückschritte zu bezeichnen sind.
Vor allem ist in der Gegend von Trautliebersdorf, nördlich
von Friedland, eine der Beyrıcn schen Karte völlig fremde
Sattelung der Q@uarzporphyrdecke, verbunden mit übergreifender
Lagerung der obersten Teile des Oberrotliesenden, zur Darstellung
selangt. Nach dem Kartenbild könnte man auch an durch-
sreifende oder übergreifende Lagerung denken, da aber der
(uarzporphyr im Konglomerat geröllbildend auftritt, also älter
ist, als jenes, so wär es nur durch Sattelung und Übergreifen
zu erklären, wenn der Trautliebersdorfer Kalk im unmittelbaren
Hangenden des Porphyres läge, wie es Dr. Schmipr auf der
Karte darstellt. De facto ist dies auch garnicht der Fall, sondern
der Kalkstein liegt in Verbindung mit einer feldspatreichen, klein-
stückigen Arkose, ganz dem normalen Profil bei Friedland ent-
sprechend, im Hangenden des kleinstückigen Porphyr-Konglomerates
(„Oberen Konglomerates“ von ScHhmipr); es folgen dann darunter
noch sandige Schieferletten („N1*) des Mittelrotliegenden,. und
erst zwei km von der auf der Karte angegebenen Grenze ent-
fernt, genau da wo es BEvriıcH darstellte, beginnt der Porphyr!
Auf andere kleine Irrtümer will ich hier nicht eingehen,
doch sei mir gestattet, über die Zusammengehöriekeit, die strati-
eraphische Stellung und den Verlauf der einzelnen Kalksteinlager
des Braunauer Landes einiges zu bemerken.
Richtig ist es wohl, wenn Herr A. ScHhamipr in seiner Ab-
handlung den Ottendorfer vom eigentlichen Braunauer Kalkhorizont
unterscheidet. Der Hauptmannsdorfer Kalk indessen, der zum
Braunauer Kalk von ihm mitgerechnet wird, stellt meiner Über-
zeugung nach einen eigenen dritten Kalkhorizont. dar, und der
Trautliebersdorfer Kalk würde als vierter Horizont zu zählen sein.
Betrachten wir nun einmal die Stellung der vier Kalk-
201
horizonte zu den wichtigsten Leitschichten des oberen und
mittleren Rotliegenden.
Der Braunauer Kalk tritt außer am Ölberg noch bei
Heinzendorf und Ruppersdorf auf, früher wurde er auch auf
preußischem Gebiet nördlich von Neudorf gewonnen. Es geht
daraus hervor, daß er sich immer nahe am Hangenden der
eroßen Quarzporphyrdecke hält, welche die Eruptivstufe des
Mittelrotliegenden nach oben abschließt. Daher streicht dieser
Horizont auch zwischen Heinzendorf und dem Ölberge dicht am
Südabhange des Steinetales hin, und wie er bei Ruppersdorf mit
der Porphyrerenze nach Norden schwenkt, so ist auch von vorn-
herein zu erwarten, daß er sich vom Ölberg aus ebenfalls wieder
nach Norden wenden wird. Dies tut er in..der Tat, und es ist
zweifellos, daß die Kalke von Hermsdorf die Fortsetzung der
Ölberger Kalke bilden; zweifellos nicht nur durch die völlige
petrographische Übereinstimmung, sondern vor allem durch das
Auftreten einer Leitschicht, die auch bei Neudorf, bei Ruppers-
dorf und bei Heinzendorf im Hangenden des Kalkes auftritt, ein
schuttiges (sandiges und wenig abgerolltes) Konglomerat, das
sowohl bei Hermsdorf, als bei Neudorf und Ruppersdorf hasel-
nußeroße Stücke eines lauchsrünen Jaspis oder Hornsteins führt.
Nördlich von den Hermsdorfer Kalköfen schwenkt diese Konglo-
meratschicht wieder mit der Porphyrgrenze nach Osten und er-
’eicht den Kalkofen bei der Baier-Mühle unweit ‚Johannisherg,
(die Exkursionskarte gibt hier im Gegensatz zu BeyrıcH, der
die Sedimente bei der Baier-Mühle bereits kennt, die Grenze
zweier Durchbruchsmassen (?) von Porphyr und Melaphyr ohne
zwischenliegende Sedimente an.) Weiterhin läßt sich das Kalk-
lager und die Konglomeratschicht nicht mehr verfolgen, da das
Melaphyrlager des Biebersteines und des Schönauer Hopprich-
Berges das Bild des Profiles stark verändert.
Liegt also der Braunauer Kalk nahe über der Eruptivstufe,
so muß der Ottendorfer Kalk beträchtlich weiter im Hangenden,
nicht, wie Herr A. Scnmivr annimmt, im Liegenden sich befinden.
Dieser Kalk bildet eine Einlagerung ungefähr in der Mitte der
mittelrotliegenden Sedimente, ist jedoch nur in der Gegend süd-
östlich von Braunau entwickelt, wo diese Schichten überhaupt
eine bedeutendere Mächtigkeit besitzen als weiter im Nordwesten.
Der Ottendorfer Kalkzug findet sich bei Hof Scheidewinkel auf
deutschem Gebiet und läuft in großem Bogen über Ottendorf
und Lederhose in Böhmen bis wieder beinahe an die Reichsgrenze
heran, so zugleich einen Spezialsattel markierend, dessen Zentrum bei
Tuntschendorf liest und der auf der Geologischen Spezialkarte Blatt
\Wünschelburg (Aufnahme von Herrn Dr. Dart) deutlich hervortritt.
202
Der Kalk an der Straße von Rosenthal nach Schönau könnte
trotz seiner abweichenden petrographischen Natur sehr wohl, wie
dies ScHmipr annimmt, demselben Horizont angehören, liest er
doch ebenfalls ein gutes Stück im Hangenden der Eruptivgesteins-
stufe. (Die Südgrenze des Melaphyres ist zwischen Rosenthal
und Schönau auf der Exkursionskarte um 1'!/a km von ihrem
wirklichen Verlauf entfernt eingetragen, während BeyricHas An-
gabe sich als richtig erweist.)
Der Hauptmannsdorfer Kalk, also der dritte Horizont,
liest, wie dies schon BEYrıcH dargestellt hat, dicht im Liegenden
des kleinstückigen Konglomerates. Dieselbe Lagerung hat einer-
seits der Kalk von Ober-Rathen, andererseits derjenige von Halb-
stadt und der Kalk nördlich von den Friedländer Scheunen.
Alle diese gehören also demselben dritten Horizont an, der das
hangendste Glied des Mittelrotliegenden bildet. Auf eine kurze
Strecke keilt sich bekanntlich bei Märzdorf und Weckersdorf das
kleinstückige Konglomerat aus ') (vgl. BevrıcHs Karte), der Kalk
aber tritt zwischen diesen beiden Dörfern noch einmal auf, und
kann uns so dazu dienen, die hangende Grenze des Mittelrotliegen-
den noch an einem Zwischenpunkt genau festzulegen.
Auch der Trautliebersdorfer (vierte) Kalkhorizont läßt
sich fast durch das ganze, Braunauer Land verfolgen. Hier
müssen wir uns jedoch erst einmal die petrographische Eigenheit
dieses Kalkes klar machen. Bei Trautliebersdorf selbst ist es
zwar z. T. ein reiner, schwach dolomitischer Kalkstein, an dem
nur einzelne schwarze Hornsteinknollen auffallen. Stellenweise
schon hier und mehr noch bei Rosenau nimmt der Kalk jedoch
Sand und Gerölle auf und geht in einen Kalksandstein, resp. in
ein Konglomerat mit Kalkzement über, welches nach gefälliger
Mitteilung von Herrn E. ZımmErMmannN der dolomitischen Arkose im
Koburger Keuper petrographisch sehr ähnlich ist. Nur hier und
da treten in diesem Gestein einzelne geröllfreie Partien als Nester
reinen Kalksandsteins hervor. Mit diesem Charakter, als dolo-
mitische Arkose mit Kalknestern, laufen nun die Trautliebers-
dorfer Schichten, immer im Hangenden des kleinstückigen
(„Oberen“) Konglomerates einen Steilrand bildend, nach Südwesten
bis an den Schlegelhof westlich von Braunau. Hier, wo das
kleinstückige Konglomerat sich auskeilt, verschwinden auch sie,
aber noch auf österreichischem Gebiet, auf der Barzdorfer Höhe,
setzen sie bereits wieder an und bilden das ganze Scheibauer
Plateau, eine flache Spezialmulde, die auf Blatt Wünschelburg
prächtig in die Erscheinung tritt. Auch hier findet man im
Kalksandstein Nester von reinem Kalk und in ihnen gelegentlich
Hornsteinknollen, die jedoch bei Scheibau nicht schwarz, sondern
[72
203
rot gefärbt sind. („Karneolknauern“ DArHks.)
So finden wir im Braunauer Land vier Kalkhorizonte, .die
oberflächlich als Reihen in gleichem Niveau liegender Kalklinsen
sich geltend machen:
1. Den Braunauer Kalk. Roter oder graubrauner Plattenkalk
mit Fischresten und Koprolithen, im Hangenden begleitet
von einem schuttigen Konglomerat mit grünen Jaspisbrocken.
Im liegenden Teil der nachporphyrischen Sedimente des
Mittelrotliegenden.
Gegenwärtige und frühere Abbaupunkte: Neudorf, Ruppers-
dorf, Heinzendorf, Ölberg, Hermsdorf, Baier-Mühle.
2. Den Ottendorfer Kalk. Sehr dünnplattig, schwarz und
stark bituminös. Nur im Südosten entwickelt und dem
mittleren Teil der mittelrotliegenden Sedimentstufe an-
gehörend.
Abbaupunkte: Reichenforst, Hof Scheidewinkel, Otten-
dorf, Lederhose.
. Den Hauptmannsdorfer Kalk. Petrographisch dem Braun-
auer ähnlich,- aber weniger plattig und, soviel mir bekannt
ist, Tossilfrei.
Abbaupunkte: Friedländer Scheunen, Halbstadt, Haupt-
mannsdorf, Märzdorf, Oberrathen.
4. Den Trautliebersdorfer Kalk. Abbauwürdig nur bei Traut-
liebersdorf, als dolomitische Arkose mit Nestern reinen,
schwach dolomitischen Kalkes nachweisbar bis zum Schlegel-
hof bei Braunau und weiterhin von der Barzdorfer Höhe
an nach Südwesten. |
SV)
89. Ein Beitrag zur Kenntnis des Myliobatiden-
Gebisses. |
Von Herrn ERNST STROMER.
Hierzu 3 Textfig.
München, den 16. Dezember 1904.
Bei der Bearbeitung von eocänen Kauplatten von Mylio-
batiden!) suchte ich durch Mitverwertung von rezentem Material
über ihre systematisch wichtigen Merkmale Klarheit zu gewinnen,
konnte leider aber nur wenige rezente Stücke erhalten. Durch
die Güte von Herrn Professor R. Burckuarp'r in Basel bekam
ich nun nachträglich aus seiner Privatsammlung ein Gebiß eines
Myliobatis bovina Georr. St. Hilaire, das von einem etwa
!) Diese Zeitschr. 56. 1904. S. 249 ff.
204
5 m breiten Exemplar stammt, und eine kleine untere Kauplatte
eines
eben ausgeschlüpften
Aetobatıs narinari Euphrasen sp.
(Fig. 3), und glaube auf Grund dieser Stücke einige nicht un-
wichtige Nachträge zu meinen erwähnten Ausführungen machen
zu können.
Das erste Gebiß, von dem nur der linguale Teil der oberen
und unteren Kauplatte in natürlicher Größe abgebildet ist (Fig. 1
und 2), zeigt folgende Maße in Millimetern:
Mittelzahn
lang | dick
unten vorn*) | 46 | 4,8
„, shinten. 45 4
oben vorn*) |61,5| 4,9
shintenz2 0602.45
*) Anm.:! Hinter dem abgekauten Teil gemessen.
Verhältnis
der
Lge. z.Dicke
Innerster
Seitenzahn
lang | dick
6 S
5 A
5,8 | 6,8
6 | 6,8
Verhältnis
der
Dicke z.Lge.
reihen
y transversal ||
72 je:
15 as
80 101
805 [10,5
Kauplatte | Die Seiten- ||
11,5 |
205
Die untere Kauplatte ist nicht hoch und fast ganz flach,
die obere ist transversal auch kaum, linguo-labial aber stark gewölbt;
sie gleicht, abgesehen von der Wölbung, so sehr der fossilen
Kauplatte von Mylibatis Testae PrıLıper‘), daß die Annahme
einer spezifischen Identität nahe liegt.
Zunächst wird durch die Maße bestätigt, was ich a. a. O.
über die Größenverhältnisse der unteren zur oberen Kauplatte und der
betreffenden Zähne bemerkte, und weiterhin, daß sich die Form
und Größe der Seitenzähne im Laufe des Wachstums nur wenig
ändern, wovon es aber Ausnahmen gibt, wie eine von NÖöTLIng ?)
abgebildete fossile Kauplatte beweist. Interessant ist, daß bei
meinem großen Exemplar unten wie oben die zuletzt gebildeten
Zähne nicht größer, sondern fast alle etwas kleiner sind als die
vorderen älteren Zälıne. Daher laufen, wie IsseL?) richtig be-
merkte, die Seitenränder der Kauplatten einander parallel und
könnten sogar bei noch höherem Lebensalter nach vorn zu
konvergieren.
Recht bemerkenswert ist ferner, daß unten wie oben die
Grenzen der Mittelzähne mehr oder weniger deutlich nach vorn
. konvex sind, also wie bei Aötobatis (Fig. 3), während sie bei
Mylkobatis meistens nach hinten konvex oder ziemlich gerade sind.‘)
Fig. 3.
Endlich ist noch die Aufmerksamkeit darauf zu richten,
daß unten links die Zähne der zwei äußeren Seitenreihen
innig verschmolzen sind, wie aus der Form und Größe der-
!) Palaeontographica 1. 1851, S. 25, t. 2, f. 8.
?) Abhandl. z. geol. Spez.-Karte von Preußen, 6. H. 3. Berlin
1885. Atlasıt: 2, f. 1.
*) Annali Mus. civ. stor. nat. Genova 10. 1877, S. 115.
*) Anm.: Auch eine große obere Kauplatte aus der Molasse von
Herault, in Gervais: Zool. et Paleont. francaises 3. Paris 1848—52,
Atlas t. 80 f. 4 abgebildet, hat nach vorn konvexe Mittelzähne.
206
selben auf der rechten Seite hervorgeht und daß oben jeder-
seits nur zwei Seitenreihen sind, wahrscheinlich weil die innerste
Reihe jederseits mit den. Mittelzähnen verschmolzen ist, worauf
deren auffällig große Länge und eine rechts befindliche Furche,
wohl die ursprüngliche Grenze andeutend, schließen läßt.
Es sind. übrigens diese Verhältnisse oben wie unten am
vordersten Teile der Kauplatten und am jüngsten hintersten
ganz gleichartig zu sehen.
Ein unterer linker Außenzalın, den ich von dem abgekauten
Teile abtrennte, zeigt gar keine äußeren Verwachsungsspuren,
und auch ein Dünnschliff durch die Krone parallel zur Oberfläche
läßt nur die normale Struktur des Myliobatrs-Zahnes erkennen,
keinerlei Andeutung einer Verkittung oder auch nur eine Un-
regelmäßigkeit an der vermuteten Grenze. An der Basis sind
übrigens sechs parallele Wurzelleisten vorhanden, von welchen
die innerste etwas, die äußerste stark verdickt ist. Man muß
also wohl annehmen, daß die Verwachsung schon vor der Ver-
kalkung stattfand. _ Leider lassen sich ja an dem getrockneten
Exemplar die Zahn-Papillen nicht studieren.
Unter dem großen fossilen Material, das mir vorliegt, finde
ich nun nichts derartiges, wohl aber hat A. Smiru WoopwarD
Verwachsungen von Zähnen zweier Seitenreihen schon an einer
gewaltigen oberen Kauplatte eines Mwyliobatıs Pentoni vom
Mokattam in Ägypten festgestellt!). und darnach wäre sie auch
an einer zur gleichen Art gehörigen mittelgroßen unteren Kau-
platte von ebendaher (Münchener Sammlung) vorhanden, weil hier
die leider nur einseitig allein erhaltenen innersten Seitenzähne so groß
wie jene verwachsenen sind. Auch ist anzunehmen, daß an der
großen oberen Kauplatte von Mylobatis gıgas, die Leipy?).
abbildet, auf einer Seite die Zähne der innersten zwei Seiten-
reihen verschmolzen sind.
Umgekehrt wie in diesen Fällen, welche man übrigens fast
alle als Alterserscheinungen auffassen könnte, ist an der Kauplatte
des jungen Adtobatıs (Fig. 3, in doppelter Größe gezeichnet)
mitten in der Reihe der regulären Zähne links an zwei Zähnen
je ein schräg fünfeckiges Zähnchen abgegliedert.
Diese Fälle lassen sich natürlich alle für die Conerescenz-
theorie verwerten, im Spezialfalle natürlich als Hinweise auf die
Entwicklung von Adtobatis-Gebissen aus Mylvobatıs-artigen durch
Verschmelzung der Seitenzähnchen mit den nach vorn konvexen
1) Proceed. zool. Soc., London 1893 S. 558, 559, t. 48 £. 1.
?) Journ. Acad. nat. Sci., Philadelphia (2) 3. 1874—1SST, S. 241,
t. 88 SA.
207
langen Mittelzähnen.') TREUENFELS?) hatte bei seinen mikroskopischen
und ontogenetischen Untersuchungen des Gebisses von Mylkobates
agudla nichts gefunden, was für Concrescenz spräche, und ich
möchte natürlich auf Grund meiner Befunde keineswegs für die
alte Theorie eintreten, als entspräche jede der Pulparöhren mit
ihrem Dentinmantel einem Einzelzähnchen.°) Denn es liegen ja
nur Anzeichen vor für die Verschmelzung von Zähnen, die schon
ursprünglich sehr viele solcher Röhren enthielten. Aber die Ver-
schmelzung muß in diesen Fällen so innig sein, daß sie sich
nicht etwa vergleichen läßt mit der von Boas*) so genau be-
schriebenen Bildung der Scariden-Gebisse durch Verkittung von
Zähnchen durch eine Zementmasse. Es lassen sich also die be-
schriebenen Fälle doch wohl als Beispiele heranziehen bei solchen
Theorien, wie sie’) aufgestellt wurden, um die großen Zähne der
Cochliodonten durch Verschmelzung Cestracion-ähnlicher Zähnchen
zu erklären. Doch muß betont werden, daß es sich hier um die
Verschmelzung von nebeneinander liegenden Zähnen, also je einer
Generation, dort vor allem um die vermutete Verwachsung der
Zähne einer Querreihe, demnach aufeinander folgender Generationen
handelt.
36. Kantengeschiebe aus dem Warmbrunner Tal.
Von Herrn O. VORWERG.
Hierzu Kie’ I u 2
Ober-Herischdorf, den 24. Dezember 1904.
Die Protokollnotiz auf S. 168 ergänze ich hier durch fol-
gendes. Am 13. April 1897 las ich in der Ziegeleigrube west-
lich Voigtsdorf, 2 km nördlich Bahnhof Hermsdorf u./K. (Riesen-
gebirge) aus einem Häufchen aus dem Geschiebelehm heraus-
!) An der oberen Kauplatte einer rezenten Rhinoptera marginat«
CuVIER und Rh. jussieui CUVIER sind einseitig mehrere Querreihen
kurzer sechseckiger Zähne statt einer normalen Querreihe langer Zähne
beobachtet worden, was auch als atavistisch gedeutet werden könnte,
(Owen: Odontography, London 1840, t. 25, f£ 2 und A. SMITH
WOODWARD, Ann. a. Mag. nat. Hist., London 1888, S. 281—283, f. 1.)
?) Die Zähne von Myliobatis aquila, Inaug. Diss., Breslau 1896.
2) Siehe JAEKEL, Sitz.-Ber. Ges. naturf. Freunde, Berlin 1894,
S- 146 ff. »
*) Zeitschr. f. wissensch. Zool., 32. Leipzig 1879, S. 1S9 ff.
5) Von A. SMiTH WOODWARD, Nat. Science, 1. London 1892,
5,612 ma 1.
208
gearbeiteter nordischer und nördlicher Geschiebe ein aus dunkel-
gelblichgrauem Feuerstein bestehendes Geschiebe auf, das auf
den ersten Blick das eine Ende eines quer durchbrochenen Beils
oder Hammers zu sein schien, das noch durch Gletschertransport
gelitten hätte.
Nähere Betrachtung ergab jedoch folgendes: Die Gestalt
im ganzen entsprach keiner der mir bis dahin bekannt ge-
wordenen Werkzeugtypen. Die z. T. gradlinig verlaufenden
Kanten waren nicht durch Schläge (Schlagmarken) hergestellt,
sondern einfach die etwas beriebenen Kanten der Flächen. Die
an dem Stück zerstreut vorhandenen Schlagmarken von Millimeter
bis 5 cm Größe befanden sich sozusagen au den unrechten
Stellen, waren an der eigenartigen Gestalt des Stückes unschuldig
und verunstalteten vielmehr diese. Dagegen zeigte das Stück.
dessen größte Abmessungen in den drei Dimensionen in cm sind:
Länge 9, Breite 6, Dicke 4 — symmetrisch erscheinende Flächen-
paare, von denen die schmaleren Seitenflächen ungefähr 6 cm
vor der beschädigt erscheinenden Spitze ‘des Stücks in einer
Kante. sich schneiden würden. Die Flächen sind nicht eben oder
stetig, wie geschliffene Flächen, sondern von unregelmäßiger
(mehrfacher) Krümmung und noch mit unregelmäßigen Hervor-
ragungen besetzt. Dieses Ganze ist fein poliert, abgesehen von
209
einigen, offenbar späteren Schlagmarken und einem kleinen Patina-
Heck. Die kürzere der beiden breiten Flächen, Fig. 2, zeigt
außerdem ungefähr in der Längsrichtung verlaufende Kritzen, die
ungefähr an Gletscherschrammen gemahnen.
Auf die Entstehung der Flächen scheint ein Sprung Licht
zu werfen, Fig. 1 oben, der zunächst von der Spitze ersichtlich
parallel der betreffenden Seitenfläche verläuft (um dann in die
breite Fläche, Fig. 1, hineinzugreifen) also anscheinend ganz
segen die Natur der muscheligen Brüche des Feuersteins. Hier-
nach scheint es zunächst, als ob der Feuerstein unter gewissen
noch näher aufzuklärenden mechanischen Bedingungen auch noch
anders brechen könnte, als nur muschelig. Vielleicht aber sind
diese Brüche doch nur Teile von muscheligen Brüchen von
sroßem Durchmesser und vielleicht hängt dessen Größe auch von
der Breite der Angriffsfläche des Stoßes ab. Bei genügendem
Material müßte sich dies leicht durchexperimentieren lassen.
Nach alledem hielt ich das Stück für ein sonderbar ge-
staltetes Gletschergeschiebe.
Die Veröffentlichungen über Fazettengeschiebe von Kokkn-
NÖTLING und JoHNSEN erinnerten mich wieder an das Stück und,
nachdem Herr Dr. Hanne bei Gelegenheit seines Vortrages über
das Eolithenproblem in der anthropologischen Abteilung der
Naturforscherversammlung in Breslau als seine bestimmte Über-
zeugung ausgesprochen hatte, dab das Stück kein Kunstprodukt
sei, glaubte ich es als hiesiges Belägstück für die von Herrn
Hofrat NörrLıns in seinem Vortrage in Breslau vorgebrachte
Theorie erwähnen zu dürfen.
Aus dem Vortrage des Herrn Dr. Hanne wurde ich außer-
dem auf die Erscheinungen bestimmter aufmerksam, die er als
Druckerscheinungen an Feuersteinen bezeichnete, die Stufen-
brüche. Vielleicht werden sie sich mit der vorhin erwähnten
Flächenherstellung als zu derselben Art von Vorgängen gehörig,
herausstellen. Da das Wort: Druck, der Statik angehört,
würde hier vielleicht das Wort: Pressung, noch geeigneter sein.
Ferner würde ein reineres Wort als: Fazettengeschiebe,
sprachlich schöner klingen. Bis der Hergang restlos aufgeklärt
sein wird, könnte man es wohl bei: Kantengeschiebe, bewenden
lassen und allenfalls sich vorläufig damit behelfen Wüstenkanter
und Gletscherkanter zu unterscheiden.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 1904. 14
210
37. Das Bruchgebiet des böhmischen Anteils der
Mittelsudeten westlich des Neissegrabens.
Von Herrn W. PETRASCHECK.
Wien, den 24. Dezember 1904.
Hierzu Taf. XXXV u. 4 Textfig.
Es ist in der letzten Zeit wiederholt der Versuch unter-
nommen worden, in tektonischen Skizzen das Bruchnetz der
Mittelsudeten zu entwerfen. Teils geschah dies im Rahmen
größerer zusammenfassender Darstellungen [F. E. Suzss')], teils
im Anschluß an die Behandlung kleinerer Gebiete [F. Freca?)
und K. Freger?). Man hat, noch ehe die gesamten Sudeten
eingehend untersucht wurden, über ihren Bau zu diskutieren be-
sonnen. Da dies nun einmal geschehen ist und da in allen
bisherigen Skizzen der böhmische Anteil der Sudeten in einer dem
heutigen Stande unserer Kenntnis kaum genügenden Weise dargestellt
worden ist, soll wenigstens für einen z. Z. relativ gut bekannten
Teil dieser Versuch wiederholt werden, obwohl vorauszusehen ist,
daß er in einzelnen Punkten noch sehr der Ergänzung bedarf.
Das preußische Gebiet auf unserer Kartenskizze ist im wesent-
lichen nach den Aufnahmen Lerppras und DaArHzs sowie nach
der alten Karte von BEyrica, RoTH, Rose und RungE gezeichnet.
Die Darstellung des österreichischen Areals beruht dagegen auf
den Originalen der ersten Aufnahme der K. K. geologischen
Reichsanstalt (Wour, LıpoLp, JoKELY, Porta und PaAur), auf
den später erfolgten, ebenfalls in der Kartensammlung der K. K.
geol. R.-A. aufbewahrten Revisionsarbeiten SCHLÖNBACHS sowie
auf der neuen Aufnahme von TietzEe in der Gegend von
Landskron und Gewitsch, endlich auf meinen eigenen Kartierungen
bei Josefstadt, Nachod und Trautenau, sowie auf Erfahrungen,
die bei Bereisung der sudetischen Kreidedistrikte gesammelt
wurden.
Das Gerippe unserer Kartenskizze wurde F. v. HAuErs
geologischer Übersichtskarte von Österreich-Ungarn entnommen,
sodaß als geologische Grundlage für das Bruchnetz diese Karte
benutzt werden kann. Sie war in diesem Falle u. a. deswegen
der Karte von Lersıus vorzuziehen, weil in dieser die unrichtige
‘) Bau und Bild der böhmischen Masse. Wien 1903.
?) Über den Bau der schlesischen Gebirge. HETTNERS geogr.
Zeitschr. 8. 1902 S. 558.
°) Heuscheuer und Adersbach - Weckelsdorf. S.-A. aus: Zur
Geologie des böhm.-schles. Grenzgebirges. Breslau 1904.
211
Zusammenfassung der Kreide ein falsches tektonisches Bild zu
geben geeignet ist.
Während man vorläufig mit gewisser Berechtigung darüber
streiten kann, ob auf der schlesischen Seite ein sudetischer
Randbruch vorhanden ist, wie im Gegensatz zu DATHE von
E. Susss, Frech, F. E. Suess und FLEGEL angenommen wird,
werden auf der böhmischen Seite die Sudeten in ihrer ganzen
Erstreckung von einer Bruchlinie begleitet. Dieser innere Rand-
bruch ist die unmittelbare Fortsetzung der Lausitzer Haupt-
verwerfung. Er läßt sich mit kleinen Unterbrechungen, die nichts
anderes als Ablösungen eines Bruches durch den nächsten sind,
bis in das Bruchgebiet der „Boskowitzer Furche“ verfolgen.
F. E. Suwsss hat für den nördlichen Abschnitt dieses Rand-
bruches den nicht gerade glücklich gewählten Namen „Elbebruch“
in Anwendung gebracht. Die Überschiebung von Hohenstein
weicht allmählich einer Flexur, die bis über Eisenstadtl hinaus
zu verfolgen ist. In geradliniger Fortsetzung setzt bald darauf
die Verwerfung des Chlumberges nördlich von Horitz auf. Als
langgestreckter waldiger Bergrücken, der aus den Sandsteinen des
Cenoman gebildet wird, hebt sich dieser Bruch in der Landschaft
auffällig hervor. Zwei Täler, die ibn verqueren, entblößen
Plyllite und Talkschiefer des Grundgebirges, dessen Aufbrüche
hier am weitesten gegen das Innere der ostböhmischen Kreide-
mulde vorgeschoben sind. Rotliegendes fehlt hier. Der Ver-
werfung des Chlumberges nördlich vorgelagert ist die von mittel-
turonen Kreidemergeln erfüllte Mulde von Miletin, die sich an
einen anderen höheren Grundgebirgsaufbruch, der ebenfalls durch
einen Verwurf gleicher Richtung (Switschin-Bruch) bedingt ist.
anlehnt. Beide Verwerfungen sind schon lange bekannt und
werden auch von Krescı!) besprochen.
Bemerkenswert ist, daß an dem Chlumberg-Bruche, ebenso
wie am Switschin-Bruche sowie den kleineren diesem letzteren
vorliegenden Verwürfen stets der sudetische Teil im Vergleich
zum böhmischen als der abgesunkene zu betrachten ist. Es
liegen also Staffelbrüche mit gegen die Sudeten gerichtetem
Absinken vor. Ob zwischen den beiden Brüchen (vom Chlum-
berg und vom Switschin) etwa noch ein dritter, von viel geringerer
Sprunghöhe, aber entgegengesetztem, also böhmischen Absinken
liegt, ist z. Z. noch nicht bekannt. Es könnte ein solcher
Bruch zwischen dem CGenoman-Quader und den turonen Pläner-
mergeln liegen. Das Cenoman selbst fällt nach den Darstellungen
1) Archiv f. d. naturwiss. Landesdurchforschung von Böhmen 1.
8. 169. Sein Profil f. 6 auf S. 15 ist nur annähernd richtig.
14*
212
Joxerys!) und Karzers?) flach von seiner Unterlage ab. Die.
Verbindung des Chlumberg-Bruches mit dem, sich aus der Gegend
von Eisenstadt] nach NW erstreckenden Randbruche ist ebenso-
wenig bekannt, wie die Verbindung gegen SO, wo die lange sich
vom Moorbade Welchow (westlich Josefstadt) über Libritz bis
jenseits der wilden Adler bei Üastolowitz erstreckenden Dislo-
kation aufsetzt. Diese letztere stellt das lang vermißte Binde-
glied zwischen der Boskowitzer Furche und dem nördlichen
Abschnitte des inneren Randbruches dar. Bei Welchow und bei
Libritz konnte ich deutlich das Vorhandensein eines Bruches (keiner
Flexur wie später) konstatieren. NachS bez. SW abwärts geschleppte
Labiatus-Pläner stoßen gegen jüngere Kreidemergel ab.°) Bis an den
Goldbach ließ sich diese Verwerfung, die sich auch im Gelände
als niedriger Steilhang repräsentiert, verfolgen. Unzweifelhaft
aber streicht sie, wie das Terrain und die alten Karten lehren,
in der angedeuteten Weise noch weiter nach Süden fort. In
diesem Welchow-Castolowitzer Bruche beginnt sich die allmähliche
Umbeugung nach S zu vollziehen. Vielleicht schart sich mit
ihm ein anderer, von mir bei Opocno konstatierter, N-S streichender
Bruch. Ist hier wieder der böhmische Teil der gesunkene, so
ändert sich dieses Verhältnis nunmehr definitiv an der jetzt ein-
setzenden Pottensteiner Dislokation. Schon von PAaur*) gekannt,
wurde sie neuerlich von HınTERLECHNER?) zum Gegenstande ein-
gehenderer Untersuchung gemacht. Steil ist an der NO-Seite
des Pottensteiner Granits der Pläner aufgeschleppt. Im Granit
selbst vermutet HINTERLECHNER einen Parallelbruch. Fast gleich-
zeitig mit derjenigen von Pottenstein setzt eine zweite Störung
auf, die ebenfalls schon von PauL) und auch vonKrescı‘) und FricC°)
gekannt wurde. Jedoch sind die Profile letztgenannter Autoren, die
alle einen Bruch annehmen, nach den neuen Untersuchungen
Tıetzes®) nicht ganz richtig. Es soll vielmehr eine Flexur vor-
liegen. Dieselbe begleitet, den Westhang bildend, das Trebowka-
Tal nach Süden, nimmt bei Zwittau vorübergehend an der Bildung
der europäischen Wasserscheide teil und läßt, wie man aus
Tıerzes Schilderungen entnehmen kann, ihre Spuren bis zur
!) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 12. 1861/62 S. 389.
2); Verh..d.,.ks.k.{geol. .R.-A.. 19048 218r
®) Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1901 S. 407.
*) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 13. 1863 S. 451.
°) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 50. 1900 S. 593.
BHO SE
1, 9.280:8: 150:
®) Archiv f. d. naturw. Landesdurchforsch. v. Böhmen.
Schichten S. 62.
°) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 51. 1901. S. 526.
Iser
ou
213
Ortschaft Pohler westlich von Krönau verfolgen. Hier nähert
sich diese Störungslinie schon dem Rande der Boskowitzer Furche,
in deren Wirkungsbereich sie gehört und deren südliche Fort-
setzung weiterhin die Ostgrenze der böhmischen Masse bildet.
Südlich und westlich von den Teilstücken der soeben be-
schriebenen Linie liegt die Kreide ruhig und ungestört. Sie
bildet eine weite, sich nach SO verengende und ansteigende Mulde,
deren Achse nach den alten Aufnahmen in der teilweise auch
von FrecH angegebenen Richtung Neu Bidschov, Holitz, Hohen-
mauth, Leitomischel verläuft. Die älteren Schichten, die jenseits
der Muldenachse der Reihe nach emportauchen, haben gegen das
Eisengebirge hin eine Denudationsgrenze. Erst südwestlich vom
Eisengebirge trifft man wieder einen bedeutenden Verwurf.
Durch die neuen Aufnahmen von Tausch !) und von Tierze’)
ist die eigentümliche, von Rotliegendem erfüllte Depression, die
von Tıetze „Boskowitzer Furche* genannt wurde, gut bekannt
geworden, nachdem E, Surss°) schon lange vorher auf die Be-
deutung hingewiesen hatte, die dieser Linie als Scheide zwischen
den Sudeten und der böhmischen Masse zukommt. FLEGEL ver-
wendet in seiner Karte, die auch Frecm seiner Schrift über
Reinerz*) einfügt, für diese Furche die Bezeichnung „Landskroner
Horst“, eine durchaus falsche Benennung, die auf das deutlichste
die Unkenntnis der eingehenden Erörterungen von Tıerrzz und
F. E. Sugss erkennen läßt. Nur wenn man lediglich Übersichts-
karten kleinen Maßstabes, wie die von Hauer oder Lersıus, zu
Rate zieht, könnte man zu der Ansicht kommen, daß in der
Boskowitzer Furche eine den Buntsandstein-Horsten des Muschel-
kalkes von Thüringen nicht unähnliche Depression vorliegt. Der
von FLEGEL eingezeichnete westliche Bruch besteht gar nicht.
Es liest dort vielmehr die Kreide dem Rotliegenden ungestört
auf. Ein alter Erosionsrand begrenzt die Furche im Westen.
Tırrze führt die Boskowitzer Furche auf Faltungen der Kreide
zurück. Das Gelände läßt aber doch mehr auf Flexuren, an
denen es auch zu Brüchen gekommen ist, als auf eigentliche
Falten schließen. Flach fällt die Kreidetafel vom Rande der
Furche nach West ein, steil aufgerichtet sind ihre Schichten an
der Störungslinie, die sie im Osten begrenzt. An dieser be-
gegnete Paur bei Rothwasser fast saigere Kreideschichten, über-
Y) Blatt Boskowitz-Blansko, Wien 1898 u. Jahrb. d. k. k. geol.
R.-A. 45. 1895 S. 367.
2, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 51. 1901 S. 817 n. Blatt Lands-
kron-Mähr. Trübau der geol. Spezialkarte.
®, Entstehung der Alpen. Wien 1875 S. 68.
*) Reinerz, das Centrum der Glatzer Mineralquellen. Reinerz, 1904.
214
kippt sind sie im Tale bei Lititz. Ob ähnliche Überkippungen
an den Stellen vorliegen können, wo TıerzEe den Pläner gegen
das Rotliegende der Furche fallen sah, läßt sich aus seinen Be-
schreibungen nicht entnehmen. TıeTze sieht in dem Plänerkamme,
der die Störungslinie im Osten der Furche begleitet, eine Anti-
klinale, von der aber immer nur ein Flügel, bald der westliche,
bald der östliche erhalten ist.
Die lange, aus der Gegend von Lititz kommende, die Furche
im Osten begrenzende Verwerfung biegt bei Mährisch Trübaw
stärker nach Osten und scheint bald ein Ende zu erreichen.
Abgelöst wird sie durch eine andere, die das Tal von Krönau,
die eigentliche Boskowitzer Furche im Gegensatz zur östlich davon
liegenden Kleinen Hanna, erzeugt. Gerade in dem südlich von
Krönau gelegenen Abschnitt fügen sich aber nicht alle Er-
scheinungen leicht der Annahme von Flexuren und Brüchen. Die
von Tıerze in der Mitte der Furche nachgewiesenen Kreidereste
müssen, wenn man Brüche an Stelle von Falten zur Erklärung
der Verhältnisse heranzieht, als Grabeneinsenkungen aufgefaßt
werden. Ein Profil durch die Furche unter Zugrundelegung der
Karte Tıertzes gibt Fig. 1 (S. 215).
Staffelbrüche bez. Flexuren, bei denen der sudetische Teil
der (relativ) gesunkene ist, begleiten somit unserer Auffassung nach
den Rand der Sudeten!) im Gebiete der Boskowitzer Furche
gerade so, wie es schon oben aus der Gegend von Horitz er-
wähnt wurde und in dem schematischen Profil Krescıs?) zum
Ausdruck kommt. Dort werden widerstandsfähigere ältere Schiefer-
gesteine am Bruche herausgehoben und nach Abtragung der Kreide-
decke bloßgelegt, sodaß es nicht wie im Gebiete der weichen
Sandsteine und Schiefer sowie mürben Konglomerate der Rot-
liegenden in der Boskowitzer Furche zur Ausbildung einer De-
pression kommen konnte, Es blieben die durch die Verwürfe
erzeugten Höhenzüge erhalten.
Augenfällig bringt die Karte diese Staffelbrüche in der
Gegend von Pottenstein zum Ausdruck. In fast paralleler
Richtung folgen sich hier die Wildenschwerter Flexur, der
Pottensteiner Bruch, an dem der Granit und etwas Perm heraus-
kommt, dann der Hauptbruch der Boskowitzer Furche, der
'!) Es muß noch eingeschaltet werden, daß der die Boskowitzer
Furche bildende Hauptbruch nicht überall die Grenze von Rotliegendem
und Kreide bildet. Zwischen Geiersberg und Rothwasser liest er in
der Kreide selbst und bringt einen schmalen Streifen des alten Grund-
gebirges hervor.
R Archiv f. d. naturwissensch. Landesdurchforsch. v. Böhmen. 1.
0 ON BL.
>
ed
21
ZebovkaThal
Bohm.Büban Boskowitzer Purche Jandskron
es Il,
Gl. Glimmerschiefer — R. Rotliegendes — €. Korycaner Schichten (Cenoman) 2.
P. Weissenberger Pläner (Unt. Turon) — J. S. Iser Schichten — M. Mioecäner Tegel.
KontgreichWald
Fig. 2.
T. Mittelturoner Plänermergel — P. Weissenberger Pläner — ©. Cenomane Quader —
R. Rotliegendes -—- Ph. Phyllit, Talkschiefer u. Grünschiefer.
216
wiederum Perm und Granit an die Oberfläche bringt, und
endlich der Javornier Bruch. Erst jenseits des letzteren folgt
der vielfach ausgebuchtete und von Erosionslappen begleitete
Denudationsrand der Kreide. Frese hält es für möglich, daß
dieser letztere eine Verwerfung sei, denn er verzeichnet längs
des ganzen Kreiderandes einen „nicht ganz sicher konstatierten
Bruch.“ Ein Blick auf die geologischen Karten lehrt, daß dies
ungerechtfertigt ist. Überdies ist bereits von Tırrz& !) für die
Gegend von Landskron hervorgehoben worden, daß gerade an
dieser Denudationsgrenze die für solche charakteristischen
Phänomene besonders deutlich zum Ausdruck kommen.
Eingehend habe ich die den Rand der Sudeten begleitenden
Staffelbrüche innerhalb der Kreide bei Königinhof studiert.
Das in fast NS-Richtung gelegte Profil Fig. 2 (Längen-Maßstab
1:112000), zu dessen Konstruktion einige tiefe Brunnenbohrungen
verwertet werden konnten, illustriert die Verhältnisse.
Der südlichste Bruch des Profils ist die lange Welchov-
Castolowitzer Verwerfung mit ihrem südwärts gerichteten Ab-
sinken. Ihr parallel streicht durch das Moorbad Welchov ein
kurzer Bruch, an dem bereits der andere Flügel der gesunkene
ist. Die beiden Dislokationen am Rande des Eilbtales bei
Schurz gehören der Switschinlinie an. Ganz ähnlich scheinen
auch weiter nördlich in dem breiten, bis nach Freiheit reichenden
Ausstrich des Rotliegenden Brüche mit nördlichem Absinken
aufzusetzen. Ich habe aber die Aufnahmen daselbst noch nicht
abgeschlossen, sodaß das Profil nicht bis an den Fuß des
Riesengebirges verlängert werden konnte. Ob dieses Rotliegende
in seiner ganzen Erstreckung mit einer Verwerfung gegen das
Riesengebirge grenzt, läßt sich heute noch nicht sagen. Zwischen
Freiheit und Trautenbach ist eine solche vorhanden, auch bei
Starkenbach ist solches höchst wahrscheinlich.
Daß es innerhalb des Rotliegenden nicht an intensiven
Störungen fehlt, zeigen vor allem die Profile Jokerys. Seine
Aufzeichnungen reichen aber noch nicht aus, um die Ver-
werfungen in unsere Skizze eintragen zu können. Eine schon
von PoraX”?) erwähnte Hebungslinie ist durch die verdienstvollen
neuen Mitteilungen Karzers°?) genauer bekannt geworden. Sie
setzt mit O—W Streichen südlich von Semil auf. Auch an
ihr ist der Nordflügel der gesunkene. In der Verlängerung
dieser Bruchlinie verzeichnet JorstLy eine Mulde mit steilen’
Rändern, erfüllt von der jüngsten seiner Rotliegend-Stufen.
2: 2.0978. .66B:
?) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 9. 1858 S. 243.
°) Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1904 $. 152.
|
217
- In den mächtigen Rotliegend Konglomeraten, wie sie nörd-
lich von Nachod verbreitet sind, ist es sehr schwer, die Bruch-
linien zu verfolgen. Eine schon von ZoBEL und Carnau!) be-
obachtete Störungszone streicht vom Bade Belowes bei Nachod
auf Rotlkosteletz zu. Das Erdbeben von Trautenau?) (1883)
zeigte außer zu anderen Brüchen auch zu diesem auffallende
Beziehungen. Eine Reihe kleiner Brüche sind bei Nachod, quer
zur Grenze von Rotliegendem und Phyllit streichend, zu er-
kennen. Einer derselben setzt sich noch auf ziemliche Ent-
fernung in die Kreide hinein fort. Z. T. haben diese Brüche.
wie ich kürzlich ausgeführt habe°), der Entstehung von Säuer-
lingen Anlaß gegeben. Diese Verwerfungen führen hinüber zu
dem eigentümlichen Bruchsystem des Neissegrabens, zu dem der
Graben von Cudowa ein kleineres Analogon, eine Vorbildung
darstellt. Die nordwestliche Fortsetzung dieses Grabens von
Cudowa bildet der lange und schmale Hronov - Parschnitzer
Graben.
Gehörten die oben beschriebenen Staffelbrüche zu den Rand-
bildungen der Sudeten, so liegen in diesen Gräben, die ebenfalls
eine einheitliche Erscheinung sind, intrasudetische Bildungen vor.
Der Neissegraben, dessen Kenntnis im Wesentlichen den Unter-
suchungen Beyriıcas und LeprprLas zu danken ist, mag hier nicht
weiter besprochen werden. Der Graben von Cudowa ist in seinem
nördlichen, in mein Aufnahmegebiet fallenden Teil ein einfacher
breiter Plänergraben. Sein NW-Rand wird durch eine Flexur
gebildet, wie ich kürzlich ausgeführt habe*), und was auch Fig. 3
veranschaulicht (S. 218).
Bemerkenswert ist, dal westlich des Grabens die Kreide
dem KRotliegenden, östlich desselben aber dem Karbon auf-
gelagert ist.
Weiter nach Südem zu, in der Gegend von Lewin, stößt
an den beiden Randverwerfungen des Grabens das Rotliegende
gegen die alten Schiefergesteine ab. Die Mitte des Grabens
nimmt ein ebenfalls eingebrochener Kreidestreifen ein. In der
Fortsetzung dieser Grabeneinsenkung treten noch weiter südlich
eine Anzahl von Rotliegend-Schollen mitten in den Phylliten
und Grünschiefern des Adlergebirges auf. Auch diese sind an
Brüchen in die Tiefe gesunken.
Eine gute Karte der Kreideablagerungen von Cudowa ist
!) KARSTENS Archiv 1832 S. 11.
°) Vergl. LAUBE in Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 33. 1883 S. 331.
°®) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 53. 1903 S. 459.
*) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1904 S. 589.
URL] 'd — gSpuesaouggg ‘sd — Topen‘-uwwousg ') — Sopuasomoy
sErmgoO "TO — FOpussargoy sOrug 'Y'N — USMMPIpS Jozuomopey 'SY
— HISOMALULDFSUIKXIH "V — 9ZO]T IOZYIMopenyog ‘MT -— UOIUDLyIS A9ZAMopeAyagS "Ag
— (00093; T) Aouoaf] Toq uoqıey sep pun uogersopray up yoanp [old
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"IOURIT A — UIogSpuesaguefg sg — TOpenh-uewous) ')
-- SHPUISATJOY SELINQ "NO — UNyarygaS AOzyMopemnypsS "MS — UEFYIIUIS
a1ezeıps 'zS8 — (000511: T) 'eMopng uoA uoqersrourpg Op yaanp [YoAq
‘e 'SLd
TSUISSTDAAP
219
MicHAeL!) zu verdanken. Seine Ausführungen entlialten auch
wichtige Beobachtungen über den westlichen Randbruch des
dortigen Grabens. Die Umbiegung dieses Randbruches aus der
NS-Richtung in eine nordwestliche ist hier sehr auffällig. Sie
wird von dem ganzen Kreidegraben mitgemacht und wiederholt
sich auch in der Schar kleiner Brüche, die westlich des Grabens
in der Kreide aufsetzt, wie überhaupt im Ausstrich der Kreide-
schichten zwischen Königinhof-Nachod und Opocno.
Die Flexur, die den Ostrand des nördlichen Teiles des
Grabens von Cudowa bildet, geht an dem Mettaudurchbruch bei
Hronov, wie WEITHOFER?) hervorgehoben hat, in eine flache Über-
schiebung über. Der westliche Randbruch des Grabens aber bricht
dort jäh aus der NS- in die NW-Richtung um. Der Graben selbst ist
in dieser Zone intensivester Gebirgsbewegung außerordentlich ver-
schmälert, erst in weiterer Fortsetzung verbreitert er sich langsam,
wobei ein Randbruch durch einen zweiten abgelöst wird. Während
im späteren Verlaufe wieder horizontale Plänerschichten die Mitte
des Grabens einnehmen, läßt sich solches in dem stark ver-
schmälerten Abschnitt bei Zbetschnik westlich Hronov nicht kon-
statieren, da in der Mitte des Grabens die Aufschlüsse zu un-
bedeutend sind, um eine Entscheidung zwischen Transversal-
schieferung uud Schichtung im Pläner zuzulassen. Ein Profil
durch den Graben bei Hronoy gibt unsere Fig. 4, (S. 218) zu
dessen Konstruktion Aufschlüsse des Bergbaues und drei Tief-
bohrungen verwendet werden konnten.
Die Kreideschichten, die sich hier dem Strausseney-Hronover
Karbonzuge anlehnen und die somit am Rande der flachen Aders-
bacher Mulde liegen, tragen das Gepräge einstiger Faltung an
sich. Namentlich das Gebirgsstück zwischen Strausseney und
Hronov macht ganz den Eindruck eines schiefen Sattels, während
der schmale Graben von Zbetschnik eine der Fortsetzung dieses
Sattels vorgelagerte Mulde sein könnte. Unsere tektonische Auf-
fassung würde sich namentlich für das Gebiet der Überschiebung
durch Annahme posteretacischer Faltungen, in diesem speziellen
Falle durch Annahme einer Faltenüberschiebung sehr vereinfachen.
Es fehlen aber alle Anzeichen zu einer Überstürzung des Karbons,
welche die Folge solcher Phänomene sein müßte.
Die Überschiebung von Hronov läßt sich als einfacher Ver-
wurf noch weithin verfolgen. Bei Parschnitz treten an ihr zwischen
dem Karbon und dem Rotliegenden schmale Keile des Grund-
gebirges hervor, die schon Beyrıcn gekannt hat und auch von
!) Diese Zeitschr. 1893 S. 195.
?) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 47. 1897 S. 470.
220
rd
Gürıca!) erwähnt werden. Dort, wo diese Bruchlinie an die
alten Schiefer des Rehorns herantritt, biegt sie wieder nach N
um, und es schneiden an ihr erst die Schatzlarer Schichten und
später, bei Kunzendorf, die einst bei Reichhennersdorf in Bau
gewesenen Flöze ab. Der weitere Verlauf dieser Dislokation ist
vorläufig noch unbekannt. Der zweite, den Hronov-Parschnitzer
Kreidegraben erzeugende Bruch ist in der Gegend von Eipel
schon von E. von WARNSDORF”) gekannt worden, aber erst durch
die neuen Aufnahmen in seiner ganzen Erstreckung bis in das
Rotliegende von Trautenau hinein verfolgt worden. Wie und wo
er endet, konnte noch nicht endgültig festgestellt werden.
Innerhalb der kristallinen Schiefergesteine des Riesengebirges
fehlt es zwar nicht an Verwerfungen. wie aus der Arbeit
JOKELYS hervorgeht, seine Karten ermöglichen es aber nicht,
ihren Verlauf festzustellen. Hier, wie in dem Rotliegenden süd-
lich vom Riesengebirge, ist in dieser Hinsicht von der erneuten
geologischen Kartierung noch alles zu erwarten. Für die anderen
Gegenden lassen sich aber doch auch dort, wo die neuen Blätter
noch nicht vorliegen, die wichtigsten Linien schon ziehen, sodaß
hier das tektonische Bild in seinen Grundzügen richtig sein
dürfte.
Zwei Erscheinungen sind im Kartenbilde besonders auffällig
und sollen hier nochmals betont werden: die Richtungsänderung
aus der nordsüdlichen in die nordwestliche, die sich bei den
Randverwerfungen allmählich, bei den intrasudetischen Brüchen aber
oft unvermittelt vollzieht,und die Scharung der Brüche, die den
Neissegraben begleiten, in der Richtung auf die stärkste Störungs-
zone des Gebirges, die Hronover Überschiebung.
Unverkennbar ist die Richtung vieler Brüche in den alten
Falten des Grundgebirges angelegt. Erstere lassen also ein er-
neutes Einsetzen der Kräfte erkennen. die die letzteren erzeugt
haben. Die Diskordanz zwischen Karbon und Rotliegendem bei
Landeshut?) und diejenige zwischen Rotliegendem und Kreide
deuten auf wiederholte voreretacische Gebirgsbewegungen.
Die Mehrzahl der Brüche bildet sich in der älteren Tertiär-
zeit. Zur Miocänzeit war das Bodenrelief schon vielfach dem
heutigen nicht unähnlich. Miocäne Tegel liegen in den Mulden
von Böhmisch Trübau und Landskron, sowie in der Boskowitzer
Furche. Sie reichen, wie Tiıerze ausführt, nahe an deren
'!) Führer in das Riesengebirge $. 112.
?) N. Jahrb. f. Min. 1841, S. 486.
°) HERBING, Uber Steinkohlenformation und Rotliegendes bei
Landeshut etc. Festschrift Breslau 1904, S. 58.
heutigen westlichen Steilrand heran. Die Gründe, welche für
eine oligocäne und voroligocäne Entstehung der postcretacischen
Randbrüche der Sudeten sprechen, habe ich bei anderer Gelegen-
heit schon zusammengestellt.) Es ist Grund für die Annahme
vorhanden, daß die Kreidedecke der Mittelsudeten damals eine
flache Aufwölbung erfahren hat, die von dem staffelförmigen Ab-
sinken der inneren Teile begleitet wurde. Daß diese Absenkungen
sich noch bis in ziemlich junge, vielleicht altdiluviale Zeiten fort-
gesetzt haben, dafür konnte ich kürzlich einen Anhaltspunkt ge-
winnen. Das Aupatal wird zwischen Parschnitz und Böhmisch
Skalitz von einer Reihe von Denudationsrelikten einer alten
140 m über der jetzigen Talsohle liegenden Schotterterrasse be-
gleitet. Ihr Material besteht aus den Gesteinen des Karbon-
rückens und des an seinem Fuße liegenden Kreidegrabens. Gesteine
des Riesengebirges fehlen noch völlig. Die Höhenlage dieser
Lappen weist auf ein, wie es heute noch ist, südwärts gerichtetes
Gefälle hin. Zwischen zwei ganz benachbart, am Steilrande der
Kreidetafel des Königreich Waldes liegenden Lappen ist aber
eine Diskontinuität vorhanden. Es liegt der südlichere Lappen
um 30 m höher als der nördlichere.. Nur eine verhältnismäßig
junge Niveauänderung kann dies erklären.
Es ist endlich noch wahrscheinlich, daß sich in dem be-
handelten Gebiete noch vor der Ablagerung der Kreide, aber nach
der des Rotliegenden, Verwerfungen bildeten, die z. T. denselben
Linien folgten wie die postcretacischen Brüche. Die Boskowitzer
Furche wird von Rotliegendem eingenommen, dem die Kreide auf-
liest. Östlich der Furche liegt die Kreide aber unmittelbar auf
Glimmerschiefern, Phylliten, Kulm etc. Im südlichen Teile der
Furche, wo die Kreidedecke fehlt, ist, wie F. E. Suess?) aus-
führt, deutlich erkennbar, daß eine Verwerfung die Ostgrenze des
Rotliegenden bilde. Es scheint, daß solches auch noch weiter
im Norden der Fall ist und daß die das Rotliegende abschneidende
Verwerfung ganz oder fast ganz mit dem posteretacischen Randbruch
der Boskowitzer Furche zusammenfällt, denn jenseits eines nur
wenige hundert Meter breiten Plänerstreifens sind bei Erlitz und
Rothwasser südlich Geiersberg die Rotliegend-Schichten der Furche
bereits verschwunden. Das mächtige, dem Südfuße des Riesen-
gebirges vorgelagerte Rotliegende endet bei Königinhof unter der
Kreide, nahe an den Verwerfungen, die dort aufsetzen. Jenseits
derselben wurde Rotliegendes in Horitz wieder erbohrt. Das
Einfallen der Schichten im Rotliegenden bei Königinhof ist aber
!) Abhandl. der Isis, Dresden 1901 S. 108.
?\, Bau u. Bild der böhmischen Masse S. 294.
222
gegen S (dem Bruch zu) gewendet.
Nicht unähnlich sind die Verhältnisse in der Elbtalwanne
von Dresden, wo noch nahe an der Lausitzer Hauptverwerfung
unter der Kreide das Rotliegende erbohrt wurde.
Wir haben oben beim Graben von Cudowa darauf hingewiesen,
daß westlich desselben die Kreide auf dem Rotliegenden, östlich
aber auf Karbon und Grundgebirge liegt. Das Gleiche ist bei
der Fortsetzung des Grabens auf Parschnitz zu der Fall}).
Südlich desselben liegt die Kreide dem schwach nordwärts ge-
neigten Ober-Rotliegenden auf. Nördlich desselben lagert sie auf
dem gleichfalls nach N fallenden Ober-Karbon und Unter-Rot-
liegenden. Es muß hier ein bedeutender vorcretacischer Bruch
vorhanden sein, der wahrscheinlich mit der postcretacischen Haupt-
störungslinie, der Überschiebung, zusammenfällt. Geradeso wie
man in anderen Gegenden ein Wiederaufreißen alter Spalten be-
obachtet hat, geradeso haben hier auf denselben Linien wieder-
holt Verschiebungen stattgefunden.
!) Vergl. unser Profil f. 4.
a
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a 5 E
G =
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ei .
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4
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Monatsberichte
der
Deutschen geologischen Gesellschaft.
Verhandlungen.
1. Protokoll der Januar-Sitzung,
Verhandelt Berlin, den 6. Januar 1904.
Vorsitzender: Herr Branco.
Das Protokoll der Dezember-Sitzung wird verlesen und ge-
nehmigt.
Der Vorsitzende teilt hierauf den am 5. Januar in
München erfolgten Tod des kgl. bayrischen Geheimrats Professor
‘ Dr. KARL ALFRED Ritter von ZırreL, Präsidenten der bayrischen
Akademie der Wissenschaften und Generalkonservators der wissen-
schaftlichen Sammlungen des bayrischen Staates, mit und knüpft
daran herzliche Worte der dankbaren Anerkennung und Verehrung
für den Verstorbenen, die in einem besonderen Nachruf diesem
Hefte beigelegt sind. An der Beerdigungsfeier ihres hochverdienten
Mitgliedes wird die Gesellschaft vertreten sein.
Ferner teilt der Vorsitzende mit, daß am 2. Dezember 1903
zu Bonn der Wirkliche Geheimrat, Oberberghauptmann a. D. Herr
Ausust Huyssen, Exzellenz, verstorben sei. Derselbe war 1824
zu Nymwegen geboren und studierte in Halle und Berlin Rechts-
und Staatswissenschaften, Mathematik und Naturwisscnschaften.
Er wandte sich der Bergmannslaufbahn zu, in der er es bis zur
höchsten Stelle im preußischen Staatsdienste brachte. Fr hat
sich seinen der Wissenschaft mit Begeisterung zugewandten Sinn
auch hier und bis an sein Lebensende bewahrt und sie stets als
unumgängliche Voraussetzung ersprießlicher Praxis anerkannt und
hat sich teils durch eigene Untersuchungen und Veröffentlichungen,
teils durch seine einflußreiche und lange Zeit ausschlaggebende
Stellung nicht genug anzuerkennende Verdieuste um die Geologie er-
worben. 1853 trat Huvssen in die Redaktion der Ministerialzeitschrift
für Berg-, Hütten- und Salinenwesen im Preußischen Staate ein; 1855
veröffentlichte er in unserer Zeitschrift seine umfangreiche, auch
jetzt noch für die Geologie des Münsterer Beckens höchst wert-
l
a
volle Abhandlung über die Soolquellen des westfälischen Kreide-
gebirges, ihr Vorkommen und ihren mutmaßlichen Ursprung. —
1861 ward er PBerghauptmann und Oberbergamtsdirektor in
Breslau, seit 1864 wirkte er in gleicher Stellung in Halle. In
dieser regte er die Begründung des preußischen Zentralbohrfonds
an und leitete planmäßig die Ansetzung und Ausführung der
Bohrungen. Dies sollte ein Musterunternehmen sein, in welchem
die neuen Methoden der Bohrtechnik geprüft und vervollkommnet
und mit dem der Untergund des norddeutschen Flachlandes
systematisch erforscht werden sollte, um seinen Bau im Großen
kennen zu lernen und zugleich die Gesichtspunkte für eine
rationelle Aufsuchung der unterirdischen Bodenschätze zu ge-
winnen. So ließ Huyssen von Sperenberg aus, wo ein über
1000 m mächtiges Steinsalzlager erbohrt ward, südwärts bis
Dobrilugk durch eine Reihe von Bohrlöchern ein Profil vom Zechstein
bis ins Silur aufschließen, durch eine zweite Reihe von Bohr-
löchern zwischen Kottbus und dem Koschenberg ein Profil aus
der Kreide und dem Keuper bis zum Granit. Ferner stellte er
durch weitere Bohrungen fest, daß der Höhenzug des Flämings
nicht eine Emporwölbung meso- oder paläozoischer Gebilde zum
Kern hat, sondern bis zum Meeresspiegel hinab aus Quartär
und Tertiär besteht. Wiederum eine ganze Gruppe von Bohr-
löchern sollte in der Gegend von Merseburg über Halle bis
Magdeburg die Lagerungsverhältnisse mit Rücksicht auf die Ver-
breitung von Steinkohlen erforschen. Sein Interesse für die
Wissenschaft bekundete er hierbei unter anderem darin, daß er
nach Erledigung der praktischen Frage, -— ja selbst, wenn diese Er-
ledigung im ungünstigen Sinne ausgefallen war, die Bohrung dennoch
weiterführte; und diesem Umstande verdankt man z. B. das lange
Zeit tiefste Bohrloch der Erde, das bei Schladebach. — Auch
in anderen Teilen der preußischen Monarchie, in Posen, Pommern
und Westpreußen, setzte er Bohrlöcher an und verfolgte auch
dabei stets gleichzeitig neben praktischen Zielen den Zweck, die
geologische Erkenntnis des Untergrundes zu fördern. Ein Haupt-
augenmerk richtete er bei all diesen Bohrungen, wie schon bei
seiner Untersuchung der westfälischen Soolquellen, . auf die
Temperatur im Erdinnern und die Gesetze ihrer Verteilung. In
einer ganzen Reihe öffentlicher Vorträge, so z. B. auf der all-
gemeinen Versammlung unserer Gesellschaft zu Berlin 1880,
ferner auf einer Versammlung der Deutschen Naturforscher und
Ärzte zu Magdeburg, und selbst noch, nachdem er 1884 zum
ÖOberberghauptmann befördert war, auf dem Internationalen
Geologenkongreß zu Berlin 13585 und auf dem Achten Deutschen
Geographentage zu Berlin 1889, hat Huyssen seine Pläne bei
RS eg tete
den Bohrungen, seine Methoden und seine allgemeinen wissen-
schaftlichen Ergebnisse zur weitesten Kenntnis gebracht und
jedesmal auch in Druck gegeben.
Von seinen sonstigen Veröffentlichungen in geologischen
Zeitschriften erwähnen wir hier nur noch seine wertvolle und
höchst eingehende Abhandlung über den Salzbergbau und Salinen-
betrieb in Österreich, Steiermark und Salzburg, die 1855 im
2. Bd. der Zeitschr. f. d. Berg-, Hütten- und Salinenwesen im
Preußischen Staate erschien.
In seiner Stellung als Oberberghauptmann und Ministerial-
direktor der Abteilung für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen
(seit 1854) hatte er auch die Königl. geologische Landesanstalt
in seinem Ressort, und er hat diesem wissenschaftlichen Institute
stets ein eifriges Wohlwollen und aufrichtige Anerkennung ent-
gegengebracht.
1891 trat er in den wohlverdienten Ruhestand und zog
sich nach Bonn zurück; aber auch da hat er sich weiter der
geologischen Wissenschaft gewidmet und seit 1593 den dortigen
Naturhistorischen Verein der preußischen Rheinlande, Westfalens
und des Reg.-Bezirks Osnabrück mit unermüdlicher Hingabe bis
kurz vor seinem Tode geleitet.
Der Vorsitzende erwähnt ferner das am 1. Januar erfolgte
Ableben des Herrn Rechnungsrates G. WERNICKE und widmete
dem stets liebenswürdigen Manne, der, obwohl nicht Mitglied,
“sich doch von 1889 —1901 durch seine sorgsame Kassenführung
um die Gesellschaft ein großes Verdienst erworben hat, Worte
ehrender Anerkennung.
Auf Antrag des Vorsitzenden erheben sich die Anwesenden
zur Ehrung des Andenkens der drei Verstorbenen von den Sitzen.
Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten:
Herr Dr. Hermann STREMME und Herr cand. geol. RicHARD
STAPPENBECK, beide zu Berlin,
vorgeschlagen durch die Herren BrANCco, JAEKEL
und JANENSCH;
Herr ALrrep Amos Lewis, Oxley in Queensland, Australien,
vorgeschlagen durch die Herren JexrzscHh, KruscH
und ZIMMERMANN.
Alsdann werden außer den im Umtausch eingegangenen Zeit-
schriften und Karten nachstehende, von den Autoren als Geschenk
an die Bibliothek der Gesellschaft eingesandte Schriften vorgelegt:
CH. CHEWINGS!: Rock Phosphates and other mineral fertilisers: their
origin, value and sources of supply. 8°. South Australia.
Commission francaise des glaciers. — Observations sur l’enseignement
et sur les chutes d’avalanches. Paris. 4°.
11%
a N lünn,
Commission francaise des glaciers. Rapport sur les observations
glaciaires en Haute - Maurienne, dans les Grandes-Rousses et
L’Oisans dans l’&t& de 1902. Paris. 8°.
H. CREDNER: Die neuen Anschauungen über die genetischen Verhältnisse
des Granulitgebirges. Leipzig. 8°.
C. GAGEL!: Über einige neue Spatangiden aus dem norddeutschen
Miocän (S.-A. a. d. Jahrbuch k. Preuß. geol. L.-A. u. Bergakad.
t 11902. , 23. ‚Berlin:
S. Lyman: Silver-mining and smelting in Mongolia (S.-A. a. Transact.
Americ. Inst. Min. engineers. Philadelphia. 8°.
—: Biographical notice of J. Peter Lesley (Ebenda).
E. Meykr: Der Teutoburger Wald (Osning) zwischen Bielefeld und
Werther. Inaug.-Diss. Berlin. 8°.
Tr. Ne6rıs: Plissements et Dislocations de l’&corce terrestre en Grece.
(Leurs rapports avec les ph@nomenes glaciaires et les effondrements
dans l’Ocean Atlantique (S.-A. a. Revue Universelle d. Mines etc.
(3) 57 1902. Athen.)
P. Range: Das Diluvialgebiet von Lübeck und seine Dryastone, nebst
einer vergleichenden Besprechung der Glacialpflanzen führenden
Ablagerungen überhaupt. (S.-A..a. d. Zeitschr. f. Naturwiss. 76.
Stuttgart.) &
M. SCHÖLLER:! Mitteilungen über meine Reise nach Aquatorial- Ost-
Afrika und Uganda 1896—97. 2. Berlin. 4°.
Der Vorsitzende ladet die Mitglieder zu dem Vortrage, den
Herr Professor HAauTHAL aus Cordoba, Argentinien, über das
Grypotherium Darwini von Ultima Esperanza am 9. Januar in
der Berliner Gesellschaft für Anthropologie halten wird, ein.
Auf eine Anfrage von Herrn E. KaAıser betreffend Anmel-
dung von Vorträgen teilt der Vorsitzende mit, daß diese
spätestens acht Tage vorher an den protokollführenden Schriftführer
(z. Z. Herr Zımmermann) erfolgen solle, und spricht den Wunsch
aus, daß dabei immer die ungefähre Länge mitangezeigt werden
möge.
Herr M. SCHMIDT macht Mitteilung über neuere Auf-
schlusse im pommerschen Oberjura.
Redner zeigte und besprach, mit der ausgesprochenen
Absicht, für die Bestimmung der Oberjurageschiebe des Dilu-
viums Beihülfe zu geben, die verschiedenen vor ihm in den
pommerschen Aufschlüssen angetroffenen Gesteine und die für
die vorkommenden Schichten bezeichnenden und für den Ver-
gleich mit anderen Gegenden besonders wichtigen Petrefakten.
Ein bedeutender Teil dieser Vorkommen lag bei der ersten Be-
sprechung desselben Materials!) noch nicht vor, da seitdem die
Aufschlüsse erheblich verbessert sind. Diese Vermehrung des
Materiales gestattete auch, zum ersten Male ein, wenn auch
!) Diese Zeitschr. 53 1901, S. 28.
lückenhaftes Profil des pommerschen Oberjura zusammenzustellen
an Stelle der früher gegebenen einfachen Aufzählung der damals
bekannten Horizonte, die noch keine Angaben über die Mächtig-
keiten enthielt.
Eine ausführliche Behandlung des gesamten stratigraphischen
und paläontologischen Materiales wird im .Frühjahr erscheinen.
An der Besprechung beteiligt sich Herr OrpenHeiım mit einer
Frage über die Schicht, aus der die bei Misdroy als Geschiebe
scfundene Thamnastraea stammt.
Herr JENTZSCH sprach über die Theorie derartesischen
Quellen und einige damit zusammenhängende Er-
scheinungen. Vortragender stellte folgende Thesen auf:
1. Das einfache Prinzip kommunizierender Röhren genügt in
manchen Fällen nicht zur Erklärung der artesischen
Quellen.
2. Letztere sind nicht aus der Hydrostatik, sondern aus
der Hydrodynamik in Verbindung mit Geodynamik und
Physik zu erklären.
3. Insbesondere wirken dabei mit Gebirgsdruck, Capillarität,
Beweglichkeit der Sandkörner, osmotischer Druck; säkulare,
jährliche oder tägliche Bewegungen der Erdmassen, sowie
makro- und mikroseismische Schwingungen.
4. Die seismischen Schwingungen wirken insofern mit, als
sie mit Überwindung des Capillar-Widerstandes das Ge-
steinswasser nach der Richtung des geringsten Wider-
staudes befördern.
In Bezug auf die osmotischen Wirkungen weist Vortr. auf
die weite Verbreitung von Chloriden und anderen Salzen im
Grundwasser tieferer Erdschichten hin und zeigt an Beispielen
aus dem nordöstlichen Deutschland, daß Chloride durch Diffusion
Gesteinsschichten durchwandern können,
Vortr. zäblt eine Anzahl solcher Salz-Vorkommen aus Ost-
preußen, Westpreußen, Posen und Pommern auf, aus denen sich
die flächenhatte Verbreitung schwachsalziger Grundwässer in der
Kreideformation des deutschen Nordostens ergibt. Vermutlich
sind die tieferen Kreideschichten jener Provinzen seit ihrer Ab-
lagerung niemals einer durch relative Hebung bedingten Aus-
laugung unterworfen gewesen.
Neben den Chloriden ist dort merkwürdig das Vorkommen
von Natronkarbonat in den Kreidewässern von Königsberg,
Pillau und Cranz in Ostpreußen, Elbing und Marienburg in West-
preußen. Da sie aus feldspathfreien, nur Quarz, Glaukonit und
Kalkkarbonat enthaltenden Schichten fließen, und keine dem
Natronkarbonat äquivalente Menge von Chlorcalcium führen, muß
man annehmen, daß die bei zehn und mehr Atmosphären gelöste
Kohlensäure den Glaukonit eines Teiles seiner Alkalien beraubt,
ihn also allmählich in ein relativ saureres Silikat umwandelt.
Da die elektrische Leitfähigkeit jener salzigen Wässer das
Vielfache der Leitfähigkeit anderen Wassers beträgt, können die-
selben den Verlauf der elektrischen Erdströme beeinflussen, worüber
nähere Untersuchungen auszuführen sein werden.
Weitere Ausführung und Begründung obiger Thesen behält
sich Redner für eine spätere Sitzung vor.
An der Besprechung beteiligten sich die Herren KEıLHAck,
SOLGER und Koerr.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
V. W. 0.
BRANco. JAEKEL. ZIMMERMANN.
2. Protokoll der Februar - Sitzung.
Verhandelt Berlin, den 3. Februar 1904.
Vorsitzender: Herr JAEKEL.
Das Protokoll der Januar-Sitzung wurde vorgelesen und ge-
nehmipgt.
Der Vorsitzende machte darauf aufmerksam, daß vom vierten
Hefte des Jahrgangs 19053 ab auf der zweiten Seite des Um-
schlags unserer Zeitschrift eine größere Zahl solcher Mitteilungen
an die Mitglieder stehen werden, deren Kenntnis für diese
dauernd oder gelegentlich von besonderer Wichtigkeit sein
“dürfte, sowie daß künftig neue Mitgliedsdiplome von etwas ge-
fälligerem Aussehen als die bisherigen ausgegeben werden.
Der Vorsitzende teilte ferner mit, daß Herr RorurLerz beim
Begräbnis des Herrn v. Zırren die Gesellschaft vertreten und
deren ie am Grabe niedergelegt hat.
* Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten:
ie Bergreferendar Dr. Bärtrıng, Oker a. Harz,
vorgeschlagen durch die Herren AnDREAR, BERGEAT
und SCHRAMMEN;
Herr Landesgeologe Dr. K. SCHNARRENBERGER, Heidelberg.
vorgeschlagen durch die Herren SCcHALCH, SALOMON
und Jon. Bönm;
Herr Geolog Dr. E. Pıcarv, Berlin,
vorgeschlagen durch die Herren Zimmermann, J. Böum
und E. NAumans;
Herr RupoLr Hermann, Wissenschaftl. Hilfsarbeiter am
f, Völkerkunde zu Berlin,
vorgeschlagen durch die Herren Branco, JAEKEL
und JANENSCH.
Alsdann wurden außer den im Umtausch eingegangenen
Zeitschriften und Karten folgende als Geschenk an die Bibliothek
von den Autoren eingesandten Bücher vorgelegt:
H. CREDNER! Der vogtländische Erdbebenschwarm vom 13. Februar
bis zum 18. Mai 1903 und seine Registrierung durch das
WıIECHERTsche Pendelseismometer in Leipzig. (S.-A. a. d. Ab-
handl. math,-phys. Kl. d. k. Sächs. Ges. Wiss. 28, 4°).
L. DuPArRc: Nouvelles explorations dans l’Oural du Nord. Le bassin
superieur de la Kosva. (8.-A. a. Globe. Journ. geograph,
Organe de la soc. d. geographie de Geneve. 62, Mem.)
L. DupArc et L. MRAZEC! Sur le minerai de fer DE Troirsk (Oural
du Nord).
—! Sur les formations de la zone des quartzites et conglom&rats
inferieurs au Devonien dans I Oural du Nord.
F. ETzoLp: Bericht über die von WIECHERTS astatischem Pendelseis-
mometer in Leipzig vom 1. Januar bis 80. Juni 1903 registrierten
Fernbeben und Pulsationen. (S.-A. a. d. Ber. d. math.-phys. Kl.
d. k. Sächs. Ges. Wiss. Leipzig. Sitzg. v. I. Aug. 1903).
A. A. Lewis: The Gumpie goldfield.e Mining on -Gumpie with a
description of the geological structure of the field. Brisbane. 8°.
OPPENHEIM! Die Geologie der Insel Capri. Berlin. 8°.
. STEINMANN: Tetraploporella Remesi, eine neue Dasycladacea aus
dem Tithon von Stramberg. (S.-A. a. Beiträge z. Paläont. u.
Geol. Osterreichs-Ungarns u. d. Orients. 15.)
G. STEINMANN, H. HoER und A. v. BISTRAM: Zur Geologie des süd-
östlichen Boliviens (S.-A. a. d. Zentralblatt f. Min., Geol. u.
Paläont. 1904).
el
Herr E. PHILIPPI sprach über die Geologie des
von der deutschen Sudpolar-Expedition besuchten
antarktischen Gebietes.
Das von der Expedition entdeckte Kaiser Wilhelm II. Land
wird von einer einheitlichen Inlandeismasse bedeckt, aus der sich
nur die Basaltkuppe des Gaußberges erhebt. Bereits am Gauß-
berge ist die Bewegung des Inlandeises eine sehr geringe, doch
werden hier noch Eisberge produziert. Wenige Kilometer westlich
vom Gaußberge ist jedoch das nnlandeis bereits völlig bewegungs-
los und zeigt gegen das Meereis meist eine ganz flache Böschung,
bringt also keine Eisberge mehr hervor. Wahrscheinlich schwimmt
ein Teil dieses unbeweglichen „Westeises“.
Unter den Sprößlingen des Inlandeises, den Eisbergen,
trennt Vortr. die großen ursprünglichen Tafeln von der viel-
gestaltigen Menge der gewälzten Eisberge und Eisbergtrümmer.
Die tafelförmigen Berge zeigen eine deutliche Firnschichtung,
jedoch nie Gesteineinschlüsse, welche bei den Bergen der zweiten
Kategorie nicht selten sind. Jedoch sind die Einschlüsse nie
regellos über einen größeren Teil des Eisberges verteilt, sondern
sie ordnen sich meist zu verhältnismäßig schmalen Bändern an,
welche einzeln oder in größerer Anzahl und alsdann untereinander
pararallel den Eisberg durchziehen. Zuweilen verlaufen diese Bänder
geradlinig, in anderen Fällen sind sie in eigentümlicher Weise
gebogen und gefaltet. Die äußere Form der Eisberggeschiebe
weicht insofern von der unserer Diluvialgeschiebe ab, als allseitig
geschrammte Stücke so gut wie ganz fehlen. Meist ist die ab-
schleifende Wirkung auf einige oder wenige Flächen beschränkt,
wodurch zuweilen schöne Facettengeschiebe entstehen. Nicht
selten fehlt aber auch jede Spur einer abschleifenden Wirkung.
Die meisten Geschiebe gehören ihrer Gesteinsbeschaffenheit nach
dem Grundgebirge an. Es walten Gneise in verschiedenen
Varietäten vor, die teilweise in Amphibolite, Glimmerschiefer cte.
übergehen. Diese kristallinen Schiefer werden von Graniten
durchsetzt. Nicht selten ist auch ein schöner, braunvioletter
Gabbro. Von sedimentären Gesteinen ist nur ein roter Quarzit
etwas häufiger, Versteinerungen fehlen ganz. Auch jungeruptive
Gesteine scheinen in den Eisbergen in der Nähe des Winterlagers
der Expedition nicht vorzukommen.
Der einzige Punkt, an dem anstehendes Gestein gefunden
wurde, war der Gaußberg. Seine Höhe beträgt nach vorläufiger
Messung 366 m. Er ist von 3 Seiten vom Inlandeise umgeben,
nur seine Nordseite stößt direkt an das Meereis. Das Gestein
des -Gaußberges ist ein blasenreicher, feinkörniger bis glasiger
Leucitbasalt, in dem sich häufig stark veränderte Einschlüsse von
Gneis und Granit finden. Tuffe oder andere Auswurfprodukte
fehlen, jedoch begegnet man häufig Spuren einer Solfatarentätig-
keit, welche u. a. auch den Absatz von Schwefel in den Hohl-
räumen des Gesteins hervorgerufen hat. Moränenwälle begleiten
den Fuß des Gaußberges auf den vom Inlandeis begrenzten
Seiten, besonders auf der Ost- und Südseite mischt sich das
Grundmoränenmaterial, welches petrographisch von den Einschlüssen
der Eisberge nicht zu unterscheiden, also größtenteils archäisch
ist, mit dem Schutt des Gaußberges; auf der Westseite fehlt das
erratische Material hingegen fast ganz. Von Interesse ist es, daß
Erraticum alle Abhänge des Berges bis zu seinem Gipfel bedeckt;
es zeigt an, daß in der Vorzeit das Inlandeis mindestens 350 m
mächtiger war, als heute. Wahrscheinlich sind auch die aus
anstehendem Gestein aufgebauten Terrassen, welche überall an
den Gehängen des Gaußberges hervortreten, durch eine frühere,
stärkere Vergletscherung bedingt. Das alte Erraticum des Gauß-
berges zeigt sehr eigentümliehe Erosionswirkungen in Gestalt von
tiefen Gruben, Ausmodellierung härterer Teile etc., welche lebhaft
an ähnliche Erscheinungen in der Wüste erinnern.
Der Vorsitzende beglückwünschte den Vortragenden und dankte
der Direktion der Kgl. Preuß. geologischen Landesanstalt für die
Darbietung des Projektionsapparates.
ee
An der Besprechung beteiligten sich die Herren JENTZSCH,
OÖ. SCHNEIDER und JAEKEL.
Herr JENTZSCH bemerkte, daß er betrefis des Ursprungs
der an der Westseite des Gaußbergs hoch hinaufragenden beiden
Eisrücken nach der trefflichen, höchst anschaulichen Photographie
dieser beiden Rücken die Überzeugung habe, daß dieselben als ver-
eiste Schneewehen zu betrachten seien. Ihre ganze Gestalt ent-
spräche dieser- Anschauung, und die so scharf ausgeprägten
schmalen Rücken beider Eismassen würden dann durch Wind-
erosion nach Art der Dünenkämme zu erklären sein.
Der auf einem anderen Bilde des von der Gauß erforschten
Gebietes sichtbare Graben am Fuße einer Inlandsciskante,
den auch der Herr Vortr. zutreffend auf Windwirkung zurück-
geführt habe, sei ein im großen Maßstabe erscheinendes Beispiel
einer gesetzmäßigen Erscheinung, welche im Handbuche des
Deutschen Dünenbaues beschrieben sei und im kleinsten Maß-
stabe sogar im Schnee der Berliner Balkone beobachtet werden
könne.
Herr MENZEL sprach über das Vorkommen von
Diceras im südlichen Hannover. (Hierzu Textfig. 1—3).
Nachdem zuerst im nordwestlichen Deutschland WÜRTTEN-
BERGER 18851) ein Diceras erwähnt hatte, das in der Göttinger
Universitätssammlung mit einer Etikette „Petersberg b. Goslar“ lag,
über dessen Herkunft indes nichts Sicheres zu ermitteln gewesen
war, berichtete Dussers 1888?) über das zahlreiche Auftreten von
Diceras in einem Steinbruche im Dänengrund bei Salzhemmendorf.
Er unterschied unter den dort gefundenen Stücken zwei neue Arten
und beschrieb sie als Deceras Koenen! Duzg. und Diceras gracıle
Dugg., ohne indes Abbildungen von ihnen zu geben. Ein Diceras
cf. Koenent! Duss. führte sodann Smirn 1893 °) vom Kahlberge bei
Echte an. Damit ist, soweit mir bekannt, die Reihe der bisher
veröffentlichten Fundorte von Diceras im nordwestlichen Deutsch-
land erschöpft.
Im Sommer 1903 fand ich nun auf dem KReuberge bei
Geerzen, etwa 15 km in der Luftlinie von dem Fundorte im Dänen-
') Über den oberen Jura der Sandgrube bei Goslar. Diese
Zeitschr. 1885, S. 570.
?) Der obere Jura auf dem Nordostflügel der Hilsmulde Preis-
schrift und Dissertation. Göttingen 1888.
°) Die Jurabildungen des Kahlberges bei Echte Jahrb. kel.‘
Preuß. geolog. L.-A. f. 1891.
=
srunde entfernt, nach SO zu, an dem Pfad, der auf dem Kamm
des Reuberges entlang läuft, ein Gestein, das ganz voller Steinkerne,
vor allem von Nerineen, steckte Aus einigen Stücken dieses Ge-
steines gelang es mir nach einiger Mühe, eine Anzahl Exemplare von
Diceras herauszuschlagen, von denen die Mehrzahl gut mit den
von DugBers als Diceras Koeneni beschriebenen Stücken überein-
stimmt. Einige Stücke zeigen ein anderes Aussehen und scheinen
zu Deiceras graclde Duse. zu gehören. Von dem ersten
Fundort im Süden des Reuberges verfolgte ich die Deceras
führenden Schichten an dem Kamm entlang noch eine ganze
Strecke weit nach N. und fand hier noch mehrere Exemplare,
Stücke von Diceras-Steinkernen fand ich sodann noch in Blöcken
löcherigen Kalksteines in einer Grotte des Gasthausgartens von
Limmer bei Alfeld und in ebensolchen Grottensteinen im Garten
von Gastwirt KesseL in Delligsen. Die Steine in Limmer stammten
aus der Gegend von Brunkensen, also aus der nördlichen Fort-
setzung des Reuberges, die in Delligsen vom Steinberge bei
Delligsen, also der südlichen Verlängerung des Reuberges. Sie
waren am südwestlichen Abhange des Bergzuges aus dem Abhang-
schutt aufgelesen worden.
Das Diceras -Gestein vom Reuberge besteht nun in der
Hauptsache aus einem dichten, etwas knolligen, ziemlich hellen
Kalke, der löcherig verwittert und häufig von Kalkspath
durchzogen ist. Die Fossilien, unter denen am häufigsten
Nerineen auftreten, bestehen fast sämtlich aus Steinkernen. Die
Hohlräume der aufgelösten dicken Schalen von Diceras sind ent-
weder, wie auch Duspers vom Dänengrund angibt, mit einem
gelblichen Mulm erfüllt, oder, vorwiegend, mit Kalkspatlı aus-
gekleidet, in dem nicht selten Bohrmuscheln stecken. Hie und
da sind einzelne Gesteinsstücke auch etwas oolithisch.
An Fossilien fanden sich am Reuberge in diesen Schichten:
Rhynchonella pinguis Roem.
Ostrea Sp.
Exoggra reniformis GLDF.
Pecten varians RoEm.
Diceras Koenent Duss.
en gracıle Due.
Bohrmuscheln.
Undeutliche Steiukerne einer großen Bivalve (= Paclhıy-
risma?).
Nerinea visurgis Rorm.
a sp.
Diese Fossilien deuten auf oberen Korallenoolith hin. Sie
treten im übrigen fast sämtlich auch in Begleitung der Diceras-
Arten vom Dänengrunde auf, sowie in den oberen Dolomiten am
Kahlberge, aus denen nach Smirn auch sein Diceras cf. Koenent
Duss. stammt.
Die Lagerungsverhältnisse im Einzelnen gestalten sich am
Reuberge etwa in folgender Weise:
Der Reuberg bildet einen Teil des von Korrr!) mit dem
Gesamtnamen des Selter bezeichneten Zuges von oberen Jura-
schichten, der von der Gegend von Salzhemmendorf in süd-
östlicher Richtung über Marienhagen, Brunkensen, Dörshelf bis
etwa zum Nollen bei Naönsen sich hinzieht und u.a. von DuBBErS
eingehend beschrieben wird. Seine Schichten zeigen ein etwas
wechselndes, in der Hauptsache aber ziemlich steiles Einfallen
nach SW. Den ersten sanften Anstieg im NO bilden die Dogger-
schichten. Darüber erheben sich etwas steiler die Heersumer
Schichten, von denen aber wenig zu schen ist. Der Korallen-
oolith, der nun folgt, bedingt einen noch steileren Anstieg.
Seine Gliederung im Einzelnen läßt sich auch heute noch wie
zu DusBers Zeiten wegen mangelnder größerer Aufschlüsse, be-
sonders in den unteren Schichten, schwer verfolgen. Man kann
aber nnterscheiden: über den Heersumer Schichten zuerst eine
Zone sandiger, kieselsäurereicher Kalksteine mit zahlreichen
Korallen, sodann zwei Horizonte massiger dickbankiger Oolithe,
die durch mürbe, mergelige Schichten mit eingelagerten dünn-
plattigen Kalken und Oolithen auseinander gehalten werden, und
wiederum eine Schichtenfolge mürber, weicher, mergeliger Schichten
mit eingelagerten, wenig mächtigen Kalken und Oolithen über dem
oberen massigen Oolithhorizont, auf die sich dann die Schichten
des unteren Kimmeridge legen. Die Oolithe und Kalke des
Korallenoolith haben vielfach von Spalten und Verwerfungen aus
eine nachträgliche Umwandlung im Dolomit erfahren, die zuerst
und hauptsächlich die Oolithhorizonte ergriffen hat. Der Einfluß
dieser Schichten auf die Geländeformen findet nun in dem Sinne
statt, daß die meist dolomitisierten oberen Oolithe in der Regel
den Kamm des Bergzuges bilden und diesen häufig mit einer Reihe
massiger Dolomitklippen krönen (Fig. 1).
!) Geologische und paläontologische Untersuchung der Grenz-
schichten zwischen Jura und Kreide auf der Südwestseite des Selter.
Preisschrift und Dissertation. Göttingen 1898.
4b.
Baer ad 3c. 3b. 3a. 9, IE
Fig. 1. Schematisches Profil durch den unteren Weißen Jura am Selter.
Den Kamm bilden die oberen Korallen-Dolomite.
An einigen Stellen, so z. B. am Selter im engeren Sinne,
oberhalb Erzhausen, erhebt sich aber über dem Kamm aus
Korallendolomiten ein zweiter höherer, durch eine flache Ein-
senkung getrennter Kamm!), der von den aus festen diekbankigen
Kalken bestehenden Schichten des mittleren Kimmeridge gebildet
wird (Fig. 2).
o
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3d. 3, 3b. 32. >. 1.
Fig. 2. Schematisches Profil durch den unteren Weißen Jura am Selter.
Den Kamm bilden Schichten des mittleren Kimmeridge.
Am Reuberge nun findet ein dritter seltener Fall statt. Die
Klippen der oberen Dolomite treten etwas an den nordöstlichen
Berghang zurück, und die darüber liegenden, sonst nicht allzu
widerstandsfähigen Schichten der obersten Abteilung des Korallen-
ooliths bilden den Kamm (Fig. 5).
!) v. KoEnEN, Erläuterungen zur geol. Spezial-Karte v. Preußen etc.
Blatt Groß-Freden 8. 15.
2 ih 3b. 3a. 9, 1:
Fig. 3. Schematisches Profil durch den unteren Weißen Jura am Selter.
Den Kamm bilden die obersten Schichten des Korallenoolithes.
Zeichenerklärung: 1. = Dogger; 2. = Heersumer Schichten;
3a. — Unterste, sandige Zone des Korallenooliths; 3b. = Untere
Oolithzone; 3c. = Mürbere Zwischenschichten; 3d. = Obere Oolith-
zone; 3e. = die obersten Schichten des Korallenooliths; 4a. = Unterer
Kimmeridge; 4b. = Mittlerer Kimmeridge; 4c. = Oberer Kimmeridge.
In diesen obersten, durch ihre Lage der Abtragung und Ent-
blößung an dieser Stelle stark ausgesetzten Schichten des Korallen-
oolithes fanden sich die Steinkerne von Diceras.
Herr JAEKEL legte Tafeln zu seiner Arbeit über fossile
Carcharodonten vor, die als erster Teil einer Monographie der
Selachierreste aus dem belgischen Tertiäir vom Musee d’Histoire
Naturelle in Brüssel demnächst herausgegeben werden wird. Die
Tafeln enthalten Photographien in Form rekonstruierter Gebisse,
die aus zusammengefundenen und vermutlich einst zusammenge-
hörigen Zähnen zusammengestellt wurden und nun eine Vorstellung
von der Verschiedenheit der Zähne je nach ihrer Stellung im
Gebisse geben. Auch auf individuelle Variation und phylogenetische
Veränderungen konnte bei der riesigen Fülle des Materials ge-
bührende Rücksicht genommen werden.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
V. w. 0.
JAEKEL. Jon. BÖHM. ZIMMERMANN.
3. Protokoll der März - Sitzung.
Verhandelt Berlin, den 2. März 1904.
Vorsitzender: Herr BRANCO.
Das Protokoll der Februar-Sitzung wurde vorgelesen und
genehmigt.
Der Vorsitzende teilt mit, daß der Vermittler der wissen-
schaftlichen Sendungen nach und von Amerika, Herr Dr. Früser
in Leipzig, verstorben und an dessen Stelle Herr Buchhändler
Kar W. HırrRsEeMmANnN, Leipzig, Königstr. 3, getreten ist.
Ferner teilt der Vorsitzende den am 21. Februar erfolgten
Tod des Professors Dr. Lovıs BEUSHAUSEN mit.
In Beusuausen hat unsere Gesellschaft einen Mann ver-
loren, dessen Name mit der neueren Erforschung des Harz-
gebirges eng verknüpft gewesen ist und bleiben wird. Ein Kind
des Harzes durch Geburt und durch Erziehung, blieb er es
später auch als Mann und Forscher, und jetzt ruht auch sein
Leib in seiner heimatlichen Erde, mit der sein Geist so unab-
lässig sich beschäftigt hat. Gleich die erste Untersuchung 1884,
die ihm in Göttingen den Doktorgrad erwarb, lieferte einen
„Beitrag zur Kenntnis des ÖOberharzer Spiriferensandsteins und
seiner Fauna.“ Und von da an bis an das Ende ist er der
Erforschung der Devonbildungen treu le die er teils im
Harze, teils im Rheingebiete betrieb.
Die Früchte dieser Untersuchungen sehen wir in Arbeiten
„Über einige Lamellibranchiaten des rheinischen Unterdevon“,
„Die Lamellibranchiaten des rheinischen Devon mit Ausschluß der
Aviculiden“, „Über das Devon des nördlichen Oberharzes mit
besonderer Berücksichtigung der Gegend zwischen Zellerfeld und
Goslar“, „Zur Frage nach dem geologischen Alter des Pentamerus
rhenanus“, „Über Amnigenia rhenana“, „Die Fauna des Haupt-
quarzites am Bruchberge*“, „Über Alter und Gliederung des
sog. Kramenzelkalkes im Oberharze*, „Über Hypostoma von
Homalonoten“, „Über den Bau des Schlosses von Mecynodus.*“
Fe
Mit Denckmann und Kock zusammen schrieb er endlich „Neue
Beobachtungen aus dem Unterharze.“
Nun war er berufen worden, alles das, was erneute Beob-
achtung über den Bau dieses so schwierigen Gebietes festgestellt
hatte, zusammenzutragen und in einem neuen kartographischen
Bilde darzustellen. Da rief ein herbes Geschick, das er mit
mutiger Seele ein Jahr lang trug, den noch so Jugendlichen ab,
bevor er dieser seiner letzten Aufgabe gerecht werden konnte.
Seit 1901 war er Professor für Geologie und Paläontologie
an der Bergakademie in Berlin, nachdem ihm schon 1899 die
Lehrassistenz für Paläontologie nebenamtlich übertragen war; und
mit derselben hohen Pflichttreue, wie jenes, hat er dieses erfüllt
bis fast an seine letzten Lebenstage hin. Auch im Vorstande
unserer Gesellschaft hat er dieser seine Kräfte gewidmet.
Die Anwesenden erheben sich von den Sitzen.
Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten:
Herr Aurren Tewıs, Bergbaubeflissener aus Frose in
Anhalt, z. Z. in Berlin,
vorgeschlagen durch die Herren KruscH, FLIEGEL
und QUAAS;
Herr Dr. Hans WERMBTER, Oberlehrer am Realgymnasium
zu Rastenburg i. Ost-Preußen,
vorgeschlagen durch die Herren KAUNHoOweNn,
G. Mürzer und P. G. Krause.
Der Vorsitzende legte darauf außer den im Austausch ein-
gegangenen Zeitschriften nachstehende, als Geschenk an die
Bibliothek von den Autoren eingesandte Schriften vor:
CREDNER, H.: Die geologische Landesanstalt des Königreichs Sachsen.
S.-A. a. Die Kgl. Sächsische Bergakademie zu Freiberg und die
Kgl. geologische Landesanstalt u. s.w. Freiberg i. S. 1904.
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Herr ERICH KAISER sprach über Bauxit- und Laierit-
artige Zersetzungsprodukte.
Die Bauxitvorkommen Deutschlands werden nach den ein-
gehenden Untersuchungen von Lisgrıca!) als Verwitterungs-
produkte basaltischer Gesteine aufgefaßt, aus denen das Ton-
erdehydrat des Bauxit durch fast völliges Verschwinden der
Kieselsäure, der zweiwertigen Metalle und der Alkalien entstehen
sol. Zu beachten ist dabei, daß die Bauxite im Vogelsgebirge
nach den Berichten von Lizgrıca als Knollen in einem Tone
auftreten, der im wesentlichen aus einem wasserhaltigen Aluminium-
silikat besteht. Über eine etwaige Erhaltung der Struktur auch
in diesem Tone geben die bisherigen Daten in der Literatur
keinen Aufschluß.
Mit den Bauxiten und den sie umschließenden Tonen zu
vergleichen sind gelbe, gelbbraune, rötliche, selten wegen der
ungleichen Verteilung des Färbemittels rot- oder braunfleckige
Zersetzungsprodukte von Basalten, die in dem niederrheinischen
Eruptivgebiete mir schon früher aufgefallen waren, jedoch wenigstens
teilweise falsch von mir gedeutet wurden. ?)
Das typischste Vorkommen ist das vom Kuckstein bei Ober-
kassel a. Rhein, gegenüber Bonn. Der Basalt (normaler Feld-
spatbasalt) ist auf größere Strecken in ein leicht zerreibliches,
hellgelbbraunes bis weißliches Produkt umgewandelt, das von zahl-
reichen Klüften durchsetzt wird, die mit der ursprünglichen
Säulenbildung des Basaltes nichts zu tun haben. Sämtliche Klüfte
sind von Brauneisenstein ausgefüllt. In dem Innern der einzelnen,
von Klüften umgrenzten Partieen sieht man stellenweise noch
frische, kugelig oder ellipsoidisch umgrenzte Basaltstücke.
Die Struktur des Gesteins zeigt sich im Dünnschliffe auf das
!) Beitrag zur Kenntnis des Bauxits vom Vogelsgebirge. Inaug.
Dissert. Zürich 1891. Gießen 1891. — Berichte der Oberhessischen
Gesellschaft zu Gießen 28. S. 57—98. — Bauxit und Smirgel. Zeitschr.
f. prakt. Geol. 1895. S. 275—277. Vgl. auch M. BAuER, N. Jahrb. f.
Min. 1898. 2. S. 208 f£.
?) Vergl. E. KAIseR, Verhandl. naturhist. Ver. Bonn 1897. 54.
S. 190. Ich hatte damals das später zu besprechende amorphe Ton-
erdesilikat als Opal gedeutet. — LASPEYRES hat (Ebenda 1900. 57.
S. 517) angenommen, daß es sich bei dem gleichen Vorkommen um
eine Zersetzung zu Serpentin und Kaolin handele. Auch diese Deutung
entspricht nicht den tatsächlichen Verhältnissen.
2
nn ug Be
deutlichste erhalten. Lange, helle, leistenförmige Durchschnitte ent-
sprechen dem Feldspat, sind aber völlig in ein isotropes Mineral
umgewandelt, während die Augite und Olivine (bei denen von der
typischen Maschenstruktur einer Serpentinbildung fast nichts zu
sehen ist) bei der Bildung dieser amorphen Substanz eine leichte
Färbung durch Eisenhydroxyd erlitten haben. Auch die Grundmasse
ist in gleicher Weise umgewandelt bis auf gleichmäßig eingestreute,
winzig kleine (bis !/ıo0o mm große), stark lichtbrechende Körperchen
schwacher Doppelbrechung, deren Deutung bislang nicht gelungen
ist. An Stelle des Erzes sind gelblichgraue Aggregate getreten.
Nur vereinzelt sieht man in dem Gesteine einzelne Schüppchen
aufleuchten, die auf Hydrargillit, namentlich im Vergleich mit
anderen Vorkommen, hinweisen. Vereinzelt liegende Apatite sind
in dem sonst so stark zersetzten Gesteine noch völlig frisch.
Die in dem Laboratorium der Preuß. Geologischen Landes-
anstalt und Bergakademie von Herrn Dr. Lıixpner ausgeführten
Analysen!) zeigen, daß der Gehalt an SiO2 wenig abgenommen hat,
daß die alkalischen Erden und Natron fast völlig verschwunden sind,
während Tonerde beträchtlich, Eisen wenig zugenommen hat.
Auffallend ist der Gegensatz von TiO2 gegenüber SiOs, von KO
gegenüber Na2O.
Baarsa Je
Kuckstein bei Oberkassel
am Siebengebirge.
| frisch zersetzt
SiOsa 42.42 39.60
TiOsa 0.48 152
AleOs3 13.43 25.19
Fe203 6.40 14.73
FeO 6.49 0.01
MnO —— 0.07
MgO 11.00 0.24
CaO 11:05 1.90
Na20 2,75 0.65
K20 082 285
H>0 1.20 1307
SOs3 0.17 -0,15
P20; 0.55 0.67
Mr C0a 3.18 -_
Sa. 99.63 100.15
Spez. Gew. | 2.96 2.45
') Eine Kontrollanalyse ergab nur wenig abweichende Werte.
REES, BERKER
Es handelt sich dabei aber wohl kaum um eine Zufuhr von
Tonerde, sondern nur um eine Wegführung der übrigen Be-
standteile, vor allem der Kieselsäure. Tonerde zeigt also in
den Analysen nur eine relative Anreicherung. Wie dabei die
absolute Zunahme der Titansäure zu deuten ist, ist zweifelhaft.
Neben Tonerde und Titansäure zeigt noch der Kali-Gehalt eine
Anreicherung. Im Verhältnis zu der ursprünglich vorhandenen
Menge muß eine recht erhebliche Zufuhr von Kali stattgefunden
haben, worauf ich unten noch einmal zurückkomme.
Von dem zersetzten Gestein waren in heißer Salzsäure
löslich:
SiO2 0.19
TiOsa 0.42
AleOs3 13.54
Fe203 10:77
Ga0 1.50
MsO 0.07
Ähnliche Zersetzungsprodukte lernte ich kennen vom Scharfen-
berg bei Heisterbacherrott, aus der Hölle!) und aus dem Mittel-
bachtal bei Königswinter, wie von Caldauen bei Siegburg (an
doleritischem Basalte). Das geologische Auftreten aller dieser
Vorkommen weist auf eine gangförmige Natur der Basalte hin. ?)
Ein ausgedehnteres Vorkommen ähnlicher Natur liegt bei Neuen-
ahr und wird auf der einen Seite von einer der Verwerfungen
begrenzt, denen das Thermalwasser von Neuenahr zu folgen scheint.
Sowohl die Gänge aus der Umgebung des Siebengebirges,
als auch das letztgenaumte Vorkommen stehen in Beziehung zu
Sprüngen des Rheinischen Schiefergebirges.
Ein ähnlicher Zusammenhang mit tektonischen Linien ist zu
vermuten bei einem an Eisen ärmeren, an Tonerde reicheren Vor-
kommen von der Bramburg im Solling (Süd-Hannover), von dem
mir Herr Dr. GrurE Stufen vorlegte. Hier ist durch die geo-
logische Untersuchung die Zersetzung gerade längs einer Störung
nachgewiesen.
Die in dem Laboratorium der Geologischen Landesanstalt
von Herrn Dr. Krüss und Herrn Dr. Eymz ausgeführten Analysen
weisen auf die gleichen Umwandlungserscheinungen wie bei dem
!) Auf dies Vorkommen weist LASPEYRES hin (Verhandl. naturh.
Ver. Bonn 1900. 87. S. 385).
2) Die von LASPEYRES an meiner Deutung der Oberkasseler
Basalte als Gangvorkommen geübte Kritik ist hinfällig, wie noch aus-
führlicher nachgewiesen werden soll. — Das angeführte Vorkommen
vom Kuckstein gehört zu dem hangendsten der drei Basaltgänge, der
besondere Mächtigkeit und dabei ganz unregelmäßige Salbänder zeigt.
9%
. VON
Vorkommen vom Kuckstein bei Oberkassel hin. Die Anreicherung
an Tonerde ist erheblicher, diejenige an Kali geringer als bei
dem vorher besprochenen Vorkommen. Ganz auffallend ist die
Zunahme an TiOs2.
Basalt.
Bramburg, Solling.
frisch zersetzt
SiOg 471.97 42.68
TiO3 1.92 4.51
Ab0: | 15.04 30.34
Fe203 2.89 2268
FeO 8.42 Fi
MgO 8.67 0.14
CGaO 8.43 u)
Na20 9.91 0.54
K20 2.01 1.50
H>0 2.18 15.99
SO3 0.07 0.31
P2O; 0.51 0.38
a | 100.15
An anderen Stellen liegt ein Zusammenhang mit Verwerfungen
nicht vor. Geschiebe in den diluvialen Schottermassen des Rheines
zeigen randlich eine gleiche Umwandlung.
Es ist einleuchtend, daß ein gleicher Umwandlungsvorgang
nicht auf die Basalte allein beschränkt sein muß, sondern auch
bei Gesteinen gleicher chemischer und mineralogischer Zusammen-
setzung unter geeigneten Umständen zu beobachten ist. So
zeigen Diabase des Harzes und des thüringisch-sächsischen Vogt-
landes gleiche Erscheinungen, und nach den von STRENG ver-
öffentlichten Analysen von Melaphyren des südlichen Harzrandes !)
sind auch dort gleiche Umwandlungen eingetreten.
Bei allen mikroskopisch und chemisch genauer untersuchten
Vorkommen zeigt sich, daß es sich um die Neigung zur relativen
Anreicherung an AleO;, zum Teil auch an Fe2O03, und dabei um
die Bildung eines amorphen Tonerdesilikates handelt, in einigen
Vorkommen unter gleichzeitiger (oder späterer) Ausbildung eines
Tonerdehydrates. Gleichzeitig ist bei mehreren Vorkommen eine
auftallende absolute Anreicherung des Zersetzungsproduktes an K2O
') Diese Zeitschr. 1858. 10. S. 99-190.
ee
beobachtet worden, ohne daß bei diesen Vorkommen unter dem
Mikroskope die Anwesenheit eines besonderen Minerales, vielleicht:
eines Zeolithes oder noch unzersetzter Feldspatsubstanz, nach-
zuweisen ist.
Die Bildung des wasserhaltigen Tonerdesilikates, dessen
Zusammensetzung mit der des Kaolin nicht in Einklang zu
bringen ist, weist auf einen besonderen Vorgang bei dieser Zer-
setzung hin. Nun zeigen auch die von lueBrıcH, PETERSEN }),
BRANNER?) u. A. mitgeteilten Analysen, daß von dem normalen
frischen Gesteine bis zu dem zu einem Tonerdehydrat zersetzten
Gesteine Zwischenprodukte vorhanden sein müssen. Der gleichmäßige
amorphe Charakter des Vorkommens vom Kuckstein bei Ober-
kassel läßt vermuten, daß es sich um ein Mineral von bestimmter
stöchiometrischer Zusammensetzung handelt, dessen Analyse wir
auch in dem sog. „Tone“ vom Vogelsgebirge vor uns haben, in
dem der Bauxit in der Form von Knollen auftritt. -
Es muß sich also auf dem Wege zum Bauxit zunächst ein
Tonerdesilikat bilden. Damit ist auch ein Wink gegeben für die
Erklärung des ganzen Zersetzungsvorganges: Kohlensäurehaltige
Lösungen wandeln zunächst die Feldspate, dann auch die übrigen
Silikate in ein wasserhaltiges Tonerdesilikat und alkalihaltige
Gewässer dann dieses in Tonerdehydrat um.°) Daraus er-
klärt sich am einfachsten die Bildung der Hydrate, zu deren
Deutung man bisher die Einwirkung von chlor- oder schwefel-
säurehaltigen Lösungen zu Hilfe nahm. Daß die alkalihaltigen
Lösungen imstande sind, einen derartigen Zersetzungsvorgang an
Tonerdesilikaten hervorzurufen, ist namentlich durch die Unter-
suchungen von LEMBERG*) überzeugend nachgewiesen. Während
das Auftreten von chlor- oder schwefelsäurehaltigen Lösungen
an den einzelnen Punkten Schwierigkeiten verursacht, ist das
von Alkalilösungen, sei es in der Form eines Karbonates,
Silikates oder auch vielleicht Hydrates überall, namentlich aber
auf den Sprüngen des Rheinischen Schiefergebirges, gegeben.
Schon oben wurde auf die besondere Rolle des K2O hin-
gewiesen, das noch in weiteren (hier nicht zum Abdrucke gelangten)
Analysen angereichert oder weniger stark ausgelaugt erscheint,
ı) N, Jahrb. f. Min. etc. 1894. 1. Ref. S. 460.
?) The Bauxite Deposits of Arkansas. Journal of Geology 1897.
5. 8. 263—289 (mit ausführlicher bibliographischer Zusammenstellung
der Bauxitliteratur).
*) Zu einem ähnlichen Erklärungsversuch neigt auch LIEBRICH.
“) Vergl. z. B. Diese Zeitschr, 1883. 35. S. 557 f.; 1887. 39
S. 539 f.; 1888. 40, S. 625 £.
u: Ba
wie bei anderen Gesteinen. Dies könnte vielleicht in Beziehung
zu bringen sein mit einer Adsorption der alkali-haltigen Lösung
an dem gebildeten wasserhaltigen Tonerdesilikat. Nach den von
Korrter!) kürzlich zusammengestellten Beobachtungen ist eine
derartige Neigung der „Tonsubstanz* gegenüber alkalihaltigen
Lösungen mehrfach beobachtet worden.
In den mir bisher vorliegenden Analysen zersetzter Basalte
und ähnlicher Gesteine kommt eine relative oder absolute An-
reicherung an Kali mehrfach zum Ausdrucke, ohne daß es ge-
lingt, eine zeolith-artige Substanz als Trägerin nachzuweisen.
Das Verhältnis zur Tonerde wechselt. Nun ist auch von SrRene ’)
beobachtet worden, daß bei der Behandlung ähnlicher Zersetzungs-
produkte mit Kaliumquecksilberjodid oder Kaliumjodid-Lösung
auch nach wiederholtem Auskochen ein Teil der Kaliumjodid-
Lösung aus dem Zersetzungsprodukt nicht zu entfernen war.
Ebenso hat Srrens°®) analytische Belege dafür geliefert, daß
eine Anreicherung an K2O auch in den Zersetzungsprodukten von
Melaphyr stattfindet.
Diese Erscheinungen lassen auch in unserem Falle auf eine
Adsorption hindeuten, die hier von besonderer Bedeutung für die
erfolgende Zersetzung des gebildeten wasserhaltigen Tonerde-
silikates ist. Alkalihaltige Lösungen sind überall vorhanden,
namentlich auf den Gangspalten des Rheinischen Schiefergebirges.
Findet durch Adsorption an dem wasserhaltigen Tonerdesilikat eine
Konzentration der Kalilösung statt, so ist auch eine spätere Ein-
wirkung erklärlich. Besonders zu beachten ist, daß der sich
bildende Bauxit, also das reine Tonerdehydrat kaliarm ist*), daß
also hier die Adsorption nicht mehr zu wirken scheint.
Für die Erklärung dieses Gegensatzes sind die Unter-
suchungen von J. M. van BEMMELEN von besonderer Bedeutung,
Er hat u. A. nachgewiesen®), daß die Adsorptionserscheinungen
bei Kolloiden, im allgemeinen bei Stoffen im amorphen Zustande,
aber nicht bei Stoffen im krystalloidalen Zustande stattfinden.
Dies würde durch den vorliegenden Fall eine ausgezeichnete Be-
stätigung erfahren. Das amorphe wasserhaltige Tonerdesilikat,
!) Zeitschr. f. prakt. Geologie 1903. 11. S. 49—59.
?) N. Jahrb. f. Min. 1888. 2%. S. 221—222.
®) Siehe S. 20. Anm. 1.
*) Es geht dies namentlich aus den Analysen von LIEBRICH
(a. a. O.) hervor.
°) Besonders zu beachten: Zeitschrift für anorganische Chemie 1900.
23. 8. 321. 370—371,
er
namentlich in dem Vorkommen vom Kuckstein, zeigt einen hohen
Kaligehalt, während das kristallisierte Tonerdehydrat im Bauxit
keine Adsorption mehr wahrnehmen läßt. Speziell weist BEMMELEN
dies für kolloidales gegenüber krystallisiertem Aluminiumhydroxyd
nach.
Durch die Untersuchungen von M. Bauer sind die Bauxite
in Parallele gestellt worden zu den Lateritbildungen der
Tropen. Dabei hat Bauer aber wesentlich nur die reinen Ton-
erdehydratvorkommen mit den Bauxiten verglichen. Die Gesamt-
heit der bisher bekannten Lateritanalysen weist darauf hin, daß
es sich um gleiche Übergangsprodukte handelt zwischen dem
wesentlich feldspatführenden Gestein und dem in dem Ver-
witterungsprodukte auftretenden Laterit, daß also auch in den
Tropen der gleiche Vorgang wie in den gemäßigten Zonen vor-
liegt: Bildung eines wasserhaltigen Aluminiumsilikates als
Zwischenprodukt.
Anmerkung. Erst während des Druckes der obigen Mitteilungen
wurden mir einige Arbeiten von M. Drrrriıca (Mitteilungen der Groß-
herz. Badischen Geologischen Landesanstalt. 4. (1. Heft) S. 63—83,
(2. Heft) S. 197—207, (3. Heft) S. 339—366) zugänglich, in denen
er sich mit der Frage der Kaliadsorption bei ähnlichen Zersetzungs-
produkten granitischer Gesteine beschäftigt und dabei zu dem Resultate
kommt, daß es sich nicht um eine bloße Adsorption, sondern
um eine feste chemische Bindung handelt. DiTTrrica bezeichnet
es als wahrscheinlich, daß „die Absorption des Kali, wenn nicht allein,
so doch wenigstens in beträchtlichem Maße zurückzuführen ist auf
wasserhaltige Aluminate von Calcium und Magnesium“. Auch Gans
hat neuerdings (Jahrb. Kgl. Preuß. geolog. L.-A. f. 1902. Berlin 1903.
23. S. 1—69) die Absorptionsfähigkeit der Böden auf einen Austausch
gegen Kalk zurückgeführt. Kalkfreien Böden gehe die Absorptions-
fähigkeit ab.
Zwischen den Untersuchungen von DiITTRicH und der von mir
ausgesprochenen Vermutung besteht ein Gegensatz, der wohl nur
dadurch zu lösen ist, daß ein zeolithartiger Körper in den mit Kali-
lösungen behandelten Schliffen gleicher oder ähnlicher Zersetzungs-
produkte nachgewiesen wird. Bisher ist eine derartige mikroskopische
Bestätigung der chemischen Deutung nicht erfolgt. Ich hoffe, nach
dieser Richtung hin die Untersuchungen fortsetzen zu können.
Es erübrigt noch ein kurzer Hinweis auf eine kürzlich von
HOoRNUNG gegebene Erklärung ähnlicher Anreicherungen von Kali
(Regionalmetamorphose am Harze. Stuttgart 1902. S. 72— 74 — Industrie
Nr. 18 vom 22. 1. 04. S. 205—206). HORNUNG führt diesen Vorgang
auf die Einwirkung von „hochgradig konzentrierten Salzlaugen, wie
sie bei der Bildung von Salzlagern resultieren“, zurück. Er nennt
diesen Vorgang „Halurgometamorphose“ und bringt ihn in Verbindung
mit der Salzlagerbildung. Bei der Allgemeinheit der Kalianreicherung
ist dieser Erklärungsversuch als nicht haltbar anzusehen.
Bn.
Im Anschluß an die Erwähnung der lateritischen Verwitterung
durch den Vorredner teilt Herr KOERT auf Grund seiner Be-
obachtungen in der Umgegend von Amani (Ostusambara) mit,
daß sich in den dortigen Verwitterungsböden des Gneißes folgende
Stufen zu erkennen gäben:
1. ein Rotlehm, der noch Blöcke von frischerem
Hornblendegneiß umschließt, und der nur an den
Talgehängen vorkommt, soweit durch rückschreitende
Erosion in junger Zeit der Felsuntergrund freigelegt
wurde. Dieser Rotlehm ist, weil am wenigsten ausgelaugt,
in agronomischer Hinsicht der wertvollste der dortigen
Böden überhaupt.
2. Der schon seit längerer Zeit der Verwitterung unter-
worfene gewöhnliche Rotlehm, welcher außer quarzigem
Material Gneiß-Gestein höchstens in stark verwittertem
Zustande führt. Dieser Boden nimmt die bei weitem
größten Flächen in der Gegend von Amani ein.
3. Als das Produkt der beginnenden Laterisierung sieht
Redner den Lateritlehm an, welcher sich in kleinen,
sehr scharf begrenzten Bezirken im Gebiete des ge-
wöhnlichen Rotlehms findet, ein Vorkommen, auf welches
Redner gegenüber den Behauptungen von WOoHLTMANN
bereits früher hingewiesen hat.!) Der Lateritlehm ist
vor allem durch die Führung von tonerde- oder
eisenreichen konkretionären Neubildungen vom gewöhn-
lichen Rotlehm zu unterscheiden und findet sich an-
scheinend nur auf den Höhenrücken oder auf sehr flachen
Gehängen, wohl weil an solchen Stellen die den Boden
auslaugenden Lösungen besonders gut in die Tiefe ein-
dringen können. Der Lateritlehm liefert einen äußerst
sterilen Boden, und sein Vorkommen muß deshalb von den
dortigen Pflanzern beachtet werden.
Eine ausführlichere Schilderung der Bodenverhältnisse in
der Umgebung von Amani wird in den „Berichten über Land-
und Forstwirtschaft in Deutsch-Ostafrika“ erfolgen.
Herr ZIMMERMANN sprach die Vermutung aus, daß die
zum zweiten Teile des von Herrn KAıser besprochenen Bauxit-
bildungsprozesses nötigen Alkalikarbonate wohl erst unter be-
sonderen klimatischen Verhältnissen sich reichlicher bilden können;
') W. KoerT! Bemerkungen zu dem Aufsatz von F. WOHLTMANN
im „Iropenpflanzer“ 1902 H. 12. ‚Die Aussichten des Kaffeebaus
in den Usambarabergen“, Ber. über Land- u. Forstwirtschaft in Deutsch-
Ostafrika. 1908 H. 6.
en N SD
sie kämen wohl im allgemeinen in Deutschland nicht mehr in
solcher Menge vor, daß die Bauxitbildung auch jetzt noch statt-
finde. Dagegen seien jene Verhältnisse vielleicht im Tertiär vor-
handen gewesen, und auf die Wirksamkeit solcher Karbonate sei
vielleicht auch die bisher noch nicht erklärte reichliche Bildung
jener Kieselsäure zurückzuführen, welche als Bindemittel der
tertiären Knollensteine auftrete.e Als Analoga dürften die Salz-
pfannengesteine der Kalahari gelten, die PassarGzE und KALKOWSKY
kennen gelehrt hätten.
Gegenüber den Bemerkungen von Herrn ZımMmERMANN macht
Herr KAISER darauf aufmerksam, daß schon M. Bauvrr bei
dem Vergleiche von Laterit und Bauxit auf die klimatischen Ver-
hältnisse zur Tertiärzeit hingewiesen habe. Aus Beobachtungen
des Vortragenden läßt sich folgern, daß die Bauxitbildung schon
zur Tertiärzeit begonnen hat. Weitere Beobachtungen aber
deuten auch darauf, daß ein gleicher Umwandlungsvorgang noch
in diluvialer Zeit erfolgt ist. Hierauf weist das Auftreten am
Kuckstein bei Oberkassel hin, da sonst das leicht erodierbare
Material am Steilabhang einer Rheinterrasse durch den Stoß des
Flusses fortgeführt sein würde. Noch wichtiger ist das Auf-
treten von zersetzten Basaltgeschieben in den diluvialen Terrassen,
worauf in der Diskussion nicht aufmerksam gemacht wurde.
Herr PHıLıppi fragt an, ob die Bezeichnung „Laterit“ jetzt
nur noch für die Aluminium-Hydroxyde verwendet würde und für
die Aluminium-Silikate nicht mehr in Frage käme.
Herr WAHNSCHAFFE weist darauf hin, daß die Absorption,
d. h. die Fähigkeit gewisser Bodenarten, in Lösung vorhandene
Salze der Alkalien und alkalischen Erden zurückzuhalten, von
den früheren Agrikulturchemikern einerseits auf chemische, ander-
seits auf physikalische Ursachen zurückgeführt worden sei. Neuere
Versuche hätten jedoch mehr und mehr dazu geführt, hierbei
einen chemischen Vorgang anzunehmen, der in der Bildung von
wasserhaltigen Doppelsilikaten, sog. „zeolithartigen Mineralien“,
bestehen solle. Es sei jedoch bisher noch nicht gelungen, diese
Zeolithe mikroskopisch nachzuweisen.
Herr ZIMMERMANN erwähnt, daß die Verfolgung der Tat-
sache, daß gerade die Kalisalze vom Boden bei der Düngung ganz
besonders absorbiert werden, zu einer anderen praktischen Ver-
wendung geführt hat: In dem ausgepreßten Zuckerrübensafte soll
der Gehalt an organisch sauren Kalisalzen dahin wirken, daß
ein Teil des Zuckers nicht auskrystallisiert, sondern in die
weniger wertvolle Melasse geht; leitet man nun diesen Zuckersaft
durch gewisse kleingekörnte tonige Gesteine (z. B. Porphyrtuff),
Be >
so steigt infolge Absorption des Kalis der Ertrag an Kırystall-
zucker. Bemerkenswert ist die Schnelligkeit dieser Absorption:
sie soll für jede Charge in weniger als einer Stunde beendet sein;
und noch bemerkenswerter ist, daß ebensoschnell das Kali aus
dem durch die erste Absorption zu weiterer Wirksamkeit unfähig
sewordenen Gestein durch Kalklösung wieder ausgetrieben und
so das Gestein zu neuer Verwendung regeneriert werden kann.
Gegenwärtig macht erst eine unserer Zuckerfabriken mit diesem
dem Herrn F. Harm in Breslau patentierten Verfahren Versuche
im Großen; deren Ergebnis soll günstig sein, wenn auch die
Methode im einzelnen noch weiterer Ausbildung fähig und be-
dürftig ist.
Herr OTTO JAEKEL legte vor und erläuterte eine neue
Darstellung von Ichthyosaurus. (Hierzu 1 Textfig.)
Die Abbildungen von Ichthyosaurus, die uns in den Hand-
büchern begegnen, stammen größtenteils aus alter Zeit und zeigen
gegenüber unserer heutigen Kenntnis dieser Formen auffallende
Mängel sowohl in der Klarheit wie der Genauigkeit der Dar-
stellung. Da wir nun von Ichthyosauriden nicht nur das Skelet
in allen Teilen, sondern auch den äußeren Umriß kennen, so ist
es wohl angezeigt, von diesem bekanntesten aller ausgestorbenen
Wirbeltiere eine neue Darstellung zu versuchen.
Indem ich dieselbe in Form einer Rekonstruktion zeichnete,
glaubte ich eine wesentlich klarere Vorstellung von dem Skelet-
bau geben zu können, als sie eine Abbildung der mehr oder
weniger verdrückten Skelete im Zustand ihrer Fossilisation bieten
kann, und erblickte auch darin einen Vorteil dieser Methode,
daß dabei das Verhältnis des Skeletes zur äußeren Körperform
klargestellt wird. Die geringe Größe der Abbildung und die
Einfachheit der Reproduktionsmethode setzen ja leider der Ge-
nauigkeit enge Grenzen, immerhin hoffe ich noch bis in- die Form
der einzelnen Wirbelstücke die organischen Züge und ihre Diffe-
renzierungen zum Ausdruck gebracht zu haben. Über das Lage-
verhältnis der Skeletteile zu einander kann ja nach der großen
Zahl vorliegender Skelete und Abbildungen kaum ein wesentlicher
Zweifel obwalten.
Um aber zu einer Rekonstruktion des ganzen Skeletes zu
gelangen, ist eine Kombination der Holzmadener Skelete und
plastisch erhaltener Schädel aus dem englischen Lias unumgäng-
lich. Die Nachteile einer solchen Kombination fallen wohl aber
gegenüber dem didaktischen Nutzen eines Gesamtbildes bier des-
halb wenig ins Gewicht, weil die Ichthyosaurier und besonders
die hier benutzten des Lias einen so einheitlichen Typus reprä-
=. aan
sentieren, daß wesentliche Fehler aus ihrer Kombination kaum zu
erwarten sind. |
Meiner Darstellung legte ich in erster Linie, d. h. für die
Gesamtmaße und Zahlenverhältnisse der Teile, das Skelet von
Ichthyosaurus quadriscissus zu grunde, welches das Museum für
Naturkunde vor etwa zehn Jahren von Herrn BERNHARD HAUFF in
Holzmaden erwarb, und welches außer dem wohlerhaltenen Skelet
auch die Schwanzflosse, Teile der Rückenflosse und der Haut-
bedeckung der Paarflossen zeigt. Neben diesen und anderen mir
von Herrn Geheimrat Branco freundlichst zur Untersuchung
überlassenen Exemplaren des Berliner Museums für Naturkunde
benutzte ich natürlich auch die diesbezüglichen Abbildungen von
EBrRHARD Fraas!) und älteren Autoren.
Was nun zunächst die allgemeine Form von Ichthyosaurus
anbetrifit, so dürfte sie der einer Carcharias lamia oder Oxyr-
rhina glauca unter den Haien am ähnlichsten gewesen sein, nur
daß diese eine sehr kleine zweite Rückenflosse und eine ebenso
kleine Analflosse besaßen, und bei ihnen das obere Schwanzsegel
das kräftigere war. Sieht man von der horizontalen Schwanz-
bildung‘ der Üetaceen ab, so würden unter den letzteren die
Delphine den Ichthyosauriern in der Ausprägung der Spindelform
zum Schwimmen und namentlich der Zuspitzung der Schnauze
am ähnlichsten sein. Jedenfalls ließ sich mit der Anpassung
des ganzen Skeletes an eine äußerst energische Schwimmleistung
die Annahme mehrerer unregelmäßig geformter Rückenflossen, wie
sie der ersten Rekonstruktion von E. FraAas zu grunde lag,
nicht vereinbaren. Die eine jedenfalls ohne Beteiligung des
Skeletes wie bei Cetaceen als Hautflosse entstandene Rücken-
flosse ist — an der höchsten Stelle des Rückens angebracht —
auch bei den Selachiern der Ausdruck höchstgesteigerter
Schwimmkraft. Dasselbe gilt von der Formung der Schwanz-
flosse, die bei den Reptilien aber in ganz origineller Weise zu-
stande kommt und im Rahmen dieser Rekonstruktion eine be-
sondere Betrachtung rechtfertigt, zumal darüber auch von zoolo-
gischer Seite eingehende Betrachtungen angestellt wurden, die
wohl nur einem kleinen Teil der Paläontologen bekannt ge-
worden sind.
!) Die Ichthyosaurier der süddeutschen Trias- und Jura-Ab-
lagerungen. Tübingen 1891.
— Über einen neuen Fund von Ichthyosaurus in Württemberg. N.
dahrb22t. Min. 1892. 95.87, 614 u. 2.
— Die Hautbedeckung von Ichthyosaurus. Jahresh. d. Ver. f. vater).
Naturk. Württemberg 1894, S. 493. t. V.
— Ein neuer Fund von Ichthyosaurus mit Hautbedeckung. Föld-
tani Közlöny. 28. Nov, 1897, S. 69,
Ze
Die Tatsache, daß bei Ausbildung einer zweilappigen Schwanz-
flosse die Wirbelsäule nicht in den oberen Lappen trat, wie dies
bei den Ganoiden und Selachiern lange bekannt war, sondern in
den unteren Schwanzlappen einbog, erschien auf den ersten
Blick sehr befremdlich. F. E. Scaurtze') in Berlin stellte
nun über die physiologische Ursache dieser merkwürdigen
Bildung Betrachtungen an und kam zu dem Ergebnis, daß
der schwächere, nicht vertikal gestützte Schwanzlappen dem
anderen energischer gestützten in der Seitenbewegung nachfolge
und dabei durch schräge Stellung einen Widerstand im Wasser
erzeuge, der nach der kräftigeren Schwanzseite, also bei den
Ganoiden und Selachiern nach oben, bei den Ichthyosauriern
nach unten dränge. F. E. ScHhuLTzE glaubte nun, daß sich
diese Bewegungstendenz auf den ganzen Körper übertragen habe
und also die Fische nach oben, die Ichthyosaurier nach unten
drückte. Den Nutzen dieser Tendenz erblickte er darin, daß
die lungenatmenden Ichthyosaurier leichter als Wasser waren und
deshalb ihren Körper nach unten, die Fische umgekehrt ihren
spezifisch schwereren Körper nach oben drücken mußten. Dem-
gegenüber machte Arızorn!) den meines Erachtens durchaus
berechtigten Einwand, daßein einfacher aufwärts oder abwärts gerich-
teter Vertikaldruck im Schwanz den Körper um seinen Schwer-
punkt drehen und also dem Kopf die entgegengesetzte Bewegungs-
richtung anweisen müßte. Hiernach wären also die Ichthyosaurier
nach oben getrieben worden, was bei ihrer Leichtigkeit wohl
kaum nötig gewesen wäre und erst durch andere Einrichtungen,
wie die Stellung der Paarflossen, hätte kompensiert werden können.
Unter diesen Umständen war eine unmittelbare physiologische
Erklärung der epibatischen (Fisch-) und der hypobatischen
(Saurier-) Flosse nicht gewonnen.
AHLBORN’) betrat nun einen anderen Erklärungsweg, indem
er aus der Technik des Ruderns für die Fischform den. Vorteil
ableitete, das Hauptruder des Schwanzes immer im Wasser frei
bewegen zu können, es also bei oberflächlich schwimmenden
Formen nicht aus dem Wasser hinaus in die Luft und bei boden-
bewohnenden Formen nicht auf den Boden zu schlagen, sondern
es bei jeder Seitenbewegung sofort durch das schwächere Schwanz-
segel in das eigentliche Fahrwasser hineindrücken zu lassen.
AHLBORN konnte unter diesem Gesichtspunkt die gleiche Erklärung,
') Sitz.-Ber. Kgl. preuß. Akad. Wiss., Berlin. 15. Nov. 1894, 8. 1.
?) Uber die Bedeutung der Heteroberien und ähnlicher Schwanz-
formen schwimmender Wirbeltiere für die Ortsbewegung. Zeitschr. f.
wissenschaftl. Zoologie 61 1. Leipzig 1895.
Rekonstruierte Seitenansicht von Ichthyosaurus quadriseissus aus dem oberen Lias von Württemberg.
an).
die für die Reptilien galt, auch für die oberflächlich schwimmenden
Flugfische mit stärkerem unteren Schwanzsegel anwenden.
Ich möchte diesem Gedankengange von AHLBORN ausdrücklich
beipflichten und ihm auch in der Annahme folgen, daß die Be-
wegungsrichtung des ganzen Körpers nicht nur durch die wechselnde
Stellung der Paarflossen, sondern auch z. B. bei den Ichthyo-
sauriern durch die Abflachung des Schädeldaches mitbestimmt
wird. also nicht als ein einfacher Einzelprozeß erklärt werden
kann.
Es scheint mir aber neben den physiologischen auch noch
ein morphologisches Moment hierbei in Betracht zu kommen.
Es ist unleugbar, daß die Abweichungen, die die Fische von der
epibatischen Flossenbildung zeigen (Flugfische, Siluriden) sich in
sehr engen morphologischen Grenzen halten, und jedenfalls bei
den Fischen die epibatische, bei den Sauriern die hypobatische
Ausbildung des Schwanzes den Ausgangspunkt weiterer Differen-
zierungen bilden, die in beiden Fällen schließlich als Norm eine
gleichförmige Ausbildung des unteren und oberen Schwanzflossen-
randes resultieren lassen. Ähnliches ist auch von L. Dorro!)
an der Entwicklung des Dipnoerschwanzes erläutert worden, der
zuerst heterocerk war und dann sekundär amphicerk wurde.
Daraus scheint mir hervorzugehen, daß die physiologisch zweck-
mäßigste Ausbildung des Schwimmschwanzes, von nebensächlichen
Spezialisierungen abgesehen, weder epibatisch noch hypobatisch,
sondern „isocerk* ist, daß also wohl atavistische Hindernisse
vorhanden waren, die erst überwunden werden mußten, bis die
zweckmäßigste Propulsivform des Schwanzes hier wie da resultierte.
Diese atavistisch ererbte Anlage der Schwanzform scheint
mir nun bei den Fischen und bei den Sauriern diametral ver-
schieden gewesen zu sein und dadurch bestimmend für deren epi-
und hypobatische Ausbildung geworden zu sein.
Die ältesten Fische, die wir kennen, sind zweifellos schlechte
Schwimmer gewesen. Indem sie aber ontogenetisch an die Kiemen-
atmung niederer Vorfahren anknüpften und deshalb im Wasser
als solchem sofort wieder heimisch waren, konnten sie das Meer
bezw. das Wasser vom Boden aus erobern. Die Reptilien, die
in sehr viel späterer Zeit ins Wasser zurückgingen, nachdem
sie bereits ausgesprochene Landtiere mit abwärts gekrümmtem
Schwanz geworden waren, sind zweifellos von oben her in das
Wasser gegangen. Während nun bei den bodenbewohnenden
Fischen die oben genannten Faktoren eine Anfbiegung des
') Lovis Doro: Sur la phylogenie des dipneustes. Bull. Soc.
Belge de G£ol. etc. 9 S. 79. Brüssel 1895.
|
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RL AR
Schwanzes nötig machten, bewirkte dasselbe Moment bei den
pelagischen Sauriern umgekehrt eine direkte Ausnützung der
vorhandenen Abwärtskrümmung und damit die Entstehung eines
oberen Flossensegels.
Übrigens scheint mir für die Ausgestaltung aller Schwanz-
enden zur Schwanzflosse der Umstand maßgebend zu sein, daß
der Hauptdruck eines seitlich komprimierten Schwanzes wegen
dessen aktiver Muskulierung und passiver Beweglichkeit in einiger
Entfernung vom Schwanzende erfolgen muß, und deshalb entweder
wie bei den Coelacanthinen oben und unten vor dem Schwanz-
ende (der Pinselflosse) ein Schwanzsegel entsteht, oder daß nur
oben (Schwimmreptilien) oder unten (ältere Fischtypen) ein Segel
zur Ausbildung gelangt. Demgemäß wird auch bei den älteren
Ichthyosauriern das dorsale Schwanzsegel noch kleiner gewesen
sein, etwa so wie wir das durch die Darstellungen von EB. FRAAS
bei den Thalattosuchiern kennen gelernt haben. !)
Bei dem im Münchener paläontologischen Museum befind-
lichen Ichthyosauriden-Schwanz von SOLENHOFEN ist das dorsale
Segel dem vertebral gestützten Ventralsegel ungefähr gleich, der
Schwanz also nahezu isocerk. Zwischen diesem höchsten Stadium
der Schwanzausbildung und dem für die älteren triadischen
Mixosauriden vorausgesetzten Stadium werden die liasischen
Ichthyosaurier etwa die Mitte gehalten haben. Das versuchte
ich durch den Umriß des Schwanzes entsprechend den bisher
bekannt gewordenen Funden von Holzmaden zum Ausdruck zu
bringen.
Der Größenunterschied der Schulter- und Beckenflosse ist
sehr beträchtlich, indem die vorderen Paarflossen die hinteren bei den
liasischen Ichthyosauriern um mehr als die Hälfte, bei den ober-
jurassischen um das Dreifache überragen. Auch darin prägt sich
die Anpassung an die Schwimmleistung aus, denn bei den Fischen
ist nur das vordere Flossenpaar beim Schwimmen von wesentlicher
Bedeutung; die hinteren Extremitäten sind nicht nur meist sehr
viel kleiner als die vorderen, sondern können auch ganz ver-
schwinden oder sich weit von ihrem normalen Platze entfernen.
Es ist das beiläufig bemerkt einer der Gründe, weshalb ich den
Typus der Wirbeltierorganisation nicht von dem Fischtypus ab-
leiten möchte, weil bei dessen Funktion zu der Entstehung der
zwei Extremitätenpaare des Wirbeltierkörpers keine Veranlassung
vorlag.”) Wie wenig die hinteren Flossen auch für marin lebende
!) EB. FrAAS! Die Meer-Crocodilier (Thalattosuchia) des oberen
Jura. Paläontographica 49. 1902. S.-A. S. 60.
?) O. JAEKEL! Über die Stammform der Wirbeltiere. Sitz.-Ber.
Ges. naturforsch. Freunde. Berlin 1896. S. 109.
Bar.
Tetrapoden als hintere Flossen notwendig sind, lehren die Wale
und auch die Seehunde, bei denen sie zur Bildung einer Schwanz-
flosse zusammengelest sind. Es würde mir auch nicht auffällig
erscheinen, wenn sich fände, daß die jüngsten Ichthyosaurier der
Kreide wie die Wale ihre Beckenflossen ganz obliterieren ließen.
Der Schwanz ist das Hauptbewegungs- und Steuerorgan
guter Schwimmer, die große dorsale Mittelflosse die Richtungs-
flosse beim geraden, und die beiden Brustflossen die Richtungsflossen
bei wechselnden Schwimmbewegungen eines derartig vollendeten
Schwimmkörpers. Der Übergang unserer Dampfschiffe von dem
zweiseitigen Radsystem zu dem des terminalen Propellers ver-
anschaulicht auch hier die Bedeutung, die das Schwanzende bei
schneller Bewegung gegenüber den paarigen Brustflossen gewinnt.
Die Zuspitzung des Kopfes, die bei den Ichthyosauriern fast aus-
schließlich durch die Verlängerung der Praemaxillen bewirkt wird,
ist eine mehr passive Reaktion des Körpers auf den Wasserdruck
bei schneller Bewegung und daher auch in seinen verschiedenen
Ausbildungsformen bei Ichthyosauriern ein äußeres Kennzeichen
ihrer Schwimmfähigkeit und berechtigt zu weiteren Schlüssen auch
über den Grad correlativer Ausbildung der oben besprochenen
Organe. Daß dabei auch die schnelle Erfassung der Nahrung
in Betracht zu ziehen ist, hat schon E. FraAas betont, aber ich
glaube, daß schon ein Vergleich mit den Fischen lehrt, daß
diesem letzteren Moment nur eine sekundäre Bedeutung als Aus-
nutzung eines gebotenen Vorteils zukommt.
Die besondere Form der Brustflosse unterlag einerseits einer
orthogenetischen und endemischen Anpassung an das Wasserleben
im Allgemeinen, insofern sich die proximalen Armteile von den
Mixosauriern der Trias aus bis zu den Formen der Kreide all-
mählich verkürzten, die distalen aber verbreiterten und durch
Hyperphalangie vermehrten. Ich stimme auch in dem Punkte mit
Es. Fraas überein, daß man der verschiedenen Länge der
Schnauze keinen besonderen systematischen Wert beimessen darf;
dagegen würde ich andererseits die Spezialisierung der Paar-
flossen in Breit- und Schmalflosser durch Aufstellung besonderer
Gattungstypen etwa unter den Namen Eurypterygius und Steno-
pterygius systematisch schärfer betonen, da es sich allem An-
schein nach hier phylogenetisch um getrennte Formenreihen
handelt. Auch für den Ichthyosaurus longerostris würde ich
vorschlagen, eine besondere Gattung aufzustellen, die sich von
den übrigen Ichthyosauriern ebenso unterscheiden würde wie
Asptdorhynchus von Belonostomus unter den Lepidosteiden.
Im Schultergürtel nehme ich die Existenz eines Suprascapu-
lare') an, da das obere Ende des Scapulare so ausgebildet ist,
ae
daß der einstige Ansatz eines oberen Stückes, wenn auch in
knorpliger Persistenz, wahrscheinlich ist. In der gesamten Aus-
bildung des Schulterapparates stehen die Ichthyosaurier den
Nothosauriern, Mesosauriern und Plesiosauriern nahe, insofern sich
bei allen diesen guten Schwimmern der Schultergürtel durch
mediane Vereinigung und Vergrößerung der ventralen Elemente
wesentlich auf der Brustfläche spezialisiert hat. Indem sich
vorn der claviculare und hinten ein coracoidaler Bogen zwischen
den beiderseitigen . Schultergelenken ausspannen, wird der Zug
der Brustflossen auf der Brustfläche in ähnlicher Weise aus-
geglichen wie bei den Flugsauriern und Vögeln, bei denen die
Verknöcherung des Sternums den Coracoiden als Stützpunkt zu
Hilfe kommt.
In der Loslösung des sehr reduzierten, aber immerhin noch
dreistrahligen (Iium, Ischium, Pubis) Beckens von der Wirbel-
säule dokumentieren die Ichthyosaurier eine wesentlich stärkere
Anpassung an das Schwimmleben als die oben genannten Saurop-
terygier und lehren uns zugleich, wie sich derselbe Reductions-
prozeß bei den Cetaceen vollzogen haben mag. Wenn man be-
denkt, daß die Coccosteiden noch ein vertikal stark entwickeltes,
ventral nach vorn und hinten ausgebreitetes Beckenskelet be-
saßen, so möchte man ıeinen, daß auch die sonstige Reduktion
des Beckenskeletes bei den Fischen durch diese Analogie der
Ichthyosaurier eine weitere Aufklärung erführe. Es wäre sehr
interessant zu erfahren, ob ältere Mixosaurier der Trias noch ein
sacral aufgehängtes Becken besaßen. Es. FraAAs gibt übrigens
an, daß die Ichthyosaurier des oberen Lias nur noch zwei Becken-
elemente jederseits besaßen, ich kann dem aber nicht beipflichten,
da ich an verschiedenen Exemplaren des Berliner Museums je
3 Elemente, schmale nach oben gerichtetete Ilia, proximal und
distal verbreiterte Ossa pubis und rückwärts gewandte, mehr ovale
Ischia beobachtet habe. Ich habe diese Teile deshalb auch in
normaler Zahl und Lage dargestellt. |
In der Darstellung des Schädels habe ich die einzelnen
Elemente schärfer, als dies .bisher geschah, gesondert. Auf die
langen Praemaxillen folgen rückwärts am Kieferrand die schmalen
Maxillaria.. Über den dreieckigen Nasenlöchern treten die
Nasalia seitlich etwas vor; an diesen Fortsatz mag sich wohl
eine Hautklappe zum Verschluß der Nasen angesetzt haben. Die
schmale Brücke zwischen dem Nasenloch und der Augenhöhle
wird gebildet durch die Praefrontalia und Lacrymalia; ich be-
merke dabei, daß mir vergleichende Studien über den Schädel-
bau der Säugetiere und Reptilien wahrscheinlich machen, daß das
sogenannte Praefrontale der Reptilien dem Lacrymale der Säuge-
tiere entspricht, wie es durch die Untersuchungen von JoH
Koger!) charakterisiert worden ist. Über den großen Orbita
liegen median die Frontalia, die an ihrer hinteren Grenze zu-
sammen mit den Parietalia das große Scheitelloch umschließen.
Eine dorsale Ansicht dieser Teile habe ich kürzlich an anderer
Stelle gegeben?). Rückwärts im Oberrand der Orbita liegen die
Postorbitalia, an ihrem Hinterrand die schmalen Postorbitalia, an
die sich unten die Jugalia anschließen, die den Unterrand der
Augenhöhle bilden. Von besonderer Wichtigkeit für die syste-
matische Stellung der Ichthyosaurier ist die Ausbildung ihrer
Schläfenregion. Die obere Schläfengrube, die hier in der Seiten-
ansicht nur angedeutet werden konnte, wird ganz normal medial
von den Parietalien, vorn und seitlich von den Postfrontalien und
rückwärts von den Squamosa umgeben. In unserer Seitenansicht
‚bilden die Squamosa die Ecke hinter der oberen Schläfengrube.
Nach unten schließt sich rückwärts — die seitliche Schädelecke
bildend — das Quadratojugale an, das sich am Kieferrand vorn mit dem
Jugale verbindet. Zwischen diesem Quadratojugale, das am
Unterkiefergelenke liegt, dem Squamosum, dem Postorbitale und
dem Jugale liegt nun ein relativ breit ausgedehnter Knochen,
das Supratemporale, welches keinerlei untere Schläfengrube frei
läßt und durch die Ausdehnung der Augenhöhlen durchaus nicht
zusammengedrängt ist. Ich kann deshalb diese Art der Skeletie-
rung der Schläfenregion nur als einfachen Jochbogen bezeichnen
und der Ansicht von OsBorn°) nicht beitreten, daß die Ichthy-
osaurier modifizierte Diapsidier seien. Ihrem Schädel nach
sind die Ichthyosaurier meines Erachtens synapsid im Sinne
Ösgorns, und ich möchte glauben, daß auch die sonstigen Ver-
hältnisse ihres Skeletbaues, wie z. B. die geschlossene Skeletie-
rung des Unterkiefers, der Bau ihres Schultergürtels und ihrer
Wirbel, uns sehr wohl gestattet, die Ichthyosaurier mit den
Nothosauriern und Plesiosauriern in einem Formenkreis zu belassen.
An der Debatte beteiligten sich die Herren SoLGER und Bere.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
v. w. 0.
BRANco. JAEKEL. ZIMMERMANN.
') Vergleichend anatomische Beiträge zur Geschichte des Tränen-
beines, Stuttgart. (E. Koch) 1879.
?) Uber die Epiphyse und a Sitz.-Ber. Ges. natur-
forsch. Freunde Berlin 1903. S. 34. Fie.
°) The Subelasses Diapsida and Syaäpsidh and the early history
. the Diaptosauria. Mem. Amer. Mus. Nat. Hist. 1. No. 8. New
(ork 1903.
4. Protokoll der April-Sitzung.
Verhandelt Berlin, den 6. April 1904.
Vorsitzender: Herr DATHR.
Das Protokoll der März-Sitzung wurde verlesen und ge-
nehmigt.
Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten:
Herr Dr. Hess von WıcHporFrr, Berlin, Kgl. Preuß.
Geologische Landesanstalt,
vorgeschlagen durch die Herren ZiırkEeL, DATHE
und ZIMMERMANN;
Herr N. H. Darron, Washington, D. C., U. S. Geological
Survey,
vorgeschlagen durch die Herren FrAAs, BrANco
und ZIMMERMANN.
Der Vorsitzende teilte mit, daß vom 14.—19. August d. J.
in Bern der VI. internationale Zoologenkongreß stattfindet und
daß dazu cin Einladungsschreiben an die Gesellschaft ein-
gegangen ist. |
Alsdann wurden vom Vorsitzenden außer den im Austausch
eingegangenen Zeitschriften nachstehende, von den Autoren als
Geschenk für die Bibliothek der Gesellschaft eingesandte Bücher
und Schriften vorgelegt und besprochen:
R. BÄrTLING! Die Molasse und das Glacialgebiet des Hohenpeißen-
berges und seiner Umgebung. S.-A. a. d. Geognost. Jahreshefte
München.
F. CuLAPOwSKI:: O znachodzeniu kilku gatunköw wzlednic odmian
stonia w nizu potnocnoniemieckim i polskim. Osbitka z Rocznika
Towarzystwa Przyjaciöl Nauk Poznänskiego. Rocznik. 30. 1903.
E. KAISER! Die geologisch-mineralogische Literatur des Rheinischen
Schiefergebirges und der angrenzenden Gebiete für die Jahre
1887—1900. 1. Teil: Chronologisches Verzeichnis. 2. Teil: Sach-
register, Kartenverzeichnis, Ortsregister. Nachträge. S.-A. a. d.
Verhandl. naturhist. Ver. d. preuß. Rheinlande, Westfalens u. d.
Reg.-Bez. Osnabrück. 59. 1902 u. 60. 1903.
3
Bun
CHR. TARNUZZER! Geologische Verhältnisse des Albulatunnels.. Mit
einem geologischen Längenprofil 1:10000 und einem Bahnprofil.
S.-A. a. d. 46. Jahresber. d. Naturf. Ges. Graubündens.
F. WAHNSCHAFFE: Neuere Theorien über Gebirgsbildung. S.-A. a.
d. Programm d. k. Bergakademie Berlin für das Studienjahr
1903— 1904.
Herr P. KRUSCH sprach über: Die Zusammensetzung
der westfälischen Spaltenwässer undihreBeziehungen
zur recenten Schwerspatbildung.
Da ich mit einer ausführlichen Arbeit über denselben
Gegenstand für das Jahrbuch der Königlichen Preuß. Geologischen
Landesanstalt und Bergakademie beschäftigt bin, begnüge ich
mich hier mit einem kurzen Referat.
I. In einem Vortrag, den ich vor zwei Jahren in der Deutschen
Geologischen Gesellschaft hielt (s. Diese Zeitschr. S. 189), be-
bandelte ich die Ausfüllung der Querverwerfungen des produktiven
Carbons Westfalens und ihrer südlichen bis ins Devon nachweis-
baren Fortsetzungen. Der Inhalt des Vortrages war kurz fol-
gender: Es ist seit langem bekannt, daß eine Reihe der west-
fälischen Querverwerfungen im Devon als Erzgänge entwickelt sind,
die Bleiglanz und Zinkblende neben vorzugsweise Quarz als Gang-
art führen. Eine auffallende Erscheinung ist deshalb, daß die-
selben: Spalten im Carbon viel Schwerspat und untergeordneter
Erz und Quarz enthalten.
. Diese frühere reichliche Schwerspatbildung führt unwillkürlich
hinüber zu den verhältnismäßig wenigen Stellen, wo wir noch
heut die Entstehung dieses Minerals beobachten können, d. i.
z. B. auf dem Kgl. Steinkohlenbergwerk ‚ver. Gladbeck und den
Zechen Graf Moltke und König Ludwig. Namentlich auf der erst-
genannten Zeche ist der vom Bergmann höchst ungern gesehene
Absatz so reichlich, daß in kurzer Zeit einzelne Wasserlutten
u. Ss. w. vollständig mit Schwerspat ausgefüllt werden.
Schon in dem ersten Vortrag wies ich darauf hin, daß die
Stellen der recenten Schwerspatbildung nicht regellos über das
sanze Steinkohlenbecken verteilt sind, sondern im oder. in der
Nähe des unterirdischen Verbreitungsgebietes des Buntsandsteins
und des Zechsteins liegen.
II. In den letzten zwei Sommern hatte ich Gelegenheit,
sowohl selbst umfassende Untersuchungen von Spaltenwässern
vornehmen zu lassen als auch die Resultate der Zechen zu
sammeln, die mir von vielen Direktionen in liebenswürdigster
Weise zur Verfügung gestellt wurden.
Nach Ausscheidung vieler, aus den mannigfachsten Gründen
unbrauchbarer Analysen zeigte eine Zusammenstellung der übrigen,
daß die Spaltenwässer Westfalens ihrer Zusammensetzung nach
in von einander verhältnismäßig scharf getrennte Gruppen zu-
sammengefaßt werden können und zwar vorzugsweise durch das
Auftreten bestimmter Säuren; die Basen sind überall mehr oder
weniger gleich bis auf das Baryum, welches eine besondere Rolle
spielt und nur ganz vereinzelt auftritt. Aus diesem Grunde
eignet sich neben den Säuren auch das Baryum zur Einteilung.
Die charakteristischen Merkmale der aaa Gruppen‘ sind
1) H» SO: und HC]
2) CO2 gebunden, Ha S0O4 und HCl
8) HCl und Ba
4) HCl in sehr geringer Menge mit nur ganz wenig Basen.
5) Soolquellen oft mit viel freier COs».
Die Analysen von Bachwässern stimmen mit denjenigen der
Gruppen 1, 2 und 4 überein, eine Erscheinung, die ganz natür-
lich ist, da wir es in den meisten Fällen da, wo das Prod.
Carbon die Oberfläche bildet, mit Spaltenquellen zu tun haben.
Der Vollständigkeit halber soll hier noch erwähnt werden,
daß in einem beschränkten Gebiete im nördlichen Teile des
westfälischen Steinkohlenbeckens: Spalten im Kreidemergel nicht
mit Wasser, sondern mit gasförmigen Kohlenwasserstoffen an-
sefüllt sind, die bei einzelnen Tiefbohrungen zu Explosionen
geführt haben. | AR
Was nun die Häufigkeit der Spaltenwässer von. der .an-
gegebenen Zusammensetzung, abgesehen von den Soolquellen und
von 4, auf die ich hier nicht näher eingehen will, anbelangt, so
sind diejenigen der Gruppe 2 am verbreitetsten (°/s aller Analysen);
ungefähr 1/3 aller Analysen fallen unter Gruppe I und nur !/s
unter Gruppe 3. Die Zahl der erbohrten Soolquellen konnte ich
nicht genau feststellen, da mir nur zum geringen Teil das
Material zur Verfügung stand.
Abgesehen von den Soolquellen und von den Baryum haltigen
Wassern, sind die Quellen der übrigen Gruppen regellos über
das westfälische Steinkoblengebirge verteilt.
Besonders interessant ist die Bestätigung der Tatsache,
daß der Baryumgehalt so gut wie beschränkt auf das
Gebiet. ist, in welchem sich zwischen die Kreidedecke
und das Prod. Carbon Buntsandstein und Zechstein ein-
schieben.
III. Auf dem Kgl. Steinkohlenbergwerk ver. Gladbeck hatte
ich im letzten Sommer infolge eines amtlichen Auftrages Ge-
legenheit, die Herkunft der Schwerspat absetzenden Wässer .ge-
nauer zu untersuchen, eine Aufgabe, in der ich von Herrn
3%
BT
Bergwerksdirektor Jonow in der liebenswürdigsten und weit-
gehendsten Weise unterstützt wurde.
Der Schwerspatabsatz von Gladbeck enthält fast 95 .Proz.
Ba S04 mit etwas Sr SO und wenig Ca CO3.
Das Profil der Gladbecker Schächte zeigt — soweit es uns
interessiert — die hellen und dunkeln Mergel und den liegenden
Grünsand der Oberen Kreide über den Sandsteinen und Letten
des Buntsandsteins, welcher vom Zechsteinkalk, der dem Kupfer-
schiefer entsprechenden, bituminösen Mergelschicht, und dem
Zechsteinkonglomerat unterlagert wird.
Beiläufig soll hier erwähnt werden, daß die beiden untersten
Glieder nach den Untersuchungen im Laboratorium der Kgl. Geol.
Landesanstalt und Bergakademie jedes Kupfergehaltes entbehren.
Es liegt also hier die englische Ausbildung des Unteren Zech-
steins vor.
Da ich die Vermutung hatte, daß wir es mit zwei ver-
schieden zusammengesetzten Spaltenwässern zu tun haben, hatte
die Grubenverwaltung die Liebenswürdigkeit, auf meinen Vorschlag
alle 3—5 m Proben von Spaltenwässern unmittelbar aus den
Schachtstössen abzufangen und dieselben auf Baryum, bezw.
Schwefelsäure untersuchen zu lassen. Das Ergebnis war ein
hochinteressantes. Es ergab sich, daß die Wässer im Bunt-
sandstein das Baryum führen, während die Schwefelsäure,
die im allgemeinen in allen Schichten des Gebietes in Spalten
vorkommt, hauptsächlich den Gesteinen im Liegenden des Bunt-
sandsteins entstammt.
Erst nach der Vereinigung der beiden verschieden zu-
sammengesetzten Spaltenwässer treten Baryum und Schwerspat
zusammen, und erst dann ist die Möglichkeit zur Schwerspat-
bildung vorhanden.
Die enge Beziehung zwischen Baryum und Buntsandstein
haben wir auch an andern Stellen Deutschlands, ich erinnere
z. B. an die Schwerspatgänge im Zechstein und Buntsandstein
Thüringens, am Harzrande u. s. w.
Inbezug auf die Form, in welcher das Baryum im Bunt-
sandstein auftreten kann, ist uach meiner Meinung an zweierlei
zu denken, nämlich einmal an den Baryumgehalt von Feldspäten,
die im Buntsandstein enthalten sein können, oder an Baryum-
carbonat, welches als Bestandteil anderer Carbonate im Sandstein
auftreten kann.
IV. Wenn man die Mengen, in denen die einzelnen Metalle
in den Spaltenwässern vorhanden sind, in Betracht zieht, so
steht zweifellos Baryum an letzter Stelle; trotzdem spielt es bei
den recenten Absätzen die größte Rolle. Die Ursache ist in der
|
/
=. OR
schweren Löslichkeit des Schwerspats zu suchen, der leicht aus-
fällt, sobald beide Bestandteile zusammentreffen, und, einmal ab-
gesetzt, nur sehr selten wieder in Lösung geht. Wir haben also
hier wieder einen Beweis für die Beobachtung, daß die Häufig-
keit im Auftreten der aus wässeriger Lösung ent-
standenen Minerale nicht proportional der Menge der
in der Minerallösung enthaltenen Bestandteile ist,
sondern abhängt von dem Grade der Unlöslichkeit der
chemischen Verbindung, die sie darstellen.
In der Einleitung wurde gezeigt, daß der Schwerspat auf
den westfälischen Querverwerfungen ‚häufig ist und weit nach
Süden reicht (z. B. Zeche Gottessegen bei Löttringhausen). Im
Gegensatz hierzu haben wir den recenten Schwerspat lediglich im
und in der Nähe des heutigen Buntsandsteingebietes ja bei Glad-
beck direkt gebunden an diese Formation. Hier liegt der
Schluß nahe, daß früher zur Zeit als sich der Schwer-
spat auf den Querverwerfungen bildete, die Bunt-
sandsteindecke weiter nach Süden reichte.
Einer Erklärung bedarf außesdem die oben ausgeführte Ver-
sehiedenheit der Spaltenausfüllung im Devon (Quarz und Erz) im
Gegensatz zu derjenigen im Carbon (Schwerspat und untergeordnet
Quarz und Erz).
Da die Teile der Spalten, die als Erzgänge im Devon aus-
gebildet sind, naturgemäß ursprünglich tiefere Niveaus dar-
stellen als die im Carbon befindlichen Spaltenausfüllungen, liegt
zunächt die Annahme von primären Teufenunterschieden
nahe. In großer Tiefe bei hohem Druck schied Quarz aus der
Lösung, während vielleicht die komprimierte Kohlensäure Baryum
als Bicarbonat in Lösung erhielt; Baryum konnte dann erst in
höheren Niveaus zur Ausscheidung kommen.
Es ist aber auch die Möglichkeit vorhanden, daß im Laufe
der geologischen Zeiträume eine Änderung in der Zusammen-
setzung der Spaltenwässer eintrat und zwar derart, daß die
heute Erzgänge im Devon darstellenden Teile der ausgefüllten
Spalten schon vor der Zufuhr des Baryums gebildet wurden (viel-
leicht im Spätcarbon), während das Baryum frühestens zur
Buntsandsteinzeit in die Spaltenwasser gelangte.
Im Anschluß hieran erhebt sich eine Debatte zwischen den
Herren BEYSCHLAG, ZIMMERMANN und dem Vortragenden über
das Alter der Querverwerfungen rechts und links von der nieder-
rheinischen Bucht.
Herr ZIMMERMANN wies ferner darauf hin, daß auch in
Östthüringen nur im Zechstein und ganz nahe südlich von seinen
Ba
Ausstreichen, also nahe der Buntsandsteinformation, Schwerspat-
gänge aufsetzen, daß aber weiter entfernt davon die Gänge im
Schiefergebirge fast durchgängig davon frei sind und dafür Quarz-
füllung besitzen.
Herr BEyYscHLAG hob die gleiche Analogie vom Harz
hervor und erwähnte, daß das Vorhandensein von Baryum, wenn
auch nur spurenhaft, an Bohrkernen aus thüringischem Buntsand-
stein im Laboratorium der Kgl. Geol. Landesanstalt und Berg-
akademie nachgewiesen ist.
Herr PAUL GUSTAF KRAUSE sprach über neue Funde
von Menschen bearbeiteter bezw. benutzter Gegen-
stande aus interglacialen Schichten von Eberswalde.
(Hierzu 1 Textfigur.)
Im Jahre 1892 (bezw. 1893) veröffentlichte Vortragender
bereits eine Mitteilung über derartige Funde.) Es waren die
ersten, die überhaupt aus dem norddeutschen, glacialen Diluvium
bekannt waren. Sie stammten ebenfalls aus der Eberswalder
Gegend. Die drei damaligen” Beleg-Stücke wurden bei dieser
Gelegenheit mit den neuen der Gesellschaft vorgelegt.
Jener ältere Aufsatz schloß mit dem Wunsche, daß die
gemachten Mitteilungen dazu dienen möchten, die Aufmerksamkeit
der Forscher und Sammler in erhöhtem Maße auf Funde dieser
Art zu lenken.
Anfänglich schien es, als ob diese Gegenstände vereinzelt
bleiben sollten. Erst im Jahre 1896 beschrieb dann W. Damss?)
ein Schulterblatt eines Pferdes aus dem Interglacial von Berlin,
das Spuren der Bearbeitung zeigen sollte. Dames focht in diesem
Aufsatze die interglaciale Natur der Ablagerungen, aus denen
meine Funde stammten, an. Daß übrigens hier bei Halensee wohl
ganz analoge stratigraphische Verhältnisse herrschten wie im Ebers-
walder Talzuge kam mir wohl damals schon in den Sinn. Ich
hatte aber noch nicht die nötige Übersicht über diese Lagerungs-
verhältnisse, um in meiner Entgegnung?) auch auf diesen Punkt
eingehen zu können. Nachdem ich in der Zwischenzeit genugsam
Gelegenheit gehabt habe, einschlägige Beobachtungen zu machen,
) P.. G. KRAUSE: Über Spuren. menschlicher Tätigkeit atıs
interglacialen Ablagerungen in der Gegend von Eberswalde. Archiv
f. Anthropologie 22. S. 49—55 mit 3 Textfig.
?) Über eine von Menschenhand bearbeitete Pferdeskapula aus
dem Interglacial von Berlin. N. Jahrb. f. Min. 1896 1. S. 224—227
mit 2 Textfig.
®) P. G. Krause: Zur Frage nach dem Alter der Eberswalder
Kieslager. N, Jahrb. f. Min. 1897 1. S. 192—198.
IT ee
stehe ich nicht an, jene Behauptung zu vertreten. Darüber, daß
die dort angegebenen Reste von Oberem Geschiebemergel nicht als
solche aufzufassen sind, ist wohl heutzutage ebensowenig jemand
im Zweifel, wie darüber, daß dort die oberflächlichen Schichten
nicht aus sog. Unterem Sand, sondern aus jungdiluvialem Sand
(Terrassensand) bestehen. In meiner Entgegnung habe ich sodann
“ den Nachweis zu führen versucht, daß die Damzsschen Einwände
hinfällig sind. Hinsichtlich des einen der drei damals erwähnten
Punkte!), an denen eine Überlagerung der Schichten durch
Oberen Geschiebemergel - zu beobachten war, ‘möchte ich hier
bei dieser Gelegenheit berichtigend bemerken, daß der im Wege-
planum der „Neuen Promenade“ hinter dem „Landhause“ an-
sefahrene Geschiebemergel, wie nachträglich bessere Aufschlüsse
erkennen ließen, gegen die Sande und Kiese abstößt. Diese Er-
scheinung, daß bisweilen inselartig aufragende Geschiebemergel-
partieen mit senkrechten oder auch wohl etwas überhängenden
Grenzflächen gegen Sande oder andere Bildungen abstoßen, ließ
daher solange die andere Deutung zu, bis die Vergrößerung und
Tieferlegung des Aufschlusses die richtige Auffassung der Lagerungs-
verhältnisse ermöglichte. Dieser eine Punkt ‚schiede also aus
meiner damaligen Beweisführung aus.
Dem von Damzs beschriebenen Berliner Funde reihten sich
dann im Jahre 1897 zwei weitere Fundstücke an, die G. Maas?)
aus der großen Kiesgrube am Schilling bei Posen veröffentlichte.
Trotzdem nun aus verschiedenen Gegenden derartige Spuren
menschlicher Tätigkeit aus dem Diluvium Norddeutschlands bekannt
geworden waren, blieb im allgemeinen die Aufnahme dieser Funde
“ in der wissenschaftlichen Welt recht kühl. Selbst Horrnes sucht
sie noch in seinem neuen Buche „Über den diluvialen Menschen
in Europa“ (Braunschweig 1903, S. 7, Anm. 2) .als „viel zu
geringe, zu isolierte und vor allem zu unsichere Spuren‘ ab-
zuweisen.
Einen neuen erfreulichen Aufschwung nahm dann unsere
Kenntnis und Erkenntnis von diesen Dingen, als, angeregt durch
die Untersuchungen französischer, englischer und belgischer
Forscher (vor allem durch A. Ruror), A. Kuaarsch und
Hanne®) an verschiedenen Punkten Norddeutschlands. (Rüders-
dorf, Britz bei Berlin, Magdeburg) eine ganze Anzahl Feuerstein-
Eolithen auffanden und beschrieben.
.) & 2. 0.8. 195.
eb zwei anscheinend. bearbeitete Gesteinsstücke aus dem
Diluvium. Jahrb. Kgl. Preuß. geol. L.-A. für 1897. Berlin 1898.
S. 32-35. 2 Textfig.
%) Zeitschrift für Ethnologie 1903,
BR 2
Endlich hat dann noch O. Jarker!) solche von Freyenstein
in der Mark bekannt gemacht. Leider sind aber hier die
geologischen Verhältnisse noch nicht klar gestellt, so daß über
das Alter dieser vorläufig nichts Sicheres feststeht.
Seit meiner ersten Entdeckung jener Spuren menschlicher
Tätigkeit im Diluvium habe ich diese Frage nicht wieder aus
dem Auge verloren, aber mein Augenmerk richtete sich beim
Sammeln doch immer auf die lamellenartigen Stücke (Eclats der
Franzosen) mit Schlagmarken. Erst als ich durch den ver-
storbenen Prof. BeusHAusen, der sich gelegentlich eines Auf-
enthaltes in Brüssel auch mit diesen Dingen vertraut gemacht
hatte, auf die zahlreichen, diesem Gegenstande gewidmeten Arbeiten
Rurorts aufmerksam gemacht wurde, achtete ich nun auch auf
die mit Schartungen (retouches) versehenen Stücke. So hatte
ich denn schon früher eine Anzahl solcher Feuersteine gesammelt,
vor allem aber in den letzten Wochen, durch die Ausstellung von
Dr. Hanne in dem Museum für Völkerkunde veranlaßt, neue
Aufsammlungen vorgenommen, die zu dem Ergebnis führten, daß
ich Ihnen eine ganze Anzahl solcher retouchierten Stücke vor-
legen kann.
Bevor ich aber auf diese Stücke selbst eingehe, möchte ich
noch erst über die beiden Fundpunkte einiges vorausschicken.
Es kommt mir bei diesen Mitteilungen in erster Linie natürlich
auf die geologischen Verhältnisse und deren Klarstellung an.
Der eine Fundort ist die in meiner früheren Veröffentlichung
bereits nach dieser Hinsicht geschilderte große Kiesgrube am
Bahnhof Eberswalde. Hier hat man neuerdings, nachdem alle
übrigen Kieslager ausgebeutet sind, westlich des Weges, der an
der Südseite des Grundstückes der Eisenbahnhauptwerkstatt entlang
zum Zainhammer führt, den Abbau eines neuen kleinen Kieslagers
in Angriff genommen. Hier liegt der Kies mit Schrägschichtung
unter einer Decke von etwa 2—3 m geschiebefreien Talsandes.
Aus den unveränderten Wänden dieses Kieslagers habe ich die
in Rede stehenden Eolithe herausgezogen. Nur zwei der Stücke
waren aus der Kieswand herausgerollt und lagen frei auf dem
Hange. Sie stammen aber auch zweifellos aus dieser Wand,
denn der darüberliegende Talsand ist geschiebefrei und olıne
Kalkgehalt. Diese beiden Stücke haben aber die bezeichnende
Kalkkruste an sich, wie sie für Gerölle in dem ja sehr kalk-
reichen Kies häufig ist.
Könnte man an diesem Punkte den Einwand erheben, daß
hier an Ort und Stelle kein Geschiebemergel die Fundstelle über-
!) Über Feuerstein-Eolithe in der Mark. Ebenda. S. 830-838,
a er
lagere und daß die Auflagerung desselben in dem Einschnitt der
Viktoriastraße noch ein ganzes Stück davon entfernt, wenn auch
im selben Zuge gelegen sei, so läßt der neu zu besprechende
zweite Fundpunkt über diese Lagerungsverhältnisse gar keinen
Zweifel. Ich hatte ihn übrigens auch schon in meiner Entgegnung
segen W. Damzs als beweisenden Aufschluß angeführt. Es ist
die Kiesgrube hinter dem Wirtshaus „Zur Mühle“ am Eichwerder.
Wir haben hier ebenfalls einen Aufschluß in der Hochterrasse
vor uns. Die geologische Spezialkarte in 1:25000, Blatt Ebers-
walde, an deren Östrande der Aufschluß liegt, gibt hier un-
richtigerweise schon Hochfläche mit Unterem Sand an, während
entsprechend der Nordseite des Talzuges auch hier erst etwa
die 50 Meter Kurve den Rand des alten Beckens bezeichnet.
Diese Ränder lassen sich auch deutlich nachweisen und liegen
hier nicht bei 40 m, sondern etwa 10 m höher. Doch dies nur
nebenbei. In einer anderen Arbeit werde ich Gelegenheit nehmen,
auf die geologischen Verhältnisse der hiesigen Gegend eingehender
zurückzukommen.
Von diesem Aufschluß der Kiesgrube habe ich das folgende
Profil aufgenommen, das nach einer Photographie und Skizze
von mir durch Herrn M. Pürz gezeichnet ist (s. S. 44.)
Zu unterst liegen fast schwebend feine, weiße, wohlgeschichtete
Spatsande. Sie sind zwar im Bilde durch Abrutschmassen größten-
teils verdeckt, reichen aber bis zur mittleren Abbausohle hinauf,
wie man an einer Grube in derselben erkennen kann.
Darüber folgt dann von der mittleren zur. oberen Abbau-
sohle die Wand, in der sich hier die Eolithe fanden. Es sind
das die schräg gestellten Kiesschichten (K, rechts im Bilde),
aus denen sämtliche Stücke meist nahe der Oberkante dieser
Schichten von mir eigenhändig entnommen sind. Diese gröberen
Kiese lehnen sich nach links an Sande und an feine sandige
Kiese, die schwach muldenförmig gelagert sind. Diese ganze
Gruppe hat eine nahezu wagerechte Oberfläche, auf die sich
zunächst eine schwache Steinsohle und darüber kreuzgeschichtete
Sande legen. Diese Sande waren früher in Profilen, die ich im
Jahre 1897 dort an der westlichen Wand der Grube aufnahm,
stark gestaucht und in liegende Falten gelegt offenbar unter dem
Einfluß des darüber hinwegschreitenden Eises. Darüber folgt
dann im rechten (westl.) Teil des Profils ein hier etwa 0,5 m
mächtiger Oberer Geschiebemergel, der nach einer leider durch
Abrutsch verdeckten Stelle links am Rande des Profils mehrere
Meter Mächtigkeit erreicht und der hier sich napfartig ein-
senkenden Oberfläche der Sande und Kiese folgend tiefer hinab-
JE
Nach W von dieser durch besondere Mächtigkeit aus-
zieht.
indem er ein kleines Kies-
gezeichneten Stelle gabelt er sich,
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von denen die untere
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und Sandlager umschließt, in zwei Bänke
noch ein ganzes Stück weit zu verfolgen ist, bis sie durch Ab-
rutsch verdeckt wird.
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Von geologischem Belang ist in diesem Aufschlusse noch, daß
in dem eben erwähnten, vom Geschiebemergel eingeschlossenen
Lager an der Grenze zwischen Sand und Kies ein schwaches Ge-
schiebemergelbänkchen sich einschiebt, das zu oberst nur einige
Zentimeter stark aus einem matt roten Geschiebemergel besteht, wie
ich ihn wohl im „alten Grund“ bei Rüdersdorf und an der Küste
bei Palmnicken (Samland) gefunden, in hiesiger Gegend aber noch
nicht gesehen habe. Dieses Bänkchen liegt unmittelbar auf einem
etwas stärkeren des gewöhnlichen braungelben Mergels.
Daß diese Geschiebemergelbank nun wirklich auch über das
ganze Kieslager hinwegging, das ließ sich mit völliger Sicherheit
Schritt für Schritt mit dem Vorgehen des Abbaues verfolgen.
Diese Geschiebemergeldecke findet sich meist dicht unter
der Oberfläche auch weiterhin in der Gegend. Sie hat aber
durch kleine Erosionstäler, in die sie sich nicht hineinzuziehen
‚scheint, eine Zergliederung erfahren, die beweist, daß jene
Tälchen erst nachträglich entstanden sind.
In diesen Kiesen sind übrigens nach Angabe der Arbeiter
auch mehrfach größere Knochen gefunden, die natürlich auf die
großen diluvialen Säuger zu beziehen sind.
Wenn wir uns nun die Kiese selbst genauer ansehen, so
muß Jedem, der mit Aufmerksamkeit darin sammelt, auffallen,
daß alles übrige Gesteinsmaterial von Silikat- oder Sedimentär-
Gesteinen in mehr oder weniger schön abgerollter und gerundeter
Form darin vertreten ist. Dagegen sind die unmittelbar der
Kreide entstammenden Feuersteine in auffallender Menge als
mehr oder weniger scharfkantige Bruchstücke vorhanden, während
die sog. Wallsteine, jene aus einem zerstörten eocänen Konglo-
merat stammenden Feuersteine, die auch nicht selten sind, nur
vereinzelt einmal als Bruchstücke vorkommen, sonst immer ge-
rundet sind.
Wenn man nun diese Feuersteinscherben aus der Kieswand
an einer geeigneten Stelle — am besten nahe der Oberkante —-
absammelt, dann wird man in der Regel bald das eine oder
andere darunter finden, das deutliche Spuren der menschlichen
Tätigkeit in Gestalt von Abspleissungen längs einer Kante zeigt.
Es ist mir selbst gelungen, eine Anzahl solcher Eolithe
hier zu entdecken. Ich habe mich bei der Bestimmung und
Untersuchung dieser Gegenstände der liebenswürdigen Unter-
stützung des Herrn EpuAarp Krause, Konservators am Kgl.
Museum für Völkerkunde in Berlin, zu erfreuen gehabt, der die
von mir bereits als Eolithe erkannten Stücke als solche bestätigte
und mich noch auf eine weitere Anzahl von solchen darunter
-aufmerksam machte, deren Bearbeitung ihm ebenfalls. zweifellos
en,
schien. Es sei mir gestattet, genanntem Herrn auch an dieser
Stelle hierfür wie auch für mancherlei andere wertvolle Hin-
weise ebenso wie Herrn Dr. Hanse-Magdeburg meinen verbind-
lichsten Dank auszusprechen.
Unter den gesammelten und vorgelegten Stücken lassen sich
zunächst solche unterscheiden, die nur Abspleissungen durch
Gebrauch, wie sie eine scharfe Kante erfährt, zeigen, und solche,
die auf absichtliche Bearbeitung hinweisen, indem man eine
stumpfe Kante durch Abspleissungen zugeschärft hat. Was die
Formen der Eberswalder Eolithe betrifft, so lassen sich darunter
Rundschaber, Hohlschaber und messerartige Schaber unterscheiden.
Letztere sind entweder mit nur einseitiger Schartung der Kante oder
mit entgegengesctzter, dann immer rechtsseitig liegender Dengelung,
wie man die retouche auch wohl verdeutscht hat, versehen. Unter
den Hohlschabern finden sich auch einige, bei denen die Schab-
flächen rechts und links von einer in der Mitte stehen gebliebenen
Spitze liegen. Es sind dies kleinere Stücke, die wohl mit ihrer
Spitze als pfriemenartige Instrumente verwendet worden sind. Außer
diesen Formen finden sich dann auch noch lamellenartige Stücke
(&clats) mit Schlagflächen und Schlagmarken, sowie nucleusartige,
von denen solche T,amellen abgedrückt bezw. abgeschlagen sind.
Auch für alle diese Stücke trifft das von Dr. Hanne be-
tonte physiologische Moment zu, daß sie nämlich beim Arbeiten
mit der abgespleißten Kante paßrecht in der Hand liegen.
Haben wir es nun bei diesen Funden mit den an Ort und
Stelle entstandenen Erzeugnissen menschlicher Tätigkeit zu tun
oder sind sie zusammengeschwemmt, wenn auch vielleicht nicht
von weit her? Ich glaube diese Frage im letzteren Sinne be-
antworten zu müssen, sonst würden sich die Gegenstände nur an
der Oberfläche des Kieslagers finden, nicht auch tiefer darunter.
Jedenfalls lehren alle diese nun in verschiedenen Provinzen
(Sachsen, Brandenburg und Posen) festgestellten Vorkommen von
Eolithen, daß der Mensch bereits in der Eiszeit in ziemlicher
Menge hier in Norddeutschland gelebt haben muß. In meinem
ersten Aufsatze hatte ich damals betont, daß hinsichtlich der
Frage nach den damaligen menschlichen Wohnungen sich eine
gewisse Schwierigkeit erhebe, da wahrscheinlich doch noch kein
eigentlicher Wald, wie heutzutage, vorhanden war. Ich glaube
aber, daß die auf der damaligen Oberfläche des Landes gewiß
in demselben reichlichen Maße teils einzeln, teils zu Gruppen
und Haufen vorhanden gewesenen großen Blöcke und Platten,
wie wir sie vor Jahrhunderten auf der heute von uns bewohnten
jüngeren Diluvialoberfläche ja ebenfalls besessen haben, vom da-
maligen Menschen für die Anlegung von Wohnstätten in ver-
u ME
schiedener Weise benutzt sein werden. Teils hat man sie wohl
einfach in ihrer natürlichen Anordnung schon verwenden können,
teils aber auch mit mehr oder weniger großer Nachhilfe dazu
umgeschaffen.
Die Verbreitung der Eolithe hat aber, wenn sie sich in dem
Maße weiter nachweisen läßt, auch noch eine vom stratigraphischen
Gesichtspunkt aus wertvolle Bedeutung. Gelingt es, was zu-
künftiger Forschung vorbehalten werden muß, bestimmte Ent-
wicklungsstadien in der Erzeugung dieser Gebilde in bestimmten
Horizonten des Diluviums nachzuweisen, dann würden wir damit
ein für diese Formation doppelt wertvolles Leitfossil gewinnen
Doch wie dem auch sei, jedenfalls ist, sowohl geologisch und
paläontologisch wie auch anthropologisch betrachtet, das nach-
gewiesene Vorkommen des Menschen im norddeutschen Diluvium
von wesentlicher Bedeutung.
Herr PAssarGE wies auf die wahrscheinliche Benutzung
einiger der vorgelegten Feuersteine zum Schaben der Felle hin.
Herr E. PHILIPPI sprach sodann über die permische
Vergletscherung Südafrikas unter Vorlage schöner großer
Stücke von geschrammtem Diabas - Untergrund, von Moränen-
material und Scheuersteinen, sowie von Photographien großer
anstehender Gletscherschliffe und Rundhöckerlandschaften.
Herr KÖHNE bezweifelte die richtige Bestimmung der
Sigullaria Brardi aus dem Transvaal, die für die Alters-
bestimmung der dortigen Glacialbildungen. große Bedeutung be-
sitzen würde.
An der weiteren Diskussion beteiligten sich die Herren
JENTZSCH und PASSARGE.
Herr ZIMMERMANN legt die ersten Versteinerungen
aus Tiefbohrungen in der Kaliregion des nord-
deutschen Zechsteins vor, nämlich Gervilla, Liebea ?,
Schizodus ? und einen Brachiopoden, sowie Ohondrztes-artige
Tange, und knüpft daran folgende Bemerkungen über die nord-
deutschen Kalilager im allgemeinen und über den „Salzton“
darin im besonderen.
Bekanntlich unterscheidet man unter den norddeutschen Kali-
lagern mindestens zwei Typen, die sich räumlich streng von
einander sondern und deren Beziehungen zu einander noch nicht
genügend geklärt sind.
Der eine Typus ist im Werragebiet und in Hessen
verbreitet; er ist gekennzeichnet durch das Vorhandensein des
Be
10-25 m mächtigen Plattendolomites, durch das Vorhandensein
mehrerer und zwar relativ gering mächtiger Kalilager innerhalb
des Steinsalzlagers, welches durch Letten, . Anhydrite und Salz-
tone von diesem Dolomit, der darüber liegt, getrennt wird, und
durch einige weitere Merkmale.
Der zweite Typus ist der älter und allgemeiner bekannte
Staßfurter Typus. Ihm gehört nicht bloß das ganze Magdeburg-
Staßfurt-Halberstädter Becken an, sondern er erstreckt sich von
hier auch im Zusammenhang durch die Mansfelder Gegend östlich
und südlich um den Harz herum bis nach Bleicherode, dehnt
sich ferner westwärts in die Provinz Hannover aus, wo er
vielleicht durch einen dritten Typus abgelöst wird, der mir aber
nicht näher bekannt ist, und erstreckt sich endlich auch nach
Norden und Nordosten. weithin, bis nach Lübtheen in Mecklen-
burg und bis Rüdersdorf und Sperenberg in der Mark. Von
diesem Typus habe ich eine große Reihe von Tiefbohrungen sehr
genau untersuchen können, und ausschließlich auf ihn bezichen
sich auch die weiteren Mitteilungen.
Dieser Typus ist gekennzeichnet unter anderem durch das
Fehlen des Plattendolomites, durch das Auftreten nur eines
einzigen abbauwürdigen, dafür um so mächtigeren (30—40 m
im Durchschnitt) Kalihorizontes, der aus dem Hauptsteinsalz-
lager hervorgelt und es nach oben hin abschließt, und
endlich dadurch, daß er seinerseits sogleich von einem dünnen
(4+—10, selten mehr m mächtigen) Lager des sogen. Salztones
und darüber einem mächtigen (40 —50 m) Lager von Anhydrit,
den ich den Hauptanhydrit nenne, bedeckt wird.
Das schematische Normalprofil dieses Staßfurter
Typus ist folgendes (die abgerundeten Mächtigkeitszahlen ent-
sprechen dem großen Durchschnitt): |
Hangendes: Unterer Buntsandstein (250-280 m).
1. Braunrote massige, bis undeutlich geschichtete Bröckel-
letten mit Anhydritknollen (20 —30 m). ')
2. Anhydrit (0,3 —3 m).
3. Jüngeres Steinsalz (50—200 m), regelmäßig mit einer
Einlagerung von rotem Salzton und eigenartigem (pegmatit-
artigem) Anhydrit, zuweilen mit dünnen kalihaltigen Zonen.
4. Hauptanhydrit (40 —50— 90 m).
') Diese Schicht wird von Anderen vielfach noch zum Buntsand-
stein gerechnet, was insofern Berechtigung hat, als eine durchaus
ähnliche, und sogar noch mächtigere, ebenfalls Anhydritknollen führende
Schicht auch innerhalb des Unterbuntsandsteins wohl überall wieder-
kehrt; ich rechne sie aber noch zum Zechstein als dessen alleroberste
Schicht, als Vertreter des „Oberen Zechsteinlettens“.
De area
Grauer Salzton (4—10 m).
Kalisalzregion (30—40 m).
- Älteres oder Hauptsteinsalzlager (100--900 m).
Mehrmaliger Wechsel von z. T. sehr mächtigen Anhydriten
und Dolomiten, letztere z. T. in der Form der Stink-
schiefer, und mit 1 oder 2 Steinsalzlagern von geringer
(8—15 m) Mächtigkeit; insgesamt 70—-270 m.')
9. Mergel und Kalk des Unteren Zechsteins (4—1O0 m).
10. Kupferschiefer und Zechsteinkonglomerat (0,5 —4 m).
a In or
Von diesen Schichten ist jede einzelne für den Erfahrenen
an ganz besonderen Merkmalen auch außerhalb ihres Lagerungs-
verbandes erkennbar, so z. B. auch jeder der genannten Anlıydrite
vom andern unterscheidbar. Da sich nun auch die Salzlager an
Stellen, wo sie fehlen, aber nach dem hier gegebenen Profil erwartet
werden müßten, stets (soweit ich nach meinen eigenen Erfahrungen
der letzten Jahre urteilen kann) durch Residualbildungen, die als
solche leicht kenntlich, z. B. oft breccienhaft sind, zu erkennen
geben, so vermochte ich auf dieses Gesamtprofil mit Leichtigkeit
alle durch die Tiefbohrungen tatsächlich gegebenen Einzelprofile
zurückzuführen. Und wenn die Praktiker des Bohr- und Berg-
wesens die besonderen Merkmale der einzelnen genannten Schichten
besser beachteten und bei jeder durchfahrenen Schichtenfolge
sich genau Rechenschaft darüber gegeben hätten und geben würden,
ob denn auch alle nach jenem Schema zu erwartenden Schichten
und Schichtgruppen und in welcher Reihenfolge (ob vom Hangenden
zum Liegenden oder aber umgekehrt vom Liegenden zum Hangenden)
sie angetroffen wurden, und aus welchem Grunde die eine oder
andere nicht angetroffene fehlte, -— so würden sie Faltungen,
Verwerfungen und sonstige Lagerungsstörungen rechtzeitig und
richtig erkennen und würden Millionen für verfehlte Aufschluß-
arbeiten haben sparen können und können sie künftig sparen.
Schon seit langer Zeit haben allerdings viele Praktiker
die Bedeutung einer Schicht, nämlich des unter 5. angegebenen
Salztones, als Leitschicht für das Kalilager erkannt; es
ist aber, wie angedeutet, nicht die einzige Leitschicht, es ist
nur die für den Laien am leichtesten erkennbare. Ebenso wichtig
ist aber die wissenschaftliche Bedeutung ebendesselben Salz-
tones als Deck-, soll angeblich heißen: als Konservierungs-
schicht des Kalilagers. Bekanntlich hat namentlich Ochsexıus
schon lange und auch wieder neuerdings darauf hingewiesen, daß
!) Diese Schichten sind selbstverständlich durch die Tiefbohrungen,
die doch zumeist nur dem Kalilager gelten, nur selten aufgeschlossen
und darum noch wenig gekannt.
ohne einen solchen Schutzdeckel das eben enstandene Kalilager
durch das von neuem in den bisher abgeschlossenen Meerbusen
einbrechende Ozeanwasser (das sich durch den dann abgelagerten
Anhydrit (Nr. 4) verewigt hat), aufgelöst und gänzlich zerstört
worden wäre. Und er hat im weiteren Verfolg dieses Gedankens
sogar gemeint, jener Schutzdeckel könne nicht selbst aus dem
Meerwasser abgesetzt, sondern er müsse notwendig subaerisch,
als Staub eingeweht sein!); dieser Staub sei es dann auch
gewesen, der die letzten Reste der Mutterlauge in sich einsog,
darunter gerade die am leichtesten zerfließlichen Jodsalze.
| Diese in der Tat recht bestechende Theorie hat sich aber
nun nicht bloß mit der hier in der Anmerkung besprochenen
Tatsache der so überraschend geringen Mächtigkeit von z. T.
nur ca. 4 m (bei ungestörter Lagerung!) und der dabei doch
bestehenden ununterbrochenen Verbreitung dieser Schicht von
Bleicherode über Heldrungen und Staßfurt bis Lübthieen und Rüders-
dorf abzufinden, sondern auch mit zwei anderen ihr ungünstigen
Tatsachen: Zuerst damit, daß dieser „Salzton“ stets eine aus-
gezeichnete Dünnschichtung, und zwar dünnschichtige Ab-
wechselung, von leicht zerfallenden Salz-Mergeln?) mit Anhydrit, mit
? Polyhalit und mit zuckerkörnigem Dolomit besitzt; nach PREcHT
ist das Caleiumsulfat besonders im Liegenden, das Magnesium-
!). Ztschr. f. prakt. Geologie 12, 1904, S. 24. — Wenn OCHSENIUS
hier behauptet, „5-10 m Salzton .hätten für die festen, aber
hygroskopischen Salze des Untergrundes keine hinreichende Decke
gegeben, um sie vor Wiederauflösung zu schützen“, es wären vielmehr
20—50 m nötig und auch nachgewiesen, so meint er entweder eine
andere Schicht des obigen Normalprofils (aber das ist sehr unwahr-
scheinlich; und wenn doch, welche wäre es denn dann?), — oder aber
er wird durch die Tatsachen widerlegt (ich führe z. B. nur an, daß
PRECHT, gewiß einer der besten Kenner, in seiner „Salzindustrie“*
5. Aufl. S.:9 nur die eine Durchschnittszahl 8 m nennt, und daß in
der Jubiläumsschrift „Schmidtmannshall 1878— 1903“ sämtliche Bohr-
und Schachtprofle nur 38,8 bis 6 m angeben, von hundert anderen
Beispielen, die ich noch kenne, ganz abgesehen), — oder endlich er
nimmt die im Bohrloch erlangten Werte als „Mächtigkeit“ ohne
Rücksicht auf Einfallwinkel und etwaige Wiederholung durch Faltung,
wie er es z. B. ebenda S. 23 beim „älteren Steinsalz“ des Bohrloches
Oldau tut, das 1472 m mächtig durchbohrt sein soll, aber petrographisch
erstens nicht bloß „älteres“, sondern auch jüngeres Salz ist, und
zweitens infolge O-förmiger Lagerung, mit überall sehr steilem Fall-
winkel, zu solchen Mächtigkeitsangaben sich gar nicht verwerten läßt.
Ü brigens enthält die zitierte Schrift des doch sonst so verdienten Salz-
lagerstättenforschers noch verschiedene andere, teils falsche, teils un-
klare oder sehr mißdeutige Angaben, auf die ich aber hier nicht ein-
gehen kann.
?) Diese könnten übrigens am ehesten noch den sonst recht un-
sachgemäßen, aber eingebürgerten Namen Salzton führen.
Ihe
karbonat besonders am Hangenden vorherrschend, was ich- glaube
bestätigen zu können; diese Gesteine zeigen solche Lagerungs-
form und Beschaffenheit, daß ihre subaerische Zuführung eben-
sowohl, wie ihre nachträgliche konkretionäre Entstehung — mir
wenigstens — ausgeschlossen erscheint.
Und endlich hat sich jene Theorie mit der Tatsache ab-
zufinden, daß in diesem Salztonlager, und zwar in den mürben
Salzmergeln und in den Dolomiten, marine Versteinerungen
von mir an verschiedenen Orten, nämlich bei Sperenberg, bei
Querfurt u. a. O., aufgefunden worden sind. Die Bivalven sind
z. T. sehr reichlich vorhanden, aber nicht gerade schön erhalten,
insbesondere, weil sie durch die beim Austrocknen des Gesteins
in der Sammlung massenhaft ausblühenden und das Gestein zum
Zerbröckeln bringenden Salzkryställchen mit zerstört werden; aber
am frisch geförderten, noch feuchten Bohrkern ließen sich die
Gervilien doch recht gut bestimmen, weniger sicher die Ziebea;
beide haben etwa 1 cm Größe; ein fast 3 cm großer, aber am
Rand und besonders am Wirbel nicht erhaltener Muschelabdruck
schien auf Schizodus hinzudeuten. In einem Bohrloch bei Frank-
leben unweit Merseburg, wo leider die Kerne etwas durcheinander
gekommen waren, aber in einem Gestein, welches trotz seiner festeren
Beschaffenheit hierher gehören könnte, waren auch Pleurophorus
costatus und kleine Gastropoden mehrfach zu finden. Endlich
fand ich in einem Dolomit, der sicher aus dieser Schicht 5. stammt,
von Sperenberg, auch eine 4 mm große, sehr gut erhaltene, als
Schwefelkiessteinkern erhaltene Terebratelähnliche Brachiopode, in
deren kleiner Schale die Zahnstützen deutlich sichtbar sind. In
den Salzmergeln endlich weist nicht bloß die rauchgraue Färbung
des Gesteins auf humose Substanzen hin, sondern es finden sich
auch reichlich und fast an allen Fundorten dunkele, z. T. ver-
ästelte, bis 4 mm breite Bänder auf den Schichtflächen, wie sie
von Chondriten hinterlassen werden.
Wenn man auch als möglich annehmen könnte, daß die
kleinen dünnschaligen Bivalven mit eingeweht wären, und wenn
man sich über die dann entstehende Schwierigkeit der Be-
antwortung der Frage hinwegsetzen wollte, woher sie denn
dann eingeweht seien, so kann man die Chondrtiten, deren
Pflanzennatur in diesem Falle über jeden Zweifel erhaben sein
und von jedem Beschauer anerkannt werden dürfte, nicht gut
für eingeweht halten. — Ich enthalte mich jeder neuen theoretischen
Erklärung, sondern halte für wichtiger, daß durch Alle, die mit
diesem Salzton zu tun haben, erst noch recht viele Beobachtungen
und Aufsammlungen über die Fossilführung gemacht werden.
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Nur ein paar sonstige kleine Bemerkungen möchte ich noch
zu demselben Salzton machen. Erstens, daß als ganze Ausnahme
auch einmal graurötliche, doch niemals intensivrote Farben mir
hier zu Gesicht gekommen sind, und dann stets neben vor-
herrschend grauen. — Zweitens, daß die wasserklare Lösung,
die man durch Übereießen des Salztones mit Wasser ausziehen
kann, beim Stehen an der Luft sehr bald und ziemlich reichlich
schlammigen Eisenrost ausscheidet und dann honiggelbe Krystalle
liefert, die Karnallit zu sein scheinen. Ferner möchte ich auf
die von Precnrt mitgeteilte Bemerkung aufmerksam machen, daß
in den mürben Salzmergeln Maenesia und Tonerde im „un-
gebundenen“ Zustande, also wohl als Hydrate vorkommen. Endlich
läßt sich der Jodgehalt jetzt vielleicht ebenso gut aus den Tangen
(Chondrttes) ableiten, wie er früher auf die große Löslichkeit
der Jodsalze zurückgeführt wurde.
Auf eine Anfrage von Herrn BryscHtAGg, ob dieser Salzton
nicht dem Plattendolomit äquivalent sei, erwidert der Vortragende,
daß ein stratigraphisch sicherer Beweis noch nicht vorliege, daß
aber gewisse, wenn auch nur schwache, petrographische Überein-
stimmungen beständen und daß die Gattungen Gervdlia, Liebea,
Schizodus und Chondrites auch im Plattendolomit vorkämen, daß
aber ein Brachiopod in letzterem noch nie!) gefunden sei.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
v. w. 0.
DATHE. J. BöHm. E. ZIMMERMANN.
!) Die von Herrn von AMMoNn aus dem Plattendolomit der
Bohrung Mellrichstadt angegebenen, von seinen bayrischen Kollegen
anerkannten Brachiopoden kann ich auf Grund eigner Ansicht des
mir vom Genannten freundlichst geliehenen Stückes nicht als genügend
sicher anerkennen.
BELI >
5. Protokoll der Mai-Sitzung.
Verhandelt Berlin, den 4. Mai 1904.
Vorsitzender: Herr JAEKEL.
Das Protokoll der April - Sitzung wurde vorgelesen und
genehmigt.
Der Gesellschaft ist als Mitglied beigetreten:
Herr Bergbaubeflissener Erıcan HAARMAnn in Osnabrück,
z. 2. Berlin NW., Altonastr. 21,
vorgeschlagen durch die Herren Poronıs, SCHULTE
und KAUNHOWwEN.
Der Vorsitzende legte nachstehendes, von der Direktion der
Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft mit der Bitte
um Veröffentlichung eingesandtes Zirkular vor:
v. REINACH-Preis für Paläontologie.
Ein Preis von M. 500 soll der besten Arbeit zuerkannt
werden, die einen Teil der Paläontologie des Gebietes zwischen
Aschaffenburg, Heppenheim, Alzei, Kreuznach, Koblenz, Ems,
Gießen und Büdingen behandelt; nur wenn es der Zusammen-
hang erfordert, dürfen andere Landesteile in die Arbeit ein-
bezogen werden.
Die Arbeiten, deren Ergebnisse noch nicht anderweitig
veröffentlicht sein dürfen, sind bis zum 1. Oktober 1905 in
versiegeltem Umschlage, mit Motto verschen, an die unter-
zeichnete Stelle einzureichen. Der Name des Verfassers ist
in einem mit gleichem Motto versehenen zweiten Umschlage
beizufügen.
Die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft hat die
Berechtigung, diejenige Arbeit, der der Preis zuerkannt wird,
olıne weiteres Entgelt in ihren Schriften zu veröffentlichen,
kann aber auch dem Autor das freie Verfügungsrecht über-
4*
lassen. Nicht preisgekrönte Arbeiten werden den Verfassern
zurückgesandt.
Über die Zuerteilung des Preises entscheidet bis spätestens
Ende Februar 1906 die unterzeichnete Direktion auf Vorschlag
einer von ihr noch zu ernennenden Prüfungskommission.
Frankfurt a. M., den 1. April 1904.
Die Direktion
der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft.
Alsdanun wurden vom Vorsitzenden außer den im Austausch
eingegangenen Zeitschriften nachstehende, von den Autoren als
Geschenk für die Bibliothek der Gesellschaft eingesandte Bücher
_ und Schriften vorgelegt und besprochen:
DESENISS und JAcoBı!: Die Enteisenung von Grundwasser nach dem
Verfahren von DESENISS und JACoBI. S.-A. a. Wasser- u. Wege-
bau. Nr. 23. Hamburg 1904.
Geographen - Kalender, herausgegeben von Dr. HERMANN HAAcK.
Zweiter Jahrgang 1904/1905. Gotha: Justus PERTHES 1904.
HETTXNER, G.!: Alte mathematische Probleme und ihre Klärung im
neunzehnten Jahrhundert. Rede zur Feier des Geburtstages S. M.
des Kaisers u. Königs Wilhelm II. in der Halle der K. Techn.
Hochschule zu Berlin am 26. I. 1904. (Geschenk v. H. BrRAnco.)
SIEBERG, A.: Handbuch der Erdbebenkunde. Braunschweig. 8°. 1904.
ZUBER, R.: Die geologischen Verhältnisse von Boryslaw in Ostgalizien.
S.-A. a. Zeitschr. f. prakt. Geol. 1904. S. 4148.
—:! Die geologischen Verhältnisse der Erdölzone Opaka - Schodnica-
Urycz in Ostgalizien. S.-A. Ebenda. S. 86—94.
Herr JANENSCH sprach über eine fossile Schlange
aus dem Eocan des Monte Bolca.
Aus der einstigen Sammlung des Marquese di Canossa gelangte
vor kurzem das Original zu Archaeophis proavus MASSALONGO |)
in den Besitz der paläontologischen Sammlung des Museums für
Naturkunde zu. Berlin. Die Seltenheit des Massarongoschen
Werkes hatte zur Folge, daß die Beschreibung von A. proavus und
ebenfalls die an gleicher Stelle veröffentlichte von A. bolcensis
späterhin vollständig übersehen und in der Literatur über fossile
Schlangen nirgends erwähnt worden ist. Da MassaLoxcos Be-
schreibung nur wenig ins einzelne ging, so wurde eine neue
Untersuchung vorgenommen, von der hier nur vorläufig die Haupt-
resultate angeführt werden sollen. Es ergab sich, daß Archaeophrs
proavus die am vollständiesten erhaltene unter allen beschriebenen
fossilen Schlangen darstellt und ferner auch als besonders wissen-
') Specimen photographicum animalium quorundam plantarumque
agri Veronensis. Verona 1859. 8. 14, Tab. Iu U
ne
schaftlich interessant gelten darf, weil sie durch allen sonst be-
kannten Gattungen fremde Merkmale ausgezeichnet ist. i
Das Stück stammt aus dem durch seinen Reichtum an
prächtigen Fischen und Pflanzenresten berühmten mitteleocänen
Kalk des Monte Bolca in Venetien. Erhalten sind fast sämtliche
Skeletteile, ferner der Abdruck des Körpers von der Schnauze
bis zur Schwanzspitze nnd sogar Reste der Beschuppung.
Die allgemeine Körperform ist schlank und zierlich. Alle
Skeletteile sind von zarter Beschaffenheit und nur in einer
dünnen äußeren Schicht verknöchert.
Der Schädel, der nach vorn in eine spitze Schnauze aus-
läuft, ist auf der Platte von der Unterseite sichtbar. Sicher
erkennbar sind von Schädelknochen die Squamosa, Quadrata, das
Praemaxillare, die Maxillaria, Palatina, Pterygoidea und die Äste
des Unterkiefers, mit Ausnahme der drei erstgenannten tragen
alle aufgezählten Knochen Bezahnung. Die Schädelkapsel selbst
ist verdrückt, sodaß ihre einzelnen Elemente nicht zu erkennen sind.
Die Zähne sind überaus eigenartig gestaltet. Sie sind nur
schwach gekrümmt, scharfkantig und von fünfseitigem Querschnitt.
Der Zahnersatz fand durch Ersatzzäbne statt. Abgesehen von
der merkwürdigen Zahnform, besitzt Archaeophis proavus einen
typischen Schlangenschädel, der nur infolge der durch die Kürze
des Unterkiefers bedingten geringen Erweiterungsfähigkeit primitiver
gegenüber dem der jetzt lebenden höher spezialisierten Formen
erscheint.
Im Rumpfskelet fehlen jedwede Andeutungen von Brust- und
Beckeugürtel und den zugehörigen Extremitäten. Selr bemerkens-
wert ist die außerordentlich hohe, etwa 565 betragende Zahl der
Wirbel, von denen etwa 110 dem Schwanz zuzurechnen sind.
Die erstere Zahl übertrifft bei weitem die bei allen recenten
Schlangen ermittelte, deren höchste bis jetzt bei Python molurus
Gray zu etwa 435 gefunden worden ist.
Die Wirbel selbst sind durch die sehr geringe Entwicklung
der Gelenkapophysen, des Zyposphen und der Zygantra, sowie
der Querfortsätze ausgezeichnet.
Die Rippen sind sehr lang und dünn, außerdem wenig ge-
krümmt und stark nach rückwärts gerichtet.
Die Schuppen sind außerordentlich klein und stehen in zahl-
reichen, etwa 90—100 Längsreihen. Bauchschienen sind offenbar
nicht vorhanden gewesen.
Aus der Form des Körperabdruckes, der Lage des Körpers
und der Beschaffenheit der Rippen ergibt sich, daß Archaeophis
proavus einen seitlich komprimierten Körper besaß und einen
an das Leben im Wasser angepaßten. Typus darstellt.
Er
Sehr nahe verwandt mit Archaeophrs proavus ist ohne
Zweifel die sehr viel größere zweite von MAssaLonGo beschriebene
Art, A. bolcensis, von der der Autor zwei von den vorhandenen
drei Rumpffragmenten abbildet. Es ist sogar nicht ausgeschlossen,
daß es sich lediglich um verschiedene Altersstufen derselben Art
handelt. Indes ist das mit Sicherheit nicht zu entscheiden. Die
Besprechung etwaiger sonstiger verwandtschaftlicher Beziehungen
zu anderen Formen sowie Vergleiche mit recenten Schlangentypen
wird in der demnächst an anderer Stelle erscheinenden aus-
führlichen und mit den notwendigen lo) versehenen Arbeit
zu finden sein.
An der Besprechung beteilisten sich die Herren JAEKEL,
PHıLIPPI und JANENSCH.
Herr PAUL GUSTAF KRAUSE sprach über das Vor-
kommen von Kimmeridge in Ostpreussen.
Unsere Kenntnis der Jurabildungen im nordostdeutschen
Flachlande ist noch recht unzulänglich und lückenhaft, da ja die
oberirdischen Aufschlüsse in diesem Gebiete nur sehr spärlich
vorhanden sind. Es wird daher jeder Fund, der uns neue
Anhaltspunkte über die Entwicklung dieser Formation in den in
Rede stehenden Gegenden liefert, von Belang sein. Über einen
solchen möchte ich Ihnen heute berichten.
Vor einigen Jahren ließ der Fiskus in unmittelbarer Nähe
des ostpreußischen Städtchens Heilsberg ein tieferes Bohrloch
stoßen, um bei dem Mangel an solchen tiefer hinabreichenden
Aufschluß über den geologischen Aufbau des tieferen Unter-
grundes der Provinz und damit auch zugleich Fingerzeige für
das etwaige Vorkommen abbauwürdiger Flötze zu gewinnen.
Die Direktion der Geologischen Landesanstalt in Berlin be-
auftragte mich mit der Untersuchung des zu Tage geförderten
Materials am Bohrturm wie auch mit der späteren wissenschaft-
lichen Bearbeitung. Da diese infolge des außerordentlich umfang-
reichen Materials noch nicht zum Abschlusse gebracht werden
konnte und ihre Veröffentlichung im Jahrbuche der Geologischen
Landesanstalt daher noch einige Zeit dauern wird, so möchte ich
Ihnen aus den bisherigen verschiedenen belangreichen Ergebnisseu
dieser Bohrung heute über den Nachweis des Kimmeridge einige
vorläufige Mitteilungen machen. Anstehender Jura war, wie ein
Blick auf die Jentzsche Karte!) lehrt, bisher nur aus dem
äußersten Norden der Provinz, aus der Gegend von Memel be-
2 Den oralen ale Untergrund des nordostdeutschen Flachlandes.
Jahrb. Kgl. Preuß. geol. L. Ds f, 1899, Berlin 1900.
een en
kannt. Durch unsere Bohrung, die ungefähr in der Mitte der
Provinz liegt, ergibt sich nun zunächst, daß die Juraformation,
wie es Jentzsch!) schon vermutet hat, unter ganz Ostpreußen
vorhanden sein muß und daß sie wohl in unmittelbarem Zu-
sammenhang mit der russisch-polnischen steht. Aber gleichzeitig
erlaubt sie auch den Nachweis zu führen, daß noch jüngere
Schichten in diesem Jurameere zu einem ziemlich mächtigen Ab-
satz gelangten. Bisher kannte man als jüngste Stufen des ost-
preußischen Jura sowohl in Geschieben wie aus Bohrungen im
Anstehenden nur Unteres und Oberes Oxford?), während man
jüngere Horizonte, das Kimmeridge, erst in Posen und Hinter-
pommern anstehend antraf. Nun ergibt die Heilsberger Bohrung
den wichtigen Nachweis, daß auch das Kimmeridge im Unter-
srunde von Ostpreußen vertreten ist. Der Jura beginnt hier in
ungefähr 562 m Tiefe in schwebender Lagerung mit dem
Kimmeridge, und gleichzeitig damit fängt auch wieder eine neue
Reihe von Bohrkernen an. Das Gestein ist ein hellgrauer,
kalkiger und schwach toniger, nicht sehr fester, feinkörniger
Sandstein, dessen Tongehalt nach unten ein wenig zunimmt.
Die petrographische Beschaffenheit deutet im Verein mit der
Fauna darauf hin, daß es sich nicht um eine Strandbildung,
sondern um den Absatz eines nicht ganz flachen Meeres handelt.
Diekschalige Arten fehlen unter den Mollusken ganz, meist sind
es auch, ebenso wie die häufigen Ammoniten, kleine Formen,
die hier der Fauna das Gepräge geben. Die Muscheln über-
wiegen den Schnecken gegenüber, die ganz zurücktreten. Holz-
oder sonstige eingeschwemmte Pflanzenreste fehlen vollständig.
Die in die Augen fallendste Eigenschaft der Fauna ist die
Häufigkeit kleiner Cardeoceras-Arten aus der Verwandtschaft des
C. alternans Reın. Dieser Umstand ließ auch zunächst den
Gedanken, daß es sich um Oxford-Schichten handele, festhalten.
Aber es gelang nicht, die Formen mit den aus dem mittel-
europäischen Jura beschriebenen zu identifizieren. Erst beim
weiteren Zerkleinern und Präparieren des Gesteinsmaterials war
es der glückliche Fund eines Hopkites subundorae Pav., der auf
Beziehungen zu den russischen Juraablagerungen des Wolga-
Gebietes hinwies. Es fanden sich nun auch in der von
A. Pavrow°) beschriebenen Kimmeridge-Fauna die Cardioceras-
Formen von Heilsberg wieder. Einem erst ganz vereinzelten
Drau 0,.84.278,
?) JENTZSCH, A.: Oxford in Ostpreußen. Ebenda. f, 1888. Berlin
1889.
®) Les Ammonites de la zone ä& Aspidoceras acanthicum de lest
de la Russie. M&m. du Comite geol. 2. No. 3, 1886.
Exemplar der Zxogyra virgula GoLpor. reihten sich dann bald
eine ganze Anzalıl weiterer Stücke dieser Leitform an, so daß
damit das Alter dieser Schichten als Kimmeridge bestimmt war.
Von Ammoniten enthält unsere Fauna folgende Formen:
Cardrioceras Volgae PavLow. Er ist der häufigste
C cfr. subtilicostatum PAvLow.
C. n sp. Die dicht stehenden Rippen sind zu Bündeln ach
zusammengefaßt.
Hoplites subundorae PAavLow.
H. n. sp., mit zwei sägeartigen Kielen.
Aspidoceras acanthicum OPr.
A. cfr. Karpinskiü PavLow.
Von Zweischalern ist es vor allem die ziemlich häufige
Esxogyra virgula GoLpr., die in dieser Tierklasse vorherrscht.,
Daneben ist noch eine Astarte aus der Verwandtschaft der
A. pulla zu erwähnen. Leider sind vom russischen Jura nur
erst die Ammonitenfaunen beschrieben, so daß die übrigen
Zweischaler, unter denen die Gattungen Pecten, Protocardıum,
Thracia, Treigonia z. T. in mehreren Arten vertreten sind,
nicht mit russischen Formen identifiziert werden konnten. Mit
mitteleuropäischen zeigen sie anscheinend auch keine Überein-
stimmung. Von Gastropoden sind nur die Gattungen Delphinula
und Alaria vertreten.
Die Mächtigkeit des Kimmeridge kann zunächst nur auf
etwa 33 m angegeben werden, da es noch nicht gelungen ist,
eine sichere Grenze nach unten zu finden. Einstweilen kann
jedoch für die Bohrung die Tiefe von 600 m, mit der die
Cardioceras-Formen verschwinden, als solche gelten. Ob sich
noch aus dem Auftreten der Exogyra virgula, deren Vorkommen
nur bis 579 m Tiefe hinabreicht, eine obere Zone im Kimmeridge
wird abgrenzen lassen, möchte ich vorläufig noch nicht ent-
scheiden.
Von Bedeutung ist, daß die mit der Acanthreus-Zone des
Wolga-Gebietes gemeinsamen Formen Cardioceras Volgae, ©. sub-
tlecostatum, Asprdoceras acanthieum, A. Karpinskü, Hoplites
subundorae und Exogyra virgula sich dort nach den Angaben
von Pavrow in Tonen finden, während sie hier in sandiger
Facies liegen, also auch damit den Anforderungen echter Leit-
fossilien entsprechen.
Das Vorkommen der mit dem russischen Jura gemeinsamen
Arten weist darauf hin, daß auch zur Kimmeridgezeit noch eine
offene Meeresverbindung zwischen dem nordostdeutschen und dem
russischen Jurameere vorhanden gewesen sein muß.
Inwieweit davon der Bestand der von NEUMAYR voraus-
Ye
gesetzten sog. westrussischen Insel, gegen die sich schon Nikırın!)
ausgesprochen hat, bedroht wird, läßt sich nach dem Heilsberger
Vorkommen noch nicht entscheiden. Soviel geht aber mit Sicher-
heit daraus hervor, daß es die von GALLINEK?) angenommene
Masurisch-Pommerellische Halbinsel, die zur Oxford-Zeit und wahır-
scheinlich schon zur Zeit des Oberen Doggers vorhanden gewesen
sein und sich durch Ost- und Westpreußen hinein bis nach
Pommerellen erstreckt haben soll, nicht gegeben hat.
Wie die Beziehungen des ostpreußischen zu dem Kimmeridge
von Posen und Pommern sich gestalten, darüber werden erst
weitere Tiefbohrungen in dem Zwischengebiete ebenso wie die
paläontologische Durcharbeitung aller dieser Faunen Aufschlüsse
seben müssen.
Nach S. wird ohne Zweifel der ostpreußische Jura unmittel-
bar in den russisch-polnischen übergehen, zumal wenn wir in
Betracht ziehen, daß die Mächtigkeit der Juraschichten in der
Provinz von N nach S, wie die bisherigen Bohrungen erkennen
lassen, zunimmt.
Auf eine Anfrage. von Herrn JAErkEL teilte der Vortragende
mit, daß die Bohrung im Rhät-Lias abgebrochen wurde.
Herr OTTO JAEKEL sprach über sogenannte Lobo-
lithen.
Mit diesem Namen bezeichnete BARRAnDE knollig geformte,
plattig skeletierte .Echinodermenkörper, die in den tieferen
Schichten des böhmischen Obersilur (Eı Barr.) nicht selten ge-
funden wurden und von BArRRANDE als organisch selbständige,
neue Repräsentanten einer besonderen Echinodermenklasse an-
gesehen wurden. Eine abweichende Auffassung vertrat Harn°), der
diese Körper in Amerika im Zusammenhang mit einem Stiele
fand, die KnorLz zwar ebenfalls mit dem eigentlichen Körper
eines Crinoiden verglich, aber doch die Annahme vorzog, daß
dieselbe einer Wurzel gleichzusetzen sei, die er als schwebenden
Träger eines oder mehrerer Crinoiden ansah, deren Stiele und
Kelche von ihm herabhingen. Wegen ihrer Zerlegung in mehrere
Kammern wurden diese Lobolithen von ihm als Camaroerinus
bezeichnet. BAarrANDE hat zwar von seiner Arbeit über die
Lobolithen nur mehr die Täfeln fertig stellen lassen, aber seine
1) Über die Beziehungen zwischen der russischen und der west-
europäischen Juraformation. .N. Jahrb. f. Min. 1886. 2. S. 230.
2, Der obere Jura bei Inowrazlaw in Posen. Verh. K. Russ. Min.
Ges. 33. S. 380fl. 1897.
®) 28 Report New York State New Nat. Hist. Albany 1879
S..205—210, t. 35—37.... Textf. S. 210:
ae
Auffassung ist dadurch historisch festgesetzt worden, daß diese
Lobolithen nun in dem großen Werke BARRANDES, getrennt von
den Crinoiden, zu denen sie einst gehörten, als Abteilung für sich
beschrieben und herausgegeben werden sollen. Da mir auch in
neuester Zeit wieder Ansichten begegneten, die diese Reste als
selbständige Tierkörper hinstellen wollen, so scheint es mir an
gebracht, die seit ca. fünfzehn Jahren von mir mündlich verfochtene
Ansicht über diese Teile einmal in der Literatur niederzulegen.
Es bedarf keiner speziellen Kenntuisse im Gebiet der
Zoologie, um einzuschen, daß ein Tier von der Organisations-
höhe eines Echinoderms ohne Mund, ohne After und ohne
Nahrung zuführende Ambulacralorgane allenfalls in Büchern, aber
nicht in der Natur existieren konnte. Der „Lobolith“, der keiner-
lei Anhaltspunkte für den einstigen Besitz der genannten Organe
zeigt, konnte also niemals der eigentliche Körper eines Echinoderms
sein und etwa dem Kelch oder der Theca eines Pelmatozoen
gleichgesetzt werden. Da er nun aber im Zusammenhang mit
einem typischen Crinoidenstiel steht, der organisch aus ihm heraus-
wächst, so muß es a priori wahrscheinlicher sein, daß der Lobolith
nicht dem proximalen, sondern dem distalen Ende des Stieles
angehörte.
Blasige Wurzeln von dem Habitus eines Lobolithen waren
in älterer Zeit allerdings bei Pelmatozoen noch unbekannt, aber
gegenwärtig läßt sich ihre einstige Existenz nicht mehr bezweifeln.
Solche „Hohlwurzeln“, wie ich sie kurz bezeichnen möchte,
finden sich bei verschiedenen älteren Crinoideen, Cystoideen und
Carpoideen und erscheinen wenig auffällig besonders bei den-
jenigen Formen, deren Stiel dünnwandig ist und ein weites
Lumen aufweist. Derartige Stiele und entsprechende Hohl-
wurzeln habe ich von Cystoideen beschrieben und abgebildet ').
Der Hollraum der Wurzel erscheint hier als Fortsetzung
des Lumens des Stieles, und dessen Erweiterung als einfache
Folge der Wurzelverbreiterung. Einen ähnlichen Bau zeigt
Ancyrocrinus HaLL sowie eine Stiel- und Wurzelform, die
J. Hart aus dem oberen Untersilur von Cincinnati als Zzcheno-
crinus beschrieb?), allerdings so auffaßte, daß er die breit auf-
gewachsene Wurzelblase als parasitisch sessilen Kelch und den Stiel
als dessen anale Proboscis ansah. Eine solche Deutung ist natür-
lich ebenso ausgeschlossen wie bei den Lobolithen. Eine noch
nicht beschriebene Hohlwurzel liegt mir auch aus dem Obersilur
von Wisby auf Gotland vor. Sie nähert sich in ihrer Form
!) Stammesgeschichte der Pelmatozoen I, S. 183.
?) J. HaLu: Description of new species of Crinoidea and other
fossils. 20. Rep. N. Y. State Cabinet of Nat. Hist. 1866. S. 216.
et
den Lobolithen besonders darin, daß sie oben kuglig gewölbt ist
und unten mehrere vorgewölbte Ausbuchtungen zeigt. Alle diese
zum Vergleich herangezogenen Hohlwurzeln sind auf dem Boden
angewachsen gewesen, ZLichenocrinus mit breiter Fläche, jene
Cystoideen in wechselnder Breite der Ansatzfläche, die letzt-
genannte Wurzel aus Gotland allerdings nur mit kleiner Fläche,
durch die die kuglig lobolithische Gesamtform nicht wesentlich
alteriert wurde.
Der Umstand, daß die Lobolithen nun keine Anwachsfläche
zeigen, hatte J. Harz zu der Ansicht geführt, daß sie den
Boden nicht berührten, sondern nach oben gewendet frei im
Meere schwammen. Man braucht aber nur die Schwebetiere zu
betrachten und im besonderen die wenigen frei schwebenden
Echinodermenformen mit ihren sessilen Verwandten zu vergleichen,
um sich von der Unhaltbarkeit dieser Idee zu überzeugen und
einzusehen, daß so dick gepanzerie Formen wie die Lobolithen
und ihre Stiele nicht schwebend leben konnten. Eher würde ich
den Menschen die Konstruktion eiserner Luftballons zutrauen, als
den mit innerer untrüglicher Erfahrungsvernunft ausgestatteten
Organismen eine solche physiologische Iukonsequenz.
Nun ist allerdings von F. A. Barner und dann auch von
FRANK SPRINGER der stiellose Uintacrinus aus der oberen Kreide
für eine schwebende Form ausgegeben worden. Wie ich aber
hiergegen schon an anderer Stelle betonte, sprechen alle Um-
stände seiner Form, seiner Skeletierung und seines massenhaften,
andere Bodenbewohner ausschließenden Vorkommens dafür, daß
Uintacrinus ebenso wie übrigens sein Altersgenosse Marsupites
Crinoiden waren, die mit ihrer unten breit abgestumpften Basis
dem Kalkboden aufsaßen. Marsupites war solitär angesiedelt,
die Uintacrinen bedeckten offenbar in großen Scharen mit ihren
ausgebreiteten Armen weite Strecken des Meeresbodens.
Gerade derartige Formen, zu denen auch schon Lichenordes
priscus im mittleren Cambrium Böhmens zu zählen ist, demon-
strieren, daß ein Crinoidenkörper in ruhigem Wasser auch olıne
Anheftung stationär sein kann, und erläutern dadurch auch die
Möglichkeit, daß Hohlwurzeln wie die Lobolithen auf dem Boden
aufliegen konnten und durch dessen Sedimentation allmählich
eingebettet wurden.
Die Lobolithen des böhmischen Obersilur dürften nun un-
bedenklich zu den Scyphocriniden zu stellen sein, da sie mit
diesen zusammen vorkommen, und ihre Stielteile deren Stiel-
bildungen durchaus gleichen. Hoffentlich werden durch die
neueren Beobachtungen der böhmischen Geologen schließlich auch
Lobolithen im Zusammenhang mit Scyphocrinidenkronen gefunden
I papre
werden. Einige Bestätigungen dieser Erwartung sind mir bereits
mitgeteilt worden, und es ist zu erwarten, daß Herr Prof. Jann
in: der BarrAanpeschen Monographie der Lobolithen diese Fragen
für die böhmischen Formen endgültig klarstellen wird.
Daß tiefer im Boden eingebettete Wurzeln fossil erhalten
bleiben, während die oben herausragenden Teile der Crinoiden
zerfielen oder sonstwie der Vernichtung anheim fielen, ist ebenso
gut möglich, wie die ausschließliche Erhaltung vieler Fußfährten
ohne irgendwelche Reste ihrer Erreger tatsächlich ist. Wenn ich
hier von einem mündlichen Einwurf meines _geehrten Kollegen
SCHUCHERT in Washington Gebrauch machen darf, so möchte ich
also auch daraus, daß die typischen Lobolithen in Amerika
(Camarocrinus Harz) ohne sonstige Crinoidenreste gefunden
wurden!), keinen Grund gegen ihre Deutung als Wurzelblasen und
auch gegen die Annahme sehen, daß sie Scyphocrinus-artigen
Formen angehörten. Diese letzteren sind allerdings noch nicht
in Amerika gefunden worden; da aber die böhmischen Scypho-
crinen den Melocriniden und Actinocriniden sehr nahe stehen,
und meines Erachtens nur einen aberranten, unregelmäßig ge-
wordenen Zwischentypus dieser Familien bilden, so trage ich kein
Bedenken, die einstige Existenz naher Verwandter der böhmischen
Sceyphocrinen in den lobolithen Distrikten Amerikas anzunehmen.
Über die physiologische Beurteilung des Innenraumes dieser
Hohlwurzeln werden wir wohl schwerlich einmal volle Klarheit
erlangen. Bei Besprechung sonderbarer trichterförmiger Anhänge
am Stiel von Carpoideen?) deutete ich darauf hin, daß diese
Glocken vielleicht Genitalorgane gewesen seien, zumal der sog.
Axalsinus in Beziehung zu den Genitalorganen einerseits und
dem Stielkanal andererseits steht, und auch in den Cirren
jüngerer Articulaten außer dem sog. Nahrungskanal noch ein
zweiter Kanal nachweisbar ist. Wenn aber im Stillumen ur-
sprünglich genitale Organe Platz fanden, ließe sich diese Deutung
vielleicht auch -auf die Wurzelblasen ausdehnen, obwohl der
Austritt der Genitalprodukte hier schon erheblich erschwert
worden wäre und ihre Lokalisierung an dieser Stelle deshalb
unwahrscheinlich ist. Die Lebensweise und innere Organisation
gibt uns selbst bei den biologisch kontrollierbaren Tieren der
Gegenwart so unerschöpfliche Rätsel auf, daß es hier bei den
Lobolithen wohl bedenklich ist, irgend eine bestimmte Deutung
vertreten zu wollen.
') Vergl. auch: CH. SCHUCHERT:! On new siluric Cystoidea and a
new Camarocrinus. Americ. Geologist Okt. 1903, S. 239.
°) Über Carpoideen, eine neue Klasse von Pelmatozoen. Diese
Zeitschr, 1900, S. 663.
et
Die häufige Zerlegung der Lobolithen vom Stielansatz aus
in vier Fächer scheint mir auf die stammesgeschichtlich sehr
wichtige Tetramerie zurückzuführen, die in der basalen Tetra-
merie des Kelches der primitivsten Cystoideen, Blastoideen
(Oystoblastus), Carpoideen, Cladocrinoideen und Pentacrinoideen
(Perittocrinus) und in der tetrameren Ausbildung der Stielkanäle
bei alten!) oder ontogenetisch gehemmten Crinoiden zum deutlichen
Ausdruck kommt.
!) Vergl. hierzu die Abbildungen bei JAHN in BARRANDE, Syst.
Silur. 8. 2. Crinoidea t. 63, f. 24—32.
6. Protokoll der Juni- Sitzung.
Verhandelt Berlin, den 1. Juni 1904.
Vorsitzender: Herr BRANCO.
Das Protokoll der Mai-Sitzung wurde vorgelesen und ge-
nehmigt.
Der Gesellschaft ist als Mitglied beigetreten:
Herr Bergrat Srrurz in Goslar-Juliushütte,
vorgeschlagen durch die Herren Braxco, Wanun-
SCHAFFE und JoH. Bönm.
Alsdann wurden vom Vorsitzenden außer den im Austausch
eingegangenen Zeitschriften die von den Autoren als Geschenk
an die Bibliothek der Gesellschaft eingesandten Bücher vorgelegt
und besprochen:
ANGELIS D’OSSAT, G. DE! Brano di logia formale della Geologia
(Stratigrafia. S.-A. a. „Rivista di Filosofia e sci. affıne“.
Bologna 1904 anno VI, 1. No. 3.
DIETRICH, W.: Alteste Donauschotter auf der Strecke Immendingen-
Ulm. Inaug.-Diss. naturw. Fakult. Univ. Tübingen. Stuttgart.
87 7190:
DUPARc, L.: Sur une nouvelle variete d’orthose. Paris 1904.
DUPARC, L. et PEARCE, F.: Sur la soretite, une amphibole nouvelle
du groupe des hornblendes communes. S.-A. a. Bull. Soc. france.
Min. Juin 1903. Paris 1904.
EATon, G. F.: The characters of Pteranodon. S.-A. a. Amer. Journ. of
Science 17. April 1904.
SPEZIA, G.: Sulle inclusione di anidride carbonica liquida nella
anidrite associata al quarzo trovata nel Traforo del Sempione.
S.-A, a. Accad. R. d Scienze di Torino. Anno 1903-04. Torino 1904.
—! Sulla anidrite micaceo -dolomitica e Sulle rocce decomposte della
Frana del Traforo del Sempione. Ebenda. Torino 1903.
Herr E. PHILIPPI sprach über Windwirkungen, die
er auf der deutschen Südpolar-Expedition beobachten konnte.
Die Capverden-Insel St. Vincent liegt im Gebiete des
Nordost-Passates. Durch diesen sehr beständigen und trockenen
A ea
Wind werden die Dünensande in den Tälern der Ostseite tal-
aufwärts geblasen und überschreiten die Gebirgskämme zuweilen
in bedeutenden Höhen (bis zu 200 m). Jenseits der Kämme
lagert sich der Sand im Windschatten ab; diese Sandmassen
der Leeseite sehen Gletscherzungen täuschend ähnlich. Die seltenen,
aber in dem baumlosen Gelände selır wirksamen Regengüsse zer-
stören diese Sandablagerungen teilweise und lagern ihr Material
in der Küstenebene östlich von dem Hauptorte Mindello ab. So
ereignet sich der merkwürdige Fall, daß die Binnendünen land-
einwärts von Mindello ihr Material nicht von dem nahe gelegenen
Öststrande der Bucht von Porto Grande beziehen, sondern von
der weit entfernten Salamassa-Bucht an der Nordostseite der Insel.
In noch großartigerem Maßstabe finden Wanderungen des
Flugsandes auf der Cap-Halbinsel statt, dem gebirgigen Vor-
sprunge Südafrikas, der Capstadt und den Tafelberg trägt.
Zwischen dem weiten Becken der False Bay im Osten und dem
Atlantischen Ozean im Westen ist dieser Sporn der vollen Wut
der Südoststürme im Sommer, der Nordweststürme im Winter
ausgesetzt. Doch scheinen nur die Südoststürme der trockenen
Jahreszeit größere Massen von Sand zu bewegen. Die Dünen-
sande überschreiten an den niedriger gelegenen Stellen die Wasser-
scheide der Halbinsel. Sie bewältigen aber auch steilere Ab-
hänge und lagern sich gleich Schnee auf den Gesimsen des
Gebirges ab. Im Glen Cairn haben die ansteigenden Sandmassen
eine Proteaceen-Vegetation vernichtet; die Holzteile, welche dauernd
vom Sand eingehüllt waren, haben eine rapide Verkalkung und
Verkieselung erfahren, von der organischen Substanz sind meist
nur einige verkoblte Fasern im Inneren der Stämme übrig ge-
blieben. Dort, wo die Stämme nicht dauernd bedeckt waren,
sind sie von den Flugsanden abgeschliffen und zugespitzt worden.
Schalen von marinen Mollusken sind anscheinend zusammen mit
den Flugsanden bis in recht beträchtliche Höhen (über 200 m)
transportiert worden. Die Stücke von Tafelbergsandstein, die
vom Sande eingehüllt worden sind, wurden von den im Sande
zirkulierenden, an Humussäuren reichen Gewässern mit einer
braunen Eisen-Mangankruste überzogen. Wurden die Gerölle
später wieder freigelegt, so sprang die Kruste stellenweise ab,
und an diesen Stellen wurde das Geröll tief ausgehöhlt, während
die stehen bleibende Kruste alle übrigen Teile schützte.
Dreikanter habe ich in den östlichen Teilen der Cap-
Halbinsel nicht beobachten können, wohl aber wenigstens ähnliche
Bildungen an ihrem Weststrande in der Nähe der Camps Bay.
Hier fegt der Wind mit furchtbarer Gewalt groben Granitgrus
gegen die Granitfelsen des Ufers und schleift in den Schluchten
a
zwischen den Uferklippen : die umherliegenden Gerölle an. "Auch
aus den Schalen von Patella verfertigt der Südostwind hier zier-
liche Dreikanter.
Wohl als äolisch sul die und Ablagerungen zu
betrachten, welche unmittelbar über dem östlichen Teile von
Capstadt an den Abhängen des Devils Peak anstehen. Sie
erinnern durch ihre große Feinkörnigkeit an Löß, von dem sie
sich aber durch den Mangel an kohlensaurem Kalk und dichteres
Gefüge unterscheiden. In diese Schichten sind steilwandige Canons
bis zu einer Tiefe von 10 m eingerissen. Interessant ist eine
Art von Schieferung oder Absonderung, die diese feinkörnigen
Massen in Platten zerlegt, welche nahezu senkrecht zur Oberfläche
stehen. Diese eigentümlichen, lößähnlichen Ablagerungen bilden sich
‘heute nicht mehr, sie sind von einer al von Geröllen
oberflächlich. bedeckt.
Sehr starke Windwirkungen sollte man auf Kern er-
warten, wo Weststürme so außerordentlich häufig und heftig auf-
treten; wenn die corradierende Wirkung dieser Stürme nur eine
geringe ist, so liegt das z. T. daran, daß Quarzsande fehlen,
z. T. aber hat es auch darin seinen Grund, daß Regengüsse
meist die schwersten Stürme begleiten und’ das feinere Material
niederhalten. Ganz an Flugsanden fehlt es aber auch auf Kerguelen
nicht; der Quarzsand wird hier ersetzt durch einen Krystallsand,
der sich vorwiegend aus wasserklaren Sanidinkryställchen zu-
sammensetzt; mit ihnen vermengt finden sich kleine Bröckchen
von basaltischer Lava. An anderen Stellen trifft man Anhäufungen
von Bimssteinstückchen, die Erbsen- bis Haselnußgröße besitzen.
Es kommt jedoch in keinem Falle zur Bildung von Dünenzügen
oder äolischen Ablagerungen größeren Umfanges. Sanidinkrystalle
sowohl wie .Bimsstein lassen einen heute noch tätigen Vulkan im
westlichen Kerguelen vermuten, der trachytische oder liparitische
Eruptionsprodukte liefert.
Auf den Eisfeldern der Antarktis hatte man überall Ge-
legenheit, die Wirkung des Windes auf den Flugschnee zu be-
obachten. Es bildeten sich jedoch nie Dünen, die senkrecht zur
Windrichtung verliefen, sondern ausschließlich lange Wehen in
der Windrichtung. Bei heftigen Stürmen wurden die Schnee-
krystalle in den Wehen so fest ineinander verkeilt, daß der
Schnee kaum mehr die Eindrücke der Stiefel annahm und. sich
gut mit der Säge bearbeiten ließ: Weicher Schnee, der in Be-
gleitung eines nur schwachen Windes sich abgesetzt hatte, wurde
in den schweren Stürmen: vollständig beseitigt und diente zu-
sammen mit frischgefallenem Schnee zum Bau der harten Wehen,
welche an der Oberfläche häufig eine eigentümliche grubige
A
Skulptur zeigten. Auf der Luvseite der Eisberge, also der
Ostseite, bildete sich bei Stürmen ein Luftwirbel, welcher jede
Ablagerung von Schnee verhinderte; die Eisberge waren auf dieser
Seite nach den Schneestürmen des Winters meist von einem
mehrere Meter tiefen Graben umgeben. Auch die Leeseite der
Eisberge blieb häufig ganz schneefrei und wies Glatteis auf, das
mit Schlitten unangenehm zu passieren war. Ebenso blieb die
Oberfläche des Inlandeises auch nach den heftigen Schneestürmen
des Winters nahezu überall schneefrei.
Auffallend wenig Gelegenheit zur Beobachtung äolischer Er-
scheinung bot sich im Inneren Südafrikas, das der Vortragende
auf der Heimfahrt bereiste. Den Boden der ehemaligen Buren-
staaten bildet vielfach ein harter, roter Lehm, der einen mehr
oder minder dichten Graswuchs trägt und kein lockeres Material
für den Wind abgibt; ebenso wenig ist dies bei den weiten
Strecken der Fall, deren Untergrund jugendliche Süßwasserkalke
bilden. In Rhodesia trifft man allerdings ausgedehnte Sand-
plateaus, allein diese tragen zumeist Wald und sind aus diesem
Grunde den Winden nur wenig zugänglich.
An der Debatte beteiligten sich die Herren KEIKHACK
BLANCKENHORN, JANENSCH, JAEKEL, PHILIPPI und BRANCO.
Herr JANENSCH machte Bemerkungen über den Skelet-
bau der Glyptodontiden unter Vorlage von Teilen eines
Skeletes von Glyptodon clavipes Owen, dessen Besitz die
geologisch-paläontologische Abteilung des Museums für Natur-
kunde zu Berlin der liebenswürdigen Freigebigkeit des Herrn
Tierarztes Dr. P. KnurH zu verdanken hat.
Die Gattung Glyptodon ist durch die Arbeiten von Owen,
Huxtrey, Nopor, BURMEISTER, AMEGHINO, LYDEKKER und anderen
Autoren sehr genau bekannt, sodaß die Untersuchung der Skelet-
teile keinerlei neue Tatsachen bezüglich der Anatomie . zutage
förderte. Es soll darum hier lediglich der Versuch gemacht
werden, einen Beitrag zur Kenntnis der Ursachen zu liefern, die
zu mannigfaltigen Anpassungs- und Umformungserscheinungen. im
‚Skeletbau jener in gewisser Hinsicht merkwürdigsten unter‘ allen
Säugetiergruppen geführt haben.
Es sind neben der Vererbung gewisser Anlagen von den‘
Vorfahren in. der Hauptsache drei Momente, die die charak-
teristischen Eigentümlichkeiten des Knochenbaues der Glyptodontiden
bedingen, nämlich die Erlangung eines außerordentlich starken
Schutzes, der Erwerb der Nahrung und die Erreichung einer
erheblichen Körpergröße. Diesen Faktoren hat sich der Organismus
)
angepaßt und dabei in mehrfacher Beziehung höchst merkwürdige
Umbildungen erfahren. Nur bei Berücksichtigung dieser Faktoren
können wir zu einem richtigen Verständnis der Bedeutung der
Eigenheiten des Glyptodontenskeletes gelangen.
Die Erlangung eines kräftigen Schutzes spricht sich vor allem
in der Panzerung aus. Der Panzerschutz erstreckt sich auf den Rücken
und die Seiten des Rumpfes, auf die Oberseite des Kopfes und den
Schwanz. Der Rumpfpanzer stellt ein festgeschlossenes Gewölbe dar,
er entbehrt also der bei den lebenden Gürteltieren vorhandenen,
gelenkig mit einander verbundenen Ringe oder Gürtel. Die
Stärke des Panzers variiert bei den verschiedenen Gattungen der
Glyptodontiden. Welchen trefilichen Schutz derselbe z. B. bei
Glyptodon clavıpes gewährte, möge aus der Angabe hervorgehen,
daß die Dicke in der hinteren Rückenhälfte durchschnittlich 3!/a em
und vor dem Hinterrand sogar 4!/g cm beträgt, während sie in
den randlichen Partieen des vorderen Teiles auf etwas weniger
als 2 cm hinabgeht.
Der aus polygonalen Knochentafeln zusammengesetzte Panzer
war von kleineren Hornplatten bedeckt, deren Umgrenzung sich
bei Glyptodon in den die Oberseite derselben zierenden Kanälen
dokumentiert; wie bei den Schildkröten fallen die Ränder der
hornigen Platten mit denen der unterliegenden kalkigen nicht
oder nur auf kurze Strecken hin zusammen. In jenen Kanälen
sind zahlreiche tiefere Löcher verteilt, von denen BURMEISTER!)
nach Analogie mit den Verhältnissen bei lebenden Gürteltieren
annahm, daß sie der Aufnahme von Borsten dienten. Daneben
dürfte ihre Bedeutung doch wohl, wie LYpEkker?), der obige
Annahme verwirft, meint, darin gelegen haben, daß sie dem
Durchtritt von Gefäßen und Nerven, die die Bildung der Horn-
substanz an den Rändern der Hornschilder ermöglichten, dienten,
Die Starrheit des Panzers von Glyptodon ist eine voll-
kommene, bis. auf eine Partie beiderseits am vorderen Ende des
Seitenrandes unterhalb der Lage des Schulterblattes. Hier pflegen
nämlich bei dieser Gattung mehrere Reihen von Platten nur un-
vollkommen miteinander zusammenzuhängen, sodaß offenbar eine
gewisse Biegsamkeit des Panzers möglich war.
Die Schwanzpanzerung ist in zwei verschiedenen Haupttypen
entwickelt; bei dem ersten besteht sie durchgehend in gelenkig
mit einander verbundenen Ringen (Glyptodon), bei dem zweiten
(Panochtus, Lomaphorus — Hoplophorus aut., Plohophorus u.a)
ist dies nur im vorderen Teile der Fall, während der hintere
von einem geschlossenen starren Tubus umschlossen wird, der
bei manchen Formen (Daedicurus) zu einer gewaltigen Keule an-
schwellen kann.
Tu
eo
Der Panzerschutz des Kopfes schließlich besteht lediglich
in einer das Schädeldach bedeckenden Lage verhältnismäßig
dünner Platten.
Im Skeletbau hat nun die Panzerbildung hochgradige Um-
wandlungen im Gefolge, die von jeher die besondere Aufmerk-
samkeit der Forscher auf sich gezogen haben. Die Starrheit
des Panzers, der ja beweglicher Gürtel entbehrt — bei dem die
ursprünglichsten Merkmale autweisenden Propalaeohoplophorus,
glaubte LYDErker°’) noch Spuren von solchen feststellen zu
können — und infolgedessen keinerlei seitliche oder vertikale
Biegung des Körpers zuläßt, hat nun dazu geführt, daß auch die
Rumpfwirbelsäule fast gänzlich die Biegungsfähigkeit verloren hat.
Die Wirbel sind miteinander zu einer starren Röhre verschmolzen,
die nur an zwei Punkten unterbrochen ist.
Zunächst sind die ersten beiden Brustwirbel mit einander
nnd dem letzten Halswirbel zu dem sog. Postcervikale verwachsen
und mit den übrigen durch eine sehr bewegliche Gelenkung ver-
bunden. Die aus diesen entstandene Brustwirbelröhre ist für sich
selbständig geblieben und von den Lendenwirbeln durch ein nur
undeutlich ausgebildetes Gelenk abgegliedert. Lenden- und Becken-
wirbel bilden ein zusammenhängendes Rohr, das die verschmolzenen
llia durchsetzt und mit diesen fest verwachsen ist.
Auch die Rippen tragenden Querfortsätze sind zu lang-
sezogenen Leisten verschmolzen, die in der hinteren Hälfte der
Brustwirbelröhre nach oben gerichtet sind, während sie nach
vorn zu sich immer schräger stellen und ganz vorn an der
Gelenkung mit dem Postcervikale ganz seitlich gerichtet sind.
Ebenso sind die oberen Bögen der verschiedenen Abschnitte zu
einheitlichen Kämmen verwachsen.
In ganz augenfälliger Weise ist an der Wirbelsäule der
Glyptodontiden die Erscheinung zu beobachten, daß alle die Teile,
die ihre Funktion verloren haben und dadurch bedeutungslos ge-
worden sind, in hohem Maße rückgebildet sind, während um-
gekehrt diejenigen, die besonders beansprucht werden, auch eine
besonders starke Ausbildung erfahren haben.
Die Wirbelsäule gibt normalerweise dem Rumpf seinen
hauptsächlichen Halt, und zwar sind es namentlich die Wirbelzentren
mit den zwischen ihnen liegenden Knorpelscheiben, welche die Festig-
!) Bemerkungen über die Arten der Gattung Glyptodon im Museo
‚publico de Buenos Aires. Archiv f. Anat., Physiol. u. wiss. Medizin.
1865, S. 817.
2) Anales del Museo de la Plata, Palaeontologia Argentina 3, 1894.
The extinet Edentates of Argentina.
ana. a. OLISIN AT:
keit des Rückgrates ausmachen. Sie stellen daher auch im allge-
meinen den kräftigsten und massigsten Teil der Rumpfwirbel dar. Bei
denen der Glyptodontiden sind aber gerade die verschmolzenen
Wirbelzentren fast vollständig rückgebildet. Sie sind lediglich nur
soweit erhalten geblieben, daß sie eine knöcherne Hülle für
das Rückenmark liefern, die stellenweise, z. B. in der Brust-
wirbelsäule von G@lyptodon clavipes, bis auf eine Dicke von 2 mm
ae. 1: Sp
ie. 2; Sp
C
Fig. 1. Ansicht des Postcervikale von Glyptodon clavipes von hinten.
/s nat. Gr. |
Fig. 2. Ansicht der Brustwirbelröhre von Glyptodon clavipes von vorm.
17 a =
/s nat. Gr.
Sp. = Oberer Dornfortsatz. Tr. = Querfortsätze. C. = Wirbelzentrum.
herabgeht (Fig. 3) und auch in dem Lenden- und dem größten
Teil des Beckenabschnittes (Fig. 5) eine Stärke von nur
wenigen Millimetern besitzt. Die Wirbelzentren waren hier
natürlich der Aufgabe enthoben, durch Ausbildung großer Ansatz-
flächen für die verbindenden Knorpelscheiben und entsprechende
eigene Dickenentwieklung den festen Zusammenhalt zu schaffen.
U Me
Andrerseits hatte die Verwachsung der Querfortsätze der
Brustwirbel und der Dornfortsätze der Lenden- und Becken-
wirbel eine gewisse Vermehrung der Festigkeit im Gefolge.
Als weiterer wichtiger Faktor kommt die Bildung des Panzers in
Betracht, der ja dem Rumpf einen ganz vortrefflichen Halt ge-
Fig. 3. Sp Eie. 5.
(Juerschnitte durch verschiedene Stellen der Wirbelsäule von
Glyptodon clavipes.
Fig. 3. Durch den vorderen Teil der Brustwirbelröhre.
Fig. 4. Durch den hinteren Teil derselben.
Fig. 5. Durch den vorderen Teil der Sakralwirbelsäule.,
'Sämtlich '/ nat. Gr. — Bezeichnungen wie vorn.
währt, somit in dieser Hinsicht das Innenskelet funktionell in
erheblichem Maße entlastet, und es außerdem gegen irgendwelche
ungünstigen, von außen wirkenden Einwirkungen und Beanspruchungen
vollkommen schützt. Nur gegen das Ende der Beckenwirbelsäule
bildet das Zentrum sich allmählich wieder stärker heraus, da es
ee
hier den Ansatz der ersten beweglichen und nicht verschmolzenen
Schwanzwirbel liefern muß.
Diese nun gewähren ein gänzlich verschiedenes Bild. Es
sind hier (Fig. 5) gerade die Wirbelzentren besonders massig
entwickelt, entsprechend der Bedeutung, die sie hier als die den
hauptsächlichen Halt gebenden Teile der biegsamen Wirbelsäule
des mächtigen Schwanzes haben.
Bei den Formen, bei denen der hintere Teil des Schwanzes
von einem starren Tubus umschlossen ist, wie bei Pamochthus,
Lomaphorus, Phohophorus, Daedicurus, sind auch die ein-
geschlossenen Wirbel unbeweglich miteinander unter mehr oder
weniger weitgehender Umgestaltung ihrer äußeren Form ver-
schmolzen.
Sp
=
Fig. 6. Zweiter Schwanzwirbel von Glyptodon clavipes OWEN.
'/s nat. Gr. — Bezeichnungen wie vorn.
Die Querfortsätze sind je nach der Funktion, die sie haben,
entwickelt. In dem Brustabschnitt, wo sie die Rippen tragen,
sind sie als kräftige Leisten ausgebildet, die im vorderen Teil
der Brustwirbelröhre wagerecht (Fig. 2, 3), in ihrer hinteren
Hälfte aber steil gestellt sind (Fig. 4).
In der Lendenwirbelsäule sind die Querfortsätze bei Panoch-
thus noch als seitliche Hervorragungen nach Burmeister vorhanden,
bei Glyptodon dagegen sind sie gänzlich verschwunden. Es
dürfte das wohl durch die Rückbildung der dorsalen Muskulatur
infolge der Panzerbildung bedingt sein. Gänzlich. verschwunden
sind weiterhin die Querfortsätze in der aus 8 Wirbeln bestehenden
Beckenwirbelsäule, abgesehen von denen der beiden letzten
a NE
Sakralwirbel. Hier sind sie sonst bei den Landsäugetieren
meist kräftig entwickelt und zugleich fest miteinander verschmolzen.
Bei den Glyptodontiden geben die mächtigen, verwachsenen
oberen Dornfortsätze diesem Teil der Wirbelsäule hinreichende
Festigkeit. Allein die beiden letzten Sakralwirbel tragen lang-
sestreckte Querfortsätze, die mit den Ischia verschmelzen und
auf diese Weise einen festen und sicheren Ansatzpunkt für die
mächtige Schwanzwirbelsäule schaffen.
Von besonderer Bedeutung sind die Querfortsätze wieder
in der Schwanzwirbelsäule. Hier stellen sie nämlich zusammen
mit den unteren Bögen die von den Wirbeln ausstrahlenden
Stützen der vielfach mit mächtigen Stacheln besetzten Panzerringe
dar und sind deshalb namentlich am vorderen Abschnitt außer-
ordentlich lang und stark entwickelt und gaben gleichzeitig die
Stütze eine kräftige Schwanzmuskulatur.
Sehr bemerkenswert ist nun ferner die Gestaltung der Dorn-
fortsätze. Überall, wo die Rumpfwirbel mit einander verschmolzen,
sind auch diese verwachsen. Am Postcervikale bilden sie einen
mächtigen, dicken Knochen. Dann tritt unvermittelt ein schroffer
Wechsel der Form auf, indem sie nämlich im Verlauf der übrigen
Brustwirbelsäule einen zarten, dünnen, nur oben, wie BURMEISTER
angibt, sich etwas wulstig verdickenden Kamm darstellen. In der
hinteren Hälfte der Lendenregion und im ersten Teil der Becken-
wirbelsäule hat der Spinalkamm eine ganz neue, sie stark be-
anspruchende Funktion erhalten und demgemäß eine besonders
starke Entwicklung erfahren. Hier nimmt derselbe nämlich eine
gewaltige Höhe und Stärke an, um mit dem Panzer zu verwachsen
und zusammen mit dem Becken am Tragen desselben teilzunehmen.
(Fig. 4.)
Im weiteren Verlaufe des Sakralteiles, wo die Verwachsung
mit dem Panzer nicht mehr vorhanden ist, wird er nur wenig
niedriger, ist aber an seinem hinteren Ende noch insofern von
Bedeutung, als es jederseits eine Gelenkfläche für die Prae-
zygapophysen des ersten Caudalwirbels trägt und somit noch einen
Stützpunkt für den Ansatz des Schwanzes bietet.
An den Schwanzwirbeln zeigen die Dornfortsätze eine normale,
aber der gesamten jener Ausbildung derselben entsprechende Ent-
wicklung.
Die Verhältnisse des Halses und gewisse Erscheinungen der
Brustwirbelsäule werden aus bestimmten Gründen besser weiter
unten besprochen werden.
Hochgradige Umwandlungen infolge der Entwicklung des
Panzers hat das Becken erfahren. Die nur hier auftretende
feste Verwachsung des ersteren mit dem Innenskelet hat weit-
— Hl
sehende Umformungen und Anpassungen bedingt. Zunächst ist
der gewaltige Umfang, den das Becken angenommen hat, auf diese
Beziehung zurückzuführen.
“ Die Ilia sind mit einander verschmolzen zu einer einheitlichen,
ebenen Knochentafel, die bei Glyptodon claviceps eine Breite von
etwa 0,60 und eine Höhe von 0,25 m erlangt. Bei den meisten
Glyptodontiden schwach — bei Propalaeohoplophorus stark —
nach vorn geneigt und sich hoch über den Rückenmarkskanal
erhebend, durchzieht sie senkrecht zur Körperachse den
Rumpf. Ihr oberer Rand ist stark verbreitert und verdickt
und bei @l. clavipes in reichlich 60 cm betragender Länge mit
dem Rückenpanzer verwachsen. Während die mittleren Partieen
dieser Knochenwand sehr dünn sind, stellen die von den Gelenk-
pfannen der Femura aufsteigenden Ränder kräftige und dicke
Knochensäulen dar, die stark genug sind, den großen, von oben
wirkenden Druck auszuhalten und ihn auf die Hinterbeine zu
übertragen.
Auch die Ischia, mit denen die Pubis verschmolzen sind,
haben sich zu umfangreichen Knochentafeln umgebildet, die senk-
recht der Körperachse parallel gerichtet sind und sich weit nach
hinten erstrecken. Ihre oberen, wulstig verdickten Ränder sind
in zwei auf der Richtung der Ilia annähernd senkrechten, nach
hinten schwach divergierenden Linien — bei @l. clavipes
von reichlich 0,25 m Länge — mit dem Panzer verwachsen.
Nach unten laufen die ungefähr dreiseitig gestalteten Sitzbeine bei
manchen Formen in einen Knopf aus, der noch einen weiteren
Anwachspunkt des Panzers bildet.
Zu. weiterer Verstärkung der Verbindung dient ferner noch
die bereits erwähnte Verwachsung der oberen Dorunfortsätze der
hinteren Lenden- und vorderen Sakralwirbelsäule.-
In der gewaltigen Ausdehnung des Beckens, in der I,ängs-
wie in der Querrichtung, die auch in der großen Anzahl von
8 Sakralwirbeln und in deren Streckung zum Ausdruck kommt,
spricht sich die Tendenz aus, von einander möglichst entfernte
Anwachspunkte für den Panzer zu bilden und so cine große
Stabilität zu erreichen. Letztere wird auch besonders gefördert
durch die vorteilhafte Art der Verwachsung längs ungefähr auf
einander senkrechter Richtungen. Dies hat zur Folge, daß allen
von irgend einer Seite wirksamen, die Lösung der Verwachsung
anstrebenden Kräften ein starker Widerstand geleistet wird.
Als das zweite im Skeletbau der Glyptodonten sich aus-
prägende Moment war oben. bereits der Erwerb der Nahrung
hervorgehoben. Dieser erfolgte, wie sich aus mehrfachen Befunden
im Knochenbau ergibt, durch wühlende und grabende Tätigkeit,
Dieser Auffassung liegt an sich schon der Vergleich mit den
lebenden Gürteltieren, die ja ausgezeichnete Grabtiere sind; nahe.
Von Burmeister und anderen Autoren ist den Glyptodontiden
denn auch bereits diese Lebensweise zugesprochen worden.
u 2
Fig. 7. Linker Unterarm und Vorderfuß von Glyptodon asper BURM.
nach BURMEISTER. */ı;s nat. Größe.
Die Hauptstütze für diese Ansicht bietet die Ausbildung der
Vorderextremitäten (Fig. 7). Die kräftigen, langgestreckten,
sgekrümmten, auf der Unterseite konkaven Endphalangen trugen
sicherlich gewaltige hornige Krallen, die bei der Grabarbeit treff-
liche Dienste zu leisten imstande waren. Während bei der Gattung
Dasypus die Gesamtform des Vorderfußes eine mehr gestreckte
ist, hat sie bei den Glyptodontiden einen breiteren Umriß erhalten.
Dies rührt daher, daß einmal sämtliche Elemente des Vorderfußes
eine überaus gedrungene Gestalt zeigen, mit Ausnahme natürlich
der Endphalangen, und daß außerdem stets drei Zehen kräftig
ausgebildet sind. - Die gewiß sehr starken Grabklauen haben
sicherlich die Gesamtform gestreckter gestaltet, trotzdem ist un-
verkennbar, daß gegenüber. den Verhältnissen bei Dasypus eine
merklich breitere Fläche vorhanden ist.
Bei Glyptodon kann man wohl annehmen, daß das auffallend
stark entwickelte Pisiforme, das als gestreckter, nach unten
etwas konkaver Knochen, gleichsam als Ersatz des fehlenden
fünften Fingers, nach außen vorragt, nicht unwesentlich zur Ver-
breiterung der durch die Hand gebildeten Schaufel beigetragen hat.
— %6 —
Es ist dabei bemerkenswert, daß hier gerade die dem Boden
zugewandte und beim Scharren im Boden am meisten in An-
spruch genommene Randpartie der Hand durch das Pisiforme
eine Ausdehnung erfahren hat. Die hier reproduzierte Abbildung
(Fig. 7) von G/yptodon asper Burm. bei BURMEISTER!) möge
die Rolle, die das Pisiforme (P.) bei der Verbreiterung der Hand
spielt, veranschaulichen. Die in der paläontologischen Abteilung
des Museums für Naturkunde befindlichen Vorderextremitäten der-
selben Art zeigen durchaus das gleiche Bild. Bei der gleichfalls
der fünften Zehe entbehrenden Gattung Daedicurus ist, nach den
Abbildungen BuURMEISTERS zu schließen, dieses Verhältnis weniger
deutlich. Bei Panochthus tritt das Pisiforme weit stärker zurück,
dafür ist hier der fünfte Finger gut entwickelt.
Fig. 8. Endphalange der dritten Zehe des Hinterfußes von Glyptodon
clavipes Ow. ?/s nat. Gr.
Sehr bemerkenswert ist die Stellung, die der Vorderfuß
einnimmt. Er liegt nämlich mit Tibia und Fibula in einer Ebene,
auf welche genau senkrecht die Rolle des Ellenbogengelenkes
gerichtet ist. Es folgt hieraus, daß Hand, Unterarm und der
zu diesem kräftig geneigte Humerus ziemlich genau in einer
Fläche liegen. Auch wenn wir eine etwas nach unten divergierende
Stellung der beiden vorderen Extremitäten annehmen, so erscheint
es doch als ausgeschlossen, daß der ganze Vorderfuß den Boden
berührte. Er muß ohne Frage eine steile Stellung mit nach
innen gerichteter Handfläche gehabt haben, die für das Gehen
und Laufen höchst unvorteilhaft ist, und kann lediglich mit den
drei mittleren Zehen die Erde berührt haben, besitzt also extrem
2) a 2,0. PLXXKIIE F. 2.
en 0000
Ber
digitigraden Charakter. In dieser steilen Stellung liegt eine
besonders weitgehende Anpassung an die Funktion, indem beim
Graben die Flächenausdehnung des Vorderfußes in besonders
hohem Maße zum Wegschieben der Erde ausgenutzt wird.
Die hinteren Extremitäten zeigen den vorderen gegenüber eine
ganz abweichende Ausbildung der Endphalangen. Diese besitzen
nämlich eine stark verbreiterte Form, die namentlich bei den
drei mittleren Zehen ausgeprägt ist (Fig. 8). Aber auch die
erste und fünfte Endphalange sind wesentlich breiter als am
Vorderfuß, wenn sie hier überhaupt vorhanden sind. Es kann
demgemäß auch die Hornbekleidung der Endphalangen nicht den
Charakter von langen spitzen Grabklauen, wie wir sie an den
Vorderextremitäten annehmen müssen, besessen haben. Offenbar
waren sie von hufähnlicher Gestalt und berührten mit breiterer
Endigung den Boden.
Die Gesamtform des Hinterfußes ist massig und gedrungen,
alle Elemente des Tarsus, Metatarsus und der Zehen sind
außerordentlich kurz geworden. Die Zehen stehen, wenigstens
bei Gl/yptodon, ziemlich schräg und divergieren etwas von ein-
ander. Bei Punochthus ist, nach den Abbildungen Burmkisters
zu schließen, die Neigung der Zehen eine flachere, doch scheint
auch diese Gattung wie G/lyptodon auch an den Hinterfüßen
digitigrad gewesen zu sein. Der Gesamt-Habitus ist dem ver-
gleichbar, den wir bei den größten und massigsten Huftieren
finden. Er erinnert an die Verhältnisse bei Proboseidiern, in
noch höherm Grade an die der Amblypoda, wie Uintatherium
und Tinoceras.
Bei diesen gewaltigen Tieren sind die Extremitäten der
gewaltigen Last, die sie zu tragen hatten, angepaßt, die kurze
breite Form der Fußkuochen gewährte große Festigkeit, die
große Fläche, mit der der Fuß den Boden berührt, die nötige
Sicherheit beim Auftreten. Die proximale Facette des Astragalus
ist, worauf SchLosser!) hinweist, bei den Proboscidiern und
I
'Amblypoden infolge des großen Körpergewichtes fast ganz eben
gestaltet. Auch bei Glyptodon ist sie, wenn auch in geringerem
Maße, abgeflacht, bei dem viel kleineren Propalaeohoplophorus dagegen
bezeichnenderweise sehr stark gewölbt und mit tiefer Mittelrinne
versehen.
Der Hinterfuß der Glyptodontiden übertrifft au Gedrungenheit
noch den der erwähnten Huftiere, indem die Metacarpalia noch
weit kürzer geworden sind. Auch in der weit breiteren Form
!) Über die Modifikation des Extremitätenskelets bei den einzelnen
Säugetierstämmen. Biol. Zentralbl. 9, 1890 S. 718.
Be
der Endphalangen ist bei den ersteren die Anpassung an die
Funktion weiter fortgeschritten.
Auch Unter- und Oberschenkelknochen sind bei den Glypto-
dontiden außerordentlich massig und kräftig entwickelt und durch-
aus einem gewaltigen Gewicht angepaßt. Besonders bemerkens-
wert ist der Unterschenkel, dessen zwei Bestandteile, Tibia und
- Fibula, zu einem einheitlichen Knochenstück verschmolzen sind,
das bei der Gattung Glyptodon eine fast mit einer kurzen,
dicken, durchbrochenen Säule vergleichbare Form angenommen
hat. Es sei hier bemerkt, daß bei der kleineren und
ursprünglicheren Gattung Propalaeohoplophorus nach den Angaben
und Abbildungen Lypekkers Tibia und Fibula noch weit
schlanker und selbständiger sind und an ihren verwachsenen
Enden deutlich die Nähte erkennen lassen. Das Femur ist bei
den Glyptodontiden plump und massig und durch die kolossale
Entwicklung des großen sowie durch das Vorhandensein eines
tief gelegenen kräftigen dritten Trochanters ausgezeichnet. Her-
vorzuheben ist außerdem noch der Calcaneus, der nach hinten in
einen mächtigen Tuber calcis ausläuft.
Die Gegenüberstellung von Vorder- und Hinter-Extremität
ergibt, wie aus dem Gesagten hervorgehen dürfte, eine bemerkens-
werte Differenzierung in Bezug auf Form und damit auch
Funktion. Die vorderen sind an grabende Tätigkeit, die hinteren
lediglich an das Tragen der großen Körperlast angepaßt.
Diese Erscheinung rückt aber noch in ein ganz besonderes.
Licht, wenn wir die Stellung der Hinterextremität genauer be-
trachten. Das Becken hat, wie schon oben bemerkt, einen be-
sonders großen Umfang erhalten dadurch, daß Ilia und Ischia
zu umfangreichen Knochentafeln sich umgestaltet haben. Die
große Entwicklung der Ischia in der Längsrichtung hat zur Folge,
daß der Ansatz des Oberschenkels weit nach vorn gerückt wird.
Diese Tatsache im Verein mit der bei den verschiedenen Gattungen
mehr oder weniger. ausgeprägt schräg nach vorn gerichteten
Stellung der Oberschenkel und der beträchtlichen Länge der-
selben, die diejenige der Unterschenkelknochen stets beträchtlich
übertrifft, bei Glyptodon und Panochthus sogar den doppelten Betrag
erreicht, bedingt nun, daß die Aufsetzstelle der Hinterfüße auf den
Boden auffallend weit nach vorn geschoben erscheint. Dies ist in so
hohem Grade der Fall, daß die Verbindungslinie der Punkte,
wo die Zehen den Boden berührten, der vom Schwerpunkt des
gesamten Tierkörpers gefällten Vertikalen zum mindesten sehr
nahe zu liegen kommt. Ein Blick auf die treffliche Abbildung
BurmEisters!) von Glyptodon asper zeigt klar diese Stellung der
!) Annales del Museo Publico de Buenos Aires. 2, Pl. XXII.
En 7
Hinterbeine, obwohl das Tier schreitend und mit zurückgesetztem
rechten Hinterfuß dargestellt ist. Auch die bei ZırreL!) gegebene
Reproduktion einer anderen Abbildung BurMEISTERS von Glyptodon
reticulatus Ow. läßt das besprochene Verhältnis gut erkennen.
Bei der Festlegung der Schwerpunktsvertikale ist zudem
noch in Betracht zu ziehen, daß entsprechend der Form des
Panzers bei der Gattung G/yptodon der Umfang des Körpers im
hinteren Teil größer ist als im vorderen. Dazu kommt hier die
gewaltige Entwicklung des Beckens und der Knochen der Hinter-
extremitäten, sowie die größere Dicke des Panzers. Der mächtige
Schwanz hat sicherlich das Gewicht von Kopf und Hals
kompensiert, bei längsschwänzigen Formen wie Panochthus und
Daedicurus fraglos übertroffen.
Trägt man allen diesen Verhältnissen Rechnung, so gelangt
man zu dem Schluß, daß bei G/yptodon der Schwerpunkt nicht
weit vor der Anwachsstelle der Ilia mit dem Panzer gelegen
haben kann und ungefähr über dem Vorderende der Zehen der
Hinterfüße anzunehmen ist.
Bei der der ganzen äußeren Erscheinung nach schlankeren
Gattung Panochthus übertraf die hintere Rumpfhälfte an Umfang
wohl nicht wesentlich die vordere. Andrerseits zeichnet sich der
Schwanz außer durch größere Länge durch bedeutendere Stärke
in seiner proximalen Hälfte vor dem von Glyptodon aus. In
den Hauptzügen des Skeletbaues von Panochtus, über den die
ausgezeichnete Abbildung Burmeısters?) und deren Reproduktionen
bei Zırrer?) Aufschluß geben, fallen beim Vergleich mit der
Gattung Glyptodon neben der später noch zu berührenden Bildung
eines Schwanztubus noch zwei abweichende Züge auf. Das ist.
einmal die größere Länge und Schlankheit des Femurs, in
geringem Grade auch der Unterschenkelknochen und des Fußes.
Das Femur ist zugleich stärker nach vorn, die verschmolzenen Tibia
und Fibula stärker nach hinten geneigt, der Fuß steht weniger
steil als bei Glyptodon. Im ganzen ist das hintere Extremitäten-
skelet bei Panochthus viel stärker geknickt im Gegensatz zu der
“mehr gestreckteren Form bei der anderen Gattung. Aus der
schrägeren Stellung der Femura resultiert aber, daß das Vor-
rücken des Fußes in noch höherem Maße erfolgt ist als bei
Glyptodon. Die zweite zu erwähnende Eigenschaft steht in
direktem Zusammenhang mit der besprochenen Ausbildung der
Hinterbeine. Der Platz für das weit vorgeschobene Kniegelenk
ist dadurch geschaffen, daß der Brustkorb bedeutend kürzer als
!) Handbuch 4, S. 145.
2032 2. 0. Pl. T,
®) Handbuch 4, S. 143 u. Grundzüge d. Pal. S. 814.
Be
bei G@lyptodon geworden ist. Dafür besitzt die Lendenwirbelsäule
eine wesentlich größere Länge, die der des Brustteiles nicht
nachsteht, während bei Glyptodon die letztere bedeutend
Jänger ist.
Das Scharren und Graben ist eine Tätigkeit, die ganz oder fast
ausschließlici von den vorderen Extremitäten ausgeübt - wird.
Sie geht umso besser von statten, je weniger letztere durch das
Gewicht des ‚Körpers belastet werden und je freier sie bewegt
werden können. Daher ist zu beobachten, daß die Tiere beim
Graben stets eine Stellung einnehmen, die eine Entlastung der
Vorderextremität erzielt. Bei den ausgesprochenen Grabtieren
pflegt sich das auch schon im Skeletbau auszuprägen.
Bei den kleinen grabenden Säugetierformen, z. B. beim
Maulwurf, bei Chlamydophorus und auch solchen aus der Schar
der Nagetiere, ist eine die Entlastung der Vorderfüße bezweckende
Stellung am wenigstens deutlich zu erkennen. Die vorderen
Extremitäten können hier eben bei dem geringen Gewicht des
Körpers selır wohl noch einen größeren Teil desselben mit tragen,
ohne dadurch wesentlich beim Graben behindert zu werden. Bei
srößeren Tieren dagegen ist es meist augenscheinlich, daß die
Hinterextreiitäten ganz oder fast ganz allein in der beim Graben
eingenommenen Stellung das Gewicht des Körpers tragen und
so die Vorderfüße entlasten. Bei einer an das Graben nicht
weiter angepaßten Form, wie es der Hund ist, sehen wir, und
zwar besonders bei großen Rassen, daß die Hinterfüße stark -
nach vorn gerückt werden, um den Stützpunkt möglichst der
Schwerpunktslinie zu nähern. Bei manchen Säugetieren ruht der
Körper auf den vorgestreckten langen Hinterfüßen, wie bei Orye-
teropus. Bei gewissen Solengängern, z. B. den meisten Dasypiden,
bei Echrdna u. a. reichen die mit starken Krallen versehenen Hinter-
füße von Natur schon sehr beträchtlich nach vorn, sodaß es nur einer
Streckung des Fersengelenkes bedarf, um den Stützpunkt für den
weitaus größten Teil der Körperlast auf die Spitzen der
mittleren Zehen zu verlegen.
Eigentümlich liegen die Verhältnisse bei Manis, wo durch
die massige Ausbildung des Schwanzes, besonders bei M. tem-
ninckt Smurs der Schwerpunkt weit nach hinten gerückt wird.
Das ist in so hohem Maße der Fall, daß nach Bream diese
Tiere bei horizontaler Haltung des Rumpfes lediglich auf den
Hinterfüßen laufen und mit den Vorderfüßen nur ganz leise den
Boden berühren.
Bei den schweren Glyptodontiden mußte die grabende
Lebensweise sich besonders stark im Skeletbau ausprägen, da
bei der gewaltigen Last des Tieres die Entlastung der Vorder-
ze Sl un
füße auch besonders nötig war. Die Hinterfüße sind, wie oben
ausgeführt, in der Tat sehr stark nach vorn gerückt, sodaß
diese beim Graben nur sehr wenig voreerückt zu werden
brauchten, um allein den Rumpf tragen. Es ist diese Stellung
erreicht einerseits durch die mächtige Ausdehnung der Ischia
in der Längsrichtung, die zur Folge hat, daß bei G/yplodon
die Gelenkpfannen für die Femura bei zweidrittel der Rumpf-
länge zu liegen kommen, andrerseits durch die Länge
und die Vorwärtsneigung der Oberschenkel. Daß diese Aus-
bildung des Skeletbaues dieser Teile sich entwickelt hat,
hängt offenbar mit Erlangung der beträchtlichen Körperschwere
zusammen. Die zum Tragen derselben bestimmten Hinter-
extremitäten mußten die Form annehmen, die sich, wie ausgeführt,
bei den schweren Säugetierformen herauszubilden pfleet und die
durch die kurze Massigkeit und Festigkeit des Fußes und Breite
der Endplhalangen resp. deren Hornbekleidung ausgezeichnet ist.
Aus demselben Grunde hatte sich offenbar zur Entlastung der
Vorderextremitäten auch nicht eine starke Streckung der Hinter-
füße herausgebildet oder, falls sie bei dem Vorfahren der Glypto-
donten bereits vorhanden war, erhalten. Hinterfüße von ge-
streckter Form mit schlanken IKnochenelementen wären nicht ge-
eignet, die gewaltige Körperlast zu tragen, wenn diese beim
Graben durch Streckung der Ferse auf die Enden der Zehen verlegt
worden wäre.
Daß bei den Glyptodontiden die Entlastung der Vorderfüße
so weitgehend eingetreten ist, hat es ermöglicht, daß diese sich
so ausschließlich an die grabende Tätigkeit anpassen konnten,
namentlich auch, daß sich die steile Stellung der Handfläche
— wenigstens bei der Gattung G/yptodon — herausbilden konnte,
zu der es bei stärkerer Belastung nicht hätte kommen können.
Es ist übrigens bemerkenswert, daß sich die Differenzierung,
die sich in der Verschiedenheit der Endphalangen und deren
Hornbekleidung ausspricht, auch bei wenigen lebenden grabenden
Formen findet, und zwar grade bei größeren Formen, nämlich
Dusypus gigas und Orycteropus. Bei beiden haben die Krallen der
Hinterfüße eine breite, hufähnliche Form, wie wir sie bei den
Glyptodontiden aus der Gestalt der Endphalangen schließen
müssen, erhalten. Auch hieraus geht hervor, daß es sich um
eine durch die Erlangung beträchtlicherer Körpergröße bedingte
Erscheinung handelt.
Die Tatsache, daß die Hinterextremitäten im wesentlichen
allein das Gewicht des Körpers tragen, läßt nun weiter auch die
Beziehungen zwischen Panzer und Skeletbau verstehen. Der
ganze Rumpf ist von dem starren Panzer umschlossen und an
seiner ° Innenseite, abgesehen vielleicht von seinen äußersten
Rändern, festgeheftet, derart, daß ähnlich, wie der Rippenkorb der
Brust einen innerlichen, der Panzer dem ganzen Körper einen
äußerlichen Halt gewährt.
Der Panzer ist lediglich mit dem Becken und den oberen
Bögen der den Ilia zunächst liegenden Lenden- und Sakralwirbeln
verwachsen, während in der ganzen vorderen Körperhälfte keine
feste Verbindung mit dem Innenskelete erfolet ist. Da allein die
Hinterextremitäten nebst Beckengürtel die Last des Panzers mit-
samt der des eingeschlossenen Körpers tragen, hat der Druck
dieser beiden auch nur hier zu einer starren, festen Verwachsung
geführt. Zugleich mußte zur Gewinnung der nötigen Stabilität
die gewaltige Entwicklung des Beckens in der Längs- und Quer-
richtung eintreten, und die hohe Zahl von Wirbeln in die Sakral-
region einbezogen werden.
Eine besondere Beachtung verdient die Ausbildung des
Schwanzes. Die mächtige Entwicklung, die er bei den Glyptodon-
tiden erreicht, legt die Auffassung nahe, daß er eine nicht un-
wichtige funktionelle Bedeutung hat. Sie ergibt sich wiederum
aus der grabenden Lebensweise. Wenn die Tiere die zum
Graben geeignete Stellung einnahmen, d. h. die Hinterfüße so
weit, als nötig war, vorrückten, um die Vorderfüße möglichst
zu entlasten, so wird der Schwanz als dritter hinten
gelegener Stützpunkt gedient haben. Da er ein Fallen nach
hinten verhinderte, so war es sogar möglich, daß die Vorder-
extremitäten eine völlige Entlastung erfuhren, ja daß der
Schwerpunkt zwischen Schwanz und den Zehenenden der
Hinterfüße, wenn auch dicht hinter diesen, zu liegen kam, sodaß
die Last des Körpers eine auf drei Punkten .gestützte stabile
Ruhelage erhielt. Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet,
dürfte nun übrigens auch die verschiedenartige Ausbildung des
Schwanzes bei den Glyptodontiden verständlich werden.
Bei der Gattung Glyptodon mit relativ kurzem, aber mit
äußerst kräftiger Wirbelsäule und starker Bepanzerung aus-
gestattetem Schwanz sind die einzelnen Wirbel selbständig
geblieben.
Bei den langschwänzigen Formen, Plohophorus, Panochthus,
Daedicurus dagegen ist das hintere Ende sowohl innerlich, als
auch äußerlich, zu einem festen starren Abschnitt verschmolzen,
während der vordere Teil biegsam geblieben ist. Es liegt auf
der Hand, daß ein längerer Schwanz einen höheren Grad von
Biegsamkeit besitzt als ein kürzerer und weniger geeignet ist, in
der angegebenen Weise als dritter Stützpunkt zu dienen. Es
dürfte demnach wohl die Verschmelzung des. hinteren Schwanz-
a SE
teiles als eine Anpassung an die Funktion, den auf ihm lastenden
Druck aufzunehmen, anzusehen scin. Das am meisten beanspruchte
hintere Ende des Tubus hat dabei bei gewissen Formen eine
Verstärkung erfahren, die bei Daedicurus (nach LyYDEKKER —
Eleuterocercus Koken) zur Ausbildung eines mächtigen, keulen-
artigen Gebildes geführt hat.
Eine derartige hochgradige Spezialisierung in der Form
des Schwanzes darf doch gewiß nicht als ein bloßes Spiel der
Natur aufgefaßt werden, sondern verdankt doch sicherlich einer
sanz bestimmten Ursache ihre Entstehung.
Als zweite darf wohl außerdem noch die Tatsache in Be-
ziehung zu der Ausbildung der Verschmelzung gebracht werden,
daß wenigstens Panochthus durch etwas größere Länge der
Hinterextremitäten ausgezeichnet ist. Bei diesem werden nämlich
die durch die Hinterfüße gebotenen Stützpunkte soweit nach vorn
verlegt, daß der Schwanz augenscheinlich eine größere Belastung
während der Grabstellung erfahren hat als bei G/lyptodon mit
kürzeren Hinterextremitäten }).
Bei der Gattung ZLomaphorus ist ja der Schwanz wesentlich
kürzer als bei den langschwänzigen Typen, andrerseits immer
noch länger als bei Glyptodon. Die Entstehung des Schwanz-
tubus mag hier außerdem noch durch die im Vergleich zu dieser
Gattung schwächere Panzerung, sowie durch die geringere Stärke
der Wirbelsäule nötiger geworden sein.
Es könnte der hier geäußerten Auffassung der Be-
deutung und Funktion des Schwanzes entgegengehalten werden,
daß man erwarten müßte, die Anzeichen starker mechanischer
Abnutzung am hinteren Ende des Schwanzpanzers zu finden.
Man darf wohl zunächst annehmen, daß sich die Glyptodon-
tiden bei ihrer Schwerfälligkeit kaum in bergigen, steinigen Gegenden
aufgehalten haben dürften, wo auch der Erwerb der Nahrung
durch Graben erschwert gewesen wäre, sondern mehr in den
Ebenen mit weicherem Boden, wie den Pampas.
Vor allem ist aber zu betonen, daß ja der Panzer, wie
schon oben bemerkt, mit einer Hornlage bedeckt war, dem ja
auch die Skulptur des Knochenpanzers bei Glyptodon u. a. zu-
zuschreiben ist. Demzufolge muß man annehmen, daß auch
der Schwanztubus eine Hornbedeckung aufwies, die bei Panochthus
und Daedicurus, wo dieser durch besonders kräftige Skulptur
ausgezeichnet ist, auch eine besonders starke gewesen sein
dürfte. LYypEkKER?) äußerte sogar die garnicht unwahrscheinliche
’) Vergl. die oben angegebenen, von ZITTEL reproduzierten Ab-
bildungen.
ara a. ©. 5.41.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 56. 1904. 6
Be N.
Ansicht, daß der Schwanztubus bei den genannten Gattungen
seitlich hornige Knoten oder sogar Hörner getragen hat. Die
Hornlage dürfte wohl einen kräftigen Schutz für den Knochen-
tubus gegen mechanische Abnutzung gewährt haben. Bei
Daedicurus hat augenscheinlich der breite schwere Tubus auch
beim Gange auf dem Boden geschleift und ist infolgedessen
auch stärker abgenutzt worden. Jedenfalls zeigt das von
Koken als ZBleutherocercus setifer!) beschriebene und in der
paläontologischen Abteilung des Museums für Naturkunde befind-
liche Stück deutliche Spuren von Corrosion.
Nachdem wir die beiden, den Skeletbau beeinflussenden
Momente, das Schutzbedürfnis und die Grabtätigkeit und gewisse
von jedem einzelnen derselben bedingte Erscheinungen besprochen
haben, wenden wir uns der Betrachtung des Halses und des vorderen
Brustabschnittes zu. Partieen, an denen wir gleichzeitig die Ein-
wirkungen der beiden genannten Momente erkennen können.
Am Halse kommt die Tendenz der Erstrebung eines
möglichst vollkommenen Schutzes zunächst in seiner Kürze zum
Ausdruck, die zur Folge hat, daß er zum großen Teil noch
unter dem Panzer gelegen ist. Nur die vorderste Partie mag
bei normaler Kopfhaltung unter ihm hervorgeragt haben. In
der Region des Halses einschließlich des Postcervikalstückes ist
die Verschmelzung der Wirbel in erster Linie durch die Kürze
desselben bedingt, wie es ja auch bei manchen Cetaceen der
Fall ist, nicht aber eine Folgeerscheinung der Panzerung, wie
bei der Rumpfwirbelsäulle.e. Denn wenn auch der Panzer bis
über diesen Teil des Halses hinabreicht, so würde daraus noch
keine Unterbindung der Beweglichkeit der einzelnen Wirbel re-
sultieren müssen, wie ja auch der Anfang der Schwanzwirbel-
säule, obwohl unter dem Panzer gelegen, unverschmolzen ge-
blieben ist. |
Die Kürze des Halses bedingte es nun auch weiter, daß
der Austrittspunkt aus dem Panzer seine tiefe Lage annahm.
Dies wurde erforderlich, weil sonst das Tier nicht imstande ge-
wesen wäre, die Nahrung von und aus der Erde heraus zu
erfassen. Es resnltierte weiter aus der tiefen Lage des Kopfes,
daß die Brustwirbelsäule in ihrem Verlauf der starken Wölbung
des Panzers nach vorn folgen mußte, sodaß der Neuralkanal des
Postcervikalstückes eine äußerst steile Richtung annalım. Und
hier mußte dann auch der scharfe Knick in der Wirbelsäule auf-
treten, der sich in dem annähernd horizontalen Ansatz der ver-_
schmolzenen Halswirbel an das Postcervikale ausspricht, sodaß
') Abhandl. K. Preuß. Akad. d. Wiss. Berlin 1888.
der Kopf die normale wagerechte nach vorn gerichtete Stellung
einnehmen konnte.
Betreffs der speziellen Beschaffenheit der Halswirbelsäule
ist zu erwähnen, daß der Atlas stets vollkommen frei ist,
während der Epistropheus mit den nächstfolgenden drei oder
vier Wirbeln zu einem gedrungenen breiten Knochenstück ver-
wachsen ist. Der sechste Halswirbel bleibt nach Burmkrister bei
gewissen Formen der Gattung Hoplophorus (= Plohophorus und
Glyptodon in Form einer dünnen Knochenspange selbständig, ist
dagegen bei Panochthus und bei Plohophorus und Glyptodon
[z. T.] mit den vorhergehenden verschmolzen. Der siebente Hals-
wirbel ist mit den ersten beiden Rückenwirbeln zu dem von der
übrigen Brustwirbelsäule losgelösten sog. Postcervikalstück ver-
schmolzen.
Es ergeben sich nun folgende Möglichkeiten der Bewegung
des Kopfes. Die Gelenkung vom kHinterhauptskondylus und
Atlas gestattete ein weitgehendes Heben und Neigen des Schädels
in der Medianebene. Die Gelenkung des Atlas und Epistropheus
ermöglichte eine Drehung um die Längsachse und wohl in
schwachem Maße auch ein Wenden nach der Seite. Die Gelenkung
zwischen Hals und Postcervikale — der sechste Halswirbel
spielt auch bei den Formen, wo er selbständig geblieben ist,
"keine besondere Rolle — erfolgte lediglich an den sehr stark
entwickelten Querfortsätzen. Ebenso liegt die Gelenkverbindung
des Postcervikalstückes mit der Brustwirbelsäule an den Quer-
fortsätzen. (Fig. 1 u. 2). Diese tragen an der Vorderseite des
dritten Rückenwirbels jederseits längliche, stark gewölbte Gelenk-
flächen, die in entsprechend gebildete des zweiten eingreifen und
so, wie BURMEISTER Schon betont, offenbar eine Gelenkung von
sroßer Beweglichkeit erzielen. Wie hier nur eine Bewegung in
der Vertikalen möglich ist, so ist das ebenso bei der Verbindung
les Postcervikalstückes mit dem vorhergehenden Halsabschnitt wegen
der großen seitlichen Entfernung der Gelenkungsflächen der
beiderseitigen Querfortsätze der Fall. Den drei in dieser Richtung
wirkenden Gelenkungen steht demnach die von Epistropheus und
Atlas gegenüber, die die Drehung des Kopfes und in schwachem
Maße auch wohl ein Wenden desselben nach rechts und links
ermöglichten.
Im Zusammenhang mit der Abgliederung des Postcervikal-
stückes von der übrigen Brustwirbelsäule steht auch die auffallende
Loslösung des mit jenem durch das erste Rippenpaar verbundenen
und mit letzterem verschmolzenen Manubrium von dem übrigen
Sternum.
Es ist nicht olıne Interesse, zu sehen, welche Anschauungen
6 *
BR
über diesen, durch so eigenartige Verhältnisse iss Ze
Komplex geäussert worden sind.
Huxrer!) sprach die Meinung aus, daß die ren Aus-
bildung des Hals- nnd vorderen Brustabschnittes die Bedeutung
habe, die Atmung zu erleichtern.
In zwei Abhandlungen beschäftigte sich M. SerREs mit den
Gelenkungen zwischen dem zweiten und dritten Halswirbel und
den beiden Stücken des Sternum. In seiner ersten?) sprach er
die Ansicht aus, daß die Glyptodonten durch Biegung des Halses
den Kopf derart in den Panzer zurückziehen konnten, daß die
gepanzerte Oberseite des Schädels den Rückenpanzer gleichsam
verschloß. Da die oberen Lungenlappen sowie die Einmündungen
der großen Venenstämme und der Aorta in das Herz in dem
dem dritten Rückenwirbel zugehörigen Rumpfabschnitt lagen, so
habe sich der vordere Teil des Sternum als beweglicher Abschnitt
abgliedern müssen, durch dessen Drehung der jenen Organen zur
Ausübung ihrer Funktion. notwendige Spielraum gewahrt blieb,
wenn das Postcervikale nach unten in den Brustkorb hineinge-
zogen wurde.
In seiner zweiten Note?) führt er die starke Entwicklung
der Querfortsätze der Halswirbel auf die Stärke der den Kopf
hebenden Muskel zurück, die auf jenen inserierten. Es wären |
das die Gomplexi, die von den zwei ersten Rückenwirbeln, und die
Splenii, die von den beiden letzten Halswirbeln sich zum Hinter-
haupt hinzögen. Die Rückbildung der Wirbelzentra der Hals-
gegend ist als eine Ausgleicherscheinung aufzufassen, bedingt
durch die „Hypertrophie* der Querfortsätze.
PoucH£r?) vertrat die Anschauung, die übrigens neuerdings
von WEBER?) wieder angeführt wird, daß die besprochenen
Eigentümlichkeiten der Hals- und Brustregion ein Zurückziehen
des Kopfes unter den Panzer in der Art, wie es bei den Schild-
kröten zu beobachten ist, also unter Beibehaltung der wagerechten
Haltung desselben, ermöglichen solle.
!) Description of a new Specimen of Glyptodon, recently acquired
by the Royal college of Surgeons of England. Proceed. Roy. Soc. 1862,
?) Note sur deux articulations ginglymoidales nouvelles existant
chez le Glyptodon, la premiere entre la deuxieme et la troisieme
vertebre dorsale, la seconde entre la premiere et la deuxieme piece
du sternum. Compt. rend. des seances de l’Acad. des sciences 1863 S. 885.
°) Deuxieme note sur le developpement de l’articulation vertebro-
sternale du G@lyptodon et les mouvements de flexion et d’extension de
la tete chez cet animal fossile. Ebenda 1863 S. 1028.
*) Journal d’Anatomie etc. 1866.
°) Die Säugetiere, 1904 S. 437,
a
An mehreren Stellen!) bespricht Burmeister diese Verhält-
nisse. In seiner großen Monographie der Glyptodontiden nimmt
er auch den von anderer Seite geäußerten Ansichten gegenüber
Stellung. :
Er lehnt Huxreys Auffassung ab, indem er ausführt, daß
die Rippen hinreichend beweglich gewesen seien, um eine ge-
nügende Atmung zu gestatten. Auch den Vergleich PoucHkrs
mit den Schildkröten glaubt er zurückweisen zu müssen, da ein
Zurückziehen des Kopfes nur um höchstens 3 Zoll möglich ge-
wesen sein könne, sodaß bei wagerechter Haltung nur ein kleiner
Teil desselben vom Panzer bedeckt gewesen wäre.
Dagegen vertritt BuRMEISTER im allgemeinen die Ansicht
SERRES, nur präzisiert er sie genauer. Er unterscheidet
nämlich zwei Bewegungen, von denen die eine, durch das Post-
cervikale ermöglicht, ein Zurückziehen des Kopfes zur Folge hat,
die andere, in der Gelenkung von Atlas und Hinterhaupt beruhende,
eine vertikale Stellung von Stirn und Scheitel bewirke. Auf diese
Weise würden die Wangen bis zu den Augen in den Panzer
hineingezogen und dieser selbst vorn völlig geschlossen. Auch er-
hielte die nach unten und hinten gerichtete, durch ihre Größe
. ausgezeichnete, nicht gepanzerte Nase einen guten Schutz. Bur-
MEISTERS Ansicht über die Art der Funktion der besprochenen
Gelenkungen dürfte der Wahrheit wohl am nächsten kommen.
Am Berliner Stück von G/lyptodon clavipes sind leider vom
Rippenkorb sehr wenig und vom Sternum nichts erhalten, sodaß
es ein Urteil aus eigener Anschauung über diese Teile nicht
gestattet.
Die Betrachtung von Burmeısters Tafeln läßt nun das eine
Bedenken gegen seine Auffassung aufsteigen, daß eine annähernd
senkrechte Stellung der Stirn deshalb nicht möglich erscheint,
weil die Unterkieferäste bei ihrer Höhe beim Beugen des Kopfes
bald an die Brust stoßen mußten.
Die von LypEkker gegebene Abbildung des Panzers von
Lomaphorus ornatus zeigt seitlich neben dem Kopfausschnitt weit
vorspringende Ränder. Hier würde auch schon bei einer schrägen
Stellung der Stirn von etwa 60° diese in die Ebene der oberen
Ränder jener vorspringenden Teile sich befinden und der Kopf
seitlich vollkommen geschützt sein. Bei Panochthus luberculatus
!) Revista Farmaceutica di Buenos Aires, 3 S. 271 1868;
Ann. & Magaz. Nat. Hist. (3) 1 1864 S. 81, Archiv f. Anatomie
und Physiologie etc. 1865 S. 371; Monographia de los Glyptodontes
en el Museo publico de Buenos Aires. Anales del Museo publico de
Buenos Aires, 2,1870/71 S. 47.
?®) Monogr. Pl. II.
er Be
ist das an der Abbildung LypEkkErs weniger ausgesprochen, an
der Burmeiısters kaum angedeutet, und auch bei dem Panzer
von Glyptodon finden sich nirgends derartige vorspringende Ränder
angegeben.
Soweit man nach den Abbildungen schließen kann, scheint
es, als ob bei der Gattung Glyptodon und Ponmochthus das Bergen
des Kopfes im Panzer durch Senken des ersteren doch nicht
ganz in dem Grade möglich war, wie das BURrRMEISTER angibt
und wie es bei ZLomaphorus in der Tat der Fall gewesen sein
dürfte.
Die Leichtigkeit und der hohe Grad der Beugung, der die
Wirbelsäule hinter dem Postcervikale offenbar fähig war, verlangte
starke, dorsal gelegene Muskeln, die den Kopf in der wage-
rechten Haltung zu halten vermochten. Dieser kräftigen Muskulatur
diente zweifellos der gewaltige obere Dornfortsatz des Postcervikale
(Fig. 2) als Ansatzpunkt. Nach hinten zu inserierte dieselbe
dann auf den eine breite Fläche bietenden, seitlich gerichteten
Querfortsatzleisten (Fig. 2, 3) der Brustwirbelröhre. Diese haben
eben deshalb diese Querstellung erhalten, die von der in der
hinteren Hälfte dieses Abschnittes herrschenden so stark absticht.
Hier waren nämlich die Querfortsätze offenbar durch elastische
Bänder mit dem Panzer verbunden, sodaß die Brustwirbelsäule
gleichsam aufgehängt war und jene sich, der Richtung des Zuges
entsprechend, senkrecht stellten (Fig. 4).
In der Ausbildung der eigentümlichen Gelenkverbindungen
des Halses und des vorderen Brust- und Sternalabschnittes dürfte
aber wohl nicht allein das Streben nach Schutz, sondern auch
der Nahrungserwerb, das Graben, mitgewirkt haben. Da die Tiere
sich ihre Nahrung in der Erde suchten, so lag das Bedürfnis
vor, den Kopf möglichst senken zu können. Das ermöglichte,
wie BuRMEISTER bereits betonte, die Gelenkung des Hinterhauptes,
daneben aber auch wohl die des Postcervikale. Bei der Winkel-
stellung dieses Knochens gegen den vorderen Halsabschnitt
mußte eine Drehung des Postcervikale nach hinten nnd innen,
den vorderen Halsteil und damit auch den Kopf ohne Frage dem
Boden näherbringen, was, wie erwähnt, für die Erlangung der
Nahrung wünschenswert war.
Die außerordentlich breite Form des Schädels und die ge-
waltige Entwicklung der Jochbogenfortsätze haben übereinstimmend
BURMEISTER und C. B. ReıcHert!) zu der Annahme geführt, daß
die Glyptodontiden eine breite Wühlschnauze besaßen. Sie
wühlten damit den von den Füßen aufgegrabenen Boden um und
!) Sitz.-Ber. Ges. naturforsch. Freunde Berlin 1863.
ee
warfen dabei wahrscheinlich vielfach die Erde empor, um die
Nahrung frei zu legen. Die dem mächtigen Dornfortsatz des
Postcervikale ansetzenden Muskeln waren sicherlich imstande, eine
energische Aufwärtsbewegung des Kopfes zu unterstützen.
Die gewiß lebhaften Bewegungen des Kopfes, die nach
Burmsıster auch bei den lebenden Dasypiden zu beobachten sind,
und die in fast ausschließlich vertikaler Richtung stattfinden,
haben offenbar ferner zu der Gelenkunz von Brust- und Lenden-
wirbelsäule geführt. Sie übertrugen sich, wenn auch in gewiß
schwachem Maße, auch auf die erstere und verhinderten die Ver-
schmelzung beider Teile. So entstand jene Gelenkung, die an
dem Berliner Glyptodon nur unregelmässige, auf beiden Seiten
unsymmetrische und senkrechte Gelenkflächen zeigt, die be-
zeichnenderweise auch nur eine, der des Halses und Kopfes ent-
sprechende vertikale Bewegung gestatten.
Allgemeiner über die Bedeutung dieser Gelenkung drückt
sich LECHE!) aus, wenn er in ihr den Ausdruck der sonst bei den
Säugetieren zu beobachtenden Gegensätzlichkeit des vorderen und
hinteren Abschnittes der Wirbelsäule sieht. Die hier versuchte
Erklärung dürfte zeigen, daß wir doch wohl Anhaltspunkte haben,
die wir zu einer genaueren Bestimmung der Entstehungsursache
jener eigentümlichen Gelenkung verwenden können.
Serres?) hatte die Ansicht geäußert, daß der hohe Grad
von Rückbildung der Wirbelzentren der Halswirbel und des Post-
cervikale, die denselben Grad wie bei den Rückenwirbeln erreicht,
in Correlation stände und hervorgerufen sei durch die starke
Entwicklung der Querfortsätze, die ihrerseits einer kräftigen
Muskulatur den Ansatzpunkt geliefert hätten. Es scheint in der
Serres’schen Äußerung die bei Besprechung der Rumpfwirbel-
säule hier vertretene Auffassung versteckt zu sein, daß der
Schwund der Wirbelzentren eingetreten ist, weil ihm ihre Funktion
von anderen Teilen abgenommen wurde. Bezüglich der Hals-
wirbel und des Postcervikale läßt sich wohl noch genaueres über
die Gründe ihrer Gestaltung sagen.
Die dem Schutzbedürfnis angepaßte, mit weitgehenden Wirbel-
verschmelzungen verbundene Kürze des Halses war nicht verein-
bar mit nennenswerter Biegsamkeit des Halses, wenn lediglich
die Dehnbarkeit der wenigen Kmnorpelscheiben zwischen den
Wirbelzentren der selbständigen Wirbelabschnitte dieselbe hätten
erzielen sollen. Deshalb mußten sich Gelenkverbindungen an
anderen Teilen, hier also an den Querfortsätzen entwickeln, die
!) Mammalia S. 237.
23.3.0.
een
auch bei geringer Anzahl dem Halse und vorderen Brustabschnitt
ein erhebliches Maß von Beugungsfähigkeit verschaffen konnten.
Die kräftige Ausbildung der Querfortsätze machte dann weiter aller-
dings eine Entwicklung starker Wirbelzentren überflüssig. Solche
wären außerdem einer starken Beugungsfähigkeit an den vor-
handenen Gelenkstellen durchaus hinderlich gewesen.
Als drittes in der Ausbildung des Giyptodentersa sich
ausprägendes Moment ist die Erreichung beträchtlicher Körper-
größe zu betonen. Ja, dieses dürfte von ausschlaggebender
Bedeutung für die Entwicklung des Zweiges der Glyptodontiden
gewesen sein.
Von AMEGHINO ausgesprochen und neuerdings wieder von
WEBER!) ausführlicher begründet wurde die Ansicht, daß die mit
starrem Rückenpanzer versehenen Glyptodontiden von Formen
mit beweglichen Panzerringen abstammen. Besonders wahrschein-
lich gemacht wird diese Anschauung durch die Tatsache, daß
der älteste, ursprünglichste Glyptodontide, ‚Propalaeohoplophorus,
noch deutliche Spuren dreier beweglicher Panzerringe besaß.
Das Schwinden derselben dürfte in erster Linie der Größen-
zunahme zuzuschreiben sein. Sie führte dazu, daß die Last
des Körpers sich fast ausschließlich auf die Hinterextremitäten
verlegte, sodaß die Vorderbeine als Stützpunkt bei der Fort-
bewegung nur eine untergeordnete Rolle spielten. Die sonst im
allgemeinen bei den Säugetieren bei der Fortbewegung sich
einstellende Gegensätzlichkeit der gleichzeitig in Tätigkeit befind-
lichen Vorder- und Hinterextremitäten und damit auch der
vorderen und hinteren Rumpfhälfte war bei den schwerfällig auf
den Hinterfüßen dahinschreitenden Glyptodontiden kaum vorhanden
gewesen, sodaß diese Abschnitte des Körpers ihre Selbständigkeit
und Beweglichkeit gegeneinander nicht zu bewahren brauchten
und der Panzer zu einer einheitlichen Decke verschmolz. Daß
bei dem gewaltig großen Chlamydotherium aus der Familie der
Dasypodiden der Panzer noch nicht die starre Beschaffenheit an-
genommen hat, darf deshalb nicht auffallen, weil es sich bei
dieser Gattung um einen alten und wenig spezialisierten Typus
handelt, der nach Amzsnıno schon in: der Santa-Cruz-Formation
auftritt.
Es sei auch ferner darauf hingewiesen, daß ein Einrollungs-
vermögen, wie es bei gewissen lebenden Gürteitieren durch die Aus-
bildung der Gürtel ermöglicht wird, bei den Glyptodontiden durch
ihre Massigkeit und Schwere unmöglich gemacht werden mußte.
Daß die gewaltige Körpergröße im Verein mit der Entlastung
Da. 2.0.8. 466 ff.
EI AO A
der vorderen Extremitäten die Umformung der hinteren, nament-
lich auch inbetreff der Endphalangen im Gefolge gehabt hat,
sowie auch die Ausbildung des Beckens mitbedingt hat, wurde
bereits oben besprochen.
Auch in der Zahnbildung der Glyptodontiden kann man den
indirekten Einfluß der Körpergröße wahrnehmen. Wie WEBEr!)
ausführte, „erfuhren die einfachen Zähne, ursprünglich Wechsel-
zähne, der Dasypodiden bei Chlamydothertum, mehr noch bei
Propalaeohoplophorus sekundäre Veränderung, indem die hinteren
lange, wurzellose Prismen mit Längsfurchen wurden, welche Zahn-
form die ausschließliche der Glyptodonten wurde.“
Diese Umgestaltung darf man wohl auf den Übergang zur
reinen Pflanzennahrung zurückführen. Während die lebenden
Dasypodiden der Hauptsache nach von Insekten leben, ist diese
Nahrung für die Glyptodontiden deshalb nicht anzunehmen, weil
es ihnen nicht möglich gewesen sein kann, die ihrer Körpergröße
entsprechende Menge davon zu erlangen.
Insektivore Säugetiere scheinen nur dann etwas größere
Körperdimensionen erreichen zu können, wenn sie in hochgradiger
Weise an Ameisennahrung angepaßt sind, wie Myrmecophaga und
- Oryeteropus.
Die Glyptodontiden dagegen lebten, wie die außerordentlich
hohen, mit großen Kauflächen versehenen, wurzellosen Zähne ver-
raten, im wesentlichen von Pflanzennahrung. Offenbar scharrten sie
sich Wurzeln und Knollen aus der Erde heraus, wobei ihnen die
breite Wühlschnauze, die im starken Gegensatze zu der langen
und spitzen der insektivoren Dasypodiden steht, sicherlich gute
Dienste leistete.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
\y: w. 0.
BBANco. JAEKEL. JoH. BÖHM.
5) Ei 25 OS ar.
7. Protokoll der Juli-Sitzung.
Verhandelt Berlin, den 6. Juli 1904.
Vorsitzender: Herr JAEKEL.
Das Protokoll der Juni-Sitzung wurde verlesen und ge-
nehmigt.
Der Vorsitzende begrüßte Herrn Akademiker Friedrich
v. Scamipr-Petersburg bei seinem Besuche in der Sitzung.
Darauf teilt der Vorsitzende den Tod des Mitgliedes der
Gesellschaft Dr. H. Kaur mit.
Der Vorsitzende machte der Gesellschaft ferner Mitteilung
von dem am 5. Juli in Berlin erfolgten Ableben des Prof.
Dr. F. Hırgenporrr, dessen Haupttätigkeit zwar auf dem Ge-
biete der Zoologie lag, der aber durch seine Untersuchungen
über die Entwicklungsreihen der Planorbis multiformis im
Miocän von Steinheim eine große Bedeutung für die Paläonto-
logie besonders in ihrer Wichtigkeit für die Descendenzlehre er-
langt hatte. Er war zuletzt Kustos am zoologischen Museum
zu Berlin und starb nach längerem Leiden im Alter von 64 Jahren.
Der Vorsitzende gedachte schließlich eines Mitgliedes, der
wohl aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr unter den Lebenden
weilt, des Baron EpvAarp von Tour, der bekanntlich im Herbst
1902 von der Bennetinsel die Heimreise nach der Nordküste
Sibiriens antrat, aber dorthin nicht zurückgekehrt ist. Es ist
wohl kaum mehr daran zu zweifeln, daß er den ungünstigen
Zufällen der späten Jahreszeit in dem Sunde der Bennetinsel
zum Opfer gefallen ist. Diese letzte Expedition Torzs war die
dritte, die er nach KNordsibirien unternahm. Die beiden
ersten galten vornehmlich der Bergung von Mammuthkadavern,
während die letzte die Erforschung der Nordsibirischen Inseln
zum Ziele hatte. Toru hat als Geologe bei diesen Ex-
peditionen unsere Kenntnis von dem Bau Nord-Sibiriens und der
genannten Inseln in wichtiger Weise gefördert, und wenn auch
von den Ergebnissen seiner früheren und dieser letzten Reise
bisher nur vorläufige Berichte bekannt geworden sind, so sind
diese, wie namentlich Torıs Beobachtungen über die sibirischen
Reste des Inlandeises und seine Auffindung mesozoischer und
verschiedener paläozoischer Schichtsysteme in Nordsibirien, an
sich schon sehr dankenswerte Ergebnisse seines Forschungs-
dranges. Dadurch, daß auch von seiner letzten Expedition alle
wissenschaftlichen Materialien gerettet werden konnten, ist gerade
über die Geologie der Bennetinsel, speziell das Altersverhältnis
der postglacialen Säugetierhorizonte und der präglacialen Pflanzen-
lager zu dem Horizont des Inlandeises, ein äußerst wichtiges
Material erlangt worden. Mit der Bewunderung des kühnen
Forschermutes Epuarp von Torrs verbindet sich die herzliche
Anerkennung für seine unbestreitbaren Verdienste um die geo-
logische Kenntnis jener weltentlegenen Gebiete, die ihm weit
über die Grenzen seines engeren Vaterlandes hinaus ein dankbares
Andenken aller Geologen sichert. |
Seinem und der vorher Genannten Andenken zu Ehren er-
heben sich die Anwesenden von ihren Sitzen.
Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten:
Herr Bergbaubeflissener Hering aus Breslau,
vorgeschlagen durch die Herren WvsoGörskı, Renz
und FReEcH;
Herr Bergbaubeflissener Paun Dienst aus Elberfeld,
vorgeschlagen durch die Herren BrAanco, PoTonIE
und PhıLıpp1.
Hierauf legte der Vorsitzende die im Austausch eingegangenen
Zeitschriften vor und besprach die von den Autoren als Geschenk
an die Bibliothek eingegangenen Bücher:
DELGADO, J. F. N., Faune cambrienne du Haut Alemtejo (Portugal).
S.-A. a. Commun. Service g&olog. Portugal. 5. Lisbonne 1904.
Harca, F. H., The geology of the Marico district. S.-A. a. Trans-
act. geol. soc. South Africa. 7. 1904.
—! Note amplifying his paper on the Geology of the Marico district.
S.-A. a. The Minutes of Proceed. geol. soc. South Africa. 7.
No. 3.
HAusmAnn, H., Interferenz-Erscheinungen in polarisiertem Licht.
Photogr. Aufnahmen. Magdeburg 1904.
KnEeBEL, W. von, Basaltmaare im Taunus. S.-A. a. Sitz.-Ber.
phys.-med. Soc. Erlangen. H. 35. 1903.
—, Vergleichende Studien über die vulkanischen Phänomene im Ge-
Gebiete des Tafeljura. Ebenda.
MARTIN, K., Jungtertiäre Kalksteine von Batjan und Obi. S.-A. a.
Samml. geol. Reichsmus. Leiden (1) 7. 1904.
7 So
NOPCSA JUN., FRANZ BARON, Dinosaurierreste aus Siebenbürgen IN.
Weitere Schädelreste von Mochlodon. S.-A. a. Denkschr. math.-
naturw. Cl. k. Akad. Wiss. Wien. 74. 1904.
Passt, W., Die fossilen Tierfährten aus dem Rotliegenden Thüringens
im Herzoglichen Museum zu Gotha. Ein Führer durch ihre
Sammlung. Mit 12 Tafeln u. 6 Figuren. Gotha 1904.
— , Abbildungen u. kurze Beschreibung der Tierfährten aus dem Rot-
liegenden Deutschlands. Lief. 1. Taf. I—-XII. Gotha 1904.
Herr F. von WOLrr sprach über das Alter der
kristallinen Ostceordillere in Ecuador.
Die Reihe petrographischer Abhandlungen, die das von
Herrn Geheimrat Reıss auf seinen Reisen in Ecuador während
der Jahre 1370—--1874 gesammelte Material zum Gegenstand der
Untersuchung gemacht hatten, haben mit meiner Arbeit „Die
älteren Gesteine der ecuatorianischen Ostcordillere,
sowie die des Azuay und eines Teiles der Cuenca-
Mulde“!) einen vorläufigen Abschluß genommen. Aus dieser
Arbeit sollen die Ergebnisse der Untersuchung, soweit sie rein
geologischer Natur sind und die Altersfrage der Ostcordillere
betreffen, herausgegriffen und noch einmal zusammengestellt werden.
Der große östliche Cordillerenzug „die Ostcordillere“ mit
seinen aufgesetzten Vulkanriesen läßt in seinem geologischen
Aufbau eine Dreiteilung erkennen.
1. Die jungvulkanische Bedeckung ist das jüngste Glied
der ganzen Reihe. Massige Laven und Tuffe, es sind meistens
Pyroxen- und Hornblende-Andesite, der z. T. noch jetzt tätigen
Vulkane haben die Grundcordillere begraben. Dieselbe erscheint
nur in der Tiefe der Erosionsrinnen oder dort, wo die Abtragung
größere Partien freigelegt hat.
2. Die Kreideformation ist gewöhnlich in Sandsteinen und
dunkien bituminösen Kalken entwickelt. Sie tritt aber auch hier
in ähnlicher eruptiver Facies wie in den südlicheren Ländern,
namentlich Chile, auf und besteht aus älteren basischen Eruptiv-
gesteinen, Augitporphyriten und dazugehörigen Tuffen und jüngeren
(uarzporphyren.
Diese Formation in eruptiver Facies fehlt in dem Bereich
der eigentlichen Ostcordillere, sie reicht von der Westcordillere
bis an ihre Flanke heran. Die Kreideformation hat z. T.
die Auffaltung der Ostcordillere mitgemacht, wie die steil auf-
gerichteten Kreidesandsteine des Cuencabeckens beweisen. Eine
nähere Gliederung und Parallelisierung derselben ist bei der Armut
an Fossilien und dem Stand unserer Kenntnisse noch nicht durch-
führbar.
!) Vergl. W. Reıss, Ecuador 1870—1874, H. U. Berlin 1904.
et
3. Die kristallinen Schiefer endlich bauen die Ostcordillere
im Untergrund auf.
Ihre petrographische Mannigfaltigkeit ist ungemein groß.
Tonschiefer, Phyllite, Grapbitschiefer, Quarzite, Glimmerschiefer
und mannigfaltige Albitgneise mit Einlagerungen von geschieferten
Diabasen, Grünschiefern und Hornblendegesteinen geben ein Bild
ihrer wechselnden Zusammensetzung. Die Versuche, die Genesis
dieser kristallinen Schiefer zu ergründen, z. T. vermittels der Bausch-
analyse, z. T. durch die mikroskopische Untersuchung, führten
zu dem Ergebnis, daß der kristallinen Ostcordillere eine Sediment-
formation zugrunde liegt, die sich aus Sandsteinen und Tonen
mit kohligen Einlagerungen aufbaute und nunmehr in einem durch
den Gebirgsdruck in mehr oder weniger starkem Grade umge-
formten Zustand vorliegt.
In derselben Weise ließ sich zeigen, daß die Einiagerungen,
die Grünschiefer und Hornblendegesteine, auf basische Eruptiv-
gesteine und deren Tuffe zurückzuführen sind. Man kennt nun
bei keiner anderen Gesteinsgruppe die umformenden Wirkungen
des Gebirgsdruckes bis in die Einzelheiten so genau, wie gerade
bei den Diabasgesteinen.
Es lassen sich die Diabasgesteine in den verschiedenen
Stadien dynamometamorpher Umformung als Maßstab für die
Intensität des Gebirgsdruckes verwenden, und so kann man drei
Stufen der Umformung unterscheiden.
1. Stadium der schiefrigen Diabase und Schalsteinschiefer;
ihm entsprechen die Tonschiefer, mit denen sie auch vergesell-
schaftet auftreten.
2. Stadium der Grünschiefer; hierher gehören die Phyllite.
3. Stadium der Hornblendeschiefer und Amphibolite; es ist
das Stadium der Glimmerschiefer und Albitgneise und umfaßt
alle Gesteine, die den höchsten Grad der Kristallinität erreicht
haben.
In dieser Weise treten die Schiefer im geologischen Verband
mit ihrer Einlagerung auf, sodaß z. B. Grünschiefer nur mit
Phylliten, oder Amphibolschiefer nur mit Albitgneisen oder anderen
Gesteinen derselben Stufe zusammen auftreten.
Da nun die Intensität des Gebirgsdruckes Änderungen mit
dem Ort unterworfen ist, folgt aus dieser Tatsache, daß Schlüsse
auf die vertikale Aufeinanderfolge von Tonschiefer, Phyllit,
Glimmerschiefer und Gneis nicht zu machen sind, vielmehr diese
Schiefer geologisch äquivalente Horizonte, aber in einem ver-
schiedenen Grade der Umformung, darstellen können.
Diese kristallinen Schiefer werden von Granit und tonalıt-
artigen Dioritmassiven durchbrochen; dieselben haben auf die
ze ee
Tonschiefer und Grünschiefer Kontaktwirkung ausgeübt, sind dem-
nach jünger als diese. Während diese Massive im Westen nur
wenig von dynamometamorphen Veränderungen betroffen wurden,
sind sie im Osten in Granitgneise und Dioritgneise umgewandelt
worden. Sie sind demnach von der Auffaltung der Cordillere
noch mit betroffen worden.
Was nun das geologische Alter der Aufrichtung des Ge-
birges betrifft, so ist dasselbe in die Tertiärzeit oder frühestens
in die oberste Kreidezeit zu verlegen, da Kreideschichten mit
betroffen sind.
Das Alter der kristallinen Schiefer kann bei dem vollständigen
Fehlen sonstiger Anhaltspunkte nur auf Grund des petrographischen
Charakters üer Schiefer ermittelt werden.
Die Gliederung der Schiefer in Phyllite,. Glimmerschiefer
und Gneise ist für das archaeische Alter nach den obigen Aus-
führungen in keiner Weise ausschlaggebend.
Im Gegenteil zeigt die petrographische Ausbildung der Ge-
steine nur sehr wenig Ähnlichkeiten mit archaeischen Gneis- und
Schiefergebieten. In der Ostcordillere ist das Fehlen der Gneise,
wenn man von den oben erwähnten druckschiefrigen Graniten und
Dioriten, die keine echten Gneise sind, absieht, auffallend. Die
als Psammitgneise und Albitgneise bezeichneten Gesteine, sowie
die anderen Schiefer stimmen in ihrem Habitus mit kristallinen
Schiefern jüngeren geologischen Alters vollständig überein und
lassen sich zum Vergleich entsprechende Schiefer aus dem Taunus,
aus Steiermark, aus dem Paltental und aus den Bündner Schiefern
heranziehen.
Paläozoische Formationen sowie Trias und Jura sind in
Ecuador bis jetzt noch nicht gefunden. Sind sie nicht zur Ab-
lagerung gelangt oder bereits einer starken Abtragung zum Opier
gefallen? Die erste Annahme ist an und für sich unwahrscheinlich.
Nun ist die kristalline Ostcordillere ihrem petrographischen
Habitus nach jüngeren Alters, sie ist eine Sedimentformation,
bestehend aus Sandsteinen und Tonschiefern, gewesen, mit ein-
geschalteten basischen Eruptivgesteinen. Das aber ist die Facies,
in der die Trias und Iuraformation z. B. in Chile entwickelt ist.
Demnach ist die wahrscheinlichste Erklärung der Ver-
hältnisse die, daß die bis jetzt vergeblich gesuchte
Trias- und Juraformation in einem durch den Gebirgs-
druck veränderten Zustand in der kristallinen Ostcordillere
zu suchen ist. Wie weit paläozoische Sedimente in der
kristallinen Ostcordillere versteckt sind, entzieht sich vorläufig
noch vollständig unserer Beurteilung, sicherlich beteiligen auch
sie sich an dem Aufbau derselben.
er
Das Alter der durchbrechenden Granit- und Tonalitmassive,
die z. T. von der Aufrichtung des Gebirges mit betroffen sind,
ist, wie diese selbst, auf die Grenze zwischen Kreide und Tertiär
zu setzen.
Ich parallelisiere sie mit den „Andengesteinen* STELZNERS,
die in Argentinien und Chile ein gleiches Alter haben.
An der Flanke der Ostcordillere finden sich eigenartige
porphyritische Gesteine mit holokristalliner Grundmasse. Doch
lassen sich bis jetzt nähere Angaben über ihr geologisches Auftreten
nicht machen. Genau dieselben Arten treten in Chile in einem
nachweislichen Zusammenhang mit den Andengesteinen auf. Ich
trage kein Bedenken, auch hier die Parallele zu ziehen und
diese Gesteine den porphyrischen Gliedern der Andengesteinsgruppe
zuzurechnen.
An der Diskussion beteiligen sich die Herren v. KneBkt,
TAnxHÄuseR, J. Bönm und v. WoLrr.
Herr WILHELM ERICH SCHMIDT sprach über Me-
triorhynchus Jaekeli nov. sp.
Hierzu Taf. XI, XII und 3 Textfig.
Das Berliner Museum für Naturkunde erwarb im Jahre 1898
von B. Srürrz in Bonn ein ziemlich vollständiges Exemplar
einer neuen Metriorhynchus-species, das dem Oxfordtone von
FALron, Huntıneopon Co., entstammt. Dieser Fund erheischt
eine eingehende Beschreibung, denn so genau wir auch über das
Kopfskelet von Metriorhynchus durch die gründlichen Arbeiten
DestongcnuAames’!) unterrichtet sind, über das Rumpfskelet dieser
Gattung weist die Literatur nur eine Arbeit Hurkes?) auf. Aber
auch diese Arbeit befriedigt nicht ganz, da wir vor allem eine
Angabe darüber vermissen, wie sich die Wirbel auf die einzelnen
Körperabschnitte verteilen, denn gerade die Gliederung der Wirbel-
säule ist sehr wichtig, um Metriorhynchus mit den nahe ver-
wandten Gattungen Dacosaurus und Geosaurus vergleichen zu
können. Alle drei Gattungen, ausgezeichnet durch interessante
Anpassungserscheinungen an das Schwimmleben, sind kürzlich
der Gegenstand einer interessanten Arbeit geworden), die nur
!) EUDES-DESLONGCHAMPS, Bull. de la Soc. Linneenne de Norman-
die. (2) 1. 186566.
—, Bull. de la Soc. Linndeenne de Normandie. (2) 3. 1868.
—, Notes Paleontologiques. 1. 1863—69.
—, Bull. Soc. G&ol. France. (2) 27. 1869 —70.
—, Le Jura Normand. Mon. IV. Caön 1877—81.
?\ In Proceed. Zool. Soc. of London 1888. S. 417 f.
>) E. FrAAS: Die Meercrocodilier (Thalattosuchia) des oberen Jura
Paläontographica. 49. 1902.
den einen Mangel hat, daß Metriorhynchus noch nieht gebührend
in Vergleich gezogen werden konnte. Bei der Beschreibung
dieser Form werde ich daher, soweit es der beschränkte
Raum zuläßt, Dacosaurus und Geosaurus mit heranziehen. Den
Namen Metriorhynchus Jaekeli habe ich dieser neuen Form ge-
geben als ein Zeichen des Dankes, den ich Herrn Professor Dr.
JAEKEL für die vielfache Anregung und seinen wertvollen Rat
schuldig bin.
Die Abgrenzung der verschiedenen Spezies von Metriorhyn-
chus muß lediglich auf Grund des Schädelskelets erfolgen, da
dieses allein von allen Arten bekannt ist. Von den Knochen des
Schädels aber kommen vor allem Frontale, Praefrontalia und Na-
salia in Betracht, die für die ganze Familie von besonderer
Wichtigkeit sind. Sehr bezeichnend ist meist die Gestalt des
Frontale und der Praefrontalia, und so auch bei der neuen Art.
(Taf. XI.) Das Frontale hat etwa die Form eines Platanenblattes,
bei dem die oberen Seitenlappen etwas zu kurz geraten sind.
Vorn wird das Frontale begrenzt von den Schenkeln eines spitzen
Winkels, die an der Stelle, wo Frontale, Nasale und Praefrontale
zusammenstoßen, auf eine ganz kurze Strecke nach außen, recht-
winklig zur Längsachse, umbiegen, von da an rückwärts parallel
der Längsachse hinziehen und an der hinteren Grenze der Prae-
frontalia abermals rechtwinklig nach außen, zur Orbita abbiegen.
Nachdem das Frontale ein Drittel des von oben sichtbaren Teiles
der Augenhöhle gebildet hat, sendet es noch eine spitzwinklige
Zunge in das Postfrontale; weiter ist dann die Frontalgrenze
nach rückwärts nicht zu verfolgen. Die Praefrontalia sind von
serundet dreiseitiger Form und springen ziemlich stark über
die Augenhöhlen vor. Die Nasalia, die infolge der starken dorso-
ventralen Zusammendrückung des Schädels (Fig. 1) auf der
Abbildung (Taf. XI) breiter erscheinen, als sie sich in unver-
drücktem Zustande darstellen würden, sind lang gestreckt, waren
nur mäßig stark gewölbt und sind von den Praemaxillen durch
einen Zwischenraum von ein Viertel ihrer eigenen Länge getrennt.
Die Ausbildung von Praemaxillen, Maxillen und Quadrata schließt
sich aufs Engste an die der bekannten Metriorhynchus-Arten an,
und von den übrigen Schädelknochen läßt sich des ungünstigen
Erhaltungszustandes wegen nichts sagen, da die Lacrymalia nicht
sichtbar sind und die Grenzen der anderen Knochen, soweit sie
überhaupt erhalten sind, nicht festzustellen sind. Wohl aber
läßt sich am Hinterhaupt die sehr geringe Beteiligung der
Exoceipitalia an der Bildung des Condylus beohachten. Die
Unterseite des Schädels zeigt nur die Praemaxillen und Maxillen
und hinten die Unterseite der Schädeldachknochen. Die stärkere
Bezahnung der Praemaxillen läßt sich deutlich an der Größe der
Zahnalveolen wahrnehmen. Der Ausschnitt der Orbita hinter dem
Praefrontale ist verhältnismäßig breit; die oberen Schläfenlöcher
haben eine ovale Form, über die Gestalt der beiden anderen
Schädelhöhlen läßt sich nichts sagen. Im Oberkiefer sind über
25 Zähne vorhanden gewesen. Eine Grübchenskulptur ist nur
auf dem Frontale und den Praefrontalien schwach entwickelt.
Der Unterkiefer (Taf. XI, Fig. 2a und b) ist sehr schlank
gebaut, wodurch er dem von dGeosaurus sehr ähnlich wird,
während die Länge des Dentale auf der Außenseite, die hier
®/; der Gesamtlänge des Unterkiefers beträgt, mehr an Dacosaurus
erinnert. Das Supraangulare nimmt an seinem vorderen Ende
einen spitzwinkligen Zipfel des Dentale auf; das Angulare endigt
auf der Außenseite hinten viel spitzer als bei Dacosaurus und
Geosaurus und stößt hier mit dem Articulare nur im äußersten
Winkel zusammen. Ein äußerer Durchbruch des Unterkiefers
fehlt. Das Complementare ist ein langer, schmaler Knochen, der
sich zwischen das Supraangulare und das Spleniale einkeilt und
ein sehr entwickeltes Coronoideum besitzt, ohne auf der Innen-
seite einen Fortsatz zum Angulare zu enden. Bei den lebenden
Krokodiliern dagegen liest das ÜOomplementare ganz auf der
Innenseite, verbindet das Supraangulare mit dem Angulare und
bildet dadurch die hintere Grenze des abgeschnürten inneren
Loches des Unterkieferss. Diese abweichende Ausbildung des
Complementare scheint mir anzuzeigen, daß bei Metreorhynchus
auch der innere Durchbruch des Unterkiefers vollkommen fehlt,
doch läßt sich an keinem der Unterkieferäste darüber Sicherheit
gewinnen. Vorn am Unterkiefer sind noch die 3 letzten der 4
ersten, stärkeren Zähne erhalten. Die Zahl der Zähne des Unter-
kiefers betrug 20, vielleicht auch 21, jedenfalls ist auch bei
Metrvorhynchus die Zahl der Zähne im Öberkiefer erheblich
größer als im Unterkiefer.
Die Zähne (Taf. XI, Fig. 5 u. 6) sind schlank und tragen
an ihrer Vorder- und Hinterkante eine scharfe Leiste. Die
ganze Oberfläche der Zähne ist mit feinen Längsrunzeln bedeckt,
die nur an der Spitze infolge der stärkeren Abnutzung undeut-
lich werden. Diese Runzeln sind nicht lauter parallele Längslinien,
sondern sie sind häufig unterbrochen und haben nicht immer
einen gradlinigen Verlauf. Auf der viel stärker gewölbten Innen-
seite stehen die Runzeln viel dichter bei einander und sind viel
feiner als auf der flacheren Außenseite. Die Praemaxillarzähne
und die diesen entsprechenden vier Zähne des Unterkiefers unter-
scheiden sich von den übrigen Zähnen durch ihre bedeutendere
Länge und ihre ein wenig mehr gebogene Form.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 56. 1904. 7
— 100 —
Einige wenige Maße mögen hier der Beschreibung eingefügt
werden. Die Länge des Tieres (Fig. 1) bis zu den letzten
erhaltenen Schwanzwirbeln mißt 2,55 m, wovon auf den lang-
gestreckten Schädel 0,65 m, auf den Hals 0,22 m, auf den
Rumpf, die Sakralwirbel mit eingeschlossen, 0,80 m und auf
den Schwanz 0,38 m entfallen. Wenn die Bildung des Schwanzes
bei Metriorhynchus genau so war wie bei Geosauwrus, so läßt
sich die Länge des vollständigen Skelets bei diesem Exemplare
auf 3,20 m berechnen. Die Breite des Schädels, gemessen
zwischen den beiden äußersten Punkten der Quadrata, beträgt
0,19 m, woraus sich das Verhältnis der Breite des Schädels zu
seiner Länge wie 1:53,5 ergibt. Die Länge der Unterkiefer
läßt sich auf etwa 0,68 m berechnen, und die Länge ihrer me-
dianen Symphyse auf 0,29 m.
Mustert man nun die schon bekannten fünf Arten von Metrvo-
rhynchus auf ihre nähere Verwandtschaft mit M. Jaekeli hin, so
zeigt sich, daß nur eine Art in Frage kommen kann, und das
ist M. brachyrhynchus. Diese Art zeigt in der Ausbildung des
Frontale und der Praefrontalia nämlich eine solche Ähnlichkeit
mit der neuen Species, daß es schwer sein dürfte, beide Arten
auseinander zu halten, wenn ein Fragment vorliegt, das nur
Frontale und Praefrontalia erkennen läßt. Der ganze Schädel von
M. brachyrhynchus ist natürlich auf den ersten Blick von dem
des M. Jaekeli zu unterscheiden, weil bei ersterem die Nasalia
bis zur Praemaxille reichen und das Verhältnis der Länge der Nasalia
zur Gesamtlänge des Schädels 1:2,3 ist, während dasselbe Ver-
hältnis bei M. Jaekeli 1: 2,5 ist. Beide Arten bilden also
zweifellos eine natürliche Gruppe, trotzdem der verschiedene
Grad der Schlankheit der Schnauzen eine solche Vereinigung un-
gerechtfertigt erscheinen lassen könnte.
Bei beiden Arten ist auch das Verhältnis der Breite des
Schädels zu seiner Länge verschieden, denn dieses ist bei M.
brachyrhynchus 1:3, bei M. Jaekeli dagegen 1:3,5, woraus
sich entnehmen läßt, da letzterer offenbar als der höher spe-
zialisierte zu betrachten ist, daß in dieser Gruppe des Genus
Metriorhynchus die Höhe der Spezialisierung sich nicht nur darin
ausspricht, daß dieses Verhältnis möglichst klein ist, sondern
vor allem darin, daß das Verhältnis der Länge der Nasalia zur
Gesamtlänge des Schädels möglichst klein ist. Mit anderen
Worten wird wahrscheinlich im ganzen Genus Metrriorhynchus
mit zunehmender Spezialisierung der Schädel an seiner Basis
schmäler, die Nasalia kürzer und demgemäß die Schnauze länger
und schmäler. Es schwebt also der Gattung als Ideal gleichsam
die Schädelbildung von G@eosaurus vor, die zu erreichen das Ziel
— 11 —
der Umbildung der Arten bei Metriorhynchus ist.
Weiter geht aus der Anerkennung der Verwandtschaft zwischen
M. Jaekeli und M. brachyrhynchus deutlich hervor, daß es un-
zulässig ist, die Arten, wie das bisher immer geschehen ist, nach
der Schlankheit des Schädels und der Zahl der Oberkieferzähne,
die von ersterer unmittelbar abhängt, zu gruppieren. Denn da
bei allen schwimmenden Formen sich deutlich die Tendenz aus-
spricht, die Schnauze zuzuschärfen, so ist es klar, daß bei einer
Umbildung der Formen sich die Maxillen, Praemaxillen und Na-
salien zuerst ändern werden, während das Frontale und die an-
srenzenden Knochen, deren Umgestaltung durch den Konkurrenz-
kampf nicht in demselben Maße hervorgerufen wird, sich länger
konservativ erhalten können und werden. Zur Ermittlung der
Verwandtschaft der Metriorhynchus-Arten geben demnach Frontalia
und Praefrontalia die besten Anhaltspunkte ab.
Auf diese Weise lassen sich die bis jetzt bekannten 6 Arten
bequem in 3 Gruppen einordnen. 1. Gruppe des Metriorhynchus
brachyrhynchus, ausgezeichnet durch die oben geschilderte Form
des Frontale und Praefrontale und einen breiten Ausschnitt der
Orbita hinter dem Praefrontale. Diese Charaktere besitzen der
breitschnauzige M. brachyrhynchus und der sehr schlankschnauzige
M. Jaekeli. 2. Gruppe des Metriorhynchus supercikosus, kennt-
lich an dem im vorderen Teile spitzwinklig weit nach vorn vor-
gezogen Frontale, dessen vordere Grenze jederseits von zwei
nach außen offenen, flachen Bogen, die sich an der Stelle treffen,
wo Frontale, Praefrontale und Nasale zusammenstoßen, gebildet
wird. Praefrontalia langgestreckt, Ausschnitt der Orbita hinter dem
Praefrontale breit, fast viereckig. Zu dieser Gruppe gehören M.
superciliosus mit hinten zu Längswülsten angeschwollenen Nasa-
lien und M. Blainvillei mit flachen Nasalien; beide sind sich in
der Bildung der sehr schlanken Schnauze sehr ähnlich. 3. Gruppe
des Metriorhynchus Moreli, charakterisiert durch ein im vorderen
Teile ziemlich kurzes Frontale, das vorn von den Schenkeln
eines rechten Winkels, die an der Spitze des Frontale ohne
deutlichen Knick in die eines spitzen Winkels übergehen, begrenzt
wird. Hierher gehören M. Moreli, sehr groß mit sehr schlanker
Schnauze und mehr als 25 Zähnen im Oberkiefer, und M. hastıfer,
der schon zur Gruppe des M. superciliosus hinneigt, aber weniger
als 25 Oberkieferzähne besitzt. Der sehr schlanke Morelc läßt
sich nicht ohne weiteres von dem plumperen hastefer ableiten,
und möglicherweise ist die Vereinigung beider nur eine künstliche.
Am wichtigsten sind jedoch die Aufschlüsse, die uns dieser
Fund über das Rumpfskelet von Metriorhynchus gewährt. Aller-
dings ist auch bei diesem Exemplare die Wirbelsäule nicht ganz
mx
l
— MM —
vollständig, und man müßte |
deshalb auch den nach- ||
folgenden Angaben von vorn-
herein mit Mißtrauen be-
gegnen, wenn die sehr ||
weitgehende Übereinstim- ||
mung dieses Metriorhyn- |
chus-Skelets mit dem sicher
bekannten von Geosaurus |
nicht die Richtigkeit der ||
im folgenden gegebenen |
Gliederung der Wirbelsäule
sehr wahrscheinlich machte.
Während alle anderen ||
Krokodilier 24 praesakrale
Wirbel haben, weist das |
Rumpfskelet von Geosaurus
25 Praesakralwirbelauf,und
es kommt nun darauf an
festzustellen, ob an der
Wirbelsäule von Metrior-
hynchus Jaekeli, von der
nur 22 praesakrale Wirbel
erhalten sind, 2 oder 3
Wirbel fehlen. Außer diesen
Wirbeln sind aber auf jeder
Seite 16 zweiköpfige Brust-
rippen erhalten, von denen
die der rechten Seite nicht
durchweg einwandsfrei sind.
Die Rippen der linken Seite
aber lassen einen Argwohn
über ihre Echtheit nicht
aufkommen, da fast alle
Rippen vollständig erhalten |
sind und, wo dies nicht |
der Fall ist, doch nur so
kleine und unwesentliche
Stückchen fehlen, daß der ı
Verdacht der Unterschie-
bung von Rippen nicht auf-
kommen kann. Da nun bei
allen Krokodiliern und auch
bei Geosaurus die letzte
Rippe einköpfig ist, so
zmannwunns
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EST Ton
2 :
sp
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Pr
& Br
* ' N
Metrvorhynchus Jaekeli n.
Etwa Yı, der natürl. Größe.
Gesamtansicht des Skelets.
Der rechte Metatarsus ist am Skelet fälschlich als linke Tibia abgebildet worden.
Fig. 1.
wird man gezwungen, auch bei Meiriorhynchus eine einköpfige
17. Rippe anzunehmen. Im Gegensatz zu allen anderen
Krokodiliern sind bei Geesaurus nur 2 Lendenwirbel beob-
achtet worden, sodaß man auch bei Metriorhynchus, zu-
nächst nur provisorisch, annehmen kann, daß er 2 Lendenwirbel
gehabt hatı Wenn man aber diese Annahme macht, dann würde
bei Metriorhynchus, von hinten gezählt, der dritte praesakrale Wirbel
der letzte rippentragende sein und der neunzehnte Praesakralwirbel
der erste Brustwirbel, da wir ja 17 Rippen gezählt hatten. Hätte
nun Metriorhynchus nur 24 praesakrale Wirbel, so würden für
den Hals nur 5 Wirbel übrig bleiben; das wäre jedoch zu unwahr-
scheinlich, da Geosaurus, die höher spezialisierte Form, noch
6 Halswirbel hat, E. FraAs rechnet sogar 7. Man kann also
nicht gut anders, als für Metriorhynchus 25 praesakrale Wirbel
und 6 Halswirbel anzunehmen. Der siebente Halswirbel von Geosaurus
trägt nach E. FraAas aber bereits eine so lange Rippe, daß man
im Zweifel sein kann, ob er nicht schon den Brustwirbeln zuzu-
rechnen sei. Auch bei diesem Metriorhynchus trägt der siebente
Wirbel eine für die Halsregion zu lange Rippe, die aber mit dem
Sternum sicher noch nicht in Verbindung getreten ist, was übrigens
die erste Brustrippe der lebenden Krokodile, die neunte von vorn,
auch nicht tut; es könnte demnach auch bei dem siebenten Wirbel
von Metriorhynchus Zweifel entstehen, ob er der Hals- oder Brust-
region zuzurechnen ist. Aus allem scheint sich mir als ziemlich
sicher zu ergeben, daß Metriorhynchus 6 Halswirbel, 17 Brust-
wirbel und 2 Lendenwirbel gehabt hat.
Die beiden ersten Halswirbel haben zu einer interessanten
Beobachtung JArkeLs Gelegenheit gegeben, die in den vorliegen-
den Monatsbericht mitgeteilt wird. An dem Seitenstück des At-
las läßt sich der von Hure!) als Diapophyse des Atlas gedeutete
Tuberkel wahrnehmen, doch entspricht er wohl sicher nicht der
Diapophyse der folgenden Wirbel, da ja die Rippe des Atlas
einköpfig ist und am Basalstück des Atlas gelenkt. Die übrigen
Halswirbel sind nicht wesentlich von denen des Geosaurus ver-
schieden und bei HuLke ebenso wie auch die Wirbel der übrigen
Körperabschnitte auf Taf. XVIIIL gut wiedergegeben. Die Hals-
rippen sind sehr kräftig und bis auf die des Epistropheus erhalten.
Ein Kiel der Unterseite ist bei den Halswirbeln ebenso wenig zu
beobachten wie an den Wirbeln der Brustregion. Die vordersten
Halswirbel sind länger als hoch, die hinteren höher als lang,
wodurch der Hals, der schon durch die Reduktion der Wirbel
erheblich gekürzt ist, noch kürzer wird. Den 6. Halswirbel
') a. a. 0. 8. 419, t. XVII, £ 1.
a -
nehme ich als fehlend an. Die von den Halswirbeln und den
ersten Brustwirbeln allein erhaltenen Dornfortsätze sind stark ent-
wickelt und stellen eine breite, fast quadratische Knochen-
platte dar.
Die Brustwirbel sind denen von Dacosaurus sehr ähnlich
und gleichen ihnen auch darin, daß an den ersten Wirbeln die
Parapophyse noch nicht auf den Querfortsatz gerückt ist im
Gegensatze zu Geosaurus, wo das bereits am achten Wirbel ge-
schehen ist. Am neunten Wirbel ist bei Metriorhynchus erst die
Parapophyse auf den Körper der oberen Bögen gerückt, und der
fehlende zehnte Wirbel ist vermutlich der erste, an dem sich
beide Gelenkflächen der Rippen auf dem Querfortsatz befinden.
Vom elften (oder zehnten) Wirbel an verbreitern sich die Quer-
fortsätze, die hintersten werden dann wieder schmäler. Die
vordersten und hintersten Brustwirbel sind kürzer als hoch, die
mittelsten dagegen länger als hoch. Die Brustrippen, an denen
keine Spur des Processus uncinatus sichtbar ist, schließen sich
eng an die der verwandten Gattungen an, ihr Tuberculum ist
von dem Gapitulum weit entfernt und tritt nur wenig hervor; nur
an der ersten Rippe ist eine deutliche und an der zweiten eine
schwache Gabelung erkennbar. Vom Sternum und den Bauch-
rippen ist nichts erhalten.
Die beiden kräftigen Sakralrippen sind bei Metriorhynchus
ebenso wie bei den anderen Metriorbynchiden stark nach abwärts
gekrümmt, wodurch das Becken ganz auf die Ventralseite rückt,
aber an ihrem distalen Ende sind die Sakralrippen nicht mitein-
ander verwachsen, wie das bei Geosaurus bereits geschehen ist.
Der vertikale Durchmesser der Sakralrippen ist größer als ihr
horizontaler.
An den 21 erhaltenen Schwanzwirbeln sind leider nirgends
mehr die Dornfortsätze vorhanden, die bei Geosaurus vom vierten
Schwanzwirbel an so merkwürdig gespalten sind. Der an einem
der vorderen Schwanzwirbel erhaltene Querfortsatz ist kräftig ent-
wickelt, genau wie bei den anderen Krokodiliern. Das Vor-
handensein einer Schwanzflosse läßt sich an diesem Exemplare
nicht feststellen, da sie bei Geosaurus z. B. erst mit dem acht-
undzwanzigsten Schwanzwirbel beginnt, doch ist sie von v. Huene !)
an dem Tübinger Exemplare von Metriorhynchus beobachtet worden.
Die beiden erhaltenen unteren Bögen gehören in den vorderen Teil
des Schwanzes und zeigen demzufolge noch keine Verbreiterung
wie die des Schwanzendes von Geosaurus.
Es bleibt nun noch übrig, Schulter- und Beckengürtel und
') Referat über E. FrAAs, dieMeer-Krodilier, N. Jahrb. f. Min. 1903.1.
— 15 —
die sehr spärlichen Reste der Extremitäten zu besprechen. Der
Schultergürtel (Taf. XII, Fig. 1) besteht wie bei allen Krokodiliern
aus Scapula und Coracoid, von denen erstere bisher noch nicht
beschrieben worden ist, denn daß der von Hurke als Metrzro-
rhynchus-Scapula beschriebene Knochen gar keine Scapula ist, hat
schon E. Fraas!) berichtigt. Die Scapula ist ein langer, dünner,
flacher, an seinen beiden Enden nur wenig verbreiteter Knochen,
der an seinem unteren, hinteren Ende eine gut entwickelte Ge-
lenkfläche für das Oberarmgelenk besitzt. Sowohl in seiner
ganzen Form als auch in der Bildung der Gelenkfläche läßt er
noch Anklänge an die gewöhnliche Krokoailierscapula erkennen.
Sehr interessant ist es nun die Umbildung der Scapula in dieser
merkwürdigen Tierreihe zu verfolgen, wozu die nachfolgende Text-
figur dienen soll. Als Ausgangspunkt für die Metriorhynchus-Reihe
hat man landbewohnende, bisher unbekannt gebliebene Landkroko-
dilier anzunehmen, wie das E. FraAas angeführt hat. Hypothetisch
wie die Stammformen dieser Reihe ist nun im folgenden auch die
Annahme, daß die Scapula und der Humerus der Landkrokodile
des älteren Mesozoicums so gebildet war wie die der jüngeren
Krokodile; aber es pflest ja die gleiche Lebensweise denselben
Skeletbau zur Voraussetzung zu haben oder selbst hervorzurufen,
sodaß es wohl zulässig ist, die Scapula eines Alligatoriden an
Stelle derjenigen der unbekannten Ahnen zum Vergleiche heran-
zuziehen. An der Scapula des Alligatoriden fallen besonders
hinter
UOTIU
a b e d
Fig. 2. Linke Scapula.
a von Diplocynodon, b von Metriorhynchus, c von Dacosaurus,
d von Geosaurus.
die starke Flächenausbreitung am oberen Ende, die kräftige
Einschnürung, die hohe Spannleiste an der vorderen Kante und
die Breite und Dicke im unteren Teile auf. Vergleichen wir
nun mit ihr die Scapula von Metriorhynchus, so ist vor allem
') a. 2.0.8. 31.
— 106 —
bemerkenswert, daß die Enden wenig verbreitert sind, wodurch
die Einschnürung undeutlich wird, daß die Spannleiste verschwunden
ist und der ganze Knochen sehr schlank, sehr dünn und nur
wenig verkürzt ist. Dagegen tritt uns die Scapula von Daco-
saurus als ein sehr kurzer, breiter Knochen entgegen, der noch
deutlich die Einschnürung zeigt, aber von einer Spannleiste eben-
falls nichts mehr erkennen läßt. Geosaurus endlich hat eine
noch kürzere, breitere Scapula mit einer vorn oben stärker ent-
wickelten Verbreiterung; nach unten nimmt die Breite allmählich
ab, ohne eine deutliche Einschnürung zu bilden.
Es macht nun den Eindruck, als ob hier eine Umbildungs-
reihe vorliegt, die von der Scapula der Stammform über die des
Metriorhynchus zu Dacosaurus und Geosaurus führt. Dem ist
aber wohl nicht so, da bei Dacosaurus und Geosaurus die Ver-
kürzung der Scapula und infolgedessen die scheinbare Verbreiterung
am auffälligsten ist, während die Scapula von Metriorhynchus eher
verlängert worden zu sein scheint. Damit würde auch im Ein-
klang stehen, daß die Scapula von Metriorhynchus ebenso lang
ist wie das Coracoid, während ihre Länge bei Dacosaurus nur
?/; von der des Coracoid beträgt. Wahrscheinlich treten uns
hier zwei ganz verschiedene Prinzipien in der Rückbildung der
Scapula entgegen: bei Metriorhynchus Verschmälerung, bei Daco-
saurus und Geosaurus dagegen Verkürzung. Oder aber durch
den Rückbildungsprozeß ist zunächst eine Verschmälerung (bei
dem älteren Metrvorhynchus) und darauf eine Verkürzung der
Scapula eingetreten (Dacosaurus und Geosaurus).
Das Coracoid von Metriorhynchus nimmt eine vermittelnde
Stellung ein zwischen dem der beiden anderen Gattungen, sodaß
in einer Gruppierung der Gattungen nach dem Grade der Ver-
breiterung ihrer Coracoide eine Umstellung in der obigen Reihen-
folge eintreten müßte: Dacosaurus mit dem schlanksten Coracoid
voran, dann Metriorkynchus und endlich Geosaurus. Das charak-
teristische Loch. des Krokodiliercoracoids liegt bei Nletriorhynchus
weiter vorn als bei den anderen Gattungen, trotzdem bei Daco-
saurus das Loch ebenfalls der Mitte nahe liegt, jedoch nur, weil
das Coracoid vor dem Loch nicht so stark verbreitet ist.
Der Humerus bietet wiederum eine Gelegenheit zu inter-
essanten Vergleichen, die sogar den Verkürzungsprozeß des Hu-
merus deutlich verfolgen lassen.) Der Humerus der Alligatoriden
ist lang, dünn, nur an den Enden stark verdickt und mit sehr
kräftiger Crista radialis versehen, die Humeri der übrigen sind
!) Daß von E. FrAAs der Humerus von Dacosaurus falsch orien-
tiert worden ist, hat bereits v. HUENE (a. a. OÖ.) dargetan.
hunterv
170 5 C
Fig. 3. Linker Humerus.
a von Diplocynodon, b von Metriorhynchus, e von Dacosaurus,
d von Geosaurus.
kurz, breit mit schwacher oder ohne Crista radialis. Wie man ja,
von vornherein annehmen konnte, begann die Verkürzung des Humerus
vom distalen Ende aus. Das läßt sich deutlich daran erkennen
daß die Entfernung der Crista von dem Schultergürtelgelenkkopf
bei dem Alligatoriden nur 1/s der ganzen Länge beträgt, bei
Metriorhynchus dagegen ?/s; es ist also bei Metriorhynchus der
proximale Teil des Humerus sozusagen in der Länge unverändert
geblieben und nur der distale Teil allerdings sehr stark verkürzt
worden, wodurch die Crista sich von dem proximalen Ende
scheinbar entfernt hat. Bei Dacosaurus ist dieser Abstand der
Crista von dem Gelenkkopf wieder kleiner geworden, nämlich
1/3 der Gesamtlänge des Humerus, d. h. es beginnt hier auch
das proximale Ende des Humerus sich zu verkürzen. Bei Geo-
saurus ist von der Crista überhaupt nichts mehr zu sehen, und
die Verkürzung ist noch weiter fortgeschritten, wobei sich gleich-
zeitig das distale Ende so ungewöhnlich verbreitert hat zum An-
satz der sehr breit gewordenen Flosse. Daß dieser Verkürzungs-
prozeß des Humerus den der ganzen Vorderextremität wieder-
spiegelt, darf man wohl annehmen. Auch die Verwischung der
Biegung des Oberarms ist in dieser Reihe deutlich erkennbar.
Da von Dacosaurus und Metriorhynchus, — an diesem
Exemplar ist außer dem Humerus leider nichts erhalten —, nur
sehr wenig über den Bau der Flosse bekannt geworden ist, kann
man nur aus der Übereinstimmung dieser wenigen Knochen mit
denen der allein vollständig bekannten Flosse von Geosaurus
schließen, daß beide Genera eine anologe Bildung der vorderen
Extremität aufwiesen; und dieser Schluß wird kaum trügen. Nur
der Grad der Spezialisierung wird bei Dacosaurus und nament-
— 18 —
lich bei Metriorhynchus nicht so hoch gewesen sein. Es ist
sanz undenkbar, daß an dem immerhin noch ziemlich schmächtigen
Humerus von Metriorkynchus eine so plumpe Flosse wie bei
Geosaurus gesessen hat. Ja, wenn man nicht annehmen will,
daß die Flosse von Metriorhynchus lang und schmal statt kurz
und breit wie bei (eosaurus war, so ist nur noch zweierlei
möglich, daß sie sehr klein oder noch sehr wenig spezialisirt
gewesen ist.
Das Becken (Taf. XII, Fig. 2), das schon HuLxeE genau
beschrieben und abgebildet hat, bildete auf der Ventralseite
eine ziemlich horizontale Knochenfläiche und schließt sich
eng an das der beiden anderen Gattungen an. Das Ileum
ist ein vierseitiger Knochen, der zur Bildung des Oberschenkel-
gelenkes nur sehr wenig vertieft ist und eine sehr rauhe Öber-
fläche zeigt, besonders auch an der Stelle des Acetabulum, zur
Befestigung des sehr reichlichen Gelenkknorpels. An seiner
Innenseite sind oben mehrere Wülste bemerkbar, an die sich die
langen Sakralrippen anhefteten. In seiner hinteren, unteren Ecke
trägt es auf der Außenseite einen starken Vorsprung, etwa von
der Gestalt einer dreiseitigen Pyramide. Der vorn überspringende
Oberrand ist ziemlich eben und fällt schräg nach außen ein.
Das Ischium, das sicher nicht nennenswert an der Bildung des
Acetabulum beteiligt war, endigt hinten nicht so breit, hat aber
sonst ebenso wie das Pubis sehr ähnliche Gestalt wie die gleichen
Knochen der beiden anderen Gattungen.
Das Femur (Taf. XII, Fig 3) ist ebenfalls ein schwach
S-förmig gebogener Knochen, an dem der Trochanter minor
noch angedeutet ist. Leider ist von M. Jaekeli nur noch ein
Fußknochen erhalten, der wahrscheinlich als Metatarsus I des
rechten Fußes anzusprechen ist, doch ist namentlich das Femur
dem von Geosaurus so ähnlich, daß an einer ganz analogen
Umbildung der Hinterextremität zu einem langen Schwimmfuß
kaum zu zweifeln ist.
.. Dieses Exemplar hat uns mit ziemlicher Gewißheit die
Ubereinstimmung von Metriorhynchus und Geosaurus in der
Gliederung der Wirbelsäule und im Bau der Hinterextremität er-
kennen lassen. In der Ausbildung des Schultergürtels und des
Vorderfußes haben sich aber einige, wenn auch geringfügige Ab-
weichungen bemerkbar gemacht, doch hat dieser Fund es
leider noch nicht entscheiden lassen, ob diese Verschiedenheit bei
Metriorhynchus einen geringeren Grad der Spezialisierung oder
eine etwas andere Entwicklungsrichtung anzeigt.
BC AN ET
— 219 —
Herr OTTO JAEKEL sprach über die Bildung der
ersten Halswirbel und die Wirbelbildung im all-
gemeinen. (Mit 7 Textfig.)
Man ist jetzt darüber wohl einer Ansicht, daß die Wirbel-
bildung der paläozoischen Stegocephalen den Schlüssel zu dem
Verständnis des Wirbelbaues überhaupt bilde. So sind bereits
mehrere Versuche zu verzeichnen, sowohl den Typus der höheren
Wirbelbildung, als einzelne Modifikationen desselben, wie nament-
lich die Ausbildung der ersten Halswirbel auf den „temnospon-
dylen“ Stegocephalentypus zurückzuführen. Leider waren hier-
bei die Grundlagen, auf denen diese Vergleiche fußen, nämlich der
temnospondyle Wirbelbau, nicht genügend klargestellt.
F. Osgorn!), der sich zuletzt mit diesen Fragen beschäftigt
hat, stützt sich dabei bezüglich des rachitomen Wirbelbaues
auf A. FrirscH’ und H. Crepners diesbezüglichen Darstellungen;
meine genauere Beschreibung dieser Verhältnisse bei Archegosaurus
ist ihm offenbar entgangen. Wenn ich auch zur Zeit nicht in
der Lage bin, eine umfassende Darstellung des sehr umfang-
reichen sachlichen und literarischen Materials zu geben, so
gibt mir doch die Besprechung der ersten Halswirbel von
Metriorhynchus willkommenen Anlaß, auf diese viel ventilierte
Frage etwas näher einzugehen.
Zunächst sei zur Charakteristik der ersten Wirbel von Me-
iriorhynchus folgendes bemerkt. Der Atlas besteht aus den
beiden oberen Bögen (Neuralia), die dorsal anscheinend nicht
verwachsen waren, und, soviel sich nach ihren hier erhaltenen
Resten vermuten läßt, eine ovale Ausbreitung über dem Neural-
rohr und dahinter einen kurzen stielförmigen Fortsatz besaßen,
der als Postzygapophyse die Verbindung mit den oberen Bögen
des Epistropheus herstelltee Unten ruhen diese Neuralia mit
schmaler Fläche auf dem hufeisenförmigen Halbring des eigent-
lichen Atlas auf. In den so geschlossenen Ring der Neuralia
und des letztgenannten Stückes, der den Condylus occipitalis
umringt, ragt von hinten der Processus odontoides hinein, der
bekanntlich bei allen höheren Tetrapodenformen mit dem
Epistropheus verschmolzen ist und deshalb auch Dens Epistrophei
genannt wird. Dieser ist, von vorn gesehen (Fig. 1a), in dem
besprochenen Ringe des Atlas sichtbar, den er hier fest aus-
füllt, während er bei den höheren Formen nur als dünner Zapfen
!) Intercentra and Hypapophyses in the cervical region of mosa-
saurs, lizards and Sphenodon. Am. Nat. 34, No. 397. Boston 1900.
Aus der sonstigen Literatur möchte ich besonders hervorheben
Hans GADow, Evolution of. the vertebral Column of Amphibia and
Amniota. Roy. Soc. London 1896.
Pa H Ep
Fig. 1. Die ersten Halswirbel von Metriorhynchus Jaekeli E. SCHMIDT.
a von vorn, b von der linken Seite gesehen, links der Atlas,
rechts der Epistropheus. oBr und oBl rechte und linke Hälfte der
oberen Bögen (Neuralia). At Atlaskörper. Pro Processus odontoides,
r und 1 rechte und linke Hälfte. Ep Epistropheus. Die oberen Bögen
sind verletzt. */s natürlicher Größe.
lose in den Atlasring hineinragt. Von der Seite gesehen (Fig. 1b),
wird der Dens Epistrophei (Prol) hinter dem besprochenen
Atlasring als trapezoidales Stück sichtbar und zeigt sich hier
durch eine Nahtgrenze deutlich von dem Epistropheus getrennt.
Die Fig. 1b, die diese Wirbel in natürlicher Lage und
Form zeigt, läßt infolge einer kleinen Verbiegung der Wirbel-
körper in der Seitenansicht die Unterfläche des Zahnfortsatzes
zum Vorschein kommen und läßt hier deutlich erkennen, daß
eine basale Fläche diesen Dens Epistrophei unten in zwei Zipfel
zerlegt. Im Gegensatz zu dem Atlas, dessen Hufeisen unten ge-
schlossen ist, liegt also das ossifikatorische Zentrum des Dens
Epistrophei an seiner dorsalen Seite. Der Epistropheus selbst
erscheint nach Abzug dieses Zahnfortsatzes ganz als normaler
Wirbelkörper.
Hurke'), der bereits vor längerer Zeit eine Beschreibung
dieser Wirbel von Metriorkynchus gegeben hat, gibt insofern
eine andere Darstellung, als er an der ventralen Seite des Dens
Epistrophei zwei kleine Stücke angibt. Ich habe trotz sorg-
samster Präparation nichts von diesen Stücken gefunden und
möchte deshalb mit der Möglichkeit rechnen, daß die bisher
nicht beobachtete ventrale Teilung des Dens Epistrophei an
dieser Stelle die Annahme zweier basaler Elemente veranlaßt
haben könnte. Anderenfalls wäre damit eine Abweichung inner-
halb der Species gegeben, die immerhin befremdlich wäre.
') Contribution to the skeletal Anatomy of the Mesosuchia etc.
Proc. Zool. Soc. London 1888 S. 417, t. XVII, £. 1.
— MmM1 —
Genau den gleichen Bau, wie ich ihn hier von Metrvorhyn-
chus geschildert habe, zeigen auch diese Wirbel bei Enalo-
suchus macrospondylus KokEn, die dieser Autor genau beschrieben
hat.!) Leider gibt seine Abbildung dieser Teile kein klares plastisches
Bild, und gerade die vielumstrittenen Ansatzflächen der ersten Hals-
rippen sind unter diesen selbst nicht sichtbar. Ich habe daher
eine neue Abbildung dieser Wirbel gezeichnet und dabei die
Rippen selbst fortgelassen, sodaß ihre Ansatzflächen klar zu
sehen sind. Die erste Rippe saß nun, wie Kokzn direkt nach-
weisen konnte, auf der seitlichen Grenze zwischen dem Atlas-
körper und dem Dens Epistrophei und legte sich flach über den
Vorderrand des Epistropheus, der an dieser Bedeckungsstelle eine
stumpfe Kallosität (y) aufweist. Dieselbe kann leicht mit einem
Rippenansatz verwechselt werden und dürfte eine solche An-
nahme auch darum unterstützt haben, weil bei den lebenden
Krokodilen die zweite Rippe an dieser Stelle ansitzt. Hier aber
bei Znahosuchus liegt dieser Punkt unter der ersten flach
anliegenden Rippe und ist im Gegensatz zu deren Ansatzfläche
glatt vorgewölbt. Koren hat überdies die zweite Rippe
beobachtet als kleines zipfelförmiges Stück, das einköpfig an
der ovalen Diapophyse des Epistropheus angesessen haben. dürfte.
Durch neue Präparation des Korznschen Originales, das sich
ebenfalls im Berliner paläontologischen Museum befindet, konnte
ich übrigens dieselbe basale Einfurchung bezw. Zweiteilung des
Dens Epistrophei klarstellen, wie ich sie vorher bei Metriorhyn-
chus beschrieben habe.
Kehren wir nach Betrachtung dieser Vergleichsobjekte aus
demselben Formenkreis der Krokodile zu Metriorhynchus zurück,
so scheint mir auch da derselbe Rippenansatz Platz gegriffen zu
haben. Der Ansatz für die erste Rippe liegt, wenigstens genau
so wie bei Enahosuchus, nämlich an der Grenze des Atlas
und Dens Epistrophei. Die Diapophyse des Epistropheus
ist leider abgebrochen, sodaß sich von der zweiten Halsrippe
nicht einmal der Ansatz klarstellen läßt. Jedenfalls deuten die
Reste einer vorragenden Diapophyse auf einen Rippenansatz, und
diese Rippe hätte dann sehr weit divergierende Kopfenden gehabt
haben müssen, wenn das Capitulum dieser Rippe an der Basis
des Dens Epistrophei angesessen hätte. Da nun die dort vor-
handene Kallosität bei Metriorhynchus Jaekeli, wie wir sahen,
nicht als Rippenansatz zu erklären ist, möchte ich glauben, daß
auch bei Metriorhynchus die zweite Rippe klein war und ein-
köpfig an der Diapophyse des Epistropheus angebracht war. Auf
1) Diese Zeitschr. 1883, 35, S. 802, t. XXIV, f. 5.
eg —
Fig. 2. Die beiden ersten Halswirbel von Enaliosuchus macrospon-
dylus KOKENn aus dem Neocom von OSTERWALD, Hannover.
oBr nnd oBl rechte und linke Hälfte der oberen Bögen, At Atlaskörper,
Pro Processus odontoides, Ep Epistropheus, R1 Ansatzfläche der
ersten, R2 der zweiten Rippe, y Callosität hinter dem Ansatz der
ersten Rippe.
die sonstigen Angaben über die ersten Halswirbel fossiler und
lebender Krokodilier einzugehen, würde mich -an dieser Stelle
zu weit führen und ohne Nachprüfung der Stücke doch wenig nützen.
Immerhin scheint mir die Ausbildung der ersten Metreorhynchus-
Wirbel so wichtig, daß ich einige Hinweise auf die allgemeine Be-
deutung dieser Frage nicht unterlassen möchte.
Die grundlegende Vorfrage für alle an die Wirbelbildung
seknüpften Erörterungen ist die Frage: „Aus welchen Teilen
besteht der temnospondyle Wirbel?“
Während die diesbezüglichen Angaben früher scheinbar un-
vereinbar variierten, weil ihnen nur vereinzelte Beobachtungen an
verschiedenen Körperregionen zu Grunde lagen, zeigte sich bei
vollständig präparierten Skeleten!) erwachsener Temnospondylen,
daß in den verschiedenen Regionen die Ausbildung der Wirbel-
!) O0. JAEKEL! Über die Organisation von Archegosaurus. Diese
Zeitschr. 1896, 3. 512.
— 153 —
teile sehr verschieden war, und alle bisher beschriebenen Formen
des rachitomen Typus an einem einzigen Skelet hintereinander
vorkamen.
Das Wesentlichste war dabei folgendes.
In der Rumpfregion, wo den einzelnen Wirbeln als Trägern
der Rippen die typische und stärkste Funktion zukam, bestanden
dieselben aus
1. den oberen paarig angelegten, aber meist zu einem Stück
verschmolzenen Bögen (Neuralia, Neurapophysen);
2. dem vorngelegenen medianen ventralen Hypocentrum;
3. den hinteren, paarigen, lateralen Pleurocentren.
Auf je dreien dieser Elemente articulierten die Rippen, für
deren knorpligen Ansatz je eine Fläche auf den genannten Stücken
vorhanden war. Die letzteren bildeten damit jederseits ein
dreistrahliges Becken, ähnlich wie sich ein solches im Schulter-
und Beckengerüst als Stütze der Füße ausbildet. (Fig. 3, 4.)
Diese Teile modifizieren sich in der Schwanzregion unter
ständiger Abnahme ihrer Verknöcherung in der Weise, daß
1. die Pleurocentren sich zunächst schlank nach unten
verlängern und schließlich ventral hinter dem Hypocen-
trum zusammenstoßen. Weiter. rückwärts im Schwanz
zerfallen sie jederseits in einen dorsalen und einen ven-
tralen Ossifikationsrest;
2. das Hypocentrum, soweit es in der hinteren Schwanz-
region als Ansatzstelle der Haemapophysen benutzt wird,
einen Zerfall in 2 laterale Ossifikationskerne zeigt, die
den Stützpunkten der Haemapophysen entsprechen;
3. die oberen Bögen nicht mehr verschmolzen, sondern
kleine blattförmige Platten bildeten.
An einer Stelle der Wirbelsäule, nämlich der vordersten
Schwanzregion, lagen also zwei scheinbar gleichartige Halbwirbel
an Stelle eines Centrums hintereinander. (Diplospondylie).
Bei allen diesen Modifikationen ist aber festzustellen,
1. daß das Ossifikationscentrum des Hypocentrum
immer basal,
2. die beiderseitigen primären Ossifikationscentren
der Pleurocentren dorsal gelegen sind.
3. Aus dem Bau der Rumpfwirbelsäule und speziell dem
Rippenansatz ist mit absoluter Sicherheit zu entnehmen,
daß die Hypocentren immer vorn, die Pleuro-
centren immer hinten gelegen sind.
Bevor wir daraus die Morphogenie der ersten Halswirbel
abzuleiten suchen, müssen wir uns folgendes vor Augen halten.
Die ersten Halswirbel, denen die komplizierte Aufgabe zu-
Fig. 3—5. Temnospondyle Wirbel von Archegosaurus Decheni aus dem
Rotliegenden von Lebach. Alle in Seitenansicht von links, für jede
Figur ist also links vorn, rechts hinten. Fig. 3 ein vorderer, Fig. 4
ein hinterer Rumpfwirbel, Fig. 5 ein vorderer Schwanzwirbel. We ist
der Wirbelkörper der Sclerospondylen, von GAUDRY als Hypocentrum
bezeichnet. Pe die paarisen Pleurocentren, Df Dornfortsatz, Z und
Zı die vordere und hintere Zygapophyse. W die Höhe des Wirbels
Ne des Neuralkanales.
fällt, den Kopf zu tragen und bei seinen Bewegungen zu balan-
zieren, kornmen relativ spät zur endgiltigen Verknöcherung, so-
daß sich hier der Korpel lange erhält und damit die Möglichkeit
bietet, embryonale Zustände auf das erwachsene Tier zu übertragen.
Diese Möglichkeit wird wie anderwärts auch hier nicht beein-
trächtigt, sondern eher gefördert durch eine einseitige Speziali-
sierung, wie sie der vorderste Wirbel als Gelenkbildner erfährt.
Vergleichen wir nun den Bau der ersten Halswirbel von Metizo-
rhynchus mit dem temnospondylen Rumpfwirbel (Fig. 3 und 4),
so kann man wohl nicht verkennen, daß
1) die oberen Bögen beider homolog sind,
2) der Atlaskörper der Krokodile dem Hypocentrum des
temnospondylen Wirbels,
3) der Dens Epistrophei (processus odontoides des Epistro-
pheus oder der Axis) den Pleurocentren der Temnospondylen
gleichzusetzen sind. Diese letztere Homologie wird, wie gesagt,
noch dadurch überzeugender, daß dieser Dens basal durch
eine mediane Furche geteilt ist, also unten in zwei Zipfel
ausläuft, während er oben sein Hauptverknöcherungszentrum
— aM
besitzt. Aber auch aus embryonalen Zuständen ergeben sich
engere Homologien. |
Bei Sphenodon verschmelzen das Hypocentrum und die Pleuro-
centren, die aus dem hinteren Teil des vorderen und aus der
vorderen Hälfte des nächstfolgenden Urwirbels zusammengefaßt
werden, zu dem definiten Wirbel!). Das ist offenbar die all-
gemeine Regel. Daß sie das hier am Atlas nicht tun, dürfte
sich daraus erklären, daß die oberen Bögen und das Hypo-
centrum für sich allein ein günstiges Gelenklager für den ein-
fachen Condylus der Reptilien bilden. Die so als unbrauchbar
ausgeschalteten Pleurocentra gehen nun auf den nächstfolgenden
Wirbel, den Epistropheus, über, mit dem sie in der Regel ganz
fest verschmelzen, und füllen dabei als dessen „Zahnfortsatz*
die Lücke in dem offen gebliebenen Ringwirbel des Atlas aus.
Diese meines Erachtens so einfache Auffassung der Hals-
wirbel ist durch einige allgemeine und einige besondere Momente
erschwert worden, die die Meinungsverschiedenheiten über diesen
Punkt erklären dürften. Erstens wächst bei den jüngeren
Temnospondylen der Trias das Hypocentrum so kräftig, daß es
einen fast vollständigen Wirbelkörper bildet und die Pleurocentra
ganz nach oben hinausgedrängt werden. Während also hier das
Hypocentrum unzweifelhaft?) zum Wirbelkörper wird, glaubte man
andererseits die basalen Zwischenstücke (wedge shaped bones,
Intercentra) den Hypocentren der Stegocephalen gleichsetzen zu
dürfen, weil auch diese in der Schwanzregion die Haemapophysen
tragen. Das tun sie hier aber wohl nur deshalb, weil in dieser
Region andere Ossifikationen zum Ansatz der Haemapophysen
fehlen. (Fig. 5). Dadurch, daß man aber diese Hypocentra
als Intercentra ansah, wurden die Pleurocentra der Temno-
spondylen zu den eigentlichen Wirbelcentren. So hat man auch
in den Halswirbeln der Krokodile den Processus odontoides ge-
wöhnlich als das Zentrum des Atlas bezeichnet. Das ist dem-
nach unrichtig. Die Pleurocentra werden entweder nach oben
herausgedrängt, wo das Hypocentrum zum Wirbel-Hauptstück
wird (sclerospondyle Temnospondyli der Trias), oder die Hypo-
centra werden zur vorderen, die Pleurocentra zur hinteren
!) Ich entnehme diese Auffassung den Darstellungen der Wirbel-
bildung von Sphenodon durch V. v. EBNER: Urwirbel und Neugliederung
der Wirbelsäule. Sitz.-Ber. k. k. Akad. Wiss. Wien. Math.-nat.
Klasse 1888 97. Abt. II, S. 194 und F. SCHAUINSLAND: Weitere
Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Hatteria Archiv f. mikrosk.
Anatomie. 56. S. 747.
2, Es liegt mir davon eine geschlossene morphologische Reihe
vor, für deren Vervollständigung ich Herrn Prof. EB. FRAAS in Stutt-
gart zu großem Danke verpflichtet bin.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 1904. 8
— 116 —
Hälfte des definitiven Wirbels, wie es bei den „holospondylen“
Tetrapoden die Regel ist. Außer den embryologischen Daten
von Sphenodon wird das auch durch die Fig. 6 abgebildete
Schwanzwirbelsäule eines noch unbekannten Reptils von Solnhofen
begründet, bei dem der Schwanz offenbar rudimentär geworden
war und die Wirbel mit ihren zwei Komponenten nicht mehr
fest verwuchsen.
Fig. 6. Die Schwanzwirbel von Cyrtura temnospondyla Jkl. aus dem
oberen Jura von Solnhofen. 1—14 die einzelnen Wirbel. Hpe Hypo-
centra, Plc Pleurocentra, oB obere, uB untere Bögen. Wenig ver-
kleinert. Orig. Mus. Berlin.
In derSchwanzwirbelsäule diesesim übrigen unbekannten Reptils,
das ich provisorisch als Cyrtura (Krummschwanz) temnospondyla
n. 8. n. sp. bezeichne, sind die Wirbel zerlegt. Die vorderen
Hälften (Hpc) entsprechen den Hypocentren der Temnospondylen
und gehen hervor aus der hinteren Hälfte eines Urwirbels. Die
hinteren Hälften (Ple) entsprechen den Pleurocentren der
Temnospondylen und gehen aus den vorderen Hälften der Ur-
wirbel hervor. Die punktierten Stücke sind die rudimentären
Haemapophysen. Oben sind die niedrigen oberen Bögen oder
Neuralia sichtbar. Die einzelnen Wirbel, die mit Nummern ver-
sehen sind, waren durch verkalkten Knorpel verbunden. Das
Stück repräsentiert wahrscheinlich den ganzen Schwanz, da die
vorderen Wirbel noch der Haemapophysen entbehrten und also
wohl die vordersten Schwanzwirbel darstellen. Die Verkalkung
der intervertebralen Knorpelscheiben und die Niedrigkeit und
Reduktion der oberen Bögen spricht dafür, daß dieser Schwanz
wenig biegsam war. Er könnte vielleicht einer großen Schild-
kröte angehört haben, die uns aber noch unbekannt wäre.
Auch die ossifikatorische Zerlegung der Schwanzwirbel von
erwachsenen Sphenodonten ist hier zu erwähnen, aber nicht be-
— ı Ila —
' weisend, weil die Zerlegung hier funktionell begründet ist und
deshalb sekundäre Bedeutung zu haben scheint. Bei vielen
Ganoiden mit schwach funktionierender Wirbelsäule blieben diese
' beiden Komponenten aber dauernd ‚getrennt und bildeten dann
| Schnittwirbel, wie ich solche Fig. 7 abgebildet habe.
Fig. 7. Hintere Schwanzwirbel mit temnospondylem Bau von Eury-
cormus aus dem oberen Jura von Solnhofen. Die Hypocentra (He)
sind horizontal, die Pleurocentra (Plc) vertikal gestreift. Die unteren
Bögen (Haemapophysen) sind punktiert. Bemerkenswert ist dabei,
daß am Ende des Schwanzes, wo die Wirbelsäule als Stützpunkt der
Schwanzflosse kräftiger verknöchert ist, die Pleurocentra verschwinden.
Sie werden dabei nach oben hinausgedrängt, wie die Pleurocentra bei
den sog. sklerospondylen Vertretern temnospondyler Stegocephalen.
Andererseits wirkten erschwerend auf die Beurteilung der
Halswirbel namentlich die kleinen basalen Zwischenstücke („Inter-
centra“), die sich bei Sphenodonten, Proterosauriern, Ichthyo-
sauriern und anderen Formen meist nur in einzelnen Wirbel-
regionen finden, und auf die Hypocentra der Temnospondylen
zurückgeführt wurden. Nachdem wir die Entstehung und Ver-
wendung dieser Elemente verfolgt haben, können wir den kleinen
variabeln Schaltstücken wohl kaum noch eine primäre Bedeutung
für die Wirbelsäule zumessen. Sie erscheinen mir als „Stau-
knöchel“ der Kniescheibe der Säugetiere vergleichbar zu sein
und, wie diese, stark beweglichen Biegungsstellen ‚als Stützpunkte
zu dienen. |
Weitere Schwierigkeiten ergeben sich wie für die ganze
Wirbelfrage so auch für die Beurteilung der verschiedenartigen
Ausbildungsformen des Atlas aus den Rudimenten der Rippen-
elemente. Indem man in den dorsalen Rippenstücken die obersten
S*+
—- 18 —
Elemente der Rippenbögen erblickt, wird eine Deutung der
kleinen, den Wirbeln ansitzenden Querfortsätze schwierig.
Erwägt man, daß diese embryonal und gelegentlich dauernd
in der ganzen Wirbelsäule und sonst in einzelnen Regionen, wie
namentlich der Beckenregion, gesonderte Stücke zwischen den
Wirbeln und den eigentlichen Rippenstücken bilden, so wird
man mit der Möglichkeit rechnen können, daß diese Stücke
(Diapophysen, Sakrairippe) primär zum Rippenbogen als oberste
Stücke gehören und also auch am Atlas gelegentlich als acces-
sorische Elemente wieder zum Vorschein kommen können. Hier-
über will ich ein anderes Mal mehr zusammenstellen.
In allen Modifikationen scheint mir aber als wesentlich fest-
zuhalten, daß
1) der definitive typische Wirbelkörper aus je einer hinteren
und je einer vorderen Hälfte eines Urwirbels hervorgeht
(EBNER, SCHAUINSLAND),
2) daß diese Hälften in dem temnospondylen Baue ge-
trennt bleiben, wobei das ventral ossifizierende Hypocentrum
den vorderen Abschnitt des definitiven Wirbels, die oben
ossifizierenden Pleurocentra dessen hinteren Teil repräsentieren,
3) daß diese temnospondylen Hälften gelegentlich auch bei
höheren Tetrapoden persistieren, so namentlich im Atlas ver-
schiedener Reptilien und aller Säugetiere, wo die Pleurocentren
als Processus odontoides zum zweiten Wirbel übertreten und
in der Schwanzregion von Reptilien z. B. von Cyrtura
temmospondyla,
4) daß bei den höher spezialisierten Temnospondylen
(Sclerospondyli) die Hypocentra fast den ganzen Wirbelkörper
bilden können, indem sie die Pleurocentra nach oben hinaus-
drängen, i |
5) daß sich einzelne temnospondyle Ganoiden mit schwacher
Wirbelsäule in dieser Beziehung wie die betreffenden Stego-
cephalen - verhalten, während die übrigen Teleostomen mit
kräftiger Wirbelsäule sich wie die höheren holospondylen
Tetrapoden verhalten.
6) Die Temnospondylie ist also nichts anderes als eine
Persistenz der beiden Hälften der Urwirbel, die unter den
Tetrapoden wie unter den Fischen bei schwacher Inanspruch-
nahme der Wirbel oder wie in der vordersten Halsregion der
Tetrapoden bei späterer Verknöcherung und zweckmäßiger
Verwendbarkeit zum Vorschein kommt. |
7. Da den temnospondylen Ganoiden des Jura holospondyle
im Devon und Karbon vorangehen, und im Karbon bereits
viele holospondyle neben den zumeist jüngeren temnospondylen
1
Stegocephalen existieren, so wird man der Temnospondylie
nicht ohne weiteres eine phylogenetische, sondern in erster
Linie eine ontogenetische Bedeutung zusprechen dürfen.
Herr E. PHILIPPI sprach über Moorbildungen auf
Kerguelen. Er führte aus, daß die Moorbildungen der sub-
antarktischen Insel zwar mit denen des nördlichen Europas
vergleichbar wären, andrerseits aber doch auffällige Unterschiede
erkennen ließen, was bei der fremdartigen und sehr ärmlichen
‚Flora Kerguelens von vorn herein zu erwarten sei. Der Vor-
tragende zeigte an Handstücken die starke chemische Verwitte-
rung, welche die basaltischen Gesteine durch die Humussäuren
erleiden. Der größte Teil des von den Humussäuren gelösten
Eisens wird dem Meere zugeführt, ein kleiner Teil gelangt auf
der Insel in Gestalt von Raseneisenerz zum Absatz.
Herr E. PHILIPPI sprach über untersenone Tone bei
Warnstedt nordlich von Thale a. Harz.
Es ist bekannt, daß das Untersenon nördlich vom Harz
einem raschen Facieswechsel unterliegt. Während es bei Braun-
schweig rein tonig entwickelt ist, herrscht in der Quedlinburger
Gegend die sandige Facies vor. Doch fehlt es auch hier nicht
"ganz an tonig-mergeligen, meist recht fossilreichen Einlagerungen.
Unter diesen sind am bekanntesten die Salzbergmergel,
welche sich bei Quedlinburg einer unteren Abteilung des „Senon-
Quaders* einschalten, während sie nach EwarLp am Harzrande
unmittelbar an der Basis der Sandsteine liegen sollen. Ein
höheres Niveau im „Senon-Quader“ nehmen fossilführende Tone
ein, welche in der Umgebung von Quedlinburg gelegentlich auf-
geschlossen worden sind.
Nachdem die Fauna dieser Tone, welche durch ihre vor-
zügliche Erhaltung und durch das Fehlen der Ammoneen, das
Vorwalten von Bivalven und Gastropoden lebhaft an Tertiär er-
innert, längere Zeit ausschließlich aus diluvialen Kiesen bekannt
‚gewesen war, fand Ewarp!) sie in anstehenden Tonen und
Sanden bei Weddersleben südlich von Quedlinburg, Sehr fossil-
reiche Tone dieses Niveaus förderte später eine Brunnengrabung
zwischen Suderode und Quedlinburg zutage; ihre Fauna wurde
‚von F. Frecn?) eingehend beschrieben. Auch von einigen
anderen Punkten in der unmittelbaren Nachbarschaft von Quedlin-
burg wurde dieser Horizont, der lokal auch Pflanzen führte,
bekannt.
!) Diese Zeitschr. 13. 1861 S. 140.
?) Ebenda 39. 1887 S. 141.
— 1290 —
Auf einer Pfingstexkursion in diesem Jahre fand ich nun
Tone, die augenscheinlich dem gleichen Horizont angehören,
neuerdings an der Mühle südöstlich von Warnstedt, wenige Kilo-
meter nördlich von Thale aufgeschlossen. Es sind dieselben
plastischen, glimmerhaltigen, dunklen Tone, die von Suderode in
der Sammlung des Museums für Naturkunde liegen. - Doch ist
die Erhaltung der Fossilien eine andere. Während bei Suderode
die Schalen durchwegs erhalten sind, hat man es hier lediglich
mit Skulptursteinkernen zu tun, die meist einen zarten Überzug
von Schwefelkies tragen; der Erhaltungszustand erinnert also
sehr an den der Braunschweiger Untersenonfossilien.
Auch faunistisch scheint der neue Fundpunkt bei Warnstedt
von Suderode abzuweichen. Während hier die Tone im allge-
meinen eine marine Fauna beherbergen und nur die unterste
Schicht brakisch ist, scheint bei Warnstedt Cyrena cretacea
DRESCHER zu herrschen und den gesamten Komplex als brakisch
zu stempeln. Auch Holzreste und Dicotylen-Blätter sind bei
Warnstedt nicht selten.
Diese Tone sind in der Sohle eines Bruches aufgeschlossen
worden, in welchem bisher „Senon-Quader* gebrochen wurde;
ihr Liegendes war z. Z. meines Besuches noch nicht bekannt.
Es treten in diesem Bruche aber auch über dem Quader ähn-
liche, dunkle Tone auf; ob es sich um eine zweite, höhere Ein-
lagerung handelt oder ob an eine Störung gedacht werden kann,
ließ sich bei meinem kurzen Besuche nicht mit Sicherheit fest-
stellen.
Herr FRIEDR. v. SCHMIDT-Petersburg erinnerte an den
vor einem Jahre gehaltenen Vortrag des Herrn FRIEDR. SOLGER!)
über dieneue Gattung Pseudocucullaea und machte
dazu die nachstehenden Bemerkungen:
Herr SoLGEr hatte darauf hingewiesen, daß ich bereits 1871
in meiner Bearbeitung der wissenschaftlichen Resultate meiner
Mammutexpedition von 1866 diese als Pectunculus Petschorae
Kays. bestimmte Muschel aufgeführt habe, aus deren Beschreibung
und Abbildung die Zugehörigkeit zu Pseudocucullaca Sorge. un-
zweideutig hervorgehe. Zugleich wird erwähnt, daß ich schon
selbst die eigentümlichen Charaktere der Art erkannt und die
Möglichkeit offen gelassen habe, daß sie einer neuen Gattung
angehöre, die zu Pectunculus sich verhielte wie Cucullaea zu
Arca. Diese vermutete neue Gattung habe ich nun allerdings
- ———
‘) Diese Zeitschr. Juli-Protokoll 1903. S. 80.
— 21 —
schon in meinem Aufsatze „Über die neue Gattung Lopatimia“!)
aufgestellt und die beiden Arten Zopatinia Petschorae Kays. sp.
und Z. Jenisseae m. unterschieden. Mein erwähnter Artikel ist
aber, z. T. durch meine eigene Schuld, wenig bekannt geworden,
sodaß ich nur eine einzige Arbeit anführen kann, in welcher er
eitiert ist, nämlich J. Lanusens Inoceramenschichten am Olenek und
der Lena.?). In dieser Arbeit wird Lopatinia Jenisseae aus den
Inoceramenschichten an der Lena von dem Sandsteinfelsen Sossa-
Kaja aufgeführt und gesagt, daß die von ÜZEKANOWSKI ge-
sammelten Stücke mit meinen Abbildungen vollkommen überein-
stimmten.
Gegenwärtig bin ich durch die Güte des Herrn Prof,
OÖ. JAEKEL in den Stand gesetzt, meine alten Originale der
Lopatinia mit Abgüssen der Pseudocucullaea SoLs. zu ver-
gleichen. Ich muß die Priorität meiner alten Gattung durchaus
wahren. In allen wesentlichen Stücken stimmen die beiderlei
Formen durchaus überein. Ein. kleiner Unterschied scheint in
der durchschnittlich stärkeren Entwicklung der Mittelzähne des
Schlosses bei Pseudocucullaea zu bestehen, aber auch bei unserer
Form kommt bei größeren Exemplaren bisweilen eine Zweiteilung
derselben vor. Die leistenförmigen Seitenzähne der Lopatinia
sind bei guten Exemplaren derselben ebenfalls fein gezähnt, wie
bei den zuerst von mir abgebildeten in Mammutreise Taf. 3
Fig. 17; das hängt aber wohl wesentlich von der guten Er-
haltung ab. Daß die Pseudocucullaea obercretaceisch ist, während
die Zopatinia wahrscheinlich zur untercretaceischen Oberen Wolga-
stufe gehört, kann auch nicht gegen die Vereinigung 'beider
Gattungen sprechen, wie das ja auch schon von Herrn SoLgER?)
ausgesprochen worden ist.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
v. w. 0.
BBANCO. JAEKEL. JoH. BÖHM.
Hr Ne K. Min. Ges. St. Petersburg. N. F. 7. 1872. S. 283.
BIST
5 Men. Acad. Imp. des sciences de St. Petersbourg (7) 33. No. 7.
1886. S. 9.
wa. 28 073287
Neunundvierzigste Allgemeine Versammlung
der Deutschen geologischen Gesellschaft zu Breslau.
Protokoll der Sitzung vom 16. September 1904.
Der Geschäftsführer Herr FRECH eröffnet die in der Aula
Leopoldina der Universität stattfindende Sitzung durch Begrüßung
der Anwesenden und gibt einen kurzen Überblick über die Ent-
wicklung der Geologie in Schlesien.
Namens des Kgl. Oberbergamtes heißt Herr Geheimer Be:
Oberbergrat HıLrror die Gesellschaft willkommen unter besonderer
Anerkennung der Verdienste, die die Geologie um den Bergbau
und die Wasserversorgung Schlesiens hat.
Eine Abordnung der Schlesischen Gesellschaft für vater-
ländische Kultur, bestehend aus den Herren Geheimrat FÖRSTER,
Professor Hınrze, Geheimrat PAarrsch und Professor PAx, heißt
durch den Mund des Erstgenannten die Deutsche geologische
Gesellschaft willkommen und überreicht ihr eine Festschrift
„Zur Geologie des niederschlesisch-böhmischen Grenzgebirges*
mit einer zugehörigen geologischen Karte.
Der Geschäftsführer dankt namens der Gesellschaft und
überreicht dann seinerseits einen „Geologischen Führer für die
Exkursionen durch Oberschlesien“, ferner einen Führer durch die
Sudeten und eine Schrift über Reinerz, das Zentrum der Glatzer
Mineralquellen.
Zum Vorsitzenden des ersten Versammlungstages wird Herr
BEyscHLaG, zu Schriftführern während der Tagung werden die
Herren Brunns-Straßburg, Leonuarp-Breslau, Wysocörskı-Breslau
und ZIMMERMANN-Berlin gewählt.
Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten:
Herr Oberbergamtsmarkscheider Urzrıca, Breslau und
Herr Dr. GÄrTNerR, Direktor der Wenzeslaus-Grube zu
Mölke bei Neurode i. Schles.,
beide vorgeschlagen durch die Herren DAruz, ZımMmEr-
MANN und GAGEL.
— 13 —
Um die inneren geschäftlichen Angelegenheiten der Gesell-
schaft in einer Sitzung erledigen zu können, werden zur Prüfung
des von Herrn DaArHe vorgelegten Kassenberichtes die Herren
‚Mırcn-Breslau und Torxgquist-Straßburg gewählt. Die Geschäfts-
sitzung der allgemeinen Versammlung wird auf Sonnabend, den
.17. um 9!/g Uhr angesetzt.
Herr FRECH gab einen allgemeinen Überblick über den
Gebirgsbau Schlesiens. (Der wesentliche Inhalt desselben ist in der
allgemeinen Einleitung der geologischen Führer durch Oberschlesien,
die Umgegend von Breslau und die Grafschaft Glatz enthalten.
8. Anhang).
Herr G. GÜRICH brachte Mitteilungen über die Erz-
lagerstätten des oberschlesischen Muschelkalkes.
‘(Hierzu Taf. XVII).
Der Vortragende muß sich damit bescheiden, nur einige
‚Punkte einer näheren Betrachtung zu unterziehen; durch neuere
Aufschlüsse und neue Beobachtungen sieht er sich veranlaßt,
einige früher geäußerte Anschauungen zu ändern. Auch auf
einige altbekannte Tatsachen muß er eingehen, um deren Be-
deutung wieder in Erinnerung zu bringen. Eine Aufrollung der
ganzen Frage überschreitet die Kräfte des Einzelnen; sie ist
nur für die Geologische Landesanstalt möglich, die mit allen
Mitteln arbeiten kann. Es ist nicht nur die Berücksichtigung
‘alles alten Beobachtungsmaterials und die Untersuchung aller
neuen Aufschlüsse nötig; diese Untersuchungen werden auch
gestützt sein müssen durch ein reichliches und ausführliches
Analysenmaterial erzfreier und erzführender Gesteine und der
verschiedenen Erze selbst.
Zunächst erörtert der Vortragende einige Momente, durch
welche gewisse Phasen der Erzbildung dem geologischen Alter
nach festgelegt werden. Er unterscheidet im übertragenen Sinne
‘ein zentrales und ein peripheres Gebiet der Erzlagerstätten. In
dem letzteren erkennt man die Einwirkungen der Atmosphärilien
und des miocänen Meeres. Das Gesetz des „Eisernen Hutes“
‘hat auch für Oberschlesien Geltung; hierin stimmen bisher alle
Beobachter überein mit Ausnahme von A. Sacnas.')
Das miocäne Mittelmeer breitete sich in einer Bucht in
Oberschlesien aus. Das Ausgehende der Lagerstätte wurde von
den Gewässern verarbeitet (Hornblei von Miechowitz), die Eisen-
‘erze über den Rand der Mulde mechanisch hinweggetragen. Der
‚Vortragende sieht darin einen Beweis dafür, daß die peripheren
!) Centralbl. f. Min. etc. 1904. S. 40.
— 124 —
Teile der Erzlagerstätte bereits vor Ablagerung der miocänen
Meeresbildungen in Form eines „eisernen Hutes“ vorlagen. Von
Interesse wäre eine nähere Altersbestimmung der die Brauneisen-
massen bei Chorzow etc. bedeckenden bunten Tone und kieseligen
Knollensandsteine.')
Von Wichtigkeit für die Altersbestimmung der Erzlager-
stätten sind ferner die Verwerfungen im Muschelkalkgebirge.
Auf Jenny Otto-Grube konnte der Vortragende Verwerfungs-
klüfte, angefüllt mit Gangletten und Dolomitbreccien und ohne
wesentliche Erzführung, beobachten. Begleitet ist dieser Sprung
von einer Reihe von Störungen im Dolomit. Diese Störungen
scheinen aber nicht mit einer Verschiebung der beiden Kluftwände
verknüpft zu sein. Es scheinen eher nur Zerreißungen des
Dolomits vorzuliegen, die allerdings als eine Folge-Erscheinung
der Hauptverwerfung aufzufassen sind. Diese Klüfte zeigen mehr
den Charakter von Auswaschungen. Sie sind von Erz erfüllt,
vorwiegend von Markasit, daneben auch von mulmigem Bleiglanz.
Diese Erzausfüllungen hält der Vortragende für nachträgliche
Bildungen. Unleugbar ist der Einfluß der Verwerfungen auf die
Erzführung der Lagerstätte; häufig sind einseitige Erzan-
reicherungen. In der Tatsache, daß unbeeinflußt von Kluftsystemen
auch ärmere, und deswegen weniger beachtete Erzmittel ver-
breitet sind. sieht der Vortragende einen Beweis für seine bisher
vertretene Ansicht von der syngenetischen Natur der Lagerstätte
im allgemeinen. Die Anreicherung der Erzlagerstätten längs der
Hauptzirkulationskanäle der unterirdischen Wässer ist ein durch-
aus selbstverständlicher Vorgang, aber diese Anreichernng ist zu
trennen von der Entstehung der Erze überhaupt.
Enthält ein sonst erzärmeres Gebirge längs der Verwerfungs-
klüfte Erzanreicherungen, so kann man daraus folgern, daß die
Erze eher da waren als die Klüfte; nur die Anreicherung erfolgte
gleichzeitig mit der Kluftbildung. Die großen Verwerfungen im
oberschlesischen Muschelkalk müssen dem Eindringen des miocänen
Meeres vorangegangen sein, die Erze waren also noch früher ent-
standen. Zu. demselben Schluß gelangt der Vortragende durch
eine weitere Berücksichtigung des mechanischen Moments in der
Herausbildung der jetzigen Natur der Lagerstätte. Unter der
Führung der Herren Brume-Lipine und Jomnson-Beuthen besich-
tigte der Vortragende besonders lehrreiche Strecken der 6
') MICHAEL sieht darin fluviatile Bildungen, jünger als das marine
Miocän. Durch die neuerlichsten Mitteilungen MICHAELS über die
oberschlesischen Bohrungen würde sich ergeben, daß diese bunten
Tone und Knollensandsteine zu den Ablagerungen der weiter nord-
wärts verbreiteten Braunkohlenformation zu rechnen sind.
— 125 —
Otto-Grube. An einigen Stellen war der Dolomit im Dache der
abgebauten Lagerstätte durch „Alten Mann“ gestützt und dabei
in höchst bezeichnender Art zu Bruche gegangen. Lange Schollen
lösten sich von oben ab und senkten sich ganz flach. trichter-
förmig nach einer tieferen Stelle im Alten Mann; in der Mitte des so
entstandenen Trichters ist der Dolomit kurzklüftig zertrümmert
und aufgelockert. Dasselbe Bild gewährten gewisse Stellen der
Erzlagerstätte; am deutlichsten ist es dort zu beobachten wo
die Erzausfüllung gering geblieben ist; hier bilden die Dolomit-
trümmer eine durch dünne Erzkrusten :zementierte Brececie;
zwischen den Trümmern erscheinen die offenen Hohlräume, nur
teilweise mit stalaktitischen Markasitzapfen erfüllt; nicht selten ist
die Decke eines solchen Hohlraumes mit einer ebenen, aus Mar-
kasit oder Blende bestehenden Kruste austapeziert, von der ein-
zelne Bleiglanzkristalle in den Bau hinabragen.
Auch in den kompakten Krustenerz-Partien!) erkannte der
Vortragende dieselbe Struktur wieder. Früher nahm er an, die
Trennung der von den Erzkrusten umschlossenen Dolomitbrocken
wäre auf die Tätigkeit der zirkulierenden Wässer zurückzuführen;
nunmehr läßt sich sicher behaupten, daß die Dolomitbreceie
durch mechanische Zertrümmerung entstanden ist und die Erz-
ausfüllung erst nachträglich erfolgte. Die eigentlichen Krusten-
erze finden sich in den. kurzklüftig zertrümmerten Dolomitpartien,
meist in geringerer Höhe über dem Vitriolletten. In größerer
Höhe darüber (entsprechend dem Profile) ?) finden sich die Blei-
glanzplatten, wo der Dolomit in Form weit aushaltender Schalen
vom Dache sich loslöste.
Die Möglichkeit der mechanischen. Zertrümmerung des
Dolomits sieht der Vortragende in der plastischen Natur des
Vitriollettens. Bei den tektonischen Störungen wird der Vitriol-
letten am stärksten in Mitleidenschaft gezogen; er wird bei der
Verwerfung mitgeschleppt und in die Klüfte des Sohlensteins
hineingequetscht etc.?); durch derartige Bewegung im Vitriolletten
wird dem Dolomit die Sohle entzogen und er muß nachbrechen;
‘unmittelbar über dem Vitriolletten wird die Zertrümmerung eine
kleinstückige Breccie ergeben, je weiter nach oben, desto mehr
wird die Einwirkung nur in Form von flachen Spalten zwischen
den Dolomitbänken erkennbar sein; nur vereinzelte Querklüfte
werden hier die Dolomitschalen durchsetzen.
So finden also die Krusten- und Plattenerze ihre befriedi-
gende Erklärung; ihre Entstehung hängt mit den tektonischen
I) Zeitschr. f. prakt. Geol. 1903 S. 202.
?) Zeitschr. f. prakt. Geol. a. a. 0.
*) Photographien hierzu wird MiıCHAEL veröffentlichen.
— 16 —
Vorgängen zusammen, von deren geologischem Alter schon oben
die Rede war. Nicht berührt werden hiervon die Deutungen der
körnigen Ausbildungsform der Erzkörper und der ärmeren Feldes-
teile, wo die Erze nur sporadisch im kompakten Dolomit einge-
sprengt erscheinen. Man sieht in den obigen Ausführungen eine
Erklärung mehr für die Tatsache der höheren Erzanreicherung
in tektonisch gestörten Bezirken der oberschlesischen Lager-
stätten. Begreiflicherweise werden durch diese Anreicherungs-
vorgänge die genetischen Beziehungen der Lagerstätte überhaupt
verschleiertt. Der Vortragende hält nach wie vor an der syn-
genetischen Natur der Lagerstätte in ihrer ursprünglichen Form
fest. Eine weitere Frage bezieht sich auf die Herkunft der
metallischen Substanzen. Schon früher!) hatte der Vortragende
auf den Metallgehalt der oberschlesischen Kohlen hingewiesen.
Die Anzeichen dieser Art mehren sich; sehr erwünscht wären
neuere exakteste Analysen.) So ist neuerlichst das Vorkommen
eines größeren Erzvorkommens in der Kohle und dem Schiefer
in der Sohle des Flözes auf der Brade-Grube bei Nikolai bekannt
geworden. Eine Untersuchung liegt noch nicht vor. Sollte sich
in der Tat die allgemeine Verbreitung von Blei und Zink, wenn
auch in minimalster Verteilung, im oberschlesischen Karbon be-
stätigen, so liegt der Gedanke sehr nahe, daß die Erzvorräte
des Muschelkalks, eine syngenetische Erklärungsweise derselben
vorausgesetzt, direkt aus dem Karbon stammen.
Das milde Steinkohlengebirge fiel dem transgredierenden
Triasmeer zum Opfer; der Metallgehalt der Kohlen ging in die
Salzlösungen des Triasmeeres über. Hin und wieder fanden
schon Ausscheidungen der Metalle während der Wellenkalk-
bildung statt; daß dieselben technisch bedeutungslos sind, ist für
die theoretische Erörterung belanglos. Dann erfolgte die Bildung
einer physikalischen Grenze, etwa einer Kante oder Barre im
Meeresgrunde zwischen dem Schaumkalkmeere und dem Dolomit-
becken.) Es ist richtig, daß westlich von Beuthen, aber eben
doch nur hier diese Grenze ungefähr zusammenfällt mit einer
Störungslinie im unterlagernden Karbon. Aber zwischen Terrain-
kante und Störungszone kann doch sehr wohl ein ursächlicher
Zusammenhang bestehen. Diagenetisch vollzog sich*) innerhalb
!) Mineralreich S. 581.
») Auch MıcHAEL bestätigt in seinem folgenden Vortrage das
Vorkommen von Schwermetallsubstanzen im Kohlengebirge.
°) Man müste hieraus auf das Vorhandensein von Störungen im
Sohlenstein schließen, die in dem Dolomit keine Fortsetzung finden.
Solche Störungen scheinen vorhanden zu sein.
*) Jahresber. Schles. Ges. (6.) 3. 1902.
= 127 —
dieses Beckens die Dolomitisierung der kalkigen Sedimente, und
zugleich mit der Dolomitisierung ging die Ausscheidung der
sulfidischen Erze vor sich.. Daß dabei die tonreicheren Partien
der Sedimente bevorzugt wurden, hat der Vortragende schon
früher!) betont. Die Adsorption kommt also auch bei dieser
Auffassungsweise zu ihrem Rechte. Die Erzausscheidung erfolgte
aber nicht über den mergeligen Partien — wie es eine Kata-
genese verlangen müßte, auch nicht in deren Sohle, entsprechend
den Anforderungen der Anagenese, sondern im allgemeinen gerade
in den mergeligen Dolomitpartien, worin der Vortragende eine
Bestätigung seiner syngenetischen Anschauungsweise sieht.
Herr R. MICHAEL (Berlin) sprach über die oberschle-
sischen Erzlagerstätten.
Die Untersuchungen, welche im Laufe der letzten vier
Jahre im Interesse der Wasserversorgung des oberschlesischen
Industriebezirkes auszuführen waren, machten gleichzeitig ein ein-
gehendes Studium der oberschlesischen Erzlagerstätten erforderlich.
Diese Notwendigkeit, die durch den beiderscitigen Zu-
sammenhang begründet war, war um so willkommener, als dadurch
Herrn Geheimen Bergrat BeyscHLaAG, in dessen Namen zugleich ich
hier das Wort ergreifen darf, die Möglichkeit geboten wurde,
die von ihm in seinen Vorlesungen an der Berliner Bergakademie
seit vielen Jahren vorgetragene Auffassung einer epigenetischen
Entstehung der oberschlesischen Erzlagerstätten an zahlreichen
Beispielen auf ihre Richtigkeit hin prüfen zu können. Herr
Geh.-Rat Beyscatac hat über die vorläufigen Ergebnisse bereits
vor drei Jahren berichtet. |
Unsere weiteren Arbeiten waren in Anbetracht der ver-
schiedentlichen Theorien und abweichenden Meinungen auf
systematische Beobachtungen und Aufsammlung eines möglichst
umfangreichen und erschöpfenden Tatsachen-Materiales gerichtet.
Die Arbeiten sind jetzt abgeschlossen und sollen demnächst
in ausführlicher Form veröffentlicht werden.
Bezüglich aller Einzelheiten möchte ich daher auf diese
Publikation verweisen, und ich werde mich hier darauf be-
schränken, in kurzen Zügen über die Hauptergebnisse unserer
Beobachtungen unter besonderer Betonung einiger allgemeinerer
Verhältnisse zu berichten.
Den geologischen Aufbau der oberschlesischen Platte
darf ich als bekannt voraussetzen; es ist daher nur daran zu
erinnern, daß die Dreiteilung des oberschlesischen Karbons in eine
I) Zeitschr. f. prakt. Geol. Mai 1903. S. 203.
— 12383 —
Rand-, Sattel- und Muldengruppe auch durch die räumliche
Verteilung der Schichten angezeigt ist. Die liegende Randgruppe
ist in den Randgebieten im Westen bei Mährisch-Ostrau, Loslau,
westlich Rybnik, Gleiwitz, im Norden südlich von Tarnowitz und
bei Koslawagora, im Osten bei Golonog in Rußland und Tenczynek
in Galizien entwickelt.
Ihre östliche und südliche Begrenzung gegen die jüngeren
Karbon-Schichten ist je durch eine Störungszone bezeichnet.
Die erstere ist als die Orlauer Störung bekannt, welche
von Orlau über Rybnik bis über Mikultschütz hin verläuft. Ich
möchte hier einschalten, daß ich dieselbe nicht für den großen Verwurf
von 1600 m bis 2000 m Sprunghöhe halten kann, für welchen
sie früher zumeist wohl auf Grund markscheiderischer Berechnung
angesprochen wurde. Es ist lediglich die tektonisch durch
kleinere Verwerfungen, Staffelbrüche, Schleppungen, Überschiebungen
und Steilstellung der Schichten stark beeinflußte Grenzzone der
älteren marinen gegen die jüngeren nicht marinen Schichten.
Eine gleiche, wahrscheinlich dieselbe Störungslinie begleitet,
in westöstlicher Richtung verlaufend, die Randgruppe des nörd-
lichen Gebietes von Mikultschütz über Miechowitz, Dombrowa bis
über Bendzin in Russisch-Polen.
Für den östlichen Teil liegen die Verhältnisse noch nicht
klar genug; doch sind ähnliche Erscheinungen durch das Vor-
handensein zahlreicher, nordsüdlich verlaufender Sprünge an-
gedeutet. Zu der hangenden Muldengruppe gehört die Haupt-
masse der Schichten des südlichen Oberschlesiens, südlich einer
Linie von Zabrze über Myslowitz hinaus. Die mittlere Sattel-
gruppe ist eine weder geologisch noch paläontologisch selb-
ständige, dafür aber die für Oberschlesien in erster Linie durch
die Zahl, Güte und Mächtigkeit ihrer Flöze charakteristische
Abteilung.
Bemerkenswert ist ihr topographisches Auftreten als lang-
gestreckter Sattel von Zabrze über Königshütte, Kattowitz nach
Myslowitz. Dadurch nun, daß dieselben Sattelflöze, die südlich
Beuthen vom Sattel nach Norden einfallen, sich noch einmal vor
der Störungszone gegen die gleichfalls aufgewölbten älteren
Schichten, uunmehr mit südlichem Einfallen bei Radzionkau und
Miechowitz herausheben, tritt eine große, die sog. Beuthener
Steinkohlenmulde in Erscheinung.
Der gleiche Vorgang wiederholt sich, wenn auch in etwas
abgeänderter Form in der Trias.
Wir haben; schlechthin gesagt, eine Beuthener Steinkohlen-
Mulde und eine Beuthener Triasmulde zu unterscheiden, die sich
aber in ihrer räumlichen Erstreckung nicht decken. Beiden ge-
— 129 ° —
meinsam ist das gleiche westnordwestliche Streichen bei Beuthen;
die Karbon-Mulde wird wie der Sattel nach Westen scharf durch
die Orlauer Störungszone abgeschnitten.
Die Trias-Mulde, wie sie vorläufig noch bezeichnet werden
möge, verbreitert sich nach Nordwesten bei gleichzeitiger Wendung
des Streichens mehr nach Norden zur sog. Tarnowitz-Peiskret-
schamer Mulde; andrerseits aber erstreckt sie sich in der ur-
sprünglichen hercynischen Richtung weit nach Südost und ist
mit Unterbrechung zwischen Myslowitz und Dlugoszyn bis
Krzeszowice in Galizien zu verfolgen.
Die Beuthener Steinkohlenmulde setzt sich nach den neuesten
Aufschlüssen aus mehreren, in sich abgeschlossenen, kleineren,
trichterartigen Mulden zusammen, deren Schichten zwar denen
der Hauptmulde gleichstehen, aber doch eine abweichende Ent-
wicklung aufweisen.
Der regelmäßige Bau der Triasmulde wird nun erheblich
durch Verwerfungen modifiziert.
Zunächst ist bereits die muldenförmige Lagerung der Trias
eine Folge jüngerer (postjurassischer) Gebirgsstörungen, durch
welche die ursprünglich tafelartig ausgebreiteten Schichten ge-
faltet und versenkt und so vor der abtragenden Wirkung der
Denudation und Erosion bewahrt wurden, während bei den be-
nachbarten Gebieten z. T. eine Freilegung bis auf den kar-
bonischen Kern erfolgte.
Die kleinen Triaspartieen im südlichen Oberschlesien (Mokrau,
Nicolai, Lendzin, Krassow, Dzieckowitz) sind lediglich als Reste
einer früheren allgemeineren Triasbedeckung aufzufassen.
Die vollständige Schichtenfolge jüngerer Trias-Glieder
zwischen Tarnowitz und Beuthen ist durch die Entstehung der
schmalen Einsenkungsgebiete bedingt.
Die bei solchen Vorgängen selbstverständlichen Schichten-
brüche und Verwerfungen verlaufen naturgemäß zunächst dem Haupt-
streichen der Mulden oder, wie ich dieselben jetzt richtiger be-
zeichnen muß, dem hercynischen Beuthener und dem süd-
nördlichen Tarnowitzer Graben parallel.
Diesen beiden Richtungen folgen denn auch die meisten
oberschlesischen Verwerfungen, wie Ihnen diese kleine tektonische
Skizze zeigt, durchaus.
Die Verwerfungen begrenzen häufig die jüngeren Ablage-
rungen gegen das Karbon, so namentlich auf russischem Gebiet
östlich von Bendzin.
Es ist daran zu erinnern, daß hier, also zusammenfallend
mit dem nördlichen Randgebiet des Beuthener Grabens, auch im
Karbon eine große Störungszone nachgewiesen werden konnte.
— 120 —
Der Bau der Triasgräben ist selbst auf kurze Entfernungen
hin mannigfaltigem Wechsel unterworfen, der neben echten schmalen
Mulden einseitige Gräben längs einer Randverwerfung, oder doppel-
seitige Gräben als zwischen zwei Parallelverwerfungen abgesunkene
Streifen, oder schließlich komplizierte, durch staffelförmiges Ab-
sinken hervorgebrachte Bruchzonen erkennen läßt, letztere insbe-
sondere östlich von Beuthen im Felde der Samuels-Glück-,
Kramers-Glück- und St. Stefano-Grube.
An den Grabenrändern haben ferner tiefgehende Aus-
waschungen stattgefunden.
Auch auf die Verteilung und Entwicklung der einzelnen
Schichtenglieder haben die Störungen einen großen Einfluß gehabt.
Die Schichtenreihe setzt sich im wesentlichen aus Karbon
und Trias zusammen; von letzterer fehlt Keuper bei Beuthen;
er tritt aber nördlich von Tarnowitz auf und ist auch im südöst-
lichen, galizischen Teil der Grabenversenkung erhalten geblieben,
hier außerdem noch Schichten des mittleren und oberen Jura.
Zwischen Trias und Karbon sind außerdem rote Letten und
feste, sowie lockere Sandsteine bekannt, die bislang auf der geo-
logischen Karte und in den Schacht- und Bohraufschlüssen stets
als Vertreter des unteren und mittleren Buntsandsteins angesprochen
wurden.
Doch scheint mir die Stellung und Zugehörigkeit dieser
Schichten zweifelhaft zu sein. |
Sicher ist, daß ein Teil dieser Bildungen bereits zum Kar-
bon gehört, wie Karbonpflanzen in den rotgefärbten Schiefer-
tonen beweisen; an anderen Stellen (bei Zyrowa und Schierot)
wurden die mittleren Buntsandsteine der älteren geologischen
Karte als rotgefärbte Kulm-Schichten erkannt; östlich Tarnowitz
erwiesen sich die rötlichen Stellen im Gelände als der mit
Brauneisenerz führenden tertiären Letten und Sanden bedekte
Ausstrich der kavernösen Kalke des unteren Muschelkalkes;
nördlich Schierot sind die kavernösen Kalke selbst intensiv rot
gefärbt. Kurz es ist keine einheitliche Bildung, und man ist außer-
dem infolge der mächtigen Entwicklung des Perm im Osten und
Norden von Tarnowitz genötigt, auch an die Zugehörigkeit zu
dieser Formation denken zu müssen.
Ich halte die Sandsteine deshalb z. T. für Karbon,
z. T. für Perm und sehe die untere Grenze der Trias in den
Kalken und Dolomiten des Röt, die ihrerseits mit den bisher
als tiefstem Muschelkalkhorizont aufgefaßten kavernösen Kalken in
engem Zusammenhange stehen und dieselben teilweise vertreten.
Eine scharfe Grenze zwischen Röt und kavernösen Kalken gibt
es nicht.
— 21 —
Diese letzteren, durch ihre Hohlräume und spätige Beschaffen-
heit charakterisiertten Kalke sind über weite Strecken hin in
gleicher Entwicklung ausgebildet.
Dasselbe gilt von den Chorzower Kalken, der Wellenkalk-
Abteilung des unteren Muschelkalkes.
Anders verhalten sich die nächst jüngeren Schichtengruppen.
Da begegnen uns im gleichen Niveau, selbst in einer angeblich
regelmäßig aufgebauten Mulde auf der einen Seite die
charakteristischen Bänke der Schaumkalkgruppe, auf der andern
Seite statt ihrer Dolomite.
Ihre Hauptverbreitung besitzen dieselben in den beiden
Grabenversenkungen, in dem Beuthener und Tarnowitzer Graben.
Der letztere deckt sich mit der früheren Tarnowitzer-
Peiskretschamer Mulde nur unvollkommen und begreift deren öst-
lichen Teil.
Die ältere geologische Karte faßt hier, wie gesagt, die Lagerungs-
verhältnisse noch als regelmäßigen Muldenbau auf: Buntsandstein
streicht angeblich am West- und Ostrande aus, daran schließen
sich beiderseits breite Streifen von unterem Muschelkalk, und
zwar Chorzower Schichten, dann folgen nach dem nenn die
Schaumkalkabteillung und ihre Dolomitäquivalente im Osten;
schließlich als jüngstes Glied im Norden der Keuper.
Eine systematische Abbohrung durch zahlreiche Kernbohrungen
hat nun unsere anderweitig gewonnene Auffassung bestätigt:
Ein regelmäßiger Bau einer Mulde ist nicht vorhanden. Die
Bohrungen haben sämtlich hinter dem Abbruch des Muschelkalk-
zuges bei Schierot zunächst die hangenden Partien des unteren
Muschelkalkes angetroffen, desgl. auch Keuper in einer
wesentlich mehr nach Westen gehenden Verbreitung festgestellt.
Ich kann diese Verhältnisse hier nur kurz berühren und
will nur erwähnen, daß sie besonders wegen ihrer Beziehungen
zur Grundwasserzirkulation berücksichtigt werden mußten.
Die oberschlesische Wasserversorgung beruht für den west-
lichen Teil des Industriebezirkes auf zwei Tiefbohrlöchern, aus
denen die Wasser artesisch austreten. Man glaubte früher, daß
die Zuflüsse aus dem Buntsandstein stammten; man nahm an,
daß von den Trias-Schichten einige wasserführend, andere da-
zwischen gelegene dagegen wasserundurchlässig und daß danach ver-
schiedene, miteinander nicht kommunizierende Wasserstockwerke
vorhanden seien, die je nach Mächtigkeit und Breite ihres Tages-
ausstriches bald reicher bald weniger reich an Wasser sind.
Für besonders wassereich hielt man den Buntsandstein und dehnte
deshalb die Grenzen des Schutzbezirkes für die Wasserquellen
nach Möglichkeit bis zu seinem oberflächlichen sichtbaren oder
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 1904. 9
— 1232 —
vermuteten Ausstrich aus.
Nach unserer Auffassung sind zwar gewisse Schichten für
eine Wasserzirkulation geeigneter als andere, doch besteht überall
eine, wenn auch beschränkte Kommunikation der Wasserstockwerke
zunächst durch die Gesteinszerklüftung überhaupt una dann in-
folge größerer Verwerfungen.
Es ließ sich nachweisen, daß die hauptsächlichste Grund-
wasserzirkulation auf Spalten in den tieferen Schichten der Trias
verläuft, zunächst in den Spalten selbst, dann in ihrer
Längsrichtung innerhalb der von Spalten durchsetzten durchlässigen
oder zerklüfteten Schichten, vollständig unabhängig von den
geographischen Niederschlagsgebieten.
Die allein in der Beuthener Mulde beim Grubenbau gehobenen
Wassermengen würden, als Niederschlagswasser betrachtet, ein um
ein vielfaches größeres Niederschlagsgebiet erfordern, als tat-
sächlich vorliegt. In diesem Jahre, wo doch besonders in Ober-
schlesien ganz abnorme trockene Witterungsverhältnisse vor-
herrschten, haben sich die Wasserzuflüsse der tieferen (d. h.
mit der Oberfläche nicht unmittelbar in Zusammenhang stehenden)
Schichten fast nirgends gegenüber denen des ganz besonders
niederschlagsreichen Vorjahres verringert, mehrfach sogar gesteigert.
Die Grundwasserzirkulation bewegt sich vorzugsweise in Ver-
senkungsgebieten, wo heute oberflächlich auch die Dolomite des
unteren Muschelkalkes entwickelt sind.
Diese Tatsache führte nun zu einer besonderen Auffassung
über die Natur der Dolomite. | '
Ich machte vorhin auf die Unstimmigkeit der älteren Auf-
fassung aufmerksam, die innerhalb der sog. regelmäßigen Tarnowitz-
Peiskretschamer Mulde auf der einen Seite Schaumkalkbänke,
auf der andern Dolomite, die als geologisch gleichstehend und
einander auch durch Petrefakten-Führung etc. . . . entsprechend
längst erkannt waren, ruhig hinnahm. |
Den älteren Autoren ist stets die scharfe Grenzlinie zwischen
Dolomit und Kalkverbreitung aufgefallen, ohne dass sie eine Er-
klärung dafür hatten.
Nun, diese ist verhältnismäßig leicht zu geben:
Die Dolomite finden die Grenze ihrer westlichen Verbreitung,
wie auch die zahlreichen und, da die im Erzbergbau kundigen Bohr-
leute stets Dolomit leicht und sicher erkennen konnten, hierfür aus-
nahmsweise auch brauchbaren älteren Bohraufschlüsse beweisen, in
der Nähe der schon früher erwähnten Orlauer Störungszone. Die
Diploporen-Dolomite bei Wieschowa und Laband gehören einem
Jüngeren Horizont an; sonst sind westlich der Störung überall
Kalke angegeben und vorhanden. In Mikultschütz bei Zabrze
— BD) —
haben wir z. B. westlich der Chaussee die altberühmten Mikult-
schützer Kalke, östlich im Schacht der neuen Abwehrgrube, die
die Nähe der Störungszone durch die gewaltigen ihr zusitzenden
Wassermengen, welche dieser Störung folgen, empfinden mußte,
dagegen unvermittelt die Dolomite! Der gleiche scharfe Wechsel
ist bei Tarnowitz zu beobachten.
Es kann nun keinem Zweifel unterliegen, daß die Dolomite
nicht ursprügliche Ablagerungen sind, sondern daß sie
durch sekundäre Umbildung von Muschelkalkschichten
hervorgerufen wurden.
Die Umbildung hat von den erwähnten Spaltenzügen ihren
Ausgang genommen und ist durch eine intensive Grundwasser-
zirkulation, die noch heute im Bereiche der Dolomite in ihnen
und in den unterlagernden Schichten sich vollzieht, bewirkt worden.
Die Dolomitisierung beruhte in der Fortführung von kohlen-
saurem Kalk und in einer Anreicherung von kohlensaurer Magnesia,
die, in den unteren Partien der. Dolomite intensiver war als in
den oberen.
Natürlich setzte diese krankhafte dns der Gesteine
gewisse Vorbedingungen voraus; nicht jeder Kalkstein ist. in
gleicher Weise zur Umbildung geeignet; die tonigen Chorzower
Schichten widerstanden einer solchen vollständig. Die porösen,
leicht löslichen Mikultschützer und Karchowitzer Schaumkalkbänke
waren es in hohem Grade. Ein gewisser Magnesiagehalt mag
auch als ursprünglich vorhanden angenommen werden; wenigstens
lehrten uns weitere geologische Aufklärungsbohrungen nördlich
von Tarnowitz dolomitische Kalksteine mit Petrefakten kennen —
im Horizont der Dolomite — die alle Spuren ‘einer intensiven
Wasserwirkung und Umbildungserscheinungen und Übergänge in
Dolomit zeigten.
Das zusammenhängende Dolomitgebiet, welches z. B. die
ältere DEGENHARDTSche Karte zunächst nördlich Tarnowitz, dann
umschwenkend über Bibiella hinaus angibt, besteht, wie die neueren
Aufsehlüsse gleichfalls erwiesen haben, in Wirklichkeit nicht.
Die tatsächlich mehrfach vorhandenen kleineren Partien sind an
Verwerfungen gebundene Schollen.
Auch die Dolomitreste im südlichen Oberschlesien stehen
mit Verwerfungen, die auf galizischem Gebiete deutlicher hervor-
treten, in bestimmtem Zusammenhang.
Die weitgehende molekulare Umwandlung der Gesteine an
den erwähnten Spalten läßt nun andererseits natürlich heute das
Vorhandensein derselben kaum oder nur noch sehr schwer erkennen.
Die Dolomite sind also an Spaltensysteme gebunden und
durch die zirkulierenden Wasser aus besonders prädisponierten
9 *
— 1234 —
Kalksteinen umgewandelt worden, ihre Verbreitungsgebiete decken
sich noch heute mit solchen einer größeren Zirkulation von
Tiefenwassern. | er
‘An diese Dolomitisierung hat sich nun eine zweite und
weitere Umbildung des Gesteines angeschlossen, welche wir als
die erste oder primäre Erzführung ursprünglich
seschwefelter Metallverbindungen
bezeichnen.
Es ist Ihnen allen bekannt, daß die Dolomite der ober-
schlesischen Trias, von denen bisher die Rede war, erz-
führend sind. |
Den reichen Erzlagerstätten der Trias im Zusammenhang
mit der Nachbarschaft mächtiger Kohlenflöze dankt Oberschlesien
seine Entwicklung und Weltstellung.
Die sulfidischen Erzlagerstätten sind, wie ich ausdrücklich
betonen möchte, ausschließlich auf die Dolomite beschränkt.
Sie sind auf dieselbe Ursache, auf eine großartige Grund-
wasser-Zirkulation zurückzuführen.
Grundwasser-Zirkulation, Dolomitisierung und Ver-
erzung sind darum für uns untrennbare Begriffe geworden.
Die tektonischen Störungen waren die erste Ursache der
Grundwasser-Zirkulation, somit der Dolomitisierung und damit
wiederum der Vererzung der Gesteine. Die Gesetzmäßigkeit
dieser Störungen enthält gleichzeitig die Gesetze der Dolomit-
verteilung, der Erzverbreitung und der Grundwasser-Zirkulation.
Deshalb legten wir stets einen großen Wert auf die exakte
Feststellung von Verwerfungen im Bereiche der Erzlagerstätten.
Doch gestaltete sich dieser Teil der Arbeit nicht leicht und ein-
fach. Der Grubenbetrieb beachtete nur solche Verwerfungen, die eine
größere Ausrichtungsarbeit erforderten; kleinere übersah man,
es war auch wegen der an und in der Nähe der Spalten erfolgten
Umänderung der Gesteine vielfach unmöglich, dieselben über-
haupt in den Dolomiten wahrnehmen zu können.
Die Reichhaltigkeit des oberschlesischen Erzvorkommens,
der auch bei starken Verschwächungen, Verdrückungen und
Unterbrechungen der Lagerstätte immer noch lohnende Abbau,
die Unnötigkeit von eigentlichen größeren Aufschlußarbeiten im
(sestein führte begreiflicherweise zu nicht sonderlicher Beachtung
aller Unregelmäßigkeiten.
Es ist ferner zu berücksichtigen, daß die Kenntnis der
sulfidischen Lagerstätten erst eine Errungenschaft von verhältnis-
mäßig junger Zeit ist. Die Ausgangspunkte des oberschlesischen
Erzbergbaues liegen in Gebieten, in denen verschiedentliche Begleit-
umstände den wahren Tatbestand verdunkelten.
een
So ist es verständlich, daß unsere‘ ersten Ermittelungen
mehrfachen Zweifeln begegneten, die nun fast wesentlich behoben
sind — so ist es erklärlich, daß das gesamte ältere Riß)- und Profil-
material der Gruben für unsere Zwecke fast vollständig versagte.
. Der Zusammenhang von Verwerfungen mit dem Auftreten
der Erze steht für uns außer jeder Frage.
- Eine Erzführung ist nicht vorhanden, wo anstatt der
Dolomite die normalen schaumigen Kalksteine entwickelt sind;
sie tritt aber bereits ein, wo, wie in den oben erwähnten kleinen
Bohrungen nördlich von Tarnowitz, sich ein allmählicher Übergang
von schaumkalkartigen dolomitischen Kalken in Dolomite beob-
achten läßt. Hier sieht man in den betreffenden Bohrkernen
deutlich, wie die kleinen Spalten und Verästelungen und durch-
setzenden Sprungklüfte von Bleiglanz, Zinkblende und Schwefel-
kiespartikelchen erfüllt sind, die sich in größeren Hohlräumen
zu kleineren Klümpchen anhäufen!
Die Dolomitreste des südlichen Oberschlesiens weisen gleich-
falls Erzspuren, keine größeren Erzlagerstätten auf; letztere finden
sich nur da, wo besondere tektonische Verhältnisse größeren Mengen
von Erzlösungen langandauernde Zirkulation gestatten konnten.
Am intensivsten war dies in den großen Bruchgebieten der
Beuthener Gegend möglich gewesen, und daher häufen sich hier
die Erzlagerstätten in dichtgedrängter Verbreitung aneinander.
- ». Der Erzkörper bildet, um die Beobachtungen kurz zusammen-
zufassen, keine gleichmäßige, durchgehends verbreitete Schicht,
die in einer bestimmten Höhe über einer Basis sich befindet.
Gebiete starker Anreicherung wechseln unvermittelt mit
geringfügig erzführenden oder vollkommen tauben Partien.
| Es lassen sich gewisse Wechselbeziehungen zwischen der
Entwicklung der Erzlagerstätten und dem darunter liegenden
Karbon bereits jetzt erkennen, obschon die Aufschlüsse noch
wenig zahlreich sind.
Gestörte Karbon-Gebiete lassen über sich größere Erz-
anhäufungen voraussetzen!
Regelmäßig abgelagerte Schichten weisen auf arme oder
völlig taube Partien im Deckgebirge hin.
. Daß eine große, man darf sagen, die Mehrzabl der im
oberschlesischen Industriebezirk bekannt gewordenen Karbon-Ver-
werfungen auch den Zusammenhang der Trias-Schichten unter-
brochen hat, ist sicher und jetzt ebenso anerkannt, wie es noch
vor einigen Jahren mit Bestimmtheit abgeleugnet wurde!
An solchen, meist in nordsüdlicher Richtung verlaufenden
Verwerfungen findet ebensolche Erzanreicherung statt, wie an
den -hereynisch streichenden Randsprüngen.
u:
In deutlicher Weise sind die Verhältnisse im Felde der
Jenny Otto- und Fiedlersglück-Grube zu beobachten, wo der
gleiche Sprung, wie auf Rokoko durchsetzt! Die ausgestellten
Profile und Photographien, von denen die letzteren kürzlich dort
aufgenommen wurden und deren Benutzung für unsere Arbeit
durch das liebenswürdige Entgegenkommen des Herrn Bergrat
Remy ermöglicht worden ist, geben ein schönes und deutliches
Bild aller Einzelverhältnisse,
Parallel zu dieser an den Sprung gebundenen Ahreicheries
zone sind in allerjüngster Zeit sowohl westlich im Felde von
Jenny Otto und Neuhof, sowie östlich im Felde von Cäcilie
gleichfalls wesentliche Anreicherungen der Lagerstätte an Sprüngen
festgestellt worden.
Auch längs der auf 2800 m Länge durch Baue von
Samuelsglück und Blei-Scharley Ostfeld aufgeschlossenen Ver- |
werfung ist ein erhebliches Anschwellen der Erzführung er-
wiesen.
Daß diese Ver erfangsspaen die Zuführungskanäle für die
von unten aufsteigenden Erzlösungen gewesen sein müssen, ist
durch Beobachtung gleichfalls erwiesen.
Das Auftreten von Erzen in den Spalten selbst ist nicht
unbedingt für die Erklärung dieser Tatsache erforderlich, da die
Ausscheidungen erst in Gebieten größerer Ruhe abseits von der
im allgemeinen lebhaften Grundwasser-Zirkulation zu erfolgen |
brauchten!
- Aber auch diese Anzeichen sind vorhanden: Sowohl in der
Sprungkluft im Felde von Rokoko, wie in dem durch Fiedlersglück
und Jenny Otto durchsetzenden Teil der gleichen Verwerfung
sind mehrfach Erzkörper eingesprengt gefunden worden.
Die Bruchzone, die auf einem der Bilder dargestellt ist, ge- |
hört gleichfalls zu der Verwerfung; in den dem Hauptsprung
parallelen Klüften, die nach den anfänglichen Beobachtungen nur
mit Markasit erfüllt sein sollten, habe ich ausgiebig Bleiglanz
und Blende feststellen können. Die Verwerfung, die auf Maria-
Grube von der unteren zu der oberen Erzlage hinaufleitet, ist
gleichfalls mit Erz erfüllt.
Die obere Erzlage besitzt keine Niveaubeständigkeit und ist
nur eine an Sprünge gebundene Gelegenheitserscheinung! Wie
die großen Anreicherungen sich stets nicht weit von den Sprüngen
verfolgen lassen, ist auch die räumliche Verbreitung der oberen
Erzlagen von den Sprüngen aus keine große. Alle die in den ı
alten Profilen und Akten verzeichneten Anschwellungen der Erz-
lage, das „schlauchförmige Emporziehen* derselben ete. sind nichts
anderes als Anreicherungen an durchsetzenden oder ausgehenden
— 157 —
Sprüngen gewesen. GR
Eine Gesetzmäßigkeit der Erzausscheidungen, eine bestimmte
Reihenfolge zwischen Bleiglanz, Zinkblende und Markasit läßt
sich nicht ermitteln. Bei dieser Frage müssen die im Grund-
wasserbereich noch heute vielfach möglichen und tatsächlich er-
folgenden Neubildungen berücksichtigt werden.
Hinsichtlich der Frage nach dem Ursprung der Erzlösungen
sei nur nochmals auf den Zusammenhang der Dolomit-
verbreitung mit dem Vorkommen von produktivem Steinkohlen-
gebirge ınit mächtigen Flözen hingewiesen, ferner auf die sehr er-
hebliche Menge von Erzvorkommnissen im Steinkohlengebirge selbst.
Die Erscheinungen sind viel verbreiteter, als gewöhnlich an-
senommen wird. Wenn auch das gesamte Material noch nicht
gesammelt ist, so läßt sich doch schon jetzt übersehen, daß eine
Abhängigkeit der Erze, die auch in kompakten Massen auftreten,
von der Nähe durchsetzender Spalten unverkennbar ist, daß sie
sich sowohl in Sandsteinklüften, in zerrütteten Schiefertonen,
_ wie in Flözschlechten häufig in Begleitung von Schwerspat finden
und daß sie ferner auch da auftreten, wo keine Trias mehr das
Karbon bedeckt. Sie scheinen auch an die Nähe gewisser
dolomitischer Gesteine, die sich mehrfach bei Bohrkern-
Untersuchungen und in neueren Grubenaufschlüssen nach-
weisen ließen, gebunden zu sein und mit gleichzeitiger Anreicherung
von Toneisenstein zusammenzufallen.
Ganz besonders reich an Toneisenstein nicht nur in Form
von Sphärosideriten, sondern in abbaubaren Lagen sind die
Karbonschichten der Beuthener Steinkohlenmulde, wie ich gelegent-
lich der Untersuchung der Tiefbohrung auf Karsten Centrum-Grube
feststellen konnte, und wie sie neuerdings auf Preußen Grube
beobachtet worden sind. Die ungemeine Wichtigkeit dieser Tat-
sache für die Zukunft der oberschlesischen Eisenerzindustrie liegt
auf der Hand.
Daß die aufsteigenden Erzlösungen nicht im Dolomit Halt
machten, beweisen die Vorkommnisse im oberen Muschelkalk und
Keuper nördlich von Tarnowitz, wo die in Klüften nachgewiesenen
Erzpartikelchen zu zahlreichen Schürfbohrungen und zu der fälsch-
lichen Annahme eines ausgedehnten zusammenhängenden Erz-
dolomit-Gebietes Veranlassung gaben.
Die bisherigen Mitteilungen bezogen sich auf die primären,
ursprünglichen, auf die sulfidischen Lagerstätten.
Ich schickte schon einmal voraus, daß die Frage der ober-
schlesischen Erzlagerstätten sich nur deswegen etwas verwickelter
gestaltet hat, weil die ursprünglichen Abbaue von dem Aus-
sehenden der Lagerstätte in den Randgebieten ausgingen, die
— 126 —
einen anormalen Typus darstellen, sodaß man ein falsches Bild
des eigentlichen Vorkommens gewinnen mußte.
Nach Ahlagerung der ursprünglichen sulfidischen Erzlager-
stätten trat eine Summe von Erscheinungen in Funktion, durch
welche das Bild ganz erheblich verändert wird.
Auch bei diesen spielt die Grundwasserzirkulation wiederum
eine einschneidende Rolle.
Hier kommen in erster Reihe ii Randgebiete in Betracht,
die als Gebiete größter Erzanreicherung an den Störungen eine
sehr weitgehende Umwandlung erfahren haben und noch heute
im topographischen Bilde sich als große Auswaschungen erweisen.
Das Meer der Tertiärzeit verursachte naturgemäß weit-
gehende Schichtenzerstörungen, und auch die in jenes Meer ein-
mündenden Flüsse veränderten das Relief der Oberfläche ganz
erheblich, indem. sie weitverzweigte Systeme von Rinnsalen und
Schluchten schufen.
Die Spuren derselben sind noch heute, wenn auch nicht in
ununterbrochenem, so doch immer erkennbarem Zusammenhange
über weite Strecken hin zu verfolgen. |
Es sind trichterartige Einsenkungen oder länger gestreckte
Taschen, die an ihren Rändern von fluviatilem jung-tertiären
Material, eisenschüssigen abgerollten Sandsteinen, Sanden, Letten
erfüllt werden, welche jünger sind, als das marine Mittelmiocän.
Vor allem bergen sie aber die anderwärts meser une leicht
löslichen Eisenverbindungen! .
Dies sind die oberschlesischen Eisenerzlagerstätten, die sich
nunmehr aber nicht lediglich auf die Dolomite als auf den
ursprünglichen Sitz der geschwefelten Erze beschränkten, sondern
sich auch entsprechend der oberflächlichen Wasserzirkulation
jener Zeit weit über die normalen, nicht dolomitisierten Gebiete
der Chorzower Kalke erstreckten. Diese heute unterbrochenen
Rinnen sind generell in nordsüdlicher Richtung angeordnet.
Von diesen Eisenerzlagerstätten sind natürlich diejenigen zu
trennen, die in der Form des Eisernen Hutes primäre sulfidische
Erzlagerstätten bedecken und auf den Eisengehalt der Zinkblende
und den Markasit zurückgeführt werden müssen.
Verwickelt gestalten sich nun die Verhältnisse in den
senannten Grenzgebieten!
Hier erfolgte eine weitgehende Oxydation der in den Grund-
wasserbereich gelangenden geschwefelten Erze, die sich als erdige
Zinkkarbonate, als Galmei mit Weißbleierz und Brauneisen nicht
nur in den Randzonen anhäuften und hier das falsche Bild einer
Vereinigung von zwei Erzlagen hervorriefen, sondern sich auch
auf die benachbarten Kalkgebiete erstreckten und dort als weißer
— WITT —
Galmei Schlote und Taschen der Kalkstein-Oberfläche erfüllten.
Diese Ablagerungen sind aber nur auf die unmittelbaren
Randgebiete beschränkt; die Verbreitung der Eisenerze ist eine
weit allgemeinere. |
Die weitgehenden, noch heute im Grundwasserbereich
möglichen Umlagerungen und Neubildungen haben in diesen Grenz-
gebieten der reichsten Erzanhäufung ein Durcheinander geschaffen,
das nur schwer zu lösen ist.
Der Schlüssel liegt in den primären sulfidischen TE eeiäicten,
die wir auf das Schärfste von den später Sl anduen oxydischen
trennen müssen.
Deren Entstehung ist eine rein epigenetische, und die’ nach
dieser Auffassung, speziell nach dem Gesichtspunkt der gesetz-
mäßigen Abhängigkeit der Erzanreicherungen von den Verwerfungen
in letzter Zeit auf den Gruben Jenny Otto, Fiedlersglück und
Cäcilie durchgeführten Aufschlußarbeiten haben bereits ihre
Erfolge gezeitigt. %
Herr Freca sprach im Anschluß an Herrn MicHAerLs Vor-
trag über die nahen Beziehungen, die zwischen der. Geologie
Oberschlesiens und des Bakonywald- und Plattenseegebietes ins-
besondere in Bezug auf Rotliegendes und Röt bestehen. Beide
gehören dem Typus der Mittelgebirge an, in denen über einer
schwächer oder stärker gefalteten Basis ungefaltete, mit dem Rot-
liegenden beginnende Formationen lagern. In den ungarischen
Mittelgebirgen wie in Oberschlesien beginnt die Serie mariner
Transgressionen mit dem Buntsandstein; im Bakony mit der
unteren Stufe der Pseudomonotis Clarai, die von höheren Schichten
mit Tirolites cassianus und einem Grenzkalk mit Myophorıa
costata überlagert wird. Dieser kalkige, dolomitische Grenz-
horizont verbreitet sich über Krakau bis nach Oberschlesien und ist,
abgesehen von der Myophoria, durch eine überall häufige, kleine
Gervilleia (G. modiola FrecH) gekennzeichnet.
Herr BEYSCHLAG schloß sich den vorgetragenen Auf-
fassungen an.
Herr A. SAcHs bemerkt zu den en Borere und
MicHAeELs, daß er die Erzlagerstätten Oberschlesiens für epigenetisch,
aber im Gegensatz zu BeyvscaLac-MıicHAEL für Konzentrations-
produkte herabrinnender Sickerwässer halte. Die stellenweise zu
beobachtende Erzanreicherung an Klüften sei auch im katogenen
Sinne durch Einwirkung der Entgasungsprodukte der Steinkohlen
auf die herabsinkenden Lösungen zu erklären. Erzzuführung und
Dolomitisierung des Nebengesteines erfolgte, wie auch BeyscHLaG-
MicHAEL annehmen, gleichzeitig; in den oxydischen Erzen müsse
— 20 —
man jedoch entgegen der herrschenden Anschauung bei epigenetischer
Auffassung vorwaltend primäre Infiltrationsprodukte sehen.)
An der Erörterung beteiligte sich Herr BeyscaLag mit dem
Hinweise, daß für ihn die Bildung der dortigen Erzlagerstätten
durch aus der Tiefe auf Spalten auch durch die Karbonformation
aufsteigende Thermalwässer kein Zweifel sei: Das beweise die
Mineralführung der Klüfte im Karbon. Auch sei die Frage der
Genesis solcher Lagerstätten nur mit Hilfe der vergleichenden
Lagerstättenforschung und nicht unter Beschränkung der Be-
obachtungen auf Oberschlesien zu lösen. |
Herr DATHE überreicht der Gesellschaft die eben im
Druck vollendete Lieferung der von ihm aufgenommenen vier geo-
logischen Spezialkarten Rudolfswaldau, Langenbielau, Wünschelburg
und Neurode und gibt einen kurzen Überblick über die Geologie
dieses Gebietes.
Herr BEYSCHLAG dankte Herrn DArHE im N der Gesell-
schaft.
Herr R. MICHAEL (Berlin) sprach über neuere geolo-
gische Aufschlüsse in Oberschlesien.
Von den zahlreichen tieferen Aufschlüssen, die ich anläßlich
meiner dienstlichen Tätigkeit in Oberschlesien im Laufe der letzten
Jahre untersuchen konnte, sind einige in allerjüngster Zeit gemachte
von allgemeinerem nlenssse.
Es sind dies einige Tiefbohrungen, Kernbohrungen, oral
im Westen wie im Norden und Süden des oberschlesischen
Industriebezirkes, eine derselben liegt im äußersten Osten bereits
auf galizischem Gebiet; ein anderer wichtiger Aufschluß ist in-
mitten von Oberschlesien gemacht worden.
Oppeln. Es ist bekannt, daß im westlichen Teile von Ober-
schlesien im Bereiche der Nonne des niederen Gesenkes Kulm-
gesteine das produktive Karbon unterlagern.
Die weite Verbreitung kulmischer Schichten nach Nor ser
ist durch die Tiefbohrung auf dem Grundstück des städtischen
Wasserhebewerkes zu Oppeln nachgewiesen worden, über deren
Trias-Profil ich bereits früher berichtet habe. 5 £
Es ist hier ergänzend hinzuzufügen, daß die rötlichen Sand-
steine und groben Konglomerate, die in 510 m Teufe unter den
gipsführenden Röt-Schichten angetroffen wurden und als Rot-
liegendes aufzufassen sind, bis 636 m Teufe reichen und daß
danach bis 715 m Teufe die Schiefer und Grauwacken des
Kulm durchteuft werden. |
1) Vgl. Centralbl. f. Min. 1904. 8. 40-49.
—_ m
Dieselben sind gestört und steil aufgerichtet und zeigen die
Spuren intensiver Wasserzirkulation; aus ihnen entstammen aller
Wahrscheinlichkeit nach die reichhaltigen, unter der Trias im
Rotliegenden angetroffenen artesisch austretenden Wasserzuflüsse
der Bohrung, die lauwarme Temperatur besitzen.
Leschnitz. Die nächsten Aufschlüsse im Kulm sind dann
einmal durch eine etwa 500 m tiefe Bohrung unmittelbar östlich
der Stadt Leschnitz am Fuße des Annaberges gemacht worden,
deren Kerne ich vor vier Jahren untersuchen konnte, weiterhin
durch einige Schächte bei Zyrowa, zu deren Niederbringung falsche
Nachrichten über die Ergebnisse der Leschnitzer Bohrung Ver-
anlassung gegeben hatten.
Tost. Die Kulmklippen bei Tost sind seit alter Zeit als
äußerste Nordwestgrenze des oberschlesischen Steinkohlenbeckens
bekannt.
Verschiedene kleinere Kernbohrungen, die auf Veranlassung
der Geologischen Landesanstalt zur Aufklärung des Gebietes
zwischen Tost und Tarnowitz für die Zwecke der oberschlesischen
Wasserversorgung niedergebracht wurden, haben eine erheblich
weitere Ausdehnung des Kulm bis in die Nähe von Peiskretscham
erwiesen.
Polnisch Neukirch. Das weite Gebiet westlich der Oder
zwischen dem Odertale einerseits und den anstehenden Kulm-
schichten von Neustadt, Jägerndorf-Leobschütz andererseits ‚harrte
bislang noch der Klärung.
Eine im vergangenen Jahre 50 km südöstlich von Oppeln,
12 km unmittelbar südlich von Kosel-Kandrzin angesetzte Tief-
bohrung bei Polnisch-Neukirch hat gleichfalls in 175 m Teufe
Kulmschichten in vollkommen gestörter Lagerung angetroffen und
bis 208 m Teufe verfolst. Auf andere Ergebnisse dieser
Bohrung habe ich noch zurückzukommen.
Klein-Althammer. Das gleiche Ergebnis brachte eine
weitere Tiefbohrung bei Klein-Althammer, nördlich von Jakobswalde,
etwa 7 km südlich von Slawentzitz, - nahezu 10 km östlich vom
Odertale gelegen.
Hier wurden die kulmiscken Schichten : gleichfalls wieder in
steiler Lagerung bei 370 m Teufe festgestellt und bis 430 m
durchbohrt.
Alle diese Ergebnisse beweisen, daß die alte, als Grenze
des produktiven Steinkohlengebirges gegen Westen gezogene Ver-
bindungslinie zwischen den damals lediglich allein bekannten Eck-
punkten Tost und Hultschin tatsächlich der Wahrheit sehr nahe
kommt und daß die Hoffnungen, außerhalb des bereits durch Tief-
bohrungen geklärten Gebietes produktives Karbon zu finden, west-
lich dieser nahezu nordsüdlich verlaufenden Grenzlinie nur minimale
sein können. Fe
Georgenberg. Haben wir so im Westen unzweideutig Kulm
als Basis des produktiven Karbon — die Frage der Diskordanz
oder Konkordanz halte ich noch nicht für hinreichend geklärt,
da in dem allein in Frage kommenden Gebiet sichere Aufschlüsse
fehlen, obwohl eine Diskordanz beider Bildungen wahrscheinlicher
ist — festgestellt, so sind für eine Nordgrenze des oberschlesischen
Steinkohlenbeckens randlich heraustretende ältere Gesteine bislang
nicht bekannt geworden. Dagegen haben Bohrungen bei Bibiella,
Georgenberg, Zyglin in Oberschlesien und Oszarowice in
Russisch-Polen überraschenderweise permische Schichten von über
500 m Mächtigkeit festgestellt, deren Altersbestimmung durch
Kerne, die auf meine Bitte in einer der Zygliner Bohrungen
gezogen wurden, erfolgen konnte. Das Rotliegende war bereits
durch EBERT, später durch AutHans in älteren Bohrungen von
Bibiella, Friedrichshütte und Lassowitz festgestellt worden.
Kurzwald. Aus dem südlichen Gebiete außerhalb der
Grenzen Oberschlesiens liegen nicht viel neuere Ergebnisse. vor;
jedenfalls ist im Vorlande der Beskiden bei Bielitz trotz aller
Bemühungen das produktive Karbon bis jetzt nicht erreicht worden.
Die beiden Bohrungen von Kurzwald (386 m) und Ernsdorf bei
Bielitz (170 m), die ich untersuchen konnte, sind in der Kreide
stecken geblieben. eg! | TR iS
Brodla. Interessante Verhältnisse wurden im östlichen Rand-
gebiet nachgewiesen. , Eine 400: m tiefe Bohrung bei Brodla
durchteufte bis 43 m Jura, dann Rotliegendes, zuoberst Schichten
mit zwischengelagerten, Porphyrdecken und: Tuffen, von 200 m
abwärts dann lockere rötliche Sandsteine. |
Zalas. Es ist bekannt, daß das produktive Karbon auch
in Galizien entwickelt ist und daß sein östliches Vorkommen bei
Tenzynek: liegt.
Eine Tiefbohrung bei Zalas, südlich von Tenczynek, hat
Kulm erreicht, wie ich -kürzlich feststellen konnte; ebenso
erwiesen sich einige kleinere Partieen anstehenden Karbons südlich
der. Bohrung gleichfalls zum Kulm gehörig, der. somit zum
erstenmal aus dem östlichen Randgebiete in Galicien bekannt wird.
Ob dieses Vorkommen eine Kulminsel im produktiven Karbon
darstellt oder ob hier schon der Beckenrand vorliegt, kann aus
den bisherigen Aufschlüssen noch nicht sicher beurteilt werden.
Polnisch-Neukirch. Ehe ich auf den Aufschluß im Innern
des Beckens eingehe, möchte ich noch einmal auf die bereits erwähnte
Tiefbohrung von Polnisch-Neukirch zurückkommen und mitteilen,
daß diese Bohrung auch noch 50 km von Oppeln entfernt über dem
a
Kulm in 139--175 m Teufe die Oppelner Zementkalksteine
der Kreide angetroffen hat. Das Cenoman fehlt merkwürdigerweise,
wenn man nicht den zwischen 174 und 175 min 1 m Mächtigkeit an-
getroffenen glaukonitischen tonigen Sandstein dazu rechnen will.
Die- bekannten Versteinerungen des Oppelner Turon wurden
mehrfach gefunden. Gelbe mergelige Kalksteine darüber (von
128 —139 m Teufe) dürften zum Senon zu stellen sein.
Aber nicht nur diese Tatsache verleiht der Bohrung von
Polnisch-Neukirch ein besonderes Interesse, noch vielmehr das
durchteufte Tertiärprofil.
Von 114—128 m Teufe haben wir zweifelloses marines
Mittel-Miocän, den Tegel des oberschlesischen Industrie-Bezirkes
mit zahlreichen Versteinerungen vor uns, darüber liegt aber eine
über 100 m mächtige Schichtenfolge von Quarzsanden, Tonen zu
oberst, dann Glimmersanden, Flammentonen, Braunkohlentonen mit
Braunkohle, dann wieder Quarz und Glimmersanden bis zur Kreide,
die der sog. früher als oligocän angesprochenen subsudetischen
Braunkohlenformation angehört.
Das wesentliche jüngere, wohl obermiocäne Alter derselben
ist hier durch die direkte Auflagerung auf marinem Mittelmiocän
bewiesen.
Zawada. Gestattet so die Bohrung von Polnisch-Neukirch eine
Erweiterung unserer Kenntnisse für die Entwicklung der jüngeren
Tertiär-Schichten, so lieferte eine Bohrung südlich von Orzesche bei
Zawada ihrerseits einen wichtigen Beitrag über die Art der Ent-
wicklung des älteren Tertiärss,. Diese Tiefbohrung, wenig weit
von anstehendem Karbon entfernt, ist in eine abgesunkene Partie
zu stehen gekommen und hat das Karbon erst bei 820 m Teufe
erreicht; das Karbon wird von 28 m mächtigen Röt-Kalken mit
Myophoria costata überlagert. Das Deckgebirge besteht außer
Diluvium und jüngerem Miocän zunächst aus dem marinen Miocän
in der für Oberschlesien typischen Entwicklung, und zwar bis
587 m Teufe.. Dann wurde eine bisher in Oberschlesien nicht
bekannte, 205 m mächtige Schichtenfolge von Tongesteinen und
Sandsteinen erbohrt, die den oligocänen, Menilit-führenden Schichten
der Karpathen, typischen Karpathensandsteinen und Meletta-Schichten,
entsprechen. Sie haben eine Mächtigkeit von 205 m.
Was in unserem Nachbargebiet bisher mit vielem Kosten-
aufwand bisher vergeblich erstrebt wurde, die direkte Auflagerung
von Karpathen-Sandsteinen auf Karbon nachzuweisen, ist hier im
Herzen von Oberschlesien, über 40 km vom Nordrand der
Beskiden entfernt, überraschenderweise möglich geworden.
Zu erwähnen ist auch, daß das ältere Tertiär namentlich
zwischen 620—643 m Teufe eine sehr stark bituminöse Schichten-
— 144 —
folge aufweist und daß hier ähnliche Beobachtungen zu machen
waren, wie bei den Bohrungen Ernsdorf und Kurzwald; bei
letzterer wurde der Bohrturm durch die Entzündung ausströmender
Kohlenwasserstoffgase zerstört.
Die Verbreitung von Kohlenwasserstoften im Deckgebirge des
Karbons im südlichsten Oberschlesien ist eine ganz allgemeine
und vermag auch das in letzter Zeit in Steinkohlengruben
beobachtete Auftreten schlagwetterähnlicher Gase zu erklären, die
durch Verwerfungen aus oberen Schichten Zutritt in das Stein-
kohlengebirge fanden.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
v. w. 0.
BEYSCHLAG. FReEcH. BruHns.
Protokoll der Sitzung vom 17. September i904.
1. Protokoll der Sitzung des Vorstandes.
Vorsitzender: Herr JAEKEL.
Anwesend sind die Herren JAEKEL, JENTZSCH, ZIMMERMANN,
GAGEL, DATHE. a
Die nach den Satzungen $ 26 vorgeschriebene gemeinsame
Sitzung des Vorstandes und Beirates konnte nicht stattfinden,
weil von den diesjährigen Mitgliedern des Beirates mit Aus-
nahme des stellvertretenden Vorsitzenden des Vorstandes, der in
dieser Eigenschaft dem Beirat angehört, Niemand erschienen ist.
Der Vorsitzende teilte mit. daß der Beirat sich einstimmig
dafür ausgesprochen hat, daß die Abgabe des Generalregisters
an die mit der Gesellschaft im Austausch stehenden Vereine un-
entgeltlich erfolgen soll. Der Vorstand schließt sich diesem
Votum an.
Der Vorsitzende teilte ferner mit, daß sich die Mehrheit
des Beirates (alle fünf abgegebenen Stimmen) dafür angesprochen
hat, daß Vereine als Personen die Mitgliedschaft erhalten können,
und juristische Bedenken auf Grund der Satzungen nicht vorliegen.
Hierauf beschloß der Vorstand in dem gleichen Sinne.
Ein Antrag des Herrn Würrıns-Danzig, dem Geologischen
Institut der Danziger technischen Hochschule ein Exemplar
unsrer Zeitschrift kostenlos zu überweisen, wird schriftlich von
der Mehrheit des Beirats und einstimmig vom Vorstand abgelehnt.
Auf einen schriftlich eingegangenen Vorschlag des Herrn
von KoEnen, eine Einigung in der Rechtschreibung geologischer
Namen und Ausdrücke herbeizuführen, soll nach dem Antrag
— 15 —
des Vorsitzenden die Wahl einer Kommission der Allgemeinen
Versammlung vom Vorstand empfohlen werden.
Der Vorsitzende berichtete darauf über die Maßnahmen, die
zur besseren Unterbringung und Ordnung der Bibliothek not-
wendig sind und erlangt die Zustimmung des Vorstandes zu den
an die allgemeine Versammlung zu richtenden Anträgen.
Das Protokoll wurde vorgelesen und genehmigt.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
V. W. 0.
JAEKEL. DATHE. GAGEL. JENTZSCH. - ZIMMERMANN.
2. Protokoll der Allgemeinen Versammlung.
1. Geschäftssitzung.
Vorsitzender: Herr JAEKEL.
Der Vorsitzende eröffnete die Sitzung mit der Vorlage des
Jahresberichtes, den der derzeitige Vorsitzende der Gesellschaft
Herr Branco eingereicht hat und der folgendermaßen lautet:
Geschäftsbericht für das Jahr 1903 —1904.
Über die die Gesellschaft betreffenden Ereignisse des ab-
gelaufenen Jahres ist das folgende zu berichten:
1. Nachdem die Gesellschaft nun die Rechte einer juristischen
Persönlichkeit erlangt hat, ist derselben das Jacorsche
Vermächtnis in Höhe von 500 Mark ausgezahlt worden.
2. Infolge von Aufforderung des k. preußischen Kultus-
ministeriums wurde diesem ein Entwurf überreicht, in
welchem wir das Maß dessen, was an Geologie in den
Schulen, unserer Ansicht nach, gelehrt werden sollte.
eingehend dargelegt hatten. Eine Antwort ist darauf
nicht erfolgt, wird auch wohl, zunächst wenigstens, kaun
erfolgen, da unser Entwurf vermutlich nun den Schul-
behörden zur Begutachtung unterbreitet werden wird.
3. Unserer wertvollen Bibliothek könnte möglicherweise eine
Veränderung insofern bevorstehen, als sie das feuersichere
Unterkommen, das ihr in der geologischen Landesanstalt
seit langem in dankenswertester Weise zuteil wurde, mit
einem solchen in einem nicht feuersicheren, gemieteten
Hause vertauschen müßte. Es würde dann die Frage
entstehen, ob sie in einem solchen Falle nicht besser in
dem geologisch-paläontologischen Institute unterzubringen
sei, welches sich in dem feuersicheren Museum für
Naturkunde befindet. Die Hauptversammlung wird sich
— 16 —
für diese Eventualfrage schlüssig machen müssen, welche:
vom Vorstande bejahend beantwortet wurde.
4, Dem Beirate sind brieflich zwei weitere Fragen vorgelegt
worden, welche ebenfalls in Beziehung zur Bibliothek
stehen. Bezüglich des ersten dieser Punkte hat der
Beirat entschieden, daß das neu herausgegebene General-
register des ersten bis 5Oten Bandes unserer Zeitschrift
den Mitgliedern nicht umsonst, sondern gegen Zahlung
von 4,50 Mark abgegeben werden soll.
3. Bezüglich des zweiten Punktes ist der Beirat der Ansicht,
daß Vereine als persönliche Mitglieder aufgenommen
werden können; es erscheint indessen nötig, auch die
Hauptversammlung um ihre Zustimmung dazu zu befragen.
6. Die im vorigen Jahre erfolgte Einführung der Monats- |
berichtescheint, nach derZahl der für dieselben eingesandten
Arbeiten zu schließen, den Beifall der Gesellschaft ge-
funden zu haben. Im Laufe des Jahres 1903/04, von
der allgemeinen Versammlung in Wien bis zu der in
Breslau gerechnet, erschienen 10 Monatsberichte mit
20 Vorträgen und 23 kleineren Arbeiten. Dazu 5 Nach-
rufe auf v. ZıtTeL, Huyssen, BEUSHAUSEN, HILGENDORF
und v. Torr. Bis zur Allgemeinen Versammlung in
Wien, von Januar bis August 1903, waren 5 Monats-
berichte herausgegeben, wobei unter No. 1 die Monate
Januar bis April 1903 inkl. zusammengefaßt wurden.
Sie enthielten 26 Vorträge und 12 kleinere Arbeiten,
mit 26 Textfiguren.
. 7 Seit dem vorjährigen Geschäftsberichte erschienen 6 Viertel-
jahreshefte, und zwar Heft 3 und 4 des Jahrganges 1902,
Heft 1 bis 4 des Jahrganges 1903. Sie enthielten
26 Aufsätze, 26 briefliche Mitteilungen, 60 Vorträge.
Dazu sind 26 Tafeln und 123 Textfiguren mitgegeben.
Es wird neuerdings zu jedem Aufsatz oder Vortrag
die Zahl der Textfiguren beigefügt.
8. Die Zahl der an am 1. Januar
190 3heizur Fer N 50):
Im Jahre 1903 traten newseiner ae 16.
Es schieden aus durch Tod und Austritt 13 Mitglieder.
Die Gesellschaft hatte somit am
1. Januar 1904 462 Mitglieder.
W. Branco.
Herr DATHE als Schatzmeister der Gesellschaft legte den
nachstehenden Kassenbericht sowie den Voranschlag für das
nächste Geschäftsjahr vor:
— 147
Bericht
über den Vermögensstand der Deutschen geologischen Gesellschaft
am 81. Dezember 1903.
Kassenbestand
Der Bestand der Effekten bei der Deutschen Bank
beträgt nach der vorigen Rechnung .
Sao
Der Barbestand bei der Bank betrug nach der
Staffelberechnung Beleg 138
Wirklicher Vermögensbestand
am 31. Dezember 1903
SEM
KALE „55,
1.1053, MR 322Pr.
Voranschlag für das Jahr 1905.
Ausgaben.
I. a. Druck der Zeitschrift 3500 M.
b. Desel. für Tafeln . . 1800 „
es Monatsberiehte © ..'. 1200 „
d. Druck des Katalogs. 2000 „
ll. Bibliothek:
Per kKinbanden. . . 100. ;
b> fursReinieung!.. °. . 30,
@2 Beleuchtung i 2... 308,
II. Bureau- und Verwaltungskosten:
ar Gehälter. 3022.77. »1190) M.
b. Sonstige Ausgaben . 100 „
c. Porto u. Botenlöhne. 1250 „
IV. Jahresversammlung . . 100 „
Reserve ENTER 2000: 4,
11160 M.
Breslau, den 15. September 1904.
Einnahmen.
I. Mitglieder - Beiträge
I.
2.
b.
c.
460 x 20 M.
Verkauf der Zeit-
schrift An
Verkauf des 50.
Bandregisters.
Zinsen der im Depot
befindlichen Staats-
papiere und baren
Gelder
E. DATHE,
9200 M.
1400 „
200
360,
11160 M.
Schatzmeister der Deutschen geol. Gesellschaft.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 1904.
10
— 146 —
Im Auschluß hieran berichtete Herr MıtcH-Breslau zugleich
im Namen des Herrn Torngauıst-Straßburg, daß sie die ihnen
gestern übertragene Kassen- und Rechnungsrevision durchgeführt
haben und daß diese zu keinerlei Ausstellungen Veranlassung ge-
geben habe. Er stellte demnach den Antrag, dem Vorstand für
die Kassenführung Entlastung zu erteilen und Herrn DArTnE
für seine erfolgreiche Mühewaltung den Dank der Gesellschaft
auszusprechen. Die Versammlung stimmte dem zu.
Der Vorsitzende motivierte die gegenüber dem Voranschlage ein-
getretenen Mehrausgaben für die Monatsberichte mit der er-
freulichen Inanspruchnahme derselben seitens der Mitglieder zu
kürzeren Publikationen, machte aber darauf aufmerksam, daß die
Schnelligkeit des Druckes dieser Monatsberichte die Beigabe von
Tafeln ausschlösse und auch nur eine mäßige Verwendung von Text-
figuren gestatte.e. Er wies auch darauf hin, daß der Abdruck
brieflicher Einsendungen nur nach Maßgabe der zur Verfügung
stehenden Zeit und ihres Umfanges erfolgen könne und sonst
für die Vierteljahrshefte der Zeitschrift vorbehalten bleiben müsse.
Herr Vorwergc teilte mit, daß er einen Vorschlag bezüglich
der Versendung der Zeitschrift einreichen wolle, um dadurch eine
kleine Ersparnis herbeizuführen.
Auf Ersuchen des Vorsitzenden berichtete hierauf Herr JENTzZscH
als Archivar über den Stand der Bibliothek, deren Benutzung
seitens der Mitglieder und den Druck des neuen Bibliothek-
Kataloges. Er teilte mit, daß dieser bis zu dem Buchstaben B her-
gestellt wäre, und setzte Korrekturbogen zur Äusserung etwaiger
Wünsche seitens der Mitglieder in Zirkulation. Darauf legte er
den Bericht über die statutenmäßige Revision der Bibliothek vor,
die von den Herren JAEREL und J. Böhm vorgenommen ist.
Der Vorsitzende erbat und erhielt Entlastung dafür, daß
diese Revision diesmal versehentlich entgegen der Bestimmungen
der Statuten nur von zwei Mitgliedern des Vorstandes vorgenommen
wurde. Er begründete darauf die Notwendigkeit einer bedeutenden
Vermehrung der Schränke und auch der Bibliotheksräume. Der-
selbe teilte mit, daß Herr Branco als Direktor des geologisch-
paläontologischen Instituts sich bereit erklärt habe, im Falle einer
von ihm beantragten baulichen Erweiterung des genannten Institutes
die Bibliothek der Gesellschaft daselbst aufzunehmen, falls ihr in
der geologischen Landesanstalt selbst keine größeren feuersicheren
Räume zur Verfügung gestellt werden könnten.
Die Versammlung sprach dafür ihren Dank und ihre Zu-
stimmung aus.
Der Vorsitzende begründete darauf die Notwendigkeit, die
Regale der Bibliothek sehr wesentlich zu vermehren, sobald die
ge
Dislocation der Bibliothek vorgenommen werden könne, und bat
um die Zustimmung der Versammlung, daß in diesem Falle die
für die Bibliotheksverwaltung im Etat für 1905 vorgesehenen
Mittel überschritten würden.
Herr Vorwere stelite den Antrag: Falls für die geräumigere
Aufstellung der Bibliothek mehr Kosten erwachsen, als im Vor-
anschlag vorgesehen, so erteilt die Gesellschaft dazu im
Voraus ihre Zustimmung.
Herr Wıcamann stellt den Zusatzantrag: Es möchte gleich die
bestimmte Summe eingestellt werden. Dieser Antrag wird abgelehnt.
Der weitere Zusatzantrag des Herrn Darnur: Es möchte der
Zusatz als „erste Rate“ eingefügt werden, wird ebenfalls abgelehnt.
Der Antrag VoRWERG wird angenommen.
Der Vorsitzende teilte mit, daß das Generalregister an die
Mitglieder zum Preise von 4,50 M., an Vereine, die mit der
Gesellschaft im Austausch stehen, aber gratis abgegeben wird.
Der Vorsitzende erbat die Zustimmung der Versammlung
zu dem Wunsche des Vorstandes und Beirates, auch Vereinen als
Personen die Mitgliedschaft zu erteilen. Der Vorsitzende teilte dabei
mit, daß der Mitgliedschaft von Vereinen als Personen weder
juristische, noch Bedenken des Verlegers entgegenstehen.
Herr Brunns frug an, ab dieser Beschluß auch für Institute
giltig sei. Der Vorsitzende verneinte das.
An der Erörterung beteiligen sich noch die Herren VoRwWERG
und WıcHmann, und Herr VorwErG wünscht, daß die Sache
auf Grund der vorgebrachten Einwendungen an den Vorstand
zur nochmaligen Erwägung zurückverwiesen werde.
Herr Darnue machte darauf aufmerksam, daß durch den Aus-
weisungsparagraphen unbequeme Mitglieder ausgeschlossen werden
können, und dadurch diesbezügliche Einwände des Herrn VoRwERG
nicht mehr von Belang seien.
Herr JAEREL beantragte: Die Versammlung möge dem Antrage
des Beirats und Vorstandes, dal) Vereine die Mitgliedschaft er-
halten können, ihre Zustimmung erteilen und den Vorstand beauf-
tragen, Erwägungen darüber anzustellen, ob Instituten dasselbe
Recht eingeräumt werden könne. Dieser Antrag geht durch.
Der Vorsitzende legte einen schriftlichen Antrag v. KoENENS
über Einführung einer Rechtschreibung in der geologischen
Literatur vor und bat, eine Kommission, bestehend aus den
Herren v. KoENEN, ANDREAE, ZIMMERMANN, zur Feststellung
allgemeiner Regeln der Schreibweise zu ernennen.
Herr Darnz wünschte, daß die Vorschläge dieser Kommission
in den Monatsberichten möglichst bald mitgeteilt würden.
Die Herren Tornauıst und JAEREL befürworteten möglichsten
10*
— 10 ° —
Anschluß an die Nomenklatur der Zoologen. Die Versammlung
stimmte dem Antrage und den dazu geäußerten Wünschen zu.
Die Herren AnDREAE und ZIMMERMANnN nahmen die Wahl
in die Kommission an.
Für die nächste Versammlung lagen Einladungen nach
Koblenz und Tübingen vor. Auf telegraphische Anfrage in Kob-
lenz ist der Bescheid ergangen, daß Koblenz voraussichtlich auch
für 1906 seine Einladung aufrecht erhalten würde. Der Vor-
sitzende schlug vor, für 1905 Tübingen zu wählen. Dieser Vor-
schlag wurde angenommen.
Zugleich äußerte die diesjährigeVersammlung denWunsch, daß die
nächste Versammlung wennmöglich Koblenz für 1906 wählen möchte.
Als Geschäftsführer für Tübingen wurde Herr KokEn
einstimmig erwählt.
Zum Vorsitzenden für den wissenschaftlichen Teil wurde Herr
Hıntzs-Breslau gewählt.
Hierauf wurde das Protokoll vorgelesen und genehmigt.
V. W. 0.
JAEKEL. Frech. WYSOGÖRSKI. IÄEONHARD.
Herr JAEKEL gab darauf den Vorsitz an Herrn HıntzE ab.
2. Wissenschaftliche Sitzung.
Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten:
Herr Direktor SoBIREJ in Gogolin und
Herr Dr. Ing. Krrın, Münsterberg i. Schl.,
beide vorgeschlagen durch die Herren FRECH, NOETLING,
WYsoGöRskt.
Herr L. MILCH sprach über die Ganggesteine des
Riesengebirgs-Granites.
Neben der bekannten, den größten Teil des Riesengebirges.
im weiteren Sinne (des Riesen- und Isergebirges) bildenden Granit-
varietät, die G. Ross geradezu als Typus des Granitites auf-
gestellt hatte, spielen im östlichsten Teil, besonders der Gegend
von Jannowitz, wie frühere Untersuchungen des Vortragenden
ergeben hatten, mineralogisch und strukturell als aplitische
Konstitutionsfacies zu bezeichnende Gesteine eine hervor-
ragende Rolle. Durch alle denkbaren Übergänge sind sie mit
dem Hauptgestein verbunden; sie finden sich auch, bald scharf
begrenzt, bald allmählich in den „Granitit* übergehend, in den
von diesem herrschend zusammengesetzten Gebieten.
Der im Süden des Isergebirges vom Hauptgestein früher
abgetrennte sogen. echte Granit erwies sich durch.
mikroskopische Untersuchung als aus Biotitgranit sekundär her-
— 131 —
vorgegangen; es ließ sich nachweisen, daß der charakteristische
Musecovit teils aus Feldspat, teils aus Biotit entstanden ist. Ein
Unterschied zwischen „Granit“ und „Granitit“* besteht
somit für das Riesengebirge jedenfalls nicht.
Zu seinen noch nicht veröffentlichten Untersuchungen der
Ganggesteine übergehend, zeigte der Vortragende, daß die früher
schlecht aufgeschlossenen dunklen (basischen) Ganggesteine
einen sehr eigentümlichen Typus darstellen, der sich, ohne sich
mit ihnen zu decken, am besten mit gewissen basischen Malchiten
und Luciiten vergleichen läßt. Charakteristisch ist für diese
Gesteine Anreicherung an farbigen Gemengteilen, gewöhnlich
Hornblende, verbunden mit sehr reichlicher Feldspatführung, die
sich auch in dem sehr erheblichen Gehalt an Natron und Kali
ausdrückt. Diese Gesteine können daher durchaus nicht zu den
Lamprophyren gestellt werden; sie sind außerdem mineralogisch,
chemisch und strukturell mit den Granitporphyren dieses
Gebietes verbunden und sind somit als ein neuer Gesteinstypus
zu bezeichnen.
Zur Ergänzung des Vortrages wurde eine größere, systematisch
geordnete Sammlung von Handstücken und eine Analysentabelle
vorgelest.
An der Diskussion beteiligten sich die Herren Brunns,
DarHue und Mitcn.
Herr G. GÜRICH legte einige angeschliffene Gesteins-
stucke vor, die er als Belege für seinen auf der Naturforscher-
Versammlung, Abteilung für Geologie und Mineralogie, zu haltenden
Vortrag bezeichnete.
1. Zu Gneis umgewandelter injizierter Schiefer, Einschluß
im Granit von Qualkau am Zobten.
2. Zobten-Gabbro, durchsetzt von granitischem Aplit.
d. Striegauer Granit von Häslicht mit einer basischen
Knotenschliere, in deren Mitte sich ein Schiefereinschluß
befindet.
4. Basisches Ganggestein aus dem Riesengebirgsgranit mit
einem Schiefereinschluß von Fischbach.
Herr A. TORNQUIST sprach über die Trias auf Sar-
dinien und die Keuper-Transgression in Europa.
Die Trias - Gebiete des westlichen Mittelmeeres, in
welchen die Triasformation in der deutschen, außeralpinen Facies
entwickelt ist, bildet den Gegenstand der Untersuchung, welche
der Redner sich für mehrere Jahre zur Aufgabe gestellt hat.
Durch den Abschluß seiner Studien auf der Insel Sardinien ist
— 1532 —
der erste Abschnitt dieser Untersuchungen erledigt. Das ge-
wonnene allgemeine Resultat!) lautet: ;
Die Entwicklung der Trias in unserer deutschen, außer-
alpinen Entwicklung geht durch Südfrankreich bis weit ins west-
liche Mittelmeer hinein. Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper
unter Ausschluß des Rhät sind sicher bis in die Breite von
Gennamari (Breite von Cosenza in Calabrien) in außeralpiner
Entwicklung vertreten.
In Sardinien speziell ist die facielle Übereinstimmung mit
der Trias in Deutschland außerordentlich groß. Mit Ausnahme
der obersten Keuperschichten ist kein Schichtglied der großen
Triasserie mit der alpinen oder auch mediterran genannten Trias-
facies zu vergleichen. Erst die obersten Keuperschichten bekommen
gewisse Anklänge an die alpine Entwicklung, und erst im Rhät
tritt der Facieswechsel deutlich hervor. Damit stimmen auch
die fossilen Einschlüsse der verschiedenen Schichten überein;
auch diese sind alleine mit unseren deutschen Triasfossilien zw
vergleichen, und ganz sparsame alpine Faunenelemente finden
sich hier und da mit ihnen vereint. Es ist diese Tatsache bei
der Lage Sardiniens inmitten des westlichen Mittelmeeres sani>
eine nicht wenig überraschende.
Bei der beträchtlichen Entfernung von der im Norden der
Alpen entwickelten Trias ist es nun auch andererseits verständ-
lich, daß wohl die übereinstimmende Gliederung der Schichten
im Großen wiedererkannt werden kann, daß aber im Einzelnen
nicht die so auffällig gleichartige Gliederung der Trias bis in
kleinste Zonen, wie sie für viele Etagen über ganz. Deutschland
durchgeführt werden kann, hier in Sardinien wiederzuerkennen
ist. Schon die Mächtigkeitsverhältnisse sind wesentlich andere.
Was die Trias Sardiniens ihrem Wesen nach vor allem von
unserer Trias unterscheidet, ist, daß die einzelnen Schichten in
ihrer horizontalen Ausdehnung durch die Nurra, also in der ver-
hältnismäßig geringen Entfernung von etwa 40 Kilometer, nicht
unwesentlich ihre Ausbildung und Fossilführung verändern.
Die Fossilien der Triasablagerungen Sardiniens lassen sich
fast alle leicht auf unsere deutsche Triasarten zurückführen;
aber die meisten zeigen kleine, unwesentliche Abänderungen,
welche durchaus nicht zur -Aufstellung neuer Arten
berechtigen, aber interessante Varianten darstellen, welche, soweit
eine größere Anzahl von Exemplaren derselben Art vorliegen,
jun Sardinien ganz konstant sind. Die paläontologische Unter-
') ausführlich publiziert: Sitz.-Ber. Kgl. Preuss. Akad. d.
Wiss. 1904 38. unter dem Titel: Die Gliederung und Fossilführung-
der außeralpinen Trias auf Sardinien.
— 153 —
suchung dieser Fossilien, welche ich jetzt im Zusammenhang
vornehmen werde, wird sich also im wesentlichen auf die Fest-
stellung dieser geringen Abweichungen erstrecken.
Der Buntsandstein ist etwa 50 m mächtig und besteht in
seinem unteren und mittleren Teil aus roten, lockeren, auch ent-
färbten Arkosesandsteinen. Der obere Teil setzt sich dagegen
aus Konglomeratbänken und einem Gipslager zusammen, dessen
Reste noch in Gestalt von Gipsresiduen, welche in gelber Dolomit-
erde liegen, erkennbar sind. 20 m unter der Muschelkalkgrenze
treten Konglomeratbänke mit Schiefer-- und Quarzbrocken auf,
welche augenscheinlich aus dem zerstörten alten Gebirge der
Unterlage stammen; in diesem Niveau befinden sich auch rote,
sandige Letten und weiße Sande.
Eine Parallelisierung der tieferen Buntsandsteinstufen Sar-
diniens mit bestimmten Stufen des deutschen mittleren und
unteren Buntsandsteines ist nicht möglich. Ihre Ausbildung dürfte
am Rande des im Osten vorhanden gewesenen Kontinentes (der
ungefalteten Zone) eine ziemlich lokale sein.
Wichtig für die Gliederung des Muschelkalkes ist in
erster Linie die Ausbildung des mittleren Muschelkalkes in ganz
Sardinien als ziemlich geschlossener Komplex von festen Dolomit-
bänken. Diese meist zerfressenen und löcherigen Dolomite konnte
ich am Mte. S. Giusta zuerst stratigraphisch festlegen und sie
mit dem bisher als tertiär angesehenen „Lacchitus-Dolomit“ bei
Gennamari parallelisieren. In gleicher Ausbildung zeigt sich diese
Stufe bei Alshero.
Unter und über diesem Dolomit befindet sich ein durch
Fossilien gekennzeichneter, ziemlich mächtiger Kalkkomplex, der
untere und der obere Muschelkalk.
Der Gesteinscharakter des unteren Muschelkalks ist gewissen
Bänken des deutschen Muschelkalks zum Verwechseln ähnlich.
Eine reich gegliederte und durch reichere Fossilführung aus-
gezeichnete Schichtfolge der sardischen Trias stellt der obere
Muschelkalk dar.
Südlich Alghero besitzt derselbe eine Mächtigkeit von etwa
27 m. Es sind dort zwei Fossilhorizonte vorhanden, welche
beide nodose Ceratiten enthalten; der untere Nodosen-Horizont
befindet sich etwa 8 m über dem mittleren Muschelkalk, er ist
selbst etwa 7 m mächtig; der obere Nodosen-Horizont folgt im
Hangenden in einem Vertikalabstand von etwa 12 m von dem
unteren in einer Mächtigkeit von 6 m. Der untere dieser Hori-
zonte besteht aus festen, blauen Kalken; der obere Horizont
setzt sich aus mergeligen Kalken und Mergeln zusammen; im
mergeligen Horizont liegen Ceratiten, welche einem höheren
— 1534 —
deutschen Nodosus-Horizont entsprechen. Der Schichtkomplex,
welcher diese beiden Nodosen-Horizonte enthält, ist als eine obere
Stufe des oberen Muschelkalks einer tieferen, etwa 8 m mächtigen,
fossilleeren Stufe gegenüberzustellen, welche man trotz des Fehlens
von Resten von Enerinus lihtrformis unserem Trochitenkalk in
Deutschland gleichstellen muh.
Alghero. Mte. Santa Giusta.
= ı steinmergelartige
Keuper dolomiisehe Me ee
Terebratelbänke ?
Kalkknollen in
EB Mergeln
(oberer No-
dosus-Hori-
zont)
feste Kalke und | Tonige Kalkplatten mit
ata, Terebratula
£ u rer - ;
2m (unterer No vulgaris u. S. W.
dosus-Hori-
zont)
Gervillienbänke
= Aquivalent des deut- ]0m} Rhizokorallien- | sog. Rhizokorallien
= schen Nodosus- | kalke
< _ Horizontes ?
<S 97 $ Knollenkalkemit feste, blaue und
E \ Mergeln graue Kalk-
z Rhizokorallien- Bar ur
© alkesn Ne: 5m} erinus hilufor-
= dasen | mis, Lima stri-
oO
feste grobe Bänke
eines hie und da
löcherigen, blau-
‘en Muschelkalks
ohne Fossilien.
Aquivalent des deut- e |
schen Trochiten- Kalkbänke 10m
kalkes 7 ms gelbe Steinmergel
feste Kalkbank
dolomitische Mergel | dolomitische Mergel-
; des mittleren Muschel- | platten des mittleren
| kalks Muschelkalks
I
Eine weitere sehr bemerkenswerte Form dieses Horizontes
ist Protrachyceras longobardicum, ein Ammonit der alpinen Trias-
facies, welcher sich im Esinokalk (alpines Äquivalent des oberen
Muschelkalks und unteren Keuper) gefunden hat. Die Invasion
dieser alpinen Form inmitten der im übrigen ganz außeralpin
entwickelten Fauna des sardischen Muschelkalks ist ja nichts so
sehr Erstaunliches; sie ist unter dem gleichen Gesichtspunkte zu
betrachten wie die seltenen, aber gelegentlich auch in Deutsch-
land im Muschelkalk auftretenden alpinen Faunen-Elemente. Von
Wichtigkeit sind die Funde nur zur Parallelisierung der außer-
alpinen und alpinen Horizonte. Das Auftreten des Protrachyceras
— 15 —
Jongobardicum bei Alghero zusammen mit dem Ceratites Münstert
stimmt aufs beste überein mit dem Vorkommen desselben
Ceratiten mit zahlreichen Arpaditen vom Esinotypus in den
oberen „Buchensteiner Schichten“ des Vicentin. Es wird damit
bewiesen, daß die Äquivalente des deutschen Nodosuskalkes zu-
sammen mit anderen Horizonten bei Esino im Esinokalk ver-
treten sind und daß der sardische obere Nodosen - Horizont dem
alpinen oberen „Buchensteiner Niveau“ äquivalent ist.
Der Keuper beginnt über den mergeligen Kalken des
oberen Muschelkalkes in Form gelber und grauer, weicher, dolo-
mitischer Mergel, welche irgend welche besonders auffällige
Bänke südlich Alghero nicht zeigen. In der höheren Region
des Keupers stellen sich sodann die typischen, dolomitischen
Mergel ein, in denen Steinmergelbänke auftreten, genau so wie
in Deutschland. In den mittleren Keuper ist der ganze Komplex
von Keuperschichten zu stellen, welcher am Mte. Zirra aufge-
schlossen ist. Unten an der Cuili Zirra sind weiche, dolomitische
Mergel mit Steinmergelbänken und fast reine Dolomitbänke frisch
aufgeschlossen, welche ihrem Aussehen nach vollständig unseren
Keupermergeln gleichen; dieselben dürften, wie das folgende
Profil zeigt, der unteren Abteilung unseres mittleren Keupers
entsprechen, also dem Salzkeuper mit den festen Estherien-
bänken im Hangenden. Steigt man das sich bei Cuili Zirra
öffnende Tälchen hinan, so zeigt sich, daß die Mergel alsbald
Die Schichtenfolge ist folgende:
Außeralpines in: „Alpines
Aquivalent Schichtenfolge Aquivalent
feste, oolithische Kalkbänke voll Fossilien Lias
Korallenkalke (Lithodendronkalke) oe
mit Hydrozoen, Zweischaler, Gm den
daris u.s.w., gelbe, fossilleere Kalke =“
und feste Steinmergel, z. T. brec- |Hauptdolomit
20 m feste, z. T. kristalline Dolomite
| eiös und zellig
Steinmergel-
keuper 1 m knollige Einlagerungen von groß-
kristallinem Kalk (Residuen von|
Gips) auch Caleit
1}
etwa 10 m feste graugrüne, dolomitische
ar e] | Steinmergelbänke, zu unterst gelb ver-
5 witternd mit Fossilresten
2 etwa 30 m weiße, blaugraue, dolomitische
nr Mergel mit vielen festen, fast reinen Dolo-
De lekeiper miten und dolomitischen Steinmergel-
p bänken.
EI
fester werden, und eine etwa 10 m mächtige Folge fester Stein-
mergelbänke ganz vom Habitus unserer deutschen steht in Felsen
am Wege an. In dem unteren Komplex dieser Schichten fand
ich einige mäßig erhaltene Schalen von Zweischalern, unter
denen sich eine berippte Myophoria und vielleicht eine Corbula
befinden dürften. Diese Bänke zeigen durchaus den Habitus des
linksrheinischen Hauptsteinmergels. Darüber folgt ein Horizont,
welcher deutliche Auslösungserscheinungen zeigt, in Form roter,
gsroßkristallinischer Kalk- oder Caleitknollen; hier dürfte ein aus-
gelöster Gipshorizont vorhanden gewesen sein, welcher dem Gips
über dem Hauptsteinmergel entspräche, und nun stellen sich sehr
feste Steinmergelbänke, z. T. reine Dolomitbänke ein, welche in
letzterer Ausbildung dem alpinen Hauptdolomit absolut gleichen,
während die mehr tonigen Lager dem süddeutschen Steinmergel-
keuper entsprechen. Dieser ziemlich mächtige, felsige Horizont
ist eine sehr auffallende Bildung, bei der man teils an die
deutschen Steinmergel, teils an den alpinen Hauptdolomit erinnert
wird. In diesem Horizont geht auch in der Tat der Facies-
wechsel von der außeralpinen zur alpinen Facies vor sich, denn
was jetzt im Hangenden folgt, hat keinerlei Ähnlichkeit mit
unserem Rhät, sondern kann schon wegen seiner rein marinen
Fossilführung nur eine pelagische Bildung sein, in ähnlicher
Facies wie uns das Rhät in den Alpen entgegentritt. In dieser
Facies, und zwar nur in dieser rein pelagischen Facies, ohne
irgend einen Rückschlag in die außeralpine Facies, sind dann
die ganzen sehr mächtigen Jura- und Kreidesedimente der Nurra
entwickelt.
Durch den Nachweis, daß der Facieswechsel, d. h. der
Einbruch des rein marinen, offenen Meeres über Westsardinien
in der jüngsten Zeit des Steinmergelkeupers eintrat, gewinnt
dieses Profil am Mte. Zirra eine weitgehende Bedeutung, und
dürfte in ihm die Lösung dieser interessantesten und wichtigsten
Frage stratigraphischer Natur, welche bezüglich der Sedimente
Sardiniens bestand, gegeben sein.
Diese Transgression des Triasmeeres zur Zeit des
Hauptdolomits bezw. Steinmergelkeupers, welche in
Sardinien durch den Ausbruch des offenen Trias-Meeres von
Osten her über das in Westsardinien vorhanden gewesene, ab-
gesperrte Triasmeer des außeralpinen Muschelkalks und Keupers
in die Erscheinung tritt, stellt aber offenbar ein Ereignis dar,
welches auch in weiten Gebieten Europas seine Spuren
hinterlassen hat.
Redner hatte im verflossenen Sommer Gelegenheit, den Röti-
dolomitzug zu studieren, welcher sich in den Engelberger Alpen
—- 190
vom Ful des Titlis um die Spannörter herum über den Surenen-
paß bis in Erstfelder Tal hinzieht. Die petrographische Über-
einstimmung dieses mit so außerordentlich beständiger Gesteins-
entwicklung ausgebildeten Sedimentes mit dem Hauptdolomit
ähnlichen Steinmergelkeuper Westsardiniens ist eine absolute.
Leider sind in dem ganzen Komplex dieser Rötidolomite, der
unterlagernden Sandsteine und der „Verrucano*-Konglomerate
bisher keinerlei Fossilien gefunden worden, welche ihr Alter
bestimmt erkennen ließen, nur die Überlagerung des Rötidolomits
durch oberen Lias ist festgestellt und kürzlich von ToBLer!)
genauer verfolgt worden. Ich möchte mich bei der ganz erstaun-
lichen petrographischen Übereinstimmung dieses Rötidolomits mit
dem Keuperdolomit Sardiniens voll und ganz der alten Auffassung
anschließen und den Rötidolomit als ein Äquivalent des Haupt-
dolomits und Steinmergel-Keupers ansprechen. Er dürfte seine
Entstehung haben in einer von Süden, aus dem offenen Triasmeer des
Mittelmeergebietes, her erfolgten Transgression über die Festlands-
barre, welche dieses Gebiet nach Norden hin von dem der außeralpinen
Trias trennte. Diese Transgression dürfte mit derjenigen in
Sardinien synchron gewesen sein und zum Absatz des gleichen
Dolomits geführt haben. Ein gewisses Analogon ist in der Trans-
gression, dem Auftreten, des Hauptdolomits über dem alten Gebirge
der zentralen Ostalpen zu erbliken, ‚welche beispielsweise von
Frech am Brenner erkannt wurde.
Aber auch in unserem deutschen Keuper stellen wohl die
Steinmergelhorizonte Zeiten vorübergehender Ausbrüche des offenen
Meeres über das bisher fast abgeschlossene Triasmeer Deutsch-
lands dar. Zur Zeit des Hauptsteinmergelkeupers ist hier ein
besonders energischer Vorstoß des pelagischen Meeres zu erblicken.
Unser Hauptsteinmergel und der mediterrane Hauptdolomit er-
scheinen dadurch als äquivalente Bildungen. Die deutlichste
Einwirkung dieser offenmarinen Ausbrüche prägt sich bei uns
durch die Einwanderung einer der marinen sehr nahe stehenden
Keuperfauna aus. In dem Horizont der Bleiglanzbänke stellt sich
bei uns plötzlich Myophoria Keferstein? Mxstr. (Hüttenheim
i. Franken) ein, welche mit der alpinen Form des Raibler
Niveaus vollkommen übereinstimmt. Mit dieser Ingression tritt
noch eine andere Form der Raibler Schichten, Corbula Rosthornt,
auf. Diese alpinen Faunenelemente liegen bekanntlich nur ca.
35 m über dem Grenzdolomit, in welchem eine rein außeralpine
Fauna, vollständig vom Charakter unserer Muschelkalkfauna ver-
!) Über die Gliederung der mesozoischen Sedimente am Nordrand
des Aarmassivs. In: Verh. d. naturf. Ges. Basel. 1897. S. 28 £.
— 158 —
gesellschaftet ist. Untergeordnete Einbrüche treten dann in
höheren Keuperschichten noch verschiedene ein, um dann im
Hauptsteinmergel ihr Maximum zu erreichen. Sollte sich die
kleine Gervillia, welche ich vor Jahren in den Steinmergelbänken
des Wienberges bei Göttingen gefunden habe, und vielleicht auch
die sogen. „Perna“ keuperina, bei genauer Betrachtung!) als
Verwandte der Gervellia exilis, der Leitform des Hauptdolomits,
herausstellen, so wäre auch hier nicht nur der Charakter des
Steinmergelkeupers, sondern auch seine nahe Beziehung mit
dem Hauptdolomit sicher festgestellt.
Von den Verhältnissen auf Sardinien ausgehend, können wir
demnach auch auf dem europäischen Kontinent über weite Gebiete
jetzt eine bemerkenswerte Erscheinung überblicken, welche ein
wichtiger Zug in den Geschehnissen zur Triaszeit darstellt —
die Transgression zur obern Keuperzeit, der große Aus-
bruch des offenen Meeres des Hauptdolomits über die nördlich
und westlich umrandende Festlandsbarre und über das dahinter
gelegene fast abgeschlossene Triasmeer, in welchem sich bis dahin
nur Sedimente von rein außeralpinem Habitus abgesetzt hatten.
Zur Erläuterung legte der Redner einige sardische nodose
Ceratiten, Hydrozoen und andere Triasfossilien vor.
Herr FRECH knüpft hieran einige Bemerkungen.
Hierauf wurde die Sitzung geschiossen.
v. W. 0.
JAEKEL. HinTze. ZIMMERMANN. Brunns. LEONHARD.
WYSOGÖRSKI.
Protokoll der Sitzung vom 13. September 1904.
Vorsitzender: Herr NIEDZWIEDZKI.
Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten:
Herr Bergassessor GEISENHEIMER in Breslau,
Herr Oberbergamtsmarkscheider Jaur in Breslau,
Herr Bergbaubeflissener K. FLegeL in Breslau,
vorgeschlagen durch die Herren FrrcH, Scupın und
WYSOGÖRSKI.
Herr Rechtsanwalt GRÜNBERGER in Breslau,
vorgeschlagen durch die Herren FrecH, ToRNQuısT
und WYsoGörskı.
') Was jetzt in Straßburg sofort erfolgen soll.
-——- 159 —
Herr OTTO JAEKEL sprach über neue Wirbeltier-
funde im Oberdevon von Wildungen.
An den alten Fundstellen der Ense!) bei Wildungen, wo seit
längerer Zeit auf den Halden der Kalksteinbrüche gelegentlich
Placodermenreste gesammelt wurden und durch Herrn von KoEnen
die erste Beachtung und dankenswerte Beschreibung gefunden
hatten?), habe ich im Laufe der letzten Jahre gründliche Auf-
sammlungen veranlaßt, durch die ein fast überwältigendes Material
von Fischformen, namentlich Placodermen, zusammengebracht worden
ist. Die Aufsammlung, die sich leider der Kosten wegen auf
die Ausbeutung der zu Tage tretenden Schichtenköpfe beschränken
mußte, wurde mit dankenswertem Eifer von Herrn Hkınrıch
STRACKE in Wildungen besorgt. Die sehr reichen Materialien,
die hierdurch in das Berliner paläontologische Museum gelangten
und mir durch die Güte des Herrn Geheimrat BrAanco zur Ver-
fügung standen, wurden für meine Untersuchungen noch dadurch.
erheblich bereichert, daß mir auch die Direktion der geologischen
Landesanstalt in Berlin ihre wertvollen Sammlungen dieser Reste
zur Bearbeitung lieh, und ebenso die Herren Professoren
A. v. Kornen-Göttingen, E. Kayser-Marburg, HoLzArreL-Aachen
und Warpschmipr-Elberfeld das in ihren Sammlungen befindliche
wertvolle Material nach Berlin sandten. Mein aufrichtiger Dank für
dieses gütige Entgegenkommen erhöht sich noch dadurch, dab
mir alle genannten Förderer dieser Untersuchungen auch eine
sachgemäße Präparation der Stücke gestatteten. Nur dadurch
war es mir möglich, über die von den früheren Forschern er-
zielten Ergebnisse hinauszukommen und fast jede der vorkommenden.
Formen in ihrem Skeletbau und dessen einzelnen Teilen klar-
zustellen. Wie schwierig sich freilich diese Präparation gestaltete,
läßt sich daraus ermessen, daß bei der Entfernung der Knochen-
reste zur Schaffung klarer Negative jedes winzige Sternchen der
feingegliederten Skulptur der Knochen einzeln mit der Nadel
unter 580— 40facher Vergrößerung freigelegt werden mußte.
Die wissenschaftlichen Ergebnisse dieser noch lange nicht
abgeschlossenen Untersuchung sind in verschiedener Hinsicht als
!) Ein Teil derselben wird als „die Hauern“ oder „die Haagern“
bezeichnet. Über die Stratigraphie dieser Fundstelle siehe: E. WALD-
SCHMIDT, Über die devonischen Schichten der Gegend von Wildungen.
Diese Zeitschr. 37. 1885 S. 906. — A. DENCKMANN, Zur Stratigraphie des.
Oberdevon im Kellerwald und den benachbarten Gebieten. Jahrb.
Kgl. Preuß. geol. L.-A. Berlin 1894.
2) A. v. KoEnen, Beitrag zur Kenntnis der Placodermen des
norddeutschen Oberdevon. Abh. d. Kgl. Akad. d. Wiss. 30.
Göttingen 1883 — Über einige Fischreste des norddeutschen und
böhmischen Devons. Ebenda 40. Göttingen 1895.
— 10 —
recht erfreulich zu bezeichnen. Um zunächst eine Vorstellung
von dem Umfang der Fauna zu geben, erlaube ich mir anzu-
führen, daß bis jetzt 12 Gattungen von Placodermen ge-
funden sind. die zahlreiche Arten umfassen und sich auf mehrere
Familien der Coccostei verteilen. Durch diese Formen, die mir
größtenteils so vollständig vorliegen, daß ich ihr gesamtes Skelet
restaurieren kann, wird naturgemäß die Kenntnis dieser alten,
äußerst interessanten Wirbeltiertypen sehr wesentlich gefördert
werden können. lch bemerke, daß selbst innere Skeletteile wie
das verkalkte Knorpeleranium mit dem Hinterhauptgelenk, Blut-
gefäßeindrücken und Nervenkanälen freigelegt werden konnten. !)
Es liegen mir ferner vor mehrere Exemplare des bereits
von mir beschriebenen Ramphodus tetrodon JxrL.. von dem ein
neues Fundstück auch rudimentäre palatinale Zahnplatten und
andere gänzlich unerwartete Skeletteile zeigt. Ebenfalls zu den
-Chimaeren, aber nicht zu obiger Form dürfte ein Rückenstachel
gehören.
Ein vollständiger, ausgezeichnet erhaltener Kopf mit
Kiemenskelet eines Dipnoers ist mir von Herrn Professor
WarpschHmipr in Eiberfeld freundlichst zugesandt worden. Derselbe
dürfte in die nächste Verwandtschaft von Cherrodus Pander ge-
hören. Herr R. TrAaavAır sprach mir auch mündlich seine An-
sicht aus, daß das von ihm als Gonorhynchus beschriebene
Schnauzenfragment dem gleichen Typus angehören dürfte.
Von Ganoiden liegen vor:
Mehrere Exemplare eines Coelacanthiden, der vielleicht
mit Glyptolepis Traquairı v. Korn. ident sein könnte und von
dem ein Exemplar auch den Steinkern der Gehirnkapsel und des
Neuralrohres zeigt; ein ziemlich vollständiges, allerdings in seine
Knochen zerfallenes Skelet eines Onychodus, durch das die
!) Ich las bei Niederschrift dieses Berichtes, daß Herr R. EASTMAN
in Cambridge Mass. meine Angaben über die Organisation der
Coccosteiden in mehrfacher Hinsicht berichtigen zu können glaubt. Der
wichtigste dieser Einwürfe geht dahin, daß die von mir als Becken
von Coccosteus beschriebenen Skeletstücke in Wahrheit dem Flossen-
skelet ihrer Ventralia angehörten. Er hätte das an einem Exemplar
des Pariser Museums gesehen, und darüber sei kein Zweifel. Ich
wünschte, daß Herr EAsSTMmAn einmal Gelegenheit genommen hätte,
sich von dem Unterschied zu überzeugen, der die von mir präparierten
Exemplare anmorphologischerKlarheit gegenüber unpräparierten Stücken,
wie sie ihm wohl vorgelegen haben, auszeichnet; aber auch wenn er
(diese Mühe zu seiner Information scheute, hätte er mir doch wohl
so viel Kenntnis des Skeletbaues der Wirbeltiere und so viel Gründ-
lichkeit der Untersuchungsmethode zutrauen können, daß ich ein
ua gebautes Becken von einem Flossenstrahl unterscheiden
ann.
— Ii1 —
Kenntnis dieser problematischen, übrigens durchaus eigenartigen
Fischform wesentlich gefördert werden dürfte. Besonders er-
wähnt sei, daß die wunderbaren, bisher als intermandibular ge-
haltenen Zahnkränze paarig am Oberkiefer lagen und als Prämaxillen
zu deuten sind. Außerdem liegen auch noch Skeletteile eines
kleineren Onychodonten vor.
Ein fragmentärer Schädel von langgestreckter Form mit
zahlreichen schmalen Skeletstücken dürfte wohl am ehesten noch
bei den Sturionen unterzubringen sein.
Meine Hoffnung, auch hier Reste von devonischen Land-
wirbeltieren zu finden, mag insofern kühn sein, als die betreffende
Schicht nicht am Ufer, sondern in größerer Meerestiefe gebildet
ist. Immerhin gebe ich die Hoffnung noch nicht auf, daß ge-
legentlich ein verschleppter Tetrapode vom Ufer her hierhin ge-
langt sein könnte und bei weiteren Sammlungen doch noch zu-
tage kommen wird. Gerade die Organisation der Placodermen
spricht deutlich für eine Abstammung der Fische von älteren,
uns bisher noch unbekannten vierfüßigen Landwirbeltieren. Über
solche positive Auskunft zu erlangen, scheint mir jetzt das
brennendste Desiderat für die Stammesgeschichte der
Wirbeltiere, denn die theoretischen Ansichten, die
man sich bisher ausschließlich auf embryologischer
und vergleichend anatomischer Grundlage der lebenden
Biere gebildet hat, sind mit den tatsächlichen. Be-
funden an den ältesten Fischen — namentlich den
Placodermen — nicht mehr zu vereinen.
Die Fischfauna des Wildunger Devons darf noch in mehr-
facher Hinsicht ein aussergewöhnliches Interesse beanspruchen.
Die bisher bekannten Placodermenfaunen enthalten nur
wenige Formen und diese meist in großer Individuenzahl. Die
klassischen Fundstellen des schottischen Devon lieferten Hunderte
and bergen wahrscheinlich viele tausende Individuen von
Coccosteus oblongus Ac. und Asterolepis (= Pterichthys)
Milleri Ac., aber daneben nur wenige ganz vereinzelte Funde
abweichender Formen. Ähnlich liegen die Verhältnisse im
Oldred von Livland, von Canada und z. T. auch an den-
jenigen der Vereinigten Staaten von Nordamerika, während an
anderen Lokalitäten die Placodermen überhaupt nicht heimisch
wurden und nur durch vereinzelte Reste vertreten sind, wie im
Devon der Rheinlande und Böhmens.
Hier in Wildungen zeigt die Fauna das entgegengesetzte
Bild, eine kaum zu gliedernde Fülle verschiedener Formen,
vereint mit einer individuellen Seltenheit jeder ein-
zelnen. Mehr als zwei bis vier Individuen derselben Art sind mir
— 12 —
selten vorgekommen, dagegen dürfte die Artenzahi beinahe ein
halbes Hundert erreichen, und während sonst die wenigen vor-
handenen Arten scharf von einander geschieden sind, erscheint
hier die Mehrzahl von Gattungen und Arten durch
Zwischenformen verbunden zu sein.
Ein weiterer Unterschied ergibt sich daraus, daß in den
sonstigen bisher genauer bekannten Faunen die Formen niedrig,
d. h. breiter als hoch gebaut und für eine Lebensweise auf dem
Boden zugeschnitten sind. In der Wildunger Fauna finden sich
zwar auch breitköpfige Formen, aber daneben eine Anzahl stark
komprimierter Typen, die offenbar zum Schwimmen im freien
Wasser viel geeigneter waren. Dem gleichen Zweck dienten
Zuspitzungen der Nasenregion zu einem Rostrum, das ebenfalls
den sonst bekannten Formen fehlt. Da nun die breiteren
Bodenbewohner den älteren mitteldevonischen Formen anderer
Lokalitäten, wie namentlich Schottland und der Rheinlande, noch
am nächsten stehen, und die schmalen sich bei starker Speziali-
sierung weit von jenen entfernen, so darf man daraus den
Schluß ziehen, daß die Wildunger Placodermenfauna im
Gegensatz zu den älteren mitteldevonischen das
Schwimmen lernte und das freie Meer zu erobern
begann.
Im Gegensatz zu der typischen Oldredfacies der meisten
Placodermenfaunen sind die fischführenden Kalke von Wildungen
typisch marine Gebilde, deren. Ablagerung, wie schon ihre Am-
monitiden beweisen, in einer Meerestiefe von etwa 1—300 m
erfolgt sind. Einer solchen Tiefe entspricht nun auch der
zunächst sehr auffällige Umstand, daß die Wildunger Placodermen
durchweg große Augen haben, die an Umfang die von Coccosteus,
Homosteus und Heterosteus z. T. um das 2-——-5fache übertrafen.
Diese Wildunger Formen haben also nicht nur das
freie Schwimmen erlernt, sondern sich auch dem
leben in der Tiefe angepaßt. Dieser Lebensweise ent-
spricht bei einigen Formen auch eine weitgehende Verdünnung
und Flächenreduktion des Hautpanzers gegenüber den schwer-
fälligen, auf die Defensive eingerichteten Bodenbewohnern.
Es liegt offenbar in der Wildunger Fauna oder mindestens
in deren unmittelbarer Nähe ein Entstehungszentrum neuer
Formen vor. Wir werden wohl kaum fehl gehen, wenn wir die
Anpassung an das Meeresleben als die Ursache der hier vor-
liegenden Mannigfaltigkeit annehmen.. Dieselbe erscheint als eine
überraschend großartige Zersplitterung eines bis dahin in engen
Grenzen langsam und ruhig fortschreitenden Formentypus.
Diese Erscheinung steht durchaus im Einklang mit meta-
— 18 —
kinetischen Entwicklungsprozessen, die ich an anderer Stelle!)
der sonst allein angenommenen Möglichkeit einer langsam fort-.
schreitenden Veränderung der Formen gegenübergestellt habe.
Diese Umwandlung wird aber noch viel bemerkenswerter durch
den Umstand, daß die Wildunger Fische sich in einer
einzigen Gesteinslage von etwa 10 cm Dicke finden.
Durch die ausgezeichneten geologischen Aufnahmen von
A. DENCKMANN sind die sehr komplizierten Lagerungsverhältnisse
der Devonschichten an der Ense in den wesentlichen Punkten
klargestellt. Es handelt sich hiernach um eine schuppige Über-
schiebung kleiner Schollen, die im einzelnen mehrere Horizonte des
Devons umfassen und, abgesehen von kleinen Querverschiebungen,
in längeren Zügen an der Oberfläche des Berges ausstreichen.
Es hat sich nun durch die fortgesetzten Sammlungen des Herrn
STRACKE in Wildungen gezeigt, daß eine einzige mergelige
Schicht von etwa 10—15 cm Dicke, die sich an der Ober-
fläche über die ganze Breite des Devonklotzes verfolgen ließ,
die fischführenden Kalkknollen enthält, daß sie überall
unterlagert wird von rötlich grauen Uephalopodenkalken und über-
lagert wird von Kalken und anderen Clymenien-Schichten, die
durch abweichenden Gesteinscharakter von den liegenden Schichten
zu unterscheiden sind. Nur einmal hat Herr STRACKE in dem
rötlichen Kalk, der die Fischbank überlagert; einen Placodermen
gefunden, und es ist charakteristisch daß. diese jüngste
der Formen auch der größte Vertreter des einen Gattungstypus
ist. Abgesehen von dieser Ausnahme fanden sich also alle
Fische in einer Lage nicht über- sondern nebeneinander und zwar
in Nestern vereinigt, in denen jeder Kalkknollen einen Fisch
enthielt. Diese Art des Vorkommens naher Verwandter in solchen
Nestern beweist, daß dieselben hier zusammenlebten, und die
sanze Fauna nicht etwa später zusammengeschwemmt wurde.
Nun ist man ja nicht gezwungen anzunehmen, daß die Ab-
lagerung der Fischknollen in dieser Bank gleichzeitig erfolgte.
Es ist durchaus möglich und nach Lage der Dinge sogar wahr-
scheinlich, daß dieselben nacheinander erfolgten in dem Maße, als
entweder die Fische in größere Tiefe gelangten oder die Strand-
linie sich verschob, denn die Bank selbst ist in einer Erstreckung
von einem bis zwei Kilometer nachweisbar. Die räumlich am
weitesten auseinander liegenden Fische könnten also unter den
gleichen geologischen Bedingungen, d. h. in derselben Schicht
doch zu verschiedenen Zeiten abgelagert worden sein.
!) Über verschiedene Wege phylogenetischer Entwickelung. Sitz.-Ber.
V. internat. Zoologen-Kongreß. Berlin 1901. Separat erschienen bei
G. FiscHER in Jena 1902.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 1904. 11.
— lI4 —
Immerhin liegen sie sich alle nicht nur räumlich, sondern
auch zeitlich so nahe, daß ihre phylogenetische Zer-
splitterung geradezu explosiv erfolgt sein muß. Die viel-
fach vorkommenden Zwischenformen beweisen, daß die Zerlegung des
Formenkreises entweder an dieser Stelle selbst oder mindestens
in deren unmittelbarer Nähe erfolgt sein muß, denn bei weiterer
Ausbreitung eines Formenkreisess kommen an den peripheren
Stellen des Verbreitungsgebietes fast immer nur einzelne Formen
vor, die dann in der Regel schnell durch Inzucht konstant
werden und sich in einer Richtung zu einer wohl geschiedenen
Art spezialisieren. Ein solches Verhalten, wie es z. B. in Schott-
land der Coccosteus oblongus und Asterolepis Miulert zeigen,
suchen wir hier unter den Placodermen vergebens. Eine
spezifische Konstanz läßt sich nur bei dem öfters vorkommenden
Chimaeriden Rhamphodus feststellen, der hier ganz unvermittelt
auftritt und dessen Wiege wohl in tieferen Meeresteilen zu
suchen ist. Die 12 Gattungen mit ca. 50 Arten von
Placodermen sind aber allem Anschein nach hier in
diesem Devonbecken entstanden und haben sich durch
die Anpassung an das Meeresleben mit einer bisher
beispiellosen Schnelligkeit aus einander entwickelt.
Ich hoffe, daß mir die Möglichkeit geboten werden wird, diese
ganz eigenartige Fauna und ihre verwandtschaftlichen Beziehungen
monographisch zu beschreiben und damit gegenüber der herrschenden
Annahme langsamer Entwicklungsprozesse historische Beweise auch
für die Möglichkeit, die Ursachen und die Wege sprungweiser
Entwicklung zu liefern.
In der Besprechung dieses Vortrages wies Herr FRECH
darauf hin, daß die explosive Entwicklung der oberdevonischen
Ganoiden und Placodermen beinahe gleichzeitig ein Seitenstück in
der Ausbildung mannigfacher Skulptur- und Schalenformen bei den
Ammoneen findet. Eine derartige Entwicklungsperiode ist der
Beginn, eine zweite noch wesentlich stürmischere der Schluß
des Oberdevon. In beiden Fällen handelt es sich um wesentliche
Veränderungen des Meeresbodens. Insbesonders sind die Form-
änderungen zurzeit des Ciymenienkalkes auf eine Vertiefung des
Meeres und eine Einwanderung der verschiedenen Formen in die
ozeanischen Tiefen zurückzuführen. Von den vier durchaus selb-
ständigen Stämmen oder Familien !), welche die oberdevonischen
‘) Die in der neuesten Auflage von ZırrTEers Elemente der Palä-
ontologie durch POMPECKJ vorgeschlagene Zusammenfassung aller
devonischen extrasiphonaten Ammoneen in eine Familie (Goniatitiden)
gibt ein unrichtiges Bild. Schon die Aphyllitiden und Beloceratinen
sind viel weiter von einander entfernt als zwei beliebige jüngere Familien ;
a a
Schichten erfüllen, zeigen jedoch nur die Clymenien, Prolecanitiden
und Cheiloceratiden (Aganıdes, Sporadoceras) Tendenz zu
mannigfacher Differenzierung.
Aganides subtriangularis nov.' spec. FRECH. °/a
oberster hellroter Clymenienkalk.
Westende des Ebersdorfer Kalkbruches.
Übergang von Aganides s. str. in Aganides paradozus.
Aganides paradoxus TIETZE em. FRECH. °/
(Olymenia auct.)
oberer dunkelroter Clymenienkalk.
Ebersdorf (Grafschaft Glatz)
Beide im Breslauer Museum.
Unter den Clymenien finden wir
1)
2)
Aegoceras-ähnliche Skulptur-Formen.
Scheibenförmige (Pinakoide) Gestalten und zwar:
a) solehe mit Adventivloben: Gonioclymenia mazxıma,
b) solche mit einfacher Lobenlinie Clym. subflezuwosa.
Unter den Cheiloceratiden begegnen wir:
3)
4)
9)
für die
der bezeichnenden Kapuzenform als Anpassungserscheinung
an benthonisches Leben: Prolobites delphinus,
einem merkwürdigen Vorläufer der Lytoceren, d. h. einem
Sporadoceras mit der Skulptur des Zyt. fimbriatum:
Paralytoceras erispum (Clymenia Tierze),
dem merkwürdigen Dreiecks-Goniatiten (früher als Clymenra
Cheiloceratiden und Aphyllitiden liegt aber ein gemeinsamer
Ursprung ganz außerordentlich weit zurück, wie die gänzliche Ver-
schiedenheit des Wachstums, der Skulptur und der Wohnkammerlänge
beweist. Auch E. HAuG (Revue de Pal&ozoologie (1905 S 26) wendet
sich gegen diese Classification.
153
— 16 —
gedeutet) Aganides paradoxus, d. h. einer Form mit
kapuzenartiger Mündung (3), bei der die zwischen den
Radial-Furchen liegenden Gehäuseteile vorgerollt sind.
Bei den Prolecanitiden haben wir ebenfalls
6) eine eigentümliche Tiefseeform: Phenacoceras FREcCH,
7) einen Skulpturvorläufer der Lias-Arieten: Pseudarzetites.
Zu diesen mannigfaltigen, z. T. aberranten, z. T. als Vor-
läufer späterer Geschlechter differenzierten Formen treten die
zahlreichen Gruppen der mehr normal ausgebildeten Goniatiten
und Olymenien:
Tornoceras, Cheiloceras, Aganides, Sporadoceras (inkl. der
Gruppen Dimeroceras und Gomvoleboceras), Olymenia s. str.,
Oxyclymenia, Gonioclymenia s. str. und Sellaclymenia. Von all
diesen normal und aberrant gestalteten Gruppen sterben ca. */s
am Schlusse der Devonzeit aus, sodaß auch in dieser Hinsicht
eine Ähnlichkeit mit der Entwicklung der Fischstämme festzu-
stellen ist. |
Wenn der Anstoß zur Entwicklung und Differenzierung der
devonischen Ammoneen in der Vertiefung der europäischen
Meere zu suchen ist, so liegt der Grund für das Aussterben so
zahlreicher Geschlechter in dem Flacherwerden der gleichen
Meeresteile. Clymenien sind nur bekannt in dem Bereich zwischen
Südengland, Nordafrika und dem polnischen Mittelgebirge. Ein
vereinzeltes Vorkommen kennzeichnet den südlichen Ural, aber in
das weite Binnenmeer des zentralen und nördlichen Rußlands ist
keine Einwanderung der pelagischen Cephalopoden erfolst. Das
eben umgrenzte Gebiet wird am Schluß und nach Schluß der Devon-
zeit von Hebungen und Aufwölbungen des Meeresgrundes !) betroffen.
Diese geographischen Änderungen bedingten die Vernichtung
der zahlreichen, eben erst entstandenen Cephalopodengruppen und
ebenso die mannigfaltige Differenzierung der Faciesbildungen °)
des untersten. Karbon.
!, Man darf dies Flachwerden des Meeres nicht, wie es vielfach
geschehen ist, als Trockenlegung bezeichnen; für eine Trockenlegung
und darauf folgende Transgression liegen keinerlei Beweise vor.
?) Die Mannigfaltigkeit der Facies des Unterkarbon bedingt z. T.
auch die Überlagerung von wesentlich gleichalten und gleichwertigen
Schichten wie der Posidonienschiefer und einer an VısE erinnernde
Facies. Derartige heterope Facies darf man nicht als Vertreter ver-
schiedener „Stufen“ oder Zonen auffassen. Aus dem Unterkarbon sind
nur zwei Cephalopodenfaunen bekannt, die der Stufe des Sperifer
tornacensis und Productus giganteus ziemlich genau entsprechen. Die
einzelnen Unterkarbon-Facies bilden ebensowenig stratigraphische
Horizonte, wie die übereinander liegende synchronischen Facies der
Rhaet-Stufe (karpathische, schwäbische, Kössener Facies, Korallenkalk,
ob. Dachsteinkalk).
er
Herr: NörLıng wies auf eine ebensolche Parallele bei den
Ammoniten in der Trias der Salt Range, besonders auch auf
das merkwürdige Sageceras multilobatum hin. |
e Herr JaskeL dankte den Herren NörLins und FrecH für
ihre instruktiven Beiege seiner Auffassung aus ihren Spezial-
gebieten und spricht die Hoffnung aus, daß die Paläontologen
sich in Zukunft bei stammesgeschichtlichen Forschungen weniger
als es bisher geschehen ist, von den zeitweilig herrschenden
Theorien der Embryologen und Anatomen leiten lassen. Die
historischen Dokumente der Paläontologie sind auf vielen Gebieten
klar und wichtig genug, um eine unbefangene, selbständige Be-
urteilung zu beanspruchen. E
Herr NÖTLIN& sprach über die paläozoische Eiszeit
in der Salt Range Ostindiens.
Herr JENTZscH bemerkte im Anschluß an diesen Vortrag:
Unsere seit Jahren bestehende Überzeugung einer allgemeinen,
auch in Indien deutlich bemerkbaren permischen Eiszeit ist durch
die Darlegungen des Herrn NörLıne auf das Erfreulichste be-
stätigt und nahezu zur Gewißheit erhoben worden. Es kann
danach nicht mehr bezweifelt werden, daß im Salt Range
'tangentiale Massenverschiebungen stattgefunden haben, deren
Reibungsbreccien den Grundmoränen der quartären Eiszeiten
analog beschaffen sind. Könnte man noch nachweisen, daß die
auflastenden, jene. Breccienbildung veranlassenden Massen z. Z.
ihrer Tangentialbewegung ihrem Schmelzpunkte :nahe waren,
so wäre damit bewiesen, dab sie aus Eis bestanden nnd die
Kette der Beweise wäre geschlossen. Da die „Lavendeltone“
(Lavender clay) der Salt Range sich in dem von Herrn NÖTLInG
mitgeteilten Profile zu den unterlagernden, geschiebereichen, grund-
moränenartigen Konglomeraten genau so verhalten, wie der Deck-
ton zum unterlagernden, gelegentlich durch Wechsellagerung ver-
bundenen Geschiebemergel Europas, so würde obiges Postulat erfüllt,
d.h. der bezeichnete Beweis erbracht sein, wenn die dünngeschichteten
Lavendeltone Indiens hin und wieder vereinzelte, gewissermaßen
porphyrisch eingesprengte Geschiebe enthielten, wie ‚solche im
echten Deckton als Absätze schwimmenden Eises vorkommen
müssen, wenn letzterer wirklich mit Gletscher-Ablagerungen
genetisch im Zusammenhang steht. |
Betreffs der Ursache der permischen Eiszeit hält auch
JENTzZSscH einen Zusammenhang mit Vulkanausbrüchen für wahr-
scheinlich. Doch sei es unwesentlich, wenn Herr N. zu dessen
"Begründung auf umfangreiche vulkanische Herde im Perm Indiens
hinweise. Denn solche Ausbrüche bei den Antipoden würden
— 169 —
die gleiche Wirkung gehabt haben. Die Erklärung sei nicht aus
örtlichen (indischen) Verhältnissen zu suchen, sondern aus
allgemein-irdischen, wie ja bekanntlich das Perm auch in
Europa und anderwärts ganz besonders reich an vulkanischen
Gebilden sei.
Herr Nöruins schloß sich letzterer Erklärung an und be-
richtete, daß in der Tat im Lavendelton eingesprengte Geschiebe
gefunden, mithin obiges Postulat erfüllt sei.
Im Anschluß an die Erwähnung der indischen Facetten-
geschiebe bat Herr MırcH, diesen Namen durch einen anderen,
etwa durch „facettierte Untergrundgerölle* zu ersetzen, um ihn für
die sog. Dreikanter verwenden zu können, deren Name oft so
wenig zutreffend sei.
Herr Darsur machte darauf aufmerksam, daß für die
sog. Dreikanter bereits der bessere Name Kantengeschiebe
vorliegt.
Herr GürıcH fragte an, ob auch von anderswo so feinpolierte
Geschieve bekannt geworden sind, wie eines der vorgelegten
indischen Facettengeschiebe.
Herr Brunss teilte mit, daß in der Straßburger Sammlung
Gesteine aus Süd-Amerika (ges. von HaursaL und PLAGEMANN)
vorhanden sind, welche ähnlich glatte Oberfläche — durch Wind-
schliff erzeugt — besitzen.
Herr FRECH wies auf die von NörLınss und KokEN ge-
‚sammelten, in Breslau ausgestellten Produktuskalkfossilien hin
und darauf, daß jetzt in vier Erdteilen rotliegende Eiszeiten nach-
gewiesen sind.
Herr VORWERG erwähnte, als Beitrag zu der Theorie des
Herrn NörLıne, ein von ihm im Warmbrunner Tal gefundenes
hammerartiges Feuersteingeschiebe.
Herr CARL RENZ sprach über den Jura von Daghestan.
Im letzten Sommer unternahm der Vortragende gemeinsam
mit Herrn Dr. Wysocörskı eine Forschungsreise durch Daghestan,
über deren Ergebnisse der Versammlung ein kurzer Überblick
gegeben wurde.
Noch auf der 1897 erschienenen Karte von Rußland gehörte
Daghestan zu den geologisch unerforschten Gebieten des russischen
Reiches. BoepAanowırsch hatte vor kurzem!) die zwischen Kuba
und Schemacha liegende Partie des südöstlichen Kaukasus bereist
und beschrieben. Die Untersuchungen des Vortragenden erstrecken
sich auf den Jura des sich westlich daran anschließenden, mehr
1) 1902.
— 19 —
zentralen Teil des daghestanischen Hochlandes, während Herr
Dr. Wysocörskı die Bearbeitung der Kreide und des Tertiärs
übernommen hatte.
Der Jura von Daghestan zerfällt, petrographisch geschieden,
in zwei wesentlich verschiedene Glieder, eine dolomitisch-kalkige,
obere und eine schiefrig-sandige, untere Abteilung. Letztere
entspricht dem Dogger und Lias, die obere Etage dagegen dem
Malm, wenn von stratigraphischen Einzelheiten abgesehen wird.
Die hellen, meist sehr harten, oberen Kalke und Dolomite
sind im Verhältnis zu der sehr mächtigen, leicht der Verwitterung
erliegenden Schieferformation nur von ganz geringer Mächtigkeit.
Sie treten jedoch in dem äußerst eintönigen Landschafts-
bild durch ihre helle Farbe und ihre schroffen Formen scharf
hervor.
Die in vollkommener Konkordanz liegenden, jurassischen
Schichten sind bei annähernd gleichbleibender Streichrichtung in
einfache Falten gelegt Tektonische Störungen, Brüche und
Überschiebungen fehlen in dem bereisten Gebiete fast vollständig.
Man gelangt somit beim Fortschreiten von Norden nach Süden,
also vom Rand des Gebirges nach dem Hauptkamm zu, in immer
ältere Schichten.
Die tiefsten Schichten, die bis jetzt nachgewiesen werden
konnten, sind solche des mittleren Lias im Osten von Ritscha.
Im Hauptkamm selbst, der von dem nördlich gelegenen Hochland
durch das Tal des Samur geschieden wird, ist jedoch nochmals
die ganze Schichtenserie entwickelt, und auf den höchsten Gipfeln,
wie auf dem Schach-Dagh, treten selbst wieder Kreideablage-
rungen auf.
Der südlich vom Hauptkamm gelegene Teil des Gebirges
ist dagegen, wie bekannt, abgesunken.
Die beiden östlichen Koissuflüsse (Kara-Koissu und Kasikumuch-
Koissu) durchbrechen nach ihrem Austreten aus der Schiefer-
formation die harten Kalke des oberen Jura und die darüber-
liegenden Kreideschichten in engen, tief eingeschnittenen Quer-
schluchten.
Infolge der flachen Faltung bezeichnet die Verbindungslinie
der Durchbruchstellen annähernd die Grenze zwischen dem Jura
des inneren Daghestans und den die Vorberge aufbauenden
Kreide- und Tertiärablagerungen.
Außerhalb dieses Grenzwalles der oberen Kalkabteilung ist
Jura nur vereinzelt in Einschnitten oder im Aufri von Kreide-
falten aufgeschlossen.
In dem nördlich vom Hauptkamm liegenden Gebirgsland
ist daher die Tektonik, wie auch die Abgrenzung der einzelnen
— 1710 —
‘Formationen ‘sehr einfach. Als charakteristisch zu erwähnen
wären die breiten Synklinen, die oftmals die höchsten Berge
aufbauen. Der Vortragende zeigte als Beispiel hierfür “eine
Photographie des Schunu-Dagh. Genau dieselbe Struktur besitzen
‚auch der Schach-Dagh und der Schalbus-Dagh.
Was die Fossilführung anlangt, so haben die Geoden der
Schieferformation eine Masse der prachtvollsten Versteinerungen
geliefert, von denen der Vortragende der Versammlung eine Aus-
wahl vorlegte.
Sämtliche Zonen des Doggers sind lückenlos ver-
treten. Oberer und mittlerer Lias ist ebenfalls mit
senügender Sicherheit nachgewiesen. Im Malm- dagegen
ist der Nachweis aller in anderen Juragegenden aufgestellten
Zonen noch unvollständig. Es liegt aber natürlich kein Grund
vor, aus dem bisherigen Mangel an paläontologischem Beweis-
material auf das Fehlen. der durch Fossilfunde noch nicht nach-
gewiesenen Zonen des Malms zu schließen. Namentlich ist
der Übergang zwischen Jura und Kreide noch nicht genügend
geklärt. Es liegt dies einerseits daran, daß in diesen Grenz-
schichten Versteinerungen seltener sind, als in den tieferen und
höheren Lagen, andererseits aber auch in unglücklichen äußeren
Umständen, infolge derer bei dem Passieren des Grenzgebietes
zwischen Jura und Kreide einer der Leute der Begleitung erschossen
wurde.
NEUMAYR und Unuie hatten im Jura des Kaukasus eine
Mischung mediterraner und mitteleuropäischer Formen festgestellt. —
-Dieselbe Tatsache wurde auch jetzt wiederum bei dem äußerst
reichen Material des engeren Gebietes von Daghestan beobachtet.
Neu und interessant ist das Auffinden eines Perisphinctes
(Virgatites) dorsoplanus \VISCHNIAKOFF, eines Vertreters der
unteren Wolgastufe, wodurch auch im oberen Jura boreale
Einflüsse nachgewiesen wurden.
Tiergeographisch ist es entschieden eine bemerkenswerte
Tatsache, daß bei einigen Gattungen, wie namentlich den
Parkinsonien, den Stephanoceren und den Sphaeroceren auch in
dem weitentlegenen Gebiete genau dieselben Arten und Varietäten,
genau in derselben Erhaltung, wie in’ Westeuropa auftreten.
Vom geologisch-paläontologischen Standpunkte aus darf daher
Daghestan mit Recht als ein zweites Schwaben bezeichnet werden.
Wäre die fremdartige Umgebung nicht, so könnte der sammelnde
Geologe sich z. B. in Guli, woher die besten Versteinerungen
stammen, ganz gut an irgend einen bekannten Fossilfundpunkt
"Württembergs versetzt glauben. Die Stücke, die der Vortragende
vorlegte, sind größtenteils altbekannte Arten. Auf ca. 90 Species
— 171 —
kommen nur‘ ganz wenige neue Typen,. und auch. diese schließen
sich eng an schon bekannte Formen aus Westeuropa an.
Nun bildet der daghestanische Jura das Bindeglied zwischen
den europäischen Vorkommen und den durch Nörzıne in
Balutschistan und durch WAAaGen bei Cutch bekannt gewordenen
Jura-Ablagerungen. Eine weitere Fortsetzung hat nach den vor-
angegangenen Eintdeckungen von WıcHMmAnn und RorHPLATZ
GEor@G Boesam auf den Molukken nachgewiesen. Die, Einheitlich-
keit dieser Jura-Meere ist damit wohl begründet. Sie gehören
einem groben zusammenhängenden Ozean an (Ozean Tethys,
zentrales Mittelmeer Neumayrs), dessen Endglieder also Ost-
Afrika, die Molukken und Mittel- Europa darstellen. Es bedarf
keines besonderen Nachweises, daß die vermittelnden Zwischen-
glieder Cutch, Balutschistan und Daghestan von größerer, geo-
graphischer Bedeutung sind, als die Endpunkte.
Ob die Heimat der vorgezeisten Gattungen und Arten unter
dem Äquator oder in gemäßigteren Gegenden zu suchen ist, auf
welche Weise ihre Wanderungen erfolgt sind, inwieweit Meeres-
strömungen dabei in Betracht kommen. das sind Fragen so
problematischer Natur, daß es kaum Wert hat, vorerst ‚näher
darauf einzugehen. |
Auch die Frage der jurassischen Meeresprovinzen und Klima-
zonen ist noch zu wenig geklärt, um positive Schlüsse zuzulassen.
Neuerdings hat sich BurckHArRDT auf Grund seiner Unter-
suchungen in Süd-Amerika gegen die Klimazonen NEUMAYRS
ausgesprochen, und auch die Entdeckungen Georg BorHms auf
‚den Molukken sprechen wenig dafür.
Die daghestanischen Jurafunde tangieren die NEUMAYR sche
Hypothese jurassischer Klimazonen nicht, da Daghestan an der
Grenze zweier Provinzen liegt, was eine Mischung der beider-
seitigen Faunen-Elemente genügend erklärt. Das vereinzelte
‚Auftreten nordischer Typen im oberen Jura Daghestans erfordert
die Existenz einer Verbindung mit dem Moskauer Becken.
Hieran knüpfte Herr Frecu einige Bemerkungen über die
‘engen Beziehungen dieses Jura zu dem von Schwaben, Cutch
und den Mollukken, Herr NörLıns ebensolche über den Jura
von Balutschistan, der ebenfalls schwäbische Formen führt.
Herr FRECH legte für Herrn WYSOGORSKI, der durch
Krankheit behindert ist, eine Sammlung von Ammoniten der
unteren Kreide Daghestans vor und weist auf die nahen Be-
ziehungen derselben mit der unteren Kreide Süd-Frankreichs hin.
"WYSOGÖRSKI könnte iin Daghestan alle Horizonte der ganzen
Kreideformation (Turon mit Znoe. Brongniart: zum ‚erstenmal
— 172 —
im Kaukasus) feststellen mit Ausnahme der untersten Kreide, die
aller Wahrscheinlichkeit nach auch entwickelt ist, aber durch
Versteinerungen noch nicht nachgewiesen wurde,
Senon Weiße zerklüftete Kalke mit Inoceramus
Oripsü.
Turon Rötlicke Kalke mit Inoceramus Brong-
neartı.
Cenoman Gelbliche Kalke abwechselnd mit Schiefern.
Gault Schiefer abwechselnd mit Mergeln mit
Aucella caucastca.
Aptien Sandige Schiefer mit -Geoden, abwechselnd
mit Sandsteinen mit Phylloceras Velledae,
Hoplites Deshayesi und Parahopltes.
Barr&mien Graue Sandsteine und Mergel mit Geoden.
Hauterivien Sandige Kalke mit Sandsteinen, abwechselnd
mit großen Ostreen und Gervillcien.
Valangien? Graue bis schwarze, etwas sandige Kalke.
In der Gegend von Chodschalmachi ist die gesamte Kreide
des nördlichen Daghestan aufgeschlossen und zeigt vorstehende
Schichtenreihe. |
Herr ZIMMERMANN legte von der im nächsten Jahre ver-
mutlich herauskommenden zweiten schlesischen, die Blätter Frei-
burg, Waldenburg und Friedland umfassenden Lieferung der
preußischen geologischen Spezialkarte die von ihm und Herrn
G. Bere fertig aufgenommenen Teile der Blätter Freiburg und
Friedland vor und gibt eine Übersicht der darauf dargestellten
Schichtengliederung und Tektonik.
Herr JENTZSCH besprach ein mit Herrn KeıLnack gemein-
sam beobachtetes Profil in der Tatra mit zwei übereinander-
liegenden Moränen, aus denen das Vorhandensein einer langen
Interglacialzeit hervorgeht. |
Herr FLEISCHER-Reichenbach i. Schl. fragte über die Wirk-
samkeit der Kohlensäureexhalation auf das Klima zur Erklärung
der Eiszeit. Herr Freca gab Aufklärung.
j
f
f
r
—- 193 —
Herr ZiMMERMAnNN verlas die Protokolle der drei wissenschaft-
lichen Sitzungen, die genehmigt wurden.
Der Geschäftsführer dankte den Erschienenen, dem Vorstand,
dem Vorsitzenden und Herrn Hınrze sowie den Schriftführern und
überreichte noch seine Arbeit über die Geologie des Bakony-
waldes und das Antlitz der Tiroler Zentralalpen.
Herr JentzscHu dankte dem Geschäftsführer.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
v. W. 0.
J. NIEDZWIEDZKI. ZIMMERMANN.
LEONHARD WYSOGÖRSKI.
Rechnungs - Abschluss
Brunns,
- der Kasse der Deutschen geologischen Gesellschaft in Berlin für das Jahr 1903.
Titel.
Einnahme.
Kapitel.
Aus dem Jahre 1902 übernommener Kassen-
bestand .
Einnahme -Reste:
Beiträge laut beiliegender Liste
Mitglieder-Beiträge, direkt bei der Kasse
eingezahlt . . an
Cotta’sche Buchhandlung
„ ”
Von dem Diener Schreiber eingezogen .
Davon gehen ab die obigen Resteinnahmen
Seitenbetrag
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d. Belege.
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Spezial-| Haupt-
Summe.
M sl HM 13
Titel.
| Kapitel.
a.
| d.
——no
Einnahme.
Übertrag
Verkauf der Zeitschriften.
Cottasche Buchhandlung .
Verkauf und Subskriptionspreis des
50. Bandregisters.
Zinsen der im Depot befindlichen
Staatspapiere und baren Gelder laut
Abrechnungsbuch.
Aus dem Jagorschen Vermächtnis.
Von der Deutschen Bank abgehoben laut
Abrechnungsbuch am 2. 7. 03 = = 5002M:
und am 30. 9203 —732007M:
Summe der Einnahme
Ab Ausgabe
Bleibt Kassenbestand am 31. Dezember 1903
Der Bestand an Effekten bei der Bank be-
trägt nach der vorigen Rechnung
Der Barbestand bei der Bank beträgt nach
der Staffelberechnung Beleg 138 :
Wirklicher Vermögensbestand am 31.12.1903 =
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Klöppel in Eisleben Vorschuß. . . . . [12/14
Summa Tit. a.
Druck der Tafeln.
Meisenbach, Riffarth & Co., Berlin . . . [15/16
» » » 17/18
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; 24/29
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Dr. Stromer v. Reichenbach, München . . [50/51
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Scharfenberger, Straßburg ...:- - ..-.. ....|67/68
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Summa Tit. I.
Spezial. | Haupt-
Summe.
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Peter Hoffmann, Berlin
Summa Tit. I.
Bureau- und Verwaltungskosten.
2. Gehälter.
Dr. J. Böhm für die Redaktion der Zeitschrift
für das I. Quartal .
v. Waldenfels Er Verwaltung “der Biblio-
thek für das I. Quartal RS
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Diener Schreiber pro 1903 ;
Summa Tit. Ila.
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Fliegel Mitgliedsbeitrag zurück
Schreiber für Einbinden der Belege
Feister für Druckarbeiten
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Breitkopf” für Schreibarbeiten .
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Gerichtskasse, Berlin, Gebühren .
Rechtsanwalt v. Bredow, =
Geheimer Bergrat Wahnschaffe für 1 Kasten
Gebrüder Schaar für 1 Tisch .
Moster, Berlin, für Schreibarbeit .
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Scheel, Berlin, für 1 Präsenz-Liste . . . Itosıos| 12 —
Weise 1 „ Umdruckarbeiten . . [107/108 4 10
Vetter 3 „ Zeichnerarbeiten . .| 109 57 150
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Geologische Landesanstalt für Heizmaterial 1. 87 \46
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Cottasche Buchhandlung Porto . . . . [12/113] 409 195
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Professor Beushausen Porto . . 115 3 150 |
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Cottasche Buchhandlung Porto 3 — 50
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- 53 112 — 85
” ” 13 — 25
5 „. 14 — 15
” ” 15 — [80
16 — 30
| Summa Tit. IIIc 648 73
Zur Hinterlegung auf der Deutschen Bank
Amer ana 103 are 7130 1200 |—
am Aarau ern 131 1.1000 |
Seitenbetrag 2200 |—| 9743 |42
Titel.
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= Ausgabe. FE Summe |
S Sl #|sl #13
.. |
Übertrag 2200 a 9743 42)
Zur Hinterlegung auf der Deutschen Bank
am) 2. !Webruar 1908 ame men 2.2, 15221000 |
, 253 Blebruar. 19031a 2202058 2 2113321050072 1
24: März. 1903, 7 228. Cam 73 AD ESEL |
: 99.) April 1903. Balken eıssashee 600 | — | |
„il..Mai 1903 0.000 200 en I
| 5850 |—
Summa der Ausgabe 15593 4
itrektenzaustdem Vorzahren re 8800 |— |
Barbestand.beir der Banks er euer 1571 55 1
Barbesandabeir deraKassery ps 681 |77
| | 11053 |32
Summa Ausgabe | 26646
Berlin, den 4. Juli 1904.
Die Unterzeichneten unterzogen am obigen Tage die Kassen-
führung der Deutschen geologischen Gesellschaft einer Revision,
welcher der Schatzmeister der Gesellschaft Herr DATHE und der
Kassenführer Herr Kızckgusch beiwohnten. Zahlreiche Eintragungen
wurden mit ihren Belegen formell und inhaltlich geprüft, sämt-
liche Posten nachgerechnet und mit dem Bankkonto verglichen.
Die Revision ergab keinerlei Unregelmäßigkeit.
W. Branco. OTTO JAEKEL.
z
1
13
|
}
een
— 9. —
11. Protokoll der November-Sitzung.
Verhandelt Berlin, den 2. November 1904.
Vorsitzender: Herr BRANCO.
Der Vorsitzende teilte den im Sommer erfolgten Tod der
Herren Dr. E. von Marrens, Professor an der Universität,
und Dr. ALFRED NEHRING, Professor an der Landwirtsch. Hoch-
schule zu Berlin, mit, die zwar nicht Mitglieder der Gesellschaft
waren, aber mittel- und unmittelbar an unsrer Wissenschaft mit-
gewirkt haben. Zu Ehren der Verstorbenen erheben sich die
Versammelten von den Sitzen.
Ferner ist der Gesellschaft eine Anzeige vom Tode des
Gründers und Direktors der Societe des sciences naturelles et
mathematiques zu Cherbourg, A. F. Le JoLıs, zugegangen.
Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten:
Herr Dr. R. Struck, Lübeck,
vorgeschlagen durch die Herren GAGEL, G. MÜLLER
und E. ZIMMERMANN;
Herr Professor Dr. Karı Busz, Münster i. W.,
vorgeschlagen durch die Herren J. Bönm, W. Branco
und E. ZIMMERMANN);
Herr THEODOR WEGNER, Assistent am mineral.-paläontol.
Museum zu Münster i. W.,
vorgeschlagen durch die Herren G. MÜLLER, J. Bönm
und H. ScHRÖDER;
Herr W. BERGMANN, Gr. Ilsede bei Peine,
vorgeschlagen durch die Herren H. ScHRÜDER,
G. MÜLLER und J. Böhm.
Der Vorsitzende erinnerte daran, daß das Generalregister
zu den ersten 50 Bänden unserer Zeitschrift erschienen ist und
' gegen Nachnahme von 4,50 M. von der Cottaschen Buchhand-
lung Nachf., Berlin SW., Kochstr. 53 bezogen werden kann.
Alsdann wurden vom Vorsitzenden die im Austausch ein-
gegangenen Zeitschriften und die von den Autoren als Geschenk
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 50. 3. »
— 180 —
an die Bibliothek der Gesellschaft eingesandten Bücher vorgelegt
und besprochen:
ANDREAE, A.: Dritter Beitrag zur Kenntnis des Miocäns von Oppeln
i. Schl. Mitteil. a. d. Roemer-Museum. No. 20. 1904.
ANDREE, K.: Der Teutoburger Wald bei Iburg. Inaug.-Diss. Georg-
Augusta- -Univ. Göttingen. 13904.
CAREZ, L.: Notes sur la geologie de la Feuille de Quillan. S.-A. a.
Bull. 85. d. Services de la Carte geol. de la France 1902.
— ! Feuilles de Tarbes, Luz, Bagneres- de-Luchon, Saint-Gaudens.
Ebenda No. 98. 1904.
— : Encore quelques mots sur Biarritz. S.-A. a. Bull. soc. geol.
France. (4) 1. 1904. }
— : Sur la cause de la presence du Cr6tace superieur & de grandes
altitudes sur les Feuilles de Luz et d’Urdos. S.-A. a. Ebenda.
Commission internationale des glaciers. 9 rapport 1903. Les variations
periodiques des glaciers. S.-A. a. Archiv des Sciences phys. et
nat. 18. Geneve. 1904.
CORNET, J.!: Etudes sur l’evolution des rivieres belges. S.-A. a. An-
nales soc. g&ol. Belgique 31. Me&moires.
DoRR, R.: Mikroskopische F altungsformen. Ein physikalisches Ex-
periment. Danzig. 1904.
Ber» Hr Bemerkungen zur Lethaea geognostica, betreffend Schwämme
aus dem Muschelkalk. S.-A. a. Centralblatt f. Min. 1904, No. 15.
— ! Zweite Bemerkung zur Lethaea geognostica, betreffend die deutsche
Trias. -S.-A. a. Ebenda No. 16.
ErzoLD, F.: Die in Leipzig vom 1. Juli 1903 bis 30. April 1904 von
WICHERTs Pendelseismometer registrierten Erdbeben und Pulsa-
tionen. Mit 1 Taf. u. 3 Tabellen. S.-A. a. Berichte d. math.-
phys. Kl. d. K. Sächs. Ges. Wiss. Leipzig 1904.
HATCH, FRED H.: The extension of the Witwatersrand beds east-
wards under the Dolomite and the Ecca Series of the southern
Transvaal. S.-A. a. Transact. geol. soc. South Afrika 7. 1904.
KVERT, W: Geologisch-agronomische Untersuchung der Umgegend
von Amani in Ost-Usambara. Mit I geol. Übersichtskarte. S.-A.
a. d. Berichten über Land- u. Forstwissenschaft in Deutsch-Öst-
afrika. 2 (3) 1904.
LIiEBENnow, C.: Notiz über die Radiummenge der Erde. S.-A. a.
Physikalische Zeitschr. 5. No. 20
ÜEBBERE, K.: Die Stellung der Mineralogie und Geologie an den
Technischen Hochschulen. Festrede, gehalten in der Aula der
K. Techn. Hochschule zu München z. Eröffnungsfeier des Studien-
jahres am 10. Dez. 1902. München 1904.
RICHTHOFEN, F. Freiherr von: Das Meer und die Kunde vom Meer.
Rede zur Gedächtnisfeier des Stifters der Berliner Universität
König Friedrich Wilhelm III. in der Aula am 3. August 1904.
— : Triebkräfte und Richtungen der Erdkunde im 19. Jahrhundert.
Rede beim Antritt des Rektorats, gehalten in der Aula der
K. Friedrich Wilhelm-Universität zu Berlin am 15. Oktober 1908.
TANNHÄUSER, F.! Die jüngeren Gesteine der Ecuatorianischen Ost-
Cordillere von Cordillera de Pillaro bis zum Sangay sowie die
des Azuay und eines Teiles der Cuenca-Mulde. Inaug.-Diss.
Friedrich Wilhelm Universität Berlin. 1904.
TaAssın, W.: The Persimmon creek meteorite. S.-A. a. U. S. Nat.
Mus. 32. No. 1380. 1904,
— 181 —
WOLFF, FERD. von: Die älteren Gesteine der Ecuatorianischen Ost-
Cordillere sowie die des Azuay und eines Teiles der Cuenca-Mulde.
S.-A. a. W. Reıss Ecuador 1870/74. Heft 2. 1904.
WILCKENS, O.: Über Fossilien der oberen Kreide Süd-Patagoniens
S.-A. a. Centralblatt f. Min. No. 19. 1904.
Herr C. GOTTSCHE aus Hamburg sprach über den
Tapes-Sand von Steensigmoos. Hierzu 1 Textfig.
An der Ostküste des Sundewitt war im Sommer 1903 etwa
4!) km OSO von Broacker und '/s km N der kleinen, zu
Steensigmoos gehörigen Fischerhütte ein bemerkenswertes, seit-
dem teilweise verrutschtes Profil in der 22 m hohen Steilwand
des Ufers zu beobachten. Auf den ersten Blick hatte es den
Anschein, als ob hier lediglich mächtige Cyprinentone von feinen
Sanden und diese wiederum von einem Gesehiebemergel über-
lagert seien. Indessen bei genauerer Betrachtung!) war sowohl
in dem Cyprinenton, als in dem Geschiebemergel eine weitere
Gliederung zu erkennen, während die dazwischen liegenden feinen
Sande sich als eine bisher unbekannte Schicht des marinen
Diluviums erwiesen, welche nach einer recht häufig auftretenden
Form zweckmäßig als Tapes-Sand zu bezeichnen ist.
Küstenprofil von Steensigmoos 1:500.
Dieser Tapes-Sand (e des Profils), ein nahezu weißer, sehr
feinkörniger glimmerarmer Quarzsand ist wohlgeschichtet, bis
14 m mächtig und läßt sich nach N noch etwa 50 m, nach S
über 200 m weit in dem Steilufer verfolgen. Seine Versteine-
rungen (meist Bivalven mit z. T. noch geschlossenen Schalen)
!) Bei meinen Untersuchungen wurde ich in erster Linie von
Herrn stud. phil. W. HAAck aus Flensburg, sodann aber auch von
meinen Freunden CH. BUHBE und P. TRUMMER, sowie von Herrn
Zahlmeister ROHDE in Sonderburg, welcher zuerst meine Aufmerksam-
keit auf diesen Aufschluß lenkte, auf das Dankenswerteste unterstützt,
12*
— 12 —
sind bankweise angeordnet; faunistische Unterschiede der einzelnen
Bänke nachzuweisen, wollte bisher nicht gelingen.
Die große Tapes-Art dieser Sande ist sicher identisch mit
der kürzlich von Tonpern abgebildeten Form; ich will sie daher
nach HARDER’s Vorgange!) als aureus Gm. bezeichnen, obwohl
mein recentes Material dieser Art nicht ganz damit überein-
stimmt. Im Ganzen sind bisher folgende Molluskenarten im
Tapes-Sand von Steensigmoos beobachtet:
Östrea edulis 1.
2. Mytdus edulis L.
3. Cardium echinatum L.
4 x edule UL.
5. Oyprina tslandica L.
6. Venus gallina L.
7
8
Fi
Tapes aureus Gm.
. Dosinia lincta PuLt.
9. Lucina divartcata L.
10. Montacuta bidentata Mont.
11. Mactra stultorum L.
112% A subtruncata DA ÜosTA
13. Tellina baltica L.
14. Solen siliqua L.
15. Corbula gibba OLwı
16. Mya truncata L.
17. Litorina lhitorea L.
18. Hydrobia ulvae Penn.
19. Rissoa interrupta AD.
20. Bitium reticulatum Da CosTA
21. Trıforis perversa L.
22. Turbonilla rufa Pnir.
23. Parthenia interstineta Mon.
24. Odostomia pallida Monr.
25. Nassa retriculata L.
Außerdem fanden sich in den Schlämmrückständen: einzelne
Otolithen, reichlich Ostracoden, wohlerhaltene Zehrinocardium-
Stacheln, und wenig Foraminiferen. Die Fauna ist eine aus-
gesprochen gemäßigte und bemerkenswert wegen einiger noch
nicht aus dem marinen Diluvium Schleswig-Holsteins bekannter
Arten 6178/2917 #14%22):
Der TZapes-Sand wird bedeckt von einem grauen bis 4 m
mächtigen Geschiebemergel (f). Hierüber lagern 0.6—2.5 m
mächtige, horizontal geschichtette Sande und Mergel (g)
) Dansk geol. For. 6. tab. 2, f. 9—11,
mit vereinzelten Steinen und relativ reicher Fauna. Es
finden sich ing mit Ausnahme von 1, 5, 8, 11, 13, 14,
16, 19, 21 und 22 alle oben aus dem Zapes-Sand aufgezählten
Arten, daneben aber noch Syndosmya alba Woop, Pholas cert-
spata L., Utriculus trumcatulus Bruc., ferner Prsedium obtu-
sale Lx. und einige Samen. Die Mehrzahl der Exemplare ist
weniger gut erhalten, als im T7Zapes-Sand; auch ist das Zahlen-
verhältnis der einzelnen Arten ein anderes, so ist z. B. Bittium
reticulatum hier viel häufiger als dort. Dies alles,, sowie das
Auftreten von Süßwasserformen und reichlichem nordischen
Material, welches im 7apes-Sand so gut wie fehlt, läßt es als
zweifellos erscheinen, dal die Fauna von g eine gemischte ist
und aus der Zerstörung verschiedener Schichten herrührt. Dies
wird auch dadurch wahrscheinlich gemacht, daß h, die oberste
Schicht des Profils, ein 0.6-—-0.8 m mächtiger sandiger Lehm
mit Geschieben ganz den Charakter eines verwitterten Geschiebe-
mergels trägt. \
Über die Unterlage des Tupes-Sandes will ich mich hie
umso kürzer fassen, als der Aufschluß von Steensigmoos an
anderer Stelle noch eingehend beschrieben werden soll. Alles,
was unter dem Tapes-Sand liegt, fällt gleichmäßig mit 20° nach
S ein und stellt sich — vom Wasser aus gesehen — als Teil
eines großen Sattels und damit als ein zweifellos zusammen-
gehöriger Komplex dar, dessen Hauptteil der bekannte Cyprinen-
ton (c) hier 6.5 m mächtig ist. Seine Fauna ist, wie gewöhnlich,
sehr artenarm; mit bloßem Auge sieht man in der Wand nur
die großen Durchschnitte zweiklappiger Cyprinen.
Nach oben wird derselbe erheblich sandiger; diese als d
bezeichnete, etwa 3 m mächtige Partie weicht auch in der
Fauna insofern ab, als neben Oyprina tslandica nunmehr auch
Ostrea edulis, Tapes aureus und Bittium reticulatum auftreten
und stellenweise dominieren.
Nach unten wird der Cyprinenton ebenfalls sandiger, in
dieser 1.3 m mächtigen Partie b wird Oyprina fast ganz von
Mytilus edulis verdrängt, der stellenweise die Schichtflächen
geradezu bedeckt.
Den tiefsten Teil des Komplexes bildet endlich ein Süß-
wassermergel a, im Profil etwa 2 m mächtig entblößt, aber durch
Graben noch bis 1.5 m unter dem Wasserspiegel nachgewiesen.
An der oberen Grenze gegen den Mytiluston findet sich eine
dünne, mit zahlreichen Eichenblättern und einzelnen Käferresten
erfüllte Lage; dann wird das Gestein allmählich lockerer und
reicher an Diatomeen, bis es schließlich ganz in einen dunkel-
grauen Diatomeenpelit übergeht, dessen Schichtflächen mit zer-
drückten Schalen von Anodonta und Pisidium bedeckt sind.
Dal der Cyprinenton überall in naher Verbindung mit Süß-
wasserabsätzen gestanden hat, geht mit Sicherheit daraus hervor,
daß an allen schleswigschen, wie dänischen Fundorten einzelne
Süßwasserformen darin beobachtet sind. Welcher Art diese
Verbindung war, ließ sich an den schleswigschen Fundorten (die
dänischen kenne ich nicht) aber nicht feststellen, da sie wohl
ohne Ausnahme nur Schollen von Cyprinenton im Geschiebe-
mergel darstellen. So ist denn das Profil von Steensigmoos
berufen, auch auf den Cyprinenton neues Licht zu werfen.
Auch die südliche Fortsetzung des Profils ist nicht ohne
Interesse. Unmittelbar neben der eingangs erwähnten Fischer-
hütte, also in etwa !/e km Entfernung, finden sich diskordant
über diluvialem Spatsand und teilweise von einem Geschiebe-
mergel bedeckt von oben nach unten
1) braune Mergel mit Tapes aureus
2) helle Sande mit Bittium reticulatum
3) graue Mergel mit Mytilus edulis und
4) grünlichebis dunkelgraue Süßwassertone und Diatomeenpelite,
deren Beziehungen zu dem eben geschilderten Profil wahrschein-
lich derart sind, daß 2 der Schicht g, 1 einer umgearbeiteten
Scholle von d, 3 und 4 aber größeren, wenig veränderten
Schollen von b und a entsprechen.
An der Besprechung beteiligten sich die Herren BRANco
und JENTZSCH.
Herr O0. H. ERDMANNSDÖRFFER sprach über die
Altersbeziehungen zwischen Gabbro und Granit im
Brockenmassiv.
Während Lossen seine Ansichten über die gegenseitigen
Altersverhältnisse von Gabbro und Granit im Brockengebiet in
den Satz zusammenfaßte, „daß die Eruption der basischeren Eu-
granite (Diorite, Gabbros etc.) eine vorübergehende Phase
während der längere Zeit vor und nach ihrer Aufpressung an-
dauernden Graniteruption war“, haben neuere Untersuchungen
den Vortragenden zu dem Resultat geführt, daß der Harzburger
Gabbro zweifellos älter ist als der Brockengranit. Die von
Lossen als Einschlüsse im verwitterten Harzburgit des oberen
Radautales aufgefaßten Granitpartien haben sich als Gänge in
diesem Gestein herausgestellt, sodaß das jüngere Alter des
Granites hier zweifellos ist, ebenso wie ja bekanntlich an allen
andern Stellen, wo Gabbro und Granit miteinander in Berührung
kommen. Im Granitgebiet selbst sind keine wesentlichen Alters-
unterschiede wahrzunehmen; der Kerngranit, die „Gabbro-Granit-
ee
zone“ und der Ilsensteingranit sind durch allmähliche Übergänge
miteinander verbunden. Die mikropegmatitischen Granite der
„Gabbro-Granitzone*“ haben außerdem erheblich größere Aus-
dehnung, als man bisher angenommen hatte: sie reichen am
Ostrande des Brockenmassivs bis in die Gegend südlich
von Schierke, im Westen bis zum Sonnenberger Wegehaus
bei St. Andreasberg, umgeben also in Gestalt eines nach
Süden geöffneten Bogens den Kerngranit. Die dioritischen Ge-
steine der Hohne, der Hippeln und der Gruhe sind sonach, wie
dies Rosenguscn!) früher einmal ausgesprochen hat, „eine zur
Granitformation des Brockens gehörige Randzone“, die durch
Differentiation :ihren heutigen Habitus erlangt hat. Da hieraus
aber die Schlußfolgerung zu ziehen ist, dal diese Zone nicht
gleichaltrig mit dem Harzburger Gabbro ist — mag auch das
Zeitintervall kein bedeutendes gewesen sein — da ferner in ihr
nicht gabbroide, sondern dioritische Gesteine neben den Graniten
die Hauptrolle spielen, so dürfte es angemessen sein, den
Namen Gabbro-Granitzone, der ja gerade unter der Voraussetzung
der Gleichwertigkeit aller basischen Eugranite des gesamten
Brockenmassivs geschaffen worden ist, fallen zu lassen, und ihn
etwa durch Granit-Dioritzone zu ersetzen.
Der auch von Lossen betonte gemeinsame magmatische Ur-
sprung des Harzburger Gabbros und des Brockenmassivs wird
dadurch erwiesen, dal analoge dioritische Gesteine auch als
saure Facies im Gabbro auftreten. Hierher gehört z. B. auch
der von STRENG analysierte „Gabbro“ von der Chaussee nach
Torfhaus. Stellenweise (z. B. im Riefenbachtal) gehen diese
Vorkommnisse durch reichliche Aufnahme von Orthoklas in eigen-
tümlich struierte Gesteine über, die gewissen der Bröggerschen
Orthoklas- Plagioklasgesteine (Monzonitreihe) nahe stehen dürften.
Ausführlichere Mitteilungen werden in den Veröffentlichungen
der Kgl. geologischen Landesanstalt und Bergakademie gegeben
werden.
An der Besprechung beteiligten sich die Herren Raurr,
Branco, BERG und SOLGER.
Herr GAGEL sprach über ein neues pflanzenführen-
des Interglacial bei Emshorn.
Dort sind durch fünf Bohrungen am Rande der Geest in einem
Raum von 400 m O-W und 200 ın N-S Entfernung folgende
Schichten nachgewiesen:
0,4—3,2 m Alluvium (Moorboden-Torf ete.),
bis zu 4,7 bez. 8,4 m Tiefe Geschiebedecksand,
!) Mikrosk. Physiogr. II. Aufl. S. 37 u. 38.
— 16 —
darunter folgt in einer Bohrung 5 dem Geschiebelehm, in vier
Bohrungen 2—4 dem ganz grobe Gerölle, die offenbar den Rest
der zerstörten Moränenbank darstellen.
Darunter folgt in vier Bohrungen eine Serie von kalkhaltigen,
slacialen bez. fluvio-glacialen Bildungen, nämlich:
4—10 m Sand und Tonmergel,
0,8—1,8 m Geschiebemergel,
10—20 m Kies, Sand und Tonmergel,
in einer Bohrung nur Sande.
Darunter liegt eine Serie von kalkfreien bez. sehr kalkarmen
Sanden mit Einlagerungen von Tonbänkchen, Humusstreifen,
Faulschlamm, Faultorf und Lebertorf. Der Fauischlamm enthält
außer zahlreichen, nicht figurierten, humosen Bestandteilen
Koniferenpollen, verschiedenartige Sporen, Bacillariaceen, Nadeln
von Spongilla, unbestiiambare Dicotyledonenhölzer sowie das Holz
einer ausgestorbenen Taxacee, deren nächste Verwandte Podo-
carpus, Phyllodatus etv. jetzt in subtropischen Gegenden leben.
Darunter folgt in drei Bohrungen 11—21 m Geschiebemergel und
unter diesem in einer Bohrung miocäner Glimmerton.
Das kalkfreie, pflanzenführende Interglaciai liegt in den einzelnen
Bohrungen in 18—21 m. 21,8-24,5 m, 23,5 —27 m und
34—535,5 m Tiefe, also 11—27 m unter dem Seespiegel.
Es ist also ein ganz zweifelloses Interglacial zwischen zwei
Moränen nachgewiesen, mit Pflanzen, die jedenfalls nicht
arktisch sind.
In 6 km Entfernung SSW davon sind auf einem
Raum von 300 m N-S und 500 m 0-W Entfernung
23 Bohrungen herunter gebracht, die folgendes Profil ergaben
1—2,5 bez. 5 ın Flugsand,
2,5—10 m mächtiger Geschiebedecksand mit Kiesbänken,
6—22 m mächtige Obere Grundmoräne mit en.
wasserfreien Einlagerungen; an zwei Stellen wurde diese
Moräne mit 27,6 bez. 28,4 m nicht durchbohrt,
3—15,5 m kalkfreie oder ganz auffallend kalkarme
Sande mit starker Wasserführung. Darunter eine
Untere Moräne, die an den Stellen, wo sie durchbohrt
wurde, 3—8 m mächtig war, und die an drei Stellen
auf miocänem Glimmerton, an fünf Stellen auf Braun-
kohlentertiär liegt.
Nach den oben erwähnten Ergebnissen der Bohrungen im
Norden der Stadt wird man wohl nicht fehlgehen, den Horizont
der kalkfreien Sande zwischen den beiden Moränen ebenfalls als
interglaciale Verwitterungsschicht zu deuten.
Eine genauere Bearbeitung der Bohrungen wird demnächst
— 17 —
im Jahrbuch der Königl. geolog. Landesanstalt und Bergakademie
erfolgen. | | /
An der Besprechung beteiligten sich die Herren JEnTzscH,
WAHNSCHAFFR, SOLGER und E. Meyer.
Herr JENTZSCH sprach über das Nordostdeutsche Erd-
beben vom 23. Oktober 1904. Das nordostdeutsche Flach-
land gehört im allgemeinen zu den erdbebenärmsten Gebieten der
Erde. Zwar wurde am 6. März 1872 das Mitteldeutsche Erd-
beben bis Berlin empfunden und im Jahre 1755 das große
Erdbeben von Lissabon bis in der Gegend von Lübeck. Aber
aus Ost- und Westpreußen lagen, abgesehen von vereinzelten,
völlig unkontrollierbaren Beobachtungen, nur aus dem Jahre 1303
in der alten Dusgureschen Chronik Nachrichten vor, welche
mit einiger Wahrscheinlichkeit auf ein — als drei Stöße
empfundenes — Erdbeben bezogen werden konnten. Etwas
wirklich Sicheres war auch darüber wegen der Dunkelheit jener
Zeiten nicht mehr zu ermitteln. Diese fast völlige seismische
Immunität erschien leicht verständlich, weil dort lose aufgeschüttete
Diluvial- und Tertiärschichten von zusammen bis 200 m und mehr
Mächtigkeit fast allerorten das ältere Gebirge verhüllen und selbst
die mesozoischen Schichten teilweise wenig Festigkeit zeigen. Um
so bemerkenswerter war es, daß zufolge Zeitungsnachrichten an
verschiedenen Orten des Gebietes am Sonntag, den 23. Oktober
d. Js. Erdstöße gespürt worden sein sollten. Da die dort so
große Seltenheit der‘ Erscheinung eine wissenschaftliche Feststellung
erwünscht erscheinen ließ, verbreitete auf Anregung des Vortragenden
die Königliche Geologische Landesanstalt eine Aufforderung zur
Einsendung der etwaigen Erdbebenbeobachtungen an verschiedene
Behörden und Zeitungen. Der Erfolg war ein günstiger. Durch
zahlreiche Nachrichten, darunter solche von unanfechtbarer Zu-
verlässigkeit, ist festgestellt, daß zur selben Zeit, etwa 11!/s Uhr
vormittags, schwache, eben noch fühlbare Erdstöße in sehr vielen
Orten der Provinzen Pommern, West- und Ostpreußen, und zwar
von Greifswald bis Memel wahrgenommen wurden. Auf einer aus-
gehängten Karte hatte Vortragender diese Orte durch rote
Punkte hervorgehoben, und es ließ sich so der deutsche Teil
des Schüttergebietes leicht überblicken. Das Epizentrum des
Bebens lag in Schweden, von wo sich die Wellen über einen
großen Teil Schwedens, Norwegens, Dänemarks, sowie ostwärts
nach Finland und bis Petersburg fühlbar verbreiteten. !)
't) Nach gefl. Mitteilung des Herrn Doss wurden sie auch in Kur-,
Liv- und Estland gespürt.
—- 18 —
Der deutsche Teil des Schüttergebietes kennzeichnet sich in
den Erdbebenwellen (wie bekanntlich auch in seinem geologischen
Bau) als ein Vorland des skandinavischen Schildes.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
V. W. 0.
BRANco. J. Bönm. FE. ZIMMERMANN.,
— 189 —
11. Protokoll der Dezember - Sitzung.
Verhandelt Berlin, den 7. Dezember 1904.
Vorsitzender: Herr BBANCOo.
Das Protokoll der November-Sitzung wurde vorgelesen und
genehmigt.
Der Vorsitzende widmete dem am 10. November im
70. Lebensjahre zu Dresden verstorbenen Mitgliede Dr. Morırz
ALFONS STÜBEL einen warmen Nachruf: |
Im November dieses Jahres 1904 ist ALFONS STÜBEL,
70jährig, aus der Mitte der Vulkanologen geschieden.
Anfangs der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts war
es, da zog StÜüsen mit Reıss zusammen hinaus in die Welt,
Vulkane zu studieren. Einige Monate wollten sie für die Feuer-
berge in Peru und Columbia verwenden, auf rein geologische
Probleme sollte die Untersuchung sich beschränken. Aber wie
anders kam das! Zunächst zeigte sich, daß sie, um nutzbringend
arbeiten zu können, überhaupt erst eine kartographische Unterlage
sich schaffen mußten. So ergab sich von vornherein für beide
Reisegenossen die Notwendigkeit einer Trennung. Während Reıss
die trigonometrische Vermessung der einzelnen Vulkangebiete
unternahm, sorgte StÜüßer für die bildliiche Aufnahme derselben.
Doch noch zwei weitere Umstände wirkten außerordentlich
erschwerend auf ihre Arbeiten ein. Einmal der Gährungsprozeß,
in welchem sich die sozialpolitischen Zustände dieser Republiken
befanden. Zweitens und in noch höherem Grade die ungünstigen
meteorologischen Verhältnisse. Wochenlang oft mußte ein wolken-
bedeckter Berggipfel ins Auge gefaßt werden, bis er sich einmal
entschleierte und man eine Zeichnung von ihm entwerfen konnte;
Gefahren und Mühseligkeiten harter Art mußten überwunden
werden, um in dem zum teil unwirtlichen Klima der Anden die
schneebedeckten Gipfel der Vulkanberge besteigen zu können;
unablässige Opfer an materiellen Mitteln mußten gebracht werden,
um das Ziel zu erreichen. Einige Monate hatten es werden
— 10 —
sollen. Als aber Srtüser und Reıss den Anden und deren Vul-
kanen den Rücken kehrten und heimwärts nach Deutschland zogen,
da war inzwischen .der Zeiger der Weltuhr um volle zehn Jahre
weiter vorgerückt.
Ein gewaltiges Material an Gesteinen und auch Versteinerungen,
an Bildern, Beobachtungen und Kenntnis bisher wenig oder
garnicht bekannter Vulkane führten sie mit sich heim. Zunächst
fanden jene Gesteine und fossilen Säugerreste aus den Tuffen ihre
Untersuchung durch eine Anzahl jüngerer Forscher; denn mittler-
weile hatte sich die mikroskopische Untersuchungsmethode in der
Petrographie zu einer solchen Bedeutung ausgewachsen, daß ein
vollständig neues Studium für die beiden Forscher notwendig
geworden wäre, wenn sie selbst die Gesteine hätten mikroskopisch
untersuchen wollen. Es blieb ja auch ohnedies überreicher Stoff
für sie zurück.
Doch ein hartes Geschick schob hemmend seinen Riegel vor.
Gleich nach der Heimkehr ward Rrıss schwer augenleidend; und
die bedrohlichen Anfälle wiederholten sich fortgesetzt von Zeit
zu Zeit und machten ein Arbeiten unmöglich. So erklärt es
sich, daß erst nach langer Zeit, 1897, die erste langersehnte
Arbeit erschien, in welcher StÜsEeL seine „Vulkanberge von
Ecuador“ schilderte. Leider ließ es sich nicht ermöglichen, die
überaus zahlreichen Bilder, welche StÜüßeL von diesen Vulkanen
teils selbst gemalt, teils hatte malen lassen, in dieser Arbeit
wiederzugeben. So brachte diese nur den Text zu den Bildern,
während diese selbst dem Museum für Völkerkunde in Leipzig
überwiesen wurden. Dort füllen sie einen großen, durch Quer-
wände in 25 Räume geteilten Saal. Aber auch ohne diese Bilder
gab der Text doch eine Fülle von Belehrung; 41 selbständige
Vulkanberge, unter denen noch 3 bez. 4 tätige, lehrte er uns
kennen.
Auf Grund dieses langjährigen Studiums war STÜBEL be-
kanntlich zu einer ganz neuen, einer genetischen Einteilungsweise
der Vulkane gelangt. Er unterschied monogene Vulkanberge, die
gewissermaßen aus einem Gusse hervorgegangen seien; wenn dieser
Prozeß auch lange Zeiträume hindurch angedauert haben, wenn
es auch zur Bildung loser Auswurfsmassen gekommen sein könne —
der Berg sei doch in seinem Innern stets flüssig, plastisch,
beweglich geblieben, bis er vollendet war; und während der ganzen
Zeit sei langsam immer wieder neuer Nachschub von Magma
erfolgt. Diesen monogenen stellte er gegenüber die polygenen
Vulkanberge, die durch intermittierende Tätigkeit aufgeschüttet
wurden; hier erstarrte der Berg vollständig während der Ruhe-
pausen. Jeder polygene Vulkan hat als monogener begonnen.
— 191 —
Fast alle diese großen Feuerberge Ecuadors, und zwar gerade
auch die gewaltigsten unter ihnen, waren nach SrÜüsens Ansicht
_ monogen.
Von der einleuchtenden Ansicht ausgehend, daß die Annahme
eines allgemeinen, in großer Tiefe liegenden Schmelzherdes mit
sroßen Schwierigkeiten zu kämpfen habe, stellte SrÜügeL sich auf
die Seite derer, welche das Vorhandensein zahlreicher, kleiner,
isolierter, flachgelegener Schmelzherde für wahrscheinlicher halten.
Die Art und Weise aber, in welcher er die Herkunft derselben
zu erklären suchte, war abweichend von den bisher versuchten
Erklärungsversuchen. Bekannt sind ja seine Vorstellungen von
dem Entstehen der „Panzerung* der Erde in den frühesten Zeiten
infolge von steten Durchbrechungen der dünnen Erdrinde von
Seiten des Magmas; von dem Entstehen übereinandergelegener,
die Erstarrungsrinde überlagernder Schmelzherde immer höherer
Ordnung, aus denen die Vulkane gespeist würden; von der
plötzlichen Ausdehnung des Magmas, wenn es auf einem gewissen
Grad seiner Abkühlung angelangt sei, wodurch dann der Ausfluß
eines Teiles desselben erfolge; von der Entstehung der Üälderen
durch Einsturz infolge Verschwindens des Magmas in der Tiefe;
von der Entstehung der Mondkratere als monogene Bildungen mit
darauf folgendem Verschwinden der Lava in die Tiefe; von dem
Fehlen tiefer, praeexistierender Spalten, das heißt also von der Kraft
des Schmelzflusses, sich unabhängig von Spalten Auswege zu
bahnen.
In raschester Folge gab STÜBEL nun noch vier weitere
Arbeiten im Jahre 1903 heraus: „Das nordsyrische Vulkangebiet, “
in welchem er die Beweise für seine Anschauung zu erbringen
suchte, daß eine an die Erdoberfläche getretene Lavamasse sich
ihrerseits wieder zu einem Herde höherer Ordnung gestalten kann,
von welchem denn selbständig Eruptionen ausgehen und Kegel
gebildete werden. Weiter kam die „Karte der Vulkanberge
Antisana. Chacara etc.,“ in welcher er abermals Beweise für
seine Anschauung zu erbringen suchte, daß es Vulkane im Sinne
der älteren Auffassung, welche eine das tiefe Erdinnere entlastende
Rolle spielen sollten, nicht gebe. Der verderbliche Ausbruch
auf Martinique 1903 gab StÜügerL Veranlassung, einen „Rückblick
auf die Ausbruchperiode des Mont Pele auf Martinique vom
hetoretischen Gesichtspunkte aus“ zu schreiben. Die umfassendste
Darlegung seiner Anschauungen aber gab er in seinem Werke
„Über die genetische Verschiedenheit vulkanischer Berge.“
Es ist hier nicht der Ort, Srüsers Lehre kritisch zu
beleuchten. Die Zeit wird sie klären, wird das, was richtig an
ihr ist, zur allgemeinen Anerkennung bringen, das, was nicht
— 12 —
haltbar ist, hinwegnehmen. Allezeit aber wird ALrons STÜBELS
Name unter den Vulkanologen unvergessen sein.
Die Anwesenden erhoben sich zu Ehren des Verstorbenen
von ihren Plätzen.
Der Gesellschaft wünschen als Mitglieder beizutreten:
Herr Bergassessor MENnTZEL zu Bochum,
vorgeschlagen durch die Herren BeyscuLaGg, Künn
und ZIMMERMANN;
Herr cand. phil. Autsure zu Berlin,
vorgeschlagen durch die Herren BrAnco, JAEKEL
und PhıLıpp1;
Herr Geolog Dr. O. Sturzer zu Heidelberg,
vorgeschlagen durch die Herren Rosengusch,
E. BEcKER und SALOMON;
Herr cand. geol. Erıcan Scamipr zu Schmargendorf,
vorgeschlagen durch die Herren DAarHE, BRAnco
und DENCKMANN;
Herr Dr. Paur Hermann, Assistent am K. Material-
prüfungsamt, Gr. Lichterfelde,
vorgeschlagen durch die Herren SALomon, ERrD-
MANNSDÖRFFER ‚und J. Böum;
Herr Dr. phil. ApaLsert NeischL, Major a. D
Nürnberg, Lindenaststr. 29,
vorgeschlagen durch die Herren BascHın, KırscH-
STEIN und von KNEBEL.
Der Vorsitzende gab Kenntnis von der Einladung zu dem
Internationalen Kongreß für Bergbau und Angewandte Geologie,
der in Verbindung mit der Weltausstellung vom 26. Juni bis
1. Jali 1905 zu Lüttich stattfinden und von dem die Sektion IV
(Angewandte Geologie) besonders die belgisch - westfälischen
Kohlenbecken und Erzlagerstätten, sowie die Hydrologie desselben
Gebietes behandeln werde.
Hierauf legte der Vorsitzende die im Austausch eingegangenen
Zeitschriften vor und besprach die von den Autoren als Geschenk
an die Bibliothek eingegangenen Bücher:
GAGEL, C., Einige Bemerkungen über die Obere Grundmoräne in
Lauenburg. S.-A. a. Jahrb. Kgl. Preuß. geol. L.-A. u. Bergakad.
1903. 24. (3). Berlin 1904.
KAUNHOWEN, FR. und KRAUSE, P. G., Beobachtungen an diluvialen
Terrassen und Seebecken im östlichen Norddeutschland und ihre
Beziehungen zur glacialen Hydrographie. S.-A. a. Jahrb. Kel.
Preuß. geol. L.-A. u. Bergakad. f. 1903. 24. (3) Berlin 1904.
KruscH, P., Die Geschichte der Bergakademie zu Berlin von ihrer
Gründung im Jahre 1770 bis zur Neueinrichtung im Jahre 1860,
Berlin 8°. 1904.
22
ur —
Tırrany et Co., Catalogue de la collection de pierres pre&cieuses.
New York.
WASHINGTON, H. S., Manual of the chemical analysis of rocks. 8°.
New York 1904.
Der Schriftführer verkündete als Ergebnis der inzwischen
stattgehabten Auszählung der Wahlabstimmungen: es sind im
sanzen 126 siltige Stimmzettel eingelaufen; 12 Stimmzettel
mußten als ungiltig zurückgewiesen werden, weil auf ihren Um-
schlägen der Name des Absenders nicht angegeben war. Es
wurden gewählt:
a. in den Vorstand:
Herr Bryscauas, als Vorsitzender.
Herr WAHNSCHAFFE, |
Herr SCHMEISSER,
Herr J. Bönm, |
Herr Denckmann, als Schriftführer.
Herr GAGeEL,
Herr PhıLiıppi,
Herr JentzscH als Archivar.
Herr Darauze als Schatzmeister;
b. in den Beirat:
als stellvertretende Vorsitzende.
die Herren BALTZEr-Bern, FraAas-Stuttgart, KAvser-Marburg,
TıEtzEe- Wien, Steınmann -Freiburg, RoTHPLETZ- München.
Die Stimmenzersplitterung war auch diesmal bei ver-
schiedenen Stellen eine sehr große, ein Umstand, der die
Zählung langwierig machte, und in dessen Voraussicht schon der
Beginn der Sitzung früher als sonst festgesetzt worden war.
Herr PASSARGE sprach über Rumpfflächen und Insel-
berge.
Seitdem Davıs im Jahre 1839 den Begriff der Peneplain
aufgestellt und diese im Gegensatz zu v. RıcHhTHorEns Abra-
sionsflächen durch langsame Abtragung erklärt hat, ist das Thema
der Peneplains und Monadnocks, d. h. der einzelnen, aus wider-
standsfähigem Gestein bestehenden Erhebungen, sehr beliebt ge-
worden. Ja man kann sagen, es ist oft genug ein solcher Miß-
brauch mit diesen Bezeichnungen getrieben worden, daß sie etwas
in Mißkredit geraten sind. In Afrika finden sich nun Pene-
plains und Monadnocks von einer Ausdehnung und Vollkommen-
heit, wie sie sich selbst Davıs wohl nicht vorzustellen gewagt hat.')
!) Auf den Vergleich der Inselberglandschaften mit den von den
Amerikanern beschriebenen Peneplains beabsichtigt der Verfasser in
einer besonderen Arbeit zurückzukommen, da sich dieses Thema
nicht mit wenigen Worten abmachen läßt.
a
BoRNHARDT!) hat sie unter dem Namen „Inselberglandschaft“
aus Ostafrika beschrieben, der Verfasser selbst hat sie in Süd-
afrika in grossartigstem Maßstabe kennen gelernt und in einer
grösseren Arbeit?) aus dem Inneren Südafrikas beschrieben.
Die Verbreitung der Inselberglandschaften.
Die Inselberglandschaft ist über den größten Teil von Afrika
verbreitet. Sehen wir von den Zeugenlandschaften der Karro und
der Sahara ab, wo aus flachgelagerten sedimentären Schichten Tafel-
berge durch Winderosion gebildet worden sind, so zieht eine Zone
von Inselberglandschaften?) durch den ganzen Sudan vom Senegal
bis zum Roten Meer. In Abessinien, im vulkanischen Grabengebiet
Ostafrikas und im aus marinen Kreide- nnd Tertiärablagerungen
aufgebauten Osthorn fehlt sie. Mit der Massaiebene beginnt sie
aber sofort von neuem und zieht sich durch Südafrika bis zu
den flachgelagerten Karroschichten hin. Sie fehlt im Kongo-
becken mit seiner Sandsteindecke und vielleicht auch in dem er-
höhten Westrand zwischen Kamerun und Angola.
Diese Inselberglandschaften bestehen ans weiten Ebenen,
wirklichen Ebenen, nicht welligem flachen Hügelland, aus denen,
wie Inseln aus dem Ozean, einzelne Berge aufragen. Letztere
können wenige Meter hohe Kuppen bis mehrere tausend Meter
hohe Gebirgsstöcke und -Massive sein. Stets aber geht die
Ebene wie ein Tisch an den steilen Hang der Insel heran, ohne
ein den Übergang vermittelndes Hügelland oder eine ausgedehnte
Böschung.
Die gleichen Inselberglandschaften findet man in ungeheuerer
Verbreitung im Gebiet des alten westaustralischen Rumpfes.
Selbst noch aus den Kreideschichten der mittleren Beckenregion
ragen einzelne Inseln älterer Gebirge auf.
Eine in Zerstörung begriffene Inselberglandschaft findet man
vielleicht auf der alten Festlandmasse von Guyana. Isoliert ragen dort
hohe Gebirgsmassive und Höcker von Granit aus flachem, welligem
Gneisland auf. Aber die Wasserscheiden sind überall so niedrig,
daß man das Kanoe als einziges Beförderungsmittel benutzt, in-
dem man es zwischen den zahllosen Quellflüssen des Orinoko, Rio
Negro, Amazonas und der Küstenflüsse von Guyana hin und
her trägt, je nach Bedarf,
!) Zur Oberflächengestaltung und Geologie Deutsch-Ostafrikas.
Berlin 1900.
?) PASSARGE, Die Kalahari, Berlin 1904.
®) PASSARGE, Die Inselberglandschaften im tropischen Afrika.
Naturwissensch. Wochenschrift, 1904.
— 195 —
Der geologische Aufbau.
Vergleichen wir den geologischen Bau aller dieser Insel-
berglandschaften unter einander, so erkennt man, daß sich mög-
licherweise alle auf einen Typus zurückführen lassen, der sich
in Südafrika in ausgedehntem Maße beobachten läßt, nämlich
auf den Betschuana-Typus. Dieser besitzt folgende Be-
schaffenheit.
Die Berge bestehen aus widerstandsfähigen Gesteinen, wie
Granit, Diorit, Gabbro, Quarzfels, Quarziten, Chalcedon, Eisen-
quarzitschiefer u. a. Granit ist am häufigsten — die Ebenen dagegen
aus leichter zerstörbaren Gesteinen, wie schieferigen Gneisen,
kristallinen Schiefern, Schiefertonen, Sandsteinen, Kalkmergeln
und Kalken. Die Lagerung der Gesteine ist nicht flach, sondern
gestört. Die Ebene geht also über die Schichtenköpfe hinweg.
Die Gesteine weisen keine Tiefenzersetzung auf, sondern sind
meist. relativ sehr frisch. Rote, sandige und lehmige Verwitterungs-
produkte sind als meist dünne Decke über die Oberfläche der
Gesteine ausgebreitet. Sie sind nicht ursprüngliche, in situ be-
findliche, sondern durch Wind und Regengüsse ausgebreitete Ver-
witterungsprodukte. Die Quelle für diese Decksande und Deck-
lehme, wie sie meist genannt werden, sind die aufragenden
Gesteine. Die Decke jüngerer Bildungen füllt zweifellos Ver-
tiefungen des Grundgesteins aus, und auf ihr beruht ganz
wesentlich die ebene Beschaffenheit des Bodens, allein die Ge-
steinsoberfläche ist doch nicht etwa ein zerschnittenes oder
welliges Hügelland, sondern selbst eine ebene Fläche. Das kann
man in Wasserrissen oder an fortwährend aufragenden Gesteins-
flächen erkennen. Wo die Decksande und -lehme so mächtig
werden, daß sie auf weite Strecken hin das Gestein der Ebene
verhüllen, ist die Beschaffenheit der Gesteinsoberfläche natürlich
zweifelhaft.
Inselberglandschaften, „deren Ebenen aus ebenen Flächen
aufgerichteter Gesteine bestehen, sind vom Verfasser mit Sicher-
heit nachgewiesen in der Kalahari, im Betschuanenland und im
südlichen Matabeleland. Im Damaraland dürften sie, der Literatur
nach zu urteilen, die gleiche Beschaffenheit haben und ebenso in
der Massaisteppe.
Die Entstehung der Inselberglandschaften.
Wie sind solche Oberflächenformen entstanden ’?
Sicherlich gibt es an und für sich verschiedene Formen der
Inselberglandschaften. Die Berge können durch vulkanische, tek-
tonische oder zerstörende Kräfte entstanden sein, die Ebenen da-
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 1904. 13
— 1% —
gegen Einbrüchen, Aufschüttungen oder Zerstörungen ihr Dasein ver-
danken.
In Südafrika liegt eine durch Zerstörung der Gesteinsober-
fläche entstandene Inselberebildung vor. Für Horste sind die
meisten Berge zu klein, außerdem sind sie oft genug petrographisch
einheitliche Massen, die sich von dem Gestein der Ebene unter-
scheiden. Vulkanismus fällt ganz weg. Die Ebenen aber sind
nicht tektonische Flächen, nicht Aufschüttungsflächen, sondern
Zerstörungsflächen, und zwar Rumpfflächen!), wie sie nach
dem Vorgange v. RicHTHOFENnsS genannt seien.
Welches waren die zerstörenden Kräfte?
Permotriassische Ablagerungen von terrestrischem Charakter
bedecken Teile Südafrikas, im mittleren Jura erfolgten die großen
Randbrüche des heutigen Sockels”), seitdem haben sich an diesen
marine Randbildungen angelagert. Da paläozoische marine Schichten
auch nur im äußersten Süden nachgewiesen sind, so ist. Südafrika
wahrscheinlich seit dem Kambrium und vielleicht seit noch früherer
Zeit nicht mehr vom Meer bedeckt gewesen. Marine Entstehung
der Ebenen kann man also wohl ausschließen, zumal die Bildung
derartiger Inselberge nicht für marine Abrasion charakteristisch
ist. Demnach ist subärische Abtragung allein verantwortlich zu
machen, und die Ebenen sind subärische Rumpfflächen.
Welche subärischen Kräfte haben die Abtragung bewirkt?
Eis können wir wohl ausschließen. Eine so gewaltige Ver-
gletscherung ganz Südafrikas ist einmal unwahrscheinlich, sodann
schaffen Gletscher andere Oberflächenformen.
Wasser ist nicht imstande solche Ebenen zu urodieren.
Seine Erosionskraft wirkt hauptsächlich in die Tiefe, nur ausnahms-
weise in die Breite. Bei sehr lange andauernder Abtragung kann wohl
eine „Peneplain*“ zustande kommen, d. h. ein flaches welliges Hügel-
land, aber keine Fläche, wie die Ebenen der Inselberglandschaften.
Vor allem ist eine Entfernung des Gesteins bis an den Fuß der
Berge als glatte Fläche unmöglich, zumal ohne Ablagerung von
Sedimenten. Dazu kommt, daß die Vegetation, die im regen-
reichen Klima nie fehlt, jede Erosion verhindert, sobald das Ge-
!) Folgende Bezeichnungen seien hier angewandt. Zerstörungs-
fläche = Destruktionsfläche: allgemeiner Ausdruck für jede
durch Gesteinszerstörung entstandene Fläche. Rumpffläche: eine
aus aufgerichteten Schichten — meist altem Faltengebirge — be-
stehende Fläche. Sie ist eine bestimmte Unterart der Zerstörungs-
fläche, gleichgiltig welche Entstehungsweise sie besitzt. Die Zer-
störungsfläche kann eine Abtragungsfläche = Peneplain oder
eine Abrasionsfläche sein. Erstere ist durch subärische Abtragung,
letztere durch marine Transgression entstanden.
?) PASSARGE a. a. O. Cap. XXXV.
— 19 —
hänge eine gewisse Neigung erreicht hat. Schließlich muß sich
unter einer Vegetationsdecke die Tiefenzersetzung im Laufe der
unendlichen Zeiträume geltend machen, die wohl verschieden auf
die Gesteine einwirkt, aber z. T. umgekehrt wie die bei der
Inselbergbildung tätig gewesenen Kräfte es getan haben. Granite,
Gabbros,Diabase würden zersetzt, Schiefertone unverändert ge-
blieben sein.
Inselberglandschaften schafft heutzutage die Winderosion in
Wüsten, nämlich. die bekannten Zeugenlandschaften. Wir kennen
sie freilich hauptsächlich nur aus Gegenden mit flachgelagerten
sedimentären Schichten von Kreide und Tertiär in der Sahara,
von Karroschichtten in Südafrika, von Wüstensandstein in
Australien u. s. w., allein wenn man die Konsequenzen zieht,
muß in kristallinen Gebieten, in aufgerichtetem gefaltetem Gebirge
eine Oberflächenform vom Charakter der Inselberglandschaft
entstehen.
Weitere Anzeichen für ein Wüstenklima während
der Inselbergbildung,
In Südafrika fällt die Zeit der Inselbergbildung im wesent-
lichen in die lange Kontinentalperiode vom Permokarbon ab.
Wenn in dieser Zeit ein Wüstenklima geherrscht haben sollte,
so müßte man im Bereich der Inselberglandschaften auch noch
andere Anzeichen dafür antreffen. Diese sind in der Tat vor-
handen. !)
a) Härtere Schichtenköpfe aufgerichteter Gesteinene sind
in den Gesteinsfeldern der Kalahari herausgewittert als
einige Meter hohe Wälle von z. T. vielen Kilometern Länge.
Dieselbe Bildung findet man in Wüsten. Tr. Fıscmer be-
schreibt sie z. B. aus Grauwacken in der Wüstensteppe des
marokkanischen Atlasvorlandes. !)
b) Geschlossene Hohlformen, wie sie nur der Wind
schaffen kann, Kessel, Mulden von einigen (bis 20) Metern
Tiefe sind in das harte Gestein eingesenkt.
c) Breecienbildungen infolge von Zerplatzen der Gesteine
an der Oberfläche treten in grosser Verbreitung auf. Der
eckige Schutt ist frisch und unverwittert, Diese Breceien
sind später verkittet worden durch Sand, Kalk oder
Kieselsäure.
d) Kieselsäurebildungen sind in allen Wüsten häufige Er-
scheinungen. Sie dürften erklärt werden durch die An-
reicherung der Salze, namentlich der kohlensauren Alkalien,
') FISCHER, Ergänzungsheft von PETERMANNSs Mitteil., No. 133,
Se 4,
13*
— 198 —
die Kieselsäure stark lösen. Wenn in Wüsten, wo sich
solche Salze angehäuft haben, feuchtes Klima beginnt, so
ist die Möglichkeit gegeben, daß große Massen kohlen-
saurer Alkalien gelöst werden, ihrerseits Kieselsäure lösen
und nun auf die Gesteine wirken. Diese Wirkung besteht
in der Ausfällung von Opal und Chalcedon in lockeren
Sanden und Gesteinen infolge von Verdunstung — Ein-
kieselung Karkowskys!) — und in Umwandlung von Kalk
in Chalcedon (Verkieselung KaLkowskys). .. Beide Prozesse
sind von BıscHor bereits experimentell untersucht worden.
Daß die Salze gerade bei der Entstehung von Kieselsäure-
lösungen stark beteiligt sind, zeigt das Auftreten rezenter
Chalcedonbildungen in Salzpfannen des Makarrikarribeckens,
und auch in Australien werden Kieselsäurebildungen als
Salzpfannenablagerungen erwähnt. °)
Durch Kieselsäurelösungen entstanden die Chalcedon-
sandsteine, durch Chalcedonsandsteine verkittete Breccien in
situ und „Übergangsgesteine“. Letztere bestehen aus
feinem, zerfallenem, unzersetztem Gesteinsgrus, der noch die
ursprüngliche Lagerung der Bänke besitzt und durch Chalcedon
verkittet ist. Feiner Gesteinsgrus bildet aber nach Dopee°)
in den amerikanischen Wüsten den größten Teil der Zerfalls-
produkte; er nennt ihn Adobe. Schließlich sind Kalk-
steine in ausgedehntem Maße verkieselt worden.
e) Gibber plains. Die beschriebenen COhalcedonsandssteine
und eingekieselten Breccien finden sich in gewaltiger Aus-
dehnung in Süd-Australien und Queensland an der Ober-
fläche des Wüstensandsteins. Sie werden von Tarz*) auf
eine Bedeckung des Sandsteins mit Laven und heißen
Aschen zurückgeführt. Durch die Erhitzung sei das Ge-
stein zerplatzt, die Breecien aber später verkieselt worden.
Die vulkanischen Gebilde seien total denudiert worden
bis auf Reste, nämlich Obsidianbomben, die sich lokal
finden. Diese Obsidianbomben werden aber von manchen.
Autoren für Meteorite?) gehalten.
!) Die Verkieselung der Gesteine in der Kalahari. Dresden 1901.
?) STREICH in Transact. a. Proceed. of the R. Society of
South Australia, 26. Im Lake Lefroy S. 96, allgemein in West-
australien S. 99.
®) Bull. American Geogr. Soc. 31. S. 412—423.
*) Report ont he Work of the Horn Scieti fie. Expedition to
Central Australia. London and Melbourne 1896. 3. 8. 70.
5) F. Suess, Uber die Herkunft der Moldavite und verwandter
Gläser. Jahrb. k. k. geol. R.-A. 50, 1900.
ee
— 19 —
Die Chalcedonsandsteine und -breccien des Wüsten-
sandsteins stimmen der Beschreibung nach so auffallend mit
den gleichen Gebilden der Kalahari überein, daß ich ihnen
die gleiche Entstehung zuschreiben möchte. Der Wüsten-
sandstein ist nun in sehr großen Gebieten durch Wind-
erosion völlig entfernt worden, nur die Chalcedonsandsteine
sind in Form eckiger und abgerundeter Stücke zurück-
geblieben, die die Oberfläche der „stony plains“ oder
„Gibber plains*“ bilden. Diese entsprechen also den
Hammada- und Serrir-Bildungen der Sahara. Dasselbe
Bild, wie die Gibber plains, dürften früher Teile der
Kalahari geboten haben, da sich eckige Stücke von
Chalcedonsandstein in großer Verbreitung in jüngeren
Kalken (Pfannensandstein und Kalaharikalk) und im
Kalaharisand finden als ursprünglich eluviales Geröll, das
später verkittet wurde.
Wüstensande. Wüsten sind Centra der Sandbildung
durch Zerfall von kristallinen, an Quarzkörnern reichen
Gesteinen und von Sandsteinen. Daher findet man in
ihnen Sande als Dünenfelder angehäuft, namentlich in ver-
hältnismäßig tief gelegenen Regionen und in Gegenden mit wider-
streitenden Luftströmungen. Sande finden wir in großem
Umfang in dem Bereich der Inselberglandschaften Süd-
afrıkas. Teils sind es ältere Sande, die z. T. durch
Chalcedon verkittet sind (Botletle-Schichten), teils lose an-
gehäufte Sandmassen (Kalaharisand). Diese dürften, wenn
sie wohl auch ihre jetzige Verbreitung und Beschaffenheit
in erster Linie den Strömen und Seen der Pluvialzeit ver-
danken, doch aus der früheren Wüstenperiode stammen.
Die Anzeichen!) für eine ehemalige mesozoische
Wüstenzeit in Südafrika sind bis zum Kapland herunter
verbreitet. Zeugen, geschlossene Hohlformen in den Ebenen,
Breccienbildungen, Verkieselungen, Sandablagerungen sind
zahlreich.
Typen von Inselberglandschaften.
Wir wollen uns nun den anderen Inselberglandschaften zu-
wenden. Diese weisen zwar verschiedene Typen auf, dürften jedoch
auf den Betschuana-Typus zurückzuführen sein. Sie seien hier nur
kurz behandelt unter Hinweis auf die frühere Darstellung in dem
Aufsatz über Inselberglandschaften.?)
1) PASSARGE, a. a. O., Cap. XXXV.
?) Naturwissenschaftl. Wochenschrift 1904.
— 20 —
Dar Banda-Typus. Wenn in einer ausgeräumten Insel-
berglandschaft die Wirksamkeit der Winde nachläßt und Sand-
massen in den Ebenen liegen bleiben, sodaß die Inselberge um-
hüllt werden, so entsteht der Dar Banda-Typus. In Dar Banda
und Dar Runga ragen die Inselberge — dort Kaga genannt —
aus Sandsteinablagerungen auf. Im Ostsudan zwischen den
Anschwellungen von Darfur, Kordofan, im Sennaar und dem
Gebiet zwischen Kassala und Suakin, ferner in weiten Gebieten
des Mittel- und Westsudan ist dasselbe der Fall. Es handelt
sich um alte Sandsteine, die dem unteren Abschnitt des nubischen
Sandsteins, der in den unteren Teilen eine terrestrische Bildung
ist, entsprechen dürften. ‘Über die Beschaffenheit der Unterlage
der Sandsteine wissen wir leider noch nichts.
In Westaustralien bestehen die Inselberge meist aus Granit,
die aus einem Gneis-, Granit- und Schieferland aufragen. Fossil-
leere Sandsteine sind auf der alten Rumpffläche reichlich ent-
wickelt und hüllen oft genug die Inselberge ein. Die Oberfläche
der Felsen war mitunter im Gebiet der Viktoria Wüste in eckigen
unzersetzten Schutt zerfallen, wie ihn trockene Verwitterung
schafft, als sich jüngere Ablagerungen auf ihr bildeten. Letztere
hält Srreica!) für Obere Kreide, allein Petrefakten sind bisher
nicht gefunden worden, und dem petrographischen Charakter nach
könnten es sehr wohl Landbildungen sein.
Kordofan-Typus. Wenn auf die Wüste ein feuchtes
Klima folgt, sodaß die Niederschläge für eine Steppenvegetation
genügen, so tritt folgendes ein. Einmal beginnt unter dem Ein-
fluß der Vegetation und der Feuchtigkeit eine Zersetzung der Gesteine.
Die Niederschläge die in solchen Klimaten meist in gewaltigen
Regengüssen auftreten, schwammen die Zersetzungsprodukte von
den Bergen in die Ebenen hinab. Wind und Regen sorgen für
inre weitere Verbreitung. Indes werden die Schwemmmassen fest-
gehalten durch die Steppenvegetation — Büschelgräser und ver-
einzelte Bäume und Büsche — und erfüllen die Ebenen. Den
Inseln zunächst, die große Gebirgsstöcke bilden können, liegen
Kiese, Grande, Sande, dann folgen lehmige Sande, Lehm und
schließlich — oft in bedeutender Entfernung von den Gebirg-
stöcken — Sumpfboden aus schwarzem, humusreichem Schlamm.
Solche Ablagerungen sind in Kordofan ausgezeichnet entwickelt.
Sie nehmen im ganzen Ostsudan (Senaar, Darfur) weitere Regionen
ein, und besonders dürften sie im Westsudan zu finden sein,
wo die meisten Inselberge aus roten lehmigen und sandigen Ab-
lagerungen aufragen. In diesen Lehmen und Sanden liegen im
a. a. VEN92.
— 201 —
Gebiet des oberen Senegal und Niger die Goldseifen, wie auch
im südlichen Kordofan und Senaar.
Kordofan- und Dar Banda-Typus unterscheiden sich nur durch
die Beschaffenheit der Auflagerungen. Diese können allmählich
ineinander übergehen, und eventuell wird es später notwendig
werden, beide Typen als einen einzigen aufzufassen.
Über die Beschaffenheit des Gesteinsuntergrundes in Kor-
dofan sind wir durch die Brunnenuntersuchungen orientiert. Er muß
eine Ebene bilden, da die jüngere Decke eine auffallend gleichmäßige
Mächtigkeit besitzt. Allseitig geschlossene Hohlformen dürften
auch vorhanden sein, da sich das Wasser an einzelnen Stellen
über dem Grundgestein ansammelt und durch Brunnen er-
schlossen wird.
Adamaua-Typus. Wenn in einer durch Wüstenverwitte-
rung entstandenen Inselberglandschaft die Niederschläge stark genug
werden und die Abflußverhältnisse es gestatten, daß eine ener-
gische Erosion beginnt, dann mul) letztere an der Zerstörung der
Inselberglandschaft arbeiten. Die Ebenen werden in ein Hügel-
land umgewandelt, die Berge aber von Wasserrissen und Tälern
zerschnitten. Dann kann eine Umgestaltung der Inselbergland-
schaft bis zur Unkenntlichkeit erfolgen. Dieser Vorgang scheint
sich jetzt gerade in Adamaua zu vollziehen. Die Ebenen, die
die Gebirgsmassive trennen, waren und sind z. T. noch auffallend
ebene Rumpfflächen mit herausgewitterten langen Gängen von
Quarzporphyr und hohen Granitinselbergen. DBautschi und das
Plateau von Südadamaua dürften den gleichen Bau haben. Die
Darstellung von Dr. Esc# !), von den Gebirgsmassiven nordöstlich
des Kamerunberges hat in mir den Eindruck erweckt, als könnte
dieses Gebiet unbeschadet späterer Verwerfungen und vulkanischer
Ergüsse, ursprünglich wie das benachbarte Adamaua aus Rumpf-
flächen und Inselbergen, resp. Inselmassiven bestanden haben.
Zum Adamaua-Typus gehört möglicherweise das Gebirgsland
von Erythräa und die kristalline Masse am Guyana in Südamerika.
FossilleereSandsteine sind in allen diesen Gebieten zwischen den
isolierten Massiven in den Ebenen angehäuft, die in Adamaua und in
dem Benuetal beiLokodja wenigstens aus grobem, unzersetztem Granit-
schutt bestehen, wie er bei trockenem Zerfall dieses Gesteins ent-
steht. Weiter ab von den Gebirgen sind die Sandsteine mehr
Quarzsand in dicken Bänken mit auffallender Diagonalstruktur.
Wie im Nordosten des Kamerunberges ist möglicherweise
auch im Bereich Abessiniens und des Grabengebietes eine ehe-
!) ESCH, SOLGER, OPPENHEIM und JAEKEL. Beiträge zur Geologie
von Kamerun. Stuttgart 1904.
2.
malige Inselberglandschaft durch vulkanische Ausbrüche und
tektonische Bewegungen zerstört worden. In der Umgebung von
Adua!) wenigstens ragen gewaltige Granitmassen aus einer Ebene
auf, die sich aus kristallinen Schiefern aufbaut und von fossil-
leeren Sandsteinen nebst jüngeren vulkanischen Bildungen bedeckt
wird. Im Gebiet des ostafrikanischen Grabens aber bestehen
die honen Berge nicht ausschließlich aus Vulkanen, sondern
auch aus kristallinen Gesteinen. Wo die vulkanischen Gesteine
aufhören, beginnt sofort die Inselberglandschaft. Untersuchungen
nach dieser Richtung hin wären interessant.
Rovuma-Typus. Im ostafrikanischen Küstenvorland fand
BoRNHARDT zwischen den Inselbergen marine Ablagerungen. Die
Ebenen bestehen dort aus Gneisen und Graniten, die Berge aus
Granit. Daß die Rumpffläche eine wirkliche Ebene ist, die oft
nur von wenig mächtigen Decksanden und -lehmen überlagert
wird, ist im Lindigebiet für weite Strecken festgestellt worden.
Nach BornHARrpDrT ist das Kreidemeer bereits in eine Inselberg-
landschaft eingedrungen.
Die Makonde Schichten, die an der Küste zwischen Unterer
Kreide und Eocän liegen, enthalten übrigens keine Versteinerungen.
Ich halte es für sehr wohl möglich, daß die Sandsteine der
Makonde Schichten im Innern abseits der Küste, ähnlich dem
nubischen Sandstein Nordost Afrikas, in den liegenden Schichten
äolische Kontinentalbildung sind und nach oben hin in marine
transgredierende Obere Kreide übergehen.
Außer der Inselberglandschaft, der Breccienbildung und den
fossillosen Sandsteinen deuten in Ostafrika auf Wüstenklima hin
die Nevalasandsteine, die nach Kaukowskys Untersuchungen
typische eingekieselte Chalcedonsandsteine sind, ferner geschlossene
Hohlformen auf der Rumpffläche der Massaiebene, die mit
Steppenkalk erfüllt sind, schließlich umfangreiche, durch Sande ver-
kittete Breccienbildungen.
Im Kongobecken fehlt zwar die Inselberglandschaft, allein
eine Reihe von Anzeichen deutet darauf hin, daß auch dieses
Gebiet ein Wüstenklima durchgemacht haben dürfte. Die aus
überaus reinen Quarzsanden bestehenden, eine auffallend konstante
Diagonalschichtung zeigenden Lubilaschschichten könnten sehr
wohl die Reste eines gewaltigen Dünenfeldes sein, das die Ver-
tiefung zwischen den hochgelegenen Gebieten, von denen sie all-
seitig umgeben sind, erfüllte ähnlich der Areg-Wüste zwischen
dem Atlas und dem Hochland der Tuareg oder der Libyschen
Wüste zwischen Tibesti und dem erhöhten Nordrand am Mittelmeer.
!) SCHIMPER, Geognostische Skizze der Umgegend von Axum
und Adoa in Tigre. Zeitschr. d. Ges. f. Erdkunde Berlin 1869.
ER TEE EEE ER Te AZ SEE
— 203 —
Breccienbildungen an aufragenden Klippen, die die Lubilasch-
sandsteine umgeben, und die sog. polymorphen Sandsteine, die an-
scheinend eingekieselte Chalcodonsandsteine sind, dürften weitere
Anzeichen eines ehemaligen Wüstenklimas sein.
Das Alter der Inselbergbildung.
Die Entstehung der Inselberglandschaften fällt in allen drei
Südkontinenten in die Zeit zwischen Paläozoikum und Obere
Kreide. Silur und Devon sind jedenfalls an der Zusammensetzung des
Gebirges in Australien und Südamerika beteiligt, Permokarbon,
das in Südafrika und Australien z. T. gleichen Ursprungs ist,
lagert darüber. In bestimmte Beziehungen zur Inselberglandschaft
kann es noch nicht gebracht werden. Triassische Sandsteine
dagegen, die Teilen der südlichen Karroformation entsprechen,
treten bereits in Südafrika (Matabeleland) und in Ostafrika
(Teita-Sandstein im englischen Ostafrika, Sandstein mit verkieseltem
Holz auf dem Nyassa-Tanganyka-Plateau) in Verbindung mit
isolierten Bergen auf, ohne daß man freilich bis jetzt mit Sicher-
heit sagen kann, ob sie auf abgetragenen Rumpfflächen oder in
primären tektonischen Niederungen entstanden sind. Jedenfalls weisen
manche dieser Ablagerungen bereits auf eine terrestrische Ent-
stehung in trockenem Klima hin. Das Auftreten typischer Insel-
berglandschaften im Küstenvorland Ostafrikas, die die seit dem
mittleren Jura abgelagerten marinen Schichten bereits vorfanden,
weist darauf hin, daß die zur mittleren Jurazeit absinkende
Scholle bereits die charakterischen Oberflächenformen der Insel-
berglandschaften besaß. Das Alter dieser wäre also mesozoisch,
Trias bis mittlerer Jura.
Die einem Wüstenschutt in vieler Hinsicht ähnelnden Enon-
konglomerate des Kapländischen Faltengebirges sind Facies-
bildungen der marinen Uitenhage-Schichten, deren Alter für
oberster Jura oder unterste Kreide gehalten wird.
Folgerungen.
Man gewinnt also den Eindruck, daß das Mesozoikum die
Zeit war, in der die drei Südkontinente einer intensiven sub-
ärischen Abtragung ausgesetzt waren und zwar in einem
Wüstenklima.
Unsere positiven Kenntnisse von den in Frage kommenden
Gegenden sind mehr als lückenhaft. Selbst in den geologisch
am besten untersuchten Gebieten, wie Westaustralien, kann man
sich noch kein klares Bild von der Beschaffenheit der Oberfläche
der Rumpfebene machen. Uber den Charakter des Wüstensand-
— 204 —
steins, der Salzpfannenbecken, der Breccienbildungen, der Ver-
kieselungserscheinungen sind wir ganz ungenügend orientiert.
Noch schlimmer ist es mit Afrika bestellt. Über die allgemeine
Beschaffenheit der Rumpfflächen wissen wir nur aus Adamaua,
Kordofan, Ostafrika und Teilen von Südafrika einiges, aber selbst
in diesen Gebieten ist nur die Kalahari auf Einzelheiten geprüft
worden. Aus weiten Gebieten, so z. B. dem größten Teil des
Sudan mit seinen ungeheuer ausgedehnten Inselberglandschaften,
wissen wir garnichts. Von Guyana habe ich ein Stück des
Nordrandes kennen gelernt, und wenn ich das, was ich gesehen
habe, mit den Schilderungen Scnomgures vergleiche, so scheint
auch dort eine in Zerstörung begriffene Inselberglandschaft zu
bestehen, allein Sicheres kann man noch nicht sagen. Es sind
also noch umfangreiche Untersuchungen in allen drei Südkonti-
nenten notwendig, um auch nur mit einiger, Sicherheit die Diagnose
auf ein Wüstenklima während des Mesozoikums in der Tropen-
region stellen zu können. Eine solche Diagnose ist gewiß über-
raschend und erscheint zunächst wenig wahrscheinlich, allein ich
möchte glauben, daß doch einige Gesichtspunkte zu finden sind,
die eine solche Diagnose zu begünstigen scheinen und jedenfalls
geeignet sein dürften, zu neuen Forschungen auf diesem Gebiet
anzuregen.
Das Klima während des Mesozoicums.
Während des Mesozoicums herrschte in der arktischen Zone
ein heißes, tropisches Klima. Wenigstens hat NATHORST aus
Franz Josephs-Land vom Kap Stephan eine triassische Flora mit
Sagopalmen und Cycadeen, und vom Kap Flora eine Malm-Neocom-
Flora mit Artocarpus beschrieben. In Grahamland fand die
schwedische Südpolarexpedition Ablagerungen mit Jurapflanzen,
und ähnliche Bildungen sind aus Südafrika, Indien und Australien
bekannt. Denkt man ferner an die Verbreitung der Juraformation
mit ihrer z. T. auffallend universellen Mceresfauna. so wird man
gewiß die Annahme verstehen können, daß ein gleichmäßig warmes
Klima auf der ganzen Erde während der Trias-Jura-Zeit geherrscht
habe und erst während der Kreidezeit die Ausbildung der heutigen
Klimazonen begann. Dabei ist Voraussetzung, daß die Erdachse
nicht. wesentlich ihre Lage verändert habe. Man wird in der
Tat angesichts der Verbreitung triassischer und jurassischer
Schichten vergeblich nach vereisten Polarländern und polaren
Meeresfaunen suchen.
Nehmen wir also an, die Erde hätte während der Trias-
Jurazeit ein derartig heißes Klima gehabt, daß selbst die Polar-
gegenden tropische Vegetation trugen, ist da nicht die Frage
— As
berechtigt: wie sah es damals in der Äquatorialzone aus? Ist
es nicht möglich, daß dieselbe so heil war, daß höheres Tier-
und Pflanzenleben nicht existieren konnte? Frech, der sich diese
Frage vorgelest hat, beantwortet sie in dem Sinne, daß die
Verdunstung der Niederschläge eine genügende Abkühlung ver-
ursacht, eine dichte Bewölkung aber eine starke Erhitzung durch
die Sonnenstrahlen verhindert habe. Die Temperatur war daher
gleichmäßig, aber doch nicht übermäßig heiß gewesen, wie ja
auch die Tropen heutzutage nicht die Hitze der Subtropen
erreichen.
Mag die Auffassung Frecus auch für die Küstengegenden
der Tropenregion passen, — wir kennen ja Pflanzen in der
Äquatorialzone aus der Jurazeit — für weite Kontinentalflächen,
namentlich wenn sie hoch gelegen sind, stimmt sie wohl kaum.
Dort könnte in der Tat eine derartige Temperatur geherrscht
haben, daß höheres Tier- und Pflanzenleben fehlte oder doch auf
ein Minimum reduziert war. Kommen doch in Australien bei
unseren Klimazonen bereits so heiße Winde vor, daß die Vege-
tation mitunter zu Staub zerfällt und die Äpfel an den Bäumen,
wie v. NeumAyr es beobachtete, buchstäblich gebraten werden.
Wenn solche Temperaturen regelmäßig während längerer Perioden
auftreten, dürfte kein Tier- und Pflanzenleben ihnen standhalten.
Um in meinen Folgerungen möglichst objektiv zu bleiben,
habe ich mit Herrn Dr. Meınarpus über die meteorologischen
Verhältnisse gesprochen, die bei einer hohen Temperatur auf der
sanzen Erde und tropischem Polarklima vermutlich bestehen
würden. Voraussetzung ist, daß die Sonne die Wärmequelle gewesen
ist. Herr Dr. Mxınarpous hält an der Existenz einer regen-
reichen Äquatorialzone fest, ebenso an der von trockenen Sub-
tropen. Letztere würden vermutlich wegen des Regenreichtums
der Polargegenden noch trockener und vielleicht auch breiter sein als
heutzutage. In der Äquatorialzone würde auf eine Temperatur-
erhöhung wohl auch eine Steigerung der Niederschläge folgen
und diese letztere von Abkühlung durch Verdunstung an der
Erdoberfläche begleitet sein. Dadurch würden wohl für
Tier-- und Pflanzenleben erträgliche Bedingungen geschaffen
werden. Ob die heutige Verteilung von Land und Wasser bei der
relativ geringen Größe der drei Südkontinente — von den jungen
Andengebieten mul ja abgesehen werden — genügen würde, um
ein trockenes Klima mit für die Pflanzenwelt unerträglichen
Hitzegraden hervorzurufen, erscheine ihm zweifelhaft. Bei sehr
großen Kontinentalflächen, namentlich hochgelegenen, könnten
solche in der Äquatorialzone allerdings: wohl möglich sein.
Die äquatorialen Festländer des Mesozoicums,
Aus einer Reihe von Beobachtungen schloß Suess auf ein
großes zusammenhängendes Festland zwischen Australien, Dekan
und Südafrika — Gondwanaland. !) Dieses Gondwanaland brach in
der Mittleren Jürazeit anscheinend zusammen, denn erst seit-
dieser Zeit finden wir marine Ablagerungen an den Küsten Ost-
afrikas, Madagaskars, Ostindiens und Westaustraliens. Von Norden
her drang die europäische Meeresfauna (später auch die der
Wolgastufe), von Süden aber eine ganz eigenartige Fauna, die
der Uitenhage Schichten, in das neue Meer vor. Beide trafen
nun zusammen.
Die Westküste Afrikas ist ein gewaltiger Bruchrand,
das Festland reichte sicherlich einst weiter westwärts. Die
gleiche Beschaffenheit besitzt Brasilien und Guyana, auch den-
selben geologischen Bau, dieselben wohl terrestrischen, fossilleeren
Sandsteinee Die ersten Meeresablagerungen auf beiden Seiten
des Atlantischen Ozeans gehören der Oberen Kreide an. Die
Möglichkeit einer Landverbindung bis in die untere Kreidezeit
hinein kann sicher nicht geleugnet werden. Hat man doch
aus der Gleichheit der Küstenfauna der Bokkeveldschichten
mit der brasilianischen Devonfauna auf einen Zusammen-
hang zwischen Südafrika und Brasilien bereits in jener Zeit ge-
schlossen. Die isolierte Entwicklung der Uitenhage-Fauna spricht
auch gegen eine breite Meeresverbindung mit dem Norden auf dem
Wege des Atlantischen Ozeans.
Aus gewaltigen Konglomeratmassen?) des oberen Jura an der
Westküste Patagoniens, die nach Osten in Sandsteine und Tone
übergehen, hat man ferner auf einen Kontinent im südlichen
Stillen Ozean geschlossen, der möglicherweise nach Westen mit
Australien zusammenhing. Also auch die Südsee war früher
vielleicht erheblich kleiner. Zwischen diesem hypothetischen Kontinent
in der Südsee und Brasilien liegen aber in Argentinien (Salta
und Jujuy) terrestrische Juraablagerungen mit Landpflanzen.
Vielleicht bestand also auch eine Verbindung mit Brasilien.
Eine Anzahl von Erscheinungen spricht also in der Tat
für einen geschlossenen Festlandring oder doch mehrere sehr viel
größere Kontinentalmassen, als heutzutage im Äquatorialgürtel
existieren, von denen Guyana - Brasilien - Südafrika - Madagaskar-
Dekan- Australien den Rest bilden. Teils während der mittleren
Jurazeit, teils vielleicht erst kurz vor der Oberen Kreidezeit brach
dieser große Festlandgürtel zusammen. In einem so gewaltigen
!) Surss. Das Antlitz der Erde. 2. 1888 Cap. V.
?) BURCKHARDT. Traces geologiques d’un ancien continent
pacifique. Revista del Museo de la Plata 10. 1900.
— 207 —
Kontinentalgebiet wäre allerdings auch ohne eine so gewaltige
Wärmeentwicklung über der ganzen Erde, wie wir sie für die meso-
zoische Zeit annehmen müssen, selbst unter dem Äquator ein sehr
trockenes Klima wahrscheinlich. Wegen der erwähnten allgemeinen
hohen Temperatur fehlte aber vielleicht auch eine Pflanzendecke, wenn
auch zeitweilig starke Niederschläge fielen, wie heutzutage in
Australien. Ich möchte also glauben, daß die Auffassung von
einer mesozoischen Äquatorialwüste im Inneren der Festlands-
massen, auf die die Inselberglandschaften zurückzuführen wären,
nicht unbegründet ist.
Die Abtragung in der mesozoischen Äquatorialzone.
Nehmen wir also an, an den Küsten jener gewaltigen hypo-
thetischen Festlandmassen hätte ein sehr regenreiches, im Innern
aber ein trockenes, niederschlagsarmes Klima geherrscht. Es ist
nun sehr wohl denkbar, daß damals, wie heutzutage in Australien,
zeitweilig heftige kurze Niederschläge lange Perioden der Hitze und
Trockenheit unterbrachen. Nehmen wir ferner an, daß in einem nicht
näher bekannten Abstand von der Küste infolge der Hitze höheres
Tier- und Pflanzenleben nahezu ganz oderauch nur während der regen-
losen Zeit aufhörte. Es würde ja z. B. belanglos sein, wenn
durch den Regen vorübergehend in Tümpeln ein reiches Tierleben
und auf dem Lande eine kurzlebige Steppenflora entstanden wäre,
wie heutzutage im inneren Australien. Welches wären voraus-
sichtlich die Folgen gewesen ?
Der Wind hätte wohl wie in den heutigen Wüsten gewirkt,
hauptsächlich ausräumend. Man könnte zwar sehr wohl ver-
stehen, daß es zu kurzen starken Fluten und Überschwemmungen,
aber nicht zur Ausbildung von tiefen Stromsystemen mit regel-
mäßigem Abfluß kommen könnte. Der Wind konnte aber in
dem vegetationslosen Gebiete während der meisten Monate seine
volle Kraft entfalten. Wie in Wüsten konnte er also wirken, die
hohen Gebiete ausräumen, die Sande in tiefer gelegenen Re-
gionen ablagern und den Staub durch die Luft entfernen. Es
kommt ja lediglich auf das Verhältnis an zwischen Windwirkung
während der trockenen Zeit und Wirkung des Regens, die in einer
Ausbreitung der verschiedensten Verwitterungsprodukte der Ge-
steine besteht, ob ein Gebiet ausgeräumt wird, — wie es bei der
Inselberglandschaft der Fall gewesen sein muß — oder ob sich
die relativen Niederungen mit Sanden, Lehmen u. s. w. bedecken,
wie heutzutage in Steppengebieten. Überwiegt die Ausräumung
durch den Wind, dann ist die vereinte Tätigkeit von Regen und
Wind allerdings am meisten geeignet, die ausgedehnten Ebenen
der Inselberglandschaften zu schaffen. Herr Geheimrat v. RıcHr-
— 208 —
HOFEN machte mich auf die Schwierigkeit aufmerksam, die riesigen,
faktisch ebenen Flächen durch Windwirkung zu erklären,
da für den Wind kein „baselevel of erosion* bestände und er
aus Gestein, das sich leicht abtragen läßt, bedeutende Ver-
tiefungen ausarbeiten könne und müsse, Diese Schwierigkeit:
fällt fort, sobald spülender Regen mitarbeitet. Denn dieser sucht
die durch den Wind geschaffenen Vertiefungen beständig mit
Schutt — Sand, Lehm etc. -- auszufüllen, arbeitet also dem
Wind entgegen. So ließe sich eine gleichmäßige Abtragung auf
weite Entfernung hin allerdings erklären, während gleichzeitig
die härtesten Gesteine herausgearbeitet werden.
Der Einfluß auf die Verbreitung der heutigen Tier-
und Pflanzenwelt.
Es liegt auf der Hand, daß das Vorhandensein einer un-
bewohnbaren, oder doch nur in den Küstenregionen bewohnten
Äquatorialzone im Mesozoikum auf die Entwicklung der Tier- und
Pflanzenwelt einen bedeutsamen Einfluß gehabt haben muß. Eine ge-
sonderte Entwicklung der Landflora und -fauna im Norden und Süden
müßte die Folge gewesen sein. In der Tat sprechen manche
Beobachtungen für eine solche gesonderte Entwicklung. Die
Stellung der kapländischen und westaustralischen Flora, die Ver-
wandtschaft so vieler Pflanzen Australiens, Neuseelands, Süd-
amerikas und der Inseln der südlichen gemäßigten Zone ist
bereits von manchem Pflanzengeographen durch abgesonderte
Entwicklung auf einem südlichen Kontinent erklärt worden. Ob
man dabei an eine mesozoische Äquatorialschranke denken darf,
entzieht sich meiner Beurteilung.
Tiergeographisch stehen sich die Arktogea und die einander
vielfach verwandte Neogea und Notogea gegenüber. Dieser von
allen anerkannte Gegensatz wird von manchen Tiergeographen
auf eine gesonderte Entwicklung zurückgeführt, indem die Tiere
der Arktogea im Norden. die der beiden anderen Reiche auf
einem Südkontinent entstanden. Man könnte sich allerdings,
glanbe ich, recht wohl _ vorstellen. daß sieh 2. ZBzsyan
Säugetieren die Aplacentalier und Monotremen, von Vögeln die
Pinguine, dreizehigen Strauße (exkl. Kasuar) und der Apteryx,
ferner eine Anzahl von Familien von Süßwasserfischen, Regen-
würmern und Landschnecken, die in Südamerika, in Neuseeland
und in Australien und z. T. auch in Südafrika vorkommen, im
Süden entwickelt haben. Im Laufe des Tertiärs wären dann
beide. Faunen während der Ausbildung der heutigen Klimazonen
aufeinander gestoßen. Die südliche Welt ist bis auf Reste überall
unterlegen, wo sie nicht durch Isolierung geschützt war, Wenn
— 209 —
leichtbewegliche kleine Beutler im Tertiär bereits nach Europa
und Nordamerika gedrungen sind, so wäre das ebensowenig
auffallend, wie das Eindringen der schnellfüßigen Nager nach
Australien.
Während der Kreidezeit scheint es zu der Ausbildung der
heutigen Klimazonen gekommen zu sein. wie von vielen Forschern
seit langem angenommen wird. Die Tertiärzeit war eine Periode
klimatischer Schwankungen mit der Tendenz abnehmender Tempe-
ratur. Dasselbe scheint in Südafrika der Fall gewesen zu sein,
wo feuchtere und trockenere Perioden wechselten.!) In Australien
dürfte im Tertiär gleichfalls mindestens eine Trockenperiode ein-
getreten sein. Dafür sprechen die Breceienbildungen und Chal-
cedonsandsteine auf der Oberfläche des in Ostaustralien ?) tertiären
Wüstensandsteins. Diese Wüstenperiode hat vielleicht zu der heutigen
Verschiedenheit der west- und ostaustralischen Flora geführt.
Schließlich kam die Pluvial- resp. Eiszeit.
Ich bin mir durchaus bewußt, daß die angeregten Fragen
vorläufig noch garnicht zu beantworten sind. Einmal muß be-
züglich der Inselberglandschaften noch vielmehr Beobachtungs-
material gesammelt werden, das für eine vegetationslose resp.
-arme und verhältnismäßig trockene Zone im heutigen Äequatorial-
gürtel spricht. Sodann ist das Thema so vielseitig, dab ein
Einzelner es überhaupt nicht bewältigen kann. Hängt es doch
mit den schwierigsten Problemen der Geographie und Meteorologie,
der Geologie und Paläontologie, der Tier- und Pflanzengeographie
zusammen, von den geophysischen Problemen, die sich auf die
Erklärung der hohen Temperaturen auf der ganzen Erde und den
solchen Perioden entgegengesetzten Eiszeiten beziehen, ganz zu
schweigen. Wie man auch über die hier geäußerten Ansichten
denken mag, so wird man doch wohl zugeben müssen, daß sich
an die Erklärung der Inselberglandschaften außerordentlich
interessante und für die ganze Erdgeschichte wichtige Probleme
knüpfen. Hoffen wir, daß auf diesem Gebiet in nächster Zeit
recht zahlreiche positive Beobachtungen gemacht werden mögen.
Herr SOLGER weist darauf hin, daß ähnliche Rumpfflächen
von Keys’) als „bolson-plains* aus Neu-Mexico beschrieben
seien. Keyes sieht sie als Ergebnisse der Wasserwirkung an.
Da die „bolson-plains* von Neu-Mexico vermutlich nicht älter als
!) PAssArGE a. a. OÖ. Kap. XXXVl.
?) Das Alter des Wüstensandsteins im Bereich des westaustralischen
Rumpfes ist bisher nicht mit Sicherheit festgestellt worden. Es könnte
sehr wohl mesozoischen Alters sein, wie der nubische Sandstein, und
seine Bildung bis in die Tertiärzeit hineinreichen.
®) Americ. Journ. of Sci. (4.) 15. 1903. 8. 207—210.
— 220 —
tertiär sind, so werden sie vielleicht sicherer als die afrikanischen
Rumpfflächen die klimatischen Bedingungen ihrer Bildung fest-
zustellen gestatten.
HerrM. BLANCKENHORN bemerkte: Die Erklärung der in Afrika
weit verbreiteten Inselberglandschaft als Folge früheren Wüsten-
klimas und der Winderosion ist ja sehr plausibel und auch schon
von anderer Seite wenigstens für einzelne Gegenden ausgesprochen
worden, wenn auch die Ausdehnung dieser Hypothese auf ganz
Afrika und Australien und die Verlegung auf die Zeit des Meso-
zoicums Herrn PAassarer vorbehalten blieb. Von J. WALTHERS
allzu extremen Auffassungen über die Erosionskraft des Windes
und über die Konstanz des heutigen nordafrikanischen Wüsten-
klimas bis tief in die Tertiärzeit unterscheidet sich die Auf-
fassung Passarars zu meiner Befriedigung vorteilhaft dadurch,
daß er erstens ebenso wie BALTZER, E.Fraas, ich selbst, BORNHARDT,
v. STROMER u. a. dem sandbeladenen Wind keine solche Rolle bei
Austiefung und Erweiterung der Täler zuschreibt und die Wadi-
schluchten mit ihren jähen Steilabbrüchen namentlich am Kopf-
ende nicht direkt auf Windwirkung zurückführt, zweitens, daß er
ebenso wie ich die Existenz einer oder mehrerer niederschlags-
reichen Pluvialperioden entsprechend unseren oberpliocän-diluvialen
Eiszeiten für ganz Afrika anerkennt und auch das Klima der
Tertiärzeit nicht direkt als Wüstenklima, sondern als wechselvolles
Übergangsklima aufzufassen geneigt ist. Dafür läßt Herr Passargk
während des Mesozoicums sich ein heißes, alles Landleben er-
tötendes Wüstenklima über ganz Afrika verbreiten. Das ist das
spezifisch Neue in Passarges Hypothese. Über das Klima des
Mesozoicums in Afrika hat sich meines Wissens noch niemand
in der Weise geäußert.
Als direkte Anzeichen des Wüstenklimas ae Herr PassarGE
in seinem heutigen Vortrage außer den charakteristischen Formen
der Landschaft und den oberflächlichen Block- und Schuttbildungen
auch die Verkieselungs- und Einkieselungsvorgänge, die Bildung
von glasigen Chalcedonsandsteinen, an. In einer diesjährigen
Fachsitzung der Gesellschaft für Erdkunde hatte er dagegen diese
letzteren Prozesse nicht in die Wüstenperiode selbst, sondern ın
das Ende derselben, in eine Zeit der Steigerung der Nieder-
schläge, der „positiven Klimaänderung“ gelest.
Die Verkieselung wäre danach kein eigentliches Wüsten-
phänomen und könnte nicht direkt als Beweis eines echten Wüste‘
klimas herangezogen werden. Der Vorgang kann sich ja aucu
nicht ohne vorhandene Lösungen abspielen, d. h. ohne Wasser,
das zuförderst als Regen zu Boden fällt, dann Salze wie kohlen-
saure Alkalien und Kieselsäure löst und wieder verdunstet. Man
— 21 —
hätte es also bei Verkieselungen, wenn sie nicht unter Wasser
sondern auf dem Lande vor sich gehen, mit einer Art Halbwüste
mit geringen Niederschlägen etwa wie am Nordrand der Libyschen
Wüste zu tun. |
Ein petrographisch dem Chalcedonsandstein der Kalahari
ähnliches Gestein ist der sog. Gebel-Ahmar-Quarzit Ägyptens,
welcher während der Oligocän- und Miocänzeit in der Umgebung
des unteren Ur-Nil gebildet wurde und in Form von Basaltkegel-
artigen, rings isolierten Hügelkuppen den Eocänplateaus aufgesetzt
ist oder in Form von Gängen das kalkige Eocän durchsetzt.
Die ganze Art dieser Vorkommnisse beweist hier schon, daß bei
der Entstehung nur auf Spalten aufsteigende kieselsäurereiche
Thermen in Frage kommen können, welche durch Abscheidung von
amorpher Kieselsäure die seit der Eocänperiode in dem großen
Mündungsgebiete des Ur-Nil angehäuften Gerölle und Sande lokal
zu festen glasigen Sandsteinen verkitteten. Auf das damalige
Klima lassen also diese Vorkommen noch keinen bestimmten
Schluß zu.
Im Gegensatz zu diesen unregelmäßigen Vorkommen be-
obachtete ich in der nördlichen Libyschen Wüste auch regelmäßige
Schichten von Kieselsandstein, Quarzit oder auch Kieselsinter-
artigen milchweißen Lagen ohne Sandkörner im geschichteten
fluviomarinen Miocän. Sie nehmen hier namentlich die aller-
obersten Lagen der Miocänprofile (so am Gart el-Leben und Gart
Jomara bei der Moghara-Oase) ein, die man wohl dort bereits
als terrestrisch ansehen kann. Kieselige Decken scheinen an
einigen Stellen auch durch nachträgliche Verkieselung früher mehr
kalkiger Schichten entstanden zu sein. Bej diesen Vorgängen
mögen, wie in der Kalahari, Natriumverbindungen eine gewisse
Rolle gespielt haben. An solchen fehlt es ja in Ägypten durchaus
nicht. In allen marinen und brackischen, ja auch in Süßwasser-
schichten trifft man Kochsalz an, ich besitze z. B. ein bezeichnendes
Handstück von Süßwassersandstein des Oberpliocäns, in welchem
die Kalk-Schalen der massenhaft vorhandenen Melanopsiden in
Kochsalz umgewandelt sind. Sulfate und Karbonate des Natriums
sieht man noch heute am Rande der Wüste in der Umgegend
0_3 heutigen Nildeltas im Wadi Tumilat und Wadi Natrun sich
neubilden. Aber auch fossil kennt man schwefelsaures und kohlen-
saures Natron im nubischen Sandstein an den beiden Natrontälern
bei el-Kab in Oberägypten und hei Bir Malha in der Selima-Oase
‚..ten in der Libyschen Wüste. Das kohlensaure Natron kann
sich meiner Auffassung nach nur in abflußlosen aber doch dauernd
Wasser führenden Gebieten in der Wüste oder besser am Rande
der eigentlichen Wüsten bilden, und seine Gegenwart als Schicht
Zeitschr. d.D. geol. Ges. 1904. 14
wa
— 22 —
im Sandstein Nubiens, der zeitlich der Oberen Kreide (Senon)
angehört, könnte wohl schon allein als Beweis dafür gelten,
daß zur Zeit jener Sandsteinbildung, also in der Oberen Kreide
Nubien und das südliche Oberägypten Halbwüste waren bezw.
am Rande einer großen afrikanischen Wüste lagen. Von der
Existenz eines Ur-Nil, d. h. eines Riesenstromes mit tropischer
Fauna, der Zentralafrika teilweise entwässerte und der, wie ich
früher gezeigt habe, während der Tertiärzeit vom Mitteleocän an,
dieses Gebiet durchfloß und in Ägypten mündete, haben wir aus
der Kreidezeit noch nicht den geringsten Beweis. Ebenso fehlt auch
bis jetzt eine fossile Landtierfauna der Kreideformation im Norden
und Innern Afrikas, während sie aus der Tertiärzeit wenigstens
vom Mitteleocän an bekannt ist. Im Ganzen kann ich also nach
meinen Erfahrungen in Nordafrika der Hypothese PAssArgss,
welche auch das Fehlen von Laandtieren im Mesozoicum mit der
zu großen Hitze, die ein Landleben überhaupt unmöglich machte,
erklären würde, eine gewisse Berechtigung nicht abstreiten, wenn
sie auch augenblicklich noch wenig begründet erscheint und
weiterer Stützen bedarf.
Herr P. G. KRAUSE bemerkt zu der vom Vortragenden ver-
mutungsweise ausgesprochenen Ansicht, daß es sich bei den be-
kannten australischen Obsidianbomben um Erzeugnisse der Ver-
kieselungsvorgänge handele, daß dem nicht so sein könne. Es
handele sich vielmehr um echte Obsidiane, um vulkanische Gläser,
wie die australischen Untersucher (TwELVETREES und PETTERD,
R. H. Warcorr und E. S. Sımpson) auch bestätigt haben.
Abgesehen von dem Vorkommen und der verhältnismäßig großen
Seltenheit dieser Gebilde in den Schichten, spricht auch ihre
Form, die deutlich den Einfluß der Rotation und der Stauchung
oder Abplattung an der Stirn erkennen läßt, für eine feurigflüssige
Entstehung. Dasselbe gilt auch für die außerordentlich ähnlichen
Gebilde aus Niederländisch-Indien. Übrigens hat die von mir
und einigen anderen Autoren (VERBEECK, F. E. Suzrss, R. H.
WALcoTT u. Ss. w.) vertretene Ansicht!), daß es sich bei diesen
Obsidianbomben um sglasige Meteoriten handele, durch den vor
Jahresfrist bei Halle beobachteten Fall?) eines Glasmeteors —
des ersten dieser Art — eine neue, beweiskräftige Stütze gefunden.
Herr P. OPPENHEIM hält es für mißlich, in so ausgedehnten
und bisher noch so wenig intensiv bearbeiteten Gebieten so weit-
tragende Schlüsse zu wagen zu einer Zeit, wo durch die
ı) P. G. KRAUSE, Über Obsidianbomben aus Niederländisch-Indien
(Samml. Geol. Reichsmuseums zu Leiden, I. Reihe, 5.
2) BREZINA: Über Tektite von beobachtetem Fall. Anz. Akad.
Wiss. in Wien 1905 No. 5, S. 41—44.
— 2B —
Forschungen französischer, englischer und deutscher Gelehrter so
ganz unerwartete Resultate für die Erdgeschichte Afrikas ge-
zeitigt worden sind. Die früher von NEUMAYR vertretene An-
schauung, daß jüngere Meeresbildungen nur die Küsten des
äthiopischen Kontinents umsäumen und nirgends tiefer in das
Innere dringen, ist heute überholt. Es steht fest, daß ein
cretacisch-eocäner Meeresbusen sich vom Busen von Guinea über
den Tschadsee bis zur Oase Bilma hinzog und dort möglicher-
weise den Anschluß an die indische Tethys erreichte, und wie im
Südwesten Kreide und Tertiär in der portugiesischen Provinz
Angola, so dringt im Südosten im englischen Griqualand das
Eocän weit in das Land hinein. Vielleicht sind auch hier die
Erdbewegungen sehr jung, und wurden die marinen Sedimente
nur in der tiefen Lage erhalten. Die ganz zweifellose Ver-
wandtschaft der Fauna des Tanganyka-Sees mit brackischen und
selbst marinen Formen (Qualle!) und zumal mit so charakteristischen
Leitfossilien der oberen Kreide (Pyrgulfera MEEx —= Paramelania
Suırn = Hantkenia Mun-Ch.) scheint jedenfalls nur durch ehemals
offene Verbindungen mit den mesozoischen Meeren angemessen
zu erklären.
Auf die Bemerkungen der Herrn Vorredner erwiderte Herr
PAssARGE!
Herr SoLgers Hinweis ist durchaus zutreffend und betrifft
das Verhältnis der amerikanischen Peneplains zu den Inselberg-
landschaften. Bezüglich dieser Frage verweise ich auf die erste
Anmerkung vorliegender Abhandlung.
Herr BLAncKENHORN hat durchaus Recht mit der Bemerkung,
dab Einkieselung und Verkieselung in großem Maßstab von mir
als Folge einer Wüstenperiode aufgefaßt worden ist. Wenn nach
andauernder Ansammlung von kohlensauren Salzen diese infolge
gesteigerter Niederschläge in Lösung kommen und auf Kieselsäure
einwirken, dann dürften so kieselsäurereiche Sickerwässer entstehn
können, daß sie die beschriebenen Verkieselungserscheinungen
hervorrufen könnten. Demnach fasse ich diese als Anzeichen
einer vorangegangenen Wüstenzeit auf. Bezüglich der Beziehungen
zwischen den Sanden mit Si O° Zement, (Djebel Achmet-Quarzit
u. a. in Ägypten zu den Chalcedonsandsteinen der Kalahari läßt sich
z. Z. nichts sagen, da vergleichende Untersuchungen noch fehlen.
Herrn P. G. Krause bin ich für seine Notizen sehr
dankbar; ich habe bereits im vorliegenden Manuskript, seiner
Anregung folgend, die mir z. Z. meines Vortrages nicht bekannten
Australite, Moldawite u. s.w. berücksichtigt und den Gedanken fallen
lassen, daß es sich um Silikatbildungen in alten Salzpfannen
handeln könnte.
j4®
— 2l4 —
Herrn OrrEnHEIMm möchte ich folgendes erwidern:
1) In Bilma ist nicht Tertiär, sondern Obere Kreide ge-
funden worden, die der Kreide von Meudon entspricht. Eocän
vom Alter des Pariser Grobkalks ist vielmehr aus der Gegend
von Sinder, Tamaske, Damergu gefunden worden.!) Diese Vor-
kommen weisen, wie auch LAPPARENT annimmt, auf ein von W
[und N?] her eingedrungenes Meer hin, da auch in Dakar
(nördlich der Senegalmündung) die gleichen oder nahe verwandte
Eoeänfossilien gefunden worden sind. Sowohl die Kreide- als
die vielleicht eocäne Tertiärfauna Kameruns zeigen relativ geringe
Verwandtschaft mit der Fauna der gleichaltrigen europäischen
und nordafrikanischen Ablagerungen. Außerdem sind die
Kameruner Schichten ausgesprochene Küstenbildungen. Nimmt
man dazu die auf uralte Abtragung hinweisende Oberflächen-
beschaffenheit des Zentralsudan und Adamauas, so ist ein eocänes
Meer in diesen Gebieten in hohem Grade unwahrscheinlich, ge-
schweige denn als feststehende Tatsache zu betrachten;
2) die in Angola gefundenen Kreide- und Tertiärbildungen
finden sich ausschließlich im Küstenvorland, sind Küstenbildungen
und nirgends im Inneren, d. h. auf dem Hochplateau gefunden
worden.
3) Es gibt zwei Gebiete, die Griqualand heißen, Griqualand
W und ©. Griqualand O befindet sich im Bereich des Küsten-
abfalls der vulkanischen Kathlamba-Kette. Sollten sich hier —
was mir z. Z. nicht bekannt ist — eocäne Ablagerungen befinden,
so hätten sie, falls sie nicht auch auf der Hochfläche auftreten,
nur die Bedeutung von Anlagerungen an den Festlandssockel,
selbst dann, wenn eine eocäne Tiefsee nachgewiesen werden könnte.
Griqualand W liegt dagegen auf der südafrikanischen Hoch-
fläche im Bereich der Vereinigung des Vaal und Oranje und im
Gebiet des Kaapplateaus. Über das Vorkommen mesozoischer
oder tertiärer Schichten in diesem Gebiet ist meines Wissens
noch nichts bekannt geworden.
4) Alle bekannten mesozoischen und tertiären marinen Ab-
lagerungen in West-, Süd- und Ostafrika sind also Anlagerungen
an den Sockel Hochafrikas und liegen im Bereich des Vorlandes.
Ihrem petrographischen und faunistischen Charakter nach sind
sie als Küstenbildungen zu betrachten.
5) Die Ähnlichkeit der Mollusken des Tanganyika mit
marinen Formen ist von namhaften Forschern durch Anpassung
von Süßwassermollusken an ein tiefes Seebecken erklärt worden,
so z. B. von Geheimrat von MARTENS, Dr. STROMER u. a. Solche
!) LAPPARENT in La Geographie 3. 1901 und 7. 1903.
— 25 —
Anpassung könnte vermutlich umso eher stattgefunden haben, wenn
der See Salzwasser gehabt hat. Corner hat bereits darauf hin-
gewiesen. Auch der Verfasser kam unabhängig von diesem
Forscher auf den gleichen Gedanken, indem er annahm, daß der
See während der vermuteten mesozoischen Wüstenzeit ein abfluß-
loser See war. Quallen sind in einem Süßwasseraquarium einmal --
wenn ich nicht irre in England — aus Süßwasserhydroidpolypen
entstanden, wären also in Süßwasser- oder Salzwasserseen an sich
keine Unmöglichkeit auch ohne marine Herkunft. Solche Er-
klärungen sind sehr viel wahrscheinlicher, als die Versenkung
Hochafrikas unter das Meer, gegen die sonst alles spricht.
6) Das Auftreten mesozoischer und tertiärer Schichten im
Süden der tiefliegenden Wüstentafel ist nicht gar so überraschend
‚anbetracht der großen Ausdehnung dieser Schichten im Bereich
der nördlichen Tafel. Das Problem der Inselbergbildung wird
durch diese Transgression jedenfalls garnicht berührt.
Mesozoische und tertiäre Schichten bauen zwar den Sockel
des nordöstlichen Hochatrika auf, allein sie sind auf die Gebiete
‚beschränkt, wo gewaltige tektonische und vulkanische Kräfte zu
einer völligen Umgestaltung der Niveau- und Oberflächenverhältnisse
geführt haben. NeEUMAYRS Auffassung ist also auch heute
noch durchaus als zutreffend zu bezeichnen.
Zum Schluß möchte ich nochmals betonen, daß vorliegender
Aufsatzlediglich dazu dienen soll, die Aufmerksamkeit aufdas Problem
der Inselberglandschaften im Äquatorialgürtel zu lenken. Wir
sind noch weit davon entfernt, die genügende Grundlage zu be-
sitzen, um eine Hypothese von einer mesozoischen Äquatorial-
wüste mit einiger Sicherheit aufstellen zu können. Nur durch
gemeinsame Arbeit könnte die Frage wesentlich gefördert werden.
Herr JAEKEL legte zwei von ihm gemalte Bilder norwegischer
Gletscher vor.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
v. w 0.
BRANCO. J. BöHm. ZIMMERMANN.
— 26 —
Anlage.
1. Bericht uber die vor der allgemeinen Versamm-
lung in Breslau ausgeführte geologische Exkursion
in die Grafschaft Glatz und Waldenburger Gegend.
Von Herrn E. DATHE.
Die Teilnehmer der Exkursion (22) versammelten sich am
10. September abends in Neurode, wo man für die ersten drei Tage
in den dortigen Hötels Wohnung nahm, um von hier aus die Ex-
kursionen auszuführen. Diesen lag der Plan zu Grunde, den
Fachgenossen einen Überblick in die so mannigfach zusammen-
gesetzte Gegend der nördlichen Grafschaft und den Aufbau ihrer
Formationen (Gneisformation, Phyllitformation, Silur, Oberdevon,
Kulm, Oberkarbon, Rotliegendes, Diluvium und den Gabbrozug)
nach den Untersuchungen des Exkursionsleiters zu geben, wozu
die von ihm bearbeiteten und eben erschienenen Blätter Neurode,
Wünschelburg, Rudolfswaldau und Langenbielau nebst Erläuter-
ungen!) zur Grundlage dienten.
Auf der ersten Exkursion von Neurode nach Wünschelburg
am 11. September lernte man das vollständige Profil durch das
Rotliegende des niederschlesisch-böhmischen Beckens kennen. Vor
Besinn der Exkursion hielt deren Leiter einen kurzen Vortrag
über die Gliederung dieses Rotliegenden; es besteht aus Unter-
rotliegendem oder den Cuseler Schichten, Mittelrotliegendem oder
Lebacher Schichten und Oberrotliegendem, das den Waderner
und Kreuznacher Schichten im Saar-Nahegebiet entspricht. Er
!) Während der Drucklegung der Karten und Erläuterungen glaubte
Herr F. FREcH die Ergebnisse meiner Aufnahmen im Gebiete des
Oberkarbons und Rotliegenden, die teilweise in einigen vorläufigen
Mitteilungen niedergelegt waren, durch einen Schüler Herrn A. SCHMIDT
verbessern zu müssen. Dieser Versuch ist mißlungen. Die
Teilnehmer der Exkursion haben die Richtigkeit meiner Aufnahmen
anerkannt. Inzwischen hat auch A. PETRASCHECK in seiner Schrift:
„Zur neuesten Literatur über das böhmisch-schlesische Grenzgebiet“
(Jahrb. k. k. geol. R.-A. Wien 1904 54. S. 513—540) „die ebenso
heftigen, wie unberechtigten Angriffe“ des Herrn A. SCHMIDT
gegen mich zurückgewiesen. Ich kann es deshalb hier unterlassen,
auf die Ergebnisse dieser, wie der übrigen Kartierungsübungen der
Schüler FRECHS, namentlich auch HerBIına’s (Über Steinkohlen-
formation und Rotliegendes bei Landeshut, Schatzlar und Schwadowitz),
die unter dem gemeinsamen Titel: Geologie des böhmisch-schlesischen
Grenzgebirges, Breslau 1904, veröffentlicht wurden, näher einzugehen.
—
weist besonders darauf hin, daß das niederschlesische Rot-
liegende in der Schichtenfolge und petrographischen Ausbildung
seiner Hauptabteilungen, Unterabteilungen und vielfach selbst
seiner Zonen in auffallender Weise dem des zuerstgenannten Ge-
bietes gleicht; auch erwähnt er, daß diese vollständige Ent-
wicklung des Rotliegenden auf preußischem Gebiete nur auf der
Linie Neurode-Wünschelburg vorhanden sei. Zugleich wurde be-
merkt, daß das Gebiet der Blätter Neurode, Wünschelburg,
Rudolfswaldau und Langenbielau einen Teil der Mittelsudeten
bilde und dem Eulengebirge, Warthaer Gebirge, Waldenburger Ge-
birge und Heuscheuergebirge angehöre. Die Lage und die in
den geologischen Verhältnissen begründeten Reliefformen dieser
Gebirge, sowie der südlichen Sudeten (Reichensteiner Gebirge,
Glatzer Schneegebirge, Habelschwerdter Gebirge und Adlergebirge)
wurden alsdann bei der Exkursion von dem einen trefflichen
Überblick gewährenden Annaberge bei Neurode erläutert.
Von Neurode bis Biehals wurden die Aufschlüsse in den in
sechs Zonen gegliederten Unteren Cuseler Schichten besichtigt.
Die unterste Zone der rotbraunen Sandsteine und Konglomerate
mit Porphyrgeröllen wurde nur kurz nördlich der Stadt be-
obachtet, da sie auf der dritten Exkursion besser zu sehen
sind; dagegen wurde die Ausbildung der im Totengraben bei
Neurode gut aufgeschlossenen Zonen der rotbraunen Schiefertone
und dünnplattigen Sandsteine, der Anthrakosienschiefer und der
Lyditkonglomerate eingehend besichtigt und auf ihre Verbreitung
auch im benachbarten, westlich von Neurode gelegenen Gelände,
in dem die gegen 15—20 m mächtige Zone der Lyditkonglomerate
sich besonders scharf heraushebt, hingewiesen. In der gegen
850 m mächtigen Zone der Bausandsteine wurden einige Stein-
brüche auf der SW-Seite des Annaberges besucht, in denen man
aus den 3—5 m mächtigen Sandsteinbänken Werkstücke zu ver-
schiedenen Baulichkeiten gewinnt. Bei Neu-Biehals wurde die
hangendste Zone der untern Abteilung der Cuseler Schichten mit
dem 0,5—1 m mächtigen Lager von dünnplattigem, rötlich-
grauem Kalkstein mit Resten von Amblypterus an seiner oberen
Grenze überschritten, bevor man die westlich darauffolgende
Zone der Porphyrtuffe, mit welchen die Öber-Cuseler Schichten
beginnen, studierte. — In den klein- bis grobstückigen Porphyr-
tuffen fand sich reichlich Gelegenheit, die verschiedenartigsten
Porphyrvarietäten, aus denen die Bomben bestehen, zu sammeln;
besonderes Interesse erresten die hier in besonderen Lagen
zwischen den übrigen Porphyrtuffen auftretenden Pisolithtuffe.
Nach Durchschreiten der Tuffzone wurde die nächstfolgende Zone
der Ober-Cuseler Schichten, nämlich die grauen Feldspatsandsteine
— de
und braunen Schiefertone der Ober-Cuseler Schichten am Wege
nach Mittelsteine kennen gelernt, ehe man an die große Ver-
werfung der Schulzenkoppe, die in nordwestlicher Richtung
herüberstreicht, beobachtete. Infolge dieser Verwerfung erscheinen
von ihr südwestlich nochmals in seigerer Stellung die Porphyr-
tuffe, das Kalksteinlager und die hellbraunroten Schiefer-
tone der Unteren Cuseler Schichten.
Von hier aus stieg man in die breite Talwanne der Steine
hinab, auf deren linkem Gehänge die lösartigen J,ehme und die alten
diluvialen Flußschotter, wovon dieletzterenan der unteren Terrasse aus-
streichen und in zahlreichen Kiesgruben ausgebeutet werden, gezeigt
wurden. Zuvor hatte man beim Bahnhof Mittelsteine die Halden der
Heddischachtes besucht, wo man die unter dem Diluvium er-
schlossenen Gesteine des Oberkarbons und der Phyllitformation
sammelte. Nachdem man die breiten Talauen des älteren und
jüngeren Alluviums in Mittelsteine durchschritten, gelangte
man am rechten Steineufer in die Fortsetzung des Profils
der Oberen Cuseler Schichten, die aus grauen Feldspat-
sandsteinen nnd schwarzen Schiefertonen bestehen; sie werden
überlagert von der mächtigen Zone der oberen Bausandsteine, die
an der Eisenbahnlinie bis in die Nähe von Nieder-Rathen gut
aufgeschlossen sind.
Hier beginnt das Mittel-Rotliegende oder die Lebacher
Schichten mit Porphyrtuffen, die der Eruptivstufe dieser Ab-
teilung zugehören; sie wurden zunächst in ihrer Ausbildung an
der Bahnlinie östlich der Haltestelle, sodann aber bei Schloß
Nieder-Rathen besichtigt; sie zeichnen sich durch ihre fast durch-
gängig hell- bis schmutziggrünen Farben und durch die Führung ven
zahlreichen z. T. blasigen größeren Porphyrbomben aus. Die zur
oberen Abteilung der Unteren Liebacher Schichten gehörigen
Walchienschiefer mit den beiden Lagern von schwärzlichgrauem
Kalkstein hatte man- bereits an der Haltestelle Nieder-Rathen
beobachtet; ihre weitere Ausbildung konnte auf dem Wege von
Nieder-Rathen nach Ober-Rathen in Hohlwegen genügend studiert
werden. Im Hohlwege, der von Wünschelburg nach dem Bieler
Busch führt, wurden die oberen Lebacher oder Tholeyer Schichten
besichtigt; sie bestehen wesentlich aus lettigen, hellbraunroten
Schiefertonen (Rötelschiefern) mit eingeschalteten dünnbankigen,
graurötlichen, feinkörnigen Sandsteinen und zwei geringmächtigen
(0,5 m) rötlichen Kalksteinflözen. Am Anfang des Hohlweges
und in einer Kiesgrube wurde über den oberen Lebacher Schichten
die ungleichförmige Auflagerung von kleinstückigen, schüttigen
Konglomeraten beobachtet; mit diesen beginnt das Ober-Rotliegende,
das aus einer unteren Konglomeratstufe und einer oberen, der
‘Sandsteinstufe, sich zusammensetzt. Beim Bahnhof Wünschel-
burg hatte man Gelegenheit, auch diese Ausbildung noch an
‘einigen Punkten zu beobachten.
Die zweite Exkursion am 12. September führte uns von
'Neurode bis nach Silberberg und somit durch das Kartengebiet
des Blattes Neurode. . Unmittelbar bei Neurode wurden die in
‘Felsen anstehenden Ottweiler Schichten im Galgengrunde besichtigt;
sie bestehen aus graurötlichen Feldspatsandsteinen und -Konglo-
meraten, die die unterlagernden Saarbrücker bei Buchau gleich-
förmig bedecken. Die Wechsellagerung von weißlich-grauen Sand-
steinen und Konglomeraten der Saarbrücker Schichten mit den
reichlich darin vorkommenden Kieselhölzern, die GöPpeErT von hier
zuerst unter dem Namen Araucarıtes Rhodeanus beschrieb, wurde in
‘mehreren Aufschlüssen beobachtet; auch wurde in dem nahe der
‘Chaussee gelegenen Steinbruche der Ausstrich des Josephflözes,
däs hier mehrere kleine Verwerfungen zeigt. in Augenschein ge-
nommen. Besonderes Interesse erweckte die Begehung des be-
zühmten Gabbrozuges zwischen Buchau, Volpersdorf und Ebersdorf.
‘Die hier kartographisch ausgeschiedenen Gabbrovarietäten, nämlich
schwarzer Gabbro (Olivin-Gabbro) bei Buchau, grüner Gabbro
bei Volpersdorf, Forellenstein und Anorthit-Gabbro zwischen
Volpersdorf und Ebersdorf wurden in Steinbrüchen und von zer-
sprengten Blöcken aus den Steinrüschen reichlich gesammelt.
Am Steinberge bei Ebersdorf verließ man den Gabbrozug
und trat in das Bereich des Unter-Rotliegenden ein, das mit den
Porphyrtuffen der Ober-Cuseler Schichten, aber mit dem im un-
mittelbar in seinem Liegenden auftretenden Kalklager und den
weiter ostwärts vorhandenen Schiefertonen und Sandsteinen den
obersten Zonen der Unter-Cuseler Schichten angehört. Diese
'Schichtenreihe entspricht den Porphyrtuffen etc. bei Biehals, so-
‘daß sie durch die große Hauptverwerfung mit ungefähr 1000 m
'Sprunghöhe am Ostrande des Gabbrozuges abgesunken erscheinen. —
Der Zug dieses Rotliegenden wurde bis zum Kallkberge bei Ebers-
dorf verfolgt, wo namentlich die Porphyrtuffe durch frische Auf-
schlüsse entblößt waren. Durch die Ebersdorfer Verwerfung ist
auch das Rotliegende am ÖOberdevon und Kulm des Kalkberges
abgesunken, sodal die Cuseler Schichten zwischen diesen und
dem Gabbrozug bei Ebersdorf eine grabenartige Versenkung bilden.
In dem altberühmten Kalkbruche von Ebersdorf wurde die
Schichtenfolge des Oberdevons (Hauptkalk und Clymenienkalk)
und der ungleichförmig darauf folgende Kulm und die Sattel-
‘bildung beider erläutert. Nachdem man an der Ostseite des
Kalkberges den Kohlenkalk in den alten Brüchen besichtigt hatte,
durchschritt man in nordöstlicher Richtung bis Kolonie Kalkgrund
—
die sich anschließende Kulmmulde, in die sich das Oberkarbon
(Waldenburger und Ottweiler Schichten) ungleichförmig auflagern.
Dieser Teil der Kulmmulde gehört der unteren Abteilung dieser
Formation an und besteht an seinem Westflügel aus Kulmsandsteinen
und -Konglomeraten, dem Kohlenkalke und darüber folgend aus
Kulmtonschiefern und eingelagerten Gabbrokonglomeraten. Im
Östflügel der Kulmmulde kommen in diesem Profil bei Kolonie
Waldgrund nur die liegendste Zone, nämlich die Gneiskonglo-
merate zum Vorschein. Das aus Tonschiefern und Grauwacken-
sandsteinen bestehende Muldeninnere ist durch die oberkarbonischen
Waldenburger und die diesen ungleichförmig aufgelagerten Ött-
weiler Schichten verdeckt. Letztere sind bei Waldgrund in Feld-
wegen gut in ihren Arkosen aufgeschlossen; während an der neuen
Bahnlinie bei Waldgrund die konglomeratischen Waldenburger
Schichten mit schwachen Flözausstrichen besichtigt wurden. Von
hier aus verfolgte man in südöstlicher Richtung die Eisenbahn-
linie. Im ersten Einschnitte südöstlich. des alten verlassenen
Kalkbruches wurde der Ausstrich des Kohlenkalkes, über welchem
in steiler Stellung (60° SW) die Kulmtonschiefer in ausgezeichneter
Weise aufgeschlossen sind, beobachtet. Bei der Haltestelle Neudorf
gelangte man wiederum in das Liegende der Tonschiefer und des Kohlen-
kalkes, nämlich in die Gneiskonglomerate, deren Gerölle in ihrer ver-
schiedenen Art und Größe in den noch ganz frischen Aufschlüssen hier
und in den folgenden Einschnitten der Eisenbahn allgemeines
Interesse erregten. Nun folgte man der Chaussee nach Neudorf,
wo Kulmtonschiefer anstehend zu beobachten sind. Nachdem
man in Neudorf bei den alten verlassenen Kalkbrüchen den all-
mählichen Übergang von Gmneiskonglomeraten in den Kohlenkalk
und dessen gleichförmige Überlagerung von Tonschiefern in Augen-
schein genommen hatte, folgte man dem Kalkzuge in westöstlicher
Richtung nach Silberberg zu. An der Chaussee bei Haltestelle
Festung Silberberg sammelte man die in kleinen Kalkknollen oder
die einzeln enthaltenen Kulmpetrefakten. namentlich Korallen,
Produkten und Spiriferen. Die letzte Fundstätte dieser Ver-
steinerungen im Kohlenkalk in dem in unmittelbarer Nähe ge-
legenen, zuletzt nur unterirdisch betriebenen Stillerschen Kalk-
bruche war wenige Wochen zuvor für immer zum Erliegen gekommen.
Da man leider wegen vorgeschrittener Zeit den letzten Teil des
Programms, nämlich den Besuch der Herzogwalder Schichten
und des Herzogwalder Silur nicht zur Ausführung bringen konnte,
benutzte man die kurze Zeit vor der Rückfahrt nach Neurode,
um den Blick in die ostwärts sich ausbreitende Ebene der
Gegend von Frankenstein und Camenz vom Silberberger Paß aus
zu genielen.
— a °—
Den 13. September wurde die dritte Exkursion von Neurode
aus über Kunzendorf, Mölke. Hausdorf, Hausdorfer Plänel bis
zur Reimskoppe im Eulengebirge unternommen, wobei Teile der Blätter
Neurode, Rudolfswaldau und Langenbielau begangen wurden;
man lernte somit die Gliederung und den geologischen Aufbau
des Rotliegenden, der Ottweiler und Saarbrücker Schichten, des
Kulms und der Gneisformation in dieser Gegend kennen.
In Neurode wurden an der Chaussee nach Kunzendorf die
in Felsen ausstreichenden beiden unteren Zonen der unteren
Cuseler Schichten, nämlich die Zonen der braunroten sandigen
Schiefertone und dünnplattigen Sandsteine (rulß) und die Zone:
der braunroten Sandsteine und Konglomerate (rula) besichtigt.
Letztere Zone ist in ihren obersten Schichten durch einen
Steinbruch, nördlich des Galgengrundes und unmittelbar an der
Chaussee gelegen, erschlossen. Ihre liegenderen Schichten lernte
man in den Einschnitten an der Eisenbahnlinie, zu der man nun
hinaufstieg, am Galgenberge kennen; hier wechsellagern Sandsteine
mit Konglomeraten, während Schiefertone zurücktreten; diese er-
langen erst nach dem Hangenden zu allmählich größere Ent-
wicklung, wo sie alsdann mit Sandsteinen wechsellagern. Für
die im Liegenden auftretenden Ottweiler Schichten bietet der
nördliche Eisenbahneinschnitt ausgezeichnete Aufschlüsse dar, in
denen sowohl die rötlich-grauen Arkosen als auch ihre konglo-
meratische Ausbildung in Wechsellagerung gut zu beobachten sind.
Beim Eintritt in die gleichförmig unterlagernden Saarbrücker
Schichten wurden die an der Bahnlinie gelegenen Öfen am Bahn-
schachte der Rubengrube unter Führung des Herrn Obersteigers
KRoHNE besichtigt, in denen der feuerfeste Schieferton aus
diesen Schichten gebrannt wird. Von diesen feuerfesten Schiefer-
tonen, deren Bildung durch Einschwemmung z. Z. in jene der Saar-
brücker Schichten von dem Verwitterungsboden des Gabbrozuges
erfolgte, standen den Teilnehmern der Exkursion hinreichendes
Material, auch von den darin vorkommenden Mineralen (Pholerit,
Haarkies, Titanit etc.) zur Auswahl zur Verfügung. Bei der weiteren
Begehung der Eisenbahn nach Neurode wurden die im sog.
italienischen Einschnitte zu einem steilen Sattel zusammengeschobenen
flözführenden Saarbrücker Schichten betrachtet, sie werden bei der
dortigen Eisenbahnbrücke von der nordwestlich streichenden und steil
fallenden Hauptverwerfung abgeschnitten, wodurch die oberste Zone
der Unteren Cuseler Schichten in das Niveau der Unteren Saarbrücker
Schichten gesunken erscheint und sich zunächst in einer kurzen
Mulde mit ihren dünnen Kalkbänken nordwärts anschließen. DieZone
der Bausandsteine wurde nach N weiter durchschritten und die
hier mehrfach aufsetzenden, nicht unbedeutenden Verwerfungen,
er
wie sie das Blatt Langenbielau darstellt, besichtigt und die Spezial-
profile in den nahe der Eisenbahnlinie gelegenen Steinbrüchen in °
Augenschein genommen. .lenseits des Hausdorfer Tales folgte
man wiederum der Bahnlinie, an der die unter den Hauptbau-
sandsteinen folgende Zone der braunroten Konglomerate und
Sandsteine (rule) bis in die Nähe der Haltestelle Ludwigsdorf
ausstreichen. Durch Wendung der Bahnlinie nach W und durclı
Verrückung infolge einer NS streichenden großen Verwerfung gelangte
man wiederum in die nach NO gesunkene Zone der Bausand-
steine, die bei der Haltestelle Ludwigsdorf von der großen
Mölker Verwerfung abgeschnitten wird. Durch diese nordsüdlich
verlaufende Verwerfung wird die bei der Haltestelle sehr gut
aufgeschlossene Zone der braunroten Schiefertone und Sandsteine
(rulß) von der vorigen Zone getrennt; in dieser wurden Reste
von Walchia imbricata und sog. fossile Regentropfen gesammelt.
Bei Haltestelle Ludwigsdorf verließen wir die Hauptbahnlinie
und nahmen an der Grubenbahn der Wenzeslausgrube die
schönen Aufschlüsse in der Zone rulo, und in den dort
entwickelten Ottweiler und Saarbrücker Schichten in Augen-
schein. Nachdem der durch die Freundlichkeit des Herrn Dr.
Gärtner den Teilnehmern der Exkursion verabreichte Imbiß
auf der Wenzeslausgrube eingenommen war, fand eine Besichti-
sung der Grubenanlagen über Tage statt. Mit Hilfe der uns
gleichfalls von dieser Gruben-Verwaltung freundlichst zur Ver-
fügung gestellten Wagen wurde die Exkursion bis in das Eulen-
gebirge fortgesetzt. Bei Hausdorff wurde die verschiedene
Entwicklung der Kulms studiert, man sah Gabbrokonglomerate,
Kulmtonschiefer und Grauwacken und die Variolitkonglomerate.
Die im Kulmgebiet abgelagerten, z. T. sehr mächtigen Gneis-
schotter wurden an verschiedenen Stellen in guten Aufschlüssen
beobachtet, wobei die Frage über ihren eventuellen glacialen Ur-
sprung erörtert wurde. Vom Kulmgebiet betraten wir nun das
Gebiet der Gneisformation, welche die hier durchgeführte
Gliederung der Zweiglimmergneise in verschiedenen Zonen kennen
lehrte. An der Chaussee Hausdorf-Steinkunzendorf durchschritt
man in fast ununterbrochenen Aufschlüssen bis zum Hausdorfer
Plänel die Zonen der schiefrigen Zweiglimmergneise (gnz),
der Augengneise (gnza), der grobflaserigen Zweiglimmergneise (gnz’Y)
und. der flaserigen Zweiglimmergneise (gnzo), wobei die bizarren
Schichtenbiegungen namentlich in den grobflaserigen und flaserigen
‚Zweiglimmergneisen großes Interesse erregten. Nachdem von vielen
Teilnehmern reichliches Belegmaterial von den Gmneisen und von
den in den flaserigen Zweiglimmergneisen mehrfach eingelagerten
Amphiboliten gesammelt war, besuchte wan vom Hausdorfer
Plänel aus noch die Reimskoppe, um das hier gleichfalls in den
flaserigen Zweiglimmergneisen eingeschaltete Serpentinlager zu-
sehen. Der schwärzlichgrüne, dünnplattige Serpentin, in dem
noch Reste von Strahlstein vielfach enthalten sind, ist größtenteils
aus diesem entstanden. Serpentin und Strahlsteinschiefer, der
in einzelnen dünnen Lagen mit dem Serpentin hier wechsellagert,
wurden gesammelt. Bei der Zimmermannsbaude bestieg man die
Wagen und fuhr nach Neurode zurück.
Am 14. September reiste die größere Zahl der Teilnehmer
(17) von Neurode früh 7°? nach Gottesberg, um in einer zwei-
tägigen Exkursion die Ausbildung des ÖOberkarbons, des Kulms,
der Gneisformation und des nordischen Diluviums in der Walden-
burger Gegend zu studieren. In Gottesberg wurden wir bei
unserer Ankunft auf dem Bahnhofe durch eine Ansprache von
dem Direktor der schlesischen Kohlen- und Kokswerke Herrn
Rössner freundlichst begrüßt. Dieser und vier seiner höheren
Bergbeamten, sowie auch der Kgl. Revierbeamte Herr Bergmeister
Jorpan aus Waldenburg schlossen sich der Exkursion bei Gottes-
berg an. Auf dieser sollte namentlich die Ausbildung des Ober-
karbons und seine Gliederung (Waldenburger, Weißsteiner, Saar-
brücker und Ottweiler Schichten), ihr Verhältnis zu dem bekannten
Porphyrstock des Hochwaldes und zum Hochberg-Porphyr und die Be-
ziehungen dieser beiden Porphyre zueinander kennen gelernt werden.
Während man über das stockartige Auftreten der großartigen Porphyr-
masse des Hochwaldes im Oberkarbon nicht im Zweifel war und nur
über sein Alter bis vor kurzer Zeit Unklarheit herrschte!), faßte man
die kegelförmige Porphyrmasse des Hochberges als eine pilzförmige
Ausbreitung im Oberkarbon (Saarbrücker Schichten) auf, die
jünger als der Porphyrstock des Hochwaldes sei, deren Stiel, also
deren Eruptionskanal, man aber nicht kenne, obzwar das unter
ihm vorhandene Oberkarbon durch bergmännische Arbeiten z. T.
durchfahren und bekannt geworden war. Durch Beobachtungen
und daran sich schließende zahlreiche Aufschürfungen bei Kohlau
in der Senke zwischen Hochwald und Hochberg, die durch die
freundliche Unterstützung der Verwaltung der Abendröte-Grube
nach den Angaben und unter der Aufsicht des Exkursionsleiters
im Laufe des Sommers ausgeführt wurden, gelangte man zu
wesentlich anderen Ansichten über das Verhältnis der beiden
großartigen und altberühmten Porphyrvorkommen. Es gelang
nämlich der Nachweis, daß der Porphyr des Hochwaldes an seiner
Südwestseite bei Kohlau eine mächtige, bis 160 m breite und
!) Vergl. E. DATHE! Über. die Verbreitung der Waldenburger
und Weißsteiner Schichten in der Waldenburger Bucht und das Alter
des Hochwaldporphyrs. Diese Zeitschr. 1892. 54. S. 189—193.
ee.
450 m lange Apophyse in ziemlich ostwestlicher Richtung zum.
Hochberg aussendet und die dort entwickelten Waldenburger,
Weißsteiner und Saarbrücker Schichten durchbricht. Es findet da-
durch ein inniger Zusammenhang mit dem Porphyrkegel des Hoch-
berges statt, da dessen domförmig ausgebreitete Porphyrmasse aus der
Spalte der Apophyse emporgequollen erscheint. Es spielt somit die
Kohlauer Apophyse des Hochwaldes mit ihrer westlichen Aus-
breitung des Hochberges die gleiche Rolle, wie die neuerdings
nachgewiesene Apophyse!) des Hochwaldes an seiner Südostseite,
nämlich der Apophyse von Ober-Hermsdorf bis zum Blitzenberg-
bei Fellhammer. Diese interessanten neuen Verhältnisse sollten
durch die Exkursion bei Gottesberg und Fellhammer in erster
Linie gezeigt und erläutert werden.
Vom Bahnhof Gottesberg ging man durch die Stadt zum
städtischen Steinbruch am Plautzenberg, wo man die petrographische
Ausbildung des Hochwaldporphyrs, der zu den Felsitporphyren zu
stellen ist, studierte und seine bankförmige bis säulenförmige Ab-
sonderung betrachtete. Daran schloß sich der Besuch der Baryt-
grube am Plautzenberge, in der Schwerspat zu technischen Zwecken
durch Stollenbetrieb in den im Porphyr aufsetzenden, 1—2 m
mächtigen Barytgängen, auf welchem der alte Gottesberger Berg-
bau ehemals umging, abgebaut wird. Nach Besichtigung des
interessanten Gangvorkommens durchschritt man an der Straße
nach Kohlau die dort anstehenden Waldenburger und Weißsteiner
Schichten und den Hochwald-Porphyr; sodann verfolgte man den
Verlauf der Apophyse zwischen diesem und dem Hochberge Das
Ende der Apophyse und der Anfang der domartigen Ausbreitung
konnte man im Steinbruche an der Straße nach Rothenbach
beobachten; die petrographische Übereinstimmung des Porphyrs
in der Apophyse und im Hochberg war deutlich ersichtlich. Von
hier aus besuchte man den im südlichen Teile der Hochberges
angelegten Steinbruch, den sog. Plattenbruch, in dem die
ausgezeichnet plattige Absonderung (1—2 dem stark und noch
dünner), die hier den Porphyr beherrscht und womit zugleich eine
bis ins kleinste gehende, durch Fluidalstruktur hervorgegangene
Schichtung entwickelt ist, allgemeines Interesse erregte. Auf dem
Rückwege vom Hochberge zur Stadt Gottesberg wurden noch
einige kleinere Aufschlüsse in den Saarbrücker und Weißsteiner
Schichten in der Nähe des Kirchhofes angesehen, wobei sich leider
ein heftiges Regenwetter einstellte.
Nun folgten die Teilnehmer der Exkursion der freundlichen
Einladung des Herrn Bergwerksdirektor Rössner zu dem im
!) Ebenda S. 192—193.
Gasthof „Zum preußischen Adler“ dargereichten Frühstück. Nach
demselben hielt der Exkursionsleiter, da das Regenwetter noch
anhielt, einen längeren Vortrag über den Aufbau des Karbons in
der Waldenburger Bucht und sein Verhältnis zum Porphyrstock
(Lakkolithen) des Hochwaldes, dessen Hervorbrechen, — da er
einerseits nicht nur die Waldenburger, Weißsteiner und Saar-
brücker Schichten in seiner Umgebung gehoben und zu der Hermsdorf-
Weißsteiner und der Rothenbacher Spezialmulden zusammen-
geschoben hat, sondern auch andererseits diese in den bereits
genannten beiden Apophysen durchbrichtt — entweder in die
jüngste Oberkarbonzeit oder in die Zeit des Rotliegenden
fällt. Nachdem der Regen aufgehört, konnte die Fortsetzung
der Exkursion von Gottesberg nach Bahnhof Fellhammer autf-
genommen werden. Es wurden nochmals die Waldenburger,
Weißsteiner und Saarbrücker Schichten durchquert, wobei man
die durch die große Gottesberger Verwerfung weit nach S vor-
geschobenen Schichtenkomplexe bei Bahnhof Fellhammer mit den
groben Konglomeraten der Weißsteiner Schichten in guten Auf-
schlüssen besichtigte.e Von hier aus betrat man die Eisenbahn-
linie, an der die südöstlicke, 400 m breite Apophyse des
Hochwaldporphyrs und die Aufrichtung der Saarbrücker Schichten
an ihrer Nordostseite zunächst an der Strecke Fellhammer-Ditters-
bach gezeigt wurden. Nun gingen die Teilnehmer der Exkursion auf
die bei Fellhammer abzweigende Bahnlinie nach Salzbrunn über, um
nochmals die hier aufgeschlossene Porphyrapophyse zu durch-
schreiten und in dem östlich sich anschließenden großen Ein-
schnitte die vortrefflich entblößten Flözausstriche der unteren
Saarbrücker Schichten in Augenschein zu nehmen. Zum Schluß
wurden die nahen Ziegeleigruben bei Ober-Hermsdorf aufgesucht,
wo die Porphyrapophyse gleichfalls durchstreicht. Der Verwitterungs-
lehm desPorphyrs und der darüber abgelagerte Geschiebelehm werden
hier abgebaut. Diese Ablagerung ist insofern interessant, weil
sie die in Schlesien bis jetzt bekannte höchst gelegene Grund-
moräne des nordischen Inlandeises in 560 m Meereshöhe darstellt.
Neben zahlreichen, bis über kopfgroßen Geschieben, die den
Konglomeraten der in unmittelbarer Nähe anstehenden unteren
Weißsteiner Schichten entstammen, kommen in diesem Geschiebe-
lehm bis über kopfgroße Blöcke vom Gabbro des Zobten, von
Basalten und Graniten von Striegau, nordische Granite, Gneise,
Quarzite und vereinzelt kleine Feuersteinsplitter vor. Mit der
Eisenbahn fuhren die Teilnehmer der Exkursion am Abend von
Fellhammer nach Bad Salzbrunn, wo man übernachtete.
Am 15. September besichtigten die Exkursionsteilnehmer in
Bad Salzbrunn die dort am Annafelsen steil gestellten (60— 70° SW)
— Ba
Kulmkonglomerate, welche von den Waldenburger Schichten weiter
nach. SW diskordant überlagert werden; die flache (5—10°)
I,agerung dieser Schichten und ihre petrographische Ausbildung
wurde in: den Steinbrüchen bei Hartau gezeigt und ihr Verlauf
über die Wilhelmshöhe bis zum Bahnhof Altwasser weiter
verfolgt. Von der Wilhelmshöhe aus genoß man die herrliche
Rundsicht, wobei der Aufbau der Gegend erläutert, nament-
lich auch der Verlauf der unteren Grenze der Weißsteiner
Schichten recht ersichtlich wurde. Bei Altwasser wurde die
Bahnlinie nach Niedersalzbrunn betreten, um die steil und wider-
sinnig nach N einfallenden Tonschiefer uud Variolitkonglomerate
des Kulms zu betrachten, wobei auf die auch hier vorhandene diskor-
dante Lagerung zwischen Kulm und Waldenburger Schichten hin-
gewiesen wurde. Bei Kolonie Sandberg besuchte man am Sandberge
die über 20 m tief aufgeschlossenen diluvialen Kiese und Sande.
Die letzteren werden für die dortige Spiegelglasfabrik gewonnen.
Die Ablagerung mit der 1—2 m mächtigen Geschiebepackung an
ihrer Oberfläche wurde als eine Endmoräne von einigen Diluvial-
geologen aufgefaßt und mit den Endmoränen von Freeden ver-
glichen. Von der Gneisformation sah man die Biotitgneise bei
Kolonie Sandberg und am Wege zwischen Seitenberg und Bahn-
hof Niedersalzbrunn. Nach dem Frühstück wurden die am Bahn-
hof Niedersalzbrunn sehr schön entblößten grauen und braunen
groben Konglomerate des Kulm in ihrer Wechsellagerung mit Grau-
wackensandsteinen besichtigt. Von hier begaben sich die Teilnehmer
der Exkursion in den herrlichen Fürstensteiner Grund, wo die
in Steinbrüchen und zahlreichen Felsen anstehenden Gneiskonglo-
merate, Gneisbrececien und Gneissandsteine des Kulms in ihrer
mannigfaltigen Ausbildung und Verknüpfung beobachtet wurden.
Nach kurzem Aufenthalte auf der Alten Burg, von der man einen
herrlichen Blick in die tiefe Schlucht des Fürstensteiner
Grundes hat, ging man nach dem Bahnhof Niedersalzbrunn zurück,
um von hier aus nach Breslau zur Teilnahme an der allgemeinen
Versammlung zu reisen.
— 2.7 —
2. Geologischer Führer durch Oberschlesien
und in die Breslauer Gegend.
Allgemeine Uebersicht der Erdgeschichte und
des Gebirgsbaus.
Von Herrn F. FRECcH.
Oberschlesien stellt in kultureller Beziehung einen weit vor-
geschobenen Posten westlicher Kultur dar und entspricht auch in
gealogischer Hinsicht der mittel- und westeuropäischen Entwick-
lung der Formationen; vereinzelt sind gegenüber dem westlichen
Charakter die östlichen und südlichen Anklänge: weder im
Unterkarbon noch in der produktiven Steinkohlenformation beob-
achten wir eine Beziehung zu der Entwicklung von Moskau oder
des entlegeneren Ostens. Vielmehr ist Oberschlesien der letzte
Ausläufer der großen, in Südwales beginnenden, durch Nord-
frankreich und Belgien über Aachen und Westfalen verlaufenden
Steinkohlenzone, die — zwischen dem mittelkarbonischen Hoch-
gebirge und dem karbonischen Ozean — der Pflanzenwelt einen unge-
wöhnlich günstigen Nährboden bot.
A. Kurzer Ueberblick der erdgeschichtlichen
Entwicklung Oberschlesiens.
Die ältesten, durch Versteinerungen bestimmten Ablagerungen
Oberschlesiens gehören dem Unterkarbon und zwar der höheren!),
!) Es gibt paläontologisch im unteren Karbon nur zwei unter-
scheidbare Stufen, eine untere mit Sp. tornacensis, Aganides rotatorius
Kon. sp. (= Ixion Hall) und Prolecanites compressus sowie eine höhere
mit Produetus giganteus, Glyphioceras sphaericum und Prolecanites
ceratitoides v. B. Die unter der Tornacensis-Zone lagernden LÜber-
sangsschichten ermangeln bestimmter paläontologischer Merkmale und
bilden daher weder eine stratigraphische Stufe noch eine Zone. Diese
Grenzbildungen sind je nach den wechselnden örtlichen Verhältnissen
zum Devon oder zum Karbon zu stellen oder zwischen beide For-
mationen zu teilen (Malöwka - Murajewnia). Die lokalen Verhältnisse
sind im Osten (Rußland und Araxes zwischen Hocharmenien und Persien)
und im Westen durchaus verschieden (Etroeungt in Belgien. wahr-
scheinlich devonisch, Marbre Griotte in den Pyrenäen und in Asturien
karbonisch etc.) Die Grenzgebiete, in denen das tiefere Unterkarbon
fehlt oder durch Brandungskonglomerate (Sudeten) vertreten sind,
sind in den Ostalpen, in Ungarn und vor allem in Nieder- und Ober-
schlesien zu suchen. Insbesondere enthält Oberschlesien ebensowenig
wie seine Grenzgebiete eine Andeutung des tieferen Unterkarbon. -
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 1904. 15
— 228 0 —
durch Glyphioceras sphaericum und Productus giganteus gekenn-
zeichneten Stufe an.
Unweit der Grenze von Österreichisch-Schlesien sind bei
Leisnitz (in der Gegend von Leobschütz) Posidonienschiefer mit
Glyphioceras sphaerieum und Postdonia Becher! bekannt. Auch
Pflanzen-Grauwacken mit Asterocalamites scrobiculatus sind hier
aufgeschlossen, die auch auf dem rechten Oderufer bei Tost und am
Annaberge auftreten.
Die Erhaltung des Leobschützer Glyphioceras sphaericum
erinnert an die nördlicheren sudetischen Vorkommen, welche von
E. Dartne als karbonische Käfer gedeutet worden sind.!) Devon
tritt nur jenseits der politischen Grenzen Oberschlesiens auf, so
bei Würbental im Altvater Quarzit der unteren Coblenzschichten
und bei Bennisch Mitteldevon mit Anarcestes plebeius. Da auch
im Osten bei Krakau höheres Devon und im Nordosten im Pol-
nischen Mittelgebirge marines Mittel- und Oberdevon in west-
licher (nicht in russischer) Entwicklung bekannt ist, dürfte auch
Oberschlesien von den Meeren des höheren Devon bedeckt ge-
wesen sein. Doch liegen diese älteren Schichten, sofern sie
überhaupt erhalten sind, in unerreichbarer Tiefe. Das tiefste
Bohrloch von Paruschowitz, das tiefste der Welt, das mehr als
2000 m Tiefe erreicht, hat die Schichten des unteren Oberkarbon
noch nicht durchsunken, und eine Ansetzung ähnlicher Bohrungen
im Unterkarbon dürfte wohl nie erfolgen.
Die Grenze von Unter- und Oberkarbon schien nach den
älteren, von mir 1899 wiedergegebenen Angaben einer Diskor-
danz zu entsprechen. Jedoch wies ich schon 1902?) darauf hin,
daß eine Diskordanz nicht nachgewiesen sei, und neuerdings
konnte an der mährisch - schlesischen Grenze Herr Bergassessor
GEISENHEIMER den Nachweis einer konkordanten Aufeinanderfolge
von Unter- und Oberkarbon erbringen. Diese wichtige Fest-
stellung steht mit den Beobachtungen an der niederschlesisch-
böhmischen Grenze gut im Einklang. Auch hier ist die intra-
karbonische Diskordanz zwar an dem verschiedenen Fallen der
Schichten kenntlich, aber eine Unterbrechung des Absatzes ist
durch das ganze oder teilweise Fehlen der Sudetischen Stufe
nur in der Schatzlarer und z. T. in der Landeshuter Gegend
angedeutet. Viel bedeutsamer und einschneidender ist im schle-
sischen Gebirge die Diskordanz zwischen Oberkarbon und Mittel-
Rotliegendem, der in Oberschlesien das gesamte Fehlen der letzt-
!) Die richtige Deutung gab H. J. KoLBE im Jahrb. d. Preuß.
geol. L.-A. für 1903 S. 123 t. 11.
2, Über den Bau der schlesischen Gebirge. HETTNERS Zeitschr. f.
Geographie S. 566.
— I 0° —
genannten Formation entspricht. Intrakarbonische Faltung ist
also in Oberschlesien nicht nachweisbar, die postkarbonische,
auch für Mittel- und Niederschlesien wichtige Gebirgs-
bildung kommt für den Osten allein in Frage.
Die nördliche Steinkohlenzone des europäischen Kontinents,
zu der Oberschlesien gehört, zeigt zwar eine gewisse Verschieden-
heit in der Intensität der Faltung und der Entwicklung der
Flöze, gehört aber doch einer einheitlichen Ausbildungsform!),
dem westfälischen Typus an.
Die Faltung der nordeuropäischen Steinkohlenzone war
postkarbonisch, d. h. nach der Aufrichtung des Hochgebirges in
mittelkarbonischer Zeit griff die Faltung später auf die Außen-
zone über.
Der Grad der Faltung nimmt von NW nach SO ab. In
Nordfrankreich und Belgien sehen wir bedeutende Überschiebungen,
sodaß das Oberkarbon zuweilen unter Silur oder Devon ange-
fahren wird, im westfälischen Revier begegnen wir Sätteln und
Mulden mit steilgestellten Schichten, aber keiner größeren Über-
schiebung. Oberschlesien zeigt den bekannten Schichtensattel
zwischen Zabrze und Myslowitz, der im Norden von der kleineren
regelmäßigen Beuthener Mulde, im Süden von einer größeren
unregelmäßigen Synkline begrenzt ist.
Doch bilden die ältesten Steinkohlenschichten der sudetischen
Stufe nur an verhältnismäßig wenigen Punkten die äußere Be-
srenzung, vielmehr tritt infolge weiterer Dislokationen gerade die
jüngste (die Saarbrücker Stufe) am Süd- und Ostrande?) vor-
wiegend auf, während der Nordrand durch Schichten der Sattel-
Nöz-Zone°’) gebildet wird. Während die postkarbonische Faltung
in Oberschlesien schwächer ist als irgendwo im Westen, besitzen
jüngere Brüche (kretaceischen oder untertertiären Alters s. u.)
sroße Bedeutung.
Die mesozoischen Formationen schließen sich in Ober-
schlesien durchweg der westlichen Entwicklung an. Das Rot-
liegende ist in Preuß. Oberschlesien unbekannt, zeigt jedoch in
der östlichen Krakauer Fortsetzung der oberschlesischen Platte
die roten kontinentalen Sandsteine, Schiefertone und Porphyrtuffe,
!) Es liegt somit kein Grund vor, die Saarbrücker Stufe, das
mittlere Oberkarbon Oberschlesiens, mit Lokalnamen zu belegen.
?, Der Name Randschichten für die untere Sudetische Stufe, der
Name Muldenschichten für die untere Saarbrücker Stute ist also für
Oberschlesien alles andere als orientierend.
®) Nicht Sattel-,Gruppe“. R. MıcHaEL. Eine „Gruppe“ ist nach
dem seit Jahrzehnten durch internationale Vereinbarung festgestellten
Sprachgebrauch eine Gruppe von Formationen, entspricht also der Ara
(= Palaeozoicum).
15*
ee
die-durchweg in Mitteleuropa vorherrschen.!) Die Trias ist ger-
manisch — mit einigen alpinen Andeutungen im Röt?) und
Muschelkalk; dafür reicht die marine rhätische Transgression
Mitteleuropas nicht bis nach Osten, wo Süßwasserschichten (Helle-
walder Estherien-Schichten oben und Wilmsdorfer Schichten unten)
den Abschluß der Trias nach oben darstellen.
Dem Lias und untersten Dogger entspricht eine Schichtenlücke,
d. h. aller Wahrscheinlichkeit nach eine Festlandsperiode. Erst
mit der oberen Zone des unteren Doggers, den Eisensandsteinen
von Helenenthal, und besonders mit dem mittleren Dogger
(mit den Zonen des Stephanoceras Humphriesianum, der Par-
kinsonia Parkinsoni und P. ferruginea) dringt das Meer und
zwar von W oder SW her vor. Die mit Toneisensteinflözen
wechselnden Parkinsoni-Tone von Bodzanowitz sind fast die ein-
zigen politisch zu Oberschlesien gehörenden Jura-Ablagerungen.
Jedoch beginnt unmittelbar jenseits des Grenzflüßchens der
Prosna bei Wielun und Zdrojetz eine den obersten Keuper über-
lagernde Juraentwicklung, in der über den eisenhaltigen Tonen
braune mergelige Sandsteine mit Macrocephalites macrocephalus,
sowie weiße dickbankige Kalke, die Vertreter der Oxfordstufe,
bemerkenswert sind.
Wenngleich eine Neubearbeitung des polnisch-oberschlesischen
Jura im Beginn stecken geblieben ist, so ergibt doch die etwa
40 Jahre zurückliegende Darstellung FERrDINAnD RoEMERS den
westlichen bezw. mitteleuropäischen Charakter unserer Ablagerungen,
sodaß eine allgemeine Bedeckung Oberschlesiens mit mittel- bis.
oberjurassischen Ablagerungen gefolgert werden kann.
Die braunen Jurabildungen setzen allerdings mit gleichen
paläontologischen, ja sogar mit übereinstimmenden Gesteins-
charakteren bis in den fernsten Osten fort, wo Dr. C. Renz die
Parkinsont- und Humphriesianum-Schichten in Daghestan nachwies.
Hingegen zeigen die Oxford- und Kimmeridge-Kalke von
Russisch-Polen die allergrößte Ähnlichkeit mit den Ammoniten-
und Schwammkalken Frankens. Höchstens weist bei Ozenstochau
und Wielun das häufigere Vorkommen von Cardioceras cordatum:
und alternans?) auf den Osten. Jedoch sind diese östlichen Be-
. 1) Auch der Karniowicer Kalk der Gegend von Krakau findet in
den Unterrotliegend-Kalken der Gegend von Albendorf an der schlesisch-
böhmischen Grenze ein Analogon.
?) Gervilleia modiola FRECH und Myophoria costata gehen von Ober-
schlesien über Krakau bis an den Plattensee und kennzeichnen. die
Oberkante des Buntsandsteins.
®) Sowie Cardioceras Goliathus d’ORB. und Ü. czenstochowiense
F. ROoEM., eine sehr interessante Zwischenform von Cardioceras und.
Cadoceras.
ziehungen in Oberschlesien kaum ausgeprägter als an manchen
anderen mitteleuropäischen Fundorten. Nur das Fehlen von
Lytoceras und Phylloceras gibt dem polnischen Jura einen russisch-
borealen Anstrich.
Ebenso wie die untere Hälfte des Jura entspricht auch die
gesamte untere Kreidezeit einer Kontinentalperiode in Oberschlesien.
Die vollständig lückenlose Meeresbedeckung der karpathischen
Geosynkline während der obersten Jura- und der unteren Kreide-
zeit bildet einen der bezeichnendsten Gegensätze zwischen der
oberschlesischen Platte und den noch zum Alpensystem gehörenden
Faltenzonen der Karpathen. Der Rückzug setzte wie in Süd-
westdeutschland schon während des obersten Jura ein. Doch
vermögen wir in Russisch-Polen nicht festzustellen, inwieweit das
Fehlen der obersten Jura-Zonen auf wirkliche Trockenlegung oder
auf Denudation der obersten Juraschichten!) zurückzuführen ist.
Mit größerer Sicherheit läßt sich diese Frage für die obere
Kreideformation beantworten, deren Transgression ebenfalls auf
Mitteleuropa hinweist, da ja für das europäische Rußland die
Obere Kreide einer Festlandszeit entspricht. Allerdings sind von
der Oberen Kreide in Oberschlesien nur die untere Stufe (Cenoman-
Sande von Groschowitz) und die mittleren turonen Zementkalke
vorhanden. Während aber für den Innen- und Außenrand der
Sudeten?) ein gänzliches oder teilweises Fehlen mariner Senon-
schichten nachweisbar ist, dürfte die Abwesenheit derselben in
Oberschlesien auf die kontinentale Denudation der folgenden
Eocän- und Oligocänperiode zurückzuführen sein. Die obersenonen
Mucronatenschichten von Nagorzany bei Lemberg und besonders
die Feuersteinkreide von Russisch-Polen?) deuten auf die Sediment-
bildung eines tiefen Ozeans hin, der auch Oberschlesien überdeckt
haben dürfte. Die mannigfache und vollständige Entwicklung des
marinen Eocän und Oligocän der Karpathen weist erneut auf die
tiefgreifenden stratigraphisch-tektonischen Unterschiede zwischen den
Gebieten im Süden und Norden des oberen Weichseltales hin.
Mit der marinen Oberkreide schließt im wesentlichen die
Geschichte der transgressiven Meeresbedeckung in Oberschlesien.
Das Vordringen der oligocänen Melettaschichten und des medi-
terranen Miocän trug mehr den Charakter einer Ingression in vor-
handene Hohlformen und erstreckte sich nicht mehr auf die
!) Über alle diese Fragen könnte nur eine genauere Bearbeitung
der geologischen Aufschlüsse in Russisch-Polen Antwort geben.
2) Siehe Führer in die Grafschaft Glatz, Abschnitt Kreide.
®) Es kommen vor bei Jarnowiec an der Pilica in Russ.-Polen:
belemnitella mucronata, Ostrea vesicularis, Ananchytes ovata, Baculites
ef. anceps, Pecten Nüssoni (nach FERD. ROEMER).
— an
Gesamtheit des Regierungsbezirks Oppeln. Von Interesse ist das
Vorkommen von einer jungmiocänen (ober- oder mittelmiocänen)
Braunkohlenformation im Hangenden der mittelmiocänen marinen
Gebilde Oberschlesiens.!)M Man wird, um einen Vergleichungspunkt
für dieses Vorkommen zu erhalten, an den Aufschluß im
GRUNDMANNSchen Zementkalkbruch von Kgl. (früher Polnisch) Neu-
dorf bei Oppeln denken. Hier liegen als Ausfüllung einer flachen
Mulde, die in die turonen Zementkalke eingeschnitten ist, zw
unterst zahlreiche miocäne Lignitstämme; diese dunkele Lage bildet
beinah ein Flöz und hebt sich von weitem gegen die weißen,
ungestört lagernden Zementkalke und gegen die darüber befindlichen
umgelagerten ebenfalls hellfarbenen Tone scharf ab.
Auf Grund der wohl maßgebenden Säugetierreste nimmt
A. ANDREAE (Ss u.) jetzt ein mittelmiocänes Alter der Oppelner
tertiäiren Schichten an. Da die noch nicht näher untersuchten
Braunkohlenschichten des Industriebezirkes über marinem Mittel-
miocän liegen, stände einer direkten Gleichstellung derselben mit
dem ÖOppelner Vorkommen nichts im Wege.
Eine Umdeutung des Alters der untermiocänen mittel-
schlesischen und Posener Braunkohlen wird durch den neuen
Fund nicht notwendig... Die nieder- und mittelschlesische Braun-
koblenformation bildet die direkte Fortsetzung der sächsischen
und märkischen Kontinentbildungen, die in beiden Gebieten
(ebenso wie in Hessen) marines Oberoligocän überlagern.
Andrerseits bedeckt in Mecklenburg marines Mittelmiocän
die etwas ältere Braunkohlenformation, welche sich aus Branden-
burg bis hierher fortsetzt. Erst viel weiter westlich ist nach
v. Korsen eine jüngere miocäne Braunkohlenbildung auch im
mittleren Deutschland bekannt.
Auf den Süden und Südosten weist im ganzen Bereich der
geologischen Geschichte nur 1. die Einwanderung der marinen
Triasfauna, sowie viel später 2. die Transgression der
zweiten Mediterranstufe hin. Für die Brachiopoden, Zwei-
schaler, Crinoiden und Diploporen des alpinen Muschelkalkes ist
die Einwanderungsstelle zwischen Oberschlesien und dem Krakauer
Gebiet zu suchen. Im ungarischen Mittelgebirge (am Plattensee)
und in der Trias der Tatra findet sich noch die rein alpine
Entwicklung — in der Tatra allerdings schon mit Einlagerung
bunter Keupergesteine zwischen rhätischem Korallenkalk und mittel-
triadischem Dolomit; in Krakau und vor allem in Oberschlesien
weist lediglich der größere Reichtum an alpinen Meerestieren
auf die ozeanische Nähe hin. Bis nach Niederschlesien (Bala-
') Vergl. den Vortrag von R. MICHAEL in der Eröffnungssitzung.
— 233 —
Geologische Entwicklung der oberschlesischen Platte.
Schichtenbau. Tektonik. Vulkanismus.
Löß.
Eiszeit, eine große Dersieune,
Obermioein . . . De: ÖOppelner Bruch. Basaltausbruch
des Annaberges
Transgression d. Mittelmiocän
(II. Mediterran-St.)
Untermiocän: Reste von Land-
schnecken u. Landsäugetieren
a. d. Gegend von Oppeln. R
Oligocän: Melettaschichten.') Altere Eruptivgesteine
22 Orlauer Bruch. (Oderbereg).
Große Lücke: Eocän.
Transgression der Oberkreide (ozeanisch).
Große Lücke (ozeanisch).
Transgression des Mittl. Jura (nur im Osten
von Oberschlesien erhalten).
Keuper: Süßwasserschichten mit Kohlen.
Muschelkalk u. Dolomit: Binnenmeer.
Ob. Buntsandstein: Transgression des
deutschen Binnenmeeres.
Mittl. u. unt. Buntsandstein: scheint
zu fehlen.)
Diskordanz.
Schwache Faltung.
Dyas: rote Schiefertone und Porphyr-
tuffe des!) Rotliegenden. s
Stein- | Ob.: fehlt.
Fehlen Mittl.: rein kontinental.
Unt.: (Sudetische St.) mit
formation | marinen Einlagerungen. .
Diskordanz nicht nachgewiesen.
Unterkarbon: marin.
Grundgebirge und älteres Paläozoicum nicht aufgeschlossen.
tonites Jovis Artn., B. Ottonis Bevr.), bis Rüdersdorf (Bala-
tonites Ottonis mut.) und Thüringen (Piychites dux, Beyrichites)
verbreiten sich die alpinen Gäste, die im größten Teile des ger-
manischen Binnensees fehlen.
Auch die Erzführung des Beuthener Dolomites ist ein
Charakterzug anderer Art, der auf die Alpen weist, wo die Dolo-
mite in Raibl, dem Jauken und Deutsch-Bleiberg in Kärnten, von
Garmisch und Bieberwier in den nördlichen Kalkalpen nur
wenig jünger sind als das Erzgestein Oberschlesiens.
Während die triadische Ingression auf den Südosten deutet,
!) Nach einem von R. MICHAEL auf der Versammlung in Breslau
gehaltenen Vortrage.
— 932 =
ist die Ingression des miocänen Mittelmeeres (II. Mediterran-
stufe) direkt von Süden her von dem Wiener Becken am Ost-
abfall der böhmischen Masse vorbei über die mährische Pforte
bis in den oberschlesischen Industriebezirk und darüber hinaus
bis zum Annaberg bei Gogolin vorgedrungen.
Die reiche, von-A. AnprREAE entdeckte und bestimmte Land-
fauna von Oppeln deutet ebenso wie die Ausfüllung der Täler und
Senken des miocänen Festlandes und die Häufigkeit von Balanen
und Austern auf den Abschluß der mediterranen Meeresbucht hin.
B. |
Ueber den Gebirgsbau Oberschlesiens.
Oberschlesien ist ein Plateau- oder Schollenland, dessen
Schichtentafel (vergl. umstehend) die für diese Lagerungsform
bekannte und bezeichnende Lückenhaftigkeit aufweist. Noch
größer sind die Lücken im Bereiche der Sudeten, wenn man
die allein zum Vergieich geeignete Zeit Karbon— Gegenwart in
Betracht zieht. Dagegen zeigt die angrenzende Faltungszone der
- Karpathen die für Geosynklinen bezeichnende Vollständigkeit
der ozeanischen Sedimente, die von der Trias bis zum jüngeren
Tertiär eigentlich nur in der Mitte der Kreidezeit eine Unter-
brechung erfährt. Auf die Verschiedenheit des tektonischen
Aufbaues der oberschlesischen Platte und der gedrängten Falten-
zonen, Klippen und Kerngebirge der Karpatlıen braucht nur
hingewiesen zu werden. Zwei ausgeprägte, stratigraphisch-tek-
tonische Individualitäten!) werden an der Südgrenze Oberschlesiens
durch das Weichseltal geschieden. Die einzige tektonische Ein-
wirkung der Karpathen besteht in dem nördlichen Ausstrahlen
einzelner Erdbeben, wie desjenigen von Sillein. _
Die bemerkenswerteste Erscheinung des oberschlesischen Ge-
birgsbaues ist die große, N—S verlaufende Gleiwitz-Orlauer
Bruchzone, weiche das oberschlesische Industriegebiet und die
mittlere Steinkohlenformation im Westen begrenzt. Der Schichten-
bau Oberschlesiens ist durch flache Lagerung, sowie einige im
ganzen O—W verlaufende, wenig ausgeprägte Mulden und Sättel
!), In tektonischer Hinsicht bestehen in Oberschlesien keinerlei
Beziehungen oder Ähnlichkeiten mit den Karpathen. R. MICHAEL, Jahrb.
Kal. Preuß. geol. L:-A. für 1901 S. 336. „Das oberschlesische Berg-
land ist viel eher als karpathisch denn als sudetisch zu bezeichnen.“
Wenn in früherer Zeit (1892) eine solche Anschauung möglich war,
so erscheint dieselbe nach den neueren, sehr umfassenden Forschungen
vor allem Unis als nicht begründet. Man denke nur an die Falten
der karpathischen Sandsteinzone, an die Klippen und an die Kern:
gebirge der Tatra u. a. Auch die stratigraphischen Beziehungen sind
gerinsfügig (Vergl. S. 231.)
gekennzeichnet, welche letztere etwa den zuerst aus dem nord-
amerikanischen Westen beschriebenen Parmas, den flachen buckel-
förmigen Schichtauftreibungen, gleichen. Die intrakarbonische Fal-
tung drang nicht bis hierher vor. Die wenig ausgeprägte Faltung
des Steinkohlengebirges ist spät-paläozoischh denn der Bunt-
sandstein der Beuthener Steinkohlenmulde stößt diskordant an
den’ älteren Schichten ab, hat aber seinerseits eine schwächere
Einmuldung!) erfahren.
Im Osten ist das Gebirge um ca. 1600 m gesunken, und
infolgedessen blieben hier die zahlreichen Flöze der mittleren
Steinkohlenformation und die ungewöhnlich ($—16 m) mächtigen
Sattelflöze erhalten. Im Westen des großen Sprunges sind in
dem stehengebliebenen Gebirge nur Schichten der unteren Stein-
kohlenformation entwickelt.?)
Die Darstellung der Karte folgt im Osten nicht den hypothe-
tischen Konstruktionen GÄBLERS. Insbesondere beruht die Annahme
von einem 4000 m betragenden Verwurf in NW von Oderberg auf
einer durchaus unsicheren Unterlage, nämlich auf den Ansichten
Sturs. Die von C. GÄBLER weiter konstruierte nordwestliche
Verlängerung des Orlauer Sprunges bis in die Breite von
Breslau ergibt eine dem Sudetenrande parallele Linie und ist
nichts anderes als die Grenze des oberflächlichen oder in ge-
ringer Tiefe anstehenden Urgesteins gegen das Diluvium; es liegt
also näher, diese „Bruchlinie“ als den äußeren, durch die
Denudation gebildeten Gebirgsrand aufzufassen. Die Bezugnahme
auf die „Schütterlinien“ DAarnes kann die Begründung dieses
Bruches ebensowenig verbessern, : wie die Erwähnung der Oder-
berger Porphyre und der Basalte des schlesischen Hügellandes.°)
Hingegen zeigt ein Blick auf unsere Karte, daß die nördliche
Umbiegung des oberschlesischen Bruches in der Gegend von
Katscher genau in die Verlängerung der Oppelner Dislokation
trifft.
| Ein zweiter meridionaler Sprung scheint dagegen weiter
westlich das unvermittelte Aufhören der triadischen Schichten
!) Das Alter derselben läßt sich nicht genau bestimmen; man
könnte an kretacisch oder alttertiär denken. Vergl. u. a. GÄBLER,
Deutsch-Glückauf (Essen) 1899 S. 470.
2) Eine nicht sonderlich klare Zusammenstellung der bergmännischen
und geologischen Beobachtungen gibt C. GÄBLER „Die Hauptstörung
des oberschlesischen Steinkohlenbeckens in „Glück auf“. Essen 1899
S. 461—473 mit Karte.
>) Die erwähnten Basalte haben nichts mit den Porphyren zu tun,
und die Abhängigkeit der Eruptivgesteine von Brüchen ist umgekehrt
durch die Untersuchung der Sedimentgesteine zu erweisen. Man darf
nicht jeder Basaltkuppe zu Liebe einen gewaltigen Bruch konstruieren.
— 2 —
Oberschlesiens zu verursachen. Westlich von einer Linie, die
aus der Gegend von Leobschütz nach Ober-Glogau, Krappitz und
nordwärts nach Oppeln verläuft, ist das altmesozoische Gebirge
des Muschelkalkes verschwunden, während jüngeres Mesozoicum —
die obere Kreide von Oppeln — unter dünner Pleistocän-Be-
deckung die Oberfläche erreicht. Dieselben Oppelner Kreide-
gesteine (Zement-Pläner und Cenoman-Sand) hat nun W. Vorz')
in der Einbruchsspalte getroffen, welche dem Basalt des Anna-
berges den Ausbruch ermöglichte. Oppeln liegt 150, der Gipfel
(dles Annaberges etwa über 400 m hoch; da die Kreide aber nur
dem Einbruch in der Spalte ihre Erhaltung verdankt, ist die ur-
sprüngliche Höhe der Auflagerung auf mindestens 500 m an-
zunehmen. Eine gleichmäßige Schichtenneigung, welche die um
350 m verschiedene Höhe der Kreideauflagerung erklärt, ist nicht
vorhanden.?) Die naheliegendste Erklärung ist also ein jüngerer,
etwa N-S verlaufender (östlich von Oppeln liegender) Bruch, der
dem Neißegraben der Grafschaft Glatz und dem Orlauer Sprung
des oberschlesischen Industriebezirkes ungefähr parallel läuft und
bei Katscher die nördliche Umbiegung des ÖOrlauer Bruches
treffen würde.°) ÖOberflächlich ist in der weithin mit jüngeren
„aufgeschwemmten“ Bildungen überdeckten Landschaft von diesem
Oppelner Bruch ebensowenig etwas wahrzunehmen, wie von dem
Orlauer Sprung: denn daß die oberschlesische Muschelkalkplatte
jetzt durchgängig größere Höhe?) besitzt, als die westlich an-
grenzenden Gebiete, ist lediglich auf die größere Widerstands-
fähigkeit des Kalkes zurückzuführen.
Die Altersbestimmung der beiden oberschlesischen Brüche
ist ebenso schwierig wie die der sudetischen Störungen. Der
Oppelner Bruch ist allerdings zweifellos postkretacisch; bei dem
großen Orlauer Sprung, an dem lediglich Steinkohlenschichten
verschiedenen Alters anstoßen, würde höchstens die ungefähre
!) Dem ich auch den Hinweis auf die genannte Bruchlinie ver-
danke. Vergl. Diese Zeitschr. 1901 Briefl. Mitt. S. 4
?) Die mehrere hundert Meter mächtigen Keupersandsteine, das
Hangende des Muschelkalks, die bei Oppeln und u. a. auch bei Oels
erbohrt sind, haben auf dem Annaberg entweder überhaupt gefehlt
oder waren bei Ablagerung der Kreide nicht mehr vorhanden. Wenigstens
ist in dem Spaltensystem keine Spur dieser bezeichnenden Gesteine ge-
funden worden.
®) Doch ist diese Konstruktion wegen der Lückenhaftigkeit der
Aufschlüsse durchaus hypothetisch.
*) 300 m im Osten von Königshütte, Trockenberg auf der Tarno-
witzer Hochfläche 352 m; im Norden von Leschnitz 300 m; die letzten
Muschelkalkhügel bei Krappitz auf dem linken Oder-Ufer messen nur
noch 167 m, Oppeln d. h. die Oberfläche des Zementpläners: 150 m
über NN.
oo
Parallelität mit jenem für ein jüngeres Alter sprechen. Da ein
Zusammenhang des räumlich entfernten Oppelner Bruches und
der Eruptivspalte auf dem Annaberg (bei Leschnitz) nicht be-
steht, so würde von vornherein nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit
auf das jüngere Miocän als die Entstehungszeit des ersteren hindeuten.
Immerhin weist die folgende allgemeine Erwägung darauf
hin, daß für den Oppelner (und evtl. für den östlichen Parallel-
Bruch) nur der Anfang des Tertiärs oder der Schluß des
Miocän als Entstehungszeit in Betracht kommt. Die neueren
Tiefbohrungen in Oberschlesien haben ein eigentümliches Relief
der Oberfläche des Steinkohlengebirges enthüllt, das am besten
als ein mannigfach gegliedertes Talsystem von oligocänem oder
untermiocänem Alter zu bezeichnen ist. Die im Süden vor-
dringende mittelmiocäne Transgression des alten Mittelmeeres
(II. Mediterran-Stufe) hat hier an den äußersten Punkten die
Unebenheiten des Landreliefs nicht mehr abgeschliffen, sondern
ist in sie hineingeflossen. Die alten Täler sind, soweit die bis-
her vorliegenden Nachrichten!) ein Urteil gestatten, teils tek-
tonischen, teils erosiven Ursprungs; die letzteren gehören einem
nach NW, nach dem oligocänen Meer Norddeutschlands ent-
wässernden Stromsystem an. Man könnte recht wohl von einer
oligocänen Oder als dem eigentlichen norddeutschen „Urstrom“*
sprechen, die allerdings schon in der heutigen Mark Brandenburg
das Meer erreichte. Jedenfalls folgte die oligocäne Oder der nord-
westlichen (sudetischen) Richtung, welche den Ober- und Mittel-
lauf des heutigen Flusses kennzeichnet. Vielleicht der merk-
würdigste Punkt dieses oligocänen Stromgebietes ist der 1000 m
tiefe Cahon bei Orzesche,“) der durch Ausfüllung mit den Sedi-
menten des Miocän-Meeres erhalten geblieben ist. Da der Ge-
birgsbau die Annahme eines Hochgebirges ausschließt, muß man
mit einer Hochfläche der Oligocän- und Miocänzeit rechnen, die
im Cahon bis zu dieser Tiefe durchfurcht war. Der Abfluß in
diesen Tälern konnte aber nach W und NW nur dann erfolgen,
wenn die beiden bedeutenden, in W liegenden Brüche noch
nicht vorhanden oder durch Denudation wieder eingeebnet waren.
Das geologische Alter des Oppelner Bruches ist also entweder
alttertiär (etwa eocän) oder jung-miocän?).
Ein alttertiäres Alter des Bruches wird nun durch die
!) GÄBLER, Zeitschr. f. prakt. Geologie 1897 S. 4 und die Bohr-
ergebnisse bei EBERT, Abhandl. Kgl. Preuß. geol. L.-A. N. F. 19.
?) Die Oberfläche des Steinkohlengebirges liegt bei Orzesche 350 mn
über NN, wenige Kilometer südöstlich 654 m unter NN.
®) Das Pliocän, aus dem größere Dislokationen nicht bekannt
sind, kommt wohl kaum in Betracht.
— 238 —
geographische Verbreitung der mittelmiocänen Transgression aus-
geschlossen, die bis auf die oberschlesische Muschelkalkplatte,
aber nicht bis in das nordwestlich gelegene Land reicht. Schon
in der Gegend von Oppeln beginnt das im Süßwasser gebildete
Untermiocän Norddeutschland. Das Ende der Transgression
fällt ungefähr mit der Lage des Bruches, d. h. mit der nord-
westlichen Neigung der heutigen Landoberfläche zusammen.
Allerdings wäre an sich die Möglichkeit gegeben, daß im Laufe
des Alt-Tertiärs ein in dieser Zeit entstandener Bruch oberfläch-
lich vollkommen wieder eingeebnet würde. Aber im vorliegenden
Falle ist das nicht denkbar, da die südöstliche Scholle aus
harten Kalkbänken, die nordwestliche aus leicht verwitterndem
Mergelkalk besteht. Der Oppelner Bruch ist also nach der
mittelmiocänen Transgression, wahrscheinlich im Ober-
miocän entstanden. Wie oben auseinandergesetzt wurde, ist auch
der Basaltausbruch des Annaberges zeitlich nach der mittel-
miocänen Transgression erfolgt. Das obermiocäne Alter des-
selben ist um vieles wahrscheinlicher, da nur der Basaltkern des
alten Vulkanschlundes, aber keine Spur des Kraterberges er-
halten ist. Bei einem jüngeren (pliocänen) Alter der Eruption
wäre eine so vollkommene Zerstörung des Eruptivgebildes un-
wahrscheinlich.
Wir gelangen also auf zwei verschiedenen Untersuchungs-
wegen zu demselben Ergebnis, daß zum mindesten eine große
Dislocation Oberschlesiens ungefähr gleichzeitig mit dem
nordöstlichsten Basalt-Ausbruch Europas im Obermiocän er-
folgt ist.
Doch beweist eine ältere Beobachtung Fern. RoEMERS, der
im Leithakalk von Oderberg, d. h. im Mittelmiocän Basaltgerölle
nachwies, daß die Eruptionen auch hier schon früher begonnen hatten.
Der westliche Teil Oberschlesiens wird von zwei Brüchen
verschiedenen Alters und verschiedener Entstehungsart begrenzt:
An dem sudetischen Randbruch hat eine Aufwärtsbewegung des
Gebirges, an dem Oppelner Bruch aber eine Senkung der west-
lichen Kreidescholle stattgefunden. Aus beiden Gründen er-
scheint eine durch Vergleichung der Höhenlage der Kreide bei
Oppeln (untere Grenze des Zement-Pläners ca. 100 m) und der
schlesischen Gebirge (größte Höhe der mit Oppeln überein-
stimmenden Stufe 1000—1200 m) ausgeschlossen.
Zusammenfassung.')
1) Die intrakarbonische Hauptfaltung, welche Ober-
schlesien unberührt läßt, bedingt die Umbiegung der Gebirge aus
!) Übersicht der geologischen Bildungsgeschichte s. o.
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— 220 0 —
der erzgebirgischen (NO-) in die sudetische (NW-)Richtung und
aus dieser wieder in die N-S-Richtung der Ost-Sudeten: Paläo-
sudetische Schlinge.
2) Postume jungpaläozoische Faltungen lassen in den
Sudeten die großen Mulden des Südens (Waldenburg) und des
Nordrandes (Löwenberg-Schönau) entstehen und dürften etwas
jünger sein als die Massen-Ausbrüche des Rotliegenden. Etwa
gleichzeitig mit den postumen sudetischen Faltungen erfolgt die
Mulden- und Sattelbildung in Oberschlesien.
3) Die oligocäne (postkretacische) Bruchbildung folgt im
wesentlichen der Richtung der alten Falten, so die Nord-Süd-
Brüche im O (der Orlau-Gleiwitzer Bruch und der Neißegraben)
und die dem sudetischen Streichen gleichlaufenden Brüche im W:
der sudetische Randbruch,h an dem eine Hebung der alten
Sudetenscholle erfolgt ist, der Parschnitz-Cudowaer Bruch und
die Lausitzer Überschiebung, welch letztere mit Hinneigung zu
der erzgebirgischen Richtung nach WNW umbiegt.
4) Der Oppelner Bruch ist ebenso wie der östlichste
Basaltkegel Oberschlesiens im Obermiocän entstanden, die übrigen
Basalte sind größtenteils wohl älter.
!) Die letzten Ausläufer der tektonischen Bewegungen sind die
Erdbeben der Gegenwart.
Die Nachmittags-Exkursion nach Trebnitz.')
Von Herrn F. FREcH.
Hierzu Taf. XXVIII-XXXI u. 2 Textfig.
Das sog. Katzen-Gebirge, welches sich in einiger Ent-
fernung vom rechten Oder-Ufer zwischen Trebnitz, Obernigk und
Winzig ausdehnt, ist vielleicht wegen seines wenig ansprechenden
Namens von der geologisch-geographischen Forschung etwas
stiefmütterlich behandelt worden. Immerhin erheben sich die
Hügel 150—160 m über die nähere Umgebung, und die Grenze
des anmutigen Höhenzuges mit seinen abwechslungsreichen Hügel-
formen ist gegenüber der flach-welligen Diluvial-Landschaft nörd-
lich und südlich von Trebnitz — z. B. bei Hochkirch, Ober-
Glauche und Skarsine — recht scharf ausgeprägt.
Ferner läuft die WNW-—-ÖOSO-Richtung des Höhenzuges
dem sudetischen Gebirgsrand im wesentlichen parallel, und die
sämtlichen niederen Höhenrücken auch des linken Oder-Ufers
zeigen übereinstimmende Richtung. Endlich wurde in geringer Ent-
fernung im SO anstehendes Gestein (Keuper bei Groß-Zöllnig)
in der unerheblichen Tiefe von 125 m bei einer Bohrung auf
Steinkohle angetroffen, und die Ausläufer sudetischer Erdbeben
strahlen gerade in dieser Gegend am weitesten in die Ebene aus
(bis Militsch und Bernstadt).. Es kann somit keinem Zweifel
unterliegen, daß das Katzen-Gebirge der äußerste und niedrigste
kurze Parallelzug der Sudeten ist.
Die folgende Schichtentafel des rechten Oder-Ufers gibt zu-
gleich einen Begriff von der Entwicklung der geologischen For-
mationen in der gesamten Umgegend von Breslau:
!) Vergl. FRECH, Über glaciale Druck- und Faltungserscheinungen
im Oder-Gebiet. Zeitschr. Ges. f. Erdk. Berlin 36. 1901, S. 219.
Be
Schichtentafel der tertiären, quartären und jüngeren Bildungen
nördlich von Breslau.
(Sektionen der Meßtischblätter 1/25 000: Breslau, Wiese
und Trebnitz.)
IV. Alluvium der Täler (10), Torfmoore (9) und Dünen (8).
Ill. Postglacial: Jungdiluvium, (früher Alt-Alluvium)
b) der Höhenzüge: Löß (Klein-Totschen) mit Stein-
sohle . . 7
a) des alten oclasiales: Ersahlalesze: 1a
(Ziegeleien von Rosenthal). .. . .
Talsand (z. B. zwischen Protsch und Oswitz) bildet
zwischen Ohlau und Breslau den wasserführenden
Horizont für die neue Breslau versorgende Wasser-
leitung - ae ee =
ii. Quartär; nur Abianeiueee einer einzigen Eiszeit vor-
handen:
b) oberer Diluvialsand (bräunlich oder gelblich, reich
an Geschieben; z. B. bei Wiese) . . era
a) Geschiebelehm, braun und dunkelbraun, reich an
großen Geschieben. mit einer Lage von aufgearbeitetem
Tertiär an der Basis, lokal mit Einlagerungen von
Geschiebesand und Bänderton.. . . Mess
I. Tertiär: Untermiocän, (anderwärts z. B. bei Liegnitz
als Braunkohlenformation):
b) Blaugrauer und brauner (Brauneisensteinknollen),
Letten ohne Geschiebe, stellenweise reich an Kalk-
konkretiönen .... u
a) Schneeweißer, feinkörniger Sand ohne Geschiebe f
Für die Öberflächenformen kommt das Tertiär nirgends in
Frage; die eigentliche Hügellandschaft bei Trebnitz und Ober-
Glauche, deren Kern aus Tertiär besteht, ist derart von Löß
überkleidet, daß nur zuweilen der Geschiebelehm, niemals aber
das Tertiär die Oberfläche bildet. Auch in der Diluvial-Land-
schaft reicht das Tertiär oft weit empor. So wird bei Kapsdorf
der Tertiär-Ton schon in 4 m Tiefe unter diluvialem Geschiebe-
lehm angetroffen.
Landschaftlich lassen sich somit nur drei Typen unter-
scheiden:
1. Die vollkommen flache, zuweilen durch Dünen und
Moore unterbrochene Ebene des jetzigen und des alten Oder-
Tales (III und IV).
2. Die flachwellige Diluvial - Landschaft, deren
— 243 —
Oberfläche abwechselnd aus Geschiebesand und -lehm besteht
und zwar derart, daß der Sand häufig die Höhe, der Geschiebe-
lehm die Senkungen zwischen den Hügelwellen bildet (Wiese).
3. Der Höhenzug um Trebnitz, dessen wechselvolle
Oberfläche durch sanftere, allmählich ansteigende Hügel und steilere,
aber kurze Abhänge gekennzeichnet und vor allem durch die
Erosion modelliert worden ist. Die auf den Gehängen bis auf
6--8 m auschwellende Mächtigkeit des Lösses läßt hier die be-
kannten Hohlwege und kleinen Abhänge entstehen, welche man
im mitteldeutschen Berg- und Hügelland so häufig findet, im Ge-
biet der Ebene aber sonst vergeblich suchen würde.
Die weiteren Fortschritte des Abbaus in der nördlichen
Ziegelei an der Breslauer Chaussee bei Trebnitz erfordern eine
Ergänzung!) zu der soeben wiederholten, im Jahre 1901 gegebenen
Darstellung. Besonders bedingt das Auftreten von Geschiebesand
und Bänderton als Einlagerung im Geschiebelehm eine Vervoll-
ständigung der bei Trebnitz bekannten Schichtenfolge.
Schon von weitem deutlich sichtbar, heben sich die schoko-
ladenbraunen Tone als dunkles, den ganzen Aufschluß durch-
ziehendes Band von dem helleren Geschiebelehm ab. Dieser
Bänderton stellt eine deutliche Einlagerung der Grundmoräne
dar. Zwischen Geschiebelehm und Ton lagern feine, gelblich-
weiße Sande mit äußerst deutlicher, regelmäßiger Schichtung.
Die Sande zeigen im Liegenden eine Mächtigkeit von 0,20
bis 0,50 m und im Hangenden von ca. '/s m. Nur im nördlichen
Teile des Aufschlusses ist der liegende Sand mächtiger als der
hangende. Die Bändertone führen zwar im nördlichen und im
südlichen Flügel der Grube ihren Namen nicht mit Recht, da
dort die im mittleren Teil beobachtete Bänderung gänzlich fehlt,
doch zeigen sie die für die glacialen Tone der Trebnitzer Gegend
bezeichnende Porosität und sandige Beschaffenheit. Tertiär-Ton
ist im Gegensatz hierzu dicht und fett. Die Farbe des Bänder-
tons ist im nördlichen Teil dunkel, bräunlich, im südlichen mehr
grau-grün. Das Tonlager ist nicht einheitlich, sondern zeigt im
Süd-Flügel eine Unterbrechung; die obere und untere Sandlage
vereinigen sich also hier zu einer Mächtigkeit von ungefähr
°/a m. Noch weiter nach Süden keilt der Sand aus, und der
nun auftretende grünlich-graue Bänderton bildet hier allein die
obere Kante des glacialen Quartärs und wird unmittelbar von
Löß überlagert. Auf dem Gegenflügel ist der dort früher auf-
geschlossene Löß jetzt gänzlich abgetragen.?)
!) Nach Beobachtungen von Herrn cand. geol. KURT PRIEMEL.
?) Siehe Abbildung.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 1904. 16
— AU —
Die bisher nur in den oberen Horizonten beobachteten, auf
Konzentration des Kalkgehalts zurückzuführenden Lößpuppen wurden
durch den weiteren Fortschritt des Abbaus in allgemeiner Ver-
breitung innerhalb des Geschiebelehms gefunden.
Die Einlagerung von Bänderton und Geschiebesand in den
Geschiebelehm stellt ein typisches intermoränisches Profil dar und
dürfte auf eine rein lokale Oscillation des Gletscherstandes zurück-
zuführen sein. Die Geschiebesande sind die Ablagerung der
Schmelzwässer des zurückweichenden Eises, während die Tone
als Absatz aus stehenden Wasserlachen aufgefaßt werden müssen.
Ein erneuter Vorstoß des Eises bedeckte später die fluvioglacialen
Gebilde wieder mit Grundmoräne.!)
I. Glaciale Faltungen und Druckerscheinungen.
Das Inland-Eis hat auf der Nordseite des schon vorhandenen
Höhenzuges eine Reihe komplizierter Störungen hervorgerufen.
Im wesentlichen wurde die normale Schichtenfolge des Tertiärs
oben: Ton
unten! Sand
umgekehrt, sodaß im Gegensatz zu dem Normal-Profil in der
Gieseschen Ziegelei der Ton überall , das Liegende und der
schneeweiße Tertiärsand das Hangende bildet.?)
Die in liegende Falten umgewalzten Tertiärschichten waren
offenbar beim Herannahen des Eises noch nicht gefroren und
wurden von dem Druck einer anfänglich schwächeren Eismasse
(100—200 m) disloziert; zuweilen sind hierbei auch lange Keile
von Geschiebelehm und untergeordnetem Diluvialsand in das
Tertiär eingeschoben. So beobachtete ich 1899 in der Ziegelei
nördlich von Trebnitz eine tief eingefaltete Mulde von Geschiebe-
lehm, welche z. T. unter das Tertiär eingriff, aber mit der
Decke des Geschiebelehms zusammenhing. Im Frühjahr 1901
war ein etwa 10 m langer, 0,70 —0,80 m mächtiger Keil im
westlichen Teil der genannten Ziegelei aufgeschlossen. Auf Taf.
28 (1901) erkennt man deutlich, daß diese keilartige Einfaltung
!) Die Annahme zweier Vergletscherungen, die das schlesische
Flachland bedeckt hätten, entspricht den tatsächlich vorliegenden Be-
obachtungen nicht. Die meisten Profile — z. B. in Mittelschlesien —
zeigen über Tertiär nur Geschiebemergel und darüber einen Sand.
Ein zweiter Sand im Liegenden des Geschiebemergels (wie er z. B.
bei Bielschowitz unweit Zabrze und bei Petersdorf in der Nähe von
Gleiwitz beobachtet wurde) ist lediglich als das Zeichen der heran-
nahenden einen Vereisung zu deuten und enthielt bei Petersdorf
das Mammut (E. primigenius) sowie den seltenen E. trogontherit;
der fast niemals fehlende obere Sand ist das fluvioglaciale Rückzugs-
geebilde.
?) Siehe Abbildung u. auch t. 27; 1901. -
— ed —
durch eine Kappe von Tertiärton und Sand von der zusammen-
hängenden Decke des Diluviums getrennt ist. Der. Keil war also
offenbar schräg von unten nach oben in das Tertiär eingepreßt.,
das sich über ihm aufwulstete.
Die Entstehung schräger oder liegender Falten wird ferner
begünstigt durch die ursprünglich vorhandene Wechsellagerung
von Lehm und Sand.
I. Abhobeln des gefrorenen Untergrundes durch den
Gletscher.
Nach der ersten Phase des Aufpflügens und Faltens der
tertiären Unterlage vergrößerte sich die Last des Inlandeises
und erreichte allmählich ihre Maximalmächtigkeit von 600— 800 m.
Gleichzeitig fror der Untergrund — etwa wie in dem heutigen
Sibirien — zu einer aus oefaltetem Tertiär und aus Lehmkeilen
bestehenden harten Masse zusammen. Nach dem Durchfrieren
trat die faltende Wirkung, die das Eis auf den Untergrund
ausübt, zurück; die weitere Einwirkung läßt sich kurz als ein
„Abhobeln“ kennzeichnen. Daher ist in allen südlichen Auf-
schlüssen, sowie in der Mehrzahl der nördlichen Profile die
Grenze zwischen Geschiebelehm und Tertiär scharf wie mit dem
Messer gezogen. (Siehe Abbildung) Nur in einzelnen Teilen
der Giese’schen Ziegelei!) sind Übergangsgebilde aufgeschlossen,
die aus verfaltetem Tertiär, Geschiebelehm und -sand bestehen;
die lokale Einpressung) von braun- und blaugestreiftem Bänder-
ton ist ebenfalls der zweiten Phase zuzurechnen.
Die Tatsache, daß der ganze Trebnitzer Höhenzug noch
jetzt im Antlitz der Landschaft deutlich hervortritt und nicht
während der späteren Phase des Eisdruckes abgehobelt wurde.
ist wohl ebenfalls dem Durchfrieren zuzuschreiben. Auch die
sehr verschiedenen Mächtigkeiten, welche der Geschiebelehm in
kurzen Abständen erkennen läßt (a —1—4—8 m in der
Giese’schen Ziegelei), deuten weniger auf postglaciale Denudation
als auf ursprüngliche ungleichförmige Ablagerung auf dem un-
ebenen Untergrunde hin.
Zusammenfassung über die glacialen Faltungs- und
Uberschiebungs-Erscheinungen.
Überall läßt sich auf der Stoßseite des Gletschers die Be-
‘obachtung machen, daß eine Faltung und Stauchung des plastischen
(noch nicht durchgefrorenen) Untergrundes vornehmlich bei ge-
2!) Vergl. t. 28, 1901.
A
16*
— 26 —
ringerem Eisdruck, d. h. bei kleineren Gletschern oder im Beginn
des Vorrückens von Landeis, erfolgt (Trebnitz, Finkenwalde bei
Stettin). Nach vollkommenem Durchfrieren!) des Bodens und
bei wachsendem Eisdruck wirkt das Landeis nicht mehr entfaltend,
sondern überschiebend und abhobelnd.
Die Profile der Glacialfaltung erinnern daher in verkleinertem
Maßstabe an tektonische Durchschnitte, in denen eine früher ge-
faltete Unterlage durch eine später entstandene Überschiebungs-
fläche von der aufgeschobenen Scholle getrennt wird.
!) Über den erkaltenden Einfluß des Gletschereises auf den an-
grenzenden Boden vergl. u. a. E. v. DryGAusKkı, Verhandl. d.
VIII. Deutschen Geographentages, Berlin 1889 und Zeitschr. d. Ges.
I tirdkszuaBerlin 21892 2Smn.
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Fig. 2. Glaciale Druckerscheinungen nördlich von Trebnitz.
(Giese sche Ziegelei an der Militscher Chaussee, Frühjahr 1901.)
Der Tertiärsand (1), das normale Liegende des Tertiärtons (2), ist überschoben und z. T. in den Sand hinein-
gepreßt, z. T. an der Grenze von Geschiebelehm (3) und Ton in schmale Fetzen ausgewalzt (südlicher Teil des Bildes
oben). Der Geschiebelehm, der (in der Mitte des Bildes) Geröllstreifen (0000) einschließt, greift in 0,8—0,9 m mächtigen,
10 m langen, zahlreichen, schmalen und in einer erößeren Zunge in den Tertiärton ein. Diese von Geröllstreifen und
orößeren Geschieben durchsetzte Zunge ist durch eine -— den oberen südlichen Teil des Bildes einnehmende — Kappe
von Tertiärton vollkommen von der Decke des Geschiebelehms getrennt und daher schräg von unten nach oben —
entsprechend der Pfeilrichtung — in den Ton eingepreßt. Breite des Bildes ungefähr 15 m. Rechts unten eine Einzel-
heit (A) aus der nördlichen Fortsetzung des Aufschlusses: Zwei Fetzen von glacialem Bänderton,
Kurzer Ueberblick über das Miocän von Oppeln
1. Schles. und seine Fauna.
Von Herrn A. ANDREAE.
Hierzu 1 Textfig.
Die Miocänschichten von Oppein haben seit zwei Jahren
durch reiche Fossilfunde die Aufmerksamkeit der Geologen und
Paläontologen auf sich gelenkt. Die Fauna ist, soweit die
Binnenconchylien in Betracht kommen, zunächst veröffentlicht, in
bezug auf die Wirbeltiere und Pflanzen ist das Studium noch
nicht abgeschlossen und dürfte das Material sich hier auch noch
in Zukunft durch neues Material andauernd vermehren. Es
wurde gewünscht diesem Führer eine knappe Übersicht der
Fauna und des Vorkommens der Miocänschichten bei Oppeln
einzuverleiben und diese nicht nur auf das schon bekannte
Publizierte zu beschränken, sondern sie auch auf die neuen
Funde, soweit als möglich, auszudehnen, welche jedoch noch in
diesem Jahre als III. Beitrag zur Miocänfauna von Oppeln in
den Mitteilungen des Roemer-Museums in Hildesheim
(No. 20) erscheinen sollen.
Das Vorkommen findet sich in den groben Zementkalk-
brüchen, Turonen Alters, bei Königl. Neudorf unweit Oppeln.
Das Material, welches die reiche Fauna enthält. ist ein harter,
bröckeliger, sehr heller, grauer Tonmergel, oft vermengt mit
Kalkbröckchen. Er besteht aus umgelagertem Scaphitenpläner,
worauf die in ihm reichlich enthaltene sekundäre Plänerfauna
hindeutet. Dieser Mergel lagert in Klüften des Turonpläners,
bedeckt aber außerdem noch. nach gütiger Mitteilung des Herrn
Dr. Bärtuing als kleine Mulde die Oberfläche der Kreide. ')
— Der an Ort und Stelle aufgearbeitete und umgelagerte
Scaphitenpläner unterlag sicher keinem weiten Transport, sondern
bildete unterstützt von Quellsintern und hier noch nicht näher
untersuchten Algenkalken das miocäne Depositum, das eine ter-
restrische und limnische, nicht fluviatile, Fauna enthält. —-
Die Binnenconchylien sind folgende:
!) Nachtrag. Als ich am 15. 9. 04 zum erstenmal das Profil
bei Oppeln selbst untersuchen konnte, bildete das Miocän eine
stellenweise an 6,5 m mächtige muldenförmige, diskordante Auf-
lagerung über der erodierten Oberfläche des Pläners. Der bröcklige
Miocänmergel war ganz mit wirr gelagerten Plänerstücken erfüllt,
ohne deutliche Schichtung, aber er zeigte gelegentlich dunkle braun-
kohlenreiche Schmitzen und auch Partieen und Bänder, die ganz von
zerdrückten Landschneckenschalen erfüllt waren.
Landschnecken.
Daudebardia praecursor m. Die erste bekannte fossile Art
dieser kleinen lebhaften Raubschnecken. Häufig.
Oleacıina (Boltenia) sp. Eine Raubschnecke.
Oleacina (Salasıella) fossdis m. Von zentralamerikanischem
Habitus. Eine Raubschnecke.
Ennea oppoliensis m. Typus und var. turrita m. Früher zu
Coryna gestellt.
Vetrina (Semihimax) intermedia Rss. nebst var. crassitesta KLıka.
Sansania crasstitesia (Reuss). Diese und die beiden folgenden
sind Nacktschnecken mit innerem Gehäuse. Alle sind häufig.
Limaz excavatus n. SP.
Amalia oppoliensis n. sp. Typus und var. n. ancylordes
AÄrchaeozonites subangulosus (Benz). Häufigste Art bei Oppeln.
Archaeozonites conicus m. Seltener als vorige.
Hyalına (Aegopina) n. Sp.
Hyalina (Pohta) mendica SLav.
Hyalina (Polta) miocaenica m.
Hyalına (Gyralina n. sbg.) roemere m. Die neue Untergattung
umfaßt noch die recente Gyr. circumlineata (PFEirF.) aus
Dalmatien.
Hyalına (Vitrea) procrystallina m. Der Vorläufer unserer ein-
heimischen recenten V. cerystallina.
Janulus gyrorbes (v. Kueır).
Strobdlus costatus Sanpeg. (emend. Clessin). Die Strobilen
sind eine durchweg amerikanische Gattung und beide Arten
sind bei Oppeln häufig.
Fig. 1. Galactochilus silesiaeum ANDR.; nat. Größe.
— DM
Strobilus böttgere m. Sie steht dem bei Undorf sehr seltenen
Str. bilamellatus Cuess recht nah.
Pyramidula (Goniodiscus) mamtillata n. Sp.
Punctum propygmaeum n. Sp.
Pleurodonte (Galactochtlus) silesiaca m. Diese prächtige große
Helicide gehört zum westindischen Formenkreise der Pleuro-
donten. Ein direkter Vergleich mit Zugquweillia cornu-
militare Scop. von Haiti und das fast völlige Überein-
stimmen der Skulptur beider Arten schließt alle Zweifel
aus. Die Pleurodonten, welche nur mit wenigen Arten. aus
dem westindischen Archipel nach dem nördlichen Südamerika
übergreifen, stehen in der amerikanischen Schneckenfauna
ganz isoliert da und dürften die direkten Nachkommen der
Galactochilen des europäischen Tertiärs sein.
Pleurodonte (Galactochilus) ehingenstis (v. Kuaın).
Hygromia (Monacha) cf. devexa (Reuss).
Hygromia (Monacha) neudorfensis n. Sp.
Acanthinula nana (Aız Braun).
Acanthinula tuchoricensis KLıRA.
Helicodonta involuta (Tmom.)
Helicodonta (Klıkia) cf. osculum (Taom.)
Spiraxis n. SP.
Oronella (Zua) n. Sp.
Azeca frecht m.
Azeca ci. pumdia SLav.
Buliminus (Napaeus) sp. indet.
Modticella aff. trochulus (SANDBG.)
Orcula n. sp.
Negulus rartceosta (SLAVIC.)
Negulus lineolatus (Ar. Braun).
Leucochtlus quadriplicatum (Au. Braun). Typus nebst var.
lamellidens (Sannee.) Häufig.
Leucochllus ferdinandt m.
Leucochilus n. Sp.
Vertigo (Enneopupa) aff. eylindrella (An. Braun).
Vertigo callosa Reuss.
Vertigo kocht Börrger. Häufig.
Triptychia margaretae n. sp. Nicht selten.
COlausicha (Canaleia) n. Sp.
Clausiia sp. sp.
Succinea peregrina (SANDEBG.)
Carychinm laeve BÖTTGER.
Carychium minimum (M.) var. elongata Vır.a. Es ist
von Interesse, dab diese im Mediterran- und Alpengebiet
ee
lebende Form sich schon im Miocän massenhaft fossil
findet.
Oyclostoma schrammeni! m. Häufig.
Craspedopoma leptopomotides (Rruss). Hier häufig, bei Tuchor-
schitz sehr selten. Die recenten Arten finden sich nur
noch auf den atlantischen Inseln: Azoren, Madeira, Canaren.
Palaina (Adelopoma) martense m. Die Adelopomen sind heute
die Vertreter der Diplommatinen in Mittel- und Südamerika,
sowie Trinidad. Häufig.
Acme himbata Reuss.
Acme callostuscula n. sp. (Statt callosa Börrger in der
älteren Liste).
Pseudotruncatella nov. gen. pretiosa n. Sp.
Süsswasserschnecken.
Planorbis (Gyrorbis) Fürtchi m.
Pseudamnteola helicella (Ar. Braun). Häufig.
Bythinella cyclothyra (Börre.) var. gracıis Kuıra.
Die Wirbeltierfauna des Miocäns von Oppeln ist ärmer als
die Conchylienfauna, es fanden sich einige kleine Reptilienknochen
und besonders procöle Lacertilierwirbel, dann ziemlich reichlich
Fragmente von Schildkrötenpanzern; ein ziemlich vollständiges
Plastron wurde gütigst von Herrn von Reinach untersucht und
als zur Gattung Ocadıa gehörig erkannt. Es handelt sich wohl
um eine neue Spezies, da keine völlige Übereinstimmung mit den
beschriebenen oligocänen und miocänen Formen vorhanden ist.
Heute lebt nur noch eine Ocadia-Art in China. Reichlicher
kommen Säugetierreste vor, deren Bestimmung eütigst Herr
Dr. M. SchLoss£zr übernahm. Folgende Arten sind bisher fest-
gestellt, von denen nur ? Choerotherium und Mastodon angustı-
dens schon von Oppeln erwähnt waren:
Phiopithecus antigquus Gerv. Es liegt ein linker oberer P* von
dem bekannten Anthropoiden des Miocäns von Sansan,
Grive St.-Alban, Elgg, Göriach etc. vor. Dieser Gibbon-
Affe ist ein ausgesprochen südasiatisch - sundanesisches
Element der Fauna.
Cordylodon schlosserde n. sp. Unterkiefer. Wohlunterschieden
von dem untermiocänen (©. haslachensis H. v. Mey. und
mehr differenziert. Eine ausgestorbene Insektivorenform,
die der Familie der Dimylıdae eingereiht wird und den
Igeln nahe steht.
Talpa minuta Buv. Oberschenkel.
Herpestes (?) Kieferfragmente und Eckzahn.
Ursavus brevirhinus (Horm.) Eine auch sonst im schlesischen
— 259 —
Miocän (Kieferstädtel) verbreitete Form, kommt auch in der
Braunkohle von Voigtsburg und Steieregg in Steiermark
vor. Bei Oppeln fanden sich diverse Zähne der Art.
Mastodon angustidens Cuv. Zahnfragmente und Reste des Femur.
Chalteothertum (Macrotherium) sansantense Larrt. sp. Zähne.
Acerathertum cf. tetradactylum Larr. Zähne und viele Knochen-
fragmente, Wirbel, Rippen, Beinknochen etc., die wohl auch
hierher gehören.
Choerotherium (?) cf. pygmaeum Dir. oder auch Palaeochoerus
(?). Ein Astralagus dieses kleinen Suiden. Erstere Gattung
wäre Ober-, letztere Unter-Miocän.
Palaeomeryx cf. fuwrcatus HesseL. Ein unterer P4, viele
Knochenfragmente, in Menge Rippen, aber auch Geweih-
abwurfstücke.
Oricetodon medium Lart. Eine kleine Hamsterform, die sich
auch bei Sansan, Grive-St.-Alban, Steinheim und Nördlingen
findet.
Titanomys Fontannest Der. Ein geologisch besonders junges Element
der Fauna von Oppeln.
Die Flora des Miocäns von Oppeln ist noch zu sparsam und
zu wenig untersucht, um in Betracht zu kommen. Abgesehen
von den Baumfarnstämmen (Rhizodendron oppoliense GÖPPERT),
. die jedoch auf sekundärer Lagerstätte liegen sollen, finden sich
noch verkohlte Holzreste im Ton und erhielt das Roemer-Museum
noch ein großes Stück vom Wurzelholz eines gewaltigen Coniferen-
stammes mit ausgezeichnet erhaltener Mikrostruktur, im Tonmergel
selbst finden sich neben Lignit Samen von Cruciferen, Früchte,
die etwas Cycadeenfrüchten gleichen und eine Juglans, welche an
nordamerikanische Wallnüsse, wie J. nigra und cinerea, erinnert.
Altersbestimmung. Die reiche Binnenconchylienfauna von
ca. 60 Formen und 47 Genera resp. Subgenera spricht am
meisten für ein untermiocänes Alter, was früher!) eingehend be-
sründet wurde und hier nicht wiederholt werden soll. Die neu
hinzugekommenen Arten widersprechen dieser Auffassung nicht
und sind überhaupt zumeist neue Spezies. In den marinen
Tegeln von Biskupitz fanden sich in den 60er Jahren schon
eingeschwemmte Landschnecken, die F. RoemEr in seiner Geologie
von Oberschlesien als Hx. turonensis Desn. erwähnte und abbildete.?)
Aus marinen mediterranen Schichten von Kattowitz lag mir nun
Helix (Otala) larteti Boıssyv vor. Einer Neuuntersuchung der
. Y) Mitt. a. d. Roem.-Mus. Hildesheim No. 18. Dez. 1902 S. 28 u. £.
7 Sa380, € MM, 15.
Rormerschen Exemplare, die mir Herr Prof. FrecH gütigst sandte,
erwies deren Zugehörigkeit zu derselben, auch in den marinen
Schichten des Wiener Beckens verbreiteten Art.!) Auffallend
ist nun, daß in den marinen Ablagerungen jegliche
Spur der oppelner reichen Gonchylienfauna ausbleibt
und die einzige dort nicht gerade selten vorkommende
Landschnecke der Art und Gattung nach in Oppeln
fehlt. Otala (olim Macularia) ist überhaupt mehr eine Gattung
des jüngeren Miocäns und bleibt im Meaiterrangebiet bis auf die
Jetztzeit endemisch, Galactochilus bei Oppeln ist dagegen ein
älterer Typus. fehlt bisher im Obermiocän und erlischt im Pliocän
in Europa (@. charxi Mıcn und brocchiW C. MAYER!); er setzt
sich in der Jetztzeit direkt in den westindischen Pleurodonten
fort. Obige Betrachtung könnte für ein höheres Alter des
Miocäns von Oppeln als das der Mediterranschichten von Grund.
Gaunersdorf, Nexing u. s. w. sprechen; immerhin mag jedoch
Otala larteti gerade eine halophile, küstenbewohnende Art ge-
wesen sein. — Die kleine aber wichtige Säugetierfauna ist aus-
gesprochen jünger, als die Binnenconchylienfauna, es handelt sich
hier nicht um untermiocäne und z. T. oberoligocäne Arten,
sondern um ober- und mittelmiocäne, wie ein Blick auf die Liste
lehrt. — Solche scheinbaren Widersprüche kommen auch sonst
vor, besonders beim Vergleich mit Floren. Die langsam beweg-
lichen Landschnecken waren wohl z. Z. und z. T. vor der Zeit
der Ablagerung schon dagewesen, starben z. T. aus, oder wanderten
teilweise, sich hierbei ständig ändernd, weiter; diese Wanderung
fand allem Anschein nach zumeist nach Westen hin statt. Die
leicht beweglichen Säugetiere wanderten vielleicht, besonders soweit
es sich um neu auftretende Gattungen handelt, z. T. erst ein.
Daher möglicherweise der ältere Habitus der einen, der jüngere
der anderen. Man wird die Fauna von Oppeln deshalb am besten
einfach als Miocän oder auch als Mittelmiocän?) bezeichnen,
eine Zurechnung zum Untermiocän gestatten keinenfalls die jetzt
bekannt gewordenen Säugetiere, eine solche zum Obermiocän ist
nach der Conchylienfauna unwahrscheinlich.
!) Hx. (Otala) larteti Boıssy ist leicht durch die Skulptur
von Hx. (Hemicycla) turonensis DESH. zu unterscheiden, beide sind
sonst in der Form sehr variabel. Letztere scheint auf das Miocän
Westeuropas beschränkt zu sein. Heute leben Hemicyclen nur auf
den Kanaren.
?) Auf den sehr verschiedenen Gebrauch der Abteilungen
Unter-, Mittel- und Öbermiocän bei den verschiedenen Autoren
bin ich in den Mitt. a. d. Roem.-Mus. No. 16, Jan. 1902 schon
eingegangen.
Facies, biologische und geographische Beziehungen.
Die Oppelner Binnenconchylienfauna ist eine ganz vor-
wiegende Landschneckenfauna, und zwar handelt es sich zumeist
um Arten, die einen feuchten Standort lieben.!) Bewohner
trockener Halden und Küstenformen fehlen. Von den drei
Wasserschnecken lebte Bythinella cyclothyra wohl in Quellen und
die beiden andern in kleinen Wasserläufen resp. Quellbächen.
Die isolierten Säugetierreste mögen in den Tonschlamm der
miocänen Seeablagerung eingeschwemmt sein, ganze Skelete
fanden sich bisher noch nie. Wasserschildkröten resp. Fluß- und
Teichbewohner (Ocadia) waren in Menge da. — Verglichen mit
anderen Tertiärfundpunkten hat Oppeln in Bezug auf die Binnen-
schnecken faciell mancherlei Analogie mit der Fauna der pliocänen
Mergel von Hauterive und Celleneuve in SO-Frankreich, wo wir
eine ähnliche Vergesellschaftung von Gattungen sehen, natürlich
in völlig verschiedenen Arten, so z. B. Oraspedopoma, ein großes
Galactochtlus, eine große Tirrrptychie, viele Strobilen, Carychien,
Leucochilen und Vertigonen. Analogien mit dem Obermiocän
von Undorf treten in der Adelopoma, den Amalien, Ennea, den
Strobilen und anderen Elementen hervor, doch handelt es sich
auch hier meist um differente Spezies.
Bei Oppeln sind kleine Formen mit skalarienartigen Rippen ver-
breitet wie: Adelopoma, Negulus, Modticella, Acanthinula, zwischen
diesen Rippen blieben wohl Humusteilchen und Sandkörner hängen
und halfen das Tier vor Räubern zu verbergen und zu schützen.
Gerade Raubschnecken sind aber ungewöhnlich häufig bei
Oppeln, so Daudebardia. die sonst zu den Raritäten zählt, ferner
Glandiniden wie: Boltenia und Salasiella. Die fossil meist seltenen
Nacktschnecken finden sich in Menge, soweit sie innere Schalen
hatten, wie Sansania, Limax und Amaka.
Die ausgesprochenen geographischen Beziehungen der Binnen-
conchylienfauna von Oppeln zu atlantisch amerikanischen
Formen ist schon?) ausführlich besprochen worden, besonders ist
der Zusammenhang innig mit West-Indien und den atlan-
tischen Inseln. Die europäisch mediterranen Elemente
treten dagegen zurück und ausgesprochene anderweitige geo-
graphische Verwandtschaften machen sich nicht bemerkbar.
Alle Originalstücke der in den Listen genannten Arten be-
finden sich im Roemer-Museum zu Hildesheim.
1) Mitt. a. d. Roem.-Mus. No. 18 S. 30.
2u3224.0. Mitt. No. 185. 3%
Die obere Kreide in der Gegend von Oppeln.
Nach R. LEONHARD!) |
zusammengestellt von Herrn Kurt FLEcGeL.
I. Cenoman.
Sandige Ablagerungen cenomanen Alters finden sich in der
Gegend von Oppeln als östlichstes Vorkommen dieser für die
böhmisch-sächsiche Facies bezeichnenden petrographischen Be-
schaffenheit. Dieselben sind Reste einer mächtigen Decke, welche
der weitgehenden Denudation zum größten Teile zum Opfer ge-
fallen ist. Durch ein Bohrloch in dem Steinbruch der Portland-
Zement-Fabrik vorm. A. Giesel, Poln. Neudörf, wurde die
Mächtigkeit des cenomanen Sandes und Sandsteines auf 43 m
festgestellt. Zu Tage tritt das Cenoman nur im Südosten von
Oppeln, bei Groschowitz, wo es in einigen wenig ausgedehnten
Aufschlüssen sichtbar ist.”) Die Ablagerungen bestehen aus
einem feinkörnigen, weißen, seltener gelblichen Sandstein, welcher
meist in Sand zerfallen und mehr oder weniger glaukonitisch ist.
In dem Oppelner Cenoman fand T,eosuarn! Siphonia Geinitzi
Zırr., S. ficus GoLor., Ohonella Roemert! Gein., Ch. Schramment
LeonHArD, Astrocoenia decaphylla BR. u. H., Terebratula biplieata
Sow., (Catopygus carinatus GoLDrF., Acanthoceras rhotomagense
Derr., Turrilites costatus Lam.
II. Turon.
Die Turonscholle von Oppeln, welche, durch den jungen
Durchbruch der Oder aufgeschlossen, sich im Tale von Groß-
Schimnitz bis Groß-Döbern verfolgen läbt, ist der am besten zu-
gänglichste und am längsten bekannte Teil der oberschlesischen
Kreide.°) Gute Aufschlüsse bieten nur diese ausgedehnten Stein-
brüche bei Oppeln, nördlich von der Stadt, in Poln. Neudorf.
südlich von derselben, sowie bei Groschowitz, 3 km südöstlich.
Die gesamte Mächtigkeit des Turon wurde bei den Bohrungen
im Süden von Oppeln auf ca. 44 m, im Norden der Stadt auf
37 m festgestellt. Bei weitem geringer ist die Mächtigkeit der
turonen Ablagerungen bei Groschowitz, wo nur noch die
tiefsten Schichten erhalten sind.
!) Die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. Paläontogr.
44. 1897. S. 11 ft.
?) deren Besuch kaum lohnen würde.
®) schon von der Eisenbahn aus sind südlich die mit senkrechten
Wänden tief eingeschnittenen Brüche nicht zu übersehen.
ae
Hier findet sich konkordant über dem cenomanen Sandstein
eine 4 bis 5 m mächtige Schicht zähen blauen Tones, welcher
durch Sand verunreinigt und reich an kohlensaurem Kalk und
Konkretionen von Schwefelkies ist. Der Kalkmergel, in welchen
der Ton allmählich übergeht, ist in dem Groschowitzer Bruche
nur 6 bis 7 m mächtig und durch starken Kalkgehalt ausge-
zeichnet, sodaß er besser als Mergelkalk bezeichnet wird.
Nach den von Leonuarp im Kalkmergel von Groscho-
witz gefundenen Fossilien sieht sich der genannte Autor ge-
zwungen, diese Mergel für das Äquivalent der Schlüterschen
Zone des Imoceramus Brongniarti zu halten, charakterisiert
durch Meeraster breviporus Ac., Spondylus spinosus D ORB. und
Terebratulina gracilis Sow. Der Groschowitzer Ton wird
demnach in die Stufe des untersten Turon, die Zone des
Inoceramus labiatus gerückt. Außer den bereits erwähnten Fossilien
wurden im Groschowitzer Mergelkalke noch gefunden:
Membranipora elliptica v. Hac., Stylotrochus Volzi LeoxH.,
Terebratula semiglobosa Sow., Terebratulina striatula Monr.,
T. gracilis ScaLorTH., Gastrochaena amphisbaena GoLDF.,
G. Ostreae Reuss, Inoceramus Brongniarli Sow., Ostrea
hippopodium Nıuss.. Volvaria tenuis Reuss, Pleurotomarra hinearis
Mant., Micraster breviporus Ac., Pachydiscus peramplus Manr.,
Oxyrhina Mantelli Ac.
Die Schichten des Turon bei der Stadt Oppeln
selbst sind seit Jahrzehnten durch Steinbrüche aufgeschlossen,
welche das Material zu einer ausgedehnten Zementfabrikation
liefern. Es sind dies im Norden der Stadt die Brüche der
Öberschlesischen Portland-Zement-Fabrik vorm. Schottländer und
im Süden in Poln.-Neudorf die aneinander grenzenden Steinbrüche
der Portland-Zement-Fabrik vorm. A. Giesel und der Oppelner
Zement-Fabrik vorm. F. W. Grundmann.
Die Schichten des Oppelner Kalkmergels sind durch Ver-
rutschungen stark disloziert, sodaß scheinbar ein verschiedenes
Streichen und Fallen zu beobachten ist. Im ganzen lagern auch
hier die Schichten horizontal.
Die untere Turonstufe (Brongmiartr-Zone) wird nach
oben durch zwei tonreiche Zwischenlagen abgeschlossen. In
denselben findet sich ausschließlich Terebratulina gractlis. Außer-
dem kommen in der Brongniarti-Zone häufig vor:
Ventriculites radratus Mant., Leptophragma fragile A. RoEMER.,
Plocoscyphia tenwilobata Leonm., Ananchytes ovatus LESKE,
Micraster breviporus Ac., IBhynchonella plicatilis. Sow., Tere-
bratula semiglobosa Sow., Terebratulina gracilıs SCHLOTH.,
Inoceramus Brongniarti Sow., 1. labiatus ScHLoTH., Spondylus
non —
spinosus Sow., FPleurotomaria linearis Manxrt., Pl. perspectiva
Manrt., Nautdus rugatus FR. u. SchL., N. sublaevigatus D’ORB.,
Pachydiscus peramplus Manr.
Der am besten bekannte Horizont des Oppelner Turon,
der über den tonigen Zwischenlagen mit Terebratulin«
gracilis folgt, ist das Äquivalent des Scaphitenpläners
Nordwestdeutschlands. Die Fauna dieser Schichten ist folgende:
Ventriculites angustatus A. RÖMER, V. radıatus A. RÖMER,
Leptophragma fraglle A. RÖMER, (amerospongia fungiformis
GoLDF., Ananchytes ovatus Leske, Meeraster cor testudinarum
AG., Rhynchonella plicatilis Sow., Inoceramus Brongniarti Sow.,
J. labiatus SCHLOTHEIM, I. Quviert Sow., I. Oripsii Manr. var.
plana MÜNSTER, Spondylus spinosus Sow., Pachydıscus peram-
plus Manr., Helicoceras Reussianum »’Orz., Scaphites Geinitzr
D’ORB.
Nach ScHRAmMmEn!) kann die Leonsuardsche Gliederung des
Turon bei Oppeln nur z. T. beibehalten werden. Die fossilarmen
Kalkmergel von Groschowitz sind als Äquivalente der Brongniarti-
Schichten von Nordwestdeutschland aufzufassen. LEONHARD hat
bereits versucht, die obersten Mergelschichten in Oppeln der
Cuvierti-Zone zuzurechnen. SCHRAMMEN erbringt nun den weiteren
Nachweis, daß eine charakteristische große Spongie Thecosiphonia
nobilis ROEMER immer nur auf sekundärer Lagerstätte vorkommt.
Bei mehrfachen Besuchen der Lokalität hat SCHRAMMEN immer
nur beobachtet, daß die Thecosiphonien regellos in dem massen-
haft Tertiär-Conchylien führenden Ton, welcher Spalten im
Scaphiten-Pläner ausfüllt, zerstreut liegen. Auch hat er beim
Reinigen der Thecosiphonien fast immer tertiäre Minutien ab-
gewaschen.
Der ganze Befund spricht dafür, daß es sich um Aus-
füllung von Spalten im Scaphiten-Pläner durch auf-
gearbeitete Cuvieri-Mergel handelt, aber nicht, wie MıcHAer?)
meint, um senone Schichten, die in Spalten abgesunken sind.
Nach der Häufigkeit und weiten Verbreitung der T’hecosiphonia
nobilis in den Diluvialbildungen bei Oppeln müssen die Cuvrerr-
Mergel ein bedeutendes Areal bedeckt haben. SCHRAMMEN
kennt wahre Riesenexemplare aus dem Diluvium von Halbendorf
und Sacrau bei Oppeln. Ganz besonders häufig ist die Art in
den Kiesgruben bei Groß-Stein unweit des Annaberges, aus denen
Herr Oberförster Müller in Groß-Stein schier eine Wagenladung
zusammengebracht hat.
!) Über den Horizont der Thecosiphonia nobilis ROoEM. sp. Central-
blatt f. Min. 1903 S. 19 f:.
?) Über das Vorkommen einer tertiären Landschneckenfauna im
Bereich der jüngsten Schichten derKreidescholle von Oppeln. Berlin 1902.
_— 0
SCHRAMMEN möchte Thecosiphonia nobilis geradezu als Leit-
fossil des oberen Scaphiten- bezw. Cswveeri-Pläners bezeichnen,
doch fällt nach demselben Autor ihr erstes Auftreten in die
Scaphiten-, das letzte in die senone Quadratenzone.
Das Oppelner Turon zeigt, wie LeonHAarD berichtet, eine
überraschende Gleichförmigkeit der Fauna durch alle Stufen.
Sie ist durch ihren Reichtum an Individuen bei verhältnismäßig
sroßer Armut an Arten charakterisiert.
Was die Facies des Oppelner Turon anbelangt, so weisen
die meisten Arten auf eine Ablagerung in mäßiger Meerestiefe
und große Küstennähe hin. Daß die Oppelner Scholle nur die
wenig mächtigen Uferbildungen eines größeren Meeresarmes dar-
stellt, scheint sich aus der Mächtigkeit desselben Kalkmergels
im Bohrloch von Proskau zu ergeben, wo noch bei 212 m die
Bohrung im Kalkmergel stehen blieb.
Von großer Wichtigkeit ist das Vorkommen einer wenig
ausgedehnten Scholle des Oppelner Zementkalkes in einer Spalte
des Annaberger Muschelkalkes.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 1904. 11.7
— 260 —
Die Trias in Oberschlesien.
Von Herrn J. WYSOoGöRSKI.
Die Trias ist in Oberschlesien durch alle drei Abteilungen
vertreten, von denen die unterste, der Buntsandstein, vertikal und
horizontal am wenigsten entwickelt ist. |
Derselbe führt in Oberschlesien den Namen mit Unrecht,
da er meistens aus bunten Letten mit wenigen Sandlagen besteht. !)
Die hangenden Partien sind bereits marin als Dolomite entwickelt,
die Beneckeia tenwis und Myophoria costata führen. Die marine
Entwicklung dauert durch den ganzen Muschelkalk fort. Der
ganze Keuper ist aber wiederum eine rein kontinentale Bildung.
Der oberschlesische Muschelkalk bildet das Hangende des
nirgends fehlenden Buntsandsteins und läßt sich in drei Unter-
abteilungen gliedern, von welchen die unterste die bei weitem
größte Verbreitung und Mächtigkeit besitzt (ca. 200 m).
Die Fauna der oberschlesischen Trias lebte in einem schmalen
Meeresarm, der die südliche Verbindung des deutschen Binnen-
meeres mit dem alpinen Ozean bildet, der andererseits aber viele
Merkmale des benachbarten Landes aufweist.
Die Verbindung mit dem alpinen Meere kennzeichnet das
massenhafte Vorkommen von Diploporen, Crinoiden und Brachio-
poden, die in Mitteldeutschland selten oder garnicht vorkommen
(wie Diplopora annulata, Dadocrinus Kunischi und D. grackhs,
Spirigera trigonella, Spiriferina hirsuta, Sp. fragılis, Sp. Mentzelt,
Rhynchonella decurtata und Rh. Mentzelt.
Für die größere Nähe des Landes während der Muschelkalk-
zeit spricht das Vorwiegen von organischen Resten, die auf seine
Nähe hinweisen und im mittleren Deutschland fehlen oder seltener
vertreten sind:
1. Saurier mit amphibischem Charakter.
2. Ceratodus und Estheria, die sonst nur im nicht
marinen Keuper vorkommen (beide sind lokalisiert
und offenbar eingeschwemmt).
3. Einschwemmung von verkieselten Farnenresten (Knor-
ripterts) und Voltzienzweigen.
Interessant ist ferner die Tatsache, daß eine Anzahl von
Tieren, wie Placodus, Ceratodus und Saurichthys, in Oberschlesien
!) Nach einem von R. MICHAEL auf der Versammlung zu Breslau
gehaltenen Vortrage gehören dieselben dem Rotliegenden an.
— Kal
bereits im untersten Muschelkalk vorhanden sind, im westlichen
Deutschland dagegen erst: in höheren Niveaus auftreten; es hat
also eine Einwanderung von Osten nach Westen stattgefunden.
Das Fehlen der rhaetischen Transgression in dem nicht
marinen Keuper weist auf ein Zurückweichen des Meeresspiegels
am Schluß der Trias hin.
I. Der untere Muschelkalk
zerfällt in
a) Äquivalente des Wellenkalks und der Zone des
Dadocrinus gractlis.
Dieser beginnt mit dem 1. cavernösen Kalk, einem wenige
Meter mächtigen, versteinerungsleeren Schichtenkomplex aus braunem
oder rötlichem kristallinen Kalk mit vielen Höhlungen.
2. Darüber lagern die Äquivalente des typischen Wellen-
kalks == (Chorzower Schichten) von ca. 75 m Mächtigkeit,
hauptsächlich aus dünnen Bänken von mergeligem Kalk mit
wulstigen Anschwellungen bestehend, welche mit festen kristallinen
oder dichten Kalkbänken wechsellagern. Von großer Wichtigkeit
sind die eingelagerten Bänke mit Dadocrinus gracıks und D.
Kunischi, Crinoiden, die auch in den Alpen in den untersten
Schichten des Muschelkalks vorkommen.
Paläontologisch charakterisiert ist der oberschlesische
Muschelkalk durch das massenhafte Vorkommen von Saurierresten,
und zwar:
Nothosaurus (Eurysaurus) latissimus GÜR.
Nothosaurus (? Kurysaurus) slesiacus u. N. gracdlis
SCHR.
Oymatosaurus latıfrons GÜR.
Dactylosaurus gracılis GÜrR.
Proneusticosaurus sllesiacus Vouz. und P. Madelungi VoLz.
Placodus sp.
Cyamodus
Der den Labyrinthodonten angehörende Capzetosaurus sıle-
siacus KunıscH ist das größte Wirbeltier des deutschen Muschel-
kalkes. |
Von Fischen finden sich öfters:
Saurichthys latıfrons FrecH, der häufigste Fisch bei
Gogolin.
Saurichthys lepidosteoides FRECH.
Colobodus (Nephrotus) chorzowensts v. MEYER.
Colobodus (Dactyolepis) gogolinensis KunischH.
Von Wirbellosen kommen häufig Zweischaler, und zwar
NIE
Myophoria vulgarıs und Lima striata vor, während Gastropoden
und DBrachiopoden verhältnismäßig seltener sind, am häufigsten
noch Terebratula (Coenothyrıs) vulgarzs.')
b) Äquivalente des Schaumkalks.
Dem Schaumkalk des westlichen Deutschlands ent-
sprichtin Oberschlesien eine Schichtenfolge von ca. 7O m Mächtig-
keit, die im westlichen Teil des Muschelkalkgebiets
meist kalkig, in den östlichen Mulden bei Tarnowitz und
Beuthen dagegen meist dolomitisch entwickelt ist. Palä-
ontologisch wird diese Abteilung durch das häufige Vorkommen
von Sperigera trigonella, Spirrferina fragdis, Sp. Mentzeli, Sp.
hirsuta, Rhynchonella decurtata und Encrinus aculeatus charak-
terisiert. |
1. Im westlichen Gebiet liegt direkt über dem Wellenkalk
eine mächtige Schichtenfolge von weißem oder grauem, stark ge-
bankten (!/e m bis 3 m), dichten oder kristallinen Kalkstein, in
dem das massenhafte Auftreten von Stylolithen auffält, weshalb
er, da Versteinerungen so gut wie vollständig fehlen, — es konnte
nur Terebratula vulgarıs bestimmt werden — am besten „Sty-
lolithenkalk* (= Kalk von Gorasdze nach Eck) zu be-
nennen ist.?)
2. Den Stylolithenkalk überlagert die Terebratel- und
Encriniten-Bank, eine nur wenige, (4—5) Meter mächtige
Schicht, die unten fast ganz aus Stielgliedern von Enerinus,
darüber fast ganz aus Schalen von Terebratula (Coenothyrıs)
vulgaris besteht. Daneben kommen in großen Mengen Zwei-
schaler vor: Lima lineata, L. striata, Gervillia socialis, Ostrea
dıfformis, O. complicata. Außerdem sind zu erwähnen: Sperzgera
trigonella (hier zum erstenmal sicher nachgewiesen), Spirrferina
hirsuta, Prospondylus comptus, Myophoria vulgaris.
3. Die folgenden, von Eck „Mikultschützer Schichten“ .
genannten Kalke weisen einen Wechsel von rötlichen, dichten und
schaumkalkartigen porösen Bänken auf. In den unteren Teilen
werden diese Kalke durch Lagen von Hornsteinknollen gekenn-
zeichnet.
!, Die Schichten sind prachtvoll aufgeschlossen in den mächtigen
Kalkbrüchen zwischen Gogolin und Sacrau, wo auch die oben ge-
nannten Versteinerungen von den Teilnehmern gesammelt werden können.
Interessant sind ferner die an Waldenburger Riegel-Bildungen er-
innernden Kluftausfüllungen, die mit Diluvialmaterial angefüllt sind.
Die Lagerung ist ziemlich flach mit geringem Einfallen nach Norden,
nur hier und da bemerkt man kleine Verwerfungen von einigen Metern
Mächtigkeit.
?, Vom Zuge aus kurz vor der Station Gogolin zu beobachten.
— 203 —
Auch schieben sich mehrfache Bänke ein, die meistens nur
aus Stielgliedern von Znerinus aculeatus zusammengesetzt sind.
Hier haben die alpinen Formen die größte Verbreitung, also
Spirigera trigonella sehr häufig,
Spiriferina fragulis sehr häufig,
Spüriferina Mentzeli häufig,
Spiriferina hirsuta selten,
Rehynchonella decurtata sehr häufig,
Enerinus aculeatus.
Daneben finden sich: Terebratula vulgarıs, Lima striata,
L. lineata u. a.
In dem mächtigen Einschnitte des Kuhtals in der unmittel-
baren Nähe des Annaberges, das in ca. 1!/a stündiger Fahrt
von Gogolin erreicht wird. sind die Terebratula-Bänke, sowie alle
Horizonte bis zu den Mikultschützer Schichten hinauf aufgeschlossen.
Sie bieten den Teilnehmern die seltene Gelegenheit, die Ver-
steinerungen in großen Massen zu sammeln.
Im östlichen Teil des Gebietes der Schaumkalkäquivalente,
in der Tarnowitzer und Beuthener Mulde, sehen wir eine
von den obigen völlig abweichende, dolomitische, gleich-
zeitig durch Erzlager gekennzeichnete Entwicklung:
Über dem Wellenkalk liegt
a) der blaue Sohlenstein,
bestehend aus knollig abgesonderten Kalken, abwechselnd mit
kristallinen Kalken, mit Sperigera trigonella, Terebratula angusta,
T. vulgaris und Encrinus sp. Wahrscheinlich ist derselbe ein
Äquivalent eines Teiles des Stylolithenkalkes von Gorasdze.
Darüber liegen
b) die unteren Dolomitbänke
von Tarnowitz-Beuthen, die den Terebratula- und Mikultschützer
Schichten entsprechen.
Die Dolomitbänke zeichnen sich hauptsächlich durch ihre
Erzführung aus.
4. Das Hangende des unteren Muschelkalks bildet im ganzen
Gebiet die Zone der Deplopora annulata (= Himmel-
witzer Dolomit), eine ca. 13 m mächtige Schichtenfolge von
grauem oder rötlichem Dolomit, in dem Diplopora annulata in
großen Massen vorkommt. Daneben finden sich noch Myophoria
orbicularis (wie in Mitteldeutschland), M. laevigata und M. vulgaris.
I. Der mittlere Muschelkalk
entspricht vollständig den gleichaltrigen Ablagerungen von Rüders-
dorf und Thüringen. und besteht aus einer wenig mächtigen
Schichtengruppe von braunem und weißem Dolomitmergel, der
vollständig versteinerungsleer ist.
— 24 —
III. Der obere Muschelkalk
(= Rybnaer Kalk),
der in Westdeutschland am mächtigsten entwickelt ist, nimmt in
Oberschlesien eine weniger wichtige Rolle ein. Er besteht meistens
aus grauen, in der Regel fein geschichteten Kalken; nur an der
Basis finden sich noch dolomitische Ablagerungen, die den Über-
gang vom mittleren zum oberen Muschelkalk bilden.
Charakteristisch für den Rybnaer Kalk ist das häufige Vor-
kommen des Ceratites compressus PrıLiprı und Pecten discites,
Versteinerungen, die in Westdeutschland in der unteren Abteilung
des oberen Muschelkalks vorkommen; deshalb muß auch der
Rybnaer Kalk als Äquivalent des unteren oberen Muschelkalks
angesehen werden. Außerdem finden sich hier viele Saurier
(vornehmlich Nothosaurus) und Fischreste, ferner Terebratula
vulgaris, Spiriferina fragılis, Myophoria vulgarıs, Corbula in-
crassata u. a.
Der Rybnaer Kalk wird vom Trochitenkalk mit Enerinus
lilirformis unterlagert (nach MıcHAktr).
Über den Muschelkalk legt sich der mächtige Schichten-
komplex des Keupers, der aber, entsprechend dem nördlichen
Einfallen der Schichten, weiter nördlich auftritt und nicht in das
Gebiet der Exkursion fällt.
Das Cenoman, Turon und Basaltvorkommen auf
dem Annaberg.
Nach W. VoLz!), zusammengestellt von Herrn J. WYSoGörskı.
Hierzu 2 Textfig.
Auf dem Annaberg, einer isolierten Basaltkuppe, die um
ca. 200 m das Niveau der Oder überragt, findet sich das süd-
lichste Vorkommen der Oppelner Kreide. Die Masse der an die
mitteldeutsche Hügellandschaft erinnernden Hochfläche besteht
aus unterem Muschelkalk. Die Lagerung in dem „Coseler
Bruch“ des Annaberges (im Jahre 1901) ist folgende:
1--5 m Basalttuff mit zahlreichen großen und kleinen, ge-
rundeten Bomben,
+ 2 m stark gequetschte und verdrückte Mergel des Turon
mit Inoceramus Brongniarti; durchsetzt von zahlreichen
Basaltapophysen,
4 bis 5 m grünliche Sande, hervorgegangen aus zermürbtem
Sandstein. ÜCenoman,
über 3 m Muschelkalk, durch eine wenige Zentimeter
mächtige Lettenlage vom Sande getrennt; lokal gefrittet
mit Basaltapophysen.
Das Liegende des Muschelkalkes bilden wieder Basalttuffe
(s. Abbild. S. 2).
In der Südostwand des westlich sich anschließenden Haupt-
bruches finden sich im Basalttuff größere, stark gequetschte
Schollen von bunten Letten und mürbem, weißen Sandstein,
welche samt den braunen Sanden, die bereits abgebaut sind,
aller Wahrscheinlichkeit dem mediterranen Mittel-Miocän zuzu-
rechnen sind; (in den letzteren fand Frech Schalenreste mariner
Tertiär-Zweischaler? Cardium n. sp.)
Die grauen bis bräunlich-gelben, sehr weichen und mürben
Kalk-Mergel sind stark gequetscht und faltenartig gestaucht; sie
bilden eine deutliche, mehrfach gekrümmte Bank von 1'/a bis
2 m Mächtigskeit. An Fossilien finden sich: Inoceramus Bron-
gnaartı Sow. und Ananchytes ovatus Leske, welche auf unteres
Turon hinweisen. Es sind dieselben Schichten, wie sie in
Groschowitz auftreten.
Die grünlichen Sande, die durch . Verwitterung aus
Sandsteinen hervorgegangen zu sein scheinen, unterlagern in
wechselnder Mächtigkeit von 2—5 m die Mergel und streichen
im Süden zu Tage aus. Dieselben sind aller Wahrscheinlichkeit
!) Cenoman und Turon am Annaberge in Oberschlesien. Diese
Zeitschr. 83. 1901 Briefl. Mitt. S. 42 ff.
— 2066 —
nach das Äquivalent der cenomanen Sandsteine, die das Oppeln-
Groschowitzer Turon unterlagern und dort in viel größerer
Mächtigkeit entwickelt sind (35—43 m). Das Liegende bildet
der lokal gefrittete Muschelkalk und zwar den oberen Teil des
Unteren Muschelkalkes (Mikultschützer Schichten).
Der alte Basaltvulkan und seine Tuffe bewirkten, daß uns
sowohl die Kalke der oberen Kreide, wie die höheren Schichten
des Unteren Muschelkalkes (Kuhtal am Annaberg selbst und der
Zyrowaer Buchwald) erhalten geblieben‘), während sie sonst in
der ganzen Umgebung denudiert sind; sie konnten nur dort der
Denudation Widerstand leisten, wo sie unter einer schützenden
Lage der vulkanischen Auswurfsprodukte gebettet waren. Die
Ausdehnung der erhaltenen Partieen gibt uns also die Vorstellung
von der Größe des früheren Vulkans, der im Pliocän und z. Z.
der großen Vereisung im Wesentlichen wieder verschwunden ist. ?)
Das Vorkommen ist somit sehr wichtig:
1. für die Kenntnis der Art und Weise, wie ein Vulkan im
anstehenden Gestein auftritt und welche Wirkungen er auf
seine Umgebung ausübt;
2. durch den Nachweis, daß sich das Kreidemeer bis über
den Annaberg hinaus fortsetzte;
3. durch die Tatsache, daß hier im SO das Cenoman nur in
geringer Mächtigkeit entwickelt ist;
4. durch die Tatsache, daß mittlerer und oberer Muschelkalk
sowie Keuper, die weiterhin überall vorkommen, hier
fehlen; sie gelangten wahrscheinlich hier garnicht zum
Absatz;
5. Durch den Hinweis auf die Tatsache, daß die Oppeln-
Proskauer Kreide gegen des Annaberger Turon abgesunken
ist (das Annaberger Turon liegt etwa 250 m höher als
die isopischen Bildungen des Oppelner Turon)°).
Die Südabhänge des Annaberges werden vom Löß bedeckt,
der an vielen Stellen mehrere Meter tiefe Schluchten bildet.
Gefunden werden Helix hispida, Pupa muscorum und Buliminus
tridens.
!) Durch den Ausbruch des mitteltertiären Vulkans wurden einzelne
Schollen mehr oder weniger dislociert; sie sind beiseite geschoben
oder in den Krater eingesunken; größere dislocierende Wirkungen
hatte der Ausbruch auf die nähere und weitere Umgebung nicht.
?) Die NW—SO- bezw. NO— SW-Durchmesser der Sockelruine
betragen 6 bezw. 5 km, die relative Höhe über 150 m; wir müssen
uns also den alten Annaberg als einen imposanten Vulkan vorstellen,
dessen Höhe das Vielfache seiner jetzigen Höhe (385,2 m) betrug.
®) Vergl. oben FRECH S. 236 ff.
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Rz
o »
Basaltbruch am St.
vgl. Diese Zeitschr. 1901
Basalt.
Basalttuff.
Turoner Mergel
Cenomaner Sand
Muschelkalk
)
Annaberg
mit Besa
in Oberschlesien.
no BE
ltapophysen.
— 1269 °—
Die Erzlagerstätten Oberschlesiens.
Von Herrn A. Sacas in Breslau.
Hierzu Taf. XXXIH.
Die oberschlesischen Erze: Blei-, Zink- und Eisenerze
treten in dem dolomitisch ausgebildeten Teil des unteren
Muschelkalkes östlich der großen Auswaschung von Preiskret-
scham in der Beuthener und Tarnowitzer Mulde auf. In
ersterer ist Zink, in letzterer silberhaltiges Blei (die Friedrichs-
grube) vorherrschend. Es handelt sich einerseits um sulfidische
Erze: Bleiglanz, Zinkblende, Markasit (übrigens auch
stellenweise Pyrit), andererseits um oxydische Erze: Galmei,
Brauneisenerz, Weißbleierz. Beim Galmei wiederum ist
zwischen eisenschüssigem, aus kalkigen Partieen entstandenem
rotem Galmei, und eisenarmem, tonig - lettigem weißem
Galmei zu unterscheiden.
Bezüglich der Lagerungsverhältnisse ist folgendes zu
sagen: Der erzführende Dolomit wird von dem mehrere Meter
mächtigen, durch ein Vorwalten des Tones ausgezeichneten und
so gut wie wasserundurchlässigen blauen Sohlenstein unter-
lagert, von diesem meist durch einen schmalen, tonigen, schwefel-
kiesreichen Streifen: den sog. Vitriolletten getrennt. Ganz
besonders hervorzuheben sind die vielfach auftretenden tonigen
Partieen innerhalb des erzführenden Dolomites.
Man pflegt wohl zwei Erzlagen, eine untere und eine obere,
zu unterscheiden. Die untere, über dem Sohlenstein gelegene
zeichnet sich durch Vorwalten der kompakten Sulfide: Bleiglanz,
Zinkblende. Markasit aus, die obere — in durchaus wechseln-
der Entfernung von der unteren — ist nesterartig-ab-
sätzig und durch Vorwalten von Bleiglanz gekennzeichnet.
Zwischen beiden findet sich eine vorwaltend oxydische Erzpartie:
reich an rotem Galmei und Brauneisenerz.
Die Frage nach der Entstehungsweise der oberschle-
sischen Erzlagerstätten ist eine langumstrittene, und das Interesse
für sie ist heute ganz besonders dadurch in den Vordergrund
gerückt worden, daß sich ganz allgemein die Aufmerksamkeit
der Erzlagerstättenforscher auf nichtgangförmige sulfidische
Vorkommen konzentriert hat.
Die beiden diametral entgegengesetzten Theorien über die
Bildungsweise solcher sulfidischer Erzlagerstätten: die Prä-
zipitationstheorie, die einen gleichzeitigen Absatz von
Erz und Nebengestein annimmt, einerseits, und die epigene-
nn
tische Auffassungsweise, die eine nachträgliche Zuführung
der erzhaltigen Lösungen in das schon bestehende Nebengestein
annimmt, andererseits spiegeln sich auch in den Theorieen über
Oberschlesien wieder. Als Hauptvertreter der Präzipitations-
theorie für Oberschlesien ist Fr. BERNHARDI!) anzusprechen.
Bei den Anhängern der epigenetischen Auffassungsweise machen
sich wiederum die alten Gegensätze bezüglich der Annahme der
Herkunft der erzhaltigen Lösungen: die Dezensions- bezw.
Lateralsekretionstheorie einerseits, die Aszensionstheorie
andererseits geltend. Für erstere trat R. Arrtuans?) mit seiner
Karsttheorie ein, für letztere Fr. Beyscarae°). Erst in diesem
Jahre erschien eine Abhandlung des Schreibers dieser Zeilen ®),
in der der Verfasser zu folgenden vier Sätzen gelangt:
1) Die oberschlesischen Erzlagerstätten sind in ihrer jetzigen
Form epigenetisch.
2) Die Erzzuführung erfolgte von obenher durch Konzentration
des ursprünglich feinverteilten Erzgehaltes.
3) Die Dolomitisierung des Nebengesteines erfolgte gleich-
zeitig mit der Zuführung der Eisen-, Zink- und Bleierz-
lösungen.
* 4) Für die Erklärung der Anreicherung der Erze an Klüften
kann man die BERNHARDISche Reduktionstheorie (Reduktion
der Sulfate zu Sulfiden durch die Entgasungsprodukte der
Steinkohlen) mit heranziehen.
Zur Begründung des ersten Satzes weist der Verfasser zu-
nächst auf die theoretischen Bedenken hin, die sich gegen die
Präzipitationstheorie erheben, und betont sodann die Unbeständig-
keit der Mächtigkeit und des Erzgehaltes in Oberschlesien.
Von einer Niveaubeständigkeit kann nur bei der unteren Erzlage
die Rede sein, und diese wird durch die Unterlagerung des fast
völlig wasserundurchlässigen Sohlensteines erzeugt.
Der zweite Satz wird durch die detaillierte Beschreibung
des neuen, hochinteressanten, der Oberschlesischen Eisenindustrie-
gesellschaft zu Gleiwitz zugehörigen Vorkommens von Bibiella ö.
von Georgenberg, nö. von Tarnowitz gestützt, welches die Ver-
hältnisse der Beuthener und Tarnowitzer Mulde gleichsam in
übersichtlicher Weise zusammengedrängt zeigt und in mineralo-
gischer Hinsicht eine von oben nach unten verfolgbare Gesetz-
!) Zur Karte der Beuthener Erzmulde, Kattowitz 1892.
?) Die Erzformation des Muschelkalkes in Oberschlesien, Jahrb.
Kgl. Preuß. Geol. L.-A. 12. 1891.
®) Vergl. Zeitschr. f. prakt. Geol. 1902 S. 143.
*) Über die Bildung der oberschlesischen Erzlagerstätten. Cen-
tralbl. f. Min. 1904, S. 40—49.
mäßigkeit erkennen läßt.
Der dritte Satz behandelt eine Frage von grundlegender
Bedeutung. Es liegt nach Ansicht des Verfassers in Ober-
schlesien ursprünglich ein stellenweise stark toniger, dolomitischer
Kalkstein vor, dessen Dolomitisierung durch Fortführung des
leichter löslichen Kalziumkarbonates vermittelst des Kohlensäure-
gehaltes der erzhaltigen Lösungswasser verursacht wurde. Diese
Annahme wird durch das Fehlen jeglicher Schichtung des Dolo-
mites, durch seine große Petrefaktenarmut und durch zahlreiche
Hohlraumausfüllungen (besonders auch der von der Exkursion be-
suchten Rococogrube) gestützt. In den oxydischen Erzen (Galmei,
Brauneisenstein, Weißbleierz) sieht der Verfasser nicht Umwandlungs-
produkte der Sulfide, sondern vorwaltend primäre Infiltrations-
produkte. Es handelt sich um die gleichzeitige Einwirkung
karbonatischer und sulfatischer Lösungen auf das Nebengestein;
die oxydischen Erze sind keineswegs nur an das Ausgehende
geknüpft, auch Hohlraumausfüllungen der Rococogrube, wo auf
den Karbonaten Kristalle der Sulfide aufsitzen, beweisen dies.
Für den vierten Satz endlich ist die Tatsache anzuführen,
daß zweifellos eine Erzanreicherung an Klüften zu konstatieren
ist, obwohl nirgends der Nachweis geführt ist, daß die Klüfte
als Zuführungskanäle für aufsteigende Lösungen dienten. Daß
in der Nähe der Klüfte eine starke Erzanreicherung stattfand,
ist auch durch die Annahme einer Zuführung des Erzgehaltes
von obenher erklärbar: In der Nähe der Klüfte mußte die
Zirkulation der mit Erzlösungen beladenen Wässer besonders leb-
haft sein, und dort hatten auch die den Erzlösungen entgegen-
strömenden Entgasungsprodukte der Steinkohle besonders Gelegen-
heit emporzusteigen und auf den Absatz von Erz hinzuwirken.
Nach alledem gehören die oberschlesischen Erzlagerstätten
zu den epigenetischen Erzstöcken, d. h. zu derselben
Gruppe, in welche die Vorkommen von Aachen, von Raibl und
Deutsch-Bleiberg,!) vom Mississippi und Missouri u. s. w. einzu-
!) In dem geologisch und petrographisch den oberschlesischen
nahestehenden Erzvorkommen von Deutsch-Bleiberg liegt die Erzlage
nicht an der Basis, sondern im obersten Teile des Wettersteinkalkes,
im unmittelbaren Liegenden des Bleiberger Lagerschiefers, der hin-
sichtlich seiner Wasserundurchlässigkeit dem oberschlesischen Vitriol-
letten zu vergleichen ist. Bei Deutsch-Bleiberg hat also im Sinne der
BEYSCHLAGschen Theorie ein Aufsteigen der erzbeladenen Lösungen
stattgefunden (wobei die Herkunft des Bleis und Zinkes aus dem
Wettersteinkalk und Dolomit oder größerer Teufe zweifelhaft ist).
Andererseits wirkt in den Alpen der Einfluß, den die Verwerfungen
auf die Erzführung haben, gerade umgekehrt wie in Oberschlesien.
In Oberschlesien sucht der Bergmann die Sprünge, bei Deutsch-Blei-
er
reihen sind, und in die sie R. Beck in seiner „Lehre von den
Erzlagerstätten* völlig richtig eingeordnet hat. Die Form dieser
Lagerstätten ist in engstem Zusammenhange mit ihrer Bildungs-
weise von Hause aus eine unregelmäßig begrenzte: stock- oder
nesterförmige; nur einem Zufall, der Stauung der Erzlösungen
nämlich an dem tonigen Sohlenstein, haben die oberschlesischen
Lagerstätten ihren scheinbaren Charakter als Lager zu verdanken.
Es folgt aus dem Gesagten, daß es völlig unmöglich ist,
ein schematisches Profil für Oberschlesien zu geben; die Lagerungs-
erscheinungen werden durch Verhältnisse, die nicht von vornherein
zu übersehen sind, vor allem nach Ansicht des Verfassers durch ein-
gestreute tonige Partieen im Dolomit, wesentlich bedingt. Man
muß sich deshalb mit einzelnen Grubenbildern begnügen, und es
seien hier zum Schlusse zwei Profile der von der Exkursion be-
suchten Rococogrube, die ich der Liebenswürdigkeit des
Leiters dieser Grube, Herrn Berginspektor “ MuscHaALLıx
verdanke, veröffentlicht.
berg meidet er sie. Für die Unabhängigkeit der Bleiberger
Lagerstätten von den Verwerfungen spricht der Verlauf der
letzteren: der große, mehr als 1200 m Sprunghöhe messende Gailbruch,
eine der gewaltigsten Störungen des Alpensystemes, zieht in mehreren
Kilometern Abstand um das Erzlager herum. Eine Beeinflussung ist
wahrnehmbar, findet jedoch nach Oberbergrat CANAVAL nur in negativer
Weise statt, d. h. in der Nähe des Bruches fehlen die Bleilager, sie
sind von der Dislokation zertrümmert oder vernichtet.
Das oberschlesische Steinkohlengebirge.
Von Herrn P. GEISENHEIMER.
Hierzu Taf. XXXII, XXXIV u. 1 Textfig.
Am Abend des zweiten Tages betritt die Exkursion das
oberschlesische Steinkohlenrevier, dessen wichtigsten Teil z. Z.
der Bezirk von Gleiwitz, Zabrze und Myslowitz bildet.
Im Jahre 1742 kam Schlesien unter die preußische Herr-
schaft. Die neue tatkräftige Verwaltuug suchte die Schäden des
Krieges dadurch zu heilen, daß sie überall die natürlichen Pro-
duktionsquellen des Landes förderte. Zwar wurde schon damals
in der Gegend von Ruda Bergbau auf Steinkohlen getrieben,
doch aus den Berichten jener Zeit wissen wir, daß dies fast nur
Tagebau war. Erst unter Friedrich dem Großen wurden Berg-
werke nach heutigen Begriffen angelegt.
Das Hauptverdienst um die Entwicklung des jungen Stein-
kohlenbergbaues gebührt dem im Jahre 1778 nach Schlesien be-
rufenen Berghauptmann Freiherrn von REDEn, der zuerst die hohe Be-
deutung der oberschlesischen Steinkohle für die anderen Industrie-
zweige erkannte. Eines der wichtigsten Kohlenflöze trägt noch heut
den Namen jenes verdienstvollen Berghauptmanns. Bereits im
Jahre 1791 konnte er von 17 Steinkohlengruben berichten. Durch
ihn entstanden die Bergwerke „König“ und „Königin Luise“,
deren Namen an Friedrich Wilhelm III. und seine unvergeßliche
Gemahlin erinnern. Ihm verdanken wir die großartige Ent-
wicklung des oberschlesischen Steinkohlenbergbaues, der heute
unmittelbar auf Westfalen folgt und an Bedeutung alle anderen
Montanbezirke des Kontinents übertrifft.
Der oberschlesische Industriebezirk fördert z. Z. jährlich
etwa 25 Millionen Tonnen Kohle. Obwohl die jährliche Förder-
leistung nur ein halb so groß ist wie diejenige des Ruhr-
xohlenreviers, so übertrifft es dieses hinsichtlich seiner Kohlen-
vorräte.
Diese Angaben beziehen sich nur auf den preußischen Anteil
des großen schlesisch-mährisch-polnischen Steinkohlenreviers, welches
sich etwa über einen Flächenraum von 5600—5800 qkm erstreckt.
Bei weitem der größte Teil — etwa 3600 qkm — liegt in
Preußen. während ein kleinerer Teil zu Österreich-Ungarn und
ein noch geringerer zu Rußland gehört.
Gehen wir nun auf die Einzelheiten der Lagerung näher
ein. Die direkte Auflagerungsfläche des oberschlesischen Karbons
ist nirgends in einem einheitlichen Profile aufgeschlossen. Nach
der Kombination der isolierten Aufschlüsse läßt sich annehmen
en
daß bei Hultschin und Tost unterkarbonische Pflanzengrauwacke,
in Russisch-Polen unterkarbonischer Sandstein mit marinen Fossilien
und devonische Gesteine, endlich bei Krzeszowice, westlich vonKrakau,
unterkarbonischer Kohlenkalk das Liegende darstellt. Die Kulm-
grauwacke enthält in Österreich manchmal Kohlenschmitze ; Tıietze
beschreibt ein derartiges Vorkommen aus der Gegend von Wag-
stadt. Auch der Verfasser fand in einer Schlucht westlich von
Bobrownik ein schwaches, etwa 30 cm mächtiges Kohlenflöz mit
mulmiger schiefriger Kohle.
Zwischen dem Oberkarbon und der unterkarbonischen Grau-
wacke ist z. T. deutliche Diskordanz vorhanden. In dem
erwähnten Krzeszowice wurde durch einen Querschlag die Dis-
kordanz auch zwischen Oberkarbon und Kohlenkalk gefunden.
Bei Bobrownik jedoch konnte der Verfasser bereits im Jahre
1900 von neuem feststellen, daß hier das Oberkarbon und das
Unterkarbon gleiches Streichen und Einfallen besitzen und also das.
Oberkarbon') anscheinend konkordant auf dem Unterkarbon lagert.)
!) Verf. stellt die liegendsten Schichten des Karbons -bei Mährisch-
Ostrau (= Golonoger Schichten PoTonIEs), in denen bauwürdige Flöze
vorkommen, und die durch die Oskarschachtanlage der kons.
Hultschiner Steinkohlengruben aufgeschlossen sind, zum Oberkarbon.
Mit der Frage der Zugehörigkeit dieser Schichten wird sich eine dem-
nächst erscheinende Arbeit des Verfassers eingehender beschäftigen.
?) Schon RÖMER hatte hier eine Konkordanz gefunden. Später
stellte STur gleichfalls eine deutliche Konkordanz fest und gründete-
auf diesen Umstand z. T. seine Ansicht, daß die Ostrauer Schichten
noch zum Unterkarbon zu zählen seien. Gegen die Annahme einer Kon-
kordanz wandte sich dann TIETZE in einem längeren Aufsatze, in dem
er ausführte, daß die Kulmschichten an der Grenze von Karbon und
Kulm zwar das gleiche Streichen wie die OÖberkarbonschichten hätten,
daß sie aber gegen Westen einfielen, während das Oberkarbon nach
den ihm zur Verfügung stehenden Grubenkarten sich nach Osten ver-
flächte. Diese Ausführungen bestritt hierauf JIcınsky und behauptete,
daß nach seiner Ansicht die Kulmschichten gleichfalls sich gegen
Osten verflächten. Verf. stellte nun fest, daß in der Tat die Kulm-
schichten gegen Westen einfallen und daß die Oberkarbonschichten
sich gleichfalls gegen Westen verflächen, daß die letzteren aber hierauf
bei etwa 150 m Tiefe umbiegen und das Einfallen der anderen
Östrauer Flöze im Innern der Mulde annehmen. Ob die Grauwacken-
schichten diese Umbiegung in der Tiefe mitmachen, ist nicht fest-
stellbar, wohl aber wahrscheinlich. Jedenfalls sprechen diese Tatsachen
sehr für eine Konkordanz der Schichten. Erwähnt muß werden, daß
die Aufschlußpunkte, welche für diese Feststellungen benutzt wurden,
etwa 300 m von einander entfernt liegen. Daß über das Verflächen
der Schichfen so widersprechende Ansichten laut wurden, mag auf
einem Umstande beruhen, auf den etwas näher eingegangen werden
soll. Ursprünglich sind jedenfalls die Schichten auch in ihrem oberen
Teile gegen Osten eingefallen und erst durch einen von Westen her
wirkenden Druck umgekippt worden. Wir haben infolge dieser Über-
kippung die interessante Erscheinung vor uns, daß hier das Unter-
karbon über der höheren Abteilung derselben Formation liegt.
2375
HOSCHTIALKOWITZ s .
DEZE EIS LFLET ae
ash A ffeiseriar Chan 7203738 7277 yes
Untorharbon \ NOS \ . u z Mi dad TER
(Geamwache) £ iv RN EN N KE
x ne =
DS a. a
Die konkordante Grenze zwischen unterkarbonischer Grauwacke und oberkarbonischem Sandstein
ö bei Bobrownik nordwestl. Mähr. Ostrau.
Die UÜberkippung des hangenden Unterkarbons erklärt die widersprechenden Angaben über
Konkordanz und Diskordanz dieser beiden Karbonabteilungen.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 1904.
5 — - —mm— nn nn nn
IH
Ob dieses Verhalten auf Zufall beruht oder ob ihm größere Wichtig-
keit beizumessen ist, soll hier nicht weiter untersucht werden.
Wenden wir uns nun zur Gliederung der oberschlesischen
Steinkohlenformation. Nachgewiesen ist unteres und mittleres
Oberkarbon. Die erste Einteilung. welche für die Folgezeit grund-
legend war, erfolgte durch Srur!) im Jahre 1877. Er unter-
schied Ostrauer Schichten und Dombrau-Orlauer Schichten, von
denen er die letzteren dem Karbon und zwar den Schatzlarer
Schichten, die ersteren aber dem Kulm zuzählte. Wie TirTze°)
jedoch nachwies, war die Srursche Ansicht, daß das Unterkarbon
auch die Ostrauer Schichten umfasse, nicht haltbar, da Stur bei
dieser Annahme z. T. von falschen Voraussetzungen aus-
gegangen war. Die Ostrauer Schichten teilte Stur in fünf
Flözgruppen ein, während eine sechste die Schatzlarer Schichten
umfassen sollte. (Siehe Zusammenstellung am Schluß.)
Jıcınskı unterschied im Jahr 1885 acht Flözgruppen, im
Jahr 1898 dann nur drei Flözgruppen. Doch braucht auf diese
nicht näher eingegangen zu werden, da die Einteilung mehr von
technischen als von wissenschaftlichen Gesichtspunkten aus geschah.
Von ihm rührt die Bezeichnung der Schatzlarer Schichten als
Karwiner Schichten her.°)
Im Jahre 1895 veröffentlichte dann Eserrt*) eine neue Ein-
teilung, die u. a. dadurch bemerkenswert ist, daß sie sich bei
der Bezeichnung der einzelnen Flözgruppen zum erstenmal in
ausgedehntem Maße der Lokalnamen bediente.
Wichtig war ferner die auf das Studium der Flora gestützte
Einteilung Poronıgs?) vom Jahre 1896, welcher die Srursche
Einteilung erweiterte. Poronıs fand die Floren I, II, III und IV.
Er unterschied acht Flözgruppen, denen er gleichfalls Lokalnamen
beilegte. (Siehe die Zusammenstellung.)
Zwei Jahre (1898) später trat GÄBLER mit einer neuen
Einteilung hervor, nachdem er bereits im Jahre 1891 eine solche
veröffentlicht hatte. GÄBLER behielt die Stursche Haupteinteilung
im allgemeinen bei, gab jedoch den einzelnen Flözgruppen Lokal-
!) Die Kulmflora der Ostrauer und Waldenburger Schichten. —
Abhandl. K. K. geol. R.-A. 8. H. 2. Wien 1875—1877.
?) Zur Geologie der Umgegend von Ostrau. Jahrb. K. K. geol.
R.-A. 43. 1893. Wien 1894.
®) JıIcInsky, Monographie des Ostrau-Karwiner Steinkohlenreviers.
Teschen 1885 und Bergmännische Notizen aus dem ÖOstrau-Karwiner
Steinkohlenrevier. Mähr. Ostrau 1898.
*) Die stratigraphischen Ergebnisse der neueren Tiefbohrungen
im oberschlesischen Steinkohlengebirge.e Abhandl. Kgl. Preuß. geol.
L.-A. H. 19. Berlin 1895.
°) Die floristische Gliederung des deutschen Karbon und Perm.
Ebenda. H. 21. Berlin 1896.
namen und bildete, hauptsächlich von stratigraphischen, weniger
paläontologischen Gesichtspunkten ausgehend, Unterabteilungen,
die gleichfalls Lokalnamen erhielten. (Siehe Zusammenstellung.)
Der von EBEerT, Poronıs und GäÄBLER bevorzugte Gebrauch der
Lokalnamen ist nun insofern nicht vorteilhaft, als mit demselben
Namen bei den verschiedenen Autoren oft ganz verschiedene
Schichten bezeichnet werden.
Im Jahre 1901 hat dann MicHAaEL eine neue Namengebung
des oberschlesischen Karbons veröffentlicht. MiıcHAern stellt die
Sattelschichten, ebenso wie GÄBLER, als selbständige Abteilung auf
und nennt die Schichten darüber „Muldengruppe* oder Karwiner
Schichten. Ferner bezeichnet er die Schichten unter den Sattel-
NHözen als „Randgruppe* oder Ostrauer Gruppe. Für die Sattel-
und die Randgruppe wählt er die Bezeichnung „Silesische Stufe“,
während er für die Muldengruppe die Frecasche Bezeichnung:
„Saarbrücker Stufe“ beibehält. (Siehe die Zusammenstellung.)
Eine einfache und dabei lediglich von wissenschaftlichen
Gesichtspunkten ausgehende Einteilung schlägt Freca (1599 und
1901) vor. Um die Zahl der bei der Gliederung des ober-
schlesischen Karbons so vielfach angewandten Lokalnamen zu
reduzieren, wendet er die allgemein für die Einteilung des
Karbons übliche Bezeichnungsweise auch für Oberschlesien an.!)
Demgemäß bezeichnet er die Schichten über den Sattelflözen als
„Saarbrücker Stufe“. Da eine allgemeine Bezeichnung für die
zwischen Unterkarbon und Saarbrücker Stufe befindlichen Schichten
bis dahin fehlte, so wurde für diese der Name „Sudetische
Stufe“ gewählt.?) Zur Sudetischen Stufe würden also die Sattel-
flözschichten ebenso wie ihr Liegendes zu rechnen sein. Den
Golonoger Sandstein Poroniss stellt FrzecHu zum Unterkarbon.
Die Frec#uschen Bezeichnungen bezwecken zunächst den
Vergleich mit anderen Vorkommen zu erleichtern.
Sollte man in der Praxis mit dieser Bezeichnung und einer
Unterteilung, wie z. B. Obere und Untere Saarbrücker Stufe,
!) FRECH. Die Steinkohlenformation. Sep.-Abdr. a. d. Lethaea
palaeozoica. Stuttgart 1899. — Führer für die geologische Exkursion
des XIII. Deutschen Geographentages aus Oberschlesien. 3%. Die
Steinkohlenformation. Breslau 1901.
”) Die Bezeichnung „Sudetische Stufe“ ist auch für das ober-
‚schlesische Karbon zutreffend, insofern als es von den Sudeten
stark beeinflußt worden ist. Die Ausläufer der Sudeten bei Hultschin
und Mährisch-Ostrau stellen in tektonischer deutlich, in orographischer
Beziehung weniger ausgeprägt, einen Teil des sudetischen Hügellandes
dar. Die Sedimentbildung in Preußisch-Oberschlesien ist auf das un-
zweideutigste von den Sudeten beeinflußt. Die sog. Schichtenverjüngung
(s. S. 283) entspricht einem riesigen, von den Sudeten ausgehenden
Schuttkegel.
Ikess
Ba
nicht auskommen, so wäre es nach Ansicht des Verfassers zweck-
mäßig, die zu bildenden Unterabteilungen, wie in anderen Revieren,
nach den Leitflözen zu benennen. Nach der eingehenden Unter-
suchung des oberschlesischen Karbons im letzten Jahrzehnt und
der Herausgabe einer Flözkarte durch das Königliche Oberberg-
amt zu DBreslau dürften der Aufstellung von Leitflözen keine
Schwierigkeiten entgegenstehen. !)
Der Vollständigkeit wegen sei noch erwähnt, daß Lemrickt
das Karbon in Russisch-Polen in drei Gruppen: 1) Schichten
über dem Redenflöz, 2) Redenflözschichten und 3) Schichten
unter dem Redenflöz einteilte; die Redenflözschichten entsprechen
hierbei den Sattelflözschichten.
In Galizien hat Barronec das Karbon, soweit es bisher auf-
geschlossen worden ist, gegliedert.
Betrachten wir nun die stratigraphischen Verhältnisse der
oberschlesischen Ablagerung.?) Diejenige Schichtengruppe, welche
das oberschlesische Karbon am meisten charakterisiert, ist die
Sattelflözgruppe.°) Sie ist ausgezeichnet durch verschiedene Flöze
von einzig dastehender Mächtigkeit, welche sich auf weite Ent-
fernungen hin verfolgen lassen. Bei Zabrze besitzen die Sattel-
flözschichten eine Mächtigkeit von 244 m mit 30 m Kohle.*)
Die Flöze sind 1,5—13 m mächtig; in Russisch-Polen steigt
infolge der Vereinigung mehrerer Flöze die Mächtigkeit bis auf
!) Der oberschlesische Bergmann spricht bereits heut z. B. von
„Einsiedelschichten*“ und „Pochhammerschichten“. Übrigens hat schon
GÄBLER bei seiner Gliederung 1898 für jede Schichtenabteilung ein
Leitlöz angegeben, ohne allerdings die Schichtenabteilung danach zu
benennen.
?), Für die folgenden Ausführungen sind z. T. die Veröffent-
lichungen FRECHS, EBERTS, GÄBLERS, WıscoTTs u. a. zum Anhalt
genommen. — Es ist falsch, von einem oberschlesischen Steinkohlen-
becken zu sprechen, denn das Karbon in Oberschlesien ist nur ein
Teil jener gewaltigen Ablagerung, die sich von England über West-
falen nach Osten erstreckte. Diese ist zwischen dem karbonischen
Hochgebirge und dem Meeresrande entstanden und hat niemals ein
Becken dargestellt. Sie wurde wohl einer Faltung, aber keiner Becken-
bildung unterworfen. (Vergl. die Karte „Die Kohlenfelder und Falten-
gebirge Mitteleuropas nach Schluß der Karbonzeit“ in FRECH, Die
Steinkohlenformation.)
®) Die bergmännische Bezeichnung Sattelflöz gruppe entspricht hier
dem geologischen Begriff einer Zone, also Sattelflözgruppe = Sattel-
flözzone. (Nicht völlig zutreffend ist dagegen die Bezeichnung
„Sattel-Gruppe* Ss. 0.)
*) Die Angaben über die Mächtigkeit der Schichten sind hier und
an anderen Stellen den GÄBLERSchen Arbeiten entnommen.
19 m.!) Paläontologisch sind diese Schichten charakterisiert
durch eine Mischflora von unter- und oberkarbonischen Pflanzen,
petrographisch durch die verhältnismäßig große Mächtigkeit der
Sandsteinbänke. Die Sattelflöze führen teils Fett-, teils Flamm-
kohlen. Im Ostrau-Karwiner Revier sind sie bisher nicht ange-
troffen worden.
Mächtiger als die Sattelflözgruppe sind die unter ihnen
lagernden Sudetischen Schichten entwickelt; ihr Kohlenreichtum
ist jedoch verhältnismäßig bedeutend geringer. In Ostrau sind
sie in einer Mächtigkeit von über 4056 m aufgeschlossen worden
mit 107 m Kohlenmächtigkeit, von denen 65 m gewinnbar sind.
Die Flözmächtigkeit ist im allgemeinen geringer als 2 m. Inter-
essant bei dieser Flözgruppe sowie bei der Sattelflözgruppe ist
die Erscheinung, daß die Mächtigkeit der einzelnen Schichten in
der Richtung von West nach Ost abnimmt; die Schichten ver-
jüngen sich im Osten, und die Kohlenflöze vereinigen sich mit-
einander. So vermindert sich die Mächtigkeit der im Liegenden
der Sattelflöze befindlichen Sudetischen Schichten von 4056 m
bei Ostrau auf 505 m bei Golonog in Russisch-Polen und diejenige
!) Der Abbau dieser mächtigen Flöze ist mit ungewöhnlichen
Schwierigkeiten verknüpft. Schon der Einbau der langen Stempel
und Kappen (Grubenhölzer) erfordert viel Zeit und Geschick. Zur
Beleuchtung der Pfeilerabschnitte (Abbaupunkte) in den mächtigen
Flözen reichen oft die gewöhnlichen Bergmannslampen nicht aus, man
ist daher teilweise zu elektrischer oder Acetylen-Beleuchtung über-
gegangen. Ferner ist es nicht immer möglich, bei dem bis vor kurzem aus-
schließlich üblichen Pfeilerabbau alle Kohle aus den abgebauten Räumen
zu entfernen, da oft das Dach des Flözes vorzeitig hereinbricht; durch
die im Abbau zurückgebliebene Kohle wird alsdann Grubenbrand er-
zeugt. — Schwierig ist es auch, sich in den mächtigen Flözen gegen
herabfallende Gesteins- und Kohlenstücke zu schützen; aus diesem
Grunde ist die Zahl der durch Stein- und Kohlenfall hervorgerufenen
Verletzungen in Oberschlesien bedeutend größer als in anderen Be-
zirken. Schließlich ist noch zu erwähnen, daß zum Schutze der be-
bauten Tagesoberfläche in Oberschlesien kolossale Kohlenmengen in
Form von Sicherheitspfeilern geopfert werden müssen, die auf diese
Weise dem Nationalvermögen verloren gehen. Aus all diesen
Gründen erreicht der Abbauverlust an Kohle auf den oberschlesischen
Gruben die enorme Höhe von 30 bis 50°/o.
Eine Wendung zum Besseren dürfte eintreten, wenn der neue
Sandspülversatz auf allen Gruben Eingang gefunden haben wird.
Zuerst wurde er vor wenigen Jahren auf der Myslowitz-Grube von
Generaldirektor Williger angewandt. Das Verfahren besteht darin,
daß man die ausgekohlten Räume durch ein Gemisch von Sand und
Wasser, welches von über Tage in die Grube geleitet wird, voll-
schlämmt. Das Wasser fließt ab, und die eingeschlämmten Massen
füllen die abgebauten Flözteile an Stelle der Kohle vollständig dicht
aus. Der Schlammversatz bedeutet den wichtigsten Fortschritt der
Bergbautechnik der Neuzeit.
er ve
der Sattelflözschichten von 244 m bei Zabrze auf 14 m bei
Zagorze in Rußland. Der Grund für diese Erscheinung liegt
wohl darin, daß die gesteinsbildenden sedimentären Massen von
Westen her eingeschwemmt wurden. Sie lagerten sich daher im
Westen, in der Nähe des alten Gebirges, früher und stärker. ab
als in den östlichen Gegenden. Paläontologisch sind diese
Schichten bemerkenswert durch Einlagerungen einer rein marinen
Fauna, welche sich unterhalb der Sattelflöze findet. _Der erste
marine Horizont wurde von FERD. RömErR auf der Königsgrube
entdeckt (Römer-Horizont). Brack- und Süßwasserfossilien dagegen,
vor allem die Gattung Anthracosia, finden sich durch das ganze
Steinkohlengebirge verteilt.
Die unteren Sudetischen Schichten sind -in der Nähe von
Mährisch-Ostrau von Eruptivgesteinen durchbrochen worden, welche
von den Geologen teils als Basalte, teils als Porphyre angesprochen
werden. Sie bilden meist Spaltenausfüllungen innerhalb des Ge-
birges. Erüptivdecken sind nicht vorhanden. N
Über den Sattelflözen liegen die Saarbrücker Schichten in
einer bei Orzesche gemessenen Mächtigkeit von 2676 m mit
162 m Kohle. 74 m Kohle kommen in bauwürdigen Flözen vor.
Einzelne Flöze erreichen eine Mächtigkeit von 3-—4 m. In ihnen
sind die Schiefer vorherrschend, während die Sandsteine zurück-
treten. Die Saarbrücker Stufe nimmt nach Süden an Mächtigkeit
zu, während sich zugleich die Flöze in dieser Richtung spalten
und schwächer werden. Es ist dies ein Beweis, daß bei ihnen
die Einschwemmung der bei der Abtragung der Sudeten ent-
standenen Schuttmassen nicht von Westen, sondern von Süden
her erfolgte. |
Auf der von der Exkursion zu befahrenden Königin Luise-
Grube sind im wesentlichen die Sattelflöze aufgeschlossen (vergl.
Profil). Bemerkenswert ist, daß die Flöze Reden und Pochhammer,
die im Westen des Grubenfeldes getrennt auftreten, sich im.
Porembaschachtfelde zu einem Flöze vereinigen. Von den Saar-
brücker Schichten ist nur ein geringer Teil im Osten des Gruben-
feldes vorhanden. Die Schichten unter den Sattelflözen sind bis-
her noch nicht Gegenstand des Abbaues gewesen und nur durch
Bohrlöcher durchsunken worden. Z. Z. bewegt sich der Abbau
ausschließlich in. den mächtigen Sattelflözen.
Schlagende Wetter gibt es in Preußisch-Oberschlesien nur
auf wenigen -Gruben; dagegen ist die Schlagwetterentwicklung im
Östrauer Revier eine sehr starke. we
Der Aufbau des oberschlesischen Steinkohlengebirges ist
verhältnismäßig einfach. Die Hauptachse bildet der sog. Gleiwitz- -
Myslowitzer Rücken, der: sich von Gleiwitz in ostwestlicher
Richtung über Zabrze, Königshütte, Laurahütte, Rosdzin nach
Sielce in Polen hinzieht (vergl. die Übersichstkarte). Der Sattel
besitzt vier kuppelförmige Auftreibungen, sog. Flözberge, die als
Zabrzer, Königshütter, Laurahütter und Rosdziner Sattel bezeichnet
werden. Diese Flözberge entsprechen ungefähr dem von EpuARrD
Surss eingeführten Begriff einer Parma (-kuppelförmigen Schicht).
Nach Norden zu fallen die Schichten vom Sattel steil ab
und bilden die nördliche Randmulde oder Beuthener Mulde, über
die erst neuerdings durch die Bohrlöcher der Grube Preußen und
die Baue der Karsten-Centrum-Grube Genaueres bekannt geworden
ist. Der Südrand der Mulde fällt steiler ein, als man bisher
annahm. Infolgedessen liegt im Muldentiefsten das Pochhammer-
flöz, das liegendste der Sattelflöze, bei etwa 1100 m Teufe!).
Gegen Norden heben sich die Sattelflöze wieder heraus und werden
bei Radzionkau abgebaut.
Der Gebirgsbau südlich des Hauptflözsattels ist erst durch
die im letzten Jahrzehnt gestoßenen Bohrlöcher, vor allem die
fiskalischen, genauer bekannt geworden. Beherrscht werden die
Lagerungsverhältnisse durch eine gewaltige Störung, die Gleiwitz-
Orlauer Rutschung genannt, welche in der Gegend von Rybnik
ein Absinken des Ostflügels um etwa 1600—2000 m bedingt.
Dies muß angenommen werden, da westlich des Verwurfs ältere
Sudetische Schichten und östlich von ihm jüngere Saarbrücker
Schichten in gleicher Teufe angetroffen wurden. Die Störung
zieht von Orlau in nördlicher Richtung über Rybnik nach Gleiwitz.
Der Verwurf bildet nach älteren Ansichten eine Bruchzone
von 21/2 km?), nach neueren eine solche von nur 1 bis 1!/a km
Breite).
Westlich der Störung bildet das Steinkohlengebirge eine
flache Mulde, die sog. westliche Randmulde, deren Axe etwa von
Süden nach Norden streicht. Die daselbst liegenden Schichten
gehören der unteren Sudetischen Stufe an, bis auf die Flöze
der Beatensglückgrube, die man als Äquivalente der Sattelflöze
betrachtet. |
Östlich des großen Orlauer Sprunges fallen die Schichten
vom Hauptflözsattel allmählich nach Süden ab und bilden eine
große, nach Südosten sich öffnende Mulde Doch sind auch süd-
lich des Hauptrückens verschiedene kuppelförmige Auftreibungen
vorhanden. Ein derartiger Spezialsattel wird bei Jastrzemb, wo
!) Nach eigener Anschauung des Verfassers.
?) EBERT. Die stratigraphischen Ergebnisse der neueren Tief-
bohrungen im oberschlesischen Steinkohlengebirge. S. 92.
%) GÄBLER. Neues aus dem oberschlesischen Steinkohlenbecken.
Zeitschr. f. d. Berg-, Hütten- und Salinenwesen. 1903. S. 504.
282° —
die Sattelflöze erbohrt worden sind, vom Orlauer Sprung ab-
geschnitten. Das Muldentiefste der großen Binnenmulde liegt
zwischen Lazisk und Pleß. Hier lagern die ganzen jüngeren
Saarbrücker Schichten über den Sattelflözen, sodaß sich die
letzteren z. Z. in einer für den Bergbau nicht erreichbaren Teufe
befinden. An dem nördlichen und westlichen Rande der Mulde
sind jedoch die oberen Schichten durch Erosion zerstört, und die
Sattelflöze liegen in geringerer Teufe.
Wann die Faltung der Karbonschichten stattgefunden hat,
ist nicht leicht zu bestimmen, da das jüngere Karbon und das
Rotliegende nicht vorhanden sind, und der Buntsandstein das
Karbon diskordant überlagert und nur wenig gestört ist. Jeden-
falls ist die Faltung nicht intrakarbonisch (sudetisch), sondern
jungkarbonisch oder wahrscheinlich postkarbonisch.
In tektonischer Hinsicht haben sowohl die jungpaläozoische
(postsudetische) wie die miocäne (karpatische) Faltung auf das
oberschlesische Karbon eingewirkt. Zu welcher Zeit der Orlau-
Gleiwitzer Sprung entstanden ist, läßt sich schwer entscheiden.
Da seine Streichrichtung in keiner ausgesprochenen Beziehung zu der
Hauptfaltung des Steinkohlengebirges steht, so hat man keinen be-
stimmten Anhalt dafür, daß er der Zeit der postsudetischen Faltung
angehöre. Doch dürfte er älter sein, als die karpatische Faltungs-
periode, denn zu beiden Seiten der Störungszone sind die tertiären
Gesteinsbildungen etwa gleich stark entwickelt!), ein Beweis dafür,
dab zur Miocänzeit der Sprung bereits vorhanden und der stehen-
gebliebene westliche Flügel durch die Erosion schon soweit zer-
stört war, daß ein Höhenunterschied mit dem au un öst-
lichen Flügel nicht mehr bestand.
Die Fortsetzung der oberschlesischen Kohlenfelder naclı
Österreich und Rußland umfaßt sehr verschiedenartige Vorkommen.
deren Aufbau und Zusammenhang durch Faltungen und Aus-
waschungen im Bereich der miocänen Transgression sehr kompli-
ziert geworden ist?).
Durch die ältere postsudetische Faltung sind zwei sattelartig
NW-—SO streichende Erhebungen geschaffen worden, welche in
Russisch-Polen und Westgalizien aufgeschlossen sind°), und die
man meiner Ansicht nach als Fortsetzung des Hauptflözsattels
') Vergl. die Bohrangaben in EBERT a. a. O.
?\, Dies und die folgenden drei Abschnitte sind z. T. aus FRECH,
Östliche Fortsetzung der oberschlesischen Steinkohlenformation (Nach.
tragzu „Die Steinkohlenformation in Oberschlesien“, Lethaea palaeozoica)
entnommen.
*) BARTONEC, Die Steinkohlenablagerung Westgaliziens und deren
volkswirtschaftliche Bedeutung. ° Österreichische Zeitschr. f. Berg- und
Hüttenwesen. 49. 1901.
OB
und des Nordrandes der Beuthener Mulde auffassen kann. Die nord-
östliche dieser Erhebungen bildet einen langgestreckten Zug, der
sich von Bendzin und Dombrowa in Russisch-Polen, vielfach durch
Trias und jüngere Gesteine verdeckt, bis Filipowice, Tenczynek
(Christinastollen), Rudno und Sanka im Krakauischen Gebiet ver-
folgen läßt. Der unmittelbare Zusammenhang wenigstens der
österreichischen Vorkommen ist um so wahrscheinlicher, als die
bisher von dort (durch Tondera) bestimmten Pflanzen sämtlich
auf die Sudetische Stufe (meist Schichten unter den Sattelflözen)
hinweisen. Zwischen Porombka (Russisch-Polen) und Siereza
(Galizien) ist auf eine längere Strecke der Zusammenhang des
Karbons durch jüngere Auflagerungen unterbrochen. Die gali-
zischen und russischen Flözteile enthalten Flammkohle, nur bei
Tenczynek ist auch Gaskohle vorhanden. Das galizische Kohlen-
gebirge folgt in ostwestlicher Richtung dem in Oberschlesien be-
obachteten Gesetz der Schichtenverjüngung.
„Eine südwestliche kürzere Erhebung liegt in Westgalizien
und erreicht zwischen Dombrowa (Österreich) und Jaworzno nur
die Oberfläche. Die Pflanzen besitzen ausnalımslos das Alter
der Saarbrücker Schichten.) Von den gegenüberliegenden gleichh
alten Schichten Oberschlesiens (Myslowitzer Wald und Janow
sind die bekanntesten Fundorte) wird Österreichisch-Dombrowa durch
die auch im unterirdischen Relief der Steinkoblenoberfläche
scharf ausgeprägte Furche der Przemsa getrennt. Die durch
Brüche komplizierte Absenkung des Myslowitzer Sattels ist hier
offenbar noch durch die tertiäre Erosion vertieft worden. Auch
die Trennung des kürzeren Jaworznoer Sattels von der längeren,
im NO gelegenen Aufwölbung wird wahrscheinlich durch eine
nachträglich erweiterte Synkline gebildet.
„Auch südlich, bezw. westlich von den genannten Vorkommen
ist bei Zator und Auschwitz (Oswiecim) vielfach — z. T. in
der geringen Tiefe von 80 m — unter dem miocänen Tegel
Kohle erbolhrt worden, deren genaueres Alter noch zu erforschen
bleibt. *
Ferner wurden in der Nähe von Dzieditz bei Groß-Kaniow
mehrere Bohrlöcher niedergebracht, welche flözführendes Karbon
ergaben. Die durchsunkenen Schichten hielt man für Äquivalente
der Saarbrücker Stufe. Diese Ansicht wurde bestätigt, als beim
Abteufen eines Schachtes zahlreiche, in das Breslauer Museum
gelangte Reste von Sphenopteris Baeumler! ANDREAE?) angetroffen
!) Auch in Siersza werden die Charakterpflanzen des mittleren
Oberkarbon citiert! Mariopteris muricata, Palmatopteris furcata,
Sphenopteris obtusiloba, Sph. trifohiata und Alethopteris decurrens.
2) Nach einer freundlichen Mitteilung des Herrn Professor Dr. FREcH.
— 284 —
wurden. Die Flöze gehören also der unteren Saarbrücker
Stufe an.
Den südlichsten Teil der gewaltigen Kohlenablagerung bildet
das Ostrau-Karwiner Revier, welches seit mehr als 100 Jahren
ausgebeutet wird. Nur sein nördlicher Rand greift auf preußisches
Gebiet über, sonst liegt es völlig in Österreich. Es besteht aus
zwei getrennten Gebieten, nämlich dem westlichen älteren Ostrauer
Becken, welches von Petrzkowitz bis Orlau reicht und seinerseits
wieder aus der Ostrauer Hauptmulde und der Separatmulde von
Peterswald-Poremba gebildet wird, und der jüngeren östlichen
Karwiner Ablagerung, welche sich von Orlau bis Karwin erstreckt. !)
Die älteren Ostrauer Schichten gehören der Sudetischen,
die jüngeren Karwiner der Saarbrücker Stufe an, wie sich aus
Sturs Arbeiten ergibt.) Auch hier bildet das Karbon einen
langgestreckten Rücken, der sich von Hoschialkowitz über Petrz-
kowitz und Koblau in Preußen und über Hruschau, Polnisch-
Ostrau, Orlau, Dombrau, Karwin in Österreich in ostwestlicher
Richtung hinzieht und an verschiedenen Stellen zutage tritt.
Nach Norden fällt dieser Rücken unter die tertiäre Auflagerung
steil ein, während er sich nach Süden langsam verflächt. Im
westlichen Teile des Reviers, der den Sudeten angelagert ist,
sind die Lagerungsverhältnisse stark gestört und die Schichten
teilweise überkippt und überschoben. Zwischen der Ostrauer und der
Karwiner Ablagerung setzt die große Orlau-Gleiwitzer Störung durch.
Trotzdem in neuerer Zeit zahlreiche Tiefbohrungen nieder-
gebracht wurden, ist der Zusammenhang der ÖOstrauer mit den
oberschlesischen Kohlenfeldern und der Karwiner mit den gali-
zischen Vorkommen noch nicht bekannt geworden. Der Grund
liegt darin, daß die Oberfläche des Karbons durch mehrere tief
einschneidende Erosionstäler durchfurcht wird, deren Grund die
Bohrungen nicht erreichten. So hat eine im Schillersdorfer
Schwarzwald angesetzte Bohrung bis 420 m. eine andere am
Vorwerk Niederhof (beide Punkte liegen nördlich von Petrzkowitz)
bis 602 m Teufe nur tertiären Tegel durchteuft. Auch die
Bohrung bei Schwarzwasser zwischen Karwin und Auschwitz ist
bei 600 m Teufe im Tegel stecken geblieben.
Den Schluß der vorstehenden Ausführungen soll eine Gegen-
!) Jıcınsky, Monographie des Ostrau-Karwiner Steinkohlenreviers.
Teschen 1885. — Derselbe, Bergmännische Notizen aus dem Ostrau-
Karwiner Steinkohlenrevier. Mährisch-Ostrau 1898. — FILLUNGER,
BERGER, SUESS, Die geologischen Verhältnisse des Steinkohlenbeckens
von Ostrau-Karwin.
?\ D. Stur, Die Kulmflora der Ostrauer und Waldenburger
Schichten. Abhandl. K.K. geol. R.-A. 8. (2) 1877. Vergl. auch von
demselben die Karbonflora der Schatzlarer Schichten. Ebenda 11. 1887.
— 285 —
überstellung der geologischen Eigentümlichkeiten des oberschlesisch-
mährisch-polnischen und des niederschlesischen Kohlenreviers bilden. !)
Oberschlesien-Mähren-Polen.
Westfälische Entwicklung.
Im unteren Teile paralisch (marine
Einlagerungen), im oberen lim-
nisch.
Faltung ober- oderpostkarbonisch.
Außerordentliche Mächtigkeit ein-
zelner Flöze (bis 18 m).
Konglomerate mittelkörnig (z. B.
auf Königsgrube, Gemengteile
von 3—4 cm Dm.)
Keine roten Sandsteine.
Eruptivgesteine als Spaltenaus-
füllungen nur in geringer Aus-
dehnung im unteren Teile des
Oberkarbon. Keine Eruptiv-
decken.
Schlagwetterentwicklung in Ober-
schlesien, Rußland und Galizien
fast fehlend, im Ostrau-Karwiner
Revier sehr stark.
Niederschlesien.
Saarbrücker Entwicklung.
Limnisch (keine marinen Einlage-
rungen).
Faltung intrakarbonisch.
Mittlere Mächtiekeit der Flöze
vorherrschend.
Mächtige, grobe Konglomerate.
(Großes Mittel von Waldenburg.)
Rote Sandsteine (Ottweiler taube
Facies verbreitet).
MächtigeEruptivdecken im mitt-
leren und oberen Teil des
Oberkarbon.
Schlagwetter-Entwicklung häufig,
aber in minder starkem Maße.
2) Vergleiche FRECH, a. a. O. 5 339.
Zusammenstellung einiger Einteilungen des oberschlesischen Steinkohlengebirges.
SHULDUE ALS.
Potonie 1896. Gäbler 1898. Michael 1891. sn
un .
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® Kulmdach- | = 5) Ba anZeDs
Ö || Kulm Kauelem: 2 || = grauwacke.
E schiefer 5 =
5. Führer für die geologische Exkursion
in das Schlesische Gebirge.
Einleitung.
Von Herrn F. FRECH.
1. Allgemeine stratigraphische Bemerkungen.
Das Kreidegebiet der böhmisch-schlesischen Grenze, welches
das Ziel der der Tagung folgenden Exkursion bildet, ist in
stratigraphischer wie in tektonischer Beziehung gleich wichtig und
interessant.
Da die Feststellung des unteren Cenoman-Horizontes mit
Exogyra columba. Pecten asper und Acanthoceras rhotomagense
(letzterer selten) schon durch Beyrıcn erfolgt und der Nachweis
der verschiedenen Turon-Horizonte durch böhmische Geologen
schon vor einigen Jahrzehnten erbracht wurde, blieb die Fixierung
der oberen Grenze die letzte Aufgabe der Stratigraphie. Durch
die Inaugural-Dissertation von Fr. Sturm!) wurde der Kieslings-
walder Sandstein, durch K. FLeser in der von der Schlesischen
Gesellschaft für Vaterländische Kultur überreichten Festschrift der
obere Sandstein der Heuscheuer als Äquivalent des Emschers
sicher festgelegt. Das Senon, welches in seiner unteren Zone
am Außenrande der Sudeten in Niederschlesien?) bekannt ist,
fehlt also auf der Innenseite des Gebirges in Schlesien, wie
in Böhmen: besteht doch über die Gleichwertigkeit der Chlomeker
Schichten und des Kieslingswalder Sandsteins kein Zweifel.
Es ergibt sich also mit ‘großer Wahrrscheinlichkeit, daß die
tektonischen Bewegungen, die im Oligocän°) die großen Hebungs-
brüche und damit die heutigen Umrisse des Gebirges entstehen
ließen, schon am Ende der Kreidezeit einsetzen. Nach der Zeit
des Emschers, die einem Flacherwerden des durch Brandungs-
konglomerate?) und Einschwemmung von Landpflanzen gekenn-
!) Jahrb. k. Preuß. geol. 1.-A. 1900.
?, Wenig Rackwitz und Sirgwitz unweit Löwenberg.
°») F. FRECH: Über den Bau der schlesischen Gebirge. Geo-
graphisch. Zeitschr. 8. 1902. S. 558.
*) Hirtensteine bei Kieslingswalde.
— 288. —
zeichneten Meeres entspricht, tauchten die Sudeten selbst empor.
Einen deutlichen Hinweis auf das Vorhandensein eines I,andes
geben in Niederschlesien die untersenonen Kohlenflöze!), die
Tone mit der massenhaft auftretenden Süßwassermuschel Cyrena
cretacew DRESCHER, endlich die Bunzlauer Tone, deren einzige
organische Reste Landpflanzen ?) bilden.
2. Kurze Übersicht über die Entwicklung des
Gebirgsbaues. |
la. Die Faltung des Mittelkarbon wurde durch die Auf-
wölbung des unterkarbonischen Meceresgrundes und die massen-
haften Brandungskonglomerate eingeleitet. Ein analoges Vorspiel
an den hauptsächlichen Dislokationen beobachten wir in der
jüngeren tektonischen Phase der schlesischen Gebirge.
Ib. Die die archäische böhmische Masse umgebenden Ketten
des mittelkarbonischen (variscischen) Gebirgssystems zeigen ur-
sprünglich eine gleichmäßige Umbiegung der Faltungszonen und
eine deutliche Gliederung in eine innere und eine äußere Sedimentzone.
Die kristalline Zentralzone mit ihren der Karbonzeit angehörenden
Granitintrusionen ist im Erzgebirge, der Oberlausitz, im Riesen-
und Isergebirge noch in verhältnismäßiger Vollständigkeit erhalten.
Ic. Schon die großen Mulden der postkarbonischen (postumen)
Faltung, die Löwenberger Synkline mit ihren mannigfachen Aus-
läufern, sowie die Waldenburg-Schatzlarer Mulde sind im Gegen-
satz zu. der allgemeinen mittelkarbonischen Faltung lokalisiert;
jedoch ist die Diskordanz zwischen den verschiedenen Karbon-
stufen?) und dem Mittelrotliegenden sehr viel umfassender, als
die mittelkarbonische Schichtenunterbrechung.
IIa. Die gebirgsbildenden Bewegungen, welche das Innere
der Sudeten während der oberen Kreidezeit rascher hoben als
den Außenrand, sind nicht an bestimmten tektonischen Er-
scheinungen nachweisbar, werdeu aber durch den Charakter der
Sedimente unzweideutig kenntlich gemacht.
IIb. Die großen tektonischen Aufwärtsbewegungen, die den
sudetischen Randbruch, die Lausitzer Überschiebung, die Auf-
wölbung der südlichen Grafschaft Glatz und den nachträglichen
Einbruch des Neissegrabens hervorriefen, sind prämiocänen, d.h.
höchst wahrscheinlich oligocänen Alters*).
!) R. DRESCHER!: Über die Kreide-Bildungen der Gegend von
Löwenberg. Diese Zeitschr. 15. 1863. S. 319.
?) F. ROEMER:!: Uber Blattabdrücke in senonen Tonschichten bei
Bunzlau in Niederschlesien. 41. 1889. S. 140.
°®) Siehe HERBING, Umgebung von Landeshut. Festschrift.
*) FRECH, Tektonische Skizze von Schlesien. Geogr. Zeitschr. 8.
S. 558.
Das vollkommene Fehlen der leicht kenntlichen untermiocänen
Braunkohle, Glimmersande und Letten im Inneren der durch den
Randbruch begrenzten Sudeten bildet einen unzweideutigen Hin-
weis auf die Entstehungszeit. Bei Wartha, Neiße und Jauernigk
geht das Miocän unmittelbar bis an den Randbruch heran, ohne
ihn zu überdecken. Das Miocän ist eine fluviatil-lacustre Ab-
lagerung des Tieflandes und fehlt im Sudeteninneren selbst in den
geringfügigsten Andeutungen ebenso, wie das sedimentäre Tertiär ')
überhaupt.
Die oligocänen Brüche folgen im Ganzen der Streichrichtung
der paläozoischen Falten, bilden jedoch ein vergröbertes Abbild
derselben. Während die älteren Falten einen bogenförmigen
Verlauf zeigen, stellen die jüngeren Brüche sich als geradlinig
verlaufende, z. T. winklig gebrochene Linien dar. Im XNord-
westen der Sudeten entspricht die WNW-— OSO-Richtung der
Falten ungefähr der Richtung der Lausitzer Überschiebung; der
karbonische Riesengebirgsgranit zeigt sogar O—W-Richtung.
Der Hauptteil der nördlichen Sudeten zeigt, entsprechend
dem Randbruch der Löwenberger und Waldenburg- Schatzlarer
Mulde, eine NW—-SO Streichrichtung. Die Umbiegung der Falten
und Brüche in die N—S Richtung entspricht der von geographischer
Seite allgemein, von geologischer so gut. wie allgemein ange-
nommenen Grenze gegen die südlichen Sudeten (Glatzer Schnee-
berg, Altvater, Mährisches Gesenke).
Die N—S-Richtung prägt sich im Neissegraben und im Ver-
lauf der beiden ihn begrenzenden kristallinen Horste, in dem
Landskroner Horst so gut wie in der Gleiwitz-Orlauer Bruchzone
und dem Oppelner Sprung Oberschlesiens aus.
Die Umbiegungsstelle zwischen Reinerz, Cudowa, Glatz und
Landeck ist durch eine gewaltige Häufung zahlreicher und tief
einschneidender Dislokationen?) und Quellenspalten gekennzeichnet,
wie sie weder im Süden, noch im Norden der Sudeten wieder-
kehrt. Eine speziellere, von einer Karte erläuterte Übersicht
der tektonischen Störungen und Quellenspalten, die im Auftrage
der Verwaltung des Bades Reinerz vom Herausgeber verfaßt
wurde, wird den Teilnehmern der Exkursion überreicht werden. °)
Es kann somit die Schilderung des Reiseweges und der Auf-
schlüsse unmittelbar folgen.
!) Das sog. „Pliocän“ des Steinetales ist in Wahrheit jung-quartär.
?, Vergl. LEPPLA, Geolog.-hydrograph. Darstellung des Nieder-
schlagsgebietes der GJatzer Neiße. Abhandl.K. Preuß. geol.1L.-A. N. F. 32.
®) REINERZ! Das Zentrum der Glatzer Mineralquellen, REINERZ
1904, und K. FLEGEL: Heuscheuer und Adersbach - Weckelsdorf.
Eine Studie über die obere Kreide im böhmisch-schlesischen Gebirge.
Breslau 1904.
— 20 —
Exkursion in das Becken des alten Stausees
zwischen Wartha und Camenz.
Von Herrn EMIL GEORG FRIEDRICH.
Die Reise der Geologen beginnt auf dem Breslauer Haupt-
bahnhof, an dem Punkte, dem fast genau die Grenze des alten
Ödertales und der quartären Hochfläche entspricht. Die Unter-
führungen der Kaiser Wilhelm- und Neudorfstraße zeigen den
höchstens 4—5 m betragenden Höhenunterschiea ziemlich deutlich.
Nördlich dieser Linie, im Bereich des großen geologischen Oder-
tales, liegt Talsand in einer Mächtigkeit von 10—15 m, darüber
eine Lage geschiebefreien Lehms (Aulehm). Alles, was südlich
vom Hauptbahnhof liegt, ist quartär, unten ein Geschiebelehm,
braun und dunkelbraun, reich an großen kantigen Geschieben,
als sicherstes Kennzeichen einer einzigen Vereisung; oben Diluvial-
sand, bräunlich oder gelblich und ebenfalls reich an abgerundeten
Geschieben.
Bis Strehlen zeigt die Fahrt auf der sehr sanft gewellten
quartären Fläche wenig bemerkenswertes. Westlich am Bahnhof
Strehlen tritt das erste anstehende Gestein des sudetischen Hügel-
landes, der Strehlener Granit, zutage. Östlich erhebt sich
sclıon bis zu einer Höhe von 411 m ansteigend der Rummels-
berg, ebenfalls Granit. Die die Granitmasse im Osten begrenzenden
Phyllite und Quarzitschiefer zeigen bereits vorwiegend nord-südliche
(Altvater-) Streichrichtung. — Die Fahrt führt bis Münsterberg am
Westabfall der Strehlener Berge entlang, deren Längsrichtung
ebenfalls ausgesprochen nord-südlich ist.
In der Ferne tauchen nun die Höhenzüge des Reichensteiner-
und Eulengebirges auf, deren Randbruch in sudetischer, südost-
nordwestlicher Richtung streicht. Er verläuft aus der Goldberger
Gegend über Silberberg, Reichenstein bis Jauernik und unter-
bricht den Zusammenhang der altkristallinen Gesteine wenig; nur
ihre Höhenlage ist verschieden. Hingegen erstreckt sich das
Tertiär gerade bis an den Randbruch, und die nordischen eiszeit-
lichen Bildungen greifen nur an wenigen Punkten in das Gebirgs-
innere hinein. — Wir nähern uns jetzt dem großen Patschkauer
Becken, welches sich als langgestrecktes Einbruchsgebiet von
Wartha längs des Randbruches hinzieht und wahrscheinlich in
prämiocäner Zeit, vielleicht durch die gleichaltrigen tektonischen
Störungen entstanden ist. Die Verbreitung der Tertiärschichten
tolgt nämlich genau dem sudetischen Randbruch einerseits und
dem kleineren, durch den westöstlichen Lauf der Neiße be-
zeichneten Bruchrand Camenz-Neiße andererseits, Links vom Bahn-
hof Camenz erblicken wir das Schloß des Prinzen Albrecht von
Preußen auf einem die Niederung überragenden und bis 311 m
ansteigenden Gneisfelsen, der als deutlicher Riegel die Einsenkung
Wartha-Camenz!) begrenzt. Die Neiße durchbricht den Riegel
in einer engen Schlucht bei dem Dorf Waitzen, und von da beginnt
der südöstliche, bis zur Stadt Neiße sich fortsetzende Teil ihres
Laufes.. Der Unterlauf ist dann bis zur Einmündung in die
Oder nach Norden gerichtet.
Zwischen Camenz und Dürr-Hartha bewegt sich der Bahn-
planum auf einer großen Terrasse, vorzugsweise auf dem Diluvium,
welches hier vollkommen horizontal verläuft. Bei Dürr-Hartlıa
schneidet sich die Bahn in die groben diluvialen Kiese und
Sande der Terrasse ein, um nach etwa 200 m in das heutige
Neißetal zu gelaugen. Wir werfen noch dicht bei der Haltestelle
Dürr-Hartha einen Blick in die großen Kiesgruben, welche ungefähr
10—12 m tiefe und gegen 100 m lange Einschnitte in die
diluvialen Schotter darstellen.
Letztere sind fast durchweg gleichartig zusammengesetzt,
oft gut geschichtet und gleichmäßig rötlich-gelb. Das Gerölle
erreicht etwa Faustgröße; hin und wieder finden sich nordische
Granitblöcke bis zu 60 cm Durchmesser, von denen etliche am
Boden der Grube liegen. Interessant sind die vielen Höhlen-
nester der Erdschwalben, welche sich perlschnurartig über dem
oberen Rande der Kieswände hinziehen und in die die Schotter
bedeckende Lößschicht eingebaut sind.
Wir fahren nun dem Warthaer Durchbruch entgegen. Links
und rechts der Bahn heben sich die alten Seeterrassen scharf
von den anschließenden Höhen ab. Die Höhenkurve von 270 m
des Meßtischblattes bezeichnet ungefähr den obersten Rand,
während der Boden etwa in der Mitte des Beckens auf 250 bis
255 m liegt. Bei einer Längenausdehnung von 7—8 km und
einer mittleren Breite von 2 km stellte dieser See somit eine
ziemlich große Wasserfläche dar. Nach den oligocänen Brüchen
hatten die untermiocänen Wasserläufe und Seen das Becken
mit Sand und Letten ausgefüllt und es dadurch erhalten. Viel
später waren die Gletscherzungen der großen Eiszeit angerückt,
hatten die losen Massen dieser Hohlform ausgeschaufelt und sie
von neuem blosgelest. Der Gletscher drang dann gegen das
Warthaer Gebirge vor, preßte seine Eismassen und seine Moränen
durch den bereits zum größten Teil vorhandenen Warthaer Paß
!) deren Längsrichtung von Westen nach Osten geht.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 1904. 19
— 292 —
in das Glatzer Kesselland hinein. Dann kam das Abschmelzen
der Eismassen; der Gletscher zog sich zurück, und seine Schmelz-
massen füllten das Becken aus. Ein Abfluß wurde durch den
Felsenriegel bei Camenz verhindert. Vielleicht war dieser schon
damals durchbrochen,- dann waren es die mächtigen Grund-
moränen, die als Barre die Lücke verstopften. Das Überlaufen
der aus dem Gebirge stammenden Wassermassen nagte den
Stauwall allmählich durch. Nur die Annahme eines Seebeckens
erklärt uns das Erscheinen einer einzigen, fast horizontal ver-
laufenden Terrasse von Wartha bis Camenz.!)
Diese alte Seeterrasse hat die Neiße im Laufe der Zeit energisch
angegriffen und das jetzige Neißetal eingeschnitten.?) So sehen wir bei
Dürr-Hartha und zwar südlich von der oben genannten Stelle
der Kiesgruben am linken Ufer etwa 20 m hohe, jäh ab-
fallende Schotterwände auf lange Strecken. Weiteren Angriffen
hat man jetzt durch Uferbefestigungen ein Ziel zu setzen
gesucht. In den oberen 15 m tritt dasselbe Gerölle nach
Größe, Material und Farbe wie in den Gruben an der Halte-
stelle zutage. In den unteren Lagen erscheinen blaugraue
Letten, Lehme und weißlich-graue Sande untermiocänen Alters.
Überhaupt zeigt das Schottermaterial auch an allen übrigen auf-
geschlossenen Stellen dieser Terrassen im allgemeinen fast gleiche
Zusammensetzung. Es ist reich an sudetischen Quarziten und
Gneisen, ferner besteht es aus Grauwacken und Schiefern der
altpaläozoischen Gebirge, aus Sandsteinen, Porphyren und Horn-
blendeschiefern.
Wo die Ränder durch die von den anschließenden Höhen
herabstürzenden Wildbäche zerschnitten sind, ist die Zusammen-
setzung des Schotters stark beeinflußt durch das Gerölle der
oben anstehenden Gesteine. Es haben sich dann mächtige
Schuttkegel in dem Seebecken aufgebaut. So hat z. B. der
Johnsbach den bei Gierichswalde anstehenden Granit und Syenit
z. T. in großen Blöcken ‘zu Tale geführt und mit dem mit-
gerissenen diluvialen Schotter unten abgelagert. Über diesen
Schuttkegel hat sich denn in mächtigen Bänken nach dem Durch-
bruch der Neiße durch die Moränenmassen im Warthaer Engpaß
das meist aus Grauwackenschiefer bestehende Material gelagert.
Der Schuttkegel wurde dann dicht am jetzigen Neißewehr ober-
!) Wäre es eine Flußterrasse, wie sie oberhalb Wartha auftreten,
so müßten ihre Ränder in gleicher Höhe über dem Flusse gemäß
seinem Gefälle liegen. Ein ähnlicher spätquartärer Stausee wird
neuerdings von E. HETTNER aus dem Elbtal bei Dresden erwähnt.
?) Noch heute setzt sie diese abnagende Arbeit fort und legt die
Terrassen auf große Strecken bloß.
— 293 —
halb Frankenberg durch den immer mehr südlich andrängenden
Neißefluß angenagt, sodaß ein ganz prachtvoll ausgebildetes
Profil in einer Länge von etwa 300 m aufgeschlossen ist
Der etwa 20 m hohe Abbruch zeigt demnach in den unteren
Lagen als Böschung des Schuttkegels eine Neigung von etwa
30°, während das darüber gelagerte Grauwacken- und Schiefer-
material eine dem Neißegefälle entsprechende Neigung von nur
etwa 10° aufweist. Die granitischen, z. T. auch syenitischen
Gerölle sind meist stark verwittert, sodaß die Zwischenräume oft
ganz mit dem Grus ausgefüllt erscheinen. Von manchen der
Blöcke ist nur noch ein ganz kleiner Kern des eigentlichen
Gesteins vorhanden, um welchen sich die verwitterten Teile
schalenartig legen.
Bemerkenswert ist noch etwa 600 m weiter östlich eine
Kies- und Lehmgrube der Frankenberger Ziegelei. Diese Grube,
auch ungefähr 20 m tief eingeschnitten, zeigt gegen den vorigen
Aufschluß ein gänzlich verändertes Aussehen. Die granitischen
Gerölle sind ganz verschwunden, da der Schuttkegel sein Ende
erreicht hat, auch die Schiefer treten nur noch in der gewöhn-
lichen Zusammensetzung mit den bereits genannten Gesteinen auf.
Dafür sieht man wellenförmig den Schotter durchsetzende Sand-
und Lehmlagen, zuweilen nur als vereinzelte Linsen eingebettet.
In etwa 12 m Tiefe von oben ist auch der aus Tertiär be-
stehende Boden des alten Sees angeschnitten: tonige graue Letten,
oft mit weißem Sande abwechselnd. In diese Schichten greifen
hin und wieder die diluvialen Schotter fingerförmig ein, stellen-
weise erscheinen sie als Ausfüllungen von tief ausgestrudelten
Kolken. Über dem Diluvium breitet sich der Löß in einer Stärke
von etwa 30 cm aus, ein Beweis für das quartäre Alter der
Seeschotter. Auch die Böschungen der Seeterrasse sind mit
Löß überkleidet, sodaß der ganze See in postglacialer, quartärer
Zeit nur eine kurze Dauer besessen haben dürfte.
Den besten Überblick über das ganze Gebiet des Stausces!)
gewährt das Schloß Camenz, wo man vor sich zwischen den
Dörfern Paulwitz und Dürr-Hartha eine große Ebene sieht, den
alten Boden des Sees. Die Fläche wird einerseits gegen das Neißetal
durch eine scharfe deutliche Linie des Terrassenrandes abgegrenzt,
!) Einen Beweis für die Beschränkung des Sees auf das Becken
Wartha-Camenz bildet das veränderte Aussehen unterhalb des Durch-
bruches zwischen dem Dorf Baitzen und der Stadt Neiße. Hier hören
nämlich diese zusammenhängenden Linien der Terrassen auf. Das
Tal zeigt oft ein wildes, zerrissenes Aussehen; Abbrüche und Rutschungen
lassen die tertiären Tone oft in kolossaler Mächtigkeit erkennen,
z. B. oberhalb von Patschkau auf dem rechten Ufer.
195
— 294 —
andererseits verläuft sie gegen die ansteigenden Höhen des
Gabbromassivs von Baumgarten. — Links von uns erheben sich
die Höhen von Gierichswalde bis Maifritzdorf schneller, sodaß die
Terrassen auf dieser Seite weniger breit sind. Zwischen den
etwa 2 km auseinanderliegenden Rändern der beiderseitigen
Terrassen schlängelt sich wie ein silbernes Band in dem jetzigen
Tale der Neißefluß von Wartha über Frankenberg und Dürr-Hartha
nach Camenz zu hin.
Wir fahren jetzt durch den Warthaer Durchbruch in das
Glatzer Land hinein. Der Eintritt wird durch einen Tunnel
verrnittelt, sodaß geologisch interessante Bilder dem Auge ent-
zogen werden. Rechts und links erheben sich dann die Kuppen
des Warthaer Gebirges, aus Urtonschiefern, Phylliten und Schiefern
silurischen Alters bestehend. Der von der Neiße nördlich ge-
legene Teil besitzt eine durchschnittliche Höhe von 550 m,
die Durchschnittshöhe der. südlich von der Neiße gelegenen Teile
beträgt dagegen 650 m; ihre höchsten Spitzen sind der Glatzer-
berg mit 762 m und der Königshainer Spitzberg mit 751 m.
Über dieses so gestaltete Warthaer Gebirge ist das nordische
Diluvium durch die enge Zugangspforte bei Wartha gepreßt.
worden, wobei sich die äußersten Eiszungen auch in die Seiten-
täler zu bedeutenden Höhen dem großen Druck entsprechend
hineinschoben. Darnue hat bis 550 m Meereshöhe noch Spuren
jener Vereisung nachgewiesen.
Von den beiden Eisenbahnstationen Hauptbahnhof und Stadt
Glatz aus ist von geologischen Charakterzügen wenig wahrzunehmen.
Über den weiteren Verlauf der Exkursion dürfte der nächst-
folgende Aufsatz unterrichten, doch sei es gestattet, den Zusammen-
hang des Wartha-Camenzer Stausees mit dem Steinetal kurz zu
erläutern.
Bewegt man sich von der Vorstadt Glatz in nordwestlicher
Richtung das Steinetal aufwärts, so gewahrt man auf dem
rechten Ufer in großem Bogen etwa bis zur Chaussee nach
Coritau in etwa 15—20 m Höhe über dem Steinetal den scharf
ausgeprägten Rand einer Schotterterrasse von ausgesprochen röt-
lichen Kiesen. Sie erscheint wieder bei Dorf Möllten auf dem
linken Ufer der Steine und dann hüben und drüben, besonders
entlang der Chaussee von Nieder- nach Mittelsteine. Bei Bahn-
hof Möhlten sind in den dortigen Kiesgruben diese Schotter fast
in ganzer Tiefe freigelegt; man erblickt wieder in 12 m Mächtig-
keit die rotgefärbten Kiese. Den Hauptbestandteil — etwa
90° — bilden Gerölle des Rotliegenden von sehr grobem Korn,
und außerdem Porphyre, Porphyrtufte und Kieselschiefer. Darunter
aber fand ich ausgesprochen weiße Kiese und Sande von feinerem
Korn, deren Herkunft auf Quadersandstein deutet. Die Grenze
gegen die roten Kiese ist haarscharf. Annähernd im gleichen
Horizont stellen sich in den Kiesgruben an der Chaussee bei
Niedersteine wieder ein.
Auf die Unrichtigkeit der Annahme plioeänen Alters der
unteren Terrassen haben schon LerpLA und FrEcH hingewiesen.
Die Auffindung der von DArne völlig übersehenen weißen Quader-
sande gibt den Schlüssel für die Erklärung.
Bis in die Mitte des Glatzer Kessellandes mögen wohl die
Gletschermassen eingedrungen sein. Sie haben dann die Abflüsse
der umliegenden Höhen, besonders des Steineflusses, aufgestaut
und einen älteren glacialen Stausee, den Steinesee, gebildet. Zu-
flüsse von Süden brachten dann hier weiße Kiese und Sande des
zerstörten Quadersandsteins zur Ablagerung. Als dann der Gletscher
abschmolz und zurückging, kamen Zuflüsse von Norden und Osten
und brachten zumeist grobe rote Schottermassen der vom Eise
frei gewordenen Rotliegend-Schichten und lagerten sie in dem
Steinetale ab. Der Grund dafür, daß in den unteren hellen
Lagen nordisches Material fehlt, liegt darin, daß nur Gerölle von
Süden her herabgetragen wurde und daß die Erosion zunächst
in der von jeher eisfrei gebliebenen südlichen Heuscheuer ein-
setzte. Daher auch die feinere Beschaffenheit der weißen Sande
und Kiese.!)
Im Gegensatz zu der Einheitlichkeit der Wartha-Camenzer
Seeterrassen und der mit großer Wahrscheinlichkeit nachgewiesenen
Terrassen des Steinetalsees lassen die echten Flußschotterterrassen
mehrfache Wiederholungen und ein kontinuierliches Absinken von
oben nach unten entsprechend dem Flußniveau erkennen. —
Derartige Begleiterscheinungen zeigen nach LeppLa auch noch
die Biele, die Weistritz und vor allem die Neiße bis zu ihrem
Durchbruch bei Wartha. Bei der Neiße sind drei Terrassen zu
unterscheiden, eine obere, mittlere und untere, die sich fast stets
genau von einander abheben. Besonders deutlich kann man diese
drei Terrassen bei Giersberg oberhalb Wartha westlich des Gutes
unterscheiden. Die tiefste Terrasse liegt hier etwa 10 m über
dem Alluvium; sie besteht aus abwechselnden Lagen von Schotter,
Sand und Lehm, die sich nach dem spezifischen Gewicht über
einander schichteten. Etwa 30 m über dem Neißetal erhebt sich
die mittlere Terrasse, und in etwa 50 m Höhe über dem Tal
') In diese Schotter schnitt sich dann nach und nach die Steine
ziemlich stetig ein und bildete so auf beiden Ufern je eine Terrasse,
deren oberster Rand bei Mittelsteine auf etwa +335 m, oberhalb der
Einmündung bei Coritau auf etwa 300 m liegt bei einer Mächtigkeit
von 20 bis 25 m.
a a
kann man gut die oberste Terrasse beobachten, welche viele Gesteine
der altpaläozischen Schichten, Quarz und Kieselschiefer enthält.
Der Zeitraum, in welchem alle diese fluviatilen Schotter-
massen zur Ablagerung gelangten, scheint von außerordentlich
lauger Dauer gewesen zu sein.!) Ferner ist die nicht unbe-
deutende Korngröße des Schottermaterials der Terrassen ein
Beweis, daß die Flüsse viel größere Wassermengen führten, als
jetzt. Nur eine solche Wasserfülie konnte jene Erosion hervor-
bringen, welche den Flußtälern ihre jetzigen Formen gab.
Mit diesen Ausführungen meiner Beobachtungen und Unter-
suchungen, welehe mich seit diesem Frühjahr beschäftigten, be-
schließe ich diese vorläufigen Mitteilungen zu meiner im nächsten
Jahre erscheinenden Doktorarbeit.
!) Im Gegensatz zu den raschen und intensiven Sedimentbildungen
im letzten Teil des Quartärs, welche die Aufstauung und Ausfüllung
der Seebecken zur Folge hatten.
Exkursion in das Kreidegebirge der südlichen
Grafschaft Glatz.
Hierzu 2Textfio.
Nach F. STuURM!) und neueren Beobachtungen zusammengestellt
von Herrn KURT FLEGEL.
Profil des Roten Bergesund von Kieslingswalde (Neu-Waltersdorf).
Ausgangspunkt: Rengersdorf (1. Bahnstation südl. von Glatz).
Inmitten des flachen, durch Steilränder von den lehm-
bedeckten Höhen scharf abgegrenzten Alluvialtales der Neiße
führt der Weg westwärts zu dem schon von BeyrıcH?) in seiner
Wichtigkeit erkannten Roten Berge.°)
Die ersten, dem Innern des Neißegrabens angehörigen kleinen
Aufschlüsse im Plänerkalk zeigen fast völlig horizontale Lagerung.
Der erste größere Aufschluß an der Straße am Fuße des Berges
zeigt tonigen Plänerkalk, der bis zur aufrechten Lage überkippt
ist. Er streicht ungefähr NW —SO.
Weiterhin an der Straße gegenüber Piltsch gelangt man in
den großen Steinbruch im Roten Berge. Die Schichten sind hier
infolge des großen, den Neißegraben im Norden begrenzenden
Bruches überkippt und fallen nach Norden ein. Es treten vom
Liegenden ins Hangende folgende Gesteine auf:
4) Plänerkalk mit Verwitterungsrinden an den Kluftflächen
(Zone des Inoceramus Brongniarti, Mittelturon).
3) Quadersandstein, ca. 15 m mächtig, deutlich nach Norden
einfallend (Zone des Inoceramus labriatus, Unterturon).
2) Blaugrauer, kalkig-toniger, mittelkörniger Sandstein. 5 m
mächtig. (Grenze zwischen Cenoman und Turon:! Grenz-
quader).
1) Undeutlich geschichteter Quadersandstein, ca. 80 m.
Im Hangenden ist die Zerklüftung vorwiegend (Cenoman).
Exogyra columba, Pecten asper, Seguora spec.
Frecn’) war der Ansicht, daß es sich hier um eine Wechsel-
lagerung von cenomanem Quader und Pläner handle und be-
zeichnete den unter 2) genannten kalkig-tonigen Sandstein als
Kalk. In unverwittertem Zustande ist dieser blaugraue,
sehr feste, kalkig-tonige Sandstein auch kaum von einem typischen
!) Der Sandstein von Kieslingswalde in der Grafschaft Glatz
und seine Fauna. Jahrb. kgl. Preuß. geol. L.-A. Berlin 1900.
?) Über die Lagerung der Kreideformation im schlesischen Gebirge.
Kgl. Akademie Wiss. Berlin 1854, S. 75.
®) F. FREcH bildet ihn in Hettners Geographisch. Zeitschrift, 8, 1902.
t. 14 ab.
mn —
Plänerkalk zu unterscheiden. Er zeigt nur etwas gröberes Korn.
Den Atmosphärilien gegenüber ist er sehr wenig widerstan dsfähig
und verwittert sehr bald zu einem mittelkörnigen Sande, im
Gegensatz zum typischen Pläner, der in Platten, dann in Blätt-
chen und schließlich wegen seines äußerst feinen Sandgehaltes zu
Staub verwittert. Verfasser fand denselben kalkig-tonigen Quader-
sandstein und sogar auch in derselben Mächtigkeit in allen Stein-
brüchen des cenomanen Querriegels zwischen Schömberg und
Friedland in der Adersbach - Weckelsdorfer Kreidemulde auf-
geschlossen. Er ist vollkommen versteinerungsleer und bildet
eine sehr gute Grenze zwischen Cenoman und Turon.
Während im böhmisch-schlesischen Kreidegebirge über diesem
versteinerungsleeren, blaugrauen Quader überall Plänersandstein
mit mehr oder weniger großem Glaukonitgehalt folgt, tritt hier
am Roten Berge, wie schon Sturm!) für die Gegend von Habel-
schwerdt richtig erkannt hat, an der Basis des Turons eine Ver-
schiebung der Faciesverhältnisse ein, indem in der unterturonen
Labratus - Stufe eine facielle Vertretung von Plänersandstein durch
Quader erfolgt.?)
Während die Überkippung der Kreidesandsteine in dem
Steinbruch nur 80° beträgt, sind die daneben anstehenden roten
Sandsteinkonglomerate des Rotliegenden in widersinniger Weise
bis zu 60—55° nach Norden geneigt.
Diskordant unter dem Rotliegenden finden sich dann stark-
und braunverwitterte Hornblende-Phyllite, von zahlreichen Quarz-
adern durchsetzt. Nur Klüfte sind sichtbar; Schichtung oder
Schieferung ist nicht wahrnehmbar.
Auf der Bahnstrecke zwischen Rengersdorf und Habelschwerdt
sind zunächst noch horizontal gelagerte Kieslingswalder Tone,
hinter Grafenort horizontale Plänerkalke zu beobachten. Ein
guter Aufschluß von horizontalem Plänerkalk mit Zxogyra-Sand-
stein im Liegenden ist an der Fahrstraße Habelschwerdt-Neu-
waltersdorf dicht hinter der Neißebrücke in einem Steinbruch
wahrzunehmen. Die erwähnte Falırstraße führt zunächst durch
Lehmgebiet; erst in Altwaltersdorf treten wieder deutlich horizontal
geschichtete Kieslingswalder Tone auf, die in Weganstichen und
in einem Steinbruche aufgeschlossen sind.
Der Fahrweg, welcher am Gute von Neuwaltersdorf nach
Süden abbiegt, führt bald in die höheren Niveaus der Kieslings-
walder Schichten. Am Mühlberge sind sie in mehreren
Steinbrücken deutlich aufgeschlossen. Zu oberst liegt eine
Nrd..ar 0708, Ad
?) Vergl. PETRASCHECK, Zur Geologie des Heuscheuer Gebirges.
Verh. k. k. geol. R.-A.21903. Nr-15757265.
— 299 .—
3--4 m mächtige Konglomeraäatschicht, darunter folgen ca.
15 m feingeschichtete mergelige Sandsteine, in denen deutlich
geschichtete Tone als Einlagerungen auftreten. Die Hauptformen
der in diesen Sandsteinen ziemlich zahlreich auftretenden Fossilien
sind: Ziopistha aequivalvis, Protocardia Hillana, Pectunculus
lens, Vola quwinquecostata, Inoceramus Cwvieri, I. involutus,
I. lobatus, I. percostatus, I. Koenent, I. umbonatus, I. unda-
bundus, I. latus, °Callianassa antiqua? und !Pinna spec. Selten,
aber stratigraphisch wichtig, sind die- Ammoniten Scaphites
kieslingswaldensis und Bacultes.
Das Vorhandensein zahlreicher Abdrücke von L.aubblättern
deutet auf die Nähe der damaligen Festlandsküste hin.
Südlich von diesem Punkte kommt man auf dem Wege nach
Kieslingswalde in die höchste Zone der Kieslingswalder Schichten,
die oben erwähnten Konglomerate, die eine bedeutende Mächtigkeit er-
reichen. Die Bergrücken links von diesem Wege und die landschaftlich
hervortretenden, äußerlich stark verwitterten Felsenriffe der Hirten-
steine bei Kieslingswalde bestehen aus groben Konglomeraten.
Lehm, Geröllhalden und Alluvium bedecken im übrigen alles
anstehende Gestein, sodaß man auf dem Wege nach Wölfelsgrund
nur orographische Beobachtungen machen kann. Die Gneisberge
des Glatzer Schneegebirges erheben sich steil und ziemlich un-
vermittelt aus dem flachen Neißetale. Die Grenze bildet der öst-
liche Randbruch des Neißegrabens, an welchem die Gesteine der
Kreideformation in die Tiefe gesunken sind.
Diese Verhältnisse zeigt deutlich das von Sturm beschriebene
Profil an der Urnitzmühle beim Austritte der Wölfel aus
dem Gneisgebiet. Am meisten flußabwärts stehen: 1) die Kies-
lingswalder Tone (Ober-Turon, Zone des Scaphites
Geinitzi und des Imoceramus Cwvierti), zunächst fach
nach der Ebene einfallend, allmählich aber immer steiler ein-
fallend, 2) darauf saiger stehender Pläner (Mittel-Turon,
Zone des Inoceramus Brongniarti), es folgt dann 3) eine
geringe Lage Plänersandstein (Unter-Turon, Zone des
Inoceramus labiatus), stark gequetscht und zerklüfte, —
der cenomane Quader und das Rotliegende fehlen — und schließ-
lich 4) Augen-Gneis. Das Streichen der Schichten ist N 24° W.
Bei Rengersdorf streichen die Schichten N 55° W. Der Über-
gang aus letzterer Richtung in die erstere, mehr nord-südliche,
findet südlich vom Ost-Ende von Neu-Waitersdorf statt. Diese
Umbiegung läßt sich auch orographisch deutlich wahrnehmen.
Die folgende Übersichtstabelle soll einen Vergleich der
Gliederung der böhmischen Kreide mit der Glatzer und der
Oppelner Kreide ermöglichen.
"TV Ubersicht ü
ber die Gliederung der sächsischen, böhmisch
nd schlesischen Kreide.
Böhmisch-sächsische Kreide
ı Heuscheuer Adersbach- Südliche _(Geinitz, Petrascheck, Jahn Löwenberger | Oppeln O.-S
Stufe Zone Weckelsdorf Grafschalt Glatz (Sturm) isch ; ? Muld j Se
\ (Flegel) (Flegel) \ sächsische Landesanstalt). BALSDFeRENEN) ieouhard)
Zone der 2 Über-Quader und
Unter Bel tell UÜber-Quader plastische Tone von
\ elemnitella ’ ; ee
Senon di im Elbtalgebirge Wehrau, Sirgwitz
quadıata u. Wenig-Rackwitz
Emsch Zone des Inocera-| Ober-Quader Konglomerat der Hirtensteine| Chlomeker-Schichten
mscher & , i -
mus involutus \(Heuscheuer Quader) Kieslingswalder Sandstein Quadermergel? . Quader
= und Tone von
Zione des Inocera-| Tone on Obere Be schhien Ne varthan Pläner mit
mus (Quvierv n . Kieslingswalder Tone a
- un arls- wvvert und
Zone des Obere Abteilung der „Unteren Priesener Schichten Mereel u. Pläner- Scaphites
: Sr epläne be BI 2 S 5 caphıtes
Scaphites Geimitzv aner rg Kieslingswalder Tone“ Bakulitenmergel v. Zatschke |kalke b. Löwenberg Geinitzi
ar Harte blaue % - : =
Pläner-Kalke Mittel-Quader Untere a Strehlener Pläner %
Q on der „Unteren Quader
der Sayaıld Teplitzer .
Zone ua Kieslings- : p uader P
Ei des d. Wünschel- Adersb.- ae De Schichte , uni under B iarti
Turon Inoceramus | Schichten der : rongniarti-
Inoceramus I 33 "| Weckelsdorf Tone“ Brongmarti sächsischen und Pläner j
B ® 6 > Exogyı a y. 0 Schweiz und Pläner
rongmiartı 5 A A i Löw
J ee columba Harte blaue Harte wechsellagernd. laser Iser-Schichten bei Löwenberg
5 Dlaue Labiatus-Quad. | Schichten u.
c ; > ee
Pläner-Kalke a: Plänerkalke Plänerkalke im Westen | Pläner v. Plauen
= S von Habel-
Zone des Plänersandstein,| Harte blaue schwerdt.| Weißenberger Schichten | Pläner mit His
Inoceramus Plänersandstein unten eine Plänerkalke mit Labiatus-Quader Inoceramus ei
labviatus Glaukonitbank |Inoceramuslabiatus d. sächs. Schweiz. labvatus aneı
; = | £ Grenz-Quader U
: | Ä nter-Quader Sch; n r
_ Zone dr | Grenz-Quader \Oben feiner glau- es Q Korytzaner Schichten Sandsteine
N , er | 5 SE bei Habelschwerdt. i
Exogyra columba konit. Sandst Unter-Quader
Cenoman |'mit Dee, ander onit. Sandstein lanlorit Sandra nter-Quader Unter-Quader en
mit Pecten asper nter-Wuadeı Unter-Quader. au KR Sandstein der sächsisch. Schweiz. ale
+ Groschowitz
(unten z. T.
pflanzenführend)
bei Albendorf
Unten grobe
Konglomerate.
Steinbach und Rosenthal
Perutzer Schichten
SW 3 2 1 NO
Fig. 1. Profil des Roten Berges bei Glatz.
Hauptbruch.
Von rechts nach links stehen in überkippter Lagerung an: 1. Unter-
Quader (Cenoman) ca. 80 m. Exogyra columba. Pflanzenreste. 2. Grenz-
(uader, kalkig-tonig, blaugrau. (Grenze zwischen Cenoman und Turon, ca.
5 m, fossilleer.) 3. Labiatus-Quader (Unter-Turon) ca. 15 m. 4. Pläner
(Mittel-Turon) mit Inoceramus Brongniarti.
7
Floriansberg
Ka, 2 | Habelschwerdt-Steingrund
(oberer Neiße-Graben).
Plomnitz Neu-Plomnitz Kießlingswalder Berge
| Unter-Quader (Cenoman).
2a Labiatus-Pläner (Unt. Turon).
2b Brongniarti-Pläner (Mittl. Turon).
2c Scaphiten-Pläner (Ob. Turon).
3a Obere Kießlingswalder Tone (noch Ob. Turon).
3b Kießlineswalder Sandstein \
3c Kießlingswalder Konglomerate f Eimscher,
A Gneis. e
Längen-Maßstab ca. 1 : 50000. Uberhöhung 2%
Oberer Stein-
Mühlberg grund
Lerchen-
berge
—_ ale Ze
Exkursion auf die Heuscheuer.
Zusammengestellt von Herrn KURT FLEGEIL.
Hierzu 1 'Textfig.
Profil des Heuscheuergebirges.
Ausgangspunkt: Stadt Reinerz. (Bahnstation südlich der
Heuscheuer.)
Die Stadt Reinerz liegt auf mittelturonem Pläner (Zone des
Inoceramus Brongniartı), der bereits auf dem neu errichteten
Bahnhof nördlich der Stadt angeschnitten ist und bequem in
Augenschein genommen werden kann. Südlich der Stadt stößt
der Pläner infolge einer Verwerfung direkt an Glimmerschiefer.
Dieser bereits von LerprAa konstatierte Sprung, „die Grafenorter
Quellenspalte*, erstreckt sich von Reinerz bis Grafenort und
bildet das Gegenstück zu dem Bruche am Roten Berge bei Glatz.
Von Reinerz führen zwei Hauptwege nach der Heuscheuer.
Der erste, dem Tale folgend, über Roms, Friedersdorf und Friedrichs-
berg, der zweite, zwar etwas längere, aber desto angenehmere
und interessantere über Rückers, Utschendorf den schattigen Ab-
hang der Friedrichsgrunder Lehne entlang. Beide treffen sich in der
Kolonie Friedrichsberg, beide führen geologisch vom Liegenden
ins Hangende.
Das tiefste aufgeschlossene Glied der Schichtenfolge bilden, wie
schon erwähnt, die mittelturonen Pläner, auf welchen die Stadt Rein-
erz stelit. Der Cenomanquader und der unterturone Plänersandstein
sind an dem erwähnten Bruche abgesunken. Nördlich von Rein-
erz komnıt man, welchen von den beiden Wegen man auch ein-
schlagen möge, in die Goldbach-Utschendorfer Quadersandstein-
insel, welche Leprta auf tektonische Vorgänge zurückführen zu
müssen glaubte, da in ihrer streichenden Fortsetzung nach Nord-
westen Pläner ansteht. Verfasser!) hat jedoch nachgewiesen,
daß erstens die Goldbacher Quader auf Grund des häufigen
Vorkommens von Exogyra columba zusammen mit Lima canalıfera
als ein Äquivalent der Quader der Wünschelburger Lelne
(Mittel-Turon, obere Zone des Jnoceramus Brongniartı) aufzu-
fassen sind, und daß zweitens das Fehlen des Brongniarte-Quaders
südwestlich der Heuscheuer und seine Vertretung durch Pläner
auf Facieswechsel beruht, ähnlich wie in der südlichen Grafschaft
Glatz und in der Sächsischen Schweiz.
!) Über das Alter der oberen Quader des Heuscheuergebirges.
Centralblatt f. Min. u. s. w. 1904. No. 13. S. 398.
>
Der erste schattenlose Weg führt nun auf der Landstraße
immer im Pläner mit wenig Aufschlüssen bis zur Kolonie Frie-
drichsberg. Wir wenden uns daher auf den zweiten interessanteren
und haben auf der Wanderung nach Rückers soeben die Gold-
bacher Sandsteininsel durchschritten. Der Pläner, in welchem
wir uns bis Rückers befinden, gehört noch zur Brongntarti-Zone.
Der Ort Rückers erstreckt sich von Südosten nach Nordwesten
und folgt so dem Generalstreichen der Schichten, die nur wenig
nach Nordosten einfallen. Gerade hier findet der Übergang des
mittelturonen Pläners in den oberturonen statt. Kartographisch
lassen. sich beide nicht trennen, da $ie petrographisch nicht zu
unterscheiden sind.
Nun zieht sich der Weg in einem prachtvollen Walde die
Friedrichsgrunder Lehne entlang, auf der rechten Seite überragt
von wild zerklüfteten Felsen aus @Quadersandstein (Friedrichs-
grunder Lehne), welche ein Äquivalent des Heuscheuerquaders
und der Kieslingswalder Sandsteine darstellen. An dem Jäger-
hause unterhalb des Hummelloches befindet sich ein großer
Sandsteinbruch, aus dem Verfasser die für die stratigraphische
Stellung genannter Quader bezeichnenden Fossilien erhielt: Car-
diaster Ananchytis, Pinna crelacea, P. decussata, Inoceramus
Ouvieri mut. Geinitziana, 1 percostatus und zwei neue Inoce-
ramenspecies.
Die direkte Fortsetzung der Quader der Friedrichsgrunder
Lehne bildet der Spiegelberg, der Zwillingsbruder der beiden
Heuscheuern. Zwischen beiden hat die Erosion eine Lücke ge-
schaffen, durch welche die Chaussee um den Vogelberg herum
nach der Kolonie Karlsberg führt.
Die oberturonen Pläner von Karlsberg bilden ein wenig
sestörtes Hochplateau, auf welches sich die Quadermassen der
beiden Heuscheuern und des Spiegelberges aufsetzen. Große
Sandsteinblöcke, die sich noch vereinzelt auf der Plänerhochfläche
finden, deuten als Zeugen alter Zeit darauf hin, daß der Spiegel-
berg und die Heuscheuer einst im Zusammenhang gestanden und
eine mächtige Sandsteindecke gebildet haben müssen.
Der Heuscheuerwirt, Herr STIEBLER, besitzt unmittelbar am
Fuße der Heuscheuer einen Steinbruch, in dem alle Winter die
als Chausseesteine Verwendung findenden Pläner gebrochen werden.
In diesem Steinbruche werden alle Jahre eine Anzahl von Fossilien
gefunden, auf Grund deren Verfasser!) die Karlsberger Pläner
dem Oberturon zugerechnet hat. Es finden sich Pachydiıscus
peramplus, Nautdlus spec., Inoceramus Brongniartı var. annnulata,
ea, a. OST
. ie in
— 805 —
I. percostatus, I. labiatus mut. sublabiata, Lima canalıfera,
Micraster breviporus, Pleurolomaria linearts.
Dem Heuscheuergebirge ist ein terrassenförmiger Aufbau
eigentümlich, der auf dem Wechsel von Pläner und Quader und
auf der ungleichen Verwitterung beider, der langsamen chemischen
(Entkalkung) des Pläners und der raschen mechanischen (Erosion,
Spaltenfrost u. a.) des Sandsteins beruht.
Nachdem wir durch einen Rundgang in den 919 m hoch
gelegenen Felsen der Heuscheuer die bizarren Felsformen betrachtet
haben, welche die Verwitterung geschaffen und der Volksmund
mit wunderlichen Namen belegt hat, wenden wir uns zum Abstiege
vom Heuscheuergebirge nach Nordosten. Wir wählen nicht den
kürzesten Weg, den Leiersteig, da er erstens wegen seines steilen
Abfalles zu beschwerlich ist und zweitens uns einen guten Auf-
schluß an der Fahrstraße vorenthält. Es ist dies ein an der
Wünschelburger Lehne gelegener großer Sandsteinbruch der Firma
ScHiLLınG-Berlin, welcher in dem ausgebeuteten Quader folgende
Fossilien geliefert hat: Zxogyra columba in ganzen Bänken,
Inoceramus Brongniartı, Lima canahfera, Stellaster Schulzet,
Trigonta limbata.
Diese Petrefakten ergeben, daß der Quader der Wünschel-
burger Lehne zum obersten Teil der Schtürerschen Zone des
Inoceramus Brongniarti gehört und ein Äquivalent des Brong-
niarti-Quaders der sächsischen Schweiz ist.
Unter diesem Sandstein lagern noch, ebenfalls an der neuen
Chaussee Carlsberg - Wünschelburg angeschnitten, 10—20 m
mächtige graue Pläner mit Inmoceramus labratus und darunter
Plänersandstein mit ebenfalls 10—20 m Mächtigkeit. Wir sind
hiermit an den Rand der Kreideablagerungen gekommen — der
cenomane Sandstein fehlt hier —, und schon die rote Farbe der
liegenden Sandsteine, Arkosen und Konglomerate sagt uns, daß
wir uns im Rotliegenden befinden, das wir bis Wünschelburg
nicht mehr verlassen. Eine eingehende Darstellung der durch
zahlreiche Verwerfungen und Eruptionsausbrüche gekennzeichneten
Gegend um Wünschelburg gibt die der „Deutschen geologischen
Gesellschaft* als Festschrift überreichte Dissertation von AxEL
SCHMIDT.
Buchdruckerei J. F. Starcke,
Berlin SW. 48, Wilhelmstrasse 135.
306
SW
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Bay nal a Berg Cal. Carksterg Heuscheuer | Aa, Haltwenser--
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Granit Glimmersehifer Rokliegendes Quader Planersandsion Planer Quader Planer Quader
SW Profil durch das Heuscheuergebirge. NO
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KARL ALFRED VON ZITTEL 7%.
Nur in seltenen Ausnahmefällen öffnen sich die Spalten
dieser Zeitschrift einem Nachrufe; so will es älter, auf guter
Erwägung beruhender Brauch unserer geologischen Gesellschaft.
Heut aber öffnen sie sich weit; denn den, der unter den Paläon-
tologen der Erste war, hat der Tod aus unserer Mitte gerissen:
KARL ALFRED VON ZITTEL ist nicht mehr. Nicht hochbetagt bereits,
nicht angelangt schon an der natürlichen Grenze des Lebens, die
uns Menschen gesteckt ist, nein, leider lange vor der Zeit.
Vier Jahre und ein Weniges sind erst vergangen, da gab
ihm unsere Gesellschaft auf der Hauptversammlung zu München
ein ganz ungewöhnliches Zeichen der Anerkennung und Liebe,
indem sie ihm, seinen 60. Geburtstag im voraus feiernd, den
wohlverdienten Lorbeer reichte. Das war im Jahre 1899; und
schon am 5. Januar 1904 schied er von uns.
Im protestantischen Pfarrhause zu Bahlingen in Baden ist
Zırrrn 1839 am 25. September geboren. Dann zog er mit seinen
Eltern nach Heidelberg, wo der Vater lange Zeit, getragen von
allgemeiner Liebe und Verehrung, seines geistlichen Berufes ge-
waltet hat. Mit dieser Übersiedelung war des jungen ZırrEus
Geschick entschieden; denn die Sandgasse zu Heidelberg barg
einen Magneten, der mächtig, erst den jungen Schüler, später den
Studenten, anzog, das „Mineralienkontor“ von LomMmeEL; und jede
freie Stunde brachte er dort zu, um Lommeus Vorräte, namentlich
die Versteinerungen, zu ordnen und zu bestimmen. So kam es,
daß er sich bald eine immer weitere-Kreise schlagende Formen-
kenntnis und damit eine Vorliebe für Versteinerungen erwarb,
die von entscheidendem Einflusse auf seine spätere Arbeits-
richtung und das so große Maß seines Wissens geworden sind.
Indessen, an der Universität wirkten außer Bronx auch noch
C. LEONHARD und später, in Paris, auch E. H£gerr bestimmend
auf ihn ein, so daß zugleich auch seine geologischen Neigungen
lebhafteste Anregung und Ausbildung, auch durch häufige
Exkursionen, empfingen. Ausgedehnten geologischen Reisen in
Frankreich folgte eine längere in Skandinavien, deren Ergebnis
seine’ Mitteilungen über die Erz- und sonstigen Mineral-Lager-
stätten der Halbinsel waren,
Im Jahre 1861 ging er dann dahin, wohin es damals
manchen Tüchtigen zog, der sich als Geolog ausbilden wollte,
nach Wien, um als Volontär bei der K. K. Geologischen Reichs-
anstalt seine Sporen zu verdienen. Er beteiligte sich an der
geologischen Kartierung Dalmatiens. Und wie bald verdiente er
sich dort dieselben. Kaum hatte er sich zwei Jahre später,
1863, an der Wiener Universität für Geologie und Paläontologie
habilitiert, so erhielt er noch im selben Jahre einen Ruf als
Ordinarius nach Lemberg.
Es steht wohl ziemlich einzig da, was ZırreL damals tat,
und spricht für seinen idealen Sinn, viel mehr als Worte jemals
sprechen könnten: den Ruf als Ordinarius schlug er aus,
um eine Assistentenstelle anzunehmen; nur weil er in
dieser, am Hofmineralienkabinet, seinen wissenschaftlichen Nei-
gungen und Arbeiten besser nachgehen komnte, als in jener
Stellung. Dort schrieb er dann über die geologischen Verhält-
nisse der „Oberen Nummulitenformation in Ungarn“ und stellte
ferner, auf Grund des durch vox HocHSTETTER gesammelten
Materiales, das Auftreten triassischer sowie meso- und kainozoischer
Formationsglieder auf Neu-Seeland fest.
In eben diesem Jahre (1863) erhielt er einen zweiten Ruf
als Ordinarius für Mineralogie, Geologie und Paläontologie an das
Polytechnikum in Karlsruhe. Drei Jahre hat er dort gewirkt
und gleichzeitig wiederum an der geologischen Kartierung Badens
teilgenommen. Aus dieser Zeit stammt auch seine Arbeit „Über
den Labrador-Diorit von Schriesheim.*“ Dann starb in München
QUENSTEDTS bester Schüler, Oppzt; und als dessen Nachfolger
zog ZırteL 1866 als Ordinarius, jetzt nur für Paläontologie, an
die Universität München.
Aber keineswegs etwa entsagte er damit den bisher so eifrig
von ihm betriebenen geologischen Arbeiten. Kaum ein Jahr
später veröffentlichte er vielmehr seine „Geologischen Be-
obachtungen in den Zentral-Appenninen“, in welchen er die
geologischen Verhältnisse von Lias, Jura und Kreide in Mittel-
und Ober-Italien darlegte und neues Licht auf die Tithonische
Etage warf. In seinen Abhandlungen über die „Grenz-
schichten zwischen der Jura- und Kreideformation*, die er
in mehreren Teilen 1868, 70 und 73 veröffentlichte, ver-
folgte er dann abermals dieses so wichtige Thema weiter und
gab uns damit die erste umfassende, stratigraphisch-faunistische
Arbeit über das Tithon. Ist die Grundlage dieser Unter-
suchungen auch eine paläontologische, oder genauer gesprochen
eine paläo-zoogeographische, so ist bei ihnen doch die Paläon-
ar. a
tologie nicht Seibstzweck, sondern sie ist so in den Dienst der
Geologie gestellt, daß man sie doch als geologische bezeichnen muß.
Im Jahre 1873—74 beteiligte sich ZırreLn als Geolog an
einer vom Khedive ausgerüsteten Expedition in die Libysche
Wüste. Seine ergebnisreichen Arbeiten „Über den geologischen
Bau der Libyschen Wüste“ 1880 und die unter Mitwirkung von
Fachgenossen veröffentlichten, späteren „Beiträge zur Geologie
und Paläontologie der Libyschen Wüste und der angrenzenden
Gebiete* 18835—1902, eröffneten uns ein bisher fast unbekannt
gewesenes Gebiet. ZırrkL lehrte uns die Kreideformation und das
Tertiär dort kennen; er führte den Nachweis, daß der Sand der
Wüste nicht Sediment einer quartären Meeresbedeckung sei, sondern
lediglich eine Festlandsbildung, Verwitterungsprodukt viel älterer
mariner Sandsteine. Des Weiteren suchte er zu zeigen, wie
fast überall, so weit eben damals unsere Kenntnis reichte,
zwischen Oberer mariner Kreide und Unterem marinem Eocän
eine Lücke, eine Festlandszeit liege, nur bei Mons, an gewisser
Stelle im westlichen Nordamerika und in der libyschen Wüste nicht.
Auch die glacialen Bildungen regten ihn zu einer Arbeit an,
die 1874 erschien und von den Gletschererscheinungen in der
bayrischen Hochebene handelte, die dadurch in ein helles Licht
gesetzt wurden.
Als Frucht der Exkursionen des internationalen Geologenkon-
gresses brachte ZırTEn dann zwei kleinere geologische Aufsätze über
die Geysire und Vulkane im „Wunderland des Yellowstone“ heim.
Die Stätten der alpinen Trias hat er oft besucht; und noch
im Jahre 1899 veröffentlichte er eine geologische Arbeit über
die Seiseralp, in der er seine Stimme dafür erhob, daß zwischen
Raibler und Cassianer Schichten keine Grenzlinie zweier größerer
Stufen gelegt werden dürfe, und daß sie, zusammen mit den
Wengener Schichten, eine Einheit bildeten, die etwa, soweit man
da eben parallelisieren kann, dem Trigonodusdolomit und der
Lettenkohlengruppe bis hin zum Schilfsandstein entspreche; daß
dagegen zwischen die Raibler Schichten und den Hauptdolomit
nebst Hallstätter Kalk eine Grenze von größerer Bedeutung ge-
legt werden müsse,
Endlich aber verdanken wir seiner Feder die im Auftrage
der Bayerischen Akademie der Wissenschaften geschriebene „Ge-
schichte der Geologie und Paläontologie bis Ende des 19. Jahr-
hunderts“, welche uns die ganze Entwicklung der geologischen
Wissenschaft vor Augen führt.
So sehen wir also, daß der Entwicklungsgang, den ZırrTEu
durchlief, in vollem, reichem Maße ihn auch durch die Geologie
hindurch geführt hat; und darum hat er, wenn auch später die
a
Paläontologie ihn mehr und mehr in Beschlag nahm, doch die
Geologie niemals von sich abstreifen wollen. Zu allen Zeiten
hat er sich mit ihr auf ausgedehnten Exkursionen und Reisen im
Kontakte erhalten. So sehr Zırrer auch den Anstoß gegeben
und mitgewirkt hat, die Paläontologie aus bloßer Formenbe-
schreibung auf eine durchgeistigtere Stufe zu erheben, so sehr
er auch bewiesen hat, daß er ein Paläo-Zoologe sei — stets hat
er doch die innige Verbindung der Paläontologie mit der Geologie
als ein Notwendiges betont, hat er hervorgehoben, wie der
Paläontologie gegenüber der Zoologie die Sonderaufgabe zu-
falle, die zeitliche Aufeinanderfolge der Organismen zu erforschen
und zu verwerten.
In welchem Maße ZırreL von den Fachgenossen als Geolog
betrachtet wurde, geht daraus hervor, daß man ihn im Jahre
1880 als Nachfolger des verdienstvollen Geologen von SEEBACH
für Göttingen zu gewinnen suchte; doch gab er diesem ehren-
vollen Rufe keine Folge.
Es drängte uns, hier Zeugnis von dem abzulegen, was
ZiTTEL, namentlich in früherer Zeit, als Geolog gewesen ist, ge-
leistet und gewußt hat; denn mancher der jüngeren Fachgenossen _
könnte leicht, geblendet durch das Riesenmaß dessen, was ZITTEL
als Paläontolog geschaffen hat, die falsche Vorstellung gewinnen,
er sei nur Paläontolog gewesen. So aber blieb er in Wirklichkeit
nur seinem Entwicklungsgange, seinen Arbeiten, seiner oben dar-
gelegteu Auffassung und seiner Neigung zur Geologie getreu,
wenn er nach ScHarHäÄurrs, des Geologen in München, Tode
im Jahre 1890 das geologische Lehramt mit seinem bisherigen,
rein paläontologischen wiederum vereinigte.
Nun Zırreu als Paläontolog.
Schon 1861, als er in Paris studierte, veröffentlichte er,
zusammen mit GouUBERT, eine Arbeit über jurassische Verstei-
nerungen von Glos, Calvados. Dann schrieb er 1863 über
Anchitherium Aurelianense aus der Braunkohle von Leiding und
begann seine Untersuchungen über die Bivalven der Gosaugebilde
in den nördlichen Alpen; und dieser Neigung für die Gosau-
Fauna ist er noch lange Jahre hindurch mit immer erneutem
Sammeln treu geblieben.
In buntem Wechsel kamen nun aus Zırreis Feder weitere
paläontologische Arbeiten über die verschiedenartigsten Tier-
gruppen.
Die pliocänen Nummuliten von Algier erkannte er als
Amphisteginen. In einer Arbeit über die Konodonten, die er mit
Ronon zusammen machte, wies er nach, daß diese so umstrittenen
Formen sämtlich, wie Hınpz schon von einigen gezeigt hatte,
=.
als Mund- und Oesophagus-Zähnchen zahlreicher Gattungen und
Arten von Anneliden und Gephyreen aufzufassen seien. In
Diploconus lehrte er eine neue, eigenartige Familie der Belem-
nitiden kennen und in Archaeolepas eine alte Gattung der
Lepadiden. Seine Abhandlung über Plecatocrinus zeigte, daß
hier ein echter Neocrinide vorliege, der nicht mit Platyerinus
in Beziehung zu bringen sei. Sodann verdanken wir ihm die
Kenntnisse der Brachiopoden-Gattung Dimerella, sowie gewisser
Brachialgerüste fossiler Terebratuliden. Die Formenreihe des
Phylloceras tatricum gab Anlaß zu einer anderen Arbeit. Unter
den Fischen regten ibn die Gattung Ceratodus, von der er auch
Reste des Schwanzes kennen lehrte, zu einer Untersuchung an;
vermeintliche Hautschilder von Stören verwies er zu den Rochen,
indem er dartat, daß sie nicht aus Knochenmasse, sondern aus
Vasodentin beständen; dann schrieb er über die Verbreitung des
Squalodon Bartensis. Von Labyrinthodon Rütimeyeri tat er
dar, daß hier gar kein Stegocephale vorliege, sondern ein echtes
Reptil. Die fossilen Schildkröten, sowie namentlich die Flug-
saurier des lithographischen Schiefer lieferten ihm weiteres Material
zu wichtigen Arbeiten. Auch Anthropologisches arbeitete er.
Eine wirkliche Kenntnis der fossilen Schwämme endlich
besitzen wir erst durch Zırters berühmte Arbeiten.
Auch Arbeiten allgemeineren Inhaltes verdanken wir seiner
Feder: Über die Verbreitung und Entwicklung der Säugetiere;
und Betrachtungen über Ontogenie, Phylogenie und Systematik,
in der er zur Vorsicht mahnt. Zirren gehörte nicht zu denen,
welche von einer wissenschaftlichen Lehrmeinung so hypnotisiert
werden, daß sie nur noch innerhalb der Grenzpfähle derselben
Gedanken zu entwickeln, Ausblicke zu eröffnen imstande sind,
sondern er besaß ein Denken, welches sich über die Bannmeile,
von der jedes Dogma umgeben ist, zu erheben und damit auch
anderen, außerhalb desselben liegenden Gesichtspunkten gerecht zu
werden vermochte.
Doch was wollen alle diese Arbeiten, so wichtig und erfolg-
reich sie auch waren, gegenüber dem Hauptwerke seines Lebens
sagen?
Etwa gegen Mitte des Jahrzehntes 1870 begann er dieses,
sein „Handbuch der Paläontologie*, durch das er sich zum
Herrn der Paläontologie, zum Ersten, zum Lehrer Aller gemacht
hat, welche der Fahne unserer Wissenschaft folgen; denn wem
es nicht vergönnt war, dem gesprochenen Worte des Meisters
lernend zu lauschen, der lernte von ihm doch aus der Ferne,
durch sein Buch, So ist Zırter durch sein Handbuch in allen
Kulturländern der Erde der Lehrmeister der Paläontologen und
Geologen geworden und noch lange. Zeiten hindurch wird es so sein.
Vor Zırrers „Handbuch“ war es längst unmöglich ge-
worden, die sinnverwirrende, von Jahr zu Jahr immer stärker
anschwellende Formenmenge der fossilen Lebewelt in ihrer Ge-
samtheit zu überschauen. Die vorhandenen Lehrbücher versagten.
Da war es denn eine erlösende Tat, als ZırreL frischen Mutes
die Riesenlast auf seine Schultern lud, die ganze, unabsehbare
Fülle der paläontologischen Literatur kritisch durchzuarbeiten
und zu seinem Handbuche zu verweben. Wie schwer sie war,
bewies sich gleich im Anfang; denn als im Jahre 1876 das erste
Heft erschienen war, da kam ein Stocken in das Werk: Es
konnte das zweite Heft, in dem die Schwämme abgehandelt
werden sollten, dem ersten nicht folgen, weil alle vorhandenen
Arbeiten über fossile Schwämme auf äußere Form gegründet,
also zoologisch unbrauchbar waren. Darum mußte ZırteL das
Fundament hier selbst erst legen, zum Mikroskope greifen und
die Präparation der Skelete mit Hilfe von Salzsäure erfinden,
um diese Gerüste untersuchen zu können. So enstand seine
klassische Arbeit über die fossilen Spongien. Zwei lange Jahre
währte diese Pause; dann nahm das „Handbuch“ seinen Fortgang;
und 1893, nach vollen siebzehn Jahren, war Zırrens Riesenwerk
der Paläozoologie, vier dicke Bände stark, beendet. Ihm schloß sich
als fünfter Band die Paläobotanik an, von SCHIMPER und
SCHENKk geschrieben. Dann ließ im Jahre 1895 ZitteuL die
speziell für Studierende berechneten, daher auf einen Band be-
schränkten „Grundzüge der Paläontologie* erscheinen. Von
deren zweiter Auflage hat er vor seinem Tode noch wenigstens
den ersten Teil erscheinen sehen.
Für die Paläontologen aber stand KArL von ZırreL noch
nach einer anderen Richtung hin auf hochaufragendem Posten:
Er war seit 1867 Herausgeber der größten Zeitschrift dieses
Faches, der Paläontographica.
Hand in Hand mit seinem lLehrbuche wuchs und ver-
vollkommnete sich die Münchener Sammlung; denn wie er Gruppe
für Gruppe der fossilen Tiere nach einander bearbeitete, so ver-
wendete er alle ihm zur Verfügung stehenden Geldmittel immer
nur auf die jeweilige betreffende Gruppe. Auf solche Weise hat
er es erreicht, daß die Münchener Sammlung allmählich in allen
ihren Teilen in solchem Maße ausgeglichen wurde, wie keine
zweite wohl es ist. Aber auch zu der reichsten Sammlung auf
dem Festlande hat er sie gemacht; denn er verstand die Kunst,
mit nur mäßigen Mitteln sehr viel zu erwerben und Andere über-
dies zur Schenkung anzuspornen. Auf solche Weise hat er dem
ag
Staate, in dessen Dienste er stand, durch seine Umsicht und
seinen Feuereifer einen Besitz von unschätzbarem Werte geschaffen.
Daß diesem Manne Schüler aus aller Herren Ländern zu-
strömten, um in seinem Institute arbeiten, aus seinem beredten
Munde lernen zu dürfen, das ist wohl selbstverständlich; unter
den Vielen, Vielen aber auch nicht Einer, der nicht mit warmer
Liebe und Verehrung des heimgegangenen Meisters allezeit ge-
denken wird. Von allen Seiten strömte ihm ein höchstes Maß
von Ehren, Orden, Würden zu. Im Jahre 1899 gab man Karı
vox Zrrret noch zwei neue hohe Ämter: die Regierung ernannte
ihn zum Generalkonservator aller wissenschaftlichen Sammlungen
des Staates; und im selben Jahre verlieh man ihm die höchste
Würde, die dem Gelehrten überhaupt verliehen werden kann,
weil er sie aus den Händen der Kollegen empfängt: Die Bayerische
Akademie der Wissenschaften erwählte ihn zu ihrem Präsidenten.
So riesige Arbeitslast und Leistung haben leider dahin
führen müssen, den starken Stamm vor der Zeit zu fällen; nur
64 Lebensjahre wurden ihm vergönnt. Doch wie sie überreich
nach außen hin gewesen sind, so waren sie es auch nach innen.
Im Jahre 1865, nur 26 Jahre alt, führte er in Karlsruhe aus dem
Hause des Direktors der dortigen Kunstschule, J. W. Schirmer,
dessen älteste Tochter heim; und nahezu an 40 Jahre war es
ihm und ihr vergönnt, daß sie als treue Gefährtin ihn begleiten,
das Glück im Hause ihm, den drei Kindern und den Enkeln
bereiten durfte.
Und Zırren als Mensch?
So liebenswürdig, liebenswert und gütig, so vornehm von
Gesinnung, fröhlich, immer heiteren Sinnes, daß auch bei schwerem
Leide, das ihm nicht erspart blieb, der Optimist in ihm nie
lange unterlicgen konnte. JBines echten protestantischen Pfarr-
hauses echter, rechter Sohn; gelicbt, verehrt von Jedem, dem
das Glück beschieden, seinen Weg zu kreuzen. Zu alledem so
wohlgestaltet; mit einem Worte: Ein sonniger Mensch und Allen
unvergeßlich.
W. Branco.
Für die Bibliothek sind im Jahre 1904 im Austausch und
als Geschenke eingegangen:
A. Zeitschriften.
In dieser Liste ist, wie bei den Zitaten der Aufsätze, die Folge, Reihe
oder Serie durch eingeklammerte arabische Zahl, (2), der Band durch
römische Zahl, II, das Heft durch nicht eingeklammerte arabische
Zahl, 2, bezeichnet.
Albany. University of the State of New York. Annual Report
54, 1—4, 1900; 55, 1901. Bulletin. 44, 52—62, 64—67.
Angers. Societe d’etudes scientifiques. Bulletin, (2) XXXII, (1902).
Basel. Naturforschende Gesellschaft. Verhandlungen, XV, 2, 3;
Belgrad. Geologisches Institut der Königl. Serbischen Universität.
Annaless xT 285. x], 71.9025 X, 1 —7.,,71903.
Berlin. Königl. Preußische geologische Landesanstalt. Abhand-
lungen: Neue Folge. Heft 39. F. Fischer: Zur Nomen-
klatur von Lepidodendron. — Heft 40. MÜLLER-WEBER:
Über eine frühdiluviale und vorglaziale Flora bei Lüneburg.
— Heft 42. A. v. Reinach: Über die zur Wassergewinnung
im mittleren und östlichen Taunus angelegten Stollen, mit
1 Tafel.
— —. H. Poronıe. Abbildungen und Beschreibungen fossiler
Pflanzen-Reste, Lief. 1, (1903).
— — Jahrbuch XXL, 4, (1901). XXIU, 3, (1902). XXIV,
IV
— Zeitschrift f. Berg-, Hütten- u. Salinen-Wesen im preußischen
Staate, LI, 4, mit Atlas; Statist. Lief. LI, 2, 3; LIE 1,
225, Atlas;z StatistI Bier. LIE 21.72:
— Königl. Akademie der Wissenschaften. Mitteilungen aus den
Sitzungsberichten der mathematisch - naturwissenschaftlichen
Klasse, 1903, 41—53; 1904, 1—40.
— Naturwissenschaftlicher Verein für Neuvorpommern u. Rügen
in Greifswald. Mitteilungen. XXXV, (1903).
Bern. Allgemeine schweizerische Gesellschaft für die gesamten
Naturwissenschaften.. Verhandlungen, 1903, 86. Jahresvers.
(Locarno). Neue Denkschriften. XXXIX.
— Naturforschende Gesellschaft. Mitteilungen No. 1551—1564
(1903).
Bonn. Naturhistorischer Verein der preußischen Rheinlande und
Westfalens. Verhandlungen, LX, 1903.
— Niederrheinische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde.
Sitzungsberichte, 1903.
Bordeaux. Societe Linneenne. Actes, (6) VIII, (1903).
Zeitschr. d. D. geol. Ges. 1904. =
II
Bremen. Naturwissenschaftl. Verein. Abhandlungen, XVII, 3.
Breslau. Schlesische Gesellschaft für vaterländische Cultur. Jahres-
bericht. LXXXI (1905). 1. Die Hundertjahrfeier. 2. Ge-
schichte der Gesellschaft.
Brünn. Naturforschender Verein. Verhandlungen, XLI, (1902).
— Meteorologische Commission. Bericht XXI], (1901).
Brüssel. Societe Belge de geologie, de pal&ontologie et d’hydrologie.
Bulletin XVII. 5, 6; XVII. 1—-3.
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1904, 1— 11; Annuaire LXX (1904).
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XXXVI
Budapest. Földtany Közlöny. XXXII, 10—12; XXXIV, 1—10.
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1901. —- Vierter Nachtrag zum Katalog der Bibliothek und
allgemeinen Kartensammlung d. K. ung. geol. Anst. 1892 —. 96.
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der Pontischen Stufe Ungarns, 1904.
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S.-A. a. d. Programm k Bergakademie Berlin für das
Studienjahr 1903 — 04.
WasHıngton (H. S.), Manual of the chemical analysis of rocks.
8°. New-York 1904.
. Wına Easton (N.), Geologie eines Teiles von West - Borneo
nebst einer kritischen Übersicht des dortigen Erzvorkommens.
1 Atlas u. 1 Mappe mit Mikrophotographien. S. A. Jaarbook
van het Mijnwezen in Nederlandsch Oost-Indie. Batavia
1904.
Wirckens (O.). Über Fossilien der oberen Kreide Süd-Patagoniens.
S.-A. a. Oentralblatt f. Min. 1905.
-— Revision der Fauna der Quiriquina-Schichten. S.-A. a. d.
N. Jahrb. f. Min. Beil.-Bd. 18. Stuttgart 1904.
Worrr (Ferv. von), Die älteren Gesteine der Ecuatorianischen
ÖOst-Cordillere sowie die des Azuay und eines Teiles der
Cuevia-Mulde. S8.-A. a. W. Reıss, Ecuador 1870/74.
ZUBER (R.), Die geologischen Verhältnisse von Boryslaw in Ost-
galizien. »8.-A. al Zeitschr. fr prakt. /Geolw 21002:
— Die geologischen Verhältnisse der Erdölzone Opaka-
Schodnica-Uryez in Ostgalizien. S.-A. Ebenda.
GC. Karten und Kartentexte.
Deutschland.
Preußen. Geologische Spezialkarte von Preußen und den benach-
barten Bundesstaaten. 1:25000. Herausgegeben von der
Königl. geologischen Landesanstalt.
Lief. 107, Blätter Danzig, Oliva, Weichselmünde mit Neu-
fahrwasser, Käsemark, Nickelswalde, Praust, Trutenau-
nebst Erläuterungen.
„ 121, Blätter Frankfurt a/O., Küstrin, Seelow, Lebus
nebst Erläuterungen.
„ 42, Blatt Tangermünde 2. Auflage.
— Als Beigabe zu den Erläuterungen der Flachlandsblätter;
Kurze Einführung in das Verständnis der geologisch.-
agronomischen Spezialkarten des norddeutschen Flachlandes,
XVII
Sachsen. Geologische Spezialkarte des Königreichs Sachsen:
Sect. Plauen-Pausa, Sect. Fürstenwalde - Graupen nebst
Erläuterungen.
Österreich.
Geologische Spezialkarte der Länder der ungar. Krone
1:75 000. Herausgegeben von der Kgl. ungar. geolog.
Anstalt: |
Die Umgebung von Magyarszölgyen und Pärkany-Näna,
Zone 14 Col. XIX;
Budapest und Szent-Endre, Zone 15
Col. XX;
Budapest und Teteny, Zone 16
Col. XX, nebst Erläuterungen.
” ” ”
” ” »
Italien.
R. Ufficio Geologico in Rom:
Carta geologica dei vulcani vulsini. Rilavata da P. Moderni.
1904. Carta geologica d’Italia 1:100000. No. 201
Matera; 202 Taranto; 203 Brindisi; 204 Lecce; 213
Marusgio; 214 Gallipoli; 215 Otranto; 223 Tricase.
Rußland.
Geologisk öfversiktskarta öfver Finland. Sect. D2 Nyslott.
1:400000. Helsingfors. 1904.
Japan.
Imperial Geological Survey of Japan 1:200000. 8. Bl.
Sadowara, Shinjo, Toba, Koshikijima, Kinomoto, Nachi,
Tsunoshima, Kamaishi.
— (Catalogue of articles and analytical results of the specimens
of soils exhibited at the Louisiana Purchase Exposition
held at St. Louis, Missouri, U. S. A. 1904.
Amerika.
U. S. Geological Survey in Washington. Topographic Sheets
17502500272.1647 Bl:
Geological Survey of Canada 1:63360 No. 42—48,
56-—58,
Department of the Interior Canada. Map of the Northwest
Territories and the Province of Manitoba 1: 792000. 3 Bl.
1903. — Southeastern Alaska and part of British Columbia.
1 :960000. — Ontario (Windsor Sheet) 1:250000. —
Railways in Manitoba, Assiniboia, Alberta and Saskatehewan
190272171600:
Dominion of Canada, Map showing Mounted Police Stations in
the North West territories 1: 792000. 2. Bl. 1904. —
6
XVII
Map showing Mounted Police Stations in the North-Western
Canada 1:2217600. 2. Bl. 1904.
Afrıkarı 7
The First published Geological Map of Zoutpansberg. Johannis-
burg 1889,
Deutsche geologische Gesellschaft.
I. Januar 1905.
Vorstand
Vorsitzender: Herr Beyschlag.
Wahnschaftfe.
Schmeißer.
„.J. Böhm.
Schriftführer $ ” Denckmann.
Gagel.
”
Philippi.
Schatzmeister „ Dathe.
Archivar „ Jentzsch.
Stellvertretende Vorsitzende 2
”
Beirat
Die Herren Tietze-Wien, Fraas-Stuttgart, Baltzer-Bern,
Kayser-Marburg, Rothpletz-München, Steinmann-
Freiburg i. B.
Verzeichnis der Mitglieder.
Die beigedruckten Zahlen geben das Jahr der Aufnahme an.
Adams, Frank D., Dr., 1890. Montreal, Canada, Me Gil,
University, Petrograph. Laboratoy.
Ahlburg, cand. phil., 1904, Berlin N 4, Invalidenstr. 43.
Albert, Herınann, Bergassessor, 1897. DBieberich a. Rh.,
Rheinstr. 44.
Albert, Robert, Dr., Professor an der Forstakademie, 1902.
Eberswalde.
Albrecht, Emil, Bergwerksdirektor, 1900. Hannover.
von Ammon, Ludwig, Dr., Professor, Oberbergrat, 1873,
München, Ludwigstr. 16.
*Andreae, Achilles, Dr., Professor, 1881. Hildesheim, Her-
mann Römerstr. 3.
Andree, Karl, Dr., 1902. Göttingen, Geismar-Chaussee 20.
* bedeutet Teilnahme an der Allgemeinen Versammlung in Breslau.
6*
XX
Arlt, Geh. Bergrat, 1866. Berlin W, Kleiststr, 22.
von Arthaber, G. A., Dr., Privatdozent, 1892. Wien I, Barten-
steingasse 8.
Bärtling, Dr., 1904. Berlin N 4, Invalidenstr. 44. |
Baltzer, Armin, Dr.. Professor, 1875. Bern, Rabbental 51.
Bamberg, Paul, 1902. Friedenau b. Berlin, Kaiser Allee 87/88.
Barrois, Charles, Dr., Professor, 1877. Lille. Rue Pascal 37.
Barth, Max, Dr., Lehrer am Landwirtsch. Institut, 1889. Helmstadt.
Baschin, Otto, Kustos am Geograph. Institut, 1901.
Berlin NW 7, Eichendorfistr. 34/36.
Bauer, Max, Dr., Geh. Reg. Rat, Professor, 1869. Marburg in
Hessen.
Baum, G. F., Professor, 1897. Berlin N 4, Invalidenstr. 44.
von Baumbach, Reinhard, Ingenieur, 1902. Göttingen, Schiefer-
weg \.
Baumhauer, H., Dr., Professor, 1879. Freiburg (Schweiz).
von Baur, C., -Dr., Präsident des Kgl. Bergrats, 18497
Degerloch b. Stuttgart.
Beck, Karl, Dr., 1898. Stuttgart, Wagenburgstr. 10.
Beck, Richard, Dr., Professor, 1884. Freiburg i. S., kgl.
Bergakademie.
Becker, Ernst, Dr., 1905. Assistent am Kgl. Mineralog. In-
stitut d. Universität. Heidelberg, Gaisbergstr. 62.
Becker, H., Chemiker, 1884. Ems. |
Behr, Johannes, Dr., 1901. Berlin N 4, Invalidenstr. 44.
Belowsky, Max, Dr., Kustos am mineral.-petrograph. Institut,
1896. Berlin N 4, Invalidenstr. 43.
Benecke, E. W., Dr., Professor, 1866. Straßburg i. Els.,
Goethestr. 43.
Berendt, G., Dr., Geh. Bergrat, Professor und Landesgeologe,
1861. Berlin SW 11, Dessauerstr. 35.
Berg, Georg. Dr.. 1903. Berlin N 4, Invalidenstr. 44.
Bergeat, Alfred, Dr., Professor, Bergakademie, 1893. Clausthal.
Bergmann, W., Berginspektor, 1904. Ilseder Hütte b. Peine.
Bersgt, Walter, Dr., Professor, 1894. Niederlößnitz b. Dresden,
Schulstr. 12. ;
*Beyschlag, Franz, Dr., Professor, Geh. Bergrat, Zweiter
(wissenschaftlicher) Direktor der Kgl. Preuß. geolog. Lan-
desanstalt, 1883. Berlin N, 4 Invalidenstr. 44.
Bielefeldt, Dr., 1897. Berlin W, Regentenstr. 7.
von Bismarck, Landrat, 1898. Naugard in Pommern,
Baron Bistram, Alexander, Dr., 1899. Freiburg i. Br., Geol.
Institut.
Blaas, Jos., Dr., Professor, 1884. Innsbruck, Bienerstr. 15.
RE
Blanckenhorn, Max, Dr., Privatdozent, Mitarbeiter der Geo].
Survey of Egypt und der Kgl. Preuß. geolog. Landesanstalt,
1881. Halensee b./Berlin, Joachim Friedrichstr. 57.
Bode, G., Landgerichts-Direktor, 1894. Braunschweig, Kaiser
Wilhelmstr. 27.
Bode, Arnold, Dr.. Geologe, 1902. Berlin N 4, Invalidenstr. 44.
Boehm, Georg, Dr., Professor, 1876. Freiburg i. Br., Schwaig-
hofstraßbe 14.
Böhm, Joh., Dr., Sammlungskustos der geol. Landesanstalt u.
Bergakademie, 1881. Berlin N 4, Invalidenstr. 44.
Boettger, Edmund, Geh. Bergrat, 1869. Halle a./S., Blumen-
thalstr. 12.
"Boettger, O., Dr., Professor, 1868. Frankfurt a. M., Seilerstr. 6.
von dem Borne, Dr., 1888. Jena, Westendstr. 11.
Bornemann, L. G., Dr., 1872. Eisenach, Wartburgchaussee 4.
Bornhardt, Bergmeister, 1894. Siegen.
Brackebusch, L., Dr., Professor, 1872. Hannover, Blücherstr. 3.
Branco, Wilhelm, Dr., Professor, Geh. Bergrat, 1876.
Berlin N 4, Invalidenstr. 43.
Brandes, H., Rentner, 1889. Mölme bei Hoheneggelsen.
Brandes, Georg, cand. geol., 1895. Todtmoos, Schwarzwald.
Brauns, Reinhard, Dr., Professor. 1885. Kiel. Düppelstrasse 8.
-Broili, Ferdinand, Dr., Privatdozent, 1899. Custos am
paläontolog. Institut zu München, Alte Akademie.
*Bruhns, W., Dr., Professor, 1888. Straßburg i. E., Mineralog.
Institut, Lessingstrasse 7.
. Bücking, Hugo, Dr., Professor, 1873. Straßburg i. Els.,
Brantplatz 3.
Busz, K., Dr., Professor, 1904. Münster i. W.
van Oalker, F. J. P., Dr., Professor, 1837. Groningen (Holland).
Canaval, Richard, Dr., k. k. Oberbergrat, 1890. Klagenfurt,
Ruprechtstr. 8. | |
Capellini, Giovanni, Professor, Senator, 1884. Bologna.
Chelius, Karl, Dr., Professor, Geh. Oberbergrat, 1880.
Darmstadt, Klappachstr. 9.
. Chewings, Charles, Dr., 1896. Norwood, 85 Edward Street,
South Australia.
Clark, William Bullock, Dr., Professor, John Hopkins University,
1885. Baltimore.
Clarke, John Mason, Dr., Professor, State Paleontologist,
Direktor New York State Museum, 1884. Albany (New
York), State Hall.
Cohen, Emil, Dr., Professor, 1869. Greifswald, Roßmarkt 4.
- Councler, Constantin, Professor, 1888. Münden, Forstakademie.
XXI
-CGredner, Hermann, Dr., Professor, Geh. Bergrat, 1865.
Leipzig, Carl Tauchnitzstr. 11.
Crook, Alja Robinson, Dr., Professor of Mineralogy, North-
western University, 1897. Evanston, Jll., U. St. A.
Dalmer, Karl, Dr., Sektionsgeologe, 1879. Jena, Johannis-
platz 22.
Dammer, Bruno, Dr., 1902. Berlin N 4, Invalidenstr. 44.
Dannenberg, Artur, Dr., Professor, 1894. Aachen, Techn.
Hochschule.
Dantz, C., Dr., Bergwerksdirektor, 1892. Per Adr. Herrn
Friedländer, Berlin W 64, Unter den Linden 8.
Danzig, E., Dr., Oberlehrer» 1901. Rochlitz 1./S.
Darton, N. H., Geologist of the U. S. Geolog. Survey,
1904. Washington D. C.
*Dathe, Ernst, Dr., Landesgeologe, 1874. Berlin N 4, Invaliden-
straße 44.
Deecke, Wilhelm, Dr., Professor, 1885. Greifswald.
Denckmann, August, Dr., Landesgeologe, 1884. Berlin N 4.
Invalidenstr. 44.
Deninger, Karl, Dr., Assistent am kgl. Mineralog. Institut
der Technischen Hochschule, 1902. Dresden.
De Stefani, Carlo, Dr., Professor der Geologie am Istituto
di Studi superiori und Direktor der geologisch-paläontolo-
gischen Sammlungen, 1898. Florenz.
von Detten, Berghauptmann, 1860. Clausthal a. H.
Dewalque, Gustav, Dr., Professor, 1872. Lüttich.
Dienst, Paul, Bergbaubeflissener, 1904. Berlin N 4, Invalidenstr. 44.
Dieseldorff, Arthur, Dr., 1898. Hamburg 11, Gr. Burstah 4.
Dölter-y-Cisterich, Cornelius, Dr., Professor, 1873. Graz.
- de Dorlodot, Henry, Abbe, Professor an der Universite catlhıo-
lique, 1902. Löwen, rue de Beriot 44.
Drevermann, Fritz, Dr., Assistent am Senkenbergischen
Museum, Frankfurt a. M., Altkönigstr. 6.
Du Bois, Georg, Dr., 1899. Puerta de Mazarrore c/o Ci@
metalurgica.
Dziuk, A., Dipl. Bergingenieur, 1897. Hannover, Rumannstr. 29.
Ebeling, Generaldirektor, 1894. Westeregeln b. Egeln.
Ebeling, Max, Dr., Oberlehrer, 1897. Berlin NO 18, Frieden-
straße 99.
Eberdt, Oskar, Dr., Sammlungskustos an der geologischen
Landesanstalt und Bergakademie, 1891. Berlin N 4, In-
validenstr. 44.
von Eck, Dr., Professor, 1861. Stuttgart, Weißenburgstr. 4B N.
Ehrenburg, Karl, Dr., Privatdozent, 1887. Würzburg, Parade-
platz 4.
XXI
Elbert, Joh., Dr., 1900. Greifswald, Langestraße.
von Elterlein, Adolf, Dr., k. ottomanischer Ministerialrat,
1898. Constantinopel.
Emerson, Benjamin, Professor, 1868. Amherst (Massachusetts).
Endriss, Karl, Dr., Professor an der k. technischen Hoch-
schule, 1887. Stuttgart, Neue Weinsteige 75.
Engel, kgl. Bergmeister, 1896. Essen.
*Erdmannsdörfer, O.H., Dr., 1900. Berlin N 4, Invalidenstr. 44,
Esch, Ernst, Dr., Direktor der Braunsteinwerke, 1893. Gießen,
Frankfurterstr. 31.
Felix, Johann, Dr., Professor, 1882. Leipzig, Gellertstr. 3.
Fels, Gustav, Dr., Assistent am mineralog.-petrogr. Institut der
Universität, 1902. Bonn a. Rhein.
Fiedler, Otto, Dr., 1898. München, Gedonstr. 21.
Finckh, Ludwig, Dr., 1900. Berlin N 4, Invalidenstr. 44.
Freiherr von Fircks, W., Bergingenieur, 1898. Freiberg i. S.,
Kgl. Bergakademie
Fischer, Franz, Oberlehrer, 1900. Berlin SW 29, Gmneisenau-
straße 90 II.
Flach, Ch., „ Bergingenieure, 1902. Donnybrook b. Perth,
Elach, :J.; Westaustralien.
Flegel, K., Bergbaubeflissener, 1904. Berlin N 4, Invalidenstr. 44.
*Fleischer, Alexander, 1903. Breslau, Kaiser Wilhelmstr. 56.
Fliegel, Gotthard, Dr., 1898. Berlin N 4, Invalidenstr. 44.
Follmann, Otto, Dr., Oberlehrer, 1891. Koblenz, Eisenbahn-
straße 38.
Fraas, Eberhard, Dr., Professor, 1890. Stuttgart, Stitzenburg-
straße 2.
Franke, G., Professor, 1894. Berlin N 4, Invalidenstr. 44.
Franke, Dr., Professor, 1895. Schleusingen.
*Frech, Fritz, Dr., Professor, 1881. Breslau, Schuhbrücke 38/39.
Fric, Anton, Dr., Professor, 1868. Prag, Grube No. 7.
Fricke, K., Dr., Professor, 1875. Bremen, Herderstr. 62.
Friederichsen, Max, Dr., Privatdozent, 1903. Göttingen,
Hainholzweg 24.
Baron von Friesen, Kammerherr, Exzellenz, 1883. Karlsruhe
(Baden).
Freiherr von Fritsch, Karl, Dr., Professor, Geh. Reg.-Rat,
1859. Halle a. S., Margarethenstr. 3.
Fuchs, Alex., Dr., 1902. Berlin N 4, Invalidenstr. 44.
Futterer, Karl, Dr., Professor, 1886. Karlsruhe, Technische
Hochschule.
*Gagel, Kurt, Dr., Landesgeologe, 1890. Berlin N 4, Inva-
lidenstr. 44.
XXIV
Gante, DBergrat, Vorsteher der herzogl. anhalt. Salzwerk-
direktion, 1902, Leopoldshall bei Staßfurt.
*Gärtner, Dr., 1904. Direktor der Wenzeslausgrube, Ludwigsdorf,
Kreis Neurode.
Geinitz, Eugen, Dr., Professor, 1877. Rostock.
Geisenheimer, Bergassessor, 1904. Breslau, Schuhbrücke
383/39
Gerhardt, Karl, Dr., Major a. D., 1893. Freiburg i. Br., Thurn-
seestr. I7.
Gerland, Dr.. Professor, Straßburg i. E., Steinstr. 57.
Gill, Adam Capen, Dr., Cornell University, 1891. Ithaca
(New York).
Gillman, Fritz, Ingenieur, Sevilla (Spanien) Alameda de Her-
cules 42.
von Goldbeck. Wirkl. Geh. Oberregierungsrat a. D., 1875.
Hannover, Schiffgraben 43.
Gorjanovi6-Kramberger, Karl, Dr., Professor und Direktor
des Geologischen Nationalmuseums, 1898. Agram (Kroatien).
Gosselet, Jules, Professor, 1862. Lille, rue d’Antin 18.
Gothan, Hermann, Ingenieur, 1901. Groß-Lichterfelde.
Gottsche, Karl, Dr., Professor, Kustos am Naturhist. Museum,
1875. Hamburg.
Grabau, A., Dr., Professor, Oberlehrer, 1879. Leutzsch b.
Leipzig, Leipzigerstr. 8.
Grässner, P. A., Bergwerksdirektor a. D., 1889. Staßfurt-
Leopoldshall.
Gröbler, Bergrat, 1894. Salzdetfurth.
Grosser, P., Dr., 1892. Mehlem a. Rhein.
von Groth, Paul, Dr., Professor. 1866. München, VI Brieffach.
*Grünberger, Rechtsanwalt, 1904. Breslau. |
Grundey, Max, Kgl. Landmesser, 1896. Kattowitz O./S.,
Goethestr. 3.
Gruner, Hans, Geh. Rat, Dr., Professor, 1871. Berlin N 4,
Kesselstr. 11.
Grupe, Oskar, Dr.. 1899. Berlin N 4, Invalidenstr. 44.
*Gürich. Georg, Dr., Professor, 1891, Breslau, Hohenzollern-
straße 45.
Guillemain, Constantin, Dr., Direktor der Volinhütte, 1899.
Mechernich, Rheinpreußen.
Haarmann, Erich, Bergbaubeflissener, 1904. Berlin N 4, In-
validenstr. 44.
Haas, Hippolyt, Dr., Professor, 1880. Kiel, Moltkestr. 28.
Hahn, Alexander, 1886. Idar a. d. Nahe.
Halbfass, Wilh., Dr., Professor, 1898. Neuhaldensleben.
xXXV
Hamm, Hermann, Dr. phil. et med., 1899. Osnabrück, Lortzing-
straße 4.
Harker, A., M. A., 1837. Cambridge (England), St. John’s
College.
Hauthal, Rudolf, Dr., Professor an der Universität, 1891. La
Plata (Argentinien).
Hazard, J., Dr., Professor, Sectionsgeologe, 1891. Leipzig-
Gohlis, Pölitzstr. 32.
Hecker, O., Dr., 1900. Groeningen, Bez. Magdeburg.
Heidenhain, F., Dr., Oberlehrer, 1866. Stettin, Grünhofer
Steig 1.
Heim, Albert, Dr., Professor, 1870.. Hottingen - Zürich.
Henderson, J. M. C., Dr., Bergingenieur, 1895. Sun Court,
Cornhill, London E. C.
Henkel, Ludwig, Dr. ÖOberlehrer, 1901. Schulpforta b. Naum-
burg a. 8.
Henrich, Ludwig, 1901. Frankfurt a./M.. Neue Zeil 68.
*Herbing, Bergbaubeflissener, 1904. Berlin N 4, Invalidenstr. 44.
Hermann, Rudolf, 1904. Wissenschaft]. Hilfsarbeiter am Museum
für Völkerkunde, Berlin W, Königgrätzerstr.
Hermann, Paul, Dr., 1904. Gr. Lichterfelde W, Steglitzerstr. 431III.
Hess von Wichdorff, Hans, Dr., 1904. Berlin N 4, In-
validenstr. 44. ;
Heusler, Geh. Bergrat, 1872. Bonn, Colmantstr. 15.
van der Heyden a Hauzeur, Louis, 19053. Auby-lez-Douai
(France, Nord), Compagnie Royale Asturienne.
Hibsch, Jos.,Dr., Professor, 1883. Tetschen-Liebwerda (Böhmen).
Hildebrand, Otto, Dr., 1901. Jena, Sonnenbergstr. 2.
Hildebrandt, Max. 1901. Berlin NW 87, Alt Moabit 79.
*Hintze, Karl, Dr., Professor, 1870. Breslau, Moltkestr. 5.
Hirschwald. Julius, Dr., Geh.-Rat, Professor an der Tech-
nischen Hochschule, 1898. Grunewald b./Berlin. Kunz Bunt-
schuhstr. 16.
Hörnes, Rudolf, Dr., Professor, 1874. Graz, Sparbersbach-
gasse 41.
Hofmann, Adolf, Dr., Professor, 1886. Przibram, Böhmen.
Holland, F., Oberförster 1895, in Heimerdingen O. A. Leonberg.
Holtheuer, Richard, Dr., Professor, 1891. Leisnig in Sachsen.
Holzapfel, Eduard, Dr., Professor, 1884. Aachen, Büchel 51.
Hornstein, F. F., Dr., Professor, 1867. Cassel, Weigelstr. 2 II.
Hornung, Ferd., Dr., 1889. Leipzig-Kleinzschocher, Antonien-
straße 3.
Hoyer, Professor, 1894. Hannover, Ifflandstraße 33.
von Huene, F., Dr., Privatdozent, 1899. Tübingen.
XXVI
Hug, Otto, Dr., 1897. Bern (Schweiz), Belpstr. 42.
Hughes, Thomas Me Kenny, Professor, Trinity College Cam-
bridge (England). |
Hussak, Eugen, Dr., Staatsgeolog, 1891. Sao Paulo (Brasilien).
Hustedt, Wilh., Rektor, 1897. Berlin NO 43, Georgenkirch-
straße 11.
*Jahr, E., Oberbergamtsmarkscheider, 1904. Breslau II, Neue
Taschenstraße 2.
Jaekel, Otto, Dr., Professor, 1884. Berlin N4, Invalidenstr. 43.
Janensch, Werner, Dr., Assistent am geol.-paläont. Institut. d.
Mus. f. Naturkunde, 1901. Berlin N 4, Invalidenstr. 43.
von Janson, A., Rittergutsbesitzer, 1886. Schloß Gerdauen
(Ost-Pr.).
*Jentzsch, Alfred, Dr., Professor, Landesgeologe, 1872.
Berlin N4, Invalidenstr. 44.
Jung, Gust., Direktor, 1901. Neuhütte b. Straßebersbach, Nassau.
Just, E., Lehrer, 1889. Zellerfeld.
Kaiser, Erich, Dr., Professor, 1897. Gießen, Gutenbergstr. 30.
Kalkowsky, Ernst, Dr., Professor, 1874. Dresden A., Frank-
linstr. 32.
Katzer, Friedrich, Dr., Bosnisch - hercegov. Landesgeologe,
1900. Sarajevo.
Kaufholz, Dr., Oberlehrer, 1893. Goslar, Bäringerstr. 24.
Kaunhowen, F., Dr., Bezirksgeologe, 1897. Berlin N4, Invaliden-
straße 44.
Kayser, Emanuel, Dr., Professor, 1867. Marburg in Hessen.
Keilhack, Konrad, Dr.. Professor, Landesgeologe, 1880.
Berlin N 4, Invalidenstr. 44.
Kinkelin, Fr., Dr., Professor, 1886. Frankfurt a. M., Park-
straße 52.
Kirschstein, Egon, cand. geol., Assistent am geol.-paläont.
Institut und Museum, 1902. Berlin N 4, Invalidenstr. 43.
Klautzsch, Adolf, Dr., Bezirksgeologe, 1893. Berlin N 4,
Invalidenstr. 44.
Klebs, Richard, Dr., Professor, 1879. Königsberg i. Pr.,
Schönstr. 7.
Klein, Karl, Dr., Professor, Geh. Bergrat, 1869. Berlin N4,
Invalidenstr. 43.
*RKlein, S., Dr. Ing., 1904, p. Adr. Herrn Benedict Klein,
Nürnberg, Fürtherstr. 25.
Klemm, Gustav, Dr., Professor, Großh. hess. Landesgeologe,
1888. Darmstadt, Wittmannstr. 15.
Klockmann, Friedrich, Dr., Professor, 1879. Aachen, Technische
Hochschule.
XXVI
von Knebel, Walther, Dr., Berlin N 4, Invalidenstr. 43.
Koch, Max, Dr., Professor, Landesgeologe, 1884. Berlin N 4,
Invalidenstr. 44.
von Koenen, Adolf, Dr., Professor, Geh. Bergrat, 1863.
Göttingen. |
Koert, Willy, Dr., Bezirksgeologe, 1899. Berlin N 4, Invaliden-
straße 44.
Köhne, Werner, Dr., 1902. Assist. am mineralog.-geolog. Institut
d. Universität Erlangen, Weiße Herzstr. 2.
Koken, Ernst, Dr., Professor, 1882. Tübingen.
Kolbeck, Friedrich, Dr., Professor der Mineralogie und Löt-
rohrprobierkunde a. d. kgl. Bergakademie, 1901. Freiberg-
Sachsen.
Kolesch, Dr., Gymnasial-Oberlehrer, 1898. Jena, Felsenkeller-
straße 19.
Korn, Joh., Dr., Bezirksgeologe, 1896. Berlin N 4, Invaliden-
straße 44.
Krahmann, Max. Privatdozent, Bergingenieur, 1889. Berlin W,
Händelstr. 6.
Krantz, Fritz, Dr., Mineralienhändler, 1888. Bonn, Herwarth-
straße 36.
Krause, Paul Gustaf, Dr., Bezirksgeologe, 1889. Eberswalde,
Bismarckstr. 26.
Kretschmer, Franz, Bergingenieur und Bergbaubetriebsleiter,
1899. Sternberg (Mähren).
Krusch, Paul, Dr., Landesgeologe, 1894. Berlin N 4, In-
validenstr. 44.
Kühn, Benno, Dr., Landesgeologe, 1884. Berlin N 4, Invaliden-
straße 44.
Kühn, Dr., Professor, Geh. Reg.-Rat, 18883. Halle a.d.S.
Laspeyres, Hugo, Dr., Professor, Geh. Bergrat, 1865. Bonn,
Schloß Poppelsdorf.
Laube, Gustav, Dr., Professor, 1877. Prag, k. k. Deutsche
Universität.
Lehmann, Joh., Dr,, Professor, 1873. Weimar.
Lehmann, P., Realgymnasialdirektor, 1898. Stettin, Grabower-
straße 24.
Lenk, Hans, Dr., Professor, 1888. Erlangen.
*Leonhard, Richard, Dr., Privatdozent, 1894. Breslau, Victoria-
straße 65.
Leppla, August, Dr., Landesgeologe, 1881. Berlin N4, In-
validenstr. 44.
Lepsius, Richard, Dr., Professor, Geh. Oberbergrat, 1872.
Darmstadt, Goethestr. 15.
XXVMAH
Lewis, Alfred Amos, 1904. Oxley, Queensland.
Liebheim, E., Dr., Bergingenieur, 1893. Leipzig-Gohlis, Poeten-
weg 8.
Lienenklaus, E., Rektor, 1896... Osnabrück.
Linck, Gottlob Ed., Dr., Professor, Geh. Hofrat, 1883. Jena.
Lindemann, A.F., Ingenieur, 1884. Sidholme, Sidmouth, Devon
(England).
von Linstow, Otto, Dr., Bezirksgeologe, 1897. Berlin N 4,
Invalidenstr. 44.
Lorenz, Th., Dr., 1903. Leipzig-Gohlis, Ulanenstrasse 4A 1.
Loretz, Hermann, Dr., Geh. Bergrat, Landesgeologe a. D.,
1876. Grunewald b. Berlin, Hubertusallee 14.
Lotz, Heinrich, Dr., K. Geolog, 1898. Windhuk, D.-SW.-Afrika.
Lucke, O., Berginspektor a. D., 1878. Beuthen (Ober-Schlesien),
Hohenzollernstr. 151.
Luedecke, K., Dr., Professor, 1874. Halle a. d. S., Blumen-
thalstr. 8.
Lyman, Benjamin Smith, Bergingenieur, 1870. Philadelphia (Pa)
Locust Street 708. U. St.
Maak, Hofapotheker, 1902. Halberstadt, Westendorf 28.
Maas, Günther, Dr., Bezirksgeologe, 1905. Berlin N4, In-
validenstr. 44.
Macco, Albr., Bergassessor. 1897, p. Adr. Gibeon Schürf- und
Handelsgesellschaft, Berlin W, Potsdamerstr. 10/11.
Madsen, Victor, Dr., Staatsgeologe, 1892. Kopenhagen, Kastanie-
vej 10.
Makowsky, Alexander, Professor, 1877. Brünn, Techn. Hoch-
schule.
Martin, J.. Dr., Prof. Direktor d. naturhistor. Mus., 1896.
Oldenburg, Herbartstr. 12. re
Martin, Karl, Dr., Professor, 1873. Leiden (Holland).
Mascke, Erich, cand. geol., 1901. Göttingen. Rheinhäuser
Chaussee 6.
Graf von Matuschka, Franz, Dr., 1882. Berlin W 64, Wilhelm-
straße 711.
Maurer, F., Rentner, 1874. Darmstadt, Heinrichstr. 6.
Mentzel, Bergassessor, Bochum, Bergstr. 7.
Menzel, Hans. Dr.. 1899. Berlin N 4, Invalidenstr. 44.
Mestwerdt, Dr., 1902. Berlin N 4, Invalidenstr. 44.
Meyer, Erich, Dr., 1903. Berlin N 4, Invalidenstr. 44.
"Michael, Richard, Dr., Bezirksgeologe, 1894. Berlin N4, Inva-
lidenstr. 44.
Michels, Xaver, Gutsbesitzer, 1902. Andernach a. Rh.
*Milch, Louis, Dr., Prof., 1887. Breslau XVIIIL, Eichendorffstr. 63.
XXIX
Mitzopulos, Constantin, Dr., Professor, 1883. Athen.
Möhle, Fritz, Dr., 1902. Wiesbaden. Philippsbergstr. 29,1.
von Mojsisovics, Edmund, Dr., k. k. Hofrat, Ober-Bergrat,
1870. Wien II, Strohgasse 26.
Molengraaff, G. A. F., Dr., Professor, 1888. Hilversum
(Holland).
Monke, Heinrich, Dr., Bezirksgeologe, 1882. Berlin N 4,
-Invalidenstr. 44. i
Morgenstern, Karl, Kaufmann, 1897. Berlin W 10, Bendler-
straße 27. |
Moritz, Adolf, Bergwerksdirektor, 1901. Oberroßbach b.
Friedberg, (Hessen). |
Mühlberg, Max. Dr.. 1899. Aarau (Schweiz).
Müller, Gottfried, Dr., Landesgeologe, 1884. Berlin N 4, In-
validenstr. 44.
Müller, Hermann, Geh. Bergrat, 1849. Freiberg i.S., Hornstr. 29.
Müller, Wilh., Dr., Professor an der Techn. Hochschule, 1885.
Charlottenburg, Bismarckstr. 34a.
Naumann, Edmund, Dr., Direktor d. Zentrale f. Bergwesen.
1398. Frankfurt a./Main, Westendstr. 28.
Naumann, Ernst, Dr., 1898. Berlin N 4, Invalidenstr. 44.
Neischl, Adalbert, Dr., Major a. D., Nürnberg, Lindenaststr. 29.
Nentwig, Dr., Professor, Bibliothekar der Reichsgräflich Schaff-
gott'schen Majoratsbibliothek, 1899, in Warmbrunn.
Neubaur, Bergrat, Direktor der Gewerkschaft Ludwig II. 1894.
Staßfurt.
Neumann, Oscar, 1901. Berlin NW 40, Hindersinstr. 13.
*Niedzwiedzki, Julian, Dr., Professor, Hofrat, 1873. Lemberg,
Teehnische Hochschule. -
*Nötling, Fritz, Dr., Hofrat, 1903. Baden-Baden, Bismarck-
straße 19.
Nopesa jun., Baron Franz, 1903. Szacsal (W. Hätszeg)
Ungarn.
Ochsenius, Karl, Dr., Konsul a. D.. 1873. Marburg in Hessen.
OVebbeke, Konrad, Dr., Professor, 1882. München, Techn.
Hochschule.
Öhmichen, H., Bergingenieur, 1899. Düsseldorf, Leopoldstr.
Ollerich, Ad., cand. rer. nat. 1891. Hamburg, Postamt 5,
b. d. Strohhaus 88.
Oppenheim, Paul, Dr., 1889. Groß-Lichterfelde, Sternstr. 19.
Ordoüez, Ezequiel, Subdirektor des Instituto geolögico, 1898.
Mexico, Calle del Cipres 5.
Orth, Dr., Professor, Geh. Reg. Rat, 1869. Berlin SW, Zieten-
straße 6b.
XXX
Osann, Alfred, Dr., Professor, 1883. Freiburg i. Br.
Pabst, Wilhelm, Dr. Professor, Kustos der naturhistor. Sammlung,
1880. Gotha, Schützenallee 16.
Papp, Karl, Dr., Geologe an d. kgl. Ungarischen geolog. Lan-
desanstalt, 1900. Budapest, Stefänia üt 14.
Passarge, Siegfried, Dr., Privatdozent, 1894. Steglitz,
Filandastr. 3.
Paulecke, W., Dr Privatdozent, 190% Freiburg i./Br.,
Waldseestr. 3.
Penck, Albrecht, Dr., Professor, k. k. Hofrat, 1878. Wien, III3,
Marokkanergasse 12.
Penecke, K., Dr., Professor, 1881. Graz, Tummelplatz 5.
Person, cand. geol., Assist. a. geolog. Institut d. Univ. Göttingen.
1901. Göttingen, Rosdorferweg 24.
Petersen, Joh., Dr., Direktor, 1900. Hamburg, Uhlenhorst
(Waisenhaus).
Petrascheck, Wilhelm, Dr., Sektionsgeologe k. k. geolog.
Reichsanstalt, 1901. Wien III. Rasumoffskygasse 23.
Pfaff, F. W., Dr., Landesgeologe, 1887. München, Ramberg-
straße 7 III.
Pflücker y Rico, Dr., 1865. Lima (Peru).
Philipp, Hans, Dr., 1903. Stuttgart, Geol. Institut der Tech-
nischen Hochschule.
Philippi, Emil, Dr., Privatdozent, 1895. Berlin N4, Invaliden-
straße 43.
Philippson, Alfred, Dr., Professor, 1892. Bern, Seftigenstr. 9.
Picard, Edmund, Dr., 1904. Berlin N 4, Invalidenstr. 44.
Plagemann, A., Dr., 1882. Hamburg, Besenbinderhof 68.
Plieninger, Felix, Dr., Privatdozent, 1891. Tübingen, Mine-
ralog. Institut.
Pohlig, Hans, Dr., Professor, 1886. Bonn, Reuterstr. 43.
Polster, Bergrat, 1896. Weilburg.
Pompeckj, Jos. Felix, Dr., Professor, 1898. Hohenheim.
Porro, Cesare, Dr., 1895. Carate Laria (Prov. di Como), Italien.
Portis, Alessandro, Dr., Professor, 1837. Rom, Museo geologico
della Universita.
Potonie, Henry, Dr., Professor, Landesgeologe, 1887. Berlin
N 4, Invalidenstr. 44.
von Prondzynski, Vincenz, Direktor, 1902. Zementfabrik,
Groschowitz b./Oppeln.
Quaas, Artur, Dr., 1902. Berlin N 4, Invalidenstr, 44.
Quelle, Otto, cand. geol., 1903. Nordhausen a. H., Uferstr. 11.
Ramann, Emil, Dr., Professor. 1898. München, Amalienstr. 67.
Rauff, Hermann, Dr., Professor, 1877. Berlin N4, Invalidenstr. 44.
XXXI
Regel, Fritz, Dr., Professor, 1892. Würzburg, Rückertstr. 13.
Regelmann, Rechnungsrat bei dem königl. statistischen Landes-
amt, 1896. Stuttgart, Cottastr. 3.
von Rehbinder, Baron Boris, Dr., Kustos am Polytechnikum,
1902. Warschau, Penknaja 45, Qu. 11.
von Reinach, A., Dr. 1883. Frankfurt a. M., Taunusanlage 10.
Reiss, Wilh., Dr., Geh. Reg.-Rat, 1877. Schloß Könitz
(Thüringen).
Remel&, Ad., Dr., Professor, Geh. Reg.-Rat, 1866. Eberswalde,
Forstakademie.
*Renz, Karl, Dr., 1903. Breslau, Schuhbrücke 38/39 I.
Richter, Oberlehrer, 1898. Quedlinburg, Kaiserstr. 38.
Freiherr von Richthofen, Ferdinand, Dr., Professor, Geh.
Reg.-Rat, 1856. Berlin W, Kurfürstenstr. 117.
Rinne, Fritz, Dr., Professor, 1887. Hannover, Technische Hoch-
schule.
Romberg, Jul., Dr., 1889. Berlin W 62, Bayreutherstr. 211.
Rosenbusch, H., Dr., Professor, Geheimrat. 1872. Heidelberg.
Rothpletz, August, Dr., Professor, 1876. München, Alte
Akademie, Neuhauserstr.
Rüst, Dr. med., 1887. Hannover, Sedanstr. 14.
Rumpf, Joh., Dr., Professor, 1876. Graz, k. k. Polytechnikum,
Sabersky-Mussigbrod, Dr., 1890. Warm Springs, 51 Dear
Lodge County (Montana).
*Sachs, Arthur, Dr.. Privatdozent, 1900. Breslau V, Garten-
straße 15/17.
Salomon, Wilhelm, Dr., Professor, 1891. Heidelberg, Ufer-
straße 36.
Sapper, Karl, Dr., Professor, 1888. Tübingen, Olgastr, 5.
Sauer, Adolf, Dr., Professor, 1876. Stuttgart, Technische Hoch-
schule.
Schalch, Ferdinand, Dr., Grossherzogl. bad. Landesgeologe,
Bergrat, 1876. Neuenheim bei Heidelberg, Ziegelhäuser
Landstraße 24.
Scheibe, Robert, Dr., Professor, 1885. Berlin N 4, Invaliden-
straße 44.
Schellwien, Ernst, Dr., Professor, Direktor d. ostpreuß.
Provinz.-Mus., 1893. Königsberg, O.-Pr., Lange Reihe.
Schenck, Adolf, Dr., Professor, 1879. Halle a. S., Schiller-
straße 7.
Schleifenbaum, W., Bergmeister, 1881. Büchenberg bei
Elbingerode.
Schlenzig, J. Berg- u. Hütteningenieur, 18989. Groß-Lichter-
felde, Albrechtstr. 71.
XXX
Schlippe, O., Dr., 1886. Gohlis b. Leipzig, Menckestr. 18.
Schlunck, Joh., Dr., 1901. Berlin N 4. Invalidenstr. 44.
Schlüter, Clemens, Dr., Professor, 1858. Bonn, Bachstr. 36.
Schmeißer, Karl, Geh. Bergrat, Erster Direktor d. Kgl. Preuß.
geol. Landesanstalt und Direktor der Bergakademie, 1900.
Berlin N 4, Invalidenstr. 44.
Schmidt, Adolf, Dr., Professor, 1879, Heidelberg, Zwingerstr. 2.
Schmidt, Erich, Dr., 1904. Berlin N 4. Invalidenstr. 43.
Schmidt, Karl, Dr., Professor, 1888. Basel, Münsterplatz 7.
von Schmidt, F., Akademiker, Exzellenz, 1881. St. Peters-
burg, Akademie d. Wissenschaften.
Schmidt, Martin, Dr., Geologe, 1896. Stuttgart, Legions-
kaserne.
Schmierer, Th., Dr., 1902. Berlin N4, Invalidenstr. 44,
Schnarrenberger, Karl. Dr., Landesgeologe, 1904. Heidelberg.
Schneider, Adolf, Professor, 1884. Berlin N 4, Invaliden-
straße 44.
“Schneider, Otto, Dr., 1900. Berlin N 4, Invalidenstr. 44.
Schottler, W., Dr., Landesgeologe, 1899. Darmstadt, Martins-
straße 93.
Schrader, O., Generaldirektor a. D.. 1893. Hannover, Hohen-
zollernstr. 51.
Schrammen, A., Zahnarzt, 1900. Hildesheim, Zingel 39.
Schreiber, Dr., Professor, 1872. Magdeburg, Kaiserstr. 2.
Schröder, Henry, Dr., Landesgeologe, 1882. Berlin N 4,
Invalidenstr. 44.
Schröder van der Kolk, J. L. C., Dr., Professor, 1890.
Scheveningen, Frankenslag 27.
Schubart, Hauptmann und Brigadeadjutant. Koblenz, 1901.
Neustadt 9.
Schucht, F., Dr.. 190. Berlin N 4, Invalidenstr. 44.
Schütze, Ewald, Dr., Assistent am kgl. Naturalienkabinet, 1893.
Stuttgart.
Schulte, Ludw., Dr.. Bezirksgeologe, 1893. Friedenau bei
Berlin, Niedstr. 37.
Schulz, Eugen, Dr., Bergrat, 1879. Cöln, Sudermannplatz 41.
Schumacher, E., Dr., Landesgeologe, Bergrat, 1880. Straß-
burg i. Els.,. Nikolausring 9.
*Scupin, Hans, Dr., Privatdozent, 1893. Halle a./S., Friedrich-
straße 41.
Seligmann jun., G., Banquier, 1873. Coblenz, Schlossrondel 18.
Semper, Joh. Otto, Dr., 1863. Hamburg, Naturbistorisches
Museum.
Semper, Max, Dr., Privatdozent, 1898. Aachen, Technische
Hochschule.
XXXIU
von Seyfried, Ernst, Dr., Major a. D., 1895. Straßburg
i. Els., Schiltigbeimer Platz 11.
Siegert, Th., Dr., Professor, 1874. Radebeul-Oberlößnitz,
Gabelsbergerstr. 1.
Siegert, Leo, Dr., 1900. Berlin N 4, Invalidenstr. 44.
von Siemiradzki, Josef, Dr., Professor, 1890. Lemberg
(Galizien), k. k. Universität.
Sobirej, Direktor, 1904. Gogolin.
Soenderop, Fritz, Dr., 1899. Berlin N 4, Invalidenstr. 44.
Söhle, Ulrich, Dr., 1891. Dresden, Bernhardstr. 28.
Solger, Friedr., Dr.. Kustos a. Märkischen Museum, 1900.
Berlin N 39, Reinickendorferstr. 2c.
Spandel, E., Verleger des General-Anzeigers, 1896. Nürnberg.
Spezia, Giorgio, Professor, 1872. Turin, Museo mineralogico,
Palazzo Carignano.
Stache, Guido, Dr., k. k. Hofrat, 1870. Wien III, Oetzelt-
gasse 10.
Stahl, A. F., Minen-Ingenieur, 1899. Warschau, Fort 12.
Stappenbeck, Dr., 1904. Berlin N 4, Invalidenstr. 43.
Steenstrup, K. J. V., Dr., 1889. Kopenhagen, Forchhammers-
ve) 151.
Stein, Dr., Geh. Bergrat aD., 1865. Halle a. S.
Steinmann, Gustav, Dr., Hofrat, Professor, 1876. Freiburg
i./Br., Mozartstr. 20.
Steinvorth, Oberlehrer a. D., 1868. Hannover, Gr. Aegidien-
straße 20. |
Sterzel, J. T., Dr., Professor, 1877. Chemnitz, Kastanien-
straße 16.
Steuer, Alex.. Dr.. Privatdozent, Bergrat, Großherzogl. hess.
Landesgeologe. 15892. Darmstadt, Liebigstr. 37.
*Stille, Hans, Dr., Privatdozent, 1898. Berlin N 4, Invaliden-
straße 44.
Stöber, F., Dr., Professor, 1896. Gand (Belgien), Institut
des sciences, ruc de la roseraie.
Stoller, J., Dr.. 1903. Berlin N 4, Invalidenstr. 44.
Stolley, Ernst, Dr., Professor, 1890. Braunschweig, Techn.
Hochschule.
Stremme, Hermann, Dr., Assist. am geol.-paläontolog. Inst. u.
Mus. f. Naturk., 1904. Berlin N 4, Invalidenstr. 43.
Stromer von Reichenbach, Ernst, Dr., Privatdozent, 1899.
München,. Alte Akademie.
Struck, Rud., Dr. med., 1904. Lübeck, Ratzeburger Allce 14.
Strutz, Bergrat, 1904. Goslar-Juliushütte.
Strüver, Giovanni, Dr., Professor, 1364. Rom.
XXXIV
Stutzer, O., Dr., Assistent f. Geologie an der Bergakademie
Freiberg i. S.
Stürtz, B., Mineralienhändler, 1876. Bonn, Riesstr. 2.
Tannhäuser, Felix, Dr., Assistent am mineralog.-petrogr. Institut
und Museum, 1903. Berlin N 4, Invalidenstr. 43.
Tewis, Alfred, Bergbaubeflissener, 1904. kel. Oberbergamt.
Halle a./S.
Thoroddsen, Thorwaldur, Dr., 1885. Kopenhagen, F. Stations-
vej 11.,
Thost, Rob., Dr., 1891. Groß-Lichterfelde-Ost, Wilhelm-
straße 27.
Thürach, H., Dr., Landesgeologe, 1885, Heidelberg, Blumen-
thalstraße 1.
Tiessen, Ernst, Dr., 1895. Friedenau b. Berlin, Schmargen-
dorferstr.
Tietze, Emil, Dr., Ober-Bergrat, Direktor der k. k. geolog.
Reichsanstalt, 1868. Wien III 2, Rasumoffskygasse 23.
Tietze, W., Dr., Bezirksgeologe, 1900, Berlin N 4, Invaliden-
straße 44.
Tornau, Fritz, Dr., 1898. Berlin N 4, Invalidenstr. 44.
*Tornquist, Alexander, Dr., Professor, 1891. Straßburg i./Els.,
Lessingstr. 15.
Toula, Franz, Dr., Hofrat, Professor, 1892. Wien IV, k. k.
Techn. Hochschule.
Traube, Hermann, Dr., Professor, 1885. Berlin W 9, Potsdamer
straße 5.
Tschermak, Gustav, Dr., Professor, k. k. Hofrat, 1871.
Wien, Universität, Mineralog.-petrograph. Institut.
Tscehernyschew, Theodosius, Dr., Direktor des Comite geologique,
1892. St. Petersburg, Wassili Ostrow, 4. Linie 15.
Uhlig, Victor, Dr., Professor, 1881. Wien I, k. k. Universität,
Franzensring.
Ulrich, Dr., Sanitätsrat, 1902. Berlin O, Fruchtstr. 6.
Ulrich, A., Dr., 1886. Leipzig, Thomaskirchhof 20.
*Ullrich, Oberbergamtsmarkscheider, 1904. Breslau, K. Ober-
bergamt. |
Vacek, Michael, Dr., Vizedirektor der k. k. geolog. Reichs-
anstalt, 1882. Wien III, Rasumoffskygasse 23.
Vater, Heinrich, Dr., Professor, 1886. Tharandt, Forst-
Akademie.
Viedenz, Oberbergrat a. D., 1875. Münster i. W., Roten-
burg 47.
Vogel, Fr., Dr., 1884. Friedenau, Rembrandtstr. 12.
Vogt, J. H. L., Professor, 1891. Christiania.
Voigt, Kaufmann, 1901. Braunschweig, Schöppenstedterstr, 35.
XXXV
Voit, Friedrich W., Dr., Montaningenieur, 1901. Johannes-
burs' > PransvaalP: 0.7Box 1156. |
Volz, Wilhelm, Dr., Professor, 1894. Pangkalan Berandan,
Sumatras Ostküste.
*Vorwerg, Hauptmann a.D., 1894. Ober-Herischdorf b. Warm-
brunn.
Wagner, Richard, Oberlehrer a. d. Ackerbauschule, 1886.
Zwätzen bei Jena.
Wahnschaffe, Felix, Dr., Professor, Geh. Bergrat, Landes-
geologe, 1875. Berlin N 4, Invalidenstr. 44.
Freiherr Waitz von Eschen, Friedrich, cand. geol., 1902,
Ringenkuhl b. Grossalmerode.
Waldschmidt, Dr., Professor, 1885. Elberfeld, Grifflen-
berg 67.
Walther, Joh., Dr., Professor, 1883. Jena, Kaiser Wilhelm-
straße 3.
Walther, Karl, Dr., 1902. Privatdozent. Jena, Mineralog.
Institut, Schillerstr.
Weber, E., Dr., Tonwerkbesitzer, 1881. Schwepnitz i. S.
*Weber, Maximilian, Dr., Privatdozent, 1899. München,
Technische Hochschule.
Weber, Paul, Ingenieur, 1901. Berlin NW, Bredowstr. 12.
Wegner, Th. Dr, 1904. Assistent am mineralog. Institut zu
Münster i. W.
Weigand, Br., Dr., Professor, 1879. Straßburg i. E., Schieß-
rain 7.
Weinschenk, Ernst, Dr., Professor, 1896. München, Haydn-
straße 91.
Weise, E., Professor, 1874. Plauen im Vogtlande.
Weiskopf, Alois, Dr. techn., 1902. Direktor der Hannover-
Braunschweigischen Bergwerksgesellschaft zu Hannover-
Herrenhausen, Böttcherstr. 8, I.
Weiß, Arthur, Dr., 1895. Lehrer am Technikum Hildburghausen,
Schloßgasse 4.
Weißermel, Waldemar, Dr., Bezirksgeologe, 1891. Berlin N 4,
Invalidenstr. 44.
Wenck, Wilhelm, Oberlehrer, 1903. Düsseldorf-Grafenberg,
Geibelstraße 44.
Wentzel, Jos., Dr., Realschul-Professor, 1889. Laibach.
Wermbter, Hans, Dr., Oberlehrer, 1904. Hildesheim, Hohen-
zollernring 4.
van Werveke, Leopold, Dr., Landesgeologe, Bergrat, 1879.
Straßburg i. Els., Ruprechtsau, Adlergasse 11.
*Wichmann, Artur, Dr., Professor, 1874. Utrecht (Niederlande),
Universität.
CÜ
XXXVI
Wiegers, Fritz, Dr., 1896. Berlin N 4, Invalidenstr. 44.
Wigand, G., Dr., Lehrer an der höheren Bürgerschule, 1888.
Rostock, Alexandrinenstr. 45c.
Wilckens, Otto, Dr., Privatdozent, 190177 Frabme er
Zasiusstr. 49.
Windhausen, Anselm, stud. geol., 1903. Göttingen, Ob.
Masch 191.
Winterfeld, Franz, Dr., Oberlehrer, 1898. Mülheim a. Rhein.
Wischniakow, N., Dr., 1876. Moskau, Gagarinsky Pereoulok,
5121
Wittich, E., Dr., Assistent am Großherz. Museum, 1898.
Darmstadt, Marienplatz 11.
Freiherr von Wöhrmann, Sidney, Dr., 1890. Festen bei Stock-
mannshof, Livland.
Wolf, Th., Dr., Professor, 1870. Dresden-Plauen, Hohestr. 8c.
von Wolff, Ferdinand, Dr., Privatdozent, 1895. Berlin N 4,
Invalidenstr. 43.
Wolff, Wilhelm, Dr., Bezirksgeologe. 1893. Berlin N 4,
Invalidenstr. 44.
Wollemann, A., Dr., Oberlehrer, 1896. Braunschweig, Bammels-
burgerstr. 31.
Wolterstorff, W., Dr., Kustos des naturwissensch. Museums,
1885. Magdeburg. Domplatz 5.
Wülfing, Ernst, Dr., Professor, 1857. Langfuhr b. Danzig,
Baumbach Allee 11.
Württenberger, Geh. Bergrat, 1876. Kassel, Jordanstr. 2.
Wüst, Ewald, Dr., Privatdozent, 1901. Halle a. S., Händel-
straße 10.
Wunstorf, W., Dr.. 1898. Berlin N 4, Invalidenstr. 44.
*Wysogörski, Joh., Dr., Assistent am geol.-paläontol. Institut,
1898. Breslau, Schuhbrücke 38/39.
Young, Alfred P.. Dr., 1895, per Adr. Messrs. Grindlay and
Co., London, Parliament Street 54. |
Zache, E., Dr., Oberlehrer, 1891. Berlin O, Küstriner Platz 9 I.
Zech, L., Professor, 1883. Halberstadt, Wernigeroderstr. 23.
Zeise, Oskar, Dr.. 1886. Südende b. Berlin.
Zimmer, Robert, Bergwerksunternehmer. 1901. Wilhelmshöhe
b. Cassel.
*Zimmermann, Ernst, Dr., Landesgeologe, 1882. Berlin N 4,
Invalidenstr. 44.
Zirkel, Ferdinand, Dr., Professor, Geheimer Rat, 1865.
Leipzig, Thalstr. 33.
Zschau, E., Dr., Professor, 1853. Plauen-Dresden, Poststr. 6.
Zuber. Rudolf, Dr., Professor” an der Universität, 1897.
Lemberg (Galizien).
XXXVIl
1. Namenregister.
A. hinter den Titeln bedeutet Aufsatz, B. Briefliche Mitteilung,
P. Protokoll der mündlichen Verhandlungen.
ANDREAE, A.: Kurzer Überblick über das Miocän von Pn
j. Schles. und seine Fauna. P. @ezRextie.)
BERG, G.: Zur Geologie des Braunauer Landes und der an-
grenzenden Teile Preußens. B. .
BoEHMm, G.: Über tertiäre Brachiopoden von Oamaru, "Südinsel
Nenseeland. B. (Taf. XV) 3 Ä
Böum, JoH.: Über Cassianella Ecki nov. sp. Bi ei Textfig.) .
— : Über Nathorstites und Dawsonites aus der arktischen
irıas: 9:
— : Über einen chen cn und Tertiär in Dahome. BD.
(2 Textfig.)
BRANCo, W.: Fragliche Reste und Fußfährten des tertiären
Menschen. B. (6 Textilg.)
— : Über Hörers Erklärungsversuch der hohen Wärmezunahme
im Bohrloch zu Neuffen. B.
— ! KARL ALFRED VON ZITTEL
— :! L BEUSHAUSEN P.
— 2! ALFONS STÜBEL. P.. URTEIL?
BroıLr, F.: Über Pelycosaurierreste von Texas. A. (Taf. XVII,
1 Textfig.)
DATHE, E.: Über die Exkursionen vor der Hauptversammlung
in der Grafschaft Glatz und Waldenburger Gegend. P.
DEECKE, W.: Uber ein reichliches Vorkommen von Tertiär-
gesteinen im Dilwvialkies bei Polzin, Hinterpommern. B.
— : Die Bilobitenartigen Konkretionen und das Alter der sog.
Knollensteine von Finkenwalde bei Stettin. B. (3 Textfig.)
DREVERMANN, F.:! Über Pleraspis dunensis F. Röm. sp. (Taf.
ID Be A Pe ur ke ne ES
ERDMANNSDÖRFER, OÖ. H.: Uber die Umwandlung von Diabas-
feldspäten in Kontakthöfen von Tiefengesteinen. B.
— : Über die Altersbeziehungen zwischen Gabbro und Granit
im Brockenmassiv. P.
Feuıx, Jom.: Studien über tertiäre und quartäre Korallen und
Riffkalke aus Ägypten und der Sinaihalbinsel. A. (Taf. X,
6 Textfig.)
FIEDLER, O.: Über Versteinerungen aus den Arlbergschichten
bei Bludenz und einige neue Fundorte von Flysch und
Aptychenkalken im oberen Großen Walser-Tal a
B. (1 Textäig.)
FLEGEL, K.: Die obere Kreide in der Gegend von Oppeln. 2
— : Exkursion in das Kreidegebirge der südlichen Grafschaft
BEA DRDESti a Er
— : Exkursion auf die Heuscheuer. P. (1 Textfig.) .
Seite.
XXXVID
Frech, F.: Über die explosive Entwicklung der oberdevonischen
Ammoneen. P. (6rBexine)
— : Vorlage von Ammoniten aus ‘der Kreide Daghestans. PB
— : Allgemeine Übersicht der ee und des a
baues von Oberschlesien. P. .
— ?: Exkursion nach Trebnitz. P. (Taf. XXVIE RX
2 Textfig. 1 ! ;
— ! Geben des Schlesischen Gebirges. Ba
FRIEDRICH, E. G.: Exkursion in das Becken des alten Stausces
zwischen Wartha und Camenz. P.
GAGEL, C.: Über ein neues pflanzenführendes Interglacial bei
Elmshom. P .
GEISENHEIMER, P.: Das oberschlesische Steinkohlengebirge. P.
(Taf. XXXI, XXXAIV u. 1 Textfig.) SER.
GOTTSCHE, K.!: Über den Tapes-Sand von Steensigmoos. 2%
(1 Textiig.) 3
GURICRN GE: Ängeblicher Fund von " Spir ifer mosquensis bei
Krakan. Er
— : Mitteilungen über die Erzlagerstätten des oberschlesischen
Muschelkalkes. P. (Taf. XVII) surch
— : Vorlage angeschliffener schlesischer Gesteinsstücke. Er
HENKEL, 8 Studien im süddeutschen Muschelkalk. A. (2 Textfig.)
HoRnung, F.: Formen, Alter und Ursprung des Kupferschiefer-
erzes. -—- Zur ns der Mineralbildungen in Salz-
formationen. A. Fe i
— : Halurgometamorphose. B. -
HuCcKE, K.: Gault in Bartin bei Degon (Hinterpommern). en
(Taf. XXIHO u. 2 Textfig.) .
JAEKEL, O.: Über ein neues Reptil aus dem Buntsandstein der
Eifel. B. (1 Textfig.)
— : Vorlage von Tafeln zu einer Arbeit über fossile Carcharo-
donten. P£. ;
— : Eine neue Darstellung von Ichthyosaurus. Ya A "Textfig.)
— : Über sogenannte Lobolithen. Pi SE Ne IA
— : F. HILGENDoRF. PD...
— :E. vox TorL. P.
— : Über die Bildung der ersten Halswirbel® und die Wirbel-
bildung im allgemeinen. P. (7 Textfig.) .
— : Über neue Wirbeltierfunde im Oberdevon von Wildungen. P.
— : Vorlage zweier Bilder norwegischer Gletscher. P.
JANENZSCH, W.: Über eine fossile Schlange aus dem Encän des
Monte bolca. P. 3
— : Über den Skeletbau der Glyptodontiden. PB: (8 Textfig.
JENTZSCH, A.: Der jüngere baltische Eisstrom in Posen, Ost- und
Westpreußen. Bi
— : Über die Theorie der artesischen Quellen "und einige "damit
zusammenhängende Erscheinungen. P. . .
— : Über ein Interglacialprofil in der Tatra. P.
— : Über das norddeutsche Erdbeben vom 23. Oktober 1904. P.
KAISER, E.: Bauxit und Lateritartige Zersetzungsprodukte P.
KEILHACK, K.: Die große baltische “Endmoräne und das Thorn-
Eberswalder Haupttal. B. RITTER HIRET GETE S
KoERT, W.: Bemerkungen zu dem Vortrage des Herrn
W. WOoLFF: Über einige geologische Beobachtungen auf
Helgoland B. A E
XXXIX
KoErT, W.: Notiz über die u von Kelloway bei Tanger
(Deutsch- Ostafrika). 2 3
Krause, P. G.: Neue Funde von Menschen bearbeiteter bezw.
benutzter Gegenstände aus onen Schichten von
Eberswalde Proc Textig) 7 : EaRE
— :! Über das Vorkommen von Kimmeridge in . Ostpreußen. B:
Krusch, P.: Die Zusammensetzung der westfälischen Spalten-
wässer -und ihre Beziehungen zur recenten Schwerspat-
bildung. P. en
LANGENHAN, A.: Über fossile Funde am Kitzelberg. B.
v. Lınstow, O.: Neuere Beobachtungen aus dem Fläming und
seinem südwestlich gelegenen Vorlande A. E Textfig.
u. d2Skizze)
Maas, G.: Über präglaciale marine "Ablagerungen im östlichen
Norddeutschland. B. .
— : Zur Entwicklungsgeschichte des sog. Thorn-Eberswalder
Haupttales. Vorläufige Mitteilung. B.
— : Das Thorn-Eberswalder Tal und seine Endmoränen. Eine
Antwort an Herrn K. KEILHAcK. B..
MENZEL, H.: Das Vorkommen von Diceras im südlichen Hannover.
P. (8 Textfig.) . . 51.
MıcCHAEL, R.: Über die oberschlesischen Erzlagerstätten. 1%
— : Über neuere geologische Aufnahmen in Oberschlesien. P.
Mich, L.: Über die Ganggesteine des Riesengebirgs-Granits. P.
MissuNA ‚ A.: Über den Geschiebemergel im Novogrudsker Kreise.
En (Taf, VII)
NERHRING, F.: Diluviale Wirbeltierreste aus einer Schlote des
Seeweckenberges bei Quedlinburg. A. (Taf. XXI).
NÖTLING, F.: Über die paläozoische Eiszeit in der Salt Range
Östindiens. P.
OCHSENIUS, C.: Hebungen und Verhinderung des Versalzens ab-
flußloser Becken. B.
— ! Die ersten Versteinerungen aus ; Tiefbohrungen i in der Kali-
region des norddeutschen Zechsteins. B.
— ! Die Abtrennung voller Seebecken vom Meere infolge \ von
Hebungen. B. hy exe
PASSARGE, S.: Über Rumpfflächen und Inselberge. Bi
PETRASCHECK, W.: Das Bruchgebiet des böhmischen Anteils der
Mittelsudeten westlich des Neissegrabens. B. (Taf. XXXV
u. 4 Textfig.). 6 nee ah ir
PrHisspe, Ele: Paläontologisch - geologische Untersuchungen aus
dem Gebiet von Predazzo. A. (Taf. I—-IV u. 14 Textfig.)
PhuıLıppı, E.: Das südafrikanische a ne guerat Yal
GEALERKNIE-XXXV)
-—— : Die Geologie des von der deutschen Südpolar - Expedition
besuchten antarktischen Gebietes. P. a: ee
— : Die permische Vergletscherung Südafrikas. P.
— : Über Windwirkungen. P. DR
— : Über Moorbildungen auf Kerguelen. P.
— : Über untersenone Tone bei Warnstedt nördlich von Thale
as klar P.
v. REHBINDER, B.: Über den sog. Glaukonitmergel des Callovien
im südwestlichen Polen. B. . ie R
Renz, C.: Uber den Jura von Daghestan. v2 3
Rınxe, F.: Beitrag zur Gesteinskunde des Kiautschou-Schutz-
gebietes. AR T(TaE IX u. 17 Textiie,)
Seite.
150
XL
SACHS, A.: Die Erzlagerstätten Oberschlesiens. P. I Sn
SALOMON, W.: Erklärung. B. Ba
SAPPER, K.: Die catalonischen Vulkane. A. (Taf. XIV u.
1SDexthen) N:
v. SCHMIDT, F.: Über die neue Gattung Pseudocueullaea. P
SCHMIDT, M.: Aufschlüsse im pommerschen Oberjura. P, . .
Scumivt, W. E.: Über Metriorhynchus Jaekei nov. sp. P.
(Taf. XL XI UN 37 Pextiig.) :
SOBOLEW, D.: Zur Stratigraphie des oberen Mitteldevon im
polnischen Mittelgebirge. B.
STREMME, H.: Zur Frage der Eigenwärme bituminöser Gesteine. B.
v. STROMER, E.: Myliobatiden aus dem Mitteleocän der baye-
rischen Alpen. IA (Bar Mu 27Rexti en) i +5
— : Ein Beitrag zur Kenntnis des Myliobatiden. Gebisses. B.
(3 Textfig.)
ToRNquıst, A.: Ein Rhadinichthys aus dem Karbon Süd-
Amerikas. A. (Taf. XXXVI u. XXXVII) Bar
— : Über die Trias auf Sardinien und die Keuper- Dransgression
in Europa. P. . ,
VORWERG: Kantengeschiebe aus dem Warmbrunner Tal. B.
(2 Textfig.) R
— : Über ein hammerartiges Feuersteingeschiebe im Warm-
brunner Tal. P. ;
WAHNSCHAFFE, F.! Die olacialen. Störungen in den Kfreide-
gruben von Finkenwalde bei Stettin. B. (Taf. VII u.
3. Pextion\arrer. ’
WICHMANN, A.: Über die Vulkane von Nord-Sumatra. A.
(Taf. XIII u. 1 Textfig.)
— : Triasschichten (?) von der Ostgrenze der Residenzschaft
Tapanuli auf Sumatra. B.
WOLFF, W.: Bemerkungen zu DE GEERS neuer » Stellung . zur
Frage der zweiten Vereisung. B.
v. WoLrF, F.: Über das Alter der kristallinen Ostcordillere in
Ecuador. P . SERIE.“ un.
WYSOGößRSKI, J.!: Die Trias in Oberschlesien. Ir ER
— : Das Cenoman, Turon und Basaltvorkommen auf dem
Annaberos) Tas (2a VextieH:
ZIMMERMANN, B.7 A. Huyssen. 2:
— : Die ersten Versteinerungen aus Tiefbohrungen : in der Kali-
region des norddeutschen Zechsteins
\
XLI
II. Sachregister.
Seite.
Aötobatis giganteus 260
— Narinari . . ....: 208
Afrika, Deutschost-, Kello-
way . 150
— Süd- ‚Dwyka- Konelomerat 304
Alectaga saliens foss. 291
Amani, Rotlehm 24
Ammodiscus bartinensis 168
Anadontophora canalensis 52
— fassaensis 5l
— subundata 5l
Anas crecca . 803
— Sp. 302
Anisactinella octoplicata 78
— pachygaster . 18
— Salomoni . a 75
Annaberg, Basalt 265
Anomalina rudis 171
Anoplophora sp. 10
Anser sp. : 802
Antarctis, Geologie 8
— Windwirkung 10, 66
Aptychenkalk, Vorarlberg 11
Arcestes Sp. 5 75
Archaeophis proavus Ä 54
Arlbergschichten i 8
Arpadites sp. . et
Artefakte, Eberswalde 40
Arvicola 'gregalis 294
Asterias impressae . 166
Augitporphyrit, Kiauts chou 158
Aulacothyris cfr. conspicua 85
Avicula cfr. arcoidea 86
— cfr. caudata . 60
— Gea 10
— Sp. . 86
— Sturi b)
Badiotella excellens 69
Balchaschsee 37
basait, Annaberg 265
i Seite.
Basalt, Schantung . 161
— Tsingtau ha: 161
Bauxitartige Zersetzungs -
produkte - 17, 24
Becken, See-, Hebung 189
— abflußlose, Hebung 39
— — Verhinderung d. Ver-
salzens . . 39
Bilobitenartige Konkretionen 83
Bison sp. £ 300
Braunauer Land, Geologie 99
Buchensteiner Schichten, Pre-
dazzo 24
Callovien, SW-Polen . 18
— Tanga er mr SO
Canis aureus var., Sevecken-
berg 296
— lagopus, Seveckenberg 297
— spelaeus, Kitzelberg . 7
-- vulpes, Seveckenberg 27T
Carbon, siehe Karbon.
Cap-Halbinsel, Wind-
wirkung PR: 65
Carcharodonten 14
Cardita latemarensis 96
Cassianella Ecki 95
— Rosenbuschi 87
Catalonien, Vulkane 240
Ceratites Rombergi 70
Cervus 9 Sevecken-
berg : 300
- tarandus, Seveckenberg 301
Cordillere, Ost-, Ecuador,
Alter A 94
Coscinaraea monile 192
Cristellaria Dunkeri 170
— impressae 170
— instabilis . 170
— laevigata . 170
— Münsteri . 170
XL
Seite. Seite.
Cristellaria parallela . 170 | Diluvium, Thorn - Eberswalder
— perobliqua 170 Haupttal . 40, 132, 159
-— planiuscula 170 | — Trebnitz 241
— pommeranica 170 | — Wartha-Camenz 290
— protosphaera 170 | Dimetrodon 270
— pulchella . 170 | — inecisivus N 273
— Schlönbachi . . .. 170 | Diorit, Kiautschou J51
Cruratula carinthiaca . . 63 Diplospirella Wissmanni var.
Cucullaea cfr. impressa . . 95 aneulata . 2 . 7)
— Sp. 20296 Eloeser Oberschlesien 230
Cyphastraea Intermedia . 1987) 2 2 SWEBolenee er en io)
Cythere plicata . 167 | -- Tanga . Be . )
— quadrilatera 167
a SUNIELENR. 167 | Eberswalde, Artefakte . . 40
= OSoel - 167 | _ .Thorner Haupttal 40, 132, 159
Czenstochau, Callovien . . 18 Ecuador, Ostcordillere, Alter 49
Eifelosaurus triadicus . . %
Daghestan, Jura 168 | Eiszeit, paläozoische, Salt
— Kreide 171 Range 5 a
Dahome, Furchenstein 141 | — — Südafrika . 47, 304
ur Perar Er | Elmshorn; Interglacial 185
Damesiella korosa uw | Eimbolopkoras ei
Daonella Tommasü . . . 61 | Emscher, Schlesien 298, 304
— cfr. Tommasü . . . . 93 | Encrinus cassianus . . . 9
Dawsonites, Arktis . . . 96 | Endmoräne, baltische 132
Deutschland, NO, Erdbeben 187 | Entwicklung, explosive,
— Kalilager, Versteine- Ammoneen i 164
zungen 02 aa, üischer eeree 164
Devon, Krakau . . . . 16 | Eocän, Myliobatiden . le)
— Mittel-, Poln. Mittelge- Eolithe, Eberswalde . . . 40
birgee 0.2.22 7720 263, -Kauuscabellue ferus . og
Diabas, Feldspat- Umwand- Erdbeben, NO- Deutschland 187
lines EN 9 | Erzlager, "Harz . . 207
Diceras gracile. . . . . 10 | — Oberschlesien 123, 127, 269
—.Koeneni. ,. we amc rat ld
— Reuberg . . -. 10 | Faulschlammgesteine . 188
Didymospira octoplicata .1.,18 | Kavia minor. 72 1
— pachygaster . . . . „28 | Feldspat, Umwandlung Sy? 2
= Salomonie se. . 75 | Feuerstein, bearbeitet,
Diluvium, Eberswalde . . 40 fherswalde 45
— Elmshorn . . 185 | Finkenwalde, olaciale Stö-
— Finkenwalde, Störungen 24 rungen . . BE:
— Nama® 2 2,39) Bısche, Wildunger Devon 159
— östl. Norddeutschland 21, 49 Fischreste, Bartin, Gault 166
— Novogrudsker Kreis. . 1 | Fläming, Diluvium . 99
— Polzin, Tertiärgeschiebe 93 | — Geschiebe, Kieselschiefer 108.
Po . ...155 | — -- Muschelkalk 100
"0.0 WePreußen Per i ‚0120
— Seveckenberg, Wirbel- Ne lenmars, Kitzelbere ale 6
tiere 290 | Elysch, “Vorarlberg 2 2
_- ns naos 181 | Foetorius Eversmanni 298
— Steinetal . 295 | Frondicularia ampulla 168
— Tatra 171 | — coneinna . de 168
XLII
Seite.
Furchenstein, Dahome 141
Fußfährten, Mensch . . . . 9%
Gastropoden, Kitzelberg . 7
Gault, Bartin Aut (05)
Gaußbere.." . .. ad
Geobios 102188
Gervilleia cfr. angusta ri
— Sp. 47
— spinosa . 102
Geschiebe, Fläming, Kiesel-
schiefer . : 103
— — Muschelkalk 100
— !Polain, Mena =. % 3
— Voietsdorf, Kanten- 168, 207
Glaukonitmergel, Callovien,
Polen? 7 ONE RES Io)
Globigerina cretacea . 171
Glyptodontiden, Skeletbau x 67
Gneisgranit, Kiautschou 133
Goniastraea halicora . 174
Granit Brocken .......2.182
— Kiautschou R 129
—_ ieseueeliies Gang-.
gesteine . . 250
Groß Walsertal,. Geologie a
Guttulina strumosa Ba Iril
Halobios . . 191
Halswirbel, erster, Bildung . 109
Halurgometamorphose . 209, 87
Helgoland, Geologie .. . 1
Hirundo rustica 302
Hyaena spelaca 290
Hystrix sp. 294
Ichthyosaurus, Rekonstruktion 26
Inselberge . 19
Interglacial, NO- Deutschland 21,51
— Eberswalde 40
— Elmshorn 185
— lau 171
Jura, Daghestan 168
= Oberschlesien. : ....7.172980
SW. Bolenit N Er 8
— Pommern EEE NR 4
= 40: Preußen 2. mare 5
— Selter ER PINTORN 10
— Tanga 150
Kalilaser, Hessen... rn... #7
— Staßfurt 48
- Werrasebiet .. .... "1147
Kantengeschiebe, Voigtsdorf
168,
Karbon, Argentinien, Fische
— Fangtse
— Krakau .
— Oberschlesien
— Schui ling schan
Kelloway, SW-Polen .
— Tanga. .
Kerguelen, Moorbildung
— Windwirkung
Kersantit, Kiautschou
Kiautschou, Geologie
— Karbon
Kieselschiefer, Fläming, Ge-
schiebe E Fa
Kieslingswalde, Kreide
Kimmeridge, Ostpreußen
Kitzelberg, Gastropoden
— Wirbeltiere EN
Knollensteine, Finkenwalde
Korallen, Äeypten“ u. Sinai,
miocän .
— — quartär
Kreide, Annaberg .
— Bartiu .
— Daghestan
— Heuscheuer .
— Kieslingswalde .
— Oberschlesien
— Oppeln
— Roter Berg .
— Warnstedt i
Kulm, Oberschlesien
Kupferschiefererz
1a, 227,
140,
Lagena pura
Lagomys sp.
Lagopus sp. .
Laterit
Lateritlehm, Amani
Laven, Predazzo
Lepus Sp.
Liebea sp.
Lima cfr.
— Telleri
Limnobios .
Lingulina fureillata
Lithophyllia sp.
Lobolithen
Topatinia .
alternans
Macrodon sp. .
Malchit, Kiautschou
Seite.
207
846
166
17
273
165
18
150
119
66
153
122
165
108
2399
86
Mangan, Harz
Marginulina bicostata
— robusta
— rostrata
— striatocostata S
Megalodon subtriqueter .
Megaphyllites cfr. Jarbas-
sandalinus
Mensch, Eberswalde,
fakte
— tertiär . . {
Metriorhynchus Jackeli
Minette, Kiautschou
re
Miocän, Ägypten u. Sinai,
Korallen j REN NE.
— Kgl. Neudorf 232, 2338,
— Oberschlesien
Modiola gracilis
Monte Bolea, Schlange
Moorbildung, Kerguelen
Muschelkalk, S-Deutschland
— Fläming, Geschiebe
— Oberschlesien, Erzlager
— Predazzo
Mussa cfr. rudis
Myliobatis aquila
— bovina
— Dixoni
— goniopleurus
— cfr. latidens
— striatus
— toliapicus
Myodes obensis
— torquatus
Myophoria_ cfr. costata
— fallax
— laevigata var.
— — var. ovata
— nov. Sp. ;
-— cfr. simplex .
elongata 3
Nathorstites, Arktis :
Neuffen, Bohrloch, Wärme-
zunahme 5
Novogrudsk, Diluvium
Oamaru, Tertiär, Brachio-
poden
XLIV
Seite.
213
169
169
169
169
7
74
12
40
97
97
153
168
249
145
10
54
212)
218
100
125
15
193
250
203
256
254
260
258
259
295
295
148
Oberschlesien, siehe Schlesien
Oder, oligocäne
Oligocän, Oberschlesien .
Olot, Vulkane
237
143
240
Seite.
Oppeln, Miocän . 143, 232, 249
— Kreide ...143, 256
Orbicella ambigua . . . 169
— .annulatan.. 3.22. 19 Sag
— cfr. Defrancei 172,7208
—Humphreysi ... .. . est
=, Lyonsi' -... sn... Se
— Schweinfurthi 170
Orthoklasporphyr, Kiautschou 147
Östrea virgula, Bartin 166
Pecten Broili >. 2.2. Seren)
—" diseites 2 WR. 2 ve
— — var, inornata'. Wr
“—'fassaensis .*. Ua
— filosus \ une ea
— interstriatus.. » 27.7792
— predazzensis . 92
Pelycosaurier, Texas, Schädel 268
Pentacrinites astralis . 167
DermaPredazzor mr Pre 8
Plerastraea Savienyi . . . 194
Pleuronectites sp. . . 89
Polen, Mittelgebirge, Devon 6
— SW-, Calloyien ° . . 777218
Pommern, Jüraos:, See 4
Porphyrit, Fangtse 160
— Kiautschon N ee
Posidonomya obliqua . . 94
— plana . : >
Präglacial, NO-Deutschland 21, 52
Predazzo, Keologien Er 1
==" Per... 2. N 8
—' Trias. -. 702, Aus
Problematicum 2 a er
Pseudocucullaea 2
Pseudomonotis Bittner . . 93
— CAMUNa. .. 0.0 u
— ‘Teller. 0. a a
Pteraspis dunensis. 2703
Quarzporphyr, Kiautschou . 142
Quartär, Agypten u. Sinai,
Korallen . u er
— NO-Deutschland . . . a
— Eberswalde . . . . . 50
— Elmshorn a a ee
— Finkenwalde, Störungen 24
—HElämineinn.
— — Geschiebe :7:10072108
— Novogrudsker Kreis . . 1
—_ Se. Wirbel-
tieren: 2
XLV
Seite.
Quartär, Steensigmoos 181
— Steinetal . 21295
— Tatra . . DE MEN
— Thorn- Eberswalder
Haupttal . 40, 132, 159
— Trebnitz ae, 920
— Wartha-Camenz 290
Quellen, artesische, Theorie 5)
Reuberg, Diceras END)
Rhabdogonium acutangulat. 169
Rhadinichthys argentinicus 846
Rhinoceros tichorhinus 299
Rhynchonella cfr. Attilina . 84
— cfr. bajuvarica . 83
— Caressae . 81
— Richthofeni 83
— E. Suessi 82
— Sp... 80
Riesengebirge, Granit, Gang-
gesteine 150
Riffkalke, Ägypten u. Sinai 168,
RE 181
— Umwandllung 201
Rotlehm, Amani 24
Rotliegendes, Oberschlesien 140,
142, 229
Rumpfflächen 193
Salzton, Entstehung . . 50, 73
— Leitschicht tg,
— Versteinerungen . . 51,%2
Schizodus sp. 47
Schlange, Mte. Bolca, eoeim 54
Schlesien, Glatz, Kreide 27
— Heuscheuer, Kreide 303
— Ober-, Basalt 269
— — Erzlagerstätten 123,127, 265
— — Gebirgsbau u. Strati-
graphie . 2 AT
— — Karbon 140, 227, 273
— — Kreide : ne
— — Kulm . 140
— — Jura a I),
— -— Miocän 143, 232, 249
— — Oligoeän . 143
— Rotliegendes 140, 143, 229
— Trias . . 287
ler ie Gebirge, Geologie 287
Schwerspat, Harz . . 213
a nebläms, ‚Spalten-
wässer PLA un:
eltern Jura. 4
Senon, Warnstedt .
Sinai, pleistoz. Riffe .
Solenastraea anomala
Sphärolithporphyr, Kiautschou
Spaltenwässer,
bildung . ;
Spermophilus Tafescen: ;
Spirifer mosquensis
— Murchisonianus
— — var. globosa
— supramosquensis
Spiriferina pia var.
Spirigera trigonella
— Wissmanni var. angulata
Spirillina tenuissima .
— trochiformis .
Staßfurt, Kalilager
Stausee, zw Wartha
Camenz :
Steensigmoos, Tapes- Sand .
Steinkohlenformation, Ober-
schlesien
— Schantung
Stylophora cfr. elongata
St. Vincent, Windwirkung .
Sudeten, Gebirgsbau
— Mittel-, Bruchgebiet .
Sumatra, Nord-, Vulkane
Schwerspat-
dinarica
und
Tanga, Kelloway 8
Tapes. "Land, Steensigmoos ;
Tatra, Interglacial
Terebratella oamarutica
Terebratula oamarutica .
Terebratulina oamarutica
Terrassen, Steinetal
— See-, Wartha-Camenz
Tertiär ‘Mensch :
Ägypten u. Sinai Korallen
Alpen, Be f
— Dahome :
Fläming . .
Mte. Bolca, Schlange
Oamaru, Brachiopoden 3
Oberschlesien
Oppeln 933, 238,
Polzin, Geschiebe .
Textularia cordiformis
Thorn-Eberswalder Haupttal
132,
Trebnitz, Quartär .
Trias, Arktis, Dawsonites
— — Nathorstites
140, a27,
165,
54
148
143
249
33
168
40,
159
241
96
96
Trias, Keupertransgression .
— Fläming, Geschiebe .
— Groß Walsertal
— Oberschlesien
— Predazzo .
— Sardinien :
— Süddeutschland
— Sumatra
— Vorarlberg
Tuffe, Predazzo
Uneinulina polymorpha
Ursus sp. . IE
Vaginulin= angustissima
— arguta £ -
— hama ar
— incompta
—- — var. striata .
— orthonota
— Strombecki
— truncata
Venus Hupfeldi
Vergletscherung, p aläozoische,
Salt Range
— — Südafrika . . . 47,
Vespertilio sp., Kitzelberg .
XLVI
Seite. Seite.
158 | Vorarlberg, Arlbergschichten
100 | — Aptychenschichtten . . 1
10 | = Elysch) Erle 2
%0 | -Lias .. re ..
9 | Vulkane, Catalonien . . . 240
151 | -—-N- Sumatra 5
218
61 | Wärme, Eigen-, bitum. Ge-
s steine ; 183
34 Wärmezunahme, Bohrl. Neuffen 174
Waldheimia cfr. conspieua . 85
167 | Warnsiedt, Senon . 20 2203
299 | Wellenkalk, Wertheim . . 218
Wengener Schichten, Predazzo 18
169 | WerfenerSchichten, Predazzo g
169 | Wildungen, Devon. Fische . 159
169 | Windwirkung, Antarktis . . 66
169 | — Cap Halbinsel . . . .. 65
2169 | — Kerguelen . .... 1, 222 w6n
169 b.— St. Vincent; . s.1.. rer
169 | Würbelbildung . . . „ 22209
169
144 | Zechstem, N-Deutschland,
Versteineeungen . . 47, 72
166 | Zersetzungsprodukte, bauxit-
304 artige u ee
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Hann. 1836. M. 21 Tafeln.
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Sandberger,.Fr. Die Versteinerungen des rhein. Schichtensystems in Nassau. 1850—56.
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Velenowsky, J. Die Flora der böhm. Kreideformation. 4 Tle. 1882—85. M. 31 Tafeln,
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Die Kalahari.
Versuch einer physisch-geographischen Darstellung der Sandfelder
des südafrikanischen Beckens
von Dr. Siegfried Passarge
Privatdozent an der Königlichen Friedrich Wilhelms-Universität zu Berlin.
Herausgegeben mit Unterstützung der Königlich Preussischen
zuzszuzuzu Akademie der Wissenschaften. =usuzuzuzu
ee
Eee
KERNE
Mit 3 Tafeln und 33 Abbildungen nach Original-Photographieen des
Verfassers im Text, sowie 7 Abbildungen im Anhang, nebst einem Kartenband |
enthaltend 11 Blätter physikalische und geologische Karten nach Orieinal- 2
aufnahmen der Expedition der Gesellschaft British West Charterland im Ngami- E
land und den bisher veröffentlichten Materialien, 9 Blätter mit geologischen {
Profilen und Kartenskizzen, sowie ein Blatt landschaftliche Panoramen.
Geheftet M. 80,—. Gebunden in Haibfranz M. 90,—.
|
| Das vorliegende Werk behandelt die Ergebnisse von geologischen
und geographischen Untersuchungen die Dr. S. Passarge als Geolog der
Gesellschaft British West Charterland Ltd. im Ngamiland in den Jahren
1596—1898 angestellt hat. Das Werk zerfällt in 4 Teile. Zunächst
wird in 5 Kapiteln ein Überblick über die Entdeckungsgeschichte, die \
eigenen Reisen, die physisch-geographischen, geologischen und klimatischen
Verhältnisse Südafrikas südlich der Kongo-Sambesi-Wasserscheide gegeben. |
Der folgende Abschnitt behandelt die Ergebnisse der eigenen Aufnahmen R
des Verfassers in 24 Kapiteln. j
Im dritten Teil werden die Resultate der gesamten Beobachtungen '
| in 7 Kapiteln zusammengefaßt und die Beziehungen zwischen der Kalahari | ä
und den Randgebirgen Südafrikas erörtert. Nach Darlegung der morpho-
logischen Verhältnisse wird die geologische Entwicklung des Sockels von |
“ Südafrika behandelt.
Der vierte Teil bezieht sich auf die Vegetationsverhältnisse.
| Es folgen 9 Anhänge mit Erörterungen über die Aussprache, die 2)
' Karten, die Profile und Panoramen und die astronomischen Beobachtungen.
| Die Aufzählung der gesammelten Gesteine wird von den Notizen begleitet,
|| die Professor Kalkowsky während der Bearbeitung der Sammlung nieder- .
geschrieben hat. Dazu kommen als besondere Arbeiten die chemischen .
Analysen von Dr. Elich, die Bearbeitung der Mollusken von Professor
Dr. von Martens und der Bacillariaceen von Hugo Reichelt. Ein Ver- |
zeichnis der gesammelten und beobachteten Pflanzen bildet den Schluß.
Abgesehen davon, daß das Buch bisher geographisch wenig bekannte, .
geologisch noch unerforschte Gegenden behandelt und zum erstenmal 4
eine zusammenfassende Darstellung der gesamten Kalahariregion auf
wissenschaftlicher Grundlage versucht wird, enthält es.insofern Neues, als
für die Erklärung mancher wichtiger Oberflächenformen, wie der spezifisch | N
| südafrikanischen Kalkpfannen, Vleys und anderer geschlossener Hohlformen, |
ii sowie für die Beschaffenheit und Umgestaltung der Steppenböden Kräfte
herangezogen werden, die bisher nicht berücksichtigt worden sind, nämlich
die Herden großer Säugetiere und die Bodentiere.
Ein ausführlicher Index eibt dem Buch den Charakter eines Nach-
| schlagewerkes.
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Taschen-Härteskala.
Sechs konisch geschliffene Mineralspitzen sind in drei
vernickelte Stifte (je ca. 10 cm lang) gefaßt, sodaß
jeder Stift an jedem Ende eine Mineralspitze führt:
Erster Stift, Härtegrad 6 = Orthoklas Härtegrad 7 = Quarz.
Zweiter ,„ N 1.32 /MTkKon.. .. >, 8 = Topas.
Dritter, = 8.5 = Chrysoberyll 9=Korund.
Drei Stifte in elegantem Etui M. 10.—
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No. 1. THE EASTERN
WITWATERSRAND
This Map represents the Eastern Extension
of the Main Reef series. It extends from the
Driefontein Consolidated Mines on the West,
to Witklip on the East, and from Witkopje on
the North to Voeelstruisbult on the South,
thus covering the district in which the greatest
activity has been displayed since the War.
Size of Map, 40 in. by 25 in. Apart from
general information, this Map shows all the
boreholes at which the Main Reef series have
been intersected to date; also the depth at
which the reef has been struck, the width,
assay value and dip of the reef. A special
feature of the Map is, that the area containing
the Main Reef series at payable depth is
distincetly shown. The colours denote whether
the owner has the Mining Richt over the whole
of the area, or whether he will only retain a
portion on proclamation. Public diggings are
shown in a different tint.
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tableaux Fig. 1—13: Baden, Bayern, Dänemark, Elsass-
Lothringen, Finnland, Hessen, Norwegen, Preußen, Sachsen,
Schweden, Württemberg, Japan).
eische Karte (Tabl. 14.)
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Paläontologie, Mineralogie und physikalischen Geographie
an sämtlichen Hochschulen der Erde.
mineralogische und paläontologische Gesell-
schaften.
. 1. Internationaler Kongress für Berg- und Hüttenwesen, für
angewandte Geologie und Mechanik in Lüttich.
. Adressbuch.
. Die öffentlichen und privaten geologischen
und paläontologischen Sammlungen Europas.
Tiefbohrung aus der scheinbaren
Mächtigkeit und dem Einfallswinkel einer Schicht die wahre
Mächtigkeit und den Abstand des Ausgehenden vom Bohr-
punkte zu bestimmen.
. Isogonen- u. Deklinationskarte von Mittel-Europa für 1905.
‘. Nachweisung der Bezugsquellen.
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. Die wichtigsten Ba nie Bestimmungen.
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W. geol. maps of S. Africa a. Transvaal, table of S. African strata a. S9 fig. London
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Levat, D. L’Industrie aurifere. Paris 1905. M. 24.—
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Sachs, A. Die Bodenschätze Schlesiens. Erze, Kohlen, Nutzbare Gesteine. Leipzig 1905.
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Sollas, W. J. The Age of the Earth a. other geological studies. With figures. London 1905
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schichte des Wirbeltierskeletts — Über die historische Methode
in der Palaeontologie — Über die Aufgabe der Naturgeschichte.
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Grenzen der Tierwelt — Die Veränderungen der Tierwelt in der
Schweiz seit Anwesenheit der Menschen. — Über die Art des
Fortschrittes in den organischen Geschöpfen.
Band II: Vom Meer bis nach den Alpen. Schilderungen von
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von England bis Sizilien. — Die Bevölkerung der Alpen. —
Ein Blick auf die Geschichte der Gletscherstudien in der
Schweiz. — Die Bretagne. Schilderungen aus Natur und Volk.
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